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00-259.8

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AUTHOR: Suter, Jakob

TITLE: Die Unfehlbarkeit Homer' s und der Kampf gegen dieselbe. Ein Beitrag zur Geschichte der homerischen Poesie.

PLACE: Winterthur

DATE: 1872

BIBLIOGRAPHIC RECORD TARGET

The Classics Library University of Illinois at Urbana-Champaign

CIC 6 / NEH Dittenberger-Vahlen Microfilming Project Storage Number : OO^r^^^ > Q

Die Unfehlbarkeit Homer 's \and der Kan^f gegen dieselbe. Ein Beitrag zur Geschichte der homerischen Poesie. Author (s) :

Suter , Jakob . Publication :

Winterthur, Druck von Bleuler-Hausheer , 1872

Description:

27 p. 25 cm. L«uiguage :

German SUBJECT(S) Named Person:

Homer .

OCLC: 10199952

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Wie vertraut die Grieclien, Tomehmlich die Athener, des V. Jahrhunderts

mit den homerischen Dichtungen gewesen.

':i»4--' Wir können uns hent zu Tage, auch wenn wir uns noch so sehr bemühen, die bezüg- lichen, aus dem Alterthum auf uns gelangten Notizen zu sammeln und zu einem Gesammtbilde snsammen zu stellen, höchstens einen annähernd richtigen Begriff davon machen, wie allgemein verbreitet gerade in der Blühtezeit des hellenischen Lebens die Kenntniss der homerischen Dich- tungen gewesen. Denn keinem Dichter irgend eines Volkes, überhaupt keiner Schrift, selbst die Bibel nicht ausgenommen, ist es jemals wieder gelungen, in gleicher Weise Aller Herzen sich zu erobern. Den Athenern namentlich waren die homerischen Gesänge so zu sagen in Fleisch und Blut übergegangen.

Von mehreren Männern, z. B. von Sokrates, Aristophanes u. a. m., ist uns berichtet worden, sie hätten im alltäglichen Leben homerischer Verse in ih/en Reden sich bedient. Und daran zu zweifeln haben wir gar keinen Grund, zeugt ja doch für die Richtigkeit der Angabe auch die alte Komödie. Soll die Komödie beim Volke Beifall finden, so muss ihre Sprache volksthümlich sein und müssen auch die Gegenstände, die sie mit ihrem Spotte geisselt, volks- thümlich, d. h. allbekannt sein. Dass nun gerade die alte Komödie einer ganz ausserordentlichen Belebtheit von Seiten des athenischen Volkes sich erfreute, wer vermag das zu leugnen? „Erst der unglückliche Ausgang der Expedition nach Sizilien", sagt ein Literarhistoriker '), „setzte der Volkskraft dieser Komödie, der reifsten Frucht der ochlokratischen Bildung und ihrem bevorzugten politischen Organ, ein Ziel." Betrachten wir denn also den von ihr behandelten Stoff, die von ihr angewandte Sprache näher ! Wenn wir die Fragraentensammlung der Komiker von Meineke nachschlagen, so finden wir eine ganze Reihe von Titeln, die uns zeigen, dass der Stoff der betreffenden Komödien den homerischen Dichtungen entnommen war. Von Theoporap werden erwähnt die Stücke ^Odoaaeu^, IlrjveXÖTnj, Zsip^vei;^ 'A^&aca; von Kratinos ^OSumr^c, deren Zweck die Verspottung der Odyssee war ^) ; von Philyllios JlXuvrptac ^ Nauaixda ; von Nibophon Setp^vez't von Kallias und Diokles K6xXcd7:s<:\ von Nikochares KivraupcK', von Plato M£viXa<K\ von Strattis C>tXoxT-^TTjz etc. Dass unter allen aristophanischen Stücken sich kein derartiges findet, darf nicht auffallen, wenn man bedenkt, dass die Tendenz derselben durchwegs eine poli- tische ist. Dafür ist aber die Sprache des Aristophanes mit einer Fülle von homerischen Aus- drücken, namentlich Glossen, Verstheilen und ganzen Versen, sowie von Parodien auf Homerstellen gewürzt. Es würde zu weit führen, wollte ich die Richtigkeit dieser Behauptung im Einzelnen nachweisen. Nur auf vier aristophanische Stellen möchte ich den Leser besonders aufmerksam machen. Die erste ist Ranae 1034. Aischylos sagt daselbst (von V. 1030 an) :

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1) Nicolai, Geschichte der griech. Literatar, I. pag. 110.

2) Seogebosch, Homerica Dissertatio Prior, p. 174. Lauer, Gesch. der homerischen Poesie, p. 34.

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8) ^<rret!wc Trawü napinAe^s 'Oßrjpou sagt der Scholiast. £»? ol (liv ist ein häafig Torkommender Yorsanfang, rgl. x. B. Ilias VII. 464; vi<po<: noXißoto IL XVII. 243; änwtrdßevoi II, XVI. 301. Der Vers aöräp iTtel xard ßijp^ xrX. z. B. Ilias I. 464 etc. Die beiden unten folgenden Verse dfprjrwp, ä'^ifturm^ xrl. finden sich D. IX. 63 n. 64.

H^-. X T &c da^ihfiot rÄv itoojTtov ol yewaiot yrji'ivfjvTu,

^ . '^•.. ^OpftlK fdv yäp TcXtrac d^*fjfiTv xarideti» fpdvtav i äxi^tadatf ^*V-2>|'-;-

' Mouoaioc di'i$au(iaeK « vöowv xdi j(pifjajw6z, ^ EModoz dk ' ^\,* -j *t 'f.)>V

v , r^C ipTcurla^, xapnSiV Sipazy dp&rouc S dk de'uK " OfOjpoz J *- J^;;! .

Td$eif, dpträff önXiaeiz dvdpwv ; v -C:J'^^^

„Woher aber hat der göttliche Homer Ehre und Rahm bekommen, als daher, dass er '^ ^^* Gutes gelehrt: Aufetellung, Tapferkeit und Ausrüstung der Männer ?" Nicht nur der Inhalt dieser -• '.■'^^; ; Worte, sondern eben so sehr die äussere Form, ich meine die Emphasis der Frage, zeugen daffir, ' v"^ '

dass Homer vor allen andern geehrt und berühmt gewesen. Pax 1088 sqq. fragt der Seher ^ '-;' Hierokles : Ildiov yäp xarä /pi^apbv kxaüaaze pcqpa ^toiatv ; ^ -' >^

Dieser Yers ist in Hinsicht sowohl auf die Worte als das Metrum Parodie eines homerischen Hexameters. Trygaeos antwortet ihm :

^OviKp xdXXiarov dr/Trou TzsitoiTjxev "OfJOjpo^

at^ ol pkv vitpoz kj^dpbv dnwadfisvot noki/ioto

Elpfji^v elXovTO xai Idpuaavß^ lepeitp.

aöräp inet xard p^p kxdrj xai anXdyjy kndaavroy

itnavdov derrdsaatv ifo) ^ 5dov ijyepdveoov.

^prr^apoX6y(p ff oddet^ ididou xwdwva <pativ6v. Auf eine köstliche Weise also wird der Weissj^er von Profession von einem gewöhn- lichen „Burger** Athens aus dem Felde geschlagen, indem dieser mit rascher Geistesgegenwart aus dem ihm so wohlbekannten Homer einen Orakelspruch, und zwar ebenfalls im heroischen Metrum, zusammenschmiedet.^) Hierokles versucht dagegen Einsprache zu erheben :

Ou psxixoi TOüTeuv od yäp tou^ eine ZißuXXa aber es wird ihm verdeutet, der weise Homer sei ein viel besserer Gewährsmann und ein neuer Xpi^op6<: aus demselben citiert:

dXX' 6 ao(p6<z toi v^ At ''Oprjpo^ de$tdv eJjKv

d<pp-^TO}p, d&ipurco^, dviart6<: iauv ixelvo^y

8^ noXipou Ipazai knidtjpioo dxpu6evToz. Nub. 1056 sqq. beruft sich der ''A8txo<z A6j-o(: wegen einer Behauptung auf Homer und will damit jedenfalls in den Augen des Volkes einen Gewährsmann ersten Ranges anführen :

Eh' iv dyopq. r^v diaTptßijv <//iyet(r ij'to ff inatvw.

el ydp novTjpbv ^v, ''0p7jpo<: oddino-^ äv inolet

TÖv Ni<rrop' dyopr^v äv oddk rou^ aofobz äizavrac;.

Merkwürdig ist in dieser Stelle noch, aber dem Volksglauben ganz entsprechend, der

in der Form eines Axioms ausgesprochene Gedanke, dass in den homerischen Dichtungen nichts

moralisch Schlechtes sich finde. Am interessantesten von allen ist aber jenes Fragment aus dem

ersten, 427 v. Chr. aufgeführten Stücke AatzaX^<;. Ein Vater, der von der neumodigen Erziehung

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dardi die Sophisten nichts hält, der im Gegentheil ein Anhänger der altm Schnle ist, examiniert - .%>j ^ r^^rf seinen Sohn im Homer nnd zwar fragt er ihn, um ihm recht auf den Zahn zn fühlen, nach der ^'^^:W^^^C Bedeotnng einiger Glossen t^-. ,^_ ., _ , ^ ;^ . ;,.3^'>*

np^ Täura ab Xi$ov 'O/jn^pitotK xXuTtat, Ti »aXoHat x6pofißa ; , , . .rl xcdoot/ dfjtxvrpfä xdp^va* '• > . ., '

Homer gilt also dem Aristophanes nnd mit ihm all den Verehrern der alten , frommen Zeit als . ' .

. .. Lieblingsdichter, seine Dichtungen gleichsam als Präservativmittel gegen iUe ätzende nnd zer- 't'>1' setzende neue Lehre. -«£Jf,;r"; " Was hat uns nun aber der Blick auf die alte Komödie gezeigt? Man erinnere sich der

,'i ^ zu Anfang von mir aufgestellten Sätze, dass Stoff und Sprache jeder Komödie, wenn anders sie * - recht wirken solle, volksthümlich sein müssen; femer, dass die alte Komödie in ganz ausser- ordentlicher Weise auf das gesammte Volk gewirkt, dasselbe ergötzt habe. Und nunmehr, da ich nachgewiesen, dass Stoff und Sprache derselben zu einem guten Theil homerisch gewesen, wird der Schluss wohl berechtigt sein, dass das gesammte athenische Volk Sprache und lohalt der homerischen Dichtungen von Grund aus gekannt habe.

Kein anderer Grund war es natürlich, der die Tragiker bewog, die Stoffe zu den heitern,

^jlils t^ die tragischen Trilogien abschliessenden Satyrdramen dem homerischen Epos zu entnehmen.

^ -.\ - Quelle für das einzige uns vollständig erhaltene Satyrdrama, den KuxAtofp des Euripides, ist das

|lri:> . neunte Buch der Odyssee. Von Aeschylos wird ein Satyrdrama mit dem Titel Ktpxrj erwähnt,

£* i*. , der auch auf einen dem Homer entnommenen Stoff hinweist

eil .' . Wollen wir aber trotz alledem noch Bedenken tragen, jene alte üeberlieferung: Sokrates,

!^,^- ,' Aristophanes u. a. m. hätten in der Umgangssprache homerischer Verse sich bedient, buchstäblich

. *-. / zu nehmen, so überzeugen uns die platonischen Dialoge. Diese sind doch gewiss Nachahmungen

von philosophischen Unterredungen, wie sie der wirkliche Sokrates mit Zeitgenossen hielt. Nun sehe man aber bei Plato nach, wie hier in ganz gleicher Weise wie bei Aristophanes homerische Worte, Verstheile und Verse sich finden. Und zwar redet Sokrates, oder wer es sonst ist, bald einfach in homerischen Worten, indem er den Dichter nennt oder auch nicht nennt, weiter aber ?%' i 0^6"* ^6^ Inhalt der betreffenden Worte kein Urtheil fällt. „Sprachliche Citate" möchte ich

^V»«. ' - ^i®^® ®'^^ Klasse von Homercitaten überschreiben. Vgl. Phaedr. p. 260. A. Ourot dTtoßkijrov ^ g; ijzw: elvat Set = Ilias HI. 65; ibid. p. 264. A. 0äidpe, <piXfi xetpaX^ = Ilias Vm. 281.

^'- •_: . . Teuxpef ^Utj xt<paXij\ ibid. p. 266. B. pzi ?/vtov oMrce deoco = per I^ta ßäivs Seo7o Od.

.V. - V. 193; Protag. p. 340. A. „Ich werde dich also, dünkt mich, zu Hülfe rufen, wie Homeros

fc'V^> ', - erzählt, dass Skamandros vom Acbilleus bedrängt den Simoeis zu Hülfe gerufen und gesagt habe :

^^ •-* Bruder, o lass uns Beide vereint den gewaltigen Mann dort

^1^^; ' Bändigen!*)

^'^-t" ' ' Dergestalt rufe auch ich dich herbei, damit Protagbras uns den Simonides nicht ganz werf

fei^'v r in den Staub.« ')

^^0^ Charm. p. 173. A. „So höre denn, sprach ich, meinen Traum, ob er aus der Pforte

K! b-i;^ ^0*^ Hom kommt oder aus- der von Elfenbein", womit zu vergleichen Odyss. XIX. 562 sqq. ;

'■^i-' Apol. p. 34 D. „Denn auch ich, wie Homeros sagt, nicht der Eiche entstammte ich, oder dem

^'■■j;. Felsen, sondern Menschen" = Odyss. XIX; 163; Ale. IL p. 141. D. /&iCd ts xai npfoiCä =

^Ij^ ;: . ' n. n. 303 ; Krat. p. 407. D. öfpa Xdr^at oJot Em6<ppovo^'^''nmot = II. V. 221 ; ibid. p. 415. A.

^ ; 4) Ilias XXL 308 u. 309.

?:.% 5) Im griechischen Text ixTtip<nj, ein Seht homerischer Aasdrnck, z. B. Ilias I. 19. Uehrigens ist die

^i.; ~ üebertragnng dieser, sowie anderer längerer Stellen der allbekannten Scbleiermacber'schen Uebersetzung Plato'»

'.. entnommen. Für die Homerrerse habe ich die Donner'sche Uebersetzung Torgezogen.

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/4 ^' daccYuaooTßC fävt« lU VI. 264; Soph. p. 268. D. ravn^c rij^ ^t^ficu: n x<ü afftarec as IL VI. 211 ; SjEip. p. 174. D. 2üv rt do, Iffj^ ip^oftivto vph 6 too -ßoüXtuoöpa^ S tt kpoüfjtev = n. X. 224; ibid. p. 220. C. Kai zauTa ftkv d^ ratkar olov d* aZ x6ff ipe^ xal (kXij xapttpiK ävrfjp = Odyss. IV. 242; Phileb. p. 62. D. Ms9m dij rac ^üfmaa<K /4eey tic ^t^ r^<7 "^Ofi^poo xai fuiXa 7coa^nx^<: /:itajrajrxela(: l>7to8oj(^v\ womit zxx vergL II. IV. 452 u. 453. ^*v^^.^., V. ;,. . WZ ^ ^rc x^^f^PP^ TToiafiot xar Spea^i ßiovTe<: . -, ^^ > .-li^ ^*f^

^- V i^ /juffj'dpeecav aupßdXkerov 5ßptpov üdatp. .,.-♦.>■

Politeia p. 328. £. iiretäij ivraüäa ^drj eJ r^c ^ktxia^, 3 d^ im y'^pao<: oddtp (paabt glvcu ol nocfjzai^)

Aa einem Orte (Kriton p. 44. A. u. B.) lässt Plato den Sokrates sogar in homerischen Versen träumen. „Es luun mir vor^« erzählt letzterer daselbst, ,,als ob eine schöne, wohlgestaltete t Frau mit weissen Kleidern angethan auf mich zu käme, mich anriefe und nyr sagte : ^Q Utoxpars^^ Tjpari xtv rpauT<p O&'trjv ipißtokov «roro;** = II. XII. 363. Zu einem feinen Wortspiele verwendet Platon im Symp. p. 198. C. jene homerischen Verse in Odyss. XI. 632 sqq.: ,

kpk de ^Xcopou di<K ^psh pij poi Fopyeir^v xe^akijv decvoio Jtsiwpou - : . i^ 'AidcK Tzip^eiev dyauij üepatipovsta. „Denn gar an den Gorgias'', heisst es an der angeführten Stelle des Gastmahles, y^\x6.t die Rede mich erinnert, sodass mir ordentlich jenes homerische begegnet ist: mir ward bange, Agathon möchte da^ gorgische Haupt, das gewaltige im Reden, am Ende seiner Reden gegen meine Rede loslassen und mich selbst zum Steine verstummen machen." Natürlich liegt die Ironie nicht nur darin, dass das homerische Adjectiv fopj^eio^ (der Gorgo gehörig) interpretirt wird wie FopYtsio^ (dem Gorgias gehörig) und dass Sokrates demnach dafüj substituirt Fopfioü nein, die Wirkung mnsete bei dem homerkundigen athenischen Leser deshalb noch eine viel grössere sein, weil der- selbe bei den platonischen Worten : Fop^riou xefaXijv Setvou sofort noch das iteXwpou

sich hinzudachte.

Geradezu sarkastisch ist das Homercitat im Protag. p. 315. B. Sokrates erzählt dort, wie er in das Haus des Kallias, jenes bekannten Maecenas der Sophisten gekommen sei und da Sophisten und Schüler derselben zu Häuf angetroffen habe. Nachdem er einige derselben aufgezählt, fährt er fort : Tov dk per elaevoi^aa, ifrj "OpTjpor;, '/rmiav rbv 'HXelov xtX. Die Worte sind entnommen dem XI. Gesänge der Odyssee (Xixucd) 572 oder 601. Sehr richtig bemerkt Schleiermacher : „Der unterrichtete Athener dachte sich das Uebrige hinzu und ihm entging audi der Stachel der Anspielung nicht, dass sie aus .der Reise in die Unterwelt genommen isf*.

Die letzten zwei platonischen Stellen haben uns wieder unvermerkt eben dahin zurück- geleitet, wohin uns schon die Komödie geführt hatte, ich meine auf das Feld der homerischen Parodie. Und da will ich denn der Vollständigkeit wegen auch gleich noch des parodischen Epos Erwähnung thnn. ^) Dasselbe lehnt sich , soweit wir davon Kunde haben , ganz an die homerischen Dichtungen an. Ganz natürlich ! Denn es ist ja das Wesen der Parodie, dass sie die möglichst nnversehrt erhaltene Form einer allbekannten erhabenen Dichtung mit einem andern, gewöhnlich gemeinem Inhalte anfüllt. Das bekannteste aller parodischen Epen, die Bazpaj^

6) Der Aasdrnck inl yijpao^ obdtp kommt bei Homer and Hesiod Sfters ror.

7) ÄosfÜhrlich hat diesen Gegenstand behandelt A. Weland, de praecipois parodiar. Homeric. scripto- riboB apad 6r. Eine kurze üebersicht gibt Laaer p. 27 sqq.

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Aber was war es denn, was die Griechen des V. Jahrhunderts so mächtig zu Homer i ' hinzog, so gewaltig zum Studium desselben antrieb? Es waren der Gründe viele; wenn ich

, ', mir aber jenes kunstsinnige Geschlecht, das da einen Sophokles, Aristophanes , Plato, Phidias hervorgebracht, recht vergegenwärtige, so möchte ich in erster Linie als Grund nennen die poetische Vollendung der homerischen Dichtungen. Diese wusste man im V. Jahr- jf .;;i- -^ . hunSert vor Chr. eben so gut oder noch viel besser zu würdigen als heut zu Tage. Aeschylus

* ■'):. ' nannte nach dem Zeugnisse des Athenaeus seine Tragödien zBfidpj rwv'^OfJcfjpoo fieyäktüv deimcav, ... :,. - ^ Brosamen der grossen Mahlzeiten des Homeros. Sein Zeitgenosse Pindar singt in Nem. VII. 20 If .V- *Exoi ^^ nXiov Ihtofiai \ kAyov Vduaaso^f 9/ Tidßev, diä xov ädüenij yeviffd^ "Ofjcfjpov \ inei

■^' -^v ^eudeai ol Tzorav^ ts fxa^avqi \ asfivhv Ineari zv aa(pia dh xXiTnet Ttapäyoura fiudoK. Und in

1 Isthm. in. 55 sqq. dXX* "OfJT^pSc; toi Tszi/zaxev dt dv^pwnaiv (sc. Äiavra zbv TeXa/aiouof:) Sc

fy. adröu | izäaav dpSwaau; dperäu xarä ^dßdov iippaaev j ^süiteatcDV initov Xotnoi^ d^opetw j

V '" . TouTo ydp d&dvaxov ^ojväeu ipTiet. \ et «c e5 etTrjj n, xal Tzdyxap^iov knt ^96va xai diä itöurou '•aJ ßißoaeev J Ip^patcDV dxTK; xaXmv äaßearof; ahi. Und auch der grosse Perikles nennt in der

;^'/r' Leichenrede (Thnk. II. 41), die er den ersten Opfern des peloponnesischen Krieges hielt, den Homer einen Lobredner, der es verstehe, wenn er auch Erdichtetes singe, die Zuhörer zu ergötzen : „Unter grossen redenden Beweisen und gewisslich nicht unbezeugt haben wir unsere Macht ent- faltet und werden davon von den Lebenden und Zukünftigen bewundert werden, und wir bedürfen ':%;7' weder eines Homers als Lobredners noch sonst eines andern, der mit seinen Gesängen zwar für den Augenblick ergötzt, dessen Vorstellung von den Thatsachen aber bald durch die Wirklich- keit wird Lügen gestraft werden, sondern etc." °) Diese Worte enthalten also ja nicht, "wde es beim ersten Anblick scheinen könnte, ein geringschätziges Urtheil über Homer, sondern der Sinn ist: Die gegenwärtige Blühte unseres Staates ist über jedes Lob des geschicktesten Dichters (au{ dessen Lobsprüche ihr, Athener, bis anhin so viel gegeben) weit erhaben.

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8) Sympos. III. 5.

9) Nach der üebenetzong Ton Wahrmand.

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/BKM/M^o, bildet eme Parallele sax fliae imd <He Z^t seiner Abfassiuig wird gewöhidieh in's V. Jabrbmidert gesetzt.

Das Ergebnis« unserer bishoigen Betrachtung ist die Schlnssfolgerang, dass in d«v d»naHgen Zeit, im V. Jahrhundert vor Chr., die Kenntniss der homeriatsheii Dichtungen auf eine ganz beispiellose Weise durch das ganze griechische Volk, namentlich aber das athenische, verbreitet, und dass selbst die ge- ' f wohnliche Umgangssprache, vornehmlich die athenische, von der homerischen ^: Sprache wie von einem Sauerteig ganz und gar durchdrungen war. Ja, wenn wir anch nicht gerade annehmen dürfen, dass es viele gegeben, die gleich jenem Niceratus bei Xenophon") den ganzen Homer auswendig wussten, so dürften wir doch mit der Behauptung nicht so gewaltig irren, dass gewiss die meisten athenischen Büi^er einen grossen Theil jener Dichtungen im Gedächtniss hatten.

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II.

Waniin Homer ein so allgemein beliebter Dichter war.

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10) Dio Chrys. LV. p. 284. Beisk. Toörojre 5.navTi(; <paatv oJ 'Eiijjve^, ZvQO^opov 'Oßyjpou ^r^Aanijv ytvio^at xal a^ödpa iotxivat xavd r^v -KoiTjeai. Loogin. de sabl. XIII. 3 : Movoq 'Hpodow^ Vßjjptxiinato^ fyentvo ; Srrjoi^opo^ tn Tcpönpov o re ^Apx0.oxo^y tzcu/twv dk toutiuv fidXum 6 IlXdrwv, dnd toü 'Oßijpaw ixtinou vdßccrtK c2c alnov fwpca^ oaa^ rtaparponä^ dno^ersuffd/isvoi. und so artheilte m«n gewist schon im V. and VI. J»brhdt. T. Chr. Vgl. Übrigens Laaer, p. 23.

11) Panegyr. % 159.

12) Sengebuscb, Hom. Dissert. I. p. 145.

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Als grOsster IMchter, Dichter xot' i^ojIP^v, wird Homer sehr oft einfaxsh 4 yrofl^

Ä^A^.. Wenn nan aber Klassiker ersten Ranges neidlos dem Homer die Palme zuerkennen, w&aa sie

^;^^-^.'''yihn als ihren Meister, sich selber als seine Schüler bezeichnen, so bedarf es keiner weitläoflgen

': :./^' Beweisfährang mehr, dass das Epitheton '^OfOjptxö^ als ein höchst ehrenvolles galt. Es wnrde

aber sowbhl Dichtem als Prosaikern ertheilt, z. B. dem Stesichoms, Archilochos; dem Herodot

:. ' im Superlativ: "^Ofv/jpaanaxiK und dem Plato in einem wo möglich noch hohem Grade.*?) )ioch

mehr! Der homerische Greist liess sich auch befruchtend auf Maler und Bildhauer herab. Der

Bildhauer grösster, Phidias, schöpfte nach seinem eigenen Geständniss das Ideal zu seinem

grössten Werke, zu dem olympischen Zeus, der in späten Zeiten noch 1iuch Andersgläubigen,

wenn sie ihm pahten, heilige Ehrfurcht einflösste, aus Homer, nämlich aus Ilias I. 528 530:

nSo der Kronid' und winkte sofort mit den dunkelen Brauen ; und die ambrosischen Locken des Königes wallten hernieder Von dem unsterblichen Haupt, und die Höh*n des Olympos erbebten." Ein zweiter Grand ist die hohe nationale Bedeutung, die Homer durch die Perser- ->'.:;

kriege bekommen. In den Schlachten bei Marathon und Salamis u. a. hatten die Griechen den >. '4

Kampf mit den Barbaren siegreich bestanden und von einem ähnlichen Kampfe der Griechen mit Asiaten singt ja auch Homer in seiner Ilias. ^Ich glaube aber auch,** sagt der Redner Isokrates ''), ^dass die Dichtung Homers einen grossem Ruhm erlangt habe, weil er schön die- jenigen, so mit den Barbaren gekämpft, gepriesen hat, und dass desswegen unsere Vorfahren seine Kunst zu hohen Ehren bringen wollten, sowohl in den musischen Wettkämpfen, als auch im Jugendunterrichte, damit wir durch öfteres Anhören der Heldengesänge die gegen jene be- stehende Feindschaft uns einprägen und indem wir der Tapferkeit jener, die den Feldzug gemacht, nacheifern, nach gleichen Thaten trachten wie jene.** Auch Herodot zeugt, wenn auch indicect, für meine obige Behauptung. »Denn wenn er I. 1 5 erzählt, dass die Perser die Anfänge des von ihnen gegen die Griechen geführten Krieges von der Zerstörang Troja's herleiten, so ist es klar, dass das von den Griechen erdichtet und einigen gelehrten Persera (Uepaiwv ol Xöytoi nennt sie Herodot I. 1) weiss gemacht worden ist. Eben dahin gehört, was VII. 42 und 43 erzählt wird, wie Xerxes zur Burg von Ilion hinaufstieg und der ilischen Athene opferte, wie die Magier den Heroen Todtenopfer J^rachten , wie das Heer der Perser im Gebiete von Ilion beim Idaberge und Skamanderflusse durch Donnerschläge erschreckt, durch Blitze getroffen, durch -\'

göttlichen Schrecken gelähmt wurde.** '^) Nehmen wir das aber an, so steht fest, dass schon vor der Abfassung des herodotischen Geschichtswerkes die Griechen die Perserkriege in enge Beziehung brachten zu dem trojanischen Kriege, ein Umstand, der gewiss ungemein dazu bei- tragen musste, den Homer populär zu machen.

Homers Dichtungen galten aber den Griechen der alten gläubigen Zeit und so auch den Griechen des V. Jahrhunderts bis zum peloponnesischen Kriege, ja einem grossen Theile des Volkes auch später noch, ebenfalls als Religionsbuch, als heilige Schrift Und zwar

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waoren sie in ihren Augen sowohl der dogmatische, als der ef^isii^ KanraV üra jenes zu beweisen, bemfe ich mich einfach aof die schon so viel besprochene Herodotstelle (II. 53) : „Woher aber jeder einzelne Gott gekommen, oder ob nnmer alle waren, und von was für Gestak, ein j^licher, das war ihnen eher nicht bekannt, als seit gestern and ehegestern, dass ich so sage. Nämlich Hesiod and Homer siad, meines Dafürhaltens, am 400 Jahre älter als ich und nicht "drüber. .Und diese sind es, welche den Hellenen die Abstammung and Verwandtschaft ihrer Götter gedichtet (ol nodjaavrez deajrovlT^v "EXXrjatv)^ den Göttern ihre Beinamen (intovufua^) gegeben, Ehren and Künste aasgetheilt and ihre Gestalten bezeichnet haben". Die eigentliche Bedeatang dieser Worte ergiebt sich aas dem vorhergehenden Kapitel (11. 52). Die Pelasger, erzählt Herodot daselbst, riefen zuerst bei ihren Opfern nor die Götter überhaupt an, ohne die einzelnen zu benennen; denn die Eiozelnamen waren ihnen noch unbekannt. Nach einer langen Zeit aber erfuhren sie letztere von den Aegyptiem und brauchten sie von nun an mit Zustim- mung* des Orakels in Dodona beim Opfern. Von den Pelasgem empfiengen sie nachher die Hellenen. Vor Homer also und Hesiod, das ist offenbar Herodot's Ansicht, war den Hellenen nur das Dasein von himmlischen Mächten bekannt und deren Einzelnamen; ihr ganzer Gottes- dienst bestand in Opfern, die jenen himmlischen Mächten gemeinsam dargebracht wurden. Durch Homer und Hesiod wurden diese Mächte zu leibhaftigen Göttern und traten zu einander in ein bestimmtes verwandtschaftliches Verhältniss ; der Gottesdienst wurde zu einem formlichen Cultus ausgebildet. Was wir von unserm Standpunkte aus über die Ausbildung des griechischen Poly- theismus urtheilen, kann natürlich hier nicht in Frage kommen; es handelt sich vielmehr an diesem Orte nur darum, welches die Meinung der Griechen des V. Jahrhunderts gewesen..

Gleicher Weise schöpften sie aus Homer auch ihre Ethik. Der Satz: „Er, Homer, sagt es, darum ist es sittlich gut" begegnet einem, wenn man die schriftlichen Denkmäler jener Zeit durchliest, allüberall. Man lese z. B. jene aristophanischen Stellen in Pax 1088. sqq. und namentlich in Nub.^1055. sqq. nach (siehe oben pag. 4). Der schon einmal erwähnte Niceratus im xenophontischen Symposion erzählt, er habe, vom Vater dazu gezwungen, damit er ein braver Mann (xaXd<: xdya&6<:) würde, den ganzen Homer auswendig gelernt und habe ihn noch in seinem Gedächtnisse und thue sich viel zu gute auf die genaue Kenntniss Homers, welche sehr hoch zu schätzen sei. Und in seiner Rede gegen Leokrates '^) spricht sich Lycurg über Homer folgender- massen aus : „Ich will euch aber auch den Homer als Zeugen stellen, den lob' ich mir. Ihn hielten nämlich euere Väter in dem Masse für einen edeln Dichter, dass sie ein Gesetz erliessen, an den jeweilen im fünften Jahre stattfindenden Panathenäen dürfen von allen Dichtem einzig und allein seine Dichtungen von Rhapsoden vorgetragen werden und damit wollten sie den Hellenen gegenüber so recht klar zeigen, dass sie die besten Thaten am meisten schätzen. Mit Recht; denn die Gesetze lehren ihrer Kürze wegen nicht, sie befehlen nur, was man thun müsse, die Dichter aber ahmen, nachdem sie die besten der Thaten ausgewählt, das menschliche Leben nach und über- reden solcher Gestalt mit Wort und Darstellung die Menschen, Denn Hektor hat, wo er die Troer zum Kampf für's Vaterland ermuthigt, folgendes gesagt (II. XV. 494 sqq.) :

„„Auf denn, kämpft an den Schiffen vereint! Wer dann, von dem Wurfspeer

Oder dem Schwerte getroffen, den Tod und das Schicksal erreichte,

Fahre hin ! Im Kampf um die heimische Erde zu sterben.

Bringt ihm Ruhm ; ihm bleiben in Wohlfahrt Kinder und Gattin,

Bleiben das Haus und die Habe zurück in blühendem Stande,

Wenn die Achäer zu Schiff heimziehen in der Väter Gefilde."" '*)

13) § 102 sqq. 14) Nach Donner. 2

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Indem euere Vocfeihren, ihr Männer, diese Dichtungen hörten und solche Thaten nschahmtea, iraren «ie so brav, dass sie nicht nur für ihr engeres Vaterland, sondern für ganz Griecheniaod, tls das gemeinsame, sterben wollten** etc. Si *?'5*f \ ' /

Dagegen befremdet es uns, wenn im V. Jahrhundert noch Homer den meisten ab erste •|ir^, Autorität in jedem Zweige des menschlichen Wissens, also eigentlich als infallibel %•'"-.■ galt. Und doch war es erwiesener Massen so und zwar ans begreiflichen Gründen vorab in Geschichte und Geographie. Die griechische Historiographie hat sich ja mittelbar aus den home- rischen Epen entwickelt, so nämlich, dass den Homer zunächst die kyklischen Dichter und diese 5\ : ' sodann die Logographen, die Sagenschreiber (in der zweiten Hälfte des VI. und in der ersten des V. Jahrhunderts), fortsetzten. Die Werke dieser Logographen tragen in vielen Beziehungen noch den Stempel der homerischen Epen. Zur eigentlichen Geschichtschreibong ist die Logo- ■> ''^ graphie entwickelt worden durch Herodot. Aber wie oft erinnert noch dieser an Homer! Mit gutem Grunde nannte ihn das Alterthum 'ö//3y^«ö«-aro<r. Nach diesem Autor nun war 'es gar nichts ungewöhnliches, dass Städte und Staaten, um die Berechtigung irgend welcher Ansprüche . ' *i darzuthun, auf Homer sich beriefen. Von mehreren Beispielen ") will ich nur eines anführen. Als Gelon von Syrakus, von den Hellenen um Hülfe gebeten 'ß), diese zugesagt hatte, wenn man ihm den .Oberbefehl übertrage, verweigerte das der spartanische Gesandte mit den Worten: ^H .fs;

xe fiij ol/juu$ete 6 IJeXojridrj^ 'Aj'a/ii/ivojv noMfJLtvfx: ZTzapxvqraz r^v ijyefiovc^v dirapaup^a^ai - v'

bnb riAa>v6(z re xat Suprjxoaiwv xtX. Die anfänglichen Worte erinnern sprachlich '^) und inhaltlich .•: ^- an Homer. Gelon verlangt nun doch wenigstens die Hälfte des Oberbefehles, nämlich den Ober- ^■^■

befehl entweder zu Land oder zur See. Da erhebt sich der athenische Gesandte und erklärt, ,- .v die Athener würden es sich gefallen lassen, wenn Sparta den gesammten Oberbefehl für sich in ;; v Anspruch nähme; werde dieser aber getheilt, so gebühre ihnen allein der Oberbefehl zur See. „Umsonst hätten wir ja dann die grösste Seemacht unter den Hellenen erworben, wenn wir den . >> ■*• Syrakusiern die Führung einräumen müssten, wir Athener, das älteste Volk in diesem Bunde, ,-•:

die einzigen Hellenen, die ihr Stammland nie verlassen und von welchen auch dem Heldensänger >»'

Homer zufolge der trefflicl^te Mann gen Ilion kam, ein Heer aufzustellen und zu ordnen. '®) So ist*s denn auch kein Schimpf, wenn wir solches sagen'S Wie hätten die Athener es wagen dürfen, ohne sich lächerlich zu machen, die Billigkeit ihrer Forderungen aus Homer zu beweisen, wenn dessen Dichtungen nicht als älteste Geschichtsquelle bei dem Volke unbedingten Glauben genossen ?

Dass es auf dem Grebiete der Geographie ähnlich gewesen, erhellt aus der scharfen Polemik, die Herodot gegen diejenigen führt, die z. B. an das Dasein des Oceans glauben (H. 23) : „Wer aber von dem Oceatf erzählt hat, hat sich mit jener wunderbaren Geschichte in das Gebiet der Falfeln begeben und kann uns durchaus nicht überzeugen. Denn ich weiss Wenigstens von keinem Fluss Oceanus und glaube nur, dass Homer oder einer der Dichter vor ihm den Namen erfunden und in der Dichtung eingeführt hat". Namentlich aber ist zu vergleichen IV. 36: „Ich muss aber lachen, wenn ich sehe, wie schon so Viele den Umkreis der Erde gezeichnet ' 'V

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16) Vgl. V. 94. VU. 148. 159. 161. IX. 27. '^ i'-^^

16) Vn. 159 u. 161. ' •' f

17) 111m VII. 126. ^ ze fiiy' olfiut^ete yipiov hcKTjXdTa IlTjleu^. " , \'y

18) Vgl. Ilias II. 652 sqq. „Diesen gebot als Herrscher Menestheus, Peteos' Sprössling. | Dem kam , '^' nimmer aaf Erden ein Sterblicher gleich in der Kunde, | Rosse zu lenken im Kampf and beschildete Männer ra ordnen. | Nestor mass sich allein, der bejahrtere Mann, mit Menestheus."

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19) Aasfahrlicher bei Sengebusch, Hom. Diss. Prior, p. 42. ijtt- .^ , " 20) Im hohen Norden lebenden. In der nachfolgenden Homerstelle ist „aufwachsen** geradezu unrichtig,

i"^: ' deren ■nki'&ouai bedeutet : „sie werden geworfen''. Um so grösser mnss sowohl Homers Antorit&t. als Herodots Glaube gewesen sein.

Mb«n und keiner das auf verständige Weise gethan hat; lassm sie doch den Ooeanos in ihrer Zeichnung rings nm die Erde strömen, die gerundet ist, wie auf der Drehbank, and machen dabei Asia nnd Europa einander gleich". ^ »^^iS^i^r, v-.irT>i.i,i^

Man wärde aber se^r irren, wenn man annähme, Herodot habe nun einer freiem An- "^-f^ schamufg Bahn gebrochen. Gegen den alten Aatoritätsglauben hat noch der grosse Eratosthenes ^* (ungefähr 250 v. Chr.) zu kämpfen. ") „Jeder Dichter", sagt derselbe, „will ergötzen, nicht . ' ^\'^ belehren. Homer und die andern alten Dichter kennen wohl Hellas; was darüber hinaus liegt, kennen sie zum grössten Theil nicht. Thöricht wäre es also, alle die G^enden , die uns z. B. in der Odysee genannt werden , aufsuchen zu wollen. Homer wollte aber damit auch nicht bestimmte Gegenden schildern, um sie furchtbarer oder wunderbarer uns malen zu können". Von nun an "halten die Gelehrtesten allerdings zu Eratosthenes , z. B. Aristarch; aber Leute, die den alten gläubigen Standpunkt vertheidigten , fanden sich auch jetzt noch immer imd ich kann da gerade den Zeitgenossen Aristarch's, das Haupt der pergamenischen Schule, Krates aus Mallos, nennen. Derselbe nahm an, Homer habe vollständige Kenntniss in der Astronomie, Mathematik, Medizin, Geographie, in der chaldäischen Sprache u. dgl. m. gehabt. Aehnlich der unter Kaiser Augustus lebende Strabo auf dem Felde der Geographie.

Noch eine Stelle aus Herodot als Beleg dafür, dass Homer auch im Gebiete der Natur- wissenschaften als höchste Instanz pflegte angerufen zu werden. Herodot äussert sich nämlich IV. 29: „So halte ich auch dafür, dass darum dem dortigen ^o) ungehörnten Rindvieh keine Homer wachsen, und für meine Meinung zeugt auch ein Wort Homers in der Odysee, das also lautet:

Libyen auch, wo die Lämmer sogleich aufwachsen mit Höraera (IV. 85), was ganz richtig gesagt ist, dass in heissen Ländern die Hörner schnell herauskommen".

Jetzt freilich verwundern wir uns nicht mehr, wenn der Dichter, der am grossartigsten und herrlichsten von Schlachten und Kriegen gesungen, der grösste Meister und beste Lehrer der Strategik sein musste. Aristophanes nennt gerade das das Hauptverdienst des Homeros, 8rt XP^*^' idida^Sy rarste, dpsxdi:, 6TZ?.iasiiz dvdpwv. In dem platonischen Dialoge „Jon" (darauf, ob er acht sei oder unächt, kommt es hier nicht an) sollte der Rhapsode dem Sokrates erklären, was Besonderes man denn durch die Rhapsodenkunst verstehen lerne. Er giebt mehrere Ant- worten, aber stets wird er von Sokrates des Irrthums überführt. Da steift er sich schliesslich darauf: was ein Stratege sagen müsse, das wisse er; ein guter Rhapsode sei ein guter Feldherr, denn er lerne die Feldherrenkunst aus Homer; er, Jon, sei, weil der beste Rhapsode, auch der beste Feldherr aller Griechen. Auch dieser Glaube, dass man die Strategik aus Homer erlernen könne, hat noch Jahrhunderte, ja bis in unsere Zeit fortgedauert. Der um die Mitte des zweiten Jahrhunderts nach Chr. lebende Polyainos sagt in der Einleitung zu seinen ZrpaTTjy^fiaxa (Edit. Wölfflin, p. 4 u. 5) , schon Homer ermahne einen durch die oft vorkommenden Worte „mit Arglist oder gewaltsam" (^ d6X(p ijl ßijifi) , dass man erst zu Kunstmitteln und Listen und erst, wenn diese nichts verfangen, zur Gewalt greifen müsse. So verfahre namentlich der von ihm so hoch gepriesene Held Odysseus. Und da er von Homer weggeht, sagt er: 'AkXä xalka fiiv, ^ 3aa ToiaoTa, diddaxwv "Ofxripoz dpxsizo).

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Rössel berichtet fc der Vorrude sii seinem r>Abr4g4 de tart de guerrt"^^ dass Napoleon L jefonden habe, man könne die Kriegskanst beim Lesen Homer's erlernen.

Wie mit Geschichte, Geographie, Natm^ssenschaften , Kriegskunst, so stand es, wie schon gesagt, mit dem ganzen menschlichen Wissen. Im 10. Bache der Politeia (p. 598. D.) sagt Plato : „Wir hören ja von gewissen Leaten, dass die Tragiker and ihr Führer Homer all» Künste verstehen und alles menschliche, was sich auf Tagend and Schlechtigkeit begeht, wd das Göttliche dazu.** -.y.'X>

m.

Wie die Ghiechen die gründliche Eenntniss Homers sich erwarben.

Aus all den in Kapitel II. angeführten Gründen wurde Homer im V. Jahrhundert als Schulbuch verwendet. Ich verweise besonders auf die oben schon einmal angeführte Stelle aus Isokrates^') und auf jenes Fragment aus den JatraX^z, wo ein Vater seinen Sohn in homerischen Glossen prüft. Hiefür zeugt auch ein Vers des Xenophanes:

'£$ dp)r^<: xad^ "Ofxrjpov iizs). fjsfxaf^ijxam tzuvts^. Bei Plutarch finden wir über den jungen Alcibiades folgende Anekdote : Alcibiades kam zu einem Schulmeister und bat ihn um einen Homer. Als er bekannte, er habe keinen, gab er ihm eine Ohrfeige. Da aber ein anderer gesagt, er habe einen von ihm selbst berichtigten Homer, sprach er : Und du bist Elementarlehrer, während du doch im Stande bist , den Homer zu berichtigen, und unterrichtest nicht an höhern Klassen ? ^^)

Und darüber, wie Homer im Jugendunterrichte verwendet worden, giebt uns am besten Auskunft eine Stelle im platonischen Protagoras. ^^) Es wird daselbst die Erziehung der Jugend einlässlich erörtert und anter anderm gesagt : „Hernach , wenn sie den Knaben in die Schale schicken, schärfen sie dem Lehrer weit dringender ein, für die Sittsamkeit der Kinder zu sorgen, als für ihr Lesen und für ihr Spiel auf der Lyra. Die Lehrer also haben hierauf Acht und auch wenn die Kinder nun lesen gelernt haben und auch das Geschriebene verstehen, wie vorher nur den Ton : so geben sie ihnen auf den Bänkchen die Gedichte der trefflichsten Dichter zu lesen und lassen sie einlernen, in denen viele Zurechtweisungen enthalten sind und Erläuterungen, auch Lob und Verherrlichung alter trefflicher Männer, damit der Knabe sie bewundernd nach- ahme und sich bestrebe, auch ein solcher zu werden." Wenn Homer hier auch nicht gerade mit Namen genannt ist, so ist doch bei jenen „trefflichsten Dichtern" vorzugsweise an ihn zu denken.

Und was der Knabe gelernt, wurde im Jünglings- und Mannesalter stets wieder auf- gefrischt durch die bei allen möglichen festlichen Gelegenheiten, mochten sie öffentlicher oder privater Natur sein, stattfindende Recitation der Rhapsoden. 2*) Schon vor Solon müssen viele derselben die homerischen Dichtungen an den Panathenäen vorgetragen haben. Durch Solon aber

21) Panegyrikos § n159.

22) Sengebosch, Hom. Dissert. I. p. 196. Ich glaube den Sinn der ziemlich schwierigen Stelle richtig wiedergegeben zu haben. Sie lautet übrigens : kripou dk ^«rawo^ ^stv 'Oßtjpov b(p 'aüroü dtwp^ta^ivov, eTr^ Jtfyjt YpdfifiaTa dtSdffxei^, 'Opyipov iTzoitop&ouv Ixaatö^ &v, xai od^l voö^ viou^ izaideöeiq ;

23) p. 325. £. sqq.

24) Lauer, p. 5 o. 13.

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wurde gesetzlich bestimmt, dass an dem genannten Feste einzig and allein Homer-Rhapsoden

zogelassen mid angehalten werden sollten, in ihrem Vortrage einander so abzulösen, dass ein ^'v/^y^fv^"

zosammenhängendes Ganze entstünde.**) Auch an andern Festtagen der Athener scheinen die tj^'y^^^r^

homerischen Epen recitiert worden zu sein, u. a. nach Hesychius (s. v. Bpauipatvioiz) in Brauron, ; :V

an welchem Feste wissen wir nicht. Dass desgleichen die Rhapsoden auch in Städten ausser

Attika auftraten, versteht sich eigentlich von selber, ist aber zum üeberfluss noch ausdrücklich . ;

bezeugt durch Herodot Y. 67 und durch den Verfasser des «Jon" (gleich am Anfang). Letztere

Stelle namentlich lässt uns vermuthen, dass sie eben von Ort zu Ort z(^en und allenthalben

das am meisten gefeierte Fest zu ihren Vorträgen auswählten.

Selbst zu geselligen Unterhaltungen musste der Dichterheros den Stoff liefern. Schon seit früher Zeit pflegte man nämlich, wie wir einander jetzt Räthsel aufzulösen geben, bei den jriechen sich gegenseitig Probleme aus Homer zum Lösen vorzulegen. Es waren veraltete Wörter, über deren Bedeutung man schon damals nicht mehr im Klaren war (Glossen); dunkle Stellen ; man begehrte auch wol Dinge zu wissen, die der Dichter verschwiegen hatte u. dgl. *_•) Eine Spielerei allerdings, aber wie ungemein geeignet, den Homer sich mehr und mehr einzuprägen !

Auf die privaten Homerstudien, zu welchen der Weg natürlich einem jeden offen stand, trete ich nicht näher ein, da ich in diesem Kapitel nur zeigen wollte, wie die grosse Menge zu jener erstaunlichen Kenntniss des homerischen Epos gelangt sei.

IV.

Einzelne Männer der Wissenschaft beginnen, gegen die homerische

Autorität sich au&ulehnen.

Was die alte, gläubig-fromme Zeit von Homer hielt, ist weiter oben gezeigt worden: von Anfang bis zu Ende wurde so zu sagen Wort für Wort seiner Dichtungen für wahr gehalten.^ Mit dem peloponnesischen Kriege begann das Zeitalter des Zweifels, begann man an allem Her- gebrachten, bis dahin Geglaubten zu rütteln, an die Stelle des bisherigen gläubigen Idealismus trat kritische Nüchternheit. Da wurde denn auch die homerische Poesie einer strengen Kritik unterworfen. Zwar die Plänkeleien der Sophisten haben nach meiner Ansicht im Ganzen wenig zu bedeuten. Von Protagoras wird z. B. erzählt, er habe den Anfang der Ilias sowohl als der Odyssee getadelt, weil Homer daselbst, statt zur Göttin gefleht, derselben befohlen habe. ^^ Im übrigen ist es bekannt, dass die Sophisten, die ein Hauptgewicht auf die Redekunst l^ten, so gut wie später die Rhetoren ihre Stoffe aus Homer nahmen, da den ^vrotv löyo^ zum xpecrrwv zu machen suchten. So^ werden dem Gorgias die zwei Declamationen zugeschrieben ^Eyxtofuov 'EXivrj<^ und ^AnoXoyia Uakafii^doiiz. '*^) Die Sophisten gingen, um es kurz zu sagen, fast überall darauf aus, dem Homer, der anerkannter Massen der erste Dichter war, Irrthümer nachzuweisen. Ungleich höher ist es anzuschlagen, wenn Männer der Wissenschaft durch ernste Studien dahin

25) Lycurg. Leoer. § 102 und Diog. t. LaSrte in Vita Solonis I. 57. Ueber letztere Stelle vgl. Sengeb., Hom. Diss. II. p. 107. /

26) Lauer, p. 9.

-27) Mriviv äeiSe, ^ed und "AvSpa fiot iwene, Moutra.

28) Palamedes, Held des nachhomeriscben troiscben Sagenkreises.

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29) II. II. 569 tind 570. „Die von Mykenae kamen, der Stadt mit den prangenden Häosern, ] Auch Ton der reichen Korinthos, Kleonäs stattlicher Feste."

30) lüas n. 576 sqq. und 609 sqq.

31) Vgl. hierüber die Programmarbeit von Dr. Rassow: „Ueber die Beortheilang des Homerischen Epos bei Plato and Aristoteles. Stettin 1850." Sengebuscb, Hom. Diss. I., p. 129 sqq.

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gebracht worden, gegen die Autorität Homer's sich anfzBlehoen. Hie oad daigieog dfflUjOBAt 80 glaobenestarken Herodot schon so. Von dem grossen Thukydidee d&rften wir es viVAiif- setsen, anch wenn wir nicht ganz bestimmte Beweise hätten. Dieser Greschichtscfareiber anerkannt zwar das Zengniss Homers für die Zeit, in welcher der Dichter gelebt So sagt er am A^twge (I. 3) jseines Gechichtswerkes, die homerischen Dichtungen beweisen, dass der Name Hellenen ja nicht etwa von Anbeginn ein allgemeiner gewesen. Und bald darauf (I. 13) wird Homer Stiert, um zu zeigen, dass Korinth schon frühe einen Hafen hatte und reich war. ^°) Die Erzählungen aber des Dichters über frühere Reiten, d. h. über die Zeiten des trojanischen Krieges, benutzt er entweder äusserst vorsichtig oder verweist sie entschieden in das Reich der Sage. I. 9 handelt der Geschichtschreiber von der grossen Macht Agamemnons, namentlich der Seemacht. Derselbe habe die Griechen wohl mehr durch Furcht, die er ihnen eioflösste, zu dem Unternehmen gegen , ^ '-«sl Troja vereinigt, als dass sie es ihm zu Liebe gethan. „Denn es zeigt sich, dass er für seiue ''-'i ' eigene Person mit der grössten Anzahl von Schiffen erschien und überdiess noch den Arkadiero """ *ii solche gestellt hat. 3°) So erzählt nämlich Homer, wenn dieser überhaupt als Gewährsmann %, gelten kann. Auch lässt er ihn in der Stelle, wo von der Vererbung des Szepters die Rede .-. ist (II. n. 108) ,'%■

Inseln viele beherrschen und sämmtliche Gaue von Argos. " yv ^ . j-'f^^^^.

Und gleich darauf (I. 10) äussert er sich über den Zug der Griechen gegen Troja: „Darf man c^V

der Schilderung Homers auch hierin Glauben schenken, obgleich es selbstverständlich ist, dass Vf;

er als Dichter die Dinge in's Grössere und Schönere ausmalt, so erscheint selbst unter dieser Voraussetzung der Zug ziemlich ärmlich. Homer erzählt nämlich etc." Auf eine oben schon berührte, sehr bezeichnende Stelle (II. 41) will ich nur verweisen. Die historische, auf genauer und kritischer Benutzung der Quellen beruhende Darstellung und die dichterische Erzählung werden einander entschieden gegenübergestellt in L 21 : „Trotzdem möchte einer nicht fehlgehen, wenn er zumeist das für wahr hält, was ich nach den angeführten Beweisgründen mitgetheilt habe, und weder dem mehr Glauben schenkt, was die Dichter in's Grossartige aosschmückend J

davon gesungen haben, noch auch dem, was die Sagenschreiber (Xoyoj'pd^oc) darüber aufgezeichnet, '^^,

mehr mit Rücksicht auf das der Einbildungskraft Schmeichelnde, als auf die Wahrheit, Uner- \v:p.

weisliches nämlich und unter dem Einfluss der Zeit in's Unglaubliche und Fabe^iafte Umgebildetes ; .. -e^

er soll vielmehr glauben, dass mein Befund den glaubwürdigsten Zeugnissen entspreche und .- 'Ifc

80 treu sei, wie es bei Dingen aus alter Zeit eben möglich ist."

Wie auf dem Felde der Geographie und Geschichte Herodot und Thukydides, und zwar letzterer ganz entschieden, sich vom Autoritätsglauben lossagten, so auf dem Gebiete der Philo- sophie frühe schon Pythagoras, Heraklit, Xenophanes. ^') Namentlich hatte es sich der letztere, dessen langes, wohl neunzigjähriges Leben zwischen 580 480 v. Chr. fällt, zur Lebensaufgabe gemacht, den Volksglauben zu bekämpfen und eine reinere Erkenntniss zu verbreiten. Zu diesem { /^

Behufe musste er besonders der homerischen Poesie den Krieg ankünden, was er denn auch ..^x entschieden gethan. „Xenophanes hat aber", erzählt Diogenes von Lagrte, „sowohl in Hexa- ^j,^

metem, als Elegien und Jamben geschrieben gegen Hesiod und Homer, indem er das tadelt, was

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dkiselb^ über die Götter gesagt". Und bei Sextus Empirikos beisst es eiomal: „Homer aber und Hesiod, nach dem Urtheil des Rolophoniers Xenophanes, .$:'^ t«M -^^j^ff*?:^^«

v^^ #'^^' xAimew /iot^eöetv re xa} dXXijXoiK änaxtueat,* -^^^^^^ '--''' ^ ^■';-^\p}ir\

An einer andern Stelle: „daher sagt auch X^ophanes, den Homer and Hesiod flidehid:' ^-^^ y

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3f^s;rTetv fxot^euetv re xai dXX-^Xou^ dnareuetv.^ ^ext^ß fährt auch einige Verse des Timon an, unter denselben folgenden: ..,'?- ' ;'" '

■"-■ S£tvo<pdvr)(: öitdzo^<K, ofjcrjpandTTjz imaxanm)^

S: -y und erklärt die Worte bfja)paKdrrj(; k7tiax(üimj(: „Verspotter homerischen Betruges, Irrthums" C;* S/JO^pandn^ dk kTzuncanrzrjv, ine), ttjv nap '^Opr^pip dndrqv Stiaupev. ' -f ■■ ' :,:'?v ■■" - . - ' '

AUegorische Deutung Homers.

--|! -,': . Wo immer heilige Schriften allegorisch erklärt werden, darf man ohne Bedenken

annehmen, dass die Tradition mit der wissenschaftlichen Forschung in Conflikt gerathen, dass sich zwischen ihnen beiden eine Kluft befestigt hat. Die allegorische Deutung nun sollte eben eine Brücke über die Kluft bilden. Die Erklärer der heiligen Schrift können dabei, j§. nachdem sich ihr Herz mehr der Tradition oder der Wissenschaft zuneigt, einen doppelten Weg einschlagen. Im ersten Falle wird nämlich die Wissenschaft, im zweiten die Tradition aufs Prokrustesbett gelegt. Mitunter können auch die beiden Spielarten der „Vermittler" nicht recht unterschieden werden, alldieweil sie es sich meistens sehr angelegen sein lassen, mit der Sprache ihre innersten Gedanken eher zu verhüllen als zu offenbaren. Derartige Leute also gab es im V. Jahrhundert vor Chr. schon. Wen die Sache besonders interessiert, der findet mehrere Proben bei „Lauer, Geschichte der homerischen Poesie" pag. 50 ff. Niceratus musste dem Stesimbrotus aus Thasos, dem Anaximander und vielen andern viel Geld bezahlen, auf dass sie ihn in der allegorischen Aus- l^ekunst unterrichteten. ^^) Es wird uns des weitem berichtet, dass hauptsächlich Anaxagoras von Klazomenae, der Freund des Perikles, und sein Schüler Metrodorus von Lampsacus Meister in allegorischer Deuterei gewesen. Diogenes von Laerte erzählt (II. 11): „Es scheint aber Anaxagoras zuerst behauptet zu haben, dass die homerische Poesie über Tugend und Gerechtigkeit handle; weiter aber noch bildete die Lehre aus Metrodorus aus Lampsacus, sein Vertrauter, der auch zuerst sich mit der physikalischen Erklärung des Dichters abgegeben." Und über Metro- , dorus speziell äussert sich der christliche Apologet und Gnostiker Tatianos in seinem Buche 0 npb<: ''EXXtjvü^ Ifffoz : „Und auch Metrodorus aus Lampsacus hat in dem Buche „Ueber Homer*' allzo einfältig sich ausgesprochen, indem er Alles auf All^orie zurückführt. Denn weder Hera noch Athene, noch Zeus sei das, sagt er, was die glauben, so ihnen Heiligthümer und Haine w . gestiftet, sondern Stoffe der Natur und Verbindungeü von Elementen {^uaecm; bizootdaei^ xcu ij * ' ar<H][tia)v duixoofjdjaev;). Und auch Hektor und Achilleus offenbar und Agamemnon und über- *^V" haupt alle Griechen und Barbaren mit der Helena und dem Paris, werdet ihr sagen, bezeichnen

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'^ t 32) Xenoph. Sympos. III. 6.

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ebenfalls Erscheioungen der Natur and seien nur der (dichterischen) Öekonomie wegen angeführt 1^ worden; keiner aber der vorgenannten Menschen habe je gelebt**. Nach Hesychins «rkl&rte ^' Metrodoms den Agamemnon allegorisch als Aether.

Die allegorische Erklärung vegetierte übrigens noch lange. Beispiels halber erwähne ich nnr, dass Aristarchs Gegner, Krates ans Mallos, ihr noch huldigte. ... f,

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VI.

Die ünhaltbarkeit der homerischen Autorität wird methodisch-wissenschaftlieh

nachgewiesen.

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Indem ich nunmehr dazu übergehe, die Art und Weise, wie Plato, dieser genialste Denker, über Homer geurtheilt, bemerke ich von vorne herein, dass ich dabei nur die Politeia benutzen werde. Denn einerseits spricht Plato in dieser Schrift seine Ansichten so vollständig und unumwunden aus, als man es nur wünschen kann: anderseits thürmen sich demjenigen, der die zahlreichen, in den übrigen Dialogen zerstreuten ürtheile über Homer sammeln und verwerthen will, beinahe unüberwindliche Hindernisse entgegen.

Für's erste ist der Kampf, welche von jenen Dialogen acht, welche unächt seien, bis zur Stunde noch nicht ausgekämpft; Natürlicher Weise aber dürfen, wenn es sich darum handelt, Plato's selbsteigen^ Urtheil über die homerischen Dichtungen ausfindig zu machen, die Zeugnisse der unächten Schriften nicht in Betracht fallen. Halten wir uns aber auch nur an die unbe- strittenen, die „Normalschriften" des Autors, so darf nicht vergessen werden, dass wir da nicht gewöhnliche wissenschaftliche Abhandlungen haben, aus denen man nur irgend einen Satz heraus- nehmen und ohne Bedenken als des Verfassers Meinung und Urtheil bezeichnen dürfte. Nein, wir haben es da, wie Schaarschmidt sich an einem Orte sehr treffend ausdrückt, mit philoso- phischen Dramen zu thun. Es treten darin verschiedene , eigenartig gestaltete Persönlichkeiten auf und vertheidigen verschiedene Ansichten. Durch den Mund welcher Person lässt nun Plato seine selbsteigenen Gedanken aussprechen? Durch den des Sokrates. Einverstanden. Aber dieser Sokrates, wie oft greift er zu den Waffen der Ironie, der Persiflage! ^') Wie oft ist man ver- sucht, wenn man ihn etwas in so ganz ernstem Tgne vortragen hört, das für seine wirkliche Meinung zu halten und wenn man aufblickt, so sieht man erst, wie ein schalkhaftes Lächeln seinen Mund umkräuselt. Im Theätet sind drei sehr bezeichnende Stellen. P. 152. E. „Und hierüber (dass alles in beständiger Bewegung und Fluss) stimmen alle Weisen ausser Parmenides T '

überein , Protagoras sowohl als Heraklit und Empedokles , und so auch von den Dichtem die < i

Anführer von beiden Dichtungsarten : Epicharmus der komischen und der tragischen Homeros. Denn wenn dieser sagt: 'QxeavSlf ts ^ewv xiveatv xai fxrjripa Trj^uvy^*) will er andeuten, dass ' '.

alles entsprungen ist aus dem Flusse und der Bewegung. Oder scheint er dir nicht dieses zu - r! meinen? Th. Allerdings auch mir. Sokr. Wer dürfte nun wohl gegen ein solches Heer und seinen Anführer Homeros etwas bestreiten, ohne sich lächerlich zu machen ? Th. Leicht ist es nicht, o Sokrates". Die zweite Stelle p. 153. C. sqq. „Und soll ich über dies Alles nun . ^

noch den letzten Stein hinzutragend beweisen, dass unter der goldenen Kette Homeros nichts anderes

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33) Die Politeia bildet io dieser Hinsicht eine Ausnahme. :'■':'

34) Ilias XIV. 201. , '--S,^;

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Torsteht als die Sonne und also andeutet, so lange der ^esammtd Umkreis in Bewegung ist und

die Sonne , ist and besteht Alles anter den Göttern sowohl als. Menschen , wenn aber dieses

feststünde wie gebanden, würden alle Dinge vernichtet werden und wie man sagt drunter and

drüber gehen?** Und die dritte Stelle p. 194 C. sqq.: „Wenn jemandes Wachs in der Seele

stark aufgetragen ist und reichlich und glatt and gehörig erweicht, dann und bei solchen Menschen

sind alle ans den Wahraehmangea kommenden and in dieses Mark der Seele, wie Homer, die

Aehnlichkeit mit dem Wachse andeatend, sagt ^'), eiogezeichneten Abdrücke, da sie rein sind

*%^;w und Tiefe genug haben, aach dauerhaft und solche Menschen siud zuerst gelehrig etc." Nun

?<^^ -bezeichnet der bei Homer häufig vorkommende Ausdruck kdaiov x^p die zottige Brust, als Zeichen

; ; -der Mannhaftigkeit, des Muthes und vorzüglicher Leibeskraft, ist also ein lobendes Epitheton

^,^ ' für einen Hellen. Sokrates aber meint: „Wenn nun jemandes Mark rauh ist, welches der in

'If ,r .> allen Dingen weise Dichter gar loben will, bei dem werden die Abbilder undeutlich".

-■i.i^ Das ist ja, rufst Du erstaunt, die reinste allegorische Deutung, wie wir sie im vorigen

f/ : Kapitel kennen gelernt! Diese Art, den Homer zu erklären, hätte also Sokrates, resp. Plato, zn

;:V der seinigen gemacht? Nein, nichts als Ironie, pure Persiflage ! Das hat schon Ast gesehen. '•)

^' Er sagt nämlich: .,Die Dialektik ist, wie schon erinnert, durchaus ironisch, nicht selten ganz

* •,. , satyrisch, vorzüglich gegen die Anhänger des heraklitischen Dualismus, mit denen Piaton, wie er

;; ' selbst andeutet, in besonderer Entzweiung gelebt zu haben scheint. Daher die Zuröckführung

'♦/i- der heraklitischen Sätze auf Homeros, den all weisen, den er selbst als Herakliteer bezeichnet.

'■t, Vieles, wie die goldene Kette, die Iris, Tochter des Thauraas (p. 155. D) u. a. scheint Persiflage

;.'^ - zu sein auf die allegorische Auslegung des Homeros und Hesiodos, deren sich die Philosophen

|#'5;' '-^. bedienten, um ihre Behauptungen durch das Ansehen der ältesten, allgemein verehrten Dichter

k'v«-; *^ bekräftigen; die Ironie und Persiflage erhellt vornehmlich daraus, dass Piaton selbst auf das

~ - ' Zeugniss des Homeros so grosses Gewicht legt, seine Worte aber auf eine ganz künstliche Weise

erklärt etc."

Und das bestätigt auch wieder der neueste Forscher, Schaarschmidt. ^^) In Kap. IV,

betitelt: „Darlegaifg des Massstabes für die Echtheit platonischer Schriften, insbesondere der

literarischen Zwecke Plato's, nebst der sich daraus ergebenden Classificirung aller ihm znge-

,>'. schriebenen Werke" auf Seite 108. äussert er sich also: „Die feine Ironie femer, mit welcher

> C^' V diese Schriften gewürzt sind, ihre häufige Beziehung auf Dinge, die uns nur zum Theil

:^i: . - oder auch gar nicht bekannt sind, endlich das Unbestimmte, Flüssige, Doppelsinnige mancher v-/ Auslassungen legt dem Streben, eine scharfbegränzte und vollständige Einsicht in den eigentlichen

. ^^ Lehrinhalt der platonischen Philosophie zu gewinnen, nicht geringe Hindernisse in den Weg."

.;; ^ Diese Bemerkungen gelten in vollem Umfange auch hinsichtlich der Beurtheilung des Homeros. s . Es ist femer auch wohl zu beachten, dass der wissenschaftlichen Beweisführung bei Plato

"^ ;. . in ganz eigenthümlioher Weise die poetische oder mythische zur Seite geht; diese beginnt, wo 'y*:,;' jeoe entweder schwer oder unmöglich wini. '^) Stellen also, wie am Schlüsse des Gt)rgias ii',' (P* 523. A. 526. D.) oder des Phaedon (pag. 112. A.) können begreiflicherweise nicht als Be-

weise dafür angeführt werden, dass Piaton an die Wahrheit der homerischen Mythen geglaubt.

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'^>;^." - 36) toSto t^ fpi^X^ xiap. xdap {xfjp) heisst Herz, XTjp6<: Wachs.

'^^i' ^ Pl*to*8 Leben und Schriften, Leipzig 1816 (p. 191.)

87) Die Sammlung der Platonischen Schriften znr Scheidung der echten von den xmechten nntersncht ▼oa C. Schaarschmidt. j;; 38) Nicolai, p. 190. ,8

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39) „Höre also eine gar schöne Erz&hlang, welche Da zwar, wie ich glaube, für einen Mythos halten wirst, ich aber für eine wahre Erz&hlang; denn als wahr werde ich Dir sagen, was ich Dir sagen will o. s. w.**

40) Schleiermacher, Einleitung zum „Staat", p. 8.

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^ ; ' W^ er «neh^an der zuerst citierten Stelle des Gorgias bestimmt erklärt, "Wtti^^W jätJrt'^IßrdltMen

. . ■• . werde, sei wahr. ^•) Er meint eben nur, der tiefere Sinn des betreffenden Mythos sei wahr.

,'" ^ ^ ''^' Aus all dem Gesagten geht wohl zur Evidenz hervor, dass man die in platonischen

Dialogen enthaltenen ürtheile über Homer nicht nur sammeln, zusammenstellen und hernach 'daraus folgern kann, wie Plato selber über den Dichter geurtheilt. Es bedarf da vielmehr eines 'y'''j;.5 tiefen Studiums Piatos, eines ernsten Eingehens auf die platonische Frage, und dann, aber auch dann erst kann die oben angedeutete Aufgabe mit Erfolg gelöst werden. Muss ich nun aber auch verzichten, an diesem Orte alle bei Plato vorkommenden Homercitate zu besprechen, so darf ich doch, indem ich alle die frühern Dialoge mit der Politeia vergleiche, den Satz ohne Bedenken aussprechen: In all jenen frühern Dialogen ist kein ernster, ofifener Tadel gegen Homer ans-

' ■" gesprochen, wie dies in der Politeia so oft der Fall ist. An einem einzigen Orte (Phaedr. p. 243. A.)

scheint mir eine leichte Rüge versteckt zu liegeu. „Es giebt aber~, heisst es dort, „für die in Dichtungen über die Götter sündigenden eine alte Reinigung, von welcher Homer nichts wusste, Stesichorus aber. Denn als er der Augen beraubt ward, blieb ihm nicht, wie dem Homer, die Ursache unbekannt, sondern als ein den Musen Vertrauter erkannte er sie und dichtete sogleich «ein: „„Unwahr ist diese Rede, denn nie bestiegst Du die zierlichen Schiffe, noch kamst Du je zur Feste, von Troja"" und nachdem er den ganzen sogenannten Wiederruf gedichtet, ward er alsbald wieder sehend.** Schleiermacher sacht diese Stelle folgender Massen zu erklären: „Offenbar soll hier ein Vorzug des Stesichorus vor dem Homer angedeutet werden; ebenso auch vielleicht in dem [jiotja(x6<: etwas liegen, was Plato dem Homer abspricht. Vielleicht also hier schon die erste Spur des Vorzugs, den er der lyrischen Dichtkunst einräumte vor der epischen." Sprechen wir es nur noch deutlicher aus. Beide Dichter, sagt Piaton, haben darin gefehlt, dass sie über Götter und Heroen sich frevelhaft geäussert und beide sind dafür bestraft worden. Nur war des Stesichorus Strafe bloss eine vorübergehende, weil er zur Erkenntniss kam und eine Palinodie dichtete '- Homer dagegen blieb, weil er in seinem Vergehen verharrte, blind. Die folgenden Worte bestätigen die Richtigkeit meiner Auffassung. „Ich will nun gerade hierin weiser sein, als jene. Denn bevor ich wegen der Übeln Rede über den Eros etwas leide, will ich versuchen ihm den Wiederruf zu geben mit entblösstem Haupte und nicht wie damals vor Scham verhüllt." In der Politeia ist es, wie schon gesagt, anders. Schon im ersten Buche, das doch in vielen Beziehungen noch den früheren Werken gleicht *°), findet sich ein scharfes Urtheil über Homer. Sokrates sagt dort einmal (p. 334. A.): „Als ein Listiger also, wie es sich zeigt, ist uns der Gerechte zum Vorschein gekommen ; und Du magst das von Homeros gelernt haben, denn auch dieser lobt des Odysseus mütterlichen Grossvater Autolykos und sagt von ihm, dass er hoch vor den Menschen berühmt war durch Verstellung und Schwur. So scheint also die Gerechtigkeit nach Dir sowohl, als nach dem Homeros und dem Simonides eine Ueberlistung zu sein und zwar aum Nutzen der Freunde und zum Schaden der Feinde."

Den strengsten Rügen aber wider den Dichterheros begegnen wir im II., HI. und X. Buche. Eröffnet wird das Gefecht im H. Buch durch Glaukon's Bruder, Adeimantos, welcher in seiner Rede nachweist, wie irrige Meinungen von den Dichtem, namentlich von Homer und Hesiod, in Hinsicht auf Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit verbreitet werden. Auf sie berufen

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sich diejenigen, welclie« wenn sie die Gerechtigkeit loben wollen, nar die daraas r^nltier^iden Vor- ~

*. theile erwähnen *') und umgekehrt nur die furchtbaren den Ungerechten treffenden Strafen einem ';i Tormalen, wollen sie die Ungerechtigkeit tadeln. *^) Die Dichter stellen femer die Gerechtigkeit als schön zwar, aber schwer und mähselig dar, und die Ungerechtigkeit als leicht und süss, wenn auch allerdings schändlich. Doch schämen sie sich nicht, die Bösen zu ehren, wenn diese reich sind und vielvermögend. Nach ihnen hätten die Götter auch den Guten Unglück zuertheilt; die Ungerechten dagegen könnten mifdem erstohlenen Gelde jene umstimmen und so den von Bechts wegen ihnen zukommenden Strafen entrinnen. Denn nach Homer seien ja lenksam selber die unsterblichen Götter und vermöge durch Gelübde und Opfer der Sterbliche dieselben umzu- lenken. ^^) Solche Lehren hätten namentlich auf die Jugend einen schädlichen Einfluss.

Diesen Vorwürfen pflichtet Sokrates nicht nur bei, sondern verstärkt sie noch. Denn hatte Adeimantos nur Privatverhältnisse im Auge gehabt, so lenkt Sokrates unsere Augen auf einen Staat und weist nach, wie gefährlich da die genannten Dichter seien. In einer gesunden Stadt finden wir sie aber nicht, sondern erst in einer üppigen, wo es Polster, Salben, Räucher- werk und dgl. giebt. Da kommen dann herein Jäger und Schaukünstler, Dichter und deren Diener: Rhapsoden, Schauspieler, Tänzer u. s. w. Eine solche Stadt kommt aber auch in dep Fall, Kriege zu führen und muss also Wehrmänner haben. Wie müssen diese erzogen werden? Die Märchen, die man den Kindern erzählt, müssen sorgfältig gewählt sein, denn im Jugendalter bildet sich das Gepräge der Seele. Da dürfen die Menschen also nicht Vorstellungen aufnehmen» die denen entgegengesetzt sind, welche sie später haben sollen. Man muss folglich Aufsicht führen Hber die, welche Märchen und Sagen dichten. Von denen aber, die Mütter und Wärterinen jetzt den Kindern erzählen, sind die meisten zu verwerfen. Nicht minder verwerflich jedoch sind diejenigen, welche Homer, Hesiod und die andern Dichter uns erzählt haben, denn sie enthalten imrichtige und unwürdige Darstellungen über Götter und Heroen. So sind die Geschichten von Uranos und Kronos gefälscht. Was Zeus dem Kronos gethan, sollte, wenn es wahr wäre, un- verständigen und jungen Leuten gar nicht oder nur sehr wenigen erzählt werden. Solche Ge- schichten geben ein böses Beispiel, sie untergraben die Achtung der Kinder vor den Eltern. Die Erzählungen von Kämpfen der Götter **) gegen einander gefährden die Eintracht unter den Bürgern. Dichter, die so erzählen, sind in der Stadt nicht zuzulassen. Wie Gott ist, so muss er in jeder Dichtung auch dargestellt werden. Nun ist aber Gott gut; als solcher kann er für die Menschen nur Geber des Guten, nicht aber des Uebeln sein. Also ist die Geschichte von den zwei Fässern, so da stehen an der Schwelle Kronions, *^) unwürdig. Auch den wollen wir nicht loben, der da dichtete, Athene und Zeus hätten gemacht, dass Pandaros Schwüre und Verträge ge- brochen. *•) Entweder sollen diese Thaten gar nicht als Gottes Thaten erzählt werden, oder ' auf andere Weise. Dies also wäre eines von den Gesetzen in Bezug auf die Götter, kraft dessen nur so darf geredet und gedichtet werden, dass Gott nicht an Allem Ursache ist, sondern nur an dem Guten.

41) Vgl, Odyss. XIX. 109 sqq.

42) Vgl. namentlich den Schloss des XI. Gesanges der Odyssee.

43) II. IX. 497. sqq.

44) Vgl. Ilias XV. 18 sqq.

45) II. XXIV. 527. sqq.

46) n. IV. 85 sqq.

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^'^iT'^« ^> Gott ist ferner einfach und wahr in Wort und That. Er kann nicht einem Zauberer

gleich bald in dieser, bald in jener Gestalt erscheinen. Alles Vollkomraene nimmt die wenigste Veränderung an ; Gott, weil ganz vollkommen, wird also am wenigsten, wird gar nicht von aussen her verwandelt werden. Er wird sich aber ebensowenig selbst verwandeln, denp er könnte sich ja nur in ein Schlechteres verwandeln. Er kann auch nicht täuschen oder lügen. Dieses also muss die zweite Vorschrift sein, nach der von den Göttern muss geredet und gedichtet werden^ dass sie weder selbst als Zauberer sich verwandeln, noch auch uns durch Täuschungen verleiten in Wort und That.

„Wenn wir also", heisst es am Schlüsse des II. Buches, „noch so viel anderes an Homeros loben, so wollen wir doch das nicht loben, wie Zeus dem Agamemnon den Traum

sendet *') Wenn einer dergleichen sagt von den Göttern, wollen wir zürnen und

nicht leiden, das ein Lehrer solches zum unterrichte der Jugend gebrauche, wenn unsere Wächter sollen gottesfürchtig und gottähnlich werden, soweit es dem Menschen nur irgendwie möglich ist.^

Die furchtbaren Schilderungen, fährt unser Autor im III. Buche fort, die Homer *^) und andere Dichter von der Unterwelt geben, dienen dazu, die Kämpfer feige zu machen und müssen daher entfernt werden. „Wir wollen", heisst es wörtlich, „den Homer sowohl als die andern Dichter bitten, nicht zu zürnen, wenn wir dieses und dergleichen Alles ausstreichen, nicht als ob es nicht dichterisch wäre und dem Volke angenehm zu hören, sondern weil es, je dichterischer, desto weniger darf gehört werden von Knaben und Männern, welche sollen frei gesinnt sein und die Knechtschaft mehr scheuen als den Tod." Aus dem gleichen Grunde sind die schauerlichen Namen für die Unterwelt und was dort vorkommt, zu vermeiden. Jammer und Wehklagen um die Todten ist abzuschaffen, einerseits, weil diese zu keinem traurigen Loose eingehen; anderseits, weil ein Trefflicher am meisten sich selbst genügt und es ihm also am wenigsten schrecklich ist. Söhne und Brüder zu verlieren. Wenn nun aber Homer den Achilleus masslosem Schmerze sich hin- geben *'), wenn er sogar die Göttin Thetis *°) und der Götter höchsten, Zeus *'), jammern lässt, so muss das auf Menschen, die jene Worte lesen oder hören, einen üblen Einfluss ausüben. Auch das wollen wir dem Homeros nicht durchgehen lassen, wenn er die seligen Götter in unermessliches Lachen ausbrechen lässt. *2) Denn wenn jemand in heftiges Gelächter ausbricht, so folgt auch inmier auf dergleichen ein heftiger Umschlag.

Die zukünftigen Wehrmänner haben femer Besonnenheit notwendig und diese besteht für die dem grossen Haufen angehörenden vornehmlich darin, dass sie den HeiTschenden unter- würfig sind, hinwiederum aber ihre eigenen Begierden beherrschen. Lobenswerth sind darum Stellen bei Homer, wo Besonnenheit gelobt und gelehrt wird "'), aber nicht dienlich ist es für Jünglinge zu hören, wie unehrerbietig Achilleus zum Agamemnon redet '*) oder wie Odysseus, der weiseste

47) Ilias II. 6 sqq. Homentellen, wo too Yenrandlangen der Götter erzlhlt ist, lassen sidi mit Leichtigkeit riele finden.*

48) Odyss. XL 488 sqq. Iliss XX. 64 nnd 65. XXUI. 103 and 104. Odyss. X. 495. II. XYIL 362 ond 363. XXra. 100 und 101. Odyss. XXIV. 6 sqq.

49)

II. XXIV. 10 sqq. XVm. 23 sqq.

60)

IL XVin. 54.

51)

11. XVI. 433.

52)

IL I. 599.

53)

IL IV. 412 sqq. 431. Odyss. XX. 18.

64)

D. I. 226

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Mann, das von allem di^ 'seligste Wonne nennt, wentf voll Tor jedön ^e Tische stelin mit Brod und Fleisch und geschöpfeten Wein ans dem Kroge fleissig der Schenk umträgt mid nmher ein- giesst in die Becher *') u. dgl. m. ") Verderblich ist's, wenn Götter und Heroen als bestechlich und geldgierig geschildert werden, wenn z. B. Achilleus Geschenke genommen von Agamemnon und wiederum für einen Preis auch den Leichnam losgegeben, anders es aber nicht gewollt. '') Achilleus, der Sohn einer Göttin und des höchst verständigen Peleus, des dritten vom Zeus her, und der Zögling des weisen Chiron, ist überhaupt von Homer auf eine der Wahrheit völlig widw- sprechende Weise geschildert worden. Zum Apollon lässt er ihn sagen: „O des Betrags, Fem- treffer! verderblichster unter den Göttern! Wäre mir Macht, Dich za strafen, verlieh'n, mir büsstest Du wahrlich!" '®) Auch gegenüber dem Flussgotte fügte er sich nicht, sondern war bereit zu kämpfen. Den Hektor schleifte er um das Grabmal des Patroklos und schlachtete auf des letztem Scheiterhaufen Gefangene.

„Das wollen wir", fahrt Plato fort, „ja nicht glauben oder erzählen lassen, dass irgend ein Göttersohn und Heros es gewagt. Ruchloses und Frevelhaftes auszuüben, dergleichen man ihnen jetzt anlügt; sondern wir wollen die Dichter noch nöthigen zu erklären, entweder dass solches nicht dieser Männer Thaten oder dass sie selbst nicht Söhne der Götter sind, beides zusammen aber nicht zu sagen noch darauf auszugehen, unsere Jagend zu überreden, dass die Götter Unheil erzengen und dass Heroen um nichts besser sind als Menschen. Denn dergleichen ist weder fromm noch wahr. Desshalb muss man dergleichen Erzählungen ruhen lassen, damit sie unserer Jugend nicht zu grosse Leichtigkeit zum Schlechten einflössen.^

In Hinsicht auf die äussere Form unterscheidet Piaton drei Gattungen der Poesie: Die einfache Erzählung, die in Darstellung gekleidete und die gemischte Dichtungsgattung. Zur ersten Gattung, wo der Dichter allein redet, gehören vorzüglich die Dithyramben; zur zweiten Gattung, wo der Dichter redet, als wäre er eine andere Person, sind zu rechnen Tragödie und Komödie und zur dritten endlich das Epos (in dem übrigens das meiste auch Darstellung ist vide 393 B).

Unsere Wehrmänner nun, heisst es weiter, sollen von allem entbunden nur für die Frei- heit ,des Staates vollkommen schaffen und sich keiner andern Sache befleissigen, die nicht hiezu beiträgt. Darum dürfen sie eben gar nichts anderes verrichten oder nachahmend darstellen ; wenn aber ja darstellen, dann mögen sie nur, was dahin gehört, gleich von Kindheit an nachahmen, tapfere Männer, besonnene, fromme, edelmüthige und anderes der Art, Unedles aber nichts weder verrichten noch auch nachzuahmen geschickt sein, noch sonst etwas Schändliches, damit sie nicht von der Nachahmung das Sein davon tragen. Sie dürfen z. B. kein Weib darstellen, auch nicht Mägde und Knechte, noch schlechte Männer. Bloss die guten und wackeren Männer wird ein Verständiger nachahmen, wenn er in der Erzählung auf Reden derselben kommt. Sein Vor- trag wird also meistens einfache Erzählung und nur zu einem ganz kleinen Theil Darstellung sein. Welchen Dichter wollen wir nun in unsera Staat aufnehmen? Nur denjenigen, der in einfacher Erzählung dichtet, wie anmuthig auch die gemischte Dichtungsgattung und die in Dar- stellung gekleidete sei und wie grossen Beifall namentlich die letztere bei dem grössten Theile des Volkes finden mag. Denn in unserem Staate gibt es keinen zweigestaltigen oder gar viel-

55) Odyis. IX. 8 sqq.

56) Odyss. XU. 342. II. XIV. 293. sqq.

67) IL 3UX. 278 sqq. . II. XXIV. 578. sqq.

68) II. XXII. 15 und 20.

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gestaltigen Mann. Einem Manne also, so schliesst dieser Abschnitt, der sich künstlicher Weise . vielgestaltig zeigen kann und alle Dinge nachahmen, wenn ans der selbst in die Stadt käme and -^^i, anoh seine Dichtungen ans darstellen wollte, würden wir Verehrang bezeigen, als einem heiligen >V,' und wunderbaren und anmuthigen Manne, würden ihm aber sagen, dass ein solcher bei uns ia >.' \ der Stadt nicht sei und auch nicht hineinkommen dürfe und würden ihn, nachdem wir sein Haupt mit vieler Salbe begossen und mit Wolle bekränzt, in eine andere Stadt geleiten, selbst aber uns mit dem strengeren und minder anmuthigen Dichter und Fabellehrer der Nützlichkdt wegen begnügen, der uns des würdigen Mannes Vortrag nachahmend darstellt und was er sagt, nach jenen Vorschriften redet, denen wir schon anfänglich Gesetzeskraft gegeben haben, als wir uns daran machten, die Krieger zu erziehen. Und wie mit den Dichtem, so wollen wir es mit den Malern, Baumeistern u. dgl. halten, damit nicht unsere Wehrmänner, wenn sie bei lauter Bildern des Schlechten wie bei schlechtem Futter aufgezogen, vieles täglich, wiewohl auf einmal nur wenig, von vielerlei abpflücken und geniessen, am Ende sich unvermerkt Ein grosses Uebel in ihrer Seele angerichtet haben. Sondern solche Künstler müssen wir suchen, welche eine glück- liche Gabe besitzen, der Natur des Schönen and Anständigen überall nachzuspüren, damit unsere Jünglinge, . wie in einer gesunden Gegend wohnend, von allen Seiten gefördert werden, woher ihnen nur gleichsam eine milde, aus heilsamer Gegend Gesundheit herwehende Luft irgend etwas von schönen Werken für das Gesicht oder Gehör zuführen möge, und so unvermerkt gleich von Kindheit an sie zu Aehnlichkeit , Freundschaft und Uebereinstimmung mit der schönen Rede anleiten.

Fassen wir die Urtheile, die Plato im II. und III. Buch der Politeia über Homer fällt, zusammen, so wird das Resum^ ungefähr folgendermassen lauten:

Homer, der gegenwärtig die Grundlage des Jugendunterrichts bildet, eignet sich dazu durchaus nicht und zwar eines Theils wegen seines Inhaltes, anderen Theils wegen seiner Form. Der Inhalt nämlich ist dazu angethan, über Götter und Heroen falsche und geradezu feindliche Vorstellungen in den Heraen der Knaben zu pflanzen und durch das böse Beispiel sie zu ver- derben. Der Form nach gehören die homerischen Dichtungen grössten Theils der in Darstellung gekleideten Gattung an. Indem in dieser Dichtungsgattung der Dichter „redet, als wäre er eine andere Person", d. h. uns individuell gestaltete Personen vorführt, die ihren Lagen und Cha- rakteren angemessene Gefühle und Gedanken aussprechen, und hinter dieselben selbst zurück- tritt, kommt er öfters in den Fall, schlechte Personen den Hörern vorzuführen. Und dadurch wirkt er wiederum verderblich auf die Jugend.

Aber so wenig Plato den Homer als ^heilige Schrift^* betrachtet und als solche im Jugendunterrichte verwendet wissen wollte, eben so wenig Hess er ihn als Urquell und erste Autorität in allem menschlichen Wissen gelten. Erscheint er uns also dort als Nachfolger na- mentlich des Xenophanes, so hat er hier auch die zum Theil schon von Herodot, dann aber be- sonders von Thukydides auf dem Gebiete der Geographie und Geschichte begonnene Opposition aufgenommen, sie über das ganze menschliche Wissen ausgedehnt und wissenschaftlich begründet. Diese Begründung ist so geistreich und originell, dass ich nicht umhin kann, sie, wenigstens in den Hauptzügen, wiederzugeben.

Plato unterscheidet bei jedem Dinge dreierlei: BegriflF oder Wesen Qdia^ eldo<:^ rb 3v)j Werk {ipfoy) und Nachbildung (jxifjTjaK;). Jedes davon hat seinen eigenen Regenten ijtntazdxrjz) oder Bildner; den Begriff Tisch z. B. hat der Wesenbildner {^ozoupyo^;) geschaffen, d. i. wohl Gott. Das Werk aber, das wir heissen Tisch, ist verfertigt von dem Werkbildner (di^/juoup^6f)t

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nämlich von dem Tisohler und die Nacbbfldnng Tisch endlich Taniankt ihr Dasein dem Nacb<'< bildner (/«/c^t^c) d. h. dem Maler oder dem darstellenden Dichter. Den Nachbildner vergleicht ..Flato mit eifern, der einen Spiegel hemmträgt und so die Sonne macht nnd was am Himmel ist *tind die Erde und sich selbst und die übrigen lebendigen Wesen nnd Geräthe und Gewächse. Er bildet die „Werke" nach und zwar bloss nach dem Scheine. Gar weit also von der Wahr- heit ist die Nachbildnerei ; und desshalb wie es scheint macht sie auch alles, weil sie von jeg- lichen nur ein weniges trifft und das im Schattenbild. Der Maler z. B., das läugnen wir doch nicht, der wird uns Schuster, Tischler und die .andern Handwerker nachbilden, ohne irgend etwas von diesen Künsten zu verstehen; aber doch, ist er nur ein guter Maler und zeigt, wenn er^inen Tischler gemalt hat, ihn nur höbsch von fem, so wird er doch Kinder wenigstens und unkluge Leute anführen, dass sie das Gemälde für einen wirklichen Tischler halten. Berichtet daher einer, er habe einen Menschen gesehen, der alles verstehe, so wollen wir ihm gleich sagen, er sei von einem Nachbildner angeführt worden.

Lasst uns nun die Tragödie vornehmen und ihren Anführer Homer, weil wir doch immer von einigen hören, dass diese Dichter alle Künste verstehen und alles Menschliche, was sich auf Tugend und Schlechtigkeit bezieht und das Göttliche dazu. Denn nothwendig müsse der gute Dichter, wenn er, worüber er dichtet, gut dichten solle, als ein Kundiger dichten oder er werde nicht im Stande sein zu dichten. Wir müssen also zusehen, ob diese etwa von diesen Nach- bildnern hintergangen worden sind, und wenn sie ihre Werke sehen, nicht merken, dass diese im dritten Grade von der Wahrheit abstehen und leicht sind auch einem der Wahrheit nicht Kundigen zu dichten, weil sie nämlich Erscheinungen {ipavcdafiaza) dichten, nicht Wirkliches, oder ob sie vielleicht Recht haben und die guten Dichter das alles wirklich verstehen, wovon sie den Meisten scheinen gut zu reden. '^)

Wäre ein solcher Dichter wirklich im Stanfle, Werke zu bilden und nicht bloss Schatten- bilder, so würde er sich jenen zuwenden; er würde es versuchen, viel treffliche Werke als Denk- male von sich zu hinterlassen und würde weit lieber der Gepriesene als der Lobredner sein wollen. Aber wo ist ein Dichter der wirklich Werke ausgeführt hat? Hat Homer z. B. irgend wen gesund gemacht oder hat er, wie Asklepios, heilkundige Schüler hinterlassen ? Welche Stadt hat durch ihn eine bessere Einrichtung bekommen, wie z. B. Lacedäraon durch Lykurg? Welchen Krieg hat er glücklich zu Ende geführt? Werden irgend welche Erfindungen auf ihn zurück- geführt? Hat er nach Art des Pythagoras Schüler durch seinen Umgang ausgebildet, die den' Nachkommen eine homerische Lebensweise überliefern konnten ? Nichts von alle dem. Und so dürfen wir denn mit Fug und Recht behaupten: Alle Dichter von Homeros an sind nur Ver- fertiger von Schattenbildern und wenn man die poetischen Farben wegnimmt, so steckt nicht viel dahinter.

Dafür noch ein anderer Beweis. Es giebt eine gebrauchende, verfertigende und nach- bildende Kunst. Derjenige, der etwas gebraucht, weiss, wie es beschaffen sein muss, z. B. der Reiter, wie Zaum und Gebiss sein müssen. Der Verfertiger, der Sattler und Schmied, machen es nach den Anweisungen des Gebrauchenden. Der Nachbildner aber liefert, weil er mit den

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59) Nur beilSufig sei hier bemerkt, dass gerade die Aasführang dieses Gedankens den Angelpunkt des Jon bildet, mag Verfasser dieses Dialoges sein, -wet da will; man vergleiche nnr Jon 541. D. mit Polit. 599 A. und B. Die über das Wesen der Dichtkunst handelnden Stellen, besonders die bekannte Yergleichang mit dem Magnet, sind gewiss ironisch aofzafassen.

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Gebraocheoden nicht im Umgänge steht, nichts Praktisches, sondern nur ein Spiel. Aber doch -t/^;^ wird er drauf los nachbilden, ohne zu wissen, wie jedes gut oder schlecht ist, sondern, wie fi^ytj^ scheint, was dem Volke und den Unkundigen als schön erscheint, das bildet er nach. Dieset

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also, schliesst Plato, ist ans ziemlich klar geworden, dass der Nachbildner nichts der Red0,r^^ Werthes versteht von dem, was er nachbildet, sondern die Nachbildung eben nur ein Spiel ist^'-J und kein Ernst und dass, die sich mit der tragischen Dichtung beschäftigen in Jamben sowohl als in Hexametern, insgesammt Nachbildner sind so gut als irgend einer. Die Nachbildnerei hat es in unserer Seele nicht mit der Vernunft und dem Verstände, sondern mit etwas davon Fernem zu thun. Selbst also schlecht und mit Schlechtem sich verbindend erzeugt die Nachbildnerei auch Schlechtes. Das gilt auch von der Dichtkunst ^) Sie bildet uns doch freiwillig oder ge- zwungen handelnde Menschen nach, welche durch diese Handlangen glauben, sich Gutes oder Schlimmes erhandelt zu haben, und in dem Allem betrübt sind oder erfreut. In diesen Dingen ist der Mensch voller Widersprüche. Der Weise wird z. B., wenn er einen Sohn verloren, aller- dings Schmerz empfinden, aber gegen denselben ankämpfen, weil es ihm Vernunft and Gesetz gebieten. Diese nämlich ermahnen, möglichst rahig zu bleiben bei allen Unfällen, weil man ja nicht, wisse, was an dem gegenwärtigen Unfall gut oder übel, weil von dem unwilligen Ertragen jedenfalls kein Vortheil entstehe, weil auf solche menschliche Dinge kein grosser Werth zu legen - sei und endlich namentlich, weil durch den übermässigen Schmerz die Vernunft gehindert werde, sich über das Geschehene zu berathen, und wie beim Würfelspiel die Angelegenheiten dem Wurfe gemäss aufs Beste ^u bestellen. Nun aber bilden die Dichter gerade das Entgegengesetzte nach, die gereizte und wechselvolle Stimmung. Der Dichter bringt also Schlechtes hervor, wenn man auf die Wahrheit schaut, und wendet sich an eben Solches in der Seele und nicht an das Beste. Also dürfen wir mit Recht den Dichter aus unserm Staate vertreiben, wo er doch nur schädlich wirken würde.

Die Dichtkunst verdirbt aber auch die Wohlgesinnten: wir empfinden eine Lust, wenn wir einen Helden klagen hören und doch würdep wir uns selber so zu klagen schämen. Femer wird unser Verstand dadurch geschwächt und das Thränenreiche gestärkt, so dass wir, wenn wir selber in's Unglück kommen, nicht mehr mit der rechten Ruhe es ertragen. Ebenso ist's mit dem Spasshaften, den Possen. Zuerst schämt man sich vor dergleichen; nach und nach ver- liert man die Scheu und schliesslich entblödet man sich nicht, selber gelegentlich einen Spass- macher vorzustellen. Und so verhält es sich auch mit allem der Begierde oder der Lust und Unlast Verwandtem. Denn die dichterische Nachahmung nährt und begiesst alles dieses, was doch sollte ausgetrocknet werden.

Wenn man also Lobredner des Homeros antrifft, welche behaupten, dieser Dichter habe Hellas gebildet und bei der Anordnung und Förderung aller menschlichen Dinge müsse man ihn zur Hand nehmen, um von ihm zu lernen, und das ganze eigene Leben nach diesem Dichter ein- richten und durchführen: so mögest Du sie Dir gefallen lassen und mit ihnen, als die so gut sind, wie sie nur immer können, vorlieb nehmen, auch ihnen zugeben, Homeros sei der dichterischeste und erste aller Tragödiendichter, doch aber wissen, dass in dem Staate nur der Theil von der Dichtkunst aufzunehmen ist, der Gesänge an die Götter und Loblieder auf treffliche Männer

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hervorbringt Wirst Da aber die süssliche Mose anfnehmen , dichte sie nun Gesänge oder ^^; gesprochene Verse: so werden Dir Lust 'und Unlust im Staate das Regiment führen statt des v - Gesetzes nnd der jedesmal in der Gemeine f&r das Beste gehaltenen vernünftigen Gedanken.

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Sehlassbetrachtung.

In vorstehendem Kapitel habe ich versucht, von dem Kampfe, den Plato gegen die der freien Forschung hinderliche Autorität Homer's aufgenommen und dorchgestritten , ein Bild zu geben. Warum ich unter den Kämpen für Befreiung des griechischen Geistes aus den beengenden Fesseln der Tradition dem greisen Philosophen die Palme zuerkannt, wird wohl keinem mehr verborgen sein. Plato hat vor seinen Vorgängern, einem Xenophanes, Herodot, Thukydides, einmal das voraus, dass er nicht nur hie und da einen vereinzelten, sondern auf der ganzen Fronte einen allgemeinen Angriff g^en den Alles dominierenden Einfluss Homers gemacht. Ja er griff mit Homer auch überhaupt alle dramatischen und epischen Dichter an. Und ein zweites

Hauptyerdienst besteht darin, dass seine Beurtheilung der homerischen Epen von Anfang bis zu Ende einen streng wissenschaftlichen und darum leidenscbaftlosen Charakter hat. Am schärfsten hat er sich meines Wissens im U. Buche ausgesprochen (pag. 379. D.) , wo er sagt :

„Also ist es nicht anzunehmen, weder von Homeros noch von irgend einem andern Dichter, wenn einer so unverständig fehlt in Bezug auf die Götter etc.'*

Aber man halte damit die Sprache eines der früheren Philosophen, z. B. des Heraklit, zusammen ! Derselbe äussert sich einmal (bei Diog. L. 9. 1 .), Homer verdiente aus den Wett- kämpfen hinausgeworfen und mit Ruthen gehauen zu werden.

Dieser gereizten Polemik stellt Plato nachdrücklich seine eigene ruhige Beweisführung gegenüber (p. 607. B.) „Zwar ist es mir", äussert er sich am betreffenden Orte, „wohl bekannt, dass zwischen der Dichtkunst und der Philosophie ein alter Hader besteht. Möge aber Nieman d glauben, dass ich mich davon habe bestimmen lassen, da ich jene aus unserm Staate auswies. Denn wenn nur die der Lust dienende Dichtkunst etwas anzuführen webs, wesshalb auch ihr ein Platz zukommt in einem wohlgestalteten Staate, werden wir sie mit Freuden aufnehmen. Aber was uns wahr dünkt, preiszugeben, wäre doch nicht ohne Frevel. Nicht wahr, Freund'', wendet er sich an den Glaukon, ^ zieht sie dich nicht auch an, und am meisten, wenn sie dir in Homeros erscheint?**

Eine solch edle Mässigung verdient um so mehr hervorgehoben zu werden, weil es sonst nicht Jedermanns Sache ist , sine ira ac studio über das zu urtheilen , worüber man lange Zeit verblendet war, weil sich sonst insgemein Liebe in Hass zu verwandeln pflegt. Und Plato gesteht ja selbst unumwunden, dass er in früheren Tagen den Homer bewundert und verehrt habe, wie nur Einer. Er, der in seiner Jugend selber Dichtungen verfasst haben soll, gehörte eben vordem zu Denjenigen, die, hingerissen von der poetischen Pracht Homers, Alles, aber auch Alles an dem Liebliogsdichter schön und wahr fanden. Aber es ist mit ihm eine Wand- lung vorg^angen, das beweist deutlich folgende Stelle (607. D. sqq.):

„Doch wollen wir auch ihren Schutzmännern, so viele deren nicht selbst Dichter sind»

sondern nur Dichterfreunde, gern vergönnen, auch in ungebundener Rede für die darstellende

. Poesie sprechend zu beweisen, dass sie nicht nur anmuthig sei, sondern auch förderlich für die

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Staaten und das gesammte menschliche Leben and wir woUoi unbefangen and wohlmeinend zu- hören. Denn es wäre ja onser eigener Vortheil, wenn sieh zeigte, sie sei nicht nur Mtgenehm, sondern anch heilsam. Wie sollte es nicht nnaer Vortheil sein ! sagte er. Wenn aber etwa nicht, lieber Freund : dann werden wohl auch wir, wie diejenigen, welche einmal verliebt waren, wenn sie glauben, dass ihnen die Liebe nicht mehr förderlich sei, sich mit Mühe zwar, aber doch zurückziehen, so auch wir wegen der Liebe, die wir früher vermöge unserer Erziehung in so trefflichen Staaten zu dieser Dichtung h^en, ihr zwar wohlwollend helfen, um in's Licht zu setzen, dass sie gar vortrefflich und vollkommen wahr sei; so lange sie aber ihre Yertheidignng nicht zu Stande bringt, wollen wir, indem wir ihr zuhören, mit dieser Rede und diesem Zauber- spruch uns selbst ansprechen ans Furcht, wieder in jene kindische und gemeine Liebe zurück- zufallen, und wollen als sicher annehmen, dass man sich um diese Dichtkunst nicht ernsthaft bemühen dürfe, als ob sie selbst ernsthaft sei und die Wahrheit treffe, dass vielmehr der Hölrer, der um die richtige Verfassung seiner selbst besorgt ist, sich gar sehr vor ihr zu hüten habe, und so von der Dichtkunst zu denken, wie wir es ausgesprochen haben. In allen Stücken, sprach er, stimme .ich Dir bei. Denn gross,, fuhr ich fort, lieber Glaukon, gross und nicht, wie es gewöhnlich genommen wird, ist der Kampf darum, ob man gut werde oder schlecht; so dass wed^t* durch Ehre noch Geld noch irgend eine Gewalt, ja auch nicht einmal durch die Dichtkunst angeregt, jemand sollte die Gerechtigkeit und die übrige Tugend vernachlässigen.*'

Plato hat sich also, das geht aus den eben angeführten Worten unwiderleglich hervor, nach heftigen inneren Kämpfen erst zu einer freiem Betrachtung des homerischen Epos empor- geschwungen. Aber er ist nicht etwa aus einem Bewunderer ein Feind geworden. Noch immer hegt er wie in der Jugendzeit Freundschaft und Verehrung gegenüber Homer und diese hindern ihn fast, so rückhaltlos über denselben sich zu äussern. (Pol. p. 595. B.) Den dichterischen Werth der homerischen Schöpfungen anerkennt er freudig, wie aus vielen Aussprüchen hervor- geht (vgl. namentlich pag. 387. B). Er anerkennt gleichfalls die Trefflichkeit der Stellen, deren Inhalt mit seinen philosophischen Ansichten harmoniert (p. 389. E. 390. D. 383. A.) Doch davon ist auch schon im vorigen Kapitel die Rede gewesen; nur eine Stelle (p. 404. B.) sei hier noch angeführt, weil sie nicht nur für meine so eben ausgesprochene Behauptung mitzeugt, sondern weil sie namentlieh auch beweist, wie gründliche Forschungen in Homer Plato angestellt, ganz nach Art der spätem, alezandrinischen Gelehrten. Dass die Nahrung der Krieger, meint er, eine einfache sein müsse, keine luxuriöse, wenn sie ihren Körper stärken solle, könne man schon bei Homer lernen. Dort würden die Helden weder mit Fischen, trotzdem die Griechen am Helles- ponte lagem, noch mit gekochtem, sondern nur mit geröstetem Flebch bewirthet und von Ge- würzen oder Süssigkeiten komme bei Homer nirgends etwas vor. ^'.

Eigenthümlich ist die Art und Weise, wie um die Mitte des vorigen Jahrhunderts dw Florentiner Professor Riccius") seinen Auditoren die platonische Kritik der homerischen Epen zu erklären versuchte: „Quidni igitur verisimUe haheamus Platonem ipsum^ ejusdem cauaae inqndsioney in Somern scripta censorem egiase^ eumque e republica eiia exilio mulctastef Oredite^ auditore«, tarn /adle hominum animia irrepit invidia, ut eaccvhiaa saepe faUat laterderque ae velutiper cuniculos vel in bonorum animos se insinuet eosque vel nocentes euhigai. De ea beatns Ambrosius verissime adßrmavity quod sanctos etiam viros adurat. Non valde igitur mirandum erit^ si Platonem (etsi concederemus morum innocentia vitaeque pro-

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61) Angeli MarUe Riceii Disaert Hom. Corarit et praefatos est F. G. Born. Lipsiae 1784.

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hitßUfuiut mtefferrifmany de qua re pUrique amhigwnt) aemulatio tranmm'aum egtrii, vt^pu Eionurum aUguando Umit oculia adapiearett impulerit.

Dass es nicht Neid und Elifersacbt war, welche den Plato za seinem Urtheile angetrieben, davon, denke ich, ist wohl Jedermann fiberzengt, der auf den vorhergehenden Seiten das rahige, . , objektiv gehaltene Urtbeil des Philosophen über Homer und die Dichter nberhaapt gelesen. Dar^ c i'ifjgpfS^ liegt doch den Worten des Ricdos die Wahrheit zu Grande, dass Plato seine eigenen philosophischen Dramen, in denen nur Nachbildungen des Gaten enthalten sind, in den^ die Mythen soi^ftltig gewählt und geläutert dem Leser geboten werden, an die Stelle der homerisdien Mythen und der leidenschaftlichen, mit Nachbildungen schlechter Männer und schlechter Thaten gesättigten Dramen gesetzt wissen wünschte. Der Einwurf, das wäre ja eine Inconseqnenz, nach- dem er einmal die darstellende Poesie überhaupt verworfen, ist nicht stichhaltig, denn im IIL Buche (p. 395. C. und 396. C.) gestattet er eine Art der fiifjajatZi diejenige nämlich tapferer, besonnener, frommer, edelmüthiger Männer. Und solch' nachahmende Dichtungen sind Plato*8 Dialoge; vom Verfasser selbst werden sie die schönste, beste und wahrste Tragödie genannt und als Lektüre für die Jugend aufs wärmste empfohlen.*^)

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62) üeber den Zweck tob Plato's Sehriftstellerei h»t gani Tortrefflieb gehandelt Sehaanehmidt p. 183 eq. Die coletzt berührten platonüchen Stellen finden sieh Legg. VIL p. 811. C £. und 817. B.

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