Was die Weltwirtschaftskrise über den Kapitalismus lehrt
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Was die Weltwirtschaftskrise über den Kapitalismus lehrt
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vortrag & diskussion
Was die Weltwirtschaftskrise über den Kapitalismus lehrt
Ort: Cafe DuckDich, Allerheiligenstr. 20/21, Erfurt
Zeit: 11.06.2009 (Donnerstag), 19.30 Uhr
Referent: Dr. Theo Wentzke (Redaktion GegenStandpunkt)
Seitdem die Finanzmärkte zusammenbrechen und die Realwirtschaft in bisher ungekanntem Tempo schrumpft, kommt der Kapitalismus ins Gerede. Leider sehr verkehrt. Auf die Diagnose: âDer Kapitalismus funktioniert nicht mehrâ, antworten Volk und Elite mit dem dringenden Wunsch: Er möge schleunigst wieder funktionieren.
Die Regierung setzt ihre politische Macht über Geld und Schulden ein, um mit dreistelligen Milliardenbeträgen die Banken zu retten, und mit einem Konjunkturprogramm und anderen Subventionen die Auto- und andere Industrien vor dem Untergang zu bewahren. Das alles â da macht niemand ein Geheimnis daraus â, damit die kapitalistische Profitmacherei wieder in Gang kommt und weitergeht wie bisher.
Die Gewerkschaften und ihre Mitglieder identifizieren sich umso mehr mit ihren Arbeitgebern, je unverträglicher deren Ãberlebensstrategien mit dem Interesse der Belegschaften an Lohn und Lebensunterhalt ausfallen. Auf Entlassungen, Kurzarbeit und Lohnkürzung antwortet die organisierte Arbeitnehmerschaft nicht mit Widerstand gegen die Kapitalisten und mit einer Absage an den Staat, der sie für die Rettung des Kapitalismus einspannen will; sie demonstriert Seitâ an Seitâ mit ihren Ausbeutern und fordert vom Staat mehr Geld für die Eigentümer ihrer Arbeitsplätze: âWir sind Opel!â, âWir sind Schaeffler!â Der Staat soll dem Kapital die Gewinne ersetzen, damit Arbeiter weiterarbeiten können!
Die Linken in der Demokratie schimpfen lauter als andere auf die Raffgier der Banken und die spekulative Profitmaximierung, die die sich geleistet haben. Die Linke fordert vom Staat, diese Profitgeier zu retten, aber nur, damit sie ihren sozialen Dienst am realen Ausbeuten und Arbeitgeben wieder versehen und der Realwirtschaft Kredit geben können. Banken, so die Linke, gehören besser als bisher kontrolliert, damit ihr Kasino-Kapitalismus nie wieder eine Chance bekommt, den realen, produzierenden Kapitalismus zu schädigen. AuÃerdem tritt sie für eine Reichensteuer ein; sie findet es nur gerecht, dass auch die Reichen einen Obolus zur Rettung ihrer Ordnung beisteuern.
*
Bewegt von der Sorge, dass der Kapitalismus nicht mehr als Lebensgrundlage des Landes und seiner arbeitenden Massen funktioniert, und voll der Sehnsucht, dass er wieder funktionieren möge, interessiert sich schon wieder niemand dafür, was für ein Wirtschaften da eigentlich â auch und gerade in der Krise â funktioniert.
Was ist das für eine Ãkonomie, in der das Arbeiten zurückgefahren bis eingestellt wird und Armut wächst, weil Milliarden-Spekulationen der groÃen Geldhäuser danebengehen?
Was sagt es über ein Land, wenn nichts in ihm so âsystemrelevantâ ist wie seine Banken? Wenn die Regierung â mit ungewissem Ausgang â ihre ganze Macht über das Geld ein- und aufs Spiel setzt, um unhaltbar gewordenen Kreditkonstruktionen den Offenbarungseid zu ersparen?
Was ist das für eine Weltwirtschaft, in der sich die Stellung der Nationen daran entscheidet, ob sie die Macht aufbieten können, diesen Schwindel aufrechtzuerhalten â oder eben nicht. Alle Staaten retten, so gut sie können, mit ihren Banken ihren nationalen Reichtum und ihre ökonomischen Potenzen. Sie wissen, dass Krisen die Zeiten der groÃen ökonomischen und politischen Machtverschiebungen sind. Besonders die deutsche Regierung sieht die Chancen, die die Krise bietet: Chancen auf eine Revision der globalen Kräfteverhältnisse. Und sie tut alles, damit âWirâ âgestärktâ und âinternational an der Spitzeâ aus der Krise hervorgehen. Davon hängen die kapitalistischen Arbeitsplätze der Zukunft ab. Auch noch für den Sieg in der Krisenkonkurrenz hat ein Volk mit den fälligen Entbehrungen geradezustehen, das unverdrossen vom Kapitalismus leben will â und tatsächlich für ihn lebt.
Die Antworten auf diese Fragen machen deutlich, dass diese Wirtschaftsweise es verdient, abgeschafft â und nicht von neuem zum Funktionieren gebracht zu werden. Nie nämlich zeigt die Herrschaft des Kapitals ihre Absurdität so offen, wie in der Krise, in der die Kapitalverwertung â weil sie nicht gelingt â den materiellen Lebensprozess der Gesellschaft abwürgt.
Was die Weltwirtschaftskrise über den Kapitalismus lehrt
Ort: Cafe DuckDich, Allerheiligenstr. 20/21, Erfurt
Zeit: 11.06.2009 (Donnerstag), 19.30 Uhr
Referent: Dr. Theo Wentzke (Redaktion GegenStandpunkt)
Seitdem die Finanzmärkte zusammenbrechen und die Realwirtschaft in bisher ungekanntem Tempo schrumpft, kommt der Kapitalismus ins Gerede. Leider sehr verkehrt. Auf die Diagnose: âDer Kapitalismus funktioniert nicht mehrâ, antworten Volk und Elite mit dem dringenden Wunsch: Er möge schleunigst wieder funktionieren.
Die Regierung setzt ihre politische Macht über Geld und Schulden ein, um mit dreistelligen Milliardenbeträgen die Banken zu retten, und mit einem Konjunkturprogramm und anderen Subventionen die Auto- und andere Industrien vor dem Untergang zu bewahren. Das alles â da macht niemand ein Geheimnis daraus â, damit die kapitalistische Profitmacherei wieder in Gang kommt und weitergeht wie bisher.
Die Gewerkschaften und ihre Mitglieder identifizieren sich umso mehr mit ihren Arbeitgebern, je unverträglicher deren Ãberlebensstrategien mit dem Interesse der Belegschaften an Lohn und Lebensunterhalt ausfallen. Auf Entlassungen, Kurzarbeit und Lohnkürzung antwortet die organisierte Arbeitnehmerschaft nicht mit Widerstand gegen die Kapitalisten und mit einer Absage an den Staat, der sie für die Rettung des Kapitalismus einspannen will; sie demonstriert Seitâ an Seitâ mit ihren Ausbeutern und fordert vom Staat mehr Geld für die Eigentümer ihrer Arbeitsplätze: âWir sind Opel!â, âWir sind Schaeffler!â Der Staat soll dem Kapital die Gewinne ersetzen, damit Arbeiter weiterarbeiten können!
Die Linken in der Demokratie schimpfen lauter als andere auf die Raffgier der Banken und die spekulative Profitmaximierung, die die sich geleistet haben. Die Linke fordert vom Staat, diese Profitgeier zu retten, aber nur, damit sie ihren sozialen Dienst am realen Ausbeuten und Arbeitgeben wieder versehen und der Realwirtschaft Kredit geben können. Banken, so die Linke, gehören besser als bisher kontrolliert, damit ihr Kasino-Kapitalismus nie wieder eine Chance bekommt, den realen, produzierenden Kapitalismus zu schädigen. AuÃerdem tritt sie für eine Reichensteuer ein; sie findet es nur gerecht, dass auch die Reichen einen Obolus zur Rettung ihrer Ordnung beisteuern.
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Bewegt von der Sorge, dass der Kapitalismus nicht mehr als Lebensgrundlage des Landes und seiner arbeitenden Massen funktioniert, und voll der Sehnsucht, dass er wieder funktionieren möge, interessiert sich schon wieder niemand dafür, was für ein Wirtschaften da eigentlich â auch und gerade in der Krise â funktioniert.
Was ist das für eine Ãkonomie, in der das Arbeiten zurückgefahren bis eingestellt wird und Armut wächst, weil Milliarden-Spekulationen der groÃen Geldhäuser danebengehen?
Was sagt es über ein Land, wenn nichts in ihm so âsystemrelevantâ ist wie seine Banken? Wenn die Regierung â mit ungewissem Ausgang â ihre ganze Macht über das Geld ein- und aufs Spiel setzt, um unhaltbar gewordenen Kreditkonstruktionen den Offenbarungseid zu ersparen?
Was ist das für eine Weltwirtschaft, in der sich die Stellung der Nationen daran entscheidet, ob sie die Macht aufbieten können, diesen Schwindel aufrechtzuerhalten â oder eben nicht. Alle Staaten retten, so gut sie können, mit ihren Banken ihren nationalen Reichtum und ihre ökonomischen Potenzen. Sie wissen, dass Krisen die Zeiten der groÃen ökonomischen und politischen Machtverschiebungen sind. Besonders die deutsche Regierung sieht die Chancen, die die Krise bietet: Chancen auf eine Revision der globalen Kräfteverhältnisse. Und sie tut alles, damit âWirâ âgestärktâ und âinternational an der Spitzeâ aus der Krise hervorgehen. Davon hängen die kapitalistischen Arbeitsplätze der Zukunft ab. Auch noch für den Sieg in der Krisenkonkurrenz hat ein Volk mit den fälligen Entbehrungen geradezustehen, das unverdrossen vom Kapitalismus leben will â und tatsächlich für ihn lebt.
Die Antworten auf diese Fragen machen deutlich, dass diese Wirtschaftsweise es verdient, abgeschafft â und nicht von neuem zum Funktionieren gebracht zu werden. Nie nämlich zeigt die Herrschaft des Kapitals ihre Absurdität so offen, wie in der Krise, in der die Kapitalverwertung â weil sie nicht gelingt â den materiellen Lebensprozess der Gesellschaft abwürgt.
- Addeddate
- 2009-06-12 22:33:05
- External_metadata_update
- 2019-04-13T16:44:35Z
- Identifier
- WasDieWeltwirtschaftskriseberDenKapitalismusLehrt
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