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PONTES RER1IM AUSTRIACARIE

(ESTERREICHISCHE GISCHKHTS QUELLEN.

HERAUSGEGEBEN

TON DIR

HISTORISCHEN KOMMISSION

DIR

KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN IN WIEN.

ZWEITE ABTEILUNG.

OIPL.OJHATAR1A ET ACTA.

LV1. BAND.

WIEN, 1903.

IN KOMMISSION BEI CARL GEROLD'S SOHN

BUCBBANDMtR DKK UIR AKADRMII DER W188EN8CHAFTIK.

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PRIVATBRIEFE

KAISER LEOPOLD I

AN DEN

GRAFEN F. E. POTTING

iees-1673.

HERAUSGEGEBEN

VON

D* ALFBED FRANCIS PRIBRAM

UNI)

D* MORIZ LANDWEHR VON PRA6ENAU. I. TEIL.

NOVEMBER 1662 BIS DEZEMBER 1668.

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WIEN, 1903.

IN KOMMI8SION BEI CARL GEROLD'8 SOHN

BUCHHiRDLKK DIB KAI8. AKADOU* DIR WKSIlUCHAmH.

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Drnck von Adolf Holzhausftn, k. and k. Hof- and Unir«nitlt»-Biict>dn>ck«r in Wton.

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Vorwort.

Die Briefe Kaiser Leopold I. an seinen Gesandten am spanischen Hofe, Franz Eusebius Grafen von Patting, Allien fUnf m&Big starke Bftnde, die zusammen den Faszikel 33 der so- genannten ,Gro6en Korrespondenz' des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchives bilden. Auf die Bedeutung dieses Briefwecbsels ist schon mehrmals hingewiesen worden. Zuerst hat Majlatb in seiner Geschicbte Osterreichs (IV. 95, 121) einige S&tze ab- gedruckt, die sich auf die Ansicbt Leopold I. ttber die unga- rischen Verschwflrer und auf die Gesundheit des Kaisers im Friihjahre 1670 bezogen. Dann bat Heigel in einer besonde- ren Abhandlung * eine Reihe interessanter Stellen insbeson- dere zur Charakteristik des Kaisers mitgeteilt und seine Auseinandersetzungen mit den Worten geschlossen : ,Das Dar- gebotene diirfte zur Geniige beweisen, daC wir hier eine Quelle ersten Ranges zur Geschichte des Kaisers, den sie uns menschlich n&ber bringt als irgend eine andere, vor uns haben. ... Es wftre daher gewifi wtinschenswert, daC die Briefe womtfglich vollstftndig durch den Druck der For- schung leicbter zugftnglich gemacht werden mOchten/ Noch vor Heigel hatte der eine der beiden jetzigen Herausgeber den Briefwechsel Leopolds zu wissenschaftlichen Zwecken ex- cerpiert und viele der bedeutungsvollsten Stellen desselben in

1 Neue Beitrage zur Charakteristik Kaiser Leopolds I. Sitzungsberichte der philos.-philol.- und hist. Klasse der k. bayr. Akademie der Wissenschaf- ten 1890, Bd. n, Heft 1, p. 109—147.

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seinem Werke ,Franz v. Lisola und die Politik seiner Zeit, 1894' zum Abdrucke gebracht. Immerhin blieb die Empfindung zu- rtick, daB eine vollst&ndige Wiedergabe der Briefe durch diese Verwertung nicht liberflUssig geworden sei, da tausende von Einzelbeobachtungen und Urteilen des Kaisers nicht mitgeteilt werden konnten, die unsch£tzbares Material zur Charakteristik des Herrschers und seiner Umgebung bieten; mehr aber noch, weil nur in ungekttrzter Form der Reiz dieser Briefe zur vollen Geltung gelangen kann.

Die Schwierigkeiten, die sich einer wtfrtlichen Wieder- gabe dieser eigenh&ndigen Schreiben Leopold I. in den Weg stellten, waren nicht gering. ,Bekanntlich/ schreibt Heigel, ,zahlt Kaiser Leopolds Handschrift zu den greulichsten Denk- malern der Schriftkunde/ Die Herausgeber kOnnen diese all- gemeine Ansicht nur best&tigen. Die Schriftztige des Kaisers sind schwer zu entziffern ; nicht so sehr wegen ihrer Undeutlich- keit es gibt noch undeutlichere Schriften als in erster Linie, weil dem Kaiser jede Konsequenz in seiner FederfUh- rung mangelt. Man wird bei Leopold vergebens nach einem be8timmten Prinzipe in der Wiedergabe der einzelnen Buch- staben suchen. Sie erscheinen je nach der Laune des Kaisers im selben Schriftstiicke in den verschiedensten Formen. Oft wendet er in einer Zeile ein Wort zweimal an, ohne daB irgend ein Buchstabe des einen Wortes dem des anderen gleicht. * Bedenkt man ferner, daB Leopold oft innerhalb desselben Satzes zwei-, drei-, ja viermal die Sprache wecbselte, daB er deutsche, lateinische, italienische und spanische Worte durch- und neben- einander gebrauchte, daB er sich einer ChifFer bediente, deren Schliissel verloren gegangen ist, daB er fur alle Eigennamen eine zweite, gleichfalls verloren gegangene ChiflFer w&hlte, die

1 Faksimilia der Schrift Leopold I. finden sich h&ufig; vgl. neuerdings das der Verordnung Leopold I. fiir die Hofkapelle bei Adler, Einleitung zur Ausgabe der Kompositionen der Kaiser Ferdinand III., Leopold 1., Josef I. ; nach S. XVI.

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zu finden groBe Schwierigkeiten bot, da dies meist nur durch einen SchluC aus den politischen Zust&nden jener Zeit moglich war, so wird man die Hindernisse, die sich der Verflffentlichung dieses Briefwechsels in den Weg stellten, nicht gering finden. * Als unumganglich notwendig erwies sich die Heran- ziehang and Verwertung eines umfassenden handschriftlichen Materiales, denn die Briefe Leopolds an Petting sind Privat- briefe, die politischen Ereignisse werden in denselben oft nur gestreift und flir dieselben auf die Kanzleischreiben verwiesen, die dem Gesandten in regelmafiigen Zwischenraumen zugingen. Anch diese oft sehr ausfUhrlichen Briefe sind zum grofien Teile chiffriert, auch Air sie muCten die Chiffren es gibt deren 3 erst znsammengestellt nnd dann das milhselige Verfahren der Dechiffrierung eingeschlagen werden. Noch viel notwendiger war es aber zum Verstandnisse der Briefe Leopolds, den Inhalt der Schreiben des Grafen Petting kennen zu lernen und denselben wiederzugeben, da Leopold oft nur ganz kurz auf den Inhalt dieser Schreiben verweist, die er beantwortet. Die Privatbriefe POttings an den Kaiser in Beantwortung der Privatschreiben des Herrschers sowie die Kanzleischreiben des Gesandten sind nur im Konzepte erhal- ten; nur vom Jahre 1665 finden sich in der ,Spanischen Korr.' Fasz. 63 einige Relationen in der Reinschrift. Die eigenhandi- gen Schreiben Pottings an den Kaiser fiillen 4 Bande (Fasz. 36 der ,GroBen Korr/), ebensoviel die Kanzleischreiben (Fasz. 37), von denen die letzteren aber nur die Jahre 1663, 1666, 1670,

1 Der Vollst&ndigkeit wegen sei hier betont, daft sich fiir die Jahre 1660 1673 Abschriften der Leopoldinischen Schreiben im Staatsarchive (Fasz. 34) finden. Dieselben wurden vermutlich bald nach der Rtick- kehr PGttings aus Spanien angefertigt und enthalten hier und da Stiicke, die in den Originalb&nden fehlen. Nur fur diese wurden sie von den Herausgebern herangezogen, da sie im tibrigen unverwertbar war en. 8ie kOnnen nur beweisen, wie schwer auch den Zeitgenossen die Entzifferung der Schrift Leopold I. wurde. Es wimmelt in denselben von VerstOften argster Art; die Zahl- und Namenchiffern sind nicht aufgelOst, schwierige Stellen Qberhaupt nicht Ubertragen.

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1671 umfassen. Es wurden ferner das Diarium Pottings (2 B&nde, Fasz. 35 der ,GroBen Korr.'), seine Korrespondenz mit Portia, die Berichte Lisolas, der einige Zeit hindurch neben Potting die Interessen des Wiener Hofes in Madrid zu vertreten hatte, herangezogen, ebenso Materialien aus anderen Abteilungen des Staatsarchives und des Hofkammerarchives in Wien und des Record Office in London, sowie einige Manu- skripte der Hofbibliothek.

Die eigenhandigen Schreiben des Kaisers haben die Herausgeber meistens in extenso, nur mit Auslassung der Ein- lcitungs- und Endworte, wiedergegeben. Sie dachten urspriing- licb daran, weniger wichtige Briefe Leopolds auszulassen oder deren Inhalt gekttrzt mitzuteilen, sahen aber davon in den meisten Fallen ab, da oft einem weniger wichtigen Schreiben des Kaisers ein bedeutenderes seines Gesandten entspricht, dessen Inhalt doch in der Note wiedergegeben werden muQte, dann aber auch, weil das Ersparnis kein aUzu grofies gewesen ware. Der Inhalt der Kanzleischreiben Leopold I. ist ebenso wie jener der Schreiben Puttings ausnahmslos gleich hinter dem entsprechenden Briefe des Kaisers mitgeteilt worden, und zwar in mSglichst praciser Form. Ebenda findet der Leser auch die sachlichen Noten, die etwas ausflihrlicher gehalten werden muBten, weil die Herausgeber bei ihrer Arbeit von der Voraussetzung ausgingen, daC diese Korrespondenz nicbt allein von den Spezialisten der leopoldinischen Zeit, sondern im Hin- blicke auf ihren allgemeinen Inhalt auch von Geschichtsfreun- den gelesen werden wlirden, denen eine allzu genaue Kenntnis der Zeit nicht zugemutet werden konnte. Beziiglich der Wieder- gabe der Orthographic der eigenhandigen Briefe Leopolds glaubten wir einen Mittelweg einschlagen zu sollen; jene des Originals genau einzuhalten schien uns nicht mOglich, da, wie bereits erwahnt, Leopold oft dasselbe Wort im selben Briefe verschieden schrieb, besonders aber deshalb, weil Leopold bei der nervtfsen Hast, in der er meist konzipierte, selten ein Wort

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deutlich ausschrieb, sondern einzelne Buchstaben, Endungen, Worte, ja Satzteile auslieC. Zu einer wesentlichen Anderung, die ja zu einer Ubersetzung ins Neuhochdeutsche gefiihrt haben wtirde, konnten wir uns aber nicht entschlieCon, da es uns darauf ankam, das diesen Briefen eigenartige Gepr&ge zu er- halten, das zum guten Teil in der Ausdrucksform liegt. Aus dem Bemtthen, die Lektiire dem Leser mflglichst zu erleichtern, ohne wesentliche Anderungen vorzunehmen, ist der nachfolgendc Text hervorgegangen. Unser haupts&chlichstes Bestreben war, das Wort in jener Form widerzugeben, die der Schreiber ge- braucht haben wtirde, wenn er das Geschriebene gesprochen hatte. Aus diesem Grunde haben wir Wortformen wie ,bricht' fiir ,berichtet,' ,gwest* fUr ,gewesen' nicht geandert, wohl aber ,um, n&mlich' ftir ,umb, namblich' gesetzt u. a. m. Schwierig- keiten haben sich hier und da dadurch ergeben, daC Leopold sich bald der Schriftsprache, bald des Wiener Dialektes be- diente, so daC es manchmal im Hinblicke auf die schlechte Schrift des Kaisers nicht mflglich war, die betreffende Form sicherzustellen. Die Namen sind im allgemeiuen in der beutc ttblichen oder dieser moglichst angenftherten Form wieder- gegeben und Abweichungen nur dort in den textkritischen Apparat aufgenommen, wo sie bcsonders auflfallig sind. Han- delt es sich dagegen um standig gebrauchte Formen, die von der gebrauchlichen lautlich abweichen, so sind diese Originnl- formen beibehalten. Die wichtigeren Anderungen, die wir im Interesse der leichteren LektUre im Texte vorgenommen habcu, sind durch Noten erlftutert, die unmittelbar unter dem Texte erscheinen. Hier ist auch bemerkt, ob uns die von uns im Texte gegebene Lesung eines Wortes unsicher erscheint. Worte, die von den Herausgebern hinzugefiigt worden sind, erscheinen zwischen eckigen Klammern [ ]j chiflfrierte Stellen des Ori- ginals sind zwischen { } Klammern gesetzt, die chiffrierten Eigennamen durch * gekennzeichnet. Jedem Briefe ist ein entsprechendes Regest vorangesetzt. Von einer Anftihrung

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des Briefstellers und seines Adressaten haben wir abgesehen, da es immer dieselben Personen sind, und uns mit einer fort- laufenden Numerierung der leopoldinischen Briefe begniigt. Das ausfilhrliche Orts-, Personen- und Sachregister soil dem Forscher die Bentltzung dieses Briefwechsels erleichtern. Die Noten, in denen biographisches Material einzelner Personen gegeben ist, sind durch einen Stern ausgezeichnet

SchlieClich erfullen die Herausgeber nur ihre Pflicht, wenn sie dem Leiter und den Beamten des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchives, Herrn Hofrat Dr. Winter, Dr. Lam pel, Baron Nadherny und Dr. Goldman n, sowie den Herren Dr. Beer und Dr. Arnold von der Hofbibliothek fur ihre Muhewaltung ihren besten Dank an dieser Stelle aussprechen.

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Einleitung.

Jus ist schwer fUr einen Briefwechsel, wie der vorliegende einer ist, eine richtige Einfiihrung zu finden, denn es handelt sich in diesem Falle nicht nur urn eine Reihe zusammen- h&ngender politischer Fragen. Kaiser Leopold schrieb Pitting, seinem Freunde, nicht seinem Gesandten; er teilte ihm die groBen und kleinen Sorgen und Freuden des Tages mit der- selben Ausftihrlichkeit und Umstandlichkeit mit, wie seine An- sichteo ttber wichtige Fragen der allgemeinen und der spa- nischen Politik insbesondere. In dieser Vertraulichkeit und Vielseitigkeit liegt gewiC der hohe Wert dieses Briefwechsels, das, was ihn von der Mehrzahl anderer unterscheidet ; aber auch die Sehwierigkeit, dem Leser in Ktirze das mitzuteilen, was zum Verst&ndnisse dieser Korrespondenz notwendig und wtinschenswert erscheint. Wir haben uns nach vielfachen Er- wttgungen entschlossen, das zur Erklftrung der zahllosen Einzel- fakten Dienende an geeigneter Stelle in Form von Anmerkun- gen zu bieten und in der Einleitung nur Beitr&ge zur Charak- teristik des Kaisers und seines Gesandten zu geben, sowie eine Erorterung jener Angelegenheiten, die den Mittelpunkt des Briefwechsels bilden und durch ihr allgemeines Interesse ein n&heres Eingehen rechtfertigen.

Dabei kam uns zugute, daC einige der wichtigsten Fragen, um die es sich hierbei handelt, von einem der Herausgeber bereits eingehend erSrtert worden sind. Wir konnten uns fur diese auf das beschr£nken, was zum Verst&nd- nifise der in der vorliegenden Publikation mitgeteilten Schrift- stilcke am notwendigsten schien und insbesondere von einer

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Darstellung der tfsterreichischen Politik jener Tage absehen, da dieselbe in dem Werke ;Franz v. Lisola und die Politik seiner Zeit', Leipzig 1894, eingehend ertfrtert worden ist. Wir erlauben uns, den Leser ein- ftir allemal auf dasselbe zu ver- weisen. Dagegen schien es uns im Interesse zumal der deutschen Leser wlinschenswert, unserer Publikation eine wenn auch nur tibersichtlich gehaltene Darstellung der spani- schen auBeren und inneren Geschichte jener Jahre voranzu- stellen. Wir haben dabei an eine erschtfpfende Behandlung des Gegenstandes nicht gedacht und nicht denken ktinnen; eine solche wird ohne neue ausgiebige archivalische Forschung in Spanien nicht zu erreichen sein. Der Zweck unserer Dar- legungen, fur die neben den im Vorworte erw&hnten auch andere handschriftliche Materialien namentlich Akten des Haus-, Hof- und Staatsarchives und die Sch&tze der Hofbiblio- thek verwertet werden konnten, war bloB deutsche Leser in das Verst&ndnis des hier mitgetcilten Briefwechsels einzufuhren, dcssen groCerer Teil sich uin spanische Angelegenheiten dreht.

I. Kaiser Leopold I. und Franz Euscbius Graf PStting.

Eine eingehendere allgemeine Charakteristik Kaiser Leo- pold I. zu geben liegt uns fern. Sic wiirde in den Rahinen dieser Publikation nicht passen. Auch hat einer der Heraus- geber erst vor kurzem ein Bild Leopold I. entworfen, wie sich ihin dasselbe aus dem Studium der Briefe dieses Herrschers und der liber ihn erhaltenen Aufzeichnungen ergeben hat. * Dagegen mag es gestattet sein, einzelne Beobachtungen, die wir bei der Lekttire der nachfolgenden Briefe gemacht haben, mitzuteilen.

Biographic Leopold I. in dem Werke ,Die Osterreichischen Herrscher aus dem Hause Habsburg*. Das Werk diirfte im Laufe des Winters 1903 erscheinen. Eine Zusammcnstellung der sich so sehr widersprechenden Urteile der zeitgenossischen und spateren Schriftsteller, die sich mit der Geschichte Leopold I. besehaftigt haben, findet der Leser bei Heigel in der im Vorworte zitierten Abhandlung ,Neue Beitrage zur Charakte- ristik Kaiser Leopolds L' Sitzungsberichte der bayr. Akademie der Wissenschaften 1890, II. Bd., p. 109 ff.

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XIII

Als ein vollendeter Stilist erscheint Leopold in seiner Korrespondenz nicht; doch lesen sich seine Briefe, wenn man sich einmal mit der Gewohnheit des Kaisers abgefunden hat, deutsche, lateinische, italienische und spanisehe Worte durch- einander zn gebrauchen, leicht und angenehm. Leopold schreibt, wie er wohl gesprochen hat, ohne Pathos, ohne Schwung, klar and einfach. Heigel hat mit Recht hervorgehoben, daC die Behauptung, Leopold erscheine in seinen Schreiben als ein schwerfalliger, finsterer, hochmlitiger Mann, unbegrtindet sei, dafi das oft wiederkehrende Wort: ,mehr ein Spanier als ein Deutscher' keine Berechtigung habe. Man wird in dem nachfolgenden Briefwechsel in der Tat von Hochmut oder Steifheit ebensowenig finden als von Schwerfalligkeit oder libergroCer Znrilckhaltung. Leopold schreibt vielmehr frisch von der Leber weg, kaum vermag die Hand dem Kopfe zu folgen; Wichtiges und Unwichtiges, tfffentliche und private Angelegenheiten werden neben- und durcheinander und mit gleichem Eifer erflrtert. DaC der Briefschreiber ein Mann von umfassenden und tiefgehenden Kenntnissen ist, verrftt jede Seite und so mancher Ausspruch legt Zeugnis dafiir ab, daG er in der antiken wie in der modernen Literatur, in heiligen und profanen Schriften gleich gut bewandert ist. Ganz beson- ders groC ist der Schatz trefflicher Sprichwtfrter aus vier Spra- chen, * tiber die Leopold verfUgt und die er mit feinem Ver- standnisse anzuwenden versteht. * Im Ubrigen ist ungemein viel vom echten Wienertum in seinen Briefen zu finden; ein gewisses Sichgehenlassen in der Ausdrucksform, recht viel Gemiitlichkeit, aber auch Gemiit; ein wenig Medisance und ein etwas derber, aber gesunder Humor.

1 Es scheint, dafi Leopold blofi die vier Sprachen: lateinisch, spanisch, italienisch und dentsch beherrschte ; daB er der englischen and franzOsi- schen Sprache nicht machtig war, beweisen die Briefe Leopolds an Pitting vom 25. November 1665 und vom 20. Janner 1666.

1 Vgl. z. B. I. 345, 427; II. 12, 14, 183, 154, 161, 175, 193, 195. Viel- leicht darf in diesem Zusammenhange aufmerksam gemacht werden, dafi Leopold zweimal (28. Febr. 1668 und 17. Nov. 1671) den Ausspruch, zum Kriege seien drei Dinge nOtig: ^Dineros, Dineros y Dincros* als einen Ausspruch seines Ahnherrn Karl V. bezeichnet. Bekanntlich schreibt man dieses gefiUgelte Wort Montecnccoli zu. Nach BUchmann, 20. Aufl., 494 stammt der Ausspruch von dem Marschall Trivulzio (1448—1518).

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XIV

Deutlich aufiert sich in diesen Briefen das grenzenlose Gottvertrauen des Kaisers. Wenn Esaias Pufendorf, im Gegen- satz zu den meisten Zeitgenossen Leopold I., diesem wahre Religiosit&t abspricht und nur „auBerliche Devotion und strenge Observanz der Kirchengebrauche' bei ihm gelten lassen will, * so lehren die folgenden Schreiben, daB der Kaiser felsenfest an die Gttte und Gerechtigkeit des Allmachtigen glanbte. Zu ihm fltichtet er in den Stunden der grSCten Gefahr und der tiefsten Trauer, ihm dankt er aber auch im Augenblicke der groBten Freude 2 und des Triumphes. Verliert er ein Kind oder einen andern Nahestehenden, so versaumt er nicht, seiner Trauer Ausdruck zu geben, aber er vergiCt nie hinzuzufftgen, daB man gegen Gottes Beschlilsse nicht murren dttrfe s und daB Gott, wie er naiv sich ausdrtickt, wieder hereinbringen kann, was er genommen. 4 Er sieht in harten Schicksals- schlagen sogar einen Beweis der Liebe Gottes, denn - so meint er ,Deus visitat tribulationibus, quos amat'.6 Und in der schwersten Stunde seines Lebens, als ihm seine heiB- geliebte Gattin starb und sich bei der Obduktion der Leiche fand, daB sie einen viermonatlichen Sohn getragen, gibt er seinen GefUhlen bezeichnenden Ausdruck, wenn er seinem Freunde schreibt: ,und ist es wohl ein erschrecklich Streich; aber man muB es Gott submittiren und sich mit selbigen in kein Disputat einlassen, so zwar jezo mir wohl schwer ankommt'. c

1 E. Pufendorfs Bericht fiber Kaiser Leopold, seinen Hof and die ttsterr. Politik 1671—1674, herausgeg. von K. E. Helbig, p. 68.

* z. B. Leopold an Potting, 4. August 1666, gelegentlich der Heirats- angelegenheit.

* Leopold an Patting, 24./26. Jan. 1666, ferner 9. Febr. 1664, 12. No- vember 1664, 3. Juli 1666, 7. Februar 1666, 10. Dezember 1666, 16. Jan. 1668 u. a. O.

4 Leopold an Potting, 17. Oktober 1666, 26. Februar 1670. Auf die Nach- richt von einer neuerlichen Erkrankung und Genesung des jungen spanischen Kttnigs erwidert er mit den beaeichnenden Worten: ,ich bin fest gesichert ex plena confidentia, dafi Qott dieses Herrlein uns zum Trost und zue Nutzen totius ehristianitatis a dispetto di tutti Taltri er- halten werde*. 26. Juni 1670.

6 Leopold an Potting, 6. August 1666.

6 Leopold an Potting, 22. Mar* 1673. Bezeichnend ist auch die Stelle in dem Schreiben vom 16. Februar 1668, wo er meint, ,ich bestehe, dafi die Sachen jezo in einer schlimmen Krise sein; aber Qott ist in Himmel, der schaut uns zue und lacht fiber unsre Narrenpossen'.

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XV

Mit dieser aufrichtigen tJberzeugung von dem Walten eines persttnlichen Gottes, dem man sich rttckhaltslos ergeben mlisse, geht bei Leopold wie bei der Mehrzahl seiner Zeit- genossen ein recht grober Aberglaube Hand in Hand. Nicht nur, daB er dem Erscheinen eines Kometen groBe Bedeutung beimiCt, ,denn Kometen bedeuten selten etwas Gates' ; 1 er glaubt anch an die Prophezeiungen der Sterndeuter. DaB der junge K5nig von Spanien gerade im Monat Mai 1670, fur den die Astrologen ihm ein trauriges Ende vorausgesagt, an einem Fieber erkrankt, macht Leopold ,ganz perplex'.2 Auch an die Ffthigkeit gewisser Menschen, andere zu behexen, zu ver- zaubern, hat er geglaubt. Als Pitting ihm meldete, daB man den KSnig Philipp IV. seit der Zeit des ;conde-duque und Luis de Haro' fur verzaubert halte, ,wie es gewisse docu- menta, so bei der Inquisition befindlich, bezeugen thuen', und daB man jetzt geistliche Mittel. fur die Entzauberung anwenden wolle, 8 antwortet Leopold: ,Von des Ktfnigs Verzauberung babe ich schon was gewuBt, wie dann Pater Cadela mir viel davon gesagt hat; unde bene recurrendum est ad remedia spiritualia'. 4

Noch bezeichnender scheint uns der folgende Fall. Pot- ting berichtete seinem Herrn am 19. August 1671, es habe sich etwas Merkwttrdiges mit dem Fttrsten von Piombino zugetragen. Dieser habe eine Courtisane gerade in dem Momente auf- gesucht, als sie einen anderen Herrn bei sich hatte, den sie rasch auf dem Balkone versteckte. Dem Fursten wurde im Laufe der Zeit zu warm und er ging auf den Balkon. Da verwandelte die Courtisane den Versteckten in eine Orange, die der Furst, da sie ihm gefiel, kaufen wollte, wozu die Cour- tisane nicht zu haben war. Als Piombino weg war, wurde jener wieder entzaubert. Die Sache kam vor die Inquisition und das Frauenzimmer wurde als Zauberin verhaftet. Auf diese lttcherliche Erzfthlung erwidert der Kaiser: ,Der casus,

1 Leopold an Potting, 7. Jan. and 18. Mire 1665. Beseichnend ist anch, dafi er einen Brief an seine neue Gemablin nicht mit schwarzem Wachs siegeln wollte ,qnia niger color ad similes literas adhibendus mihi pro malo augurio habendus videretnr*. 20. Jftnner 1666.

1 Leopold an Potting, 26. Juni 1670.

8 POtting an Leopold, 16. August 1665, I. 161 Anm. 3.

4 Leopold an Potting, 18. September 1665.

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XVI

so sich mit dem prencipe de Piombino zuegetragen, ist wohl seltsam und behttte ein[en] Gott vor so klinstlichen Weibern, die ein mit Leib und Seel in Verderbnus sttirzen kOnnen.' *

Unanfechtbare Beweise liefert der folgende Briefwechsel fiir eine andere, yon manchem Zeitgenossen und vielen sp&te- ren Beurteilern bezweifelte Eigenschaft Leopold I., fiir seinen FleiG. ,Strenger Geistesanspannung von jeher abhold', * oder l&ssig in den dringendsten Angelegenheiten wird man Leopold wenigstens in den ersten Jahrzehnten seiner Regentenlaufbahn gewiG nicht nennen dtirfen; eher ktfnnte man ihm ein Uber- maG an FleiC, hervorgerufen durch ein allzu genaues Eingehen in die Einzelheiten jeder Frage, durch ein zu langes Erbrtern nebensfichlicher Dinge, zum Vorwurfe machen. DaG er sich gelegentlich Ruhe gflnnte, sich auf der Jagd, mit der Musik und dem Theater oder beim Spiele zerstreute, wird nur libel nehmen, wer den Umfang seines schweren, verantwortungs- vollen und ermlldenden Amtes nicht kennt. Wie oft klagt Leopold seinem Freunde tiber die allzu groGe Last, die seinen Schultern aufgeladen werde, wie oft mangelt ihm sogar die Zeit, Petting zu schreiben. Man wird dies begreifen, wenn man bedenkt, daG der Kaiser zumal nach dem Tode des Ftirsten Portia sein eigener erster Minister war, daG er jede wichtigere Frage der ausw&rtigen und der inneren Politik selbst entschied, daG er den Beratungen der verschiedenen kollegial zusammengesetzten Zentralamter sehr oft beiwohnte, daG er mit den Vertretern seiner verschiedenen Provinzen persOnlich verkehrte, die Verhandlungen mit den Abgesandten des Auslandes liberwachte, die Besetzung der hSchsten Be- amtenstellen weltlicher und geistlicher Art selbst vollzog, daG ihm die auGerordentlich zeitraubende Reprftsentationspflicht, der Empfang zahlreicher fremder Gftste, die Erteilung endloser Audienzen oblag. Bedenkt man, daG Leopold tiberdies seine religiosen Pflichten mit dem grtfGten Eifer erfdllte, daG er zu den eifrigsten Brief schreib era seiner Zeit zahlte, daG er der Lektiire ernster Blicher und dem Studium der Musik mehrere Stunden des Tages widmete, so wird man den Vorwurf, daG

1 Leopold an Potting, 23. September 1671.

9 Noorden, Gesch. Enropas im 18. Jahrh. I. 160; im zweiten Bande lautet das Urteil giinsttger, U. 126.

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XVII

es ihm an FleiB gemangelt habe, auf das entschicdenste zurttck- weisen mlissen. Und um so hOher wird der Eifer zu schatzen sein, mit dem sich Leopold seinen Regentenpflichten hingab, wenn man erwiigt, daB er nicht zu jenen zahlte, denen die Arbeit ein Bedtirfnis ist, daB er vielmehr, wie Pufendorf ein- mal erwahnt, mehr aus Gewohnheit arbeite ,und daB er per- suadiert sei, es mliBte also sein'; * daB sein FleiB also ein AusfluB seines strengen PflichtbewuBtseins war.

Besonders klar erhellt aus Leopolds Briefen seine Dank- barkeit fiir geleistete Dienste. Er hat solche nie vergessen und seinen Willen, sich fiir dieselben erkenntlich zu zeigen, immer, auch wenn es ihm nicht leicht wurde, bekundet. 2 Wie sehr er sich Potting, als seinem Brautwerber in Spanien, ver- pflichtet ftihlte, zeigt mehr als eine Stelle dieses Briefwechsels und mehr als eine Tat beweist, daB er dessen treu geleistete Dienste nach Gebtthr zu belohnen wusste. Wie rtthrend drlickt sich seine Dankbarkeit in seinem Verhaltnisse zu Portia, 3 Niklas Zrinyi 4 oder zu dem Fursten Montecuccoli 6 aus. Liest man die Schreiben Leopolds an P5tting, so gewinnt man den Eindruck, als habe der Kaiser es nicht tiber das Herz bringen konnen, einem Manne, dem er sich zu Dank verpflichtet ftihlte, eine Bitte abzuschlagen, so zahlreich erscheinen seine Emp- fehlungen fiir Amter, Orden und Gnadengaben. Und wenn der Gesandte die Schwierigkeit betont, diesem groBen Ansturme zu genttgen, hat sein kaiserlicher Herr darauf nur eine Ant-

1 Bericht Pufendorfs 1. c. 69.

* Als er den General Souches, der ihm wiederholt Beweise seiner Tiichtig- keit und Anhanglichkeit geliefert hatte, zura Stadtobersten von Wien ernannte and die Spanier dagegen protestierten, daB man einem gebore- nen Franzosen ein so verantwortliches Amt ilbergcbe, erwiderte der Kaiser: ,Ich halt den vor kein Franzosen, so mir nnd mein Haus so viel Jahr treulich gedient, in Feld etliche Ort erobert, in Ungarn cine Schlacht gwonnen, Briinn so ritterlich defendirt hat, welchem ich auch schon Comorn anvertraut und in geheimen Rath admittirt habe4 (6. Dez. 1668; vgl. auch 27. Febr. 1669), und er blieb bei seinen EntschlioCun- gen, trotzdem die Spanier alles Mttgliche tat en, Souches beim Kaiser in MiCkredit zu bringen.

1 Leopold an Petting, 18. Febr. 1665.

4 Vgl. Leopold an POtting, 26. Nov. 1664; auch Strozzis gedenkt Leopold 13. Juni 1604 mit besonderer Dankbarkeit.

6 Leopold an Patting, 14. Marz 1668, 30. Nov. 1673 u. a. O. Fontes, n. Abt. Bd. LVI. b

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wort: er wisse wohl, daB er zu viel empfehle, aber er wolle Leuten, die sich trea bew&hrt, nicht undankbar erscheinen. Be- sonders cbarakteristisch fur Leopold ist seine Dankbarkeit Uber den Tod eines verdienten Mannes hinaus. Als kurz nacb dem Tode des von ihm so sehr gesch&tzten Flirsten Portia zwei Vet- tern desselben sich in Spanien um Gnaden bewarben, schreibt der Kaiser seinem Gesandten folgende bezeichnende Worte: ,Ich kann mir wohl einbilden, daC die Spanier sie nit viel werden consideriren, weilen der Fiirst gestorben, ich befehle Euch gleichwohl, daB Ihr Euch aller beeden auf das Beste annimmt und ihnen, wo es von ntften, assistirt. Dann dies verdient noch wohl die memoria des gueten Flirsten seligen . . / l

GroB wie seine Dankbarkeit war auch seine Giite und GefUlligkeit, Eigenschaften, die auch seine entschiedensten Geg- ner ihm zuerkennen; auch fur sie legt der vorliegende Brief- wechsel vielfach Zeugnis ab. * Man merkt es Leopold an, daB er dem Grundzuge seines Wesens folgt, wenn er Wohltaten erweist, sich gefftllig zeigt. Wie freut es ihn, wenn seine Be- mlihungen erfolgreich sind, wie trauert er, wenn ihm etwas miClingt. DaC diese Giite oft miCbraucht wurde, hat ihn bitter gekr&nkt, aber nicht abgehalten, sie immer aufs neue zu be- tfttigen. Es war ihm auch nicht um die laute Dankbarkeit zu tun; er fand sein Geniigen an der Freude des Beschenkten, er wiinschte hOchstens den Dank, den ,ein zufriedenes Herz und ein geneigter Sinn dem Geber zeigt'. Ganz besonders aber mag hervorgehoben werden, daB er auch seinen Feinden und Leuten, die ihm persSnlich unsympathisch waren, Gutes zu erweisen, behilflich zu sein, stets bereit war. Zu den Personen, die ihn in diesen Jahren am meisten gequ&lt und geiirgert,

1 Leopold an Potting, 20. Febr. 1665.

a Unter den zahllosen Fallen sei hier anf die des Beichtvatcrs P. Molino, des Arztes Santa Cruz, des jnngen Borcht, Prados, Ncidhardts hingewiesen. Besonders cbarakteristisch ist die Art, wie sich Leopold fur den spani- schen Hofstaat einsetzte. Die Unfahigkeit Leopold I., Bittende abzu- wei8en, seine SchwSiche gegenilber Hilfesuchenden brachte ihn oft in nn- angenehme Sitnationen, ja sie verleitete ihn anch zu einer gewissen Un- aufrichtigkeit, indem er den Petenten die FOrdernng versprach, dann aber seinem Gesandten schrieb, er lege auf die Berilcksichtignng dieser Empfehlung keinen groBen Wert; er tue dies nur, ,daB ich en mit Wahrheit sagen mtfge, daB ich es geschrieben habe* (9. Marz 1672 u. a. O).

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die ihm am unleidlichsten waren, z&hlte der spanische Ge- sandte Marques Castellar; trotzdem ist er bereit, ihn flir eine Stelle am spanischen Hofe zu empfehlen. * Und als er die spani- sche Hebamme, der die Schuld an dem Tode mehrerer seiner Kinder beigemessen wurde, entlieB, hat er auch flir sie ein empfehlendes Wort. * Ja selbst dort, wo ihn die Not der Ver- h&ltnisse zur S-uBersten Strenge zwingt, merkt man seinen Worten an, wie schwer es ihm wird, auf das schtfne Vorrecht eines Herrschers, auf die Gnade, zu verzichten. Er hat einige der ungarischen Magnaten, die nicht nur seine Herrschaft ab- werfen, sondern ihm durchaus ans Leben wollten, hinrichten lassen, aber er tat dies schweren Herzens: ,obwohlen ich son- sten nit gar btfs bin, so muft ich es diesmal per forza sein* 8 mehr als Warnung ftir die Uberlebenden als zur Slihne des begangenen Frevels, und er begleitete die Mitteilung von der Justifizierung des Qrafen Tattenbach mit den bezeichnenden Worten: ,Ich habe es nit gern gethan, allein ne Hungari pos- sent credere, Qermanis omnia condonari, illos solum plecti und damit auch die Erblande ein Exempel haben, habe ich es miissen geschehen lassen. Gott seie seiner Seel genildig/4 Mit Recht hat Heigel betont, daB dies nicht die Sprache eines blutdurstigen Wliterichs, sondern eines gerechten, wenn auch strengen Richters ist, der sich seiner Verantwortung bewuBt wird und nur um der Wohlfahrt seines Staates willen von seinem Begnadigungsrechte keinen Gebrauch macht. 5

Auch auf eine andere bei Leopold stark entwickelte Eigen- schaft sei in diesem Zusammenhange aufmerksam gemacht: auf seinen Takt und seine Feinfuhligkeit. Es mag nicht leicht ge- wesen sein, die Ansprliche seiner empfindlichen jungen Frau und seiner ehrgeizigen Stiefmutter zu gleicher Zeit zu befriedi- gen; allein dem Takte Leopolds gelang es, den Anforderungen beider gerecht zu werden, ohne seiner Stellung etwas zu ver- geben. Er wuBte den Zwistigkeiten, die sich naturgemaB aus dem Zusammenleben ergaben, immer die Spitze abzubrcchen, die Wtin8che seiner Gemahlin zu erflillen, ohne den berechtig-

1 Leopold an Potting, $. Dez. 1670 und 29. Okt. 1673. Leopold an Potting, 20. April 1673. 8 Leopold an Potting, 22. April 1671.

4 Leopold an Potting, 2. Dez. 1671, II. 202/03.

5 Heigel 1. c. 140.

b*

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ten Ansprtichen der verwitweten Kaiserin zu nahe zu treten. * Von feinster Empfindung fur das Schickliche zeigte sich Leo- pold ttberall, wo es gait, bei Wahrung der eigenen Interessen auf die Wttrde und Eitelkeit seiner kOniglichen Schwester in Spanien die zugleich seine Schwiegermutter war Rlick- sicht zu nehraen. 2 Niemals ist er ihr zu nahe getreten, nie- lnals hat er, obgleich die Versuchung sehr groB war, einen Schritt getan, durch den die Ktfnigin sich in ihrem Stolze hatte verletzt fuhlen kOnnen. Und nicht allein Rlicksicht auf die mit Frankreich eingegangenen Verabredungen, sondern auch FeinfUhligkeit war es, daB Leopold auf die wiederholte AufForderung Ptfttings, ihm Instruktionen fUr den Fall zu er- teilen, daB der junge Ktfnig von Spanien, dessen schwan- kende Gesundheit ein pltitzliches Ende furchten lieB, vom Tode ereilt werden sollte, ausweichend antwortete und schlieB- lich bekannte: ,Ich muB Euch die ganze Wahrheit bekennen, daB ich schon ofter angehebt habe, diesen Punkt in Delibera- tion zue ziehen, aber nie libers Herz habe bringen konnen, es zu vollenden.'8

Dem TaktgefUhle Leopolds dttrfte es auch zuzuschreiben sein, daB die vielfachen Reibungen, die an seinem Hofe zwi- schen seiner deutschen und spanischen Umgebung, 4 zwischen

1 Vgl. Leopold an Patting, 3. Mftrz 1667 u. a. O. ftber die Kaiserin- witwe hatte Leopold Ofter zn klagen, da sie sich in die Staatsgeschftfte einmischte. Vgl. z. B. Leopold an Potting, 9. April, 22. Mai 1670.

Vgl. Leopold an Patting, 15. Sept. 166G, 29. Aug. 1668 oder 2. Jiinner, 27. MHrz, 28. Aug. 1669 u. a. O.

3 25. Janner 1673, II. p. 294/95.

4 Die spanische Umgebung der Kaiserin hatte immer untereinander nnd mit der deutschen des Kaisers Streit; insbesondere die Grafin Heril, die Lancerote und die Frau des spanischen Gesandten Castellar gaben Anlaft zu heftigen Auseinandersetzungen, die nur durch Leopold I. Takt- gefiihl beigelegt werden konnten. Der Kaiser hatte ilbrigens, im Hin- blicke auf die traurigen Erfahrungen, die seine Vorganger mit den spani- schen Hofleuten gemacht hatten (Leopold, 17. Sept. 1664), Potting stronge eingeschMrft, m^glichst vorsichtig in der Auswahl zu sein. Er wollte so wenig als mOglich, ,dann es wird Euch selbst noch viclleicht wohl bc- kannt sein, was einer mit die spanische Weiber fttr Ungelegenheit haben mueB4 (Leopold, 22. Mai 1663). Ahnlich 3. Febr. 1666. Manch- mal muBte Leopold die Entfernung einer Unvertraglichen eropfehlen. Vgl. z. B. die Bemerknng flber die Lancerote: ,Unsre Weiberhandel gehen de mal in peggio. Ich siehe kein Mittel, als daB Lancerote

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den Vertretern der verschiedenen Machte, l wie zwischen den sich befehdenden Ministern 2 bestanden, meist auf giitlichem Wege beigelegt werden konnten. Und ganz besonders inoge darauf hingewiesen werden, daC der Kaiser auch untergeordne- ten Personen gegenliber seine Feinflihligkeit zeigte, daC er die Empfindungen seiner Diener ebenso ungern verletzte als die seinesgleichen. Als Potting und Castel-Rodrigo gegen die Ab- sendung des Kamnierdieners Pisek nach Madrid Einsprache er- hoben, weil dieser Mann im Verdachte stand, mit ihren Geg- nern in Verbindung zu sein, willfahrte der Kaiser zwar dieser Bitte, aber er tat dies in einer die Empfindungen Piseks scho- nenden Weise, ,damit', wie er schreibt, ,er nicht meint, daB ihm unrecht geschehe*. 3

Zu den Vorwiirfen, die am h£ufigsten gegen Leopold er- hoben worden sind, gehfJrt der, daB ihm die notige Selbstan- digkeit und Entschiedenheit in der BeschluBfassung und in der Durchflihrung der beschlossenen MaBregeln gemangelt habe. Er habe seinem eigenen Urteil zu wenig, dem seiner Uinge- bung zu viel getraut, habe zwischen den sich widersprechenden Ratschl&gen seiner Vertrauten nicht zu entscheiden verstanden und sich gescheut, die Verantwortung ftir seine Entschliisse auf sich zu nehmen. 4 Es soil nicht geleugnet werden, daB diese Vorwtirfe flir die letzten Jahrzehnte der Regierung Leo- pold I. vollauf berechtigt sind. Immer wieder klagen die Ge-

doch bono mo do et salva reputatione, heimmarschiere' (Leopold, 26. Juni 1670). Aber auch da sucht er nach einem friedliehen Aus- wege (15. Aug. 1670). Mit besonderem Humor erzahlt Leopold 5. Nov. 1670 von den Differenzen zwischen dem Ehepaar Castellar und der Gratin Heril. Fttr den Streit Khevenhillers mit Castellar vgl. Leopold an Pitting, 23. Dez. 1666 und 6. Janner 1667; fur den zwischen Lobko- witz und Gremonville 17. Juni, 29. Juli, 12. Aug. 1671.

1 z. B. Castellar und Gremonville; Leopold an Potting, 24. April 1669.

8 Differenzen zwischen den leitcnden Ministern bcstanden fortwahrend. Leopold hatte unendliche Mtihe, Lobkowitz mit Auersperg, diesen mit Schwarzenberg u. s. w. zu versOhnen. Interessant sind die Gruppierun- gen, die sich erkennen lass en, wie Lamberg Neidhardt Harrach oder Auersperg La Fuente Pefleranda oder Potting Portia Lobkowitz; fttr die Geschichte jener Zeit sind sie von groCer Bedeutung.

3 Leopold an Potting, 9. Feb. 1672.

4 Selbst die Venezianer aus der spateren Zeit Leopold I. werfen ihm Mangel an Selbstandigkeit vor. Vgl. Fiedler, Relationen, Fontes rer. Austr. II. 27, 127, 144 u. a. O.

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sandten der ausw&rtigen M&chte uber die Schwierigkeit, von Leopold eine bestimmte Erkl&rung zu erhalten, tiber die Ent- schluBschwere dieses Herrschers, tiber seine Abh&ngigkeit von fremden Einfltissen und seine Scheu vor Verantwortung. Man braucht tibrigens bloB den Briefwechsel Leopold I. mit seinem Freunde Marco d'Aviano zu durchblattern, uin auf Selbst- anklagen des Kaisers zu stoBen, die fur die Berechtigung dieses Vorwurfes sprechen. ,Ich kenne meine Schwache,' schreibt Leopold, ,ich weiB, daB ich zu trftge und unentschlossen bin; aber ich will mich bessern, ernstlich meine Pflicht erfullen und die zttchtigen, die es verdienen/ * Und immer kehrt der Ge- danke wieder, daB mit einem durchschlagenden Willen allem Ubel abgeholfen werden konnte, daB Leopold aber oft nicht wisse, was zu wollen seine Pflicht ware, und daB dies allein die Ursache seiner Unentschlossenheit sei, die ihn so sehr peinige. Von einem solch hohen Grade der Unentschlossen- heit ist Leopold in den ersten Dezennien seiner Regierung frei gewesen: man wird vergebens in der vorliegenden Publikation nach ahnlichen Bekenntnissen suchen. Der Kaiser hatte viel- mehr damals den Wunsch, selbst&ndig zu sein, und er trug auch kein Bedenken, die Verantwortung fur gefaBte Entschltisse auf sich zu nehmen. Man vergleiche mit den oben zitierten AuBerungen Leopolds seine Worte, die er nach dem Tode Portias seinem Gesandten in Spanien schrieb. ,Ich bin ent- schlossen, kein primo ministro oder valido zu haben, sondern mein eigner primado selbst zu sein, doch etlich Rftthe zu den nieisten oder alien Negotien zu ziehen et hoc ex multis causis: bin ich noch jung und kann wohl arbeiten, bleibe ich Herr und kann ein ander nit vantiren, daB alles von ihm de- pendire, kann ich es besser verantworten, dann alles ich mir selbst attribuiren mueB/2

Klar und deutlich ist in diesen Worten der Wille aus- gesprochen, selbst zu herrschen und die Verantwortung fur die Handlungen zu trageu. Leopold will, wie er sagt, den Rat seiner Minister nicht entbehren, aber die Entscheidung zu

1 Leopold an cTAviano, 1. April 1681. Klopp, Corrispondenza epistolare tra Leopoldo I. imperatore ed il P. Marco d'Aviano capuccino, p. 5; ahnlich 22. Juli 1685, p. 74 f., 31. Dez. 1690, p. 199, 1. April 1691, p. 203 u. a. O.

2 Leopold an Patting, 18. Febr. 1665.

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treffen, beh8.lt er sich vor. Er hat Wert darauf gelegt, daC alle wichtigen Angelegenheiten ,inore consueto' x in den Kon- ferenzen erortert wurden. Als die K5nigin von Spanien ihn bitten lieC, im Interesse der Geheimhaltung einer Angelegen- heit, liber die der Markgraf Hermann von Baden berichten sollte, seine Minister nicht zu Rate zu zichen, meinte er: ,Solle er aber so wichtige materias vorbringen, so kann es ja der Kaiser nit allein liber sich nehmen und muG ja mit ein oder dem andern ministro deliberiren'. * Auch hat er oft und gern seine Vertrauten gefragt3 und der Ktfniginregentin das gleiche zu tun geraten. 4 Aber er hat auf das Nachdrlicklichste rtick- haltslosen Gehorsam gefordert. ,Dann vor was sein die Mi- nister, als daft sie ihrer Herrschaft in allein blind gehorsamen sollen.* 5 Und ganz in diesem Sinne schreibt er seinem Ge- sandten in Spanien: ,Ich verlange wohl zue wissen, ob wahr ist, daft diese Resolution (es handelte sich um die Besetzung der Prasidentenstelle in Castilien nach Castrillos Tode) so eilend ergriffen worden, daft man weder el consejo de estado noch la junta de gobierno dariiber vernommen. Nun bekenne ich, ich sorge, dergleichen resolutiones mftchten ein groftes Odium der Konigin machen, da es einmal in testamento regis, so nostra suprema lex ist, expresse begriffen, daft sie in wichtigen Sachen die Junta horen solle . . . Dann wann man gleich die Junta horet, so folget nit, daft man allzeit ihre vota abraciren solle; anzi ich halte vor hdchst notwendig, daft die Konigin dergleichen resolutiones immerzue fasse ad monstrandam suam autoritatem; doch horen ist allzeit guet, absondcrlich ad evi- tanda odia/ 6 Auf das entschiedenste hat Leopold in jener Zeit jeden Eingriff fremder Fursten oder ihrer Minister in seine Recht- und Machtsph&re zurtickgewiesen. Wenn bis in die neueste Zeit herauf die Behauptung von dem ausschlag-

1 Leopold an Patting, 7. Nov. 1668. » Leopold an POtting, 3. Dez. 1670. * Vgl. z. B. Leopold an Potting, 21. Juli 1665. ,Das ist wahr, daC der

Kaiser oft mit Gonzaga redt und unterschiedliche negotia couferirt.

Warum? Weilen Gonzaga ein ehrlicher Mann und treuer Diener unse-

res Hauses ist.* 4 Vgl. z. B. Leopold an Potting, 13. Miirz 1660. 8 Leopold an Patting, 21. Okt. 1671. 6 Leopold an Patting, 9. Mai 1668.

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gebcnden Einflusse der Spanier auf die Entscheidungen Leo- pold I. wiederholt worden ist; so wird die Lektlire des nach- folgenden Briefwechscls auch diejenigen von der Haltlosigkeit ihrer Meinung ttberzeugen, denen die bisher beigebrachten Be- weise * nicht genligend erschienen sind. Als Castel-Rodrigo sich Potting gegentiber rtthmte, daB er zur Zeit Ferdinand III. dadurch sich EinfluC am Wiener Hofe zu verschaffen gewufit habe, daB er seinen Kreaturen zu Stellen im kaiserlichen Dienste verhalf, antwortete Leopold: ,Ich wollte es einem Gesandten nit rathen, daB er mit mir thun sollte, was Castel- Rodrigo niit mein Vatern gethan hat; ich sage, wir wttrden seltsame encuentros (ZusammenstftBe) htfren.'2 In der Tat hat Leopold weder den Vertretern Spaniens an seinem Hofe, noch der Umgebung seiner spanischen Gemahlin bedeutenden Ein- fluB auf politische EntschlieBungen gestattet. s Insbesondere der Marques Castellar, dessen hochmUtiges Auftreten Leo- pold verletzte, muBte sich manche Zuriicksetzung gefallen lassen und versuchte vergebens bestimmend auf die Entschlie- Bungen des Kaisers einzuwirken. Ebensowenig wollte sich Leopold eine Beeinflussung seiner Entscheidungen durch die spanischen Minister gefallen lassen. Auf entsprechende Mit- teilungen seines Gesandten erwidert er: ,ich tue, was recht ist, und frag um niemand'; 4 oder: ,ich bin einmal nit schuldig, doininis Hispanis von mein actionem Rechenschaft zue geben'. 5 Jede Einmengung der Spanier in seine inneren Verhiiltnisse hat er sich auf das deutlichste verbeten. Als man sich in Madrid mit seinem Vorgehen gegen Auersperg unzufrieden zeigte, meinte er: ,Ich habe meine Ursachen gehabt, also und nit anderst zue verfahren ; allein diese Sachen lassen sich nicht Uber Land schreiben und ich glaube, man habe auch nit viel herausgeschrieben, warum man den Conde Duque (Olivarez)

1 Vgl. insbesonders Pribram, Lisola 266 u. a. O.

* Leopold an Patting, 1. Aug. 1670.

8 Auch in Privatangelegenheiten verstand Leopold den spanischen Ein- fluC zurtickzuwei8en. Vgl. z. B. die charakteristische Bemerkung Leo- polds in seinem Schreiben an Potting vom 9. Dez. 1666: ,dio Spanier wollen alles auf Spaniscb gebalten baben und das will mir gar nicht in Kopf gehen4; ebenso 10. Dez. 1666.

4 Leopold an Putting, 22. Mai 1669.

8 Leopold an Potting, 14. Marz 1668; Hhnlich 11. April 1668.

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eben also abgeschafft hat/ * Und als die spanischen Minister die Entlassung des Flirsten Lobkowitz forderten, weil er eine Spanien feindliche Politik vertrete, da wies Leopold nicht nur diese Zumutung energisch zuriick, sondern er schrieb Potting: ,Gleichwie ich mich in die alldasige ministros nicht mischete, so wollte ich doch nit hoffen, dass man sich von daraus in mein Ministerium mischen wUrde.'2

Gerade in seinem Verhalten diesen beiden Ministern gegen- tiber zeigt sich die Selbst&ndigkeit des Kaisers im hellsten Lichte. Viel frtther, als man allgemein angenommen, hat Leopold die schweren Charakterfehler Auerspergs erkannt und den EntschluC gefasst, sich seiner zu geeigneter Zeit zu entledigen. Schon zu Beginn des Jahres 1665 weifi er von ,Schelmenstttcken' Auers- pergs zu berichten, die man ihm nicht angehen lassen diirfe;3 bald darauf charakterisiert er Auersperg als einen Mann, ,der alle gern diskreditiren mtfchte, ut videatur solus omnia facere';4 er verweigert ihm die Stelle eines Obersthofmeisters der jungen Kaiserin und meint, ,a suo tempore wird alles remedirt werden/ 5 Allein er l&Bt sich zur Entlassung Auerspergs nicht zwingen, so lange er ihn halten will, weil er seine Tlichtigkeit und Ge- schaftskenntnis zu sch&tzen weiC. Als die Feinde Auerspergs iiber das Vertrauen klagten, das Leopold ihm zeigte, meinte dieser: ,Wann ich mit Auersperg nur ein Wort rede, so ist gleich Feuer in Dach und sagen alle, dieser seie wie der Halm in Korb. Es seie ihm aber, wie ihm wolle, so wird ihme der Kaiser das Maul nit binden lassen, dass er nit mit ein jeden rede, so ihm beliebt.'6 Im Sommer 1668, als Lobkowitz gegen Auersperg intriguierte, schreibt der Kaiser: ,Ich bediene mich des einen so viel als des andern und bin neutral inter mcos proprios ministros/7

Noch im Mai 1669 will er an einen Verrat des Auers- perg — wie ihn die Spanier behaupten nicht glauben ; aber er schreibt: ,Sollete ich aber ein Prob haben, dass ein Minister

1 Leopold an Patting, 12. Febr. 1670.

8 Leopold an Potting, 16. Nov. 1672.

8 Vgl. Leopold an Pitting, 7. Jan. 1665, I. 97/98.

4 Leopold an Pitting, 21. Juli 1665, I. 143/44.

6 Leopold an Potting, 5. Aug. 1665; ahnlich 27. Okt. 1665. 0 Leopold an Pitting, 27. Sept. 1666.

7 Leopold an Potting, 20. Juni 1668.

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XXVI

ein Schelm seie, so wiirde sein Kopf bald zuc Boden liegen/1 Und so wie er den Beweis fiir die Schlechtigkeit des Fiirsten in Hiinden hatte, lieC er ihn fallen. Vielen erschien das Vor- gehen des Kaisers Ubereilt; sie wuCten nicht, wie lange er sich mit diesem Gedanken getragen. ,In summa/ schrieb er Pot- ting, ,ich habe nit ein, sondern viel Jahr an dieser Resolution gekocht, bis sie vvohl zeitig worden.' 8 Man sieht, er ftihlt die Schwere der Verantwortung, aber er nimmt sie ruhig auf sich. Jeder Versuch, der seitdem von Auersperg zur Wiederein- setzung in seine fruheren Amter unternommen wurde, blieb vergeblich ; Auersperg war ftir Leopold, wie er Patting schreibt, ,moraliter tot'. 3

Und genau dasselbe Schauspiel wiederholte sich bei Lob- kowitz. Leopold hat sich durch die vielfachen Verdachtigungen, die seitens der Spanier gegen diesen Minister erhoben wurden, nicht irre machen lassen; er betonte Ende des Jahres 1670, es sei ftir Lobkowitz hart, daC dies geschehe, ,ich weiss aber, dass er ein treuer Diener des Kaisers und unseres Hauses ist; also kann es Potting allda wohl vermelden, wie auch, daC der Kaiser anjezo die meiste Confidenz zue Lobkowitz hat', 4 und im April 1673, als Lobkowitz seiner franzosenfreundlichen Politik wegen von den Spaniern verfolgt wurde, nahin Leopold ihn in Schutz und auCerte sich, man habe beobachtet, ,dass allzeit alle diejenige ministri, so sich nit quasi a bocchetta von Hispanis regieren lassen und alles pure ad suum nutuni gethan, allzeit sein pro suspectis gehalten worden; kunnten auch dessen wohl einige exempla beigebracht werden; und hat nit Lob- kowitz die Schuld, sondern ich und alle die andern ministri'. Aber auch diesmal findet sich der Nachsatz: ,Sollte aber ja heut oder morgen sich was wider Lobkowitz zeigen (so ich wohl mir nit einbilden kann), so ist des Auersperg Exempel noch gar frisch und wiirde bald konnen auch in Lobkowitz renovirt, auch vielleicht wohl gescharft werden.' 5 SchlieClich sei in diesem Zusammenhange darauf hingewiesen, daB sich

1 Leopold an Potting, 22. Mai 1669.

2 Leopold an Potting, 12. Marz 1670. 8 Leopold an PMting, 11. Febr. 1671. * Leopold an Patting, 19. Nov. 1670.

5 Leopold an Patting, 20. April 1673; ahnlich auch am 2. Nov. 1672, 9. Aug., 2. Nov. 1673.

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XXVII

audi fiir die oft betonte allzugroBe Abhangigkeit Leopold I. vom geistlichen Rate, zumal von den Jesuiten, keine Beweise in dem vorliegenden Briefwechsel ergeben haben. Der maC- gebendste unter seinen geistlichen Beratern jener Zeit, Em- merich Sinelli, war Kapuziner und ein Feind der Jesuiten und auch sein EinfluC diirfte nicht so groC gewesen sein, als man anzunehmen gewohnt ist. Jedenfalls ist es bezeichnend, daC der Kaiser bei der Besetzung der Beichtvaterstelle fUr seine Gattin, die einem Jesuiten zufallen muBte, ausdrlicklich betonte, er sei ftir Simon Garcia eingenommen, ,dann diesen kennen wir, dass er ein frummer Religios ist ; ein ander mflchte sich in alles einmischen wollen, so nit allzeit rathsam ist'. *

Wie fur die Selbstandigkeit des Kaisers liefern die nach- folgenden Briefe auch ein reichhaltiges Material zur Beurtei- lung seiner geistigen Gaben. Man wird dieselben wohl etwas hoher einsch&tzen kOnnen, als dies gewtfhnlich geschieht. Das Wort geistreich wllrde auf ihn nicht passen, aber ebensowenig wird man ihn ,geistig schwach begabt' nennen konnen. * Pufen- dorf trifft wohl das Richtige, wenn er ihn als einen von Gott mit guten, gesunden Verstandesgaben gezierten Herrn be- zeichnet. 3

Er gehfJrte nicht zu den en, die mit einem Blicke den Charakter eines Menschen oder eine Situation zu erfassen wissen ; allin&hlich erst erschloB sich ihm das Wesen einer Per- stfnlichkeit, erst nach reiflicher Erw&gung vermochte er in den Kern der Dinge einzudringen. Allein er kannte seine Art und hutete sich, vorschnell liber Personen zu urteilen odcr wichtige Entschliisse rasch zu fassen. Er urteilte bedachtig ttber die Menschen, mit denen ihn seine Stellung oder der Zu- fall zusammenfUhrte, aber seine Urteile waren scharf und mcist richtig; er entschied sich schwer, aber er hielt an seinen Eut- schllissen mit groCer Zahigkeit fest. Wer die Briefe Leopolds an Potting liest, wird Gelegenheit haben, sich von der Rich- tigkeit dieser Behauptung zu tiberzeugen; er wird auch er- kennen, wie unvoreingenommen der Kaiser an die Beurteilung der Menschen und Dinge herangetreten ist. Leopold hatte

1 Leopold an Potting, 1. Juli 1671; Shnlich auch schon friiher; Leopold

an Patting, 17. Sept. 1664. 1 Kronefl, Grundrifi 684. 8 Pufendorf 1. c. 58.

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XXVIII

ausgesprochene Syinpathien und Antipathicn, aber er lieB sich durch dieselben nicht beeinflussen; er schatzte die geistige Be- deutung eines Penaranda, ,dann die Wahrheit ist, dass er der- jenige ist, so am meisten aus alien de statu politico monarchiae expert ist', * obgleich er ihn haBte und sich gelegentlich zu dcm Ausspruche verstieg: ,War er damals (auf der Reise nach Frankfurt, wo Penaranda, um sich gegen die groBe Kalte zu schlitzen, sich in einen ,pelznen Sack' hatte einntihen lassen) nur crepirt, war kein groBer Schad nit gwest/* und er dachte nicht hoch von der geistigen Bcgabung Carlingfords, obwohl derselbe ihm ausnehmend gefiel. 3 Er liebte die Lambergs, Dietrichsteins, Pottings, Lambecks gerade, weil sie nicht zu ,pfeilfindig* waren, aber er suchte doch in entscheidenden Fragen den Rat der Auersperg und Lobkowitz und hielt sie in seinem Dienste fest, so lange er sie nicht entbehrcn zu k5nnen glaubte. Wie scharf sein Blick ftir die Schwachen und Fehler der Spanier war, zeigt fast jede Seite der vor- liegenden Publikation: ,Ich schame inich oft vor die Spanier, dass sie so gar nit thun, was sie thun sollen/ schreibt er einmal. 4 Er war durch Bandc des Blutes, der Liebe und des Interesses mit dem spanischen Herrscherhause verknlipft und hn Herzen ein Freund des spanischen Volkes, aber er beurteilte hart und abfallig die hoheren St&ndc, denen er Faulheit, 5 Hochmut, 6 Verschwendung 7 und Selbstsucht8 vorwarf. Von den spani- schen Arzten meinte er, ,dass sie eher die halbe Welt sterben lieBen, ehe sie ihre niethodum curirten oder ein andern in etwas nachgiiben', 9 von den hohen Beamten, daB sie sich auf unrechtniaBige Weise auf Kosten der Monarchic bereichern: ,Sie wird arm und ihr filii reich und einer mit dem andern

1 Leopold an Potting, 18. Juni 1670.

2 Leopold an Putting, 31. Dez. 1667. 8 Leopold an Putting, 20. Jan. 1666. 4 Leopold an Putting, 20. Mai 1671.

6 Vgl. z. B. Leopold an Putting 10. Sept., 8. Dez. 1667 u. a. O.

0 Vgl. z. B. Leopold, 13. Aug. 1670, 26. Febr. 1671, 9. Aug. 1673.

7 Leopold an Putting, 9. Marz, 18. Okt. 1672.

8 Leopold an Putting, 6. Sept. 1673.

9 Leopold an Putting, 15. April 1665; vgl. auch den ahnlichen Ausspruch iin Schreiben vom 7. Januar 1665; auch Putting hatto cine schlechte Meinung von der Kunst der spanischen Arzte; vgl. sein Schreiben vom 8. Okt. und 4. Dez. 1664, I. 87 und 99.

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XXIX

wird sodann zue Grund gehen/1 von den leitenden Politikern aber, daC sie nur ihr und nicht das allgemeine Interesse ira Auge batten, den Kaiser nur in einen Krieg mit Frankreich hineinhetzen und dann im Stiche lassen wollten. 2

Die Haltung, die Leopold in der spanischen Frage be- obachtete, spricht Ubrigens auch fur seine diplomatische Be- gabung. Die Situation war eine HuBerst schwierige und die Gefahr eines FehlgrifFes groB. Die Mehrzahl der spanischen Minister, dem Kaiser feindlich gesinnt, suchte ihn beim Volke zu diskreditieren und den Beweis dafiir zu erbringen, daC die Koniginregentin die Schwester Leopold I. osterreichische und nicht spanische Politik treibe, w&hrend Maria Anna und die Partei des Kaisers an ihrem Hofe von diesem ununter- brochen eine weitreichende Einmengung in die intimsten spa- nischen Angelegenheiten forderte. DaC er sich zu einer solchen nicht verstehen wollte und aus seiner zuriickhaltenden Stellung nicht heraustrat, wird man wohl als einen Beweis dafiir an- sehen dttrfen, daC er Potting und der Mehrzahl der spanischen Minister an staatsm&nnischer Klugheit uberlegen war. ,Ich besorge/ schreibt er einmal seinera Gesandten, als dieser ihn zu einer scharfen Erklarung reizte, ,die Sch&rfe, wlirde leicht so viel schaden als nlitzen und vielleicht sein etliche lose Spanier, so auf nix warten als ein Occasion zu haben, alles liber und liber zu werfen.'3 Und kurz nach dem Tode Phi- lipp IV. meinte er: ,Freilich muC die Konigin um die Sachen sich annehraen; allein mlissen wir uns nit gar zu viel darin mischen; dann sonsten werden wir nur weniger richten/4 Auf die wiederholten Bitten Pottings aber, durch sein Eingreifen zur Besserung der spanischen Finanzlage beizutragen, erwiderte Leopold sehr richtig, er vermoge es nicht, aus der Ferae eine so schwierige Angelegenheit zu beurteilen, er kOnne nicht ein- mal in seine Finanzen Ordnung bringen;6 ,und wann es auch

1 Leopold an Potting, 16. Juli 1672.

* Leopold an Pitting, 19. Nov. 1670, 29. Juli 1671, u. a. O.

* Leopold an Potting, 21. Januar 1665; doch hat er wiederholt im Sinno einer energischen Teilnahme der KOnigingattin und apHteren Konigin- witwe an den StaatsgeschSften gewirkt; nur wollte er dies mttgliclist vorsichtig tun; vgl. z. B. die charakteristische Bemerkung in seinein Schreiben vom 24. Jnni 1665.

4 Leopold an Potting, 27. Okt. 1665.

5 Leopold an Potting, 26. Febr. 1671.

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XXX

der Kaiser that (d. h. sich einmengen wtirde), wie bald wttrden sie (die Spanier) sagen, ne sutor ultra crepidam'. *

Auch der nicht nur fiir Spanien, sondern auch ftir Oster- reich bedeutungsvollen Erhebung Don Juans gegeniiber hat der Kaiser eine seiner Wiirde und seinem Interesse entspre- chende Haltung beobachtet. 2 Die Ratschlftge, die er in dieser Angelegenheit seiner Schwester gab, waren weise und zeigen, daC Leopold die wichtigste Eigenschaft eines Staatsraannes, den Blick ftir das Mtfgliche, Durchfiihrbare, besessen hat. Es war wohl wirklich das Verniinftigste, was Maria Anna tun konnte, wenn sie dem Rate Leopolds folgte und ,sich so viel mttglich nit separirt de los consejos; dann durch dies ent- schlieft die KCnigin das odium und hat espaldas seguras'. 8

Sehr bed&chtig im Urteile und vorsichtig in seiner Hand- lungsweise zeigte sich Leopold auch, als seine Schwester ihn um UnterstUtzung bei der Kreierung des Hofstaates fiir den jungen Konig bat.4 Die Bedeutung der Sache lieC es ihm rfttlich erscheinen, alles, was in seiner Macht stand, fiir eine richtige Wahl zu tun; allein auch in diesem Falle wollte er unliebsamen Bemerkungen der Spanier aus dem Wege gehen. Er schlagt fiir den Obersthofmeisterposten eine ihm geeignet erscheinende Personlichkeit vor, aber er besteht nicht auf der- selben, sobald sich ein Widerspruch geltend macht; er betont nur, ,daC es einmal die principal qualitas sein mttsse, ut sit integer vitae scelerisque purus ; dann von diesem dependirt des Konigs educatio et salus universalis; alle andere respectus mu8 man aus der Acht lassen/6

Uber die vortrefflichen Eigenschaften Leopold I. als Gatte hat eine Meinungsverschiedenheit nie bestanden; die nachfol- genden Blatter legen beredtes Zeugnis ab von der zartlichen Fiirsorge, mit der er seine spanische Gattin umgab. 6 Auch

1 Leopold an Potting, 30. Doz. 1671; ahnlich 6. Mai 1671.

2 Vgl. z. B. Leopold an Potting, 6. Dez. 1668, 2. Januar 1669; auch Kap. V der Einleitung.

3 Leopold an Pitting, 6. Dez. 1668; vgl. auch Leopold an Pitting, 31. MRrz, 13. April 1667, 2. Aug., 10. Okt. 1668, 27. Marz 1669.

4 Leopold an Potting, 24. Sept, 17. Dez. 1670; 11., 25. Fcbr., 8., 22. April, 17. Juni, 1., 15. Juli, 7. Okt., 4., 17. Nov., 30. Dez. 1671; 27. Januar, 9. Marz 1672.

5 Leopold an Potting, 17. Nov. 1671.

* Vgl. auch weiter unten Kap. Ill der Einleitung.

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XXXI

seiner Schwester, der Ktfnigin von Spanien, war er in treuer Liebe zugetan und gab ihr immer wieder Beweise seiner Ver- ehrung und Achtung. 1 Eine wahrhaft v&terliche Neigung empfand er fur seinen Neffen Karl II.2 Fur dieselbe spricht nicht so sehr das Interesse, das er der kflrperlichen Entwick- lung des schwftchlich veranlagten Knaben entgegenbrachte; denn auch politisehe Erw&gungen lieCen ihn fur das Leben Karl II. zittern, dessen Tod unendliche Wirren und lang- wierige Kriege fUr Europa heraufbeschwOren konnte. Aber nur wirkliche Liebe erkl&rt das rege Interesse des Kaisers an der geistigen Entwicklung des jungen KOnigs, seine Sorge um dessen Erziehung, 8 seine Freude Uber jedes gelungene Wort, 4 jede tapfere Tat Karl II.,5 von der Pitting zu berichten weiC, seine Trauer, wenn er von dem geringen FleiCe, von dera eigenwilligen, ztigellosen Wesen seines Neffen hOrt. G

Ganz selbstlos war freilich auch dieses Interesse nicht, denn Leopold dachte alien Ernstes daran, den jungen Konig von Spanien, der sein Neffe und Sch wager war, durch noch nilhere Bande an sich zu fesseln, ihn mit seiner Tochter Maria Antonia der sp&teren KurfUrstin von Bayern und Erbin des spanischen Reiches zu verm&hlen, um auf diesera Wege die Interessen der deutschen Linie des Hauses Habsburg bei der eventuellen Erledigung des spanischen Thrones zu wahren. 7

Dafi Leopold ein begeisterter Verehrer der Kttnste und Wissenschaften war, haben schon seine Zeitgenossen rtihmend hervorgehoben und die neuere Forschung hat dieses Urteil nur

1 Vgl. Leopold an Potting, 18. Januar 1668, 25. Febr. 1672, 19. Okt. 1673

u. a. O. 8 Leopold an Potting, 9. Dez. 1665 u. a. O. 8 Leopold an Potting, 11. Febr. 1671, 14. Dez. 1672. * Leopold an Potting, 17. Dez. 1667.

5 Leopold an Potting, 29. Juni 1673.

6 Leopold an Potting, 28. Jan. 1671 u. a. O.

7 Die entscheidende Stelle ftir den Ernst dieaer Absicht ist wohl die in dem Schreiben Leopold I. vom 22. Marz 1672, wo Leopold die Mittei- Inng vom Todc Maria Theresias, der Tochter Ludwig XIV. und Maria Theresiaa von Spanien, mit den Worten begleitet: ,Also kann man meiner Tochter nit so vicl in Weg legen, dass sie nit dem KOnig in Spanien znetheil werde; quod faxit Deus.' DaC Geriichte von einer be- absichtigten VermHhlung dieser franzOsischen Prinzessin mit Karl II. den Kaiser beunruhigten, beweisen seine Worte im Schreiben vom ll.Marz 1671. P. Sc.

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XXXII

bestatigcn konnen. Auch der vorliegende Briefwechsel enthalt zahlreiche Bemcrkungen, die von diesem regen Interesse Zeug- nis geben. Von Dramen- und Opernauffuhrungen ist oft die Rede; besonders gute Vorstellungen werden eingehend ertfrtert, die Theaterstlicke und Operntexte den spanischen Verwandten iiberschickt und dafiir die Ubersendung der am spanischen Hofe aufgefuhrten Dramen und Opern gefordert. Wie groC die Leidenschaft Leopold I. fur das Theater war, wird man am besten daraus ersehen, daC er, ein Mann der Etikette, sich aus Neigung fur die Biihne verleiten lieC, in Innsbruck zur Zeit, da er tiefe Trauer um Philipp IV. trug, einer Opern- auffiihrung beizuwohnen. Was er zur Entschuldigung dieses Vergehens sagt, ist ftir ihn so charakteristisch, daC seine Worte hier Platz finden mOgen: ,Weil nUmlich die St&nde mit Saufen und Fressen lustig sich gemacht, habe ich mich auch in etwas divertiren wollen; habe also das allda in Inns- bruck sich befindende theatrum besichtiget. Weilen aber die musici ein opera fertig gehabt (et ut verum fatear ita dispo- nente serenissima Anna), * so habe ich selben Abend selbiger beigewohnt; doch quasi all incognito, und hatten keine Leut sollen dabei sein; es haben sich aber viel dazue gestohlen/2 Aber nicht bloC M&cen und Freund der Kttnste und der Kiinstler3 war der Kaiser; er hat sich selbst als Dichter und Komponist versucht und wenngleich seine Gedichte nur Form- talent zeigen,4 wenngleich auch seine Kompositionen die nach dem Urteile maCgebender Personen von Begabung Zeug- nis ablegen6 nicht zu den hervorragenden ziihlen, so be- weisen sie, wie ernst der Herrscher die Kunst nahm und wie ehrlich er sich bestrebte, zu einem tieferen Verstiindnis der- selben zu gelangen.

1 Erzherzogin Anna von Tirol, die Mutter der zweiten Gemahlin Leo- pold I., Claudia Felicitas.

* Leopold an POtting, 27. Okt. 1665; vgl. auch die charakteristische Stclle in dem Schreiben vom 27. Sept. 1666.

3 Vgl. sein Schreiben vom 25. Okt. 1664 und 9. Juli 1665 u. a. O.

4 Die Zahl der von Leopold verfaBten Gedichte muB einc recht groBe sein; eino Sammlung derselben vielo sind zerstreut gedruckt, vielo •befinden sich handschriftlich in der Hofbibliothek ware nicht ohne Interesse.

5 Vgl. Adler G., Einleitung zur Ausgabe der Kompositionen der Kaiser Ferdinand III., Leopold I., Josef I., IX ff.

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XXXIII

Ganz besonders reich ist tier vorliegende Briefwechsel an Mitteilungen, die zur Charaktcristik Leopold I. als BUcher- freund dienen. Er hat sich mit Stolz zu dieser Neigung bekannt und die Unermttdlichkeit, mit der er seinem Freunde in Spa- nien die Beschaffung interessanter Blicher ans Herz legt,1 der Jubel, mit dem er den Empfang wertvoller Schriften best&tigt, die Trauer, die ihn erftillt, wenn seine Mittel ihm den Ankauf eines gewlinschten Werkes nicht gestatten,2 sprechen in gleich hohem MaCe fur die Berechtigung seines Ausspruches, da8 er ein groCer Liebhaber der Blicher sei. 3 Und wer verm5chte die Worte zu lesen, mit denen Leopold die Nachricht von dem Brande der Escorialbibliothek beantwortet, ohne die Empfindung zu haben, dafi hier ein aufrichtiger Verehrer der Wissenschaft spricht. ,Wie leid ist mir um das abgebrunnene Escurial; und halt ich es selbst vor kein kleines Ungluck ; aber ach ! um nix ist mir leider als um die manuscritta, dann sein die verloren, so konnen sie durch kein Geld erstattet werden/4

Daftir aber, daB Leopold I. nicht nur ein Blicherlieb- haber war, daC er seltene Blicher und Handschriften nicht nur sch&tzte und kaufte, sondern sie auch las und ihren In- halt sich zu eigen zu machen bestrebt war, dafur hat uns bereits vor lingerer Zeit die glUckliche Verwertung des uns erhaltenen Briefwechsels des Kaisers mit seinem Bibliothekar, dem gelehrten P. Lambeck, vollgtiltige Beweise erbracht. 5 Der vorliegende Briefwechsel wird aber dazu beitragen, unsere An- sicht von der umfassenden und tiefen Bildung Leopolds, der Frucht einer vorurteilslosen Benlitzung von Bttchern verschic- denster Richtung auf alien Gebieten des Wissens, zu bekr&f- tigen und die Ansicht derer zu sttitzen, die Leopold als cincn der gebildetsten Flirsten seiner Zeit bezeichnet haben. 6

1 Qanz besonders sei hier auf die Erwerbung der Bibliothek Cabregas

aufraerksara gemacht, zu der Leopold selbst (Scbreiben an Pitting,

30. Nov. 1669) die Anregung gegeben hat. 8 Vgl. z. B. Leopold an Patting, 17. Dez. 1670. Ebenso groC ist seine

Trauer, wenn er andere Kunstwerke nicht kaufen kann; vgl. z. B. das

Schreiben vom 3. Okt. 1663. 8 Leopold an Potting, 30. Nov. 1669. 4 Leopold an Potting, 16. Jnli 1671.

B Karajan, Kaiser Leopold I. nnd Peter Lambeck, 1868, p. 8. 6 Karajan, 1. c. p. 9. Fontes, II. AM. Bd. LV1 c

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XXXIV

Franz Eusebius Graf Pitting entstammte einem alten Osterreichischen Adelsgeschlechte, dessen Stammburg bei Mur- statten lag. l Alban von Patting wurdc von Karl IV. zum Reichsritter gescblagen; Urban von Pitting, Hofkriegsrat und K&mmerer, wurde 1605 in den Freiherren-, 1637 in den Grafen- stand erhoben. Die immer wiederholte Behauptung, daB Franz Eusebius ein Jugendgespiele Leopold I. gewesen sei und die- sem Umstande des Kaisers Liebe und seine rasche Carri&re zu danken habe, 2 entbehrt jeder Begrundung, da Potting ira Jahre 1627 8 als Sohn des Grafen Friedrich und der Gr&fin Elisabeth Kunigunde, geb. Sternberg Leopold I. am 9. Juni 1640 geboren war. Petting wurde im Jahre 1647 Appellations- rat und Landrechtsbeisitzer in Prag,4 Mai 1649 deutsch-bflhmi- scher Vizekanzler B und Kammerherr. Er heiratete 1650 Maria Margareta Ltfbel, die Tochter des Obersten Hans Leonhard La- bel, Freiherrn von Grttnberg, die ihm als Mitgift die Herrschaft Ruraburg raitbrachte. 6 Im Jahre 1652 nahm er fiir sich Und die ganze Familie Potting des Indigenat in Bohmen, 1655

1 0ber die Familie Pitting vgl. Kneschke, Adelslexikon VII, 198 f und desselben Verfassers Deutsche GrafenhRuser II, 212, sowie die im ersten Werke verzeichnete Literatur, die aber sehr ungeniigend ist.

* Aueh Heigel, 1. c. 119 betont, vermutlich nach Wolf, Lobkowitz 218, daB Potting der Jugendgespiele Leopold I. war, obwohl er p. 118, Anm. 1, die Ernennung POttings zum btthmischen Vizekanzler im Jahre 1649 er- wShnt.

8 Mitteilung der Familie Potting nach der Familienchronik.

4 Potting legto am 21. Jan. 1647 den Eid als Rat des Prager Appellations- gerichtes ab. Prager Statth.-Archiv.

6 Prager Statth.-Archiv. Vgl. die Akten des Hofkammerarchivs, wo er 1649 als deutsch-bOhmischer Vizekanzler zum schlesischen Fiirstentag depu- tiert wird.

0 Vgl. Lahmer R., Geschichte der Stadt Rumburg, wo auch zahlreiche Notizen fiber seine Tiitigkeit als Bcsitzer von Rumburg zu linden sind, p. 63 if.; sein Titel lautet 1667, p. 65: Franz Eusebius, des heil. rimi. Reich 08 Graf von Potting, Freiherr von Obcrfalkenstein, Herr von GroB- kirchheim, Rumburg, Warnsdorf, Nieder-Leutensdorf und Miltschin, wirk- licher Kam merer, Landrechtsbeisitzer, deutsch-bOhmischer Vizekanzler etc. Auf dem Deckel des zweiten Bandes des uns erhaltenen Brief wechsels mit Leopold lautet sein Titel: D. Fr. Eus. Cde. de Poetting y Persiug, Baron de Oberfalkenstein, Castellan hereditario en Lienz, Gran Senescal de la corte, Gentilhombre de la camara, Consejero intimo di S. M., Su- feudatario por el Tyrol, Carniola y Carinthia, Caballero de la insigne orden del toison d'or, Seflor en Wagram, Militsch etc.

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XXXV

wurde er als Reichsgraf bestiitigt, 1660 wurde er geheimer Rat, 1662 von Leopold als Nachfolger des Grafen Lamberg fur den Gesandtschaftsposten in Madrid ausersehen. Er langte zu Beginn des Jahrcs 1663 * dortselbst an, wurde noch im selben Jahre Ritter des goldenen Vlieses, * 1665 wirklicher geheimer Rat.3 Im Jahre 1667 versprach ihm Leopold die Stelle eines Obersthofmarschalls, sobald sie erledigt werden wlirde,4 und verlieh sie ihm im Jahre 1671.6 Doch konnte Potting das neue Amt erst im Jahre 1674 antreten, da er bis Ende April 1674 in Madrid verweilte. 6 Lange hat er sich seines neuen Berufes nicht freuen kdnnen, denn Ende des Jahres 1678 ist er ge- storben. 7 Er hatte sich nach dem Tode seiner ersten Ge- mahlin mit Marie Sophie Dietrichstein, einer Tochter des Fttr- sten Maximilian Dietrichstein und Schwester des FUrsten Fer- dinand Dietrichstein, des Obersthofmeisters der Kaiserin Maria Margarete, vermahlt8 und wurde durch diese Ehe, die wohl fur seine Carriere nicht ohne Nutzen geblieben ist, ein Schwager Montecuccolis, 9 ein Verwandter Lambergs. 10 Mehrere Kinder, die ihm Marie Sophie gebar,11 sind in frtthem Alter gestorben,12

1 Nach den Akten des Hofkammerarchivs, wo der 3. Jan. als Tag der An-

kunft in Madrid bezeichnet ist. 1 Leopold an Pitting, 3. Okt. 1663. Morel-Fatio, Rec. XI. 271, Anm. 4. 8 Leopold an Putting, 2. Sept. 1665.

4 Leopold an Potting, 27. April 1667.

5 Leopold an Putting, 17. Juni 1671.

8 Vgl. II, 384, Anm. Putting hatte schon Anfang 1666 um seine Ab- berufung gebeten. Leopold, 7. Febr. 1666.

7 Bereits am 26. Jan. 1679 lag der Hofkammcr ein Gesnch des Grafen Sebastian Putting, des Erben von Franz Eusebins vor, in dem dieser als uul&ngst verstorben bezeichnet wird. Hofkammerarchiv. Nach Morel - Fatio, Recuoil des Instructions XI, 271, Anm. 4, starb er im Dez. 1678.

8 Wann er diese zweite Ehe schloB, wissen wir nicht; doch wird er von Leopold bereits im Schreiben vom 6. Aug. 1664 und 21. Juli 1665 als Schwager des FUrsten von Dietrichstein bezeichnet, und da von einer Heirat Puttings in Spanien im Briefwechsel nicht die Rede ist, muB er wohl vor seiner Reise nach Spanien, also vor Ende 1662 die zweite Ehe geschlossen haben.

8 Montecuccoli war mit der Grann Margarete Dietrichstein vermahlt.

10 Lamberg war Putting, 19. Juli 1673 der Onkel von Puttings Frau.

11 Leopold an Putting, 31. Dez. 1667 und 30. Jan. 1669.

12 Vgl. die Bemerkungen Leopolds in seinen Schreiben an Putting, 11. April 1668 und 27. Febr. 1669; an den Tod der ersten Frau erinnert Leopold seinen Freund in dem Schreiben vom 14. Marz 1673.

c*

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XXXVI

so daB Franz Eusebius bei seinem Tode keine direkten Nach- kommen zuriicklieB. Zu seinem Erben hatte er, finanzieller Verpflichtungen halber, seinen Vetter Grafen Sebastian Potting eraannt, der in langwierigen Verhandlungen mit der Hofkam- mer die Ansprllche zu vertreten suchte, die Franz Eusebius seit seiner Rlickkehr aus Spanien an die 6'sterreichische Re- gierung gestellt hatte. Auf die finanzielle Misere des damali- gen Osterreich werfen diese Verhandlungen ein tiberaus grelles Licht. Die Hofkammer gestand zu, daB die Bezahlung des kaiserlichen Gesandten eine unregelm&Bige und zumal in den ersten Jahren seines spanischen Aufenthaltes eine ungenttgende gewesen sei * und Sebastian Potting, der seinem Vetter wieder- holt Geld zur Deckung der notwendigsten BedUrfhisse hatte vorstrecken mttssen, erbot sich, ,mit lebendigen Zeugen zu er- weisen, daB sein Vetter in solcher Not zu Erhaltung des notwendigen Splendors und Ir K. M. hocher Autorit&t sein Silber und wenig mitgehabte pretiosa gegen 20 pro cento habe versetzen und bei ankommener rimessa von P K. M. Hof 5fters auf eine kurze Zeit nur die Pfander zu Erhaltung des Credits auslOsen und anderwerts gleich wieder in- deme die Uberschwendige Interesse das mehriste absorbiret anticipiren und also ein Capital in Tcutschland und das andere in Hispanien von dem seinigen verinteressiren mttssen/ *

Die Witwe Po'ttings blieb in ungtinstigen Vermogensver- hftltnissen zurttck und muBte um eine Gnadengabe einkommen,

1 Nach den Berichten der Buchhalterei der Hofkammer vom Jahre 1679. Nach demselben Berichte hatte man mit Franz Eusebius 1675 Abrech- nung gepflogen und gcfunden, dafi man ihm 33.901 fl. 51 kr. schuldig sei; man hatte ihm sogleich 6000 fl. bar bezahlt und ihn mit jfthrlich 5000 Gulden beim Hofzahlamt angewiesen. Mit Sebastian POtting wurde ein Vergleich geschlossen und die ihm zugesprocheno Summe im Laufe der Jahre ausgezahlt. Er hatte in seiner Eingabe betont, daC die Ver- lassenschaft des Grafen Franz Eusebius mit mehr als 200.000 Gulden beschwert sei und dafi er seinem Vetter wKhrend der Zeit von dessen Gesandtschaft in Spanien liber 40.000 Gulden bares Geld geliehen, ferner dafi Franz Eusebius bis zu seinem Tode 6°/0 gezahlt habe und dafi er (Sebastian) fortan auch so viel werde zahlen mfissen. Hof- kammerarchiv. In der Korrespondenz Leopold I. mit Potting nchmen die ErOrterungen fiber die Dotierung Puttings einen breiten Raum ein. Vgl. auch Puttings Diarium; bes. ll.Januar 1671.

* Eingabe Seb. Pflttings vom Jahre 1679. Hofkammerarchiv.

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XXXVII

die ihr auch zugesprochen wurde. * Zwei Jahre nach dem Tode Pottings hat sie sich mit Wenzel Ferdinand Grafen von Lob- kowitz verm&hlt.

DaB die Beziehungen Leopold I. zu Potting die innigsten waren, daran werden wir festhalten konnen, wenn wir auch die Uberlieferung von der Jugendfreundschaft in das Reich der Fabel verweisen mlissen. Nicht Gewohnheit oder frilher Brauch, sondern aufrichtige Neigung hat den Kaiser bewogen, seine intimsten Gedanken dem Freunde mitzuteilen, und diese Neigung hatte ihren Ursprung wohl in einer geistigen und seelischen Wahlverwandtschaft. Ptftting war, wie Leopold sich einen Freund wlinschte: treu und glaubig, von regem Interesse fur Kunst und Wissenschaft, nicht zu gescheut und von er- probter Verschwiegenheit. Gerade diese letztere Eigenschaft, die Potting, soweit wir nach den uns vorliegenden Dokumenten zu urteilen in der Lage sind, in hohem MaCe auszeichnete, ermoglichte es dem Kaiser, sein unleugbar starkes Bedttrfnis nach Mitteilung rllckhaltslos zu befriedigen. Von wichtigen Er- eignissen, die Potting interessieren konnten, hat Leopold ihm, so weit wir sehen, nur den Abschlufi der geheimen Vertrage vom 19. Januar 1668 und 1. November 1671 mit Frankreich verschwiegen. DaB er dies tat, wird jeder, der den Iuhalt dieser Vertrlige und den Charakter Ptfttings kennt, als einen Beweis von Leopolds richtigem Blicke ftir die Eigenart der Mcnschen ansehen. Nicht MiBtrauen in die Verschwiegenheit Pottings, sondern die Furcht, daB die Mitteilung dieser Vertrage, von denen der erstere die spanischen Niederlande den Franzosen auslieferte und eine Teilung des spanischen Besitzes fur die Zukunft in Aussicht stellte, auf Potting einen niederschmettern- den, lahmenden Eindruck machen wlirde, hat Leopold zu diesem Schritte bewogen.2

1 Vgl. ihre Bittschrift vom An fang des Jahres 1679 sie lag der Hof- kammer am 2. Marz vor. Hofkammerarchiv. Sic betont in derselben, daB ihr Gatte pltftzlich gestorbon sei, so daB er kein neues Testament habe machen ktmnen, und bittet urn eine Gnadengabe. Die Buchhalterei, an die sich das Hofkammerpnisidium wendete, trat (18. Febr. 1679, Hof- kammerarchiv) fur eine Gnadengabe von 10.000 12.000 Gulden ein, welche Summe aber dem Grafen Sebaatian abgezogen werden sollte.

9 Heigel 1. c. 120 meint, Leopold habe die Nachricht von dem Abschlusse des Vertrages von 1668 nicht iiberschrieben, weil er sich filrchtete, die

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XXXVIII

Unveranderlich blieb die ganzen Jahrc hindurch die Wert- schatzung Pottings seitens des Kaisers. Immer wieder begegnen wir bei der Lekttire des nachfolgenden Briefwcchsels Versiche- rungen der unwandelbaren Neigung des Herrschers. Jede Sorge des angstlichen Potting weiC er zu zerstreuen, jedes irgendwie crfiillbare Begehren befriedigt er. Als Leopold der die Schwerfalligkeit und maBige diplomatische Begabung Pottings wohl kannte sich Ende 1664 entschloG, zur Fdrderung der Heiratsangelegenheit Franz von Lisola nach Spanien zu senden, wurde er nicht mlide zu betonen, daC Lisola eigentlich in Privatangelegenheiten nach Spanien reise und nur nebenbei einige Informationen von dort nach Wien bringen solle. * Und als Pitting, dem der lebhafte, leicht bewegliche, gewandte, phantastische Lisola von Anfang an unsympathisch war und im Laufe der Zeit durch seine Erfolge iinnier lastiger, unertrag- licher wurde, sich beim Kaiser fur dessen Abberufung eiu- setzte, 2 willfahrte Leopold, sobald es sein Interesse gestattete, dem Wunsche seines Freundes. 3 Und dieselbe Riicksicht auf die Eifersucht seines Gesandten beobachtete der Kaiser auch in der Folge, so oft die Verhaltnisse ihn zur Absendung eines auBerordentlichen Gesandten notigten. Die Mitteilung von der Mission des Grafen Franz Lamberg, der die Geburt eines Sohnes anzukttndigen hatte, begleitet Leopold mit den Worten : ,In negotiis ist ihm nit ein Haar mitgeben worden';4 die Mis- sion des Marques Grana aber, die politische Bedeutung hatte, teilte er seineni standigen Vertreter mit dem Bemerken mit, ,dafi er expressen Befehl habe ganz und gar von Euch zue dependiren und Eur consiliis zu folgen; wird er auch gewiC thun* und fugt Uberdies die bezeichnenden Worte hinzu : ,Und

Franzosen kOnnten den Brief abfangen; allein um diese Tatsaehc in Madrid mitzuteilcn, bedurften die Franzoseu nicht erst eines kaiserlichen Bricfes; sie kannten sie ja ohnehin.

1 Leopold an Potting, 10. Dez. 1664 u. a. O.

2 Vgl. insb. das Schreiben Pottings vom 14. Jan. 1666, I. 207, Anm. 1, wo Pitting seine oder Lisolas Abberufung forderte; vom 11. Miirz 1666, I. 216 u. a. O., sowie die Mitteilungen in den Memoiren des Grafen Chavaguac 242 flf. und in den Berichten des modenesisehen Gesaudten Perellio. Rev. d'hist. dipl. III. 556.

8 Leopold an Pitting, 6. Juli 1666. 4 Leopold an Potting, 28. Sept. 1667.

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XXXIX

weilen ich mir wohl einbilden kann (ex moderno cursu mundi et aularum), dass nit Leute manglen werden, so Euch werden Miicken machen wollen iibcr diese Mission, also versicher Euch gnadigst, dass diese Abschickung nit geschieht aus einigem Misstrauen in Euro Person, sondern nur por fineza und aus Noth; dass wir doch einnial wissen, woran wir sein. Und dainit Ihr diese meine Intention mehrers verspiiren k9nnet, so hat er Grana in Befehl, instantissime sein Abfertigung zu sollicitiren und damit heimzureisen.' 1

Sieht sich der Kaiser genotigt, Potting ob einer Handlung oder einer Unterlassung zu tadeln, so tut er dies in der denk- bar mildesten Form;2 man merkt es seinen Worten an, wie eifrig er bestrebt ist, das empfindliche Gemlit seines Freundes zu schonen, und beklagt sich dieser trotzdem Uber ein hartes Urtcil, Uber einen leisen Vorwurf des Kaisers,3 so wird dieser nie mtide, ihn zu trosten und seiner fortdauernden unwandel- baren Treue zu versichern.4 ,Mein Graf/ so lautet eine der- artige Stelle, ,macht Euch ganz kein Sorgen, dann ich bin gar wohl mit Eur FleiB zufrieden, erkenne Eure Dienst, werde auch wirklich selbe effective erkennen und glaubt fest und sicher, dass das Refran „Aus den Augen, aus dem Sinn," bei mir ganz nit statthat, es mtfgen andere sagen und schreiben, was sie wollen. Fahrt also fort, brichtet alles fein fleissig, cul- tivirt selbige ministros in plurali et in singulari und seid ver- sichert, dass ich Euch niemals verlassen werde/5

1 Leopold an Potting, 2. Febr. 1668.

* Vgl. z. B. Leopold an Potting, 21. Nov. 1668, 10. und 24. April und 8. Mai 1669.

8 POtting an Leopold, 29. Juli 1665, I. 157, Anm. 1 u. a. O.

4 Vgl. z. B. Leopold an Potting, 2. Sept. 1665, 30. Jan. 1669, 22. Okt., 19. Nov. 1670.

6 Leopold an Potting, 6. Jan. 1667. Charakteristisek ist, daC Leopold eigeut- lich etwas ungehalten Uber die ewigen Klageu seines Ministers ist (vgl. sein Schreiben an die Schwester Euphrosyne, POttings Verwandte, II. 32/33), diesem Unmute aber in seinen Schreiben an Potting durch- aufl nicht Ausdruck verleiht. Bemerkenswert ist die Scharfe, uiit der Leopold ans finanziellen Griinden auf der Abreise POttings bestand, so- bald sein Nachfolgcr llarrach in Madrid angelangt war. Leopold an Pitting, 19. Okt. 1673, 2. Nov. 1673, insb. 14. Dez. 1673 u. a. O.; aber er fiigt auch hier die Potting ehrende Bemerkung bei, er benOtige ihn an seinem Hofe, 26. Juli 1673.

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XL

Von groBer geistiger Begabung wird man bei Potting wohl nicht sprechen kCnnen, l weder seine Berichte noch seine Taten zeigen eine solche. Seine Relationen sind im allgemei- nen verlaClich, nur selten sieht er sich genotigt zu wideiTufen, was er gemeldet, sie enthalten eine Flille schatzbarer Mittei- lungen, aber sie entbehren jedes grOOeren Interesses und zeigen, daC Potting der Blick fiir das Entscheidende ebenso mangelte wie die Kunst der Darstellung. Man halte die Briefe Lisolas und Pottings, die einige Zeit hindurch ttber dieselben Perso- nen und Ereignisse berichteten, nebeneinander und man wird mtihelos den pflichteifrigen, mittelmaBigen Kopf von dem genial veranlagten Manne unterscheiden. Und ebensowenig verraten die Handlungen Puttings die fiir jene schwierigen Verhaltnisse unerlaBliche Energie und diplomatische Gewandtheit, die seinen Rivalen ausgezeichnet haben. Potting hat sich Verdienste um das Zustandekommen der Heirat Leopold I. mit Maria Marga- rete erworben und die Zahigkeit, mit der er die Interessen des Kaisers unter unglinstigen Verhaltnissen in Spanien vertrat, verdient riickhaltlose Anerkennung. Allein unzweifelhaft ist, daC er der Aufgabe, sich am Madrider Hofe eine ausschlag- gebende Position zu verschaffen, durchaus nicht gewachsen war. Er verstand es nicht, das Vertrauen der Koniginregentin zu gewinnen, er vermochte die Feinde des Kaisers am Ma- drider Hofe weder umzustimmen noch unschadlich zu machen, er zeigte sich unbeholfen in der Ausntitzung der wenigen Frcunde, die Osterreich in Spanien besaC, und stieC durch deren ostentative Bevorzugung diejenigen ab, die, noch schwan- kcnd in ihren Entschltissen, durch ein weitergehendes Entgegen- kommen fiir die Sache des Kaisers hatten gewonnen werden konnen. Man wtirde der Wahrheit nicht die Ehrc geben, wenn man behaupten wollte, daC Potting ein entscheidender Anteil an der unleugbaren Besserung der Beziehungen zwischen Osterreich und Spanien in den Jahren 1663 1674 gebiihre.

1 Die Zeitgenossen scheinen keinc allzu hobo Meinung von Puttings gei- stiger Kraft gehabt zu haben; or wird nirgends als hervorragend geiiannt; Perellio spricbt wenig schmeichelhaft von ihra; bei Miguet I. 402 wird bloB seine sine6rit6 allemande (wohl ironisch) hervorgehoben ; Lisola dachte gering von seiner Bedeutung.

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-i ii 1 1 1 1

XLI

U.

Spanien, sein Znstand und die leitcnden PersSnlichkcitcu.

1662—1673.

Die Lage, in der sich Spanien befand, als Petting Ende 1662 in Madrid eintraf, war eine sehr traurige. Was ein- sichtsvollen Beobachtern schon viel frtiher klar geworden war, erkannten jetzt auch die Kurzsichtigsten ; mit so erschreckender Deutlichkeit traten die Folgen des Verfalles zutage. Durch den pyren&ischen Frieden 1659 war in einer flir die ge- samte Welt sichtbaren Form die Ubermacht Frankreichs er- wiesen worden und bald darauf 1662 sah sich der Kflnig von Spanien genOtigt, in offentlicher Audienz vor Ludwig XIV. erkl&ren zu lassen, dafi seine Gesandten fortan den franzosischen nirgends den Vortritt bestreiten wollten. l Die Ursachen dieses rapiden Verfalles zu bezeichnen, ftlllt nicht schwer.2 GewiC hat zu demselben die starke Auswanderung der tlichtigsten Eleniente,8 sowie die Einschrftnkung der politischen Frciheit seit dem 16. Jahrhunderte beigetragen;4 mehr aber noch der Hochmut, der sich seit dieser Zeit allttberall, besonders aber in

AnlaC zu dieser Erklarung hatte der Streit zwischen d'Estrades und Watteville letzterer war der Vertreter Spaniens in London gcgebeu ; vgl. Morel-Fatio im Recucil des instructions donnees aux ambassadeurs de France, Tom. XI, Espagne, p. 164 ff.

Auf die Frage, inwieweit dieser Verfall schon viel frtther eingetreten ist, braucht in diesem Zusammenhange nicht eingegangen zu werden. Unzweifelhaft ist, daC die Verbaltnisse in der zwoiten Hiilfte des 17. Jahr- hunderts viel ungiinstigere waren als im 16. Jahrhunderte. Vgl. iibrigens fUr die Zeit von 1661 die Finalrelation des Venezianers Giacomo Quirim bei Barozzi e Berchet, Spagna II. 310 und die Schilderungen des mo- denesischen Gesandten Perellio, Rev. d'hist. diplom. III. 550 ff. WeiB (L'Espagne depuis Philippe II) II. 65 gibt nach verschiedencn Quellen die Zahl der Auswanderer aus Spanien nach Amerika auf 30 Mil- lionen an.

DaC Spanien unter Philipp IV. nicht ganz despotisch regiert wurde, soil hier ausdriicklich hervorgehoben werden. Aragonien, Catalonicn und die baskischen Provinzen besaCen ausgedehnte Privilegien. Und wenn man die ,Reprasentation* der Stadt Madrid an die KOniginregentin im Jahre 1669 gegen die Errichtung eines Garderegimentes liest (Rel. des diff. entre D. Juan et Nithard II. 122 140), so wird man nicht daran zweifeln, dafi es auch in Castilien noch Unabhangigkeitssinn in der Be- vttlkerung gab.

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XLII

Castilien zeigte und zur MiCachtung der btirgerlichen Beschafti- gungen fiihrte. Der alte RiB zwischen dem steuerfreien Hidalgo und dem steuerzahlenden Pechero wurde immer breiter, das Drangen nach dem Adel allgemein. Jeder wollte Hidalgo1 sein; alles wollte in den Staatsdienst eintreten; jeder halbwegs bessere Kopf wandte sich von den eigentlich produktiven Besch&ftigungen ab. So kam es, daB im Laufe des 17. Jahrhunderts ganze In- dustriezweige eingingen, die noch bestehenden den Bedarf der Bevolkerung nicht deckten, w&hrend fast der gesamte Handel in die Hande der Ausl£nder iiberging. Alle MaBregeln, die man ergriff, um dieser verhangnisvollen Bewegung zu steuern, blieben erfolglos; vergebens gewahrte Philipp IV. den verheirateten Bauern Steuererleichterungen und Privilegien; vergebens befahl er den GroBgrundbesitzern, auf das Land zu ziehen, um auf diesem Wege das Los der P&chter zu bessern. 2 Ein weiterer Ubelstand und Grund fur den Verfall des Staates war die immer st&rker werdende Flucht ins Kloster; vergebens waren auch hier die Versuche der herrschenden Str5mung Einhalt zu gebieten; mehrmals haben die Cortes um gesetzliche Beschran- kung der Klostergrlindungen gebeten;3 der Erfolg blieb aus. Die Kirche besaB damals ungef&hr ein Fiinftel des gesamten Grund- besitzes und 161 Millionen Realen an Einktinften ; 4 KlOster gab es an 10.000 mit 70.000 Insassen.

Der allgemeine Marasmus, der das Volk um das Jahr 1662 ergriffen hatte, zeigte sich auch in dem ganzlichen Verfalle der spanischen Armee und Flotte. Hatte der Spanier im 16. Jahr- hundert keinen sehnlicheren Wunsch gehabt, als Kriegsdienste zu leisten, im Auslande als gefeierter Soldat Ehre und Reichtum zu erwerben, so schlug dies jetzt in das voile Gegenteil um. Man war im Kriege gegen Portugal nicht inehr in der Lage, die Regimenter zu kompletieren und muBte im Auslande, na- mentlich in Italien und Deutschland, Truppen werben. Don Juan

1 Ende des 17. Jahrhunderts soil es unter etwa 5*5 Millionen nicht weuiger als 625.000 Hidalgos gegeben haben. Vgl. Mignet, Neg. relat. k la succ. d'Espagne I, Introd. XXX und Gaedeke, Die Osterr. Politik in der span. Successionsfrage, I. Bd., p. 63.

8 Ortiz y Sanz, Hist, de Espafia VI. 368.

3 1626 und 1639; Sempere, Betr. iiber die Ursachen der Gr6Ce und des Ver- falles der span. Monarchic, tibersetzt von Schafer U. 20 ff.; Havemann, Unters. zur inn. Gesch. Spaniens 347 nach NuSez de Castro.

4 WeiC, 1. c. II. 85.

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XLIII

hat ganz offen die Auslander wegen ihrer grftBeren Kriegstttch- tigkeit den Spaniern vorgezogen. Die spanische Flotte aber, ira 16. Jahrhundert die erste der Welt, war in der Zeit Karl II. auf wenige seettichtige Fahrzeuge herabgesunken. Diese Ab- neigung gegen den Kriegsdienst erstreckte sich bis in die hoch- sten Kreise. Vom hohen Adel sollen um 1660 kaum zehn Ee- prasentanten im Heere zu finden gewesen sein, wahrend noch 25 Jahre friiher in Flandern allein tiber 300 gedient hatten. l Wie sehr aber der militarische Ruf des spanischen Adels ge- litten hatte, zeigt deutlich der Ausspruch Leopold I. beim Tode des Marques Caracena: ,Fuit ille vir bellicosus, scilicet wie ein Spanier sein kann.'2

Ein weiteres Symptom des Verfalles war die chronische Finanznot der Regierung.3 Man machte wohl verzweifelte An- strengungen, hier Wandel zu schaffen,4 allein auch in diesem Punkte ohne die unerlaBliche Konsequenz und Rlicksichtslosig- keit gegeniiber den Interessen der Hochstehenden. Manche der zur Mehmng der Staatseinnahmen verwendeten Mittel stei- gerten nur die allgemeine Not; wie z. B. die ,Alcavala' ge- nannte Steuer, die so unsinnig in die Hohe geschraubt wurde, daB sie im Jahre 1664 bei jedesmaligem Verkaufe ciner Ware 14°/0 ihres Wertes betrug.6

Wohl stiegen die Einnahmen 1662 werden sie auf 37, 1672 auf 44 Millionen Dukaten angegeben6 allein der groCte Teil war bereits im voraus verpfiindct, der Staat daher immer von neuem genbtigt, Geld gegen hohe Verzinsung 40% galten als glinstig aufzunehmen. 7

1 Quirinis Rel., p. 311; fUr den Niedergang der spanischen Kriegsmacht vgl. auch Canovas del Castillo, Estudios del reinado de Felipe IV, II. 375 ff.

2 Leopold an Potting, 18. Februar 1668.

3 Vgl. u. a. B. de Ganges, Los impuestos y la Hacienda en Espafia desde Felipe III a Carlos II Esp. Mod. 1897.

4 WeiB, 1. c. II. 184 ff.; Perellio, I.e. 551 f. und viele Stellen des vorlie- genden Briefwechsels.

6 Havemann, 1. c. 387.

6 Ein spanischer Dukaten jener Zeit entsprach nach dem Metallwerte 7 Franken 30 Cent, heutiger franz. Miinze; WeiB, 1. c. I. 18, Anm. 4. Die Zahl fiir 1662 nach Nufiez de Castro, Solo Madrid es la Corte, vgl. Sempere II. 159—163; fur das weitorc Contarinis Finalrelation bei Barozzi e Berchet II. 389.

7 Auch der Ertrag der Silberflotten, die noch in jener Zeit rccht betracht- liche Summen nach Spanien brachten, war zum guten Teile im voraus

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XLIV

Im Jahre 1664 wurde der Staatsbankrott erklart; der Wert des Geldes wurde um die Halfte reduziert, alle nach dem Jahre 1634 verliehenen Staatsrenten aufgehoben, der Wert der alteren, der schon friiher einmal auf die H&lfte reduziert worden war, uin 10°/0 herabgesetzt. Allein zur strengen, unnachsichtigen Durchfiihrung dieser gewaltsamen, aber notwendigen Finanz- reform kam es nicht; es mangelte der Regierung die notige Unabhangigkeit und Energie und vielen der Minister der gutc Wille,1 denn bei einer grttndlichen Reform hatten sie sich selbst ins Fleisch schneiden mttssen. Die hohen Aniter waren gl&n- zend bezahlt und mancher Edelmann verwaltete mehrere der- selben; die Pfrlindenwirtschaft war dauials vielleicht nirgends so ausgedehnt als in Spanien. Wie weit sie ging, zeigt wohl die Tatsache, daC eine Hofdame Leonore Velasco, die Schwe- ster des Grafen Siguela die Einkunfte einer Kommanderie des Ordens von Calatrava erhielt. *

Allein trotz der hohen Besoldungen,3 der zahlreichen Pfriin- den, des groCen Grundbesitzes 4 war der iiberwiegende Teil des Hochadels stark verschuldet, so dafi die Gouverneure und Beamten, zumal jene der ausw&rtigen Gebiete, ihr Amt oft zu

gepfandet. Nach Marino Zorzi bei Barozzi e Berchet II 334 soil en von dem jahrlichen Ertrage der 8 10 Millioncn ausmachtc nur etwa 1 Million, nach Bellegno (1. c. II. 367) 3 Millionen zur frcien Verftigung der Regierung gestanden sein. Vgl. auch POttings Schreiben vom 29. Marz 1673, H. 317 a. a. O.

1 Vgl. u. a. WeiC, 1. c. II. 192 ff. Vielc Beweise dafiir enthaltcn die Be- richte Pottings; vgl. z. B. 22. Okt. 1G64, 7. Jann. 1668, 29. Juni 1672 und Leopolds Bemerkungen in seinera Schreiben vom 26. Nov. 1664.

8 Relation de l'estat et gouv. d'Esp. Col. 1667, p. 49.

3 Freilich wurden die Gehalter selten gezahlt; der vorliegende Brief wechsel enthalt zahlreiche Bclege dafiir. Das schlagendste Beispiel ist wohl die unerhtfrte Art, wie die spanische Begleitung der Kaiserin behandelt wurde. Man blieb ihr die festgesetzten Betrage schuldig Juni 1673 waren es 120.000 Taler (Leopold, 29. Juni) und Kaiser Leopold hattc nach dem Todo seiner spanischen Gemahlin die grtffite Miihe, die Summen von Spanien aufzutreiben, die zur Bezahlung der Schulden notwendig waren. Vgl. insbesondere die Schreiben Leopolds vom 23. April, 8. Mai 1670, 20. Mai, 29. Juli 1671, 20. April, 4. Mai, 29. Juni 1673. SchlieGlich mutite Leopold flir ihre Schulden gutstehen, 9. August 1673. Vgl. auch Justi, Velasquez I. 332 f.: ,11 re non paga nessuno', schreibt ein Italiener ira Jahre 1630.

4 tTber die ReichtUmer einzelner Familien WeiC 1. c. II. 91. Der Herzog von Medina-Celi, der reichste Mann (nach dem Sturze Medina Sidonias, der

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XLV

ungeheuerlichen Erpressungen miBbrauchten. x Am Hofe selbst ging es nicht besser zu;2 auch hier nur Vereinzelte, die an den Staat und das Volk dachten ,es ist halt jezigen Weltlauf conform, daC jeder mehr ad privatum interesse als publicum bonum zue sehn pfleget' meinte Leopold3 und eine Mehrzahl, die nach eintr&glichen Posten, nach Wurden und Geldgeschenken strebte.

,Nicht, daB sie bewuBt auf den Untergang der Monarchic hinarbeiten/ schreibt der Venezianer Bellegno, ,aber sie ziehen immer den eigenen Vorteil dem allgemeinen vor.'4 Eine durch- greifende Reform der Finanzen hatte alle diese Sch&den, die ja auch im Volke bekannt waren, aufdecken, eine grttndliche Anderung in der ganzen Beamtenorganisation zur Folge haben miissen. DaB eine solche nicht ohne heiBe K&mpfe mit den eigenntttzigen und selbstsiichtigen Ministern und Granden zu erzielen war, wuBte der Ktfnig; allein er besaB weder selbst die fUr diesen Kampf unerlaBliche Energie, noch kannte cr einen Mann, dem er sie zugetraut hatte. Don Luis de Haro, sein Premierminister, der sein voiles Vertrauen genossen hatte, war 1661 gestorben; die Stelle blieb vorerst unbesetzt; nie- mand wuBte, ob und wann sie wieder vergeben werden wttrde. So tat jeder, was ihm genehm war, stellte seinen Kollegen ein Bein, so oft es moglich war, und suchte diejenigen am meisten beim Herrscher zu diskreditieren, die ihm die gefahrlichsten Konkurrenten im Wettkampfe um das heiBersehnte ,Valimiento'5 schienen.

240.000 Dukaten jahrlicher Einkunftc gehabt haben soil ; Rcl. de Test. 44) hatte eine Revenue von 150.000 Dukaten; Caracena (Brief Leo- pold I., 7. J&nn. 1668) brachte es durch Amterkumulierung auf 108.000 Du- katen jahrlicher Einnahmen.

1 Vgl. u. a. die Bemerkung Leopold I. in seinem Schrciben vom 18. Febr. 1668, 29. Juni 1672; Pitting, 8. Juni 1672, II. 249.

2 FUr die Unsummen, die der Hof fiir seine Kreaturen ausgab, vgl. auch Justi Velasquez I. 178 f.

3 Leopold an PBtting, 6. Sept. 1673.

4 Barozzi e Berchet II, 367.

6 ,Valimiento* ist das Amt des Premierministers.

Es sei uns gestattet, zum leichteren Verst&ndnisse der in den Briefen Leopolds und Puttings berilhrten spanischen Verhaltnisse einige Beraer- kungen iiber die Organisation der Zentralbehtfrden der spanischen Mon- archic hinzuzufUgen.

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XLVI

Als Potting in Madrid ankam, nahm der Herzog von

Seitdem Don Luis de Haro tot war (1661), war die Stellc des Premierministers (valido, primado) unbcsetzt und der Sccretario del despacho universal (etwa Vorstand der Kabinettkanzlei) fast die wich- tigste Person der Regicrung, da er am unmittelbarsten mit dera Kttnigc verkehrte. Seit derselben Zeit war der Staatsrat (consejo real de estado) wieder zu grOBerem Ansehen gelangt, der durch die beiden Giinstlinge Philipp IV., Olivarez und Haro, stark an die Wand gedrttckt worden war. Seine Mitgliederzahl war unbeschrankt und man betrachtete die Berufung in diese Kttrperschaft als eine groBe Ebre. Die wichtigsten Angelegen- heiten wurden bier beraten, die Bescbliisse dem Monarcben vorgelegt, wcnn er nicht selbst was jedocb haufig der Fall war prasidicrte. Voticrt wurde meist scbriftlicb. Der Kriegsrat (consejo de guerra) versammelte sicb dreimal in der Woche, meist unter Vorsitz des Ktmigs.

Die Finanzen unterstanden dem consejo de hacienda, welches aus dem Prasidenten, acht Raton und 26 Schatzmeistern bestand. Es war erst unter Philipp III. eingesetzt worden, war jedocb bald so ilber- bttrdet, daC Philipp IV. noch ein consejo de millones schuf, welches speziell die Abgaben von (M, Wein und Essig zu erheben hatte. Filr die Verwaltung und Recbtspflege in Castilien, Leon, Navarra und Biscaya hatte der Rat von Castilien (consejo de Castilla) zu sorgen. Er be- stand aus einem Prasidenten und 16 Rat en. Der crstere war gewtthn- lich aus dem niederen Adel oder Bttrgerstande, oft ein Geistlicher, aber er besaB einen Rang, der ihm nach spanischer Anschauung verbot, irgend jemandem in den Etikettefragen den Vorrang zuzugestehen. Ja er hatte sogar das Recht, sich vor dem KOnig zu bedecken, was sonst nur den Granden erlaubt war. Der Rat trat taglich zusammen, haufig unter Vor- sitz des Ktfnigs, und beschloB ilber Rechtsangelegenheiten, die von den Provinzialgerichten nicht erledigt werdon konnten; er hatte die Ober- aufsicht ttber die Verwaltung der Staatsbeamten, Richter und Geistlichon und konnte sogar papstliche Bullen suspendieren. Ein AusschuB dieses Kollegiums war die Kammer von Castilien (camara de Castilla), welche hauptsachlich tiber Pensionen, Pardons, Gnadengeschenke und iiber die Prasentationen der Alkaldcn und Korregidoren zu beraten hatte.

Filr die Gebiete der Krone Aragonien (Aragon, Catalonien, Valencia, Sardinien und die Balearen) nahm der oberstc Rat von Aragonien (Supremo consejo de Aragon) dieselbe Stelle wie der Rat von Castilien filr die Lander Castiliens ein. Er bestand aus dem Vizekauzler von Aragon und drei Raten (oidores oder regentes), einem Fiskal, Proto- notar u. s. w. Sie muBten samtlich aus den LHndern der aragonesischen Krone stammen. Der Sitz des Rates war jedoch ebenso wie derjenige aller anderen ZentralbchOrden in Madrid.

Das consejo de Italia gait ftir alle italienischen Besitzungen und bestand auBer dem Prasidenten aus jo zwei Mitgliedern fur Mailand, Neapei und Sicilien; das von Flandern (consejo des Flandes) aus einem Priisidenten spanischer Abkunft und zwei Raten und einem SekreUir, die aus den Niederlanden stammen muBten; das von Indien (consejo de

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XL VII

Medina de las Torres1 wohl unzweifelhaft die erste Stelle ein, ein Mann von mittelmaCigen Geistesgaben, llissig in den Ge- schaften, in der Justizverwaltung vielfacher Unzukoramlichkeiten beschuldigt, etwas geckenhaft und prachtliebend. Er war der Fuhrer einer Partei, die fur eine enge Verbindung mit dem Kaiser stimmte, weil sie der Ansicht war, dafi man nur mit Hilfe des Kaisers hoffen ketone, die ausw&rtigen europaischen Besitzungen, besonders die Niederlande, gegen die VergroBe- rungsgeliiste Frankreichs zu behaupten.

Neben ihm erscheint der Kardinalherzog von Montalto als in hoher Gunst stehend, auch er zun&chst Osterreich ergeben, sehr anspruchsvoll, hochfahrend, geistreich und bissig.

las Indias) auBer dem Prasidenten aus acht juristischen und vier mili- tarischen R&ten.

Dies waren die eigentlichon Regierungsbebtfrden in Madrid.

Daneben verdienen jedoch noch einige andere oine Erw&hnung, so das consejo de la santa cruzada (seit 1509), welches aus einem Gencralkommissar und sechs Raten zusammengesetzt war, die aus den R&ten von Castilien, Indien und Italien genommen wurden und die Be- stimmung hatto, die seinerzeit vom Papste fiir den Kampf gegen die Un- glanbigen zugestandenen Auflagcn von den Geistlichen einzuziehen, die von dem Erzbistum Toledo allein 50.000 Dukaten jahrlich eingebracht haben sollen. Diese KOrperschaft besorgte auch die pHpstlichen Indul- genzen, die vora K5nig verkauft wurden und wie wohl iibertreibend behauptet wurde mehr cingetragen haben sollen als die Bergwerke Westindiens.

Der Ordensrat (consejo de ordenes) hatte die Angelegenheiten der groBen Ritterorden zu besorgen. Es bestand aus sechs Mitgliedern (oidores) mit einem Prasidenten.

Neben diesen standigen RSten wurden dann von Fall zu Fall fiir wichtige Angelegenheiten Junten eingesetzt, Kommissionen, welcho hie und da so weit in die Kompetenz eines Rates eingreifen konnten, daB diesem fast nichts Ubrig blieb, wie das einmal unter Luis de Haro bei dem consejo de Italia der Fall war. Solche Junten waren z. B. die Junta de medios, zur Auffindung neuer Einnahmsquellen und die Junta de ali- vios zur Erleichtcrung des Steuerdruckes; die wichtigste war seit 1665 die Junta de gobierno oder der Regentschaftsrat, von welchem im Texte zu sprechen sein wird. Vgl. fttr diese Beamtenorganisationen Relat. de l'estat d^sp.; Aulnoy, M6moires de la cour de Madrid, Voy. d'Esp. ; Dunlop, Mem. of Spain. II. 361 ff.; Embruns, Villars' und Bonsys Berichte bei Mi- gnet, Negoc. a. v. O. und die Schreiben POttings und Leopolds a. v. O. Die Biographien dieses und aller ttbrigen weiterhin genannten spanischen StaatsmRnncr linden sich in den Noten, auf die hier ein- fUr allemal verwiesen wird.

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XLVIII

In den Regierungsgeschaften am bewandertsten war der alte Castrillo, von groBem Arbeitseifer, aber auch von groCer Starrkopfigkeit. Er war President des Rates von Castilien, des Finanzrates und saC in fast alien Junten. Mit Medina war er verfeindet.

Seit Ende 1664 tritt der aus Neapel zurlickgekehrte Pena- randa hervor, vielleicht der Begabteste unter alien spanischen Ministcrn jener Zeit, vielseitig gebildct, vertrant mit den allge- meinen politischen Verhaltnissen Europas. Er war ein abge- sagter Feind des Kaisers; nicht sosehr aus personlichen Griinden, sondern weil er Spanien militarisch wie volkswirtschaftlich fur unfahig hielt, selbst mit der UnterstUtzung des Kaisers gegen Frankreich erfolgreich zu kampfen, und daher die Rettung seines Vaterlandes in der Freundschaft mit dem machtigen Frankreich erblickte, von dem man am ehcsten, wenngleich gegen entsprechende Opfer, die zur Kraftigung des Reiches not- wendigen Gelder erhoffen durfte. Merkwlirdig ist, wie sich Penaranda bei Philipp IV. in Gunst zu setzten wuCte, und daC sein EinfluC sogar das Leben des Konigs ttberdauerte und bis 1669—1670 wuchs.

Von geringerer Bedeutung sind der kriegskundige Mortara und der Marques von Mondejar, beide der osterreichischen Partei angehOrig.

Auch Alba, Caracena und Ayala brauchen hier wohl nur genannt zu werden, andere konnen ganz ubergangen werden; wichtig sind jedoch die Sekretare ,del despacho universal', Luis de Oyanguren und nach seinem Tode Blasco de Loyola.

In geringerer Stellung, aber, wie es scheint, von bedeuten- dem EinfluB war der in Spanien vollkommen eingebtirgerte Freiherr von Cratzenbach, von den Spaniern Cristobal de Angelati genannt, ein Vertrauter Medinas, der jedoch von den Franzosen ein Jahrgehalt bezog. Mit Potting stand er stets auf schlechtem FuBe und dieser faBte es als personliche Belcidigung auf, als der Kaiser Angelati den Titel eines kaiserlichen Agen- ten verlieh.

Dies waren die Manner, die bei Philipp IV. EinfluB be- saBen, der damals nur noch ein Schatten seiner selbst war. Was man fruher an ihm gepriesen hatte, die Gewandtheit in alien ritterlichcn Klinsten, den lebhaften Geist, die literarischen und kiinstlerischen Neigungen, das zeichnete ihn seit langem

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XLIX

nicht mehr aus. Er war ein bis zur SchwHche gutmtitiger, aber wortkarger, auf seine Wttrde angstlich bedachter und im Gemttt verdiisterter Mann geworden, der kOrperlich vollkommen ausgelebt war und dem die stete Sorge urn seinen gebrechlichen Leib ein ernstliches Befassen mit den Staatsgesch&ften un- mflglich machte. Dazu kam; daB die Selbstandigkeit, mit der seine leitenden Minister der frtiheren Zeit die Regierung ge- fiihrt hatten, ihn Jahrzehnte der Miihe enthoben hatte, in poli- tischen Fragen entscheidend einzugreifen, so daB er nun am Ende seines Lebens, alt und schwach, zwischen den verschie- denen Ansichten, die in seinem Rate zutage traten, nicht zu entscheiden wuCte.1

Was seine Gemahlin, die Ktinigin Maria Anna, Kaiser Leopolds Schwester, betrifft, so gehen die Urteile der Zeit- genossen tiber sie ziemlich auseinander. Die venezianischen Gesandten rtihmen ihre Sittenreinheit, ihre Gtite und Beschci- denheit, sie vergleichen sie mit einem reinen Spiegel, die fran- zosischen beschuldigen sie der Halsstarrigkeit und Machtgier, die spanischen Quellen werfen ihr vor allem die allzugroCe Hin- neigung zu ihrer Heimat vor. In jedem Falle aber fehlte ihr die Begabung, schwierige politische Fragen zu erfassen und noch mehr das robuste Gewissen, dessen es bcdurfte, um in diesem Staate das Beschlossene durchzufiihren.8 Der Herrschsucht ist sie sicherlich mit Unrecht angeklagt worden, denn in dem letzten Jahre des Lebens ihres Gemahls muBte sie von Kaiser Leopold fortwahrend aufgefordert werden, sich der Regierungs- gcschafte anzunehmen.3

Eine eigentiimliche Stellung nahm Philipp IV. natiirlicher Sohn, Don Juan, ein. Er hatte in den vergangenen zwei Jahr- zehnten in Italien und den Niederlanden, zuletzt in Portugal, wenn auch haufig unglttcklich, so doch ehrenvoll gekampft und legte, nachdem ihm der Versuch, seine Ernennung zum Infanten durchzusetzen und der Feldzug in Portugal 1663 miClungen waren, sein Kommando nieder. Grollend und bei seinem Vater in Ungnade gefallen, zog er sich nach Consuegra zuriick und konnte nicht wieder VorlaC bei dem Ktfnige erhalten. Als dieser

1 Vgl. fiir die Charakteristik Philipp IV. u. a. Justi, Velasquez I, 192 ff. 8 Vgl. auch Justi, Velasquez IT, 286 ff.

8 Vgl. Leopold an POtting, 25. Oktober 1664, 18. Februar, 18. Marz 1665 u. a. O.

Fontos, II. Abt. Bd. LVI d

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starb, war Don Juan cine standige stille Drohung fur die K5- niginmutter und bei der schwachen Gesundheit des kleinen Konigs Karl II. zugleich auch fur die Nachfolge des Kaisers in Spanien.

Der Tod Kdnig Philipps erfolgte am 17. September 1665.

In seinem Testamcnte hatte er seiner Gemahlin ausgedehnte Rechte zugestanden, so dafi sie, wenn sie wollte, die voile Herr- schaft hatte austtben ktfnnen. Im Anfange schien es auch, als ob sie willens und fahig sein werde, der Schwierigkeiten Herr zu werden, dann aber zeigte sie sich ihnen doch nicht ge- wachsen. Pitting klagt oft liber ihre Schwache und ihre un- bedingte Ergebenheit gegen ihren Beichtvater Neidhardt. Ihre Abneigung gegen Don Juan brachte sie in einen Gegensatz zu dem Nationalgefuhl, der ihr beinahe verhangnisvoll gewor- den ware.

Als beratende Behb'rde hatte ihr der Konig die Regierungs- junta an die Seite gesetzt, die aber eigentlich nur so viel be- deuten konnte, als ihr die Kdnigin an Autoritat UberlieC.

Ihre Mitglieder waren:

1. Der President von Castilien. Zuerst Castrillo bis April 1668, dann Diego Riquelme, Bischof von Ciudad Rodrigo, bis Mai 1668; Diego Sarmiento y Valladares, Bischof von Oviedo und Plasencia, bis November 1669; endlich Marques Montealegre y Quintana, bis 1677.

2. Der Vizekanzler von Aragon. Erst Cristobal Crespi de Valdaura, bis Februar 1671, hierauf Melchior de Navarra y Rocafull, Herzog de la Plata, bis 1677.

3. Der Erzbischof von Toledo. Balthasar de Sandoval y Moscoso starb schon einen Tag nach Philipp IV. Ihm folgte Pascual de Aragon 1666, nachdem er vorher GroCinquisitor gewesen und diese Wlirde auf Wunsch der Konigin niedergelegt hatte. Er starb 1677.

4. Der GroCinquisitor (Inquisidor general). Diego de Arce y Reinoso starb am selben Tago wie der Kcmig. Hierauf Pascual de Aragon, der noch 1665 abdankte; Neidhardt, 15. Oktober 1666 bis 25. Februar 1669; Diego Sarmiento y Valladares vom 13. September 1669 an.

5. Vertreter der Granden. Zuerst Aitona bis Marz 1670, hierauf der Connetable von Castilien, Herzog von Frias.

6. Vertreter des Staatsrates. Peiiaranda bis 1676.

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LI

Von den hier erw&hntcn Perstfnlichkeiten sind auCcr den schon oben besprochenen von Wichtigkeit: Sarmiento y Valla- dares, ein personlich nicht hervorragender Mann, aber ein treuer Anh&nger Neidhardts und daher von Don Juan heftig angefeindet; Pascual de Aragon, durch seine Wurden ,vere primus omnium', sonst nicht sehr bedeutend, ein Feind Neid- hardts, sp&ter mit der KOnigin auf gutem FuBe, und der Mar- ques Aitona, dessen Ruhmestitel in der unbedingten Ergeben- heit fur das KSnigshaus bestand. Seine Teilnahme fiir Neidhardt scheint nur ein AusfluC jener Ergebenheit gewesen zu sein, da er mit ihm, wenigstens zeitweise, personlich verfeindet war. Don Juan war ihm besonders gram und beschuldigte ihn meh- rerer Mordversuche gegen seine Person. Die KCnigin vcrtraute ihm unbedingt und tibertrug ihm das Kommando des 1669 neu errichteten Garderegiments.

Wichtiger als alle diese war eine Zeitlang Pater Eberhard Neidhardt, eine durchaus kleinliche, egoistische Natur, unfilhig, die Bedeutung des Augenblicks zu erfassen, hochfahrend gegen seine Freunde und zogernd, so oft es gait, seine Feinde zu treffen; ganzlich unftlhig, sich mit dem Staate zu identifizieren, den er leiten wollte, der aber trotzdem und trotz seines beschr&nkten Geistes und Wissens die Kftnigin vollst&ndig be- herrschte. Er saC in alien Junten, wurde Staatsrat und GroC- inquisitor, wollte uberall befehlen und benahm sich dabei so ungeschickt, daC er es bald fast mit jedermann verdarb. Auch mit dem Kaiser stand er durchaus nicht immer so gut, als man in Spanien glaubte. * So fand er, als sich der groCe Sturm gegen ihn erhob, nirgend eine feste Sttitze.

Bei den im Laufe der Zeit sich ergebenden Aperturen in der Junta sowie bei anderen Stellen ernannte die KOnigin nicht, wie man erwartete, ausgesprochene Anh&nger Osterreichs, sondern halbe oder offene Gegner ihres Systems, um sie zu sich herttberzuziehen, was aber meistens nicht gelang. Am auf- fallendsten war dies bei der Berufung des Connetable in den Staatsrat und bei der Ernennung des Herzogs von Infantado

1 Vgl. z. B. Leopold an Potting. 6. Juli 1666, 3. Februar 1667, 30. JSnner 1669 u. a. O. PcrsOnlich blieb Leopold Neidhardt gewogen; insbesondere in den ersten Jahren nach dem Sturze Neidhardts wurde Leopold nicht milde, fttr ihn zu wirken. Vgl. Leopold an Patting, 2. Dezeraber 1671, 20. April 1672 u. a. O.

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zum Obersthofmeister der K(5nigin. Durch dieses Vorgehcn wurden manche Anhanger des Kaisers schwankend, auch Medina der nicht in die Junta berufen worden war zeigte sich in seiner letzten Zeit er starb Dezember 1668 durchaus nicht so verlafilich wie frtther und wurde sogar einer der Hauptforderer Don Juans.

Indessen erhielt damals die kaiserliche Partei einen stram- men und uberzeugten Flihrer in dem aus den Niederlanden zurUckkehrenden Castel Rodrigo, der in engste Verbindung mit Potting trat und der Sache Osterreichs die wichtigsten Dienste leistete. Zwar kam damals auch La Fuente aus Frankreich zurttck und schloC sich Penaranda an, mit dem er fur die Ver- bindung mit Frankreich eintrat; allein er besaC doch nicht geniigend Ansehen, um jenem zu widerstehen, und machte sich dann auch durch eine unpassende Heirat l&cherlich. * Seit 1670 erscheint neben Castel Rodrigo der Herzog von Albu- querque als Vertreter der kaiserlichen Sache und diese beiden scheinen es haupts&chlich gewesen zu sein, welche ihr schlieC- lich gegen Penaranda zum Siege verhalfen.

Im Vergleiche mit diesen M&nnern sind die tibrigen Per- sSnlichkeiten am spanischen Hofe von geringerer Bedeutung; vielleicht mit Ausnahme des Almirante von Castilien, der wUh- rend der Wirren von 1668—1669 sich als ausgesprochener An- httnger Neidhardts hervortat, spacer aber, wie wenigstens be- hauptet wurde, zu Don Juan umschwenkte, und des Sekret&rs Fernandez del Campo, der einer spanischen Quelle zufolge der einfluCreichste Mann auCer der Junta gewesen sein soil, aber bei Hof wenig hervortritt. Monterey wird erst bedeutend, als er zum Gouverneur von Flandern ernannt wurde, wo er sich ebenBO wie friiher Castel Rodrigo groOe Verdienste erwarb. Don Juan, dessen Ehrgeiz es war, die Regierung in seine Hande zu bekommen, war seit Mitte 1669 als General vikar der ara- gonesischen Gebiete kaltgestellt, ohne in Madrid direkten Ein- fluC tiben zu ktfnnen.

1 Vgl. Leopold an Potting, 23. Mai und 2. August 1668. In dem ersteren Briefo bemerkt Leopold im Hinblicke auf die Vergangenheit von La Fuentes zweiter Frau etwas boshaft: ,Mei Hispani sagten, wann er solle interessados (d. h. die Herren, die in nahercr Bekanntschaft mit der Dame gestanden) zuo Gast laden, sollte er wohl auf 100 Personen aufdecken lasscn miissen. Amen. Was hebst du an mit cin so alten Geek? Basta; il mondo cosl va.'

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Kurze Zeit bindurch scbien es; als ob der Marques de Liche (Eliche) sich bei deui heranwachsenden Kftnige in Gunst setzen wurde, ein charakterloser Mann, der eine wliste Jugend hinter sich hatte und sein Leben, das er durch einen Attentats- versuch gegen Philipp IV. verwirkt gehabt, nur dessen auCer- ordentlicher Gnade verdankte. Er tat sich beim Abschlusse des portugiesischen Friedens hervor, trat hcftig gegen Neid- hardt auf und versuchte sich dann durch Veranstaltung groCer Feste bei dem Konige einzuschmeicheln.

Dieser selbst konnte bei seinem zarten Alter und seiner schwachen Gesundheit keinerlei wirklichen EinfluC ausuben. Er soil von aufgewecktem Geiste und nicht ohne Talent gewesen sein, wurde jedoch bald starrkopfig und unbotrnafiig und seine Erziehung war eine so mangelhafte, daC Leopold sich mehrmals daiiiber besorgt zeigte. *

III.

Die Heirat Leopold I. mit Maria Hargarete von Spanien.

Die wichtigste Aufgabe, die dem Grafen Potting bei seiner Sendung nach Madrid zufiel, war die Ftfrderung der Heirat Leopold I. mit der spanischen Prinzessin Maria Margarete.* Der Wiener Hof und seine Politiker legten groBen Wert auf eine mtfglichst rasche giinstige Erledigung dieser Frage. Denn schon seit langem war ihr Bestreben dahin gerichtet, durch neue Bande die spanische Konigsfamilie an das tfsterreichische Herrscherhaus zu kntipfen und der MiCerfolg, den sie kurz zu- vor erlitten hatten, als sie fur Ferdinand IV. und dann fur Leopold I. um die Hand der nun mit Ludwig XIV. vermahlten Maria Theresia geworben, spornte zu desto eifrigerer Verfolgung des ersehnten Zieles an. Man weiC ja, welche Rolle in dem

1 Vgl. Leopold an Potting, 28. Jan. 1671 und oben p. XXXI.

* Fttr die nahere Begrttndung der in diesem Abschnitte ausgesprochenen Ansichten wie fiir den Belcg der mitgeteilten Tatsacheu, sei auf die Abhandlung: ,Die Heirat Leopold I. mit Margarcte Theresia', Arehiv fiir Osterr. Gesch. LXXVII, 319 ff verwiesen. Da der Name Maria Marga- rote der richtige ist, wurde er statt des bisher gebrauchlichen Margareta Theresia angewendet.

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groBen Wettstreite der Franzosen und der deutschen Habsburger die Heiraten spielten. Die auBerordentlichen Erfolge, die das Haus Habsburg seiner klugen, vom Gllicke beglinstigten Heirats- politik verdankte, hatten den Neid und die Eifersucht der franzosischen Herrscher wachgerufen und sie veranlaBt, mit alien Mitteln einer Vereinigung der Lander beider Linien des Hauses Habsburg in einer Hand vorzubauen. Jedem, der ein- rnal die Genealogie der franzosischen, osterreichischen und spani- schen Herrscherfamilien in den Jahren 1526 1700 studiert hat, wird die liberraschend hohe Zahl der Wechselheiraten zwischen den beiden ersteren und der lezteren Dynastie aufgefallen sein. Ira 16. Jahrhundert baufig, w&chst ihre Zahl im 17. Jahrhundert mit der Aussicht auf die Erledigung des spanischen Thrones. Die Tochter Philipp III. waren die Gattinnen der Herrscher Frank- reichs und Osterreichs; Philipp IV. wurde der Gemahl der franzosischen Elisabeth und der osterreichischen Maria Anna. Von seinen Kindern aus der ersten Ehe war der Sohn Balthasar kr&nklich, die Tochter, Maria Theresia, gesund und kr&ftig. Kein Wunder, daC die franzosische wie die Osterreichi- sche Regierung ein groBes Gewicht darauf legten, die Hand dieser Prinzessin zu gewinnen. FrUhzeitig hatten Anna, die Mutter Ludwig XIV., und Mazarin, ihr vornehmster Berater, an eine Verbindung des jugendlichen Ktfnigs mit der heran- wachsenden spanischen Prinzessin gedacht. Aber nicht weniger beschiiftigte den Wiener Hof diese Frage, zumal nach dem Tode Balthasars. DaC Philipp IV. in zweiter Ehe Maria Anna, die Tochter Ferdinand III., heiratete, war den osterreichischen Planen ebenso ffcrderlich als die Fortdauer des spanisch-fran- zosischen Krieges nach dem Jahre 1648. Es gelang dem Wiener Hofe, Philipp IV. fur die Idee einer Vermahlung Maria Theresias mit dem gleichnamigen Sohne und Thronfolger Fer- dinand III. zu gewinnen. Allgemein gait die erstgeborene Tochter Philipp IV. als die Braut Ferdinand IV., als dieser durch einen plotzlichen Tod dahingerafft wurde. Von neuem versuchte Frank- reich eine Annaherung; allein neuerdings zog der Konig von Spanien seine deutschen Verwandten vor. Er bot die Hand seiner Tochter dem Binder des Verstorbenen, dem nunmehrigen Thronfolger, Leopold an. Mit Freude und Eifer ging Ferdi- nand III. auf diesen Plan ein ; war ja damals auCer Philipp IV. kein mannlicher SproC der spanischen Konigsfamilie am Leben,

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die Aussicht auf den Erwerb der groBen spanischen Monarchic nahe gertickt. Die Verhandlungen wurden rasch geflihrt; bald konnte der osterreichische Vertreter am spanischen Hofe melden, Philipp habe erkl&rt, er wolle seine Tochtcr Leopold ,vor alien anderen anvertrauen und venn£hlen'. Da starb Ferdinand III. Die Verhaltnisse waren dauiit ganzlich geandert. Als Kaisersohn hatte Leopold ohne Schwierigkeit die spanische Thronerbin heiraten kOnnen, als Thronkandidat im deutschen Reiche hatte er Rticksichten auf die Wtinsche seiner Wilhler zu nehmen. Trotzdem nahm er dankend an, ,zumalen ich leichtlich er- achten kann, dafi diese Vermahlung fiir unser gesammtes Haus, als dessen Conservation in unione beider Linien ftirnehinlich bestehet, erspriefilich sein und dadurch vielen schweren Incon- venienzen begegnet werden mochte/1 Doch betonte er die Not- wendigkeit einer raschen Erledigung der Frage, ,weilen der- gestalt sowohl ex parte Spanien die Succession mit gottlichem Beistand stabiliret und Anderen die HofFnung ihrer Praetension benommen, auch andere aus dera Verzug besorgende Difficul- Uiten vereitlet werden wtirden/ w&hrend sonst, wenn die Sache vor der deutschen Konigswahl nicht erledigt ware, ,leichtlich harte conditiones separationis beeder Linien herfurgebracht und die Election in ein Subjectuin unseres Haus schwer gemacht werden niOchte/* Man hoffte auf eine zusagende Antwort. Leopold hielt sich zur Abreise bereit. Die Erklarung Philipps brachte eine schwere Enttauschung. Philipp meldete die Schwan- gerschaft seiner Frau und riet Leopold, vorerst seine ganze Aufmerksamkeit der Kaiserwahl zu schonken. Dies geschah; Leopold wurde gewahlt. Unterdessen war dem spanischen Konige ein Sohn Philipp Prosper geboren worden und dadurch der Heimfall der spanischen Besitzungen wieder unsicher ge- worden. Trotzdem hielt Leopold I., kaum dafi er Kaiser war, neuerdings um die Hand Maria Theresias an. Allein diesmal ohne Erfolg; politische Rticksichten notigten den spanischen Konig zur Vorsicht. Durch die Wahlkapitulation hatte Leo- pold sich die Hande gebunden; er konnte seinem spani- schen Verwandten keine Hilfe leisten. Philipp IV. sah sich der vereinten tlbermacht der Franzoseu und Englander wehr-

1 Leopold an Lamberg, 16. April 1657. Heirat, 1. c. 7. 1 Ebenda.

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los gegeniiber und er wuBte, dass er Frankreich durch ein Heiratsversprechen gewinnen konnte. Schweren Herzens und zogernd beugte er sich dem harten Gesetze der Not. Maria Theresia wurde die Gattin Ludwig XIV., doch muBte sie auf die Thronfolge in Spanien feierlich verzichten. Man saumte nicht, dies dem Wiener Hofe zugleich niit dem Bedauern zu melden, daB die ,pur lautere Not' den KOnig wider Willen ,dem ge- saminten Haus zum Besten', dazu gentftigt habe. Bald darauf ging man um einen Schritt weiter. Man bot dem jungen Herr- scher die alteste Tochter aus der zweiten Ehe Philipp IV., Maria Margarete, als Gattin an. Leopold ging mit Freuden auf diesen Plan ein; wie schwer auch jetzt die politischen Motive wogen, hat er mit grofiem Freimut seinem Vertreter am spanischen Hofe mitgeteilt. l Die Verhandlungen wurden rasch gefiihrt. Im Mai 1660 gab Philipp IV. das Versprechen seiner Einwilligung; 1661 gait die Heirat als sicher; doch hinderte die Jugend der Prinzessin sie war am 12. Juli 1651 geboren den AbschluB derselben und liefi die sofortige Erledigung der Angelegenheit uberfliissig erscheinen. Die Jahre 1661 und 1662 verflossen, ohne daB weitere Schritte geschehen waren. So war die Lage, als Potting Ende des Jahres 1662 in Madrid erschien. Ihm war die Ausarbeitung des Ehekontraktes und die SchlieBung der Ehe ans Herz gelegt worden. Nicht daB man an eine baldige Vollziehung derselben gedacht h&tte die war im Hinblicke auf die elf Jahre der Prinzessin ausgeschlossen allein man furchtete, zumal im Falle Philipp IV sterben sollte, die Ein- mischung des franzosischen Hofes. Den Gang der Verhandlungen, die Potting in den folgenden Jahren gefiihrt hat, die Schwierig- keiten, die er zu Uberwinden hatte, wird der Leser der Briefe Leopold I. ebenso gut zu verfolgen in der Lage sein, als den Eindruck, den die wechselnden Nachrichten auf den jungen Herrscher gettbt haben. Am 6. April 1663 wurde die Verlobung gefeiert. Von da an beherrschte Leopold nur ein Gedanke, seine Braut moglichst bald zu sehen. Wir konnen ihn belauschen, wie er seinen Gefuhlen Ausdruck gibt, wie er sein Gliick preist, wie er unerinUdlich sich mit oft kleinlichen Fragen beschaftigt, die durch die Verlobung aufgeworfen worden waren. Am 18. Dezember 1663 erfolgte die feierliche Verlesung des Ehe-

Heirat, p. 22.

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kontraktes. Leopold drttngte von neuem zur Abreise, zuinal nach dem Tode seines Bruders Karl Josef, 27. Januar 1664. Allein noch lange sollte ihm das begluckende Wort vorenthalten bleiben. Der Leser der Brief e Leopolds wird zu erkennen ver- niogen, wie sehr politische Motive und die Zerrissenheit des spanischen Hofes, wie der HaB einzelner Minister und die ge- schickte Politik der Franzosen, nicht minder aber die Krank- heit und Schwache des KtJnigs die Abreise der kaiserlichen Braut verztfgert haben und wie schwer darunter der jugend- liche Herrscher Deutschlands litt. ,Ich lasse mich in die Lange von den Herrn Spaniern nit foppen und will nit Jakob sein, so um die Rahel 14 Jahr hat Geduld haben mttssen,' schreibt er Ende November 16641 und wenige Tage spftter: ,Meiner Braut Reis liegt mir nur allweil in Kopf.'2 DaB die Nachrichten von der Gesundheit Philipp IV. immer trostloser lauteten, er- ftillte Leopold mit Angst und Bangen. Er fttrchtete im Falle des Ablebens desselben ftir die Durchftthrung der Reise. Auch Petting erkannte die Gefahr und die Grttnde seiner mangelnden Erfolge; allein ihm fehlte die notwendige Begabung und die uner- laBliche Fahigkeit in der Kunst der Menschenbehandlung, um der Schwierigkeiten Herr zu werden. Den todkranken, energielosen Kftnig, die von den Jesuiten vtfllig abh&ngige, mit den Regierungs- geschaften nicht vertraute Kflnigin, alle die stolzen, hochmtitigen, intriguanten, selbstsiichtigen Hoflinge und Minister zu gewinnen, bedurfte es aller Kiinste der Diplomatic, Bitten und Drohungen, List und Gewalt, Ltige und Verstellung. So entschloC sich Leopold Ende des Jahres 1664, denjenigen unter seinen Diplo- maten, der die deutlichsten Beweise seines Talentes gegeben, den Freiherrn Franz Paul von Lisola, zur UnterstUtzung Pottings nach Madrid zu senden. Wie rticksichtsvoll der Herrscher dabci verfuhr, werden die Leser seiner Briefe zu erkennen vermogcn ; daB Pdtting trotzdem liber diese Mission nicht erfreut war, daB er dem geistig HCherstehenden miBtrauisch entgegenkam, wird nicht befremden. Was er furchtete geschah; wenige Wochen nach seiner Ankunft war Lisola Herr der Situation und seiner unermlidlichen Tatigkeit, seiner Beredsamkeit, vor allein aber seiner rucksichtslosen Energie gelang es allmahlich, alle Hinder-

1 Leopold an Patting 26. Nov. 1664.

2 Leopold an Patting 10. Dcz. 1664.

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nisse zu Uberwinden. Iui Juli 1G65 konnte er seinem Herrscher melden, daC die Abreisc im Oktober stattfinden werde. Da trat das Ereignis ein, das Lisola und Pitting und mit ihnen alle ^Freunde des Hauses Habsburg am meisten gefiirchtet hatten: Philipp IV. starb. Der erste Eindruck war ein niederschmettern- der. Nicht nur die Abreise der Infantin, die Heirat tiberhaupt, die Verbindung der beiden Linien des Hauses schien bedroht. Doch zeigte sich alsbald, daC man die Gefahr UberschRtzt hatte. Die KOnigin, der durch das Testament ihres Gatten die aus- schlaggebende Rolle im Reiche zufiel, hielt an dem Gedanken der Durchfuhrung der Heirat fest und den vereinigten Be- muhungen Lisolas, Puttings und der Freunde des Hauses Habsburg gelang es, alle Schwierigkeiten zu Uberwinden, die sich der Hochzeit und der Abreise der kaiserlichen Braut hinderlich in den Weg stellten. Am 25. April fand die Ver- mahlung Maria Margaretes mit Leopold, der durch den Herzog von Medina vertreten war, statt; am 28. erfolgte die Abreise von Madrid, am 16. Juli die Einschiffung. Wie sehr die Sorge urn seinen ,Schatz* diese ganze lange Zeit den Kaiser be- herrschte, zeigen die nachfolgenden Briefe; sie spiegeln die Freude wieder, die er beim Einlangen glinstiger Berichte empfand, wie die Trauer, in die ihn die wiederholten Nachrichten von neuer Verzftgerung der Abreise und von der Erkrankung Maria Margaretes versetzten. ,Ich kann sagen, dass ich vor Freuden nit gwussr, wo ich war, dann ich allweil besorgt habe, es stecke doch was darhinter. Nun sei Gott in alle Ewigkeit ge- priesen, dass alles so wohl abgangen/1 schreibt er nach Erhalt der Nachricht von der stattgehabten VermUhlung. Sobald er die Mitteilung von ihrer Einschiffung erhalten, denkt er nur daran, ihr Beweise seiner Verehrung zu geben. Der Sieger von St. Gotthardt, Montecuccoli, inuC sie bei der Landung auf italie- nischem Boden begrttBen; ein ungeheuer pr&chtiger Hofstaat reist ihr entgegen, fUr jede Bequemlichkeit auf der Fahrt wird in ver- schwenderischer Weise gesorgt, immer neue Boten der sich N&hernden zur Begrtifiung entgegengesendet. DaC die Reise so langsam vor sich geht, empfindet Leopold schmerzlich. Je mehr sich seine Frau der Reichshauptstadt n&hert, desto heiCer wird des Kaisers Wunsch, die Kaiserin zu sehen. Der Boden

1 Leopold an Potting, 25. Mai 1666.

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brennt unter seinen FtiBen. Ihre Ankunft in Wien abzuwarten wird ihm unmflglich. Er reist ihr entgegcn. In Schottwien haben sich die beiden Flirstenkinder zum ersten Male gesehen. Eine halbe Stunde dauerte die Unterredung. Als der Kaiser fort- ritt, stand dieKaiserin amFenster und grilBte freundlich lachelnd den Heimkehrenden. Mit ihr zu reisen verbot ihm das Cere- moniell. Einige Tage spftter hielt sie ihren Einzug in die Residenz. Die Fcstlichkeiten, die ihr zu Ehren gefeiert warden, dauerten Monate; die Freude des jungen Gatten kannte keine Qrenzen. Man kann seinen Briefen aus jenen Tagen entnehmen, wie sehr ihn die Liebe seiner Gattin beglUckte, mit welchem Eifer er daran ging, die Launen und Wtinsche seiner Gemahlin zu erflillen. Und die Freude an ihr wuchs, je lftnger er sie die Seine nennen konnte. Sie war keine Schttnheit;1 eine zarte, schw&chliche Frau, mit liebenswiirdigen, aber nicht gerade schonen Gesichtsziigen, eine leidenschaftslose, gottergebene, fromme Dame, weichen Gemiits, die jeder guten Tat willig ihre Unterstiitzung lieh und einer schlechten unfiling war. In ihrem Benehmen verriet sie eine gewisse SchUchternheit und Unselb- standigkeit, die Frucht einer Erziehung, die in der Vernichtung der Individualist ihre Aufgabe erblickte. Sie war eine harm- lose Natur, flir die der GenuB des Lebens in seinen kleinen Freuden bestand, ein Weib von musterhafter Reinheit und Tugend; die liebevollste Gattin, die zftrtlichste Mutter. Kein Wunder also, dafi Leopold seine ,kleine Frau' immermehr lieb gewann, dafi die Ehe, bei deren AbschluC man an die Gefuhlc der zu Verm&hlenden in letzter Linie gedacht hatte, eine auCer- ordentlich gllickliche wurde. So oft und so lange es die Staats- geschafte zulassen, sind die beiden zusammen, musizieren, lescn, dichten, jagen miteinander. Die Briefc Leopolds an Potting ver- raten die Starke der Leidenschaft, mit der er sich zu seiner Gemahlin hingezogen flihlte. Welcher Ausbruch des Schmerzes, wenn er von Unfallen oder Krankheiten ineldet, die sie betroffcn; welches Entzticken, wenn er eine freudige Botschaft uberrnitteln kann ! Leider uberwiegen allmahlich die traurigen Nachrichten. Die Gesundheit der Kaiserin war eine uberaus zarte ; die vielen Entbindungen schwachten ihren Korper sehr. Trotzdem scheint Leopold von der seiner Gattin drohenden Gefahr keine Ahnung

1 Vgl. Justi. Velasquez II, 301 flf.

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gehabt zu haben. Uinso furchtbarer traf ihn ihr Tod. In er- schiitternden Worten gab cr seinem Schmcrze Ausdruck. ,Diesen Brief hcbe ich leider mit dem Job an: Miseremini mei, miscremini mei, vos amici mei, quia manus domini tetigit me; dann der grbBt Schreck, der sein kann, der hat mich getroffen; namlich der Tod meiner allerliebsten, ach leider nunmehr verlor- nen Gemahlin. ... 1st wobl ein unwiederbringlicher Schaden vor mich, dann ich weiss, was ich verloren habe und wie wir einander geliebt/1

Man hat es mit diesem herben Schmerze unvereinbar linden wollen, daC Leopold noch im selben Jahro seine zweite Gattin heimfuhrte. Allein man irrt. Wie es die Riicksicht auf das Staatswohl war, die Leopold bewogen hatte, die ihm un- bekannte Spanierin zu freien, mit der er dann so gllicklich wcrden sollte, so nStigte ihn die Politik zu einer zweiten Ehe, kaum daB er die HeiBgeliebte ins Grab gebettet. Von alien Kindern, die ihm Maria Margarete geboren hatte, war nur ein Madchen am Leben ; Leopold I. war der einzige mannliche SproB der deutschen Linie des Hauses; Karl II., der einzige mannliche Vertreter der spanischen Linie, ein kranker Knabe. UnsRgliches Unheil drohte dem habsburgischen Besitze, wenn Leopold I. ohne Hinterlassung eines m&nnlichen Erben starb. Durfte er da zflgern, als von alien Teilen der Kulturwelt Schreiben einlangten, in denen der Kaiser beschworen wurde, sich dem Wohle des Staates zu fiigen. ,GroBe Herren, an deren Zustand und Resolution so viel Land, Leute, ja die ganze Christen- heit so gross Interesse hatte, wie bei E. K. M., hatten auf ge- wisse Ding und Umstande, so den Particuliers endlich wohl anstandig, nit zu reflektieren ;' 2 so meinte Friedrich Wilhelm, der Brandcnburger, und wie er auBerten sich andere Fiirsten; entschiedener kciner als der Papst und die K5nigin von Spa- nien, die Mutter der Verstorbenen.3 Diesem allgemeinen Dran- gen, dessen Berechtigung er nicht leugnen konnte, ist Leopold I. gewichen, als er sich noch im Jahre 1673 mit seinem Mlindel, der Tirolerin Clauda Felicitas, vermahlte. Sie war schOner, leb- h after und geistig bedeutender als Maria Margarete und auch ihr blieb Leopold in treuer Liebe zugetan. Vergessen aber

1 Leopold an Potting, 14. Miirz 1673.

1 Vgl. Urk. und Akten XIV. 689.

3 Vgl. Leopold an Potting, 12. Juli 1673.

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hat er seine erste Gattin nicht; bis an sein Lebensende be- wahrte er ihr dankbare Erinnerung.1

IV.

Der portugiesische und der Devolntionskrieg.

Nebst der Forderung der Heiratsangelegenheit hatte Kai3er Leopold dem Grafen Potting nichts mehr ans Herz gelegt, als PhilippIV. von der Notwendigkeit zu iiberzeugen, den erfolglosen Krieg zu beenden, den die Spanier seit dem Jahre 1640 mit Portugal ftihrten. Immer wieder muCte der kaiserliche Gesandte im Namen seines Herrn betonen, daC an eine erfolgreiche Ver- tretung der spanischen Interessen im Reiche und in den Nieder- landen nicht zu denken sei, solange die ganze Kraft der Spa- nier im Kampfe mit den Portugiesen verbraucht werde. Was Leopold I. bei der Fortdauer dieses Krieges am meisten ftirchtete, war das Eingreifen der Franzosen. Denn auch nach dem Ab- schlusse des pyren&ischen Friedens strtfmten franztfsische Offi- ziere und Gelder nach Portugal und an den Erfolgen, welche die Portugiesen im Jahre 1663 gegen den vordringenden Don Juan erzielten, hatten gerade diese fremden Elemente keinen geringen Anteil.2 Allein vergebens bemiihten sich der Kaiser und sein Gesandter in Madrid, dem Frieden das Wort zu sprechen,3 vergebens wies Leopold darauf hin, daC auch er im Interesse des Gesamthauses den Frieden mit den Tttrken ge- schlossen habe.4 An Stelle Don Juans, der seine Niederlage mangelnderUnterstlltzung zuschrieb6 und seine Entlassung nahm,

1 Bei den Osterreichern war Maria Margaret wenig beliebt; wie Pufen- dorf 1. c. 60 berichtet, wurde ihr Tod wenig betrauert, nicht nur weil man keinen Prinzen von ihr erhoffte, sondcrn auch weil sie sich seltcn zeigte, des Deutschen nicht machtig war und zu sohr unter dem Ein- flusse ihrer spanischen Umgebung stand.

2 Vgl. fiir diesen Krieg bes. Passarello, Bell, lusitanicum; Lafuento XVI. 489 ff.; von portugiesischer Seite SchSfer, Gesch. Port. IV. 653 ff.

8 Leopold an Pitting, 17. Sept., 26. Okt. 1664 u. a. O.

4 Leopold an Pitting, 25. Okt. 1664, vgl. Pribram, Lisola 265.

5 Bezcichnend 1st, daC in Spanien allgemein die Ansicht herrschte, daB einer der Hauptgrttnde der Niederlage der Spanier in dem Kampfe gegen die Por- tugiesen die Hilfeleistung gewesen sei, zu der sich der spanische KOnig dem

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trat 1665 der Marques Caracena an die Spitze des spanischen Ileeres. Er versicherte, innerhalb Jahresfrist dem Kriege ein Ende zumachen. Ganzanders, als er gemeint, sollte sich sein Wort crfiillen. Die entscheidende Niederlage bei Villaviciosa oder Montesclaros, die er erlitt, beendete den Krieg, aber zu Un- gunsten derSpanier. DieNachricht von diesem furchtbaren Schlage traf den todkranken Herrscher schwer; sie soil sein Ende be- schleunigt haben. Aber noch immer weigerten sich die stolzcn Castilier, den unerl&Blichen Frieden zu schlieBen. Fast in jedem Briefe mahnte Leopold in beweglichen Worten zum Frieden unci beauftragte Potting, alles, was inoglich war, zur Forderung dieses Zieles zu tun.1 Die Kcmiginregentin und Neidhardt werden die Berechtigung dieser Vorstellungen nicht geleugnet haben, allein sie hatten, abgesehen von anderen Schwierigkeiten, auch ernstliche Bedenken, ob es ihnen gestattet sei, wahrend der Minderj&hrigkeit des Konigs in die Abtretung eines so ge- waltigen Staatsgebietes zu willigen. Als die KOniginregentin eine darauf bezttgliche Anfrage an die wichtigsten Consejos richtete, antworteten die meisten ablehnend. (April 1666.) 2

Damals waren freilich schon lllngere Zeit Verhandlungen mit Portugal iin Gange, aber diese zielten zun&chst nicht auf einen definitiven Frieden. Im September 1665 war es Lisola gelungen, vom Konig Philipp die Zustimmung zum Beginne von Unterhandlungen mit Portugal zu erhalten,8 aber durch den Tod des Ktfnigs wurde wieder alles verzOgert und ttberdies zeigte sich bald, daC man sich in Bezug auf Portugal einer

Kaiser gegentiber fUr den Tiirkenkrieg verpflichtet hatte. Die Geriichte iibertrieben furchtbar. Man sprach von 12.000 Mann Infanterie und 6000 Mann Kavallerie, die im deutschen Reichc gehalten werden sollten. (Ortiz y Sanz VI. 490; Lafueute XVI. 501). Der erstere Schriftsteller behauptet, daB iin Feldzuge 1663 statt 8 nur 5 Millionen an Don Juan geschickt wurden, das Ubrige nach Deutschland. Wie wenig diese Mitteilungen der Wirklicbkeit entsprechen, beweisen die Briefe Leopold I. und Pflttiugs. Spanicn verspracb damals 240.000 Scudos jahrlich fiir die Dauer des Tiirkenkrieges und jeues Ileer von 18.000 Mann reduziert sich in Wirk- licbkeit auf einen kleinen Truppenteil, der aus der Franche-Comte* nach Ungarn marscbieren sollte, aber so spat aufbrach, daft er nicht mcbr eingreifen konnte. Portia an Putting, 14. Okt. 1664.

1 Leopold an Potting, 17. Sept., 1. Okt. 1664; 17. Mai, 21. Juli, 9. Dez. 1665 u. s. w.

1 Mignet I. 561/2.

8 Pribram, Lisola 270.

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starken TiUischung hingegcbcn hattc. Man hoffte namlich in Madrid, durch Englands Vermittlung einen langj&hrigen Waffcn- stillstand zu erhalten, der nur mit der ,gegenwlirtigen Regierung' geschlossen werden sollte, so daC Spanien die formliche Aner- kennung des portugiesischen Konigtitels unigangen hatte. Der englischc Gesandte Fanshaw ging als Mittler nach Lissabon, Ludwig XIV. dagegen war bemttht, den Frieden zu hintertreiben. In der Tat traf sein Vertreter St. Romain Anfang 1666 dort noch zeitlich genug ein, urn die begonnenen Verbandlungen zu stftren. Errautigt durch seine Versprechungen, wiesen die Por- tugiesen jedes Zugestandnis an den spanischen Stolz zuriick und setzten selbst ein Projekt auf, rait dem Fanshaw und sein Lissa- boner Kollcge Southwell nach Madrid eilten, freilich nur, urn dort barsch abgewiesen zu werden. Am 10. Marz erfolgte die Vermahlung durch Prokuration des Kb'nigs von Portugal Alfons rait der ihm von Frankreich zugeflihrten Marie Fran^ise von Savoyen, wodurch die Verbindung mit dieser Monarchic noch enger wurde.1

Eine schlimme Nebenwirkung dieses Scheiterns der Ver- handlungen war die MiCstimmung zwischen Spanien und Eng- land, die fur die n&chste Zeit die Aussichten auf das Zustande- kommen einer Allianz dieser beiden Staaten sehr verminderte. Fanshaw hatte n&ralich schon seit langerer Zeit Uber einen Vertrag verhandelt. Ende 1665 war ein solcher abgeschlossen worden, jedoch betraf derselbe nur Handelsverhaltnisse.2 Eng- land aber wttnschte damals eine Offensiv- und Defensivallianz mit dem ganzen Hause Osterreich und Schweden gegen Frank- reich. Zu diesem Zwecke war Ende 1665 Lord Carlingford in Wien angekoramen und verhandelte daselbst bis September 1666; allein er muCte dann, ohne etwas erreicht zu haben, ab- reisen, da Kaiser Leopold alles vom Erfolge der analogen Be- sprechungen in Madrid abhftngig machte, die nicht recht vor- wilrts gingen.8

Diese sollten nach Fanshaws Fiasko durch den aufier- ordcntlichen Botschaftcr Lord Sandwich wieder in Gang ge- bracht werden. Er kam 28. Mai 1666 in Madrid an, wurdc

1 Vgl. Mignet I. 411 ff.; Dunlop II. 23 z. T. nach Southwell Letters;

Schafer, Gesch. Port. IV. 602, 664 f., POttings (und Lisolaa) Berichte. * Leopold, 3. Febr., 3. Marz 1666. 8 Pribram, 1. c. 274 ff., 298.

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aber recht ktthl aufgenommen und konnte trotz aller Be- mlihungen und trotz der Unterstlitzung Pottings, mit dem er sehr gut stand,1 nichts ausrichten.8 Mit Miihe setzte Lisola durch, daC der zum zweitenmale von Ludwig XIV. gestellte Mediationsantrag flir den portugiesischen Frieden zurlickgewie- sen wurde.3 Die Spanier zogen die Verhandlungen fast mut- willig in die Lange, so dafi im Mai 1667, als Ludwig XIV. den Devolutionskrieg ertfffnete,4 weder eine Allianz mit England, noch der Friede mit Portugal geschlossen war. Spanien stand dem Sturme wehrlos gegenilber, was umso unverzeihlicher war, als der Angriff eigentlich allgemein vorausgesehen wurde und von mehreren Seiten, namentlich von Castel Rodrigo und dem Kaiser, Warnungen einliefen.5

Und bald zeigte sich, daC es auch nicht daran dachte, sich kraftig zur Wehre zu setzen. Man schloB zwar am 23. Mai 1667 einen Vertrag mit England, in dem auch ein fUnfundvierzigj&hriger Waffenstillstand mit Portugal in Aussicht genommen wurde;6 die hohen Reichsbeamten, die Rate der Consejos, die St&dte etc. leisteten freiwillige Beitrage oder ver- zichteten auf einen Teil ihrer Einnahmen, um Mittel zur Krieg- ftihrung aufzutreiben ; den Staatspfrttndnern wurden abermals 15°/0 ihrer Renten entzogen, eine Steuer auf Maultiere gelegt7 u. s. w., aber all dies gentigte nicht, um selbst zu rlisten und zugleich dem Kaiser, auf dessen Eintreten flir Spanien fast alles ankam, durch ausgiebige Subsidien ein entschiedenes Vorgehen zu ermoglichen.

Denn daran wird wohl nicht mehr gezweifelt werden dlirfen, daB die Geldfrage flir Leopold durchaus entscheidend

1 POtting, 2. Juli 1666 und folg. Leopold, 16. Juli, 4. August 1666.

* Fur die Mission des Lord Sandwich in Madrid vgl. Clarendon, Cont. of

the hist, of Reb. 760 ff. ; Mignet, 1. c. I. 466 ff. 8 Pribram, Lisola 283/4. 4 Die Audienz, in welchcr Embrun den EntschluB Ludwig XIV., in die

Nicderlande einzurucken, kundgab, fand am 17. Mai, der Einmarsch

selbst am 27. Mai 1667 statt.

D Vom Kaiser ausdriicklich schon 18. Okt., 27. Okt., 12. Dcz. 1665 und dann noch Ofter, zuletzt dringend 3. Miirz 1667 (vgl. Pribram, Lisola 307/8.)

fl Du Mont, Corps univ. dipl. VII. 27.

7 Mignet II. 126 ff. nach Embruns Berichtcn.

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war und sein muBte, dafi fair ihn die Moglichkeit eines aktiven Eingreifens von der Gewfthrung groCerer spanischer Subsidien abhing. *

Die mannigfaltigen Wandlungen der europ&ischen Politik w&hrend des Devolutionskrieges kdnnen hier nicht genauer verfolgt werden, es kann sich nur darum handeln, Spaniens Haltung kurz zu kennzeichnen. * Diese war schw&chlich ge- nug. Erst am 9. Juli erhielt Embrun den Befehl zur Ab- reise, s am 14. Juli wurde die Kriegserkl&rung an Frankreich verSffentlicht, am 2. August aber schrieb die K5niginregentin an Ludwig XIV., sie habe die vom Papste angetragene Media- tion angenominen.4 Unterdes drang das franzosische Heer in den spanischen Niederlanden immer weiter vor, eine Stadt um die andere wurde eingenommen und das einzige spanische Heer, das unter dem franzflsischen Emigranten Marchin sich im Felde zeigte, ohne Mtthe zerstreut es war ein Wunder, daC die Heere Ludwig XIV. nicht noch grOfiere Fortschritte machten. Im September brach er dann den Feldzug ab und kehrte nach Paris zurlick. Desto eifriger machte sich die Diplomatic ans Werk. Ganz Mittel- und Westeuropa wurde in die Kreise dieser Verhandlungen gezogen. Da sich jedoch der Kaiser vorsichtig zurtickhielt und sich dann sogar ent- schloB, den Vertrag vom 19. Januar 1668 mit Frankreich einzu- gehen, Spanien nichts Entscheidendes unternahm und Castel Rodrigo sich haupts&chlich auf das Hinziehen aller Verhandlun- gen verlegte und durch seine Hartn£ckigkeit die fehlende Macht zu ersetzen suchte, da in Deutschland sich nichts regte, weil Ohnmacht oder Furcht vor Frankreich oder Hinneigung zu Ludwig XIV. jede energische Unternehmung unmtfglich machte, so wurde der Haag schlieBlich der Ort, wo die Ent- scheidung fiel. Vier Tage nach dem AbschluC des erw&hnten osterreichisch-franztfsischen Vertrages kam es zur Unterzeich- nung der Tripelallianz zwischen England, Holland und Schwe-

1 Vgl. Pribram, Lisola 326 f. u. a. O.

1 Vgl. Mignet IL 119 ff.: Legrelle I. 126 ff.; Lefevre Pont. I. 417 ff.; Mei- necke, Regensb. Reichstag und der Devolutionskrieg, Hist. Zeitschr. LX. 163 ff.; Kocher, Gesch. von Hannover und Braunschweig I. 526 ff.; Pri- bram, Lisola 310 ff.; Erdmannsdorffer I. 510 ff.

8 Mignet II. 184.

4 I.e. 191 f., 197 ff.

Fontca, II. Abt. IM. LVI. e

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den (23. Jan. 1668), die von da an ftir mehrere Jahre einer der Angelpunkte der europ£ischen Politik blieb. l

In dem Vertrage wurde auch der Wille betont, den Frie- den zwischen Spanien und Portugal herzustcllen ; in Wirk- lichkeit war damals dieses Ziel schon erreicht, eine innere Umwalzung in Portugal hatte die Wege geebnet. 2

Der ebenso unfahige als tyrannische Alfons3 wurde nach lilngeren Irrungen am 23. November 1667 durch einen ktihnen Staatestreich seines Bruders Dom Pedro unter Beihilfe der KOnigin gestiirzt, Pedro wurde Regent, berief die Cortes auf den 1. Januar 1668 und lieC sich am 27. Januar huldigen. Die Konigin, die behauptete, ihre Ehe mit Alfons sei niemals voll- zogen worden, setzte ihre Scheidung von ihm durch (24. Milrz) und heiratete am 30. Marz Dom Pedro, wozu nachtraglich auch der Papst Clemens IX. seine Zustimmung gab (10. Okt. 1668 und 18. Febr. 1669).

Damals rang in Lissabon Southwell mit St. Romain um die Oberhand. Nach der miCglUckten Mediation Fanshaws zu Anfang 1666 war St. Romain eine Zeitlang obenauf und brachte Alfons noch zu dem Vertrage vom 31. Marz 1667. 4

Aber Southwell gab trotzdem seine Sache nicht verloren und gewann in seinen Bemtihungen fur den Frieden einen machtigen Bundesgenossen in dem Juiz do povo von Lissabon, der als Vertreter des Volkes mit aller Entschiedenheit fur den Frieden mit Spanien eintrat. Southwell selbst besuchte die gefangenen spanischen Grofien, den Marquis de Liche und Anielo de Guzman, den altesten Sohn Medinas, und gewann sie daflir, die Verhandlungen in die Hand zu nehmen. Wirk- lich erhielt de Liche von Spanien eine ordentliche Vollmacht und Southwell sorgte dafiir, daC dies allgemein bekannt wurde.

Als dann Ende 1667 Lord Sandwich mit Vollmacht von England und Spanien 6 in Lissabon erschien, gewann die Frie- denspartei endgultig die Oberhand, die Verhandlungen gingen schnell vonstatten und am 13. Februar 1668 crfolgte die Unter-

1 Vgl. Mignct II. 549 ff.; Pribram, 1. c. 422 ff. Ftir die vorhergehenden

Verhandlungen Mignet II. 482 ff.; Lcfevrc-Pont. I. 417 ff. * Schafer IV. 610 ff., bes. 629, 632 ff. 8 Vgl. Mignet II. 565 ff. 4 Schafer IV. 666 ff. 6 Leopold, 31. Dez. 1667 und die folgenden Briefe.

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zeichnung des Friedens von Seiten Portugals unter Garantic Englands. * ,Utinaui ante biennium facta fuisset (sc. pax)/ schrieb Leopold auf die Nachricht hiervon, 2 und er hatte Recht; ura einen grOCcrcn Einflufi auf die niederliindische Frage zu tiben, kam der Friede zu spat. Dennoch war er fur Spanien eine groCe Wohltat, da es die vielen Millionen, die der Krieg jHhrlich ohne jeden Erfolg verschlungen hatte,3 wieder fair andere Zwecke verwenden konnte.

Portugal kann man von da an aus der allgemeinen Politik fur langere Zeit als ausgeschaltet betrachten, denn trotz der Bemiihungen Frankreichs und trotz mancher Differenzen mit Spanien dachte Pedro kauin jemals ernstlich daran, sich in einen neuen Krieg gegen Spanien oder auf einen Kainpf mit den Generalstaaten einzulassen. Ebenso wies er jedoch die Antrftge eines engen Bundes von Seiten Spaniens zuriick (Marz 1672).*

Zu eben der Zeit, da der portugiesische Friede geschlossen wurde, hatte Ludwig XIV. seinen berlihmten Winterfeldzug gegen die Franche-Comte unternommen, da er nicht durch einen neuen Angriff auf die spanischen Niederlande die General- staaten reizen wollte, von deren Verbindung mit England er damals noch keine Kenntnis hatte. Um sie von einer solchen abzuhalten, versprach er ihnen, als er zu dem Feldzuge ab- reiste, in einem Briefe vom 22. Januar 1668, an seiner frliher kundgegebenen Alternative festhalten zu wollen. Castel Rodrigo hatte den von Ludwig im September 1667 gew&hrten sechs- monatlichen Waffenstillstand erst am 12. Februar 1668 ange- nommen, die Alternative erst am 4. Marz; am 15. M&rz ent- schied er sich zu allgemeiner Verwunderung fur die Abtretung der verlorenen niederl&ndischen St&dte. Als Ludwig XIV. wegen angeblicher Unvollst&ndigkeit von Castel Rodrigos Voll- machten Schwierigkeiten erhob, obwohl dieser seit 4. August 1667 absolute Vollmacht besaC, garantierten die Generalstaaten und England die Erfullung seiner Versprechungen (26. Marz) und schlossen dann am 15. April den Praliminarfrieden von

1 Schafer IV. 670 flf.; Mignet U. 570 ff.; Relat. de diflf. I. 14 S. 1 An POtting 18. Marz 1668.

3 Acht Millionen (Barozzi c Berchet II. 362) oder gar 13 Millionen Duka- ten (Wagner, Hist. Leop. 1215); nach Potting Marz 1668 6 Millionen.

4 Schafer, 1. c. V. 21.

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St. Germain, auf welchem der definitive Friede von Aaaehen (2. Mai) beruhte.

Am 29. Mai erfolgte seine offentliche Verkiindigung in Brussel und Paris. *

V. Don Jaans Aufstand.

Eine groCe Gefahr war an Spanien vortibergegangen und was sie gelehrt, war deutlich genug. Ohne einen Wechsel der Regierungsprinzipien konnte es nicht hoffen einem neuerlichen Angriflfe zu widerstehen. Die Autoritat der Regierung hatte in den letzten Jahren stark gelitten. Der Friede mit den Portu- giesen, wie verniinftig und unabwendbar er auch war, hatte dazu beigetragen, das Ansehen der Krone zu schmalern. * Wollte die Koniginregentin der Mifistimmung, die deutlichen Ausdruck fand, Herr werden, so muCte sie unzweideutige Be- weise ihrer nationalen Gesinnung geben und alle Mittel auf- wenden, die traurigen MiCstande im Innern das Landes zu be- scitigen. Allein Maria Anna besafi weder selbst die entsprechen- den Fahigkeiten, noch stand ihr eine Personlichkeit zur Seite, die fur sie das Rechte getan hatte. Neidhardt, ihr Vertrauens- niann, erwies sich als ganzlich unfahig. Er wollte alles leiten,8 beleidigte die stolzen Granden, hielt sich moglichst unabhangig vom Kaiser, urn sich bei den Nationalen beliebt zu machen, denen er aber als Fremder verhafit blieb, suchte Penaranda vergebens fiir sich zu gewinnen, wahrend er Medina und andere Osterreich freundlich gesinnte Manner von sich stieC. Selbst Castrillo, der es versucht hatte, sich mit ihm gut zu stcllen, fiel durch seinen unertraglichen Hochmut verletzt von ihm ab, so dafi er im Frtthjahre 166S vollkommen vercinsamt dastand, bloC gehalten durch die Autoritat Maria Annas.

Diese Lage bentttzte Don Juan, um sich zum Sprachrohr des allgemeinen Unwillens zu machen und einen Angriff auf

1 Mignet II. 578 ff.; Lefevre-Pont. I. 461 ff.; Pribram, Lisola 413 ff.

8 Bcllegnos Rel. Mai 1670, Barozzi e Berchet II. 362.

8 Wiederholt hat Kaiser Leopold durch Potting und direkt Neidhardt ge-

beten, die ,apparentias negotiorum* zu fliehen. Vgl. z. B. das Schreiben

Leopolds an Potting, 20. Januar 1666.

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Neidhardt zu unternehinen, der aber nicht nur den Sturz des Ministers, sondern auch den der Koniginregentin bewirken oder, falls dieser letztere Plan miBlang, Don Juan mindestens an die Spitze der Regierung bringen sollte.

Es ist bereits erwfihnt worden, daB Don Juan sich auf die Klagen Uber seine KriegsfUhrung gegen die Portugiesen vom Kommando und nach Consuegra zurttckgezogen hatte. So sehr war er aus der Gnade gefallen, dafi er beim Tode seines Vaters nicht einmal Zutritt zum Sterbelager erhielt.1 Die folgenden Jahre verlebte er unter vergeblichen Versuchen, sich wieder eine Position zu schaffen. Er kntipfte Verbindungen init mehreren hervorragenden M&nnern in Madrid, unter anderen auch mit Medina an, er suchte sich mit Neidhardt, mit Pitting und Lisola auf guten FuC zu stellen 2 und schnieichelte sich mit den verschiedensten Hoffiiungen, auf den polnischen Thron,8 auf eine Heirat mit einer tirolischen Prinzessin u. a. m.4

Als all dies fehlschlug, schien das Jahr 1667 ihm den Weg zu seiner Rehabilitierung zu weisen. Schon am 8. Mai, also noch vor der entscheidenden Audienz Embruns (17. Mai), kam er nach Aranjuez, um einen Sitz im Staatsrate zu erzwingen.5 Er wurde auch von der Konigin ,flir einige Tage' in diese Korper- schaft berufen, nahm seinen Sitz jedoch erst nach Beseitigung einiger ceremonieller Schwierigkeiten, die die Sache bis 16. Juni verzogerten, ein und wurde als Vorsitzender anerkannt.6 Durch dieses Zugest&ndnis wollten die Konigin und Neidhardt wahr- scheinlich der Offentlichen Meinung, die sich mit grofier Ent- schiedenheit fur Don Juan aussprach, eine Konzession machen. Bald aber wurde der BeschluB gefaBt, ihn mit ausgedehnten

1 Pitting an Leopold, 17. Sept. 1665, I. 170. Potting berichtete im Laufe der Jabre 1664 und 1665 wiedcrholt liber Don Juans Plane. Vgl. z. B. seine Schreiben vom 30. Juli 1664, 6. Mai 1665, I. 69, 131.

2 Pitting an Leopold, 4. Juni 1666, I, 227 f. und Kanzleireskript vom 19. Juli 1666, I. 233.

8 Pitting, 24. Okt. 1666, I. 267.

4 Potting an Leopold, 4. Juni 1666, I. 228; es bandelte sich um Claudia

Felieitas, die spater Gemablin Leopold I. wurde. 6 Enibrun, 19. Mai 1666, Mignet II. 107 f. Vgl. auch Leopold an Putting,

28. April und 11. Mai 1667 und die Schreiben POttings vom Marz bis

Mai 1667. 6 Embrun, 16. Juni, Mignet II. 135 f.; POtting, 21. Juni 1667, I, 313.

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Vollinachtcn und Geldmitteln nach Flandern zu senden.1 Man hoffte auf diesera Wege mehreres auf einraal zu erreichen; ihra eincn hohen Posten, den Niederlanden einen angeschcnen Qouverneur zu geben und zugleich einen unbequemen Mann aus Spanien zu entfernen. Don Juan erklarte sich zur Uber- nahme des Amtes bereit, st elite aber ungeheure Geldforderungen,2 dcren Gewahrung unmoglich war. Die Verhandlungen zogen sich langere Zeit hin. Auch uber den einzuschlagenden Weg war cine Einignung nicht zu erzielen. Zuerst wollte er liber Deutsch- land reisen,3 wenigstens stellte er sich so, wenn es ihm tiber- haupt jemals mit der Reise ernst war; dann ging er nach Coruna, uni sich einzuschiffen. Nach weiteren Verzogerungen wurde die Abreise auf den 26. Juni 1668 festgesetzt. Da trat das Ereig- nis ein, das ihm, wenn nicht die wirkliche Ursache, so doch den willkommenen Vorwand hot, die Sache ganz abzulehnen.4 Schon seit einiger Zeit konnte Don Juan Anzeichen be- obachten, die auf ein kommendes Ungewitter hinwiesen. Einer seiner Anhanger, der Herzog von Pastrana, wurde vom Hofe verbannt; dann legte Castrillo im Marz 1668 seine Prasidenten- stelle ini Rate von Castilien nieder6 und endlich wurde am Samstag nach dem Dreifaltigkeitssonntag (2. Juni) der arago- nesische Hidalgo Joseph Malladas, ein Steuereinnehmer, in der

1 Pitting, 12. Juni 1667, I. 311.

8 6 Millionen Livres. Vgl. den Staatsratsbeschluft vom 25. Nov. 1667 bei Mignet II. 597 ff.

8 Das gab zu cinem Gedankenaustausch zwischen Leopold und Potting AnlaB Uber die bei seiner Durchreise zu beobachtenden Ceremonien. Vgl. das Kanzleireskript vom 23. Nov. 1667, I. 336 u. a. O.

4 Fur das Weitere vgl. hauptsachlich die ,Relacion de las desavenencias etc.4 Madrid 1669 (Hofbibl. 47 Mm. 74). Ira folgenden wird aber nach der franztfs. tJbcrsetzung, Paris 1677, zitiert. Ferner findet sich eine Aus- gabe im Semanario erud. IV, vvelcho noch eine kurze Fortsetzung enthftlt, die don beiden erwahnten Ausgaben fehlt. Der Autor war (nach Sem. crud. IV, Vorwort p. 4) Don Francisco do Bances Candamo. Er stand durchaus auf Don Juaus Seite. Das Hauptverdienst der Arbeit, deren- gleichen sich sonst filr diese Zeit kaum finden diirfte, besteht in der un- mittelbarcn Gleichzeitigkeit der Aufzeichnungcn und in der Einschaltung oiner Menge von Flugschriften. Viele von dieson bcfindcn sich hand- schriftlich in den Codd. der Hofbibl. Nr. 5580 d, 5943 und 5580 c (ebenso wio das erwUhnte Exemplar der ,Relacion* aus dem Bcsitze POttings).

5 Uber die Rede, die er damals vor der KSnigin gehalten hat, vgl. Mignet II. 603 ff., wo jcdoch vom Dez. 1667 gesprochen wird.

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Nahe von Madrid urn 11 Uhr naclits gefangen genommen und alsbald hingerichtet.

Was sein Verbrechen gewesen, liiCt sich nicht feststellen. Die Parteiganger Neidhardts haben spater behauptet, daC er von Don Juan den Auftrag erhalten habe, Neidhardt umzu- bringen; Potting deutet an, dafi er gegen die Konigin selbst etwas im Schilde gefiihrt habe.1 Was immer aber die Ursache war, die Hinrichtung machte ungeheures Aufsehen und die Junta erhob hierliber bei der K(5nigin Klage. Selbst Leopold war liber die Forinlosigkeit des Vorgangs erstaunt und betretcn.2 Sotbrt zeigten sich die tiblen Folgen dieses Vorgehens. Nach Erhalt der Nachricht von der Hinrichtung des Malladas er- klarte Don Juan, wegen Krankheit nicht abreisen zu konnen.3 Erzlirnt liber diese AuCerung, befahl ihm Maria Anna, sich wieder nach Consuegra zu begeben und ernannte den Herzog von Frias an seiner Stelle zum Gouverneur derNiederlande. Bald darauf am 3. August erlieB sie ein scharfes Dekret gegen Don Juan;4 der Bruch war also wieder ein vollkommener, nur daB Don Juan entschlossen war, diesmal seine Ungnade nicht so geduldig zu ertragen wie das erstenial. Die entscheidende Wcndung trat im Oktober ein. Als die Koniginregentin init dem kleinen Kftnige am 13. Oktober eine Spazierfahrt unternehmen wollte, erschien plotzlich ein Gardekapitan, namens Pinilla, der dringend eine sofortige Audienz begehrte und sie durch Ver- mittlung des Obersthofmeisters Aitona auch erhielt. Sie dauerte etwa eine halbe Stunde, dann fuhr die Konigin aus, wahrend Pinilla mit dem Staatssekretar Loyola zuriickblieb, bei dem er auch die Nacht verbrachte.5 Am nachsten Tage wurde

1 In einer der zahllosen Flugschriften, die dam als erschieneu, ,El desem- bozado' wird behauptet, der Alrairante und Mondejar seien ursprtinglich rait Don Juan verbtindet gewesen zur Ermordung Neidhardts. Don Juan babe sich dann aus Gewissenhaftigkeit abgewendet und die beiden Erst- genannten hatten dann aus Rache Pinilla bestimmt, das ganze zu ver- raten (Cod. der Hofbibl. 5943, fol. 86). Eine andere Schrift (1. c. fol. 265 vo.) stellt die Sacho so dar, dafi Don Juan erst durch Saint Aune, dann durch Malladas und zuletzt durch Pinilla Neidhardt nachstellte. Vgl. POttings Briefe vom Juli und August 1668, insb. 8. August, I. 410.

» Leopold, 19. Juli und 2. August 1668.

8 Vgl. Leopold an Potting, 12. Sept. 1668.

4 Vgl. den VVortlaut bei Lafuente XVII. 22 Anra.

8 Nliheres Anm. 2 zum Schreiben Leopold I. vom 21. Nov. 1668, I, p. 423 f.

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Bcrnhard Patifio, der Bruder von Don Juans Sekretar, samt zwci Dienern gefangen genommen und verh<5rt. Am 21. Okto- ber erhielt der Kapitan der deutschen Garde, Marques von Salinas, Befehl, mit einigen reformierten Offizieren nach Con- suegra zu gehen, um Don Juan festzunehmen. Aber dieser wurde gewarnt und entfloh 5 er hinterlieC einen Brief an die Konigin, in dem er Neidhardt in der heftigsten Weise angriff.1 Damit war der Krieg erklart und das ganze Land war sofort in hellem Auf- ruhr. In Madrid und bei Hofe bildeten sich zwei Parteien; sogar unter den Hofdamen unterschied man Nithardistas und Austria- las. AuCerhalb der unmittelbaren Umgebung der Konigin war freilich uberall die Partei Don Juans weitaus die starkere. Man sah in ihm den Sohn des verstorbenen Konigs, das Vorur- teil gegen die uneheliche Geburt war sehr gering den Ver- treter der Nation gegenuber dem Fremdenregiment, den besten Feldherrn, den das Land noch besaC, den einzigen Mann, den man fur fahig hielt, die Wunden des Staates zu heilen. Bald hatte es die Kftnigin zu empfinden, dafi sie sich in dieser An- gelegenheit weder auf die Junta, noch auf den Staatsrat, noch sonst auf irgend eine KcJrperschaft verlassen konnte, auch nicht auf so manchen, den man fruher fur unzweifelhaft treu gehalten.2 Auf die Anfrage, was gegen Don Juan zu tun sei, ant- wortete der Staatsrat durch eine consulta vom 29. Oktober, in der man von ihm mit groCer Ehrfurcht sprach und ihn fast in allem entschuldigte.3 Neidhardt liefi zu dieser Zeit eine Verteidigungsschrift erscheinen, in der er nachzuweisen suchte, daC er mit der Hinrichtung des Malladas und der Verhaftung Patinos nichts zu tun gehabt habe,4 aber sie war in ihrer Be- weisfiihruug sehr schwachlich und der Eindruck, den sie etwa anfanglich bei einigen gemacht haben mag, wurde durch eine Reihe von heftigen Streitschriften gemindert, die Schlag auf

1 Vom 21. Oktober, Rel. I. 66 ff. Diarium POttings II. 16 vo. und Priorato, Hist, di Leop. III. 176. Vgl. Leopold an Potting, 29. Nov. und 6. Dez. 1668.

2 Dies bezioht sich besonders auf Medina Torres und Montalto, welche von Bellegno (1. c. 365) als die Hauptftfrderer Don Juans genannt werdcn. Zorzi (1. c. 346) nennt nach Medina an zweiter Stelle Pefiaranda.

8 Anfragedekret der K(5nigin vom 25. Okt., Consulta vom 29. Okt. 1668,

Rel. I. 75 107. 4 Relat. I. 131—204.

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Schlag gegen ihn veroffentlicht wurden und sich gcgenseitig durch die Scharfe der Sprache zu Ubertreffen suchten. Speziell als Antwort auf Neidhardts Manifest erschien ein Totenge- sprach,1 das ihn und seine Beweisfiihrung in unbannherziger Weise zerzauste.

Unterdessen tauchte Don Juan in Catalonien auf, wo er der Macht der Kdnigin fast ganz entriickt war, und fand bei dem dortigen Vizektmig Osuna die begeistertste Aufnahnie. Von Torre de Lled6, zwei Leguen von Barcelona, richtete er am 13. November Briefe an die KOnigin, an die wichtigsten Manner bei Hofe und an alle St&dte, die Sitz und Stimme in den Cortes hattcn.2 Sie wurden sofort gedruckt und man kann sich denken, welchc Verbreitung sie gefunden haben werden.8

Die Konigin begann sich fur den Fall eines offenen Auf- standes vorzubereiten, sie sammelte einige Truppen um Madrid, HeC das kftnigliche Landhaus Pardo, zwei Leguen von der Stadt, zum WafFenplatz machen und stellte an den Rat von Castilien die Frage, ob Don Juan etwa als Rebell erkl&rt werden solle.

Die Antwort dlirfte verneinend ausgefallen sein, denn sie schrieb unter dem 3. Dezember einen sehr maCvollen Brief an ihn, in dem sie ihn aufforderte, nach Consuegra oder sonst in die Nahe Madrids zu kommen. Er antwortete (11. Dezember), er wttrde gerne gehorchen, wenn er nicht fur sein Lebeu fiirchten mttfite, da ihm Neidhardt durch den Vizekonig von Aragon, den Grafen Aranda, nachstelle.4 In den neuerlichcn Beratungen, die hierauf angestellt wurden, zeigte sich immer deutlicher, daC der grofite Teil der Rate auf Don Juans Seitc stand. Fast alle ,consejos' rieten zur Entlassung Neidhardts.5 In dieser Lage war die Ktfnigin froh, dafi der Papst ihr durch seinen Nuntius seine Mediation anbieten lieC; sie nahm sie an,6 wobei sie freilich nicht wissen konnte, daC audi der Nuntius Neidhardt sehr unfreundlich gesinnt war.

1 Relat. I. 207 247. Interessant ist dabei der HaB gegen den Jesuiten- orden, dem mit Vertreibung und dem Schicksal dcs Templerordeus ge- droht wird, 23»/9.

3 Vgl. auch das Kanzleireskript ddo. 2. Januar 1669, II. 3. Rel. I. 248—276.

4 ttber die Beratung Rel. I. 277—292, Don Juans Brief 293—301. 6 Rel. I. 327 ff.

6 Rel. I. 331.

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Da nun audi Don Juan fUhlte, daC die Lage allgemach unhaltbar wurde, entschloB er sich endlich zu dem Wege nach Madrid, aber in Bcgleitung einer bewaffneten Eskorte, die ihm Osuna zur Verfugung stellte. Dies meldete er der Konigin in einem Schreiben voni 22. Januar 1669 und raachte sich sofort auf. Seine Reise glich einem Triumphzuge. Trotz des Verbotes der K5nigin wurde er in Zaragoza mit den grb'Bten Ehren empfangen, eine Puppe, welche Neidhardt vorstellte, wurde vor dem Jesuitenkollegium verbrannt, wobei der Rektor zusehen mufite. l

Wahrend Don Juan gegen Madrid zog, wurden die ohne- hin schwachlichen Vorbereitungen der KSnigin durch die Junta vornehmlich war es Penarandas Werk zunichte gemacht.2

Die Konigin blieb wehrlos und entschlofi sich daher, mit Don Juan durch dessen Obersthofmeister Diego Velasco zu verhandeln. Don Juan, der inzwischen bis nach Junquera, zehn Leguen von Madrid, vorgeriickt war, antwortete mit einem Schreiben, in dem er Neidhardt sehr scharf angriff und die von diesem ausgesprochene Behauptung, er selbst (Don Juan) wolle sich des jvaliiniento* bemachtigen, als Verleumdung zurttckwies.3

DaC die Ktfnigin auf seine schroffen Erklarungen ruhig erwiderte,4 ermutigte ihn, in einem Schreiben vom 22. Februar kategorisch die Entlassung Neidhardts zu fordern, wahrend er selbst mit seiner kleinen Armee bis nach Torrejon de Ardoz vorrlickte. Jetzt erschien der papstliche Nuntius bei ihm mit einem Breve und der Bitte der Junta, sich nach Guadalajara zuruckzuziehen oder vier Tage Bedenkzeit zu geben. Das ge- schah am Nachmittag des 24. Februar. Noch am Abend des-

1 Don Juans Brief, Rel. I. 332—336, Beschreibung seines Wcges durch Aragon and des Empfanges in Zaragoza, Rel. I. 351—388.

a Der Hergang dieser Begebenheit wird in den zwei uus zuganglichen Quellen verschieden gescbildert. Die ,Lettera di raguaglio' in Codex 14.117 der Hofbibl., f. 238 246, gibt sehr genaue Daten, die nicht ganz mit der ,Rclation' I. 391 ff. stimmen.

3 So nach Rel. I. 391—407.

4 Rel. II. 1 ff. In der ,Lettera' fol. 239—241 wird Velasco erst am 19. Fe- bruar gesendet und kchrt noch am selben Tage mit einem beleidigenden Briefc Don Juans zuruck. Dort, wo die Relation seine crste Sendung ervvahnt, spricht die ,Lettera' nur von einem Kurier, der am 8. Februar abgeht, am 9. Don Juan erreicht, von diesem zwei Tage mit sich ge- ffihrt und dann ohne Antwort zurilckgeschickt wird.

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sclben Tages kehrte der Nuntius nach Madrid zuriick und brachte die Antwort, Neidhardt inlisse bis zum 25., 8 Uhr Morgens die Stadt durch ein Tor verlassen, sonst wolle ihn Don Juan selbst durch ein Fenster hinauswerfen.1 Der Rat von Castilien, der noch bis 10 Uhr beisammen war, be- schlofi hierauf, nicht nur Neidhardt, sondern auch seine Kreatur, der President des Rates, seien zu entfernen.2 Es war die hochste Zeit, daC eine Entscheidung getroffen wurde; in den StraCen von Madrid HeC sich schon der Ruf vernehmen: ,Viva el rey, muera el mal gobierno!'3 und es war nicht abzusehen, wohin die Sache noch flihren werde. In der Frtthe des 25. war ganz Madrid in Aufregung, alles dr£ngte sich zu Hofe, um den Ausgang der Beratung der Junta zu erfahren. Zu dieser er- schienen nur Peneranda, der Kardinal und der Vizekanzler von Aragon. Aitona war angeblich oder wirklich krank,4 der Pre- sident von Castilien HeC sich entschuldigen5 und Neidhardt wurde durch den Nuntius davon abgehalten zu erscheinen.6

Die drei anwesenden Manner werden wohl von vorne- herein entschlossen gewesen sein, gegen Neidhardt zu entsehei- den, aber sie berieten doch solange, daC die Wartenden die Geduld verloren. Der Herzog von Infantado und der Marques de Liche eilten zur K6nigin und, als sie hier abgewiesen wurden, da diese angeblich noch zu Bette lag, zu Loyola, sagten ihm, die Stadt sei zuin Aufstand reif, und drohten selbst Neidhardt zu entfernen. Dann drangen sie in das Beratungslokale der Junta ein und rissen die dort Anwesenden zu dem Beschlusse hin, Neidhardt habe die Stadt innerhalb drei Stunden zu vcr- lassen.

Nach dem Frtthstttcke unterzeichnete die Ktfnigin, wie es heiCt, mit groCer Festigkeit, das ihr vorgelegte Dekret und so- fort wurde Neidhardt aus Madrid weggeflihrt. Er hatte schon

1 Rel. II. 18, Lett. fol. 241 vo. * Besonders Lett. fol. 241 vo., 242.

3 Villars an Ludwig XIV., 6. Marz 1669, Mignet III. 423—425. Ludwig XIV. hatte schon viel frilher seinen Bcistaiid angetragen (Mignet III. 390/1). DaC viele Don Juan zum KOnig wiinschten, ist wohl sicher. Vgl. die fast unglaublich kiihnen AuCerungen Maradas' und Castellars (Malagons) bei Mignet III. 431 und 432.

4 Lett. 242, wo irrtflmlich Arioni statt Aitona stcht.

5 Rel. II. 20.

8 Rel. und Lett. 11. cc.

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frtther die KSnigin urn seine Enthebung gebeten und nahm jetzt die Entscheidung sehr gelassen hin.1

So war denn die grtfBte Gefahr vorbei, aber es fehlte noch viel, daC Ruhe eingetreten ware. Die Ktfnigin war tief beleidigt und dachte nieht daran, Don Juan an Neidhardts Stelle vor- riicken zu lassen, und Don Juan konnte seines Erfolges nicht froh werden, da er sich dessen Frlichte unter den Hiinden ent- gleiten sah und doch keine rechte Mtfglichkeit hatte, etwas Neues zu unternehmen. Denn in dem Augenblicke, in dem Neidhardt von der Bildflache verschwand, war es auch mit der Anhanglichkeit einer Reiho von Leuten an Don Juan vorbei. Manner wie Peiiaranda und Montalto waren durchaus nicht gcwillt, ihm weiter Gesellschaft zu leisten, da sein Ubergewicht leicht noch driickender werden konnte als das des Jesuiten.8

So war er gezwungen, zunilchst einzuhalten und nach Guadalajara zurUckzukehren, da ihm die Konigiu die Erlaubnis, nach Madrid und zu Hofe zu koinmen, hartn&ckig verweigerte. In den nun folgenden Verhandlungen verlangte er die Ein- setzung einer Junta de alivios (zur Erleichterung der Steuern) und einiges andere, was dazu dienen sollte, seine Volksfreund- lichkeit in das richtige Licht zu setzen, ferner die Absetzung dcs Prasidenten von Castilien und Aitonas oder wenigstens ihren AusschluC von der Beratung aller ihn betreffenden Angelcgen- hciten.3 Wahrend man Uber diese Dinge verhandelte, bot sich ihm cine willkommene Gelegenheit zu neuerlichem Auftreten gegen die Kdnigin durch die beginnende Errichtung eines Garderegi- mentes in Madrid, dessen Kommando dem allzeit getreuen Aitona iibergeben wurde. Da meldete sich Don Juan wieder mit einem ausfuhrlichen Schreiben vom 5. Mai, in welchem er gegen dieses Regiment Vorstellungen erhob. Aber die KSnigin antwortete ihm sehr entschieden (17. Mai) und verbat sich jede derartige Einmischung, worauf er unter dem 22. seine unbedingte Unter- werfung aussprach. Sie wurde ihm ziemlich leicht gemacht, da die Konigin ihn gleich darauf zum Generalvikar der Lander der aragonesischen Krone ernannte.4 Damit hatte er erreicht, was unter den gegebenen Umstftnden zu erreichen war. Er

1 Lett. fol. 242 f. Rel. II. 20—26. Berichte POttings, II. 23 ff.

9 Vgl. bes. Lett. 244 ro/vo. Vgl. Villars, 3. April 1669, Mignet III. 434/5.

8 Rel. II. 32—50.

* Rel. H. 95—118, 144—148, 156—163.

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reiste sofort nach Zaragoza ab, nachdera er noch ein Schreiben an den Papst mit dem Danke fur die Hilfe seines Nuntius und der Bitte abgesendet hatte, Neidhardt zur Niederlegung aller seiner Amtcr zu zwingen.1 Auf der Durchflihrung der von ihra frtther gestellten Reformantriige bestand er, da seine perstfn- lichen Wtinsche erfiillt waren, nicht mehr. Sie konnten ruhig ad acta gelegt werden.

Aber noch immer trat am Hofe die erwiinschte Ruhe nicht ein. Zwei andere Angelegenheiten hielten denselben in fortdanernder Aufregung. Die eine war die der Errichtung des Garderegimentes, gegen die sich ein unglaublich heftiger Widerstand geltend machte. Die ,consejos'; die Stadt Madrid riehteten sehr energische und ktihne Proteste an die Konigin;2 in Madrid und Umgebung gab es fast taglich blutige Raufereien zwischen der Bevolkerung und den Soldaten und einmal fehlte nicht viel, daC es in der Stadt selbst zu einem regel- rechten Aufstand gekommen ware.3 Nur mit den groBten Schwicrigkeiten vermochte die Kftnigin ihren Willen durchzu- setzen.

Die andere Frage war die der angeblichen Attentatsversuche auf Don Juan, die dieser wohl nur zu dem Zwecke auskramte, um nicht in Vergessenheit zu geraten. Die Beschuldigungen rieh- teten sich gegen Aitona, den Prasidenten von Castilien und den Qrafen Aranda, der seit November 1668 VizekOnig von Aragon war und November 1669 abdankte. Aranda war schon 1668 der Teilnahme an einem Mordanschlage beschuldigt worden und seit Anfang 1670 brachte Don Juan wieder ahnliche Anklagen vor. Auf eine AufForderung der Konigin spezifizierte er sie dahin (14. Mai), daC man schon seit Marz 1669 ihm mit Gift und Gewalt nach dem Leben getrachtet habe. Die Ausfuhrung sei durch Aitonas Vermittlung Aranda tibertragen, das Gift bei Hof hergestellt und durch einen eigenen Boten nach Zaragoza geschickt worden, der dort am 9. MUrz 1670 ankam. Die bei Aranda vorgenommene Hausdurchsuchung habe den Verdacht

1 Rel. n. 165-169.

1 Vgl. die Vorstellung Madrids (Rcl. II. 122—140), des consejo do Castilla

(192), des Staatsratcs (194—219) sowie die Flugseh rift ebenda IT. 289—335.

8 Vgl. Rel. II. 187 ff. und POttings Schreiben vom Mai und Juni 1669,

11, 28 ff. Vgl. fflr Leopold I. Ansicht in dieser Frage seine Briefe vom

12. Sept. 1668 und 22. Mai 1669.

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best&tigt.1 Zum Gllick starb gerade damals Aitona, den Don Juan vielleicht wie friiher Neidhardt ,pro haedera' zu gebrauchen dachte,2 und die ganze Giftgeschichte stellte sich schlieBlich als Machination eines gewissen Inigo de Cordua heraus, der hierauf hingerichtet wurde.8 Von da an scheint sich Don Juan im ganzen und groCen nihig verhalten zu haben; die Ver- waltung der Niederlande nahm er nicht an, er kam dann inehreremale nach Madrid und soil zuletzt von der Kftnigin das Versprechen erhalten haben, daC er standig nach der Hauptstadt kommen diirfe und einen Sitz im Staatsrate er- halten solle.4

Neidhardt sollte nach dera Willen der Konigin fUr seinen Verlust durch das Amt eines auBerordentlichen Botschafters in Rom entschadigt werden. Es gelang aber seinen Feinden, dies sowohl wie seine Erhebung zum Kardinal, die die Konigin sehnlichst wiinschte, fiir die nachste Zeit zu hintertreiben. Die Verfolgung in Spanien scheint sich Ubrigens auch auf Neidhardts Anhanger erstreckt zu haben, wenn man nach der Deklaration urteilen darf, die ein von der Inquisition gefangen- gehaltenes Individuum gegen Neidhardts Vertrauten, den Jc- suitenpater Francisco de Salinas abgab. Er wird darin luthc- rischer Irrlehren, macchiavellistischer Grunds&tze und der Zau- berei an£eklagt. Auch soil er mit seinem GOnner das Los geworfen haben, wer von ihnen Don Juan ins Meer zu stoCen habe.5

Erst allmahlich beruhigte sich das Volk, aber jede leise Andeutung, als ob Neidhardt jemals zurlickkommen konnte, fand in Spanien die unzweideutigste Abweisung; selbst der Kaiser war gegen einen derartigen Versuch0 und Neidhardt

1 Quadornillo de papeles secretos, Manuskript der Hofbibl. 6943 fol. 382

397. Semanario erudito IV. 271-274. 9 Leopold, 23. April 1670.

3 Leopold, 11. Marz 1671, Theatr. europ. X. 2, 566.

4 Seman. er. IV. 276.

6 Codex der Hofbibl. 6580 e fol. 184—190. tJber diesen Salinas vgl. auch Rel. II. 254 und 266/7, wo erzShlt wird, er habe Neidhardt in die Ver- bannung geschrieben, er werde bald zuriickkehren ktinnen. Als dieser Brief bekannt wurde, sendete der Nuntius Salinas nach Valladolid und von hier nach Palencia, von wo er vielleicht nach Rom gegangen ist.

0 Leopold an Putting, 31. Dez. 1670, 27. Juli, 5. und 18. Okt. 1672.

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selbst.hatte erne schwere Leidenszeit durchzumachen, bevor er iin Mai 1672 die Kardinalswtirde erhielt.1

Wenn aber das Gewitter auch noch nachgrollte, so war die innere Krise doch mit dein Mai 1669 ttberwunden und die auswHrtigen Angelegenheiten, die durch sie eine Zeitlang et- was in den Hintergrund gedriingt worden waren, traten nun wieder in die erste Linie.

VI.

Vom Aachencr Frieden (2. Mai 1668) bis zum Abschlusse der Ssterreiehiseh-spaniseheii Allianz vom 28. Angnst 1673.

Das Verhalten Spaniens in dem Zeitraume, der dem Uber- falle der Vereinigten Niederlande durch Ludwig XIV. voraus- ging, zeigt einen wesentlichen Unterschicd gegeniiber demjenigen vor und wahrend der Jahre 1667 und 1668. Denn Spanien war es, das sich unter alien europJiischen GrofimHchten zuerst fur die Unterstutzung der Generalstaaten entschied und seinem Drangen wird es nicht in letzter Linie zugeschrieben werden mttssen, daB es schliefilich gelang, auch den Kaiser zum offenen Kampfe gegen Ludwig XIV. zu vermogen. ErklUren lHCt sich dies nur dadurch, daC Maria Anna in diesen Jahren ihre franzosenfeind lichen Gesinnungen deutlicher betontc und daC es ihr gelang, denEinfluC Penarandas und der ubrigen Anhftnger Ludwig XIV. merklich zu mindern.

Der Gegensatz zu Frankreich wurde flir einige Jahre ein Merkraal der Madrider Politik. Am Hofe selbst waren es vor allem Castel Rodrigo und Albuquerque, letzterer seit der zweiten Halfte 1670, 2 die energisch flir den Kampf gegen Ludwig XIV. eintraten. Monterey wirkte in Flandern in derselben Richtung und auch der Kardinal von Aragon, Ayala und der Almirante neigten sich auf diese Seite, ja selbst Pcfia- randa und La Fuente scheinen zuletzt sich dieser Stromung nicht ganz entzogen zu haben. So erhielt der Hof allmtihlich ein ganz anderes Aussehen und der Kaiser sowie sein Bot- schafter hatten dort 1672 1673 doch eine weit andere Stellung

1 Vgl. Rel. des diff. air. II. 247 ff. und Leopold an Potting, 21. Sept. IfiOO,

15. Juni 1672. * Leopold an Potting, 22. Oktober 1670.

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als seit vielen Jahren. Vielleicht war dabei auch die bevor- stehende Bildung eines Hofstaates fur den kleinen Kflnig nicht ohne EinfluC, dcnn da jedermann nach den dabei zu vergeben- den Stellungen strebte, so 8uchte man sich durch ein entspre- chendes Benehmen der Konigin zu empfehlen. Bei Albuquerque haben diese Rttcksichten eine groCe Rolle gespielt. Seit dem 24. September 1670, an welchem Tage der Kaiser diese Sache zuerst erw&hnt, widmet er ihr fast in jedem Briefe einige Be- merkungen und er sowie die Ktfnigin und Potting haben dar- tiber langwierige Beratungen gepflogen.

Von nicht geringerer Bedeutung fur die erwfthnte Wandlung war es auch, daB seit Herbst 1670 ein neuer spanischer Bot- schafter in Wien weilte.1 Zuerst hatte es vieler Bitten von seiten des Kaisers bedurft,2 bis uberhaupt 1666 ein Gesandter nach Wien kam. Dieser, ein jtingerer Bruder Albuquerques, Castellar (oder Malagon, wie er h&ufig genannt wird), war ein iiufierst hochfahrender, aufbrausender und ritcksichtsloser Mann, tiber den sich Leopold unzaiiligemale zu beklagen hatte. Er bat oft um dessen Abberufung, ohne sie jedoch tiffentlich zu fordern; endlich sprach sie die Koniginregentin aus eigener EntschlieGung aus.

Die Wahl des neuen Gesandten h&tte keine glticklichere sein ktfnnen. Sie fiel auf den Marques de los Balbaces aus der Familie Doria Spinola und dieser verstand es in kurzer Zeit, sich bei Leopold durch seine Geschmeidigkeit und sein konziliantes Wesen so einzuschmeicheln, daC dieser mchrere- male seine besondere Zufriedenheit mit ihm aussprach3 und ihm einigen EinfluC auf die Staatsgesch&fte gestattete. 4

Die Tripelallianz war mit dem erwfthnten Vertrago vom 23. Januar 1668 noch lange nicht perfekt. Erst am 5. Mai wurde in London eine Verabredung getroffen, derzufolge sich England

1 Ebenda.

9 Vgl. Leopold an Potting, 25. Oktober 1664, 9. Dezember 1665.

8 19. November 1670; 29. Juli 1671 a. a. O.

4 Vgl. Pnfendorfs Relat. vom Kaiserhof, p. 72 73, der tibcrtreibend bc- hauptet, Balbaces sei dor Diktator des kaiserlicben ITofes gowesen; und Mignet III. 685, wo jedoch irrtUmlich Malagon genannt ist.

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und die Generalstaaten verpflichteten, Spanien zur Zahlung von 480.000 Talern an Schweden zu verhalten, die acht Tage nach Ratifikation der Allianz durch diese Macht erlegt werden sollten.1 Im siebenten Artikel wurde Frankreich und Spanien die Ga- rantie ihrer Besitzungen versprochen; erst jetzt trat Schweden endgtiltig bei. Man hatte damals so ziemlich iiberall das GefUhl, daB es n6tig sei, sich durch Rtistungen und Bttndnisse gegen Frankreichs aggressive Gelliste zu sichern;2 aber von da bis zum wirklichen Abschlusse war noch ein weiter Weg zurttck- zulegen. Spanien war zunftchst noch recht saumselig; Pena- randa scheint die Ursache davon gewesen zu sein. Erst im November 1668 lieC er sich dazu herbei, die Zahlung der er- wahnten Summe in Aussicht zu stellen und brachte es schlieB- lich dazu, daC sich Schweden mit der sofortigen Erlegung von 200.000 Talern begntigte, w&hrend der Rest in zwei Raten be- zahlt werden sollte. So wurde am 7. Mai 1669 die Garantie des Aachischen Friedens von den drei Machten der Tripelallianz unterzeichnet.3 Aber wieder weigerte sich Spanien zu zahlen, bevor die Mittel bestimmt wftren, durch welche die Garantie aufrecht erhalten werden sollte. De Witt bewog nach neuen Verhandlungen Schweden zur Erflillung dieser Forderung und im Januar 1670 wurde im Haag der ,Act des Tripleconcerts' abgeschlossen. Der spanische Gesandte Estevan de Gamarra zahlte am 1. M&rz 1670 die erste Rate von 200.000 Talern aus und erhielt dafiir die Exemplare des ,Tripleconcerts* und der Garantie ausgeliefert. Nachdem auch von alien Seiten die Ratifikationen ausgewechselt worden, war Anfang Mai 1670 endlich ftufierlich alles in Ordnung. 4

Innerlich war damals freilich die Tripelallianz schon ge- lttst; am 1. Juni 1670 schloC Karl II. von England den berttch- tigten Vertrag von Dover, ohne daC man zunftchst tiber seinen Abfall klar gesehen h&tte. Er trat erst offen hervor, als es sich darum handelte, den Kaiser in die Allianz aufzunehmen.

1 Lef&vre-Pont. I. 476; Pribram, Lisola 433.

1 De Witt, 8. Oktober 1668; Lefevre-Pont. II. 8; Leopold, 23. Mai 1668.

8 Mignet IH. 281 ff.; Leftvre-Pont. n. 16, 17; Du Mont VII. 114. Das Dokument von spanischer Seite findet sich nach Boletin de la acad. real de hist. XVII. 338 bei Abren, Colecc. de tratados X. 407 f. Vgl. Pribram, Lisola 463, 466, 469.

4 Mignet III. 284; Lefevre-Pont. II. 18—21. Pontes, n. AM., Bd LVI. f

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Diesem war es schon 1667 1668 schwer genug gewesen, sich den sttirmischen ForderuDgen der Spanier, die damals freilich in Castellar einen in Wien schlecht angesehenen Ver- treter besaCen, zu entziehen. Er sollte den Krieg an Frank- reich erklaren und mit 15.000 Mann eine Diversion im Elsafi machen. Dieses Ansinnen wies er entschieden zurttck,1 ja er raifibilligte es sogar scharf, als sich der im Fruhjahre 1668 nach Spanien geschickte Qrana zu der Unterzeichnung eines Schrift- stlickes herbeilieC, in dem sich der Kaiser fur den Fall, daC Frankreich die Friedensbedingungen der Haager AUiierten zu- rttckwiese, zum Kampfe gegen Frankreich verpflichtete. *

Bald aber traten die Spanier mit neuen Forderungen an den Kaiser heran. Sie verlangten Fortsetzung der von Grana begonnenen Verhandlungen liber ein Osterreichisch-spanisches Bttndnis undEintritt in dieTripelallianz.8 Schon am 9. November 1668 bat Lisola um Instruktion in dieser Frage.4 Anfangs waren freilich Lisola und de Witt gegen den Eintritt einge- nommen; sie hielten es fur besser, daC der Kaiser mit einigen deutschen Reichsfursten einen Bund eingehe und dann so ge- starkt mit der Tripelallianz eine Liga zum Schutze der spani- schen Niederlande schlieCe.6 Das machte es Leopold zunachst noch etwas leichter, den Eintritt abzulehnen. Da jedoch die Spanier in ihrem Drftngen nicht nachlieCen, so versprach er im April 1669, seinen Beitritt zur Garantie beschleunigen zu wollen, was allerdings nicht cben sehr ernst gemeint war. 6 Und fthnUch verhielt es sich mit seiner Erklarung auf das spanische Memoire vom 1. Juli 1669. Leopold erkl&rte sich zur Garantie bereit, gab aber zugleich Gremonville das Versprechen, daC nichts daraus werden solle.7 Auch Lisola erhielt den Auftrag, die Verhandlungen hinzuziehen. Nach dem Sturze Auerspergs (De- zember 1669) schien es dann kurze Zeit, als sollte der spanische EinfluC die Oberhand gewinnen, aber schon im Marz 1670 hatte

1 Leopold, 25. Mai 1667 und die folgenden Briefe. Vgl. Pribram, Lisola

335 ff. 9 Leopold, 9. Mai 1668, vgl. Pribram, Lisola 437 f. 8 Pribram, Lisola 466. 4 1. c. 467. 6 1. c. 463 f.

6 Leopold an Potting, 6. April 1669, vgl. Pribram, Lisola 472.

7 Leopold an Potting, 13. Jnli 1669; Pribram, Lisola 482 ff.

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Lobkowitz sich soweit durchgesetzt, daB er Qremonville die bc- stimmte Versicherung geben konnte, der Beitritt werde nicht erfolgen. Leopold selbst war schon damals ttberzeugt, dafi der n&chste Angriff Ludwig XIV. den Generalstaaten gelten werde und erkl&rte sich Qremonville gegeniiber geneigt, diese zu opfern, wenn die spanischen Niederlande geschont wtirden. * Aber kurz darauf wurde er durch die Entdeckong von Gremonvilles Ver- bindung mit den Ungarn und durch andere Qrttnde wieder gegen Frankreich eingenommen und zugleich durch die Spanier so sehr gedrftngt, daB er sich in einem Schreiben an Potting vom 18. Juni 1670 zu ernstlichen Verhandlungen mit der Tripelallianz bereit erkl&rte. 2 Der Reichshofrat Walderndorf wurde an Johann Phi- lipp von Mainz geschickt, um das von de Witt geforderte Bllnd- nis mit Mainz, Trier und dem Herzoge von Lothringen zu be- sprechen. Letzterer hatte sich stark mit den Generalstaaten engagiert und deshalb wurde er durch Ludwig XIV. unsch&d- lich gemacht, indem Ende August 1670 ein franzftsisches Heer in wenigen Tagen sein Land besetzte ; er selbst entkam mit Mtihe. 3 Spanien war g&nzlich auBer Stande, aus eigener Kraft etwas dagegen zu tun, aber es verlangte vom Kaiser kr&ftigen Einspruch und sofortigen AbschluB mit der Tripelallianz. Aber gerade jetzt begann England immer unzweideutiger abzu- schwenken. Ktfnig Karl berief Temple aus dem Haag ab (Sep- tember 1670), sandte an seiner statt Downing hin, verlangte von Leopold einen eigenen Brief mit der Anfrage, ob man ttber des Kaisers Beitritt verhandeln wolle, und von den Spaniern un- bedingte Unterwerfung unter den Schiedsspruch Englands und Schwedens Uber die zwischen Frankreich und Spanien noch sebwebenden Differenzen wegen der flandrischen Dependenzen.4

1 Mignet IIL 465; Pribram, Lisola 495.

1 U. 87.

tJber die Rolle, welche Johann Philipp seit 1668 spielte, vgl. Mentz, Johann Philipp von Mainz I. 146 ff. Die erste Ankniipfung zwischen ihm und den Generalstaaten fXllt schon ins Jahr 1668. Vgl. Auerbach, La dipl. franc., p. 340. Man dachte an die Aufstellung einer Armee am Rhein (Mentz, 155) etc.

4 Ludwig XIV. hatte im Januar 1670 nur England und Schweden mit Ausschlufi der Generalstaaten zu Schiedsrichtern angenommen. Spanien wollte die AusschlieCung der letzteren nicht zulassen, bis de Witt selbst dafiir eintrat und es im Oktober 1670 durchsetzte, daC Spanien nachgab. Lefevre-Pont. II. 45 f.

f*

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Leopold erklarte sich nochmals bereit einzutreten, aller- dings unter etwas anderen Bedingungen, als sie de Witt vorge- schlagen hatte, aber er ztfgerte, den verlangten Brief abzu- senden. Als er sich schlieClich auch hierzu bequemte, zeigte die darauf erfolgende Antwort Englands die Hoffhungslosigkeit aller weiteren Schritte.

Seit Beginn 1671 war man sich allerseits tiber den Abfall Englands von der Tripelallianz klar und Balbaces gab selbst dem Kaiser den Rat, auf weitere Bemlihungen in dieser Rich- tung zu verzichten und Separatbttndnisse mit den deutschen Reichsfiirsten, mit den Generalstaaten und Schweden zu schlieCen.1

Nun zeigte sich aber die Verschiedenheit der Auffassung in Spanien und in Wien. Dort hielt man sich aus Rllcksicht auf die eigenen Besitzungen in den Niederlanden ohneweiters fttr verpflichtet, den Generalstaaten bei einem franztisischen Kriege beizustehen, hier gab man diese Notwendigkeit nicht von vorne- herein zu. Gerade damals um die Jahreswende 1670 1671 machte Ludwig XIV. wieder einen Versuch, die Spanier zum Austausch Belgiens zu bewegen, aber wenn man frtiher auf diese Frage wenigstens im allgemeinen eingegangen war und sogar der kaisertreue Aitona darttber mit Gourville gesprochen hatte, so wies man den Gedanken jetzt rundweg ab. Man war eben schon entschlossen, diese Gebiete um jeden Preis zu halten. Vielleicht hat zu dieser schroffen Abweisung auch beigetragen, daC eben damals der hollandische Botschafter Be- verning in Madrid eintraf, um Uber einen engeren Bund zu ver- handeln.2 Alle Versuche der Franzosen, den AbschluC zu ver- hindern, waren vergebens. Umsonst war es, daC Ludwig XIV. schon vorher den Termin fiir die Entscheidung der aus dem Aachischen Frieden hervorgegangenen Streitfragen auf ein wei- teres Jahr verlangert hatte,8 umsonst, daC er den Spaniern das bindende Versprechen gab, auf keinen Fall einen Antrag der Hollander auf Teilung Flanderns anzunehmen.4 Die Spa- nier nahmen das zwar dankend an, wttnschten auch eine Erklarung, daB Ludwig XIV. Spanien wahrend der Minder-

1 Leopold an Potting, 25. Februar 1671. Vgl. Pribram, Lisola 514.

2 Ankunft 20. Februar 1671, Mignet III. 638. Vgl. Leopold an POtting, 11. Februar 1671.

4 Ludwig XIV. an Bonsy, 28. April 1671, Mignet in. 642 ff.

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j&hrigkeit des Kflnigs nicht angrcifen werde, * HeBen sich da- durch aber in ihren Verhandlungen mit Beverning nicht beirren. Dieser hatte zwar mancherlei Schwierigkeiten zu Uberwinden und man begann die Sache nach der damals in Spanien so beliebten Manier in die L&nge zu ziehen. Ah er aber Ernst machte und eine bestimmte Erklarung forderte mit der Drohung, sonst abreisen zu wollen, gelang es ihm doch, in unerhOrt kurzer Zeit ein Ver- sprechen des Beistandes gegen einen Angriff herauszupresscn.2

Da sich nun Spanien selbst mit den Hollandera dergestalt einlieC, so mufite es alles daran setzen, den Kaiser zu einem gleichartigen Vorgehen zu bewegen. Diesem Zwecke diente unter anderem auch die Sendung Hermanns von Baden, der im Sommer 1671 in Wien eintraf,s und in gleichem Sinne suchte Balbaces fortwahrend auf den Kaiser einzuwirken.

Dieser hatte schon unter dem 31. Dezember 1670 Potting aufgetragen,4 in Spanien anzufragen, was er bei der bevor- stehenden Qefahr von seiten Frankreichs und der Tlirkei von dort aus zu erwarten habe. Auch in den weiteren Verhandlungen blieb er unabftnderlich auf dem Standpunkte, nichts ohne aus- giebige Subsidien tun zu kCnnen. Zunachst vermochten aber die Anhanger Osterreichs in Spanien nicht so weit durchzudringen, daC man in diesem Punkte ihm willfahrt hfttte, und wenn man die anfangs gestreiften Finanzverhaltnisse berttcksichtigt, so wird dies nicht wundernehmen kOnnen. Die Folge war jedoch, daC Leopold sich gegen die Forderungen der Spanier nach einem Vertrage zur Sicherung ihrer Monarchic und besonders Flan- derns sehr klihl verhielt. Im Juli 1671 ilberreichte Balbaces ein Bundesprojekt, das jedoch an Osterreich unbillige Anforde- rungen stellte, ohne irgendwie genligende Qegenleistungen zu bieten.6 Auch die n^chsten Monate brachten keine wesent- liche Anderung und zugleich muCte der Kaiser sehen, wie die seit dem Frtthjahre 1671 mit groCen Hoffnungen begonnenen Allianzverhandlungen mit Kurmainz, Trier und Sachsen nach Gewinnung des letzteren ganz ins Stocken gerieten.6 So lieB

1 Bonsy, 29. Mai 1671, 1. c. 644 f.

1 PMting an Leopold, 15. April 1671. II. 164, Anm. 1. Vgl. Mignet III. 646.

8 Leopold an Pitting, 15. Juli 1671.

* II. 136.

s Leopold an Potting, 29. Juli 1671, Pribram, Lisola 526 f.

Mentz I. 174 ff.; Pribram, Lisola 520 ff.

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er sich von Gremonville zu dem Neutralit&tsvertrage vom 1. No- vember 1671 dr&ngen. *

Wahrend er sich aber auf diese Weise gegen Frankreich sichern zu mttssen glaubte, konnte er andererseits sich doch dem Dr&ngen Balbaces' nicht ganz entziehen und gab Lisola Mitte 1671 die Vollmacht zur Verhandlung eines Bundes mit den Generalstaaten. 2

Unterdes zeigte Spanien seine franzosenfeindliche Stini- mung immer deutlicher. Monterey verbot die Einfuhr von franzOsischen Branntweinen und Manufakturen nach den Nieder- landen und reizte dadurch Ludwig XIV. zu dem tlbereilten Schritte, daft er das Spanien gegebene Versprechen, es w&hrend der Minderjahrigkeit des Kflnigs nicht angreifen zu wollen, zuriickzog.3 Die Kflniginregentin wurde dadurch nur noch mehr in die Arme der Generalstaaten getrieben. Wfihrend sie die Verhandlungen mit dem Kaiser fortsetzen Heft,4 wurde auch im Haag, wo nach dem Tode Gamarras Emanuel de Lira die spanischen Interessen vertrat, eifrig an der Fertigstellung eines BUndnisses gearbeitet, das schlieftlich nicht ohne Mitwirkung Lisolas5 am 17. Dezember 1671 zustande kam und die beiden Kompaciscenten zu gegenseitiger Hilfe gegen einen franztfsischen Angriff verpflichtete. 8 Ludwig XIV. machte damals noch eine letzte Anstrengung, um die beiden Staaten zu trennen. Er trug Spanien einen Bund an, durch welchen Flandern sicher- gestellt und bei einer offensiven Mitbeteiligung am Kriege auch eine GebietsvergrOfterung gewfthrt werden sollte. 7 Villars hatte darliber Besprechungen mit seinem st&ndigen Kommiss&r La Fuente, er trug die Sache auch der Kdnigin selbst vor (17. De- zember 1671), ohne jedoch Eindruck zu machen. Penaranda und La Fuente waren zwar fur Annahme des Antrages und fur Verheiratung des kleinen Ktfnigs mit der Prinzessin von Frank-

1 Pribram, Lisola 527 ff. Vgl. Mignet ffl. 534—552; Legrelle I. 191 f. * Pribram, Lisola 532.

3 Mignet III. 662.

4 Die Hauptsache blieben die Subsidien. Vgl. z. B. Leopold an Potting, 7. Oktober, 4. November, 27. November 1671.

5 Pribram, Lisola 539.

9 Mignet UI. 662ff.; Lefevre-Pont. II. 170ff. Abdruck bei DuMontVII. 1, 155. 7 Ludwig XIV. an Villars, 22. November 1671, Mignet III. 670.

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reich;1 trotzdem aber war diese ganze Verhandlung vollstandig aussichtslos.

Auch die Untersttttzung Englands half da nichts. Weder der ordentliche englische Gesandte Godolphin, noch der am 9. Januar 1672 eingetroffene auBerordentliche Botschafter Sunder- land vermochten etwas auszurichten. Am 10. Februar erhielten letzterer sowie Villars die schriftliche Ablehnung ihrer Antrage; in der Antwort flir England bot Spanien seine Mediation an. Als hierauf Sunderland mit Krieg drohte, antwortete Penaranda: ,Die Konigin besteht nicht mehr auf der Mediation und wird unter diesen Umstanden tun, was ihr die Vertr&ge erlauben/2

Zugleich begann man, sich fUr den Ausbruch des Kampfes vorzubereiten. Es wurden Aushebungen angeordnet, die frei- lich nach Villars' Ausdruck mitleiderregend waren; man sendete 4000 Mann alter Truppen nach den Niederlanden und stellte die gesamte noch verfligbare Macht von 13.000 14.000 Mann an der catalonischen Grenze auf.3

Und eben wilhrend Godolphin und Villars in Madrid ver- handelten, wurde dort beschlossen, die Ratifikation des Vertrages vom 17. Dezember 1671 nach dem Haag zu senden. Am 22. Februar 1672 wurde sie dort ausgetauscht und zugleich von beiden Teilen das Versprechen gegeben, keinen Separatfrieden zu schliefien.4

Es war selbstverstandlich, daC die Spanier, nachdem sie sich dergestalt gebunden batten, ihre Anstrengungen verdoppeltcn, den Kaiser zu sich heriiberzuziehen. Balbaces bcstiirmte ihn fortwahrend rait seinen Eingaben. Leopold hatte um die Jahres- wende 1671 1672 infolge des Vertrages mit Frankreich Lisola den Befehl gegeben, mit den Generalstaaten nur liber den Bei- tritt zur Friedensgarantie und nicht tiber ein Separatbtindnis zu verhandeln,5 doch wagte er nicht, den Spaniern von dem Bunde

1 Maria Theresia, geboren 2. Januar 1667, gestorben l.Marz 1672. Ober diese Angelegenbeit wareu schon langer Geriicbto itn Umlauf; vgl. Leopold an Pitting, ll.Marz und 20. Mai 1671. Die Koniginregentin war dem von vorneherein abgeneigt, da sie Karl II. fttr Leopolds Tochter Maria An- tonia bestimmt hatte.

* Mignet III. 679 ff.

3 Mignet III. 684 f.

4 Lefevre-Pont. II. 181. Vgl. Leopold an Potting, 9. Marz 1672.

5 Pribram, Lisola 533, 542.

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LXXXVIII

mit jenen abzuraten, wie Gremonville von ihm forderte,1 und schlie&ich vermochte er sich dem Eindrucke des spanisch- staatischen Bundes doch nicht ganz zu entziehen, zumal er von Lisola und Hermann von Baden im diesem Sinne mit Gutachten bestlirmt wurde. 2 Allm&hlich scheint auch er sich mit dem Ge- danken, daC nun doch der ZusammenstoB mit Frankreich unver- meidlich sei, vertraut gemacht zu haben, wenn er sich auch noch nicht zu entschlieCen vermochte.3

Den Ausschlag gab erst die Ankunft des kurbranden- burgischen Gesandten, des Ftirsten von Anhalt, in Wien, mit dem in kiirzester Zeit der Vertrag vom 12. Juni zustande kam.4 Am 15. Juni berichtete Leopold davon an Potting und kntipfte daran sofort die Forderung betrUchtlicher Subsidien, eine Forderung, die von da an fast in jedem Briefe wiederkehrt. 6

Die unerwartet schnelle Entwicklung des franzflsisch- holl&ndischen Krieges6 fiihrte dann zur zweiten Reise Anhalts nach Wien und zu der neuen Verabredung, laut welcher der Kaiser die von ihm zu stellende Truppenzahl um 4000 Mann erhfthte;7 die beiden Armeen sollten sich am 1. September ver- einigen.8

Damals erhielt endlich auch Lisola Vollmacht zu ernsten Verhandlungen und brachte schnell den Vertrag vom 25. Juli zustande, der allerdings dann vom Kaiser in dieser Form nicht genehmigt wurde.9

Die Nachricht von dem Abschlusse mit Brandenburg hatte unterdessen in Spanien Fruchte getragen. Dieses so unendlich herabgekommene Reich hat damals verh&ltnism&Cig viel geleistet Monterey lieC seine Truppen von Anfang an Seite an Seite mit

1 Januar 1672, Mignet III. 677 f.; Pribram, Lisola 541 f.

* Marz 1672, Pribram, Lisola 546 f.

8 Vgl. seine Briefe aus dieser Zeit, besonders 9. und 18. Mai 1672.

4 Pufendorf, De reb. g. Frid. W. XI, § 49, Urk. und Akt. XIII. 199 ff.;

Pribram, Lisola 555. Der formelle Abschlufi erfolgte in Berlin 23. Juni,

MOrner, Kurbrandenb. Staatsvertrage 364—366. 8 Vgl. Leopold an Patting, 29. Juni, 13. Juli, 15. Juli, 27. Juli 1672 u.s. w.

6 Kriegserkla*rung Englands, 29. Marz, Frankreicbs, 6. April 1672; 12. Juni Rheintibergang bei Tollmis, 23. Juni Eroberung von Utrecht etc. 29. Juni de Groot vor Ludwig XIV.

7 Leopold, 13. und 15. Juli 1672.

8 Pribram, Lisola 666.

9 1. c. £70.

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LXXXIX

den niederlandischen kampfen und hat den Generals taaten mancherlei Dienste erwiesen,1 und sofort nach Einlangen der Kunde von dem tfsterreich - brandenburgischen Vertrage be- schlofi der Staatsrat, dem Kaiser betrttchtliche Subsidien zuzu- wenden, und zwar zunachst 120.000 Taler.*

Schon unter dem 10. August best&tigte dieser ihre An- kunft, hatte dann aber freilich tiber die Schwierigkeiten zu klagen, die Balbaces bei der Auszahlung machte, wie er denn tiberhaupt Vorstellungen darliber erhob, daB die Auszahlung in Raten jede grCBere Unternehmung unmoglich mache. 8 Vielleicht infolge dieser Verh&ltnisse konnte er sich auch noch immer nicht zum endgiiltigen Biindnisse mit den Generalstaaten ent- schlieBen und sandte den oben erw&hnten Vertrag vom 25. Juli stark verandert nach dem Haag zurttck. Lisola gelang es, ihn auch so zur Annahme zu bringen, nur daC einige Klauseln in einem NebenrezeC niedergelegt wurden. Auch diese stieCen auf Schwierigkeiten, so daC die Ratifikation erst am 13. De- zember ausgewechselt werden konnte.4 Inzwischen hatte der spanische Staatsrat auf die Nachricht von dem Ausmarsche der kaiserlichen Truppen die Absendung von 60.000 und bald darauf wieder von 100.000 Talern beschlossen6 und zugleich setzte Balbaces mit immer gleichem Eifer seine Bemuhungen um AbschluC eines BUndnisses mit dem Kaiser fort; auch klagten er sowie die spanische Regierung ttber die zdgernde Kriegsfuhrung Montecuccolis und darliber, daC Leopold noch immer nicht oflfen mit Frankreich brechen wollte.6 Letzterer antwortete mit der abermaligen Forderung ausreichender Sub- sidien und erwahnte dabei, unter wie gUnstigen Bedingungen er noch immer den Frieden von Frankreich haben kOnne.7 Aber die spanische Regierung dachte nur an Fortsetzung dcs Krieges. Ihr Gesandter im Haag, Emanuel de Lira, arbeitete mit Lisola aus alien Kr&ften gegen die dortige Friedenspartci8

1 Vgl. Mignet IV. 11.

1 POtting, 6. Juli 1672. Vgl. Pribram, Lisola 681. * Leopold, 24. August und 2. November 1672. 4 Pribram, Lisola 578, 586 f., 689.

6 Pitting, 26. Oktober und 27. November 1672, II. 283 und 289. a Pribram, Lisola 599.

7 Leopold, 14. und 28. Dezember 1672; Pribram 1. c. 600.

8 1. c. 687.

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xc

und Monterey untersttttzte Wilhelm von Oranien, soviel er nur immer konnte. Zuletzt lieC er seine Truppen an der Belage- rung von Charleroi teilnehmen (Beginn 15. Dezember 1672), was England und Frankreich zu heftigen Vorstellungen in Ma- drid AnlaC gab. Dort erhielten sie zuerst die Antwort, jencr habe ohne Auftrag gehandelt;1 als aber seine Bestrafung ge- fordert wurde, verweigerte man dieselbe und zog sich hinter die Behauptung zurttck, sein Vorgehen verstoCe nicht gegen den pyrenftischen Frieden.*

Auch alle weiteren Schritte Frankreichs und Englands, welch letzteres auf Ludwig XIV. Bitte am 17. April seine Garantie des Aachener Friedens zurttckzog, blieben erfolglos. Als Ludwig XIV. einsah, daC er keine Genugtuung erlangen werde, befahl er dcm spanischen Hofstaate seiner Gemahlin, Frankreich sofort zu verlassen,3 und begann mit Chicanen in Handelsangelegenheiten. Spanien antwortete in gleicher Weise und machte zugleich die grflBten Anstrengungen, um Geld herbeizuschaffen,4 da etwa Mitte Januar 1673 die entscheiden- den BeschlUsse gefaCt worden waren, wornach dem Kaiser grQCere Summen zur Verfligung gestellt werden sollten.6

Einer harten Probe wurde damals das Verhaltnis zwischen Spanien und Osterreich durch die Mitteilung des Vertrages vom 1. November 1671 ausgesetzt. 6 Zuerst war man in Madrid sehr entrttstet und Potting muBte alles aufwenden, um den schlimmen Eindruck der Sache einigermaCen zu mildern, doch konnte er nicht verhindern, daC die Kflnigin hierliber ein recht scharfes Schreiben an den Kaiser richtete, in dem der von ihm begangene Fehlgriff bedauert und die Hoffnung ausgesprochen wurde, daC er ihn wieder gut machen werde.7 Die Vorwlirfe richteten sich vor allem gegen Lobkowitz, dem man die Schuld an dem Vertrage zuschrieb; aber auch Balbaces wurde scharf

1 Potting" berichtet am 4. Januar 1673, man sei durch Montereys Vorgehen

in Madrid erschreckt und billige es nicht. 1 Villars, 1. Marz 1673, Mignet IV. 169 ff.; fUr Leopolds Haltung vgl.

seine Briefe vom 9. und 22. Februar, 20. April 1673. * Pomponne an Villars, 12. Marz 1673, Mignet IV. 178.

4 Vgl. Villars, 1. Februar 1673, Mignet IV. 179.

5 Patting, 18. Januar 1673, II. 302, Pribram, Lisola 601.

6 Leopold an Potting, 9. Februar, 6. April, 20. April, 4. Mai 1673.

7 Leopold, 4. Mai 1673.

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getadelt, da8 ihm die Sache entgangen war. Leopold nahm beide gleichennaCen in Schutz1 und es gelang ihm, die Konigin zur Fortsetzung der Allianzverhandlungen zu bewegen;2 in kurzer Zeit scheint die ganze Angelegenheit zieinlich vergessen worden zu sein. Auch der um diese Zeit (12. M&rz) crfolgte Tod der Kaiserin Maria Margarete brachte keine Erkaltung der Beziehungen hervor, die zwingende Gewalt der politischen VerhUltnisse war eben schon zu stark geworden, um durch solche VorfeUe beeintrftchtigt zu werden.

Am 20. April meldete Leopold seinem Gesandten, er habe Balbaces ein Bundesprojekt Ubergeben lassen, tiber das eifrig beraten werde, 3 doch erklftro Balbaces, nichts zahlen zu wollen, so lange die kaiserliche Armee nicht wirklich operiere.4 Das ergab Schwierigkeiten, die sich aber iiberwinden liefien, wenn man nur einmal gegenseitig von dem ernsten Willen, den Kampf mit voller Kraft aufzunehmen, Uberzeugt war. Da war es denn von groBer Wichtigkeit, daB sich Leopold entschlossen zeigte, trotz des Rtickzuges seiner Armee in die Erblande6 und trotz des Abfalles Brandenburgs6 den Krieg fortzusetzen, und zwar mit grOBerer Kraftanstrengung als im vorigen Jahre. Freilich verlangte er dafur sowohl von den Generalstaaten als von Spanien entsprechende Subsidien.7 Um endlich eine Ent- scheidung zu erlangen, sandten die ersteren den Ratspensioniir von Amsterdam, Heemskerck, nach Wien, der eine kategorische Erklarung verlangte, ob der Kaiser den offenen Krieg gegen Frankreich beginnen wolle oder nicht. Nicht leichten Herzens, aber aufrichtig gab Leopold Anfang Juli sein Jawort.8

Eben zu dieser Zeit erkl&rte Lira im Auftrage Montereys im Haag seine Bereitwilligkeit, den schon seit langem verhan- delten Vertrag mit den Generalstaaten zu unterzeichnen, sobald dies mit dem spanisch - flsterreichischen geschehen sein wttrde;

1 20. April und 9. August 1673.

* POtting, 1. M&rz, Leopold, 6. April 1673.

* Vgl. Pribram, Lisola 603, Anm. 4. 4 Leopold, 31. Mai 1673.

6 Diesen schrieb er iibrigens eben dem Mangel an Susidien zu. Vgl. Leo- pold, 22. Februar, 18. Mai, 14. Juni 1673.

a Friede zu Vossem, Droysen, Gesch. d. preuC. Pol- III. 3. 447.

7 Pribram, Lisola 613 ff.

8 5./6. Juli 1673, 1. c. 619 f.

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XCII

auch verpfli elite te sich Spanien, offen mit Frankreich zu brechen, sobald der Kaiser es tue. 1

Zugleich versuchte Spanien, in England zu Gunsten Hol- lands einzuwirken* und beschloB, aufgeschreckt durch die Belagerung von Mastricht und die franzSsischen Truppen- ansammlungen an den flandrischen Grenzen, noch eine Pression auf den Kaiser auszutiben.8 Der damals in Briissel befindliche Pedro Ronquillo wurde nach Wien beordert, um Balbaces zu untersttitzen. Anfangs August kam er am Hofe Leopolds an und folgte ihm ebenso wie Balbaees nach Eger.4 Da sich Spanien jetzt endlich zu den von Leopold seit jeher als uner- laClich bezeichneten Subsidien entschlossen zeigte, so gingen die Verhandlungen rasch vorwarts und am 28. August kam es in Rokycan zur Unterzeichnung des Vertrages, der bis zu einem gewissen Grade die Grundlage flir die ganze zukllnftige Ent- wicklung der politischen Lage bildete.6 Seine notwendige Er- ganzung erhielt er durch die nur zwei Tage spater im Haag zwischen dem Kaiser, Spanien, den Generalstaaten und Lothrin- gen abgeschlossenen Blindnisse, 6 und da Leopold in Eger auch Kursachsen und den frankischen Kreis gewann, so war damit die Grundlage flir ein energisches Vorgehen geschaffen.7

Der Feldzug Montecuccolis im Herbst und Winter 1673 hat dann gezeigt, daC sich unter guter Flihrung sehr wohl etwas gegen Frankreich ausrichten lieC. Das Endergebnis war die Vereinigung des kaiserlichen und des niederl&ndischen Heeres, welche die Franzosen vergebens zu hindern gesucht hatten.

In Spanien hatte man im Juli beschlossen, sofort die n(5ti- gen Geldmittel zu beschaffen und man kam den ttbernommenen Verpflichtungcn auch mit einer bis dahin ganz ungewtfhnlichen Piinktlichkeit nach. Nur mit Mtthe verhinderte damals Pena- randa noch die Kriegserkl&rung, die dann freilich doch bald

1 Pribram, Lisola 627.

Sendung Bernardino de Salinas, Juli 1673, Mignet IV. 152.

* Eroberung Mastrichts, 30. Juni. tjber die ganze Lage vgl. Mignet IV. 145 f.; Pribram, Lisola 628 ff.

4 Leopold, 9. August 1673. Ronquillo wurde vom Kaiser nicht gUnstig beurteilt.

6 Abgedruckt bei Pribram, Lisola 699—703.

Du Mont VII. 1. 235 f., 240, 242.

7 Leopold, 26. August 1673.

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nach AbschluC des tfsterreichischen Bundes von franztfsischer Seite crfolgte,1 und das Benehmen der spanischen Gesandten auf dein seit Juni 1673 versammelten Ktflner Kongresse (Lira, Blondel und Oudenhove), die im Einvernehmen mit Lisola auf seine Aufltfsung hinarbeiteten, zeigte deutlich genug, daC man in Spanien jeden Gedanken an eine AussOhnung mit Frankreich aufgegeben hatte.2

So hatte sich in dieser Periode 1668 1673 Spaniens Stel- lung nicht unbedeutend ge£ndert, und zwar zunftchst zu seinen Gunsten: War es zuerst gezwungen gewesen, sich in die Rolle eines halb unwilligcn SchUtzlings der Tripelallianz zu ffctgen, so hatte es sp&ter versucht, sich diese mtfglichst zunutze zu machen. AIs sie in Trttmmer ging, hielt Spanien an den Generalstaaten fest und setzte es sich zum Ziele, den Kaiser zu dem gleichen Entschlusse zu bringen, ein Ziel, in dem es mit Lisolas Plftnen zusammentraf. Um die Jahreswende 1671 1672 war die Kftniginregentin in der Lage, nach freiem Ermessen zwischen den Antr&gen zu entscheiden, die ihr von Frankreich, England und den Generalstaaten gemacht wurden. Sie hielt bei den letzteren aus und dieser EntschluB hat damals in Holland, aber auch anderwftrts nicht geringen Eindruck gemacht. Spanien gait wieder etwas in Europa, ja dank seinem wiedergewonnenen Einflusse in Wien mehr, als seiner faktischen Macht entsprach. Ganz unzweifelhaft ist die Hauptursache dieses Wechsels darin zu finden, dafi es sich wieder imstande zeigte, dem Auslande gegeniiber als Geldmacht aufzutreten. Der Entschlufi Spaniens, die Subsidien fUr den Kaiser zu ttbernehmen, ist als eine der wichtigsten Bedingungen flir die Kriegserkl&rung des Kaisers erwahnt worden.

Wie viel damals von spanischer Seite an anderen Stellen gezahlt wurde, z. B. an Mainz, Trier, Sachsen u. a., entzieht sich unserer Berechnung, aber sicherlich ist die Gesamtleistung fiir einen in seiner inneren Kraft so herabgekommenen Staat ehrenwert. Auch die einige Zeit ganz verfallene spanische Diplomatic zeigt einen gewissen Aufschwung; Balbaces in Wien, Lira im Haag, Fresno in London spielen eine sehr bedeutende

1 Villars Berichte vom Juli 1673, Mignet IV. 180, 181, 215. Die franzft-

sische Kriegserklilning erfolgte am 19. Oktober 1673. 8 Mignet IV. 145, 152; Pribram, Lisola 642 ff.

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Rolle und letzterer hat sogar nicht wenig dazu beigetragen, daC Karl II. von England zu dem Separatfrieden mit den Generalstaaten vom 19. Februar 1674 gezwungen wurde, wobei sich Spanien selbst zur Kriegsdrohung versteigen durfte. *

Vgl. Mignet IV. 241 ff.; Onno Klopp, Fall des Hauses Stuart I. 359 ff.

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1.

Wien, 10. November 1662.

Der Kaiser ubersendet ein Geschenk fur die Konigin. Erzhersog Leopold war sehr Jcranh, befindet sich jedoch wieder besser.

Ihr werdet Eucb noch wohl erindern, dass bei Eurer Abreis von hier gwisse Present, so ich Ihrer* Majest&t der K(5ni- gin1 hab schicken wollen, noch nicht vOllig fertig gwesen. Weilen solche aber erst jiingster Tagen fertig worden, ich ohnedies vorhabens gwesen, einen Courier nach Spanien zu schicken, am willen dem Ktaig2 gwisse Mannschaft anzutra- gen,8 wie Ihr mehrers aus deme verstehen werdet, so Euch communicirt wird, also habe ich solche Pr&sent durch gegen- w&rtigen Courier Euch zuschicken b wollen, und bestehet solches alles beisammen in einem Trtlhel, welches Ihr also, wie es ist, bei Eurer Hineinkunft werdet Ihrer* Majest&t der Ktfnigin ein- zuh&ndigen wissen. Der Schliissel hiezu kommt hiebei. Auf dass [Ihr] aber auch wisst, was in Trlihele ist, also habe ich es Euch auch schreiben wollen. Als ist: In einem Futteral von roth Sammet sein zwei WeinkrUgel0 von Gold geschmelzt und mit Granaten versetzt, dabei liegen drei dresdnerische kleine Uhrl von fil de grana gemacht; secundo liegen in dem Triihel in zwei Futteralen zwei Dazen, geschmelzt d und von Perlmutter gemacht; 3°. liegt in einer Scatule6 ein Anhengbildl auch von fil de grana; und dieses ist das ganze Praesent.

Dieser Courier wird Euch auch noch etwas vom Herrn Erzherzog Leopold bringen ;4 Ihre Liebden sein diese Tag ganz hingelegen, dass wir von Stund zu Stund das Abscheiden der Seelen erwartet haben, hat sich aber all improviso mit ihm ge-

1. Or. * Ihr b zushin c uruicher d gechslzt? umicher Fontes. II. Abt. Bd. LYI. 1

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tadert, und befinden sich iezo gar fein. Und weilen ich sonsten nix Euch zu befehlen habe vor diesmal, also thue ich Euch mit alien kaiserlichen Hulden gar wohl gewogen verbleiben.

1 Die Ronigin Marie Anna, geb. 22. Dezember 1634, gest. 16. Mai 1696, &ltere Sch wester Raiser Leopolds von derselben Mutter Maria Anna yon Spanien (einer Sch wester Philipps IV.)) zuerst mit dem spanischen Kronprinzen Balthasar verlobt, heiratete nach dessen Tod (9.0ktober 1646) seinen Vater Philipp IV. (8. November 1649). Sie gebar drei Rinder, Margarete Maria (1661), Philipp Prosper (1657) und Rarl 11.(1661). Durch das Testament ihresGemahlswurde sie September 1 665Regentin von Spanien. Sie verdarb sich ihre Stellung haupts&chlich durch Bevorzugung ihres Beichtvaters Neidhardt, der dann jedoch im Februar 1669 Don Juan, dem illegitimen Sohne Philipps IV., weichen muOte; dieser rtickte jedoch nicht in Neidhardts Stelle vor, sondern erhielt das Generalvikariat von Aragonien und den zugehorigen Gebieten. So wurde er halbwegs zur Ruhe gebracht und die Ronigin herrschte ziemlich uugestdrt bis zum 9. November 1675; diese Zeit ist bezeichnet durch die Vorherrschaft des GUnstlings Yalenzuela. An dem erwaiinten Tage erklarte sich Rarl II. fiir volljahrig und schickte seine Mutter nach Toledo in ein Rloster, wfihrend Don Juan an den Hof kam und allm&chtig wurde. Erst nach seinemTode (September 1679) kehrte Maria Anna an den Hof zuruck und behauptete von da an bis zu ihrem Tode einen ziemlich groDen Einflufi. Cber Portrftts vgl. Wurzbach, Biogr. Lex. VII. 25. Justi Velasquez II. 285 ff.

2 Philipp IV., Sohn Philipp III. von dessen Gemahlin Margarete (Tochter Erzberzog Rarls von der Steiermark), geb. 8. April 1605, kam 1621 zur Regierung und starb 17. September 1665. Zuerst wurde er von dem Grafen Olivarez (1621 1643) und nach dessen Sturz von Luis de Haro ( 1661) beherrscht. Erst als dieser starb, suchte Philipp sich selbst&ndiger zu machen, indem er keinen Premier mehr ernannte. In Wirklichkeit kam er doch zu keiner Selbstfindigkeit, Medina de las Torres und Castrillo leiteten in der Tat die Gescbfifte.

Philipp IV. soil von majest&tischem AuDeren gewesen sein (Vgl. Justi Velasquez I. 191 ff., II. 309 ff.) und in seiner Jugend liebte er alle Arten ritterlicher tlbung. Spfiter wurde er tr&ge und so ernst, daO man ihn nie l&cheln und oft tagelang nicht den Mund offnen 8 ah. Die Repr&sentationspflichten erfiillte er mit Aufopferung. Das letzte Jahr- zehnt seines Lebens verbrachte er, an der rechten Rdrperseite gel&hmt, unter fortw&hrenden Rrankheitsanf&llen.

Spanien verfiel w ah rend seiner Zeit unauf baltsam im Innern und ebenso verlor es vfillig seine hervorragende KuBere Stellung. Anderer- Beits hat er sich um die Runst und Literatur bekanntlich bedeutende

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Verdienste erworben (vgl. die Namen Guevara, Quevedo, Rubens, Cano, Calderon, Murillo, Velasquez, Zurburan), ja er soil auch selbst einige Theaterstiicke unter dem Pseudonym ,ingenio de esta corte' verfasst haben. Er war in erster Ebe mit Isabella, einer Scbwester Ludwigs XIII., verm&hlt (1621) und nach deren Tod mit Maria Anna, vgl. Anm 1.

Aus der ersten Ebe stammte Maria Theresia, die Gemablin Ludwig XIV., und Balthasar Karl, gest. 9. Oktober 1646, aus der zweiten (vgl. Anui. 1) Margarete Maria, Pbilipp Prosper, gest. 1. November 1661, und Karl (II.). Auflerdem binterlie6 er eine Menge unehelicber Kinder, angeblicb 32, von denen die wicbtigsten sind: Don Juan d* Austria; von der Scbwester des Marques Mortara Don Alfonso de Santo Tomas, Bischof von Malaga; von Maria Gonzales Don Carlos (Fernando?) Valdes, Artilleriegeneral in Mailand, ferner von anderen Frauen Alfonso de San Martin, Biscbof von Oviedo, Juan Corso, genannt Fray Juan del Sacra- mento, ein glftnzender Prediger.

Vgl. Lafuente XVII, Dunlop Memoirs of Spain, Weiss L/Esp. de- puis Pbil. II., die venezianischen Relationen etc. Eine gute kurze Ober- sicht gibt Altamira in La grande Encycl. (Paris) XXVI. 65 7 f., wo jedoch die illegitimen Sohne etwas anders angegeben sind.

3 Diese Truppen waren fttr den Kampf Philipps IV. gegen Portugal bestimmt. Vgl. Priorato, Historia di Leopoldo Cesare I. 613.

4 Erzherzog Leopold Wilhelm, Bruder Kaiser Ferdinand III., geb. 6. Januar 1614, Biscbof von StraJ3burg, Passau, Halberstadt und Olmiitz und Hoch- und Deutschmeister, bekannt durcb seine Teilnabme am dreiflig- jfthrigen Kriege als Oberbefeblsbaber der kaiserlicben Truppen 1639 1646, sowie Gouverneur der spaniscben Niederlande, welche Wflrde er 1655 niederlegt. Nacb dem Tode Ferdinand III. fafite man ihn eine Zeitlang als Candidaten fiir den Kaiserthron ins Auge. Er starb in Wien am 20. November 1662, ein rubiger, kunstliebender Fiirst, der sicb in seinen letzten Jabren nicht viel mit Politik befaDte.

2.

Wien, 24.I25. Januar 1663.

Potting soil auf die Publikation der Heiratspakten dringen. Tod der Ereherzoge Leopold und Ferdinand Karl, tfber die anzu- wendende Geheimschrift. Neidhardts Steilung am spanischen Hofe.

Weilen ich nit zweifle, Ihr werdet nunmehr mit Gotts Hilf allda zu Madrid angelangt sein, also habe ich mich resol- virt, bei diesem unl&ngst herausgeschickten und numehr wieder zurtickgehenden Courier Euch eigens zu instruiren, was Ihr

1*

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wegen {Publication meiner Heirat mit der Infantin Margarita} l vor em Anbringen thuen* sollet, wie Ihr mit mehrerm aus denen mitkommenden Expeditionen ersehen werdet.

Habe es also Euch gleich hiemit gnftdigst recommendiren b wollen, auf dass Ihr es eifrigist treiben wollet,c dass Ihr doch {die Publication dieses Werks} auf Weis und Ordnung, wie in dem Befehle vermeldet,2 ehisten erhalten kOnnet. Sonsten habe ich vor dies Euch nix Absonderliches zu schreiben, als dass wir alle Gottlob gar wohlauf sein, und werdet Ihr schon die zwei leidige Todesftllle beeder Erzherzogen Leopold Wil- helm und Ferdinand Earln verstanden haben.8 Es ist nit ohne, dass diese beede casus unserm Haus einen nit geringen Stoss geben thuen, allein man muss es Gott anheimstellen und mit Geduld iibertragen.

Hiemit ende ich und verbleibe etc.

Wollet das Blatt umwenden.

Diese wenig Zeilen oben in Ziffer sein in quaternario, ich habe [sie] nur zur Prob gesetzt; kommt es vielleicht [Euch] schwer an, so schreibt mir es und probirt es in der andern, so ich Euch mitge^eben, mit den vocalibus; dann mir ist alles eins; ich schreib' und lese ein und die ander also zu sagen calamo currenti.

P. Scr. Von diesem obbemeldten negotio wollet Ihr auch Ihrerd Majestftt der KOnigin und dem Pater Neidhardt4 Communi- cation thuen und sie um Cooperation ersuchen, absonderlich weilen Ihr Majest&t dieses Werk sehr verlangen und also dabei gewiss ihr Aufierist thuen werden. Der Pater hebt auch an, allda ziemlich zu gelten.e Wollet Euch also dieses negotium eifrigist angelegen sein lassen, auf dass wir dermaleins den gwtinschten Effect erreichen ktfnnen. Ut in literis.6

1 Die Infantin Margarete Maria Theresia war am 12. Juli 1651 geboren, Tochter Philipp IV. aus seiner zweiten Ehe mit Maria Anna, also Nichte Leopold I., von zarter Gesundheit und schwttcblicber Gestalt. An ihre Verehelichung mit Leopold dachte man erst, nachdem das Projekt seiner Heirat mit Maria Theresia, Margaretes ftlterer Stiefschwester, ge- scheitert war. Fiir den ganzen Verlauf der Verhandlungen und die Ehe selbst vgl. Pribram, Die Heirat Raiser Leopold I. mit Margareta Theresia von Spanien im Arch. f. ost. Gesch. LXXVII. 319 ff. Sie schenkte ihrem

2. Or. * thuet b recomendidirn und ° wollen d Ihr geldt

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Gemahl mehrere Kinder, von welchen nur Maria Antonia am Leben blieb (Januar 1669 Dezember 1692, verm&hlt mit Max Emanuel von Baiern) nnd starb schon 12. Mftrz 1673. Wurzbach, Biogr. Lex. VII. 15 fflhrt zwei Portrftts von ihr an, von Borcking und Kilian. Vgl. Justi Velasquez II. 301 ff.

2 Diese Kanzleischreiben vom 25. Januar, in denen das ,An- bringen' behandelt wurde, sind damals an den Secret&r Schmidt geschickt worden und ganz chiffriert. (Span. Korr. Fasz. 59.) Der Kaiser bittet den Kimig Philipp um moglichst baldige Publikation der Heirat und fiber- sendet einen Handbrief an ihn . Dem Konig brauchen dadurch gar keine Schwierigkeiten zu erwachsen, da die Infantin trotzdem in ihrem ,vorigen Stand und Education1 verbleiben kann. So kann die hochnotwendige Stabilierung der Union der beiden Linien des Erzhauses erreicht und die Bande der Liga zwischen ihnen verstfirkt werden. Einiges fiber dieWer- bungen(Spaniens?), die rheiniscbe Liga, ,das governo in den Niederlanden' und Befehl an Potting, sich in allem mit Neidhardt zu verstehen und ihm zu folgen. Ferner sind noch zwei Schreiben Portias vom 19. und 26. Januar erhalten. Im ersten handelt er hauptsfichlich fiber des spaniscben Gesandten La Fuente Anwesenheit und (lessen (sehr gutes) Verbftltnis zum Wiener Hof, sowie fiber die ihm zugegangenen strikten Befehle zur Riickkehr nach Frankreich. Portia wftnscht wieder einen so guten spanischen Gesandten, und zwar von der Dependenz des Herzogs von Medina de las Torres. Im zwei ten Schreiben teilt Portia mit, man streue hier aus, die spanischen Minister wollten die Heirat hindern, namentlich wenn der K6nig stfirbe. Diese Reden machen den Kaiser so ungeduldig ,daO ich genug zu stillen habe.' Potting soil da von nichts merken lassen.

3 Erzherzog Leopold Wilhelm starb am 20. November, Erzherzog Ferdinand Karl 30. Dezember 1662. Letzterer ist ein Sohn des 1633 verstorbenen Grftnders der jfingsten tirolischen Linie, Leopolds, des fruheren Bischofs von Passau und StraDburg. Auf Ferdinand Karl folgte sein jfingerer Bruder Sigismund Franz (geb. 18. November 1630, Bischof von Augsburg, Gurk und Trient, seit 1655 Kardinal), der 1663 1665 regierte. Er soil fibrigens seine Bistumer bis 1665 beibehalten haben (Egger, Gesch. Tirols II. 428).

4 Pater Eberhard Neidhardt, geb. 8. Dezember 1607 auf dem Schlosse Falkenstein in Oberosterreich, trat 1631 in den Jesuitenorden, lehrte an der Akademie in Graz und wurde dann von Ferdinand III. nachWien berufen und der Erzherzogin Maria Anna (spfiteren Koniginvon Spanien) und dem Erzherzog Leopold (dem sp&teren Kaiser) zum Beicht- vater und Lehrer gegeben. Mit der ersteren ging er dann nach Spanien und hatte fortwtthrend den grofiten EinfluB auf sie. Politisch trat er solange Kflnig Philipp IV. lebte, nicht allzusehr bervor. Sogleich nach dessen Tod jedoch wurde er der machtigste Mann am Hofe. Er wurde

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naturalisiert, erhielt dieGroBinquisitorstelle (23. September und 15.0ktober 1666) und damit Sitz in der Regierungsjunta, so daO er als ,valido* betrachtet wurde. Dann trat Don Juan gegen ihn auf und er muBte 25. Februar 1669 Madrid verlaasen. Er ging nach Rom, muBte eine Zeitlang viel Zuriicksetzung erfahren und erhielt erst 1672 die Kardinals- wilrde. 1. Februar 1681 starb er. Seine literarische Tfttigkeit bestand in der VerofFentlichung einiger Schriften iiber die unbefleckte Empfangnis Marias. Vgl. Zedler, Universallexikon, Bd. 23. Ober seine spani- scbe Zeit sehr ausfiihrlich : Relation de differands arrivez entre Don Juan et P. Neidhardt, Paris 1677, und Pribram, Franz Paul v. Lisola und seine Zeit, 1894, p. 255 ff.

5 Hier sind wahrscheinlicb einige Briefe Leopolds ausgef alien, etwa 8. Februar, 21. Februar, 8. Mftrz. Ein Schreiben vom 21. Marz ist ganz ohne Belang. Von Portia sind solche vom 8. Februar und 8. Mfirz erhalten. Im era ten gibt er Nacbricht, dass La Fuente jinorgen* abreist, und zwar sehr ungern. Ferner (chiflFr. ohne gleichz. Auflflsung), daB der Papst vom Kaiser 1000 Mann zu FuB und ebensoviel zu Pferd von den alten Trup- pen verlangt habe, was der Raiser jedoch nicht gew&hren konne, da er sonst sich vergebens impegnieren wurde. Man will deshalb einen Kurier dahin (nach Rom?) schicken und ist wegen dieser Angelegenheit sehr in Sorge. Portia hat Marques Mortara gebeten, Potting zu unterstiitzen, und bittet diesen, mit Mortara in gute Korrespondenz zu treten.

In dem Briefe vom 8. Mfirz teilt Portia mit, die ttirkischen Friedens- verhandluugen beruhten nur mehr auf einigen Formal itfiten, die bald be- endigt sein werden und auf der Frage der Festung Szekelyhid. Die Tiirken haben das letzte Reichskonklusum genau erfahren und sind seit- dem viel anspruchsvoller. Man wird trachten, jedenfalls abzuschlieBen, da die Franzosen- und Schwedengefahr zu groB ist. Das Reich hat ftir den Fall des offenen Bruches mit den Tiirken Geldhilfe zugesagt und auch einiges ftir die vergangene Zeit bewilligt. Die Gegner freilich meinen, der Kaiser miisse des Friedens sicher sein, weil er so viele Truppen dem Konige von Spanien tlberlasse. tlber die polnischen Angelegenheiten. Potting soil mit Medina vertraulich verhandeln; dieser verlangt es sehr, doch darf man dabei nicht Castrillo beleidigen.

3.

Wien, si. M&rz 1663.1

(Durch Kurier.) Der Streit zwischen Papst und Frankreich

diirfte zwar gutlich beigelegt werden, Potting soil jedoch urn

Subsidien bitten. Tod Breusens.

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Aus meinem anderen in der lateinischen Kanzlei expe- dirten Schreiben2 werdet Ihr vernehmen, aus was Ursachen und mit was Befehl dieser Courier zu Euch geschickt wird. Habe auch also hiemit Euch gedachtes negotium genadigst recommendiren wollen, obwohlen diese Sache itzo fast in ande- ren terminis, weilen {die Tractaten zwischen Papst und Frank- reich in solchen Stand sein}, dass man hofft, {es werde bald alles aggiustirt werden}. Wollet doch aber vor [allem] auf dies dringen, dass Ihr ein namhafte Summa Geld erhaltet, auf dass wir unser Armada besser conserviren ktinnen. Dieses aber muss bald und effective, non con sole parole, geschehen, dann sonsten in die Lange meine Erbktfnigreiche und Lander * nit ausdauern ktfnnten.

Sonsten befinden wir uns alle Gott Lob gar wohlauf, und ist am jtingsten Ostermontag 8 der guete alte Graf Breusen ge- storben. Ihr kOnnet leicht erachten, wie leid mir um ihn ist, dann ich an ihm gwiss einenb treuen ministrum und vortreff- lichen justiciarium verloren habe.

Hiemit versichere ich Euch etc.

1 Im Original steht 3. M&rz 1662. Die obige Datierung ist durch den Inhalt dieses sowie den Anfang des n&chsten Briefes gesichert.

2 Kanzleireskript nicht vorhanden.

3 Der Ostermontag fiel damals auf den 26. Marz.

4.

Wien, 3. April 1663.

tfber die Geheimschrift. Potting soil sich sottomano ein BUd oder wenigstens die Korpermafie der Infantin verschaffen und

einsenden.

Nachdeme ich schon den Courier mit meinem Schreiben vom letzten Marz abgefertigt, so kommt die Ordinari und bringt mir Euer Schreiben vom 24. Februar.1 Habe daraus gar gern ersehen, dass Ihr schon zu Madrid gwest. Ich wundere mich nit, dass Ihr mein Ziffer nit habt lesen ktfnnen, dann mein

3. O. * E. K. ud b einen einen

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8

quaternarium ist ganz anderst als dies von Euch mir liber- schickt Project; habe daher Euch auch ein Project von meinem quaternario iiberschicken wollen. Enzwischen* will ich mich der Vocalen oder Eures Project b bedienen, und weilen wir mit ein[ander] 3 modus cifrarum haben, als kttnnt Ihr immer einmal alterniren. Schreibt Ihr durch mein quaternarium, so k5nnt Ihr unter Euer manupropria oder unter das Datum ein solches Zeichen machen Q. P., das ist quaternarium principale; ge- braucht Ihr Euch des Eurigen Projects, so kann dies signum gebraucht werden Q. S., sc. quaternarium secundarium; braucht Ihr aber die vocales, so kann dieses Zeichen V. gebraucht werden. Ich will mich eben dieses modi bedienen, dann alle drei sein mir einer wie der andere. Itzt auf das zu kommen,

was Ihr in Ziffer geschrieben

. . . . habe ich gnadigst hiemit befehlen wollen, dass Ihr [Euch] sotto mano bemiihet, ehistens ein Conterfet von der Infantin zu bekommen und sodann mir solches bei einem Cou- rier oder ander guten Gelegenheit tiberschickt. Kann es aber sobald nit sein, so schaut auf wenigst, dass Ihr die Lange und Mali von ihr, (aber fast sine adulatione und ohne Zuegab) an einem Band bekommt und solche mir alsbald tiberschickt. Hiemit verbleibe ich etc.2

1 In der Relation vom 24. Februar berichtet Potting iiber seine Ankunft, den uberaus hoflichen Empfang von Seiten Medinas, iiber seine erste Audienz bei der Konigin etc. Zum Gesandten am kaiserlichen Hof ist Graf Chinchon [Francico Fausto Fernandez Ribera,funfter Graf deChinchon, starb 3. Oktober 1665, bevor er die Reise nach Wien antrat] bestimmt. Bestfitigung des Empfanges dee kaiserlichen Schreibens vom 25. Januar. In einem Schreiben vom selben Datum an Portia meldet Potting, Medina habe beziiglich La Fuente gemeint, er begreife nicht, daO Portia sich mit demselben in freundschaftliche Korrespondenz einlassen wolle, La Fuente habe seine Abneigung gezeigt und werde derselben treu bleiben.

2 Als Erg&nzung sei auf den Inhalt der Schreiben Portias an P6tting aus dieser Zeit hingewiesen. Unter dem 7. April teilt Portia unter an- derem mit, daB es sehr zweckm&Big wftre, wenn ein spanischer Gesandter nach Regensburg k&me, um die Sache des Hauses Habsburg gegen Frank- reich zu unterstiltzen. Was die Heiratsangelegenheit betrifft, konne Pot- ting versicbern, daD keine Sache die Union beider Linien mehr stabilieren, den aemulis mehr Nachdenken machen wiirde, als eben die Publikation

4. Or, » entwischen b folgt nochmals mich

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derselben. Unter dem 18. April berichtet Portia von der Prorogation der rheinischen Allianz auf 3 Jahre. (St. A. Span. Rorr.)

5.

Wien, 18. April 1663.

Der Kaiser ist erfreut uber den guten Anfatig der Heiratsver- handlungen; iiberschickt ein Schreiben an Konig PhUipp.

Ich habe sowohl aus Eurem eigenh&ndigen als Kanzlei- scfareiben von 14. M&rz 1 gar gern verstanden, class sich das bewusste negotium {meiner Heirat}* so wohl anlasse nnd er- warte wohl mit Verlangen desb von [Ench] vertrtfsten Couriers. Werde sodann nit ermanglen, Ench beschaffener Dingen nach fernere instructiones, Befehl nnd Plenipotenzen zn ertheilen. Was nns anlangt, befinden wir nns noch alle wohlauf.

1 PStting, Relation vom 14. Mfirz. Medina ist sehr eifrig fur das Heiratsprojekt. Auf sein Anraten hat Potting noch vor der offiziellen Audienz, zu der erst die Vorbereitungen getroffen werden, am 9. Marz geheime Audienzen (urn 3 Uhr nachmittags bei der Konigin, um 6 Uhr beira Kftnig) erhalten und dabei sogleich die Heiratsangelegenheit vorgebracht. Die Antworten waren gtinstig. Am 9. Mfirz uberreichte Pdtting aucb dem KSnige von Spanien ein Memoire (St.-A. Span. Korr. 59, Kopie),in dem ausfiibrlicb von den Cbergriffen Frankreicbs gesprochen und die Notwendigkeit einer energischen gemeinscbaftlicben Zurttck- weisung betont wird. Vgl. aucb seine Relation an Portia vom 14. Mfirz. (St.-A. Span. Korr.)

Der bier genannte Ramiro Nunez Felipez de Guzman, Marques de Toral, durcb seine erste Gemablin zweiter Herzog von Medina de las Torres, geb. 1600 (Mignet I. 401), war damals als Secretario del Norte (scit 29. Nov. 1661) wobl der einfluGreichste Minister Philipps IV., obwobl es seit dem Tode des Luis de Haro (17. Nov. 1661) keinen erklfirten Premierminister mebr gab. FrUher mit Castrillo (vgl. weiter unten) sebr befreundet, waren sie mindestens seit 1663 erbitterte Feinde. (Vgl. Pitting eigenb. 22. Dez. 1663, gegen Dunlop I. 634.) Er war in erster Ehe mit einer Tocbter des conde-duque Olivarez, in zweiter mit der reiebsten Erbin Italiens, der Prinzessin von Stigliano (span- Astillano) aus dem Hause Caraffa, in dritter mit der Witwe des Grafen Ofiate ver-

5. Or. * uruicher b den

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heiratet and gait als einer der reicbsten und pracbtliebendsten Ravaliere Spaniens. In seiner Jugend soil er sehr schdn und des Kdnigs bevorzugter Rivale bei der Scbauspielerin Maria Calderona, der Mutter Don Juans gewesen sein (Aulnoy, Voy. p. 79 et 82, e"d. Carey), auch in seinem Alter spielte er gerne den Galant. In der Politik war er ein treuer Anbfinger Osterreicbs; er ruhmte sich (Scbreiben an Portia 14. M&rz 1663, St. -A. Span. Korr. 54), der Urheber der Idee der Heirat zwiscben Leopold I. und Margarete Tberesia gewesen zu sein, und blieb stets Pottings alleiniger Vertrauter. Docb war er, wie es scbeint, von m&Oigen Gaben und wurde nacb Pbilipp IV. Tode durcb Pefiaranda ganz an die Wand gedrfickt. Bei Philipp IV. war er Sumiller de Corps (Oberstkftmmerer), vierzig Jabre Prftsident des Rates von Italien (Pitting, Rel. 30. Okt. 1665), correo mayor (Leopold, 21. Juli 1665) etc. Wftbrend er sonst mit Recbt als Hauptvertreter der loyal en kaisertreuen Partei gait, scbeint er bei Don Juan sehr geschwankt zu baben. (Leopold, 19. Aug. 1665, Zorzi bei Ba- rozzi et Bercbet II, 343.) Sonst wurde der Vorwurf schlecbter Recbts- pflege und groOer Tragheit gegen ihn erboben. (Leopold, 20. Jan. 1667, 21. Nov. 1668, 16. Jan. 1669.) Er starb zu Madrid 8. Dezember 1668.

6.

Laxenburg, 2. Mai 1663.

Freude uber die Publikation der Heiratspakten. Bericht fiber die deshcdb in Wien gehaltenen Festlichkeiten. AnJciindigung

eines Kuriers.

Ich habe gwiss mit ttbergroBem contento aus Eurem eigenhandigen Schreiben von 5. April wie auch andern Euren Relationen x verstanden, dass Ihr das Euch anvertraute negotium wegen Publicirung meiner Verehlichung* mit alldasiger Infantin so glticklich zuendgebracht. Erkenn es auch gegen Euch in alien kaiserlichen Gnaden. Was wir allhie vor demonstrationes liber diese Zeitung und fiestas gehalten haben, werden zweifels- ohne Euch der Graf von Lamberg2 und andere berichten.

Ich schicke hiebei nur ein Specification derjenigen Ca- vaglieri, so mit mir in Kopfrennen gwest sein, wie auch von wem die pretia gewonnen worden.

6. Or. * Vreligung

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Alle diese notitias, welche Ihr von mir als andern liber diese Fest habt, wollet Ihrer* Majestat der Ktfnigin und dem Pater Neidhardt communiciren, weilen ich ihr nicht alles ausflihrlich beschrieben habe. Nur zwei Sachen hab ich erindern wollen, eins, dass ich das erstemal ttffentlich geredt habe, das zweite, dass alle diese Fest in einem Tag zugericht worden. Dann am Erchtag urn zwei Uhr Nachmittag ist der Heinrich ankommen, am Pfinztag ist alles gehalten, also alles nur allein am Mittwoch in Ordnung gebracht worden.

Ich erachte wohl ftir hflchst nothwendig, dass man dies Werk zum vtflligen Schluss bringe, dahero bin ich im Werk begriffen, ehistens [ein] eignen Courier an Euch zu expediren. Und weilen solcher hoffentlich vor diesen meinen Schreiben anlangen wird, also thue ich mich dahin beziehen. Versichere Euch tibrigens etc.

1 Das Datum 5. April diirfte sich auf das verlorene eigenh&ndige Schreiben Pottings beziehen; erhalten sind nnr Relationen vom 3. und 6. April, in welchen er bittet, das bdhmische Vizekanzleramt, welches er bi8her besaD, anderweitig zu besetzen, und Nachricht gibt von der Publi- kation der Heiratstraktate sowie yon den dabei beobachteten Zeremonien.

2 Graf Lamberg Johann Maximilian, geb. November 1608 aus der Orteneckschen Linie, seit 1641 Rcichsgraf, 1643 1648 bei denFriedcns- verhandlungen in Mflnster, geleitete 1651 die dritte Gemahlin dee Kaisers, Eleonore von Mantua, nach Wien. Frflher Erzieher dee Raisers, dann Ge- sandter in Spanien, Oberstk&mmerer, seit 1675 Obersthofmeister, starb Dezeraber 1682. Er wird allgemein als ein sanfter, ebrenfester Mann ohne Ehrgeiz geschildert. (Vgl. Mitt. d. Inst. XII, 279; Es. Pufendorf, S. 68.) Ftir die pekunifire Seite des Lebens hatte er groOes Verstandnis. Er kaufte" Steyr vom Kaiser (1666) und errichtete dort ein FideikommiB (1669). Von seiner Gemahlin, einer Grfifin Wrbna, hatte er 10 Kinder, von denen Franz Josef (vgl. Leopold 28. Sept. 1667) und Kaspar Fried- rich die beiden spftter fttrstlichen Linien grtindeten.

7.

Laxenburg, 22. Mai 1663.

(Dutch Kurier.) Die Abreise der Infantin moge sicker fur den ndchsten FruMing festgesetzt tverden. Ihr Hofstaat soUte mog-

6. Or. » Ihr

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lichst Tdein sein. Der Beichtvater soil jedenfalls ein Jesuit sein,

wenn moglich ein Deutscher, aher nicht Neidhardt. Potting Jcann

diesem cUles mitteilen. tjbersendung von Briefen an Konig,

Konigin und Infantin.

Ihr werdet mit mehrerem aus der durch diesen eignen Courier mitkommenden Expedition1 ersehen, was ich Euch weiter circa pacta et effectuationem meiner nunmehro schon publicirten Heirat mit alldasiger Infantin habe anjetzo befehlen wollen. Werdet anch anbei die Dazugehtfrie, als die Plenipo- tenzen etc. empfangen haben. Sonsten habe ich Euch iiber dieses haupts&chlich nix zu erindern, sondern lass es in alien bei gedachten Instructionen und Befehlen. Habe allein hiemit nur* Euch etliche kleine Erinderung thuen wollen, so meistens nitb die Hauptsach betreffen, sondern parva accidentalia. Und zwar erstens wegen der Zeit ihrer c sc. der Infantin Abreis, und wftre zwar wohl zu wttnschen, dass solche auf das ehiste geschehe, so propter multas et gravissimas causas d sehr guet ware, allein besorge ich mich, die Kiirze der Zeit und constitutio des Meers werde nit wohl zulassen, dass solche Abreise wirklich vor n&chstem Friihling geschehen k6nne.

Als wollet Ihr doch auCeristes FleiBes dahin trachten, dass solche doch auf das ehiste als miiglich und gleich in principio veris aufbrechen k5nne. Dann ich mache mein Rechnung also. N&chsten 12. Julii wird sie zwtflf Jahr alt, nachsten Frtihling bricht sie erst auf, ein Jahr hat sie am wenigsten zu reisen, kommt also just mit vierzehn Jahren heraus; und dies quoad primum.2

Secundo werdet Ihr in gedachter Instruction auch ein Punct wegen der spanischene Hofstatt utriusque sexus finden. Das ist wohl mein gnadigster Befehl, dass Ihr Euch auBerist bemtthet, dassf solche auf das kleiniste restringirt werde, als es mttglich sein wird.

Von Weibern bin ich wohl zufrieden, dass ein camarera * mayor id est Obersthofmeisterin, ein ander zwei donas, ein, zwei oder drei damas, ein azafata,b ein paar ayudas de camara kommen,3 aber mehr wollte ich wohl nit, ist es miiglich; ist es

7. Or. » euch Euch b nur c ihres d causa spanische

f das man * camerera h azaffatta

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dann nit muglich, das wenigst, das sein kann, dann es wird Euch selbst noch vielleicht wohl bekannt sein, was einer mit die spanische Weiber fur Ungelegenheit haben muess. Von Mannern* wollte ich doch auch, dass nit gar zu viel kamen. Vor allem aber wollte ich, dass Ihr es schaut dahin zu richten, dass wann etwan ein Person von den Spanischen herauBen sterben sollen, kein andere an deren Stelle herausgeschickt wllrden, auBer wann ich solches selber verlangen und begehren thate. Der dritte Punkt betriffl den Confessor oder Beichtvater, circa quam ma- teriam ich Euch nit bergen sollen, dass der Pater Neidhardt mir unlangst geschrieben, dass etliche alldort vermeinten, dass {er selbsten mit der Infantin herauskommen solle}. Ich aber thue diese Proposition {fur eine burla und eine farberia spagnola halten, dann weil man siehet, dass er Pater Neidhardt allda, ja auch sogar bei dem KOnig selbsten ziemlich viel geltenthue}4 als wollten sie {ihn mit diesem schOnen Praetext von dorten wegbringen}. Und weilen ich merke, dass gedachter Pater Neid- hardt hiezue auch ziemlich disponirt ist, ich aber solche Propo- sition auf kein Weis approbiren kann ex multis capitibus, pri- marie aber dass {wann der Ktaig sterben sollte, die KOnigin keinen hatte, mit dem sie recht vertraulich umgehen ktfnnte}; hab also Euch dieses zu dem Ende schreiben wollen,b dass Ihr den Pater data occasione capace macht, dass dieses auf kein Weis rathsam ware.

Nun aber ad punctum. Ich verlange in allweg aber, dass meiner ktinftigen Geliebten Beichtvater einer ex societate Jesu sein solle und das aus viel Ursachen, so allhier6 zu vermelden gar lang wtirde. Aber eins ist genug. Auf der Reisen muss man ihm als ein besonderes machen, und wurde er, so einer es ex alia religione ware, mit den andern patribus kein Ge- meinschaft haben wollen. Kunnte es ein Teutscher sein und vielleicht der Pater Cadella, so schon darinnen ist, und ich ihn hiezue gar wohl tauglich hielte, so ware es mir absonderlich lieb, und gwiss also lieb, dass [es] eines aus mein grtfBten Contenten war. Kann es aber nit [sein], sit Hispanus, saltern Jesuita,6 und auf dies wollet Ihr Euch in alleweg befleiBen, auch mir berichten, wie Ihr hiezue die Materien disponirt be- findet.

7. Or. » Mann b woldte e alir?

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Und dies ist, was ich Euch circa praesentem materiam anbefehlen wollen, und habe mein gnfidigstes Vertrauen, dass Ihr Euch dieses also angelegen sein lassen werdet, als es der Sach Nothdurft erfordert. Ich werde es auch allezeit gegen Euch mit alien kaiserlichen Hulden und Gnaden erkennen.

Sofern Ihr es fUr rathsam erachtet,* so ktinntb Ihr alle ge- dachten Punct mit dem Pater Neidhardt communiciren, auf dass auch er sein Orts hiezuc cooperiren kttnnte.

P. Scr. Ihr werdetd auch hiebei empfangen: ein Schreiben an Ktfnig und diee KOnigin in praesenti materia, so Ihr nach Aussag gedachter Instruction werdetf einhftndigen, auch eins an die Infantin, aber sub duplo, con titolo di Maestk eins, das zweite con titolo d'Altezza, welches Ihr aber mit dem Medina eher aggiustiren sollet, welches er auszuh&ndigen pro nunc fiir rathsam erachten wird.

Sonsten sein wir alle Gottlob * gar wohl, und bringen all- hier unser Reigerbeizh gar wohl zu; das Wetter thuet auch gar wohl favorisiren. 6

Ut supra.

1 Kanzleireskript nicht vorhanden. Es Bind nur zwei Schreiben vom 27. Mai fiber die Tttrkengefahr erhalten.

2 Vgl. Pribram Heirat Leopolds 1. c. 842.

3 Azafata, eine Edelfrau, die im Verein mit der Obersthofmeisterin die Herrin zu wecken und ihr Kleider und Scbmuck in einem Korbchen zu bringen hat. (Azafate, Korbchen, Teebrett etc.) Ayuda de camara = Kammerdiener, hier weiblich.

4 Vgl. oben S. 5. Anm. 4. Von diesem EinfluB spricht Neidhardt selbst in einer anno 1668 herausgegebenen Apologie. (Relation des diff. arrivez p. 1 77 ff.) Es ist dies hervorzuheben, weil sonst auch in den besten spanischen Geschichten behauptet wird, Neidhardt sei zu Lebzeiten des Konigs von den Geschaften ganz fern gehal ten worden.

5 Vgl. Pribram, Heirat Leopolds, 1. c. 343.

6 Zu gleicher Zeit folgte ein Brief der verwitweten Kai serin Eleonora mit dem Datum :

Delia favorita, li 20. Maggio 1663. Gonte Peting nostro carissimo! Inviando sua Maesta questo coriero non ho potuto tralasciare di scrivere a sua Maesta la Regina e alia nostra futura imperatrice ; quanto

7. Or, » erachte b kfindte c hie d wdte e udi udie f wde « Gottlo hfolgt allhier

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con ten to io sento di questa dichiarazione, velo potete imaginare. Mi spiace solo, che habbiamo da aspettare ancora qualche tempo.

Per6 a voi toccara il solecitare il viaggio, accio sua Maesta 1'im- peratore resti presto consolato, mentre le vostre bone relazioni che date della infanta, rende sua Maesta impaziente, e a me desiderosa di poterla servire, quanto pu6, ma personalmente.

Darete queste lettere conformi a quelle di sua Maesta e accompagna- tele con le maggiori expressioni di contento in mio nome, e a voi resto con assicuranzia della mia bona grazia; salutate la vostra moglie in mio nome.

8.

Wien, 30. Mai 1663.

Potting soli trachten, dass der Beicktvater ein Jesuit set ; auch soli er die Turkengefahr recht demonstrieren.

Ich habe Euer Schreiben vom 25. jtingsthin zurecht em- pfangen1 mid habt Ihr gar recht gethan, dass Ihr solche de- monstrationes laetitiae than habt.

Wir befinden uns sonsten alle wohlauf und werden nech- sten Samstag uns wieder vtfllig in die Stadt ziehen.

Heut bin ich nur wegen der Processionen hereinkommen.2 Ubrigens zweifle ich nicht, es werde der jttngste Courier hinein- kommen sein, beziehe mich also dahin, wollet Euch das nego- tium angelegen sein lassen, absonderlich dahin trachten, {dass der Infantin Beichtvater ein Jesuiter seie}; so ich Euch hiemit loco recepisse anftigen wollen. Verbleibe sonsten etc.

[P. Scr.] Inliegendes ist nur ein ordinari Correspondenz- schreiben an Ihr Majestat den Kflnig. Werdet jedoch de novo die tiirkisch Qefahr aufs hOchst repraesentiren, dann sie taglich, ja sttindlich zunimmt, und auf wirkliche Hilfen und Assistenzen dringen.

1 PStting, 25. April (auf das kais. Schreiben vom 21. Mfirz; das erste eigenhfindige Schreiben Pottings, welches in den Sammelbftnden Fasz. 36 und 37 der ,Gro6en Korr.' en thai ten ist). Er gibt nochmals Nach- richt von der Publizierung der Heiratstraktate und von den (iberaus wohl- gelungenen dffentlichen Freudenbezeigungen, die er selbst veranstaltet und dergleichen man nicht leicht in Madrid gesehen hat. Aus diesem An- lafi bittet er urn eine Gelduntersttttzung und Cbersendung der notwendi-

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gen , requisite* wegen der Heirat, da der Konig sehr schwach ist. (Der zweite Teil ist jedoch im Konzept durchstrichen.)

Vom selben Tage zwei Relatione n. In der ersten bittet er nm Ersetzung der Kosten, welche ihm seine festlichen Veranstaltangen a us AnlaO der Publikation der Heiratstraktate verursacht haben. In der zwei ten bericbtet er fiber die feierliche Audienz, die er samt seiner Fran am 21. April hatte. Urn die Verscharfung des scbwebenden Prazedenz- streites zwiscben der letzteren und der Oberstbofmeisterin der Konigin zu verhindern, wurde diese von der Audienz ferngehalten. tJber die Frage der ersten Visite zwiscben Potting und den spaniscben gebeimen Rotten etc.

2 Fronleichnamsfest.

Wien, i^.Juni 1663.

XJber die Krankheit des Erzherzogs Karl Josef. Potting soil davon

Nachricht geben. Auch soil er auf Subsidien fur den Kampf

gegen die Tiirken dringen.

Aus Eurem Schreiben vom 9. Mai * vernimm ich gar gem Ihrer* Majestftten guete Gesundheit, auch dass Ihr ehistens die MaB von der Infantin Lang, und zwar ohne Zuegab iiber- schicken wollet.

Was uns anlangt, befinde ich mich Gottlob gar wohl auf, allein der Herr Brueder Karl2 hat wohl ein Grobs aus- gestanden. Und weilen ich nit zweifle, es werde jederman davon hineinschreiben, also habe ich auch ein wenig ausfiihrlich hievon schreiben wollen.

Meine jttngste Schreiben sein von 30. Mai gwesen; am 31., als ich nach vollbrachter Procession wieder auf Laxenburg kame, so finde ich den Herrn Brueder zu Bette mit einer kleinen Alteration oder calentura. Andern Tags, als den ersten dieses fruhe um halb acht Uhr so ritte ich auf die Beiz, und als ich kaum um den Thiergarten war, so k5mmtb einer nach- gerennt und sagt, wann ich den Herrn Brueder noch wollte lebendig sehen, so sollte ich gleich heimreiten. Ich reite ge- schwind nach Haus und finde alles weinen und schreien, gehe hinauf und finde ihn ganz dahin ohne einzigen sensu in conti- nuirlicher Frais, dass wir alle gesorgt, er fahre alle Augenblick

9. Or. » Ihr »> kOmbe

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dahin. Dieses Accidens hat fast drei Stand gew&hrt; und halte ich wohl, es sei kein Frais allein, sondern etwas von ein Schlagel dabei gwest. Nachdem wir ihm drei oder vier Vesi- catorien gezogen, auch zweimal aderglassen, so hat er sich wieder erholt, und ist zu sich kommen.

Am dritten darauf, weilen es mit Besserung continuirt, so bin ich hereingreist, und am 6., das ist heut acht Tag, hat man auch ihn hereingebracht. Dieser Zeit tiber ist er zwar allweil besser worden, allein ist er noch gar matt und kommt ganz und gar zu keinen Kraften. Ich hoffe aber zu Gott, es werde sich bald zur vfllligen Besserung gelangen, an mensch- lichem FleiC soil es gwiss nit ermanglen. Allein die medica- menta wollen gar keine Effect thun. Ich will aber hoffen, Gott werde uns ihn noch langer lassen. Dieses alles habe ich Euch zu diesem Ende schreiben wollen, dass Ihr es auch dem Pater Neidhartn communicirt, auch sofern Ihr es fur guet halt, auch Ihren Majestaten hievon ausftthrlichen referirt. Halt Ihr [es fur guet, so k5nnt Ihr] nur von diesem Accidens por mayor parte geben.

Hiemit versichere ich etc.

Die tUrkische iible Conjuncturen continuiren noch, wollet also instandig dahin trachten, dass die Assistenzen wirklich erfolgen.

1 Potting, 9. Mai (auf die kaiserlichen Schreiben vom 31. Marz und 3. April). Eigenh.: Ein Bildnis der Infantin ,sotto mano' zu erhalten, ist scbwer; die MaDangabe wird nachstens folgen.

Relation: Medina ist der Gewfihrung von Subsidien an den Kaiser sehr gttnstig gestimmt, doch sorgt man hier, der Kaiser werde den Frieden von den Tttrken nicht erhalten konnen. Don Juan ist mit 13.000 Reitern und 7000 Mann zu Fu6 ausgezogen; die Majestaten haben sich nach Aranjuez begeben etc.

2 Erzherzog Karl Josef war geboren 7. August 1649 aus der Ehe Kaiser Ferdinand III. mit Marie Leopoldine von Tirol. Schon 1661 erhielt er ein Kanonikat in Passau, 14. Mai 1662 ernannte ihn Erzherzog Leopold Wilhelm, der damals GroDdeutschmeister war, zum Ritter und Koadjutor des GroDmeistertums. Nach Leopold Wilhelms Tode (20. Nov. 1662) wurde Karl Josef dessen Nachfolger in dieser Wttrde, dann auch Bischof von Passau und Breslau. Er starb aber schon 27. Janner 1664. Geistig gait er als gut entwickelt und man wollte ihn ais Gouverneur nach den spanischen Niederlanden schicken. Wurzbach VI. 389; Wolf, Lobkowitz 66, 151.

Fontes. II. Abt. Bd. LVI. 2

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10.

Wien, 28. Juli 1663.

Der Kaiser teilt seine Genesung von den Blattern mit, freut sich uber die Lange der Infantin; erwartet ihr Bild. Uber ein „villancico" , den Beichtvater der Infantin, die Ereignisse impor- tugiesischen Kriege. Die kaiserliche Fatnilie geht nach Linz. tTberschickt Schreiben an die Majestaten. Bourg ist befriedigt durch die erhaltene Grnade.

Ihr werdet vom Oberstkammerer * nach und nach schon verstanden haben, wie es mit meinen gehabten Blattern ab- geloffen. Jezo time Euch zu wissen, dass ich Gottlob schon vflllig restituirt bin, auch hoffentlich am nachsten Sonntag das erstemal offentlich ausgehen werde. Diese Zeit durch habe ich Eure Schreiben von 25. Maii, 6. und 20. Junii 2 empfangen, wie auch die MaB von der Infantin, so mir wohl gar lieb gwest. Das Contrafett thue ich bei dem Courier wohl mit Freuden erwarten.

Ich habe auch gar gern verstanden, dass sie wohl auf- genommen die demonstrationes publicas, so wir allhier wegen der Publication gehalten haben. Das villancico dunkt mir gar guet zu sein, will schauen, ob es meine musici werden singen kftnnen. Bin auch gar froh, dass der Courier hineinkommen, und habt Ihr gar recht gethan, die Brief con Altezza zu ex- tradiren, weilen sie es allda also fiir guet befunden.8

Wegen {des Pater Neidhardt} hat es schon sein guetes Bewenden,4 allein wegen eines { Beichtvaters aus der Societ&t} miisst Ihr wohl gar caute und mit groBem {secreto} procediren.6 Die successi in Portugal haben uns ziemlich bestiirzt gemacht, absonderlich weilen der GroBvezir schon zu Ofen angelangt, also dass wir stiindlich eine groBe Macht erwarten. Aus dieser Ur8ach, zwar sub alio praetextu;a werden Ihre Majestat die Kaiserin, wie auch Erzherzog Karl und die zwei Prinzessinnen sich ehistens von hier nacher Linz begeben, auf dass ich als- dann allhier desto freier sei, dasjenige vorzunehmen, so selbe Zeit und die Noth uns an die Hand geben werden.6

10. Or. a praetexo

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Hiebei kommen auch meine Schreiben an K5nig und Kflnigin, und ich verbleibe etc.

P. Scr. Der von der Burkh7 ist hOchst consolirt wegen der Qnad; so er erhalten, daher wollet Ihr in meinem Namen auch Ihrer Majestat dem KBnig wegen dieser Willfahrigkeit danken, sofern Ihr es auch also fUr guet befinden werdet.

1 Oberstk&mmerer war damals Graf Maxmilian Lamberg.

2 Potting, 24. Mai, Uberschickt das MaO der I nf an tin ,ganz just und obne Zugab'. Sie wachst sebr. ,Das Contrafait werde ich ingleichen mit dem ebisten tiberkommen, weilen ich mir aber nit einbilden kann, dass einige Malerkunst diese Vollkommenheit wird erreichen kdnnen, so wiin- sche E. K. M. ich in allerunterthfinigster Derauth das Original ehistens zu uberkommen.' In der Relation berichtet er flber seinen Besuch in Aranjuez. Der Konig hat sich auf alle Bitten sehr gfinstig erklart.

6. Juni. Potting uberschickt eine spanische Komposition oder ,wie sie es bier nennen villancico (Weihnachtslied) in musica, . . . welches all- bier in octava corporis Christi bei den Discalzas reales in praesentia Ihro Maj estate n und des ganzen Hofs cum summo applausn ist gesungen wor- den . . .'. Relation: Don Juan hat Evora erobert, wobei sich die deutschen Truppen auszeichneten. Der Kronprinz hat etwas Fieber.

20. Juni. Er hat dem am 16. erhaltenen Befehle gem&O sofort beim K5nig um schleunige Hilfe gebeten und dieser versprach, das Moglichste zu tun, obwohl gerade die Nachricht von einer Niederlage gegen die Portu- giesen eingetrofFen war. Dem Dr. von der Borcht (Bourg) ist sein Wunsch erfiillt worden, die Expedition folgt nachstens. Medina ist sehr dankbar fiir das kaiserliche Handschreiberi und den Ring.

3 Vgl. kais. Peer, zum 22. Mai und Potting eigenh. 20. Juni.

4 Nfiinlich da6 er selbst nicht geneigt sei, als Beichtvater der In- fan tin Spanien zu verlassen.

5 Weil man in Spanien den Jesuiten sehr ubelgesinnt war; vgl. Potting, eigenh. 4. Juli.

6 Die hier erw&hnte Raiserin ist die Witwe Ferdinand III., Eleo- nore, Tochter des Herzogs von Mantua Karl von Nevers, geb. 1630, gest. 1686; die beiden Erzherzoginnen Eleonore Maria Josefa (geb. 1653, heiratet 1670 Michael von Polen, nach dessen Tode 1673 Karl Leopold von Lothringen, starb 1697) und Maria Anna Josefa (geb. 1654, heiratet 1678 Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, gest. 1689) sind ihre rechten Tochter, wfihrend Raiser Leopold und die Konigin von Spanien, Maria Anna, aus Ferdinand III. erster Ehe mit Maria Anna von Spanien, der Erzherzog Karl Josef aus seiner zweiten Ehe mit Marie Leopoldine, Tochter Leopolds von Tirol, stammten.

2*

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20

Was den Tiirkenkrieg anlangt, so brach der GroDvezier Ahmed Ko- prili im Juli 1663 von Belgrad auf, seine Vorhut erreichte am 25. Juli Gran. Sein Heer zfthlte etwa 120.000 Mann, darunter 12.000 Janitscha- ren. Die kaiserliche Armee unter Montecuccoli war damals 5535 Mann stark. 6st. milit. Zeitschr. 1828, I. 125 f. Uber die Panik in Osterreich und besonders inWien, von wo damals 70.000 Menschen flohen, vgl. Sa- gredo, Fontes rer. Austr., Bd. 27, S. 104.

7 Rumold von der Burg (Bourg, Burkh, van der Borcht), erster Leibarzt des Kaisers und wie es scheint auch Portias, stammte aus den spanischen Niederlanden und durfte 1667 gestorben sein. Die oben er- w&hnte Gnade bestand in der Verleihung einer Ratsstelle bei der obersten Finanzbehorde der Niederlande an seinen Sobn Urban. Vgl. Portia an Pitting, 20. Aug. 1664. Die Sache zog sich jabrelang hin, obne da6 Urban in den wirklichen Besitz der ihm in der Tat verliebenen Stelle ge- langte.

11.

Wien, 8. August 1663.

Der schlechte Gang des portugiesischen Krieges ist sehr unan-

genehm, da auch die TiirJcen vordringen und Neuhausd angreifen

durften. tfber Bourg.

Ich a habe aus Eurem Schreiben von 4. Julii * dessen In- halt mit mehrerem verstanden.

Der Verlust Evora ist wohl mal a proposito kommen, dann unsere Sachen mit den Tiirken auch nit am allerbesten stehen.2 Man glaubt, er werde Neuhausel attaquiren und { unsere Macht ist nit bastant, ihme im Feld zu widerstehen }. Ubrigens habe ich nix von hier zu berichten.

Ich bin Gott [Lob] gar wohlauf. Dem Herrn Bruedern ist sein Linzer Reis auch gar wohl zugeschlagen.

Ubrigens verbleibe8 ich etc.

1 Potting, 4. Juli. Auf seine Bitte hat ihm der Konig Medina zur Verhandlung fiber die Heiratskapitulation zugewiesen. Er hat gem&6 dem erhaltenen Befehle vom 30. Mai wieder um Subsidien gebeten und auch solche erhalten. Es ist zwar nicht viel, 50.000 Scudi, aber bei der schlechten Finanzlage Spaniens ist nicht mebr zu erwarten. Evora ist wieder verloren gegangen. ,Die materia des Beichtvaters werde ich nach fiuBeri8ter Moglichkeit beobachten, besorge aber gar groOe DifficuItHten,

11. Or.* In

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21

dann die Jesuiter hier gar wenig geachtet und von alien andern Religio- nen contraminiret und verfolget werden. Herentgegen die Franciskaner, so dieses privilegium bei denen Infantinen in ihrer Religion crblich haben, gelten bei Hofe alles in allem.'

2 Evora war im Mai von den Spaniern erobert worden. Nach dem entscheidenden Siege von Amejial (8. Juni 1663) gewannen es die Por- tugiesen wieder zurtick. Vgl. z. B. Lafuente XVI. 96.

3 In P. 8. bittet Leopold die Sache Bourgs zu beschleunigen. .

12.

Wien, 22. August 1663.

Die TurJcen haben Forgdch geschlagen und Neuhdusel eingeschlossen, wo sich viele Kavaliere befinden.

Aus Eurem Schreiben von 18. passati* habe ich gar [gern] Ihrer Majest&ten des Kftnigs und der Ktfnigin wie auch der Infantin guete Gesundheit verstanden.1 Ich befinde mich Gott- lob auch gar wohlauf.

Die Tlirken thun starke Progressen, dann nachdem sie den 7. dies dem Graf Forgach ein guete Schlapfen gegeben,8 haben sie Neuhausel wirklich belagert, auch schon auf der contrascarpa posto gefasst. Und weilen man die Festung wegen iiberaus groBer Meng des Feinds nit succuriren kann, so besorge ich, in die Lange werde es nit ausdauern kOnnen. Es liegen darin der Oberist Marchese Pio, der Oberst Locatelli, Oberst Waldter, der Oberst Hagen, Jiirg von la Cron, Rembling und viel andere wackere cavaglieri und Officiere, worunter der Marchese de Grana3 auch unlangst ein compagnia angenommen. Ich flirchte, er mb*chte sein Ftirwitz blifien, und ware ihm gesiinder gwesen, wann er bei dem Reichshofrath geblieben ware.4 Weilen aber zweifels- ohne der Portia 5 alles mit mehrem schreiben wird;6 also beziehe ich mich darauf und verbleibe etc.

1 Potting, 18. Juli. Nichts Bedeutendes . . . ,haben vergangnen 12. dies Monats Ihro Majestfit der Kaiserin, meiner allergn&digsten Frauen Geburtstag gehalten, und erwarten Ihro Majestfit die K6nigin mit Ver- langen zu vernehmen, dass dieser Tag Ton E. K. M. wird sollemniciret sein worden.*

12. Or. »diB

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22

% Der hier erw&hnte Kampf fand am 7. August 1663 an der Donau bei Parkany gegeniiber von Gran statt. Graf Forgach soil etwa 6000 Mann gegen 16.000 Tiirken ins Feld gebracht haben. Er wollte namlich die Tiirken beim Brftckenschlag ilber die Donau iiberraschen, verfehlte jedoch seinen Zweck und wurde seinerseits angegriffen. Die Niederlage war vollstandig und er mufite sich nach Neuh&usel werfen, wo er eine Verstftrkung von Montecuccoli erhielt. Die Belagerung begann am 15., reap. 17. August. Forgach hatte 3000 Mann zu Fufl und 500 zu Pferde in der Festung, die Tiirken sollen iiber 70.000 Mann stark gewesen sein.

3 Er wurde verwundet; vgl. Priorato, Historia Leopoldi I. 252.

4 Vgl. fiir die Belagerung Neuhftusels, Ost. milit. Zeitschr. 1828, 125 ff.; Priorato, 1. c. I. 246 ff.

5 Johann Portia, geb. 1606, kam als Page an den Hof Ferdi- nand II., wurde dann Regimentsrat in Innerosterreich, 1649 Gesandter in Venedig, 1654 Obersthofmeister Leopold I., welcher ihm dann diese Stelle sowie die des Oberstkammerers lebenslanglich zusicherte. 1662 wurde er Reichsfiirst. Bei seinem Tode 1665 hinterlieD er iiber eine Mil- lion Gulden. Er war ein Gegner des iiberwiegenden spanischen Einflusses, im ganzen jedoch (zumal nach den Berichten der Venezianer) sehr un- entschieden, schwach und faul. Vgl. Deutsche Biogr. s. v., Wolf Lobko- witz 69/70.

6 Portia an Potting, 23. August, gibt nicht viel mehr Einzelheiten. Interessant ist seine Angabe, dafl die deutschen Erblande nicht mehr als 6000 zu FuB und 3000 zu Pferd ins Feld stellen konnten; alles andere liege in den Festungen; die Tiirken dagegen hatten 200.000 Mann zur Verfflgung. (Vgl. oben No. 10, Anm. 6.)

13.

Wien, 5. September 1663. In Ungarn geht es sehr scMecht.

Ich habe Euer Schreiben von ersten Angus ti erhalten/ habe sonsten vor diesmal wenig Neu's zn schreiben. Unsre Sachen in Ungern gehen nit recht ab; und weilen Ihr solche von Portia oder anderwilrts vernehmen werdet,2 also beziehe ich mich dahin desto mehrers, weilen {ich ganz confundirt bin}.

Verbleibe etc.

t 1 Potting, 1. August, iiber die Nachricht von des Kaisers Blattern, die 50.000 Scudi Subsidien und Neubesetzung einiger Stellen am spani- schen Hofe.

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23

% Portia, 6. September. Ober die Subsidien, den Reichstag zu Re- gensburg und die dortigen Schwierigkeiten mit dein Rheinbunde, fiber die Belagerung Neuhfiusels (welche ein franzdsischer Ingenieur leitet, Portia, 13. Sept.). Die Tiirken sind letzten Samstag (d. i. 3. Sept.) fiber die Waag gegangen und verwfisten alles bis zur March; vielleicht haben sie auch diese schon iiberschritten. In Osterreich ist alles voll ,Furcht und Confu- sion und alles in der Flucht, dass man keinen Menschen auf bringen kann zur Gegenwehr. Wir wissen nicht, ob I. Rais. Majest&t abreisen solle oder nicht' etc.

14.

Wien, ig. September 1663.

tTber die Grnade fur Dr. Boiirgs Sohn. Potting soil sich seiner recht annehmen. Die Tataren sind in Mcihren eingefallen.

Ich habe Eure relationes von 15. August zurecht erhalten,1 habe vor diesmal nix darauf zu erindern, als dass ich gar gern aus der beigeschlossnen Certification verstanden habe, dass end- lich die Genad flir des Doctor von Borcht Sohn richtig ist. Er hat mich aber gebeten, ich wollte Euch erindern, dass er vor gwiss verstanden habe, dass man in Werk in Niederland sei, in den Kammer- und Finanzpersonen ein riforma vorzunehmen ; besorgt sich also, es mOchte gedachte riforma vielleicht auch sein Sohn treffen. Das hiefie aber mit einer Hand gegeben mit der andern genommen, und schier einer burla gleich, dann auf einer Seite versprecheten* und concedirten sie ihm die Qnad, ein sechs Wochen hernach nahmen sie ihm solche durch die riforma weg; das hieBe re vera burlar il prossimo. Habe Euch also befehlen wollen, auf dass Ihr dahin trachtet, dass diese Sach vorkomme und dies praecavirt werde. Wegen der darinnigen Taxgelder wird es schon seine Richtigkeit haben.

Wie unsere res turcicae stehen, werdet Ihr anderwarts verstehen. In Mahren haben die Schelm, die Tartern, groCen Schaden gethan,2 ich hoflFe aber, es werde alles noch besser werden.

Hiemit versichere ich Euch etc.

14. Or. * verpehten

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24

1 Potting, 15. August. Relation: Der Konig war fiber die Absen- dung von 50.000 Reichstalern durch Pefiaranda an den Kaiser sehr er- freut. Potting hat dafiir geziemend gedankt. Die Vollendung der Heirats- kapitulation wird dadurch verzogert, da6 Medina auch an den vielen Be- ratungen fiber den portugiesischen Krieg teilnehmen muB etc. Die Gnade fflr den Sohn des Dr. von der Borcht ist v6llig bewilligt. Im eigenh. Schreiben von diesem Tage spricht er nur seine Freude fiber die Geneeung des Raisers a us.

2 Dieser Tatareneinfall wurde von den Tflrken durch einen allge- meinen Angriff auf die von den Kaieerlichen nur schwach besetzte Waag- linie am 3. September eingeleitet. Hierauf streiften die Tataren, etwa 15.000 an der Zahl, einerseits gegen PreOburg, andererseits gegen die Wei Den Karpaten nach M&hren hinein bis an die March und nach Nikols- burg. Montecuccoli zog aus Furcht vor einem groOen Angriff fiber die Donau und sandte erst am 7. September Spork mit etwa 2000 Mann ge- gen die Tataren. Dieser konnte sie jedoch nicht mehr erreichen und kehrte am 13. September zurfick. Vgl. Diar. Eur. X. 544 ff., Theatr. Eur. IX. 452, Urk. u. Akt. XI. 305, Cat. milit. Zeitschr. 1828, 1. 135—141.

15.

Wien, 3. Oktober 1663

Der Kaiser freut sich iiber die Verleihung des goldenen Vlieses an Potting. Vber Don Juan; iiber einen kostbaren Schreibkasten und iiber Kleinodien. Vbergabe von Neuhdusel. Potting soil auch die Pratensionen der verwitweten Kurfurstin von Bayern unter-

stiitzen.

Ich habe Euer Schreiben von 29. August zurecht erhalten,1 und erfreue mich vorderist mit Euch gn&digst, dass Ihre Ma- jestat der KOnig Euch die Gnad des Tusons verliehen haben, und habe es absonderlich gern verstanden. Erwarte auch mit groGem Verlangen des Couriers, weilen er das Conterfett und die capitulationes mit sich bringen wird.

Was des { Don Juan }2 schadliche intentiones anlangt; will ich es in groBer Geheime halten, und wird Euch der Ftirst Portia in dieser Materi ausfuhrlicher schreiben, allwohin ich [mich] beziehe.3

Habe auch gar gern gesehen, was Ihr mir wegen des Schreibkasten und Klenodien zu Antorf* schreiben habt wollen.

15. a Antwerpen

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Der Abri88 machte einem schier ein Appetit zum Kaufen, wann die Zeiten besser und mehrers Geld Ubrig vorhanden war. Wollte doch von ein und auch andern, absonderlich* dem Schreibka8tenb den rechten Preis nach unser deutschen Wah- rung wissen.

Sonsten bin ich Gottlob gar wohlauf, allein gehen unsre Sachen noch allweil schlechter, indem den 25. passato Neuhausel durch accordo an den Feind tibergangen.

Gott verzeihe es dem losen Forgd.cn, ich meine, es werde herauskommen, dass er aus lauter Bftrenhftuterei und Schelmerei den Platz Ubergeben0 hat, quod confirmat seine Flucht, indemed er nit nach Raab, wie meine Ordre gwest, gangen, sondern fur sein Person sich gegen Oberhungarn sub praetextu, auf seine Gliter zu reisen, begeben hat. Bekomme ich ihn, so will [ich] ihm anderst fechten lernen.4 Hiemit etc.

P. S. Ich hatte schier das Vornehmste vergessen, und ist dieses, dass Ihre Liebden, die verwitibte Frau Kurftirstin in Baiern mich schon zum oftern instandigst ersucht, ich wollte ihr doch dahin verhilflich sein, dass sie doch dermaleins ihrer Praetensionen darinnen kSnnte habhaft werden.5

Und weilen Ihre Majestat der Kflnig schon vor diesem auf mein Intercession in ihr Begehren gwilligt, und es allein an Vollziehung solcher kOniglicher Resolution erwinden thuet, als ist mein gnadigster Befehl hiemit an Euch, dass Ihr auf solche eifrigst und instandigst dringen sollet, dass es doch einmal zum wirklichen Effect gelangen mOchte.

Wann Ihr mehrere informationes vonnOthen habt, wirdt Euch solche der Schmitt6 an die Hand geben kOnnen, als der dieses Werk vormals getrieben hat. Mein Oberstkammerer, der von Lamberg, wird auch mehrers von dieser Materi Euch schreiben, wohin ich mich beziehe. Nur schaut, dass die guete Frau Kurftirstin das ihrige bekomme.

1 Potting, eigenh. 29. August. Das Bildnis der Infantin ist schon fertig und sehr gelungen; er wird es durch den n&chsten Kurier tiber- senden. Der Konig hat ihm ex proprio motu das goldene Vlies verliehen, er bittet um die Erlaubnis, es anzunehmen. Insgeheim hat er erfahren, dafl Don Juan darnach strebt, zum Infanten erklfirt zu werden. Ein Kor-

15. Or, ein und and andern absonde b Schreibkast ° tibergan- geben d ihm dome

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respondent in Antwerpen hat Potting die beifolgende Zeichnung von einem ,kostlichen Schreibtisch und etzlichen raren Klenodien' zu- geschickt.

Relation: La Fuente hat durch einen Rurier ana Paris berichtet, daO der Ronig zur Belagerung von Marsal nach Lothringen gehe. Don Juan will n&chstes Jahr mit grofierer Anstrengung als je den portugiesi- schen Rrieg fortsetzen. Potting unterl&6t nichts, um die Fortsetzung der Subsidienraten zu erlangen.

2 Don Juan de Austria war ein Sohn Philipps IV. von der Schau- spielerin Maria Calderona, die dann ins Rloster ging, geb. 7. April 1629, 1642 Grofiprior des Malteserordens in Castilien, wurde 1643 nachNeapel geschickt und dann in den Niederlanden und gegen Portugal als Feldherr verwendet.

Sowohl dort als hier war er ungliicklich. Nach der Niederlage von Amejial, 8. Juni 1663, legte er sein Rommando nieder. Nach Phi- lipps IV. Tode geriet er in immer heftigeren Streit mit der Ronigin und Neidhardt, welcher dann mit des letzteren Verbannung und Don Juans Ernennung zum Vicekonig Aragons und der angrenzenden Gebiete endete (Febr., Juni 1669). Als der junge Ronig vollj&hrig wurde, entzog er sich der Bevorinundung durch seine Mutter (Flucht nach Buen Retiro, 14. Jan. 1676) und Don Juan wurde sein Gttnstling. Dieser zeigte sich jedoch der Stellung nicht gewachsen und verdarb es sich bald mit alien. Zu seinem Gllick starb er am 17. September 1679 noch im Besitze der Macht.

3 Portia an Potting, 3. October. ,Was der Herr Graf mir wegen des Don Juan de Austria und seiner hohen Pr&tension schreibt und inge- heim erfahren zu haben vermeinet, das ist von dorten unterschiedlichen andern auch herberichtet worden und sogar mit denen gedruckten kolnischen Gazetten herkommen. Das Beste ware, wenn man alldorten die Augen aufthuen und ihme einen Pfaffenrock anziehen wollte, dann die Waffen stehen nicht wohl in solcher Leute Handen* etc. Eine ganz fihnliche Wen- dung findet sich schon in Portias Schreiben vom 20. September.

4 Sonst wird als Tag der Ubergabe der 26. September angegeben. Die Bedingungen waren fur die Besatzung sehr gunstig. Forgdch wurde durch seine meuternden Soldaten zur Rapitulation gezwungen. Vgl. Ost. milit. Zeitschr. 1828, I. 153/4. Die Turken sollen bei der Belagerung 15.000 Mann verloren haben. Forgdch wurde dann gefangen genommen und vor ein Rriegsgericht gestellt. Es hiefi, er habe bei der Belagerung uber 60.000 Dukaten ,geschnitten' (Leop. d. Gr. wunderwilrd. Leben u. Taten 432). Sein ProzeU wurde jedoch vom Raiser niedergeschlagen, er selbst nach einem Jahre aus der Haft entlassen. Vgl. Wolf, Lobkowitz 1 20 f. Ost. milit. Zeitschr. 1828, 157 f.

5 Maria Anna, Tochter Raiser Ferdinand II. aus dessen erster Ehe mit Maria Anna von Bayern, geb. 1610, gest. 25. [28.?] Sept. 1665,

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seit 1635 mit Kurfttrst Maxmilian von Bayorn verheiratet, Witwe seit 1650, Hiibner, Gen. Tab. Nr. 127, 134.

6 Kaiserlicher Secret&r bei Potting. Vgl. des letzteren Scbreiben vom 14. Marz 1663 und sonst.

16.

Wien, 17. Oktober 1663. Don Juan.

Aus Eurem Schreiben von 12. September1 habe ich eins und das andere verstanden. Was den {Don Juan} anlangt, muss man wohl schauen, wie man {seine schadliche machina- tiones} divertiren kOnnte.

Was hier verlauft, werdet Ihr schon anderwarts ver- standen [haben]. Ich befinde mich sonsten gar wohlauf. Hie- mit verbleibe ich etc.

1 Potting, 12. September (auf d. kaiserl. Schreiben v. 8. Aug.) eigenh. iiber die (wohl auf die Ernennung zum I nf an ten beziiglichen) Bemtthungen Don Juans. Sein Wunsch ist fur diesmal ganzlich binter- trieben, ,er wird aber schwerlich dabei acquiesciren, dann er ein Mensch zwar von Bonder baren Qualit&ten ist, aber von unbescbreiblicber Prae- sumption und hohen Gedanken . . .* Potting dankt fiir die Ernennung zum geheimen Rat.

17.

Wien, 31. Oktober 1663.

tfher einen Stammbaum des habsburgischen Hauses. Die Erz-

herzogin Marianne hat die Blattern. tfber den Tiirkenkrieg, speziell

die Taten der beiden Zrinyi. Perlaranda hat 50.000 Reichstaler

geschicht, Totting soil das riihmen.

Auf Euer Schreiben von 26. September1 habe ich vor diesmal nix zu antworten, als dass mir der beigeschlossne arbor nostrae domus gar wohl gefallen hfttte. Ingleichen werde ich mich der notitia bedienen, so Ihr mir von jenigen Kiinstler gebet, so gar wohl in Metall schneiden thuet.

Ich befinde mich Gottlob wohlauf. Die Erzherzogin Marianderl hat zue Linz die Blattern.2

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Den Ttirken anlangend hebt solcher an, sich nacher Ofen und StnhlweiGenburg* zu ziehen. Und weilen schon grobes Wetter einfallt, so werden wir mttssen auch auf die Winter- quartier bedacht sein. Graf Niclas von Zrin hat ein Partie von 300 Ttirken geschlagen, Graf Peter 8 aber hat noch ein bessers Gllick gehabt, indemeb er anf der Karlst&dterischen Granizen 5000 Tlirken incontrirt, darauf getroffen, auch 2000 davon niedergemacht, auch gar viel gefangen bekommen, darunter viel vornehme Ttirken, absonderlich des Bassa, so die feindliche Partie commandirt, Brudern, so schon ftir sein Ranzion 30.000 Reichsthaler angeboten.4 Ich zweifle nit, Ihr werdet ander- weitig mehrere particularia verstehen.

Ferrers solle ich Euch gnildigst nicht verhalten, wasmaCen gestert ein Courier von Neapoli kommen, so mir von dasigem Virrey conde Peneranda6 Brief, auch ein Wechsel per 50.000 Reichsthaler gebracht, welche er mir tiberschickt, weil er die Ubergab Neuhftusel verstanden. Habe es Euch also zu diesen Ende zu wissen machen wollen, auf dass Ihr diese des conde prestezza an kOniglichen Hof, wie billig, rtihmen ktfnnet. Und ich verbleibe etc.

1 Potting, 26. September (auf das kais. Schreiben vom 22. Aug.): eigenh.: ,Beiliegend unterstehe mich, E. E. M. die neulich in Niederland ausgangene arborem augustissiuiae domus, bo Ihro Durchlaucht Erzherzog Leopold Wilhelm hat offerirt werden sollen, aber nicht beschehen [anzu- zeigen]*, ist meines gehorsamsten Bedunkens zieralich wohl formiret. In- gleichen hat er (?) mir von einem namhaften Kiinstler Meldung gethan, welcher in Metall sehr ktinstlicbe Contrafait verfertigen solle konnen.' Die Relation handelt iiber die Subsidien, die Eroberung der lothringi- schen Festung Marsal durch die Franzosen, fiber Don Juan, tiber eine vom Kaiser unterstiltzte Bitte der Stadt Besan^on [um Erbaltung ibrer Privilegien] und die bevorstehende Veroffentlicbung derHeiratskapitulation.

% Die Erzberzogin Marianne (Maria Anna Josefa) war mit der ganzen kaiserlicben Familie vor den Ttirken nach Linz geflohen. Siehe oben, S. 18.

3 Graf Niklas Zrin3ri, geb. 1616, gest. 1664, Ban von Kroatien, war wirklicber geheimer Rat, Oberststallmeister; Peter, sein Bruder, war damals Kommandant von Karlstadt und wurde als Ban Nachfolger seines Bruders ; hingerichtet 30. April 1671 als Hochverrfiter.

17. Or. *folgt sich b ihn deme

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4 Far diese Schlacht beiKarlstadt vgl. neben Klein-Fessler IV. 310, Ortelius rediv. II. 288.

5 Gaspar de Bracamonte y Guzman, III. Graf von PeSaranda, geb. ca. 1595, wurde 1622 Kfimmerer dee Kardinalerzbischofs von To- ledo, 1626 Fiskal im Ordensrate und Ritter von Alcantara, 1628 Rat im Ordensrate; 1643 zum autferordentlichen Bevollmfichtigten fur Deutsch- land ernannt, verblieb er vorerst in Spanien, ging im Jfinner 1645 nach Munster und schlotf 30. Jfinner 1648 den Frieden mit Holland. Dafur wurde er 3. Marz 1648 Staatsrat, kehrte aber noch nicht nach Madrid zurtick, sondern ffihrte zunachst Verhandlungen mit Frankreich, jedoch ohne grofien Erfolg. 1651 wurde er President des Ordensrates und 1653 des Rates von Indien. 1657 1658 war er mit La Fuente bei der Kaiserwahl, dann Vizekonig von Neapel bis 1664. Im November dieses Jahres kehrte er nach Spanien zuriick und trat seine Amter wieder an. 1665 wurde er Mitglied der Regierungsjunta, dann Grande erster Klasse, Juli 1671 Prfisident des Rates von Italien und starb 14. Dezember 1676. Morel Fatio, Rec. des instr. XI. 485 488. In seinen letzten Jahren war er in Madrid das Haupt der kaiserfeindlichen Partei, jedenfalls der geist- reichste Mann bei Hofe. Der franzosische Minister des Aufieren Lionne schatzte ihn sehr hoch. Vgl. Rec. des instr. 1. c, Voy. d'Esp. (1667), p. 190 und in diesem Buche passim.

18.

Wien, 13. November 1663.

Potting tut wohl, fortwdhrend urn Subsidien zu bitten. Der Kaiser

bereitet sich zur Eegensburger Beise vor und tvird morgen nach

Klosterneuburg gehen.

Aub Eurem Schreiben von 10. [passati] habe ich die con- ten ta gar gem verstanden,1 fttUt mir auch vor diesmal nix vor; so ich darauf antworten k5nnte, als dass Ihr gar wohl thuet, dass Ihr nm Hilf stark anhaltet, dann wir sein in summa necessitate ein stark summa Gelds zu haben, und der Spaniar- den natural lentezza hat wohl eines continuirlichen stimuli von- n^then.

Ich befinde mich Gott sei Lob gar wohlauf und schicke mich zur Regensburger Reis, so ich gwiss den 28. dies fort- zusetzen gedenke.2 Morgen, will's Gott, werde ich auf Kloster- neuburg wegen festum Sancti Leopoldi, daher schreibe ich heut anticipate. Hiemit etc.

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1 Petting, 10. Oktober, eigenh. Die K6nigin hat bei der letzten Post kein Schreiben vom Kaiser erhalten und daher Potting um das Be- finden des Kaisers befragt. Die Heiratskapitulation ist wegen Unwohl- seins Medinas noch nicht publiziert. ,Inmittels ist der Don Juan auf koniglichen gemessenen Befebl von bier wiederum ab und in Estremadura verreist, aber dabei voller Unlust, dass ihm sein vorgehabtes schfidliches Verlangen, wie billig, nicht reussiret seie.' . . . ,Habe dieser Tagen das verfertigte Contrafait I. M. der kaiserlichen Braut, meiner allergnfidigsten Frauen, gesehen, so in aller Perfection wohl getroffen ist und E. K. M. hoffentlich allergnfidigst contentiren solle.' Relation: Der Konig bat dem Kaiser 240.000 Kronen an Subsidien bewilligt. Es handelt sich nur um die Verwirklichung. Marques Caracena ist aus den Niederlanden abberufen und Castel Rodrigo an seine Stelle ernannt worden als erster Minister des Erzherzogs Karl Josef etc.

Von den beiden hier erwfihnten Mfinnern moge bier folgendes Platz finden: Don Luis de Benavides, Carillo y Toledo, marques de From is ta y de Caracena, conde de Pinto, zeichnete sich als Kavallerie- general in Italien und Flandern aus, war 1648 Gouverneur von Mailand, 1656 wurde er nach Flandern versetzt und Ende 1658 provisorischer Gouverneur, welche Stelle er erst nach Fuensaldafias Tode 1661 ganz er- hielt. 1659 wurde er in den Staatsrat ernannt, 1664 nach Spanien zu- riickberufen, um den Befehl gegen Portugal zu ubernehmen, den er jedoch sehr unglticklich fuhrte (1665). 1667 zum Pr&sidenten des consejo de Flandes ernannt, starb er 6. Jfinner 1668. Vgl. vor allem Morel Fatio, Recueil etc. XI. 100, Anm. 1.

Don Francesco de Castel Rodrigo, der dritte Marques dieses Nam ens, ein Enkel des bekannten Ministers Philipp II., aus portugiesischem Blute, Christobal de Moura y Cortereal, war eine der festesten Stutzen der antifranzosischen Partei in Spanien, Botschafter in Wien, wo er bedeutenden Einflutf ilbte (vgl. seine eigenen, freilich iiber- treibenden Worte unten in der Anm. zum Briefe vom 1. Aug. 1670, auch Nani, Fontes rer. Austr., Bd. 27, S. 21, dazu des Kaisers Antwort in dem erwfihnten Briefe), 1664 1668 Gouverneur der Niederlande. Seine dortige Tfitigkeit wird vom Kaiser selbst anerkannt. Seine Rolle wfihrend des Devolutionskrieges ist bekannt. September 1669 wurde er cavallerico mayor der Konigin, August 1670 President des consejo de Flandes und starb im Dezember 1675. Staatsrat war er schon seit No- vember 1641. (Morel Fatio, I.e. p. 217, Anm. 1.) Verebelicht war er mit Mariana de Aragon y Moncada, einer Schwester des in diesen Briefen bfiufig erwfihnten Kardinalherzogs Luis Guillermo de Moncada, Herzogs von Montalto. Dieser Ehe entsprangen nur zwei TSchter, die filtere, Eleo- nore, brachte die Titel ihres Vaters an Anielo de Guzman, Medinas jung- sten Sohn und nach dessen Tod (1677) an den Marques de Almonacid.

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Die jfingere Tochter, Johanna, war dem Prinzen von Ligne bestimmt (Mignet I. 320), heiratete aber gegen den Willen ihres Vaters den Ftirsten Pio. (Imhof, Nachrichten 222.) % Vgl. Priorato, 1. c. 271.

19.

Wien, zg. November 1663.

Erzherzog Karl hat wieder die Fraisen gehabt. Der Kaiser hat

Balthasar Starhemherg sum Statthalter ernannt. tJber ein DueU

in Prefiburg. Ankundigung eines Kuriers.

Euer Schreiben von 24. October ist mir zurecht einge- liefert worden.1 Habe vor diesmal nix darauf zu antworten, thue aber Euch zu wissen, dass ich Gottlob gar wohlauf bin, allein dem Herrn Bruder Karl ist zu Linz den 20. dies wieder die Frais kommen, hat 17 paroxysmos gehabt, haben alle mit- einander liber vier Stunden lang gewahrt. 1st jezo zwar wieder ohne Gefahr, allein stehe ich in steter Sorgen, weilen es schon nach so langem Ausbleiben wieder kommen, dass es nicht After komme; dann er ist gar schwach, und flirchte ich, er k5nnte es nit ausdauern. Heut habe ich den Grafen Kon- rad Balthasarn von Starhemberg zum allhiesigen Statthalter resolvirt.8 Und ist vorgestern im Lager bei Pressburg der Oberstlieutenant Ferdinand Victor Teuffel, welchen Ihr ohne Zweifel kennen thuet, von ein niederlandischen Cavaglier und Rittmeister Namens Norkermes (so vor diesem bei dem Erz- herzog Leopold sel. Edelknab gwest), in ein Duell erstochen worden.8

Sonsten bin ich in Werk begriffen, ein eigenen Courier hineinzuschicken; vielleicht kommt er vor diesem hinein,4 be- ziehe mich darauf und befehle Euch gnadigst, dass Ihr alles selbiges eifrigst wollet sollicitiren. Verbleibe etc.

Nachsten Samstag werde ich gwiss von hier aufbrechen und meine Reis nacher Regensburg fortsetzen.

1 Potting, 24.0ktober. Der Sohn des Dr. von der Borcht hat keine jriforma* zu befttrcbten. Die Publikation der Heiratskapitulation wird erst erfolgen, wenn die Majestftten aus dem Escurial nach Madrid zuriick- kehren.

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2 Ronrad Balthasar Graf Starhemberg, geb. 1612, gest. 1687, einer der Hauptforderer des Ansehens dieser Familie, Vater des bertihmten Verteidigers von Wien.

3 Der Oberstlieutenant Teufel war ein Verwandter der Marquesa Monseca(?) (vgl. Potting eigenh. 2. Jan. 1664), also wahrscheinlich ein Mitglied der Freiherrenfamilie dieses Namens (Teufel). Er findet sich jedoch bei Zedler, Gaube (Adelslexikon) u. s. w. nicht erwfibnt.

4 Dies war nicht der Fall, wie der Vergleich von Pottings Briefen vom 2. und 16. Januar 1664 zeigt. Er langte am 7. Januar in Madrid an. (Vgl. Pottings Diarium unter diesem Datum.)

20.

Linz, ii. Dezember 1663.

(Durch Kurier.) Potting soil vor allem um ausgiebige Subsidien anhalten fur den nachsten Feldzug und dann um baldige Abreise der Infantin. Der Erzherzog hat ivieder einen Anfali gehabt. Potting soil des Kaisers Lage Neidhardt und der Konigin mit- teilen und um Hilfe bitten, tfber die Kwrfiirstin von Bayern

und Bourg.

Ich schicke diesen Courier principaliter um Hilf, dann die ist necessaria in summo gradu, wie Ihr mit mehrerem aus meinem Kanzleischreiben und anderem, was Euch der Fttrst von Portia schreibt,1 werdet vernehmen. In diesem habe ich nur klirzer es berlihren und Euch gn&digst befehlen wollen, dass Ihr inst&ndigst um ein namhafte Geldhilf anhalten sollet. Dann ohne derselben ist ohnmttglich, dass ich mein Armatur in rechten Stand bringen kann, und ist gwiss in dessen Er- manglung zu besorgen, dass die kOnftige campagna so unfrucht- bar ablaufe als die vorige. Dann obwohlen das Reich Hilfe schicken wird, so werden es doch nur Volkhilfen sein. Schicken sie nun ein 20.000 oder 30.000 Mann, und ist unser eigne Macht nit auch stark und bastant, so thuen sie pro libitu, was sie wollen, et erunt novissima peiora prioribus. Dieses wirdet Ihr an gehQrigem Ort absonderlich zu remonstriren haben, wie Ihr mit mehr, wie ich oben vermeldt, instruirt werdet. Bei dieser Gelegenheit mein ich auch gar nothwendig zu sein, dass Ihr nochmals in meinem Namen Instanz machet, dass doch die endlich Aggiustirung der Heiratspacten geschehe, dass so

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es mtiglich, ein Zeit benennt wtirde zn der Infantin Herausreis; dann es einmal hflchst vonnothen ist; dann der Erzherzog Karl allweil kr&nklet und erst seither meines jtingsten von 28. No- vember den 29. darauf abermal die Frais gehabt, und zwar so stark, dass man vermeint, er kOnne kein Viertelstund mehr leben. Es hat sich aber Gott liber uns erbarmet und es wieder gebessert, also dass jezo ganz keine Gefahr ist, wann nur kein Recedive mehr kommt, welche zu verhiiten all unser FleiC an- gewendt wird. Zu diesem End dann die Weibergespinn wieder wird gebraucht werden, und wird man ihm auch die Schnur Ziehen, also dass ich sorge, dass h6chst nothwendig ist, so viel die darin* zulassen, die Heraus[reise] zu beschleunigen. Von diesen zwei Punkten werdet Ihr dem Pater Neidhardt Commu- nication thun, auch der Ktfnigin davon parte geben und um ihr Assistenz anhalten.2 Ich habe auch Euer Schreiben von 7. November8 erhalten und glaube wohl, dass der Verlust Neu- h&usel wird dort viel Mucken causirt haben. Aber eben desto mehr haben wir ihr, der Spanier, Hilf vonnothen.

Wegen der verwitibten Frau Kurfurstin in Baiern wollet Ihr doch alien FleiB anwenden, dass sie ihre Satisfaction er- reichen m5chte.

Der von der Borcht ist ganz content.

Sonsten ist bisher unser Reis bis her wohl von statten gangen. Am Freitag continuire ich solch auf Regensburg. Letz- lich beziehe mich nochmals auf sowohl meines als des Portia andere Schreiben4 und verbleibe etc.

1 Portia berichtete schon unter dem 31. Oktober von der Not- wendigkeit starker Rtistungen gegen die Tiirken. Es wird aber schwer halten, genugende Mittel zu haben; von der Reichshilfe ist nicht viel zu hoffen, da die Franzosen unter der Hand die Stfinde divertieren; da nun der Papst von Frankreich so bedroht worden, dafi er den Kaiser nicht wird unterstiitzen konnen, berubt die ganze Hoffnung auf Spanien, ,so diese entgeht oder verkilrzt wird, sind wir, Gott weiss, verloren und sel- bige Monarchic wtirde sodann aucb nicht lange bestehen konnen*, daher der Graf sich bemiihen solle, datf jetzt wenigstens 300.000 Kronen auf einmal richtig tibersendet werden, damit der Kaiser seine Armee, ,so we- nigstens aus 30.000 Mann deutscher Truppen bestehen mufi, mit Sttick und Munition versehen und die Fortifikationen fortsetzen kann. Der Herr

20. Or. * ihn

Pontes. II. Abt. Bd. LVI.

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Graf kann sich versichert halten, daB Ibre Majestfit sich wegen Heraus- schickung der Infanterie nicht wird herumziehen lassen und es wttrde ge- wifilich diejenigen, so diese Verhinderung anstiften wiirden, gereuen und uns zu schadlichen Resolutionen zwingen.' Am 15. November meldet Portia neuerdings von der Schwierigkeit, die entsprechenden Gelder zu erlangen ; der Kaiser tue alles Mogliche, allein die benotigten Summen seien so grofi, dafi Spanien eine aufierordentliche Unterstiitzung werde bieten mussen. Am 12. Dezember schreibt er: Es ist keine HofFnung auf Frieden mit der Turkei. Potting moge nur darauf dringen, dafl die Subsidien ausgezahlt werden. Zrinyi ist auf seiner jlnsel* (Murwinkel) angegriffen worden, hat aber Gltick gehabt, ,wie aus seiner Relation, so gegen anderen sebr moderat ist, hiebei zu sehen*. Der Kaiser ist vorigen Donnerstag hier an- gekommen und wird erst nachsten Freitag weiterreisen, um dem Kur- fttrsten von Mainz, der durch Podagra aufgehalten wurde, Zeit zu geben, sich vor ihm in Regensburg einzufinden. Den Erzherzog Karl Josef hat man bei ziemlich guter Gesundheit gefunden, obwohl er am 30. No- vember wieder Fraisen hatte. Er sollte nach firztlichem Rate nach Suden, ,man weifi aber nit, wie solches mit einem solchen Herrn zu practiciren sei*. Sein Obersthofmeister hat Bedenken, wie man seinen Hofhalt in den Niederlanden einrichten solle. Potting soil zu erfahren suchen, ob man Castel Rodrigo auch zum Obersthofmeister bestimmt habe. Kfimcn die Subsidien, so konnte man beim Reichstage viel Gutes wirken. Bisher sind nur 70.000 Taler eingetroffen und gfinzlich an den Kurfiirsten von Mainz und seine Minister verteilt worden etc. Pscr. vom 14. Dezem- ber. Da am 10. ein spanischer Kurier mit einem Paket an den Don Diego de Prado kam, dieser aber noch nicht hier ist, so hat der Kaiser das Paket in Beisein des Kuriers offnen und Pottings Brief vom 15. November herausnehmen lassen. Aber den Vorschlag der spanischen Minister kann er nicht begreifen (d. i. einer Heirat des Erzherzogs Sig- mund mit einer Prinzessin von Orleans). Vgl. die Anm. zum Briefe des Kaisers vom 24. Dezember 1663.

% Dies geschah am 8. Januar 1664, vgl. Pottings Diarium unter diesem Datum.

3 Potting, 7. November (eigenh., nur in Abschrift vorhanden). Dank fttr die kaiserliche Genehmigung der Verleihung des Vlieses an ihn. Eindruck der Nachricht von dem Verluste Neuhfiusels auf den Konig. Wegen des Schreibkastens und der Kleinodien hat er nach Antorf (Ant- werpen) geschrieben. Die Majest&ten sind wieder in Madrid. Die Geldanspriiche der verwitweten Kurffirstin von Bayern werden schwer durchzusetzen sein, denn es ist hier ,in materia de hacienda, wo es Geld betrifft, iiber alle Mafien schwer fortzukommen*. Schmitt wird ihn nicht informieren konnen, da er krank ist. Die Expedition fur den Sohn des Dr. Borcht hat er erhoben, die Abschrift folgt mit.

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4 Diese sind schon oben in Anm. 1 exzerpiert. AnCerdem existieren noch zwei Kanzleischreiben vom 8. Dezember iiber die Tiirkengefahr, eowie eigene Kreditive fiir Potting in dieser Angelegenbeit.

21.

Regensburg, 24. Dezember 1663.

Entschuldigung uber die Offnung des Pakets eines spanischen Kuriers. tJber den von Spanien gemachten Vorschlag einer Heirat des Erzherzogs Sigmund. Es scheint, da/} ein Schreiben Pottings verloren gegangen ist. tJber die in Regensburg anwcsenden und demndchst eintreffenden Reichsfursten.

Mein letztes Schreiben, so durch den Courier gangen, war so mir recht ist vom 10. dies.1 Den Tag hernach kommt ein spanischer Courier, hat aber nix gebracht, als ein etwa drei Finger hohes pliego an Don Diego de Prado;* weilen er aber gesagt, es seien cose d'importanza, der Diego auch nit zu Linz, sondern noch gar zu Wien war,* und wir besorgt durch die morain mOchte was vers&umet werden, als habe ich solches pliego abfordern und durch den Flirsten von Portia erftffnen lassen, und nachdem er darinnen ein Brief an ihn, den andern von Euch an mich gefunden, hat er solche herausgenommen,8 das iibrige pliego zuegemacht und also den Courier zu dem Don Diego fortreiten lassen. Ich habe Euch alles also beschreiben wollen, dass wann man ahndet, dass man das pliego aufgemacht, Ihr wisset, aus was Ursachen es geschehen und darauf ant- worten kOnnt.b

[Was] die materiam selbst anlangt, begriffe Euer gedachtes Schreiben nix als die vom Ktfnig Euch communicirte {und vor- geschlagne Heirat des Erzherzogs Sigmunds mit der Mademoi- selle de Orleans}.4 Weilen nun dieses ein Werk von hoher, anzi hOchster Importanz ist, auch nix weifl, was dem Diego ge- schrieben worden, auch was der Konig an mich schreibt, auf welches Ihr Euch beziehet, ich solches Schreiben aber noch nit bekommen, zudeme auch dieses Werk {ohne Communication mit dem Erzherzog} nit wohl° geschehen kann, also kann ich

21. Or. waren b kOnnen ° wolle

3*

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vor diesmal nix Eigentliches resolviren, noch Each dariiber schreibeii.

Wann aber eins und das andere vorkommen wird, so werde ich sodann alles reiflich consideriren und sodann iiber alles Euch ausftthrlich beantworten lassen. Enzwischen dienet Euch dies pro notitia. Sonsten habe ich schon seithero kein Schreiben von Euch empfangen, noch ab aliis inde ex Hispania. Ich weiC nit; ob sie verloren worden oder aber ob es geschehe wegen der Differenzien, so unter den zwei Postmeistern Par und Taxis versiren;6 dann der Marques de Grana hat Schreiben von 21. November von Madrid.

Was mich anlangt, befinde ich mich Gottlob wohlauf und bin vorgestert gliicklich allhie angelangt, habe auch den Herm Kurfiirsten von Mainz 6 und Erzbischof von Salzburg 7 gar wohl disponirt befunden; auCer ihnen ist noch kein Fiirst als der hiesige episcopus8 und Abt von Fulda9 allhie. Kur- baiern langt den 3. Januar allhie an;10 Sachsen wird auch ehistens folgen,11 caeterorum principum aliqui brevi sequentur, und hoffe; es werde alles noch wohl ablaufen. Ich verbleibe etc. Gott verleihe Euch auch gltickliche Feiertage.

1 In Wahrheit vom 11. Dezember.

2 Don Diego de Prado, Rat der spanischen Botschaft. Priorato, 1. c. 272, nennt ihn ,soggetto di grand' esperienza per gl' importantissimi maneggi da lui degnamente esercitate.' In der Depesche Ludwigs XIV. an Embrun vom 8. Februar 1665 (Mignetl. 329) wird er als in Regensburg befindlich erw&hnt, wo er mit den Schweden verhandelt haben soil.

8 Es geschah in Anwesenheit des Kuriers (vgl. Portia, 14. Dez., oben S. 34, Anm. 1 zu Nr. 20). Pottings Relation (ein eigenh. Brief ist nicht erhalten) ist vom 15. November: Die noch unverheiratete Tochter des Herzogs von Orleans hat dem Konige von Spanien geschrieben, man wolle sie mit dem ,Herzog von Braganza in Portugal* verheiraten; sie wolle es aber nicht und bitte den Konig um Rat, ob er ihr nicht jemand anderen verschaffen k5nne. Sie werde zwei Monate warten. Am spanischen Hofe meint man, Erzherzog Sigmund konnte sie heiraten.

4 Erzherzog Sigismund von Tirol; iiber die Prinzessin vgl. die vorige Anmerkung.

5 Diese Differenzen stammten schon aus den DreiBigerjahren und drehten sich um die Frage, ob Paar als Obersthofpostmeister das Recht haben sollte, in Regensburg und sonst, wo der Kaiser sich aufhielt, die Korrespondenz des Kaisers, seiner Begleiter, der Minister und fremden Gesandten zu besorgen, was die Familie Taxis als Eingriff in ihr Reichs-

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generalpostmeisteramt betrachtete. Und die letztere hatte es sogar er- reicht, daft zu ihren Gunsten ein Artikel (35) in die kaiserliche Wahl- kapitulation yon 1658 eingeriickt wurde. Kaiser Leopold brachte Februar 1661 einen Vergleich zustande, aber der Vertreter der Familie Paar, Graf Karl, starb vor der Unterzeichnung und die erw&hnten Strei- tigkeiten n ah men ihren Fortgang.

6 Johann Philipp von Schonbom. Vgl. fiber ihn Mentz, Johann Philipp von Schfinborn. 2 Bde. Leipzig 1896, 1899.

7 Guidobald Graf Thun, Cardinal, regierte 1654 bis 1. Juni 1668.

8 Adam Laurenz von Toerring, damals neugewfihlt (2. August 1663), regierte bis 16. August 1666.

9 Joachim Graf von Gravenegg, regierte 1644 bis 4. Januar 1671.

10 Ferdinand Maria 1650—1679.

11 Johann Georg II., 1656—1680.

22.

Regensburg, 31. Dezember 1663.

tfber das nbetmfite Kabinet" des Oberstleutnants von Beer en.

Potting soil auf die schleunige Abreise der Infantin dringen.

In Regensburg lassen sich die Verhandlungen gut an.

Eur Relation von 21. passati ist mir zurecht einge- liefert worden.1 Was das bewusste Cabinet anlangt, will ich den Oberstlieutenant Christian von Beeren* erwarten, ich meine aber, diese Zeiten werden wohl nit zulassen; am eine solche Sach 40.000 Gulden auszugeben. Basta, es wird auf dies 'nauslaufen, dass ich gedachtem Oberstlieutenant sein ausgelegte hundert Ducaten restituiren werde. Was anlangt, dass sub praetextu motuumb turcicorum {die Abreis der Infantin} solle verschoben werden; fiircht ich wohl; man werde fein0 viel warten miissen, wann man die finem illorum erwarten wolle. Ich habe gesehen, was Ihr in ilia materia dem Fttrsten habt schreiben wollen. Ich zweifle nit, er werde Euch antworten, beziehe mich also darauf.2 Doch melde ich nur dieses, {dass ihr inst&ndigist darauf dringen wollet, dass quo citius, eo melius die wirkliche Abreis beschehe}.

22. * Or. Berhn b motum ° unsicher

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[Was] una anlangt, bene valemus, trad die negotia lassen sich also, dass guete Effect zu hoffen. Hiemit etc.

1 Potting, 21. November, eigenh. Sein Korrespondent Oberst- leutnant Christian von Beeren (?) hat ihm ausfiihrlich iiber den Wert des SchreibtiBches geschrieben, doch will er selbst zum Raiser gehen und hat Potting um Erwfihnung dieser seiner Absicht gebeten. Die Abreise der Infantin soil wegen des tfirkischen Krieges verschoben werden. (Ausftthr- licheres in der Relation an Portia.)

3 Nicht vorhanden.

23.

Regensburg, 4. Januar 1664.*

Es ist anmstreben, dafi die Abreise der Infantin auf den Herbst festgesetzt werde, damit sie wenigstens im ndchsten Fruhjahr (1665)

stattfinde.

Aus Eurem Schreiben vom 5. December1 habe ich mit Freuden verstanden, wie dass zu Publicirung meiner Heirats- pactaten das festum expectations * bestimmt sei. Gott sei Lob, ich hoffe, damit werde b meine expectatio auch bald erfUllt werden. Dies desto ehender zu erlangen,c werdet Ihr &ufteristen FleiC auf die Benennung einer gwissen Zeit zur Abfiihrung der Infantin brauchen.d Und weilen es wohl hart den n&chsten Frlihling wird sein kOnnen, also wird man inst&ndigst auf den n&chsten Herbst dringen miissen, auf dass diese Abreis {auf das wenigste den andern Frlihling darauf gewiss beschehe}.

Um den gueten Herrn Schmitte ist mir recht leid.8 Allhie stehet [es] noch in vorigen, wie ich Euch erst vor vier Tagen geschrieben habe. SchlieCe also und verbleibe etc.

1 Potting, 5. Dezember. Eigenh. Da der Kaiser den Stammbaum jbeliebt* hat, so hat Christian von Beeren ihn gekauft, um ihn zu uber- bringen. Der Konig hat PeHarandas Geldsendung sehr gelobt und ebenso des Kaisers Reise nach Regensburg. Der Tag zur Publizierung der Hei- ratskapitulation ist festgesetzt. Tod des Sekrct&rs Schmidt und Bestellung Kochs. Bei Hofe alles gesund etc. (Relation.) Er hat dem Konig Nach- richt gegeben von dem Riickzuge der Turken und dem Entschlusse des

23. a Or. Irrthiimlich 1063 daiiert und darnach eingereiht b werde werde ! erlangt d braueu e unsicher

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Kaisers, den Regensburger Reichstag zu besuchen. Ebenso hat er den Handbrief des Kaisers iibergeben und dessen Dank fUr die Geldsendung PeBarandas ausgesprochen, worauf der Konig sehr huldreich antwortete. Der Administrator der dem Kaiser bestimmten Dotalgeffille Bern hard Schmidt ist nach langer Krankheit am 23. November gestorben. Um das Amt nicht unbesetzt zu lassen, hat Potting den aus Deutschland mitge- brachten Sekretar T. B. Koch als Interimsadministrator bestellt und emp- fielt ihn zur definitiven Ernennung. Es werden zwar auch viele Spanier darum bitten, aber man hat ,neulich{ noch bei Don Antonio de Castro schlimme Erfahrungen gemacht. Schmidts Schriften hat Potting sogleich in Verwahrung genommen. tJber seine Armut und seine Waisen. Bitte um Unterstfltzung derselben. Sie wollen auch vom Konig etwas erhalten. Die Konigin war etwas unwohl, sonst alles gesund. Die Publikation der Heiratspakten wird nftchstens erfolgen. Glttckwiinsche zu den Feiertagen. In der Relation an Portia vom selben Tage (irrtttmlich zwischen den Schreiben vom 20. und 22. Dez. eingebundcn) werden dieselben Dinge etwas ausfflhrlicher behandelt. Dabei wird als sehr hinderlich bei den Verhandlungen mit den Spaniern die gegenseitige jContrarietfit* der spa- nischen Minister bezeichnet, besonders die Feindschaft zwischen Castrilio und Medina (? Chiffre 40), welche beide das ,hochste gubernio* anstreben. Da nun ersterer die koniglichen Finanzen ganz in seine Hand gebracht hat, so ist Medina (?) lustlos und ohne Applikation und denkt nur daran, jenen zu verdrfingen; auch beklagt er sich noch immer fiber Neidhardt (? 38). Der venezianische Gesandte hat eine Diversion zur See gegen die Tiirken angeboten, wenn Spanien Hilfe leistet. Aber die Spanier sind ganz in Anspruch genommen durch die franzosischen Truppenkonzentrationen in Italien, denn sie fiirchten Frankreich unglaublich. Die Abreise der Infantin wird im n&chsten Friihjahre nicht moglich sein, da gar keine Vorbereitungen getroffen sind, auBer der Kaiser muBte mit stfirkeren Ent- schliissen hervortreten. Es w&re freilich das beste, Don Juan zum Kar- dinal zu machen und nach Rom zu schicken, wie Portia meint, aber das ist sehr schwer, denn er soil dies und das Erzbistum Toledo schon abge- lehnt haben, weil er viel hohere Hoffnungen hat. Ebenso wfire es hochst notwendig, dafi die Konigin sich der Geschfifte annfihme, aber sie ist dem ganz abgeneigt und doch wird sie es einmal mtissen. Der Kaiser selbst konnte sie im Vertrauen dazu animieren. Erwartung des englischen Ge- sandten. Verwendung Medinas (40) fiir den schweizerischen Gesandten (Beroldingen). Uber Schmidts Tod und Bestellung Kochs. Andreas Andrade, ,Ihro erzherzoglichen Durchlaucht seligsten Gedachtnis allhier gewester Agent', bittet um die gehorigen Vollmachten (dispachi), da er sonst nichts ausrichten kann. Das letztemal hat Potting vergessen zu berichten, daB Montalto Obersthofmeister der Konigin und Aitona an seiner Stelle Oberststallmeister geworden ist. Befinden der koniglichen

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Familie und Gldckwiinsche zu den Feiertagen. Soeben erhalt er von Medina die schriftliche Mitteilung, daB der Tag zur Publikation des Hei- ratsvertrages schon bestimmt sei.

3 D. i. der 18. Dezember.

3 Johann Bernhard Schmidt, der Sekret&r Po'ttings fur die Gesandt- schaft und Administrator der kaiserlichen Dotalgef&lle. Vgl. Anm. 1.

24.

Regensburg, ij.Januar 1664.

Freude iiber die Publikation der Heiratspakte. Nun mufl man auf die Abreise der Infantin dringen. Potting soil auch das Mifitrauen zwischen Medina und Neidhardt zu zerstreuen suchen. Freude iiber das Bild der Infantin. Versprechen, Pottings Wiinsche zu berilcksichtigen.

Ich habe sowohl aus Eurem Schreiben von 22. December als auch aus denen mitkommen Relationen und actis mit ab- sonderlicher Gemttthsvergntigung verstanden, wie dass dermal- eins die Heiratspacten zu Ende gebracht, auch endlich den 18. eiusdem publicirt worden.1 Ich kann nit beschreiben, was ich vor ein Freude hieriiber bekommen, und erkenne Euren hierin gebrauchten FleiC in kaiserlichen Gnaden und bedanke mich gn&digst gegen Euch wegen des deswegen gethanen Gliick- wunsch.

Der Courier ist wohl faul geritten, dann er erst den 15. dies um 10 Uhr in der Nacht allhie ankommen, und habe schon etliche Stund ehe durch die Ordinari aus Eurer gehorsamsten Relation von 19. kiirzlich diese Zeitung vernommen gehabt;2 nun ist es an deme, dass man aufsa ehiste die Herausfuhrung der Infantin erhalt'; werdet also alle dienliche Diligenzen thuen. Ich werde auch ehistens alles wohl iiberlegenb und sodann Euch weiters iiber ein und das ander instruiren lassen.

Was anlangt, dass {Medina mit dem Pater Neidhardt nit wohl [sich] verstehe}, habe ich nit gern verstanden und vermeine Ihr sollt Euch auf alle weis befleiCen, diese Diffidenz aufzuheben und dem {Pater} klar zu verstehen geben, dass er gar auf ein iiblen Wege seie, si non bene se intelligat cum {Medina}.8

24. Or. * auf b iibeligen

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Das Contrafett ist mir wohl lieb; wann nur das Original bald folgen that.4 Ubrigens bin ich wohlauf, allein hiesige Sachen gehen was langsam her. Ich werde Eurer Praetension eingedenk sein5 und verbleibe etc.

1 Sowohl das eigenh. Schreiben Pottings wie auch seine auBer- ordentlich langwierige Relation vom 22. Dezember handeln fast ausschlietf- lich hiervon. Vgl. Pribram, Archiv 77, S. 344 ff., wo in Anm. 2 auch ein Auszag aus dem Ehekontrakte gegeben ist. Ober die Nachricht, daft der zweite Sohn aus dieser Ehe die Niederlande erhalten solle, sowie die Frage etwaiger Geheimartikel vgl. ebenda S. 346, Anm. 2. Diese ganze Angabe scheint aber einzig und allein auf den Berichten Embruns (vom 20. Juni 1663 und 1. Januar 1664; Mignet I. 307. 309) zu beruhen, von wo sie jedenfalls Klopp (Fall des H. Stuart I. 96 f.) genommen hat.

3 Potting, 20. Dezember. Die Relation sowohl an den Kaiser wie an Portia ist sehr kurz, teilt nur die Tatsache der Veroffentlichung mit und verweist im fibrigen auf den Kurier Carlo Dundi, der die ausftthr- lichen Berichte fiberbringt. Vom 19., wie der Text besagt, findet sich kein Schreiben, auch kein eigenh.

3 Dartiber berichtet Potting am 22. Dezember (eigenh.), aber auch schon am 21. November in der Relation an Portia, wo er erwfihnt, da£ Medina sich daruber beklage, daft Neidhardt sein Vertrauen gar nicht er- widere.

4 Das Portrat wurde n&mlich vom Kurier uberbracbt. ,Um die Cberbringung [des] Conterfect meiner allergn&digsten Frauen thue ich gegenwfirtigen Courier wohl beneiden, dann ich selbsten gewiinscht hfitte, soliches der Wiirdigkeit gemStf auf mein Axeln E. K. M. allerunterth&nigst zu tiberbringen, und obwohlen es sonsten sehr fleiBig gemacht ist, und in dem Gleichnus keine Exception leidet, so kann jedoch die angeborne An- nehmlichkeit von keiner Malerkunst arriviret werden, wie soliches, ob Gott will, E. K. M. bei dem Original von selbsten bezeugen werden.* (Pot- ting, eigenh., 22. Dez.)

5 Namlich dafi ihm fiber seine Geheimratswurde ein Dekret ausge- stellt werde (a. a. 0.).

25.

Regensburg, g. Februar 1664.

Tod des Erzherzogs Karl. Abreise der Infantin. Es folgen Briefe

hieruber an Konig, Konigin und Neidhardt. Potting soU wegen

der Subsidien antreiben. Christian von Beeren macht Vorschldge

in Finanzfragen.

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Ihr werdet vielleicht schon vor Einlangung dieses die traurige Zeitung von meines Herrn Bruders Erzherzogs Karlsa Joseph Tod verstanden haben.1 So habe ich durch diesen Courier die gew5hnliche notificationes wollen lassen ablaufen, wie n&mlich Seine Liebden sel. Angedenkens den 27. Januar urn 1 1 Uhr Nachts an dero ofters gehabten accidens der Frais, so diesmals sieben Stund gew&hrt und 35 paroxysmi gewesen, selig verschieden sein. Ihr werdet leicht erachten ktfnnen, in was Leid ich mich befinde.

Eann auch mir wohl einbilden, dass allda auch ein groBe Consternation sein wird. Wir miissen aber es Gott anheim- geben und sehen, dass das Haus ehistens propagirt werde. Eben zu diesem Zweck zu gelangen; ist hSchst nothwendig auf die Beraumung einer gewissen Zeit und darauf folgende wirkliche Abfiihrung meines Gespons zu dringen. Habe daher Euch die aus der Kanzlei in einem Handbriefel begriffene fernere Instruction und Befehl in diesem negotio iiberschicken,2 allwo ich mich hinbeziehe, allein Euch dieses Nachfolgende erindern wollen :

kommen hiebei zwei Schreiben an Ihre Majestftt den Ktfnig; das eine, mit o signirt, ist die Notification des obgemel- ten Todfalls; das zweite ist in dieser Heiratsmateri und be- gehre ich darinnen die ehiste Detenninirung der Zeit zur Herausreis. Werdet also beede gehorigermaCen Uhergeben und dabei vermtfg gedachten Kanzleibriefs alles wohl remonstriren, absonderlich dass unsere hiesige linea nur an zwei bestehe, auf mir und Erzherzog Sigmund, dass also die h5chst Noth vor- handen ist, bald zu wirklicher Heirat zu schreiten.

kommt ein Schreiben an Ihre Majestftt die KOnigin, darinnen ich erstens parte gib von dem Tod, anders auch in dieser Materib etwas toccire und mich auf Euch beziehe. Werdet also selbige Ubergeben und dabei inst&ndigst Ihre Majestftt bitten,0 sie wolle sich doch dieser Sach annehmen und helfen, dass es zu dem rechten Ende gelangen kOnne. Ich mein wohl, es werde da nit remonstrirens bedtirfen, dann sie ohnedies gar gern dazue helfen wird. Doch muss man alles thun, was zu thuen [ist].

25. Or. * Calrs b umicher ° bittet

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ist ein Schreiben an Pater Neidhardt, mit dem Ihr alles vertraulich zu communiciren haben werdet, auf dass er auch hiezu concurrire, dann er viel than kann. An diesem, mein ich, werde viel gelegen sein.

Dieses ist, was mir beif&llt. Die summa aber bestehet in dem, dass Ihr eifrigst, ja importune opportune sollicitirt, dass es zu einer kategorischen Resolution komme, dass nit more hispanico ein Dilation liber die andere eingemischt werde.8

Sonsten habe ich Euer Schreiben von 2. Jenner dies Jahrs empfangen,* habe nix zu beantworten. Wegen der Succursen und Hilfen contra Turcas habe ich gn&digst Euch erindern wollen, dass wann noch selbige nit zu Werk gestellt w&ren, wie ich hoffe, es doch ehistens erfolge, zu welchem Ende Ihr auch inst&ndigst antreiben sollet, dann ohne diesen sehr hart fortzukommen sein wird. Der etlich mal von Euch brauchte Christian von Beeren ist allhier angelangt und ist jezo in Werk begriffen, mir ein Vorschlag von Geldmitteln zu thuen. Hiemit beziehe ich mich nochmals auf gedachte Kanzleischreiben, auch was Euch der Fiirst Portia schreiben wird6 und ver- bleibe etc.

1 Nach Priorato 1. c. 273 starb er am 28. Januar 1664.

2 Ranzleischreiben vom 3. Februar 1664 (fast ganz chiffriert, doch mit gleichzeitiger Auflosung): Der Kaiser ist mit den ubrigen Punkten der Heiratskapitulation zufrieden, nur die Abreise der In fan tin soil be- schleunigt werden. Freilich ist sie noch zu jung, aber sie konnte ja eiuige Zeit in Mailand bleiben. Wenn die Spanier Geldmangel vorschutzen, ,so konnte doch endlich der tlbrige decoro und zugieich dessen sonsten erfordernde spesa beiseits gelassen und nichts ubrigens, als sonst die Noth- durft erfordert, angewendet werden, warmit man sich auch dieserseits gern contentiren wiirde, zumalen der Geldmangel beiderseits der Welt mehr dann zu viel bekannt ist und vielmehr applaudirt wird, wann man sich auch in diesem Fall in die Zeit schicken werde/ Potting soil nur darnach trachten, dafi die Abreise noch im Herbst geschehe, er soil bei dem K6nig und alien Ministern, die dabei etwas tun konnen, recht drfin- gen, auch die Konigin urn Hilfe bitten und durch diesen Kurier fiber den Erfolg seiner Bemilhungen berichten.

3 Ganz in diesem Sinne lautet auch das Schreiben Portias ddo. 29. Januar 1664. ,Dieser leidige Zustand hat uns wohl insgesammt bis in die Seele besturzt und Gott allein weiss, was er mit diesem Hause ver- meint, darin 3 Erzherzoge in 14 Monat gestorben und die Uebrige in

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Lebensgefahr gestanden sind.' In diesem Jammer ist der einzige Trost die Hoffnung auf Succession Leopold I. und daher ware die Abreise der In- fantin aus Spanien notwendig, wenn sie auch noch sehr jung ist.

4 Potting, 2. Januar 1664, eigenh. und Relation. Die Subsidien diirften na'chstens ausgezahlt werden. Den Gedanken, in diesem Jahre groBe Anstrengungen gegen Portugal zu machen, scheint man aufgegeben zu haben. Das gibt gute Hoffnung auf Subsidien fiir den Kaiser.

5 Portia, 7. Februar 1664. tlber den Turkenkrieg. Die Reichs- hilfe wird zu spat kommen und aus ,neugeworbenen und von unterschied- lichen Kreisen zusammengeflickten, von allerhand wunderlichen und ver- d&chtigen Officieren cominandirten Volkern bestehen*. Einiges uber die Beschaffung von Geidmittein.

26.

Regensburg, 14. Februar 1664.

Potting soil wegen der Subsidien und der Abreise der Infantin energisch verhandeln.

Ich habe Euer Schreiben von 16. jtingsthin zurecht er- halten,1 habe auch nichts darauf ferrers zu melden. Ihr werdet aber seither bei des Couriers Heinrich Schalmey Ankunft ver- standen haben, was ich de novo befehlen wollen, also [wollet Ihr] demselben kr&ftig insistiren sowohl wegen der Hilfen als wegen {Bestimmung einer gewissen Zeit zu der Abreis der In- fantin} und darob sein, dass ehist ein kategorische Resolution erfolge. Sonsten bin ich wohlauf, hoffe auch bald diese Sachen zu Ende zu bringen. Verbleibe etc.

1 Potting, 16. Januar, eigenh. und Relation. Der Ronig hat sich auf seine weiteren Bitten (nach Empfang des Befehls vom 14. Dezember 1663) ganz bereit zur Gew&hrung weiterer Subsidien gezeigt, auch dem Staatsrate die schleunige Beratung der Sache anbefohlen. Nach vertrau- lichen Mitteilungen soil die Absicht bestehen, dem Kaiser eine Truppen- abteilung zuhilfe zu senden. Von Vorbereitungen fiir den portugiesi- schen Krieg hort und sieht man nichts, die schweizerischen Regira enter werden wahrscheinlich wegen der von Frankreich drohenden Gefahr im Mailandischen bleiben iniissen etc.

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27. Regensburg, 28. Februar 1664.

Kein Schreiben aus Spanien erhalten. tfber den Gang der Beichsangelegenheiten und den Zug Zrinys und Hohenlohes in

Ungarn.

Ich erachte, dies schlimme* Wetter und die ganz grund- losen, erzbflsen Wege und Stratien haben verursacht, dass bei jiing8ter Ordinari kein Schreiben aus Spanien kommen. Ich befinde mich sonsten Gottlob gar wohlauf. Hiesige negotia gehen noch was schlaffer, [als]b noch zu hoffen, ich hoffe aber, es werde sich alles noch bald schicken. Der Graf Zrin und der von Hohenlohecl mit dem Reichscorpod hat guete Progress gemacht, vier oder fiinf kleine doch feste Ort erobert, bei 1000e DOrfer einge£schert; die Stadt Fiinfkirchen erobert und ausgepllindert, die Osseker Brtick ganz abgebrannt und ruinirt (diese Brtick soil 8500 Schritt lang gwest sein),2 wie Ihr ohn' Zweifl von andern mit mehr particulariterf werdet ver- standen haben, so ich Euch gn&digst nit verhalten wollen. Verbleibe etc.

1 Hohenlohe, Graf Wolfgang Julius, aus der Linie Weikersheim, geb. 1622, gest. 1698, began n schon rait 15 Jahren seine Soldatenlauf- bahn und kfimpfte erst unter schwedischen, dann franzosischen Fahnen, seit 1650 als General unter Conde\ Dann aus dem franzosischen Dienste ausgetreten, ging er 1658 zum Raiser iiber und leistete wShrend des Tfirkenkrieges sehr gute Dienste. Spfiter wurde er Feldmarschall und Hof- kriegsrat.

% Hohenlohe war Ende 1663 mit circa 7000 Mann Infanterie und 1200 Reitern aus dem Reiche eingetroffen. Im Januar 1664 ver- einigte sich Zrinyi mit ihm und 20. Januar (iberschritten sie die Mur. Am 21., vor Bresnitz (Bersencze), stiefi noch Batthiany zu ihnen. Am 23. er- gab sich der Ort. Das Expeditionskorps, circa 9000 Deutsche und 15.000 Ungarn und Rroaten mit 12 Kanonen und 1 Morser, setzte am 25.se in en Weg fort, erreichte am 28. Fiinfkirchen und ersturmte die Stadt am fol- genden Tage. Da sich jedoch die Burg hielt, so blieb Hohenlohe zur Be- lagerung zurdck, wfihrend Zrinyi mit der Reiterei bis nach Essek vordrang und die dortige Briicke verbrannte. Nach acht Tagen kehrte er zunick

27. Or. * slimme b Hiei- ist der Blattrcmd ausgerissen c Hochenhol d R. corpo e unsicher, vielleicht jttr 100 f folgt v. andrn

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und am 9. Februar trat das ganze Heer den Rfickzug an, ohne das Kastell bezwungen zu habeu. Am 15. Februar trafen alle bei Serinvar ein, wo man sich trennte. Der Zug hatte wenig Gewinn gebracht und infolge der Winterkfilte das Heer grofienteils ruiniert.

28.

Sinichen, 12. M&rz 1664.

Dies Ort ist ein em von Singesheim zugehOrig, von welchem Geschlecht die Grafenvon Schwarzenberg herkommen.1

Briefe und Wechsel erhalten. Potting soli welter urn Subsidien und Beschleunigung der Abreise der Infantin bitten. Tiber den

Reichstag.

Ich habe vor diesmaJ drei Euere Schreiben zu beantworten. Die zwei ordinari vom 31. Jenner und 14. Februar sein mit einander kommen, das dritte von 5. Februar habe ich sammt den Wechsel durch den Courier empfangen,2 welche mir wol gar liebe sein; hatte zwar wohl wtinschen wollen, dass die ter- mini nfthender h&tten zusammengezogen werden [ktfnnen], weilen es aber nit anderst hat sein ktonen, will ich halt schauen, wie ich etwa anticipationes darauf schlieflen k<5nne. Wollet halt weiter Instanzien machen sowohl wegen eines Governi* als auch b wegen ein Determinirung einer Zeit zur Abreis meiner herzliebsten Braut. Hiesige negotia wollen sich noch nit recht enden, doch hoffe ich es also zu richten, dass ich gleich nach den Feiertagen werde konnen von hier abreisen. Ich bin auf ein paar Tag herauskommen, mich ein wenig zu erlustigen, nab' es wohl vonnothen, dann scabrosae materiae und disgusti mang- len nit.c Verbleibe etc.

1 Der Ort, von welchem die nachmaligen Scbwarzenberg ihre Her- kunft ableiteten, hiefi ursprdnglich Sowensheim, dann Saunsheim, jetzt Seinsheim und liegt im bayrischen Regierungsbezirke Unterfranken, sfid- ostlich von WCirzburg.

28. Or. * uruicher b aus ° mitt

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% Petting, 31. Januar, unwichtig; 5. Februar: Gestern hat er vom Presidente de hacienda, Don Miguel de Salamanca, die Anweisung auf die 240.000 scudi erhalten. Die langen Fristen u. a. sind freilich nicht nach Wunsch, aber es war absolut nicht mehr zu erreichen. Bei Hofe werden Beratungen gepflogen, wie Geld beschafft werden konne. (Eigenh.) Da Potting aus dem Briefe vom 31. Oktober ersehen hatte, dafi dem Raiser der Stammbaum gefalle, so hat von Beeren ihn (und den Schreibkasten? etc.) erhandelt, um ihn dem Raiser anzutragen. 15. Februar (eigenh.). Oberstleutnant von Beeren dtirfte in Regensburg beim Kaiser er- scheinen und ist der Ansicht, der Raiser kOnne das , Cabinet' ganz ohne Unkosten erhalten. Fiir die Abreise der Infantin werden gar keine Vorbereitungen getroffen; es ist sehr notwendig, daB der Raiser selbst dazu antreibe.

29.

Regensburg, 27. M&rz 1664.

Abreise der Infantin. Neidhardts Mifiverhaltnis zu Potting. Erzherzog Sigmunds AnJcunft und Heiratsabsichten. Der Kaiser wird bald dbreisen. Die Kurfurstin von Bayern hat ihren Sohn Max Phiiipp zum Gouverneur der Niederlande angetragen. Sie selbst ware vielleicht besser dazu geeignet. tJber Bourg.

Euer Schreiben von 29. passato habe ich zurecht erhalten1 und glaube wohl, dass des Herrn Bruders Todfall grofie Con- sternation und Schrecken darinnen erwecket habe; und werdet* Ihr seithero schon meine weitere Befehl in puncto accelerandi matrimonii empfangen haben. Wolletb importune opportune dahin dringen, dass doch mit Abscheidung aller kahlerc Ent- schuldigung einmal die Reis determinirt werde.

Was den {Pater Neidhardt} anlangt, verwunder ich mich, dass er auch mit Euch nit in guetem Vernehmen, dann er sonsten allzeit so confident mit Euch gwest ist. Ich meine aber, es [gebe] vielleicht Leut, so unter der Hand zwischen Euch beeden Zizanien ausstreuen, meine dahero, Ihr solletd doch son- diren,e wie wieder der {Pater} [sowohl] mit Euch als mit {Medina} f in guete Verstandnus komme.2

29* Or. * werde b wolle ° caler d solle schondir f folgt wieder

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Wir allhie seind alle gar wohlauf, und ist ganz alT im- proviso der Erzherzog Sigmund auf der Post vorgestern zu mir kommen. Ich meine, {es seie nur um die [Hei]rat zu thuen. Soviel ich bis dato [vermerke], inclinirt er zu einer aus d[es Her]zogs von Wlirtemberg Tochte[rn] oder zu einer von Sulz- bach}. Kann aber noch nix [Naheres] berichten, vermeine {er seie noch selbst unres[olvirt] }.a

Sonsten vermein ich noch, bald nach den Feiertagen von hier hinzureisen, und kann Euch gnadigst nit verhalten, was- mafien die verwitibte Frau Kurfurstin in Baiern meinem Oberst- kammerer geschrieben und sich soviel vermerken [lassen], dass wann sie von meiner Approbation gesichert war und ein In- clination von Spanien merkte,b so wollte sie ihren Sohn Herzog Max Philipp zu einem Gubernator in Niederland antragen, desto- mehr weilen er ihr Sohn seie und also von osterreichischem Gebliiet herkomme.3 Eben mit solchen Gedanken, vernimm ich, gehet Prinz Matthias di Toscana um.4 Habe es also Euch nur zu Eurer Direction und Nachricht und zu diesem Ende avisiren wollen, auf dass Ihr nur discursweis zu penetriren suechet, was man darinnen davon sagen thuet.

Ich meinte, es war wohl besser, wann es ein fUrstliche Person sein solle, die Mutter, id estc die alte Frau Kurfurstin als den Sohn zu brauchen, dann sie ist ein flsterreichische Fraue, sehr verntinftig und discret, und ist Niederland von Frauen oft ltfblich gubernirt worden, als von der von Parma, von Maria Konigin in Ungern und letzlich von der Infantin Isabella.6 Dies ist nur mein Einfall und fast nur ein unntitzer Traum, doch habe ich es Euch schreiben wollen, zu h5ren, was man etwad dazue sagete. Es ist zwar wahr, dass sie schon alt und sehr achaquosa seie, doch meine ich, ich wollt sie hiezue noch wohl liberreden, wann es vonnothen ware.

Ich muss abermal wegen des Doctor von der Borcht schreiben. Obwohlen er alles ganz wohl erhalten, die Patenten, die Befehle und alles, ja ich habe gar dem Marques Caracena selbst geschrieben, so hilft es nix, und hat [er] noch nite sein, des Doctors Sohne in den ihme verliehenen Dienst [installirt],

29. * Die in diesem Abachnitt eingeklammerten Stellen [ ] aind im Ori- ginal von einem grofien Tintenfleck uberdeckt und daher zum Teil nur ver- mutungsweise erg&nzt Or. b merkt ° ad esti d etwas nie

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sondern differirt es von einem Tag zum andern. Habe also Euch gnadigst befehlen wollen, dahin ihm zu helfen, ob dem Caracena diese Installirung mSchte anbefohlen werden, oder aber, wann Castel Rodrigo oder ein anderer hineinkommen solle,6 so wollet Ihr gedachten von der Borcht solchem recom- mendiren, dass er doch eininal dieser Gnad wirklich theilhaftig werde, wie er Euch ohne Zweifel mit mehrerm schreiben thuet, und ich verbleibe etc.

1 Potting, 29. Februar. Uber den Eindruck der Nachricht vom Tode des Erzherzogs. Bei Hofe ist man sehr besturzt. Er hat sogleich urn Beschleunigung der Abreise der Infantin gebeten.

% Portia erwahnt schon am 7. Februar 1664, dafi die Erkaltung der Beziehungen zwischen Neidhardt und Potting dem Kaiser zum hocbsten Miflfallen gereiche, ebenso in den Schreiben ddo. 13. Mfirz und 21. April 1664. In beiden Schreiben wird auch die Notwendigkeit einer entsprechen- den Geldunterstutzung Osterreichs durch die Spanier betont. Potting schreibt am 29. Februar (eigenh.): ,Kann aber E. K. M. nit verhalten, dass er Pater noch auf dato je linger je mehrers in ublem Vernehmen mit dem duque di Medina verharret, sondern auch sogar mit mir ohne einiger gegebener Ursach ein ungleiches und sehr unhofliches Procedere ver- spiiren lassen, indeme von vielen Wochen her sich niemals vor mir sehen lasset' etc.

3 Diese Anregung der Kurfurstin ist wohl eine Folge des Todes des zum nominellen Gouverneur Belgiens bestimmten Erzherzogs Karl Josef. Maximilian Philipp ist der jungere Sohn der Kurfurstin (1638 1705), welcher die Landgrafschaft Leuchtenberg erhielt.

4 Prinz Matthias, geb. 1613, gest. 1667, ist der dritte Sohn Cos- mus II. (geb. 1590, reg. 1609 1621) und der Erzherzogin Maria Mag- dalena von Steiermark, (geb. 1589, gest. 1631), einer Tochter Erzherzog Karls.

5 Isabella Klara Eugenia, Tochter Philipps II., Gemahlin des Erz- herzogs Albrecht, welche von ihrem Vater die spanischen Niederlande er- halten hatte und dortselbst von 1598 1633 regierte. Marie, die Ko- nigin von Ungarn, war eine Tochter Philipps des Schonen und regierte die Niederlande 1530 1555; Margarete, eine natililiche Tochter Karls V. bis 1567. Leopold hatte auch noch Margarete, die Tochter Maximilians I., nennen konnen, die von 1506 1530 regierte.

6 Vgl. Pottings Relation vom 10. Oktober 1663, S. 30, An- raerkung 4.

Pontes. II. AM. Bd LVI. 4

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30.

Regensburg, 4. April 1664.

Empfehiungsschreiben fur Airoldo, der wegen der geistlichen Ein- kunfte des Erzherzogs Sigmund nach Spanien geht.

Der Abbate Arioldi1 wird Euch diesen Brief bringen, [durch] welchen der Herr Erzherzog Sigmund sein pensione resignirt hat, und reist jezo hinein, alles zur v5lligen Richtig- keit zu bringen.2 Und weilen mich gedachter Erzherzog er- suchte, ich wollet Euch dieses Werk eifrigist recommendiren, also befiehle ich Euch hiemit gnadigst, Ihr wollet dieses nego- tium also treiben, und gedachten Arioldi in allem also an die Hand stehen, dass der gewiinschte effectus mftchte erreicht werden, wie Euch der Erzherzog selbst schon schreiben wird; auf das ich mich beziehe und Euch nochmals genadigst erinner, dass Ihr alien Fleift anwenden sollet, damit dieses Werk zu Ihrer Liebden v5lligem und sattsamen contento ausschlage.

Und ich verbleibe etc.

1 Potting schreibt ihn Airoldo (22. Mai an den Kaiser, 16. Sept. an Portia). Er diirfte aus dem groBen italienischen Handelshause Airoldo stammen, welches in diesen Briefen erwfihnt wird.

% Es handelte sich hierbei um den Fortbezug der geistlichen Ein- kiinfte aus Spanien seitens des Erzherzogs Sigmund trotz seines bei der Obernahme der Regierung in Tirol unvermeidlichen Cbertrittes in den weltlichen Stand. Vgl. Nr. 2, Anm. 4 und Potting, 14. Mfirz 1664 (Re- lation), S. 51. Zunficbst allerdings scheint er noch geistlich geblieben zu sein, wenigstens behielt er seine Bistiimer auch noch ferner bei. Vgl. Egger, Gesch. Tirols II. 428.

31.

Regensburg, 10. April 1664.

Keine Zeit eum Schreiben. Erwartei eine Entscheidung ivegen

der Infantin.

Diese wenig Zeilen dienen nur pro recepisse auf Euer Schreiben von 14. Marz,1 ich kann vor diesmal nit specialius antworten, dann der heutige heilige Tag und die viel Kirchen-

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occupationes lassen es mir nit zue. Allein erinder ich Euch meiner gueten Gesundheit und erwarte eine kategorische Re- solntion wegen meiner Infantin Herausreis und verbleibe etc.

1 Pitting, 14. Mftrz, eigenh. Die Heirat des Raisers mit der In- fantin wird zwar allgemein gebilligt, allein ,dorfte ihnen (scil. den Spa- niern) dieser Termin auf nachstkiinftigen Herbst pro innata tarditate etwas kurz zu sein scheinen'. tlber das feindselige Ben eh men Pater Neidhardts hat er Portia ausfuhrlich geschrieben. Von Beeren hat ihm geschrieben, er habe beim Kaiser Audienz erhalten und sei im Begriffe, einige Geldmittel zu offenbaren. (Relation.) Nach Ankunft des Kuriers (1. M&rz) hat er sogleich urn Beschleunignng der Abreise der Infantin ge- beten und hoflft bei RUckkehr des Kuriers eine strikte Antwort sen- den zu konnen, fttrchtet aber, daC der Herbsttermin nicht bewilligt werden konne, da weder Personen fur den Hofstaat ernannt, noch sonst irgend- welche Vorbereitungen getroffen seien.

Dem Erzherzog Sigmund bewilligt der Konig den Fortbezug seiner geistlichen Pension, verlangt jedoch vom Raiser: 1. Aufnahme Spaniens in die Reicbsliga und Burgunds in die Generalgarantie ; 2. Befriedigung des Kurfdrsten von Brandenburg wegen Jagerndorfs ; 3. Antwort wegen der vorgeschlagenen Ehe des Erzherzogs Sigmund mit der Mademoiselle de Montpensier; 4. die Gewinnung Schwedens, welches gegen Frankreich erbittert sein soil; 5. die Verehelichung des verwitweten Herzogs von Sa- voyen (Karl Emanuel II.) mit der Sch wester des Kaisers, Erzberzogin Eleonore, oder der Erzberzogin von Tirol (Claudia).

32.

Regensburg, 21. April 1664.

Potting soil zusehen, dass die Abreise der Infantin sicher im niichsten Friihjahr erfolge. Da der Kmig meint, sie sei m jung, so konnte sie in Mailand etwas verweilen. Es muss eine Entscheidung getroffen werden. Der Kaiser reist 8. Mai ab. Er hat Rabatta das Bistum Laibach verliehen.

Aus Eurem Schreiben von 27. M&rz habe ich gesehen,1 wie Euch des Baron de Lanoy2 seine Blattern aus dem Haus gejagt haben, und habt gar recht gethan, dass Ihr retirirt, dass Ihr ein freies commercium mit dem Hof haben kOnnet.

Was sonsten die Abfiihrung meiner Infantin anlangt, muss [ich] wohl bekennen, dass ich selbst nie gehofft, dass die Abreis diesen Herbst geschehen sollen.

4*

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Jezo mltest Ihr nur dahin collaboriren, dass es gwiss in nachstem Frlihling exequirt werde und dispositions hiezue bei Zeit gemacht werden.

Und weilen ich sowohl aus Eurem Schreiben als aliunde vernimm, dass {absonderlich der Konig} in dieser Sach {ob- stinat seie}, aus dieser Ursach, dass namlich {er vermeinet, die Infantin seie noch gar zu jung},3 so muss ich wohl fur noth- wendig halten, Euch zu Gemttth zu ftihren, dass ich nit ver- lange, gleich dieses zu Werk zu stellen, wann's noch nit sein kttnnte, sondern nur {dass die Infantin aus Spanien abreise; sie kunnte doch zu Mailand so lange verbleiben}, als es die Nothdurft sein wird, und fallen viel Ursachen vor, absonderlich aber, dass wann {mit dem K5nig ein Fall geschahe} es gar viel confusiones abgabe und vielleicht dies Werk gar stecken bleiben mtfchte. Dann vestigia me terrent, die exempla sein noch gar frisch.4 Ersuche Euch also gnadigst, dass Ihr eifrigst und zwar importune opportune auf ein kategorische Resolution dringen sollet, dass doch ein Gwiss wegen {dieser Abreis} gesetzt werde.

Wir sein wohlauf, und bleibt mein Reis auf den 8. Mai bestellt. Der Rabatta, so Ayo bei dem Erzherzog Karl gwest,6 hat sich resolvirt, geistlich zu werden; und weilen gleich der von Bucham, Bischof von Laibach, gestorben,6 also habe ich ihm selbiges Bisthum alsogleich conferirt. Habe mich seiner ent- ledigt, indeme ich nit gwusst hatte, ihn zu accommodiren, und er ist wohl accommodirt, weilen er Flirst ist und auch ein schOnes Einkommen haben wird.

Verbleibe etc.

1 Potting, 26. (nicht 27.) Marz. Die Nachricht hiervon findet sich im eigenh. Schreiben an den Kaiser und im Kanzleischreiben an Portia. Sonst handeln diese, sowie die Relation an den Kaiser kurz von der Reise der Infantin, den Bemiihungen Pottings urn eine .Hauptassistenz4, wobei ihm Medina und Castel Rodrigo behilflich sind, iiber den besonders fest- lichen Empfang des englischen Gesandten (Fanshaw) in Cadix und die Verbreitung des Rufes von Zrinyis Waffentbaten. Der hier erw&hnte eng- liscbe Gesandte ist Sir Richard Fanshawe, ein Puritaner, der jedoch auch wfihrend der Revolution konigstreu geblieben war, geb. 1608, seit 1635 meist im Legationsdienste in Spanien, gest. 27. Juni 1666. Um das Zu- standekommen des portugiesischen Friedens gab er sich viel Mahe, ohne ihn jedoch erreichen zu konnen. Ein Teil seiner Briefe sowie die Memoiren

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seiner Gemahlin, einer geborenen Harrison, sind (1702, reap. 1829) her- ausgegeben worden. Vgl. Nat. Biogr. XVIII. 184ff.

2 Potting nennt ihn (an Portia) einen ,bei mir sich auf haltenden Cameraden', im eigenh. Briefe an den Kaiser einen ,aus meinen Came- raten . . ., dessen Bruder bei E. K. M. Edelknab ist'.

3 Darttber findet sich in den beiden Kanzleirelationen nichts, aber auch im eigenh. Briefe Pdttings heLCt es nur: ,Soviel ich aber penetriren kdnnen, so solle die Abreis vor n&chstkilnftigem Friihling nicht zu hoffen sein.'

4 Das bezieht sich auf das Jahr 1658/59. Die Prinzessin Maria Theresia war zuerst ftir Ferdinand IV., dann fur Leopold bestimmt ge- wesen; trotzdem hatte man sie zuletzt infolge des pyren&ischen Friedens mit Ludwig XIV. verm&hlt. Vgl. z. B. Pribram, Archiv f. oat. Gesch., Bd. 77, S. 323 ff.

5 Rabatta, Jos. Graf von, war Obersthofmeister Karl Josefs gewesen und starb als Bischof yon Laibach 18. Februar 1683.

6 Buchheim, Otto Friedrich von, Bischof von Laibach 1641, gest. 3. April 1664.

33.

Regensburg, 7. Mai 1664.

Alles gesund. Morgen Abreise. Belagerung von Neutra und Kanizsa. Beabsichtigte Zusammenhunft mit der verwiticeten Kur- furstin von Bayern und dem Herzog von Neuburg. Eroberung

von Neutra.

Euer Schreiben von 9. April habe ich zwar erapfangen,1 aber der Courier, auf welchen Ihr Euch bezieht, ist noch nit angelangt; weiC nit, wo er muss stecken bleiben. Ich will hoffen, er werde nit lang ausbleiben. Ich erwarte [ihn] mit Verlangen, auf dass ich einmal die Antwort haben mOge.

Was uns anlangt, sein wir wohlauf, und werde ich morgen, geliebt's Gott, ohnfehlbar von hier abreisen.

Nunmehr haben meine Waffen zugleich schon Kanischa und Neutra attaquirt. Von dem letzten habe ich guete Hofihung, der de Souches2 ist davor. Das andere wird ein h&rtere Nuss sein; alldort sein die Grafen Zrin, Strozzi und Hohenlohe mit der Reichsalliirten St&nde Hilfe in Werk.3 Gott gebe allseits

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darzue sein Segen. Si Deus pro nobis, quis contra nosV Hie- mit etc.

[P. Scr.] In Straubing wird die verwitibte Fran Kurfurstin in Baiern trad der Herzog von Neuburg zu mir kommen, werden liebe G&st sein.4

Diesen Augenblick kommt des de Souches sein Secretari und bringt, dass den 3. dies durch die Genad Gottes [Neutra] an die Unsrige mit Accord tibergangen,6 so hoffentlich gnete effectus causiren wird.

1 Potting, 9. April. Die zwei Relationen an Kaiser und Portia (das eigenb. Scbreiben ist verloren) sind ganz kurz und verweisen auf einen nachstens zu schickenden Kurier.

% Ludwig Ratuit Graf de Soucbes, geb. 1608 zu La Rocbelle, erst in schwedischen, dann in kaiserlichen Diensten, zeichnete sicb zuerst als Verteidiger von Briinn gegen die Schweden aus 1645, trat spfiter zum Katbolizismus iiber und wirkte neben Montecuccoli in den Kriegen von 1657 bis 1660 und 1663/64. Nach dern Abschlusse des Friedens wurde er seines Amtes entboben, da er sicb Montecuccoli nicbt fiigen wollte; doch blieb er in Gunst, wurde Hofkriegsrat, Kommandant von Komorn, Generalkominandant der slavoniscben Grenzen, dann Stadtoberst von Wien und Graf. 1673 zog er wieder gegen Frankreich, wurde aber 1674, da er sich Wilbelm von Oranien nicht unterordnen wollte, abberufen und starb 1683 in Briinn. Vgl. auch Leopolds Briefe vom 2. September 1665 (Ende) und 6. Dezember 1668 (Ende).

3 Nacb dem bis Mitte Mfirz 1664 in Regensburg trotz Montecuccolis Widerspruch festgesetzten Kriegsplane war die Armee in drei Teile geteilt worden. Die Hauptmacbt, circa 29.000 Mann, sollte unter Montecuccoli die Donau entlang operieren, die Nordarmee unter Souches, circa 8500 Mann, von der Waag gegen Neutra, Lewenz und Novigrad, die Sttdarmee, circa 17.000 Mann, unter Strozzi und Hohenlobe, denen sich noch Zrinyi anschlieDen sollte, gegen Kanizsa. Souches schlug zuerst los und stand schon am 1 5. April vor Neutra, welches er jedoch erst angreifen konnte, als schweres Geschiitz eintraf. Die Siidarmee iiberschritt am 28. April die Mur und gelangte am selben Tage vor die Stadt, die jedoch mitten in einem Sumpfe gelegen und sehr schwer anzugreifen war. 22. Mai wurde die Belagerung wieder aufgehoben. Vgl. Diar. Eur. XI. 204, 248, Rin- telen Ost. Mil. Zeitsch. II. 166 etc.

4 Herzog von Pfalz-Neuburg war damals Philipp Wilhelm, dessen Tochter Eleonore sp&ter die dritte Gemahlin Leopold I. wurde.

5 Neutra wurde am 2. Mai st. n. erobert. Vgl. Rinrelen, 1. c. 170. Diar. Eur. XI. 147 ff., 451 f.

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55 34.

Linz, 23. Mai 1664.*

Der Termin fur die Abreise der Infantin ist zxcar lang, aber Potting soU jetzt sehen, dass er wenigstens eingehalten wird. Der Brief der Infantin ist gut tJber die Zusammenkunft in Straubing, die Pratensionen der Kurfiirstin und die Verleihung des Vlieses fur Zrinyi.

Der Courier ist zu Straubing den 10. dies angelangt und hat mir Euer Schreiben von 23. April uberbracht.1 Nun muss ich es wohl bei dem termino bewenden lassen. Ich will aber hoffen, es werde durch Euere eifrigiste sollicitatio alles also dis- ponirt werden; damit die Abreis ohnfehlbar statuto tempore beschehe. Enzwischen ist das Schreiben der Infantin gar guet und gereicht mir zu gnadigstem Gefallen, dass Ihr es dahin- gebracht habet.

Was etwa noch vorfallen mflchte, will ich Euch ehistens instruiren lassen.

Sonsten bin ich den 17. dies glttcklich allhier angelangt. Unterwegs habe ich zu Straubing ein paar Tag mit der Frau Kurfiirstin und dem Herzog von Neuburg zugebracht. Hoffe mit diesen ein solches Fundament zu einer Confidenz gelegt zu haben, dass hiedurch unserem Haus undb der gemein Wesen ein absonderlicher Nutz hieraus entspringen thuet.

Die Frau Kurfiirstin hat mich wiederum wegen ihrer Praetension ersucht, wollet also auf allweis dahin laboriren, damit diese guete Fraue ihre Satisfaction bekomme. Sie hat es ja um die Spanier verdient. Die Genad des Toysons vor den Grafen Zrin ist gar a propos geschehen,2 dann er gleich in actu der Belagerung Kanizsa ist, und lasst sich selbe noch gar wohl an. Hiemit etc.

1 Potting, eigenh., 23. April. Der Kurier ilberbringt die kSnigliche Resolution wegen der Abreise der Infantin. Potting ist es nach einigen Schwierigkeiten gelungen, einen Brief von der Infantin an den Kaiser zu erhalten. Zrinyi erhfilt das goldene Vlies.

Relation, 24. April. Die Resolution des Konigs besagt, die In- fantin sei nocb zu jung, um schon jetzt zu heiraten, den Winter in

34. Or. » Irrtumlich unter dent 23. MSrz 1664 einyereiht b und in

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Mailand zuzubringen, sei aber zu teuer und unnotig. Er setzt daher die Abreise unwiderruflich ftir April 1665 feat. Es werden auch alle notigen Vorkehrungen getroffen.

Diese durch Medina mitgeteilte Resolution scheint wirklich unwider- ruflich zu sein. In der Relation an Portia ist als Datum der betreffen- den Unterredung der 31. Mfirz gegeben, dann durcbstrichen und durch jUngstverwichener Tage* ersetzt. Ferner klagt er hier tiber das Benehmen Neidhardts: ,und er nunmehr in fiinf ganzen Monaten cum scandalo totius aulae alle Communication, ja auch die geringste Concurrenz gegen mir fliehen thuet und mich nit als kaiserlichen Botschafter, dessen er obschon in statu ecclesiastico gleichwohl ex iure originis ein Vasal 1 ist, sondern vielmehr als des geringsten Potentaten ministrum nicht achten thuet'.

Potting dankt Portia, dafl er ihm die Anweisung auf die Dotal- gelder und noch uberdies eine Summe Geldes verschafft hat.

Z Vgl. Potting, 23. April eigenh.

35.

Linz, 30. Mai 1664?

Der Kaiser hat die Frilhlingskur angefangen. Belagerung von Kanizsa. De Souches Sieg uber Kutschuk MeJwmed.

Dass ich diese Ordinari kein Schreiben vonEuch bekommen, gibe ich deme die Ursach, dass die Ordinari eben damals wird sein abgeloffen, als Ihr den Courier Heinrich abgefertigt habt.

Ich befinde mich sonsten Gottlob gar wohlauf und habe angestern meine gewohnliche Friihlingscur angefangen. Der Feihd wehrt sich wacker vor Kanizsa, und blieben herauB gar viel todt, doch haben die Unsrigen noch guetes Herz.

Der Strozzi ist selbst verwundt, doch ohn Gefahr, in Arm. Der Graf von Sparr Oberst hat gar sein rechten Arm ver- loren, sein Oberstlieutenant, der junge Caretto ist, wie man vor gwiss sagt, geblieben.1

Also ist es gar ein grobe und harte Nuss, ich hoffe, mit Gottes Hilf wollen wir solche noch aufbeiBen; etliche Zahnt werden aber noch dariiber eher ins Gras beiBen. Hin- gegen hat der Graf von Souches ein gliicklichen Rencontre ge- habt, indeme ihm 12.000 Tiirken und Tartern hereingefallen, er damals nit 3000 Mann bei sich gehabt hat, also gezwungnerweis

35. Or. * Irrtilmlich unter dem 30. Marz eingereiht

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mit ihnen schlagen mttssen und nachdem das Gefecht tiber et- liche Stund gewahrt, hat er das Feld erhalten und tiber 1000 Ttirken erlegt.

Unter andern soil Kutschuka Mehemed Bassa, Commen- dant von Wardein geblieben sein, der uns vor ein Jahr ziem- lich gefasst hat.2 Ich hoffe zu Gott; ich werde Euch noch mehr und bessere Zeitung schreiben kOnnen und verbleibe etc.

1 Diese Affaire spielte sich am 20. Mai ab. Die Ttirken machten namlich einen krgftigen Ausfall und zerstorten einen Teil der Belagerungs- arbeiten. Bei ihrer Vertreibung holten sich die erwfihnten Offiziere ihre Wunden.

2 Es ist dies die Schlacht von Szent-Kereszt (Heiligenkreuz) am 16. Mai. Ob die Starke verhfiltnisse wirklich die oben angegebenen waren, ist wohl mehr als zweifelhaft. Die bei den Armeen waren wabrscheinlich zieinlich gleich stark, 5000 6000 Mann. Kutschuk Mehemed Pascha war Kommandant von GroBwardein und Befehlshaber der hier k&inpfenden Armee. Er hatte Kemeny bei Sch&Bburg 23. Januar 1662 geschlagen.

36.

Linz, ij.Juni 1664.

Aufhebung der Belagerung van Kanizsa. Treffen an der Mur. Strozzis Tod. Ottingen bittet urn das Vlies.

Euer Schreiben von 6. Mai habe ich zurecht erhalten.1 Ich befinde mich wohlauf, allein sein wir ein wenig desconsolirt per li accidenti di guerra, weilen den 2. dies die Belagerung von Kanizsa ist aufgehebt worden; weilen der Feind 40.000 stark angezogen, also haben die Unsrigen sich retiriren mtissen, so aber gar wohl und ohne Verlust geschehen ist. Seither haben sie versucht, tiber die Mur zu setzen, so aber bis dato ihnen verwehrt worden, wie dann deshalben am 9. dies ein ziemlich Rencontre gwest, zwar mit des Feind disavantaggio, doch mit Verlust des redlichen Grafen Strozzi, welcher in Kopf geschossen und drei Stund hernach gestorben:2 y asi el buen conde ha tenido una gala muy sangrienta; weilen er just an meinem Geburtstag geblieben. Wie schwer und leid mir's ist wegen seiner, werdt Ihr hoffentlich wohl erachten kOnnen, in-

35. Or. Kuckuk

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dem Euch sein valor der Waffen und Vernunft genugsam bekannt gwesen.

Sonsten bitt der alte Graf Ernst von Otting,3 Reichshof- rathsprasident, gar stark um den Tuson,wollet also Euch ftuCerist bemtihen, damit der guete Alte noch in seinem Alter consolirt werde. Hiemit etc.

1 Potting, 6. Mai. (Ein eigenh. Schreiben findet sich nicht.) Re- lation. Zum Begleiter der Infantin auf der Reise ist schon der Rardinal Colonna ernannt. (Erwfihnt auch schon ira vorigen Bericbte.) Zum welt- lichen Begleiter durfte der Herzog von Alba bestimmt werden. Nach der Ruckkehr des Konigs von Aranjuez wird der englische Gesandte seinen offentlichen Einzug halten. Potting hofft, nachster Tage den koniglichen Befehl an den Gouverneur von Mailand zu erhalten, durch wclchen dieser zur Unterstutzung der Mission des Grafen Testa Piccoloinini aufgefordert werden soil. Die Spanier erwarten, daU der Kaiser einen Verwalter der Dotalgef&lle ernenne.

Rardinal Hieronymus Colonna, geb. 1604 als Sohn des Her- zogs Philipp von Calliano und Tagliacozzo, wiederholt von den Pfipsten in Deutschland verwendet; Protektor der deutschen Nation, Aragoniens und Conprotector Castiliens, Staatsrat in Spanien, starb zu Finale 4. Sep- tember 1666.

Antonio Alvarez de Toledo, VII. Herzog von Alba, Marques de Coria, Graf von Salvatierra. Anhfinger Don Juans, von 1677 an Pra- sident des italieniscben Rates, gest. 1. Juni 1690. Sein Sohn war An- tonio de Toledo, Marques de la Villanueva de los Rios. Beide sollen zu den geistreichsten Kopfen des Hofes gehort haben. Rel. d'Esp. (1667) 39. Anders urteilt Zorzi (Barozzi et Berchet II, 343/4), er wiinsche nur mehr ruhig zu leben und sei ganz unnotig. Er spreche immer sehr hochmiitig, besonders vom Staate, als sei dieser noch dasselbe wie in frflheren Zeiten.

Graf Testa Piccolomini war damals einer der einfluflreicheren Mfinner am Wiener Hofe auBerhalb des Kreises der Minister, Anhfinger Portias, Regimentsinhaber und, wie es scheint, sehr reich. Seine Mission in Italien hatte den Zweck, die italienischen Fursten zu Geldunterstiitzungen filr den Tiirkenkrieg zu bewegen. In der Wiener Hofbibliothek linden sich ein Rechnungsbuch fiber diese Reise (Cod. 6075) und Briefe an ihn aus den Jahren 1663/64 (Cod. 9737 und 9364), die zum Teil von Interesse sind. Er starb im Juli 1664 in Mailand (Potting an Portia, 13. August 1664).

% Infolge der fruhzeitigen Riistungen der Christen hatte sich der GroBvezier schon an fangs April in Belgrad eingefnnden, von wo aus er die Zusammenziehung seiner Truppen begann. Ende April aber hatte er doch erst 8000 Mann; 8. Mai zog er nach Essek, HeC die Brticke wieder

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herstellen und ging dann nach Mohacs. Von alien Seiten zog er Truppen aus den Festungen, so dafi er am 20. Mai mit 40.000 Mann gegen Ka- nizsa aufbrach. Am l.Juni erfuhren die Belagerer dieser Festung, dafi der GroBvezier nur mehr drei Meilen entfernt sei, und beschlossen den Ruckzug. Strozzi und Zrinyi erreichten noch am 2. Juni Serin var, Hohen- lohe erst am 3. Juni. Alle drei s tell ten sich am rechten Murufer auf, ibre Truppen waren trotz einiger NachschUbe auf circa 20.000 Mann (samt den Ungarn und Kroaten) zusammengeschmolzen. Der GroBvezier kam fast gleichzeitig mit Strozzi vor Serinv&r an und suchte dieses zu erobern, sowie einen Fluflttbergang zu erzwingen. Keines von beiden gelang ihm. Einmal besetzte er eine Insel im Flusse, Strozzi griff diese an und eroberte sie, fiel aber dabei.

3 Graf Ernst von Oettingen, geb. 1594, gest. 1670, aus der Waller- stein'schen Linie; Reichshofratspr&sident. Aus seiner Ehe mit Maria Mag dalena Fugger batte er eine zahlreiche Nachkomraenschaft, Wolfgang pflanzte das Geschlecbt fort.

37.

Bei Mautern, 24. Juni 1664. Souches hat Lewenz erobert.

Aus Eurem Schreiben von 23. Mai * habe ich dasjenige verstanden, was Ihr mir habt berichten wollen, ad quod iam quid respondeam non habeo.

Ich befinde mich Gott sei Lob gar wohlauf und bin vor ein zwei Stunden aufgebrochen, wie ich dann dieses zu Schiff schreibe. Was in turcicis passirt, werden Euch andere gwiss berichten. Lewenz hat der Souches auch erobert, und weilen es gar warm, als habe ich kein Lust zum Schreiben, sondern ende und verbleibe etc.

1 Potting, 22. (nicht 23.) Mai, eigenh., berichtet, daC Medinas Junger Sohn, so in allem gar ungezogen, gestert abends um schlechter Ursachen willen den Marques de Alvazy, gar ein vornebmen und qualifi- cirten Cavaglier, urns Leben gebracbt hat*.

38.

Wien, 9. Juli 1664. Die Tiirken haben Neuzrin erobert.

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Aus Eurem Schreiben von 5. Junii i habe ich verstanden, was Ihr mir in ein und anderm habt berichten wollen, auf welches ich auch vor diesmal nix zu antworten habe. Thue allein Euch zu wissen, dass ich wohlauf bin und den 26. Junii gllicklich allhier ankommen bin. Die Tttrken haben mit Sturm Neuzrin eingenommen.2 Mir ist leid, nit um das Ort, so ein bicocca ist, sondern um so viel tapfere Soldaten, so darin sitzen blieben. Plura et pertinentiora aliunde intelliges. Und weilen es gar hei/5 und ich viel zu thun [habe], also thue ich enden und verbleibe etc.

1 Potting, 4. Juni, eigenh. Er gibt den Spaniern zu verstehen, der Kaiser werde sich keinesfalls tiber den nun gesetzten Termin binaus hin- halten lassen. Seine Frau hat das Spaniscbe erlernt und sich der Infantin als deutsche Sprachmeisterin angetragen. Relation: Auf sein Andringen werden jetzt die notigen Vorbereitungen zur Abreise der Infantin ge- troffen. Castel Rodrigo hat dieser Tage die von ihm ,zur Vorsehung der haltbaren Orte' in Belgien verlangten 600.000 Scudi erhalten und wird n&chstens nach den Niederlanden abreisen etc.

2 Neuzrin oder Serinvar, von Zrinyi erbaut zum Schutze gegen die Raubereien der Besatzung von Kanizsa, war eigentlich nur eine Feld- scbanze, die gegen die Mur zu offen stand. Am Morgen des 30. Juni war Montecuccoli selbst noch dort. Der Kommandant, Oberstleutnant Tasso, meinte sich noch halten zu konnen, als aber die Turken mit Ungestum angriffen, floh die Besatzung uber die Mur, die Brvicke brach und etwa 800 Soldaten gingen zugrunde.

39.

Wien, 23. Juli 1664.

Souches Sieg. Der Kaiser ist erfreut, dass Neidhardt ivieder

einlenkt. Er fragt an iiber einen Brief, den La Fuente vor ein-

undeinhalb Jahren ubergeben hat, in ivelchem der Konig PhUipp

die Entfernung Schwarzeribergs verlangte.

Ich habe Euer Schreiben von 18. Junii zu recht erhalten.1 Dass Ihr bei selber Ordinari kein Schreiben von mir empfangen, ist die Ursache, dass ich just in der Stund zu Linz angelangt, als die Ordinari h&tte sollen ablaufen; habe also einmal kein Zeit gehabt.

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Sonsten befinde ich mich gar wohlauf, und hat der Feld- marschall de Souches wieder den Ttirken ein stattliche Schlapfen angehangt, indeme er deren iiber 6000 niedergemacht und eine rechte Schlacht gwunnen, wie Euch der Fiirst von Portia aus- fuhrlich schreiben wird.2 Gott sei dafur Lob gesagt, hoffe es solle allweil besser werden.

Habe auch absonderlich gern verstanden, dass der Pater Neidhardt sich wieder accommodirt und Euch besucht hat; hoffe Eur Einigkeit solle viel Gutes wirken, und bin wohl gesichert, dass Ihr hiezu alleweil cooperiren werdet, hoffe der Pater werde ein Gleiches thuen.

Sonsten habe ich Euch noch ein Punkt schreiben wollen. Ohngefahr vor eineinhalb Jahren, gleich als der Marques de Fuente3 aus Frankreich auf Wien kommeu, hat er einsmal ex professo Audienz nachgesuchta und in Namen des Konigs bei mir angebracht, wie dass der { Schwarzenberg } seinem Konig gar suspect seie, dahero er verlange, dass ich auch mich seiner mit gueter Manier losmachen solle, wie dann es guete Gelegen- heit gabe [bei] des {Erzherzogs Leopolds Tod). Dieses zu beglauben, libermachte er mir ein Schreiben vom Kf5nig, so eben dies Inhalts gwesen. Ich habe aber darauf in generalibus ge- antwort und es zu Bedacht genommen. Er hat es aber weiter nit urgirt, sondern ist wieder dariiber auf Paris gezogen.

Nun ist mir hernach oft eingefallen, ob das nit ein fin- girtes Werk seie und ob der Brief des Konigs nit auf ein carta bianca geschrieben gwesen, weilen mir bewusst, dass alle spa- nische embaxadores allzeit etliche Cartebianchen in Vorrath und auf Raitung haben.

Die Ursachen, warumben ich dies geglaubt, sein drei: Prima causa est, quod videbatur alia esse scriptura litterae, alia dati; secunda, weilen seither in ganzen eineinhalb Jahr weiter kein Instanz gwest; tertia, habe ich geglaubt, es sei ein Stiickel von {Auersperg},4 so des {Schwarzenberg} abgesagter Feind ist und mit dem {La Fuente} alles eines ist, ob es nit viel- leicht ein unter ihnen abgedroschenes Werk gwesen. Habe Euch es also zu diesem Ende schreiben wollen, damit ihr sehet zu penetriren, ob es aliquid ficticium oder ob es recht vom KOnig herkomme.5 Ihr derft nit eilen, sondern mit Gelegenheit

39. a Or. angebracht

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schaut dieses Werk recht zu penetriren und sodann es mir berichten sollet.

Ubrigens verbleibe ich etc.

1 Pitting, 18. Juni, unwichtig. In der Relation an Portia (die zwar undatiert, aber sicher von diesem Tage ist) berichtet er, dass P. Neidhardt den Geburtstag des Kaisers (9. Juni) als Gelegenheit beniitzte, um wieder anzukmipfen, indem er bei Potting erschien, um seine Gltickwttnsche dar- zubringen. Im zweiten Schreiben an Portia macht Potting Mitteilung, daC Peilaranda eine Nachricht geschickt habe, welcher zufolge zwischen Kaiser und Prankreich in Regensburg durch Vermittlung von Kurmainz Ver- handlungen gepflogen worden seien fiber eine eventuelle Teilung Spaniens. Vgl. Pribram, Archiv f. <5st. Gesch., Bd. 77, S. 348/49, Lisola 328 ff.

Portia kommt in seinem Scbreiben vom 23. Juli 1664 auf diese Dinge zuriick und meint, der Mainzer babe aus Riicksicht fttr die allge- nieine Ruhe und im Interesse des Kaisers fiber einen eventuellen Vergleicb, ,wie es nemlich da der casus den Gott lang verhiiten wollte dass die spaniscbe Mannslinie abgehen sollte, zwischen I. K. M. und Frank- reicb gehalten werden sollte oder konnte, Discours ofters gefiihrt. Weil man sich aber nicht viel dariiber reflectirt und keineswegs ratsam oder thunlich zu sein erachtet hat, sich im geringsten in dergleichen Materien einzulassen noch einig Gehor zu geben, hat man auch davon nichts schreiben noch avisiren wollen; sondern es als einen Traum vorbei rau- scben lassen. Weil aber der von Boyneburg auch von diesem Concept ge- wusst, dieser aber dem v. Auersperg und er dem Nuntio es vermeldet, war alles kundbar worden. £. E. aber wollen sich in dieser Materie mit der Unwissenheit entschuldigen, da ihr etwas vorgehalten wfirde, so ich nicht glaube, dann sie gar zu delicat ist und keiner alldort davon zu reden sich unternehmen wiirde. Ob aber dies alles von Kurmainz mit der Franzosen Vorwissen oder auf deren Anleitung oder proprio motu von selbst ge- Bchehen sei kann ich nicht asseriren, und wird der Pater Roxas bei seiner Ankunft, davon der Duque de Medina individuelle Wissenschaft hat, dies alles erl&utern.'

2> Die Scblacht fand am 19. Juli an der Gran statt, bei Lewenz (Leva); das christliche Heer soil 12.000, das tttrkische etwa 25.000 Mann gezfthlt haben. Vgl. Souches Relation, Kaiser Leopolds Leben und Taten 442—449, Diar. Eur. XI. 454 ff., Urk. u. Akt. XI. 332 f., Portia an Pot- ting, 23. Juli 1664.

3 Gaspar de Teves Tello de Guzman, geb. um 1608, 1623 gentil- hombre de la bocca, wurde 1633 Marques de la Fuente und Graf von Benazuza, ging 1638 als Gesandter nach Deutschland, 1639 zu den Fttrsten Italiens, 1644 nach Venedig, 1655 nach Wien, von hier 1662 nach Paris. Im September des Jahres begab er sich zum Reichstage nach

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Regensburg und mufl nach obigem damals auch wieder in Wien gewesen sein. Dann blieb er in Frankreich bis August 1667, kehrte hierauf nach Spanien zuriick und verliefl es nicht mehr bis zu seinem Tode 15. Juni 1673. Seit 1665 war er Rat von Indien, seit Januar 1666 Staatsrat auf Verwendung Ludwig XIV., dessen Interessen er lebhaft vertrat. Er war den franzosischen Gesaudten stets als Kommissar zugewiesen. In erster Ehe war er mit Ursula de Cordoba verheiratet, von welcher er seinen ein- zigen Sohn Don Gaspar de Teves hatte. Zum zweitenmal beiratete er in seinem sechzigsten Jahre Anna Portocarrero, die Witwe des Marques Espinardo, eine sehr junge, schone Dame, docb nicht von bestem Rufe. Vgl. Morel Fatio, Rec, S. 496 ff., Revue des quest, hist., Bd. 52, S. 128 ff.

4 Auersperg, Johann Weichard, Graf, seit 1653 Reichsftirst. Seitdem er 1654 mit Miinsterberg und Frankenstein (Schlesien) belehnt worden war, nannte er sich Herzog von Miinsterberg. Er war Ajo und Obersthofmeister Ferdinand IV. und wurde nach dessen Tode 1655 erster geheimer Rat. Diese Stelle behielt er auch unter Leopold I. bis zu seinem Sturze 10. Dezember 1669. Er starb 13. November 1677 im Alter von 62 Jahren auf seinem Schlosse Seiflenberg in Krain. Wfthrend seiner Mi- nisterschaft gait er als Anhanger der Spanier, was wenigstens ftir die sp&teren Jahre nicht richtig ist; seine MiCgunst gegen Schwarzenberg war bekannt. Vgl. Wolf, Lobkowitz 70—72.

Graf Adolf Schwarzenberg, geb. 1615 im Luxemburgischen, war ein Sohn des beruhmten kurbrandenburgiscben Ministers Adam Schwarzenberg und kam nach langem Aufenthalte in Frankreich nach Osterreich, wo er 1635 Kammerer, 1641 Reichshofrat, 1646 geheimer Rat wurde und im selben Jahre in die Dienste des Erzherzogs Leopold Wilhelm trat. Bei diesem kam er in auCerordentliche Gunst. 1662 wurde er Prasident des Reichshofrates, 1668 Furst, 1670 Reichsftirst. Er war einerder reichsten Adeligen Osterreicbs, da sein Einkommen auf 150.000 fl. gescbatzt wurde. Er starb 1683. - Wolf, Lobkowitz 73, Gesch. Bilder II. 159 ff.

5 Vgl. Pottings Antworten vom 27. August und 24. September.

40.

Wien, 6. August 1664.

Der Kaiser ivird Medinas Raty ofter an die Infantin zu schreiben, befolgen. Er bedauert die Fortschritte der Portugiesen. Siege in Ungarn. Montecuccoli zum Generallieutenant ernannt. Der Kaiser wird Pottings Vetter Sebastian anhoren und sich darnach

erkldren.

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Eure Relation von 3. Julii haV ich empfangen.1 Was an- langt, dass {Medina} meint, ich solle {der Infantin} Sfter {selbst schreiben}, halte ich es auch gar vor guet ad manutenendam possessionem vel quasi, ut utar termino iuridico, und werde Euch ehistens sowohl in diesem als andern ausfiihrlich instruiren.

Was die militaria anlangt, ist wohl zu bedauern, dass die portugiesische rebellische Schelmen so guete Progress et quidem sine ulla resistentia machen. Hingegen bei uns geht's besser zue, dann seither der jiingst liberschriebenen souchischen Vic- tori hat den 1. dies Gott der Allmachtige uns wieder eine soliche verliehen bei der Hauptarmada, wie Ihr anderwertsher fuse vernehmen werdt.2 Am 2. hat SusaftauchParkanyb erobert und die Graner Brucken ruinirt, so auch kein klein Sachen ist; und weilen Euer Schwager, der G. Montecucculi, sich so ritter- lich verhalten, als habe ihne zu meinem Generallieutenant declarirt; hoffe zu Gott, Euch jezo Ofter solche Zeitungen zu schreiben.3

Was Eure particularia anlangt, werde ich solche von Euerm Vettern Sebastian4 anhoren, auch mich also dariiber er- klaren, dass Ihr werdt spttren konnen, dass ich alle Gnad Euch zu thun pronto bin, womit ich dann allzeit Euer gn&digster Kaiser und Herr verbleibe.

1 Potting, 2. Juli, eigenh. Die spanische Regierung ist ganz ,ver- wirrt*. Medina hat Potting geraten, der Kaiser moge der Infantin ofter schreiben. Auf seine Prage, ob sie auch antworten werde, entgegnete jener, er wolle sich darum bemuhen, dafi es geschehe. Geschahe es aber auch nicht jedesmal, so wahre der Kaiser doch sein Recht. Wegen der Prfttensionen der verwitweten Kurfurstin von Bay em hat Potting nicht mehr erreichen konnen, als daC sie an die spanische Gesandtschaft in Wien gewiesen wird ,ad liquidandum dero Praetension und zu sehen, wie viel von derselben nocb restire'. Potting bittet um gnfidige Aufnabme der An- suchen, die sein Vetter Johann Sebastian fiir ihn vorbringen wird.

Relation. Die Portugiesen haben Palencia de Alcantara am 24. Juni genommen. Spanischerseits ist man vollig energielos und tut gar nichts. Medina sagt, der englische Gesandte behaupte, daB der Sultan wegen innerer Unruhen zuin Frieden bereit sei. Der Gesandte selbst ftuGerte sich, England sei zur See zu einer Diversion gegen die Tiirkei bereit, wenn der Kaiser noch einige Seemfichte dafur gewftnne.

40. a Susa Ut die italienische Form des Namens Souches. Vgl. Wolf, Archiv f. out. Gesch. 20, S. 309 Or. b Barkan

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Vom selben Datum (2. Juli) ist auch ein langes Schreiben Pottings an seinen Yetter Johann Sebastian Grafen von Pdtting.

1. Dieser soil personlich zu Hofe, da infolge der Abwesenheit dee Grafen Testa Piccolomini sonst niemand vorhanden ist, dem man diese wichtige Angelegenheit anyertrauen kdnnte. 2. Er (der Gesandte) hat bisher von Wien kein Geld erhalten und also nur auf Kredit gelebt. Auf seine instandige Bitte ist ihm von den kaiserlichen Dotalgefallen in Spa- nien eine Jahresrate angewiesen worden, diese reicht aber nicht einmal fUr die ordentlichen Ausgaben. 3. Die vor und bei der Abreise der Infantin im nficbsten April notwendigen Ausgaben werden sehr groi3 sein und er ist auCerstande, auch diese noch selbst zu bestreiten. Graf Johann Sebastian moge daher speziell mit Bezug hierauf beim Kaiser auf eine Entscheidung dringen. 4. Die ndtigen Summen sind nicht so grott, dafi sie dem Staate abgingen; unterliefie man aber die gewohnlichen Freuden- bezeigungen, so wiirden alle Feinde sogleich folgern, es mfisse dem Kaiser an Mitteln fehlen. Wenn er die kaiserliche Braut nur bis zur Einschiffung geleite, so koste dies schon 20.000 Reichstalcr. 5. Graf Johann Se- bastian moge sich der Unterstiitzung Portias, WeiBenwolfFs etc., besonders de8 Oberststallmeisters versichern und schnell handeln, damit er (der Ge- sandte) bald wisse, woran er sei. 6. Ist nichts zu erhalten, so moge Graf Johann Sebastian zu verstehen geben, dafl der Gesandte nicht mehr imstande sei, weitere Auslagen zu machen, und da£ er sich dann bei der erw&hnten Feier irgendwie absentieren werde, urn alien Verpflichtungen zu entgehen. 7. Nicht unmittelbar hangt damit die Bezahlung seiner schon aufgelaufenen Auslagen zusammen.

2 Portia iibersendete Potting unter dem 6. August eine ausfuhr- liche Beschreibung der Schlacht bei St. Gotthard.

3 Nach der Ost. milit. Zeitschr. 1828, II. 143 wurde Parkany am 1 . August erobert. Nach diesem Erfolge ging Souches nach Komorn zu- ruck. Was die Schlacht von St. Gotthard anbetrifft, so hat sie Leopold nach obigem als einen Sieg betrachtet und dabei wird es wohl trotz mo- derner Widerlegungsversuche zu bleiben haben, wenn es auch freilich kein entscheidender Schlag war in der Art wie die Schlacht von Levenz (St. Benedikt).

4 Johann Sebastian Graf von Potting wurde 1673 Bischof zu Passau, gest. 19. Marz 1689.

41.

Wien, 20. August 1664.

Potting hat gut getan, wegen der Infantin Abreise ein Memorial einzureichen. Er soil der Konigin danken und urn ihre Hilfe

Pontes, n. Abth. Bd. LVI. 5

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bitten, sowie gegen Pefiaranda vorbauen. Don Juans Abdankung. TurkenJcrieg. Ludwig Rabattas Tod.

Ich habe Euer Schreiben von 16. Julii zurecht erhalten und darans vernommen, dass Ihr ein Memorial eingeben habt, die Heransreis der Infantin zn beschleunigen, und habt Ihr hieran gar recht gethan.1 Und weilen die K5nigin sich anch dieser Sach gar eifrig annimmt, als meine ich, Ihr sollt Ihrer Majestat von meinetwegen hOchst danken, anch nm Continnation der Assistenz anflehen. Was des {Peneranda Machination} an- langt, ist solche von grofiter Importanz, wollet auch wegen der Sachen vorbauen, wie Euch der Ftirst von Portia mit mehrerm schreiben wird.2

Dass {Don Jnan anf das Generalat resignirt} habe ich gar gern gehOrt, wollet cooperiren, nt avertetur,8 dann mir gar viel daran gelegen.

De Turcis kann ich vor diesmal wenig schreiben, weilen die Armada sich ein wenig refresciren thuet. Ich bin gar wohl auf, und ziehe immerzua auf die Jagd, ende hiemit und ver- bleibe etc.

[P. Scr.] Solle auch Euch gnadigst nit verhalten, dass der arme Graf Ludwig Rabatta, so Landeshauptmann zu G(5rz gwest, an ein hitzigen Fieber unlftngst gestorben.4

1 Potting, 16. Juli, eigenh. Da die Spanier sich sehr ,langsam und schlafrig' zeigen, so hat er (am 9. Juli, nach dem Diarium I, unter diesem Datum) ein Memorial fiber die Beschleunigung der Abreise der Infantin eingereicht und die Kflnigin urn Beihilfe gebeten. Pefiaranda hat einen schlimmen Handel angezettelt, fur welchen Potting auf seine Relation an Portia verweist. In dieser berichtet er, von Medina erfahren zu haben, daJ3 Pefiaranda davon abrate, die Infantin hinauszuschicken ; der Kaiser solle die Regierung an Erzherzog Sigmund ubergeben, und nach Spanien kommen. Uberhaupt rate er, den Deutschen nicht zu trauen, und bitte um Erlaubnis, nach Madrid kommen zu diirfen, um dem Konig mehreres in dieser Angelegenheit mitzuteilen. In beiden Relationen (an den Kaiser und Portia) teilt PStting mit, dafl Don Juan sein Kommando niedergelegt hat; in der an Portia wird hinzugefiigt, der Konig sei nicht ungeneigt, die Demission anzunehmen, und habe hieruber von Castrillo, Medina und dem Inquisitor-General Gutachten verlangt.

41. Or. * utuicJier.

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2 Portia, 20. August. Jederraann weifl, dafi Pefiarandas Forderung, der Kaiser solle nach Spanien kommen, unausfuhrbar ist.

In Bezug auf das Teilungsprojekt fiir den Fall des Aussterbens der spanischen Manneslinie, welches von Kurmainz im Auftrage Frankreichs dem Raiser vorgelegt wurde und wovon Pefiaranda Nachricht gegeben (Potting an Portia, 18. Juni, zweites Schreiben), beruft sich Portia auf seine Erklarung im vorletzten Briefe. Vgl. weiter oben S. 62, Anm. 1. (Noehmals wird ein solcher Vorschlag von Portia am 17. Sept. 1664 er- wfihnt. Vgl. hieriiber Pribram, Lisola 328 ff.) tJbrigens war Pefiaranda sonst dem Kaiser zugetan und hatte viele Beweise davon gegeben, ,wu88te nicht, wie er sich anitzo verftndert h&tte'.

3 ,avertetur' moC hier die Bedeutung haben : ,Dafi er weggeschafft werde'. In diesem Sinne schreibt auch Portia unter dem 20. August 1664: ,E8 ist zu einer sonderbaren Schickung Gottes zu achten, dass des Don Yuan de Austria Resignation angenommen worden und ware zu wttnschen, dass die Getreuen sich dieses Menschen halber besser versichert und ihn etwa nach Rom mit einer roten Kappe oder sonst aus Spanien aber ohne governo dirigiren wurde, sonsten wurde die Resignation nicht vdllig die Sachen abhelfen, noch dieselbe in alien besorgenden Fallen ver- sichern.4

4 Graf Lud wig Rabatta war ein Bruder des frflher erwfihnten Grafen Josef Rabatta.

42.

Wien, 3. September 1664.

Don Juans Abdankung. Des Konigs Schwache. Hieriiber soil

Potting berichten. Pefiarandas Machinationen. Die hiesigen

Franzosen sagen, in Spanien gebe es gar keinen Prinzen, es sei

ein Madchen. Turkenkrieg.

Ich habe Eure unterthftnigste Relation von 31. Jnlii em- pfangen und daraus verstanden, dass Don Juan ganz ab- gedankt und entlassen worden, so isto tempore fllr una gar ntitzlich ist, aber habe ich gar ohngern verstanden, dass {der KOnig also abnimmt}, und dass die {medici einen Fall besorgen}, quod Deus avertat.1

Weilen es aber alles Sachen sein, so geschehen k5nnen, also wollte ich, dass Ihr ausftthrlich berichtet, {wie sich der Ktfnig anjezo befinde, was er anjezo vor ZuslAnde habe, ob er noch die memoriam hat, ob er noch negotiiren kttnn oder

5*

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thue} und noch dergleichen Circumstantien mehr, dann viel hieran gelegen.

Was die BefUrderung der Reis der Infantin anlangt, besorge ich, es dependir viel von obigen puncto, und ver- wundere ich mich, dass {Peneranda so undankbar seie} nnd sich also in dieser Materi opponire. Ich forchte, wann es recht herauskommt, so ich sehr verlange, es m(5chten die Trllmmera weiter nnd wohl gar hieher springen.2 Sapienti panca.

Und weilen wirb in solchen Materien ver siren, so mnss ich Ench noch ein Artliches schreiben. Diese Zeit hero, [da] sehr viel Franzosen [sich] allhier befinden, so h5rt man immer etwas von Ihnen. Unter anderm sagen sie klar, sie glanben nit, dass ein Prinz in Spanien vorhanden seie, es [sei] kein Bneberl, sondern nnr ein Madlein. Dies parliren sie mit lanter Ungrnnd nnd fundiren sich principaliter auf dies schSne Recept, der Ambrnn 8 habe verlangt den Prinzen auch an verbotenen Orten zu besichtigen (che insolenza francese), es seie aber ihme nit zngelassen worden. Ihr KOnig habe seinen Delphin nit allein dem La Fnente, sondern c sogar durch ein Fenster dem populo zeigen lassen.

Wann ich anstatt der Spanier war, so wollte ich ihnen den Prinz auch in so schOner Manier weisen nnr ad obstruenda ora malignornm.

Was halt Ihr von dieser schonen Histori?

Ich hab's nur vor die Langweil Euch schreiben wollen. lam ad nos ! Die Ttirken sein zn Gran, nnd sagt man, sie waren die Donan passirt, qnod tamen certe nobis non constat. Unser Armada movirt sich anch und passirt morgen auch die Donau bei Pressburg, si ita videbitur den Generalen und zwei allhier anwesenden Reichsfiirsten, so morgen allda ein Conferenz halten werden, so ihr alles mehrers von Portia vernehmen werdet.d4 Und ich verbleibe etc.

[P. Scr.] Wenn nix darein kommt, so ziehe ich auf die Wochen auf Ebersdorf.

1 Pitting, 30. Juli, eigenh. Don Juan ist nunmehr seine m eigenen Wunsche entsprechend der Leitung der militariechen Dinge ganz enthoben worden. Hierin hat man gesehen, wie Gott dem Hause hilft. Wegen der

42. O. a unaicher b ihr wir c son d wirdt

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Abreise der kaiserlichen Brant wird wohl der Kaiser selbst eingreifen miissen; sonst wird es eine Menge Verzogerungen geben, besonders ,da der Konig merklich abnimmt und die medici einen unverhofften und gfth- lingen Tod besorgen'.

Potting, 30. Juli (Relation an Leopold). Obersendet die kftnigliche Ant wort auf sein Memorial wegen Abreise der Infantin. Darin wird zwar auf dem festgesetzten Termin bebarrt, aber das gibt keine Sicherheit. Alba ist uocb nicht (als weltlicher Begleiter der Infantin) ernannt. Rardinal Colonna bereitet sich vor, im Herbst hierher zu kommen.

Pefiaranda hat es erreicht, daJ3 er Befehl erhielt, unter Ernennung eines Interims verwalters (Erzbischof von Palermo) nacb Spanien zn kommen. Castel Rodrigo ist letzten Donnerstag nach den Niederlanden abgereist, wird aber unterwegs in Burgund wegen Besanc^n yiel zu tun haben. Potting hat ihm den Sohn des Dr. von der Bourg empfohlen. Die 3500 deutsche Soldaten aus Neapel sind angekommen, die schweizeri- schen und mail&ndischen Truppen werden erwartet. Don Juan ist ganz ver- abschiedet. Als seinen Nachfolger nennt man Caracena oder Mortara. Bei Hofe alles gesund. t)ber Streitigkeiten zwischen den Botschaftern.

(Relation an Portia.) Ausbleiben der burgundischen (spanischen) Truppen fur den TUrkenkrieg. Castel Rodrigo hat seine Anh&nglichkeit hoch und teuer versichert. In den Niederlanden wird er Gelegenheit haben, sie zu beweisen. Ober die spanische Antwort wegen der Abreise der Infantin, Sorge wegen Pefiarandas Berufung, welche gegen den Rat aller Minister und des geheimen Rates geschehen ist. Medina meint sogar, der Kaiser solle direkt beim Konig gegen Peiiarandas ,ungleiche intentiones' Verwahrung einlegen. Arquinto sei auch in dieser ,gef&hrlichen Liga'. Potting hat mit Medina tiber die Abreise der Infantin ausfuhrlich gespro- chen und letzterer niachte den Vorschlag zu versuchen, sofortige Trauung zu erlangen, um dann das iibrige besser betreiben zu kdnnen. Pitting fflrchtet eine Falle dahinter. Don Juans Abdankung. Medina hat Pet- ting gegentiber beteuert, man habe ihn ganz ffilschlich verdfichtigt, auf Don Juans Seite zu stehen, nun habe er einen klaren Beweis des Gegen- teils gegeben. Aber Potting welC doch, daB das erstere wahr ist. Der englische Gesandte hat bisher gar nichts angebracht als den Wunsch des freien Handels mit Indien ... P. Roxas ist angekommen. Erzherzog Sigmund hat geschrieben, er sei nach Neuburg gegangen, um die hessisch- darmst&dtische Prinzessin zu sehen, und er werde dem Konig von aliem Bench t erstatten.

2 Damit ist wohl sicher auf Auersperg gezielt; vgl. den Brief Por- tias vom 20. August, oben S. 67, Anm. 2.

3 Ambrun, eigentlich Embrun, war der damalige franztfsische Ge- sandte in Madrid. Er hiefi Georgd'Aubusson de la Feuillade und war ein j lingerer Sohn des zweiten Grafen dieses Namens, doch ftlterer Bruder des

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Marschalls, der bei St. Gotthard mitfocht. £r war seit 1649 Erzbischof von Embrun and erhielt mehrere Pfrflnden. Anfang 1659 ging er ale aaCerordentlicher Gesandter nach Venedig, Mitte 1661 nach Spanien (seine Instruction im Rec. XI. 173 208), wurde noch 1661 chevalier de Tordre du S. Esprit, erhielt 1666 eine Abtei mit 25.000 Livres Ein- kommen. August 1667 verliefi er Spanien, erhielt 1669 unter Verzicht auf die Abtei das Bistum Metz. Er starb 1697 in Metz, 88 Jahre alt.

4 Portia, 3. September. tJberdie Reise derlnfantin und Peftarandas Opposition dagegen. Ober die Lage in Ungarn. Man mftchte den Tiirken vor Ende der Campagne gem noch einen Schlag versetzen, ,zu welchem Ende ein consulta zwischen den allerseits Generalen und denen ungari- schen Magnaten, wie auch denen Reichskriegsrathsdirectoren, des Fiirsten von Munster und Durlach Liebden zu gemeldtem Pressburg auf morgen angestellt worden' etc.

Die beiden erw&hnten Reichsfilrsten waren vom Reichstage zu Re- gensburg zur Armee geschickt worden infolge der Klagen der Generale der Reichsarmee tiber Montecuccoli. Ohne ihre Einwilligung sollten die Reichstruppen nichts unternehmen diirfen. Die Folge der verschiedenen Beratungen (Konferenzprotokolle vom 12., 13., 15., 18., 20., 22. Sept. im Kriegsarchiv) war, dafl tiberhaupt nichts mehr unternommen wurde. Der Groflvezier setzte am 5. September, Montecuccoli am 8. September iiber die Donau. Unterdessen war es schon zum Fried en gekommen und am 3. und 4. Oktober loste sich das Heer auf.

43.

Ebersdorf, if. September 1664.

Wenn es wegen des Hofstaates der Infantin bei dem ProjeM bleibt, ist der Kaiser sehr zufrieden. Uber den Beichtvater. Wegen der Schwdche des Konigs sollte man mm Frieden mit Portugal sehen. Vielleicht kann man auf das Gemssen des Konigs einwirken. Hier alles gesund. Wenig Neues.

Euere Schreiben von 13. August sein mir zurecht einge- liefert worden.1 Und was anlangt die Formirung des Hofstaats mein Gespons, wann es bei dem von Euch mir tiberschickten Project bleibet, bin ich zu tausendmal wohl zufrieden, weilen es ein ehrliche Zahl und kein solcher Plunder ist, wie bei meiner gnftdigsten Frau Muetter htfchstseligen Angedenkens. Wann sie ja vielleicht noch zur guarda mayor ein senora de

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honor einflicken wollten, ktinnte ich es auch geschehen lassen. Was den {Beichtvater} anlangt, meine ich auch, sollt Ihr weiter nix moniren, weilen es doch nit kunnte erhalten werden,* son- dern allein dahin trachten, dass ein solches subjectum diese Stelle [zu] exerciren bestellt werde, so von aller Capacitat, Moderation und also beschaffen, dass es nit viel imbrogli {in politicis} mache, sondern sich mit jederman comportire.

Nebsten diesem gehet mir je langer je mehr zu Gemiithe, {dass der Kftnig alleweil mehr abnehme und sehr zu Boden gehe}, und sollte vielleicht { das portugiesische Wesen noch* sein, wann ein Fall mit dem Ktfnig beschehete}b, was daraus vor bOse Consequenzen und llble Sequelen, auch grofie Confu- siones entstehen kOnnten. Habe Euch also gnadigst0 zu Gemtith stellen wollen, ob nit Ihr vor rathsam achtet, alle Mittel zu ergreifen und dahin es zu rich ten pro possibili, {damit wo nit ein Frieden, auf das wenigist ein armistitium mit Portugal tractirt werde}. Dieses nun zu erreichen und die Sache zu incaminiren, meine ich, {sollt Ihr Euch bedienen des inquisitor general},8 wie auch {des Konigs Sohn,4 so ein Dominikaner und nel consigliod gar machtig sein solle,6 auf dass sie dem Ktfnig das Gewissen movirten} und ihm repraesentirten, {was er vor Verantwortung auf sich laden wiirde, wann er [das] Kflnigreich in solcher Unruhe verlassen wtirde}.

Dieses alles aber stelle ich Euch anheim, ob Ihr es vor rathsam haltet oder nit, und was Ihr dartiber vermeint zu richten.

Ich befinde mich sonsten gar wohlauf und bin allhier, mich ein wenig mit der Jagd zu recreiren. Caetera nova vere pauca alii vobis scribent, ich aber verbleibe etc.

1 POtting, 13. August, eigenh. (irrttimlich in die Relation vom selben Tage eingebunden). Cber die Besprechung mit Medina wegen des spanischen Hofstaates fur die Infantin. Die Zahl ist sehr gering. Die Vor- bereitungen gehen langsam vor sich, Alba ist noch nicht ernannt. Einen Jesuiten als Beichtvater fiir die Infantin zu bekommen, wird kaum mog- lich sein, da, wenn man nur die geringste Verhandlung hieriiber vermutete, sofort ein Ronkurrenzstreit zwischen den Jesuiten und Franziskanern ent-

43. Or. a chiffriert doch b genau dechifrirt leschegete « folgt

nochmal Euch d die genaue Auflorung ware neskosir folgt bedienen

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stehcn wtirde, welcher bei der Vorliebe des Ronigs fiir die letzteren kaum in erwiinschter Weise ausgehen und die Jesuiten nur noch verhaBter machen wilrde. Die Sache wird sich yielleicht besser arrangieren lassen, wenn die Kai serin in Wien ist.

Relation an den Kaiser. Bedauern fiber den Fall von Neuzrin etc. Beratung mit Medina wegen des Hofstaates fiir die Infantin. Potting hat den Wunsch des Raisers nach mttglichster Beschrfinkung der Zahl des Hofstaates vorgebracht und Medina hat ihn billig gefunden. So wurde die beifolgende Liste aufgestellt (nicht vorbanden), die dem Ronig zur Begutachtung vor- liegt. Wegen Ernennung Albas, die doch das Wichtigste ist fur die Jornada, agitirt Potting fortwfthrend. Wegen der vor einiger Zeit erw&hnten Ge- schenke fiir die bisherigen Damen der Infantin hat Potting mit Neidhardt gesproohen und durch diesen die Ronigin selbst befragen lassen. So sind sie fibereingekommen, dafl der Aya (= Obersthofmeisterin) Marquesa de los Veles Rleinodien im Werte von wenigstens 4000 Scudos zu geben w&ren, der Duena Magdalena de Moncada (einer Schwester des Marques de Aitona), welche als Raramerfr&ulein gedient hat und nicht nach Wien mitgehen will, e ben falls Rleinodien von ein paar tausend Scudos, der Gr&fin Heril, welche als Viceaya dient, solche von 3000 Scudos, wenn sie n&mlich nicht mitgehen sollte, wie es heiflt. Die Azafata wfinscht eine Pension von einigen hundert Scudos fiir einen Verwandten. Die iibrigen ktfnnen nach Verhaitnis mit ,etwas von Silber' beschenkt werden. Es wird aber besser sein, diese Dinge in Deutschland zu kaufen, da sie bier teuer sind. Don Juan ist auf sein Priorat gegangen, sein Rommando ist ad interim dem Grafen Marchin fibergeben worden. In seinem Schreiben vom selben Datum an Portia berichtet Pitting ausfiihrlich fiber die Teilungsangelegenheit. Roxas habe ihm von alien Verhandlungen in dieser Frage Mitteilung gemacht. Potting bringt die Sprache auch auf die von Peilaranda getane Aufierung, worauf Roxas meint, auch Medina habe ihn darum gefragt und er geantwortet, es sei nicht ohne, dafl zu Regensburg da von gesprocheu worden, daG Osterreich und Frankreich sich einigen sollten fiber die Teilung der spanischen Monarchies es sei auch dies Ge- rede zu Ohren des Rurffirsten von Mainz und zu denen des Raisers gelangt; aber eine pure Unwahrheit sei, dafl der Raiser wirklich in dieser Sache verhandelt habe. Er (Roxas) habe darauf (von spanischer Seite) Befehl erhalten, eine schriftliche Relation fiber diese und alle anderen von ihm gefflhrten Verhandlungen einzugeben. Potting erklfirt, es sei ihm unange- nehm, dafl Roxas gesagt hat, die Sache sei dem Raiser zu Ohren gekommen, weil dies hier Verdacht erwecken konnte ; Potting fiirchtet, dafl Roxas aus Friedensliebe sich mit dem Mainzer weiter eingelassen hat, als der Raiser will und wfinschen kann, und hat Roxas geraten, in der einzugebenden Relation nicht zuzugeben, dafl die Sache dem Raiser zu Ohren gekom- men ist.

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2 N&ralich, dafi es ein Jesuit sei. Patting hat schon friiher und wieder im letzten eigenh. Schreiben vom 1 3. August berichtet, datf dieser Orden in Spanien viel zu verhafit sei, als da£ des Raisers Wunsch in dieser Hinsicht zu erreichen ware.

3 Groflinquisitor war seit 1643 Diego de Arce y Reinoso, Bischof von Tuy, Avila und Plasencia, welcher 17. September 1665 am selben Tage wie Ktfnig Philipp IV. starb.

4 Der bier erw&hnte Sohn des Konigs ist wohl der Biscbof Alfonso de Santo Thomas von Plasencia, aus der Liebschaft Philipp IV. mit einer Marquesa Mortara hervorgegangen. Eben damals, Juni 1664, erhielt er das Bistum Malaga, welches er bis zu seinem Tode 30. Juli 1692 be- hielt (Wurzbach VII. 124; Gams, Series episcop.). Ober seine damalige Stellung vgl. unten Petting, 22. Oktober 1664, eigenh., spfiter wurde er Lehrer des jungen Konigs. In Plasencia kann er nur ein Jahr, Juni 1668 bis Juni 1664, als Bischof regiert haben.

44.

Ebersdorf, i. Oktober 1664.

tfber den Brief Konig Philipps tvegen Schwarzenberg und iiber

den Abschlufl des tiirkischen Friedens. Potting kann auch wegen

des portugiesischen Friedens Anregung thun.

Ich habe Eure Relation von 27. August empfangen.1 Was nun das {Schwarzenbergische} Wesen anlangt, will der fernern Nachricht erwarten, allein habe ich Euch noch dies erindern wollen, dass {in dem bewussten Schreiben auch der Don Luis de Oianguren2 unterschrieben} gwesen. Sonsten bin ich Gott- lob wohl auf und thue Euch mit gnadigster Consolation zu wissen, dass die Friedenstractaten mit den Tttrken durch die Gnad Gotts in so weit gebracht worden, dass es noch nur an der Ratification erwindet, so ich aber stlindlich erwarte, und werde sodann von allem durch einen expressen Courier hinein parte geben.8 Inmittels kOnnt Ihr auch dem KOnig (neben Ein- reichung des mitkommenden Schreiben, worin auch diese Ma- teri berlihrt wird) alsbald parte geben.

Gott sei gedankt, ich hoffe, dies solle ein Werk sein, so unserm Haus sehr ntitzlich sein wird. Ich zweifle nit; er*

44. * 8C. Arquinto oder Aueriperg

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werde mala lingua hinwieder schreiben und absonderlich weilen Neuhausel hinten bleibt. Ma patientia, unsere Lander hatten es schier nimmer ausdauern kOnnen.4

Ach wie gern hOrte ich auch ein Zeitnng {von Frieden rait Portugal}; durch dieses wtirde unser Hausinteresse recht fest gesetzt. Non nocebit, si data bona occasione Ihr etwas davon tochiren [wlirdet], si vobis ita videbitur. Weilen in unsern Ziffern oft nomina principum et alia einkommen, also habe ich diese beiliegende Nota aufgesetzt, die Zeit zu ge- winnen* und die Worte zu sparen. 1st nur dabei zu merken, dass es alles mtissen majusculae [sein]. Causa est, weilen sein kunnte, dass man sich der kleinen Buchstaben in der Ziffer selbst bedienen mochte. Fallen Euch vielleicht noch etliche nothwendige Worte ein, so ktinnt Ihr mir selbe zuschicken und von DA anheben. Weilen auch ohne Zweifel der F'iirst von Portia Euch in alien diesen materiis ausflihrlich schreiben wird,6 also thue ich mich in allem darauf beziehen und ver- bleibe etc.

1 Potting, 27. August, eigenh. (Kaiser, 23. Juli.) Freude in Spanien tiber die Erfolge de Souches'. An ,fleifligster und mtiglichster Cultivirung* des P. Neidhardt lfifit es Potting nicht fehlen. Die Vermutung des Kaisers in Bezug auf jenes Verlangen La Fuentes (vgl. oben Nr. 39) 1st hochst wahrscheinlich. ,E. K. M. konnen nicht glauben, was vor eine schfidliche und unverantwortliche machinationes der von Auersperg allhier wider den Fttrsten von Portia machiniren tbuet; babe es alles von dem duque de Medina penetriret und ausflihrlich ihm Fiirsten berichtet.4

Relation. Gliickwuusch zum Siege bei St. Gotthard. Potting ar- beitet fortwfihrend daran, dafi die von Spanien versprochene Hilfe endlich einmal wirklich gestellt werde, besonders vom burgundischen Kreise, es erfolgen darauf aber nur sch6ne Worte. Ahulich geht es mit den Vorbe- reitungen ftir die Abreise der Infantin ; Alba ist noch immer nicht ernannt. Die deutschen Truppen aus Neapel, die mailandischen und neugewor- benen Schweizer Truppen sind angekommen, davon sind aber 400 Leute des Portia'schen Regimentes bei Cadix mit ihrem SchiiFe untergegangen. Da jenen Truppen etwas Ruhe gegonnt werden soil, so wird diesen Herbst von spanischer Seite wTohl nichts Erhebliches [gegen Portugal] vor- genommen werden. Don Antonio de Mexia, der als Botschafter nach Ve- nedig gehen sollte, wird nach England geschickt werden und an seiner Stelle Gaspar de la Cueva (ein Bruder Albuquerques) nach Venedig.

44. Or, winn

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In einem Schreiben an Portia vom selben Datum klagt Potting ge- reizt dariiber, dafl man ihn nicht von den zn Regensburg in der spani- schen Erbrechtsfrage gepflogenen Beratungen verst&ndigt habe. £r spricht die Befurchtung aus, dafl die auff&llige VerzSgerung der Vorbereitungen fiir die Abreise der Infantin nur eine Folge des bei den Spaniern durch die Nachricht fiber jenen Teilungsplan erregten Mititrauens sei.

Es scheint auch, dafl die iiber Angelati (= Cratzenbach, vgl. iiber ihn weiter unten S. 85, Anm. 1) jetzt verh&ngte Verfolgung damit zu- sammenhfingt. Dieser wird ohne des Kaisers (?, 27) besonderen Schutz schwer sicb zu halten vermogen. Seine Entfernung vom Hofe aber wfire fiir die kaiserlichen Interessen ein schwerer Schlag, schon wegen der yielen geheimen Nachricht en, die er liefert.

2 Don Luis de Oyanguren war damals Secretario (del Norte) del despacho universal, wohl schon seit langem, und geheimer Rat. 1655 findet sich seine Unterschrift in einem den Cortes vorgelegten Finanz- berichte (Boletin acad. XII. S. 47). Vgl. Puttings Relation vom 22. De- zember 1664. Er starb 8. September 1665, worauf ihm Blasco de Loyola folgte. Vgl. Petting, 10. September 1665.

3 Die Ratification des Friedens war am 27. September von Reniger dem Groflvezier ilbergeben worden. Die Urkunde ist abgedruckt u. a. bei Dumont C. U. VI. 3, 23 f. ; vgl. die Darstellung bei Angeli M. v., Der Friede von Vasvar, Mitt, des k. k. Kriegsarch. II. 1 ff., und Huber, Osterreichs diplomatische Beziehungen zur Pforte, Arch. f. oat. Gesch. LXXXII. 584 fF. Zusammenfassend ErdmannsdorfFer I. 373 376.

4 Dieser Grand wird besonders stark betont in der Denkschrift. ,ErheblicheUrsachenundMotiven, welchelhre Kayl. May. bewogen haben, den jetzigen Frieden mit der Ottomanischen Porten einzugehen' (St. A. Hisp.). Vgl. Huber, 1. c. 586 f.

5 Portia, 30. September. Man ist besturzt iiber den schlechten Ein- druck, den die Nachricht von jenem Vorschlage der Eventualteilung in Spanien gemacht hat, da man doch kaiserlicherseits sich gar nicht darauf eingelassen hat. Weil der Bischof von Strattburg (Franz Egon von Fiirsten- berg) und Boineburg (der damalige erste Minister des Kurfilrsten von Mainz) ,auch diese Grillen im Ropf gehabt . . ., so ist es unter die Leute kommen'. Uber Portias Gesundheit, den bevorstehenden AbschloO des turkischen Friedens. Die Verhaltnisse bei der Armee sind so schlecht, daJ3 man den Frieden ,quocumque modo* haben muflte. Cber Puttings Geldforderungen, die Notwendigkeit eines Friedens zwischen Spanien und Portugal, die Anfeindungen Portias durch den Kardinal Caraffa, der alles von seinem Bruder und dieser wieder von Auersperg erfahrt. Dank fiir Medina, dafl er sich Portias angenommen habe. Petting moge Chinchon besuchen.

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45.

Wien, 14. Oktober 1664.

tJber den tiirkischen Frieden. Ankundigung eines Kuriers wegen

der Heirat. Potting soil vor allem auf die Abreise dringen.

Der Kaiser geht der verwitiveten Kaiserin nach Nufidorf ent-

gegen. Potting soil Peiiaranda aUe Hoflichkeiten erweisen.

Euer Schreiben von 10. September habe ich zurecht er- halten und daraus dessen Inhalt mit mehrerm verstanden.1 Thue Euch hiemit gnadigst nit verhalten, wie die tlirkische Ratification erst diese abgeloffene Wochen einkommen, also dass mit Traducirung und Ruminirung derselben noch etliche Tag verbracht worden. Nunmehr aber schreibt man schon an einem Befehle sowohl in dieser als der Heiratsmateri, und soil der Curier wo nit vor diesem doch alsogleich darauf anlangen, bei welchem ich alles ausftihrlich schreiben werde. Vor allem aber {dringet nur auf die Abreis} der Infantin, dann sollte {mit dem Ktfnig ein Fall sein}, so wttrde alles gar schwer geschehen, dann des KOnigs in Frankreich* intentiones sein bekannt, so nur Gelegenheit suechet, unser Haus* zu ruiniren. Es wird aber, [so] Gott will, nit gelingen;* aber nur {mit der Infantin heraus}.

Ich bin Gottlob gar wohl auf und bin heut herein, Ihro Majestat die Kaiserin bis auf Nussdorf zu incontriren, und weilen morgen kein Zeit zum schreiben sein wird, also anti- cipire ich und verbleibe etc.

Wann Pefiaranda* allda anlangen wird,2 wird nit schaden, wann Pitting * ihme alle Cortesien erzeigen wird, um zu schauen, wie es mit Penaranda gespitztb ist.

1 Der cigenhandige Brief Pottings vom 10. September ist ganz in- haltslos. Im Kanzleischreiben verbreitet er sich Uber seine Bemilhungen uui Subsidien, die Laugsamkeit der Spanier bei den Vorbereitungen zur Abreise der Infantin und bittet um Befehle.

Ahnlich an Portia, wo er erwfihnt, daC die Absendung Chinchons nach Osterreich noch gar nicht sicher sei, Medina wtirde lieber den Herzog von Lerma schicken. t)ber die Toisons, Airoldos Sendung etc.

2 Dariiber findet sich in den Berichten vom 1 0. September nichts.

45. Or. * gelling b Dem Sinne iiach, ywasfur einege#pitzU Zunge P. hat1

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46,

Wien, 25. Oktober 1664.

(Durch Kurier.) Der turkische Friede ist hanptsacMich aus Rucksicht auf Spanien erfolgt, der Kaiser wird jedoch seine Truppen reduzieren mussen. Potting soil die Abreise der Infantin unausgesetzt fordern. Als Termin ist der April festzuhalten. Er hat sich besonders an die Konigin zu wenden, damit diese personlich die Minister ansporne. Er selbst soil neben Medina auch bei alien anderen Minister n, besonders bei Peflaranda drdngen und deren Antworten berichten. tJber die Vorbereitung zur Abreise der Infantin, ihren Hofstaat, das fur sie bestimmte Geschmeide (joyas), GeschenJce fiir ihren Hofstaat. Der Kaiser schreibt an die Infantin. Potting soil Neidhardt alles mitteilen und ihn bitten, mitzuhelfen, dafi die Konigin thue, trie oben erwahnt. Der Kaiser hat Ferdinand Harrach zum tJberhringer des Ge- schmeides ernannt und sendet zugleich Gerard von Schlofi, um die konigliche Famiiie zu portratieren. Es ist notwendig, dafi ein spanischer Gesandter an den Wiener Hof kommt und dafi Friede mit Portugal geschlossen wird. Rekapitulierung des Ganzen. Das Schreiben an die Konigin ist italienisch.

Hiemit kommt der schon ein Zeit hero vertrtfstete Curier, werde also Euch ausftthrlich schreiben, weilen ich nit gesichert bin, ut secretarii omnia bene capiant, and die Materien thuen es also erfordern. Et qui longus est, est etiam confusus, also besorge werde es mir auch gehen, dahero Ihr nit ad ordinem zu schauen, sondern nur dahin zu trachten, dass Ihr heraus- nehmet, quod ad rem facit, werde auch keine Ziffer ge- brauchen, weilen es durch eigenen Curier und also sicher gehet.

Die erste Materi dieses Curiers ist die Communication aller Umstanden des Friedens, wie aus der mitkommenden Ex- pedition zu ersehen, und [Ihr] auch von dem Portia vernehmen werdet.1 Habe nur dieses dabei Euch erindern wollen, dass Ihr sowohl dem Ktfnig als den ministris wohl repraesentirt und sie wohl capaces macht, dass ich diesen Frieden maxime et ex hoc solo respectu gemacht habe, weilen ich den statum selbiger monarchiae und folglich unsers ganzen Haus gesehen habe und

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dass ich freier sein kann, ihme in allwege zu assistiren, so Ihr auch Ihme also offeriren* konnt.*

Doch dabei mttsst Ihr in acht nehmen, dass mein Lftn- dern ohnmttglich fallt, dies onus l&nger zu tragen, dahero ich ehistens und noch vor dem Winter ein Reduction oder riforma werde mtissen fortgehen lassen.3 Ich beziehe mich aber auf die expeditiones.

Der zweite und zwar der Hauptpunct und der meiste stimulus dieses Courier ist die Sollicitirung und ohnausgesetzte Antreibung der Abreis meiner Gespons. Dann ex hoc pendent lex et prophetae.

Ihr werdet zwar ausfiihrlich sowohl aus der Expedition als aliunde verstehen, was Euch hierin committirt wird, ich habe aber Euch etliche nit wenige Erinderung thun wollen. ist zu scopo und Fundament zu setzen der terminus des Aprils, als welchen der K5nig durch sein Resolution selbst be- stimmt hat, dahero neben Danksagung bestttndig darauf zu in- haeriren und in geringsten nit davon zu weichen. Dann ob- wohl ich furchte, es werde moraliter nit mOglich sein, diese Reis auf den bestellten Termin zu effectuiren, so mtissen wir uns doch stellen, als wann wir's nit merketen, sondern nur in- stanter et importune auf dem Termin des Aprils bestehen. Die Ursachen und Motiven bertthre ich nit, dann selbe Euch besser als mir bekannt sein, was n&mlich vor Accidentien und casus sich ereignen kOnnen. halte ich auch pro maximo funda- mento, dass man dieses Werk durch die Konigin [wird] spun- tiren mtissen ; dahero ich mein, Ihr sollt Eur meiste Negotiation dort anstellen und nebst Uberreichung dieses beikommenden Paketls Ihro Majest&t alles ausfiihrlich repraesentiren und sie instfindig anrufen um ihre rechte Cooperation, und meine ich, Ihr sollt inst&ndigst suchen von der KOnigin zu erhalten, dass sie selbst personaliter etliche von geheimen Rftthen und mini- stris (welche sie selbst will) zu sich rufe und ihnen selbst wohl zuespreche, auch diese Beflirderung dieser Reis absonderlich recommendirte. Zu diesem Ende habe ich auch in gedachtem Paketl ein spanischen Brief an sie geschrieben, welchen sie denen ministris aufzeigen solle, und meine ich wohl, es mllsste ein gueten Effect haben, wann Ihro Majest&t die Ktfnigin ihnen

46. Or. » offerirdt

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mit dergleichen Worten zusprechen k6nnte: „Mein duque, conde etc. Es schreibt mir mein Bruder der Kaiser und treibt gar inst&ndig die wirkliche Abreis meiner Tochter, wie Ihr selbst aus diesem Schreiben sehen ktfnnt. Dahero ersuche ich Euch, Ihr wollt die Jornada auf das eifrigste beftirdern und wirklich effectuiren helfen. Ich werde es allzeit mit absonder- licher* Gnad gegen die erkennen, so diese Reis acceleriren helfen", et his similia.

Ich mein, dies werde ein gwaltigenb Vorschub zur Sache thun, weilen sie doch viel von der K&nigin zu hoffen oder zu fiirchten haben, dahero Ihr das meiste auf dies zu treiben habt.

Ihro Majestat dem Ktfnig schreibe ich auch hiebei und wollt auch nebst aller dienlichen Repraesentirung auch bei derselben dies Werk instandigst treiben.

habt Ihr gar wohl gethan, dass Ihr mit dem duque Medina ein so guete Correspondenz haltet, also werdet Ihr auch dieses Werk ihm caldissime recommendiren. Ich mein aber, sei ganz nothwendig, dass Ihr auch alien den anderen geheimen Rathen und ministris dieses Werk recommendirt;c dann si hoc nuntiat, thun sie wegen dieser Praeterition sich piquiren und vielleicht thun sie ex proposito remoras et difficultates in dies Werk eintreiben.d

Daher mein ich, Ihr solltet Euch von diesem durch niemand abwendig lassen machen. Ich meine auch, abson- derlich sollet Ihr es dem Pefieranda recommendiren, dann ob- wohlen ich besorge, er habe nit die beste intentiones in hoc negotio, so muss man noch auch, wie man sagt, dem Teufel ein Kerzen anziinden und auf das wenigste schauen, ne noceat. Solltet® Ihr auch meinen, der Inquisidor general, des Konigs Beichtvater und Sohn et Obispo de Malaga, beede Dominicaner,4 kunnten hiezu auch cooperiren,f so wollt Ihr selbe auch um Cooperation ansuchen, ut omnia media tentemus.

Was Ihr auch von gedachten ministris vor ein Antwort bekommt, das wollt Ihr alles ausflihrlich anhero,* auch fast die formalia anzeigen so sie gegen Euch gemeldt haben, ut ipso- rum intentio cognoscatur.

46. Or. * absonderlich b gwaldtn c reccomendim d eintreien

ungicher * folgt kOnnten * unsicher

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meine ich solltet Ihr auf das dringen, dass alle praeven- tiones auf einmal bestellt werden.

Dann wann heut der weltliche conduttor benannt, tiber drei Monat die Galeeren armirt, sodann erst die Hofstatt be- stellt [wird], so gehen Tag und Jahr weg, ehe man sich um- sieht ; daher Ihr dahin zn trachten habt, dass alle praeventiones coniunctim vorgenommen werden soil en.

Hiebei kflnnt Ihr repraesentiren, dass ich auch praeven- tiones machen mttsste; wann nun solche mit deme, dass ich mich auf den praefigirten terminum verliefie, sollten zuriickegehen, so wllrde Zeit, spesa und alles verloren werden! Wegen der Praeventionen wollt Ihr auch allzeit fleiCig berichten, was daran gemacht worden und ob etwas oder nix gemacht worden.

Was nun die Bestellung der Hofstatt vor die Infantin anlangt, mein ich es solle bei dem Aufsatzl bleiben, welchen ihr sub dato 14. Augusti, so mir recht ist, eingeschickt habt,6 allein wiirde ich nit ungern haben, wann noch ein Alte k&me, das [ist] also: die camarera mayor, ein guarda mayor und ein dona o dama de honor.6 Bei diesem Punkt habe ich nur dieses erindern wollen, dass Ihr dahin wohl schaut, dass was die senoras und damas anlangt, es alle von gueten Hftusern und wie sie sagen de sangrea limpia sein, dann sonsten wttrde es mit unserm heraufiigen Frau'nzimmer allweil Anstoss haben, wieb Euch leicht selbst wird kOnnen bekannt sein.

meine ich wohl werde die Schickung der joyas merk- lich diese Reis beffcrdern. Habe also resolvirt, sobald dieser Curier zurlickkommt und ein realem, non moralem certitudinem der Infantin Abreis mitbringen wird, solche alsbald hineinzu- schicken, so sich vielleicht gegen dem neuen Jahr begeben mtfchte.

Allein wollte ich, dass Ihr Euch wohl erkundigt und in- formirt, wie es mit der Schickung der joyas zu meiner Frau Muetter sel. gehalten worden, wie solche geschehen, was fur gwesen, ob es die Hauskleinoten oder andere gwest?, si Haus- kleinoten, wie solche und um wie viel abgelOst und verschrieben worden?, ob man nit beschreiben kOnnte, wie die Kleinoten ausgesehen et his similia, dann ich hier ganz nix davon fin den kann. Diese Sachen mttssen durch alte Leut erfahren werden,

46. Or. unsicher b wie Ihr Euch

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mir fallen ein die Dona Menzia, der Romero und Aviles,7 der Konigin Secretari. KOnnt Ihr andere* erfragen, so damals bei Hof gwest, fragt sie, derm ich muss es wissen, mich darnach zu richten, weillen ich ganz nix davon weifl.

Was die eingerathne Regalen vor die aya, viceaya und Kammerfrauen der Infantin anlangt, sollen solche sodann auch folgen. Und weilen Ihr mir sub fine Iunii, si bene memini, geschrieben, dass der duque Medina meine, ich solle die an- gefangene Correspondenz mit der Infantin continuiren,8 also habe ich es thuen wollen und kommt hiebei ein Schreiben mit in complimentis, und dass mich erfreue, dass ein Zeit ihrer Abreis bestimmet sei. Wollet also den duque nochmals urn Rath fragen und sodann, si ille approbet, Ihr Majten den KOnig und Ktfnigin um Licenz bitten, selbes der Infantin zu tiberreichen, auch auf Erhaltung derselben wirklich vollziehen und gemeldts Schreiben cum solitis curialibus et expressionibus einliefern. sollt Ihr dieses alles dem Pater Neidhardt fuse et confidenter communiciren, auch hierin seiner Cooperation am meisten brauchen, auch sammt ihme eifrigst dahin collimiren, ut scopus quo citius, eo melius obtineatur,b und doch auf dies drin- gen, dass die Konigin obbemeldtermaCen etliche ministros zu sich ruefe und ihnen selbst zuesprech, wie obgemeldt ist, dann hie- von ich mein meiste Hoffhung habe. Und weilen ich wohl ge- sichert bin, dass Ihr alles dies aufs eifrigist werdt Euch lassen angelegen sein, als beziehe mich aufs dies, so sowohl aus der Kanzlei als von Ftirsten von Portia Euch geschrieben wird.9

Bis allhero habe diesen Brief zu Ebersdorf geschrieben, es ist aber ohngeft.hr vor drei Tagen c so ein tibles Wetter ein- gefallen, dass ich mich herein in die Stadt begeben mttessen. Thue also Euch zufolg des vorigen gnadigst nit bergen, dass ich schon resolvirt den Cavaglier, so die joya[s] hineinbringen sollen, n£mliehen den Grafen Ferdinand von Harrach doch ohne einzige Ceremoni nur als ein inviato oder envoy^, wie die Franzosen sagen.

Die causae dieser Election sein sein Haus, respectu des Cardinals 10 et caeterorum consanguineorum, dass er darin schon bekannt, allda ein dama de palacio geheirat,

46. Or. * ander b obitinatur c ohngefahr vor drei Tagen ateht

am Rande.

Pontes. II. AM. Bd. LVI. 6

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von gueten Mitteln, auch der Sprach kundig ist; hoffe also nit geirret [zu] haben.11

Mit ihm bin ich willens, auch meinen Kammerdiener den Gerard van Schloss zu schicken, so des KOnigs Vasall, von Briissel gebtirtig und ein gueter Maler ist.

Zur Prob seiner Malerei* schicke ich Euch durch meinen Oberststallmeister lsr mein Conterfect, so dieser mein Kammer- diener gmacht und bin ihm fast nix gesessen, sondern hat es nur also della testa gmacht; versichere Euch aber gwiss, dass es mir absonderlich wohl gleichen thuet und als ich noch nie kein so gleichendes gesehen habe. Hoffe also, er werde sodann auch allda die Gnad haben, alle selbige kSnigliche Personenb und vorderist die pretiosissimam Margaritam abzumalen, dies- wegen ich Euch es in antecessum hiemit zu wissen hab machen wollen.

Uber dies muss ich wohl bekennen, dass ich vor sehr nothwendig halte, dass ehistens ein spanischer Botschafter an meinem Hofe wfir; dies nit so viel wegen der Negotien, als welche ohnedies ein gueten Lauf haben, allein wegen der aemuli, so meinen,c wir sein nit wohl unirt, weilen nit das sig- num exterius da ist; als wollet Ihr auf alle Weis darob [sein] und dahin sollicitiren und treiben, dass doch dermaleins ein Botschafter an mein Hofe geschickt werde, sit quisquis velit, ein jeder wird guet sein, wann nur einer da ist. Dann jezo weil Arquinto13 abgefordert wird, bleibt kein einziger spanischer Minister zur Stell als der armseliged Baron contator sive der Diego de Prado, so einmal gar schwach in Glauben ist. Diese ist mein wahre Intention und dahero schaut, dass sie ehistens erreicht werde.

Noch eins war wohl guet; wann die Herrn Spanier das portugesische Wesen per unam aut aliamf viam kSnnten zu Enden bringen; causas nullas attingo, vobis enim absque hoc notissimae sunt, doch wollte ich sehn, ob nit etwas kfmnte ge- richt werden. Peneranda wird zu diesem gwiss cooperiren, hoc certe scio. Sonsten bin ich Gottlob gar wohl und sein Ihr Majest&t die Eaiserin den 15. dies gllicklich allhier angelangt.

46. Or. a unaicher b seblie k($n. Person c mein d armbselbie

1 die f alia

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Zu Beschluss thue ich nur recapituliren, dass Ihr bei der K<5nigin antreibt, ut ipsa vocet ad se ministros und dass sie ihnen* zuspreche, dass Ihr auch mit alien ministris selbst hand- let, dass Ihr alles und jedes ausflihrlich dem P. Neidhardt com- municirt, als deme ich nur gar kurz et me remittendo ad vos schreibe, dass Ihr letzlich omnia humana et possibilia media tentirt, diese Reis zu befordern und ich verbleibe etc.

P. S. Habe Euch nur so viel noch erindern wollen, dass ich dasjenige Schreiben, so die KSnigin den ministris aufweisen sollen und in ihrem Couvertb liegt, nit spanisch sondern italienisch geschrieben habe et hoc ex duabus causis weil ich nit per- fect spanisch kann, weilen ich allzeit dem Ktfnig selbst in lingua italica schreiben thue.

1 Das Kanzleireskript ist vom 24. Oktober, handelt fast uur von der Infantin Reise. Gleichzeitig erhielt Potting kaiserliche Handbriefe an die spanischen geheimen Rate und den GroBinquisitor, die er nach Gut- diinken abgeben oder zuriickbehalten sollte. Uber die beigelegte Denk- schrift wegen des ttirkischen Friedens vgl. die Anm. 4 zum Brief e vom 1. Oktober 1664. Portias Brief ist vom 26. Oktober. Dieser sagt ttber den Frieden nichts Bedeutendes, beriihrt aber auch vieles andere, den Abmarsch der fremden Truppen, die Unzufriedenheit der Ungarn, die teil- weise Entlassung der kaiser lichen Truppen, die dann ,unweigerlich' von Spanien ubernommen werden sollen etc.

2 Diesel be Ursache wird auch in dem Kanzleireskripte angegeben. Portia (26. Okt.) erw&hnt dabei auch die Riicksichten auf die jdissegni* Frankreichs und unterschiedlicher Reichsstfinde. Die Franzosen haben ,sehr sch&dliche maximas* unter den Ungarn ausgesftet. Er selbst (Portia) hatte zwar gem Neuhausel zuriickgewonnen, aber ,die Betrachtung der gemeinen Noth und Gefahr Europae und des Hauses Osterreich, so von Frankreich ohnfehlbarlich einen Straufi ehistens ausstehen muss', hat ihn doch zur , all gemeinen Opinion' bekehrt, dai3 Friede gemacht werden miisse. Potting moge darauf dringen, dafi die Spanier abgedankte kaiser- liche Regimenter ,unweigerlich* iibernehmen, obwohl der Dienst in Spanien wegen der schlechten Vorsorge sehr verhaBt ist.

3 Diese Truppen sollten eben Spanien iiberlassen werden. Vgl. vorige Anm. Vgl. auch Leopold 4. Marz 1665 weiter unten.

4 Beichtvater war Fray Juan Martinez (vgl. Potting, 30. Sept. 1671), Bischof von Malaga einer der unehelichen Sonne Philipp IV., Don Alfonso de Santo Tomas (La Fuente XVII. 383, Anm. 1, und oben, Nr. 44, Anm. 4).

46. Or. * ihn b copert

6*

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5 In Wahrheit vom 13. August. Vgl. oben den kaiserlichen Brief vom 1 7 . September.

6 Im Kanzleireskript heifit es, daJ3 in der Liste nur eine ,duefia de honor1 vorkomme und daB der Kaiser dagegen zwei solche wiinsche.

7 Dofia Menzia ist wobl die Gemahlin des Don Luis Ponce de Leon (vgl. weiter unten), Gouverneurs von Mailand. Ein Mateo Romero wird im M6m. hist. esp. XIV. 283, Anm., genannt. Er war damals (circa 1640) Hof kapellmeister und wurde allgemein ,el Maestro Cap i tan' genannt.

8 Pottings Bericht hieriiber ist vom 2. Juli, vgl. oben Schreiben des Kaisers vom 6. August und die Anmerkung dazu.

9 Darttber findet sich in den betreffenden Schreiben nichts Wichtiges.

10 Ernst Albrecht Graf Harrach, aus der alteren Linie des Ge- schlechtes, geb. 1598, gest. 25. Oktober 1667, schon 1625 Erzbischof von Prag, 1626 Kardinal, 1637 Botschafter in Rom, 1648 von den Schweden in Prag gefangen genommen, 1665 Fiirstbischof von Trient. Er war ein Mann von grofiem Ansehen und aufierordentlicher Mildtatig- keit. Wurzbach VII. 373.

11 Graf Ferdinand Harrach war spfiter wiederholt Gesandter in Spanien; nach Wurzbach VII. 374 war 1665 auch Graf Franz Albrecht Harrach in Spanien.

12 Fiirst Gundaker Dietrichstein.

13 Graf Karl Arquinto; war insbesondere gelegentlich des Reichs- tages zu Regensburg tatig gewesen. Vgl. Urk. u. Akten XI. 207, 217, 221. Priorato, 1. c. 272.

47.

Wien, 2g. Oktober 1664.

Uber den Brief Konig Philipps ivegen Schwarzenberg. Keise

der Infantin. Uber die Einfuhrung der Konigin in die Geschdfle.

Der Kaiser bringt die Armee in guten Stand.

Aus Eurem Schreiben von 24. September habe ich ersehen, was Ihr vonwegen des La Fuente* und Schwarzenberg * von {Angelati}1 penetrirt habt. Ich habe mir es wohl vorhin ein- gebildt, dass es {nur Auerspergs* Practiquen sind}, dann Auersperg* machts nit anders.2

Was der Infantin Herausreis BeffJrderung [anlangt], habe ich Euch durch den jlingst expedirten Curier Tyrol so viel

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geschrieben, class ich nichts beizusetzen habe, sondern remittir mich bloB auf gedachte Expedition,8 so gwiss lang genug ist. Ich habe auch gesehn, was Petting* dem Portia* geschrieben hat, dass n&mlich Potting* {meinet, die K5nigin* solle sich recht urn die Negotien annehmen}4 dahero der Kaiser* {heut der KSnigin* schreiben thuet, sie * solle es thuen und mit Euch guete Confidenz haben}, wollet also ex professo {bei der Kftnigin* Au- dienz haben} und wohl remonstriren, was an diesen Werk ge- legen, wie Euch der Ftirst von Portia mit mehrerm schreiben wird,6 wohin ich mich beziehe, allein dies melde, dass Neid- hardt* {auch nit zu praeteriren}.

Sonsten befinde ich mich wohl auf und bin in Werk mein Militien in ein gueten Model zu bringen.

Verbleibe ubrigens etc.

1 Don Christobal Angelati, deutsch Cratzenbach, ein Deutschcr von Geburt, hatte lange in Flandern gedient und sich in Spanien voll- kommen eingelebt. Er war Don Luis de Haros Sekretar, behielt aber nach d ess en Tode seinen ganzen Einflutf, da er als unentbebrlich gait. Er set2te die fUr den Konig bestimmten Schriftstiicke Medinas auf, war je- doch, vod den Franzosen gewonnen, in sehr gutem Einverstfindnis mit Embrun und empfing eine j&brliche Pension von 1000 Dukaten (Mignet, Ne*goc. I. 73, 89, 124 u. s. w.). Dabei wutfte er sich jedoch auch am kaiserlichen Hofe in Gunst zu erhalten, so dafi er trotz der heftigen Rlagen, die Potting gegen ihn erhob, den Titel eines kaiserlichen Agenten erhielt (Leopold, 27. M&rz 1669, Pscr.). Das Verhfiltnis zwischen ihm und Pot- ting mufi anfanglich ein viel besseres gewesen sein, wie eine Stelle in des letzteren Relation an Portia vom 27. August 1664 zeigt.

2 Es handelt sich um jenen Brief des spanischen Konigs, den der spanische Gesandte La Fuente bei seiner Anwesenbeit in Wien im Jahre 1662/63 ubergeben hatte, in dem um Entlassung Schwarzenbergs gebeten wurde. Vgl. oben den Brief vom 23. Juli 1664, Nr. 39 und Anm. Im eigenh. Schreiben vom 24. September berichtet Potting: ,. . . und ist nit ohne, dass der La Fuente dergleichen konigliche Schreiben E. M. zu Ubergeben in Befehl gehabt hat, welches aber motivo der anhero ge- tbanen, ausfuhrlichen Relation des von Auersperg und auf erfolgte con- sulta des Duque de Medina an den Konig geschehen ist. Nachdeme er aber seithero des von Auersperg tible intentiones, Privatpassion und eigenes Interesse sowohl in dieser als anderen Materien versptiret, so hat man diesem negotio amotionis Schwarzenberg ex aula Vestrae Maiestatis nicht weiters insistiren, sondern es also ferner beruhen lassen wollen, in Meinung7 es seie so weit nicht iibel, dass er Auersperg seine mortificationes

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an dem von Schwarzenberg haben moge, sogar seind nunmehro seine Finezen kundbar.'

3 Beziebt sicb auf den vorigen Brief vom 24. Oktober und die gleicbzeitigen Kanzleiscbreiben etc.

4 Potting an Portia, 24. September. Dies ist jedoch, wie auch Pot- ting erw&hnt, nur eine weitere Ausftihrung des von Portia selbst im Brief e an Potting vom 20. August ausgesprocbenen Gedankens.

5 Portia, 30. Oktober. Der wicbtigste Gedanke, welcher aucb schon in einem friiheren Briefe ausgesprocben erscbeint, ist der, dafl die KSnigin sicb nicbt mebr gegen alle Minister gleicb erzeigen durfe, sondern die- jenigen, die ibr treu ergeben sind, aucb bevorzugen und ganz an sich fesseln miisse, ,indeme sicb eine Herrscbaft gewisslicben irret, wann sie vermeinet, alle die ibrige gleicbzubalten, dagegen von einem extraordinarie wobl bedienet zu werden ; sondern es lasset es ein jeder sodann auch bei einem gleicben verbleiben*.

48.

Wien, 12. November 1664.

Der Gesundheitszustand des Konigs Philipp ist bedngstigend, daher mufi man umsomehr auf die Abreise der Infantin dringen und sehen, dafi die Konigin sich der Regierung annimmt. Hier ist GremonviUe angekommen, die beiden Kriegsdirektoren werden bald abreisen; sie sind sehr devot. Nochmals Abreise der Infantin; einige spanische Minister scheinen Schelme zu sein.

Ich habe Euer Schreiben von 8. Octobris zurecht erhalten und daraus gesehn, mit was Fleifi und wie ausfiihrlich Ihr mir den statum {salutis des Ktfnigs}, so Ihr von {ein medico de camara verstanden}, habt beschreiben wollen.1 Und kann ich wohl mit Wahrheit sagen, dass ich allzeit {zittere}, wann {Schreiben aus Spanien kommen}.

Wir mttssen halt Gott bitten, ut {regem conservet} et omne malum avertat. Weilen es aber also beschaffen, also muess der Kaiser * et suo nomine Patting * continue et impor- tune opportune insistiren,* urgiren und sollicitiren, {ut iter infan- tae* promoveatur et effectuetur}. Und dies zu erlangen solltb Ihr alien FleiC anwenden und alles dies continuiren, was ich per cursorem proprium sub 24. Octobris geschrieben habe, absonder-

48. Or. » instiren b soldten

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lich, dass die KSnigin* dahin gebracht werde, {dass sie sich urn die negotia selbst} annehme, dann sonsten wird es flirwahr* kein Guet thuen, absonderlich {wann ein Fall geschahe cum rege;* muess also Patting* principaliter dahin trachten} und {per Neidhardt* auch negotiiren}, ut {regina* se applicet negotiis}. Sonsten halt sich aniezo ein franzBsischer Envoy^ allhier auf, Chevalier de Gremonville genannt, so meistens nur in cnrialibus allhero geschickt worden et quod puto esseb finem principalem {vor ein Spion}.2 Es wird aber sowohl in dieser als andern Materien der Fiirst von Portia Euch mehrers schreiben, wohin ich mich beziehen thue.s Sonsten befinde ich mich Gottlob gar wohl auf und die directores als Miinster und Durlach richten sich von hier abzureisen,4 sein beede gar devot, auf das wenigste erzeigen sich sie also, corda solus scrutatur deus; vor {Miinster} wollte ich wohl guet sein.

Letztlichen habe ich Euch nochmals gnadigst anbefehlen [wollen], dass Ihr doch dringen sollet auf die Abreis meiner Gespons der Infantin, dann es schier gar zu langsam hergeht, und seid nur ein wenig importun, dann es kann nit anderst sein.

Und {scheint schier, als wann theils der spanischen mi- nistrorum Schelme waren und es mit unserem Hause* nit recht meineten}. Hiemit etc.

1 Potting, eigenh., 8. Oktober. Der betreffende Arzt hat gesagt, der Konig konne nicht mehr lang leben, denn obwobl er nur 60 Jahre zfihle, konnte man ibn fttr 90 halten. Rechtsseitig sei er gel&hmt (vgl. darttber z. B. die Relation des Giacomo Quirini bei Barozzi et Berchet II. 305), dann babe er sebr geffihrliche Hamorrboiden, feraer leide er an Urinverhaltung und allgemeiner Schwftche, so daB keine Verricbtung ohne auCere Hilfe moglich sei etc. Dabei widmet er gegen den Srztlicben Rat t&glich einige Stunden den Staatsgescbfiften und wird da nocb durch die Trostlosigkeit der Verbaltnisse geistig gedrttckt. Bei den Audienzen, die er den Botschaftern gibt, spricht er nur mehr wenig etc. Oberhaupt, so urteilt Po'tting, scheint er fast nur mehr durch ein Wunder erhalten zu werden, ,dann obzwar die hiesigen medici in speculativa vortrefflich sein, so ist doch die PraxiB ganz nit gleichformig, haben auch praeter univer- salia et simplicia sonsten ganz keine sonderbare medicamenta oder cor- roborantia also wie in Deutschland, dass man also in zustehenden Krank-

48. Or. ft fUrwas b eins?

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he i ten sich allhier meistens auf das vortreffliche Temperament des Lufts vertrauen muss*.

2 Gr6monville, Jacques Brethel de; hatte lange Zeit Kriegs- dienste geleistet; seit 1664 franzdsischer Botschafter in Wien; seine Be- nch te sind eine der wichtigsten Quellen der Zeit; ffir ihre bedingte Glaub- wiirdigkeit vgl. Pribram, Lisola, S. 315, Anra. 1. Leopold hatte nicht Unrecht in der Annahme, daC Gre'monville spionieren wolle ; er stand bald im Mittelpunkte aller Konspirationen gegen den Kaiser.

3 Portia, 12. November. Die Auxiliartruppen sind im Abmarsche begriffen. Am besten benehmen sicb die Franzosen. Gr6monville hat einst- weilen Privataudienz erhalten, da seine Forderungen wegen der offent- lichen nicht durclylrangen. Man ist fibereingekommen, dafi La Fuente in Paris die einzelnen Bedingungen daffir verhandeln solle. Gr£monville fiberbrachte die Antwort auf die Notifikation fiber den Sieg bei St. Gott- hard und die Fahnen, die die Franzosen erbeutet und an ihren Herrscher geschickt batten. Dann schreibt Portia fiber seinen Vetter, den Grafen Portia, und die deutschen Truppen ffir Spanien, fiber die Heiratsverhand- lungen des Erzherzogs Sigmund, die Beschleunigung der Reise der Infantin und Absendung eines spanischen Gesandten nach Wien.

4 Es sind das die Reichskriegsratsdirektoren ffir den tfirkisehen Krieg. Vgl. oben den Brief vom 3. September 1664.

49.

Wien, 26. November 1664.

tfber die Unruhen in Madrid und die Abreise der Infantin. Mehrere dortige Minister scheinen Sclielme zu sein. Der Kaiser la fit sich nicht foppen. Hier sterben vide; iiber den Tod Niclas

Zrinyis.

Ich habe Euer Schreiben von 22. Octobris zurecht erhalten,1 und hat mich nit wenig betrlibt die Insolenz des Povels, dass sie so efrontes gwest und den KSnig also in publico angeredt und angestarrt haben ; die Pasquinaten sein so scandalos als es sein kann, und glaube ich nicht, so lang Castilla Castilla, dass dergleichen gemacht worden. Es heiCt zwar: a furore populi libera nos Domine, allein die Ursach : Warum machen die Herrn Spanier so oft devalvationes der Mttnz? wer ist daran schuldig? und glaube ich gwiss, so lang Castrillo* {leben wird}; es nit anders zuegehen wird. Und weilen es solche Discordien gibt,

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so kann es auch nit anders sein, allein quid reraediiV A Deo solo id sperandum, interim patientia.

Wann nur einmal meiner* Gredl Reis effective und nit in concepto stabilirt ^iirde! Ich kann nix mehr thun als treiben. Dies thuet auch incessanter und nit an ein Ort allein, sondern iiberall, dann ich ftirchte, wir werden uns einmal betrogen finden et tunc sero medicina parabitur. Dann ich ftirchte, es gebeb {unter den spanischen ministris Schelmen}, die es nit recht mit unserem Haus* meinen.

Tempus sero omnia apperiet, interim sollicitirt nur ohne Unterlass und expedirt den Courier nur bald wieder, aber mit einer reali, non morali certitudine der Abreis, dann wahrlich ich lasse mich in die Lange von den Herrn Spaniern nit foppen, und will nit Jacob sein, so um die Rachel 14 Jahr hat Geduld haben mlissen, wollet also sin fine antreiben und sollicitiren tiberall.

Von hier gibt es wenig Neu's, als dass viel Bekannte sterben, und sein dies Jahr allein von denen mehr vertrauten Kammerherrn zwfllf gestorben, aber vor allem ist dies Ungliick zu bedauern, das Ungliick, so den gueten Graf Niclas von Zrin betroffen, indem selber sein Leben so elend hat miissen be- schlieCen, wie Ihr zweifelsohne anderwertshero werdt verstehen.2 Basta dass ihn ein Schwein urns Leben gebracht, ihn dem so viel Ttirken nixc gethan, der niemals nit ein einzige Wunde bekommen obwohl allzeit dabei gwest. Estos son los vaivenes dela vida humana, y assi hemos de viver siempre por poder morir cada hora. Ich will mich in dieser traurigen Materi langer nit aufhalten. Alia non dubito Portia* in suis an Euch.3 Verbleibe etc.

1 Potting, eigenh., 22. Oktober (in Beantwortung dee kaiserlichen Briefes vom 17. Sept.): ,. . . und hat die jiingste Unruhe des Pofels wegen Abschlagung der kupfernen Miinz und daraus entstandener Unordnung (Spanien erkl&rte nfimlich 1664 Bankerott, indem ein konigl. Edikt vom 14. Oktober den Wert der versilberten Kupfermiinzen auf die H&lfte herab- setzte. Auch eine Reihe anderer drtickender Maflregeln war erfolgt. Vgl. z. B. die Zusammenstellung bei WeiB, Esp. depuis Phil. II., II. 192/93.) den KSnig merklich affligirt, indem er bekennt, dass in der ganzen Zeit seiner Regierung ihme nichts dergleichen zugestossen seie, und ist in

49. Or. * mein b geben c nit

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Wahrheit das atrevimiento, I. M. also offentlich anzuschreien, sehr nacli- denklich gewesen, wie ingleichen auch, dass sie (der Konig) dieser Tagen nicht getraut, zu denen descalzos auszufahren ob tantum concursum po- puli in area palatii, schftndliche Pasquillen, so an das palatium geschrieben gewesen: nSi el rey no muere, murira el reyno", item „Levanta te, Se- villa, te seguira Castilla", u. dgl. m.

,Andertentbeils aber ist einmal das governo in derlei Contrariet&t and Missverstand begriffen, dass nothwendig derlei gef&hrliche effectus hieraus entstehen mtissen, inderae acbt ganzer Tag kein Stiick Brot in die Stadt hereinkommen ist, dahero sich billich zu verwundern, dass nicht noch ein weit mehrere Confusion daraus entstanden; dahero dann mein hSchstes Verlangen auf dieser Welt einig und allein dahin gestellet ist, I. M. die Kaiserin augenblicklich, so es moglich wfire, aus diesen unruhi- gen Landen abreisen zu sehen. £. K. M. comprehendiren mit Dero er- leuchtetster Vernunft, wie hoch und vieles daran gelegen seie, die Unruhe des portugiesischen Wesens sive medio compositionis pacis vel armistitii ehistens beiseitszulegen, und eben dieser Meinung seind nebst meiner alle hiesige, wiewohl wenig, treue vasalles. Wie das medium hierinnen zu er- greifen, scheinet iiberaus schwer, dann primo der Konig hievon alienissi- mus et vix non obstinatus ist, und vermag hierinnen bei ihme fast kein Minister das Wenigste. Der inquisitor generalis ist ein alter, erlebter Mann, der sich nicht in das geringste ingeriret, es seie ihme dann zuvor aufgetragen. Des Ktfnigs Sohn aber, der Dominicaner, ist weder beim Konig [noch] auch jemand anderem nichts geacht, nee est ullius qualitatis in materia politica, ist stets auf seinem Bisthum zu Palencia* etc. Vgl. hieriiber oben Nr. 44. Die Relation an den Kaiser bringt nichts Wesent- liches hinzu (zu erw&hnen wfire nur die Abreise des Pater Rojas mit guter Expedition).

Einiges davon wird in der Relation (sine dato) an Portia ausftthr- licher dargestellt, so der Zuruf der Volksmenge, welcbe auch ausdriicklich die Bestrafung zweier Minister, des Conde de Castrillo und Juan de Gon- gora, forderte. Die Demonstration erfolgte jiingstverwichnen Sonntag' (19. Oktober) ,bei offentlichem Hin- und Widergang zu Hof in die Ca- pillar Potting konnte sich nicht en thai ten, dem Konig unter ausdrttck- lichcr Verwahrung dagegen, sich etwa in die Regierung einmischen zu wollen, Vorstellungen dariiber zu machen, daJ3 man der Hungersnot kr&ftig entgegentreten milsse. Gefahrlicher Stand des ganzen Reicbes. Es ist des- halb notig, daB der Kaiser Frieden mit den Tiirken macht, da die Fran- zosen sonst, wenn sich hier irgend ein Fall ereignet, hier ganz freie Hand haben, zu tun, was sie wollen.

Den Angelati will der Herzog (Medina?) vom Hofe wegbringen und ihm einen Dienst in Sevilla verschaffen. Wahrscheinlich fdrchtet er, An- gelati konnte bei der bevorstehenden Ankunft Caracenas an diesem, der

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der groBte Feind des Herzogs ist, eiue Stiitze finden. Rojas ist vor drci Tagen mit vielen Instructionen etc. abgereist. Potting hat inn gebeten, ale Augenzeuge fiber den traurigen Stand der Dinge dem Kaiser zu berichten.

Der bier erwtthnte Don Garcia de Avellaneda y Haro, Graf von Castrillo, gehorte damals zu den bedeutendsten Staatsinannern Spaniens. Ursprtinglich Jurist, batte er sicb dann dem Militarberufe zugewendet und mit Auszeichnung gedient. 1653 1659 war er Vicekonig von Neapel. Nacb Spanien zurftckgekehrt, wurde er President des Rates von Italien, Januar 1662 President von Castilien und legte diese Stelleim Mfirz 1668 nieder (Rel. des diff. arr. 48). Er starb 1670. Mit Medina war er in frilheren Zeiten befreundet, aber seit lftngerer Zeit tSdlich verfeindet. Vgl. die Anna, fiber Medina und das Urteil des venezianischen Gesandten Zorzi (Rel. di Spagna, Barozzi etBerchet II. 341, wo irrig Castiglia steht): Esperienza ammirabile, indefesso.

Don Juan de Gongora, ein Verwandter des Dichters, warMayor- domo und Vertrauter des Don Luis de Haro gewesen und von diesem zum Finanzminister gemacht worden (Pres. de hacienda, Rel. d'Esp. 36/37). Mitte 1663 wurde er von dieser Stelle abgesetzt (Potting, 1. Aug. 1663).

% Der Tod des Grafen Niklas Zrinyi erfolgte auf einer Eberjagd am 18. November 1664. Seine Jagdgef&hrten fanden ihn tot auf. Natiirlich sprach man sofort von einem Morde.

3 Portia schreibt ddo. 26. November 1664, der Tod Zrinyis sei ein schreckliches Unglttck. ,Ich empfinde, Gott weiss es, den Verlust in dem innersten Theil meiner Seele und er ist grosser far I. K. M. Dienst und der ganzen Christenheit, als man etwa vermeint.'

50.

Wien, io. Dezember 1664.

Die Briefe aus Spanien sind ausgeblieben. Es ist zu besorgen, dafi Medina es nicht ehrlich meint, da gar keine Vorbereitungen fur die Reise gemacht tverden. Lisola wird in Privatangelegen- heiten nach Spanien Jcommen, aber in allem von Potting abhdngen. Verhandlungen mit den ungarisclien Magnaten. Bitte urn Ver- leihung des Vlieses an Leslie.

Diese Ordinarii sein wir alle ohne spanische Brief, weilen die Ordinarii ausgeblieben. Der Langenberg von Brtissel schreibt, er habe die Post gar ein Weil aufgehalten, allein habe er weiter nit warten kOnnen. Sein also in groCen Sorgen und wissen nit, wo die Brief hinkommen, und warte ich von ein

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Tag zura andern mit solchem Verlangen, als die Juden ihres Messias erwardt haben. Wann aber nur der Ktfnig wohlauf und ich einmal ein Gwissheit von meiner Gespons Abreis be- komme, so ist schon alles guet, dann sat cito, si sat bene. Und weilen mir nur allweil meiner Braut Reis in Kopf liegt und ich sehe, dass so gar noch keine praeventiones gemacht werden, so habe ich Euch* meine Gedanken erOffnen wollen ; {und suspicirt der Kaiser* nit ohne Ursach, dass Medina* nit redlich handle, dann weilen der Konig* dies ganze Negotium auf Medina* appogirt, und so gar kein Praevention gemacht wird, so besorgt der Kaiser* nit ohne Ursach, es miiesse was dahinter stecken}. Dieses ist aber mein pur lauterer Einfall und {sospetto}, wird aber gleichwohl nit schaden, dass Ihr darauf acht habet und doch schauet, diese Sach und {moram} ex fundamento zu penetriren. Dann gwiss latet anguis in herba et nimia cautelab non nocet. Wollt auch in allem guete Ver- standnus mit Peiieranda* halten, dann ich mein, er werde po- tens in proelio sein. Sonsten wird dieser Tagen der Lisola1 von hier ab und wegen seiner privatorum in Spanien. Die Person ist Euch ohnedies wohl bekannt, wie dass er ein gueter Diener unsres Haus ist. Deme werde ich Brief an Euch mit[geben], er wird auch meo nomine {so wohl in polonicis als anderen gar wichtigen und unserem Haus* gar ntitzlichen Negotien} einige Information, Erinderung und Proposition ablegen. Habe aber ihm befohlen alles cum vestro praescitu zu thuen und in allem von Euch zu dependiren. Er wird aber noch hart vor ein Monat ein etliche [Tag] hineinkommen kflnnen wegen des Wet- ters, so ich Euch nur in antecessum erindern wollen. Sonsten omnes bene valemus et cum praecipuis Ungarorum altercando hie tempus consumimus.2 Hiemit verbleibe etc.

P. S. Das Letzte habe ich vergessen. Der Lessli3 hat mich gebeten, ich wollte ihn wegen des Tusons recommendiren, so ich ihm nit abschlagen ktfnnen, auch ein eigenhandiges P. S. gemacht.4 Valeat quantum valere potest, sapienti pauca; doch kann ihm senza mio gran impegno geholfen werden, bene qui- dem. Diese c ganze Sach' aber sub rosa.

50. Or. * ein b cauterla c (Us

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1 Lisola, Franz Paul Freiherr von, geb. 1613 zu Saline in der Franche Comt6, kam 1638 an den Hof des Kaisers, gewann die GSnner- schaft Trauttmannsdorffs und wurde 1639 nach England geschickt. Von da an war er bis zu seinem Tode (19. Dezember 1674) der gef&hrlichste Feind Frankreicbs auf dem Gebiete der Diplomatie. 1641 1645 war er wieder in England, 1648—1651 in Polen, 1651—1654 als Vertreter des spanischen Botschafters in Wien, Castel Rodrigo, im ElsaB, von 1655 1664 an den Hofen Schwedens, Polens, Brandenburgs, 1665 1666 in Spanien, von 1666 an wieder in England, im Haag, Briissel und Kftln. Von den vielen politischen Flugschriften, die er ver<5ffentlichte, ist der ,Bouclier d'etat et de justice* 1667 die bekannteste (gegen die Ansprticbe Frankreichs auf die spanischen Niederlande). Vgl. Pribram, Lisola, Leip- zig 1894.

2 Das bezieht sicb auf die fur Ende November 1664 nach Wien zusammenberufene Versammlung der vornehmsten ungarischen Adeligen und Geistlichen, welcbe den Zweck hatte, Ungarn mit dem Vasvarer Frieden und dessen Bedingungen zu versohnen, was aber nicbt gelang.

3 Walter Graf von Leslie, geb. 1606, trat unter Ferdinand II. in kaiserliche Dienste und war als Oberstwachtmeister an Wallensteins Ermordung beteiligt; er wurde Reichsgraf, beiratete eine Dietrichstein, wurde Feldmarschall, geheimer Rat, Oberst der windischen Grenze und starb 5. Mfirz 1667. Nach dem Vasvarer Frieden sollte er die Gesandt- schaft nach Konstantinopel iibernehmen , verlangte jedoch hierfiir das goldene Vlies und brach erst nach dessen Erhalt auf, 15. Mai 1665 (Wolf, Lobkowitz 134 flf). Eine Beschreibung dieser Reise (von P. Taferner) er- schien 1672 in Wien. Seinen geheimen Bericht iibcr den Zustand des turkischen Reiches veroffentlichte Adam Wolf im Archiv f. Kunde 8st. Geschichtsquellen XX, 320 331.

4 Namlich in dem Rekommandationsschreiben an den Konig von Spanien.

51.

Wien, 12. Dezember 1664. Kreditiv fur Lisola.

Weilen Bringer dieses, mein Hofkammerrath, Baron de Lisola, sich in Spanien begibt wegen etlicher seiner Particular- afFairen,1 also habe vor guet erachtet, durch ihne ein und die andere Information an selbigen kSniglich hispanischen Hofe abzulegen.

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Habe ihm aber befohlen, in allem von Euch zu depen- diren; habe also Euch hiemit gnadigst befehlen wollen, dass Ihr allem deme, so er Ench tiberbringen wird, nit allein vOlligen Glauben geben, sondern ihm Lisola auch also an die Hand stehen und assistiren sollet, als wie mein gn&digstes Vertrauen zu Euch gestellt ist [und] meines gesammten Erzhaus Diensten [und] Wohlfahrt erfordern thuet. Und weilen er lang auf der Reis bleiben wird, also will mich nit l&nger aufhalten, sondern beziehe mich auf ihn de Lisola und verbleibe etc.

1 Vgl. dariiber Pribram, Lisola 262 ff. Cfber ,Particularaffairen* ist bisher nichts bekannt. Hat Lisola solche tiberhaupt gehabt, was ja an sich nicht unwahrscheinlich ist, so waren sie in diesem Falle sicherlich nur der Vorwand zu dieser Sendung, die vielmehr dadurch veranlafit wurde, daB Pitting nicht imstande war, die ihm aufgetragene Aufgabe durch- zufiihren.

52.

Wien, 24. Dezember 1664?

Die Post ist in Unordnung, Ein Komet ist erschienen. Gluck-

ivunsch zum neuen Jahr. Potting moge Medina anspornen, die

Reise der Infantin zu beschleunigen.

Eure Relation von 6. Novembris1 ist zwar zurecht, aber um etlich Tage zu spat eingeloffen, dahero ich erst jezo schreibe; undb diese Wochen geht es eben also zue, dann die Post h&tt schon vorgestern ankommen sollen, also hatte ichc heut geant- wort, weilen es aber erstd iibermorgen einlaufen wird, so kann ich nit antworten als von heut liber vierzehn Tagen. Ich meine, es seie nur das schlimme Wetter daran Ursach. Sonsten sein wir alle wohlauf, und ganz nix Neues, als dasse den 20. ein Komet gesehen worden, Deus mala avertat omina.2

Hiemit wtinsche ich Euch gltickselige Feiertag und ein guetes neues Jahr und verbleibe etc.

[P. Scr.] Treibt Medina, * dass doch einmal ein Ende mit der Infantin* Abreis gemacht werde, dann hinc salus nostra.

52. Or. * Irrtumlich unlet' dem 24. September eingestellt b nach und folgt im Or. ist c zweifelhaft d er ° dann

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1 Po'tting, eigenh., 5. November (Raiser, 1. October 1664). Uber den AbscbluB ties Friedens mit den Tiirken. Die Nachricht ist hier ganz unerwartet gekommen, aber mit groBer Freude aufgenommen worden. Cber die vom Kaiser ttberschickten Siegel fiir die Chiffern. Peflaranda wird am 20. November bier ankommen. Potting hat mit Medina wegen der Abreise der kaiserlichen Braut gesprochen.

Relation 5. November, an den Kaiser. Grofle Freude bei Hofe fiber den AbschluB des Friedens mit den Tiirken. Potting bat ein Feuer- werk abbrennen lassen. Jetzt ist die Besorgnis wegen der ,nicht genugsam sicberen Subsistenz* der Infantin in Osterreich wfihrend des Krieges be- seitigt und das wird boffentlich die Vorbereitungen fiir ibre Abreise be- scbleunigen. Der Graf de la Trinita (?) ist als savoyiscber Gesandter vor der Stadt und verlangt die Bebandlung als embajador de capilla. Die neulicb gemeldeten Unruben in Madrid wegen der Miinzfinderung und der daraus en ts tan den en Hungersnot sind ziemlich gestillt. Auf Befebl des Kdnigs mufite Castrillo (als Presidente de Castilla) selbst in die una- liegenden Ortscbaften fahren, um Lebensmittel herbeizuscbaffen. Eine Klage bleibt freilich nocb, n&mlich daJ3 trotz des ,merklicben Abschlags der Miinz; der Wert aller Sacben nicbt allein nicbt auch proportionaliter reducirt, sondern vielmehrs gesteigert und also der arme Mann zu doppel- tem Scbaden gebracbt worden'.

Castel Rodrigo hat alle Streitfragen in Besancon (Stadt und Parla- ment, Kapitel und Biscbof) zu allseitiger Befriedigung beigelegt. Pefla- randa kann jeden Tag ankommen. Der neue papstlicbc Nuntius und Erzbischof von Ephesus Visconti ist schon eingetroffen und wird nfichsten Montag seine erste Audienz haben, worauf der bisherige Nuntius Bonelli abreisen wird.

Relation an Portia vom selben Datum. Uber den FriedensschluB. Mit Medina hat er eine lange Sitzung gehabt und dieser hat fest versichert, dafi zu dem angesetzten Termin die Abreise erfolgen werde. Freude ttber Portias gute Gesundheit unter Erw&hnung der Ausstreuungen seiner Feinde. Rojas hat sich nicht hierher [zuriickjbegeben, sondern ist an dem Orte, wo ihm das Ungliick geschehen ist, geblieben und hofft bald wieder hergestellt zu sein. tJber den savoy ischen Gesandten. Gegen Chinchon (der sich Uber ihn beklagt hat) hat Potting immer alle gehorige Artigkeit beobacbtet, aber er ist mit Medina verfeindet und dies wird die Ursache seiner Mifistimmung gegen Potting sein.

2 Das Erscheinen dieses Kometen gab Anlafi zu allgemeiner Angst; vgl. die ausffthrliche Schilderung im Th. Eur. IX. 1477 ff.

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53.

Wien, f.Januar 1665.

Die Post ist wieder in Ordnung. Da/S fur die Abreise der In- fantin nichts geschieht, ist schlimm; ob aber mit grofierer Scharfe etwas zu erreichen ware, ist fraglich. tJber die Krankheit der Konigin konnte man vielleicht von den Doktoren eine Beschrei- bung erhalten, damit man die hiesigen befragen konnte. Peflarandas Unhoflichkeit. Dessen Stellung und Aussichten. Auerspergs Aus- streuungen fiber Lisolas Sendung. Rekommandationen fiir das goldene Vlies, doch moge man in Spanien tun, was bdiebt. Uber den Kometen.

Vor diesmal habe ich zwei Eur Schreiben zu beantworten, eins von 21. Novembris, das zweite von 4. Decembris1 und ist die Post wieder in ihren rechten Lauf kommen, also dass die schlimme Weg und Wetter nur selbe muessen verhindert haben. Nun habe ich aus beden Euren Schreiben verstanden, in was Stand das Negotium der Abreis meiner Gespons versire zeit- hero mein Courier darinnen angelangt, und wie wenig, ja fast gar nichts hierinnen gehandlet worden. Ich weifi ja einmal nix mehr zu thun als continue* zu sollicitiren, so Ihr gar wohl thuet. Dass Patting* meinet, der Kaiser* soil {mit einer Scharfe mit den Spaniern procediren}, ist zwar nit ohne und ktfnnte vielleicht was wirken. Es k(5nnte wohl aber auch die Suppen gar versalzen. Doch kann es noch allzeit suo tempore ge- schehen, absonderlich wann Pitting* dem Kaiser* an die Hand geben wird, wie solches zu effectuiren ware. Aber [auf] ein als dem andern Wege 2 sollicitirt, urgirt, treibt nit allein in ge- nere; sondern auch in specie, dass doch einmals die praeven- tiones zu dieser Jornada gemacht und angefangen werden. Dann wo kein Anfang ist, ist auch kein Ende zu hoffen. Dass die Ktfnigin an der Jaquecab so leiden thuet,3 ist mir wohl leid zu vernehmen gwest. Wann nur selbe doctores keine buffalli waren, so kOnnten noch wohl remedia gefunden werden. Ist mir also eingefallen, ob man sie nit ktfnnte perschwadiren, dass sie den statum morbi et patientis beschrieben und heraus- schickten, dass allhiesige medici, so ja einmal auch keine

53. Or. a contine b chaquexa

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Narren sein, kSnnten dariiber vernommen werden. Wollet also Eures Ort so viel mflglich cooperiren, dass man bei Zeiten vorkommen und remediren thue. Dass Peneranda* mit Euch {so unhtfflich procedirt},4 habe ich wohl ungern vernommen und flirchte ich nur, es komme alles her von Leuten, [die] nit gem wollten, dass alles guet gehe, dass sie dahero allerlei tricas machen wollten, und flirchte wohl auch, er werde nit beste intentiones haben. Diesen alien ungeacht meine ich; PQtting* solle so viel mOglich dissimuliren und mit Peneranda * nur guete Confidenz zeigen, noch in geringsten sich eins widrigen merken lassen. Dann ich meine gwiss, Peneranda* werde ans Brett kommen und ttber alle spuntiren. Iezo, wie Ihr selbst dem Portia* schreibt, coniungirt er sich mit Castrillo*; der ist {gar alt}. Stirbt Castrillo,* so ist bei mir ohne Zweifl, stantibus rebus ut stant, dass Peneranda* praevaliren und Medina* suc- cumbiren werde, so ich zwar nit gern hatte, kann aber gleich- wohl alles geschehen. Kommt Peneranda* ins governo, und stehn wir nit wohl mit ihme, so ist alles umsonst. Dies habe ich nur also bertihren wollen, und werdt Ihr schon dasjenige thun, so Ihr zu mein Dienst nutzlich sein erachtet, wie ich dann gwiss mein grflBte Confidenz in diesen negotiis zu Euch habe. Uber dies habe ich auch (doch in hohen Vertrauen) Euch ein Schelmenstilck (dann ich kann es einmals nit anders taufen) von Auersperg* entdecken wollen. Ihr werdt Euch noch wohl erindern, dass ich, si non erro sub dato 11° Dec.,6 jtingsthin Euch geschrieben, dass {der Lisola} hineinreist in suis privatis und dass hac occasione eins und das andre nego- tium per ilium pro informatione werde angebracht werden; er werde aber in allem und allem von Euch* dependiren. Dies hat Auersperg* verdrossen, weilen er certis de causis um diese Abreis nix gwusst, und suchte dahero per novas* ac multas vias Euch* in sospetto zu bringen, dass die Reise nur dahin angesehen, als wann ich* mit Euch* nit zufrieden war und hatte dahero den {Lisola} dahin geschickt. Ich weift, dass Ihr dies nit glauben wirdt, dann Pdtting* ist meiner* Gewogenheit gesichert; ich habe es aber gleichwohl schreiben wollen, damit Ihr mein gnadigste Intention und Wohlmeinung verspttren kQnnt; dann {Lisola} in allem auf Euch* allein sein Obacht haben

53. Or. zweifelhafl Pontes. II. Abt. Bd. LVI.

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wird; aber dies alles ist nur ein cabala des Auersperg,* durch welche er guete Freund in einander hetzen will. Es wird aber ihm nit angehen. Ich habe auch Each gn&digst nit verhalten, dass wieder unterschiedliche recommandationes wegen des Tho- sons hineinkommen werden. Ich kann die Lent nit disgustiren ; haben theils per un chi per un altro verso mir guete Dienst geleist, dahero ich ihnen ja einmal nit aus Hand gehe; allein wollte ich, dass Ihr den KOnig und die ministros sotto mano capace macht, ich thue es ob importunitatem, und sollen sie gleichwohl thun, was Ihnen beliebe; ich erkenne die Inconve- nienz der groCen Anzahl der Thosonen, so herauBen sein, gleich- wohl aber konn* ihnen die recommandationes nit wohl ab- schlagen. Sie sollen gleichwohl thun, was ihnen gefilllig ist. Ich meine aber auch, dass [Ihr] denen Supplicanten, wann sie Euch schreiben, nit groCe Hoffhung machen, noch Ihnen An- lass geben sollet, dass sie mich noch mehr importuniren. Ihr werdet aber deme schon recht zu thun [wissen], basta ch* io mi sbrigi di costoro et che S. M. cattolica et gli ministri non mi tengano per matto a concedere soventeb tante recomman- dazioni.

Sonsten sein wir alle wohlauf. Der Komet, von welchem ich Euch schon vor 14 Tagen geschrieben,6 continuirt noch, und habe ich selben den 4. dies selbst observirt und gefunden, quod vertat caudam ad orientem et tunc inerit in victu balenae. Gott wende alles Ubel von uns. Aber revera die Kometen be- deuten selten was Guets. Pro fine thue ich Euch nochmal re- commendiren die Beschleunigung der Reis per omnes vias et media possibilia und verbleibe etc.

1 Die Konzepte zu dem ersten der beiden Schreiben sind vom 19. November (in der Abschrift des eigenh. stent irrttimlich 29. Nov.) und beziehen sich auf die kaiserlichen Schreiben vom 25. Oktober. Er hat sogleich mit Neidhardt beraten und dann Audienz bei der K6- nigin genommen, gestern auch beim Konig. Er gestebt aber, dafi auch eine kategorische schriftliche Erklftrung von Seiten der Spanier noch immer keine Sicherheit geben werde, ja es ist hochst unwahrscheinlich, daB der Apriltermin werde eingehalten werden konnen. Die Spanier werden nicht anders zu bessern sein, ,als wann I. K.M. sich einiger schfir- feren und klareren Resolution gebrauchen thaten, dann sie sonsten in

53* Or, k5n b unsicher

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dieser klaren Opinion onverrttckt verharren, dass E. E. M. mit hiesiger Monarchie Interesse so stark und unverriickt verbunden wissen, dass sie auch durch kein Mittel einiges ungleichen Tractaments sich hievon dimo- viren lassen kdnnen. Da man ihnen nun das contrarium bezeugen wtirde, versichere ich £. K. M. alleruntertha'nigist, dass sie andere Saiten auf- ziehen mSchten.'

Pefiaranda ist freilich der Abreise ungtinstig gesinnt. Wegen der zu ubersendenden Schmuckgegenst&nde (joyas) wird er bei Velasco and Romero (vgl. Leopold 25. Okt. 1664) nachfragen. Den Brief des Kai- sers an die Infantin hat er mit Erlaubnis der Konigin tibergeben. Medina meint, der Raiser solle damit fortfahren, auch wenn er keine Antwort er- hielte. Zuletzt Dank fur das kaiserliche Bild.

Eigenh. Schreiben vom 4. Dezember. In Bezug auf die Abreise der Infantin erhalt er nur leere Versprechungen. Pefiaranda hat Pottings Hoflichkeit sehr unhoflich aufgenommen.

2 Bezieht sich wahrscheinlich auf die Konigin einerseits, anderer- seits auf die verschiedenen Minister, bei denen Pitting Yorstellungen machen soil.

3 Dariiber berichtet Pitting in dem Kanzleischreiben vom 4. De- zember an den Kaiser und an Portia (dieses vom 5. Dez.). In letzterem erwahnt er (Ende des Schreibens), daC die Doktoren eine Kur vornehmen mftchten, die Kdnigin aber dazu nicht geneigt sei, ,bei welchem aber das meiste zu bedauern, dass sowohl hiesige medici in praxi als auch die Apo- theker mit denen sonst anderwerts haufigen medicamentis dahier so schlecht versehen, dass in denen vorfallenden Zust&nden sie gar ein schlechtes remedium vorzunehmen wissen, dahero ich allererst meine ge- habte Vorsichtigkeit in Mitmirfiihrung eines deutschen medici und Apo- thekers des to mehrers approbiren thue/

4 Pdtting eigenh. 4. Dezember, ausfiihrlicher im Kanzleischreiben an den Kaiser: Bei der vor wenigen Tagen (21. Nov., vgl. Diarium) er- folgten Ankunft PeQarandas lieB Pitting ihn ,mit gewohnlicher Compli- mentirung beneventiren und empfangen* und wollte ihm, obwohl er diese Artigkeit nicht erwiderte, bald darauf die gebrfiuchliche Visite machen. Pefiaranda lieC sich aber mit Geschaften entschuldigen, empfing ihn nicht und beschied ihn dann etliche Tage darauf unter ,ausdriicklicher Benen- nung des Tags und der Stund4 zu sich ,eben zu der Zeit, da I. M. ich in der Capilla habe bedienen sollen'.

5 In Wirklichkeit vom 12. Dezember 1664.

6 Vgl. oben Nr. 52 und daselbst Anm. 2.

7*

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54.

Wien, 21. Januar 1665.

Die spanische Resolution wegen der Abreise ist schlecht. Medina scheint es auch nicht gut zu meinen. Potting soil gegenuber Pefiaranda so viel wie moglich dissimulieren und hatte ihm und anderen Ministern die Jcaiserlichen Schreiben dock ubergeben sollen. Die Ausstreuungen uber die verwitwete Kaiserin. Wenn die Konigin den Ministern noch nicht zugesprochen hat, so moge Potting sie dazu drangen. Wiener Nachrichten.

Der Courier ist Erchtags den 13. allhier angelangt und hat mir Euer Schreiben von 22. Decembris sammt alien zuge- hOrigen despaccis zurecht tiberbracht.1 Nun muss ich wohl bekennen, dass ich verhofft hatte, die Herrn Spanier sollen ein besser Resolution auf so erheblich vorgebracht Motiven haben folgen lassen. Aber es zeigt sich; was ich allzeit besorgt, dass {die ministri} es nit recht meinen, und glaube ich wohl, dass Peneranda* ein grofie Ursach dieser mora seie, ich* kann mir aber keinswegs den sospetto aus dem Sinn schlagen, dass Me- dina* ebenso wenig guete [Intentionen habe], sondern es mache als wie der Aff, so mit Katzenpratzen die Kasten aus dem Feuer herauskratzt hat, ma patientia, ad remedia. Ich* bin in Werk, dies Werk a capite zu ttberlegen und ein rechte Reso- lution zu fassen, also dass in wenig Tagen diesem Schreiben ein Courier folgen wird, allda ich alles ausfiihrlich Euch be- fehlen werde.b Intanto besorge ich, die Scharfe wtlrde leicht so viel schaden als ntitzen, und vielleicht sein etliche lose Spanier, so auf nix warten als ein Occasion zu haben alles liber und Uber zu werfen. Eins muss ich wohl bekennen, dass ich gern hatte, dass Ihr* mit Peneranda* so viel miiglich dissimulirt, und war wohl guete geschehen, wann mein Schreiben ihme Peneranda* war eingehandigt worden, desgleichen auchc den {anderen ministris}, dann dies kann nit schaden, wohl aber viel nutzen.2 Was anlangt, dass die verwitibte Kaiserin* nit soil bei meiner Gemahlin* und mir* sein,8 kann ich mir wohl ein- bilden, woher die Maquinen kommen und ist La Fuente* nit

54. Or. in b wirdt ° auf

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wenig davon schuldig, weilen er ziemlich domestico mit der Kaiserin* gwest. Aber die b5se Zungen machen gleich ex musca elephantum, dahero ist dieses auch kommen und sein dies nur lauter Praetext, wann sie so kein rechten Lust haben, mir* die Infantin** zu schicken.

Es wird aber, so Gott will, noch [sich] besser schicken, wann der K5nigb {nur lftnger lebete}. WeiC also pro nunc ein- mal nix anders zu befehlen, als dass Ihr noch sine intermis- sione dringen und treiben sollet, die praeventiones alle zu Execution zu bringen und alles dasjenige zu exequiren, so ich Euch sowohl eigenh&ndig als per viam cancellariae befohlen habe. Ich kann auch aus Eurem Schreiben nit sehen, ob die Ktfnigin denen ministris auf MaB und Weis zugesprochen, als ich es verlangt habe, und habe auch selbe gebeten, mir eines jeden Erklftrung in specie zu schreiben. Ist das nit geschehen, so treibt, ut fiat, und in summa faciamus omnia, quae possibilia sunt ac in bono deo confidamus.

Wir sonsten sein alle wohlauf, und gibt es iezo stattliche Schlittenbahn, und bin ich schon zweimal gefahren. Heut fahren auch die damas herum, werden den Vorwitz wohl btifien, dann es grimmig kalt ist. Der Komet wird noch fast t&glich ge- sehen, und meinen viel astronomi, dass zwei subsequentes sein; andere meinen, es seie einer. Si duo, est rarum; si unus, ist auch viel, dann er schon fast ein zwei Wochen gew&hrt hfttte.4

Von der regina madre in Frankreich sagt man, sie solle in Todesgefahr sein, dann den Krebs hat.5 Verbleibe etc.

1 Potting, eigenh. 22. Dezember 1664, iibersendet die konigliche Resolution auf sein Ansucben und klagt, datf er trotz aller Mfihe die Sache nicht vorwftrts bringen kann. ,Es lasset sich aber dieser Leut (der Minister) Malignitfit, mit welicber sie sogar ihren selbsteigenen Konig zu hintergehen kein Bedenken tragen, nunmehr mit nicbts anderm, als einer von E. K. M. bezeigenden mehreren Resolution (?) corrigiren, dessen E. K. M. icb bei meiner treusebuldigsten Pflicht nicbt allein versichere, son- dern es seind I. M. die Konigin und der Pater Neidhardt einer gleich- m&fiigen Meinung.* Unter den Mittgiinstigen ist Pefiaranda das Haupt.

54. Or. * Lust haben AE d. AE zu schicken. Das d kann die und dem bedeuten, darnach mufite das erste oder zweite AE in AF ge&ndert werden b AC irrtiimUch statt AB

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Man muJ3 beizeiten abhelfen, denn wenn der Kdnig stirbt, was jeden Au- genblick zu besorgen ist, so kann die ganze Sacbe in die Brucbe gehen. Es ist ihm jedoch gelungen, eine Antwort der Infantin auf das kaiserliche Scbreiben zu erbalten. Wegeu der joyas* konnte er keine Erkundigung einziehen, da die Donna Lenor de Yelasco und Romero (?, oder Povar?) krank sind. Es wird ,sottomano', obwohl man es noch nicht offen gesagt bat, behauptet, die Infantin werde nicht frfiber abreisen, als bis die Kaiserin-Witwe aus Wien weg sei (wohl wegen Rangstreitigkeiten). Schliefilich klagt PStting, daC er yon der kaiserlichen Kammer gar kein Geld erhalte und nicbt mebr imstande sei, weiter zu bestehen.

Leonore Velasco, die hier erwfihnt wird, war eine Hofdame der Konigin, eine Schwester des Grafen von Siguela, die vom Kdnig die Ein- ktinfte einer ihrem Bruder gehorigen Commanderie des Calatravaordens erbalten haben soil, so dafl sie auf ibren Gemabl fibergehen sollte. (Rel. d'Esp. 49.) Uber Romero vgl. Nr. 46, Anm. 7.

Der Marques Povar ist Don Pedro Antonio de Aragon, jfingerer Sohn des Enrique de Aragon y Cordova, Herzogs von Segorbe und Car- dona, Kapit&n der deutschen Garde 1640, Gouverneur des Erbprinzen Baltbasar, der 1646 starb; er wurde verdachtigt, indirekt den Tod dieses Prinzen berbeigeftihrt zu baben, verbannt; erlangte jedoch die Gunst Philipp IV. wieder. 1666 wurde er als Nachfolger seines Bruders Don Pascual (Kardinal von Aragon) Vizekonig von Neapel, dann (1671) Ge- sandter in Rom. Er starb 1690. Januar 1670 war er seinem filtesten Bruder Luis Ramon in dessen WUrden nacbgefolgt.

2 Potting bericbtet namlich im Kanzleischreiben an den Kaiser vom 5. Dezember, dafi er bis dahin die kaiserlichen Scbreiben nur bei Medina und Oyanguren flbergeben habe, und z&hlt sodann die Ur- sachen auf, aus welchen es bei den ubrigen noch nicht geschehen konnte: Castrillo hat als ,Praeses Castillae* keine Verbindung mit den Botschaftern, daher hat er (Potting) die Konigin gebeten, den Brief durch P. Neidhardt iibergeben zu lassen. Alba und Mortara haben Blattern im Hause, Velada ist schon lange krank, der Grofiinquisitor hat ihm gegen- iiber gar keine Hoflichkeit gezeigt und sie haben noch nie mit einander verkehrt. PeSaranda war geradezu unhoflich gegen ihn. Die Schwierig- keit bei Castrillo war die, dafi der Prasident des Rates von Kastilien keine Besuche machte und beim Empfang in seiner Wohnung niemandem die rechte Hand oder den Vortritt zugestand. Daher empfing er Besuche stets im Bett, womit sich jedoch nur der englische und hollandische Ge- sandte begniigten. Vgl. Voy. d'Esp. (1667) 282 u. a.

Uber Alba vgl. Nr. 36, Anm. 1, fiber den GroBinquisitor Nr. 43. Der hier genannte Mortara ist Don Francisco de Orozco, II. Marques de M. und III. Marques de Olias, Staatsrat seit 1659, Vizekonig von Ka-

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talonien, 1668 Vizekfmig yon Mailand, wo er schon 20. Dezetnber 1668 etarb.

Don Antonio Sancho Davila, III. Marques de Velada, war Ge- neral der Kavailerie von Flandern, Gouverneur von Mailand, zuletzt Prfi- sident des Rates von Flandern und Staatsrat (Mignet, I. 373). Aus seiner Ebe mit der Tochter des VIII. Marques Astorga hatte er drei Sonne, 1. den sp&teren IV. Marques Antonio, der gewohnlich San Roman oder Astorga genannt wurde, 2. Bernardino Marques Salinas, der diese Wurde durch eine Heirat mit einer Velasco erhalten haben muC und 1668 Kapit&n der spanischen Leibgarde war (vgl. die Anm. zum Briefe vom 21. Nov. 1668) und 3. Fernando. Der alte Marques Velada starb 15. August 1666. Mem. hist. esp. XV. 85, XIX. 385, 457. Vgl. Potting 27. August 1666 und das Urteil Leopolds fiber ihn 27. September 1666.

3 Vgl. Potting, eigenh., 22. Dezember gegen Ende.

4 Cber die Zweifel der Gelehrten vgl. Theatr. Europ. IX. 1487 f. Der Komet wurde auch auBerhalb Europas gesehen.

5 Die Konigin-Witwe Anna ,von Osterreich*, die Mutter Lud- wig XIV., war eine Schwester Konig Philipp IV., geb. 1602, gestorben 20. Januar 1666.

55.

Wien, 4. Februar 1665.

Potting soil nachforschen, ob nicht Embrun gegen die Abreise der Infantin intriguiert. Festlichkeiten bei Hofe.

Weilen Euer Schreiben von 18. alter als der Courier ist, als habe ich nix darauf zu antworten, auch in publicis nit viel zu schreiben, weilen der Courier, von welchem ich jiingstn gemeldt, nunmehr also in plena expeditione, also dass [er] in gar wenig Tag ohnfehlbar von hier despachirt werden wird. Dies allein habe ich Euch wollen zu wissen thun,* ob nit rathsam und guet wftr, dass Potting* zu penetriren suchete, ob nit der fran- zosische Gesandte* nomine regis Galliae* bei dem KSnig* und ministris {heimliche Practiquen spiele der Infantin b Reis zu verhindern} und was er* sonsten {vor colpi} sottomano ver- richtet. Sonsten haben wir allhier den Fasching lustig ange- fangen, erstlich un opera musicale gehalten, welche ich Euch

&&. Or. *folgt wollen b AB statt AE

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hiebei schicke, hernach am Samstag sein wir in Schlitten ge- fahren in mascara, und alle siebzehn (so viel sein wir gwest) sein wie die Schweizer gekleidt gwest, grtin und Silber. Sein in allem mit den Dienern zu Ross und FuC wohl auf 130 Personen kommen, und hat gar ein guete comparsa gmacht. Weilen Ihr aber ohne Zweifl von andern werdt mehre particulari haben, also ende ich und verbleibe etc.

1 Eigenh. Scbreiben vom 18. Dezember, Kanzleiscbreiben vom 19. Inhaltslos.

56.

Wien, 1 8. Februar 1665.*

(Dwell Kurier.) Tod Portias. Der Kaiser will keinen Premier mehr ernennen. Verteilwng der obersten Hofchargen. Potting soil auf Ausfuhrung der Vorkehrungen fur die Abreise der In- fantin dringen und die Konigin dambringen, die Minister be- sonders anzuspornen. Auch soil er selbst alle Minister urn Forderung bitten, besonders Pefiaranda und soli dariiber durch diesen Kurier berichten. Zu grope Schdrfe konnte jedoch nur schaden. Er soil alles Neidhardt mitteilen und die Konigin bewegen, sich der Geschafte anzunehmen. Langsamkeit der Post.

Hoffeste.

Der schon vor geraumer Zeit vertrOstete Courier kommt dermaleins mit diesem meinem Schreiben. Causa huius morae sat tragica fuit, indeme gleich als ich diesen Courier habe ex- pediren wollen, der Ftirst von Portia erkrankt und also iibel mit ihm worden, dass er endlich gestern um 9 Uhr Vormittag seliglich verschieden ist. Wie mir bei diesen Fall um das Herz, ktinnt Ihr leicht Euch einbilden, dann ich ihn allzeit sehr ge- liebt und vor ein gar treuen, aufrichtigen ministro erkennt habe. Ma patientia, omnes sumus mortales.

Wie ich aber jezo meine negotia recht bestellen werde, bin ich noch nit v&lig resolvirt. Euch zur Nachricht aber

56. Or. » Datum irrtiimlich 1664 daher audi dort eingebunden.

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muess ich etliche meine intentiones erOffhen, und zwar in clara, dann es doch mit dem Courier ein sichere Gelegenheit ist.

bin ich entschlossen, kein primo ministro oder valido zu haben, sondern mein eigner primado selbst zu sein, doch etlich Rathe zu den meisten oder alien Negotien zu ziehen, et hoc ex multis causis: bin ich noch Jung und kann wohl arbeiten, bleibe ich Herr und kann ein ander nit vantiren, dass alles von ihm dependire, kann ich es besser verant- worten, dann alles ich mir selbst attribuiren muess.

[II0] Das Obersthofmeisteramt vermeine ich dem Lobko- witz* oder Lamberg* zu conferiren, doch bin ich noch nit vOllig resolvirt.1

Ill0 Die spanische negotia und Correspondenz habe ich schon dem Lamberg* aufgetragen, wie er dann bei diesem Courier schon Euch und dem Medina hievon schreiben wird. Meine ich werde es nit libel getroffen haben, dann ist er ein wirklicher Cavalier, hat keine Dependenz oder passio und kann ihm gwiss wohl trauen, weiB er gleichwohl viel darum und hat ziemliche notitia de negotiis hispanicis, will ich doch selbst das meiste einrichten und thuen.

Dies habe Euch pro interim zura Nachricht ertfffhen wollen und bin bei Euch wohl des secreti gesichert.

Nun ad rem. Die Ursach dieses Couriers Abfertigung ist die Sollicitirung der Reis meiner Gespons; beziehe mich also in allem auf mitkommende Expedition aus der Kanzlei,2 habe Euch allein diese noch folgende puncta mehr erindern und dilu- cidiren wollen.

sollet Ihr incessanter dringen, dass alle dispositiones und praeventiones einmal gemacht wtirden, und wolletb alle Posten relationiren, ob und was geschehen und wie die Sachen stehen ;

inst&ndigist bei der Konigin anhalten, dass sie doch Riithe und Minister a parte flirfordern und ihnen recht zue- sprechen solle, und dies auf Mali [und] Weis, wie ich von 24. October geschrieben habe,3 dann auf dies mein grdlite Hoff- nung habe;

alien ministris und geheimen Rathen wo miiglich selbsten zuesprechen undc sollicitiren, auch gegen alien alles

56. Or, * nur? b wolle c nach und ein unltserliches Wort.

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Gute weisen,* auch alle ttble Intention dissimuliren, absonder- lich aber sehen; ob der Pefieranda* nit zu gwinnen, ut etiam ille cooperetur.

sollet Ibr diesen Courier bald wieder zurtickschicken und alles berichten, wie es stehet, dann ich muss ins clarum kommen. Bei diesen ganzen Negotien muss man so viel mlig- lich suaviter und mit Glimpf procediren, dann sonsten besorge ich werde nix Guetes erfolgen, und ich flirchte, die Ubel Inten- tionirte suchen bios, ut habeant praetextum ad hoc negotium plane dissolvendum, quod Deus avertat. Dieses alles wirdt Ihr mit dem Pater Neidhardt communiciren und sein Cooperation gebrauchen, auch auf alle Weis sehen, ut regina se ingerat negotiis und ihro hiezu repraesentiren, dass ohne diesem gwiss die Sach in ein schlechten Stand gerathen mochte, durch dies aber wieder vielem Ubel abgeholfen werden kOnne.

Dieses ist; was mir in diesem Werk beifallt,b beziehe mich in ttbrigen auf obgedachte Resolution per omnia und verlange ad omnia ein Antwort.

So avisir ich bei dieser Occasion Euer Schreiben von 2. Januarii,4 habe liber dies Obige nix zu adjungiren, allein erindere ich, dass die Posten wieder gar langsam ankommen0 und allzeit die Antwort um vierzehn Tag zu sp&t kommen wird.

Sonsten sein wir diesen Fasching ziemlich lustig gwest und haben unter andern eine deutsche Comedia halten lassen, so hiebeikommt, wie auch ein lista von der gestrigen Wirtschaft, welche gwiss gar wohl und in omni hilaritate abgeloffen.

Sein in viel Zeit nit so lustig gwest.

Wann dieser Courier nit gar gschwind hineinkommt, so habt Ihr Euch [nit] zu verwundern, dann er auch ein Expedi- tion in polonicis dem Tlsola nachftthren muss, ubique loco- rum sit. Hiemit ende ich und verbleibe etc.

1 Ober Lamberg vgl. oben Nr. 6, Anm.

Lobkowitz, Furst Wenzel Eusebius, geb. 1609 als Sohn des Zde- nek Popel von Lobkowitz (1568 1628), des bekannten Verfechters des Absolutismus und Katholizismus und dessen Frau Polyxena, geb. Pemstein, verwitweten Rosenberg. Durch diese letztere war er verwandt mit den Mendoza, den kurlandischen Kettler, den Herzogen von Teschen, den Gonzaga, Venosa und Caserta. 1627 1631 machte er Reisen

50. Or. * alls gutt waiC b beyfahln c ankhomm

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durch Italien, Deutschland, die spanischen Niederlande bis nach England. 1632 warb er ein Regiment and zog als dessen Oberst in den Rrieg. 1636 wurde er Generalfeldwachtmeister, 1637 Hofkriegsrat, 1640 Ge- neralfeldzeugmeister, 1645 geheimer Rat, 1647 Generalfeldmarschall, 1649 zweiter geheimer Rat, 1652 Hofkriegsratsprasident, 1665 Oberst- hofmeister, 1669 erster geheimer Rat. Oktober 1674 wurde er gesturzt und starb 22. April 1677. Er war gut katholisch, doch kein Zelot, ein Feind der Jesuiten, streng absolutistisch und franzosenfreundlich. Seine sarka8tische Art machte ihm viele Feinde. Wolf, Lobkowitz. % Fehlt.

3 In Wirklichkeit vom 25. Oktober.

4 Potting, 2. Januar 1665, eigenh. Er berichtet von seiner Angst, dafi dem Konig etwas zustoflen kdnnte, und betont die Notwendigkeit, die Abreise der Infantin yor dem Eintritte dieses Ereignisses durchzusetzen. Auch die Relation vom 1. Januar handelt haupts&chlich hieryon und von dem Widerstande Pefiarandas.

57.

Wien, 1 8. Februar 1663.

Nichts zu schreiben. Der Kaiser kann mit niemandem uber Portias Tod sprechen, da alle interessiert sind.

Obwohl ich nnter heutigen dato Each mit dem Courier geschrieben, so will ich die ordinari auch nit ohne mein Schrei- ben ablaufen lassen. Avisir Euch allein meine Gesundheit und dass ich noch sehr perturbirt bin wegen des Fursten von Portia Tod, und bin recht imbroglirt, noch mehr aber, weilen ich fast mit niemand hievon reden kann, willen fast alle hiebei inter- essirt sein, chi per un verso, chi per un altro, ma spes mea deus, in hoc ego confido und verbleibe etc.

58.

Wien, 20. Februar 1665.

Vor Abgang des Kuriers Pottings Relation vom 16. Januar er- halt en. Die Konigin schreibt, dafi Cardona zum weltlichen Be- gleiter und Benavente zwr camarera mayor ernannt sei. Potting kann ersterem gratulieren. Mit Pefiaranda soil er gute Korre- spondenz halten. Rekapitulation einiger Punkte des vorvorigen

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Schreibens. Rekommandation fur Alfonso und Ratribcddo Portia.

tfber Besetzung der obersten Hofamter. Potting soil uber die

Deutschen, die in Spanien dienen, berichten.

Gleich als ich diesen Courire expediren habe wollen und schon das mitkommende Schreiben geschrieben habe, empfange ich Eur Relation von 16. Jenner,1 weilen abera die substantia durch selbe nit mutirt ist, als beziehe mich nochmals auf die Hauptresolution aus der Kanzlei, der wollt Ihr in alien Puncten punctuatim nachkommen, auch von allem ausfuhrliche Relation erstatten, auch alles mit dem P. Neidhardt communi- ciren und mit seiner Cooperation dies Werk recht stabiliren. Habe doch noch in ein und anderm nachfolgende Erinderung thun wollen. Ich siehe

aus gedachter Eur Relation, dass noch kein rechte Praevention gemacht worden ; die KOnigin aber schreibt mir, es sei zum weltlichen conduttor der duque di Cardona* [benennt], hatt' solchen impiego auch schon angenommen. Es war auchb mit der condessa de Benavente8 als klinftiger camarera mayor alles appuntirt. Weilen Ihr mir aber hievon nix schreibt, als werde ich die Gwissheit erwarten. In casu quod ita sit, mein ich werde es nix schaden, wenn Ihr meoc nomine hiezue gra- tuliren auch sagen [thatet], dass ich wegen seines Haus und dessend lucimiento, auch das derzeit den deutschen Hausern befreundt sei, ein absonderliches Gefallen habe, dass dieser empleo ihme aufgetragen worden, und wollt ihme adhortiren, er wolle seines Orts diese Jornada aufs mftglichste beschleunigen. Dieses stelle ich aber Euch anheim.

glaube ich, dass Peneranda* noch keine guete Intentionen ftihre, aber dem seie wie ihm wolle, est nobis dissimulandum ad vitandum mains malum et ne nobis magis noceat, weilen ich sorge, Medina* werde sich mit Peneranda* vergleichen; meine also nochmals, Petting* solle so viel mtiglich mit Peneranda* guete Correspondenz halten, dann sonsten gwiss alldorten nit fortzukommen sein wird.

meine ich nochmals, werden wir dieses Werk als sua- viter treiben mttssen, dann ich fttrchte, die aemuli wollten uns gern zusammenhetzen, quod nihil valeret.

58. Or. aber aber b auch auch ° meon d wmftUiafl

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wann wird guet sein zu penetriren, ob der franzosische Gesandte* nit ex ordine sui regis* wider diese Reis negotiire, per quos et quibus mediis?

Was die Thuson anlangt, kommen wieder etliche re- commandationes bei diesen Courier; ich beziehe mich aber auf dasjenige, so ich Euch ohnlangst in diesen apert geschrieben habe. Was den Lessle4 anlangt, wann ihm kann geholfen werden, ohne mein groCen Entgelt und empeno, bene et optime erit. Ihr wollet aber sie nit animiren mit dem, dass Ihr sie auf mich weist, sondern alle Schuld auf die spanischen Minister* schieben.

In dieser Materi wird Lamberg* Euch auch ein mehrers schreiben und weilen ich aus Eurem Schreiben an Ftirsten von Portia sel. gesehen, dass seine zwei Vettern der Obriste Graf Alphonso und Oberstwachmeister Graf Rambaldo von Portia6 allda angelangt und ich mir wohl einbilden kann, dass nunmehr [sie] sie nit viel mehr werden consideriren, weilen der Fttrst gestorben, also befehle ich Euch gleichwohl, dass Ihr Euch aller beeden auf das beste annimmt und Ihnen wo es von- nOthen assistirt. Dann dies verdient noch wohl die memoria des gueten Fttrsten seligen ; die zwei Grafen meritiren es auch gar wohl, der Graf Alfonso ist des bairischen Portia Sohn und ein Cavaglir von guete Parten, auch ein erfahrener Officier; dem armen Schelme dem Ramboldo, dem bin ich auch schuldig zu helfen, [dann] er* ein sechs Jahr mein Edelknab gwest und fast von mir auferzogen worden, hat auch schon ein guete An- fange in Krieg, hoffe soil wohl riusciren. Was allhiesige Va- canze anlangt, bin ich nunmehr in pectore fast resolvirt, dem Lobkowitz* die Obersthofmeisterstelle [zu] geben und seine dem Gonzaga,*6 dann Lobkowitz* ist {ein Ftirst}, von gueten Mittlen und hat sonst guete Stuck. Und weilen ich kein valido oder primado halten will, brauche das Obersthofmeister- amt auch nit so viel Ceremonien.

Hatte ich Lamberg* promovirt, so wtirden durch seine Promotion so viel Stellen leer werden, dass es gar hart mir zu ersetzen kommen war. Bei Auersperg* und Schwarzenberg* hat es auch sein Absatz,b so Ihr Euch leicht einbilden ktfnnt.

58. Or. * es b unricher

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Dieses ist nnr flir Erich and mit n&chster Post wird alles flffentlich hineingeschrieben werden. Und weilen* mit den Re- gimentern viel Deutsche in Spanien kommen sein, also wollt Ihr erfahren und mir berichten, was vor Cavaglieri darinnen sein und wie sie sich halten, auch wann ein occasio kommt allzeit censiren, wie sich zeigt haben.b SchlieClich beziehe mich etc.

1 Eigenh. Antwort auf des Kaisers Schreiben vom 10. Dezember 1664 unbedeutend.

Relation 16. Januar fiber die Verschleppungspolitik der Spa- nier in Bezug auf die Abreise der Infantin. Man entschuldigt sich immer mit Geldm angel. Aber yor kurzem sind in Cadiz drei Schiffe a us West- indien angekommen, die dem Konige 600.000 800.000 Kronen und fur Private an zwei Millionen mitgebracht haben, was Potting auch gehorig reprasentiert hat.

2 Der alteste der drei Bruder Aragon (vgl. Potting, 31. Jan. 1665 Relat.), Don Luis Ramon VII. Herzog von Segorbe und Cardona nach sei- nem 1640 verstorbenen Vater Enrique. Geb. ca. 1600, gest. 13. Januar 1670. Seine Titel und Wiirden vererbte er (nach Burgos II. 165 f.) auf seine Tochter auB erster Ehe Catalina Antonia, welche sie an den VII. Herzog von Medinaceli brachte. Vgl. jedoch dazu oben S. 102, Anm. 1 Uber den Marques Povar.

3 Die Grfifin von Benavente starb noch vor der Abreise Margareta Theresias aus Spanien, 11. Juli 1666. Vgl. Priorato HI. 5 und unten Potting 15. und 17. Juli 1666. Sie war die Witwe des X. Grafen von Benavente Johann Alfons Pimentel.

4 Bezieht sich auf den Wunsch des Grafen Leslie, vor dem An- tritt seiner Gesandtschaftsreise nach der Tiirkei das Vlies zu erhalten. Vgl. Nr. 50, Anm. 3.

5 Vgl. Priorato 1. c. 616.

6 Die Hofkriegsratprasidentenstelle. Ftirst Hannibal Gonzaga, ein Verwandter der Kaiserin- Witwe Eleonore, war schon seit 1658 Vize- prasident des Kollegiums. Er starb 1668. Vgl. unten Nr. 197. Er wird als ,klug und zuriickhaltend' geschildert und war ein Feind Montecuccolis, der ihm in der Wttrde folgte.

58» * Nach weilen im Or. ihr Or. b worden

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Ill

59. m

Wien, 4. M£rz 1665.

Die Post ist schon wieder in Unordnung. tlber die Besetzung

der Hofamter, den Einspruch Ludivig XIV. gegen die Sendung

Jcaiserlicher Truppen nach den spanischen Niederlanden. Ankunft

Boja's. Grqfier Schneefall.

Die Post ist abermal nit am Sonntag allhier angelangt, wie sie h&tte sollen. Sein alle vor diesmal ohne Brief und werden selbe erst iibermorgen bekommen et per consequens auch erst in 14 Tagen daranf antworten, so gwiss nit guet ist, dahero ich in alleweg will, dass Ihr gehflriger Orten ahndet, auch darob seiet nnd begehrt, dass man doch diese Zeitverlierung remedire und dass sie in Madrid in tempore die ordinari despachiren, so wird es schon in tempore kommen ; dann einmal bei diesen Conjuncturen vonnothen, dass man dies Werk recht einrichten thue.

Sonsten sein wir alle wohlauf, und habe schon zum Oberst- hofmeister den Fiirsten von Lobkowitz declarirt und sein ge- habte Hofkriegspraesidentenstell dem Fiirsten Gonzaga conferirt. Diese Resolution ist vielen gar fremd und unverhofft vorkom- men, ich habe es aber wohle bedacht und finde, dass mein Dienst es also erfordert hat. Der Lobkowitz findt sich gar schftn darein und lasst seine Burlen und Possens ziemlich unterwegs. Sein Freundschaft ist in Spanien auch bekannt, wegen der von Bernstein,1 und also vermein ich in allem es wohl getroffen zu haben. Ich habe geeilet, dann timui, ne hinc inde pro aliis venirent intercessiones.

Ich zweifle nit, es werde alldorten schon bekannt sein, was der Konig von Frankreich* dem La Fuente* vor ein Vor- halt gethan wegen {der Vfllker, so der Kaiser* in Niederland hat schicken wollen} und zweifle nit, La Fuente* werde alles hinein bericht haben, will mich also nit darinnen aufhalten. AUein mein ich, es seie ziemlich deutsch geredt,* und kftnnen mir wohl sagen: „Ad quid desideramus testes?" Pro nunc wol- let Ihr nur penetriren, was man dazue sagt, und ob sie noch

59. Or. * undeutUch

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nit die Augen aufmachen wollen? auch quid patent nobis fa- ciendum.

Lamberg* de his plura, allein pro interim hat der Kaiser* auf des La Fuente* Begehrn {der Volker Marsch suspendirt}, so sonsten schon ganz incaminirt gwesen.2 Guet aber wird sein; selbiges Hofs Meinung hiertiber bald zu wissen. Sonsten ist auch P. Roxas* nit l&ngst allhie angelangt, ist noch alle zer- schmettert, habe also noch nit gnug mit ihme reden kftnnen, hoffe doch mit seiner Commission bei diesen Conjuncturen dem Konig* und unserem Hause* ein gueten Nutz zu schaffen.3 Sonsten gibt es bei dieser Winterzeit wenig Neues. Es ist vor sechs Tag ein solcher Schnee gefallen, dass ich selber mit mein Augen etlich Wagen mit zwei Rossen habe auf dem Burgplatz stecken sehen, ist noch nit vergangen* und dabei in Feld ist ein solches Kothwerk, dass ich flirchte, in viel Zeit nit auszu- kommen. Verbleibe also etc.

1 (Vgl. S. 106, Anm. 1.) Lobkowitz' Mutter Polyxena stammte namlich von miittcrlicher Seite von einer Manrique de Lara, Wolf S. 12.

% Uber diese Angelegenheit vgl. Mignet I. 324 ff. Pribram, Li sola 266 f., auch oben Leopolds Brief vom 25. Oktober 1664. Der Kaiser wollte 6000 Mann schicken, die Spanier baten ihn dann, nur 2500 zu senden.

3 Don Christobal Rojas (Roxas, Rochas, Roccus) de Spi- nola, ein Franziskaner aus den spanischen Niederlanden, General der spanischen Provinz seines Ordens, Bischof von Stephania i. p. i. (Legrelle), seit 1661 in verschiedenen Sendungen gebraucht, ein Schwarmer fiir die Union der katholischen und evangelischen Kirche, der auch allerlei andere Projekte schmiedete. Knopfler, Deut. Biogr. XXXV. 202, behauptet, er sei in Spanien Beichtvater der Infantin Margarita gewesen und ihr nach Wien gefolgt. Vgl. jedoch unten d. Anm. zu Leopolds Brief vom 25. No- vember 1665. Er wurde spater (1668) Bischof von Knin, 1686 von Wiener-Neustadt, starb 12. Marz 1695.

Kaiser Leopold betrachtete ihn als eine Art besseren Stellen- jager, vgl. unten Leopolds Briefe vom 22. Mai, 18. Juni, 16. Juli 1670. Die obige Kommission bezog sich auf die Frage einer Eventual teilung der spanischen Monarchic Vgl. z. B. Legrelle I 108/9. Pribram, Lisola 328 ff. und oben Potting 18. Juni 1664, Nr. 39, Portia 23. Juli und 20. August 1664, Nr. 41.

59. Or. * vergann

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60.

Wien, 18. M&rz 1665.

LangsamJceit der Post. Die Angelegenheit der Abreise der In- fantin lafit sich zwar lesser an, Potting soil aber weiter drdngen. tfber die in Spanien kursierenden Pasquille. Man mufi sehen, dafi die Konigin sich der Regierung annimmt und daft Medina mit Pefiaranda ausgesohnt wird. Was tvird Konig Philipp auf die Einsprache Ludtvig XIV. erwidern? tJber Karl Wallenstein, Antonio Pimentel, Cadelas Zeichnung des Kometen und die pol- nischen Angelegenheiten.

Erst jiing8thin verstrichnen Donnerstag, den 12. dies, habe ich Euer Schreiben von ersten Februarii empfangen.1

Was nun das vor ein lange, schadliche mora und wie viel Zeit dadurch ohne Noth verloren wird, ktfnnt Ihr leicht selbst erachten, indeme tempus also precios ist, und kflnnte der Me- dina* ah Correo mayor wohl mehr Aufsicht haben, dass die Posten besser beftlrdert wtirden; ah innata Hispanis tarditas, thut* ja oft viel Guetesb verderben; wird also wohl guet; wann diese Unordnung einmal recht remedirt wttrde. Sonsten h5re ich gern, dass sich die Sachen was besser anlassen; die Declara- tion des duque de Cardona hoffe sei ein grofier passo. Diesem alien aber ohngeacht so mtisst Ihr gleichwohl sine intennission[e] antreiben (doch alles cum omni possibili moderatione), dass mit auch alles das andere recht eingericht werde; auf dass man einmal doch eigentlich wissen moge das certum tempus huius itineris. Der Colonna* wird auch konnen treiben helfen.2 Dass man von selbem {governo} so tible Reden schreibt0 und dass Pasquinaten auch gemacht werden, verwunder ich mich nicht, dannd es der Povel vor ein Jahr allhier auch nit besser ge- macht, da doch bei weitem nit so viel confusiones unter den {ministris} sein als am alldortigen Hofe. Ich mein aber ein- mal, es werde das Beste sein, dass die Konigin* sich um die negotia [ktimmere] und dass man schaute, Medina* und Pene- randa* zu reconciliiren, dann sonsten gwiss grofie Ubel zu be- sorgen sein, und wird wohl guet sein, auch unserseit mit Peneranda* in etwas zu dissimuliren, damit doch einmal die

60. Or. than ? b guett ° unricher d dass Footes. II. Abt. Bd. LVI.

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Sachen besser gehen sollen. Ubrigens verlangen wir mit Ver- langen zu vernehmen, wessen sich der Ktfnig* {auf die Pro- position des Kflnigs von Frankreich*, so er dem La Fuente* gethan hat, in materia derjenigen [Vtflker], welche der Kaiser* in Niederland hat schicken wollen, resolviren wird}.

Um den gneten Carlizko von Walstein8 ist mir leid; nnd mftchte ich wohl gerne die eigentliche Ursach wissen, warum man den Don Antonio Pimentel eingesetzt hat.4 Sucht es zu penetriren et avisatemelo.*

Des P. Michel Cadela6 delineatio des Eomets ist mir gar lieb gwest; die constitutio terrestris zeigt wohl; als wann er seltsame motus et effectus verursachen sollte.

Was sonsten uns anlangt, sein wir alle Gottlob gar wohl- auf, und finden sich allgemach alle Lent in mein so fremd ge- nommene Resolution wegen der Obersthofmeisterstelle. In Polen ist es noch alles unruhig; wann der Ktinig* sterben wollte, wie man sagt, dass gar iibel auf seie, wtirde ein groCe Un- ruhe vermittelt bleiben.6 Ubrigens verbleibe etc.

1 Eigenh. Antwort auf des Raisers Schreiben vom 24. Dezember 1664. Es scheint jetzt, da!3 die Spanier wirklich etwas tun wollen fur die Abreise der Infantin. Zum weltlichen Begleiter ist ernannt worden der Herzog von Cardona, iiber den der Graf Lamberg dem Kaiser Nachricht wird geben kftnnen. Dennoch ist die Zeit zu kurz bis zum April. Der (zum geistlicben Begleiter bestimmte) Kardinal Colonna ist jetzt hier und wird P5tting in dieser Angelegenheit ,taglich an die Hand stehen*. Der Konig ,loscht allm&hlich aus' : ,es dorfte endlich seinen Ausgang nehmen wie mit einer Kerzen, so usque ad extremum ausleuchtet'. Potting iibersendet einige neue ,scbftndliche Pasquillen*. Die Konigin bat einen Fehltritt ge- tan und sicb dabei ganz wenig am Kopfe verletzt. Graf Karl von Wallen- stein, der mit seinem Regiment nach Spanien gekommen ist, ist im Quar- tier zu Cordoba (?) plotzlicb gestorben. P. Michael hat den Lauf des Kometen, der fast in ganz Europa gesehen wurde, taglich beobachtet und aufgezeichnet und schickt eine Zeichnung davon. Die Relation vom 3 1 . Januar bringt im ganzen dasselbe, nur etwas ausfuhrlicher, dazu einige Notizen.

% Vgl. S. 58. Anm. 1.

3 Vermutlich Graf Karl Ferdinand von Wallenstein, Sohn des Graf en Adam Waldstein.

60. * Im Or. folgt nach avisatemelo noch ein per

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4 Don Antonio Pimentel de Prado war damals Gouverneur von Cadiz (Petting, 31. Jan. 1665 Relat.), eollte wfihrend der Jahre 1663 1665 eine Gesandtschaft in Frankreich, Rom oderWien erhalten, fiel aber Anfang 1665 in Ungnade, bei welcher Gelegenheit sich die Konigin von Frankreich seiner annahm. (Ober die Ursachen seines Sturzes vgl. Pot- ting, 22. April 1665.) 1668 wurde er wieder verwendet und war Gou- verneur von Madrid (Theatr. Eur. X. 1. 902), dann Maestro de campo in Flandern, 1669 Gouverneur von Antwerpen. Nach 1670 hort man nichts mehr von ihm. Morel Fatio, Rec. XI, 488 ff.

5 Vgl. S. 13.

6 Der hier erw&hnte Konig ist Johann Kasimir, der letzte aus dem Hause Wasa, der aber trotz der oben gemeldeten Krankheit noch bis zum 16. September 1668, an welchem Tage er resignierte, herrscbte und erst Dezember 1672 in Nevers starb.

61.

Wien, i. April 1665.

Langsamkeit der Post. Man mu/J zusehen, dafi die Abreise der Infantin noch im Juli oder August stattfinde. Der Kaiser tcunscht Konig Philipps Antwort auf Ludtvig XIV. Anbringen

zu erfahren.

Eur Schreiben von 15. Februarii1 nmss ich abermalen erst aniezo beantworten, so einmal nur aus langsamer Abferti- gung der Posten herkommt; wollt also abermal ein Anmahnung thun, ut citius expediant. Habe sonsten aus bemeldten Euren Schreiben mit sattsamen contento verstanden, wie ausfilhrlich Ihr mir statum rerum habet repraesentiren wollen. Will hoffen, der Courier werde allda schon angelangt sein und alle meine resolutiones mitgebracht haben. Und weilen auch wegen der vielen geistlichen* Kirch enfunctionen ich nit Zeit habe Euch viel zu schreiben, also melde ich nur so viel, dass auf alle Weis zu insistiren, ut omnes praeventiones in executionem de- veniant,b dass die Jornada noch in luglio oder agost gwiss k6nne vor sich gehn. Dies wird bei alien kOniglichen ministris (in- telligec illos, qui vocem in capitulo habent) mtissen unterbaut und urgirt werden.

61. Or. * unsicher b deveniat c intillige

8*

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erwarte ich wohl mit Verlangen zu wissen, was man allda sich resolvirt auf das negotium, so La Fuente* trad Em- brun* allda werden angebracht haben2 de intentionibus regis Galliae*, caetera percipietis a comite Lamberg, dann ich einmal nit Zeit habe. Precor itaque vobis felicia festa paschalia nnd verbleibe etc.

1 P5tting, 15. Pebruar, eigenh. Antwort auf das kaiserliche Schrei- ben vom 7. Januar.

An der Verspatung der Posten mussen wohl auch die schlechten Wege schuldtragen. Er (Potting) meint trotz der Bedenken des Kaisers, datf dieser doch sich durch das Zdgern der Spanier beleidigt zeigen und remonstrieren solle, denn sie verlassen sich zu sehr auf seine Giite. Er, Potting, tut zwar alles Mogliche, aber er glaubt nicht, daJ3, wie die Spanier versichern, die Abreise im Juli oder August stattfinden werde. Die Spa- nier er war ten, dafi der Kaiser dann einen eigenen Minister senden wird, und das ware gut, denn Oardona und Colonna sind beide ziemlich untaug- lich und ,steinalt(.

Peflaranda war so unhoflich gegen Potting und ist zugleich ein so ausgesprochener Feind der osterreichischen Linie des Hauses Habsburg, dafl bei ihm gar keine Hoflhung ist. Und wenn man bei so unhoflichen Ministern sich weiter berattht, so werden sie nur hochmiitiger und ver- achten einen. Den franzosischen Gesandten furchten sie und behandeln ihn daher ganz anders. Peflaranda zeigt sich mit Castrillo verbunden, in Wahrheit sucht ein jeder den andern zu stUrzen ; es gelingt aber keinem und Don Luys (de Oyanguren?) halt zwischen beiden meisterlich die Ba- lance. Potting tut alles, um die Gunst der Minister zu erlangen, aber er darf ja dabei der Hoheit des Kaisers nichts vergeben. Er dankt fur die kaiserliche Versicherung der Gnade aus Anlai3 der Sendung Lisolas und der Ausstreuungen Auerspergs, dessen Manier er ja kennt. Wegen der Toisons wird er dem Befehle nachkommen, er wird aber von alien Seiten deswegen angefochten, weil der Effekt nicht erfolgt.

Konig und Konigin sind ziemlich gesund; doch bleibt der letzteren die Jaqueca, ,und wiirden die hiesige medici gar schwer dahin zu ver- mogen sein, um zu verm einen oder [zu] glauben, dass einzige medici in der Welt ichtwas mehr . . . als sie verstehen so 11 ten, dann in dergleichen bestehet der puncto dieser Nation*.

Die Relation vom 14. Februar fiigt dem nichts Wesentliches bei als eine Nachricht fiber die Verhandlungen der Graubtindner mit Spanien. Im P. Scr. vom 15. berichtet er fiber Medinas Mitteilungen von Vorberei- tungen ftir die Jornada und ein Gesprach mit dem venezianischen Ge- sandten tlber dessen Bitte um Unterstutznng von Seiten Spaniens gegen die Turken.

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2 Bezieht eich wohl auf die Frage der Trappensendung nach den Niederlanden. Vgl. oben Nr. 59, Anm. 2.

62.

Wien, is- April 1665.

Die Post ist wieder in Ordnung. Wegen der Truppen fur die Niederlande kann man keine Entscheidung treffen, so lange man nicht die Ansicht der Spanier hieruber Jcennt. Potting soU auf BescMeunigung der Vorbereitungen fur die Abreise der Infantin dringen, namentlich auf die Bestellung der Galeeren. Tiber das Unwohlsein der Infantin und den Aderlafl wegen des hohlen Zahnes. Der Kaiser tvvrd nach Laaeribwrg ziehen.

Vor diesmal habe ich zwei Euer relationes zu beantworten, von 26. Februar und 11. Mttrz.1 Bin wohl froh; class die Posten wieder in rechten Lauf kommen; wird allzeit drei Wochen gwinnen ktfnnen, so in arduis negotiis viel an der Zeit ge- legen ist.

Was die negotia anlangt, konnen wir allhier fast keine Resolution fassen in diversis, absonderlich aber in negotio {der Vfllker nach Niederland}, weilen wir kein Nachricht haben von intentiones regis* et ministrorum*. Ich will hoffen, der ver- trOstete Courier soil nit lang ausbleiben, cum quo multa expec- tamus. Indessen werdt Ihr sowohl ex expeditione als von Lam- berg* ein und das ander vernehmen. Wollet in alien dem- selben nachkommen und sehen, ut veniat ad effectum, auch von alien mit Neidhardt* communiciren und sua opera gebrauchen; wo es vonnOthen sein wird. Vor alien aber dringt auf die prae- ventiones und in specie auf die Bestellung der Galeeren, dann so lang selbe nit bestellt werden, kann ich mir nit die geringste sichere Hofihung der Infantin Abreis machen, et timeo, ne mi- nistri hispanici* male sint intentionati paucis vel nullo exceptis. Daher mttssen wir in claris kommen, es gehe auch, wie es wolle. Es ist mir auch leid gwest, dass sowohl die EOnigin als die Infantin etwas tibel auf gwest.

Gott sei Lob, dass es so wohl abgelofFen, und dass sie schon wieder restituirt sein. Ist das nit ein feine doctorische Cur, vor ein hohlen Zahn aderzulassen ; ma patientia, die spa-

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nischen doctores lieCen eher die halbe Welt sterben, ehe sie ihre methodum curirten oder ein andern in etwas nachg&ben. Ich allhier bin Gottlob gar wohlauf xind gedenke, so Gott will, in acht Tagen auf Laxenburg zn ziehen, mich in etwas in Feld zu recreiren, habe es wohl vonnOthen, dann die occupa- tions* h&ufen sich merklich, ma das ist mein obligatio et mea professio, zu welcher mich Gott deputirt hat.

Wann nur der Courier bald kame, dass wir wieder mehr Materi zu schreiben hatten. Der Heinrich Gotwaldt wird nach Eurem letzten Schreiben auch hoffentlich bald alldort angelangt [sein].

Wollt darob sein, ut cito et bene remittatur, dannb ex isto itinere pendent lex et prophetae. Verbleibe hiemit etc.

1 Potting, 26. Februar, eigenh. Antwort auf das durch den Ku- rier Tyrolt ttberbrachte kaiserliche Schreiben vom 21. Januar. Bei der Zerrttttung der spanischen Regie rung lfifit sich vielmehr ,timore als amore' wirken, wie das Vorgehen Frankreichs zeigt, welches alles durchsetzt. Die spanischen Minister sind unaufrichtig und tun ihre Schuldigkeit nicht, auch Medina nicht ausgenommen. Aber er ist doch noch der am wenig- sten Schuldige. Nur drei Minister sind jetzt m&chtig: Castrillo, Medina, Peiiaranda. Ersterer ist das Haupt der Familie de Haro, welche der osterreichischen Linie stets iibelgesinnt war, ebenso ist es Pefiaranda, es bleibt also nur Medina iibrig, an den man sich halten kann. Die Konigin war unwohl infolge einer Defluxion am Arme, das hat sich jedoch nach einem Aderlafl, ,als hiesigem remedio universale gebessert. Die Infantin hatte Zahnschmerzen. Da ein Aderlai3 nichts niitzte, hat man ihr den Zahn gerissen. Wegen der Kaiserinwitwe (AG, vgl. oben Nr. 54) hat der Duque (Medina) erwfihnt, der Konig werde es (ihre Entfernung aus Wien?) vom Kaiser als , Demonstration* begehren. Der Herzog ist dem Hause Mantua ohnehin wegen Sabioneda (vgl. unten S. 123, Anm. 2) nicht gut gesinnt.

In der Relation vom 27. Februar ist das wichtigste die Nachricht von der Ankunft eines Kuriers des La Fuente aus Paris mit den Vorstel- lungen Ludwig XFV. wegen der Fortifikationen in Belgien und der Her- anziehung eines starken Truppenkorps aus Deutschland.

Eigenh. 11. Marz. Antwort auf das kaiserliche Schreiben vom 4. Februar.

Er hat die ,musicalische opera* der K5nigin iibergeben, welche sich sehr freut, daC der Raiser den Fasching so angenehm zugebracht hat. In

Or. * occupatio? b dann dann

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Bezug auf den franz&sischen Gesandten ist nichts von dem zu beftirchten, was der Kaiser berdhrt hat, denn er ist vie! zu verhaJ3t, als daJ3 er sich erlauben dflrfte, ,dergleichen zn proponieren' (nfimlich die Verzogerung der Abreise der Infantin). Die Stimmung der Spanier ist gegenw&rtig besser, wozu die ,franzosische gegenw&rtige gelosie* nicht wenig beitr&gt, ebenso wie zur abermaligen Ronfirmation der Mesaten and Anweisang von 200.000 Scudi (fur den Kaiser).

Der Graf Leslie hat nun doch den Toison bekommen. Taglich soil ein koniglicher Kurier abgehen ,cum notificatione der franzdsischen her- fiirscheinenden Chimaeren*. Die Relation vom selben Tage (11. Marz) bringt nichts Neues.

63.

Laxenburg, 2g. April 1665.

Der Kaiser ist sehr erfreut, dafi der August ,pro infallibUi ter- mino' der Abreise der Infantin festgehalten wird, aber es ist noch nicht sicker, dafi er auch eingehalten werden wird. Dock verldfit er sich darauf. Potting soil der Konigin danken fur ihre HUfe. Harrach wird bald abreisen. Jubel in Wien uber die Nachricht von der sicheren Abreise der Infantin. Spanische Einspruche und Verdachtigungen kaiserlicher Minister, fiber die Frage der Truppen fiir die Niederlande, Colonnas Eifer fur die Reise der Infantin und sein GeschenJc fur den Konig; uber Leslies Vlies, die grofie Kalte und Lisolas AnJcunft in Spanien.

Ich habe Eure zwei relationes, die erste von 25. Mttrz durch die ordinari, die zweite von 8. dies durch den angestern allhier angelangten Curier zurecht empfangen.1 Mit was vor groBer Consolation ich hieraus verstanden, dass abermal der Augustus pro infallibili termino ausgesetzt* worden zu meiner Gespons Abreis, k5nnt Ihr Euch leicht einbilden, in Betrach- tung, dass einem Verliebten die Weil bald lang wird, der po- litischen Bedenken nit zu gedenken. Wollet also Ihr Majestftt dem K5nig davor danken und unaussetzlichb dringen, dass alle praeventiones wirklich in Effect gesetzt und die Reis ad possi- bilitatem gebracht werde, so flirwahr noch nit klar ist, obwohlen ich nit zweifle, sondern mich ganz darauf verlasse.

63. Or. * au8gefit b unsetzlich

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Der KBnigin wollet Hit auch vor alle angewendte Coope- ration und Assistenz Dank erstatten, und siehe schon die Frucht {des Billets}, welches die K6nigin*1dem Castrillo* geschrieben hat; ist auch wohl geschehen ut maneat in secreto ad vitandas gelosias caeterorum ministrorum.* Was sonsten die joyas an- langt, hebt der Harrach schon an, die Stiefel zu schmieren. Was aber sowohl in diesen als andern particularibus Euch zu befehlen sein wird, soil in wenig Tagen per cursorem folgen. Kann also Euch noch nit vollig in diesem Brief instruiren, glaube auch sogar, dass Euer Kanzleischreiben und des Ktfnigs despacci noch nit vSllig decifrirt sein. Per cursorem autem omnia dabimus. Entzwischen treibt nur fleifiig an, die spanische Langsamkeit hat alles wohl vonntfthen.

Ihr ktfnnt nit glauben, was in der Stadt vor ein Jubel ist, weilen der Courier gemeldt, es werde die Reis der Infantin in August gwiss erfolgen, so sehrb verlangt der Pttvel dies Werk. Habe wohl gern verstanden, dass man allda mit meinen Dienstersetzungen wohl zufrieden ist und dass auch ihren gusto in diesen getroffen habe. Gonzaga* ist ganz devot gegen {Spanien}, kann also nit capiren, was sie wider ihn haben miissen. Ich [denke] mir aber, es sei ein Particularodium des Medina* wegen {Sabioneta}.2 MOchte wohl wissen, wer der eine {Minister} seie, welchen man allda in Verdacht halt mit dem Auersperg*, dass er mit dem Konig von Frankreich* Correspondenz pflege?cS Ktfnnt Ihr es penetriren, so wollt Ihr es mir pro mea directione berichten. Ich ftirchte wohl, es gehe nit allzeit recht zue. Des {Don Diego} Relation in hac materia ist curios,4 habe es fleiCig zerrissen, ne veniat in lucem. Hat mir* eben ein solches fast also gesagt gleich post fata des Portia*. Der Lobkowitz* ist wohl sein gueter Freund und weil er von spanischem Geblttet kommt, tan to basta al pare9erd d'este hombre9illo. Was anlangt die Materi der { VSlker so nach Niederland sollen} und was der KOnig von Frankreich* {dargegen movirt},6 ist alles von groCer Importanz, und werde ich es alles liberlegen und consultiren, auch sodann per cursorem brevi hinc expediendum Euch auch in diesem Werk ausftihrlich instruiren lassen. Tempus pro nunc plura non pa- titur, weilen noch nit alles von dem angelangten correo des-

Or. a ministr b so sehr zvoeifelhafl c pfelge

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cifrirt ist, wie ich oben gemeldt. Des Cardinal Colonna FleiB in promovendo negotio 6 greicht mir zu absonderlichem Gefallen, wird nit schaden, wann Ihr ihme nomine meo davor Dank sagen werdt, quod etiam ego proxime per literas faciam. Sein statua, so er dem KOnig regalirt, muss wohl schon gwest sein, wie es wohl der Abriss in Kupfer ausweisen thuet. Wer ist frOhlicher als der Lessle, dass er den Thoson noch vor seiner Abreis wirklich empfangen kann. Ich werde mich vermtfg des poder zu diesem actn des Secret&rs Jung bedienen und selben von heut ttber acht Tag zu Wien vornehmen, weilen er nacher gleich an Donnerstag sein turkischen Einzug7 und Abschieds- audienz bei mir haben wird.

Sonsten bin ich Gottlob gar wohlauf und habe ziemlich gute Lust allhier, allein will es noch nit warm werden, anzi man muss noch alle Tag den Pelz anlegen, so die Spanier por un milagro halten th&ten.

Des Lisola Hineinkunft* habe ich auch gern verstanden; will weiter Relationen erwarten, wie die ihme anbefohlenen puncta ablaufen werden. Und weilen doch der Courier ehistens folgen wird etc.

1 Potting, 25.Marz, eigenh. Antwort auf das kaiserliche Schreiben vom 18. Februar.

Kondolenz wegen Portias Tod und Dank fiir die Mitteilung der Absichten des Kaisers wegen der Ersetzung des Verstorbenen. Der Konig hatte wohl gern, dafi ihm der Raiser darilber vertrauliche Mitteilung mache. Auf die vom Kaiser genannten Personen A. und S. rSt hier nie- mand. Vor wenigen Stunden war er beim Konig in Audienz. Dieser gab in Bezug auf die Beschleunigung der Reise die besten Versicherungen und sagte: Asegurad al Emperador mi sobrino, que la posible brevedad de esta Jornada mas me preme que a el, como quien tanto conosco la suma importancia de la materia y que en esto se caminara de tal suerte, que no se perdera ni un momento de tiempo, antes se procuraran de ganar todos los instantes posibles. Die Kdnigin hat dem Castrillo gegeniiber einen andern Weg eingeschlagen (Verweis auf die fehlende Relation). Es liegt eben alles an der Herbeischaflung von Geld, und das liegt eben in seiner Macht Er (Potting) versucht durch P. Neidhardt mit Pefiaranda anzu- knupfen, hat auch neulich mit ihm konferiert und SuOerlich alles in Ord- nung gefunden; wenn sich Peilaranda nur auch in Wahrheit andert.

$. Or. a hineinkumb

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tlber den Herzog von Cardona, Unwohlsein der Kdnigin und des Prinzen. Die Konigin hat gefragt, ob nicht ein Brief vom Raiser an die Infantin gekommen sei. Der Kardinal Colonna hi lft ihm (Potting) in seinen Bemtthungen und hat dem Konig eine Statue des Kaisers Claudius geschenkt, die ,uber alle MaJ3en kunstreich' ist und von der ein AbriC beifolgt.

Die Relation vom 25. Mftrz ist grofienteils chinriert.

Eigenh. 8. April. Kurze Nachricht, daJ3 er durch einen Kurier die vom Konig erhaltene ausfiihrliche Resolution iibersenden wird. Heute wurde der sechzigste Geburtstag des Ronigs begangen. Morgen wird er (Potting) Lisola beim Konig einfiihren.

Relation vom 8. April, grofienteils chinriert, mit P. Scr. vom 9. April.

Eigenh. 9. April. Antwort auf das kaiserliche Schreiben vom 14. M&rz.

tJbersendet die konigliche Resolution, durch welche die Abreise klar auf den August anberaumt wird. Die Konigin hat ihm (Potting) sehr beigestanden, wie die beifolgende Abschrift ihres Schreibens an Oastrillo zeigt. Es ist dabei hochst geheim vorgegangen worden, damit die anderen Minister nicht eifersiichtig werden. Medina hat dem Konig ,verm8g seines consejo de Italia* 700.000 scudos de plata ffir die Reise zur Verftigung gestellt. Kurz, es wetteifert jetzt ein jeder, um sich das Verdienst der Beschleunigung der Reise zu erwerben. Sogar Pefiaranda zeigt sich , ultra solitum genium favorabel und hdflich*. Die Minister werden also nach der ,also qualificirten koniglichen palabra' keine Gegenmachination mehr wagen diirfen.

Was die Ernennung des Lobkowitz und Gonzaga betrifft, so sind die Spanier namentlich mit dem ersteren zufrieden, dem zweiten ist man nicht sehr gewogen.

,ttber des Afuersperg] unbesonnenen modum procedendi und dass er wider E. K. M. gusto hierinnen per vim perrumpiren wollen, thuet man sich sehr verwundern, und ist kein Gefahr, dass er sich auf hiesige Manu- tenenz zu verlassen habe, quia immo hat man denselben und Sch[warzen- berg] in klarem Verdacht, dass sie mit Frankreich correspondiren. . . .* Potting ist es gelungen, einen Brief des Don Diego de Prado zu be- kommen, in welchem die Ansichten der kaiserlichen Minister fiber die Besetzung der beiden Stellen berichtet werden. Er bittet um ftuBerste Geheimhaltung. Was er wegen der Kleinodien erfahren hat, folgt bei. Es ware vielleicht gut, sie nicht durch Frankreich, sondern iiber das Meer zu schicken. Den Baron Lisola hat er vormittags vorgestellt.

,Des Graf Lessle Tusonsdespacho habe ich auf I. M. des Konigs Befehl allerunterthftnigst beischliefien soil en/

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2 Es handelt sich hier wohl um den Prozefl, den Medina de las Torres als Gemahl der Anna Prinzessin von Stigliano am das Erbe der letzteren, Sabioneda, gegen die Fursten von Bozzolo gefiihrt hat. Der Prozefl dauerte so lange, bis die ganze Linie ansgestorben war. 1708 wurde dann Herzog Anton Ferdinand zu Guastalla mit Sabioneda belehnt.

3 Darnach mufi in dem eigenh. Briefe Pottings vom 9. April an der betreffenden Stelle der im Konzept genannte Name Schfwarzenberg] in der Reinschrift ausgelassen worden sein.

4 Vgl. oben Anm. 1, Potting, 9. April, gegen Ende.

5 Vgl. oben Nr. 69, Anm. 2 und Nr. 61.

6 N&mlich der Abreise der Infantin.

7 Vgl. S. 124, Anm. 2.

64,

Laxenburg, 13. Mai 1665.

Verweis auf den bald nachfolgenden Kurier. Leslie hat das Vlies erhalten und darauf seine Abschiedsaudienz genommen.

Der Courier, welchen Ihr ohnl&ngsten allher expedirt,1 ist nunmehro in volligen despacho und solle l&ngst Sonntags oder Montags von hier abreisen. Und weilen ich per ilium in om- nibus Euch gar ausfiihrlich instruiren auch eigenh&ndig ein und anderes erindern werde, als halte ich mich hiemit nit auf; son- dern schreibe diese Zeil, die ordinari Correspondenz nit aus- zulassen.

Ich befinde mich Gottlob gar wohlauf und habe gar guete Lust mit der Beiz, wie ich dann bishero allein liber vier- zig Reiger gefangen.

Heut vor acht Tag habe ich dem Lessle den Thoison conferirt und das Collar geben. Der Secret&r Jung hat die Stell des Roy d'armes betreten, wird von seiner Verichtung dem Ordensofficier schon Bericht erstatten. Den Tag darauf hat ge- dachter Lessle sein entrada gemacht und die Abschiedsaudienz genommen. Ist wohl zu sehen gwest, der Pracht ist sehr groC gwe8t.*

Nun wird er auf die Wochen wirklich von Wien ab- reisen etc.

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[P. Scr.] Jiingste Ordinari hat mir Euer Schreiben von 8. April gebracht, so sich* aber nur auf den correo beziehet,8 so ich Erich nur loco recepisse melden wollen.

1 Welcher die Relation and Schreiben vom 9. April Uberbrachte. Vgl. obenS. 119, Nr. 63.

2 Damals muBten die kaiserlichen Gesandten in der Turkei in tiirkischem Kostiim erscheinen. In diesem Kostiim begab er sich mit sei- nem Gefolge, zwolf Pagen, vierzehn Hellebardentragern, 12 Hatschieren, 25 Ravalieren zur Abschiedsaudienz. Zu der Ausriistung soil der Kaiser 70.000 Gulden verwendet haben. Leslie erhielt bei dieser Audienz (7. Mai) sein Kreditiv und die sehr kostbaren Geschenke fur den Sultan, die Valide, den Grofivezir und einige Wiirdentrager.

3 Vgl. oben Anm. 1.

65.

Laxenburg, iy. Mai 1665.

(Durch Kurier.) Da die Vorbereitungen so langsam vor sich gehen, so ubersendet der Kaiser Briefe an den Konig, die Koni- gin und die Infantin. Harrach wird in den ndchsten Tagen aufbrechen. JEs folgen anbei die VoUmachten fur die Trauung fur den Konig selbst oder einen von ihm zu benennenden Minister, am liebsten Medina. Gegen die Machinationen Ludwig XIV. ware am besten der Friede mit Portugal. Potting soil dazu helfen und fleifiig auf Subsidien fur den Kaiser dringen. Uber Erzherzog Sigmunds Heirat. Potting hann alles Neidhardt mit- teilen. Wieder einige Bekommandationen fur das Vlies. Der Kaiser wvrd morgen die Maikur beginnen und erfreut sich der

Jagd.

Weilen ich wieder den ohnlangst an mich abgefertigten Courier despachiren lasse, als habe ich hiemit ein und das [andere] erindern wollen Uber das; so ex cancellaria an Euch geschrieben wird, und theil ich diesen despacho in zwei Haupt- materien ab, wegen der Abreis meiner Gespons, wegen des KOnigs von Frankreich* {Machinationen}.

Was das erste anlangt, will ich zwar ganz nit zweiflen, es werde gwiss und ohnfehlbar bei dem termino des augusti

64. Or. ich

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verbleiben; weilen aber mir der Spanier angeborene und ir- remediabele Langsamkeit leider ex experientia nur gar zu viel bekannt ist, taceo de mala forte intentione, so besorge, die praeventiones nit als schleunig mOchten in Effect gesetzt werden,* als es wohl die Noth erfordern thuet, dahero Ihr incessanter ad effectuationem etiam minimarum praeventio- numb dringen und darob sollet sein, dass diese Jornada ohn- fehlbar am bestimmten termino erfolge, und dies verm5g der Ursachen, so in dispaccio der Kanzlei begrifFen sein. Dieses nun besser zu beftirdern habe ich beikommendes Schreiben an den Ktfnig abgehen lassen, von welchem die copia auch dabei liegt zu Euer Nachricht. Das Original aber wollet Ihr dem Kftnig selbst einhttndigen und dabei dasjenige ausrichten, was Euch aus der Kanzlei befohlen [wird].1 Zugleich kommt hiebei eins an die Konigin, worinnen ich sie um Cooperation ersuche, alldort wollt Ihr auch mit den nothwendigen Ingredienzien Eure Commission ablegen, und weilen Ihr vor rathsam erachtet,c dass ich meiner Gespons selbst schreiben solle, als habe ich auch hiebei kommendes Briefel an dieselbe ablaufen lassen, wovon Ihr per copiam auch die Nachricht haben k<5nnt.

Dieses wollet Ihr (doch mit vorhergehender approbatione des Medina las Torres und habender Erlaubniss der KOnigin) selbst ihr, der Infantin; einreichen und dabei gar ein holdseliges, verliebts Compliment ablegen. Ingleichen weilen Ihr es auch gut befindt, als habe ich alles also eingricht, dass der Graf von Harrach ehister Tagen mit den joyas von hier aufbrechen wird. Von dieser Commission und Instruction, so in nix als Uberbringung und Auslieferung der joyas bestehn wird, Euch sodann ausfllhrliche Communication beschehen wird.

Und weilen auch ich meines Orts alles wollte beffordert sehen, also werden Euch die Plenipotenzen por el desposorio eingeschickt. Eines ist auf den Ktfnig selbst eingricht, weilen es also mit meiner Frau Mutter h5chstseligen Angedenkens solle gehalten worden [sein], Et hoc quidem ex hoc capite mihi summopere placeret. Ein ander ist aber col nome in bianco, dass der EOnig ein andern Minister benennen solle. Ich meines Orts wollte keinen lieber haben als Medina* ex causis vobis bene imo optime notis.

65. Or, m/olgt mOgten b praeventionem ° erachte

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Ich stelle aber alles zu des Kflnigs par lauterer eigner Disposition, deme ich mich als ein generoser* Sohn ganz er- geben thue. Plura del despacho aus der Kanzlei, quo me re- mitto.

Jetzo auch auf den anderten Hauptpunkten des despacho dieses Couriers zu kommen, n&mlich {ad machinationes regis Galliae* contra} domum nostram*, da wird Euch durch die Kanzlei gar ausfiihrlich geschrieben, sowohl auch wegen {der Volker, so nach Niederland sollen}, quo me plane remitto.2 Hiebei kommt auch in hac materia das Schreiben an K5nigb in Ziffer, die Copy wird Euch auch per cancellariam commu- nicirt. Vor allem aber halte vor hochnothwendig {et quasi pro unico remedio salvationis domus nostrae*, dass der K5nigc mit Portugal* Fried oder tregua mache}. Die Ursachen wisset Ihr am besten selbst, werden aber mit mehrerm in dem Kanzlei- despacho und dem Schreiben an K5nig ausgefuhrt. K5nnt Ihr durch Eure Cooperation dies Werk zum Stand bringen, so thuet Ihr ein gute golpe.

Auf die Rimessen8 wollet Ihr fleifiig dringen, quia sine his nihil. Uber dies habe ich Euch gn&digst nit verhalten wollen, dass Erzherzog Sigismunds* {Heirat fast richtig mit einer von Sulzbach}.4 Ich habe nit viel dabei thun k<5nnen, dann {kein ausl&ndischen partito hat man nit haben wollen, in Deutschland * ist kein katholische als diese und Baden, allwo es auch seine Hakel hat per la nascosta} und sonsten. Habe als es nit im- probiren kOnnen. Dieses habe ich Euch zu diesem Ende zu wissen machen wollen, ut sis praeparatus, wann man etwas mo- niren th&te.

Erzherzog Sigmund* wird der KcJnigin* ohne Zweifel davon parte geben. Das ist, was mir in ein und ander vor- gefallen, Euch zu erindern, im tlbrigen aber remittir ich mich plenaried auf die despachos aus der Kanzlei. Und von allem e wollet Ihr, si ita visum fuerit, dem Pater Neidhardt Communica- tion geben, ut ipse etiam suo loco cooperari possit. Es werden wieder einige recommendationes pro vellere aureo einlaufen, maxime Nostitz*6 plagt mich gar stark, ich beziehe mich aber ad priora.

65. Or, * nicht richer b folgt in hac materia c irrtiimlich AC statt AB d plenaria ° allet

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Sonsten befinde ich mich Gottlob gar wohlauf und werde morgen mein curam maialem anheben; habe auch guten Lust mit der Beiz et aliis aucupiis, allein der Wind hindert mich ziemlich oft. Hiemit etc.

1 Eine Weisung vom 17. Mai aus der Kanzlei liegt nicht vor; je- dochwirdin derjenigen vom 4. Mai ausffihrlich fiber dieFrage derTruppen- sendung nach den Niederlanden und andere damit zusammenh&ngende Fragen geeprochen. Spanien sollte mit Portugal Frieden schlietten, dann wfirde Frankreich mehr Rficksicht nehmen. Der Kaiser verlangt Aus- zahlung der rfickst&ndigen Raten und der 100.000 Scudos, die ihm ver- sprochen sind.

% Vgl. Nr. 63, S. 120 und Anm. 5.

3 Bezieht sich auf die spanischen Subsidien fur Osterreich, die Pet- ting in seinem Bericht vom 11. MaVrz erwahnt. Vgl. oben S. 119, Anm. 1, auch oben Anm. 1.

4 Marie He d wig (oder Hedwig Augusta), Tochter dee Pfalzgrafen Christian August von Pfalz-Sulzbach, geb. 15. August 1650, gest. 23. No- vember 1681. Kaiser Leopold war mit der Wahl nicht ganz zufrieden. Ale dann nach durch Prokuration vollzogener Ehe, aber vor dem Beilager, Erzherzog Sigismund starb (25. Juni 1665), kostete es viel Mfihe, bis sie vom Kaiser den Titel einer feterreichischen Erzherzogin und die ent- sprechende Apanage erhielt. Wurzbach, VII. 148. Priorato 1. c. 628.

5 Johann Hartwig Graf Nostitz-Rieneck, geb. 1610, gest. 1683, wurde 1644 Oberster Landrichter in Bohmen, 1651 Oberster Land- kftmmerer und 1652 als Nachfolger Slawatas Oberster Hofkanzler von Bdhmen. 1631 wurde er in den bdhmischen Freiherren-, 1646 in den boh- mischen Grafenstand und 1673 zum Reichsgrafen erhoben, nachdem er im selben Jahre von Kurmainz die Grafschaft Rheineck erhalten hatte. Von Spanien erhielt er das goldene Vlies.

Laxenburg, 27. Mai 1665.

Bezieht sich auf das vorige Schreiben. Der Kaiser hofft trots allem noch, dafi die Abreise im August stattfinden wird. Harrach wird bald abreisen. Castel Bodrigo benimmt sich sehr gut in den Niederlanden; wenn man ihn unterstutst, so sind die Niederlande sicher. Erzhersog Sigmund war von der Heirat nicht absubringen. Vber die Beize. Der Kaiser wird in acht Tagen nach Wien

Ziehen.

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Euer Schreiben von 22. April1 habe ich zurecht erhalten und dessen contenta wohl verstanden.

Was nun die Jornada meiner Gespons und die Abschickung der Vtflker nach Niederland [anlangt], werdt Ihr bei dem schon vor etlichen Tagen allhier abgefertigten Courier alles verstanden haben, was ich sowohl manu propria als ex cancellaria Euch gn&digst anbefohlen habe, wohinnen ich mich meistens beziehe und lege hiebei ein Duplicat des bei gedachtem Courier an K<5nig abgeloffenen Schreibens in puncto{machinationum} regis Galliae*. Was aber die gemeldte Jornada meiner Gespons anlangt, muss ich wohl bekennen, dass ich fast anstehe, was noch daraus werden wird, weilen die Herrn Spanollen also plumbeo pede darinnen progrediren. Ich will aber ein Besseres und dies hoffen, es werden seithero alle praeventiones also sein gemacht worden, dass bemeldte Jornada noch ohnfehlbar in augusto fort- gehen solle. Der Harrach ist noch nit abgereist, solle aber gar bald beschehen. Ich kann Euch auch gn&digst nit ver- halten, dass Castel Rodrigo* sich in {sein governo} also wohl verhalten thuet, dass es nit besser konnte verlangt werden, dann er {Niederland} gwiss in ein solchen Stand setzen thuet, dass er ein guetes Lob meritirt, und hat er in dieser kurzen Zeit gwiss mehr gethan und mehr praeventiones gemacht als Caracena* in viel Jahren. Habe also Euch dies zu diesem Ende wollen erindern, damit Ihr ihn bei der Kflnigin* und den mi- nistris* secundiren kflnnt. Continuirt er also, und {assistirt man ihm von dort aus}, so ist gwiss {Niederland in salvo}, und werden sich alle Sachen besser schicken, dum ferrum autem calet, cudendum est.

Ich merke wohl aus Eurer Relation,2 dass die Heirat* {mit Sulzbach} der KGnigin* und den ministris* gar nit ge- fallen wird. Weilen aber Erzherzog Sigismund* {kein aus- l&ndische partito} nit hat haben wollen, in Deutschland * { aber kein katholische Princess ist}, als hat der Kaiser b endlich liber alle angwendte remonstrationes den Erzherzog* nit weiter bringen kcmnen, und hat es gheiBen, inter multa mala minus eligen- dum. Ich habe Euch hievon zu Eurer Direction parte geben wollen und zweifle nit, der Erzherzog* werde durch Euch*

Or. * DG eine aonat nicht vorkommende Chiffrt b AE gtatl AF

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der Ktmigin* ausfiihrliche Communication von allem ertheilen lassen.

Die Beiz gehet wohl von statten, habe schon gegen neunzig Reiger gefangen. Heut acht Tag vermeine ich mich wiederum in die Stadt zu geben wegen des corpus domini und vieler Processionen wegen. Schliefilichen etc.

1 Pitting, 22. April (auf den kaiserlichen Brief vom 18. Mfirz). Die spanischen Minister sind nicht imstande, einig und ^consequent

zu handeln. Auch Lisola ist der Ansicht, man miisse st&rkere Mittel an- wenden, denn wenn die Vorbereitungen zur Reise nicht in wenigen Wochen ganz anders aussehen, so wird auch der neue Termin nicht eingehalten werden. Potting hat den Pater Cadella, der am 13. abgereist ist, gebeten, dem Kaiser fiber all dies mfindlich zu berichten. Der Her- zog von Cardona hat dieser Tage beinahe schon ,umsatteln' wollen, weil man ihm seit lange nichts ,participirt' und ihm auch kein Geldgeschenk gemacht hat. Potting hat ihn jedoch ,zurechtgebracht', da er durch seine Frau mit ihm verwandt ist. Die Hauptursache von dem Arrest des Pi- mentel ist, dass er viele Feinde hat und mit dem bei Hofe nicht gut an- geschriebenen Herzog von Medinaceli zu intim ist. Bei Hofe alles wohl. Relation von diesem Tage nicht vorhanden.

2 Dies muC sich auf die (verlorene) Relation beziehen; im eigen- h&ndigen Schreiben findet sich nichts hieriiber.

67.

Wien, io.Juni 1665.

Es ist gut, da/J einige Vorkehrungen getroffen worden sind fur die Reise, aber man sollte auch die wichtigeren angreifen. liber den Wettstreit zwischen Medina und Castrillo, den Streit tsivischen Benavente und Heril, das von Don Juan dem Konig geschenkte Bild. Harrach wird erst abreisen, bis die Abreise der Infantin sicher ist. Potting soil hiervon Neidhardt benachriehtigen und vielleicht auch die Konigin. tfber die Beize und Cadelas

Ankunft.

(Schreiben von 6. Mai erhalten.)1 Ersehe daraus zwar gern; wie dass etliche praeventiones ins Werk gericht worden, h&tte aber wohl auch verhofft, es wtlrden die gr5Cere auch also sein bestellt worden, ut nullus fuisset locus dubio.

Fonte*. II. Abt. Bd. LV1. 9

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Was anlangt, dass Castrillo* [und] Medina* concertiren de primatu und ein jeder von ihnen ein Bildl verdienen will, ich wttsste ein gutes Remedium ; wann beede unite cooperirten ad finem praescriptum und keiner den andern verhindern th&te, so wlirde das Werk zue guetem Ende kommen, und sie wtirden bei mir und alien ein groBes meritum bekommen. Esto parecen burlas, Dios haga, que vuelvan en veras. Was den Streit wegen des puesto der camarera mayor anlangt, dass n&mlich die Heril und Benevente concurriren, hat der Oberstkammerer* mir alles referirt, und obwohl ex omni capite Benevente besser war als Heril, so meine ich doch, Ihr sollt Euch nix darinnen mischen, sondern auf die wirkliche Bestellung des puesto drin- gen, abstrahendo a persona. Dass {Heril} dependent sei von Don Juan*, ist zwar gar nit guet, wtirde aber allhier weniger schaden, als in loco alldorten. Des Don Juan sein Bild, mit welchem er regem patrem regalirt hat, muss ich bekennen, ist recht misterios,b hat aber nit viel zu bedeuten. Forsan will Gott durch sein eigen Pinsel anzeigen, dass alle seine Maquinen und groCe Gedanken als wie die bullie8 in Luft und nix sollen verkehrt werden, et sic esset vates suae ipsiusmet malae for- tunae; sed haecc per transennam.

Der Graf von Harrach ist noch nit abgreist4 wegen al- lerlei Impediment. {Ich vermeine mit seiner Abschickung noch so lang zuzuwarten, bis wieder Schreiben von Euch* kommen werden, weilen die Reis doch ziemlich ungewiss aussiehet}.

Wollet von diesem auch dem P. Neidhardt* Communica- tion erstatten, et si ambobus ita videbitur, auch der Ktaigin*, ne mora videatur futilis. Und weilen auch durch die Kanzlei Euch in his geschrieben wird,6 also will ich nit die Zeit urn- sonst verlieren, sondern beziehe mich dahin.

Wir sein allhier auch alle wohlauf und sein heut acht Tag wieder in die Stadt kommen. Die Beizend sein stattlich wohl abgeloffen, wie die Beilag mit mehrerm weisen wird. Der Pater Cadella ist verschienenen0 Samstag allhier angelangt. Habe nur in passando in Professhaus am Sonntag ein paar Wort ge- redt. Werde aber mit nachstem mit ihm de omnibus ex pro- fesso reden. Verbleibe etc.

67. Or. BD ataU BO b mistreios c hae d Paissen ver-

schien.

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1 Potting, eigenh. vom 6. Mai. Antwort auf das kaiserliche Schreibeu vom 1. April.

Es werden jetzt einige Vorbereitungen gemacht, aber doch nicht genug. Uberdiee sind zwei Scbwierigkeiten zu iiberwinden, erstens daB jetzt Castrillo und Medina sich gegenseitig das Verdienst der Beschleuni- gung abjagen wollen und daher gegenseitig ihre Dispositionen storen, und zweitens, daB wegen des Postens einer camarera mayor ein Streit ent- s tan den ist, indem man frtiher die Grfifin yon Benavente ausersehen hat und jetzt die Grfifin Heril durcbaus darauf Anspruch macbt. Diese ist zwar bei der Infantin sehr beliebt, aber sie halt zu Don Juan und ist nicbt eigentlicb vom besten Blute. Don Juan ist zweimal beim Kdnig gewesen und hat die Majest&ten beschenkt, unter anderem mit einem selbst gemalten Bild, ,darauf seind zwei kleine Knaben, welicbe da zu- gleich bullas (?) [Bulla heiBt hier jedenfalls ,Seifenblase', obwohl diese Bedeutung sonst im Spanischen nicht vorzukommen scheint], ut vocant, blasen und ein anderer hinter einer Saulen thuet sich fiber diese Geschicht wundern. Dieses Concept kann unterschiedlich ausgedeutet werden, et maxime ad conformitatem genii ipsius pictoris, der mit vielen unterschied- licben Vanit&ten aufgeblasen ist*.

Die Relation yon dies em Tage ist groBenteils chiffriert (ohne gleichzeitige Auflosung). Potting ist nacb Aranjuez herausgekommen, um den Majestaten nfiher zu sein, und treibt fortwahrend wegen der Abreise. (Vgl. d. eigenh. Schr.) Er bat mit Medina ein Gesprfich gehabt, welcher meinte, es sei durchaus notwendig, daB Spanien einen ordentlichen Bot- schafter in Wien habe, namentlich, da man ja jetzt wisse, daB der Kaiser die Prficedenz des spanischen vor dem franzosischen Gesandten aufrecht erhalten will. Potting entgegnete, man werde dabei sehr achtgeben mfissen, daB nicht Streitigkeiten oder gar ein Bruch mit Frankreich ent- stehe. Don Juan war zweimal hier. Einige meinen, er wolle einen Teil am ,despacho' haben, andere, er mache Reflexion auf die polnischen Wirren (da er hoffte, gewfihlt zu werden), wieder andere, er suche nur irgend ein Amt in koniglichen Diensten, um nicht ganz miiBig zu sein. Quertreibe- reien hier gegen Portia, Empfehlung Beroldingens von Seiten des spanischen Konigs zum kaiserlichen Residenten bei den katholischen Kantonen. Der Konig befindet sich recht wohl, war mehrmals zu Pferde und wird erst in 14 Tagen nach Madrid iibersiedeln.

Dieser Relation ist beigeschlossen die Denkschrift, welche Potting am 10. Mai dem Konig in Aranjuez uberreichte, liber die Abreise der Infantin.

Die Grfifin Margareta Theresia Heril oder Eril war verwitwet. Ihr Gatte, Alfons Markgraf von Castelnovo, hatte dem groBen Hause Car- dona angehort, sie war jedoch verhfiltnismfiBig arm. Sie besaB mehrere Sobne, unter denen Don Jose" zu Ehren gelangte, und zwei TSchter.

9*

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132

Sie selbst wird als klein, ,braun oder vielmehr schwarz', sehr mager und 1672 etwa ftinfzigjahrig geschildert. Mitt. d. Inst. XII. (1890) 285/6. Priorato 1. c. III. 58. tjber ihre Sohne vgl. weiter unten.

% Oberstkammerer war Lamberg, und dieser hatte fiber die spani- schen Angelegenbeiten zu referieren. Vgl. oben Nr. 56.

3 Seifenblasen. Siebe S. 131, Anm. 1.

4 Mit den Schmucksachen fttr die Infantin.

5 Dieses Kanzleiscbreiben ist nicbt erbalten. Das unter dem Datum vom 8. Juni im F. 62 der span.Korr. eingereihte Reskript ist in Wirklich- keit erst aus dem August.

68.

Wien, 24. Juni, fiesta de S. Juan 1665.

Es ist noch nicht Mar, ob die Abreise der Infantin wirMich im August stattfinden wird. Der Kaiser wunscht die Einfuhrung der Konigin in die Geschafte sehr, dock mufi es vorsichtig geschehen. Trotz oiler Bedenken mrd Harrach mit den joyas dock abreisen. Wegen der camarera mayor darf man sick nicht einmengen. Auf Don Juan ist achtzuhaben. Der Kaiser hat die Namen- chiffern verloren. Potting soil die Kopie oder ganz neue Chiffern schicken. Er soil alles mit Neidhardt Jcommunizieren. Der Kaiser wird eine Reise nach Mariazell unternehmen. Vber Erzherzog Siegmunds Heirat.

Aus Eurem Schreiben von 20. Maii1 habe ich mit meh- rerm verstanden, class die praeventiones beftfrdert werden und dass man Euch aller Orten gwiss versichert, der Aufbruch statuto tempore gwiss geschehen solle, quod faxit deus, videtur tamen adhuc res non esse utcunque in claro. Auf Eure rela- tiones aus der Kanzlei, auf welche auch ein Antwort bei dieser Kanzlei kommt,2 habe ich nur ein zwei Punkt erlautern wollen. dass {die Ktfnigin sich in negotia einmischen solle}, wird in der Expedition aus der Kanzlei was obscure* gesetzt, ut quasi videatur, {me} ad id non inclinare, ich aber verlange es gar

68. Or. * un/ficker

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hoch, allein cam grano salis, cantissime et ne odium in me, vos et {P. Neidhardt} cadat. Euer Prudenz und Dexterit&t wird* alles remediren ktfnnen. die {Abreis des Harrachs con las joyas} betreffend muss ich bekennen, dass mich Euer Schreiben anstehen gemacht, indeme Ihr meldet, es seie wohl zu consideriren, ob sich damit bei so beschaffenen Dingen zu iibereilen. Weilen ich aber ein Courier auf Napoli geschickt habe, die Zeit des Auf bruchs der Galeeren eigentlich zu wissen, also bin doch resolvirt, das Werk fortgehen zu lassen, ne videamur nos in mora huius negotii. die camarera mayor betreffend bleibe ich bei meiner Euch jiingst liberschrieben lieinung, dass wir unsers Orts uns mtissen passive halten, nur dass eine ehistens declarirt werde, quod volo iam factum spe- rare. meine ich sollt Ihr continuiren, {auf des Don Juan machinationes} wohl acht zu haben; dann ich besorge inde multa mala.

Dies ist, so mir tiber dasjenige vorfellt, so Euch aus der Eanzlei geschrieben wird, wohin ich mich remittire.

Ferners kann ich Euch gnadigst nit bergen, dass ich die mit Euch habende Zifra der nomina secundum alphabetum verlegt habe und nit finden kann, also wollt Ihr mir ein co- piam schicken oder selbe gar todern,b wie Euch rathsamer be- dunken wird. Inzwischen werde ich mich wie in diesem Schrei- ben des Quaternarii simpliciter gebrauchen, ohne Einmengung der Wort oder nominum. Von obigen alien die Materialien der Abreis betreffend zweifle ich nicht werdt Ihr dem P. Neidhardt parte geben, welcher gwiss viel cooperiren kann und Euch dessen Hilfe gar ntttzlich sein wird.

Sonsten befinde ich mich Gottlob gar wohlauf und werde kOnftigen Samstag ein Wallfahrt nach unserer lieben Frauen Zell8 antreten und ein zehn Tag ausbleiben. Principalis sco- pus huius meae peregrinationis;b beatissimam virginem invocare, ut meam dilectam Margaritam brevi et salvam et incolumem ad me perducere velit. Verbleibe etc.

P. S. Ich habe vergessen, Euch zu avisiren, dass nunmehr des Erzherzogs Sigmund Heirat mit Sulzbach nit allein vGllig geschlossen, sondern sogar den 13. dies das desposorio gehalten

68. Or. * wird wird b unsicher

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worden. lam iacta est alea, man moge dazu sagen, was man wolle. Die Hochzeit solle im principio Septembris gehalten werden. E questo vi basti per aviso.

1 Potting, 20. Mai, eigenh. Antwort auf das kaiserliche Schreiben vom 15. April.

Der Konig hat sich in Aranjuez recht wohl befunden, ganz fiber alles Erwarten. Er hat vor Potting auf der Jagd mit einem SchuB einen groBen Wolf getotet. Gestern (19. Mai) ist die konigliche Familie wieder hereingezogen. (Vgl. d. Diarium sub eod. d.) Die Infantin hat einen Tag vor der Abreise von Aranjuez mit einigen Gehilfinnen vor den Majestaten eine Komodie gespielt, wobei sie einen Soldaten darstellte, und dafiir hat ihr, offenbar auf Veranlassung der Heril, Don Juan Hut, Band und Degen geschickt. Am selben Tage war ein kleines Feuer in der koniglichen Woh- nung ausgebrochen. tJber die Abreise der Infantin hat er vom Konig und den Ministern gute Versprechungen erhalten. Die Galeeren sollen Ende Juni da sein. Sobald diese anlangen und die camarera mayor ernannt ist, schickt er den Kurier. Die Heril bemiiht sich sehr um den Posten. Man wiinscht hier sehr die Ubersendung der Kleinodien, aber es ist wohl besser, damit zu warten, bis die Reise ganz sicher ist. In der Relation vom selben Tage berichtet Pitting, dafl der Konig sich wegen der Abreise sehr gtinstig erklart habe, ebenso Medina wegen Eraennung eines Bot- schafters fiir Wien. Lisolas Negotiation hat gut begonuen. Man ist hier auch fiber die polnischen Verh&ltnisse besorgt und bereit, ent- sprechend Lisolas Anbringen eine Geldhilfe zu leisten. Die Einfiibrung der Konigin in die Geschfifte ist schwierig, da sie selbst indifferent ist. Medina meint, der Kaiser solle selbst dem Konig dariiber schreiben unter dem Vorwande, daB ihm ein Teil der Staatsgesch&fte abgenommen werden solle, um ihn zu entlasten etc.

% Kanzleireskript vom 24. Juni nicht vorhanden. 3 Mariazell in Steiermark.

69.

Wien, 3-Juli 1665.

(Dutch Kurier,) Nachricht von Erzherzog Siegmunds Tod. Desto- mehr ist auf die Abreise der Infantin zu dringen. Potting soil die Majestaten und Minister aufsuchen, die Antwort eines jeden berichten, alles mit Neidhardt kommunizieren. Harrach wird in einigen Tagen abreisen. Potting soil deti Kurier gleich wieder zuriicksenden. Die Namenchiffern haben sich wieder gefunden.

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Die Zeller Reise ist wegen des Todesfattes auf den August ver- se/when warden, da die Tiroler Binge geordnet werden miissen. Tod Notha/fts. Vbersendung von Schreiben an den Konig und

die Konigin.

Die Ursach der Abfertigung dieses Couriers ist der lei- dige und ganz unverhoffte Todfall des Erzherzogs Sigmund, welcher an einen Schlagfluss (ita loquuntur medici oinipontani)1 den 25. Junii um zwei Uhr vor Tags von dieser Welt abge- 8chieden.a Wie schmerzlich mir dieser Fall vorkommen, werdt Ihr leicht erachten, indeme ich S. Ld. sel. allzeit inniglich ge- liebt habe, auch er ein Herr war von alien Parten und Quali- t&ten, so ein solchen Herren wohlanstehen, welcher auch in perfectissima aetate humanae vitae in 35. Jahr in Brautstand, dass er noch in September hfttte das Beilager halten sollen, hat miissen sterben. Ma patienza, Gott hat es also gwollt, fiat voluntas eius.

Die Consequenzen, so auf diesen Fall folgen, sein leicht zu erachten; habe also auch ftlr nothwendig gehalten, wegen meiner Gespons Abreis nochmalige u. zw. ganz inst&ndige In- stantien zu machen, wie Ihr mit mehr aus einem andern Kanzleidespacho 2 verstehen werdt, welchem Ihr in allem punc- tualiter nachkommen sollet, dann einmal iezo nit mehr zu scherzen, indem ich unicus huius lineae germanicae sum.

Wollt also die motiva, so [in] dem bei dem obigen des- pacho liegenden Memorial1* begriffen sein, fleifiigst repraesentiren nit allein Ihren Majest&ten dem Konig und der KOnigin, son- dern auch den alldasigen ministris, u. zw. nit einem allein, dann sonst wird flirwahr dies Werk nit fortgehen. Wann dies- mal die Spanier die Augen nit aufmachen, so ist ihnen ja ein- mal nit zu helfen, dann es ja an deme ist, dass durch die Be- ftJrderung oder VerzOgerung dieser Reis unsers Haus Aufhehmen oder Ruin kann zu Werk gricht werden.

wollt Ihr alles specifice berichten, was Euchc ein jeder Minister in specie geantwort hat.

wollt Ihr von alien dem P. Neidhardt Communication thun, dass er seines Orts auch cooperiren ktfnne.

69. Or. * abgeschidt b memolia c Eur

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mtis8en halt alle obstacula (sint cuiuscunque* generis) amovirt werden, ne hoc magnum opus aliquo modo in difficul- tates ponatur.

habe ich resolvirt, dass zu mehr[erer] Appretirung dieser Jornada der Graf von Harrach mit den joyas in drei oder vier Tag wirklich von hier abreis. Dies ist, so Euch aparte zu erinnern flir guet befinde. Remittir mich sonsten in alien auf dasjenige, so in despacho der Kanzlei begriffen; mich daucht, es sei alles darinnen. Wollet alles anbefohlenermaCen exequiren und alsbald den Courier wieder zurticklaufen lassen, ut sciam, quid nobis faciendum sit. Ich habe Euch in mein jttngsten Schreiben auch erindert, dass ich mein mit Euch habende Ziffer der nomina secundum alphabetum verloren hatte. Weilen ich aber seithero in Nachsuchen selbe wieder gefunden, als habe ich es Euch hiemit wieder erindern wollen. Unser Zellerb Reis hat sich verschoben wegen dieses traurigen Falls, hat mich erst in zweiten Tag der Reis angetroffen, bin also stracks zurttck, weilen viel in ein Ordnung zu bringen wegen des Guberno selbiger Lande. Bin noch resolvirt, solche Zeller Reis in August wieder zu continuiren, will hoffen, sie werde nicht mehr durch dergleichen accidentia verhindert werden. Gestert ist auch der Graf Nothafft Reichshofrathsvicepraesident an Schlag gestorben,8 cuius anima sit in pace. Verbleibe etc.

[P. Scr.] Habe nur Euch avisiren wollen, dass hiebei zwei Schreiben an den K5nig liegen. Eins ist zeichnet mit o und dies begreift allein in sich die Notification des Todfalls, das zweite ohne Zeichen betrifft die Beftfrderung der Abreis der Infantin. Das flir die Kflnigin ist zugleich in beeder Materi. E questo vi basti per aviso.

1 Man sprach sp&ter da von, er sei von seinem italienischen Leib- arzt Agricola vergiftet worden. Vgl. jedoch Egger, Gesch. Tirols II. 429.

2 Kanzleireskript vom 3. Juli fehlt.

3 Reichshofratsvizeprasident Johann Heinrich Nothafft von Werden- berg; wiederholt vom Kaiser zu diplomatischen Zwecken verwendet.

Or, a cuiusquo b Zeiller

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70.

Wien, 8. Juli 1665*

Befriedigung uber die Nachricht von dern guten Stande der Vor- bereitungen jsur Abreise der Infantin. Nur moge der Hofstaat Jdein sein. Harrach wird morgen abreisen. Potting soil ihm seine Instruction dechiffrieren helfen. Er bringt auch einen Wechsel fur Potting mit. tJber die von Potting und Lisola entdeckten franzosischen Machinationen in Catcdonien, die grofie Hitze und die bevorstehende Jagd.

Ich habe mit sondrer Consolation aus Eurem gehormsami- sten Schreiben von 3. Junii1 verstanden, dass nit allein alle Personen von k5niglichenb Haas sich wohlauf befanden haben aufter der KOnigin Xaqueca, sondern dass numehr alle prae- ventiones also eifrig beschleunigt werden, dass Ihr an wirk- lichem Erfolg der Jornada ganz nit mehr zweifeln th&tet. Ihr kOnnt Euch leicht einbilden, dass das gar ein guete Zeitung vor mich sei; und gereicht mir zu gn&digsten Gefallea, dass Ihr so assidue nnd fleifiig dies Werk urgirt.

Wollt nit aussetzen, sondern allzeit ferners dringen und treiben, quia Hispanica tarditas semper indiget calcaribus. Und weilen ich auch ohnlftngst per cursorem Euch alle Nothdurft iniungirt (durch welche Occasion Ihr auch den traurigen Todes- fall des Erzherzogs Sigmunds werdt verstanden haben)2 als thue mich auf dasjenige beziehen, wie auch auf das, so die heutige Ordinari neben einem Duplicat des vorigen despacho bringen thuet, und werde ich wohl gern vernehmen, was fttr ein spanische Hofstatt0 aufgenommen worden, pur che sii pic- ciola di numero, dann sonsten es gar zu viel Plagen gibt.

Der Graf Ferdinand von Harrach ist schon vOllig des- pachirt, wird morgen, wills Gott, von hier abreisen. Und weilen ex certis causis seine Instruction in Ziffer hat mtissen gesetzt werden und hiezu Eure gebraucht worden, also wollt Ihr bei seiner Hineinkunft ihme selbe Eur Ziffer alsbald communi- ciren, auf dass er seine Instruction deciffriren kSnne.

70. Vom Registrator irrtiimlich 28. Juli dtUiert und dem enUprechend nach dem Schreihen vom 21. Juli eingebunden Or. b kOniglich c hoffsta?

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Er Graf bringt mit sich hinein ein Wechsel Euer adiuto betreffend, wie Euch ohne Zweifel durch die Hofkammer wird intimirt werden. Was sonsten anlangt dasjenige, so Ihr mir avisirt habt {circa machinationes in Catalania,8 welche Patting* und Lisola descoprirt und dem Konig * angezeigt haben, so von Embrun* et aliis sollen dirigirt werden, muss ich* wohl bekennen, dass ein absonderliche Schickung Gottes seie, dass die machina scoprirt worden und hat Pfttting* gar wohl ge- than, dass er dem Konig* alles angezeigt habe; auch auf dessen Befehl mit Medina* conferirt haben. Das secretum ist von- nctthen. Allhie weiC niemands was davon als ich und Lam- berg * }, werde also erwarten, was Ihr mir ferrers in hac materia schreiben werdet {und was der K6nig* hierauf resolvirt habe; auch [ob] usualia remedia applicirt* worden}. Haec pro nunc sufficiunt. Die Hitz ist anitzo gar groC. Morgen will ich ttber Nacht auf ein Jagen, um die Kfilte morgens und abends besser zu godiren etc.

1 Potting, 3. Juni, eigenh. Antwort auf das kaiserliche Schreiben vom 29. April.

Die Vorbereitungen ffir die Jornada4 gehen jetzt so, daB man am Erfolg nicht zweifeln kann. Er bittet um endliche Anweisung des er- betenen ,adjuto', da er aus Mangel an Geld gar keine Vorbereitungen treffen kann. Wer der zweite kaiserliche Minister sei, den man in Ver- dacht der Korrespondenz mit Frankreich hat, wird er zu ergrfinden suchen. Er und Lisola haben entdeckt, daJ3 Embrun in Catalonien einen neuen Aufstand zu erwecken suche, haben es dem Konig hinterbracht und auf dessen Befehl gestern ausftihrlich mit Medina dariiber konferiert. In seiner Relation erwfihnt er nichts davon, um das Geheimnis nicht zu gefahrden, ebenso schreibt er dem Grafen Lamberg nur einige Worte dariiber. Bei Hofe alles gesund.

Die Relation vom selben Tage verbreitet sich fiber die Vor- bereitungen ftir die , Jornada*, Geldforderungen des Papstes an Spanien fiir seine im vorigen Jahre dem Kaiser geleistete Geldhilfe, weitere Nach- richten La Fuentes fiber Ludwig XIV. drohendes Benehmen etc. Bei- liegend ein Schreiben des Luis de Oyanguren vom 3. Juni fiber die Vor- bereitungen.

% Vgl. oben das Schreiben vom 3. Juli, S. 135.

70. Or, * Die Chiffern sind hier sum Teile irrig angewendet, dock %»t die obige Auflosung ziemlich richer.

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3 Vgl. Pribram, Lisola 269 f. nach Lisolas Berichten vom Juni bis August 1665. Darnach bestand in Catalonien in mehreren Hafenstfidten und sogar am Hofe eine Verschwflrung im Interesse Frankreichs. Ein be- stochenes Mitglied derselben berichtete alles, was vorging, unter anderem, daB Don Juan mit den Franzosen verhandle, daB Ludwig XIV. den Krieg gcgen Spanien beginnen wolle, wenn dieses mit Portugal Frieden schlosse etc. Es kann kein Zweifel dariiber bestehen, daB Lisola die Lei- tung der Dinge hatte. Es wurde ihm sehr schwer, die Spanier zu ener- gischen MaBregeln zu bewegen. Am 18. Juni schreibt er (St. -A. Hisp.), er habe mit Medina verhandelt, ,et inprimis non solum suasi sed importu- nitate extorsi, ut literas Gallorum, quae per postam mittuntur, clam re- secari curaret, ut certiora machinationum elicerent indicia; mirum est et pene incredibile, quantopere adlaborare debuerim, ut tarn necessario ac 8alutari consilio acquiescerent.'

71.

Wien, p. Juli 1665.

Bekommandationen an Potting fur Harrach und einige mit ihm

reisende Kavaliere, besonders Zweyer und Gerard van ScJUoss,

welch letzterer die konigliche Familie portrdtieren soil.

Weilen ich mich entschlossen, den Grafen Ferdinand von Harrach in Spanien zu schicken, uni {die joyas zu Uberliefern} und den Konig flir dies ganze Werk Dank zu sagen, also habe ich ihn mit diesen meinen Schreiben begleiten wollen, und werdt Ihr mit mehrerm sowohl aus seiner habenden Instruction al8 dem an Euch mitbringendem Kanzleidespacho ersehen, was ich vermeine, dass bei diesem Werk zu beobachten sein mOchte.1 Beziehe mich kttrzlich darauf und wollet* alien darinnen be- griffenen punctis fleiCig nachkommen. Ichb recommendire auch Euch sein des Grafen Person, wollet ihm in sein Anliegen- heiten an die Hand stehen und ihm in allem assistiren. Er wird in seiner comitiva unterschiedliche cavaglieri mitbringen; als den jungen Graf Kaunitz, den Fritz von ScherfFenberg, so bei Erzherzog Karl Edelknab gwest, und den Ferdinand Zweyer.2 Diese wollet Ihr Euch alle befohlen sein lassen, ab- sonderlich aber den Zweyer, als der mir sechs Jahr vor ein

71. Or. » wollen b In

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Edelknaben gedient und sich allzeit also verhalten, dass er nie- mals einige Mortification* und Straf verdient hat.

Dieser reist hac occasioneb hinein und will unter des Ktfnigs Waffen militiren, verlangt auch ein abito de Calatrava;8 weilen nun seines Vaters des Oberst Zweyr merita0 und un- serm Haus geleiste Dienst darinnen gar wohl bekannt sein, und ich daher nit zweifle, sie ihme gern helfen wollen, so habe ich Euch doch ihn Zweyr gnadigst recommendiren wollen, Euch befehlend, Ihr v.ollet ihm in alien an die Hand stehen, damit er seine Intention erlangen m5ge, welche ich ihm herz- lich gern g5nne, dann er ist ein armer Schelm und verdient alles wohl.

Mit dieser Qelegenheit schicke ich auch hinein meinen Kammerdiener Gerarden von Schloss, gallice du Chatto.4 Dieser ist ein Briissler, also des Kflnigs Vasall und ein Mann, der alles verdient. Er ist ehrbar erzogen, fromm und malt gar wohl, absonderlichen in kleineren Contrafeiten, wie er dann auch das- jenige gemacht hat, welches ich Euch vor ein Jahr geschickt hab.d Dahero ist mein Intention und Verlangen, dass Ihr ihn neben dem Harrach suchet zu introduciren, auf dass er die Erlaubnis bekomme, mein Gespons, die Ktfnigin und den Prin- zen abzuemalen. Opus laudabit magistrum. Er hat mein groC und klein Conterfait gemacht, so von Harrach mit hineinbringt. Dies ist also mein gar hohes Verlangen, dann die spanischen Malereien giben mir ganz kein Satisfaction. Kftnnt Ihr dem armen Teufel helfen, dass er was erschnappen kann, so ist es ein guetes Werk.

Das mehrere werdt Ihr von Grafen von Harrach zu vernehmen haben, auf welches ich mich beziehe etc.

1 Kanzleireskript vom 9. Juli nicht vorhanden.

2 Der hier genannte Kaunitz dflrfte Dominik Andreas sein (1655 1705), der dann allerdings erst 10 Jahre alt gewesen ware. Dieser hat sich spSter als Diplomat ausgezeichnet und in Mahren ein groBes FideikommiB gegriindet.

Ein Friedrich Siegmund von Scherfltenberg findet sich im Jahre 1673 1674 als Kfimmerer des Kaisers aufgezahlt. (Cod. d. Hofbibl. 14071, fol. 9vo.) Potting erwahnt ihn iin Diarium am 23. Juli.

71. Or. ft m(a)rification b occasion e meria d hatt

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Freiherr Ferdinand Zweyer von Effenbach ist ein Sohn des Obersten Baron Zweyer, der Vertreter des Kaisers bei den katholischen Kantonen der Schweiz gewesen war. (Gauhe, Adelslex. II. 3024.) Dieser letztere muO damals vor kurzem gestorben sein, da sein Schwager Beroldingen beim Kaiser um Verleihung dieser Stelle bat und vom Konig von Spanien hie- bei untersttttzt wurde. (Vgl. Potting vom 31. Jan. und 6. Mai 1665.) Fur Ferdinand findet sich ein Rekommandationsschreiben des Kaisers an Potting vom 7. Juli 1665. Span. Korr. 62, Weisungen. (Vgl. auch Dia- rium vom 23. Juli 1665.)

3 Er verlangt also Aufnahme in den Orden von Calatrava. Das ,habito' wird vom K<5nig, als GroCmeister des Ordens, verliehen.

4 Vgl. oben Nr. 46.

72.

Wien, 21. Juli 1665.

tJber die Unordnung der Post. Die Expedition ist neulich dutch die Schuld des Sekretdrs Schidenitz vergessen worden. tJber die Abreise der Infantin, die Ernennung der Grafin Benavente und Machinationen Ludwig XIV. Potting soil zum Frieden mit Por- tugal drdngen, Caracenas Operationen geben nicht viel Hoffnung. Potting soil iiber die Deutschen im spanischen Heere berichtenf besonders iiber Hochenfeld. Uber einen Bericht La Fuentes an Konig Philipp, der von Auersperg herkommt, iiber die Klagen des Erzbischofs von Salzburg gegen Bojas, sowie die Ausstreu- ungen Auerspergs uber Gonzaga und andere. Der Kaiser hat den Fiirsten Dietrichstein zum Obersthofmeister der Infantin er- nanntt doch noch nicht offentlich. BeJcommandation der Praten- sionen der verwitweten Kurfiirstin von Bayern und des Bischofs von Freising. Harrach ist am 10. abgereist. Potting soil Me- dina fur die Nachrichten iiber Auersperg mid andere danken.

(Bericht von 18. Juni1 erhalten, aber die Post kommt noch immer um drei Tage zu spat. Sollte ;Pfitztag' kommen, damit bis Mittwoch Zeit zum Dechiffriren und Antworten ware.)

Ich habe observirt, dass des Medina* seine Schreiben all- zeit um ein oder zwei Tag frischer sein als des KOnigs und aller andern. Ex hoc infero, {weil er correo mayor ist}, als braucht er seine Gelegenheit. Dies habe ich nur pro vestra

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notitia Euch erindern wollen, und [wollet] data occasione zu- sehen, dass es bei balder Expedition verbleibe. Iezo komme ich auf Euer Schreiben et quidem punctatim, damit ich mich nit confundir et quidem habe ich drei Tag nach Ablaufen des Couriers erst erfahren, dass aus des {secretari Schidenitz}*2 descuydo solches hinterblieben. Habe ihn gwaltig deswegen besprechen lassen. Weilen aber gleich bei folgender Ordinari alles hineingeschickt word en, werdt dieses nunmehr remedirt werden. Was et quidem principaliter die Abreis meiner liebsten Gespons anlangt, da freut mich von Herzen, quod lenti incipiant e somno surgere, und dass man anhebt, die praeven- tiones zu maturiren; weilen aber die Verliebte gar argwohnisch sein, also muss ich bekennen, dass ich kein Ruhe habe, bis der actus desponsationis voruber und die Infantin nit allein von Madrid abgereist, sondern gar enbarquirt sein wird. Dann wer weiC, {ob nit der Kflnig*, ich*, Ihr* und alle von den mini- stris* nit betrogen werden}, tempus autem omnia docebit et qui- dem brevi.

Entzwischen aber mtissen wir alien FleiC anwenden, dass alles werkstellig gemacht werde. Und wie ich ktirzlich bei eigenen Courier post mortem serenissimi in alien weitlaufig habe Euch instruiren lassen, als thue mich v5llig dahin berufen, nebendeme was bei dieser Ordinari auch durch die Kanzlei Euch befohlen wird.3 habe ich gar gem verstanden, dass die condessa de Benevente zur camarera mayor declarirt worden, und ist wohl zu lachen, dass die Heril so ein artlichen Abzug von Hof genommen. Wannb die andere guarda mayor und se- nora de honor auch guete Weiber sein und nit unruhig, so hoffe ich wohl mit ihnen auszukommen. De Benevente ut ca- marera mayor* plura inferius occasione alterius materiae. Was die {machinationes regis Galliae* contra domum nostram* anlangt}, will ich die fernere Nachricht erhalten. In dieser Materi habe ich liber Italien ein anders Schreiben von Euch von 9. Junii4 erhalten, so ich hoc loco avisiren wollen, {und wird dem Embrun* seine Blendwerk schonc an Tag kommen. den Frieden mit Portugal* betreffend muess Potting* kein

72. Or. Sidinic in Chiffern b Wird wann etc. e werk schon ist in den Chiffeim gam verschrieben.

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FleiC sparen sowohl bei dem Kflnig* als den ministris*, dann hiervon domus nostrae* salus vel ruina hangen thuet}.

die operationes des Caracena anlangend6 wollte ich wtinschen, dass guete Progressen geschahen, aber es hat kein rechts Ansehen dazue. Weilen es doch allweil etwas geben wird und ich gar viel bekannte Officier darinnen habe, also wollet Ihr allzeit Euch erkundigen und mir berichten, wie ein und der andere sich verhalten thue. Unter andern ist unter dem caraf- fischen Regiment zu Pferd hinein ein junger von Hachenfeldt;6 mtfchte wohl wissen, ob er noch darinnen und wie er sich ver- halten thuet, dann er mein Knab gwesen, aber propter certas causas von Hof weg mlissen.

Ich habe auch aus Eurer Relation mit groCer Ver- wunderung gesehen, was La Fuente * an den KOnig * berichtet hat. Nun zweifle ich gar nit, anzi b certissimo, dass alles von Auersperg* herfleuCe, als der dem La Fuente* solche Sachen instilliren thuet, dann er der Katzen die Schellen nit anbinden wollte.

Aber man merkt leicht solche saubere Sttickel.

Was nun P. Rojas* anlangt, ist zwar nit ohne, dass der Erzbischof von Salzburg* etwas an mich* deswegen geschrieben hat und sich ttber des P. Rojas* Procedieren con mal termineb beklagt, weilen aber Erzbischofs * humore bisuetico gar zu be- kannt, als hat der Kaiser* nit vermeint,6 der Mlihe wert zu sein, solches dem Konig* zu avisiren, urn dadurch zu des P. Rojas* et consequenter Medina* discredito kein Ursach geben sollte. (!) Ecce tota historia in compendio.

Das verdrielH mich aber gar viel, dass Auersperg * so viel Herz hat, durch La Fuente* et Peneranda* dem Konig* in Kopf zu bringen, dass Gonzaga* per imperatricem viduam * {suche al valimiento zue kommen}, dann hoc est toto caelo di- versum. Das ist wahr, dass der Kaiser* oft mit Gonzaga* redt und unterschiedliche negotia conferirt. Warum? Weilen Gonzaga* ein ehrlicher Mann und treuer Diener unseres Hauses* ist. Aber Auersperg* wollte gern alle discreditiren,d

72. Or. * C.J. Dieae Chiffre kommt aonst nicht vor; die obige Aufiorung i*t gerichert durch eine Stelle in Pottinga Brief vom 27. August b termin c vermain d discretiren

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ut videatur solus omnia facere. Aber der Hacken will ich schon ein Stiel finden. Noch nngereimter aber ist, dass Auers- perg* per suos den Kflnig* tiberreden will, er solle bei mir* intercediren, dass er* {Hofineister bei meiner Braut* sein solle}; aber weit gefahlt, dann aus diesem wird nix, anzi weilen ich sicher, dass Auersperg* kein Ruhe hat und alleweil nur intrisi machen wttrde, also will ich dem vorkommen und habe mich nach reifer Deliberation entschlossen {vor einen Obristhofmeister der Infantin* den Ftlrsten von Dietrichstein, Euren* Schwa- gern anzunehmen}.7 Diese Resolution habe ich allhier noch nit publiciren [lassen], ex causis, so Ihr Euch einbilden k&nnet, sondern der Kaiser* {avisirt es nur Pitting* pro sua notitia et si ita videbitur kann Pfttting* diese des Kaisers* Resolution dem Kflnig*, der Kflnigin*, den ministris* und P. Neidhardt* sub fide secreti [communiciren]}. Ich stelle aber Euch alles zu Eurer Discretion und erindere Euch nochmals des secreti. Mit dieser Occasion des Auersperg* Machinen meine ich sei sehr nothwendig, dass PStting* {bei camarera mayor, guarda mayor [und] senora de honor* praeoccupire, dass sie sich von Auersperg* nit lassen einnehmen, dann deren gar zue groCe Confidenz mit ihm* wttrde mir* gar nit gefallen}.

bin ich gebeten, der Kurftirstin Praetension nochmals Euch zu recommendiren. Mir wttrde wohl ein sonderliches Ge- fallen geschehen, wann der gueten Fraue kunnte geholfen werden. In simili recommendir ich bei dieser Occasion regi catholico den Bischof von Freising,8 so des alten Herzogs Al- brechts in Baiern filius natu minor, welcher etwas erschnappen wollte von des Erzherzogs sel. sicilianischen Pensionen. Valeat quantum valere potest, ich thue es nur, mich zu sbrigiren. Sonsten befinde ich mich Gottlob bei gueter Gesundheit; der Ferdinand von Harrach ist den 10. dies Abends um 4 Uhr von hier abgereist, wird vor diesem schon darinnen angelangt sein, utinam podiesse trocar las joyas con la joya mas linda del uni-

72. Or. DD, DE, DF. Die obige Auftbstmg ist fur DD sicker; die beiden anderen Chiffem kommen sonst nicht vor. Ihre Bedeutung ist aber ziem- lich gesichert durch eine Stelle in Pottings eigeixh. Briefe vom 21. August, too er sagt, er werde den Befthl des Kaisers bei der camarera mayor und denen damasen ausrichten. Dafi es aber gerade die beiden oben genannten Damen sind, macht die Stelle oben S. 142 gegen Ende wahrscheinlich.

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verso, significo mi Ulrica Margarita. Deus omnia dabit, in ilium spero, tamen non sine timore.

Und verbleibe etc.

[P. Scr.] Potting* {solle im Namen des Kaisers* Medina* danken ob notitias wegen des} Auersperg* et sic de caeteris, {auch ihn des secreti} in hoc et aliis versichern.

1 PStting, 18. Juni, eigenh. Er hat den kaiserlicben Brief vom 17. Mai erhalten, nicht aber die Kanzleireskripte. Den Brief des Kaisers an den Konig wegen Beschleunigung der Abreise hat er ubergeben. Die Vorbereitungen sind in gutem Fortgang. Gestern ist die Grftfin von Be- navente zur camarera mayor ernannt worden. Cardona ist sehr unverlfiB- lich. und obwohl er (Potting) ihn dazu beredet hat, seine Ernennung (zum Begleiter der Infantin) dem Kaiser zu notifizieren, so ist es trotzdem moglich, daC er plotzlich zuriicktritt. Indessen wttrde sich wohl ein anderer finden. Der Konigin, welche ihn sehr unterstfitzt, und der In- fantin hat er die kaiserlichen Schreiben ubergeben. Der Konig wird un- zweifelhaft das Prokuratorium ffir das Desponsorium tibernehmen, sonst milGte es Medina erhalten. Wegen der Machinationen des Konigs von Frankreich und der Truppen, die nach den Niederlanden sollen, konnte er nichts Besonderes tun, da ihm Instruktionen fehlten. Lisola wird fiber diese Dinge berichten. [Vgl. die Anm. zum Briefe vom 8. Juli. Lisola berichtet iiberdies, daB auf seine Bitten hin ein franzosischer Edelmann, sehr ver- traut mit Milit&r- und Flottenangelegenheiten, ein Freund Lisolas und Feind der damaligen franzosischen Regierung (wohl Chavagnac), nach Barcelona gesendet worden 8ei, um die Plfine der Franzosen zu erfahren. Fenier habe er von den Spaniern das Versprechen erwirkt, daB die In- fantin nicht zu Barcelona, sondern in Valencia zu Schiffe steigen solle. Leopold antwortet Lisola s. d. 20. Juli dankend.] Mit Portugal wird wohl Frieden geschlossen werden mtissen. Die gegenwfirtige Campagne kostet 11 Millionen ohne irgend einen Erfolg. DerErzherzogSiegmund hat seinen EntschluB, sich mit einer Prinzessin von Sulzbach zu verm&hlen, nach Spanien notifiziert. Was er (Potting) in seiner Relation fiber P. Rojas berichtet hat (nicht vorhanden), ist alles Erfindung Auerspergs, der es dem La Fuente geschrieben hat. Medina meint, der Kaiser mfisse einmal Auerspergs Unbesonnenheit dfimpfen. Bei nachster Ordinari wird er wohl die Kopien der betreffenden Schreiben schicken konnen. ,Der Fuente be- richtet noch darfiber, dass Gonzaga sich gar stark medio imperatricis bei E. K. M. allgemach in die negotia eindr&ngen thuet, und dass der Konig auf alle Weis dahin trachten sollte, E. K. M. zu vermogen, den Auersperg supremum praefectum imperatricis sponsae zu constituiren und sodann ihme die Direction und Incumbenz der Negotien anzuvertrauen. In summa, diese liga des Auersperg, Fuente und PeSeranda, wie mich Medina assi- Fontes. II. Abt. Bd. LVI. 10

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curiret, ist in summo flore. Medina bittet allein, E. K. M. wollen Ihro belieben lassen, diese und alle andern Notitien in hochstem Geheim zu halten, dann Auersperg ruhmt sich, dass ibm alles communicirt wird, und vermittels seiner wird es Pefierada inn en!' Einiges iiber Toison, Noetitz ist von Auersperg abhfingig. Erw&hnung einer Rimesse yon 150.000 (Scudi).

P. S. Die Heril bat sicb disgustiert vom Hofe zurflckgezogen, ob- wobl der Konig ihre zwei Tochter zu Hofdamen der Konigin gemacht hat.

2 Es handelt sich um das in Puttings Scbreiben erwahnte Versaum- nis, daC die Kanzleischreiben ihm nicht zugekommen waren; sie waren also einfach vergessen worden. Der Sekretar Schidenitz oder Schide- nitsch war ein alter Beamter, seit 1656 Assistenzrat der Hofkanzlei, ,ein schemes, altes, wohlfundirtes Protokoll', wie ihn Lobkowitz nannte. Wolf, Lobkowitz 223.

3 Kanzleireskript vom 21. Juli nicht vorhanden.

4 Dieses fehlt. Es findet sich nur eine Relation vom 16. Juni mit P. Scr. vom 17. und beiliegender Kopie einer Mitteilung des Oyan- guren fiber die erfolgte Ernennung einer Camarera mayor etc. vom selben Datum.

5 Caracena hatte nfimlich das Oberkommando der spanischen Armee ubernommen und riihmte sich, direkt gegen Lissabon marschieren zu wollen. Er hatte 15.000 Mann zu Ful3 und 6000 zu Pferd zur Ver- rugung. Bald erlitt er jedoch (17. Juni 1665) die furchtbare Niederlage von Villaviciosa oder Montesclaros, hatte aber die Kiihnheit, dem Konig zu schreiben, daB er mit einigen Verstftrkungen die Eroberung vollenden werde. Passarello, Bell. lus. IX. 416 sqq. Lafuente XVI. 501 f. Rosseeuw St. Hilaire XIV. 262. Dunlop I. 630 ff. Fiir die Tatigkeit der Deutschen Priorato 1. c. 624 ff. Zu Caracenas Gunsten spricht die Re- spuesta apologetica, fol. 189 213 des Codex 5685 h der Wiener Hof- bibliothek, eine nicht uninteressante Flugschrift aus dem Jahre 1665.

6 Graf von Hohenfeld; vermutlich Otto Hcinrich, geb. 1645, spftter geheimer Rat, gest. 1719. Ober bo in Benehmen in Spanien vgl. Potting, 27. August 1665.

7 Dies ist Fttrst Ferdinand Dietrichstein, damals Statthalter in Mahren. Es sollen ihm 14.000 fl. Pension zugesichert worden sein fflr die Obernahme der Stelle. Er war mit einer Eggenberg verehelicht.

8 Albert Sigismund, jungster Sohn Albert VI. und Vetter des da- mals regierenden Kurfttrsten Ferdinand Maria (1651 1679), geb. 1623, wurde Bischof von Freising 1639, von Regensburg 1668, starb 1685.

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73.

Wien, 5. August 1665.

Der scMechte Erf dig im portugiesischen Kriege macht den Frieden unbedingt notwendig. Potting soil dazu helfen und dem Kaiser Ndheres iiber die Sache schreiben. Einige Einzelheiten uber die Schlacht. Die Infantin wird wohl vor Einlangen dieses Briefes abreisen. Potting soli verhindern, da /J Gaspar de Teves nach Wien geschickt wird. Er soil seine Bdationen so teiien, dap man die einen Sachen Auersperg mitteilen und andere ihm vor- enthalten kann. Dietrichsteins Ernennung isl noch geheim, wird aber schon geahnt. Anhundigung der Beise nach Tirol und nach ZeU. Gremonvitte hat die Nachricht von dem UnglucJc in Por- tugal um zehn Tage fruher gehabt. Earrach ist schon uber Mai- land hinaus.

Aus Eur Schreiben und Relation von 2. Juli1 habe ich mit ziemlicher Bestttrzung den iiblen Success der koniglichen Waffen gegen Portugal verstanden.2 Weilen es Gott also ge- fallen, so mtissen wir uns seinem Willen vfJllig untergeben. Dies aber scheint, dass Gott muss mich und den Ktfnig wohl lieben, dann Deus visitat tribulationibus, quos amat; fiat eius voluntas. Wann doch die Spanier nur einmal witzig wttrden und considerirten, dass sie mit diesem Krieg nix gewinnen, wohl aber viel verlieren ktfnnen. Jezo war Zeit, {dass der Kflnig* und seine Minister* ihre maximas veranderten und Fried mit Portugal* schliefieten. Potting* solle hiezu was mliglich ist cooperiren,} ut desideratus effectus sequatur. Wird mir gar lieb, wann Ihr mir avisiren werdt die mehreren Par- ticularitaten und die Anzahl des Verlust, auch wie dem Kflnig dieser golpe zu Herzen gangen et his similia.

Um den Michel Rabatta8 ist mir wohl herzlich leid; dann wir fast mit einander auferzogen worden, und hatte wohl ein guete riuscita gemacht. Aufs wenigste hat er sein Leben glo- rios geendigt. Sollten fernere Kriegsoperationen beschehen, so hielt ich vor guet; dass Ihr mit ein Officier Euch vergleichet, so stete Correspondenz mit Euch fiihren thate; und wann dies ein Teutscher, wUr es um so viel besser. Ich wollte auch gern wissen, was vor unter Officier von [unseren] Leuten geblieben

10*

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sein, absonderlich ob unter den 5 Rittmeistern* vom olim Ca raffischen letzlich aber Rabattischen Regiment so geblieben sein sollen, auch ein Graf von Solms4 begriffen, wie anch der von Hohnfeldt, von welchen ich Euch ohnl&ngst geschrieben.6

Was dies anlangt, sehe halt, dass unsere Leute am meisten eingebtiCt. Quare? weilen sie am langisten gefochten nnd zum letzten ausgerissen sein.6

Dies ist ein Stuck, so viel iible Consequenzen nach sich ziehen kann. Wann man aber das tempo in acht nehmen wird, so kOnnte auch noch was Guetes geschaffit werden.

Die Abreis meiner Gespons zweifle ich nicht werde vor Anlangung dies sein Anfang genommen haben. Warte also mit Verlangen einige gwisse Nachricht davon zue haben. {Adhuc tamen medius inter spem et metum haereo}. Es wird allher ge- schrieben, {dass Castrillo* und Peiieranda* dem KSnig* per- schwadiren wollen, dass er* an mich* solle por un enviato ab- fertigen des La Fuente* Sohn Don Gasper de Thebes}.7 Ich meine aber, das secretum war, {des Auersperg* Machinen zue prosequiren, welche Potting* mir* ohnlangst entdeckt hat}.

Habe also dies Euch zu diesem Ende eroffhen wollen, damit Ihr dieser trompa bei Zeiten invigiliren, auch in tempore selbe divertiren m5gt. Oh ambitio, ad quid non mortalia cogis pectora. Basta, a suo tempore wird alles remedirt werden. Ich habe Euch nit bergen wollen, dass weilen ich* nit weniger thun kann, als Auersperg* des Potting* {Schreiben} aufs we- nigste partim und in etlichen Materien zu communiciren, ne ante tern pus ex suspicione irriteturb crabrones, also meint der Kaiser*, dass Petting* hinfilro seine Schreiben dividiren solle, damit dasjenige, so Auersperg* et alii nit wissen sollen, a parte gehalten, das andere aber ihm* et aliis communicirt kOnne werden. Dies verstehet sich aber nur auf Eure* {Kanzlei- relationen}. Nebst diesen bleibet es dabei, dass {der Fttrst von Dietrichstein meiner Braut* Obristhofmeister sein solle}, habe auch diese Resolution {dem Ftirsten durch Lamberg*}, doch sub secreto andeuten lassen. {Der Obriststallmeister}8 weiB auch derzeit nicht um diese meine Resolution, attamen multi iam aliquid suspicantur. Suspicentur, quid inde?

73. Or. * Rittmeister b imiteatur

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Dee Lessle Reis gehet wohl von statten,9 und habe ich mich auch entschlossen, pro consolatione* der oberosterreichischen nnd vorderOsterreichischen Lande eine Reis in Tirol zu thuen. Werde den 10. September von hier abreisen, den ganzen Oc- tober allda verbleiben, den 26. October die Huldigung einnehmen und darauf den 3. oder 4. November wieder ab- und heim- reisen.

Habe Euch also von diesem alien parte geben wollen, damit Ihr es gehflrigen Orten auch participiren kfinnet. Nach- sten Erchtag werde ich meine Zeller Reis10 antreten etc.

[P. S.] Den Ublen Success aus Portugal hat der Gramon- ville um 10 Tag eher allhier gesagt, weilen aber Brief von La Fuente vorhanden waren, workmen er nichts davon meldete, als hat man nit glauben wollen. Es ist aber leider nur gar zu wahr gwest. Von des Graf Ferdinand11 Reis haben wir die Nach- richt, dass er schon Mailand passirt seie, obwohl ich kein Schreiben von ihm habe. Er hat auf das Verlangen, von ihm etwas zu verstehen, mich monirt, ihme dies beiliegend Brief! zuzuschicken, welches Ihr ihme einh&ndigen wollet.

1 Potting, 2. Juli, eigenh. Antwort auf das kaiserliche Schreiben vom 26. Mai, welches er samt der beim Kurier vergessenen Expedition bei der letzten Ordinari erhalten hat. Die Spanier haben wieder Ungliick im Krieg gehabt, aber der Konig hfilt noch immer daran fest, den Krieg fortzusetzen, obwohl die Minister schon allm&hlich sich dem Frieden zu- neigen. Am schlimmsten ist, dafi die Subsidien an den Kaiser nicht werden erfolgen konnen, wenn der Krieg nicht aufhort. In Bezug auf die Jornada* treibt er immer, ,und ist alles vonnSthen, um diese angeborne, nicht affectirte Langsamkeit zu iiberwinden*. Jetzt wird mit der Gr&fin von Benavente verhandelt, die ihre Anforderungen sehr hoch spannt. ,Car- dona ist die Unbestandigkeit selbst und braucht tagliche stimulationes.' (Vgl.obenS. 145, Anm. 1.) Die Reise der Infantin wird sicheruber Mailand gehen. Der K$nig wird zweifellos das Prokuratorium fttr die Trauung annehmen. DaC Castel Rodrigo gut ,gubernirt*, wird anerkannt, aber er hat Neider; besonders Pefiaranda sucht ihn zu diskreditieren und sogar Medina ist ihm nicht sehr gut. Potting wird nachster Tage den Kammer- diener des Erzherzogs Siegmund zuriicksenden. In der Relation vom 1. Juli verbreitet sich Potting hauptsachlich iiber die Schlacht bei Villa- viciosa (Montesclaros), wobei er erw&hnt, daC die deutschen Regimenter sich sehr tapfer gehalten haben und fast alle ganz ji-uiniert* worden sind.

7$. Or. R consolation

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In Bezug auf die Abreise der Infantin diirfte jedoch diese Niederlage keine tiblen Folgen haben, da sie den Spaniern recht deutlich zeigt, wie not- wendig sie den Kaiser brauchen. Wahrscheinlich werden sie ihn wieder um neue Truppen bitten.

2 Gemeint ist die Schlacht von Villaviciosa oder Montesclaros vom Juni 1665, welche den Krieg faktisch entschied. Vgl. Passarello, Bell. lus. S. 416—420; Dunlop I, 630 ff. oben S. 146, Anm. 5.

3 Michael Rabatta kommandierte die deuteche Reiterei am linken Fliigel des spanischen Heeres unter Alexander Farnese (Passarello 416 b), zeichnete sicb aus, indem er seine Leute nach dem ersten scharfen An griff der Portugiesen zum Stehen bracbte (1. c. 417 b) und fiel bei der Auf- losung des linken Fltlgels mit einem grofien Teile seiner Deutschen (1. c. 418 b). Vgl. aucb Puttings Relation vom 1. Juli.

4 Heinrich Wilhelm Solms aus der Linie Hohensolms. Da sein Vater Philipp Reinhard im selben Jahre gestorben war, so fiel die Herr- echaft an seinen Stiefbruder Johann Heinrich Christian, von dem Leo- pold am 17. Okt. (Nr. 78) spricht. Er war geb. 1644 und starb 1668. Vgl. Imhof, Notitia proc. imp. 587/8.

5 Im Briefe vom 9. Juli, wo der Name Hochenfeldt lautet.

6 Vgl. Priorato 1. c. 625 f. Die naheren Einzelheiten, auf die sich der Raiser bezieht, befanden sich in einer der Relation vom 1. Juli bci- gelegten Liste und dem Berichte eines Obersten HeB, welche Stflcke jedoch nicht mehr vorhanden sind. Eine Liste der gefallenen und verwundeten hoheren Offiziere findet sich beim Berichte vom 29. Juli; sie gibt aber keinen AufschloC fiber obige Fragen.

7 Don Gaspar de Thebes (besser Teves) Tello de Guzman, Sohn des gleichnamigen Marques de La Fuente aus dessen erster Ehe mit der Tochter des ersten Marques de Valenzuela, Ursula dc Cordoba. Er wurde spfiter Gesandter in Venedig, 1676 in England, sowie in Nymwegen und Frankreich 1680 1684 und starb zu Madrid 12. Mai 1685.

8 Gundaker Dietrichstein. Vgl. oben Nr. 46.

9 Es ist dies seine Gesandtschaftsreise in die Tiirkei, von der schon oben Nr. 50, Anm. 3 und Nr. 64 die Rede war.

10 24. Juni schrieb der Kaiser schon (Nr. 68), daB er n&chsten Samstag nach Zell fahren wolle. Er war schon zwei Tage auf der Reise, als er durch den Tod des Erzherzogs Siegmund zuruckberufen wurde. (Brief vom 3. Juli Nr. 69.)

11 Harrach. Vgl. Nr. 46.

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74.

Heiligenkreuz, ig. August 1665.

Tiber den schlechten Zustand des Konigs. Hoffentlich ist die Abreise der Infantin schon erfolgt. Anbei folgt ein Brief an Harrach. Vber Don Juan. In Tirol wird der Kaiser nur etwa fiinf Wochen bleiben und Jcann daher nicht dort die Brant er- warten, wie Medina tneint. Die Zelier Reise ist gut abgegangen. In Zett war eine ungeheure Menge von PUgern.

(Schreiben vom 17. Juli erhalten.1) Zweifle nicht; der des- wegen [Erzherzog Siegmunds Tod] hineingeschickte Courir Carlo2 werde schon angelangt sein; ilia occasione hat man Ench alles dasjenige aufgeben, quod videbatur pro tali conveniens esse. Dass aber der Konig* {an Kraften so viel abnehme, hat der Kaiser* gar nit gern verstanden}, noch weniger aber {dass per nrinam sanguis conglomeratus gehe}. Ich will aber zu Gott hoffen, es werde sich alles besser schicken, desto mehr aber ist vonnflthen, {auf die Abreis meiner Braut* zu dringen}.

Sonsten habe ich gar gern verstanden, dass die praeven- tiones zu der Jornada so wohl vonstatten gehen. Will hoffen, selbe werde nunmehr wirklich angefangen [haben], quia alias wtirde es heuer hart mehr geschehen, quod nullomodo sperare volo. Habe also in dieser Materi pro nunc nit viel Euch zu erindern. Der Graf von Harrach wird numehr schon allda ein- gelangt sein und die joyas tiberliefert haben. Casu wann er noch dort war, wollt Ihr ihm beiliegenden Handbrief einhan- digen, in welchem ich sein Schreiben, so er von Mailand und Genua an mich gethan, beantworte.

Dass Don Juan* wieder einnisten wolle, ist von groCer Importanz, wird daher PStting* mit P. Neidhardt* {und Lisola} bei der K5nigin* und andern Orten wohl invigiliren mttssen, ut tela praevisa minus* feriant.3 Ich bekenn es, ich besorge, in hac materia sei Medina* nicht recht l5thig,b tamen dissimu- lare debemus. Im iibrigen so viel habe geschehen kftnnen, habe ich Euch aus der Eanzlei auch beantworten lassen, ad quae me remitto.4

74. Or. » minu b rht lflttig

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Sonsten werdet Ihr aus meinen vorigen ersehen haben, dass ich mit dem Medina accertirt (!) habe, indeme ich mich re- solvirt, den 10. September von Wien weg und in Tirol zu be- geben; allda aber zu wartena und die Hochzeit zu vollbringen, multae vetant considerationes, quae vobis ut prudenti facile occurrent. Werde also iiber vier oder ftinf Wochen nit oben bleiben, alldieweil dass in Winter oben gar abgeschmackt zu wohnen ist.b

Sonsten ist meine Zeller Reis gar wohl vonstatten gangen. In Anfangen habe ich mich con unc desconcierto was libel auf befunden, ist aber bald besser worden. Und weilen heut Mitt- woch ist, und die Post morgen frtihe von Wien weggehet, also thun wir allhier schreiben; weilen ich heut wegen eines Jagens allhier ohndies still liege.5 Womit etc.

[An der Seite hinzugesetzt, unsicher wohin einzureihen :] Es ist heuer zu Zell eine solche quantitas peregrinorum gwest, maxime in festo assumptions, 6 in quo ego etiam aderam, dass nit zu sagen. Um 4 hat man die Kirche geoffnet, um 5 Uhr hat keiner mehr Platz gehabt, haben die meisten mussen auf dem Kirchhof gespeist werden.

1 Potting, 17. Juli, auf das kaiserliche Schreiben vora 10. Juni.

Kurz nach diesem ist aus Mailand ein Kurier mit der Nachricht vom Tode des Erzherzogs Siegmund gekommen, welche groBe BestOrzung her- vorgerufen hat. Die Reise der Infantin wird jetzt docb hoffentlich un- zweifelhaft erfolgen. Auch sind die Galeeren aus Neapel schon da und die aus Sizilien werden bald folgen. Der Konig verffillt seit einigen Ta- gen sehr und die Arzte geben ibm kein langes Leben mebr. Schlecbte Zeichen : urinatio puri sanguinis et quidem conglomerate, adiuncta notabili debilitate virium. Wenn er sttirbe, so wtirde die Reise noch ,viel schwerer zu erzwingen sein*.

Das lange Ausbleiben Harrachs macht niehts aus, wenn er nur noch vor Ende des Monats kommt. Relation 15. (Duplikat 17.) Juli. Uber den Tod des Erzherzogs Siegmund. Medina meint, der Kaiser werde nach Tirol gehen mussen, um dort alles einzurichten, und da k6nnte er gleich selbsl seine Braut dort empfangen und die Hochzeit feiern. Ausfiihrlich fiber den Stand der Heiratsangelegenheit. Man sagt zwar, die Reise solle nicht verschoben werden, es ist aber bei der Langsamkeit der Vorbereitungen nicht wahrscheinlich. Es sind nur vier Minister, die

74. Or. * warteti bis b die Sfelle unsicher c unoV

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hier etwas tun kdnnen : Castrillo, der jetzt durch den Tod seines Sohnes, der bei Villaviciosa gefallen ist, sehr betriibt ist, Pefiaranda, Medina und Oyanguren. Mit den beiden ersten kann Potting nicht verhandeln, da bei Castrillo die Etiquettefrage bekanntlicb im Wege steht und Pefiaranda so unhoflich ist. Bei beiden vertritt Lisola seine Stelle. Uber die Galeeren, die Grafin Benavente etc. Medina meint, ob man nicht die Verlobung gleich vornehmen kdnnte. Potting hat Leopolds Briefe an Castrillo und Pefiaranda durch Neidhardt iibergeben lassen, denjenigen an Medina selbst abgegeben und ebenso den Brief an den K6nig liber die portugie- sischen Angelegenheiten und die Machinationen derFranzosen. Alle haben sich hier uber sehr anerkennend geauBert. tlberdie Schlacht von Villaviciosa kommen so schlechte Nach rich ten, daB man den Gesamtverlust auf 8000 bis 9000 Mann rechnet. Der ganze Rest soil nur mehr aus 5500 Mann zu FuB und 5000 zu Pferd bestehen. Don Juan hat neulich in Aranjuez erreicht, daft er, wenn die k5nigliche Familie in den Palast zuriickgekehrt ist, im Retiro solle wohnen diirfen. Er will aber ,in des Konigs despacho' eingefilhrt werden fur milit&rische Angelegenheiten. Da dies sehr gefahr- lich ist fiir die Zukunft, so hat Potting die Konigin selbst und durch Neidhardt darauf aufmerksam gemacht.

2 Carlo Fundi oder Fudi, vgl. Nr. 76, vielleicht Dundi (Portia an Potting, 18. Januar 1664).

3 Lisola berichtet in dem Schreiben vom 4. Juli ddo. Madrid (St.- A. Hisp.) ausfuhrlich uber diese Dinge. Er begab sich mit Potting am 25. Juni zu Neidhardt und sie erklfirten ihm, wie notwendig es sei, daB die Konigin in die Regierung kame; wie groB die Gefahr sei, die dem Hause Osterreich, der Konigin und ihrem Sohne drohe, wenn Philipp IV. sterben sollte, bevor dies gelungen ; zumal im Hinblicke auf die Plane der Franzosen, Don Juans und einiger Spanier. Zur Starkung der Macht der Konigin seien drei Dinge dienlich: declaretur regina tutrix et regni regens post obitum regis ac in participationem negotiorum introducatur ; ut clam ipsi factio adornetur valida tam in aula quam in regno ac praecipue in exercitu et aerario; ut malorum scaturigines obstruantur. Schwierigkeiten beim ersten Punkte seien moglicher Verdacht des Konigs, die Bescheidenheit der Konigin, die Trennung der Minister; diese Schwierigkeiten dttrften aber leicht zu iiberwinden sein; Potting soil dem Konige die Sache klar machen, nachdem die Konigin durch groBe Trauer den K5nig auf die Notwendigkeit einer Ordnung aufmerksam gemacht haben werde.

Was die Starkung der Partei der Konigin betrifft, ,necessarium esse, ut apud regni clarissimos in consilio status, in aerario, inter magnates, sed praecipue in exercitu valida instituantur commercia, comitem a Castrillo tam arete devinxisse prout effectibus apparet, praestantissimum fuisse opus confessarii, cum in pupillari regimine omnia possit praeses Castiliae cum

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praeterea eidein annexa sit aerarii administrate et Caracena dux armorum ab ipso totaliter pendeat, ideo adlaborandum, ut nobis arctius alligetur, spe injecta grand ezae Hispaniae, sed occulte, ne Medina alienetur ; hnnc enim omni sedulitate retinendum in partibus et excolendum, utpote qui multa bona praestiterit et a quo multa deinceps operari aut timeri possint; nee negligendura etiam Fennerandam longis servitiis et experientia clarum et principis educationi aliquando profuturum, licet iudicii quoad res ger- manicas et aulae imperatoris non nil depravati, recti tamen animi et inten- tionis ministrum. Prae ceteris vero nil ommittendum, ut Don Luis de Oyenguren, qui hoc tempore negotii fere motum imprimit et in regis per continuam assistentiam sensa influit, nobis quocunque precio devinciatur; ad caeteros vero magnates, unumquemque juzta privatas rationes suas alliciendum, praecipue vero injecto ipsis metu Joannis Austriaci ipsis ali- quando doininaturi, nisi mature asserant reginam in regimen1.

Notwendig sei ferner die Ubersendung neuer deutscher Truppen nacb Spanien, da in den Schlachten viele deutsche Truppen gefallen sind, und die Einsetzung sicherer Personen in die leer gewordenen hoheren S tell en. Schickt der Kaiser Truppen, so sollen sie geschlossen kommen und unter der Fflhrung eines trefflicben Mannes, ,qui suo tempore reginae brachium et clypeus esse possit; ad quod neminem magis oportunum cen- se rem, quam principem Lotharingiae, Viennae existentem*.

Was Don Juan anlangt, gebe es zwei Mittel : ihn zu gewinnen oder zu unterdriicken ; beides scheint aber im gegenwartigen Augenblicke nicbt moglich; ,non enim paucis satiari posse videtur eius ambitio; et licet con- ciliari posset, periculum incurreremus, ne caeteri magnates ipsi oppositi alien arentur; nee quidquam ipsi offerre possemus, quod Gallicis oblatio- nibus aequiparari valeat. Ut vero hoc tempore opprimatur, obstat tenerri- mus regis Hispaniae in ipsum amor'. Man mufi ibn also beobachten und Dokumente sammeln, welche seinen Verrat beweisen. Neidhardthaterkl&rt, alles sei notwendig, aber schwer durchzufiihren. Er babe wiederholt der Konigin gesagt, sie solle sich in die GescbSfte mischen, auch mit dem Konige dariiber gesprochen; die Konigin habe es aucb versucht, sei aber auf direkten Befehl des Konigs davon abgestanden. Neidbardt bittet Pot- ting, mit dem Konige dartiber zu sprechen. Im iibrigen will er alles tun, was in seiner Macht steht. Leopold antwortet alles biiligend am 3. Au- gust 1665.

4 Das Kanzleireskript vom 19. August ist nicbt vorbanden.

5 In dem Jagdverzeicbnis (Hofb. Cod. 12580) ist nur eine Jagd am 17. August in A Hand und eine am 29. am Anninger angegeben. Letzteres konnte jedoch f(ir 19. verscbrieben sein.

6 Himmelfahrt Mariae, am 15. August.

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75.

Wien, 2. September 1665.

Des Infanten UnwoMsein ist scMimm. Wenn aber nur der Konig nicht tot ist, wie Gremonville behauptet. Zum Zeichen der Zufriedenheit ernennt der Kaiser Potting zum geheimen Bat Er hat wegen des Todes des Herzogs von Mantua den Grafen Trautson dahin geschickt und kommuniziert dessen Instruktion zur Mitteilung in Spanien. Potting soil Gaspar de Teves Sen- dung nach Wien hintertreiben. Der Kaiser hat drei geheime Bate ernannt: Czernin, Konrad Starhemberg und de Souches. Bechtfertingung der letzteren Ernennung, sowie der grofien An- zahl der geheimen Rate: es werden nur je 5—6 zu Konferenzen oder Junten fur bestimmte Binge gebraucht. Obersendung eines Briefes an die Infantin.

(Brief vom 29. Juli erhalten.1 Der Courier, der eine De- pesche bringen soil, ist noch nicht angekommen. Er er- wartet ihn.)

Dass der Infant* {wieder nit gar wohlauf}, ist gar [nit] guet, wann aber nur nit wahr ist, was der Gremonville {de morte} regis* spargiren thuet, so ich aber nit hoffen will. Lebe doch in Sorgen, bis der Courier anlangen wird. Und weilen ich verspure, als wann Ihr in Sorgen lebetet,* dass ich mit Eurem negotiiren nit recht zufrieden, so kann ich Euch ge- n&digst wohl versichern, dass mir nichts solches in Sinn kommen, allein hat man Euch nur an die Hand geben wollen, was man vortraglich zu sein eracht hat.2 Ich bin aber sonst mit Euch gar content, und dessen ein wahres Zeichen Euch zu geben, habe ich Euch zu meinem wirklichen geheimen Rath ange- nommen, wie dann der Graf von Lamberg das gebrftuchige Decret (von dessen dato an Euch zugleich die Anciennit&t laufen thuet) zuschicken wird. Und wie Ihr daraus ersehen werdet, dass ich Euch gar wohl geneigt bin, also werde ich auch fur- derhin also continuiren. Weilen auch ohnl&ngst der Herzog von Mantua3 gestorben et quidem culpa sua, id est por sus amores, also habe ich fttr rathsam befunden, den Graf Trautson4

75. Or. lebete

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alldahin abzuschicken, nit allein selbigen Orts die Condolenz ab- zulegen, sondern auch selber Orten unseres Haus Interesse zu beobachten, wie Ihr [mit] mehrerem aus seiner Instruction er- sehet, welche Euch durch die Kanzlei communicirt wird, damit Ihr selbe regi catholico et ministris communiciren ktfnnt, ut videant, wie ich meines Orts gwiss kein Occasion auslasse; so zu des Haus Bestem gereichen ktfnnte.

Weilen auch La Fuente* {dem Lamberg* und anderen raeinen* ministris parte geben hat, dass. der Kflnig* resolvirt habe, des La Fuente* Sohn Don Gaspar zue mir* pro rninistro abzusenden }, aus dieser Sache aber leicht grofle Inconvenienzen entstehen kOnnen, so Ihr leicht selber ersinnen kOnnet, so kommt mir dies gar seltsam, dass weder Ihr weder kein anderer von dort was hiervon schreiben thuet; habe Euch also gn&digst be- fehlen wollen, dass, si sit res integra, Ihr dies Werk in allwege (doch sotto mano, ne odium in nos cadat) hindern sollet. Si rex* {vult mittere ministros ad me*, mittat homines pares ne- gotiis, ad quae mittuntur}.

Ich habe hievon auch Neidhardt* was geschrieben. Und nachdeme schon von vieler Zeit unterschiedliche praetensores um die geheime Stell angehalten, also habe ich heut drei re- solvirt: als den Graf von Czernin,*5 als der mir schon von meiner Jugend an gedient, auch drei Jahr die embaxada zu Venedig cumplirt und sonsten gwiss nit geringe Dienst mir geleist hat; den allhiesigen Statthaltern Grafen Konrad von Starhemberg, dessen antecessores alle geheime R&th gwesen, auch er ohne dieser Stell nit genueg Autorit&t zue Admini- strierung der Justiz haben wiirde;6 den Grafen und Feld- marschallen de Souches. Wegen dessen Person werde ich am meisten leiden, quare? weilen er vor ein Jahr am ersten ope- rirt hat. Nun dieser b Cavalier hat mein Herrn Vater so viel Dienst geleist, Brlinn defendirt, in diesem jlingsten Krieg Neutra und Levenz wieder recuperirt,c den Tlirken eine gute Schlap- fen versetzt und durch dies denn auch Anlass ad operandum gemacht. Ich habe Euch diese Promotion zu diesen Ende zu wissen thun wollen, weilen ich wohl weiC, dass man viel davon schreiben wird, und absonderlich zwei obiectiones zu diluiren. Mochte man sagen, es werden gar zu viel geheime Rath pro-

75. Or. * Thrnin b diC c recupirt

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movirt, nun [so] ist es nit ohne. Dieser disordine ist aber nit unter mir, sondern noch vorhero angehebt worden, sondern tempore divi mei parentis, qui hoc fecit suadente Auersperg*, welcher diese maxima geftthrt, dass per multiplicationem dies geheime Mittel7 ganz sollte cassirt werden. Ihr wisst aber selbst wohl, dass die wichtigen Sachen, absonderlich aber die hispanische und Hausnegotia niemal in pleno, sondern nur in Conferenzen oder Junten proponirt werden,* allwo ich nur aufs meiste fUnf oder sechs Rathe brauche, et sic numerus hie non potest causare malum.

posset in specie obiici, Souches war Franzos, hoc esse inauditum (est etiam inauditum, ut alii aliarum exterarum na- tionum sint intimi consiliarii), sedb de hoc sileo, melde aber nur dies, dass der Souches schon so viel Jahr allhier dient, niemal die geringste falta begangen, aber wohl viel guete Dienste ge- leist hat. Hat auch in Gallia kein Spanne Erd, in meinen Erblanden aber liber 200.000 Gulden, darzue hat er Kinder, und also kann man ja nit vor ihm suspiciren. Ich schreibe dies so ausfUhrlich, damit (si esset necesse) Ihr praeoccupiren konnet, dann ich besorge, es werden meine eigne Lent viel Sachen hievon spargiren, et forsan ipse Lamberg*, de quo vere non meretur Souches; basta, also gehet es zue. Schliefie etc.

[P. Scr.] Meine Reis solle noch (wann nichts anders da- rein kommt) von morgen acht Tag gwiss fortgehen, und weilen Ihr vor einer Zeit mir geschrieben, dass Ihr meint, es guet ware, die Correspondenz mit meiner Gespons zu continuiren, also schicke ich hiebei eins, welches Ihr (si ita videbitur regi- nae et Medinae) liberliefern sollet.

1 Potting, 29. Juli. Antwort auf das kaiserliche Schreiben vom 24. Juni.

Er wird den Verordnungen nachleben, ,unerachtet ich mit hochster Betriibniss verspiiren muss, das E. K. M. vielleicht dies Orts ein widriges, um meine aufrechte actiones hiedurch zu verkleinern, mag vorgebildet Bein worden. . . . E. K. M. mit meiner allerunterthanigisten Pflicht ver- sichernd, dass ich mir seithero allezeit diese bochangelegene Verrichtung diesermaCen habe angelegen sein lassen, dass ich in Wahrheit nicht wflsste, die geringste Diligenz verabsaumt zu haben. Wollte Gott, ich ver- mochte allein ein soliches durch Aufopferung meines Lebens bestfitigen,

75. Or. * wird

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bitte dannenhero E. K. M. allergehorsamist, Sie geruhen mich durch Dero angeborne Milde und Giitigkeit vor dergleichen unverdienten Zumuthungen allergn&digist zu verwahren und nicht zu verstatten, dass ich hiedurch ferners in allergetreuester Beobacbtung £. K. M. Dienste solchergestalten disconsolirt und unbeschtttzter gelassen werde'.

Die Reise der Infantin wird hoffentlich im August stattfinden, wenn nur der Konig am Leben bleibt. Der Prinz ist wieder etwas krank. Die Majest&ten sind gestern aus dem Eetiro wieder in den Palast ubersiedelt. ,Rex notabiliter viribus deficit.* Nach Beendigung des Schreibens emp- ffingt er den Kurier mit dein kaiserlichen Schreiben (vom 3. Juli, Nr. 69), hofft ihn bald mit der erwttnschten endgultigen Resolution fiber die Ab- reise nicksenden zu konnen. Bittet um Fortdauer der kaiserlicben Gnade und ,Manutenenz*.

Relation, 29. Juli. Haupts&chlich Rechtfertigung seines Vor- gehens gegentiber den Anscbuldigungen des kaiserlichen Reskripts, sehr ausfuhrlich.

Die Abfahrt der Infantin durfte auf den September verschoben werden und man hofft wohl, dafl der Kaiser dann wegen der Gefahren der Scbiffahrt selbst die Abreise nicht mehr yerlangen werde. Die Mini- ster wttnschen wohl die Sache bis zum Tode des Konigs hinauszuschieben, damit sie dann wom<5glich den Raiser zwingen konnen, zur Heirat nach Spanien zu kommen.

Da Cardona so wankelmfltig ist, so scheint man Albuquerque statt seiner ernennen zu wollen. . . . Der GroBinquisitor ist gestorben und die einen meinen, dafl der Bischof von Malaga, der ein Dominikaner und des Konigs Sohn ist, diese Stellung erhalten solle, andere sind der Ansicht, Don Juan werde diese Wiirde sowie die des Erzbischofs von Toledo nach dem voraussichtlichen Tode des jetzigen bekommen. Folgen dann mehrere P. Scr. und Beilagen. Hier brechen Pottings Kanzleirelationen des Jahres 1665 ab.

2 (Siehe Anm. 1.) Diese Empfindiichkeit Pottings durfte durch ein kaiserliches Reskript veranlaflt worden sein, welches sich in verstiimmel- tem Zustand und ohne Datum in Span. Korr. Fasc. 62 befindet. Die be- treffende Stelle lautet: Aus PSttings Schreiben vom 22. April und 6. Mai ist zu ersehen, daC eigentiich nur nebens£chliche Vorbereitungen fur die Reise getroffen werden; hoffentlich wird seine n&chste Relation bessere Nachricht bringen, ,sonderiich auf die interim iiber meine jfingste Euch unterm 4. Maii gegebene weitlftufige Instruction und Befehl von Euch weiters bei dem Konig und denen vornehmsten ministris, als dahin ich besondere Handbriefei in hac materia der Abrei se ergehen und Euch zu behoriger Bestellung zukommen lassen, hoffentlich eingewendte mehrere Instantien und gemachte premura, indehme ich sonsten aus diesen Euren Relationen nit ersehen kann, dass

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Ihr jemals zuvor mit ihnen ministris, auDer des duque de Medina, in sonderliche officia passirt, wie dann des conde de Castrillo Billet zeiget, als ob man erst jetzo neulich und zum erstenmal ihme die Incumbenz der Geldmittel zu solcber Reis als Superintendenten der kdniglichen Hazienda an- und zugemuthet htttte und er sich dabero anjetzo der Kiirze der Zeit balber fast etwas exculpiren will'.

3 Karl III. aus dem Hause Nevers, 1637 1665, auf ihn folgte Karl IV., der im spaniscben Erbfolgekrieg auf die Seite der Franzosen trat und von Kaiser Josef I. gefichtet 1708 starb.

4 Vermutlich Paul Sixt Graf Trautson geb. 1635, gest. 1678, Re- gierungsrat, sp&ter Vizestattbalter in Niederosterreicb und Yorstand des dortigen Landesarcbiys, ygl. Codex der Hofb. 7628, fol. 180 (eine Notiz Kaiser Leopolds), Cod. 9713, fol. 122, Cod. 14725 fol. 26 vo. wobl der- selbe, den Potting in seinem Bericht vom 7. Januar 1671 als den geeig- netsten Nacbfolger fur den Botschafterposten in Madrid anempfiehlt. Diese Stelle erhielt er zwar nicht sofort, wohl aber nach einigen Jabren. Spater wurde er Gesandter beim Nymweger Friedenskongrefl, wo er starb. Wurz- bach XLVII. 53.

5 Graf Humprecht Czernin; er war 1660 1663 Gesandter Oster- reicbs in Venedig gewesen.

6 Vgl. Kaiser Leopold 29. November 1663. S. 32 uud Anm. 2.

7 Die Zahl der geheimen Rftte, frilher nur drei bis fiinf, betrug am 1654 fiinfzebn. Diese Entwicklung ging weiter, 1670 gab es 26, 1684: 41 gebeime Rfite, 1692: 53 wirkliche und 9 Tituiar-Geheimr&te. Pontes rer. Austr. Dipl. 26, S. 400 ff. Bidermann I. 114. N. 24. Huber, Reicbsgescbichte 151.

76.

Schloss Kammer, 18. September 1665.

Der Zustand des Konigs ist wohl schlecht. Die Abreise der In- fantin hat also noch nicht stattgefunden, die Minister miissen alle Schehne sein. tTber Gaspar de Teres Sendung und die an- gebliche Verzauberung des Konigs. Die Reise geht gut vonstatten, der Kaiser hat Zahnweh, ist in den Ort ganz verliebt.

Moiitags den 13. dies, als ich eben zu Neumarkt das Vor- mahl eingenommen, kommt des Erzherzog Sigmund hinterlassner Kammerdiener Harandt,1 weilen der Carlo Fundi2 zu Vittoria

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todtlich erkrankt und ihme den vSlligen despacho anvertraut hat.8 Ich meine, der Carlo war nit so schnell anhero kommen.ft Nun hat mich zwar die Ankunft des Couriers nit wenig erfreut, weilen ich selben als den Messiam erwart, allein ist es hernach ein wenig cum felle vennischt worden, weilen ich siehe den 8tatum salutis des KOnigs und Prinz, qui ben melior esse posset et quern Deus illis ad plurimos optimum concedat annos,b verstanden habe,c dass die Jornada der Infantin noch nit wirk- lich angefangen worden, quod bene speraram;d allein revera {die Minister* mlissen alle Schelmen sein}, basta, patientia, ich hoffe aber doch, der Heinrich werde noch ein bessere Post bringen. Interim bin ich mit Eurem FleiC und Eifer gar wohl zufrieden, erkenne auch selben mit Dank.

Fahrte nur also fort und thuet, was moglich ist; nam ultra possibile nemo adigi potest! Dass wegen des Conductors soviel Mutationen vorfallen, thuet mir gar nit gefallen, et timeo etiam in hac herba latere anguem aut piscem remoram. Von des La Fuente* (Sohns Abfertigung} hat der Kaiser* schon gwusst und Euch* ohnl&ngst erindert, was in Sachen zu thuen [sein] werde, quo me brevitatis causa remitto ; das kann es doch con bel garbo verhindert werden, ist es um so viel besser, sapienti pauca; weil ich nit viel Zeit und Lust habe, in Ziffer zu setzen, muss ich ad aliud tempus versparen. Von des Konigs* {Ver- zauberung} habe ich schon was gwusst, wie dann {Pater Ca- dela]f rair* viel davon gesagt hat. Unde bene recurrendums est {ad remedia spiritualia}. Diese Post bringt Euch von der Kanzlei nur ein Recipisse, dann auf der Reis wisst Ihr wohl, dass nit Zeit ist, solche de toto versirende negotia zu expe- diren, solle aber von Innsbruck aus nit unterlassen werden.

Dies ist, wash pro nunc mir vorfallt. Sonsten ist unser Reis bishero gliicklich und wohl abgeloffen, de quo alii1 plura, dann ich habe ein Zahntwehe, die macht mir nit viel Lust zum Schreiben. Aber dieser Ort ist so schon, dass ich ganz darein verliebt bin. [Bin]k mit aller mein Zahnwehe drei Stund auf dem See herumgefahren. Hiemit etc.

76. Or. *folgt ware b anno c verstanden habe d speram

e unsicher vielleicht thuet f (chiffriert) Codel * reccemm h undeutlich

1 aliis soil vielleicht alias heifien k Mit

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1 Claudius Harandt (Harant). Fur ihn findet sich ein Rekomman- dationsschreiben der Konigin an den Raiser vom 19. Juli 1665 zum Uber- tritt in den kaiserlichen Dienst. (Span. Hofkorr. F. 8.)

% Fundi; vgl. Nr. 74, Anm. 2.

3 Potting, eigenh., 16. August. Den kaiserlichen Brief vom 8. Juli hat er erhalten, nicht aber die Kanzleiexpedition. Die ,indianischen Gal- leon en' eind angekommen. Er dringt auf Benennung des Tages zur Ab- reise. Die Vorbereitungen sind in gutem Stand, aber in Bezug auf die Wetterverhttltnisse ist man besorgt. Wenn man die Abreise nur etwas verschiebt und unterdessen der Kftnig oder Prinz stttrbe, so wtirde die Abreise ins Stocken kommen und man wurde dann verlangen, dafl der Kaiser selbst nach Spanien komme, wie Medina vor kurzem ,fast klar zu verstchen' gegeben hat. Auf die Gesundheit des Konigs und Prinzen ist nichts zu geben. Letztcrer war letzte Woche wieder krank. Der K8nig braucht jetzt Eselsmilch, wird aber immer schwficher. Wenn etwas ge- sch&he, wiirden ,hiesige Lfinder E. K. M. Gegenwart unfehibar verlangen und in Ermanglung derselben alles in hochste Confusion und Perplexit&t gerathen*. Pefiaranda ist in seiner Feindschaft unverbesserlich, steht auch ganz offentlich auf Auerspergs Seite und hat es zu des letzteren Unter- stfitzung durchgesetzt, datf La Fuentes Sohn zum Botschafter fiir Wien ,resolvirt' worden ist. Aber Medina wird es wohl noch vereiteln. Den Kdnig halt man schon seit der Zeit des ,conde duque und Luis de Haro (Arro)' fur verzaubert oder ,hechizado' (echichado), ,wie es gewisse docu- menta, so bei der Inquisition befindlich, bezeugen thuen*. Das hat Medina dem KQnige vor wenigen Tagen mitgeteilt, und dieser will jetzt geistliche Mittel anwenden. Potting hofft von dem ,carmiue (?) infascinationis seu cha- racter* ein Transsumpt zu erhalten und wird es dem Kaiser fiberschicken. Die Bewegungen in Catalonien werden untersucht und man hat schon mancherlei gefunden. Daher wird sich die Infantin nicht in Barcelona, sondern in Valencia oder Denia einschiffen, was jedoch geheimgehalten wird. Cardona hat man von seiner Funktion als Konduktor losgesprochen und verhandelt mit Montalto. Harrach mutf nun bald ankommen. Medina sagte, dafi man mit den Portugiesen nahe am Waffenstillstande sei. Der Konig hat den in dieser Richtung unternommenen Schritt des Kaisers sebr gut aufgenommen. Dank fiir das ,adjuto4, er fiirchtet nur, daC es nicht ganz ausreichen wird, da alles so groCe Vorbereitungen fur das Fest (der Trauung und Abreise der Infantin) macht.

Aus dieser Zeit liegen auch einige Schreiben Lisolas an Leopold vor, welche die Mitteilungen Pottings wesentlich ergfinzen. In dem Schrei- ben vom 14. August meldet er von seinen Bemuhungen, dem K6nige und den Ministern die Notwendigkeit des Friedens mit Portugal klar zu machen. In dem Schreiben vom 15. August berichtet er tlber seine Au- dienz bei Philipp IV., dem er die Nachricht vom Tode des Erzherzogs Pontes. II. Abt. Bd. LVI. 11

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Siegmund fiberbrachte. Philipp antwortet: ,acerbissimam fuisse clad em principis tantae spei et tarn arcto sanguinis vinculo coniuncti, se probe agnoscere quanti intersit M. V. nuptias non differri; se in eo totum esse, nee quidquam, quae huraanitus fieri possent intermissurum ; quod vero pos- sibile non foret, id penes ipsum non esse'. Im ubrigen sucht Lisola Me- dina gegen Pefiaranda aufzureizen, welch letzterer gegen die Abreise ist. Lisola ist auch bemuht, zwischen Pefiaranda und Potting zu vermitteln, da des ersteren EinfluA grofler ist. Am meisten zu furchten ist der Tod des Kdnigs. Der Graf Chavagnac, Lisoias Freund, ist in Madrid und be- ricbtet iiber diePl&ne der Fran zosen. Von besonderem Inter esse ist Lisoias Bericht vom 18. August; er gibt in demselben eine ausfuhrliche Schilde- rung der Verh&itnisse und eine Charakteristik der leitenden Minister. ,Tota negotiorum moles in tres potissimum polos vertitur; Castrillum, Me- dinam et Pefierandam'. Die beiden ersteren, gegen den dritten verbunden, suchen die Kdnigin zu gewinnen. ,Tertius vero stoica severitate praevalere cupit sola capacitatis suae et rationum authoritate, quas cum superciiio ur- get et exaggerat, reginae invisus (prout a propriis reginae sermon i bus percepi) et apud regem sensim deficiens, magnus rerum germanicalium et aulae V. C. M. contemptor, qui anxie captare dicitur principem ab Auers- perg, ut per eum utrique aulae dominetur et ad hoc collimare suspicor missionem Gasparis de Tebes, quam insolito prorsus conatu renitente plurimum Medina evicit, ut per eius organ urn, prout coniicere licet, prin- ceps ab Auersperg sensim in hanc aulam influat ac forte omnes D. Diego de Prado (quern aversatur) relationes et operationes (quae V. C. M. sem- per favorabiles sunt) enervet, eoque forsan pacto Medinam a negociis germanicis excludat. Medinam vero plurimum deprimit innata eius in ne- gociis cunctatio, quae certe omnem prorsus modum excedit; nee non etiam fama insinceritatis, quam sibi, ut opinor, facilitate magis sua quam dolo conciliavit*. Im ubrigen ist Medina eng verbunden mit Don Juan. C as trill us vir quidem probus ac solidi iudicii regi carus opinione sinceri- tatis et assiduitate laborum reginae gratiam solicite cap tat et occasione matrimonii vehementer affectat se ipsi ac V.C.M. commendare; conspicuus est muneribus et administratione aerarii, cuius praeses ab ipso total iter pendet; sed aetas decrepita, grassa inscitia rerum exterarum . . . genius tenax et austerus multum ipsi amoris detrahunt et authoritatis ; ita utnon secus ac Medina multis magnatum et nobilitatis inimicitiis laboret; et cum eius origo non sit ex primariis stirpibus, multi haud dubie se ab eo regi aegre paterentur, aut praecipuam in ipsum authoritatem transferri*. Die Lage Spaniens, die Lisola ausfuhrlich schildert, ist sehr schlecht.

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77.

Innsbruck, 6. Oktober 1665.

Da Harrach angekommen ist, so wird die Auslieferung der Ge- schmeide wohl schon erfolgt sein oder kann dock bald erfolgen. Anders ist es mit der Trauung. Die Minister scheinen die spa- nischen Majestaten und den Kaiser zu hintergehen. tfber Auerspergs Machinationen und Dietrichsteins Ernennung, uber Pasquille in Spanien, uber Hohenfeld, den Verlauf der Reise und speziett den Empfang in Salzburg, den Tod der verwitweten Kurfurstin von Bayern, den Empfang in Innsbruck durch die Erzherzogin Anna und ihreTochter. Rekommandation fur Harrach, die aber cum grano salis zu verstehen ist.

(Relation vom 28. August1 in Wtfrgl erhaJten.) Und habe daraus zuvorderist gem verstanden, dass der Graf Ferdinand von Harrach allda angelangt sei, will auch hoffen, die Auslie- ferung der joyas werde schon beschehen sein. Ist es aber noch nit geschehen, so ist alius reus.* Doch vermein ich, solle man sich nit der Auslieferung weigern, sofern man es spanischer- seiten anzunehmen verlangt.

Mit {dem desponsorio aber} hat es ein anderes Absehen, und thue mich in diesem Punkt auf dasjenige beziehen, so aus der Kanzlei Euch sub hodierno dato anbefohlen2 wird, dann es groCe nisi damit hat, so Ihr Euch leicht selber einbilden k(5nnt. Ubrigens muss ich wohl bekennen, dass mir die Weil schon zu lang wird mit meiner Gespons Abreis, desto mehr, weilen alle praeventiones fertig sein sollen und doch alles stecken bleibt. Vere, vere; es muss was dahinter sein, und mein Konig*, Konigin* und ich* werden alle von den Mini- stern* betrogen. Tempus omnia revelabit. Interim miisst Ihr fleiCig treiben, ne videamur dubitare de certo a nobis pro tarn certo habito.

Was Auerspergs* Machinen anlangt, iam notus est pon- tifici, und werden ihme nit angehen. Daher habe ich mich auch resolvirt, ein {Hofmeister der Infantin* zu} resolviren, doch in pectore, dannb wie kflnnte ich diese Resolution publiciren, se

77. Or. * es aliud rem b wann dann

11*

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non sapiamo, chi sara la persona, che deve essere servita. Doch hat Petting* gar wohl gethan, dass er dem Kflnig* and der KOnigin* hievon parte geben hat. Der Kaiser* hat es, si recte memini, dem P. Neidhart * anch schon zu wissen gemacht. Und hier weitt niemand nichts darumben, als Lobkowitz*, Gon- zaga*a und Lamberg*. Zub seiner Zeit solle die Publication schon geschehen, interim hoc sufficit.

Dass abermal {Pasquillen wider} den Kflnig* gemacht worden, non miror, quia wer kann den Leuten das Maul stopfen. Doch ist es viel in {Spanien}. Was das Ubrige in Eurem Schreiben betrifft, ist alles nur ad notitiam. Habe auch gern gesehen, was Ihr mir von Hochenfeldt schreiben wollen.

Der Lecker wird sein Lebtag kein guet thun, wlirde nit tibel sein,c wann er ein wenig in Indien geschickt wlirde, seine Schalkereien abzuebliCen. Wilrde auch gern vernehmen, wie des Chateau Arbeit von statten gehet. So viel es sein kann, wird er es gwiss guet machen. Attamen deae depingi ne- queunt.

Seither meins Vorigens ist die Reis wohl abgangen, aufier dass ich ein Tagreis vor Salzburg habe ein Tag mtissen in Bett zubringen, und dies aus Ursach eines Fluss, so mir in Hals kummen. Con una sangria y otros remedios hat es sich also stracks gebessert, dass ich den Tag darauf zu Salzburg eingezogen bin, allwo der Erzbischof mir grotie Ehr erzeigt.8 Habe mich fttnf Tag allda aufgehalten, und hat es alle Tag neue Intratenimenti abgeben;d Comoedi, Feuerwerk und andre Sachen haben nit gmangelt.0 Aber kein Freud ohne Leid. Kaum bin ich von Salzburg abgreist, so bekomm ich den 28. September ein hinkenden Boten/ dass n&mlichen Ihr Liebden die verwitibte Frau Kurfiirstin in Baiern den 25. detto von dieser Welt abgschieden seie.4 Ecce wieder eine proroga der Klag. Was viel Klagen hat es in so wenig Jahren abgeben. Attamen sic ludit in humanis divina potentia rebus. Gleichwohl ist mir dies Stuck tief zu Herzen, indeme ich selbe Fiirstin allzeit vor mein Mutter venerirt habe. Werdet also von diesem neben Einlieferung beikommenden Schreibens regi parte geben und das pesame ablegen.

77. Or. * BH? BA? b So e Olr sey d abgangen gmangt

Tott

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Den 2. dies bin ich am Abend allhier eingezogen, und hat mich in Hans die verwitibte Fran Erzherzogin Anna sammt dero zwei Prinzessinnen empfangen, welche wohl zwei herrlich schtae Franen sein, doch Brllnette.6 Die Altere, so erst in 13. Jahr ist, ist schon so groB als die alte Hofmeisterin Grftfin von Wagensperg,6 quod videtnr quasi incredibile.* Gestert habe ich bei ihnen zue Abend geessen. Ubrigens recommendir ich Ench nochmals den Grafen Ferdinand in sein privatis absonder- lich wegen seiner promessa des Thusons halber. Wollet ihm auf das mOglichste an die Hand stehen. Beziehe mich etc.

P. S.7 Was ich wegen des von Harrach schreibe, ist auf sein Anhalten beschehen, versteht sich aber cum grano salis, und thue ich es nur, mich seiner zu entledigen. Hab es Euch also hiemit aparte anzeigen wollen. Das andere kflnnt Ihr ihm wohl vorweisen.

1 Eigenh. 27. August. Harrach ist am 23. angekommen [ygl. dariiber das Diarium, 23. Juli. Unterm 25. Juli findet sich daselbst eine Beschreibung der Kostbarkeiten] mit dem kaiserlichen Schreiben vom 9. Juli, die Post brachte das vom 21. Mit der Obergabe der Joyas' werden sie sehr vorsichtig sein, da die Abreise noch nicht ganz sicher ist, nach der Regel ,do ut des4. Man meint jetzt, d&G der 20. September als Tag der Abreise bestimmt werden wird. Doch da wird es schwer werden vor dem Januar, in welchem die bricas beginnen, zur Einschiffung zu gelangen. Medina versichert, daG schon fiber die Huldigung ftir den Prinze n verhandelt wird. England hat erkl&rt, es werde Portugal zu einem 10 12jfihrigen Waffenstillstand bewegen, wenn Spanien mit ihm (England) ein Offensiv- und Defensivbiindnis schliefie. Spanien fUrchtet jedoch, dadurch Holland zu beleidigen.

Der von Hohenfeld ist im Regiment des Grafen Alfonso Portia und ,fangt allerlei Stampereien (Stflnkereien) an, und scheinet, ob wollte er mit seinen inventiones den Miliun, so in E. K. M. Erblanden so viel Un- form begangen, imitiren*. Was die Angelegenheit des P. Rojas betrifft, bo versichert Medina, nur Auersperg habe den Erzbischof von Salzburg dazu angestiftet, fiber jenen zu klagen. Medina meinte, der Raiser werde keine Ruhe haben, wenn er nicht Auersperg vom Hofe entferne.

Die Nachricht von dem Entschlusse des Kaisers, Dietrichstein zum Obersthofmeister der Infantin zu machen, hat Potting Medina mitgeteilt und auf dessen Rat auch dem Konig und der Konigin. Fttr den Bischof

77. Or. » incredebile

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von Freising hat cr gesprochen. (Vgl. oben den kaiserl. Brief vom 21. Juli, Nr. 72, Ende.) Das durfte aber nichts niitzen. Den kaiserlichen Kammer- diener Du Chateau hat er eingefiihrt, so da£ er morgen urn 3 Uhr die In- fan tin portrfitieren wird. Dann wird er auch die Konigin und den Prinzen aufnehmen und wird jedenfalls ein Geschenk bekommen.

Es sind wieder zwei Pasquille im Umlauf, das eine fiber des Konigs Milchkur :

Entre dos nifios tetandos Esta la pobre Castilla. [Zwischen zwei saugenden Kindlein steht das arme Castilien.] und:

El Rey esta malo, el Principe malito, la Reyna con jaquecas,

la Infanta se ira, a quien esta casa se alquilara?

[Der Kflnig befindet sich schlecht, der Kronprinz unwohl,

die KBnigin hat Migrane, die Infantin wird davongehen;

wem wird man dieses Hans vermieten?]

Die auf die Verzauberung des Kdnigs beziiglichen Dokumente sind ,die8er Tage' bei ,Unserer Frau zu Atocha* verbrannt worden. % Diese Weisung liegt nicht vor.

3 Vgl. Priorato 1. c. 636 ff.

4 Die Kurftirstin Maria Anna, von deren Prfttensionen an die spa- nische Krone oben ofter die Rede war. Nach Htibner starb sie 18. oder 28. September.

5 Erzherzogin Anna, Tochter des Grofiherzogs Cosimo II. von Flo- renz, Witwe nach Erzherzog Ferdinand Karl (Siegmunds alterem Bruder, vgl. oben S. 5) seit 1662. Ihre Tochter sind Claudia Felicitas (geb. 1653, die nachmalige zweite Gattin Kaiser Leopolds) und Maria Magda- lena (geb. 1656). Vgl. Priorato 1. c. 642 ff.

6 Grftfin von Wageneperg, vermutlich Eleonora Eusebia, geb. Dohna, die Gattin Johann Rudolfs von Wagensperg, der 1679 starb.

7 Dieses P. S. ist auf ein besonderes Stack Papier geschrieben.

78.

Innsbruck, 17. Oktober 1665.

Besturzung uber Konig PhUipps Tod. Beumnderung uber das selige Sterben. Es wird grofie Trauer angelegt. Bafi Medina im Testament iibergegangen ist, ist gem/i sonderbar, der Kaiser hat das aber schon gewufit. Potting soil eine Kopie des ganzen Testaments einsenden und die Konigin aneifern, sich recht der Regierung anzunehmen. Oegeniiber der neuen Regierung mup

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man neutral sein. Mit dem Kardinal von Aragon soil Potting gute Korrespondenz pflegen, besonders aber mit Neidhardt, der sich aber nicht suspect machen darf. Potting kann neue Namen- chiffern einschicken. Die Konigin mufi jetzt die Last auf sich nehmen. Gaspar de Teves Sendung ist zu verhindern. tJber die in Portugal gefaUenen deutschen Offiziere, besonders Graf Solms und Hohenfdd. Der Kaiser wird am 26. nach Wien aufbrechen. [Zwei Tage spaterj Der eben angekommene spanische Kurier wird mil den notigen Entscheidungen Muriickgeschickt werden. Der Konig von Frankreich wird zweifellos den jetzigen Stand der Dinge benutzen. Der Wechsel ist sehr zurecht gekommen. Nachste Woche wird hier die Euldigung stattfinden. Ein Brief an Harrach folgt anbei, ebenso an die Infantin. Rekommanda- tionen fur Rojas und Diego de Prado.

Als bh den 7. dies eben morgens* auf einer Lerchenfeld- tenne gwesen und mich mit dem Waidwerk delectirt, kommt der Courier Heinrich, und habe ihn opereb Perspectivs von feme kenn; und alsbald zu mich ruefen lassen. Als er aber in die Nahe kame, so fragte ich ihn; wann er weggeritten. Er sagte den 18., sei aber durch ganz Frankreich aufgehalten worden, und gabe mir die Brief. Ich aber sagte gleich zu dem Oberstkamiierer l und Graf Franz von Harrach:2 Auwehc dies bedeu: nichts Guetes, erOfinet also die Brief3 und ersehe mit nit geringer Bestilrzung diese leidige Zeitung, dass nam- lich den 17. September Ihro Majestat der K5nig sel. also selig- lich verscaieden waren.

Wie uns alle dies besttlrzt, ist leicht zu erachten, und obzwar dieser Fall schon vor langer Zeit vorgesehen worden, so habe tch doch nit so bald gemeint.

Weilen es aber Gott also gefallen, so miissen wir selbes seiner Disposition untergeben. Dies ist wohl wahr, dass ein Zeit hex unser Haus ziemlich heimgesucht worden ist. Sit au- tem nonend domini benedictum. Er kann alles wieder multi- pliciren und hereinbringen.

I\r k5nnt nit glauben, mit was flir ternura und liber- gehenten Augen wir alle aus Euren beeden sowohl Kanzlei- als eigenhandigem Schreiben8 gelesen haben, wie wohl bereit,

78. Or. a morgen b opedt c auwe

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christlich und dabei heroisch dieser guete Konig gestorben sei; die Wort, die er zu sein Tochter, Sohn and ministris gesagt hat sein also beschafft, dass einen Stein commiseriren machen mtfchten.*

Ich bestehe es und verlange kein grtffiere Gnad von Gott, ah dass er mir stio loco et tempore auch ein so gltlckliches Ende verleihen wolle.

Als ich heimkomme, habe ich alsbald Consulten angetreten and resolvirt, die groBe Klag anzulegen als wie tlir mein Herrn Vatern sel., weilen ich Ihro Majest&t allzeit yor mein Vatern gehalten habe. N&chsten diesen haben wir ein and das [andre] befunden, so [Ihr] aas dem despacho der Kanzlei vernehmen werdt.4 Ich habe aber vor nothwendig gehalten, Euch anbei etlich Sachen zu erindern und zwar 83 viel des K5nigs Testament anlangt, so ist wohl nit wenig fremd zu be- trachten, dass der Medina praeterirt worden sei, ich kann aber Euch wohl sagen, {dass der Kaiser schon vor geraimer Zeit} gwusst hat, dass dies geschehen solle, allein omnia tub fide se- creti. Ubrigens werdb ich wohl gern haben, warn Ihr mir ein Copy vom ganzen Testament schicken kflnnt. Der Kflnigin wollt Ihr in mein Namen condoliren und sie nur gleichc ad- hortiren, dass sie sich des governo recht annehmen *olle. Wird auch nit schaden, wann Ihr debito loco suggerirt, dass man alien electoribus imperii y a los prencipes d'ltalia parte g&be von diesem traurigen Falle. Und weilen iezo alles eii neues go- vierno ist, so mein ich wohl werde das Beste sein, wann man so viel miiglich ist, neutral bleiben wird. Und weil der Car- dinal de Aragona bald hineinkomme,6 so wird bono publico sehr vortr&glich sein, wann Ihr mit [ihm] eine guete Oonfidenz halten werdet. Und es ist gar vonntfthen, dass man nit diesen Leuten selbst perstfnlich handle, dann scripto o per temros lftsst sich nit alles thuen.

Vor allem aber wird Neidhardt* itzo das meiste thuen mtissen, doch also, dass er sich [nit] gar zu suspect mache, wird daher hoch vonntfthen sein, wann Pfltting* alhs mitd Neidhardt* communiciren wird, ut omnia unitis viribus promo- veantur. Weilen auch iezo status rerum sich ziemlich mutirt hat, also wann es vonn5then, andre verba zu gebrauchm, so

78. Or. » mOchte b wir = werde ° gluff? gleiff? d mueti

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kdnnt [Ihr] etlich vermerken and in Alphabet D und E so es vonn&then continuiren.

Ich kann mir wohl einbilden, der Kttnigin werde es schwer fallen, alien Last zu tragen, cum non sit asueta his laboribus. Doch muss sie* sich iiberwinden, wie ichb in mein Schreiben sie wohl dazu anmahnen thue. Unter diesen Zeiten habe ich auch durch diese Post Euer Schreiben von 9. September em- pfangen,6 auf welches ich nichts zu antworten habe, als dass {des Don Qaspars Heraussendung auf alle Weis zu verhindern ist}, doch also caute, {ne odium in nos cadat}. Pitting* wird aber schon pro possibili alles zu praeveniren wissen.7

Die iiberschickte Lista der gebliebenen Officier ist mir sonders lieb gwest, und weilen der Graf von Solms geblieben, so kommt sein Theil der Grafschaft auf sein Bruedern, so katholisch und bei mir Knab ist, werde ihn alsbald ausmustera lassen, dass er sie antreten0 kftnne, dann er ist schon maio- rennis.8

Dass der von Hohenfeldt auch ein herida9 empfangen, placet, ware guet, wann er sein loses buebisch Leben dadurch bessern wollte. Und weilen ich allhier die ganze Klag nit auf- bringen kann, so werde ich ehender auf Wien reisen und also gwiss den 26. von hier auf sein.d

Gleich als ich vorgestert abend diesen Courier abfertigen wollen, so kommt e der k5niglich spanische und bringt die des- pachos und Euer Schreiben von 25. eiusdem,10 habe also diesen zwei Tage aufhalten lassen. Weilen ich aber gesehen, dass gleichwohl guete sei, dass diese Expedition bald hineinkomme, als lasse ichf den meinigen in Gottes Namen fortlaufen.

Weilen das andere alls Sachen summae importantiae sein, als werde ich alles betrachten und sodann durch den spanischen Courier ehistens mehrere Befehl Euch zuschicken. Interim habe ich Euch dies Nachfolgende an die Hand geben wollen. wegen der joyas und desponsorio beziehe ich mich auf das- jenige, so in dem despacho aus der Kanzlei begriffen. ist gar nit zu zweifein, {dass der Konig in Frankreich* hoc rerum statu Unruh anheben werde, wie dann auch in hac materia Neidhardt* an mich* gar viel geschrieben hat}. Ich werde

78. Or. * sich sie b folgt ihr c andertreten d Bi* hierher achrieb der Kaiser also am 15. September e komb f ihn

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170

aber mit gedachtem spanischen Courier Euch iiber alles in- 8truiren. Intanto ist die rimessa gar wohl k propi kommen; nur mehr;a dann sine illisb nihil. Et utinam ne sero saperent Phryges.

Von hier habe ich nit viel zu avisiren, als dass wir alle wohlauf sein, und solle die nebste Wochen die Huldigung noch gwiss erfolgen. Interim dispono omnia meliori quo possum modo. Dem von Harrach schreibe ich dies Beiliegende und werde ihm mit nebstem bescheiden, wie er sich mit dem allda bleiben und Heroreis [halten] solle. etc.

[P. S.] Ich habe auch vor rathsam befunden, ein Condolenz- briefl an die Infantin abgehen zu lassen, welches in originali et copia hiebei liegt. Si ita videbitur vobis, reginae, Neidhardt* et aliis ministris, wollt Ihr selbes einh&ndigen. Ut in litteris 18. October 1665.

Mit dieser Occasion recommendir ich auch der KQnigin den P. Roxas und D. Diego de Prado, wollet sie auch secun- diren, ut intentum suum assequantur, ambo enim optime de nobis merentur.

1 Oberstkammerer war damals Johann Maximilian Graf von Lam- berg. Vgl. S. 11, Anm. 2.

% Graf Franz von Harrach, Oberstetallmeister bei Erzherzog Sieg- mund, der Statthalter von Tirol wurde. Vgl. Diar. Eur. XIV., 8. 19.

3 Eigenh. Bericht vom 17. September. Der Konig ist an diesem Tage zwischen 4 und 5 Uhr frtih gestorben. Sam 8 tag bekam er nfimlich groflen Durchfall, sp&ter mit Blutabgang. Montag rieten die Arzte zur Bestellung des Zeitlichen. Er erhielt das Viatikum, darauf schritt man zur Authentifikation des Testaments. Potting versuchte zu erreichen, d&G das Desponsorium noch vor dem Konig hatte vorgenommen werden sollen, dieser war jedoch dazu zu schwach. Am Dienstag beurlaubte er sich von der Konigin und seinen Rindern und sagte dabei zum Prinzen : ,Dios te haga mas dichoso de que yo lo he estado.' [,Gott mache Dich gliicklicher als ich es gewesen bin.*] Darauf erhielt er die hi. Olung, empfing dann die Minister und einige Granden und liefl ihnen durch Fray Antonio de Ca- stillo [vgl. Diarium 15. Sept., fol. 107 unten] eine Ermahnung zur Einig- keit u. s. w. halten. Ob es wohl ntitzen wird? Don Juan bat um VorlaB, wurde aber abgewiesen. Mittwoch verschlimmerte sich der Zustand so, daG heute der Tod eintrat. Sogleich wurde das Testament publiziert. Leider ist darin aber nichts iiber die Vollziehung der Heirat der Infantin

78. Or. * unsicher b sin illas

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en thai ten. Es ist nur gut, dafi die Konigin nicht zu sehr an den Rat des ihr beigegebenen Staatsrates gebunden ist. Zugleich mit dieser Nachricht Ubersendet Potting durch den Kurier Heinrich Gottwald [vgl. Diarium 17. Sept. fol. 108] das Bild der Infantin von Du Chateau.

Diese Darstellung stimint genau mit den sonstigen bekannt ge- wordenen Darstellungen aus spanischen Quellen, ebenso mit Embruns Berichten. Mignet I. 372 377. Philipp IV. Testament bei Legrelle, 2.Aufl. I. 552 ff.

4 Es besteht ein Kanzleischreiben yom 18. Oktober, welches sich jedoch auf PSttings Bericht vom 25. September bezieht und, wie der Ein- gang des nachsten kaiserlichen Briefes yom 27. Oktober zeigt, erst mit diesem zusammen abgeschickt wurde. Die oben genannte Kanzleiexpedi- tion fehlt also wo hi.

5 Don Pascual de Aragon, geb. 1625 als zweit&l tester Sohn des V. Herzogs von Segorbe und Cardona, Enrique de A. (vgl. Nr. 54, Anm. 1 und Nr. 58, Anm. 2), Botschafter in Rom, dann Vizekonig yon Neapel, Staatsrat, Kardinal seit 1660, GroBinquisitor 1665, trat als solcher in die Regierungsjunta ein, legte jedoch auf Wunsch der Konigin diese Wilrde noch im Oktober 1665 zuriick und wurde dafilr Erzbischof von Toledo (Patting, 22. Okt. 1665), als welcher er ebenfalls der Junta angehdrte. Er war durch seine Stellung einer der heryorragendsten Manner am Hofe, jedoch yon mftBigen Gaben und trat persdnlich wenig hervor. Sein Tod erfolgte 28. September 1677. Vgl. Doc. ined. CIX. 13. Morel Fatio, Rec. instr. XI. 228.

6 Potting, 10. September. Dieser Brief ging mit der Post, kam daher sp&ter an als der Kurier vom 17. September. Cber die Verluste an deutschen Offizieren. Potting stent ohnehin mit einigen in Korre- spondenz, aber niemand getraute sich die Wahrheit uber die letzte Nieder- lage zu melden, da Caracena dies bei Todesstrafe verboten hat. Die Ernennung des Don Gaspar hat er schon mehrmals hintertrieben, sie wird aber immer wieder hervorgesucht. Er wird sie hoffentlich mit Medina doch vereiteln. Er wird dem kaiserlichen Befehle gem&U in Zukunft seine Relationen teilen wegen Auerspergs. Chateau wirkt hier Mirakel mit seiner Kunst. Er hat die Konigin und Infantin so schon gemalt, dafi die Konigin yon jedem Bild vier Kopien haben will. ,Diesen Abend' [8. Sep- tember nach dem Diarium] ist Don Luis de Oyanguren gestorben und sein Amt ernes Segretario di stato del Norte ist dem Don Blasco de Loyola Ubergeben worden etc. Lisola erw&hnt in dem Schreiben vom 1 1 . Septem- ber gleichfalls diesen Wechsel, betont, da£ Loyola ein vir notae probitatis und dem Kaiser treu sei und dafi seine Ernennung mit Hilfe der Konigin, Neidhardts und Lisolas erfolgt sei.

7 Es handelt sich um die Sendung des Gaspar de Teves nach Wien, welche man in Madrid ins Auge gefafit hatte. Nr. 73, Anm. 6.

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8 Vgl. Anm. 3 zum Briefe vom 5. August Nr. 73.

9 =Wunde.

10 Pitting, 24. September, eigenh., auf den kaiserlichen Befehl vom 19. August. Letzten Samstag wurde der Leichnam des KSnigs in den Escurial gebracht und die Konigin hat die Regierung angetreten.

Die Abreise der kaiserlichen Braut wird sehr schwer werden, wenn die Konigin nicht ihre Macht voll einsetzt. Medina ist sehr gekrankt, da£ er nicht zur Regierung (Junta del gobierno)beigezogen wurde. Potting sucht ihn zu trosten. Medina sieht sehr schwarz und ineint, der Kaiser mfisse selbst nach Spanien kommen, um die Angelegenheiten zu ordnen. Auch die Abreise der Braut werde sehr zweifelhaft werden, Pefiaranda wird sich widersetzen und Auersperg sich mit ihm verbinden, um ,sowohl E. K. M. als das hiesige governo totaliter zu confundiren'. Don Juan ist zwar wieder nach Consuegra gegangen, yerlangt aber schon wieder die Erlaubnis, nach Madrid zu kommen, um der Konigin zu kondolieren. Hoffentlich wird diese es nicht erlauben. Kurzum sie wird viel Unannehmlichkeiten haben. Im zweiten Briefe, vom 25. September, welcher mit dem spanischen Kurier geschickt wurde, bemerkt Potting, daft dieser Kurier spaniscber- seits die Notifikation des Todes des Kdnigs, die Bitte um Beistand fur die Niederlande gegen einen franzftsischen Angriff und zugleich 152.000 Scudos an Subsidien bringe. Er (Potting) hat betont, dafi der Kaiser nur bei ausgiebigen Subsidien etwas ftlr die Niederlande tun konne. Von Me- dina hat er einen Auszug aus dem koniglichen Testament uber die Macht- befugnis der Konigin erhalten und schliefit ihn bei, hofft auch bald eine vollstandige Kopie zu erhalten. Vgl. Legrelle I. 1. c. Interessante Er- gftnzungen enthalten die Schreiben Lisolas aus dieser Zeit. Er berichtet yon der Einsetzung der Ktmiginmutter als Regentin, von dem Regent- schaftsrate. ,Quatuor exillis ministris deputatis, presidens scilicet Castiliae, inquisitor generalis, archiepiscopus Toletanus et vicecancellarius Arago- niae non ex libera regis disposition sed ratione officii iuxta leges regni fundamentales ad hoc munus vocati sunt, ideo nulla fuit prorsus quoad hoc caeterorum querela, quoad alios vero duos, quos rex morti proximus ad im- portunam cuiusdam simplicissimi patris franciscani a marchione ab Aito- na sub mi 88i [ist dies vielleicht der Fray Antonio de Castillo? bei Potting, 17. Sept. eigenh., S. 170, Anm. 3) instantiam accivit, magna est et fere universalis omnium reclamatio; quod enim Pennerandam tanquam ex corpore concilii status selegerit, queruntur caeteri consiliarii status, qui ipsum natalibus, authoritate et antiquitate longe procedunt, praesertim vero duces Albensis et Medinae de las Torres, cumque Penerandae agendi modus plerisque exosus sit, metuendum ne inter istos negotiorum extero- rum prorsus rudes ille praevaleat vehementia sua'. Man ftirchtet eine Pfaffenwirtschaft. Die Augen aller Bind auf die Konigin gerichtet; von der Art, wie sie die Ztigel der Regierung ergreifen wird, hangt alles ab;

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iet sie energisch, so ist alles gewonnen; wenn nicht, wird Don Juan siegen. Lisola sucht Neidhardt, der zogert, zu bestimmen, der Kdnigin zu ener- gischem Vorgehen zuzusprechen. Im Rate sind grofie Differenzen; Pefia- randa and Aytona gegen Castrillo. Medina klagt Lisola sehr. Dieser bringt eine Aussohnung Medinas mit Neidhardt znstande.

79.

Worgl, 27. Oktober 1665.

(Durch Kurier.) Der Kaiser war so in Anspruch genomrnen, dafi er langere Zeit nicht zum Schreiben ham, besieht sich ubri- gens auf die Kanzleischreiben vom 18. Oktober wegen der An- scMdge Ludwig XIV. auf die Niederlande and der Abreise der Infantin. Uber die Einfiihrung der Kdnigin in die Geschdfte und die Intriguen Auerspergs und Pefiarandas. Der Kaiser entschuldigt sich, dafi er eine Oper angehort hat. Gestern ist er abgereist. Potting soil alles Neidhardt und Lisola Jcommunisieren. Harrach soil bis eur Auslieferung des Geschmeides dort bleiben. Chateau (van Schlofi) soil als Kurier herauskommen.

Aus dem despacho, so der ohnl&ngst heraasgescfaickte and aniezo wieder bineinreitende Courier mitbringt, werdet Ihr sehen, was pro nunc Euch anzubefehlen ist.1

Und obwohlen Ihr die data schon von 18. dito finden werdet, so haben mich die Leut zu Innsbruck die letzte Tag also geplagt, dass ich nicht ein halbe Stund Zeit hab kftnnen nehmen, den eigenh&ndigen despacho zu machen. Habe es also auf die Reis verspart, so aniezo geschieht. Und bestehet das erste und principal membrum des obgemeldten despacho in deme, n&mlich {in materia, was Neidhardt* an mich* geschrieben hat, circa machinationes des KCnigs in Frankreich* wider Niederland}. Remittir mich aber in allem auf gemeldtes des- pacho.

wollt Ihr halt dringen auf die Abreis der Infantin, { dann obwohlen ich * wohl weiB, dass sie * vor dem Frlihling nit geschehen solle}, man muess sich aber stellen, als wann man es nit merken th&te.

Mit dieser Occasion habe ich Eure beede Schreiben von 25. September beantworten [wollen], habe aber fiir diesmal nit

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viel zu antworten. Freilich muss die K5nigin am die Sachen [sich] annehmen, allein milsBen wir uns nit gar zu viel darin mischen, dann sonsten werden wir nur* weniger richten. Dass Auersperg* mit Peneranda* wird suechen einige tricas zu machen, ist nit ohne, aber der Kaiser* wird ihm schon den Compass verrttcken. Dies ist, was mir aniezo beifallt Euch zu erindern. Nebst diesem thue ich Euch zu wissen, dass die vorige Woche die Huldigung gehaltenb und gar wohl passirt. Weilen ich aber weiB, dass die Leut gar viel reden, als hab ich Euch dies Nachfolgende berichten wollen. N&mlich eben' selben Tag, weil die Sttade mit Saufen und Fressen lustig sich gemacht, habe ich mich auch in etwas divertiren wollen. Habe als[o] das allda in Innsbruck sich befindendec theatrum besich- tiget.d Weilen aber die musici ein opera fertig gehabt (et ut verum fatear ita disponente serenissima Anna,8) so habe ich selben Abend selbiger beigewohnt, doch quasi all incognito,6 und h&tten keine Leut sollen dabei sein. Es haben sich aber viel dazue gestohlen. Habe also Euch zur Nachricht avisiren wollen, ne forte spargatur, nos loco funeralium comoedias ex- hibere.

Die letzte Tag haben mich die gueten Tiroler also ge- plagt, dass ich fast nimmer h&tte dauern kOnnen, bin aber in Gottes Namen gestert abgereist und heut allher kommen, so gar ein schlechtsf Ort ist, sieben Meil von Innsbruck. Habe also diesen Courier dispacciren wollen. Habe also Euch weiter nix zu befehlen, als dass [Ihr] alles dem {Lisola und Neid- hardt} communicirt, weilen Neidhardt* iezo ziemlich viel ver- mtfgend wird etc.

[P. Scr.] Ich habe dem Grafen von Harrach befohlen, darin zu bleiben, bis die joyas extradirt werden, es seie tiber kurz oder lang. Weilen aber der Chatteau nichts mehr darinnen zu thuen hat, so wollet ihn anstatt eines Couriers per posta herausschicken.

1 Dieses Kanzleiscbreiben mit Datum Innsbruck, 18. Oktober ist erbalten und entha'lt die Antwort auf den oben S. 172, Anm. 10 ausge* zogenen Brief Pottings oder besser auf die mit diesem gleicbzeitig einge- laufene (aber nicht yorhandene) Kanzleirelation vom 25. September.

79. Or, a undeutlich b gehaldt c befiinde d besichtige in- cognit f8chlets?

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175

Der Kaiser ist bereit, Spanien beizustehen, aber die Geldsumme (152.625 Scudos) ist dem ganz und gar nicht proportional und Spanien mutf mit ,anderen mehreren Rimessen continuiren'. Wegen der Hilfe fur die Niederlande wird auf die beiliegenden Kopien eines Briefwechsels zwischen Castel Bodrigo und dem Kaiser verwiesen. Potting soil die spa- nischen Minister befragen, was sie denn eigentlich in dieser Angelegen- heit zn tun beabsichtigen, damit der Kaiser sich darnach richten konne. Jedenfalls ist der Friede oder Waffenstillstand mit Portugal notig; Potting soil dazu belfen, ebenso soil er darauf dringen, dafi ein ordentlicher Bot- schafter nach Wien gesendet werde. Der Kaiser ist erfreut, datf sich die KSnigin der Jornada* so annimmt und sie auf den Mfirz oder April ange- setzt bat. (Darfiber findet sicb in dem eigenhandigen Briefe Pdttings nichts.) Patting erh&lt ein neues Kreditiv fur die Konigin. Da nun der Kaiser bescblossen hat, dafi die Obergabe der Kleinodien erst kurz vor dem Desponsorium, dieses aber nur drei oder vier Tage vor der Abreise stattfinden solle, so muC der Graf Harrach sich noch weiter bis auf fer- neren Befehl in Spanien aufhalten, ,damit es nit sonsten ein Verdacht mac he, als ob man des Werks mfld und vielleicht gar die Klenodien zu- riickgenommen h&tte*. Den Bericht vom 24. September hat der Kaiser ebenso wie den Brief von Medina erhalten und antwortet diesem sogleich. Potting hat ihm den Brief zu iibergeben.

2 Die Erzherzoginwitwe von Tirol. Vgl. S. 166, Anm. 5.

80.

St Polten, 12. November 1665.*

Von Potting sind Jceine Schreiben da. Bezieht sich auf das vorige Schreiben. Uber den munsterisch-niederlandischen Krieg und die Absichten Ludwig XIV. Die Eeise ist gut abgelaufen. fiber den Empfang durch den Erzbischof von Salzburg und die weitere Eeise, den Tod des osterreichischen Hofkanzlers und die baldige Ankunft in Wien. Rojas war beim Kurfursten von Koln.

Euer jilngstes Schreiben war von 25. und 26. September^ bei der ordinari und bei dem spanischen Courier. Seither habe ich kein Schreiben empfangen. Weilen aber der Graf Adam1 dem Grafen von Lamberg schreibet, er habe von Euch Schreiben

80. Vom Registrator irrtiimlich unler dem 12. September eingetragen und demgemdfi eingebunden.

b Die Konzepte S. 172, Anm. 10 vom 24. und 25. September.

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von 7. October, also vermeine ich, die Schreiben werden irr- gangen [sein] und auf Innsbruck geloffen und also vielleicht ehistens ankommen.

Weilen aber heut Nacht die spanische ordinari von Wien allhier durchgehet, also habe ich dabei schreiben wollen. Und zweifle ich nit, es werde der spanische Courier mit unserm des- pacho (so mir recht ist de dato Wtfrgl den 27. October) dar- innen angelangt sein. Ihr werdet auch aus selben mit mehr ein und das andre ersehen haben, absonderlich {dass Neid- hardt* an mich* geschrieben hat}. Beziehe mich als nochmals vflllig auf selben despacho. Vor diesmal fttllt in publicis wenig vor, auCer was mein Oberstk&mmerer8 Euch communiciren wird {in materia belli inter Hollandos et episcopum Monasteriensem}, welches Ihr der Ktfnigin und ministris communiciren wollet, jedoch nachdem Ihr es vor nothwendig erachten werdet. Der K6nig in Frankreich* will in trubem Wasser fischen und un- serm Haus* einen Abbruch thun. Die KCnigin* und ich* mtissen in allweg selben zu verhindern suechen. Ich will mich in diesem vor diesmal nit viel extendiren, allein wann die spanischen Minister* vielleicht meine* Intention nit approbiren th&ten, vielleicht nit schaden wttrde, wann Potting* ihnen* zu verstehen g&be, sie stttnden ihnen selbst vor das Licht, weilen sie ihre intentiones so gar nit mit mir* communiciren th&ten. Hoc pro hac vice* sufficiat.3

Mein Reis ist sonsten gar wohl abgelofFen. In Salzburg hat der Erzbischof mir groCe Accoglienzenb wie das vorigemal auch diesmal gethan.

Unter andern divertimenti hat er mir ein Gamsjagen ge- halten, und ist selbes das erste gwest, so ich mein Lebtag ge- sehen habe, dann in Tirol, allwo ich zu anderer Zeit wohl schOne h&tte haben konnen, hat es diesmal wegen des schon gar zue groCen Schnees gar nit sein kSnnen. In bemeldtem Jagen haben wir gleichwohl zwfllf Stuck gefallt, und habe ich dem gueten alten Hoftnarschall4 auch zue schiefien erlaubt, und er hat eine mit ein gar schdn SchuB erlegt. Ihr ktfnnt nit glauben, wie es ihn gefreut hat, dann er sagt, er h&tte schon allerlei Wildpret gefallt, allein dieses erst diesmal.

80. Or. vie hfolgt gethan

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Am 4. dies bin ich abermal von Salzburg aufgebrochen, und hat archiepiscopus mich bis auf die Grenze, so erst den 5. erreicht, mit Ehr geleit. Seither ist nicht viel geschehen, als dass vorgestert* zu Wien der guete Ssterreichische Hofkanzler gestorben ist.5 Ist kaum acht Tag vorher zu Wasser von Inns- bruck unten angelangt.

Das Wetter hat uns ziemlich wohl favorisirt, aber die Wege waren ziemlich grundlos, absonderlich auf dem Strub- berg,6 allwo gar viel Wagen bestecken geblieben. Am Sonn- tag abends als in festo Sti. Leopoldi (nachdeme ich vorher zu Klosterneuburg mein Andacht verricht) werde ich auf Wien kommen. Verbleibe etc.

[P. S.] Hatte schier vergessen, Euch zu schreiben, dass P. Rojas * bei dem Kurftirsten von Koln * gwest und Lamberg* geschrieben hat, er habe allda viel Guetes ausgricht. Vi serva di aviso, il tempo chiarirk tutto.

1 Graf Adam? vielleicht Wallenstein (vgl. Nr. 89: Franz Adam) oder Trauttmansdorff (vgl. Nr. 303: Adam).

2 Graf Lamberg.

3 Der Krieg, den der Bischof von Miinster Christoph Bernhard von Galen gegen die Republik der ,Vereinigten Niederlande* unternahm, war ein Rachekrieg wegen der zahlreichen Ubergriffe der Niederlande. Die Borkeloer Affaire bildete die Hauptfrage. Die Streitigkeiten zwischen England und Holland beniltzte der Bischof, um loszuschlagen, Mitte Sep- tember 1665. Doch wurde der Krieg von den Milnsterern planlos ge- fuhrt. Vgl. Tucking, Geschichte des Stiftes Miinster unter Christoph Bern- hard von Galen. Minister 1865, 133 ff.

4 Graf Heinrich Wilhelm von Starhemberg, geb. 1593, kam unter Ferdinand II. an den Hof, wurde Mundschenk, Kammerer und Oberst- stallmeister, unter Ferdinand III. wirklicher geheimer Rat und Hofmar- schall, erhielt dann unter Leopold das goldene Vlies und die Landes- hauptmannstelle in Oberosterreich. Er starb in Wien 1675. Zedler XXXIX. 1028.

5 Graf Johann Joachim Sinzendorf.

6 = Strubpafi an der Grenze von Tirol und Salzburg.

80. Or. a unricher

Pontes. II. Abt. Bd. LVI. 12

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81.

Wien, 25. November 1665.

Nach der Erkldrung der Konigin ist jetzt der Februar wohl sicker als Termin fur de)i Aufbruch der Infantin. Zwei Verdachtsmomente fur den Kaiser. Davon darf man aber nichts merken lassen. Uber die portugiesisch-englischen Dinge und Car- lingfords bevorstehende Ankunft in Wien, ebenso uber die Eras- quins, sowie uber die Briefe des Beichtvaters an die camarera mayor der Infantin, von welch letzterer es jedoch heiflt, dafi sie nicht mitgeJien soil. Ludtvig XIV. soil trotz des Einspruches Castel Rodrigos Truppen durch die spanischen Niederlande den Uolldndern zu Hilfe geschickt haben. Polnische Dinge. tfber den Eintritt der Marchesa de Grana in den Karmeliterorden.

Gleich nachderae ich den 12. dies in St. P6lten die Post expedirt, empfange ich zu Ktfnigstetten Euer Schreiben von 9. October und vor acht Tagen die frischen von 22. detto,1 aus welchen ich wohl mit absonderlichem contento ersehen habe die Resolution der Ktfnigin wegen meiner Gespons Aufbruch und dass selber in Februarii gwiss bestimmet sei. Iezo muss ich es schier glauben, noch mehrers aber, si videro de facto iam in mari esse, interim omnia dissimulanda sunt. Weilen Ihr aber wohl [wisset], dass die Verliebte sospettosi sein, also ge- schieht es mir auch, indem ich in dem von Don Blasco2 an Euch geschriebenen Billet zwei Sachen observire, so mir nit recht gefallen, dass er sie nennt la senora Infanta, da doch Oyanguren und Medina und alle andre darinnen sie schon ge- nannt auch in kflniglicher Resolution la senora Emperatriz. dass er sagt: ;la salida de aqui', und nicht ,1a Jornada*. Estos son mis sospechos, dios haga, que sean falsos.

Von diesem aber dlirft Ihr Euch nicht merken lassen sondern nur stellen, als wann Ihr Euch ganz auf die parola reale verlassen th&tet,a wie alles mit mehr aus dem Kanzlei- despacho3 zu ersehen ist.

Vor allem aber wollt ich wissen, ob die Galeeren darinnen ttberwintern werden et ubi?

81. Or. » thet

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Was sodann anlangt, was Medina* Euch communicirt circa {indutias cam Lusitania* et ligam cam Lusitania* et rege Angliae,* vermeinet der Kaiser* dass diese tractatus allhie am besten k6nntena manegirt werden, absonderlich aber, wann Car- lingford ankommen wird}.4 Dies puncti halber werdet Ihr auch mitb mehr aus der Kanzlei instruirt werden. Wann der Car- lingford ankommen wird, solle ihm alle accoglienza widerfahren, und absonderlich, weilen sein Sohn mit kommt, welcher mir viel Jahr per page gedient und sich allzeit also verhalten hat, ut ab omnibus summamc meruerit laudem. Es mangelt mir nur der Lessle allhie als Landsmann, der wiirde ihn gwiss wohl tractiren und englisch mit ihm parliren.

Euern Secretar erwarten wir mit Verlangen, ut habeamus plenam in omnibus informationem, allein besorge ich, er werde eine guete Weil auf der Reis bleiben, dann ein Secretario und ein Spanier zu sein, sunt duo qualitates, quae magis convenire videntur einem Schnecken als einem Courier.

Die zwei Schreiben von Beichtvaterd meiner Liebsten5 und de condesa de Benavente sein mir gar lieb gwest. Die Antwort an [den] gueten Pater, so mir aus dem Schreiben ein gueter Tattl zu sein scheint, folgt aus der Kanzlei, die an die camarerae mayor aber kommt hiebei, et quidem manu propria, weilen es also anf die de la Veles6 geschehen, ich auch nit wtisste, wie es lateinisch mtisst formirt werden. Allein verlaut allhie, als wann sie, condesa, nicht mit herauskommen sollte, tali casu werdt Ihr das Schreiben nicht aushftndigen.

Allhie ist Zeitung eingeloffen, {dass der Ktfnig in Frank- reich * Holland * zue Hilf Vtflker geschickt habe wider Mtinster durch Niederland}, et quidem hocjcontradicente Castel Rodrigo*}. Questo solo vi serva per aviso, weilen ich nicht gwiss weiC, ob es wahr ist.

In Polen sein die Sachen auch gestillt zwischen dem K(5nig und Lubomirski, mit mehrem sollen die particularia Euch und dem Lisola commmunicirt werden.7

Allhie bin ich den 15. angelangt, Deo sint laudes, sanus et incolumis. Die Marchesa de Grana hat sich resolvirt in den

81. Or. * ktinnten trac mangirt. JedenfaUa wollte der Kaiser zuerst tractirt schreiben b nitt c summa d undeutlich e camerara f an ist imsicher, da es im Originate von einem Tintenfleck teilweise bedeckt ist.

12*

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Carmeliterorden de Sa Theresa einzutreten, und solle ala con- ception die Einkleidung geschehen zu Neustadt in dem neu- fundirten Convent, so die Frau Seradestkin gestift hat,8 und ich also auch hiniiber reis selber Function beizuwohnen. Weilen aber eben selber Tagen wieder ein spanischer Posttag fallen thuet, also avisir ich es Euch anticipative, wann vielleicht die Brief nicht richtig gehen werden, dass die monja die Schuld hatte.

Ihr konnt nit glauben, was diese* Resolution vor ein Lar- men und ein Grauschb gemacht hat. Admiratur valde et a cunctis, attamen a paucis credo imitabitur.

SchlieClichen kommen hiebei die Brief an die KCnigin, P. Neidhardt und Harrach, beziehe mich etc.

1 Potting, 9. Oktober auf den kaiserlichen Brief vom 2. September. Dank ftir die Versicherung der fortdauernden kaiserlichen Gnade. Wegen der Verhaltnisse der neuen Regierung verweist er auf seine Relation und kiindigt an, daJ3 er n&chstens seinen spanischen Sekretiir (Don Martin de Erasquin, nach dem Diarium, 20. Okt.) schicken werde, um uber diese Dinge Nachricht zu geben. Er will nur noch eine Entscheidung wegen der Jornada* erwarten. Die Absendung des Don Gaspar ist hinter- trieben. Die Grafin von Benavente und der neuernannte Beichtvater [P. Fray Juan de Molino, Diarium 11. Okt] senden durch Petting Briefe an den Kaiser; namentlich Molino erwartet eine Antwort. Neid- hardt wird grotfes Geschick brauchen, wenn er sicb wird halten wollen. Chinch on ist endlich gestorben. Gestern wurde die offentliche Pro- klamation des Konigs vorgenommen. (Einiges dartlber im Diarium 8. Okt.) Medina meint, der Kaiser solle den englischen Gesandten in Wien recht gut empfangen, denn man verspricht sich in Spanien viel von der Liga.

Potting, 22. Oktober. Auf das kaiserliche Schreiben vom 18. September. Er erwartet weiteren Befehl wegen der Obergabe der Kleinodien und treibt einstweilen zur Beschleunigung der Reise, hat auch eine konigliche Entscheidung erhalten, wonach sie in der Mitte des Fc- bruar erfolgen solle. Es hat ihm aber unglaubliche Mflhe gekostet, diese Resolution zu erhalten, da die Minister alle unbeschreiblich schwierig sind, vor alien Pefiaranda. Der Sekretiir ist noch nicht abgeschickt, es wird aber sofort geschehen. Eine Antwort der Tnfantin auf das letzte Schreiben des Kaisers folgt mit, der Kaiser kann die Korrespondenz fortsetzen.

81. Or. R dies b unncher

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Der Kardiual von Aragou hat das Erzbistuin Toledo erhalten unter der Bedingung, daB er das Amt des Groflinquisitors aufgebe etc.

Z Don Blasco de Loyola, seit 8. September 1665 (Potting, 10. Sept., Nr. 78, Anm. 5) der Nachfolger Oyangurens als Staatssekretfir des Nor- dens. Er starb 14. Oktober 1669. Das hier erwfihnte Billet ist wohl die konigliche Resolution, deren Empfang ,por aviso de Don Blasco de Loyola* im Diarium unter dem 19. Oktober verzeichnet ist.

3 Kanzleischreiben vom 22. November. Nut ausffihrlichere Bespre- chung der beiden Punkte Jornada4 und ,englische Traktaten*. In Bezug auf letztere wird Potting angewiesen, sich in nichts Nftheres einzulassen, da dergleichen wichtige Sachen nur am kaiserlichen Hofe abgemacht werden konnen. Verweisung auf die Expedition vom 18. November, in welcher alles Notige fiber den munsterischen Krieg und die vom Kaiser angebotene Mediation mit den betreffenden Abschriften (iberschickt worden ist. Von dieser Expedition ist nur mehr das Einbegleitungs- schreiben vorhanden.

4 Carlingford, Theobald Taaffe, Earl of C. wurde als Gesandter damals von dem bfindnissuchenden England nach Deutschland geschickt und suchte die Hofe des Pfalzgrafen von Neuburg, von Berlin, Mainz und die des Hauses Braunschweig auf, bevor er nach Wien kam. Pribram, Lisola 276 ff.

5 Fray Juan de Molino-Navarrete, wurde 1671 Bischof von Pa- lencia und starb als solcher 1685.

6 Gemeint ist wohl die Ay a Karl II. Maria Engracia de Toledo y Portugal, zweite Gemahlin des Don Fadrique Enrique Fajardo de Zuiiiga y Requesens, V. Marques de los Velez. Sie war eine Schwester des sie- benten Grafen von Oropesa.

7 Georg Ffirst Lubomirski, GroBmarschall und Feldhetman, hatte dem Konig wfihrend des Schwedenkrieges treu beigestanden, 1660 den groBen Sieg fiber die Russen bei Czudnowo in Volhynien erfochten, fiel jedoch in Ungnade beim Koriig. Da er 1664 nicht vor dem Reichs- tage erschien, wurden ihm Gfiter und Ehren abgesprochen. Er behauptete sich jedoch 1665 durch den Sieg von Czenstochau und 1666 durch den von Montwy. Dann unterwarf er sich, ging nach Breslau und starb dort schon 1667.

8 Der Name Seradetzkin scheint sonst nicht vorzukommen. Viel- leicht ist Zaratschin zu lesen. Zwei Mitglieder dieser gr&flichen Fainilie werden im Codex der Hofb. 14071 fol. 5 unter den kaiserlichen Kammer- herren mit dem Ehrenschlfissel erwiihnt. Eine Familie Sandretzki, die infolge des dreiBigj&hrigen Krieges aus Bohmen nach Schlesien auswan- derte, zitiert Gauhe, Adelslexikon II, 2016/7. Vgl. unten Leopolds Brief vom 22. Juli 1666, nach welchem die Dame eine SchwSgerin Pottings war.

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82.

Laxenburg, p. Dezember 1665.

Erasquin ist angekommen und hat schon eine Audienz erhalten. Der Kaiser ist erfreut uber die Einsendung der Kopie des konig- lichen Testaments sowie tiber die Schriften des Mondejar, welchen Potting Jcultivieren soil, Uber die Abreise der Infantin und die Ubergabe der joyas, welche ohne Bedenken erfolgen kann; uber die Machinationen Ludwig XIV. Potting soil aufmerksam machen, daft die Spanier wichtige Binge in Geheimschrift schreiben soUen. Notwendig ist der Friede mit Portugal und die Anwesenheit eines spanischen Botschafters. tfber die Zwistigkeitm zivischen Potting und Lisola, Pottings Privatangelegenheiten und die Ein- kleidung der Marchesa de Ghana. Schneewetter. Verleihung des gdldenen Vlieses an den Kbnig.

Ich habe drei Eure relationes empfangen,1 die erste von 18. October durch Euren secretarium Erasquin, welcher den 29. November allhie angelangt ist, die andere von 5. durch die Ordinari, die dritte von 9. November, so Ihr durch ein Courier geschrieben zu haben vermeldt, auch durch die Ordinari, weilen ich erachte, dass selber werde sein zu Briissel aufgehalten worden; auf welche alle ich nachfolgenderweis und zwar ad memoriam punctatim antworten thue.

Und greicht mir vorderist und primo zu absonderlichem Oefallen Euer FleiC und Sorgfalt, auch daC Ihr den Don Martin2 eigens habt wollen herausschicken. Ich habe ihm zwar schon ein Audienz gegeben,tt wir haben aber noch dato wenig materialia angetreten, weilen sein Instruction, so gar lang, erstb vor drei Tag, also eben als ich auf Neustadt greist,c descifirirt worden. Itzo werde ich aber alles anhoren, hernach erw&gen und mich iiber alles resolviren. ist mir copia testamenti regii gar lieb, habe selbig wohl fleifiig iiberlesen, finde gar viel notabilissimad darin. Ingleichen sein mire {des Monde- jar}3 Euch* gegebene Schriften gar angenehm gwesen; wird nit schaden, wann Ihr ihn ferrers cultiviren werdet, dann

82. gehabt b uruicher c graidt d notabilissim e wir? wief

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solches nit allein nichts schaden, sondern wohl viel ntitzen kann. Vor allem aber hat mich hoch consolirt, dass man dadovero zusehen thuet und alle Praeparationen macht zur Infanta Ab- reis. Wollt gleichwohl cautivea insistiren, dass alles zu Werk gestellt [werde], ne resolutio reginalis in minimo differatur, und von allem mir ausftthrlich parte geben, damit man allhie sichb auch darnach richten ktfnne.

Ich habe aber guete Hoffnung, und weil die entrega de las joyas dieser Materie anh&ngigc ist, also beziehe ich mich auf die Kanzleiresolution,4 setze nur das dazue, dass wann lhr sehet, dass Kflnigin und ministri kein Difficult&ten machen selbe anzunehmen, und lhr dessen gesichert seid, lhr es in Gottes Namen ausliefern lasset, wofern lhr kein anders Haupt- bedenken dawider habt;d habe auch in dieser particulari den Grafen von Harrach vOllig auf Euch gwiesen.

Was nun anlangt {des K5nigs in Frankreich* machi- nationes und Lust zu dem Krieg}, so hat mir die Konigin in dieser Materi geschrieben, wie lhr neben dem, was ich ge- antwort, von der Kanzlei werdt zu empfangen haben,e wohin ich mich v5llig beziehe und allein Euch dies erindere, dass nit schaden wird, dass lhr [im] Vertauen dem Don Blasco de Loyola5 an die Hand g&betet, dass wann sie solche geheime Sachen schreiben thun, sie sich der geheimen Ziffern bedienen sollen, welche der Kflnig sel. allzeit gebraucht hat.

Ad rem aber ipsam weitt ich ja einmal kein besseres Mittel als mit {Portugal ein Frieden oder ein tregua zue machen}, dann auf dies folgete {ein Lige mit England*}. Wollt also dies fleiCig urgiren, dann einmals es ist sonst alles voller groCer Gefahrn.

halte ich ja einmal vor hochnothwendig, dass dermals ein spanischer Botschafter an meinen Hof komme. Wollt also instantissime darauf dringen, dann ich es h5chst verlange. Ver- hoflfe, die KCnigin mir dies nit abschlagen werde, wollt es bei ihr sollicitiren und mir von allem Relation erstatten.

Was anlangt, dass unter Euch und dem Lisola einiger Missverstand sich erhebt, ist mir wohl leid zu vernehmeng

82. Or. » centive? b sie c Mater anhendig? d hett fclgt werdt f BT atatt CY * undeutl ich

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gwest. Will Eure rationes aus Eurer Relation mit mehrerm erwagen and sodann mich weiter resolviren.

Ihr werdet mir aber wohl ein gwaltig Gefallen thun, wann Ihr sehet, dass so viel mliglich es in bonis mit einander bleibet. Ich werde [es] gegen Each mit absonderlichen Gnaden* er- kennen.

Ich muss aber gleichwohl bekennen, dass mich nit wenig krankt und betrlibt, dass ich sehe, dass nit allein an meinem Hofe sondernb auch unter Euch darinnen und am spanischen Hofe solche Uneinigkeiten und Diffidenzen gebe. Ma pa- zienza, Deus meliora dabit, cui me cum omnibus meisc plane submitto.d

Was Eure particularia anlangt, werde ich selbe von Erasquin mit mehrerm vernehmen und sodann mich darttber resolviren.

Sonsten befinde ich mich Gott sei Lob gar wohlauf. Sein zue Neustadt gwest und haben der Einkleidung der Marchesa de Grana beigewohnt.0 Sie hat es also heroisch und mit solcher Desombration gethan, dass alle auferbaut sein worden und viel zeitherof gwunnen sein. Iezo heiBt [sie] sor* Eleonora Theresa de la conception.

Es sein auch ihr zu Ehren etwelche italienische Vers ge- macht, so hiebei kommen. Heut hatb es ein solchen Schnce gworfen, dass ich nit weitt, ob ich morgen auf Wien werde kommen, dann all' Weg verwahet sein, und ist es just ein Wetter gwest, als wie ich von Prag nach Frankfurt abgreist bin etc.

[P. Scr.] Die Function, wie man dem KOnig den Thuson geben hat, muss recht holdselig gwest sein, hatte gem gehabt, wann Ihr geschrieben hattet,' wie sie abgeloffen, wie das Biibelk sich dabei gestellt, und wie Ihr den Ktfnig an Gesundheit ge- funden habt.

1 Potting, 18. Oktober. Er sendet seinen Sekret&r Erasquin. Seine ausfiihrliche Instruktion wurde in den Chiffern der osterreichischen Kanzlei gesetzt, die er jedoch nicht genugend kennt, daher wird man ihm beistehen

82. Or. * nach Gnaden nochmals gegen Euch b under c meis me d subitto e urmcher f xweifelhaft « suor? suer? h habe » hett

k wuicher

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mtissen. Potting hat eine Abschrift des kdniglichen Testaments er- halten und iibersendet sie hiermit. Das Testament ist in vielen Punkten dem Kaiser und dessen , Succession' sehr giinstig.

Marques Mondejar hat ihm ein von ihm verfaBtes Schriftstuck iiber den ,status harum partium' und das yon ihm in Angelegenheit der Abreise der Infantin abgegebene Yotum mitgeteilt, welches auch beiliegt. Es ist notwendig, ihn zu ,cultiviren'. Don Martin hat auch die ^Particular- angelegenheiten' Pottings vorzubringen (die Geldforderungen).

P. S. Es ist ihm gelungen, eine abermalige Best&tigung des Februar- termins zu erhalten, die Abschrift folgt bei.

5. November. Auf das kaiserliche Schreiben vom 6. Oktober.

Da die Spanier, wenn sie auch nichts ausdriicklich erw&hnten, doch ihren Wunsch nach Auslieferung der Kleinodien merken lietfen, so kam er, Pfltting, mit Neidhardt, Harrach und Lisola iiberein, man solle die KSnigin im Vertrauen dartiber befragen. Harrach wird Samstag (11. Nov.) seine erste Audienz haben. Zur Sicherung der Reise der Infantin hat man die Flotte in Cadix ,mit alien Fleitf zu apprestiren anbefohlen. . . .* Harrach kann wohl kaum das Vlies erhalten.

SchlieBlich beklagt sich Potting Uber Lisolas ,unbefugtes Beginnen' und verweist auf den Bericht seines Sekretars. Einiges dariiber findet sich noch in einer Notiz im Diarium, 17. Oktober, namlich daB Lisola gegen alle Gewohnheit und ohne mit Potting Riicksprache gchalten zu haben, das kaiserliche Wappen vor seinem Hause anbringen lieB. Nfiheres iiber die Streitpunkte zwischen den beiden kaiserlichen Gesandten scheint nicht bekannt zu sein. Cber die T&tigkeit Lisolas vgl. Pribram, Lisola 263 293. Interessant ist sein Schreiben vom 28. Oktober, wo er die Lage schildert. Von der Konigin meint er konnte man keine besseren Tntentioncn wunschen. ,Optarem tamen in ea majorem resolutionern, cuius defectu vereor ne in casses aliorum incidat.' Der Beichtvater ist sehr machtig, aber auch angefeindet; die Aussohnung mit Medina war nur voruber- gehend. Lisola spricht wiederholt mit der Konigin und dringt auf die Abreise der Infantin. Vor April diirfte sie aber nicht erfolgen. Don Juan sucht sich mit der Konigin auszusohnen. Der Beichtvater hat nach Unter- redung mit Lisola den Versuch Don Juans zuriickgewiesen.

9. November. Die Konigin hat fur notig befunden, durch diesen Kurier nochmals auf die geffthrlichen Intentionen der Franzosen aufmerk- sam machen zu lassen. Potting verweist auf seine Relation. Es ist klar, daB Spanien ohne des Kaisers Hilfe die drohenden Gefahren kaum wird iiber winden konnen. Das erkennt man auch an, aber man muBte auch die Konse«{uenzen ziehen. Gestern hat der K5nig das Vlies erhalten. und zwar durch den filtesten Ritter des Ordens, den Herzog von Cardona. (Eine ausftlhrliche Beschreibung davon im Diarium, 8. Oktober.) Harrach hat gestern seine erste Audienz gehabt. Es ist kein Zweifel, daC man die

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Auslieferung der Kleinodien wflnscht, ,aber ein soliches zu vernehmen lassen, gibt es die hiesige grandezza nit zu*. Li so la berichtet unter dem 6. November eingehend iiber die von Frankreich drohende Gefahr; Lud- wig XIV. verlangt als Erbe Brabant. Die Angelegenheit wird schwer zu ordnen sein. Lisola rftt den Spaniern ,ut profunda uterentur dissimulatione ac tempus suaviter traherent, donee infans in tuto fuerit collocata et pro- spectum fuerit Belgii, Cataloniae et Italiae defensioni*. Am 9. November meldet Lisola, die Kbnigin beginne zu begreifen, dafi sie nur eine Zuflucht habe: den Kaiser. Lisola unterl&ttt nicht, ihr zu beweisen, daG sie nur dann Hoffhung auf Hilfe habe, wenn sie dem Kaiser eine ergiebige Geld- unterstUtzung zuteil werden liefie. Er bittet um Entschuldigung, dafi er seine Instruktion uberschritten, ,sed genius huius gentis urgeri vult ac continuis stimulis ex torpore suo excitari*.

2 Martin Erasquin, Pottings spanischer Sekretar.

3 Don Diego Antonio de Croy y Peralta, VIII. Marques de Palces, verm&hlt mit Dofia Maria de Mendoza, VII. Marquesa de Mondejar seit 1656, durch die er auch den Titel Mondejar erbte. Er wurde sp£terl679 Gesandter in Deutschland. Vgl. Salazar, Casa de Lara I. 596. Morel Fatio, Rec. XI. 258. Etwas abweichend Hopf, Ersch und Gruber, Encykl. I, Bd. 79, S. 217 wohl nach Imhof, Nacbrichten 243.

4 Damit ist wobl das Kanzleireskript vom 6. Dez ember gemeint. Der Kaiser erbietet sich darin zu jeder Hilfe gegen etwaige Angriffe, wenn er beizeiten das notige Geld erh&lt, um sich zu riisten. Notwendig wiire hierltir der Friede mit Portugal, damit die fiir diesen Krieg verwen- deten Mittel lieber dem Kaiser geschickt werden konnten. Aber die nea- politanischen und sizilianischen Gelder, welche hierzu von den Spaniern ausersehen sind, genilgen bei weitem nicht. Die ,nfichsten* 152.625 Scu- dos sind nicht genug, um sich in eine ,real Verfassung und Hauptdispo- sitiones* einzulassen. Es ist aber auch gegenseitiges Vertrauen und Mitteilung der Intentionen notig, daher moge Potting auf Absendung eines Botschafters dringen. . . . Uber die Reise der Infantin und die tJber- gabe der joyas, welche, wenn sie nicht schon geschehen ist, etwa vierzehn Tage vor dem Aufbruch der Infantin zu erfolgen batte, wenn nicht Neid- hardt meint, daU man es schon jetzt tun solle. Der Kaiser verlaBt sich auf die unfehlbare Einhaltung desTermins vom halben Februar 1666.

5 Don Blasco de Loyola war spanischer Generalsekret&r. Vgl. S. 181, Anm. 2.

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83.

Wien, 23. Dezember 1665.

Die spanischen Briefe sind urieder ausgeblieben. Erasquin hat seine Antrage ausgerichtet und wird bald swruckkehren. Frank- reich soil mit England gebrochen haben. Man erwartet Carling-

ford tdglich.

Diese niederl&ndisch Post hat keine spanische Brief mit- gebracht. Und schreibet der Langenberg,1 dass sie am 7. oder 8. dies noch nicht zu Brlissel angelangt. Habe also vor diesmal wenig zu schreiben. Morgen werden die Brief kommen, kann also nit antworten als iiber 14 Tag oder bei dem Don Martin,2 wann er expedirt wird. Und weilen ich ihn genennt, so erinder Euch ich, dass ich ihn etlichemal angehCrt und alle genuegsame Information von ihm bekommen de statu moderno aulae hispa- nicae. Iezo bin ich [im] Werk, seine angebracht puncta zu deliberiren und werde so bald als mtiglich ihne wieder zurttck- abfertigen. Was sonst aniezo vorkommt, werdet Ihr von der Kanzlei bekommen,a so zwar gar nicht viel ist.3

Sonsten wird von allerorten gar vor gwiss bericht, dass {die Ruptur inter regem Galliae* et Angliae* ganz gewiss ist}.

Ist diese b Zeitung wahr, so kann es vor unser Haus* nit gar libel sein. Allhie erwart man taglich den Conte Carling- ford. Was er anbringen wird, stehet zu erwarten. Sonsten sein wir alle wohl auf etc.

1 Der Postmeister in BrUssel. Vgl. Nr. 50.

2 Pottings Sekretfir. Vgl. S. 180, Anm. 1, S. 186, Anm. 2.

3 Das kaiserliche Kanzleischreiben ist vom 22. Dezember. Potting soil nur fortfabren, auf die Abreise zu dringen. Die Ausfolgung der Kleinodien kann gescheben. Potting tut recht, auf Subsidien zu dringen, desto mehr, da die 100.000 Scudi vom Papst bisher ausbleiben. Daher soil er auf ,Application der Decimen, wie auch auf Einbringung der aus- stftndigen erzberzoglicben, mir rechtmaBig zugefallenen Pensionen* be- stehen. Don Martin wird nacbstens seinen Bescheid erhalten. Ermahnung zur Eintracht mit Lisola.

83. Or. * komben b dies

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84.

Wien, 6. Januar 1666.

Befriedigung iiber die Ubergabe der joyas und den Stand der Vorbereitungen. Harrach dilrfte schori abgereist sein. tlber die Verleihung des Vlieses an ihn. Der Vorschlag der Erzhersogin Anna ist hochst verwunderlich, Potting soil sich eine Kopie ihres Brief es verschaffen und sum Frieden mit Portugal und Biindnis mit England antreiben. Carlingford ist angekommen. Bei der Trauung soil nur Medina die Stellvertrctung des Kaisers erhalten, der ihn auch der Konigin ivcirmstens empfiehlt. Neidhardt soil die apparentias fliehen. Erasquin wird ndchstens abreisen. Neid- hardt soU nicht Oberstkdmmerer werden. Bekommandation fur Maradas. Tod des Erzbischofs von Gran und Anwartschaft des ungarischen Kanders. Uber die miinsterischen Handel und den starken Schneefall. Neujahrsivunsch. Beigeschlossen ein Gratu- lationsbrief an die Infantin.

l (Hat 2 Schreiben zu beantworten), und habe zu vor- derist mit absonderlichem contento vernommen, dass tandem die entrega de las joyas erfolgt und so wohl und mit solchem* applausu erfolgt seie, und ist es nunmehr an deme, dass man darob seie, dass die Abreis statuto tempore gwiss erfolge. MiiCt also instantissime dringen, dass alles verfertigt werde,b absonderlich aber ist zu invigliren, dass die armada de va- xeles prompta sei und dass man uns damit kein trampa mache. Eure Dexteritat und Fleifi aber wird alles leicht superiren. Die Uberlieferung der joyas ist wieder ein neuer et mea opi- nione groCer empeno; und erkenne ich diesen gueten Effect nach der Konigin von Eurem ungesparten FleiC, welcher mir zu absonderlichem Gefallen greichen thuet, und ich auch mit Dank zu erwidrigen bereit [bin].

Ich supponir, der Harrach werde schon von dannen ab- gereist sein, dahero kommt es, dass ich ihm nicht mehr schreiben thue. Es ist ihm wohl gerathen mit sein Thoison, dass er ihn also erwischt hat.

84. Or. * sachm b were

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Video etiam bene {in me* magnam casuram invidiam}, ma patientia, es hat nit anders sein kftnnen und ist schon tempore des verstorbenen Konigs* resolvirt gwest.

Was anlangt {den Vorschlag} der Erzherzogin Anna*, kommt* er mir wohl wunderlich vor, und noch mehr, weilen ich mein Conto mache, dass es eben zu selber Zeit muss ge- schehen sein, als ich* {zue Innsbruck gewesen} und meine ich, {Rosales} seie alles dessen fons et origo.

Dahero wollt Ihr auf alle Mittel dahin trachten, dass casu, quo die Erzherzogin* selbst an die Kflnigin* geschrieben, Ihr davon ein copiam bekommen sollt, cum dato, dann ich muss wissen, wie diese cabala manegirt worden. Was betrifft {die tregua oder Fried mit Portugal*}, gaudeo, res esse in bono statu; weilen aber sowohl in dicto puncto als auch in materia {foederis cum rege Angliae*} et forsan etiam {cum Suecia*} Ihr von der Kanzlei aus ein absonderlichen und zwar ausftthrlichen Befehl bekommt,3 also remittir ich mich vollig darauf. Erinder Euch allein soviel, dass Ihr alien muglichen Fleili anwenden sollt, ut res ad bonos redigatur terminos.b Bekommt Ihr sodann ein Resolution, und war der Courier Heinrich noch nit abgefertigt, so konnt Ihr selben damit herausschicken. Es ist auch der so lang erwartete Carlingford gestert allhier angelangt, hat al bel principio das Podagra bekommen.

Wann er wird auskommen, so wird man sehen, quales nobis adferat fructus, qui omnes vobiscum communicabuntur.

Was das desponsorio anlangt, me explico soweit, dass ich will, dass Medina* et nullus alius mein Procurator seie, wie der despacho aus der Kanzlei auch mit mehr ausweist.

Aus diesemc kann er mein Gnad wohl sptiren, und ver- halte ich Euch gnadigst nicht, dass eben bei heutiger Ordinari der Kaiser* {seine des Medina* Person der K(5nigin* gar eifrig recommendiret habe, welches Potting* ihm* wohl in Ver- trauen communiciren kann}. Neidhardt* anlangend wird ihm der Kaiser* wohl zu verstehen geben {ut fugiat apparentias et per hoc odium Hispanorum}. Ubrigens bin ich just in Werk begriffen, den Don Martin wieder zu expediren und hoffe, solle in wenig Tagen abreisen konnen. Per ilium plura et clariora, so weit ich mein, dass es hoc tempore vonnothen seie.

84. Or. * komb b terminotur? ° dies

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Eb wird allhier spargiret, als wann man Neidhardt* zum Oberstk&mmerer* machen wollte; hoc mihi minime gaudeata ob multas rationes, nee ipsius Neidhardti* statui et votis con- sonum est. Dahero ich es Euch also nur zu wissen machen wollen. Es hat mich auch der Graf Maradas8 gebeten, ich wollte ihn der Konigin recommendiren, ich habe es in mein eigenh&ndige Briefel heut gethan. Sein Praetention ist, dass er verlangt un puesto de consejero de capa y espada en el con- sejo supremo de Arragon, doch dass er absent auch das utile genieCen kflnnte. Befiehle Euch also gn&digst, dass ihme wollt also an die Hand stehen, wie Ihr es vor rathsam befindet.b Seine darinhabende Lent werden Euch schon mehrers in- formiren.

Sonst ist vor diesmal von hier wenig Neu's zu berichten, als dass vor drei Tagen der Erzbischof von Gran gestorben ; 4 der ungrische Kanzler5 wird der st&rkste Competent sein ob sein Bistum und weilen er die nomina6 von mir hat haben sollen und als nichts daraus worden, sondern ich selbige als- bald dem Erzbischof von Salzburg geben, welcher sie gar stark verlangt und mich schon zu Salzburg gewaltig darum ge- plagt hat.c

Die miinstrische Hftndel haben ein schlechts Ansehen, attamen speramus per mediationem meam* bonum effectum.

Heut hat es allhier stark geschnien. Ubrigens beziehe ich mich nochmals auf die despacho der Kanzlei und wtinsche Euch zum Beschluss ein glttckseliges neus Jahr; ein Sohn in krausem Haar stiinde auch nit Ubel dabei; und bin auch all- zeit etc.

[P. S.] Das beiliegende Schreiben an die sposa ist nur ein Complimentschreiben und Neuenjahrswunsch. Aufs Jahrd wird hoflfentlich sein ein Paar.

1 Potting, 19. November. Die Konigin meint, man solle die Ubergabe der Kleinodien nicht liinger verzogern, und hat den 22., einen Sonntag, dazu bestimmt. Die kaiserlichen Befehle (wohl vom 18.0ktober) hat er durch den Kurier Heinrich (am 8. November) erhalten. Er glaubt,

84. Or. * zweifelhaft b befiinde c der hier vergessene HaupUalz durfte etiva so zu erganzen sein: als werde ich ihm wohl mtUsen zu Willeu sein. d auf neu's Jahr?

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daJ3 der Raiser das Prokuratorium fiir die Trauung Medina geben mfisse, da er diesen sonst todlich beleidigen wiirde. Neidhardt ist jetzt allm&chtig, doch wird sein ,bisheriger modus procedendi seque in omnia ingerendi' sehr getadelt, und er wird ,sine patenti miraculo auf soliche Weis nicht in die L&nge . . . subsistiren konnen'. Er bebauptet zwar immer, sicb in nichts zu miscben, faktiscb aber tut die Konigin nicbts obne ibn. Jetzt verscbafft er Harracb, dem Oberstkammerer zu Gefallen, durcbaus das VUes, was viele bocbverdiente Manner kranken wird. Potting iiber- schickt die neuen Namenchiffern. Pater Rojas und Don Diego de Prado wird er unterstiitzen, sie sind aber bei den Minis tern nicbt gut ange- scbrieben. Lisola behauptet in seinem Schreiben ddo. 20. Nov., Castrillo sei in diesem Augenblicke der mfichtigste Mann bei der Konigin.

3. Dezember. Auf das kaiserlicbe Scbreiben vom 27. Oktober.

Er treibt nocb immer zur Abreise der Infantin; Neidhardt, der ja jetzt alles vermag, konnte wobl mebr dafiir tun. Am 22. November ist die Ubergabe der Kleinodien erfolgt, welcbe durcbwegs ,sehr aestimiret werden, und baben sicb Ibro Majestfit die Raiserin nocb eben diesen Abend in camera damit aufgeputzt*. Die drei iibrigen Kleinodien baben sie der Aya, der condesa de Heril und der Doiia Maddalena Moncada ttbergeben, welche auCerordentlicb erfreut sind. Darnacb hat die Konigin heute Nachmittag Harracb wirklich das Vlies verliehen. Er hat es ohne kaiserlicben Befehl nicbt verbindern k5nnen und Neidhardt hat es eben durchgebracht. ,Der guete Pater ist halt nit allerdings in der weltlichen politica versirt und tbut consequentias actionum nit genugsam in obacbt neb men/ Das von der RomSdie in Innsbruck hat man hier schon ge- wu£t, aber nichts dar liber gesagt.

Betreffs des Antrages, den die Erzberzogin (Anna) wegen (einer Heirat) ihrer Tocbter mit dem Rebellen von Braganza hat nach Spanien gelangen lassen, verweist er auf die ausfiihrliche (verlorene) Relation.

2 Ranzleischreiben 6. Januar 1666. (Chiffriert, gleichzeitige Auf- lSsung.)

Um den von Frankreich drohenden Gefahren zu entgehen, ist der Kaiser gewillt, in ein Bttndnis mit England und Schweden zu treten. Letzteres hat sich dazu schon vor einigen Monaten bereit gezeigt und man erwartet einen schwediscben Botschafter. Carlingford ist deshalb von England abgesandt. Sobald man dessen Vorschlage weifi, wird jemand nach England geschickt, um die kaiserliche Mediation mit Holland anzu- tragen und zugleich das Biindnis zu verhandeln. Bei den protest an tisch en und auch einem Teile der katholischen Reich sfiirs ten besteht der Verdacht, dafi der Biscbof von Miinster seinen Rrieg mit Willen der katholischen Stande und mit Unterstiitzung des Raisers und Spaniens fiihre. Da dieser Verdacht leicht auch die Protestanten zum AnschluU an Frankreich bringen k5nnte und dadurcb der Raiser jeder Statze im Reiche beraubt wiirde, so

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hat er, um ihn zu zerstreuen, durch Schreiben und einen Gesandten den Bischof vom Kriege abmahnen lassen. Die Instruktion desselben wie die ftir den Residenten Friquet im Haag, deren Abschriften beifolgen, soil aber Potting nur der Konigin und Medina, und nur miindlich, mitteilen.

3 Graf Maradas wurde nacb dem Tode Gonzagas Obersthofmeister der Kaiserinwitwe ; vgl. Theatr. Eur. X. 804.

4 Erzbischof von Gran war Lippay, der auch an der bekannten Magnatenverschworung Anteil hatte.

5 Ungarischer Kanzler war Szelepcsenyi.

6 Nomina : die Beftirwortung zu einer Stelle, speziell zum Rardinalat.

85.

Wien, 20. Januar 1666.

Vber die Abreise der Infantin, tJbertragung der Grofiinquisitors- tviirde an Neidhardt und die Notivendigkeit, dap dieser apparentias negotiorum fliehe; uber die englischportugiesischen Verhandlungen und Carlingfords Audienz. Der Kaiser sendet die Vollmacht fur Medina und einen gleich nach der Trauung der Infantin zu iibergebenden Brief wovon Potting der Konigin und Neidhardt Mitteilung machen soil. Man erwartet Harrach ; Erasquin wird ndchstens abreisen. (P. Scr.) Cbersendung eines spanischm Exemplars des erwahnten Briefes an die Infantin. Wirdjetztin Madrid der Kirchengang ahgehaltm?

Eur Schreiben von 17. December1 habe ich zurecht em- pfangen und zu vorderist mit groCer Consolation verstanden, dass die Jornada sicha je l&nger je mehr vergwissere, und dass Ihr ein so favorable Resolution wegen Zuerichtung der Schiff- armada habet;b und ware mir zwar gar lieb gwest, wann Ihr auch in specie gemeldt hattet, in quo statu sich die Galeeren befinden thaten, und ob sie auch wirklich equipagirt wiirden. Ich erwarte es aber mit nebstem. Wollet aber doch (in casu, dass noch nit alles wohl bestellt ware) instantissime urgiren und darauf sein, dass recht mit Ernst zur Sachen gethan werde.

Ich hoffe zur KSnigin, sie werde mich nit stecken lassen. Was anlangt, dass Neidhardt* {den puesto des Grofiinquisitors*

85. Or. sie b haben

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erhalten solle}, ist von groBer Importanz. Es meinet aber der Kaiser*, die KOnigin* werde am besten wissen, ob es thunlich oder auch rathsam seie, und werde ich gem vernehmen, wie es damit weiter hergehen werde. In alleweg aber ist wohl von- ntfthen, dass Neidhardt* {omnes apparentias negotiorum fliehe}, dann sonst wird er in continuo periculo stehen. Der Kaiser* hat ihm dieses ziemlich klar zu verstehen* geben, si vult capere, capiat. Dies aber allein Euch zur Nachricht.

Ich habe auch gar gern verstanden {dass die Tractaten mit England* geschlossen sein, auch mit Portugal* auf dem Schluss stehen.} Und weilen in hac materia ich bei voriger Post ziemlich ausfuhrlich ex cancellaria schreiben lassen, als beziehe ich mich dahin und werde ferrers erwarten, was Ihr in hac materia berichten werdet. Sonsten hat Carlingford schon bei mir Audienz gehabt, ist [ein] gar lieber Cavaglier di buo- nissima pasta, aber scheint doch nit gar zu pfeilfindig zu sein, welches ich lieber habe, als wann diese ministri gar zue furbi sein als wie Gremonville. Sie sagen, er sei auch ein gueter Gesell und mache alles mit, mir ist leid, dass ich ohne Inter- prete nit mit ihm sprechen kann, dann er nichtsb als englisch und franz5sisch reden kann. Latein versteht er zwar. In au- dientia interpretatus est P. Donellang;2 ego respondi latine, sic Carlingford me bene intellexit. Gestert habe ich mit ihme durch den Fiirsten von Lobkowitz und Lamberg mit Beisein ad pro- tocollandum des Walderode3 die erste Conferenz halten lassen. Ist wohl alles in praeambulis bestanden, sobald es indessenc wird in die N&he kommen, so werde ich Euch von allem parte geben lassen. Und weilen die Zeit der Abreis, consequenter etiam des desponsorii herzuenahet, also habe ich vor ein Noth- durft befunden, zwei Diligenzen zu machen:

habe ich los poderes nochmalen und an dend Medina umfertigen lassen,4 et quidem sub moderno dato, auf dass er duque sehen moge, dass post fata regis ich dieses vorige von neuem confirmirt habe, welches Ihr ihm auch also repraesen- tiren wollet, ut exinde aliquam (et quidem ut credo) magnam consolationem habere6 possit bonus dux.

85. Or. * folgt ein unleserliches Wort, vielleicht stehen, toiederholt von verstehen b nicht ° dessen d under dem ° havire?

Fontes. II. Abth Bd. LVI. 13

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habe ich beftmden, class mein gn&digster Herr Vater mit der aniezo verwitibten Kaiserin diesen stylum braucht hat, dass namlich comes a Lamberg gleich post desponsationem der kaiserlichen Gespons ein Brief! eingeh&ndigt hat, in welchem er sie mit der Majest&t und als ein Qemahlin tractirt hat. Weilen ich auch hoffe, es werde mein Desponsorium bald ge- schehen, so habe ich auch eins eventualiter Euch hiemit schicken wollen, cum copia pro vestra directione.

Ich habe mit FleiC kein Datum darin gesetzt, weilen ich nit eigentlich die Zeit des desponsorii weh3, und h&tte ich selbes aniezo gesetzt, wtirde es kein Wahrheit sein, indeme ich noch nit wirklich verm&hlet bin. Ich habe auch selbes mit rothem Wachs secretirt, quia niger color ad similes literas adhibendus mihi pro malo augurio habendus videretur.

1st diesem nach mein gn&digster Befehl, dass Ihr von allem diesen Ihr Majest&t der Ktinigin parte geben und ihre Approbation dariiber einholen sollet. Das Briefla aber (habita approbatione reginae) miisset Ihr sodann solang hinterhalten, bis der actus desponsationis vorliber, in illo momento aber mttsst Ihr selbe[s] einh&ndigen und dabei alle gebr&uchliche complimenta ablegen, wie Ihr alles am besten selbst zu verrichten wissen werdet; wie ich dann dieses alles Eurer Dexterit&t an- heimgebe. Wollet auch von allem dem Pater Neidhardt Com- munication thun.

Sonsten sein wir allhie alle Gottlob wohlauf und erwarten des von Harrach mit Verlangen, welcherb Eur Schreiben nach nit gar lang mehr ausbleiben kann.

Des Don Martin Abreis von hier hat sichc noch in Ex- pedition in ein und anderm gesteckt, solle aber ohnfehlbar ehister Tagen geschehen. Ich habe von seiner Negotiation satt- sam contento etc.

P. S. Nachdeme ich dies Schreiben ganz vollendet, so f&llt mir bei, ob vielleicht in dem obberuhrten Schreiben an mein Gespons (welches in die desponsationis soil extradirt werden) der terminus fedelissimo marito nit mochte missfallen. Habe also eventualiter auch eins spanisch geschrieben; weilen in selber Sprach der terminus de marido gar zu schlecht ist, habe ich

85. Or. Brief b wecher c hatte ich

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es dem spanischen stylo gem&fi eingricht. Das Italienisch aber ist de verbo ad verbum wie mein Herr Vater sel. dieser Kai- serin Leonor geschrieben hat. Die copia sub No. 1 ist italienisch cum incluso originali, No. 2 hispanica. Habe Euch also hiemit gn&digst befehlen wollen, Ihr sollet beede Copien Ihr Majest&t der KOnigin weisen, die Difficult&ten erzahlen und sodann dero Befehl vernehmen, welches zu extradiren seie. Welches sie nun befehlen wird, dass sollet Ihr (wie oben gemeldt) subito post feliciter, ut spero, peractam desponsationem der Infantin, sodann Kaiserin, einh&ndigen cum consuetis curialibus. Izo kommt* ein Frag aus Ftirwitz, und mOchte ich wohl gem wissen, ob post mortem [regis] in hac viduitate die Capellen5 gehalten werden, an regina adsit, quomodo et etiam an legati sint prae- sentes. Ut in Uteris.

1 Potting, 17. Dezember 1665. Auf daB kaiserliche Schreiben vom 12. November.

Harrach ist am 16. mit der Post abgereist. Er ist sehr vergniigt iiber die empfangenen Gnaden und wird Nachricht geben iiber den Stand der Angelegenheiten, namentlich der Jornada. Die beiliegende konigliche Resolution zeigt, daB die ,Scbiffarmata* geborig bergerichtet wird.

Man spricbt davon, daB Neidhardt GroUinquisitor werden soil; er wiirde sich dadurch zwar ,ansehnlicb stabiliren, es dorfte ihm dennocb an contradictoribus nicht ermanglen*. Die Regierung ist jetzt 7fast mehrers als al solito schl&frig', ,als thate man sicb ganz keiner Feindseligkeit be- forcbten, da doch die indicia weit ein anderes prognosticiren4. Pefiaranda wird nur immer arger. Zur Botschafterstelle fiir Wien ist nocb Terra- nova [Diego de Aragon, IV. Herzog von Terranova, Connetabel und Ad- miral von Sizilien, etc., Oberststallmeister und Obersthofmeister Maria Annas, Besitzer des goldenen Vlieses, gest. 1674] , stark im praedica- mento*, der Furst de Abelino bat sicb aucb darum bemiiht [vgl. dariiber Diarium, 16. Dez., I. Pol. 128 vo.], dtirfte aber nichts erreichen.

Gluckwunsche zum neuen Jahr und Bitte, ibn bei der Vakanz des osterreichischen Hofkanzleramtes nicht zu vergessen. (Vgl. oben Nr. 80.) Lisola berichtet ddo. 18. Dezember. ,Jam vero quod bactenus non auBus fui M16"1 Vam indubitanter Becuram reddere possum, quod pretiosum illud pignus pro tempore deo annuente sit acceptura nee ultra quid video, quod eius desideriis quoad hoc tantisper obsistere valeat.'

2 P. Donellan, der Beichtvater des Fiirsten Lobkowitz, in jenen Jahren von groUtem Einflusse, wie namentlich seine Rolle wahrend des

85. Or. * komb

13*

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Prozesses der ungariscben Malcontenten (1669 1671) zeigt. Vgl. Wolf, Lobkowitz 257 ff.

3 Walderode Job an n von Eckbusen, gebeimer Ratssekretar.

4 Es bandelt sich urn die Vollinachten fiir Medina zum Vollzug der Heirat im Namen des Kaisers.

5 Hier ist der Kircbengang an Sonn- und Feiertagen gemeint, bei welcbem sonst immer der Konig erscbien, in welchem Falle auch die Ge- sandten zugegen sein mufiten. Die Bean twortung bei Potting, 25.Februar, unten Nr. 91 A.

86.

Wien, 23.Januar 1666.

Befriedigung iiber die Nachricht vom Abschlufi der englisch-

portugiesischen Verhandlungen. Es folgt anbei ein Gratidations-

schreiben an die Konigin hieriiber. Potting soil die Mitteilung

der Bedingungen verlangen. Medina gebiihrt hoher Dank.

Gc-teit abends ist ein Courier von Castel Rodrigo allhier ankommen, durch welchen ich Euer Schreiben von 20. passato1 empfangen und daraus dasjenige verstanden, so Ihre Majest&t die Konigin Euch befohlen, mir zu hinterbringen . Nu ist Gott zu danken, dass dies Werk dermaleins zue ein so ge- wtinschten Ende gelangt ist. Und wird hoflFentlich dem KOnig in Frankreich* hiedurch sein Compass ziemlich veriiickt sein. M5chte wohl auch das Sprichwort verificirt werden, dass ein Schwert das andere in der Scheiden halte. {Die vertrOste con- ditiones} erwarte ich wohl mit Verlangen, habe dahero et quidem maxime ex hoc desiderio den Courier noch heut expediren wollen a Castel Rodrigo, ut citius desideratam communicationem habere* possimus.

Habe also hac occasione der Konigin dies einliegende Briefl schreiben, Euch dabei aber gnadigst befehlen wollen, dass Ihr bei dessen Einreichung meo nomine der K5nigin um diese Communication Dank sagen sollet, {congratulando etiam ob tarn felicem negotii eventum,] contestando, dass ich meins Ortsb gwiss [nicht] werde jemals ichtwas ermanglen lassen, quod com- muni causae proficuum esse poterit, et his similia.

86. Or. * zweifelhaft b meins Ort an meinem Ort

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Wann aber Pfltting* {findete, class die verlangende con- ditiones foederis* mit England* und annistitii mit} Portugal* noch nicht ware communicirt worden, so verlangt der Kaiser*, dass Potting* inst&ndigst darum anhalten solle {und nach deren Erhaltung selbige mir* auch (si ita videbitur) durch eignen Courier zuschicken}, und weilen in diesem Werk Medina * wohl viel gethan, so gebiirt ihm billig hoher Dank, und Potting* kann in meinem* Namen selbigen wohl auch ablegen. Der Kaiser* {etiam denuo Medina* commendabit reginae*} etc.

1 Potting, 20. Dezeinber 1665. DieKonigin hat ihm soeben miind- lich mitgeteilt, ,dass die Tractaten mit Engeland und der darunter begriffene Stillstand der Waffen (mit Portugal) zu gliicklicher Endschaft gedieben, auch bereits ordentlicher Weis unterzeichnet sein worden*. Sie hat ihm befohlen, dem Raiser, jedoch im hochsten Geheimnis, davon Mitteilung zu machen. Das Nabere wird er n&chstens beibringen, er hat jetzt keine Zeit, da der Kurier sogleich abgeht.

87.

Wien, 3. Februar 1666.

Harrach ist vox acht Tagen angekommen. Freude uber den guten Fortgang der Vorbereitungen fur die Abreise der Infantin. Aber in Mailand triff't man noch gar keine Vorkehrungen; darauf mufi Potting aufmerksam machen. Auch soil er dafur sorgenf dafi die Grafin Benavente nicht, icie sie Harrach gesagt hat, so viele IHenerschaft mitbringe. Es ist schlimm, daft die Spanier die Bedingungen der englisch-spanischen Traktate dem Kaiser noch nicht mitgeteilt haben, so dafi dieser nicht weifi, was er mit Carlingford tun soil. Erasquins Abreise.

Der Graf von Harrach (welcher eben heut vor acht Tagen allhier angelangt) hat mir Euer Schreiben von 15. December liberliefert, auch dabei ein und das andere referirt, habe aber wegen Ktirze der Zeit noch nicht genugsam mit ihm reden kflnnen. Sodann habe ich bei der vorgestert angelangten* Or-

86. a Die Chiffern find gam verschrieben.

87, Or. a angelangt

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dinari Eure Relation von 31. December wohl empfangen und den Inhalt wohl vernommen.1

Nun hebe ich von dem principal Punkt an, n&mlich von der Jornada. Und freuet mich von Herzen, dass alle praeven- tiones so wohl von statten gehen. Wann nur die maritimae una nit aufhalten, und muss ich bestehen; dass ich den spani- schen ministris nit recht traue, bis mein Braut Uber den groCen Bach (verstehe das Meer) kommen sei; und das macht mir noch mehr Mttcken, et quidem juste, ut credo, dass zu Mailand noch nit die geringste Anstalt gmacht wird, anzi ich habe von dann sogar diese sichere Nachricht, dass man allda noch nicht den gringsten Ordre und Mittel hiezue hat, so revera magna ratio dubitandi ist.

Weilen nun auch bekannt,* dass sowohl der governador allda Don Ponce als auch {Albuquerque} des Peneranda* Crea- turen sein, so geben diese praemissae gar ein schlechte con- sequential^2

Wollet also inst&ndigst anhalten und darob sein, ut omnes praeventiones tam terrestres quam maritimae also effec- tive beftrdert werden, auf dass hiedurch die geringste mora nicht erfolge, und wollet Ihr per modum quaestionis erkun- digen, als wann man nit zweiflete, in quo statu sint praeven- tiones Mediolani faciendae. Kommtb nacher die Wahrheit heraus, so mttsst Ihr inst&ndigst darob sein, ut sine ulla mora omnia fiant in tempore. Ich besorge mich aber von Herzen, quod anguis lateat in [herba].

Die arme Ktinigin wird das ihrige wohl thuen, sed quid contra torrentem? Meliora tamen sperabo de Dei misericordia. Und weilen zu dieser Materi das Weibergesindel gehort, also kann ich Euch nit verhalten, dass der Harrach mir unter an- derm erz&hlt, dass er von condesa de Benavente als camarera mayor selbst geh5rt, dass sie Vorhabens, ein greulichen Schwann Leut mitzunehmen und sollen ihre eigene criados y criadas weit Uber zwanzig sein, so einmal ein El end war, und ich wti8ste ja einmal nicht, wo aus oder ein damit; also habe ich Euch gnftdigst befehlen wollen, damit Ihr best&ndigst darauf seiet, dass nicht mehr mitkommen, als appuntirt worden, und dass die Dienerin nicht mehr canaglia mitbringe als die Frau

87. Or, a unrichcr b komb

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selbsten verglichen,a class die camerara mayor [mit] so einer kleinen Anzahl von Bedienten contenta seie; dies muss aber nur durch Eure Dexteritat gricht werden. Mein, schauet aber, wie Ihr mir [aus] diesem purgartorio helfet, dann ich weifi also gar zu wohl, wasb ich mit diesen lieben Leuten vor ein sauere Arbeit und Plag haben werde.

Was aber anlangt {die tractatus der K5nigin* mit Por- tugal*} und England*, werdet Ihr mit mehrerm aus dem Kanzleidespacho 3 verstehen, quid in illis ich zu erindern habe. Vor allem aber ist wohl zu bedauern, dass man {auf spanischer Seiten so schlechtes Vertrauen zue mir* habe}, indem von 17. bis 31. December vierzehn Tag vorgeloffen und doch nit Euch* {die versprochene conditiones foederis communicirt worden}. Muss also vor allem Potting* instantissime darauf dringen, ut haec communicatio fiat, dann sonsten der Kaiser* nicht weifi was er {mit dem Carlingford handlen solle}. Von der Kanzlei aus wird auch Euch communicirt werden, was allhier mit dem englischen envoy^ Carlingford gehandlet worden.4

Der Don Martin ist aniezo erstc v5llig abgefertigt worden, also dass er tibermorgen hoffentlich abreisen wird. Bei ihm werde ich Euch noch ein und anderes erindern. Sonsten sein wir allhier alle gar wohl auf und gibt es nit [viel] Neues, allein dem Gremonville wollen die jetzigend Zeitungen gar nicht ge- fallen. Hiemit verbleibe etc.

1 Potting, 15. Dezember 1665. Harrach wird miindlich fiber alles genfigende Auskunft geben konnen. Namentlich auch fiber die Bitte Pot- tings urn Geldanweisung. Er kann unmoglicb den Kaiser gehorig reprS- sentieren, wenn seinem Geldmangel nicht abgeholfen wird. Chateau hat eine Kette im Werte von 500 Dukaten erhalten.

31. Dezember 1665. Auf das kaiserliche Schreiben vom 25. No- vember.

Die Vorbereitungen zur Abreise zu Lande sind in Ordnung, die Damen des Hofstaates sind sogar (auXJer der Gr&fin von Benavente) schon zum wirklichen Dienste einberufen worden. Die Vorbereitungen zu Wasser sind nicht ganz so weit, aber die gehorigen Anordnungen sind auch schon getroffen; wenn sie nur auch schnell ausgeffihrt werden. Die beiden Aus- drficke in Loyolas Dekret , infanta* statt ,Majestad* und ,salida de acqui' statt Jornada4 haben nichts zu bedeuten. Das erste ist ein Versehen aus

87, Or. a unHcher

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Nachl&ssigkeit, wie es hier tfiglich geschieht, dass andere sind nach biesi- gem Gebraucbe Synonyme. Der WafFenstillstand mit Portugal ist erst mit England verbandelt, dessen Gesandter geht jetzt nach Portugal, um alles in Ordnung zu bringen. England wunscht eine Defensiv- und Offensiv- allianz mit dem Hause Habsburg. Daher mocbte man in Spanien wis sen, ob der Raiser dazu geneigt ist.

Die Kai serin (Infantin) hat eine deutsche Grammatik verlangt und PCtting fand eine bei sich, ,so nocb von (vor?) Suuierau ist in Druck aus- gangen'. (Vgl. Beer, Zeitschr. f. d. Alt. u. d. Lit. XLIII. 154.) Lisola bericbtet am 1. Januar 1666 ausftihrlich tiber den Stand der Dinge. Dabei erw&hnt er, der franzosiscbe Gesandte habe erklart, wenn Spanien mit England ein Biindnis eingehe, werde Frankreich an Spanien den Rrieg erklaren: ,Res plane despotica', meint Lisola, ,Rex Galliae foedera quo- tidie tractat cum principibus imperii, cum Hollandiae statibus, Suecia aliisque absque ulla prorsus necessitate et legem nobis praescribere cupit, ne securitati nostrae citra cuiusvis offensam prospiciamus.'

2 Don Luis Ponce de Leon, jiingerer Bruder des IV. Herzogs von Arcos, Besitzer einer Kommende des Ordens von Calatrava, Vizekonig von Navarra und Galicien, Gouverneur von Mailand 1661 bis zu seinem Tode, 29. Mfirz 1668. Mem. bist. esp. XIX. 441, Priorato III, 126. Vgl. Leopold 11. April 1668.

Francisco Fernandez de la Cueva, VIII. Herzog von Albuquerque Vizekonig von Neu-Spanien, Peru und Sizilien, Obersthofmeister Karl II. 1675, starb jedoch scbon 26. Mfirz 1676. Vgl. Priorato III, S. 2. Seine jiingeren Briider sind Melchior, geb. 1625, gest. 1686, der ihm als IX. Herzog von Albuquerque succedierte, und Baltbasar, Graf Castelar, Mar- quis von Malagon.

3 Kanzleischreiben, 3. Februar. Potting hat gut getan, sicb nicbt nfiber in die englischen Verhandlungen einzulassen, da der Kaiser diese in Wien fGhren will. Dazu braucht er aber unbedingt die Mitteilung der Vertragsbedingungen, welche schon da sein konnten. Sonst wiinscht der Kaiser in das Biindnis einzutreten, docb ohne schwierige ,obligationes ad foedus offensivum'. Ein Offensivbiindnis kann er nicht schlieCen, weil er sonst das Reich gegen sich auf bringen wiirde. Potting soil die beiliegenden Mitteilungen fiber das bisher mit Carlingford Gehandelte den Spaniern vorweisen. Er soil auf Sendung eines Botscbafters nach Wien dringen, ebenso auf Sendung von Geld und den volligen Abschlufl des portugiesi- scben Waffenstillstandes unterstiitzen. Er soil um Beschleunigung der Vorbereitungen fUr die Jornada' bitten und verhttten, dafi diese Angelegen- heit etwa mit der Frage des kaiserlichen Succurses fur die Niederlande in Verbindung gebracht und als Pressionsmittel beniitzt werde. In Bezug darauf, dafi Pefiaranda einen Brief des Kaisers an Castel Rodrigo so iibel auslegt (beziebt sich auf die Kanzlei relation), bemerkt der Kaiser, dafl er

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nach wie vor bcreit sei, Spanien in jeder Hinsicht zu unterstutzen, dazu seien aber Subsidien von diesein unbedingt notig. 4 Vgl. Pribram, Lisola 278 ff.

88.

Wien, 7. Februar 1666.

Rekreditiv fur Erasquin. Ernennung desselben zum kaiserlichen Se- kretdr und Verleihung einer Rente von 1000 Gulden. Potting mufi noch bis zur Abreise der Infantin in Madrid bleiben; ivenn er dann noch seine Abberufung wiinscht, so wird der Kaiser schon alles fur ihn tun. Rekommandationen fur Maradas, von der Borcht (Burg), einige Toisons und den Kurfiirsten von Brandenburg. Potting soli drangen, dafi man Castel Rodrigo gehorig unterstiitze. Beiliegend ein Schreiben an die Konigin; an die Infantin keines. IJber den Tod der Koniginmutter in Frankreich und dessen Wichtigkeit. Heiraten am Wiener Hofe.

Es reist endlich der Don Martin, Eur secretari, von hier ab und zu Euch, habe ihm auf die mitgebrachte quaestiones und casosu also geantwort, wie es Euch aus der Kanzlei ge- schrieben,1 er auch selbst referiren wird. Und kann ich vor- derist ihm Don Martin Zeugnus geben, dass er die ihm anver- traute Commission gar wohl verrichtet hat, habe auch alien sattsamen contento von ihm gehabt, daher ich ihme die Graden und den Titl meines Secretarii neben j&hrlichen 1000 fl. ge- schenkt habe. Habe auch von ihme vernommen, was Ihr circa Eure particularia ihme anbefohlen habt. Weilen aber meinb Dienst derzeit erfordert, dass Ihr annoch darinnen bleibet, bis die ganze Jornada meiner Gespons vollbracht seie;c sodann aber werde ich also wirklich auf Eur Accommodation bedacht sein, damit Ihr (sofern Ihr es sodann verlangend werdet) mit grtfttter Ehr und Reputation allhero kommen ktfnnet, wie ich dann mein Schutz und Protection niemals von Euch abziehen werde. Die ander petita und deren Verbescheidungen wird der Don Martin Euch schon zu referiren wissen. Mit dieser Occasion

88. Or. * caso b aber mein doppelt c der Nachsatz fehlt, elwa :

als werdet Ihr wohl noch so lange Each gednlden. d verlangt

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habe ich Euch zwei particularia recommendiren wollen, ver- langt der Maradas ein vacanten Platz eines consejero de capa y spada nel consejo d'Arragon,2 wollt ihm also, so viel nrfglich zu Erhaltung seiner Intention an die Hand stehen. muss ich nochmals den von der Borcht recommendiren, weilen sein Sohn noch nie die Possession seiner ihme verliehnen Stelle eins corn- mis de finanze erlangen kOnnen.

Wollt doch machen, ut res effectuetur et quidem brevi, dann er dient* mir gar wohl.

recommendire ich etliche zu Thuson, nur mich der Plag zu enttibrigen, valeat quantum valere potest.

erindert Potting* sich noch wohl, was der verstorbene Kflnig* dem Kurfursten von Brandenburg* vor summa Gelds versprochen hat.b War es miiglich, ihme zu helfen, so wtirde unser Haus * ein gwaltigen Nutz empfinden, wollt also schauen, ut cum effectu fiat, dann certe timeo, ne alias0 Brandenburgicus se vertat ad regem Galliae*.3

wollet Ihr remonstriren, dass uns daran gelegen, dass man Castel Rodrigo assistire. Dann einmals der Kflnig in Frankreich* dorthin nichts Guetes in Sinn hat, desto mehr iezo ex causa infra adducenda. Auf dies solle Potting* instantissime urgiren. Und weilen ich besorge, er Don Martin mOchte sich in Reiten nicht tibereilen, als will ich das mehrere bei der Post schreiben und beziehe mich in tibrigen auf ihn Don Martin.

Dies inliegende Schreiben an reginam ist remissive ad illas repraesentationes, quas pro moderno rerum statu Ihr ihnen repraesentiren kflnnet.

An mein Gespons habe ich mit dieser Gelegenheit ex duplici capite nicht geschrieben. Primo hat mir Don Martin kein [Schreiben] gebracht, war also nit greimt ; wird die Post ehender kommen.

Eben heut bei der Post schreiben Marques de la Fuente dass die regina madre den 20. jtingsthin gestorben sei; requiescat in pace,4 Vor unser Haus war wohl besser gwesen, wann sied annoch ein etliche Jahrl gelebt hatt. Sed sicut domino placuit, ita factum est. Jetzt wird der Ktfnig in Frankreich* handlen konnen, wie er wird wollen. Die Ktfnigin von Frankreich**

88. Or. a dinst b hette c alia d sich AK, eine sontt nicht vorkommende Chiffre.

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wird am meisten dabei leiden ob certas causae facile judi- candas etc.

[P. S.] Ge8tern sein zwei Heiraten richtig gmacht worden, erstlich des Sigerl von Dietrichstein mit der verwitibten Col- laltin.6 Diese nehmen einander ex puro amore, viel Gliick da- zue, wann es nnr dauert. hat der Santhilier das Begehren gethan mit der Frftule Trauditschin, der Grftfin Schlickin6 Schwester.

1 Kaiserliches Reskript, Datum schon 20. Januar 1666. In Bezug auf den Stand der Regierung in Spanien ist der Kaiser der Ansicht, daU die Konigin sich ganz genau an das Testament halten und nichts findern darf, da ja auch ihre eigene Stellung lediglich auf dem Testamente ruht. Potting wiinscht Einfuhrung in das Vertrauen der Konigin. Diese wird ihn und Lisola zweifellos in deren Angelegenheiten anhoren, im tibrigen mufl sich Potting aber ,um diese Confidenz selbst bewerben', dabei aber sich nicht zu viel in die Angelegenheiten mischen. Neidhardt wird wohl gem dazu helfen. Medina rekommandiert der Kaiser ohnehin der Ko- nigin und hat ihm schon das Prokuratorium flbertragen. Wegen anderer , person alia und Particularvorschlage' will sich der Kaiser nicht einmischen und fiberl&flt sie ganz der Konigin. Den Loyola durch eine Pension seines Sohnes zu gewinnen, wfire nicht gut; ,wic nicht weniger der andere an- gezogene modus negotiationis bei den Kanzleien gefahrlich fallen (wiirde), weilen es Abweg und indirecti modi, auch bei unserm Haus nit Herkom- men sein*. Bei Gelegenheit will er jedoch dem Sekretflr eine Gratification zukommen lassen. Mit Lisola moge sich Potting vertragen und ihm die sonst ganz gewohnliche Aushfingung des Wappens nicht nacbtragen. Der Kaiser schreibt dariiber auch jenem etc.

2 Consejero de capa y espada heitit soviel wie adeliger Rat. Das Consejo de Aragon war die hochste Behorde ftir die aragonesischen Ge- biete. Es hatte semen Sitz in Madrid und muCte aus lauter Aragonesen bestehen.

3 Fiir des Brandenburgers damalige Haltung vgl. ErdmannsdorfPer I, 514, 518.

4 Vgl. Nr. 54.

5 Siegmund Helfrid Dietrichstein, geb. 1635, gest. 2. April 1698 •, Ritter des goldenen Vlieses; in erster Ehe verm&hlt mit Maria Isabella, der Tochter des Filrsten Hannibal Gonzaga*, in zweiter Ehe mit der Witwe des Graf en Collalto.

6 Santhilier, Santellier, Sainthaillir (ursprtlnglich wohl Saint Hi- laire?), eine ,ansehnliche grfifliche Families Graf Gilbert, der wohl hier gemeint ist, war um 1660 Kammerherr und Gardehauptmann. Gauhe, Adelslexikon II. 2017. Er starb im November 1671 (Leopold, 27. Nov.

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1671) und soil in der lotzten Zeit sich um die Botechafterstelle in Madrid beworben haben (Leopold, 20. Mai 1671 und weiterhin). Die Gr&fin Schlick ist Helena, geb. von Traudisch, verm&hlt mit Wilhelm Harrach und spftter mit Franz Ernst Schlick. Vgl. fair diese Hochzeit Theatr. Eur. X. 449.

89.

Wien, if. Februar 1666.

Aus Spanien kommen keine Briefe. Kriegserkldrung Frank- reichs an England. Krankheit Gremonvilles. DueUforderung Franz Waldsteins an Siegmund Dietrichstein. Hochzeit Eggen- bcrgs des Alteren. Der Kaiser wiinscht Mitteilung der spanisch- portugiesischen Bedingungen. Erasquin ist abgereist. Wann wird er tvohl ankommen?

(Es kommen keine Briefe, wahrscheinlich sind sie aufge- fangen.)

Aliunde spargirt man, Frankreich babe den Krieg contra England zu Paris a suon di tromba publiciren lassen, quod non est malum pro nobis.

Dieser Tagen ist der Gramonville allhier so krank gwest, dass man mir selbst gesagt, er seie schon tot. Habe ihm also den Morgen darauf schon ein Requiem lesen lassen, ecce mor- tuus revixit, et quidem adeo, ut putent medici ilium melius valiturum quam antea.

Von hier gibt* es nit viel Neus.

Den 8. dies hat Graf Sigmund von Dietrichstein das Be- gehren thun lassen an die Gr&fin Collaltin und ihren Vatern den Fiirst Gonzaga. Den Morgen darauf als den 9., ecce tur- bidum, fordertb ihn der m&hrische Franz Adam Graf von Wald- stein l zu Duell aus, sub alio praetextu, ego vero judico, die Lieb sei dessen ein Ursach, dann er ohnl&ngst auch ein Inten- tion zur Collaltin gehabt, aber ein gar schlechten Bescheid er- halten. Ich bin aber tempestive von allem avertirt worden habe also alsbald die duellantes in Arrest genommen. Als ich sie vergleichen habe lassen wollen, so ist Franz Adam so c gtlhling erkrankt del mal de costada, dass seines Aufkommens diesen Abend noch sehlechte Hoffhung ist.

89. Or. * gib b forder 8.

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205

An Sonntag wird die Hochzeit des Flirsten von Eggen- berg des ftlteren que es un bobo en superlativo gradu, mit dem von Schwarzenberg sein Tochter.2 Viel GlUck dazu, yo temo, que seran muy mal casados.

In publicis habe ich kein Materi und beziehe mich ad priora, maxime caesar* {desideraret conditiones} inter Hispaniam* et Lusitaniam* ac {Angliam}. Der Don Martin ist heut vor acht Tagen, das ist den 10. dies abgereist. Mein conto nacher kommt [er] ad festum Annunciationis oder ^ohl gar zu End Martii darinnen an. Wollet mir sein Ankunft de die fixa noti- ficiren, dass ich sehe, ob ich ihme sein Nativitat recht ge- stellt habe.

Hiemit etc.

1 Franz Adam Graf von Waldstein, ein Sohn des Adam Wald- Btein, der von Ferdinand II. die Grafenwiirde erhielt.

2 Johann Christian Herzog za Krumau, Fiirst von Eggenberg, geb. 1641, gest. 1710 zu Prag; seine Gattin war Maria Ernestine. Tochter des Johann Adolf Schwarzenberg. Die Ehe blieb kinderlos.

90.

Wien, 5. Mlkrz 1666.

Der Kaiser kann wegen Unwohlseins nieht viel schreiben. Aus den mitgeteilten Bedingungen des spanisch-englischen Vertrages ersieht man, da/3 darin gar nichts von gemeinsamer Verteidigung enthalten ist. Potting soU zusehen, dafi dergleichen hineingebracht werde. Die Abreise der Infantin ivird schon wieder auf die lange Bank geschoben und die Konigin wird von ihren Mini stem betrogen. Tiber die Ernennung von geheimen Eaten in Spanien und die Machinationen Ludwig XIV. Potting soil immer berichten, von wem er dies und jenes gehart hat. Sieg- mund Dietrichsteins Hew at und Franz Waldsteins Tod.

Diesmal habe ich drei Schreiben von Euch zu beant- worten, von 15., 20. und 28. Jenner.1 Weilen ich aber drei Tage her ein starke Fluss in Wang gehabt habe (wovon ich zwar Gottlob schier voilig befreit bin), so traue ich mich an- noch nit gar, viel zu schreiben, werde* also nur etwas Noth-

90. Or. wer.

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wendiges bertihren, et quidem in clans, dann ich mich annoch nicht stark occupiren darf.

Was also zuvorderist die tractatns anglo-hispano-lusita- nicos anlangt, vidi articulosb von Euch* dem Kaiser* zuege- schickt. Weilen ich aber sehe, dass selbe fast in lautern com- merciis bestehen, so kann ich mich nit gnug wundern, dass man a parte der Konigin* nit acht gehabt, ut etiam aliquidb circa communem defensionem et guarantiam agiustirt [worden war], und kunnte es noch sein, war es kostlich guete, dann ich furchte, die Ruptur Frankreich mit Engeland werde ehistens wieder verglichen sein. Wollt also Eures0 Orts diese Sache incaminirend und penetriren, ob aliquid reconditi sit tractatum und mir alles et quidem bald berichten. Plura de hac materia aus der Kanzlei.2

daucht mir die Jornada gehe auf die lange Bank, furwahr6 es ist schier grob. Mir ist nur leid, dass die Kflnigin so betrogen wird, dann von ihr ist wohl kein Zweifel, ich thue ihr bei dieser Post wieder gar eifrig zuschreiben, wollet es auch secundiren und urgiren, ... la palabra real.f

Vor allem mlisst Ihr bei alien ministris (wo es vonn5then) instantissime et, si ita expediat, cum aliquo seorsum g das Werk unterbauen, dann lange kann ich mich ja nit foppen lassen, werde bald 27 Jahr sein, wird schwer sein, dass ich ein recht erwachsnen Sohn erleben werde. Ma patientia, faciemus quae possumu8, caetera bono sunt committenda Deo.

Was die Promotion der geheimen Rath anlangt, erfreue ich mich, dass die Spanier nimmermehr werden sagen kOnnen, dass ich so viel geheim mache, dann ich nie sieben auf ein- mal gemacht habe. Die subiecta sunt varia, daher nicht viel davon zu melden. Wann sie nur was Gutes errathen, so ist schon alles guet.

An des Konigs in Frankreich* { Machinationen } ist nicht zu zweifeln, sed quomodo hoc faciendum, hie opus, hie labor.

Sonsten habe ich aus Eurer Relation sonderlich gern er- sehen, dass Ihr alles so ausfuhrlich berichtet habt. Habe ein absonderliche Consolation davon gehabt, und wird auch viel- leicht sehr guet sein, dass wann Ihr mir schreibt, dies oder

90. Or. b articulo c aliqdi c Eur d inaminir c wOrfor

f vielleicht que se cumpla la p. r. * seosu.

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207

dasjenige von einem ministro gehabt zu haben, Ihr allzeit no- minatim exprimirt, a quo in specie es herkomme.

Von hier aus ist wenig zu berichten.

Gestern ist des Graf Sigmunds2 Hochzeit feliciter voll- bracht worden. Der arme Teufel aber, der mahrische von Waldstein, ist endlich gestorben und hat ein ziemlich seltsam Testament hinterlassen, doch ist er piissime gestorben. Und weilen ich mein Backen* nicht gem erhitzen wollte, also ende ich etc.

1 Pitting (eigenh.), 14. Januar 1666. Auf das kaiserl. Schreiben vom 9. Dezember 1665. Mondejar ist ganz entziickt iiber die Anerkennung von Seiten des Kaisers. Die Vorbereitungen fur die Jornada zur See hat Castrillo ganz auf sich genommen. Die Hofdamen werden einberufen fiir die Infantin. Die Segretaria de honor ist wegen eines Augenleidens zu- riickgetreten. Pefiaranda lfiCt seine Bosheiten nicht, jetzt will er seinen Sch wager (DonBaltasar de la Cueva, Conde de Castellar, Marques de Malagon, jiingster Bruder des Herzogs von Albuquerque, in den wei- teren Briefen des Raisers immer Castellar genannt, geb. 1627, als Jurist im Consejo de ordenes, wurde als Gesandter nach Venedig bestimmt und gab sein Amt auf. Diese Gesandtschaft trat er aber nicht wirklich an und heiratete dann die Witwe des Marques de Malagon und Grafin de Castilla, welche nach obigem eine Schwester Pe&arandas gewesen ist. Vgl. Potting, Rel. 27. Jan., p. 7; war Gesandter in Wien von 1666 1670 und erhielt hierauf das Vizekonigtum Peru) zum Botschafter am kaiserlichen Hofe machen. Hoffentlich wird die Konigin ihm einen Riegel vorschieben. Me- dina ist vor Melancholie ganz krank. Potting entschuldigt aich wegen seines Streites mit Lisola, doch verweist er auf Harrach, der sich sogar fiber seine (P6ttings) Geduld wunderte. Lisolas Vorgehen hat ihn (Pot- ting) ganz diskreditiert. Er bittet um Trennung von Lisola durch Ver- setzung des einen von beiden. Beiliegend folgt eine genaue Beschreibung der Toisonverleihung an den Konig, einige Epitaphien auf den verstor- benen Konig und die Texte einiger in der Kapelle fiir jenen gesungener Lieder. Die Melodien wird er hoffentlich bald nachsenden kdnnen.

19. Januar (eigenh.). Dieser Kurier wird in grofier Eile nach den Niederlanden abgeschickt, um den Herzog vonVeraguas, den man zum ,General iiber die Schiffsarmata' bestellt hat, hierher zu rufen. Auf Pottings Drfingen um Ernennung eines Botschafters fiir Wien ist der Bruder des Herzogs von Albuquerque, DonBaltasar de la Cueva bestimmt worden. Vor drei Tagen (16. Jan.) sind sieben geheime Rfite ernannt worden, was noch nie geschehen ist, Kardinal Colonna, Montalto,

90. Or. Pachn.

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208

Don Luis Ponce, La Fuente, Albuquerque, Pater Neidhardt und der Graf Ayala (vgl. fiber ihn Contarini bei Barozzi e Berchet II. 393, wo die Edi- toren irrtiimlich Conte d'Hiala gedruckt haben). Der Fiirst von Monte Sarchio hat den Befehl iiber die Galeeren erhalten.

28. Januar (eigenh.). Auf das kaiserl. Schreiben vom 22. Dezem- ber 1665. Don Baltasar de la Cueva, Albuquerques jiingster Br u der, ist zwar ein sittsamer und frommer Mann, aber ganz unerfahren. Zum Glftck gehort er wenigstens keiner ,notorischen Dependenz oder Fac- tion4 hier an und ist insofern geeigneter als die anderen Bewerber um die Stelle. Potting wird ihn etwas unterrichten, namentlich in Bezug auf Auersperg und Schwarzenberg; ,ne in eundem scopulum, in quo Mane era (Marques de Moncera, geb. um 1610, Botschafter in Wien 1661 1662 [?], dann in hohen Amtern, starb 1715) naufragium passus fuit, incidat'. (Die Klippe, an welcher Mancera seinerzeit gescheitert war, war der Prazedenz- streit zwischen seiner Gemahlin und derjenigen der Obersthofmeisterin der Kaiserin.) Die Ernennung der neuen geheimen Rate durfte der Zwietracht nur neue Nahrung geben. Neidhardt wird immer verhatfter. Er l&Bt sich jetzt von alien Exzellenz nennen, was sogar der Nuntius tadelt. In Be- zug auf die Vorbereitung der Schiffe ist es Potting gelungen, durch Mondejar einen Bericht aus Sevilla daruber zu erhalten, der mitfolgt. Der Schreiber ist der dortige Domdechant, ein wahrheitsliebenderMann. Man ersieht dar- aus, dafi die Vorbereitungen doit noch lange nicht so weit gediehen sind, als man der Konigin vorspiegelt. Das ware nur durch eine ,mannhafte Resolution* der Konigin zu bessern. Dazu ist jedoch keine grofie Hoff- nung, denn Neidhardt, der ja alles vermag, kiimmert sich nicht viel darum, sondern sieht nur, ,wie er sich selbsten conserviren konne*. Penaranda wieder stemmt sich gegen den Waffenstillstand mit Portugal. Castel Ro- drigo hat exprcfl berichten lassen, er habe von Cond6(?) im Vertrauen die Nachricht, daC alle Kriegsvorbereitungen in Frankreich nur gegen Spanien gerichtet seien. Aber hier trifft man gar keine Vorkehrungen gegen diese Gefahren. In der Relation vom 27. Januar fin den sich zu An- fang ziemlich ausfiihrliche Nachrichten iiber die spanisch-portugiesischen Verhandlungen durch Vermittlung des englischen Gesandten. Klagen iiber Lisolas AnmaBungen und Bitte um Einschrankung derselben. Uber diese Dinge berichtet auch Lisola in den Schreiben ddo. 15. und 29. Januar 1660. Vgl. auch Pribram, Lisola 281 f.

2 Kanzleischreiben vom 3. Marz. Das englisch-spanische Ajjgiu- stament enth&lt nichts wie Handelsvorteile fiir England. PStting soil zu- sehen, dafi auch der Waffenstillstand zustande komme, und zu erfahren trachten, was der englische Gesandte mit den Portngiesen verhandelt, auch ob zwischen England und Spanien etwas iiber die ,defensio et gua- rantia reciproca* geschlossen worden, namentlich da Frankreich dies durch Geld u. a. zu verhindern sucht. Dies ist wichtig, weil D&nemark den

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zwischen Frankreich und England ausgebrochenen Krieg wieder beilegen diirfte, und da wohl zu achten ist, dafi nicht etwa dabei die spanischen Niederlande von der Garantie ausgeschlossen wiirden, denn sonst konnten diese leicht verloren gehen, namentlich nach der Erkl&rung zu urteilen, die die Koniginmutter von Frankreich dem La Fuente gegeben hat. In Bezug auf die Anfrage der Spanier iiber die Stfirke der kaiserlichen Armee fur den Kriegsfall soil Potting antworten, sie werde stark genug sein, jedoch nur unter der Bedingung, dafl die Subsidien von Spanien regelm&Oig und reichlich gezahlt werden. Wegen der , Jornada' mufi weiter gedriingt werden. Cber die polnischen Angelegenheiten folgt ein ,Extract' bei. Ober die Ernennung Cuevas zum Gesandten ist noch nichts an den Kaiser gekommen. Albuquerque hat ihm seine Ernennung zum , Conductor' der Infantin gemeldet. Der Kaiser hat gern vernom- men, dafi Spanien dem Kurfflrsten von Brandenburg wenigstens eine Jahresrate von 100.000 Scudos und einigen seiner Minister die ausstftn- digen 16.000 zahlen will. Potting soil zusehen, dafl es auch wirklich ge- schieht. Der Kaiser hat vom Papste keine Geldsendung erhalten.

91.

Wien, iy. M&rz 1666.

Keine Briefe aus Spanien. Dies dngstigt umsomehr, ah die Franzosen behaupten, der Konig sei tot, die Abreise der In- fantin auf den August verschoben und Neidhardt gestilrzt und eingekerkert. Der Kaiser glaubt es zwar nicht, ist aber doch besorgt. Er leidet etwas an Zahnweh. Wahrend des Faschings sind doch einige Feste ,in camera' gehalten worden.

(Keine Briefe erhalten, gerade in so gefahrlicher Zeit.) Itaque timeo ne anguis lateat in herba et forte {hispa- nica}, id est, dass vielleicht {Hispani} selbst diese Sachen im- brogliren. Mir kommt* es aber noch viel schwerer an, weilen man allhier so saubere Zeitung spargirt, et quidem quasi omnia veniunt {ex Gallia}. Die Zeitung sein aber diese:

dicunt {mortuum regem*, iter sponsae mea* di- latum in Augustum, patrem Neidhardt* esse amotum a re- gina*, immo incaptivatum}. Ich glaube aber nichts, aber das Ausbleiben der Brief macht mich ganz sorgfUltig, et postea

91. a Or. komb. Fontes. II. Abt. Bd. LVI. 14

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kann man nicht in tempore antworten. Was hieraus vor ein Scbaden entstehen kann, ist nit zu sagen. War also guet, wann diese mora remedirt wiirde.

Der Frtthling ist schon an der Hand, und obwohlen ich hoffe vor Anlangung dieses solle die Jornada schon angefangen baben, doch chi ama, teme, also beschieht es mir auch, dann ich forchte noch allweile. Doch si nondum adhuc* abiisset, (quod avertatb deus), so miisst Ihr anf allweis inhaeriren, ut subito discedat.

Allhier sein wir alle wohlauf, allein mein Zahnt plagen mich abermal zwei Tag hero, doch ist es heut schon so guet, dass ich wieder bin in die capilla gangen.

Dieser Faschingc hatte ziemlichd still sein sollen wegen der Klagen, doch haben wir etliche Festl in camera gehabt, dann es hilft dem Todten doch nicht wann man traurig ist, doch alle ganz retirat etc.

92.

Wien, 18. Marz 1666, 5 Uhr abends.

Freude iiber die Unrichtigheiten der franzosischen Nachrichten und iiber die geschlechtliche Reife der Infantin.

(Loco recepisse auf das eben eingelangte Schreiben vom 12. Febr. *) Benedictus Deus, dass meine drei saubere Zeitungen nicht wahr sein saltern essentialiter. Dass die Infantin* {zeitig},2 freut mich ttberaus, allein jetz ist Zeit, dann* ist ein Todstind, wann man Zeit verliert. Ich besorge nur, die KOnigin werde betrogen. Plura mit nebstem, nam tempus urget etc.

1 Potting, 11. Februar, auf den kaiserl. Brief vom 6. Januar. Der Aufbruch der Infantin ist wieder verschoben worden. Auf Pottings Re- presentation hat die Konigin als unv err tick bar en Term in den 15. M&rz angesetzt. Es wird aber wegen der Flotte auch dieser Tag nicht einge- halten werden konnen. Pefiaranda ist ganz widrig. Kardinal Colonna zeigt sich eifrig gegen ihn und fur die Sache. Mondejar beschreibt dem Kaiser

91. Or. * folgt nochmal nondum b averta c Fas chin d ziembl.

92. Or. der? dar?

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den status rerum (nicht vorhanden), doch bittet er um grotfte Geheim- haltung und Empfehlung seiner Person bei der Konigin. Neidhardt will durcbaus GroBiuquisitor werden, er gibt dreimal in der Woche offent- liche Audienz in seiner Zelle und benimmt sich offentlich ais erster Mi- nister, dabei aber ,bleibet alles liegen cum inexplicabili et evidenti ruina totius universi, welicben modus procedendi alle, Grotf und Klein abomi- niren. Besorge in Wahrheit, es dorfte ein iibles Ende nebmen und ihme wenigist das exemplum Cleseli zum theil werden*. Mit Petting verkebrt er wenig, ,hat aucb nit Zeit dazu', da er an allem teilnehmen will. Um ihm die Stelle des GroBinquisitors unzuganglich zu machen, behaupten seine Gegner, seine Eltern seien 7der widrigen (lutherischen) Religion* gewesen und wollten auch Potting hineinziehen, der doch Neidhardt erst in Spa- nien kennen gelernt hat. Wegen der Subsidien schwankt man hier fast taglich, einmal will man dem Kaiser die ,v611igen Gefalle von Neapel und Sicilien' tiberlassen, bald sie halbieren, bald wieder ihm Anweisungen auf die Cruzadamittel (im Jahre 1509 war ein Consejo de la Sta. Cruzada gegrtindet worden, welches unter dem Vorwande von Kreuzzugen von alien geistlichen Einktinften bedeutende Abgaben fiir den Kflnig erhielt und in dessen Namen alle pfipstlichen Indulgenzen fiir Spanien besorgte. Diese Einkiinfte sollen mehr eingebracht haben als die amerikanischen Bergwerke, vom Erzbistum Toledo allein 50.000 Dukaten. Rel. d'Esp. 89 f.) geben, und so wird gar nichts ausgefflhrt. Sobald Potting eine Re- solution erhalt, wird er den Kurier schicken. Den Brief des Kaisers wird er der Infantin iibergeben, ,welicher auch Gottlob die Natur nun- mehr vergangne Wochen den vor diesem allegirten Abgang glucklich und wirklichen ersetzt hat'. Hierbei folgt ein Prognostikon fur das laufende Jahr, welches in Valencia erschienen und weil es ziemlich ungunstig ist, sogleich unterdruckt worden ist.

2 Das heiflt, daC sie geschlechtlich reif ist.

93.

Wien, 31. M&rz 1666.

Es ist sehr gut, dafi die Konigin den 15. Marz fur die Ab- reise der Infantin bestimmt hat. Aber von der Trauung ver- lautet gar nichts. tJber die Verhandlungen mit Portugal. Car- lingford hat Jceine rechte Vollmacht und will abreisen. tfber Medinas Stellung und Neidhardts Benehmen. Krankheit der

Kaiserinwitwe.

(Berichte vom 16. und 25. Februar erhalten.)1

14*

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Hebe also ab itinere serenissimae [an], quod est nego- tiuma hoc tempore me maxime tangens et angens. Habe zwar gar gem verstanden, dass regina den 15. Marz denominirtb hatte; utinam esset, so war siec heut schon iiber 14 Tag auf der Reis. Wann sie aber nur abreist zu Ankunft dieses Briefs, bin ich zu tausendmal wohl zufrieden. Mich wundert aber, dass man wegen des desponsorii spanischerseits so mausstill ist. Forte d non desponsatam dimittent? Habe also in hoc puncto nichts anders zu melden, sondern erwarte nur viel Courier, die mir guete Zeitungen in hac materia bringen.

Was anbetrifft {die tregua mit Portugal*}, erwarte ich mit Verlangen quod tandem fiet, unde expecto avide relationem {legati anglici* ex Lusitania* redeuntis}.

Carlingford will wieder abreisen/ ich wollte ihnf noch gern aufhalten, maxime quia fama multa bona facit, aber er hat keine rechte Vollmacht et sic omnia sine fundamento essent.2 Ex cancellaria in hac materia plura.3

Dass Medina froh sei, dass ich ihm das procuratorium desponsationis aufgetragen, credo lubens, was sagen aber die andern dazue? Ich forchte nur allein, er allein sei zu schwach, unsere Partei zu sustiniren, dahero man gleichwohl mit andern wohl stehen muess. Dass Neidhardt* so artliche demonstra- tiones mache, miror, hoffe aber, er werde schon sich compor- tiren, wie ich ihn stetig anmahnen thue. Aber ich meine, seine aemuli hangen ihme darinnen auch inanches Klappeleg an. Von hier aus ist sonsten nit viel zu berichten. Die Kaiserin* non bene valet, heri timuimus variolas, hodie meliorem habemus spem, avertat Deus variolas, dann 38 Jahr ist schier zu viel zu dieser Krankheit. Und weilen es schon halbacht, so kann ich nit mehr schreiben, sondern etc.

1 P6tting, 16. Februar, weder das eigenh. Schreiben, noch die Relation vorhanden.

25. Februar, auf die kaiserl. Briefe vom 21. und 22. Januar. Cber das, was der englische Gesandte mit den Portugiesen verhandelt, ist noch nichts bckannt, doch hort man, die Ruptur zwischen England und Frankreich werde vielleicht der Sache dienlich sein. Die Punkte, ,so

93. Or. * negotiu b denomidt c war ich 9ie d unsicher abreis fih * Klappeln? Klappele? = .Klampfel4, anhangen, eincm etwas Ublta nach- tagen. Allgeniein bayrucher Dialektauadrnck; vgl. z. B, Schmeller, Bayr. Worterbuch.

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man ihme englischen Botschafter zu beobachten biesigerseits mitgeben', hat Potting noch nicht erhalten kdnnen. Mit England aber ist von Spanien nicbts anderes abgemacht worden, als was Potting scbon berichtet hat. Es wird hier (iberhaupt nichts getan. Wegen der Subsidien bat er die Konigin urn Einsetzung einiger Minister als Koinuaission dafur gebeten. Es sollen dazu Medina, Pefiaranda, Mortara und Neidhardt bestimmt wer- den. Der letztere benimmt sich ganz ,wie die vorige valido4, hat sich nun auch mit Castrillo verfeindet, so daC er jetzt gar keinen Halt mehr hat.

In Bezug auf die ,Jornada' hiingt es nur an der Flottenausriistung, an der flbrigens eifrig gearbeitet werden soil. Medina ist durch die Ubertragung des Desponsationsprokuratoriums sehr begliickt, hat jedoch viele Neider, darunter auch Neidhardt.

Die ,Capelle' wird infolge Testamentsanordnung so gehalten wie vorher, nur dafi die Konigin ,detras del cancel* beiwohnt und die Bot- schafter daher nicht erscheinen.

% Vgl. Pribram, Lisola 285.

3 Das Kanzleireskript vom 31. M&rz 1666 findet sich nicht unter die anderen von diesem Jabre eingereiht, sondern mit einigen anderen Stucken zusammen in eigenem Umschlag. Die von den Spaniern ver- langte Erklarung einer Eventualruptur fiir den Fall, als Frankreich Spa- nien angriffe, kann der Kaiser nicht geben, da das Frankreich nur reizen wiirde. Potting soil aber die weiteren Verhandlungen hieruber fubren und sofort Meldung erstatten. Der Kaiser ist bereit, Spanien stets zu helfen, wenn es ihm ausgiebige Subsidien gewfihrt und die Sicherheit, dafi sie auch ordentlich bezahlt werden. Von den Wechseln, die er in Innsbruck erhalten hat, sind erst zwei Monatsraten ausbezahlt worden. ftber die Ernennung Baltasars de la Cueva zum Botschafter. Die Fi- xierung der Abreise der Infantin auf den 15. M&rz wird genehmgehalten. Die Abreise ist also wohl schon geschehen oder geschieht demnachst. Die Verwendung von englischen Schiffen zur Cberfahrt konnte Unannehm- lichkeiten verursachen, da vielleicht der Krieg zwischen England und Frankreich ausbricht. Der Kaiser ist erfreut, dafi ihm die Spanier von den englischen und portugiesischen Verhandlungen genaue Mitteilungen ma- chen wollen. Carlingford hat keine geniigende Vollmacht, will aber darum nach Hause gescbrieben haben. Der Kaiser wtinscht in den zwi- schen Spanien und England abzuschliefienden Vertrag durch einen beson- deren Artikel eingeschlossen zu werden. Bei Don Juan ist es ebenso gefiihrlich, ihn nach den Niederlanden zu schicken, wie ihn bei Hofe zu behalten.

Cber die ,hollfindische Neutraiitat4, Mitteilung des Standes der hollfindisch-mttnsterischen Angelegenbeit.

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94.

Wien, 14. April 1666.

Zweimaliger Aderla/i zur Vorsicht bei der Infantin. Bestiirzung uber den Abbruch der spanisch-portugiesischen Verhandlungen. tfber Carlingford. Abreise der Infantin. Uber ein von Potting gesendetes spanisches Pasquill und ein zweites, welches der Kaiser wunscht. Man sagt, Ludwig XIV. wolle zivischen England und Holland Frieden stiften. Uber das Wetter. Erwartung der Nach- richt von der Abreise der Infantin.

(Durch die niederl&ndiscbe Ordinari die Relationen vom 1. und 11. M&rz erhalten.)1

Und hat mich vorderist die avisirte continuatio des Wohl- stands selbiger Herrschaft nicht wenig consolirt.

Dass man der Infantin per praevencion zweimal ader- gelassen, ist wohl eine spanische Cur.

Hingegen hat mich nicht minder sehr besturzt die libel Zeitung von [den] zerschlagenen Tractaten mit Portugal, ego a tanta mora Hispanorum semper aliquid simile praevidebam. Nun erwarte ich wohl mit groBer Verlangen die particularia zu vernehmen, auch wie die mit Euch vorhabende Conferenzen ablaufen wird, quod magnum nostris rebus lumen dabit. Ich besorge malas consequentias, et quod me maxime cruciat, ist dass ich es nit remediren kann, weilen selbe ministri [sich] von unsern Remonstralien und consiliis nicht viel hindern lassen. Patientia! Gott kann alles besser schicken. Ihr werdet Eur Orts auch alls remonstriren, quod ex re videbitur.

Wie die Sachen hier stehen {mit dem Carlingford}, werdet Ihr ex cancellaria verstehen 2 und davon Communication thuen, ubi expediet. Der Kflnig in Frankreich,* forchte ich, mach' alles hinterstellig. Wann man drinn nur die Sachen recht disponirt. Sed quid a ministris divisis sperandum? At quomodo hi uniendi non video. Beziehe mich in dieser materia auf die despachos aus der Kanzlei et his annexa. 3

Dass die Abreise meiner Gespons in so gueten terminis stehe,* laetanti percepi animo. Aber es bleibt mir Euer Courier schier zu lang aus, destomehr weilen ich als ein Br&utigam

94. Or. unsicher.

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recht verliebt bin und die Welschen sagen: chi ama teme, also geschieht es mir auch, und besorge ich mich nur, gleich in procinctu mflchte ein imbroglio dareinkommen.

Will mich also langer nit aufhalten in hac materia. Dann [ist] sie damals nit abgereist, als dieser Brief hineinkommt, so ist es zu spat auf diesen Sommer und werden sodann wohl nothgedrungen andere consilia mtissen gefasst werden, dann das Warten werden mein Lander nit erwarten wollen, attamen meliora spero. Die pasquinada ist gar ingenios, aber ich farchte peiora ex his principiis, doch wird mir allzeit gar Hebe sein, wann Ihr mir allerlei solche Sachen, so allda ausgehen, heraus- schicken werdet para poderme mas exercitar en la lengua ca- stellana. 4

Ich aber habe von ein ander pasquinada gehort, so mir gar nit gefallen, dann sie wurde gar iiblen Effect causiren. MSchte wohl wissen, was daran. Sie lautet also:

Para la reyna haya descalgas,

Para el rey hayb tutor,

Si° no se muda el gobierno6

Y se destierra el confessor; liber welchen alles ausgehet, aut iuste aut iniuste d perinde est, doch kflnnt' er sich wohl auche besser comportiren. Von hier habe ich diesmal wenig zu berichten, als dass wir alle wohl- auf sein. Allhier sagt man, als wann der Konig in Frankreich* in Werk sei, {ein Frieden zue machen zwischen England* und Holland*}, wtirde also auch wohl darauf zu invigiliren sein, dann es wohl zu glauben ist.

Das Wetter ist anitzo so warm, als andere Jahr in Junio, doch hat es sich heut [zu] ein Regen geschickt, welicher ftir das Feld gar guet sein wird. Und weilen sonsten ego nichts habe, als remittir ich mich per omnia auf den Kanzleidespacho, allein sage ich nur dies: Expectans exspecto cursorem, welcher mir aber ein guete Zeitung von Abreis meiner Gespons brachte. Verbleibe etc.

1 Potting, 1 . Mftrz. Da die Konigin einen Kurier nach Paris schickt, um dort Mitteilung von der Abreise der Infantin machen zu lassen, so be- niitzt er diese Gelegenheit. Die Konigin hat ihn erst vor ein paar Stunden

94. Or. » ay b ai c se d undeutlich

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vers i chert, da£ der Auf bruch unweigerlich noch in diesem Monat erfolgen solle. Die Verhandlungen mit Portugal haben sich zerschlagen, da dieses nur einen vollstandigen Frieden unter Anerkennung der Konigswurde annehmen will. Man meint, da£ die Franzosen darauf EinfluO genommen haben. Andere beschuldigen England oder den englischen Bot- sch after. (Die Ursache war die kurz vor Fanshawes Eintreffen in Lissa- bon erfolgte Ankunft des franzosischen Gesandten Marquis de St. Romain [vgl. tlber ihn z. B. Rec. des instr. III. 89 ff.], der die Aufgabe hatte, den Frieden um jeden Preis zu hintertreiben. Ankunft 31. Januar 1666.) Zum Krieg sind keine Mittel da, und der Friede wird schwer zu erhalten sein. Bei Hofe alles wohl, die Infantin hat sich ,heut vormittag wegen eines geringen Katarrhs und zu einiger Praevention des iiberhitzten Ge- blttts ihro ein Ader an dem Fufl eroffnen lassen'.

11. M&rz. Auf das kaiserliche Schreiben vom 3. Februar.

Der Traktat mit England ist nichts als eine Erneuerung des Frie- dens von 1630. Weiter ist noch nichts darin geschehen. Die Konigin bleibt bei ihrem Entschlufl wegen der Reise und setzt den 22. M&rz fur den Auf bruch an, auch wenn die tlbrige Flotte nicht ganz fertig ware, da diese jetzt (weil Frankreich anderweitig besch&ftigt ist) nicht so essen- tialiter notig ist. Die Vorbereitungen in Mailand sollen nach der Aus- sage der Konigin selbst schon anbefohlen sein. Der Grftfin von Bena- vente wird man nicht so leicht ihren Dienertrofi ausreden konnen, denn sie setzt ihren Ehrgeiz durein, auch die Konigin weifl kein anderes Mittel, als dafl sie die uberzfihligen Leute selbst erhalten miisse. In den nfich- sten Tagen wird Potting mit einigen Ministern in Beratung eintreten fiber die Subsidien ftir den Kaiser. Lisola hat man nicht cinbeziehen wollen, uberhaupt wird er hier schon las tig. Es werden viele Pasquille ttber die Regierung gemacht, eines der besten ist das beiliegende : ,Beneventae im- barcatio, Literae caesareae, medicus reus4, in welchem von fremden Mini- stern nur Lisola hergenommen wird. Alles gesund, nur der Infantin hat man zwei Tage nacheinander am rechten Fufie zur Ader gelassen. Li- sola selbst berichtet s. d. 12. Marz von der Schwache der osterreichischen Partei; die Macht der Konigin wird immer geringer; impossibile prorsus est, ut res diu in hoc statu perseveret, utque regina sine amicis, sine clientibus et sine ulla factione possit subsistere. (Vgl. auch Klopp, Gesch. des Falles des Hauses Stuart I. 132.) Man wirft der Konigin vor, blofi deutsche Interessen zu vertreten. In einem anderen Schreiben vom selben Datum berichtet Lisola ausfuhrlich iiber die spanisch-portugiesische Frie- densfrage •, in einem dritten von den Beratungen wegen Abreise der Prin- zessin.

Z Kanzleischreiben vom 12. April, enth&lt iiber diesen Punkt nicht mehr als der obige Text, au£er daJB erwahnt wird, Carlingford gebe vor, sich Vollmachten holen zu wollen.

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3 Auch daruber findet sich im erw&hnten Kanzleischreiben nichts, die ,annexa' liegen nicht bei.

4 = urn mich mehr in der castilischen Sprache iiben zu konnen.

5 Fiir die Konigin gibt's Barfufilerinnen, Fttr den Konig gibt's einen Vormund, Wenn man nicht die Regierung findert

Und den Beichtvater [der Konigin] vertreibt.

95.

Wien, 28. April 1666.

Uber Erasquins Ankunft in Madrid und die Festsetzung der Abreise der Infantin auf den 10. April. Ob nur nichts da- zurischen gekommen ist. Es ist gut, dap sie zu Final landen wird. Mit dem Verhalten gegenuber den Fursten Italiens ist es eine schwierige Sache. Potting soil auf den Frieden mit Por- tugal dringen.

Aus Eurer Relation von 26. Marz1 habe ich gar gern verstanden, dass der Don Martin angelangt; und ist er urn drei Tag ehender allda angelangt, als ich ihme die Raitung gemacht habe, indeme ich gmeint, er solle erst den 24. all- da anlangen, basta, auf das wenigste habe ich nicht viel ge- falt. Was ihr mir schreibt, dass abermal pro termino finali discessus meae serenissimae sponsae der 10te dies angesetzt, hat mich zwar sehr erfreut, nachdeme aber heut schon der 18. Tag ist und der Courier noch nit angelangt, so besorge ich, es habe wieder ein nisi damit, will doch ein Bessers hoffen. Aber bis sie nit zue Final2 ist, habe ich kein Ruhe. Und ist wohl gar wohl beschehen, dass el desembarco zu Final und nit zue Genova geschieht, dann durch das viel embarazos vermieden bleiben. Uass ich solle den governador in Mailand instruiren, wie es allda mit den principibus Italiae gehalten werde, ist ein ziemlich harte Nuss, ich lasse aber die priora aufsuchen, obwohlen seit Maximiliani secundi Zeiten kein Exempel vorhanden. Vor alien aber wollet Ihr schaun zu be- fbrdern, dass mit Portugal ein Ende gemacht [werde], hinc enim omnia pendent; will zwar hoffen, die Spanier werden sehen, was ihnen hieran gelegen, wie Ihr alles mit mehr aus dem Kanzleidespacho zu ersehen habt8 etc.

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218

1 P5tting eigenh., 25. Marz, auf die kaiserlichen Schreiben vom 7. und 17. Februar; das erste brachte Don Martin, der am 4. Marz ange- kommen ist. Die Konigin bat den 10. April fur den Aufbrncb publi- zieren lassen. Sobald das Desponsorium geschehen ist, wird Potting den Kurier scbicken. Don Pedro Fernandez bat erwfihnt, man wiinsche zu wissen, wie die Infantin in Italien als wirkliche romisehe Kaiserin die dortigen Fiirsten bebandeln solle. Die Antwort konnte der Kaiser, um Zeit zu gewinnen, gleich nach Mailand schicken. Frankreicb bemttbt sich, sub praetextu mediationis die portugiesischen Verhandlungen ganz zu hintertreiben. So lange aber da nicbts gescbiebt, kann man nicht auf ,einige Verlasslichkeit* der Subsidien hoffen. Holland zeigt sicb auch dis- gustiert, , Brandenburg hat sicb auch in illorum(?) favorem declariret'. Wegcn des de Borcht wird Potting wieder bitten, aber es liegt alles an Castel Rodrigo, denn die spanischen Minister gehorchen einfach nicbt. Beiliegend folgt ein Brief der Infantin ; die Konigin hat entschieden, daC jener nach der Trauung der spanische Brief des Kaisers Ubergeben werden solle. Von Lisola liegen zwei Berichte vom 26. M&rz vor. Im ersten schildert er eingehend die verderblicbe Uneinigkeit der spanischen Re- gierung, im zweiten seine Bemiihungen im Interesse der baldigen Abreise der Infantin. Er arbeitet besonders bei der Konigin und Potting.

2 Final marina, ein Stftdtchen von jetzt circa 4000 Einwohnern, siidwestlicb von Savona, an der Riviera di ponente.

3 Kanzleireskript vom 28. April. Es wird Potting befoblen, daC er die Spanier dahin zu bringen suche, daB sie moglicbst schnell auch unter ungthistigen Bedingungen mit Portugal abschlieflen, da es sonst nur immer schlimmer werden wird. Den englischen Gesandten darf man, ob- wohl die Spanier seine Verhandlungen mit Portugal ,nit wohl aufgenom- men* haben, nicht beleidigen, da doch nur England in dieser Sache etwas ftir Spanien getan hat. Man muC es daher bei gutem Willen erbalten und die Verhandlungen fortsetzen unter Einschlufl Osterreichs. Der Kaiser wird auch einen Gesandten nach England schicken. Carlingford ist abge- reist etc.

96.

Laxenburg, 25.* Mai 1666.

(Durch Kurier.) Freude uber die Nachrichten van der Trauung und Abreise der Infantin. Dank an die Konigin und Potting.

96. Or. Vom Einordner der Briefe irrtumlicherweise 28. gelestn und demgem&fi eingereiht. Ubrigen* diirfle titer ein Brief etwa vom 12. Mai cms- gef alien aein.

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219

Dieser soU den Kurier sogleich euriicksenden und uber alles, besonders die portugiesischen Dinge, ausfuhrlich berichten. Der Kaiser wird Montecuccoli der Infantin entgegenschicken. Zur Ubernahme sind bestimmt Kardinal Harrach und der nunmehr offentlich ernannte Obersthofmeister Dietrichstein. Freudenbezei- gungen in Wien und Ablegung der Trauer. Der Kaiser Icann nicht mehr schreiben wegen Kopfwehs. Potting soil den Frieden mit Portugal fordern.

Vergangen Montag vor acht Tagen, urn 9 Uhr Vtfrmittag, als ich eben in Rath gesessen, kommt der Heinrich und bringt die Despachos von 25. April1 mit der erfreulichen Nachricht des selbigen Tag erfolgten desponsorio. Wie mir* nun voller Freude gwest, kommt den Mittwoch darauf nach 9 Uhr Abends, als ich bereitsb zu Bett gelegen, Euer Stallmeister und bringt die Expedition von 30. dito2 mit der so lang von mir ver- langten Zeitung der erfolgten wirklichen Abreis meiner Ge- mahlin, so mich in mein Seel erfreut. Nun kOnnt Ihr leicht erachten, was Consolation diese avisi nit allein in mir sondern in alien meinen Landern erweckt haben.c Ich kann sagen, dass ich vor Freuden nit gwusst, wo ich war, dann ich allweil besorgt habe, es stecke noch was darhinter. Nun sei Gott in alle Ewigkeit gepriesen, dass alles so wohl abgangen, und weilen Ihro Majestat die Ktfnigin dies Werk allein gricht, also habe ich resolvirt, diesen eignend Courier Tyrol hineinzu- schicken, die Danksagung abzulegen.c Wollt diesemnach Ihr Majestat der KOnigin auf das hochst danksagen und sie ver- sichern, dass sie mich und dero Tochter, meine nunmehrige Gemahlin, allzeit zu dero Diensten haben werde; solle auch Gott uns Kinder f bescheren, sollen selbe ingleich zu dero Dis- position sein, wie Ihr mit mehr zu contestiren wissen werdet. Es wird Euch auch der Kanzlei[despacho] ein mehrers weisen. 8

Nach diesem erkenne ich das meiste von Eurem* ohn- gesparten FleiB, thue Euch also auch davor ganz gen&digen Dank erstatten und werde es gegen Euch in alien Begebenheit mit wirklich kaiserlichen Gnaden erkennen. Weilen nun dieser Courier nur wegen dies Cumpliments geschickt wird, also wollt Ihr selben alsbald zuruckschicken und dabei aus-

96. Or. » Dialektisch fur wir? b bereit c hatt d eingen

! abzuelen f Kinder * Eur.

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220

ftihrlich berichten, in quo statu ilia negotia maxime vero lusi- tanicum versentur. 4 Hac occasione wolltUhr mir ein lista schicken mit was vor ein eigentlich spanischen Hofstaat mein Gemahl allher komme und was wieder zurtickgehe,* ut possim earn combinare cuin priori missa iam ante aliquot menses.

Mein Gespons antworte ich nit hac occasione, weil ich sie schon auf dem Meer supponir. Weilen aber gebr&uchlich ist al desembarco selbige zu empfangen, also habe ich mich entschlo«sen, mein Generallieutenant Grafen Montecuccoli all- dahin zu schicken, selbige zu beneventiren und die entrega5 und ander Sachen zu adjustiren. Zu bemeldter entrega habe ich resolvirt den Cardinal von Harrach 6 und den Fursten von Dietrichstein als nunmehr publicirten und declarirten Oberst- hofmeister meiner Gespons. Zu Bezeugung unser allhier em- pfunden Freud habe ich am Sonntag das Tedeumb singen und alle Stuck losbrennen lassen. Nachmittag habe ich ein Kopfrennen 7 in der Favorita gehalten, wie selbiges c abgeloffen, weiset die Beilag aus.

Hac occasione haben wir die Klag abgelegt, indeme es schon acht Monat ist und ein so frQhliche Post ankommen. Hoffe, Gott will, man werde es nit iibel ausdeuten, tamen non deerunt zoili. Ihr werdet es aber schon expliciren k5nnen.

Ich kann einmal nit linger schreiben, dann ich gar viel geschrieben, dass mird der Kopfe wehe thuet. Morgen bei der Post werde ich nur etliche Zeil schreiben, damit die Post nit leer ablaufe. Sagt der KSnigin aufs beste Dank vor diese Gnade, {promovete pacem cum Lusitania*) und schickt den Courier bald zuriick etc.

1 Potting, 25. April, eigenh., durch den Kurier Heinrich Gottwald. Die Training hat heute zwischen 2 und 6 Uhr Abends mit aller Feierlich- keit stattgefunden. (Ausfiihrliche Beschreibung im Diarium I. fol. 160 sq. und in einer eigenen Relation, welche aber erst mit der Expedition vom 6. Mai abgeschickt worden ist. Die Kanzleirelation vom 25. ist wegen Zeitmangels ziemlich kurz gefaflt.) Die Abreise bleibt auf den 28. anbe- raumt, da sich der Zustand Albuquerques gebessert hat. (Ober diese Ver- schiebung berichtet Potting unter dem 8. April, von Albuquerques Krank- heit findet sich weder in den eigenh. noch in den Kanzleischreiben vom 8. und 22. April eine Erwfthnung.)

96. Or. * zurukbege b teteuni c selbige d wir e Kof?

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221

Lisola erklfirt in eeinem Schreiben vom 27. April, n&chst Gott verdanke man am meisten der Festigkeit der Konigin. Dabei schildert er eingehend die Schwierigkeiten der Angelegenheit. Vgl. Pribram, Heirat Leopolds I., 363 ff.

2 Potting, 30. April. Die Kaiserin ist am 28. dieses Nachmittags abgereist und hat das erste Nachtlager zu Valdemaro, vier Meilen von Ma- drid, genommen. Bis dorthin hat er sie begleitet und sich dort verabschie- det. Die Kcmigin hat sich von der Kaiserin sehr schwer getrennt und gleich darauf einen schweren Anfall ihrer Cachexa bekommen, weshalb sie auch dem Kaiser nicht ausfiihrlich schreiben konnte. Die Gr&fin von Benavente hat sich mit grofler Geschicklichkeit bemiiht, der Kaiserin die Schwere des Abschiedes zu erleichtern. Die Einteilung der weiteren Reise erhellt aus der von ihm ilberschickten ,Tagreise*. ,Ihro Majestftt der Konig seind Gottlob wohlauf und in extremo herzig, haben Ihro Majestat die Kaiserin nicht von sich weg wollen lassen, bis sie ihme versprochen, sein Braut aus Deutschland mit dem ehisten herauszusenden* etc.

3 Das Kanzleireskript vom 21. Mai ist nur eine weitlaufigere Aus- fflhrung der oben im Text gegebenen Gedanken, ohne dafi etwas Neues beigebracht wfirde.

4 Im Kanzleischreiben wird Potting auch anbefohlen, durch den Kurier eine genaue Beschreibung der Trauung einzusenden.

5 Unter ,entrega* = Obergabe ist hier die Auslieferung der kaiser- lichen Braut an den kaiserlichen Bevollmfichtigten zu verstehen. Das Tagebuch Montecuccolis uber seine Reise, ein kulturgeschichtlich sehr interessantes Schriftchen ist gedruckt. Schriften M. III. 275 ff.

6 Vgl. Nr. 46, Anm. 10.

7 D. h. Abschlagen von Tttrkenktfpfen. Die hier genannte Favorita ist die ,neue' auf der Wieden, das heutige Theresianum in der Favoriten- strafie, von Ferdinand III. in seiner letzten Zeit begonnen und von Leo- pold vollendet.

97.

Laxenburg, 26. Mai 1666.

Von Mailand hat ein Privater eine Liste des Hofstaates der

Infantin eingeschickt. Darnach waren es nur 40 Personen.

Uber die Benavente. Potting soil auch eine Liste schicken.

Montecuccoli wird bald abreisen.

Obwohlen ich erst gestert durch den Courier Tyrol (so hoffentlich besser reiten wird als alle vorige) geschrieben

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222

habe, so wollte ich doch nit, dass diese Ordinari ohne mein Schreiben darinnen ankomme. Habe also diese Zeilen schreiben wollen.

Gestert ist von einer Privatperson von Mailand die lista von meiner Gespons Hofstaat allhero communicirt worden, so- wohl derjenigen, so wieder zuriick sollen, als die gar hier ver- bleiben sollen. Diese utriusque sexus kommen kaum auf 40 Personen, bin also gar wohl zufrieden, si non veniunt plura. Wann aber wahr ist, was man von der condesa de Bena- vente sagt, so bringt sie allein mehr Leut mit als ihre Fran mit alien.

Diesem allem nach kann es nit schaden, dass Ihr auch ein lista schickt, wie ich es gestert befohlen. Der General- lieutenant ist schon wegfertig auf Final, wird morgen Abends oder tibermorgen Frtih von hier abreisen. Will gern hftren, wie man in Spanien die Absendung dies Cavaliers aufgenommen habe? Ich vermeine wohl, ich habe es nit gar libel ge- troffen etc.

98.

Wien, lo.juni 1666.

Uber die Reise der In fan tin, Monteciwcolis Schnelligkeit und Auerspergs Sehnsucht nach dem Kardinalat.

(Schreiben von 6. Mai erhalten.)1

Und was die Reis anlangt, bin ich wohl froh, dass alles so wohl vonstatten gehet, allein bin ich nit content, bis sie al Final sein wird. Der Montecuccoli reit als wie ein Cavalier von 20 Jahren, ist in drei Tagen in Innsbruck gwest. Was Auersperg* und sein {Cardinalat} anlangt, ist ein gueter aviso,2 man [hat] allhier gesagt, Penaranda* suche es selbsten etc.

1 Potting, eigenh., 6. Mai (auf das kaiserl. Schreiben vom 31. Mfirz). Die Reise der Infantin geht glucklich vonstatten, sie wird nicht in Denia, sondern in dem vier Meilen entfernten Gandia auf die Einschiffung war- ten. Die Liste des Hofstaates der Kaiserin folgt bei, die Zahl der Diencr- schaft ist nicht genau zu erfahren gewesen. Die Kaiserin hat dem Berichte

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223

der Gr&fin von Benavente nach mit eigener Hand ein Wildschwein ge- ttftet. Don Juan d' Austria hat ihr beim Abschied ein sehr kostbares Kleinod geschenkt. Caracena geht wieder zur Armee. Der Konigin wird hie und da geradezu der Gehorsam versagt. Neidhardt sieht ruhig zu. Medina allein ist zu schwach, dee Kaisers Partei zu halten, da die Konigin ihn nicht unterstiitzt, sondern nur Neidhardt bevorzugt, der den Medina geradezu verfblgt und Pefiaranda h&tschelt. Medina sagt, Auersperg habe sich geruhmt, vora Kaiser eine eigenh&ndige Rekommandation an den Papst ftir das Kardinalat zu haben, und er suche jetzt von Spanien gleich- falls eine Empfehlung zu erhalten. Aus der Relation vom 6. Mai ware zu erw&hnen, da£ die Spanier beschlossen haben sollen, Potting zu befragen, ob 8ie sich bei einem (franzosischen) Angriffe auf eine Hilfe von Seiten des Kaisers verlassen kftnnten, und ob er Vollmacht babe, hierttber zu ver- handeln. Caracena hat man mit Miihe dazu gebracht, das Kommando wieder zu ubernehmen; er machte aber solche Bedingungen, obwohl er sich nur in der Defensive halten soil, dafi es wieder 5 6 Millionen jahr- lich kosten wird. Er ist aber beim Heere, besonders bei den deutschen Truppen so verhafit, dafi diese sich schon mit dem Gedanken tragen, den Dienst aufzusagen. Sandwich wird taglich erwartet, dtirfte aber kaum etwas ausrichten, da autier Medina alle Minister, auch Neidhardt, den por- tugiesischen Friedensverhandlungen abgeneigt sind etc. Im Postscr. teilt Pdtting mit, dafi er soeben im Namen der Konigin die angekiindigte Frage schriftlich erhalten habe, ob er Vollmacht besitze zur Unterhand- lung fiber gegenseitige Assistenz (wovon die Subsidien offenbar abhftngig gemacht wurden).

2 Diese Angelegenheit spielte dann bei den wichtigsten Fragen eine grofie Rolle. Auersperg wollte unter alien Umst&nden Kardinal wer- den und dies beniitzten die Franzosen sehr geschickt, um ihn fiir den Teilungsplan zu gewinnen; vgl. Pribram, Lisola, S. 393.

Wien, 2$. Juni 1666.

Beraubung der Post. Don Juan ist wieder bei Hofe. Der Kaiser hat Halsweh gehaht. tlber die Einschiffung der Infantin.

Die jiingst allhier angelangte niederlandisch- und spanische Ordinari ist gar libel conditionirter angelangt, dann unterwegs ist sie in Liitzelburger Land ohnweit Asselborn,1 abermal ge- plUndert worden. Alle Paket haben die Rauber erOfiFnet, theils Brief zerstreute liegen lassen, die meisten aber mitgenommen.

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224

Von der Ktmigin, Euch und P. Neidhardt habe ich nix be- kommen. Von Lisola ein Schreiben ohne Copert und ziemlich zerrissen. Von Eurem Secretari Koch wegen Administrativ- sachen ein Brief! ist ganz ankommen. Von Euch an Lessel ist auch ein Brief ankommen. Habe also dies berichten wollen, damit man doch remedir, weilen es in niederl&ndisch Ge- biet geschehn. Ob es {a Gallis} oder wohl auch gar {ab uno vel altero ministro hispanico] herkomme, est mihi quaestio proble- matica. Dahero wird man wohl ein wenig penetriren konnen, was es damit vor ein Beschaffenheit hat.

Aus Privatschreiben, so manchera privatus empfangen hat, siehe so viel, dass {Don Juan wiederum bei Hof seie}, so mir nit gefallt, wart also wohl mit Verlangen auf die nebste Brief. Wollet von alien duplicata schicken, auch wann Ihr Euch er- indern m8chtet,b was in eigenhandigen berichtet zu haben, so mlisst Ihrs nochmals repetiren.c

Was aber diesen obigen Punkt anlangt, wollte ich, dass Ihr wohl penetrirt, quid agatur, auch gar caute umginget,d dann es ein gar spinosa materia ist. Sapienti pauca. Wir allhier seind sonsten alle gar wohlauf, ich habe zwar ein paar Tag ein e Halswehe gehabt, ist aber Gottlob schon alles wieder guet.

Von embarca haben wir noch kein ander Nachricht, als dass 8ichf mein Gespons den 15. hatte embarquiren sollen, weilen sie dies aber noch von 21. Mai geschrieben haben aus Candia,2 so kommt mir dies Werk wohl recht spanisch vor, und weiC schier nit, was ich glauben solle etc.

1 Asselbom, Dorf im auflersten Norden des heutigen Grofiherzog- tums Luxemburg.

2 Gandia, alte Stadt, sudostlich von Valencia, an der Mundung des Serpis, 3 km von der Kuste, mit jetzt circa 8000 Einwohnern, in sehr schQner, fruchtbarer Gegend, die aber nicht ganz gesund ist^ Sitz der alten Herzoge von Gandia.

99. Or. a manch b erindcrt mOchte c repitirn d umbgime?

ein ein f sie.

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100.

Wien, 6. Juli 1666.

tfber die Einschiffung der Infantin, Neidhardts Verbindung mit Pefiaranda, Don Juans AmvesenJieit in Madrid und das Vor- gehen gegen ihn. Lisola ivird abberufen und erhalt einen Wechsel. Genugt dieser nicht, so soil Potting axis den Dotalgeldern nach- helfen. tSber die Subsidien von Spanien, die verlangte Eventual- ruptur des Kaisers mit FranJcreich und Sandivichs Ankunft in Madrid, Der Kaiser will England durch Lisola seine Mediation antragen. Frage des Vortritts zwischen der camarera mayor und der Frau des spanischen Botschafters. Ankunft Palbitzkis; er scheint Heiratsantrdge zu haben. Vber die grope Seeschlacht vom 11. bis 14. Juni. Der Kaiser hat gefunden, dafi die Trauung seiner Eltern eben auch am 25. April stattgefunden hat. Grofie Hitze.

Eur Rela^on von 4. Junii x hat mich wohl nit wenig con- solirt, indeme ich die vorige Post ganz kein Nachricht ge- habt habe, indeme selbe in Lutzenburger Land ausgepliindert worden.

Und habe ich zuvorderist herzlich gern verstanden, wie dass mein Allerliebste zu Gandia so guete divertimenti ge- habt hat. Die Embarcation aber betreffend kann selbige circa medium Junii, wie Ihr verhofft, wohl nit geschehen sein; in- deme wir allhie vor der Zeita nit die geringste Nachricht iiber Italien davon haben. Bin also noch nit vollig auCer Sorgen, und gehet alles so schlafrig zue, ut videatur esse ex malitia; ego autem meliora spero. Von Penaranda* ist wenig Guetes zu hoffen, und ist mir gar nit lieb, dass P. Neidhardt* ihme sich untergeben habe. Was aber den Don Juan anlangt, ist die kftnigliche Resolution {in essentia nit iibel}; allein der modus ist wohl seltsam gwest,2 und kann ich mich in Neid- hardt b und {Lisola} gar nit finden,3 und habt Ihr recht Ur- sach, Euch zu lamentiren, dass alles ist gehandlet worden ohn Euer Vorwissen. Diesen alien vorzukommen habe ich resolvirt, den {Lisola} von dannen abzufordern und nach {Engeland} zu schicken,c wie alles mit mehr aus dem Kanzleidespacho zu ersehen sein wird/ wohin ich [mich] beziehe, und werdet Ihr

100. Or. » unncher b 0Z? BZ? c shn?. Fontcs. II. Abt. Bd. LVI. 15

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jezo mehr Platz haben ein und das andre negotium zu be- ffordern, weilen Ihr kein gelosia und Eingriff mehr haben werdet. Und thue ich es ex maximo respectu erstens meins Diensts, sodann auch Eur Satisfaction.*

Ich lasse ihm ein Wechsel schicken, dass er alsbald ab- reisen konne, wann aber selber vielleicht nit klecken th&te und er sub praetextu expensarum et debitorum sich l&nger allda aufhalten solle, so wollt Ihr [ihm] aus den Dote-Geldern mit aller Nothdurft an die Hand gehen, auf dass er sein Reis ehistens fortsetze,b dann ich in {Engeland}c nothwendig {ein mini8trum} haben muss. Et haec in hocd puncto.

Was aber den punctum assistentiae anlangt, siehe, wir werden uns des spanischen Refrans bedienen muessen: ,tomar y pedir'; obwohlen ich ein mehrers verhofft hatte, so ist [es] doch ein namhaftes, si effective solvatur, auf welches Ihr incessanter dringen sollet.e Circa {positivam declarationem rupturae cae- saris* cum rege Galliae*} wollen wir inf prioribus terminis lassen und erwarten, an legatus hue veniens vielleicht etwas mehr specifice anbringen mflchte, wie Ihr auch aus dem Kanzlei- schreiben ersehen werdet. Des Sandwich6 Ankunft habe ich gar gern vernommen et tanto magis ursi missionem {Lisolae in Angliam}, maxime cum fama sit, regem Galliae* {denuo velle offerre suam mediationem inter regem Angliae* et Hol- landos*}, dahero ich auch {meam mediationem regi Angliae* per Lisolam} anbieten will.6

Von der Concurrenz der camarera mayor und embajadriz d'Espagna 7 habe ich genug Sorge, doch bleibe ich der condesa de Benavente nit wenig obligirt, da sie mir nichts vergeben will, ehe sie noch an mein Hof ist. Timeo ne alius sub herba anguis lateat. Und* mScht vielleicht mancher sie also des- gustiren, damit sie wieder heim solle, durch dies wttrde aber ein remora der Reis eingreifen;h mSchte gwiss communiter nit leicht was bessers, wohl aber was btfsers nachkommen. Ich mein aber, wir wollen die Materi nit rlihren, bis man wird beisammen sein. Es ist auch der Bolwitsgi, so einmal auch in Spanien gwest,8 allhier angelangt als Embiado de Suecia. Hat noch nichts in negotio vorgebracht, doch videtur

100. Or. a Sadisfacition? b ehins fordte c folgt ich d in hoc

e solle f in in « umb h unsicher.

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conicere* oculos in *sororem meam maiorem et nrinorem* {por un casamiento}. Suo tempore, wann was furkommt, will ich schon Euch et per vos reginae von allem lassen parte geben.

Von hier ist gar wenig zu schreiben, ausser dass man nicht red als von der machtigen Seeschlacht, so zwischen Engl&ndern und Holl&ndernb fiirgeloffen. Victoriam quae vis pars sibi attri- buit/ und weiC man noch nit vor gwiss, wer das Feld oder besser zu sagen das mare erhalten hat.

Das ist gwiss, dass beide Theil gar guete Stoss bekommen haben, dann das combatto hat fiinf ganze Tag gw&hrt, als den 11, 12, 13, 14 und 15, quod puto ab orbe condito non fuisse auditum, quod scil. una naumachia quinque duraverit diebus. Sie werden vollig auf einand verbittert werden.9 Noch ein curiose Observacion muss ich Euch schreiben, dass n&mlich in Durchlesung der actorum matrimonialium divi parentis mei, so Graf Khevenhiller10 herausbericht, ich gefunden habe, dass das desponsoriod eben an dem 25. April gehalten worden, wie das meinige gehalten worden, also dass parens et filius una die fuerint desponsati licet6 diversitate 37 annorum. Und habe ich es pro bono omine genommen, auch ein merklich Freud und ConsolaQion empfunden, welche ich auch Euch participiren wollen. Und woUet Ihr darin lassen nachsuchen, ob es sich auch darinnen befinden thuet.

Die Hitz ist anitzo so groB, als mein Lebtag ich eine ge- litten habe, kann also fiirwahr nit lftnger schreiben etc.

1 Potting, eigenh., 4. Juni, auf das kaiserl. Schreiben vom 28. April. Die Kaiserin befindet sich zu Gandia in guter Gesundheit. Das Nfihere besagen die beiliegcnden Schreiben der Grafin von Benavente. Don Bal- tasar de la Cueva macht sich gleichfalls auf, um die Cberfahrt nicht zu versfiumen. Er hat drei Befehle an die Grafin von Benavente erhalten zu- gunsten des Vortrittes seiner Frau vor jener. Diese und die Antwort der letzteren folgen bei. Die Grafin will sich nicht ffigen. Neidhardt h&tte es anders wenden konnen, aber er wagt nichts gegen Peflaranda zu tun. Die Spanier haben wegen der Subsidien zwar einen Entschlufi gefaGt, aber die Hohe ist ganz ungeniigend, dennoch verlangen sie vom Kaiser den Bruch mit Frankreich. Don Juan ist mit seinem Wunsche abgewiesen wor- den. (Am 20. Mai berichtet Patting, daC jener sich schon zwolf Tage in- cognito in Madrid aufhalte.) Er war bei Potting (in der Nacht vom 23.

100. Or. * conicire b Eng und Holl. c attribi d desporio

e desposati lice.

15*

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228

zum 24. Mai, vgl. Diarium I. fol. 169) und klagte, Neidhardt und Lisola scien nicht aufriehtig gegen ihn gewesen, besonders in der lunebrucker Heiratsangelegenheit. (Es handelt sich am das Projekt einer Ehe Don Juans mit der Erzherzogin Claudia Felicitas, Kauzleirel. 3. Juni.) Potting wufite von dieser gar nichts. Lisola macht sich durch ein solches Benehmen hier unmoglich. Don Juan zeigt grofie Devotion fClr den Kaiser. Der auBerordentliche Bo tsch after Englands, Lord Sandwich, ist angekommen und wird hoffentlich die Verhandlungen mit Portugal wieder in FluC bringen. Fur den Inhalt der ausfiihrlichen Schreiben Li solas vom 4. Juni vgl. Pribram, Lisola 287 f.

2 Uber die Besprechung mit Don Juan berichtet Pitting ausfiihr- lich in der Kanzleirelation vom 3. Juni fol. 4 vo. sqq. Don Juan hatte sich an P. Neidhardt gewendet, der ihm sagte, er moge alle Minister ge- winnen. Er tat es und teilte Neidhardt sodann mit, dafi er schriftlich um die Erlaubnis, in Madrid zu bleiben, einkommen werde, und bat ihn, es so einzurichten, dafi das Gesuch vor den geheimen Rat, nicht vor die Junta komme. Neidhardt versprach es, Snderte aber dann seinen Ent- schlufl, was er Don Juan mitteilte; dieser willigte aber nicht ein, daB man es der Junta vorlege. So wurde die Frage auf Neidhardts Vorschlag alien Ministern zur geheimen Abstimmung vorgelegt und das Gesuch ab- geschlagen; man sagte Don Juan, daB das haupts&chlich infolge der Ab- neigung des Kaisers geschehen sei, der dies durch Potting habe der K6- nigin hinterbringen lassen.

3 Vgl. fttr diese Differenzen und die Tfitigkeit Lisolas in dieser Zeit Pribram, Lisola 288 ff.

4 Ein kaiserliches Kanzleischreiben von diesem Datum findet sich nicht vor, dagegen das Notifikationsschreiben an Potting wegen Abbe- rufung Lisolas vom 7. Juli 1666.

5 Montagu Eduard, erster Earl of Sandwich, geb. 1625, gest. 1672 in der Schlacht in der Solebay, einer der bedeutenderen englischen Admirale dieser Zeit; 1662 hatte er seinem Konige die portugiesische Braut zugefiihrt. Uber seine Mission in Spanien Clarendon, Cont. of the History of reb. 760 ff.-, Mignet, 1. c. I. 401 ff. Hisp. ill. London 1703. Seine Ankunft in Madrid erfolgte Ende Mai 1666; er blieb bis 1668 in Spanien.

6 Fur die englisch-osterreichischen Beziehungen in dieser Zeit Pri- bram, Lisola 290 ff.

7 Rangstreitigkeit der Oberstk&mmererin (der Kaiserin) und der Botschafterin von Spanien.

8 Palbitzki, schwedischer Gesandter; vgl. fttr seine Mission Pri- bram, Lisola 318; und Carlson, Geschichte Schwedens IV. 467.

9 Die hier erwahnte Schlacht ist die bertihmte Schlacht ,an den Dilnen*. Der englische Admiral Herzog von Albemarle (Monk) wurde von den Hollandern unter Ruyter und Tromp angegriffen. Zwei Tage blieb

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der Kampf unentschicden, am dritten neigte er sich zumVorteile der Hol- lander, da er8chien Prinz Ruprecht von der Pfalz mit 25 englischen Schiffen und stellte die Schlacht wieder her, die am vierten Tage vom neuen aufgenommen wurde. Der Erfolg war schliefilich auf Seiten der Hollander, welche die geringeren Verluste erlitten, aber die Engender waren nicht eigentlich geschlagen.

10 Dies ist der bekannte Graf Franz Christoph, der Verfasser der ,Annales Ferdinandei', geb. 1588, gest. 1650, Gesandter in Spanien 1617 1631, wo er die Heirat Ferdinands (III.) mit der Konigstochter Maria Anna verhandelte. Er war dann auch bis zu seinem Tode ihr Obersthofmeister.

101.

Wien, 22.J11I1 1666.

Der Geburtstag der Infantin (12. Juli) wurde durch ein sehr schones Fest gefeiert. Aber am ndchsten Tage ham der Kurier mit der Nachricht, dafi sie Fieber behommen habe. Potting hat dabei ganz richtig gehandelt. Der Kaiser hat einen eigenen Kurier nach Denia geschickt. tJber das gleichzeitige Univohlsein des Konigs und der Konigin, die Schreiben Mondejars und Mortaras. Man sieht die bosen Absichten Ludwig XIV. Potting soil, jedoch insgeheim, gegen die Ernennung Neidharts mm Gro/S- inquisitor arbeiten, dagegen dem Bischof von St. Jago dazu ver~ helfen. tlber Don Juan, Pefiaranda und Sandwich. Die Grafin Saradetzkin ist ins Kloster getreten. Der Brief an die Konigin ist mit einem Exemplar der Komodie unmittelbar an sie ge- schickt worden.

El viejo Refran latin di9e: extrema gaudii luctus occupat. Also ist mir auch geschehen, dann am 12. dies haben wir den Geburtstag meiner Gespons sollemnissime celebrirt mit einer Comedie, Galla und ein Ballet, welchen Prinz Karl von Loth- ringen samt etlichen mein K&mmerern getanzt hat, und ist ein so galantes Festl gwest, als eines dahie gesehen, dahero es auch applausum universalem gehabt, wie Ihr auch partim aus beiliegendema Exemplar operis ersehen werdet.b Als ich also voller Freuden ware, so kommt am Tag hernach als am

101. Oi\ * beiligen b wer.

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13. dies der Tyrol und hat uns alle in ttbergroBe Sorgen und ansia gesetzt, indeme er Eure Rela§ion von 25. Juniia ttbcr- bracht hat,1 axis welcher wir gesehen, wie zu Denia,* also zu sagen in instanti imbarcationis, mein Qespons die tercianam be- kommen.

Gott sei gelobt, dass sie simplex und also gering ist. Hoffe es werde nunmehr alles so guet sein, dass die Reis und embarco wieder wird kOnnen prosequirt werden, und habt Ihr gar recht gethan, dass Ihr Euch offerirt selbst auf Denia zu reisen, weilen aber die KOnigin ein anderes erw&hlt, so habt Ihr auch gar recht gethan, dass Ihr zu Haus geblieben seid und loco vestro den Lisola dahin geschickt, ut omnibus invi- gilet ac iter promoveat. Mein fineza aber hat mich gentfthigt, alsbald den 14. dies ein eignen Courier liber Genua und das Mailtadische b a drittura auf Denia zu schicken,c mich von dem Zustand eigens zu erkundigen. Habe ilia occasione tamen condesa a Benavente, D. abb£ Guegueosi et cardinali Col- lumna zuegeschrieben. Auf Madrid hab ich ilia occasione d studio nichts geschrieben, ut videatur mayor fineza und allein auf mein Gespons gericht. Dass aber fast eodem tempore so- wohl die K5nigin als auch der junge KOnig auch nit wohl auf gwest, ist wohl notabile. Gott sei gelobt, dass alles so wohl abgangen. {Der Kaiser* aber sorgt sich sehr wegen des Ktfnigs* kleberer Complexion},0 Deus omnia in melius vertat.

Des Mondexar Schreiben gratum mihi fuit, daher ich selbes auch beantworte, die zwei Schreiben, so Mortara3 Euch communicirt, sein summa importantia, wollt ihm daher dank- sagen, pro vestra autem directione dico, dass das erstere von beeden sammt des andern Inhalte {der Lisola auch mir*} ge- schickt hat. Ex illis patent {pacificae intentiones regis Galliae*}. Wann man doch nur darinnen wollt die Augen recht aufmachen.4 Ubrigens habe ich in summo secreto nit bergen wollen, dass {der Kaiser* vermeint, dass auf keine Weis P. Neidhardt* solle Inquisitor General* werden, sondern Potting* solle selbiges auf alle Weg doch sotto mano verhindern, auch omnimode helfen, dass der Bischof von Sant Jago B Inquisitor General* werde}, dies

101. * Die Zahl ist unleserlich, ergibt sich aber aus dem Inhalte von PoUinga Schreiben vom 25. Juni Or. b mayl. c gescbickt d occasion

c compession in Chiffern.

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alles aber muss also manegirt werden, class man nit inerke, class selbiges von mir* und Euch* herkomme.

Was Don Juan* anlangt, werdet Ihr in hoc puncto gar ausftthrlich informirt aus der Kanzlei,6 quo me remitto. In diesem negotio muss man, wo es immer mtiglich, viam mediam halten, nit zu viel und nit zu wenig.

Dass Penaranda* nit der besten einer seie, ist leicht zu erachten, man [muss] ihn aber gleichwohl nit ganz aus der Wiegen werfen, sondern, wie man spricht, dem Teufel auch* immer einmal ein Lichtel anziinden.

Was des conde Sandwich Ankunft und negotium anlangt, omni via illius negotia promoveatis velim, dann an selbigen hangt unser salus; {dann ein liga inter Hispaniam* me* et An- gliam*} ist hochnothwendig wie auch {pax cum Lusitania*}, und hat der Kaiser* es treulichb der Kflnigin* und P. Neid- hardt* erindert und den letztern cum summa emphasi, hoffe es solle guete Effect haben.

In tibrigen circa publica beziehe ich mich vtfllig auf den Kanzleidespacho und sage Euch nur ein neue Zeitung, dass n&mlich Eure Schwttgerin die Saradetzkin7 gestert auf Neu- stadt in ihr neu fundirtes Eloster de las descalzas ist, und will nimmer heraus, sondern allzeit darinnen bleiben, zwar nit als ein rechte Nunn, sondern nur als fundatrix ganz retirat, sine obli- gatione ad regulam, doch cum habitu. Es haben es wohl wenig glaubt. Hiemit etc.

[P. S.] Literas ad serenissimam c non potui hicd adiun- gere, weilen ihr selbe, auch ein Exemplar von der Komedi geschickt habe.

1 Patting, 25. Juni. Die EinschifFung war auf den 19. festgesetzt. Die Kaiserin bekam den Tag vorher das Fieber. Potting hat sogleich bei der KSnigin vorgesprochen, damit daraus nicht eine neue unnotige VerzSgerung entstehe, und wollte sich selbst nach Denia begeben, aber die Konigin meinte, er diirfe jetzt nicht von Madrid fort, Lisola solle nach Denia. Die Grafin von Benavente, die sich der Pracedenz der Botschaf- teriu noch immer sehr widersetzt, hat beim letzten Aderlasse der Kaiserin das Aderlafibiindel der Konigin iiberschickt. Diese hat versprochen, es dem Kaiser zu senden.

101. Or, » auf b dreilih c zwei/elkaft d bine.

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Zwei beiliegcnde Schreiben sind von Mortara, der jedoch um tiefstes Geheimnis bittet. Es w2re gut, wenn ihm der Kaiser einen Handbricf schriebe, ebenso Mondejar. Auch Montalto zeigt sich sehr giinstig.

Es bat fast geschienen, da£ man auf Antreiben Pefiarandas, der Ayo werden will, schon den koniglichen Hofstaat einricbten wolle. Es ist aber noch hintertrieben worden. Der Konig und die Konigin waren aucb etwas unwobl. Luis Guillermo de Moncada, VII. Herzog de Mont- alto y Bivona, Kardinaldiakon seit 1667, Vizekonig von Sicilien und Va- lencia, Staatsratb 1666, starb 4. Mai 1672. Der venezianische Gesandte Zorzi urteilt tlber ihn, er besitze bohen Geist, Gelebrsamkeit, sei aber eingebildet. Barozzi et Berchet II. 345. Er war zweimal verm&hlt, in zweiter Ehe init Katharina Moncada, einer Scbwester des IV. Mar- ques de Aitona, und hatte von ihr einen Sohn Ferdinand, der seine Titel erbte.

2 Denia, Stfidtchen von jetzt etwa 9000 Einwobnern, 18 km nord- westlich vom Cabo de la Nao, an der Kiiste der Provinz Alicante.

3 Vgl. oben Nr. 54, Anm. 2.

4 Vgl. oben, Anm. 1. Uber den Inhalt der beiden Schreiben ist nicbts Sicheres zu ermitteln. HcJchstwahrschcinlich bezogen sie sich jedoch auf den Brief des portugiesischen Gesandten in Paris, welcher von den Spaniern aufgefangen und im Staatsrate vorgelegt worden war. Es war darin die Rede von den Bemiibungen Ludwig XIV., die Portugiesen zur Fortsetzung des Rrieges gegen Spanien zu bewegen. Lisola, 25. Juni 1666, Pribram, Lisola 289.

5 Biscbof von Santiago di Compostella war 1664 Diego Tejada y Guardia (Gams, Series episc, p. 27); er starb jedoch noch 1664. Sein Nachfolger Spinola ist uach Gams 1. c. erst 1668 gew&blt worden.

6 Erstes Kanzleireskript vom 19. Juli (groCtenteils chiffriert, ohne gleichzeitige Auflosung). Hoffnung, dafi sich das Unwohlsein der Kaiserin gebessert haben wild. Potting hat wohl getan, sich zur Reise nach Denia anzutragen, dann aber auf Wunsch der Konigin Lisola zu schicken, eben- so in allem andern. Wegen der englischen Verhandlungen ist Lisola beauftragt worden, nach London zu gehen. Potting soil alles Moglicbe tun, um die Spanier zu dem Bunde mit England zu bringen, da sich dieses sonst leicht anders besinnen konnte; er soil mit Sandwich gute Korrespondenz pflegen, auf den Frieden mit Portugal dringen, namentlich da dieses seine Eroberungen auf spanischem Boden fortzusetzen willens zu sein scheint, w&brend die Spanier gar keine Gegenanstalten treffen. Pater Neidhardt kann seine Ergebenheit gegen den Kaiser am besten be- weisen, wenn er alle Machinationen gegen diesen verhindert. Wegen seiner ,Offension wegen der Titulatur' wird der Kaiser die priora auf-

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suchen lassen. Montalto und Mortara, welche auch ihre Dienstwillig- keit gege ntiber Potting betont baben, soil dieser der kaiserlichen Zufrie- denheit versichern. Ober den Prficedenzstreit zwischen der camarera mayor der Kaiserin und der Frau des spanischen Botschafters. Cber das Hauptwerk, das jetzige governo und status negotiorum* wird der Kaiser nachstens weiter beraten. Er hofft, dafi Spanien die jetzt falligen Sub- sidienraten zablen wird ; Potting soil jedocb seine Bitten fortsetzen etc.

Das zweite Reskript vom 19. Juli (ebenfalls ganz chiffriert und obne gleichzeitige Auflosung) handelt ausscblieClich von Don Juan. Der Kaiser wundert sich, daO diesem obne seinen (des Kaisers) Befehl so bohe Vorschl&ge (doch wohl von Neidhardt und Lisola) gemacbt worden sind. Diese Dinge, namcntlich die Regierung in Tirol und Verleihung desselben als Leben an Don Juan, sind ganz gegen die Hausgesetze. Der Kaiser antwortet daher nur mit allgemeinen Vertrostungen und hofft, Don Juan werde in seiner Devotion verbarren. tJbrigens scheint dieser ohnehin mehr auf eine Verwendung in Spanien zu aspirieren. Aus einer koniglich spa- nischen Mitteilung ersiebt der Kaiser, dafi Don Juan die Erlaubnis er- balten hat, ofter nacb Madrid zu kommen, urn mehr Gelegenbeit zu haben, ein Avancement zu suchen, und die Konigin wird wohl seine Verdienste von frfiher in Erw£gung ziehen.

Sollte er sich ttber Neidhardt beklagen, so moge PStting ihm sagen, der Kaiser bedaure sehr das zwischen ihnen entstandene Mifiverstfindnis und hoffe auf ihre Versohnung, wolle auch selbst dazu helfen und etwa auch selbst seine Anstellung verlangen. Doch soil Potting sich httten, ihm oder jemand anderem etwas Schriftliches dariiber zu geben.

7 Vielleicbt Griifin Saratschin oder Zaratschin? Vgl. Nr. 81, Anm.

102.

Wien, 4. August 1666.

Der Gouverneur von Mailand hat dutch einen Kurier die Nach- richt geschickt, daft sich die Infantin eingeschifft habe und am 18. Juli in Barcelona gelandet sei. Albuquerque hat seit seiner Anhunft in Gandia nichts von sich horen lassen. Potting soil Sandwichs Verhandlungen fordern. Tod Fanshawes. Gro/Je Hitze.

Eure Relacion von zweiten Julii1 habe ich zurecht er- halten und den Inhalt wohl verstanden; und gleichwie ich nit in gringen Sorgen gelebt habe, indeme ich vernommen, dass meine Gespons noch damals nit von ihrer terciana befreiet ge- wesen, als bin ich gestert Morgens nit wenig consolirt worden,

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indeme der Gubernator von Mailand durch eignen Courier mir sue wissen gmacht, dass er die Nachricht erhalten, dass ge- meldte mein Gespons (aun no toda limpia de sus tercianas, wie seine formalia lauten) sich zu Denia embarquirt und den 18. in Barcelona angelangt seie. Diesen aviso aber notabene habe nit von Hof, sondern nur durch una barca de pasageros, und wundert mich nit, dass Albuquerque dem Don Luis Ponce nit schreibe, dann sie haben gwiss Handel und passiones wider einander; das aber wundert und schmerzt mich nit wenig, dass der saubere Albuquerque sich nit gwttrdigt (seithero er zu Gandia ankommen, von welchem Anlangen er mir unter dem so- vielten ft Maii parte geben hat), mir ein einzige Zeil zu schreiben. Ich habe ihms zwar gar hOflich zu verstehen [geben] per nuperum cursorem, cuius reditum anxie praestolamur. Will wohl gern sehen; was er mir darauf antworten wird. Dies habe ich Euch gleichwohl schreiben wollen. Weilen sie nun Gottlob in Barcelona ist, so hoffe, sie werde aniezo nit mehr weit von Final sein. Solle aber ja aus absonderlicher Ver- hangnus Gottes diese Reise sich noch weiters dilatirt haben, so zweifle ich nit, Ihr werdt sine fine angetrieben haben, ut tandem fiat, quod fieri debet.

Das ist aber wohl wahr, dass in diesem ganzen mein Verehlichungswerk die Hand Gottes augenscheinlich ver- spttrt wird.

Sonsten habe ich gar gern verstanden, dass der conde Sandwich sein Audienz gehabt hat; und dass dies seine Ne- gotiationdepeschen erflflhet ist wordenb habe ich sehr gern ver- nommen. {Wollet omnimode diese Tractaten befflrdern, caesar* item facit cum Carlingford}, wie Euch mit nebstem solle mehrers communicirt werden. Quod pauper ille Anglus in sua non an- gelica6 sed impura puritana haeresi obiit, condoleo eius animae.

Was uns anlangt, sein wir alle wohlauf, allein tribulirt uns die Hitz gar stark etc.

1 Potting, 2. Juli 1666. Bei dieser Post hat er nur das eigenh. Schreiben des Kaisers empfangen: Nach Langenbergs Bericht ist die deutsche Post wieder im Luxemburgischen tiberfallen worden. Die jungst ausgebliebenen Briefe* werden in Frankreich aufgehalten. Die Terciana der Kaiserin hat sich noch nicht ganz verloren. Er hat , unter schiedliche

102. Or. » sowilden? b unsicher c aneglica.

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Andachten1 fur sie anstellen lassen, auch seinen Leibarzt zu ihr geschickt. Sandwich hat gestern seine erste Audienz gehabt. (Nach dem Diar. fol. 17 vo. war dies jedoch am 30. Juni.) Der ordentliche englische Ge- sandte (Richard Fanshawe) ist vor einigen Tagen (27. Juni, vgl. Diar. I. fol. 178) gestorben, und zwar in seinem puritanischen Glauben.

103.

Wien, 16. August 1666.

(Durch Kurier.) tfber die Beise der Infantin. Kardinal Har- rach ist schon nach Trient abgereist, der Hofstaat wird nach- folgen. Die Infantin soil wieder Fieber hdben und sich vor dem offenen Meere furchten. Wenn letzteres wahr ist, so soil man sie zu Lande schicken. Wenn zur See, so mufi es vor dem Cor- don de S. Francisco sein. Carlingford ist schon ungeduldig. Die Spanier diirfen auf die neue Proposition Ludwig XIV. nicht eingehen. Der Kaiser schreibt hieruber der Kbnigin und Neid- hardt. Potting soil den Kardinal von Aragon nur recht kulti- vieren. Tod der Grafin Benavente. Ernennung der Grafin Eerii. Die Hollander werden einen Gesandten nach Wien schicken; Potting soil sich erkundigen, me man sie behandelt, und um eine Entscheidung in der englischen Frage bitten, tfber ein spanisches Buch, welches gegen die Heirat der Infantin gerichtet ist und von Pefiaranda inspiriert sein soli. Hitze und Krankheiten.

(Dies durch eigenen Kurier. Antwortet zugleich auf PSttings Briefe vom 15. und 17. Juli. J) Was nuna den ersten Hauptpunkt anbetrifft, namlichen die Gesundheit und Reis meiner liebsten Gespons, das habt Ihr gar wohl gethan; dass Ihr mir selbes alsbald notificirt habt, und ist der Albuquerque auch fleifiig gwest, indeme er unter dem 19. Julii ein feluca aus Final geschickt hat mit Schreiben von mein Gespons und dem seinigen von 19. Julii, dass sie zue Barcelona wohl ange- langt sei, auch ohne weiter Verzug den 24. wieder weiterreisen werde. Diese annehmliche Zeitung hat der Gubernator in Mailand durch ein eignen Courier mir zu wissen gethan, so den 6. dies und also zwei Tag vor dem spanischen allhier an-

103. Or. » uns.

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gelangt ist. Auf diesen habe ich alles in schleunige Dispo- sition gesetzt, und den Cardinal2 alsogleich fortgeschickt auf Trient,* die Hofstaat sollte in acht Tagen [nachfolgen]; allein ist uns diese Freud wiederum ein wenig versalzen worden, in- deme gestert bei der walischen Ordinari die Nachricht ange- langt, dass den 21. abermal ein Alteration kommen xind den 23. die andere, also dass wieder ein Anfangen zu einer terciana vorhanden, und dass die Reis wieder auf 10 oder 12 Tag ver- schoben seie. Wie nun dieser aviso mich bestiirzt hat, ist leicht zu erachten.

Es [ist] zwar wahr, dass ich noch von gobernador, noch von Montecuccoli was davon habe. Es schreibt es aber der Don Pedro d'Orosio, ein Secretari zu Mailand, dem Don Diego de Prado, dass er es von gobernador habe, mache also mein glossam, dass weder der Don Luis Ponce noch der Monte- cuccoli b geeilet habe diese Zeitung zu berichten, sondern wer- den gleich wie in Anfang der KOnigin und Euch die Ehre uberlassen. Der Nuntius8 hat von sein Correspondenten diese Nachricht, dass alle diese accidentia von der groBen Appre- hension herkommen, so sie, mein Gespons, haben solle, a golfo lanciato herttberzugehen. Wann dies [wahr ist], um tausend Gottes willen, schicket sie, die liebe Frau, a costa heraus, die Franzosen werden ja keine Narren noch Schelmen nit sein; ich will zwar hoffen, sie werde bei Anlangung dieses Couriers nit mehr in Barcelona sein, solle es ° aber ja noch sein, so be- fiehle ich Euch nochmals, dass Ihr ganz importune darauf dringet, dass man doch diesem Werk [ein] Ende mache. Und ist nur zu bedauern, dass dies Accident verursachen thuet, dass man nit recht auf die Reis dringen darf, weilen sie gleich die Gefahr der Gesundheit vorschutzen werden. Muss also wohl bekennen, dass ich sehr bestiirzt bin, und liegt mir der Cordon de San Francisco4 auch in Kopf. Dann kommt der darin, so ist alles wieder in Wanken.d Ich will aber ein Bessers von Gott hoffen, cui me, meam sponsam omniaque mea submitto. Fiat voluntas ° eius nobiscum in aeternum. Will also von dieser leidigen Materi aufhSren, Ihr werdt halt thun, was recht ist, und kann Euch mit Wahrheit sagen, dass mir recht das Herz

103. Or, ° Drindt b Monteculi c soils es? d ttruicher

voluuta.

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klopft, nur dass ich von dieser Materi dilucidiren unda schreiben thue.

Quoad Anglica me plane remitto ad expeditionem ex can- cellaria imperiali,6 solum subiungo, dass Carlingford gar unge- duldig wird und schon wieder von Wegreis zu reden anhebt. Si Hispani iam nolunt aperire oculos, so kann ich ihnen ja einmal nimmer helfen, absonderlich bei der neuen Proposition des Kftnigs in Frankreich*, dann durch dies der K(5nig in England* ganz offendirt wird, und wird der K(5nig* und die K5nigin von Spanien* anstatt eins Feinds zwei oder wohl gar vier haben. Hae curiosaeb [res] haben gemacht, dass der Kaiser* derKtfnigin* gar ausfuhrlich in dieser Materi geschrieben hat, absonderlich occasione der Proposition des Konigs in Frank- reich*; circa Galliam werdet Ihr auch aus der Kanzlei instruirt werden, und mahnt mich dieser Vorschlag an die Fabel vom Wolf, wie der mit den Schafen hat wollen0 ein best&ndigen Fried machen, hac tamen cautione, dass die die Hund ab- schafFen sollen.

Dem Neidhardt* thue ich auch die Meinung sagen, doch nit gar zu klar, weilen ich sorge, er mSchte mein Brief sein Confidenten weisen, hoc solum d vobis. Und habet Ihr gar recht gethan, dass Ihr den Cardinal visitirt habt;6 wir miissen schauen, dass er auf unser Seite bleibt, und kann man einmal nit fort- kommen, wann man nit mit den ministris selbst redt und han- delet. Um die guete alte Benavente ist mir wohl leid, und m5gen ihr die mortificationes wohl den Tod verursacht haben, es dunkte mir aber, ihr 74 Jahr, so sie solle gehabt haben, sei ein gar incurable Krankheit, und ist mir nur zu thun wegen unsers deutschen Refran, dass selten was Bessers nachkummen thuet.

Doch wollet Ihr Ihro Majest&t der K(Jnigin in mein Namen danken, dass sie alsogleich wiederum ein neu camarera mayor denominirtf habe. Was aber sie die condesa de Heryl anlangt, so mein ich, in etlichen Sachen werde sie schlimmer sein als die Benavente, in etlichen besser, hoffe mich wohl mit ihr zu verstehen. Dass sie mit Don Juan* gar guet sein solle, gibt nit viel zu schaffen, weilen sie allhier ihm nit viel Dienst

103. * tmsicher, im Or. wohl nnd dilucier schreiben Or. b die beiden Worte wvricher c wol d soli ft dunht? fdonomirt

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wird leisten ktanen. Venga laa nobia, nos accomodremos may presto con su camarera mayor.

Sodann habe ich Euch nit bergen wollen, dass die Hol- lander umgehen, ein imbasciata allhero zu schicken, weilen aber noch niemals kein allhier gwest, als weiB man nit; wie man sie tractiren solle. Wollt also mir berichten, wie in Spanien die formal Gesandten von Holland tractirt werden, und in specie, ob and wie sie in die Stadt eingeholt werden; ob sie logirt und spesirt werden, ob man sie ad audientiam abhole mit ein Hof- wagen et per quem, ob man sie copriren lasse, wie man sie incontrire und alle dergleichen Fragen, so Ihr am besten selbsten wisset; wollet alles, was Ihr erfahret, durch diesen Courier mir avisiren, auch darauf sein, instandig um die Euch befehlende Resolution in {anglicis} dringen; damit dieser Courier also- gleich wieder zurttckk5nne. Sodann sagt man allhier, es seie zu Madrid selbst ein Buech gedruckt worden, in welchem b man demonstriren will, dass mein Heirat mit der Infantin der ein- zige Ruin Spaniens sei und dass dieselbe monarquia durch diese Heirat gwiss werde liber ein Haufen fallen. Aiunt hunc librum prodiisse ex officina Penarandae*.

1st etwas daran, so wollt Ihr es berichten, auch si sit pos- sible, ein Exemplar dies Buchs schicken, damit man diese schone doctrinam ein wenig durch die Hacheln ziehen moge. Pe- iiaranda* ist nix zu guet in dergleichen Sachen, also kann man es wohl glauben, absonderlich stante suo afFectu erga meam personam.

Ich habe es der KOnigin auch geschrieben, ut caveat a consilio impiorum.

Was sonsten uns allhier anlangen thuet, befinden wir uns alle wohlauf, allein die Hitz ist noch gar grofl und verursacht ziemliche Krankheiten, doch Deo sint laudes nichts contagiosum.

Der arme Losenstein hat vor neun Tagen auch sein jungesc Leben durch ein hitziges Fieber verlieren miissen. Etwas von der rothen Rose lasst sich auch spttren.

In Reich, aber absonderlich am Rheinstrom grassatur valde pestis. Deus avertat a nobis malum, pro quo avertendo habe ich heut als die S. Rochi mein Devotion bei den Augu- stinern auf der LandstraC7 verricht. SchlieBlichens etc.

103. Or. * lo b welic c junge.

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1 Potting, eigenh., 15. Juli. Durch die Ordinari. Auf das kaiserl. Schreiben vom 11. Juni. Die Konigin teilt ihm den Augenblick mit, daC die Kaiserin wieder gesund ist und sich gestern nach Barcelona einschiffte. Davon wird also Pfitting durch einen eigenen Kurier Nachricht geben, welcher Ian gs tens ubermorgen abgeht, er bezieht sich daher auf diesen. Die Grafin von Benavente ist gestorben (den 11. Juli; vgl. Kanzleirelation 17. Juli, fol. 2). Die Konigin muD daher eine neue camarera mayor er- nennen.

Potting, eigenh., 17. Juli, durch den Kurier. Die Kaiserin hStte sich am 14. Juli nach Barcelona einschiffen sollen; wegen eines Sturmes wartete man noch etwas. In Barcelona wird sich aber die Kaiserin nicht lange aufhalten. An Stelle der verstorbenen Benavente will die Konigin die Grfifin Heril ernennen. Aber man wird nicht leicht eine der Benavente gleichwertige finden, denn ,die hierzu tauglich sein mochten, verlassen nicht leichtlichen ihr hiesiges gelobtes Vaterland*. Einstweilen hat die Her- zogin Albuquerque (Juana de Armendariz, seit 1645 verheiratet mit dem Herzog von Albuquerque [vgl. Nr. 87, Anm.]. Sie wurde 1680 Obersthof- meisterin der Konigin Maria Louise, blieb es auch bei deren Nachfolgerin Marianne und starbSept. 1696. Morel Fatio, Rec.XI. 379, Anm. 4) die Stelle iibernommen und gleich den nachsten Tag die Gemahlin des Botschafters zur Audienz geftihrt und ihr den verlangten Vortritt einger&umt, was die Be- navente nicht getan hat. Der franzosische Gesandte hat wieder eine ,captiose Proposition* getan (den Vorschlag eines Bundes Frankreichs und Spaniens gegen England, vgl. Kanzleirel. vom selben Datum, fol. 3 ; Pot- ting erhielt die Mitteilung dariiber von Medina am 5. Juli, Diar. I. fol. 180 vo.), welche England leicht mititrauisch machen kann. Weil Pot- ting eine so gute Nachricht schickt, so bittet er um eine kaiserliche An- erkennung.

2 Gemeint ist Kardinal Harrach. Vgl. Nr. 96; vgl. fur die ganze Reise der Kaiserin die ausfiihrliche Schilderung bei Priorato, 1. c. III. 1 ff.

3 Nuntius war damals in Wien Marchese Spinola.

4 ,Cordon de San Francisco* sind die acht, gewohnlich sttlrmischen Tage vor und nach dem 4. Oktober, dem Festtage des heil. Franz.

5 Es existiert ein deutscher Kanzleibefehl vom 1 1 . und ein lateini- scher vom 12. August. Der letztere enthfilt die Kommunikation der Ver- handlungen mit Carlingford.

6 Es ist damit der Kardinal von Arago gemeint, dessen Ankunft Potting am 2. Juli berichtet; Don Pascual, Erzbischof von Toledo (vgl. Nr. 78, Anm. 4), der nach Madrid gekommen war, um seinen Sitz in der Junta einzunehmen; tlber die Bedenken in den Etikettefragen und den Besuch berichtet Pitting in der Kanzleirelation vom 15. Juli, fol. 7 vo.sq. Vgl. Diarium unter dem 10. Juli I. fol. 182 vo.

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7 Augustiner auf der Landstrafie (= III. Bezirk von Wien). Die Pfarrkirche ist den Heiligen Rochus und Sebastian geweiht.

104.

Wien, 1 8. August 1666.

Bezieht sich auf den vorigen Brief. Von der Infantin hort man

nichts. Moge man sie dock iiber Land fuhren. Seeschlacht

zwischen Engldndern und Hollandern.

Der Courier Petit Perin mit mein Schreiben von 1 6. dies ist gestern urn drei Uhr Nachraittag von hier abgreist. Ist noch niemals darin gwest, allein thuet er herauBen gar gschwinde Ritt, also habe es mit ihm probiren wollen, damit mehr sein, so den Tyrol secundiren ktfnnen, weilen der Hein- rich nit der Hurtigsten einer ist.

Aus gemeldtem despacho werdt Ihr alles ausftihrlich ver- nommen haben, thue mich also nit viel aufhalten, sondern in alien mich vOllig darauf beziehen, und sein diese Zeilen nur; dass diese Ordinari nit ohne mein Briefe ankomme.

Seithero habe ich nit geringst Nachricht von meiner Ge- spons, ktant also Euch wohl einbilden, in was Sorgen ich lebe. Ich will aber hoffen, vor Einlangung dies Couriers werde sie schon aufgebrochen sein. Solle es aber ja nit sein, so macht* doch, dass dies Werk nit in September hinauskomme.

Der Cordon de S. Francisco macht mir nit wenig Mucken. In Gotts Namen flihre [man] sie a terra ferma, dass einmal ihr Apprehension aufhtfre, so sie ttber das weite Meer hat.

Caeterum omnes bene valemus.

Man spargirtb viel von einer Schlacht inter Batavos et Anglos cum horum victoria et priorum maximo damno. * Faxit Deus c ut sit, dann Galli kommen mir mit Anglis recht in die Haar. Ich habe aber kein Sicherheit. Verbleibe etc.

1 Bezieht sich auf die Seeschlacht vom 4. August, in welcher die Hollander hauptsachlich durch das Ungestum T romps in Nachteil kamen. Ruyter geriet in groBe Gefabr und klagte dann Tromp auch deshalb an.

104. Or. * mach b sparigit c deu.

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105.

Wien, 2. September 1666.

Gestern Abend ist die Nachricht von der Landung der Infantin in Final eingetroffen. Montag wird der Hofstaat ihr entgegen- reisen. Grana wird bis Mailand entgegenreisen. Der Kaiser wird ndchstens sein Bild anfertigen lassen und Potting iiber- senden. tfber Salinas.

Euer Schreiben von 29. Julii habe ich zurecht erhalten. l Und was zuvorderist mein liebste Gemahlin anlangt, bin ich numehr schon aller Sorgen frei, indeme gestern spat Abend ein Trommeter von Graf Montecuccoli ankommen mit der er- freulichen Post, dass sie den 20. Augusti alle 22 hore italiane zue Final angelandet und desembarquirt.

Habe dafttr Gott billich zue danken, dann sie numehr liber den groBen Bach, das Meer, ist und auch, wann allerlei Fall k&men, nit so leicht wieder zurtick kOnnte. Also sein wir dermaleins aller Sorgen frei.

Am Montag wird die Hofstaat entgegen reisen, weilen es nit ehe hat sein kCnnen bei so viel contrari Avisen; und weilen der Herbst schon vorhanden, die Tag kurz sein und las senoras ft nit gern frlihe aufstehen, also mache ich mein Reitung, dass sie vor halben oder End Novembris schwerlich wird allhier anlangen k5nnen. Wie aber unsere fiestas, absonderlich die zu Ross, werden ktfnnen gehalten werden, de hoc dubito bei diesem winterlichen Wetter. Ma nonb importa. Wann die Braut hier ist, ist es Fest genung. Man wird zwar thun, was mttglich ist, et ultra impossible nemo tenetur. Jezo werde ich den Mar- chese de Grana auf Mailand schicken, mein Gemahlin allda zue complimentiren.

Was die negotia anlangt, remittire ich mich auf den des- pacho aus der Kanzlei.2 Das Contrafect will ich ehist machen lassen0 und sodann selbes Euch bei einer sichern Gelegenheit hineinschicken.

Dem Salinas hat man Ehr erwiesen ob personam mit- tentem scil. ducem Medina, dann es ihm nit an der Stirn ge-

105. Or. * senora b no c lassen lassen Pontes. II. Abt Bd. LVI. 16

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schrieben, class er ein Schelm seie.8 Medina aber hat gar ein schlechte fineza und Respect zeigt, ein solchen Gast mit einer solchen Commission zu wttrdigen.

Wir alle sein wohlauf, und ist das Wetter schon gar ktthl. Verbleibe also etc.

1 Potting, 29. Juli (auf das kaiserl. Schreiben vom 23. Juni. Dieses Schreiben Pottings ist nur in einer Kopie erhalten, das eigenh. Konzept ist verloren). Potting hat bei der Konigin einen gemessenen Befebl an Castel Rodrigo erwirkt, dafi er die Posten vor Cberffillen mehr sichern solle, ,es pariren aber diese Herren allein nach ihrem eigenen Belieben, geschweige, wann sie selbsten, wie £. K. M. vermuthen, dabei interessirt sein sollten . . .' Die Kaiserin ist am 18. in Barcelona angekommen, muD aber wegen ,wiewohl sehr geringer alterationes* dort noch warten. Lisola ist gleich wieder zuriickgekommen, hfitte wohl die Kaiserin nach Barcelona begleiten konnen. Neidhardt wird dem Vernebmen nach dem Kaiser hinter- bringen, er moge Lisola abberufen.

Man 8pricht wieder stark davon, dafi Neidhardt Grofiinquisitor wer- den solle. Die Madrider Malcr liegen Pdtting sehr an, er solle ihnen die Moglichkeit verschaffen, ein Bild des Kaisers abnehmen zu konnen. Er bittet daher den Kaiser um ein solches, ,dann ein solches zu E. K. M. selbsteigener Hoheit gereichen wird, dann sonsten gedachte Maler aus ihrem selbsteigenem Capriccio und ihrer eigenen ermangelnden Kunst E.K. M. Bildnus so iibel formiren, dass es nicht auszusprechen ist. Aus dem kleinen Contrafait, mit welchem E. K. M. mich begnadet haben, konnen sie nichts abnehmen, weil es ihnen gar zu kunstlich ist'.

2 Kanzleireskript vom 1. September, groJBenteils chiffriert, ohne grofie Bedeutung.

3 Potting schreibt nfimlich in der Kanzleirelation vom 29. Juli zu Ende: Der spanische Rittmeister Bernardino de Salinas, dessen An- gelegenheiten ihm der Kaiser unter dem 20. Juni (nicht vorhanden) an- empfohlen habe, sei ,wegen eines sehr qualificirten und annoch nicht ausge- stihnten Yerbrechens an hiesigem Hof sehr iibel angesehen', ,und zum Fall man ihn zur Stell hfitte bringen konnen (indeme er allhier stets an privi- legirten Ortern latitirt hat) wfirde es ihm nicht allerdings wohlgegangen sein, dahero der duque de Medina in Ansehung des Castel Rodrigo, dessen Bedienter er ist, diese Gelegenheit ergriffen, ihn zu E. K. M. Hof- statt fortzuschicken4. Vielleicht ist dieser Salinas identisch mit dem Kapitan der spanischen Garde ira Jahre 1668, Marques Salinas (vgl. unten Nr. 204, Anm.). Ziemlich sicher durfte anzunehmen sein, daU er der Sohn des Marques Velada ist, der auch Bernardino Marques de Sali- nas heiflt. Vgl. Nr. 54, Anm. 2.

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243 106.

Wien, 15. September 1666.

Abreise Granas und des Hofstaates, Ruckkehr Montecuccolis. tJber das herrische Schreiben der Konigin (wegen des Vortrittes der Botschafterin vor Heril), den Unfall des Meinen Konigs, die englische Frage und die dutch Bestechung in Pottings Besitss gekommene Liste der von Embrun abhdngigen Spanier. Leichtes Unwohlsein des Kaisers.

Eure gehorsamste Relation* von 13. Augusti1 habe ich zue recht erhalten und habe zuvorderist gar gem verstanden, was Ihr von meiner lieben Gemahlin habt berichten wollen. Nun werdet Ihr aus mein jtingsten Schreiben verstanden haben, wie class ich eben selbesmal die Nachricht erhalten habe, dass sie den 20. zu Final ankommen, pro quo beneficio denuo Deo meas gratias ago. Den folgenden Tag schickte ich alsbald den Marchese de Grana auf Mailand, sie allda zu empfangen, und habe dies Mandel geschickt, weilen [er] ziemlich entrante ist und als ein gwesner menino mit denb Senoren und Damen reden und eins und anderes wird penetriren kttnnen, unde ilium avide expecto. a

Folgenden Samstag, huius, kame Montecuccoli wieder zurttck mit so viel gueten Rela^on, dass ich ganz content bin. Den 7. habe ich den Fttrsten von Dietrichstein mit der Hof- statt geschickt, so zue Ende des Monat zu Roveredo sein wird. Die entrega hoffe solle primis diebus [Octobris] erfolgen. Und weilen die Heril auch zue dieser Materi gehort, so muss ich wohl bekennen, dass mich das so imperiose Schreiben der KSnigin in hac materia [recht gekrftnkt hat]. Die guete Frau aber muess halt oft was thun, was sie sonsten nit thftte.

Dem Neidhardt* aber will ich es teutsch genug zu ver- stehen [geben]; [sed] dubito, an naturalizatus Hispanus amplius germanicam calleat linguam. Die Sach aber selbst anlangend will ich selbe ehistens hauptsachlich deliberiren und debattiren lassen, dann gar viel impertinente circumstantiae mit einlaufen.

Hatte man vor diesem allhier die Kappe nit also ver- schnitten, wftren vielleicht jezo nit so viel Difficult&ten dabei.3

106. Or. » Relaci b mittn

16*

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Basta. Ich will sodann Euch von allem Instruction geben lassen. Dass ihre zwei TCchter meninas et per consequens damas werden, 1st zwar auch ein neuer Brauch,* sed transeat cum caeteris.

Dass man den Ktfnig* {por descuidob aus dem Bett fallen lassen}, ist schier zu viel et videtur sapere magis mali- tiam quam negligentiam.

Was die englische Tractaten anlangt, ist nur zu be- dauern, dass die ministri* es nit verstehen thun oder wollen, de quo magna mihi est quaestio. Patting* {solle aber der K5- nigin* data occasione repraesentiren, dass ein foedus mit Eng- land* unica salus domus nostrae* seie}. In hoc puncto aber remittir mich ad priora et al despacho aus der Kanzlei.4

Sodann hat Patting* gar wohl gethan, dass er dem Kaiser* hat zue wissen gemacht des Embrun* seine Dependenzen und Correspondenzen, {und habt die 200 Doppien gar ntttzlich angewendet}. Patting* solle continuiren und alles ferrers be- richten. Was die bewusste 200 Doppien anlangt, wird bei dieser Post der gewOhnliche Passirungsbefehl von der Hofkammer dem administratori zuegeschickt werden. {In der lista hat der Kaiser* absonderlich Reflexion gemacht auf den Abbate Arnol- finic6 und Don Gaspar de Teves. De feminis parum euro.}

Ihr sollet aber fleifiig invigiliren und sehen, ob Ihr was Weiters penetriren kunntet.d Braucht Ihr Geld, nehmt selbs von DotegeftQlen doch cum moderatione, solle allzeit ohnfehlbar passirt werden.

Ich befinde mich sonsten Gottlob gar wohlauf, aufier eines kleinen Durchlauf, der mich durch vier Tag ins Bette sequestrirt und zue drei ayudene condemnirt hat.

Und ich verbleibe etc.

1 Potting, 12. August. Auf das kaiserl. Schreiben vom 6. Juli. So- eben erhftlt er vom Kardinal Colonna Nachricht, dafi letzten Sonntag oder Montag die Einschiffung der Kaiserin habe vor sich gehen sollen, wovon inau auch den Kaiser durch einen Kurier habe benachrichtigen lassen. Die Grftfin Heril wird am 16. abreisen, nimmt wenig Leute mit sich und hat sich klar verpflichten miissen, der spanischen Botschafterin den Vor- tritt zu lassen, , welches man E. K. M. tanquam rem decisam ayisiren thuet,

106. Or. unticher b desguido c Apaternorfini chiffriert d kundte s auf ayuden folgt im Originate und den sen 1 act is chalibicati cum tamarintiis

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idque verbis utcunque imperiosis, wie es £. R. M. aus der mir beschehenen Intimation allergnftdigst wahrzunehmen haben werden. Mich wundert nichts mehr, als dass P. Neidhardt hiezu meistens cooperiret habe, da es docb theils ministrorum selbsten nicht allerdings approbirt haben1. Das kommt alles von Pefiaranda, dem Neidhardt blind folgt, und der ist ganz franzosisch. Dank fur Lisolas Abberufung. Die franzosische Partei wird hier immer stfirker, da Embrun sehr viel Geld dafiir verwendet. Pot- ting ist ihm durch einen Bedienten hinter ein ,Stiickel* gekommen; er bittet aber dafiir um grOfites Geheimnis und Genehmigung der dafiir ge- machten Auslagen. Darfiber folgt eine Beilage (nicht vorhanden). Dem Don Juan liegt immer die Innsbrucker Heiratsgeschichte im Kopfe. Er ist jetzt in Guadalajara und hat bei der Konigin eine Audienz gehabt.

Aus den Verhandlungen mit England wird wahrscheinlich nichts, denn alles ist Frankreich gunstig. Die treuen Anh&nger des Kaisers, Medina, Montalto, Mortara und Mondejar, sind etwas kl ein rati tig und furcbten durch Neidhardt beim Kaiser verschw&rzt zu werden, da sie sich von ihm nicht ,genugsam angesehen und cultiviret glauben'. Der Kaiser sollte ihnen auf ihre Briefe antworten. Von dem Grafen Khevenhiller ist in der hiesigen Gesandtschaftsregistratur kein Buchstabe zu finden (vgl. den kaiserlichen Brief vom 6. Juli 1666 zu Ende, Nr. 100). Der Konig ist dieser Tage infolge der Unachtsamkeit seiner Leute aus dem Bette gefallen und hat den Kopf einige Tage aufgeschilrft gehabt.

2 Cl^er die Sendung des Marquis de Grana vgl. u. a. Theatr. eur. X. 162f. Er war am spanischen Hofe erzogen worden. Villars. M£in. 166.

3 Bezieht sich wohl darauf, dafl man den frfiheron spanischen Bot- schaftern diese Prfitension zugestanden hatte.

4 Das deutsche Kanzleireskript vom 15. September liegt nicht vor, sondern nur zwei lateinische Schreiben; das erste (vom 15. Sept.) be- tont, dafl es irrig sei anzunehmen, die Fortsetzung des Krieges zwischen England und Holland sei im Interesse Spaniens zu wunschen, denn Frank- reich werde sich durch seine Teilnahme an diesem Kriege von einem An- griffe auf Spanien doch nicht abhalten lassen. Das zweite Schreiben (vom 18. Sept.) enthttlt Mitteilungen tlber die Verhandlungen mitSchweden.

5 Die Liste enthielt die von Embrun bestochenen oder in anderer Weise fur das franzdsische Interesse gewonnenen Personen am Madrider Hofe. Vgl. Potting, 27. August.

Der hier erw&hnte Jos6 Arnolfini de Illescas stammte aus Se villa; sein Vater war ein Lucchese. Er trat in den Cistercienserorden und wurde ofter in der Politik, auch zu auswftrtigen Sendungen verwendet, wofUr er von Philipp IV. die Abtei La Charite" in der Franche-Comte erhielt. Er starb um 1680. Seine Schriften sind unbedeutend. Vgl. Nicol. Antonio, Bibl. hisp. nova s. v. Josephus, I. 802. Er war ein Vertrauter Pefia- randas und nach obigem in franzSsischem Solde. Im August 1666 ver-

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Sffentlichte er eine Schrift gegen den englischen und fflr den franzosischen Bfindnisantrag (Mignet I. 490 f.), worauf im Oktober eine Gregenschrift (von dem italienischen Abb6 Massarate? Mignet I. 501) erschien, die sich anonym in dem aus Pottings Bibliothek herstammenden Sammelbande 5580 d der Wiener Hof bibliothek fol. 71—89 vorfindet. OberTeves vgl. S. 150, Anm. 7.

107.

Wien, 27. September 1666.

tTber die Verbindwngen Kmbruns und Arnolfinis Schrift tJber Neidhardts Verhdltnis zu Peilaranda und seine Naturalisation als Vorstufe zur Grofiinquisitorstviirde. Potting soil dagegen ar- beiten, dock insgeheim. Der Kaiser hat hiericber nichts an Ca~ strillo geschrieben, wie Medina meint. Tiber die Streitigkeiten zwischeti Lobkowitz und Auersperg. Veladas Tod und Mortaras Anspruche auf dessen Stelle. Englische Verhandlungen; die Spanier zogern zu lange. Uber die Abreise der Grafin Heril und ihren Gegensatz zur Lancerote, Albuquerques Krarikheit. Der osterreichische Hofstaat diirfte heute in Trient ankommen. Belagerung Bremens. Unwohlsein des Kaisers. SaintUliers Hoch- zeit und das BaUet Gremonvillesf iiber welches Diego de Prado Ldrm geschiagen hat.

(Relation vom 26. pass, empfangen.) *

Und greichet mir zuvorderist zue groBem Gfallen, class Ihr* {hinter des Embrun* Correspondenzen kommen}, habe auch die tiberschickten Schreiben gar gem gesehen nnd fleiliig gelesen, werde auch selbe wohl considerieren, {ut in tempore ponattir remeditim}. Der Kaiser* probirt, dass Petting* der KCnigin* alles communicirt, solle auch also continuieren, doch bitten um das secretum. Wegen des Geld zu diesem Ende solle es nit manglen und auf Specification in genere allzeit die Passierung von der Hofkamraer an dasigen Administrator der Dotalrenten erfolgen.

Von des KOnigs in Frankreich* cortesia habe ich niemal was Bessersb gehofft; quod me curat est, {quod clare videam

107, Or. a dem AC b besser

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aliquos* ex ministris hispanicis* esse conspirantes cum rege Gal- liae*}. Was aber des Arnolfini Schrift anlangt, ist selbe gar schlimm et meretur bene aliquam correctionem, ob aber Pena- randa* intersit,b magna est quaestio, doch kann wohl sein, weilen sein Liebe zu nnserm Hause* wohl bekannt ist, dahero der Kaiser* wohl nit gern siehet, dass P. Neidhardt* mit ihm* gar wohl stehet. Res est antem valde delicata, und darf man selbe nit recht aufrtihr. Weilen {Neidhardt* naturalizirt worden}, ist ein Zeichen, dass er gwiss inquisidor general* sein wird. Kann Potting* selbes verhindern, bene, doch ganz caute, ne odium in eum* et per consequens in me* veniat.

Der Medina* muss aber wohl gar nit guet sein informirt worden, dass er glaubt, dass der Kaiser* an Castrillo* in hoc negotio geschrieben hat pro Neidhardt* und hat gwiss nie- mand kein solchs Schreiben gesehen; dies ist wahr, dass vor einer Zeit Castrillo * an mich * geschrieben hat per inclusionem des P. Neidhardt*, doch nur in complimentis del desponsorio, der Kaiser* auch ihm per eandem viam geantwort, und hat man selben Brief Euch* nit einschlieCen kttnnen, weilen zwischen Euch* und Castrillo* aus garc wich tiger Ursach kein Correspondenz passirt.

Was anlangt, dass Auersperg* und Lobkowitz* ganz uneins seien, ist leider wahr, sed quid miri, cum semper dis- putarint de primatu; dass aber Auersperg* durch Lamberg* sich bei mir* insinuir und in [die] groCe Conferenz kommen solle, ist nit wahr, und kommt nur her von {Don Diego}, qui est inimicus declaratus des Auersperg. Wie aber mir* dabei ist, kann man nit beschreiben, dann wann der Kaiser* mit Auersperg* nur ein Wort redt, so ist gleich Feuer in Dach und sagen alle, dieser seie wieder Hahn in Korb. Es seie ihm aber wie ihm wolle, so wird ihme der Kaiser* das Maul nit binden lassen, dass er nit mit ein jeden rede, so ihm beliebt.

Um den Velada8 ist mir leid, ob's aber schad ist, weiB ich nit, weilen ich allzeit gehtfrt, que fue un mayor gloton que ministro. Kann man dem Mortara dazue helfen, ist wohl der Beste, wollet Euer Bestes pro illo thuen, ego ipse scripsi re- ginae. Dass der pater ihme aber so sehr solle zuwider sein,

107. Or. » aliqui b (chiffriert) interissir c unticher

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miror, dann er eben bei dieser Ordinari mir diese formal ia schreibt, von 24. passato: El buen viejo marques de Velada esta moryendo, ay machos pretendientes de su pla9a (que es la presiden^a de Flandes) ; buen juego tiene Mortara y la me- rece. Wie sich nun dies mit dem andern combiniren thue, weiB ich nit.

Was die anglica anlangt, beziehe mich haupts&chlich auf dasjenige, so Euch aus der Kanzlei geschrieben wird,3 allein halte ich vor htfchst nothwendig, dass Ihr alien FleiB anwendet opportune importune instando apud reginam et alios, dass man ein End mache, dann ich sorge mich, Anglis werde die Weil zu lange werden, et quod mihi auget suspicionem, ist, dass Carlingford ehist abreisen will.4 Ich werde mich zwar bemlihen, ihn allhier zu erhalten, repraesentando illi convenientias, weili aber nit, was ich richten werde. Wird also guet, dass Ihr die Kflnigin nochmal um Befbrderung dies Werks sollicitirt. Ursach nehmet {von intercipirten Briefen des Embrun* und Machinationen des Ktfnigs in Frankreich*}. Dass die Eril abgereist, habe ich sehr gern verstanden. Der Lancerote6 wird die gefasste Resolu^on gar nit gefallen, ohne groCe Ursach kann dies nit geschehen sein, wollt schauen, dass [Ihr] die wahre Ursach penetrirt. Marchese de Grana ist vor sechs Tagen allhier wieder ankommen, illam summe laudavit por el gran spirito, che tiene, et forsan hoc illam amovit e los 35 annos y non mas, que dicen, que ella tiene. Weilen er aber auch bricht, dass der Albuquerque nit ohn Gefahr ist und vielleicht durch sein Tod alles stecken mtfchte, als wollet Ihr darauf dringen, damit alsbald durch eignen Courier ein Eventual- ordre geschickt werde, wer die entrega verrichten solle, wann der duque sttirbc oder nit reisen kunnte.

Wollet es fleiCig urgiren, dann durch diese bagatella leicht wiederum dies Hauptwerk ins Stecken kommen mOchte. Sonsten wird der Ftirst von Dietrichstein nach meiner Raitung mit der Hofstatt heut auf Trento kommen, ist also unserseit nit das geringst Impediment, obwohlen Albuquerque gwiss wird hinein gschrieben haben, es seie noch niemand da, um also die Schuld von ihme ab und auf uns zu wftlzen.

Von hier aus ist wenig zu brichten; in publicis, dass der Schwede nunmehr Bremen wirklich belftgert habe.6 Mtfchte wohl wieder neue motus geben, weilen weder das Reich, noch

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ich nit wohl zulassen kftnnen, dass eine so vornehme Stadt ihnen zutheil werde.

In privatis bin ich zuvorderist Gottlob gar wohl auf, ob- wohlen ich ein Zeit hero allweil indispost gwest, bis ich mit einer sangria und einer ordentlichen ft Cur dem Ubel vor- kommen bin.

Vergangnen Sonntag hat tandem aliquando der Santillier sein Hochzeit gehabt mit der Fr&ule Drautitschin. Post pran- dium hat Gramonville ein Ballet tanzen lassen durch etliche Franzosen. Habe es darumen Euch schreiben wollen, weilen {Don Diego} et alii ein groBe ruido gmacht haben, dass ich ein franzosischen Ballet zuegeschaut habe. Ich vermein aber, wann man ein Gaukler und Taschenspieler zneschauen kann, so ktfnne man wohl anch ein franzosischen Narren und Tanzer zuschauen; oltre che era una cosa si fredda, dass gar der Mtthe nit wert ist, so viel ruido daraus zu machen. Aber die Leut, so keine negotia haben, die machen ex mosca elephantem, id est aus einer Narretei das groBte negotium. Schliefilich ist auch der guete Cavallier Graf Hans Ludwig von Stahremberg in sein besten Alter an der lieben Dorr gestorben. 7 Hiemit etc.

1. Potting, 27. August, auf den kaiser 1. Brief vom 22. Juli. DieReise der Kaiserin geht gut von statten. Die Grftfin von Heril ist wirklich schon abgereist und bringt von der Konigin den Befehl an die Marquesa Lancerote (Lancerote war Hofmeisterin der spanischen Ehrendamen der jungen Kaiserin, daraals 35 Jahre alt [Leopold im obigen Briefe], geist- reich und angenehm [ebenda und Pribram in Mitt, des Inst. f. 6s t. Gesch. XII. 286]. Ihr spanischer Titel lautete: Seilora de honor y guardamayor. Vgi. das Testament der Kaiserin bei Du Mont VII. 1. 221/2), wieder zurflckzukommen, da sie sich mehr gegen die Kaiserin erlaubt, als zul&ssig ist. Zugleich mit der Relation folgt eine sehr wichtige Schrift iiber die ,Machinationen* des K5nigs von Frankreich. Potting hat dariiber auch der Konigin Mitteilung gemacht. Saint Aunc (Marquis Saint Aun^ [Ausn6] war einer der damals noch ziemlich zahlreichen Franzosen, die sich mit der Neugestaltung ihres Vaterlandes nicht aussohnen konnten, wie Marchin und Chavagnac. Embrun erwfthnt ihn z. B. 4. Dezember 1665 unter den ,m£chants Fran^ais*. Er schreibt ihn St. Aunais [Mignet I. 429]. Die Spanier nannten ihn Sanctone oder Santon6. Er starb 1668, 19. Mai, [Potting, Diarium], wie es heifit, von Malladas vergiftet, weshalb, bleibt unklar. Vgl. Anm. zu Puttings Bericht vom 15. Juni 1668

107. Or. * ordentlich.

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[Nr. 193]), dem die Schrift insgeheim zugeschickt wurde, meint, Lionne sei der Verfasser, Conde" der Ubersender. Die anderen mitfolgenden Schreiben zeigen, dafl Frankreich ganz den Regeln der genannten Schrift gem&B vorgeht. Potting hofft durch Saint Aun6, der fttr das kaiserliche Haas sehr devot ist, noch mehr dergleichen zu erfabren und bittet urn Er- laubnis, Geld fttr solche Zwecke zu verwenden. Er verweist auf die vori- gesmal iibersendete Liste der yon Embrun ausgegebenen Bestechungs- gelder und Kleinodien, welcb letztere er an die Damen des Hofstaates der Kaiserin gescbenkt haben soil.

Hier glaubt man, daU der Kaiser Neidhardt zum Grofiinquisitor er- boben wflnsche, und Neidhardt selbst soil sich dessen rtlhmen. Don Juan ist zu kultivieren und auf des Raisers Seite zu erhalten. PeHaranda ist ab- solut nicht mehr zu gewinnen, wie aus dem beifolgenden Schreiben seines Vertrauten Arnolfini zu erseben ist. Die Verhandlungen mit England ver- sprechen nichts. Letzteres soil in einer neuen Schlacht gegen die Hollander gesiegt haben. Hier geht das Geriicht, Neidhardt bemuhe sich sehr, durch Lamberg die Sendung Harrachs an Steile Pottings zu erhalten. Potting meint, daJB Harrach mit den jetzigen geftthrlichen Verhfiltnissen zu wenig vertraut sei; auch wurde seine notorische AbhSngigkeit von Lamberg und dadurch von Neidhardt hier ungiinstig beriihren.

Dem Medina soil seine Presidencia de Italia genommen werden. Velada ist gestorben. Seinen Posten als Presidente de Flandes wiirde wohl Mortara verdienen, aber Caracena wird sich sehr darum bewerben.

Die Flotte aus Mexiko ist mit 800.000 Talern fur den K5nig an- gekommen.

Z Marques Velada; vgl. oben Anm. 1 gegen Ende und Nr. 54, Anm. 2.

3 Ranzleireskript vom 27. September nicht vorhanden. Vgl. jedoch das Schreiben vom 15. September fiber die englischen Angelegenheiten oben S. 245, Anm. 4.

4 Vgl. Pribram, Lisola 298 f.

5 Lancerote; vgl. Anm. zu PSttings Berichte vom 27. August 1666, S. 249, Anm. 1.

6 Die Stadt Bremen wurde Anfang September von Wrangel ein- geschlossen; Anfang Oktober begann die BeschieCung der Stadt. (Vgl. Duntze, Geschichte der freien Stadt Bremen IV. 165 fF.; Carlson, 1. c. IV. 489 f.; Kocher, Bremens Kampf mit Schweden um seine Reichsfreiheit [Hansische Geschichtsblfitter 1882, 87 ff.]). Der Kaiser erlieC auf Grund eines Reichsgutachtens vom 18. September Abmahnungsschreiben an die echwedische Regierung und forderte die Reichssta'nde zur Verteidigung auf.

7 Johann Ludwig Graf Starhemberg, geb. 1616, gest. 1666, von dem Ludwigschen Zweige der Rttdigerschen Hauptlinie; er war Hof- kammervizeprasident Leopolds gewesen; zweimal vermablt.

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108.

Wien, 13. Oktober 1666.

"Ober die spanisch-englischen Verhandlungen und das sonderbare Benehmen Neidharts. Machinationen Embruns. Titulatur Don Juans. tJber die Prdsidenz von Flandern, die Reise der In- fantin und die Belagerung Bremens. (P. Scr.) Potting soil alles daransetzen zu erfahren, wer die von Embrun erwahnten Mi- nister sind (ein spanischer und ein osterreichischer), die mit Frankreich in Verbindung stehen.

(Relation von 9. September erhalten. 1 Der nach Spanien geschickte Kurier ist also wieder sehr langsam gewesen. Viel- leicht wird er es im Herausreiten hereinbringen.) Ich erwarte ihn mit Verlangen propter {anglica}, an welchen iezo alles ge- legen, dahero ich verhoffen will, es werden seithero* die Negotien darinnen ein besser piega genommen haben; sollte es aber ja annoch nit geschehen sein, so wollt's an alien Orten, wo es von- ntfthen, darauf dringen, dass man doch {diese tractatus cum Anglia* an ein End bringe}, absonderlich aber bei P. Neid- hardt,* und nimmt mich nit wenig Wunder, dass dieser * sogar diesem Werk zuwider sein solle, indeme ihm der Kaiser* alle- weil zueschreibt und zu diesem Zweck anmahnen thuet. Und thuet er* wohl nit recht, wann er sich der Schreiben riihmet, so der Kaiser* in confidentia ihm thuet. Doch acht ich nit, dass er es alien zeige, videbuntur quae salutaria monita illi dantur, wahr ist es, mit hflflichen Worten. Sed de hoc satis. Circa anglica remittire ich mich auf den despacho aus der Kanzlei2 und erwart des Couriers mit Verlangen. Was {die machinationes gallicas des Embrun*} antrifft, werden die 1000 Reales de veil on fauste applicirt, approbir es mit meinerb Licenz, undc solle die Passirung von Zeit [zu Zeit] darauf folgen. Wollet selbe aus den Dotegeftdlen hernehmen. Doleo autem etd fato adscribo, quod hae tarn arduae notitiae tarn parvum efficiant fructum.8 Und was in hoc ich weiters ftir nothwendig erachte, beziehe ich mich auf [die] despachos aus der Kanzlei.

108. Or. ft hersider? b main c un d est

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Was den Don Juan anlangt in simili. Mit dem Tracta- ment ist nur ein Fehler* vorgeloffen, solle kiinftig remedirt werden. Was aber die presidenza di Flandes anlangt, ist mir leid,b dass der gnete Mortara also disconsolirt worden. Noch leider aber ist mir, dass seithero mir in hac materia ein solcher empefio zuekommen, dass ich nit weniger kann, als ein andern der Ktfnigin zue recommendiren, wie [Ihr] aus mein Schreiben ersehen werdt, so durch ein eignen Courier in gar wenig Tagen fortgeschickt werden wird und vielleicht noch vor diesem allda einlaufen wird.

Wir sein sonsten alle wohl aut.

Mein Gemahlin hat den 9. dies sollen von Mailand auf- brechen. Geschieht es, so kann sie doch vor Anfang December allhier nit anlangen, weilen bei diesen kurzen Tagen sie von Trient aus 40 Tag zue reisen hat. Gott sei gelobt, dass dies Werk schon so weit kommen.

Sueci adhuc angustiant Bremam: spero, quod Branden- burgicus et Luneburgici illi civitati succurrent,4 doch m5chten wir wohl auch ins Spiel kommen, dann ich nit zuelassen kann, ut sub meo imperio ein solche vornehme Stadt dem heiligen Reich abgezwackt werde. Remittir mich etc.

Vertatur pro P. S.

P. S. und duplicatum.

{Der Kaiser hat in den uberschickten Schreiben des Em- brun* an Lionnec5 observirt, dass Embrun* an zwei Orten Meldung geschickt, von zwei ministris, ein des Kaisers* und ein von der Ko'nigin,* so mit dem Ktfnig in Frankreich* und sein ministris correspondiren sollen. Dieser ministrorum nomina aber sein nit gesetzt, sondern nur N. und N. Verlangt also der Kaiser*, dass Pitting* penetriren solle a qual si volli prezzo, welche diese nit benennte ministros sein, damit der Kaiser* in tempore sua ex parte remediren kflnne.} Und weilen hieran mir merklich viel gelegen, also wollt Ihr alien Euern euCristen Fleili und Miihe anwenden, damit ich dies mein Intent mit der Hilf Gottes erreichen m5ge. Ihr werdet mir hierin auch ein solchen Dienst erweisen, als ich Euch davor allzeit obligirt bleiben werde. 13. October. Leopold.

108. Or. * Fahle? b lad c dm CS = Lionne Ut, zeigt die ent- tprechende S telle in Potting s KanzleirelcUion vom 8. Septemfjer, foL 7ro, nnten.

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1 Potting, 9. September (also zuruckdatiert, denn das Konzept ist Yom 10.). Auf die kaiserl. Schreiben vom 4. und 16. August.

Sandwich ist hier auch schon ungeduldig, ebenso wie Carlingford in Wien. Potting, gegen den jener grofies Vertrauen bezeigt, hat ihn zur Geduld gemahnt. Die grdfite Schwierigkeit dabei ist die portugiesische Angelegenheit. Wenn die Spanier hierin nicht etwas nachgeben, so wird nichts zu erreichen sein. ,P. Neidhardt ist dieser Materie ex integro zu- wider und will es cum supremis apicibus Theologiae combiniren, da doch der gegen wartige rerum status weit ein anderes erfordert.'

Die Kaiserin diirfte jetzt schon in Mailand sein. Die franzosische Braut (Marie Francoise Elisabeth von Savoyen-Nemours; die Ankunft er- folgte 2. August ^ vgl. Sch&fer, Geschichte Portugals IV. 603) ist mit einer Menge franzosischer Minister in Lissabon angekommen. Don Juan ist durch des Kaisers Schreiben sehr erfreut. Potting wird sich Miihe geben, ihn auf des Kaisers Seite zu erhalten, da er uber eine grotfe Dependenz verfiigt. Von Frankreich aus reizt man ihn auf; die Nachrichten aus Frankreich kosten, sollen sie fortgesetzt werden, 1000 Real de vellon. Mortara ist sehr gekrankt, datf die presidencia de Flandes ihm nicht ge~ geben, sondern zunachst unbesetzt gelassen wird. Das ist eine schlechte Aufmunterung fiir diejenigen, die zum Kaiser haiten. Potting hat es Neid- hardt ausftihrlich vorgestellt, aber dieser denkt nur an seine ,inquisition general' und hat sich deswegen dieser Tage mit seinem bisherigen beaten Freunde Pefiaranda zerkriegt, weil dieser ihm davon abriet. Hier wird verbreitet, der Kaiser rate der Konigin dazu und habe ihr auch den Rat gegeben, die ,priinam nobilitatein zu unterdrtlcken und zernichten', um ruhig regieren zu konnen. Neidhardt riihmt sich auch gegen alle der oigenhfindigen Briefe des Kaisers und behauptet, dieser danke ihm fiir seine Art des Vorgehens und rate ihm, ebenso fortzufahren. Er wird das Reich zugrunde richten.

Von dem Buche, welches der Kaiser erw&hnt (vgl. Nr. 103), hat er nicht gehcirt, aber es ware ganz des PeSaranda wert, denn der redet der- gleichen taglich. ,Er ist dieser Tagen sammt seinem Sohn erkranket, quern si divina bonitas aeternae gloriae associare dignaretur, magnum rebus augustissimae domus momentum accederet* etc.

2 Nicht vorhanden.

3 N&mlich, dafi die Mitteilungen Pottings Uber die Machinationen der Franzosen bei den Spanier n so gar keinen Eindruck machen.

4 Anfang Oktober begann die wirkliche Beschiefiung Bremens; doch hatten damals die Herzoge von Braunschweig und der Kurfiirst von Koln im Sinne der Erhaltung Bremens zu w irk en begonnen. Die von ihnen an der Weser aufgestellten Truppen waren denen Wrangels ilber- legen; dann kam auch die Quadrupelallianz zustande. Fiir Brandenburgs Haltung speziell vgl. Urk. u. Akten XII. 65 ff.

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5 Der bertlhmte Minister dec AuCeren Hugues de Lionne, geb. in Grenoble 1611, zeichnete sich im Staatsdienste zuerst unter Servien aus, wurde dann, nachdem er sich einige Zeit zurttckgezogen hatte, vonMazarin wieder gewonnen und von ibm 1661 als Nacbfolger empfoblen. 1654 hatte er sich bei einer Gesandtschaft in I tali en, 1656 in Spanien and hierauf bei dem Wahltage in Frankfurt ausgezeichnet. 1661 wurde er Mi- nister des AnBeren und blieb dies bis zu seinemTode 1. September 1671. Vgl. fiber ihn Valfrey, Hugues de Lionne, Paris 1881.

109.

Wien, 15. October 1666.

(Durch Kurier.) Da die Infantin sich fur Albuquerque ein-

gesetzt hat, so bittet der Kaiser hiermit instdndig urn Verleihung

der Prdsidenz von Flandern an jenen.

Diesen eignen Courier schicke ich allein wegen des duque de Albuquerque, wie Ihr aus meinem Kanzleischreiben * mit mehrern vernehmen werdet, und ist dies, dass vor wenig Tagen mit Occasion eines von Mailand alher geschickten Couriers mein allerliebste Gemahl gar eifrig geschrieben und gebeten, ich wollte doch ihn duque in ihrer Consideragion Ihr Majestat der Ktfnigin dahin ganz beweglich recommendiren, dass er mit dem verledigten Dienst und puesto de praesidente de Flandes k5nnte begnadet werden.* Er duque hat mir auch ganz bewegliche Instanz gemacht und repraesentirt, wie dass er diese ihm anvertraut Reis mit allem FleiC verrichtet und befSrdert, auch alle b obstacula removirt, so selbe hatten ktfnnen stecken machen, auch mit Hintansetzung seiner Gesundheit, ja gar seines Lebens, indeme [er] ohneracht dass er die Quar- tanam duplicem wirklich gehabt sich doch nit hindern lassen, sondern ohne alien Unterlass bestandigst assistirt und sein Dienst verricht habe, dahero er mich ersuchte, ich wollte ihn durch ein eignen Courier zu dieser merced recommendiren, auch Euch und dem Pater Neidhardt gemessen [auftragen], dass Ihr ohne Auf h5ren das Werk sollicitiren sollet.

Nun sein mir diese motiva so wichtig vorkommen, dass ich herzlich gern in sein Begehrn gewilligt habe, und dies

109. Or. werdet b alles

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am soviel mehr, weilen es gleichsam das erste Begehrn ist, so mein Gemahl an mich hat thun wollen. Thue Each also diesem nach gen&digst befehlen, dass Ihr nach Empfahong dies als- bald bei Ihr Majest&t Aadienz suchen and dies beiliegende Schreiben einhtlndigen sollet, aach dabei in mein Nam Ihr Majest&t ganz beweglich ersachen sollet, sie wollete doch mir za ein absonderlichem Gefalln and in Ansehung dieser so hoch- wichtigen Motiven ihm daqae diese Genad erzeigen and ihm diesen Dienst de presidente de Flandes verleihen.

Und gleich wie sie mir hierin ein absonderliches Gefallen erweisen wiirde, also wttrd ich aach davor Ihr Majest&t allzeit obUgirt bleiben. Ich hoffte auch, sie wtirde hierin der eignen Tochter so grofies Ansachen consideriren. Dies alles wollet Ihr auch dem P. Neidhardt za Gemtieth ftihrn and selben am Assistenz ersachen, dann ich kann nit anderst, weilen mein Schatz so eifrig schreibt, dass ich auch etwas Ubriges than mufi etc.

1 Kanzleireskript vom 15. Oktober nicht vorhanden.

110.

Wien, ig. Oktober 1666.

Die Rekommandation Albuquerques ist cum grano salts zu nehmen und gehorigen Orts zu entschuldigen, besonders bei Mortara. Die Spanier mogen sich mit den englischen Angelegenheiten beeilen, Cabling ford ist nicht mehr zu halten. Die Infantin ist am 10. Oktober von Mailand aufgebrochen. Folgt ein Duplikat des P. S. vom 13. Oktober.

Ich habe Each hiemit a parte and in geheim expliciren wollen, wie ich die Recommendacion des duque de Albuquerque verstehe, und werde mich der Ziffern nit viel gebrauchen, weilen es durch eignen Courier und also sicher gehet.

Nun weifi ich wohl, dass diese mein Recommendation darinnen wird groBen Rumor machen, absonderlich bei {Mor- tara}, weifi auch mich seiner Qualit&ten und Dienst wohl zu erindern, sogar dass bei voriger Post ich ihn der Kttnigin ex- presse zu dieser Praesidenz recommendirt. Weilen aber dieses

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Accident dareinkommen, der Albuquerque* so wichtige motiva fiir sich hat, res ipsa loquitur, und quod magis notandum mein Gespons die erste Intercession vor ihn abgelegt, also kann mirb ja kein Mensch verdenken, dass ich dies gethan; verlange also, dass Ihr mich loco debito und wo es vonnflthen sincerirt, raein Intention explicirt. Ja ich [bin] ja sogar zu- frieden, dass Ihr dem {Mortara} a parte zu verstehen geben kSnnt, ich h&tte nit weniger thun ktfnnen, stante commen- datione augusta, wtirde aber doch sein Promotion auch in diesem und sonsten allzeit herzlich gem sehen. Dieses0 sollc also Euch zue Direction dienen, dass Ihr zwar den duque eifrig recommendirt doch cum grano salis; ihr werdet mich schon capiren und dextre dies Werk manegiren.

Mit dieser Occasion schicke ich Euch aus der 5ster- reichischen Kanzlei die duplicata der jtingsten Expedition, aus der Reichskanzlei aber werden Euch drei Punkten commu- nicirt und dartiber befohlen, {anglica, polonica et bremensia},1 beziehe mich v5llig und per omnia darauf.

In anglis aber ist mir schon die Weil so lang, dass der Courier noch nit wieder allhier ankommen, dann einmal peri- culum in mora, und hernach wird alles zue spat. Carlingford hat durchaus heimreisen wollen, quia expresse avocatus est, ist ihm aber heut sein Podagra so stark kommen, dass er nolens volens hier, ja sogar zu Bette bleiben muss. In der L&nge aber kann man ihn nit allhier erhalten. Die Spanier aber miissen dies nit achten,d dann Lisola ist in Engeland, kann dies negotium wohl durch ihn negociirt werden. Ich habe in dieser Materie so oft und viel der Ktfnigin* und dem P. Neidhardt* et quidem emphatice geschrieben, dass ich ein- mal nimmer kann. Timeo ne sero sapiant Phryges. Aber was Rath?

Sonsten sein wir alle wohlauf und haben vorgestert die guet Post bekommen, dass mein geliebte Gespons den 10. dies von Mailand aufgebrochen ist; mache also mein Raitung, dass ubermorgen die entrega sein solle. Haben wir also Gott billich zue danken, dass dies Werk in solchen Stand kommen ist.

SchlieBlich kommt hiebei ein Duplicat von dem neulichen P. S., und weilen ich kein Ruhe habe, bis ich mein Intent

110. Or. » Albu b mich c Diese d acht

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erlange, also wollt Ihr omni modo sehn, dass selbes erfolge, dann ich sonsten nit rahig sein kann. Hiemit verbleibe etc.

1 Es ist ein Konzept vom 18. Okt. mit Kommunikation des Standee der englischenAngelegenheit(undVerweis auf Beilagen fiber polniscbeund bremische Angel egenhei ten) erbalten, in welcbem mitgeteilt wird, dafl Carlingford von seinem Konig abgefordert worden ist und der Kaiser ihn nicht auf halten wollte, da jener ausdriicklicb einen Offensivbund forderte, den der Kaiser nicbt will. Docb betracbtet er das nicbt als ganzlicben Abbruch, wie seine Feinde es darstellen werden.

111.

Wien, 28. Oktober 1666.

tfber einen geheimen Weg fur die Briefe. Englische Verhand- lungen; Carlingford toill immer fort. fiber Neidharts Ernennung zum Grofiinquisitor und die von Potting entdeckte Korrespondenz Ernbruns. Die Sache wird wohl nicht lange dauern. fiber die Reise der Infantin, die Ankunft und erste Audienz Castellars.

Euer Schreiben vom 23. passato1 habe ich zuerecht er- halten und seid Ihr vorderist gar wohl daran, dass die hoche Noth erfordere ein via secreta zu erfinden, dass unsere Cor- respondenz konne continuirt werden, dann wohl zu besorgen, der K6nig in Frankreich* werde ein embarazo in die Post bringen. Die von Euch anzeigte {via mercatorum} ist gar guet, und [hat] Lamberg* vor diesem sich auch einer solichen be- dient, mich d&ucht aber, sie seie gleichwohl durch {Galliam et Belgium} geloffen, doch cavete, ut {per mercanti}. Und wann es mir recht ist, haben es indirizzirt* und befftrdert {die Post- meister von San Sebastian und Brussel}. Das ist gwiss, dass wir alle acht Tag Brief gehabt haben.

Erwarte also den Effect dieser neuen Correspondenz.

In puncto {ligae cum rege Angliae*} erwarte ich wohl mit Verlangen der Wiederkunft meins Couriers, doch besorge ich mich einer schlechten Antwort, stantibus rebus wie Ihr vermeldt, doch wollet Ihr in diesem Punct constanter inhaeriren

111. Or. indrizirt. Fontee. U. Abt. Bd. LV1. 17

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258

and dasjenige beobachten, so Each nochmals aus der Kanzlei communicirt worden.

AUhier will Carlingford alle Tag fort, allein das Podagra halt ihn auf.

Dass Pater Neidhardt Inquisitor* general worden, be- ruhet anf sich selbst, multa tamen bona facere poterit pro re- ligione, regione et domo nostra*. Dass viel darwider murren, no me espanto, porqueb tiene dos faltas may grandes (a los Espanoles) teatfn y estrangero.*

Dass die Kttnigin es ohne {Rath} gethan hat, ist zwar wohl nit zue dem Besten gethan, tendra pero sus motivos,3 and vermeine ich, sie hat besorgt, fragt sie viel, so wider- riethen es viel, also ad evitandum mains odium hat sie es ge- than; dass aber P. Neidhardt* sich rtthmen solle, dass ich* ihm solle dazue verholfen und eingerathen haben, vix credo. Hat ers gethan, male imo pessime fecit, c dann ich* nichts der- gleichen getraumet habe. Dass man aber sagt, dass [man] ein Schreiben von mir* in hac materia bei Castrillo* und an selben gesehen habe, ist ein pur lauter und zwar patscheted Lug. Habe also diese kttrzlich erinnern wollen zu Eurer Nachricht.

{Die scoprirte Correspondenz Lionne* et Embrun*} ist zwar guete, aber timeo, ne duret ; dann ich fforchte, es# komme heraus. Hat mich auch nit wenigf bestiirzt aus des Don Juan* Schreiben an {Mondejar} gesehen [zu] haben, dass sie bede um dies Werk u. zw. um alle particularia wissen. Habe also Euch in allweg mahnen wollen, ut caute procedamus in hoc negotio. Wollet auch penetriren und avisiren, wie obbemeldte bede um dieses wissen thun.

Sonsten werden die Spesen sowohl auf dies als auf die neue viam correspondentiae allzeit passirt werden, und sollen deswegen ordentliche Passirungsbefehl an den Administrator de las rentas dotales jedesmal expedirt werden.

Mein Gemahl nahert sich uns und sein die entregas den 18. dies passirt worden. Den 22. hatte sie von Trient abreisen sollen. Von dorten sein 40 Tagreisen bis allhero; solche ende ich mein Conto nach am 30. November. Andere particularia alle schicke ich der Kdnigin, zweifle nit, sie werde es Euch zur Consolacion zeigen.

111. 0r.»inqm8tor bpor °feci d bazete •folgt nochmals also rmehr

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Der conde de Castellar,4 [der] nene embaxador, ist den 25. allhier angelangt, hat alsogleich bei rair und der Kaiserin in- cognito Audienz gehabt, parece buen cavallero, dico parece, dann wir mttssen noch besser bekannt werden. Den Tag dar- auf als den 26. ist alsogleich sein Gemahl niederkommen und mit ein Sohn erfreut worden, so gleichwohl notabile. Sonsten sein wir alle wohlanf und ich verbleibe etc.

1 Patting, eigenh., 24. September, auf das kaiserl. Schreiben vora 18. August. Der Weg fiir die Post durch Frank reich wird jetzt wohl un- sicher werden, da sich Erabrun beklagt bat, man babe ibm zwischen Ma- drid und Burgos sein Postpaket gedffhet: das zeigt, daiB der Weg durch Frankreich bald gesperrt werden durftc. Pdtting bat daher einen geheimen Weg durch Kaufleute ausfindig gemacbt; die Gelegenheit geht alle Samstag von bier ab. Bei den Verhandlungen mit England h&ngt alles von der portugiesiscben Frage ab. Wenn die gelftst ist, so ist am AbschluB der Allianz nicht zu zweifeln. Gestern Abend ist Neidhardt zum GroB- inquisitor ernannt worden, und zwar, wie man sagt, von der Kdnigin allein ohne Befragung eines Rates auBer Castrillo. Das ist ein sebr ge- fahrlicber Scbritt. Die Spanier geben grofienteils dem Kaiser daran die Schuld.

% = ,wundere ich micb nicht, denn er bat zwei (fur die Spanier) sehr groiBe Fehler, [da er] Jesuit und Auslfinder [ist]*. Im spanischen Volke wird der Ausdruck ,teatin' als gleichbedeutend mit ,Jesuit' ge- braucht, jedoch mit gchassigem, verttchtlichem Beigeschmack.

3 = sie wird jedoch ihre Griinde haben.

4 Fdr Castellar vgl. die Anm. zu Pottings Bericht vom 14. Januar 1666. Nr. 90, Anm. 1.

112.

Wien, 10. November 1666.

Wenig Zeit. Der geheime Weg ist gut, aber etwas langsam. Der Lambergs war schneller. Uber Medinas bedrohte Stettung und Castd Bodrigos Behauptung, daft van Wien aus alles ver- raten wird. Uber SantiUans und Lemos Ernennung. Beise der

Infantin.

Vergangen Pfitztag den 4. dies Nachmittag empfieng ich zugleich Euere Rela^on von 25. September tiber Augsburg und

17*

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tiber Brtl8sel von 8. October. Anch eben selben Abend als ich um 10 Uhr zne Bette gehen wollen, kommt* der Courier mit Eur Schreiben von 13. detto.1 Aus welchem alien ich mit contento Euren FleiC verspttrt.

Und weilen heut aus der Kanzlei Euch in allem ziemlich klar Instruction geben wird,2 also will ich es ktirzer machen und das um so viel mehr, weilen ich wegen so viel Occupation und Praevencionen im Hofstaat fast kein Zeit habe, auch der Kopf mir etwas weh thut. b Was nun primo die {viam secretam} anlangt, ist selbe guet, werde mich auch selbiger bedienen, allein daucht mich komme sie was spat, weilen von 25. bis 8. ein ziemlicher Unterschied ist. Des Lamberg seine ist geschwinder gwesen; ktinnt Euch vielleicht desselbigen erkundigen und bedienen. Circa {anglica et lusitanica} beziehe mich in allem auf die Kanzlei. Dass Patting* dem P. Neid- hardt* gratulirt, bene factum. Dass aber dem Medina* so ttbel gehet und man ihn fast gar scartiren will, ist mir leid und nit viel nutz.

Petting* hat gar recht, dass er der Ktfnigin* und Neid- hardt* deswegen zugesprochen hat, der Kaiser* hat es auch gethan et quidem an die KSnigin* mit groCer emphasi, hoffe es solle guete Effect haben. Wollt Medina* animiren. Was aber Castel Rodrigo * sagt, dass alles wieder hineingeschrieben wird, miror valde, dann soviel ich weiB, von hier niemand mit Neid- hardt* correspondirt als ich,* Lamberg* und P. {Miller}.3 Diese thun es gwiss nit; also wollte ich wohl, dass Potting* penetrirt, von wannen solche Sachen ankommen mtfgen, ne iustus patiatur.

Die resolutiones wegen Santillana4 und Lemos6 sein nit wohl a proposito,c aber viel K5ch, so noch dazue uneins sein, mttssen ohnfehlbar die Suppe versalzen.

Die Reis meiner Gemahl gehet glttcklich fort. Heut kommt sie auf Villach, vel futuri mensis hoffe ich solle der Ein- zug et per consequens das Beilager geschehen. Der Kttnigin schicke ich die diaria, wie ich selbe vom Ftirsten empfangen habe. Und ich verbleibe etc.

1 Potting, 25. September. Der Brief geht zur Probe den geheimen Weg dureh Kaufleute liber Barcelona. Er hofft in der engliscben Ange-

112. Or. komb b thne ° prosito

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legenheit auf eine baldige konigliche Resolution und bemerkt, daB die Spanier kein Bedenken haben, daB der Kaiser das Btindnis verhandle, wenn nur Spanien der Eintritt vorbehalten bleibt. Er hat Neid- hardt im Namen des Kaisers gratuliert. N. hat jetzt die groBte Macht im Lande. Wenn er sich jetzt der Interessen des Kaisers nicht an- nimmt, so gibt es dafiir keine Entschuldigung mehr. Lisola reist sehr langsam.

8. Oktober. Auf das kaiserl. Schreiben vom 1. September. Mit den englischen Allianzyerhandlnngen steht es schlecht. Man kann jetzt Sandwich nicht zur kategorischen Erklftrung bringen, ob er den Vertrag unterzeichnen wolle oder nicht. Obendrein ist die Nachricht gekommen, daB die Englftnder einen Angriff anf die ,indianischen Inseln' gemacht haben. (DarUber berichtet P5tting ausfiihrlich nach Neidhardts Angaben im Postscr. zur Kanzleirelation vom 7. Oktober.) Sandwich ist jedenfalls seit den letzten Siegen der Englftnder anders als frfiher.

Neidhardt nfthert sich dem ,vollkommenen valimiento magnis passi- bus'. Alles ist darflber erbittert and man lftBt es sich nicht nehmen, daB der Kaiser durch seine Unterstiltznng Neidhardts daran schnld sei. Dieser lftBt es sich nicht anfechten, halt sich nur an Castrillo und PeHaranda und befordert nur deren An hanger. Marques Santillana, der ganz talentlos ist, ist an Stelle des La Fuente ftlr Paris ernannt worden, Conde de Lemos zum Virey von Peru. Die Kftnigin tut nichts ohne Neidhardt, dieser aber frftgt niemand.

13. Oktober. Da Sandwich zu keiner Erklftrung zu bringen ist, so schickt Potting einstweilen den Kurier mit der koniglichen Resolution uber die englische Angelegenheit. England scheint es wirklich nicht ganz aufrichtig zu meinen. Vielleicht dftmpft der groBe Brand Londons den Obermut der Englftnder etwas. Medina will man seine presidenza d' Italia nehmen. Potting hat der Konigin und Neidhardt darfiber Vor- stellungen gemacht, es frftgt sich aber, ob das etwas niitzen wird. Es ist sehr schlimm, daB ein dem Kaiser so treuer Minister so behandelt werden soil. Freilich soil ein derartiges Dekret unter den Schriften des verstorbe- nen Konigs gefanden worden sein, Medina aber halt es fur untergeschoben. Die kaisertreuen Minister werden dadurch sehr entmutigt, wie Mont- alto und Mortara offen ausgesprochen haben.

Der Inhalt von Pottings Relationen und Medinas Briefen wird ofter dem PeSaranda und Neidhardt geschrieben, so daB Medina und Mortara sagen, sie getrauten sich nicht mehr, Lamberg wichtige Dinge zu schrei- ben, da alles wieder hier bekannt werde.

Der Vizekonig von Neapel hat gemeldet, er konne die 200.000 Escudos und die Monatsraten an den Kaiser nicht zahlen, weil kein Geld vorhanden ist. Dagegen verlangen die Spanier wieder Truppen fur den portugiesischen Krieg etc.

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2 Ranzleireskript vom 9. November, sehr ausftihrlich. Pdttings Beriohte lassen ersehen, daC die Spanier gegeniiber Sandwich zu yiel Vor- behalte machen und ihn zu sehr einschrfinken. Das Heil Spaniens liegt nor im Bunde mit England und im Frieden mit Portugal. Petting soil das erklaren und die Spanier zur Nachgiebigkeit bewegen. Sie dttrfen sich nicht auf die Bdndnisangebote Frankreicbs verlassen, denn dieses wird, wenn England nur will, immer dieses vorziehen, und Spanien bliebe dann allein. Potting soil daher he 1 fen, bci den Spaniern auch die Schwierigkeit dee Rftnigstitels fur Portugal zu uberwinden; vielleicht konnten die inne- ren Streitigkeiten dort die Sache erleichtern. Carlingford ist von hier fort, obne Abschlufi eines Vertrages, bat aber versprochen, in London da- fur weiter zu wirken. Lisola wird dort mit ihm weiter verhandeln.

Die 1000 Real de vellon, welcbe monatlich fiir die Erlangung der franzosischen Korrespondenzen auszugeben sind, werden genehmigt. Doch mochte der Raiser wissen, ob die daraus zu entnebmenden Nachrichten denn bei den Spaniern Eindruck macben. Den Angriff der Englander auf Westindien darf man nicbt etwa als Ursache zum Abbrucbe der Ver- handlungen nehmen, sondern mufl ihn als eine Tat von Privatleuten an- sehen. Der oberosterreichiscbe Rainmerrat, Reichsritter und Edler von Wicka ist nach Paris geschickt worden. Medina soil sich wegen seiner Presidencia de Italia nur der Gnade des Raisers versicherthalten. Dem Rardinal von Hessen hat der Raiser das durch Rardinal Colonnas Tod er- ledigte Protektorium der deutschen Nation verliehen, so daft er hoffentlich zufrieden sein wird, etc.

3 P. Philipp Miller, geb. 1613, gest. 7. April 1676. Mit 16 Jahren in den Jesuitenorden eingetreten, wurde er in Graz, seiner Vaterstadt, Dr. theol. et phil. und trug darauf Philosophie, Moral theologie und Ma- thematik in Graz und Wien vor. Dann wurde er Lehrer des nachmaligen Raisers Leopold fiir Philosophie, Mathematik und Staatsrecht und zugieich sein Beichtvater. Er soil EinflaC gehabt haben auf die Berufung des Bi- bliothekars Lambeck und auf die GrUndung der Academia naturae curio- so rum. Er hat auch eine Schrift veroffentlicht : , Assertion es ex universa philosophia etc.' Als Beichtvater hat er einen grofien EinfluC auf den Raiser geiibt. Bekannt ist das wegwerfende Urteil Es. Pufendorfs fiber ihn, er sei ,ein ganz schlechter Mann und ein blofier Schulfuchs, der von den Affairen libera 11 nichts versteht'. Pufendorfs Relation, ed. Helbig, S. 76.

4 Don Diego Fernandez de Cordoba, Marques de Santillan, war 1666 1667 Gesandter in Frankreich, spftter Mitglied und President des Rates von Indien; gest. 1 702. Vgl. Morel-Fatio, 1. c. 504 ff. Er wird httufig* wie oben Santillana genannt.

5 Pedro Antonio Fernandez de Castro, X.Conde de Lemos, Villalba Andrade, Villanueva y Castro etc., duque de Taurisano, Yizekonig von

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Peru, Grande etc., verheiratet mit Anna de Borja, Tochter dee VIII. Her- zogs yon Gandia.

113.

Trumau, 25. November 1666.

Potting soU zusehen, einen anderen geheimen Weg ausfindig zu

machen. tJher eine spanische Flugschrift. Der Kaiser ist heute

der Braut entgegengereist und hofft sie morgen zu treffen. Am

5. Dezember soU der Einzug in Wien und die Hochsteit sein.

Euer bede relaciones von 9. Oct. {per viam secretam} und 22. detto1 habe ich zurecht erhalten, doch videtur mihi {via secreta valde tarda}, mtissen also anf ein [anders] Mittel gedenken. Die tiberschickte Schrift ist also beschaffen, dass [sie] einem* stomachum movirt, und verdient das papel y el autor dello das Feuer, und erkennt es Embrun* selbst, indem er in sein von Euch eingeschickten Schreiben es intitulirt un papel muy sangriente y cruel, und solle die Ktfnigin* ftirwahr ein Exempel contra tales setzen, ut alii non audeant similia moliri. Doch wann die responsa b ankommen, mOchte ich selbe wohl auch sehen et omnia his6 similia.8

In angiitis erwarte ich der ferrern alldasigen Resolution in praesenti frangenti. Was mein Gespons anlangt, ist' sie Gott sei Lob schon so nahend, dass ich diesen Morgen von Wien ab und ihr zuegreist bin. Hoffe morgen selbe zu Schottwien sehen und besuchen [zu ktfnnen]. Der Einzug aber und con- sumatio matrimonii mit den respectiven Kirchencaeremonien wird am 5. December sein. Aus dieser Ursach kann ich nit langer schreiben, dann es schon halb zwei ist und ich noch gern vor Nachts in Neustadt sein wollte. In puncto des Ein- zugs werde ich ein Courier zue Euch abfertigen und ich verde sodann langer schreiben. Hiemit etc.

1 Pitting, 9. Oktober, durch den geheimen Weg. Ziemlich in- haltslos.

21. Oktober, auf das kaiserl. Schreiben vom 15. September. In Bezug auf den Vortritt der spanischen Botschafterin vor der Grftfin Heril

113. Or. * ein b responsoria ad dabia grassa? ° hie

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hattc Pitting dem P. Neidhardt ohnehin zugeredet, daft es sick nicht schicke, dem Kaiser gleichsam Gesetze vorschreiben zu wollen. Aber der Pater latft sich nicht raten und die Konigin folgt in all em seinem Willen. Beifolgende Schrift zeigt, wie sehr man ihn hatft, so dafi deshalb sogar der Konigin zu nahe getreten wird. Das Versaumnis in Bezug anf die Subsidien wird Potting gehorig reprasentieren, freilich ist es fraglich, ob das etwas n&tzt, denn die Minister sind ganz durch ihre Privatangelegen- heiten in Anspruch genommen. Die englisch-portugiesischen Verhandlun- gen stehen schlecht. Sandwich hat expressen Befehl erhalten, die yerlangte Ratification der franzosischen (?) Traktate nicht zu bewilligen. Die Portu- giesen haben ein Ultimatum mit Frist bis zu Ende des Monats gestellt. Medina hat vorgestern sein filteres Tdchterlein an den jetzt ziemlich grassierenden Blattern verloren und ist ,nochc unpatflich.

2 Obiges dflrfte sich auf zwei Flugschriften beziehen, die sich im Codex 5943 der Wiener Hofbibliothek vorfinden: ,Dudas politicas, theo- logicas' etc. (fol. 406 416), 36 Fragen fiber die Neidhardtangelegenheit, und ,Respuesta alas treinta y seis dudas politicas1 etc. (ebenda, fol. 418

—427).

114.

Wien, g. Dezember 1666.

Der Kaiser versichert Potting seines Dankes und seiner Gnade

und tragt ihm auf, bei der Konigin einen Befehl an den

spanischen Hofstaat zu erivirken, dafi man nicht den ganzen

Wiener Hof spanisch machen solle.

a Weilen ich just eben jetzo in procinctu bin, ein eignen Courier hineinzuschicken, um parte zu geben wegen glttcklicher Ankunft meiner allerliebsten Gemahlin und des erfolgten Beilagers, so will auch Euch zugleich versichert und gnadigst versprochen haben, [die] Euerseits dabei bezeigte be- sondere Dexteritat, Sorg und FleiC bei aller Gelegenheit zu erkennen und auf Euer mir besonders angenehmes und ge- treues Haus niemalen zu vergessen.

Ubrigens ist mir noch dieses eingefallen, Euch zu be- richten, dass die Spanier alles auf Spanisch wollen gehalten

114. a Dieter Brief ist nur in den heiden Abschriflen erhalten. Das Original ist irgendwie ausgefallen.

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haben, und das will mir gar nicht in Eopf gehen. Noch zu dato habe ich auch allezeit erst um 1 oder 2 Uhr geessen, so mir unmoglich ware in die Lang auszudauern; wird also wohl nicht ttbel sein7 wann die K5nigin ihnen allhier zu verstehen geben wollte, dass sie keine Neuerung allhier anheben sollten. Plura per cursorem etc.

115.

Wien, io. Dezember 1666.

(Durch Kurier.) Dank fur die Konigin. fiber die Pracht des Einzuges. Der geheime Weg ist zu langsam, Lamberg wird einen schnelleren angeben. fiber die englisch-spanischen Ver- handlungen, Neidhardts Verhaltnis zu Potting und den Wider- spruch zwischen den Angaben der Konigin und denen Pottings. Die spanischen Weiber woUen den Hof ganz spanisch machen.

Diesen eignen Courier schicke ich allein, Ihr Majestat der K5nigin parte zu geben von der Ankunft meiner allerliebsten Gemahl und dem darauf vollbrachten Beilager.

Und ktinnen wir Gott wohl billich danken, dass das Werk in solchen Stand gerathen, und wann Ihr Euch annoch zurttck reflectiren werdet, so hat es vor ein Jahr um diese Zeit noch wohl kein Aussehen gehabt, als wann es also ab- laufen solle. Gott aber ist ein gewaltiger Herr, so alles nach sein Willen schlichtet.*

Wie der Einzug und Feuerwerk abgangen, habt Ihr aus den Beilagen zue sehn.1 Ander particularia werden Euch andere guete Freund brichten. Dies muss ich sagen, dass ich nit glaube, dass etliche Millionen klecken, allein was diese Tag Kleider und Livr^en gesehen worden.

Hac occasione beantworte ich unterschiedliche Eure Re- lagionen, so ich sowohl per viam secretam als per ordinariam empfangen, und habe erst heut Eure Relacion von 30. Oct. per viam notam erhalten.2 Ist wohl langsam. Wann Ihr Euch [des Wegs] bedientet, so vor diesem der Obristkammerer3 ge-

115. Or. Wiilich schlichet?

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braucht, wtirde es wohl viel besser sein. Er wird selben Weg Euch schon an die Hand geben.

Circa anglica gandeo esse adhnc aliquam spem, dahero nit auszusetzen and allweil anzntreiben sein wird. Dem Neid- hardt * habe ich gar klar zu verstehen geben, dass [er] mit Pet- ting* wohlstehen und selben in die Confidenz von der Ktfnigin* bringen solle. Der Kaiser* vermeint also, Petting* solle auch auf all Weis suchen, mit Neidhardt* soviel es sich thun l&sst wohl[zu]8tehen, dann sonsten gehet alles* libel; wann aber Petting* und Neidhardt* de accordo sein, so hoffe ich, solle alles besser gehen.4 Und kann ich Euch nit bergen, [dass] die Kenigin* dem Kaiser* geschrieben hat, sie hfttte noch nix gesehn von den intercipirten Schreiben des Embrun*, weilen aber Petting* geschrieben, er habe allzeit selbe der Kenigin* communicirt, also wollt ich wohl wissen, wie es da- mit beschaffen.

Die hiesigen mugeres espaoolas wollen mein Hof ganz spanisch machen, ich kann ihnen es aber nit angehn lassen. Und weilen ich ein neuer Ehemann bin, und also nit viel Zeit habe zum Schreiben, als ende ich, verbleibe etc.

1 Vgl. Pribram, Heirat, 1. c. 368 und die dort citierte Literatur. Die oben erw&hnte Beilage dfirfte die , Breve relacion' sein, die sich spa- nisch mit dem Datum vom 24. Januar 1667 im Codex 5580d der Wiener Hofbibliothek, fol. 163 169, vorfindet. Das Datum ist eben das der Ausfertigung in Madrid.

2 Darunter sind wohl die Relationen und eigenh&ndigen Schreiben Pottings vom 16., 24., 30. Oktober und vom 4. November zu verstehen.

Pitting, eigenh., 16. Oktober (geh. Weg fiber Barcelona). Aus dem Gesprfiche zwischen Sandwich und Medina sieht man, daft, wenn die spa- nischen Minister einig waren, in der englischen und portugiesischen Frage viel erreicbt werden konnte. Medina ist unwohl, wahrscheinlich infolge der vielen Mortifikationen (der Gefahr des Verlustes der Prfisidenz von Italien). Jetzt hat die Verfolgung allerdings etwas nachgelassen. Pefia- randa hat seine Freundschaft mit Neidhardt aufgegeben. Gegen diesen ist eine grausame Schrift erschienen, 36 Fragen, ob die Konigin in ihrem Gewissen berechtigt war, ihn zum Grofiinquisitor zu machen. Er wird sich kaum lange halten konnen. Relation. Gesprftch Sandwichs und Medinas ausftlhrlich. Die Ursache von PeSarandas und Neidhardts Entfremdung soil sein, dafi letzterer versprochen habe, das Vireynat von

115. Or. » als

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Peril an den Marques de Fresno, einen Schwager Pefiarandas, zu ver- leihen, wahrend es dann Lemos erhielt. Auch Caatrillo iat aus Shnlichem Grande disgustiert. Alle, die zuruckgeeetzt zu sein glauben, wenden sich Don Juan zu. Dieser zeigt sich sehr gut gegen den Kaiser gesinnt und kann viel nfitzen. Daher sollte ihn der Kaiser auszeichnen und ganz gewinnen. Wegen der ,36 Fragen* ygl. S. 264, Anm. 2.

21. Oktober, eigenh. tlber den imperiosen Brief der Spanier wegen des Vortrittes der Gemahlin des spanischen Botscbafters. Neidbardt l&fit sicb nicbt raten. tfbersendet die Scbrift gegen Neidhardt. tfber die Verzogerung der fur den Kaiser bestimmten neapolitaniseben Rimessen sowie der engliscb-portugiesiscben Verbandlungen. Auch die Portugiesen wollen nicbt nachgeben. Potting wird mit den franzosischen Nach- ricbten fortfahren. Medina ist noch krank und bat ein Tochterchen an den Blattern verloren.

Relation (fast 20 balbbriichige Folioseiten). Embrun bat einen Besucb bei ibm gemacbt und in einem langen Gespr&che gegen die eng- lisch-spanische Allianz geeifert und sein Befremden ausgesprocben, datf Lisola bei seiner Reise nacb London nicbt durcb Frankreich gegangen sei. Gespr&ch mit dem florentiniscben Gesandten. Saumseligkeit der Spa- nier in Subsidien. . . . Potting kultivicrt Don Juan, um ibn dem Kaiser gutgesinnt zu erhalten. Es ist aber schwierig bei den ,5fter bezeigten und fast unbillicb zumutbenden Mortificationen', die man ihm antut, und der Kaiser miifite sicb seiner kr&ftig annebmen. DaB er selbst die Herrschaft gewinnen konnte, ist keine Gefahr, denn der Adel h&ngt ihm zwar an, wiirde ihn aber wegen seiner Mutter niemals als Herrn anerkennen. Die englisch- portugiesischen Verhandlungen sind noch am selben Platze wie frflher.

Die Verwirrtheit dieser Regierung ist grofi und nicht zu bessern, da die Autoritfit der Kftnigin sebr gesunken und Neidhardt allgemein ver- hafit ist. Cbersendet ein Scbreiben Embruns an dessen Bruder (Feuil- lade). Es ist wobl glaublich, datf Ludwig XIV. nur deshalb den Krieg noch nicht begonnen bat, weil er hofiFt, daB sich die hiesige Regierung selbst zugrunde richtet und er einstweilen allm&hlich hier die GemUter ge- winnt, so daC er dann die Herrschaft ohne Krieg bekommen konnte. Ober die Abweisung der spanischerseits an den Kaiser rekommandierten Grafen Fontana(?) und Chavagnac.

24. Oktober, eigenh. Sandwich war gestern abends bei ihm und bat ihn, bei den Verhandlungen mitzuhelfen, besonders wegen der Ge- wahrung des Konigstitels fiir Portugal. Potting hat schon vorher mit Neid- hardt dartiber gesprochen. Die Engl&nder haben nun zwar ,arglistig, um ein mehreres nicht zu sagen', gehandelt, aber es ist doch nicht ver- nilnftig von Sei ten Spaniens wegen eines leeren Titels einen neuen Krieg zu beginnen. Don Juan hofft noch immer auf die polnische Krone und wird schwer abzubringen sein.

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Relation. Gesprfich mit Neidhardt gestern Vormittag. Dieeer meint, die Englander haben iiberhaupt alles mala fide getan, man konne sich auf sie nicht verlassen (Eroberung der Insel Sta. Catharina in West- indien durch sie, Nichtbestatigung des durch Fanshawe abgeschlossenen Vertrages) und mtisse mit ihnen brechen. Ebenso solle es der Raiser tun.

Potting antwortete, man diirfe aber England doch nicht beleidigen etc. Darnach am Abend war Sandwich bei ihm. Gesprfich. Medinas Krank- heit. Don Juan.

Postscr. Medina hat Neidhardt Nachricht gegeben von einer Be- sprechnng mit Sandwich, Neidhardt schrieb es Potting. Darnach hat Sandwich jetzt offen gesagt, die Ratification des Fanshaweschen Bundes sei nicht moglich, und Castel Melhor (der portugiesische Premier) habe ihm zu wissen getan, dafi Portugal nur bei Gewfthrung des Kflnigstitels unterhandeln wolle und einen Termin bis Ende des Monats stelle.

30. Oktober, eigenh. Peflaranda soil durch Neidhardt an den Kaiser geschrieben und ihn seiner Ergebenheit yersichert haben. Der Kaiser wird sich aber wohl nicht t&uschen lassen. Medina fUrchtet noch immer fiir seine Prasidenz yon Italien und hofft nur auf den Kaiser. Die hiesige Polizei hat sich an zwei Dienern P6ttings vergriffen.

Relation. Medina hat ihm durch Mortara sagen lassen, die eng- lisch-portugiesischen Dinge stiinden noch nicht verzweifelt. PeHaranda erklart, Medinas Prasidenz keinesfalls zu iibernehmen (Medina hat sie schon 40 Jahre lang), da man einen so alten und yerdienten Minister nicht diskreditieren diirfe. Allerdings meinen manche, d&Q er andere Grflnde hat. Dagegen hat sich der Kardmal von Aragon anerboten, die Prasidenz einstweilen zu iibernehmen, wenn sie seinem Bruder Pedro bei dessen Riickkehr von Neapel endgfiltig tibergeben wilrde. Er ist wohl von Castrillo angestiftet. Nachrichten iiber die Reise der Infantin; Klagen iiber die Gefangennahme zweier Diener Pottings durch die Madrider Polizei. Er hat die Konigin und die Minister um Genugtuung ersucht etc.

4. November, eigenh. Potting wird fortfahren, sich die franzosi- schen geheimen Nachrichten zu verschaffen. Aber deren Kommunikation hat bisher bei den Spaniern nicht den geringsten Erfolg gehabt, sie halten sie fiir untergeschoben. Nur der Kaiser kann helfen, namentlich da jetzt Neid- hardt ,das Heft vollig idque cum indignatione omnium in Hfinden hat* und sich von niemandem etwas raten lfifit. In Bezug auf Mortara hat er dem Kaiser ganz anders geschrieben, als er hier handelt. Ebenso hat er Lamberg geschrieben, ihm sei die Last der Gesch&fte zu grofi, er wiinsche Pdttings Assistenz, wfthrend er in Wirklichkeit alle Annftherungsversuche desselben zuriickweist.

Die englischen Dinge sind noch auf demselben Punkte wie friiher. Die Reise der Infantin ist bisher gut abgelaufen. Die Grfifin Heril ist auch rechtzeitig in Mailand angekommen. Was mit Lancerote herausge-

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kommen ist,muB man erwarten (vgl. Leopold, 15. Sept.)- Man hat erfahren, sie iniBbrauche die Gunst, die sie sich bei der Kaiserin erworben hat, und ftirchtet Streit zwischen ihr und der Heril. Auch Bind ,ihre Jahr und Ge- staltel unterschiedlichem Argwohn unterworfen*. Jedenfalls aber ware die Abberufung fur sie sehr schimpflich. Des Diego de Prado Kiihn- heit (seine Vorstellungen an den Kaiser wegen dessen Anwesenheit bei Gremonville etc., vgl. den cit. Brief, 15. Sept.) wird hier sehr miBbilligt. Uberhaupt wundert man sich, daB der Raiser ihm ,so viel Libertftt zu- 1 asset', ,dann er hier mit nichten und nit so viel als einer aus meinen Secretarien aestimiret wird*. Man will ihn sogar abberufen. Uber die Be- lagerung Bremens. Potting hat sogleich um Unterstiitzung fttr den Kaiser gebeten.

Relation. Die Anhanger des Kaisers klagen, daB sie nicht ge- fordert werden. PStting bittet, der Kaiser moge ihn in das nahere Ver- trauen der Konigin bringen und zu diesem Zwecke Keidhardt schreiben, denn ohne diesen ware alles umsonst. Fiir den Kaiser aber ware es besser, gar keinen Gesandten hier zu halten, als einen ohne EinfluB. Englisch-portugiesische Dinge. Subsidienfrage. Bei dem schlechten Stande der Finanzen ist es sehr fraglich, ob der Kaiser etwas'erhalt. Don Juan hat Potting geschrieben und einen Brief an [den Kaiser beigeschlossen. Er will von dem Gedanken an die polnischeA Krone durchaus nicht lassen. Es wird schwer sein, ihm diese Hofrnung zu nehmen, ohne ihn ganz zum Feinde zu machen. Der Kaiser sollte ihm irgend eine Gnadenbezeiguug zukommen lassen, um ihn in seiner Dependenz^zu erhalten. Ober die geheime franzosische Korrespondenz (vgl. eigenh.). Wenn Potting an- empfohlen wird, recht viel Umgang zu suchen und es zu machen wie Em- brun, so ist zu bedenken, 'daB die|]Erfolge dieses letzteren hauptsachlich durch seine reichen Geldmittel errungen werden. Aus dem beiliegenden Schreiben Embruns an Lionne sieht man, daB er in kurzer Zeit 20.000 Doppien zu Bestechungszwecken erhalten hat, w&hrend Totting seit neun Monaten nicht einmal seinen Gehalt bekommen hat. tJbersendet einen aufgefangenen Brief des franzosischen Gesandten in Lissabon. Absendung Wickas nach Paris durch Leopold. Reise der Kaiserin. Medinas Krankheit und Gefahr. Wenn der Kaiser ihn nicht stutzt, so ist keine Hilfe. Das wurde aber dem kaiserlichen Ansehen sehr schaden, auch bei Don Juan, ,so\on ihme duque guetentheils dependiret'.

3 Lamberg. Vgl. oben S.,11, Anm. 2.

4 Vgl. Potting, eigenh., 4. November.

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116.

Wien, 23. Dezember 1666.

tfber Albuquerque, Mortara und den Streit mit Castellar.

Potting soU die Konigin bitten, nichts daruber eu beschHe/ien

vor der Ankunft der kaiserlichen Darstdlung des Vorfattes.

Versicherung der kaiserlichen Gnade.

Eure bede eigenh&ndige Schreiben von 6. und 17. pas- sato1 habe ich zurecht erhalten. Und was den Albuquerque anlangt, frage ich kein bissl nit darnach, dass ihm die Genad abgeschlagen worden, ich habe es nur meiner Gemahlin* zue Gefallen gethan. Dass aber {Mortara} so sconsolirt,* ist mir zwar leid, aber wann er witzig ist, solle er ja erkennen, dass ich nit weniger hab thuen kflnnen. Seithero wird mein Courier darin angelangt sein und die Zeitung gebracht haben, dass mein Beilager schon vollbracht worden.

Sonsten hat sich dieser Tage ein casus zuetragen mit dem spani8chenb Botschafter, der mir viel ttble Nftcht ver- ursacht hat.a Weilen aber man jezo in Vergleich begriffen, also will ich ehistens ein Courier deswegen hineinschicken. In antecessum aber wollet Ihr die KQnigin in mein Namen bitten, sie wolle sich doch in kein empeno einlassen, bis mein Be- richt mit nebsten hineinkomme. Den Pater wollet Ihr auch hiezu disponiren. Dass Lamberg* dem Potting* also ge- 8chrieben; hat der Kaiser* nix darum gewusst. Rei publicae causa absentes nullo modo ob moram pati possunt. K5nnt Euch aller meiner Gnaden versichern, mit welcher ich ohnedies Euch allzeit gar wohlgewogen verbleibe.

Plura per cursorem, quia jam mihi deficit tempus.

1 Potting, 6. November. Die englische Verhandlung hat sich wieder besser gemacht, aber Pefiaranda und der von ihm geleitete Neidhardt scheincn ,unter dem Hiitel spielen' zu wollen. Zum Vorteile ftir sie hat sich auch sogleich Embrun mit seinen Antrfigen eines franzosischen Biind- nis8es unter Vorweisung der Vollmachten eingefunden und ist gut damit aufgenommen worden. (Vgl. Relation vom selben Tage fol. 4 vo. sq.) Puttings Tdchterlein hat die Blattern. In der Regierung geht alles

116. Or. » 8conlirt b spanische

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durcheinander, ,der Konigin allzugroBe Gtite, Pefiarandas malitia und Neidhardts Unerfahrenheit and Insufficienz' sind daran schuld. Die ,Guten* meinen, nur der Raiser kftnne helfen.

18. November. Auf das kaiserl. Schreiben vom 13. Oktober.

Die Presidencia de Fl ancles konnte fur Albuquerque nicht erhalten werden. P8ttings sebriftlicbes Anbringen desbalb ist ihm in 24 Stunden abschlftgig beschieden worden. Mortara ist sebr gekrfinkt, wie der bei- liegende Brief des Marques St. Ausne* zeigt. Die englischen Ver- handlungen lassen einen gtinstigen Ausgang hoffen. Auf die franzdsischen Macbinationen mufi man acbten. Neidbardt befolgt jetzt nocb viel weniger als frilher des Kaisers Befehle. Don Juan dflrfte aucb stutzen, wenn er merkt, dafi der Kaiser sicb seiner nicht annimmt. Seine Aspira- tionen auf die polniscbe Konigskrone wird man ihm wobl ausreden konnen. Aber das empfindet er auBerordentlich schwer, datf ihm die Titulatur eines Verwandten des Konigshauses nicht gewfihrt werde, und wird wohl darauf bestehen, dafi ihm die Kaiserin durch Verwendung des Kaisers diese Ti- tulatur geben solle.

Der Kardinal von Hessen wird sein neues Verlangen kauin erreichen kdnnen.

,Was ich vor einen guten Trost von Lamberg empfangen habe, babe ich dem Obriststallmeister gebeten Euer Kaiserlichen Majestfit unter- th&nigst beizubringen, und sintemalen ich mich allein nach Gott E. K. M. allergn&digsten Erkanntnus meiner emsigen Dienste fest steife, als wird micb nichts auf dieser Welt in E. K. M. Dienst irr machen noch discon- soliren kfinnen.*

% Ober diesen Zwischenfall u. a. Theatr. Eur. X. 197 ff., authen- tisch dargestellt in dem kaiserlichen Reskript vom 29. Dezember 1666. Es bandelte sich dabei um folgendes: Franz Christoph Khevenhiller, der kaiserliche Oberstj&germeister, hatte ftir eine der zu Ehren der Verm&hlung Leopold I. am 16. Dezember 1666 stattfindenden Jagden den Befebl er- teilt, nur Kavaliere zuzulassen. Als nun ein spanischer Kammerdiener namensStrauB (nach dem Reskript) oderUlrici (bei Leopold, 6. Jan. 1667) zurtickgewie8en wurde, schimpfte er iiber Khevenhiller in spanischer Sprache. Dieser, der Sprache kundig, gab ihm einige Hiebe mit einem spaniscben Rohre. Am 18. wurde Khevenhiller im Wagen angegriffen, und als er sich in das Haus seiner Mutter in der Breunergasse fliichtete, gaben die ihn verfolgenden Spanier mehrere Schtisse ab. Der Kutscher Khevenhillers hatte einen Stich erhalten, ein Lakai einen Schufi in den Fufi. Nun verfolgten die Lakaien Khevenhillers und anderer deutscher Kavaliere die Spanier, schossen nach ihnen und t8teten einen, verwun- deten einen anderen schwer und nahmen die fibrigen in Haft Der spa- nische Botschafter suchte sie mit Gewalt zu befreien und klagte, als dies nicht gelang, bei Hofe, doch liefi ihn Leopold nicht vor und verbot ihm und

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Khevenhiller den Hof bis nach Ordnung der Angelegenheit. Die Spanier warden bewacht. Die Vermittlung ubernahmen Lobkowitz und der p&pst- liebe Nuntius; der spaniscbe Botschafter gab eine Deprekationssatisfaktion •, Khevenhiller erkl&rte vor dem Botschafter and den Media to ren, dafl er den Spanier nicht gekannt.

117.

Wien, 5.Januar 1667.

Bezieht sich auf den letzten Kurier. Da der Kaiser der Fran

des spanischen Botschafters den Vortritt vor der camerera mayor

eingeraumt hat, so soil Potting das Gleiche verlangen. Ver-

sicherung der kaiserlichen Gnade und Zufriedenheit.

Uber dasjenige, was ich beift jiingstem Courier geschrieben habe, fallt wenig vor, als dass wir alle Gottlob wohlauf sein, in iibrigen beziehe mich auf das obige, und wollt Ihr instan- tissime urgiren, ut observetur pariter cum vestra uxore Ma- drid, weilen ich propter maximas causae zuegelassen habe, dass die camarera mayor hiesiger spanischer Botschafterin gwichen hat.

Und kOnnt Ihr wohl versichert sein, dass ich mit Euren Diensten allda hauptwohl zufrieden bin, wollet Euch auch nit bekummern, dann Ihr gwiss an uns allzeit ein gn&digsten Herrn haben werdet. Dient also dieses Schreiben nur pro coperta des Einschluss, weilen ich erst per cursorem alles geschrieben habe, und verbleibe etc.

118.

Wien, 6. Januar 1667.

Oben Handschrift des Qrafen Pikting(t): Carta auro gemmisque pre- tiosior, thesaurus posteritati NB . NB . NB.

(Durch Kurier.) tlber den Vorfall mit Castellar. Besonders gnddige Versicherung der kaiserlichen Gnade. Cber Neidharts VerhcAtnis zu Lamberg. Potting soil stets beizeiten berichten,

117. Or. * bei doppelt

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wenn hohere Stellen frei werden, damit man Icaisertreue Leute zu denselben befordern konne. Er soU in Zuhunft die ihm zu- Tcommenden Briefe Embruns der Konigin nur miindlich mit- teilen oder auch dies ganz unterlassen. Er soU sich noch Muhe geben zu erfahren, wer mit Ludurig XIV. und Embrun Jcorre- spondiert. tfber Albuquerque, Castettwr und dessen GemaMin, sowie die burgundischen Lehen. Die besseren Aussichten in den engHsch-portugiesischen Verhancttungen. Potting soU die in Spar- nien anwesenden Kuriere zurucksenden. Uber Neidhardt als Gro/tinquisitor und einige Festlichkeiten in Wien. Verlangen notch spanischer Musik und der Komodie ,Zelos aun del aire

matart.

Ich habe mit Sendung dieses eignen Couriers darum so lange zurtickgehalten/ bis ich gesehn, wie man sich mit dem hispanischen Botschafter vergleichen wtirde.

Und nachdem nun dieser Handel ganz beigelegt ist, als lasse ich diesen eignen Courier darum hineinlaufen, wobei ich Euch dieses erinder, dass Ihr Euch nit sollt lassen merken, als ob dieser Courier deswegen war geschickt worden, sondern wegen anderer Negotien.

Was aber diesen Handel selbst anlangt, wird Euch durch zwei Relacionen von der Eanzlei aus avisirt. la est httflich und succint et solum narrat speciem facti et b den Vergleich. Diese k(5nnt Ihr communiciren, und dieser mlisst Ihr Euch bei der Ktfnigin, Neidhardt et aliis ministris bedienen. 2* est fusior et acrior, und werden darin des seiior conde de Castellar seine Excessen, so gwiss grob gwest, ziemlich dilucidirt. l Weilen es aber schon alles verglichen, als will ich kein neue Handel annehmen, und miisst Ihr Euch selbiger nur pro noticia be- dienen, und da vielleicht0 andertseits das factum a re alienum m(5cht beschrieben werden, auch wann man die Noblesse und den Hof gar zu viel beschuldigen wollte, hoc casu k5nnt Ihr Euch obiger Notitien herausschtitten und derer Euchd defensive gebrauchen. Ihr werdet Eur Dexterit&t nach schon wissen, was zu thun; will mich also in hoc passu principaliter auf den despacho aus der Eanzlei beziehen und allein diese nach- folgende Erinderung beisetzen, als dass Ihr Euch befleifien

118. Or. » zurtlkhUkhgeschalldten b et doppdt c villah d Eur ITontes. U. Abt. Bd. LYI. 18

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sollet, dass man es in alien bei allhiesigen Vergleich bleiben lasse und in gringsten nix ander. Was den bando oder Relegacion des Khevenhiller 8 anlangt, weilen er nur ein For- malist und niemals zu keiner Wirklichkeit kommen soil, also soil er in Still et secreto bleiben, dann sollt hiesiger Adel etwas darum wissen, so besorge ich, es mflchten sich neue motus ereignen, et esset error novissimus peior priori, dahero Ihr auch in diesem Punkt kein einzigen Menschen nix heraus- schreiben werdt.

wollet Ihr in alle Weg best&ndig daranf verharren, ne ulla fiat mutatio cum isto legato, dann obwohl er ziemlich kitzlich und ganz furios ist, so hoffe ich doch, er werde hac occasione die Hflrner ziemlich abgestoCen haben und scheint gar klar, dass er sein Fehler und Excess erkennen thue, und also wird er viel tolerabilior sein, als etwa ein neuer sein mCchte, und sede vacante hoc tempore allhier zue haben wollt ich auf kein Weis. Und dies, soviel diesen saubern Handel betrifft; nur noch Euch mv Nachricht, dass autor (qui- dem quasi innocens) dieses Handels der Ulrici ist, so vormal, so mir recht ist, Euer Page gwest.8

Hac occasione beantworte ich 3 Eure eigen- h&ndige Schreiben von 13. und 20. November und 2. passato,4 und siehe aus dem ersten, dass Ihr ver- meint, als wann ich mit Euren Diensten nit zufrieden wftr. Mein Graf, macht Euch in diesem ganz kein Sorgen, dann ich bin gar wohl mit Eur Fleitt zu- frieden; erkenne Eure Dienst, werde auch wirklich selbe effective erkennen, und glaubt fest und sicher, dass das Refran: ,Aus den Augen, aus dem Sinn', bei mir ganz nit statthat, es mogen andere sagen und schreiben, was sie wollen. Fahrt also fort, brichtet alles fein fleifiig, cultivirt selbige ministros in plu- rali et in singulari und seid versichert, dass ich Euch niemals verlassen werde. Nit weniger kann ich nit capiren, wer doch so ein gueter Christ sein muss, der solche Lugen hineinschreibt, wie Euch Don Juan*, Medina* {et alii} avisirt haben. Sunt meraa figmenta. Euch* {abzufordern} war ja iezo gar nit de tempore, {den

118. Or. a nie Daa gesperrt GedruckU ist im Orig. unterstrichen.

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Harrach} hineinzuschicken, hat mir niemals getr&umt certo, et forsan nee Lamberg*, und merke ich wohl7 class Ihr* meint, Lamberg* {mit Neidhardt* gar estrechirt seie}, kann ich aber sagen, dass nit also, und dass Neidhardt* dem Lamberg* oft kaum drei Zeilen schreibt, absonderlich a quo magis hono- ratus est. Verlange also, dass Ihr auf alle Weis dahin Euch befleiCet zu penetriren, wer autor huius fabulae seie. Was aber Medina* et caetera 3 M6 anlangt, wie anch andre mi- nistros, so mir* wollen dienen, werd ich mich in justis in all- weg selbiger annehmen,* daher auch Petting* invigliren solle, wann vireynate, gobierni und dergleichen auskummen, b dass er bei der Ktfnigin* et Neidhardt* bei Zeiten praeoccupire, ut tales aliis praeferantur. Caesar* suo loco minime deerit, allein muess er in specie wissen, wann sich einige Aperturc er- eignet. Werdet also secundum haec principia die afflictos trosten konnen.

Was anlangt des Embrun* {seine descuprirte Brief}, d da ist der Kaiser* dieser Meinung, Petting* solle der K6- nigin* insklinftig die Communication6 nur mlindlich thun und endlich auch gar unterlassen, si esset periculum propala- tionis. Aber vor allem solle Petting* noch Diligenz machen zu penetriren, qui sint illi, {qui cum rege Galliae* et Embrun* correspondeant}. f Dem Albuquerque vergtfnne ich sein Nega- tion von Herzen wohl.6 Was den conde de Castellar anlangt, hoffe ich werde er sich aniezo wohl comportiren. Dass aber {sein Secretari des Penaranda* Creatur} sein solle,7 ist ein hflchst nothwendig Advertissament, und werdt Ihr aus dem Kanzleidespacho 8 genug vernehmen, wie die Audienz mit su prima la embaxadora abgeloffen, namlich gar guet, weilen wir alles zuegelassen und mehr schier als sie in Spanien verlangt haben. Es heiCt aber: altri tempi, altre cure. Und nachdeme gleichwohl alles ausdriicklich und expresse conditionirt worden, dass in Spanien es eben also solle gehalten werden, also miisst Ihr Euch in allweg dahin bemiihen, ein solche gleichfbrmige Declaration und Tractation zue erhalten. Sie sieht ein b6sen Weib gleich, und bin ich dem armen Teufel wohl nix neidig darum.

118. Or. a ane b auskumb c avertur d nochmals anlangt

e nochmals AC f chiffriert -eat

18»

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Aus dem Kanzleidespacho erseht Ihr auch, was ich circa feuda imperii erindern habe wollen.9 Legatus ne verbnlum de his investituris, oh temporal Ita pessumeunt negotia domus, und kttnnt ans diesem Verschub gwiss toti monarchiae ein groCer Schad erwachsen.

Nit wenig aber hat mich Euer Schreiben in dem con- solirt, dass ich siehe, dass {in negotiis} Angliae* et Lusi- taniae* noch ein so gnete Hoffhung seie; haec est enim nnica ancora salntis nostrae, dahero erwarte ich des Tyrols wohl mit Verlangen, nnd weilen aniezo schon mit diesem drei Couriere in Spanien sein, also werdt Ihr ein nach dem andern mit cur- rentibus negotiis zurtickgehn lassen, dann sonsten bald so viel Conner in Spanien sein werden als mit mir anf der Post auf Schottwien geritten sein, n&mlich vier.

Dass der Inquisitor* schon tiberall installirt ist, ben imo optime. Dass er aber sich nit zum allerbesten zeigt, non bene. Tamen caesar* putat, Potting* debere stare bene cum Neid- hardt* sine nllo respectu, quia revera iezo hat er das Heft in Handen.

Was sonsten uns anlangt, omnes bene valemus.b Sein vor drei Tagen mit 75 Schlitten gefahren, 30 mit damas, die andern lahr; darauf ein teutschen Tanz gehalten, wobei legatus Hispanus et uxor auch gwest; videtur non displicuisse meae coniugi. Gestert hat auch die verwitibte Kaiserin ein Festl gehalten, wobei mein Schatz auch gar lustig gwest. Schaue halt, sie lustig zu erhalten, dass sie alien Content habe. Be- ziehe mich etc.

[P. S.] Weilen mein Gemahl allweil verlangte, spanische Musik zu h5ren, wollet also schauen, dass Ihr mir schickt tonos humanos auf ein, zwei oder meistens drei Stimmen, und war mir lieber, wann man die ganze Musik haben konnte von einer Komedi, so vor etlich Jahren gehalten worden, und heiBt: ,Zelos aun del ayre matan*.10

1 Kaiserliches Reskript vom 29. Dezember 1666 nur diesem Gegenstand gewidmet. (Vgl. oben Nr. 116, An in. 2.)

2 Franz Christoph Graf von Khevenhiller, kaiserlicher Oberstjager- meieter, gest. 1684 ; vgl. die Anm. zum kaiserl. Schreiben Nr.l 1 6 vom 23. De-

118. Or. » inquistio b valem

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zember 1666. Diese Verbanntmg scheint in der Tat GeheimniB ge- bliebenzu sein; sie findet sich nirgends erw&hnt.

3 Im Theatr. Eur. X. 197 heitft er Uloitz; es war dies der Auf- w&rter, der trotz des Verbotes Khevenhillers zur Jagd zugelassen werden wollte.

4 Pdtting, 13. November, auf das kaiserliche Schreiben vom 15. und 19. Oktober.

Am 10. ist hier die Nachricht angekommen, daC die ,entrega' der Kaiserin am Lukastage stattgefunden hat. Der Wunsch des Herzogs von Albuquerque wird kaum erfullt werden. Man ist ihm gar nicht gtin- stig gesinnt, Medina hat sogar gesagt, er verdiente eher Strafe als Be- lohnung, da er insbesondere in Mailand den Fiirsten Matthias und Monte- cuccoli nicht gebtihrend behandelt hat. In den englisch-portugiesischen Dingen stent es jetzt viel besser und Medina hat das Hauptverdienst daran. Die p&pstliche Bulle fur Neidhardt ist schon da. Der Wunsch des Raisers, die Namen der Minister, die mit Frankreich korrespondieren, zu erfahren, wird schwer zu erftlllen sein, denn Pottings Konfident sagt, dafi Embrun den Schlflssel zu den ChifFern fur die Personennamen immer bei sich selbst verwahrt.

20. November (achttagige Relation). Pdtting erf&hrt von mehreren Seiten, eine hochgestellte Person am kaiserlichen Hofe habe geschrieben, die dem Raiser ergebenen spanischen R&te diirften nicht auf Schutz vom Raiser hoffen, da dieser Neidhardts Vorgehen in allem billige. Pottings Relationen batten gar keinen Einflufi, ja man denke daran, ihn abzu- berufen und durch Harrach, der durch Lamberg ganz von Neidhardt ab- h&nge, zu ersetzen, u. dgl. m. Medina, Mortara und Montalto sind ganz verzweifelt und erklfiren, nur noch warten zu wollen, bis die Kaiserin bei dem Raiser angekommen sei, um zu sehen, wie der letztere dann han- deln werde. Den Autor dieser Nachrichten hat Potting bisher noch nicht entdecken konnen. P. Neidhardt verffihrt nunmehr ,weit mehrers despotice und gleichsam imperiose'. Er hat jetzt eben das ,valimiento'.

Wegen seiner zwei verhafteten Diener konnte Potting bisher nichts erreichen; das zeigt wieder, wie wenig sich Neidhardt um die Aufrecht- haltung des kaiserlichen Ansehens ktimmert.

2. Dezember. Auf das kaiserliche Schreiben vom 10. November (?) Die englischen Verhandlungen stehen gut und er tut sein Mdglich- stes zu ihrer F5rderung, wie Sandwich selbst wird bezeugen konnen. Desto mehr kr&nkt es ihn, dafi der Ranzleibefehl dies nicht anerkennt, und er bittet um Schutz gegen seine Feinde bei Hofe. Mit den Nachrichten fiber Frankreich geht er sehr vorsichtig um, die Spanier aber nicht, daher wird man die Mitteilungen an diese einstellen miissen. Dem Don Juan hat er auf Medinas Rat durch den beiderseitigen Vertrauten Mondejar nur jene Stellen aus den franzdsischen Briefen mitteilen lassen, in denen von

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ihm ge8prochen wird, and zwar urn ihm zu zeigen, wie wenig ihn die Franzosen sch&tzen, und ihn dadurch desto mehr an den Kaiser zn fesseln. Castellar wird seinerseits, ,au£er der hiesigen Influenzien nicht viel operiren'. Er wird wohl sehr von Penaranda abhfingen, da sein Sekretar ,des Pefiaranda domesticus ist(. Gewifl ist, daC Castellar angewiesen worden ist, mit Auersperg besonderes Vertrauen zu pflegen.

5 Geineint Bind : Mortara, Montalto und Mondejar.

6 N&mlich die Verweigerung seiner Ernennung zum PrSsidenten des Rates von Flandern. Vgl. des Kaisers Brief vom 15. Oktober 1666, Nr. 109, und Pitting, 13. November 1666, S. 277, Anm. 1.

7 Diese Nachricht findet sich in Pottings eigenh. Schreiben vom 2. Dezember, zu Ende.

8 Das Kanzlei schreiben ist vom 5. Januar 1667 und bezieht sich auf PSttings Relationen vom 6., 13., 18., 20., 27. November und 2. Dezember.

In dem obigen Punkte wird mitgeteilt, dafi der Kaiser aus Rtlck- sicht auf die Konigin von Spanien der Gemahlin des Botschafters wirk- lich den Vortritt vor der camarera mayor gelassen babe, doch unter der Bedingung, dafi es bei seinem Botschafter in Spanien ebenso geschehe; also im wesentlichen nichts anderes, als der Kaiser ohnehin schreibt.

9 Ebenda. Es war bisher gebr&uchlich, dafi beim Tode eines Lehenstr&gers des Reiches sein Nachfolger innerhalb eines Jahres um Neubelehnung ersuchte. Nun hat man das von spanischer Seite nicht ge- tan, obwobl schon mehr als ein Jahr nach dem Tode Konig Philipp IV. verstrichen sei. Potting soil also darauf dringen, da£ es geschehe. Kann man die notigen Vorbereitungen dazu nicht so schnell treffen, so soil Spanien einstweilen um ein Indult einreichen, damit niemand von Felonie u. dgl. reden konne. Der Kaiser hat dariiber auch schon dem Castellar sprechen lassen.

10 = ,Die Eifersucht sogar gegen die Luft ist todlich.* Das Sttick ist von Calderon und wurde nach Hartzenbusch (Autores espafioles XIV. 679) 1662 zuerst aufgefiihrt, und zwar im ,Buen Retiro*.

119.

Wien, 20. Januar91 1667.

Vber Medinas bedrohte Stdlung und Neidhardts Verhaltnis eu Auersperg und Lambery. Schlittenfahrt und andere Festlich-

keiten.

119. * IrrtumlicJi aU vcm 20. Februar einregiatriert

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(Antwort auf die Briefe vom 27. November and 4. and 16. December. l

Ftir die publica bezieht er sich auf die Kanzlei.2)

Was aber den Medina* anlangt, hat der Kaiser* nit unterlassen, der KOnigin* gar beweglich deswegen zuezue- schreiben. Man hat dem P. Neidhardt* auch also den Puis griffen, dass ich vermeine, es solle heiCen: sapienti pauca. Will also gern vernehmen, was vor ein Ausgang nehmen wird.

Die Kflnigin* schreibt zwar mir* continue, es kommen starke Klagen ein wider den Medina* absonderlich in puncto justitiae und wegen {des oidor Horatio de la Torre},3 muss also auch nit gar lahr sein. Ich habe dies Werk also reprae- sentirt, dass ich fast nit wissen kann, warum man mir dies nit solle zue Gefallen thun.

Dass Auersperg* und Lamberg* soa ein intrinsecam cor- respondentiam mit Neidhardt* haben sollen, esse potest. Von Lamberg* ist nit der halbe Theil also wie man vermeint, und ich weiC, dass er mit Neidhardts* Actionen selbst ziemlich iibel zufrieden. Tempus ut spero meliora dabit.

Was sonsten uns anlangt, sein wir alle Gottlob gar wohlauf. Das Schlittenfahren geftlllt meiner Gemahel recht von Herzen wohl wie auch die andern Fest. Ich kann mich nit langer mit Schreiben aufhalten, dann die Zeit ist zue kurz, und ich ver- bleibe etc.

1 Potting, 27. November (iiber Barcelona). Die englischen Dinge sind in der Scbwebe. Auf sein neuerliches Ansuchen um Subsidien hat Neidhardt eine ganz ungenugende ErklSrung abgegeben. Potting schlieflt ein Stuck aus einer Relation Castel Rodrigos aus der Zeit von dessen Gresandtschaft in Deutschland bei, die er durch Angelati erhalten hat, woraus so recht zu ersehen ist, ,was vor eine principia diese ministri gegen dem Kaiser und der deutschen Nation fiihren*. Wenn der Raiser auch so gegen sie vorginge, wiirden sie gleich andere Saiten aufziehen.

Neidhardt schlagt sein neues Amt nicht gut an, er ist immer un- wohl, die Last ist ihm eben zu groti.

4. Dezember (fiber Barcelona). Neidhardt und Medina sind neu- lich an einander geraten (in der Kanzleirelation vom selben Tage wird dies ausfiihrlich nach dem Berichte Medinas geschildert) wegen der Prasi- dentschaft von Italien. Medina wird sich da mit aller Kraft wehren; er

119. Or. mit so

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wartet zunachst nur, ob ihm der Kaiser zu Hilfe kommen wird. Jeden- falls kann die Sache gef&hrlich werden, denn Medina hat grofien Anhang im Adel, stent gut mit Don Joan und ist beim Volke beliebt.

16. Dezember, auf das kaiserliche Schreiben vom 10. November. Der geheime Weg ist wohl recht langwierig, aber trotz alles Herumsuchens findet er keine andere so sichere Gelegenheit.

Die englischen Dinge stehen auf dem alten Punkte, Embrun intri- guiert dagegen. Medina wird sich fur die versprochene Protektion be- danken, ob sie aber niitzen wird?!

Woher Neidhardt alles das weifl, was Potting bench tet, ist schwer zu sagen. Lamberg korrespondiert ,ganz intrinsece' mit ihm, Auersperg mit Pefiaranda und La Fuente, welche beide intim mit Neidhardt sind; einige meinen, da£ Auersperg mit ihm direkt korrespondiert. Don Juan hat nie mit Frankreich korrespondiert. Er erwartet, durch des Kaisers Fiirsprache vom Konig als Verwandter anerkannt zu werden. Wegen der Verhaftung seiner beiden Diener wird Petting nicht nur keine Satisfaktion gegeben, son d era man ,will ihn noch ferners vor culpirter halten*. Er wird also jetzt schlechter behandelt als zu des Konigs Lebzeiten, bittet den Kaiser um Entscheidung.

2 Kanzleischreiben vom 19. Januar. Pitting hat darauf bin zu ar- beiten, daU die Spanier sich mit den Englandern und Portugiesen einigen, namentlich da Sandwich jetzt selbst verspricht, dafi England Portugal notigenfalls mit Gewalt zur Annahme der jetzigen Bedingungen zwingen werde. Die franzosischen Anerbietungen einer Liga sind, als unehrlich gemeint, abzuweisen. Uber polnische Angelegenheiten. Streit Medinas mit Neidhardt. Pottings Geldforderungen und sein Streit mit der spa- nischen Justiz wegen seiner Diener. Ob von den neapolitanischen Sub- sidien etwas zu erreichen sein wird, ist fraglich. Potting soil sich der deutschen Truppen, die man in Spanien ganz zu Grunde gehen l&flt, an- nehmen. Die ,franzosische Korrespondenz4 mSge fortgesetzt werden. Der Remoulin, der sich zu ahnlichen Diensten anerbotund, da es offen- kundig wurde, in das Mailandische fliehen muBte, ist moglichst vor der Rache der Franzosen zu schiitzen. Die Kommunikation flber die polni- schen Angelegenheiten ist vom 18. Januar.

3 Horazio de la Torre war wahrscheinlich Auditor (oidor) im Rate von Italien, dessen President der Herzog von Medina de las Torres war. Im Jahre 1670 war er Staatssekretar (Secretario de estado; Potting, Re- lation 1. Oktober 1670.) Mitte 1671 wurde Horazio zum ,Regente* im Rate von Italien fUr Sizilien ernannt. Cod. d. Hofb. 9737 p. fol. 12.

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120.

Wien, 3. Februar 1667.

tTber Pottings Handel mit der Madrider Polisei und Neidhardts

Benehmen. Der Kaiser hat sich toieder fur Medina verwendet.

fiber Embruns Schreiben in Bezug auf Don Juan und das

grofie Rofiballet in Wien,

Der Tyrol 1st den 21. passato allhier angelangt und bat mir Enre despachos von 1. Januar mitgebracht, sodann habe icb auch bei der via secreta liber Augsburg ein Schreiben1 von Euch empfangen. Die Ordinari aber, so jlingsten Sonntag all- hier h&tte einlangen sollen, ist vor diesmal ausgeblieben, sogar dass der Langenberg von Brtissel nit ein Wort schreibet, was es damit vor ein Beschaffenheit hat, und ob sich einige curiosi vielleicht delectirt haben mtfchten selbe zue visitiren.

Was nun zu vorderist Euer Schreiben anlangt, habe ich Euch ziemlich ausfUhrlich in allem durch die Kanzlei beant- worten lassen,2 will also mich cum inutili repetitione et tem- poris iacturaa nit aufhalten, sondern simpliciter mich darauf beziehen.

Was aber Euren Handel mit der Justiz allda anlangt, ist mir von Herzen leid, dass solche lances sich zuetragen. Noch hat der conde de Castellar nix dergleichen bei mir angebracht. Sollte was geschehn, will mich also declariren, dass Eure Re- presentation und Reputacion salvirter bleiben, und k5nnt Ihr Euch wohl versichert halten, dass ich mit Euch gar wohl zu- frieden bin; dass aber Neidhardt* nit recht dazue [schaut], nescio capere. Ich habe ihm aber selbes ziemlich klar buchstabiert. Was Medina* anlangt, hat der Kaiser* der Kflnigin* abermal gar eifrig geschrieben, hoflFe ein gueten Effect, und kann Pot- ting* dies wohl auch dem Medina* pro consolacione vermelden. Was in Embruns* Schreiben wegen des Don Juan* stehet, ist ein Hauptsach und gar gesalzen, und muss Potting* gar haklich damit umgehen.b Sein Pottings* Dexterit&t wird schon recht zu thun wissen.

120. Or. * iactura mich b umbge

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Sonsten sein wir alle Gottlob gar wohlauf, und mein Ge- mahel schickt sich gar schttn in die teutschen Branch, nnd habe ich dieser Tagen den Rossballet halten lassen;3 ich soil es nit loben, weil ich es halten lassen, Ihr ktfnnt aber gwiss gesichert sein, dass a saeculis nix solches gesehn worden, dahero ich Ench hiemit zehn exemplaria von dessen Beschreibung mit Kupfern schickena wollen, dass Ihr auch was davon nnter da- sige Gesandten und ministris austheilen k5nnt, dass es ein wenig in [die] Welt komme. Verlanget Ihr noch was, so will ich Euchb ein etliche schicken. Und ich verbleibe etc.

1 Das Konzept zum ersten Schreiben ist vom 31. Dezember 1666. Da die Spanier wegen seiner beiden Bedienten nicht nur ihm keine Satis- faktion geben, son d em er auch erfahren hat, dafi sie ihn gleichsam als schuldig hinstellen und beim Raiser verklagen wollen, so schildert er hier- mit den Vorgang der Sache (namlich in der ungemein langen Kanzlei- relation, vgl. auch ganz kurz im Diariuin 26. Oktober, fol. 206 vo.; es handelt sich da rum, dafi Pottings Koch und Einkfiufer auf offenem Platze von den Alguazilen verhaftet wurden). Er hat trotz aller Bemiihungen nichts erreichen konnen und es scheint, dafi man ihn nur weg und Har- rach herbringen will. Das wfire bei dem jetzigcn Stande der Dinge auBer- ordentlich gefahrlich u. s. w.

Es folgt ein Duplikat der koniglichen Resolution wegen der Sub- sidien von Neapel. Ob es was niitzen wird, ist fraglich.

Die neuen franzosischen Nachrichten zcigen, wie konsequent die Franzosen in ihrer malitia fortfahren . ,Was sie mit Don Juan zu practi- ciren im Sinne haben, ist wohl ein rechte macchiavellistische subtile Lec- tion.* Potting hofft vorzubauen, es wSre jedoch gut, wenn der Kaiser jenem irgend eine Gnade erzeigte.

Das Schreiben ,per viam secretam* diirfte das vom 18. Dezember 1666 sein, welches nach P5ttings Vermerk wirklich iiber Barcelona gegangen ist. Die Glocke von Belilla (de Cinca) lfifit sich horen und das bedeutet immer etwas Schlechtes. P5tting wird ein Buch, welches darilber handelt, durch den n&chsten Kurier Tyrol ttbersenden. Gremonville korrespondiert mit einem hiesigen Geistlichen sehr vertraulich. Potting kann allwochent- lich urn vier Dublonen Abschriften davon haben.

Die hiesige Jesuitengesellschaft ist mit Neidhardts Benehmen nicht zufrieden und will ihm dies auch zu wissen tun.

2 Kanzleireskript vom 1. Februar 1667 (groBtenteils chiflFriert ohne gleichzeitige Auflosung). Wegen Pottings Streitfall mit der spanischen Jiistiz muJB der Kaiser noch weiteren Bericht erwarten. . . . Potting soil

120. Or. Kupfer sclin b Bur

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sich nicht we iter einmischen bei dee Kardinah von Hessen ,praetension beeder gesamter protectoratuum Germaniae et Hispaniae'. Lob fur die Beibringung der geheimen franzosischen Korrespondenz, besonders dee Briefes Telliers an Embrun. Vielleicbt ware es gut, diese Dinge Don Juan mitzuteilen. Wenn es Potting schon getan hat, gut; hat er es noch nicht getan, so soil er zuerst zu ergrdnden suchen, ob und was Don Juan davon weiti, was Embrun schon an ihn gebracht hat und was er geant- wortet hat. Da das Ifinger dauern wurde, so konnte dann die Mitteilung an ihn ausfallen. dagegen hat Pitting die ganze Angelegenheit der KSni- gin und Neidhardt mitzuteilen, damit man beizeiten dagegen Vor- kehrungen treffen kann. Er hat aber dabei mit grower Vorsicht vorzu- gehen.

Medina hat sich beim Kaiser brieflich und durch Vermittlung Diego de Prados iiber die gegen ihn gerichteten Fein dseligkei ten beklagt. Pot- ting hat ihm das beifolgende kaiserliche Schreiben zu Qbergeben, ihn zu trdsten und ihn auf jede Weise von dem Gedanken abzubringen, den er zu Ende seines Briefes ausgesprochen hat, sich auf das Land zurflckzu- ziehen; der Kaiser hoffe noch auf viele Dienste von ihm. Ebenso hat Potting Mortara und Mondejar die ,Antworten und Consolatorias* zu ubergeben und sie der kaiserlichen Gnade zu vers ich era. Das Duplikat der koniglichen Anweisung auf die neapolitanischen GefftUe hat der Kaiser erhalten, Potting soil jedoch in dieser Angelegenheit keine wei- teren Schritte tun, etc.

Die Duplikate der erw&hnten Schreiben liegen bei.

3 Gemeint ist das beruhmte Rofiballet vom 24. Januar, in welchem der Kaiser selbst mitspielte. Ausfiihrliche Beschreibungen im Theatr. Eur. X. 1, 497 514 mit Bildern; Leopold des Grofien Leben und Taten II. 502 538 etc. Ersonnen wurde es von Francesco Sbarra, die Musik dazu komponierte der langj&hrige kaiserliche Kapellmeister Antonio Bartali, die Einiibung wurde von dem Kammerer des Grottherzogs von Florenz, Ales- sandro Carducci, geleitet. Er kam eigens hierzu aus Italien und wurde nach der Wiederholung des Ballets am 31. Januar vom Kaiser mit 20.000 Gulden beschenkt und zum Baron erhoben. Vgl. auch die Schilderung in Montecuccolis Schrift ,Balletto a cavallo e corsa di lancia di S. M. C 1667 mit Zeichnungen.

121.

Wien, 17. Februar 1667.

Aus Spanien sind keine Briefe angekommen. Lisola schreibt,

England habe die Vermittlung des Kaisers angenomtnen. t)ber

Festlichkeiten in Wien.

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284

Wir haben diesmal wieder keine spanische Brief zu dato erhalten und haben also keine empfangen seithero des Couriers Tyrols, als zwei von Ench von 25. und 29. December,1 habe also vor diesmal wenig zu schreiben. In publicis me remitto ad priora, solum dico;a{dass Lisola mir* schreibt, dass der Kttnig in England4' mediationem caesaris* angenommen habe}.9

Sonsten sein wir samt alien Angehttrigen gar wohl auf und unterhalten uns mit Faschingspassatempi. Schicke Euch unterschiedliche Eomedien und ein lista von der Wirtechaft, so heut gehalten wird. Eur Vetter der Bastl8 ist Chineser worden, haben ihn ganz ausmundirt, dann ich ohnl&ngst von ein patre S. J. ein original chinesisch Eleid bekommen habe.

Caetera proxime, und ich verbleibe etc.

1 Potting, 25.Dezember (iiber Barcelona) korz und inhaltslos. Der zweite Brief (29. Dez.) ist im Konzept datiert vom 30. Dezember und ist eine Ant wort auf das kaiserliche Schreiben vom 25. November. Ebenso inhaltslos, da die ausfilhrliche Relation dem Tyrol mitgegeben wurde. Nur erw&hnt Potting, da£ er gegenwfirtig keinen schnelleren geheimen Weg finden konne.

2 Vgl. Pribram, Lisola 303 f.

3 Graf Sebastian Potting. Vgl. oben S. 65, Anm. 4.

122.

Wien, s- M&rz 1667.

Die spanische Ordinari ist toieder ausgeblieben. tTber die Freude in Madrid wegen der Ankunft der Kaiserin in Wien und die Rede des Meinen Konigs hieriiber. Das Verhaltnis swischen den beiden Kaiserinnen und Streitigkeiten der spanischen Frauen. tJber die spanische Regierung, das Auftreten des Fray Juan de Sta. Maria, die Einfiihrung Pottings in das voile Vertrauen der Konigin, den Stand der englischen Verhancttungen und die Pro- position Fiirstenbergs. Potting soil diese uberall in Spanien tnit- teilen und auf den bevorstehenden Angriff Ludwig XIV. auf- merksam machen. Hoffeste. Tod Schallenbergs. Der Beichtvater der Kaiserin predigt jetet jeden Freitag spanisch.

121. Or. »dicos

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Diesmal ist abermal and schon zum dritten die spani- sche Ordinari nit al pla^o solito ankommen, habe also annoch zu beantworten Eure relagiones von 8. und von* 13. b Januar.1 Und habe gar gern verstanden,0 dass die Ankunft meines Cou- riers nnd die notitia der Anknnft meiner Gemahel so grofies Frohlocken verursacht, und ist der Befehl des KtJnigs an Euch : „Di tu a mi zioad wohl holdselig gwest und ktinnt vielleicht mit Gottes Hilf sein Effect haben, dann wir schon in einer neun- tagigen Hoffhung sein, so Gott weiters segnen wolle.2

Dass die materia des Handkuss ein solchen larma allda erweckt, ist leicht zue glauben. Es ist aber iezo alles still et sic non irritandi crabrones, anzi die beede Eaiserinnen haben einander von Herzen lieb und [geht] kein Wochen vorbei, dass sie [nit] drei oder viermal beisammen sein. Vetulae etiam se bene accommodant, doch hat die Eryl neulich ein neu'n Disgust gehabt cum imperatrice vidua, attamen sine ulla vel minima causa, sed ex aliquo casu accidental^ ist aber alles guet.

Die guarda mayor hat auch den bel humor machen und der Aja meiner Schwester, der Grafin von Lamberg, nit weichen wollen. Attamen me iubente ex causis iustis tandem se sub- misit. Also schreibe ich diese Sachel nur por mayor, auf dass Ihr ein Vorgeschmack hattet,e si excitarent ibi rumores, und dass Ihr wisst und die Kdnigin versichern kOnnt, dass der Teufel nit so schwarz, als man ihn malet, und dass die beeden Kaiserinnenf recht von Herzen einander lieben und gar gern beisamm sein.

Was anlangt, dass das guberno* noch in vorigen terminish gehe, ist mir leid, aber quid remedii?, absonderlich cum multa a multis turbentur, und ist des fray Juan de Sa Maria3 Freiheit ziemlich grofi gwesen, doch religiosis viris talis1 zelus minime est vertendus vitio et si passionek careat.

Was Eur Person anlangt und {die Introduction derselben* in die Confidenz} der Kdnigin*, hat der Kaiser* nochmals das Seinige gethan, spero cum bono effectu.

Aus Eurem P. S. habe ich gern verstanden, dass Anglica in bessern Stand seien, weilen aber der vertrflstete Courier an- noch nit angelangt, anxii haeremus, imo novas suspicamur tricas.

122. Or. v. b 16. ° verstand d detur amitio e hette f Kai- serin * gubero h termin l tali k unricher

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286

Sodann verhalte ich Euch gn&digst nit, was ohnlfingst der allhier anwesende {Graf Wilhelm Fttrstenberg4 nomine Kttln* vel potius ex instinctu regis Galliae* a vor ein Proposition dem Kaiser* gemacht} und was dieser* daranf durch Lamberg* dem Proponenten antworten lassen.5 Doch wird Euch derOberstk&mmerer schreiben, und wollt es der Ktfnigin, dem Inquisitor und andern ministris, prouti vobis videbitur, communiciren, dabei auch an- henken und gwiss vermelden, dass ich die gwisse Nachricht hfttt, dass der K(5nig in Frankreich* auf kiinftigen Frtihling {mit der Konigin* brechen} und {Belgium angreifen werde}, caveant ergo sibi, ne praeveniantur. Ich melde es redlich; Deus det, ne tarde.

Schliefilich befinden wir uns alle wohlauf und haben den Fasching lustig beschlossen, auCer dass ein armer Edelknab imperatrici8 viduae, ein von Schallenberg, in einer Masche* rada mit dem Ross gefallen und den Hals an der Stell ge- brochen hat.6

Jezo singulis diebus Veneris contionatur confessarius meae coniugis in lingua hispanica. Und ich verbleibe etc.

1 Potting, 8. Januar 1667. Am 4. ist der Kurier mit der Nach- richt von dem erfolgten Einzuge der Kaiserin in Wien hier angekommen und mit unbeschrciblicher Freude empfangen worden. Die englisch- portugiesischen Verhandlungen befinden sich noch im alten Stand. Potting wird sich den von Lamberg angegebenen geheimen Weg fiber San Seba- stian angelegen sein lassen.

Als zweiten zu beantwortenden Brief Pottings nennt Leopold einen solchen vom 1 5. Januar. Dies dilrfte jedoch ein Irrtum sein, da die von Leopold erw&hnte Angelegcnheit des Handkusses in P6ttings Brief vom 13. Januar behandelt wird. Zwar hat Potting dem Schreiben vom 15. Ja- nuar ein Duplikat der Relation vom 13. beigelegt, aber da Leopold zu Begin n seines n&chsten Briefes unter den zu beantwortenden Schreiben Pottings wieder dasjenige vom 15. Januar anftibrt, so diirfte hier wohl der Brief vom 13. Januar gemeint sein.

Der Inhalt des Pottingschen Schreibens vom 13. Januar ist fol- gender :

Er hat durch den Kurier auch die Befehle des Raisers erhalten. In der Relation berichtet er ausffibrlich namentlich fiber die Reden und An- sichten der Spanier in Bezug auf den HandkuB fur beide Kaiserinnen von den spanischen Damen. Die Spanier geben natiirlich den ihrigenganz recht.

122. Or. a AC = regina Hispaniae

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287

Pfitting wuflte nichts darflber zu sagen, da er hierfiir keine Weisung hat. Die Konigin hat ihm gesagt, sie habe der Heril den Befehl gegeben, sich ganz der Lebensweise des Kaisers anzubequemen.

Potting ist zu Neidhardt gegangen und hat ihn instandig gebeten, doch den Wiinschen des Kaisers zu folgen, besonders , rati one tarn neces- sariae introductionis meae personae in maiorem confidentiam reginae4,aber Neidhardt hat nur mit allgemeinen Redensarten geantwortet. Er wird die Folgen allein zu verantworten haben.

Vor kurzem hat der ,Pater Juan de Santa Maria, Mercenario des- calzo und General seines Ordens, so dem Konig in seinem agone assistirt gehabt', der Konigin aus eigenem Antrieb den traurigen Stand der Mon- archic vorgehalten und sie gebeten, genauer dazuzusehen und nicht einer unerfahrenen Person (Neidhardt) alles anzuvertrauen. Er musse dies aus Angst vor der Verdammnis ihr vortragen, auch sie sei in ,aequali periculo damnations', trotz ihrer personlichen Frommigkeit, denn diese geniige wohl fiir Privatpersonen, diejenigen aber, denen das Wohl eines Staates anvertraut sei, muBten ihre Zeit noch zu anderem als zu Andachten ver- wenden etc.

Die Konigin hat alles angehort und ihm befohlen, wieder zu kora- men. Vielleicht wird er eine Besserung bewirken. Die Konigin muC sich irren, wenn sie sagt, Potting teile ihr seine franzosischen Nachrichten nicht mehr mit, wohl aber zieht man keine Lehren daraus.

In den Verhandlungen mit Sandwich hangt es jetzt an der Aus- dehnung des Waffenstillstandes auf sechzig Jahre.

2 Hierilber enthalten die eigenh. Schreiben Pottings nichts, die Relationen aus dieser Zeit aber sind verloren. Nach sonstigen AuJBerungen zu schlieCen diirfte der kleiue Konig den Wunsch ausgesprochen haben, seine Schwester, die Kaiserin, moge ihm bald die versprochene Braut be- scheren.

3 Fray Juan de Santa Maria. Vgl. Potting, 13. Januar oben Anm. 1 .

4 Graf Wilhelm Egon Furstenberg, geb. 1629, gest. 1704, ebenso wie sein Bruder Franz Egon (geb. 1625 [26?], seit Januar 1663 Fiirst- bischof von StraCburg, gest. 1682; der dritte Bruder Hermann Egon, geb. 1627, starb 1674 als Oberhofraeister des Kurfursten von Bayern) ein be- geisterter Anhiinger Frankreichs, damals Vertrauter des Erzbischofs von Koln und Ludwig XIV. Mai 1664 wurden sie vom Kaiser in den Reichs- fiirstenstand erhoben und 1667 in das Kollegium eingefuhrt. 1672 warb Wilhelm ein Regiment fiir Frankreich, wurde auf Lisolas Rat hin Februar 1674 beim Kongrefi von Koln durch die Kaiserlichen gefangen und erst durch den Nymweger Frieden befreit. 1682 wurde er Fiirstbischof von Straflburg und 1686 Kardinal. Fiir seine Mission in Wien Pribram, Li- sola 333 ff.; Mignet, 1. c. II. 325 ff.; Legrelle, La diplomatic francaise et la succession d'Espagne I. 116 ff.

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5 Das Kanzleireskript vora 6. Marz ist nicht vorhanden. tlber die Sache vgl. Mignet, Legrelle, Pribram, Lisola 11. cc. (Anm. 4.)

6 Vgl. fflr diesen Unfall Diar. Eur. XVII. 104.

123.

Wien, 16. M&rz 1667.

tfber Castdlars Angelegenhe%t und Peflarandas Verhaiten hierin, iiber einen Brief Gremonvittes und anderes, den geheimen Weg, die burgundischen Lehen, den Vortritt der Gemahlin des Bot- schafters var der camarera mayor, Ossufia und Don Juan, iiber Musik und die erwartete Komodie, die englischen Verhandlungen und die Schwangerschaft der Kaiserin. Die beiden Schwestern des Kaisers haben die Steinblattern.

Die Post ist wiederum in ihrer Richtigkeit, habe also vor diesmal Each auf fUnf Schreiben zu antworten, als von 15., 22. und 29. Jenner, 2. und 11. passato,1 und greicht mir zuvor- derist Euer gehormsamster Fleifi zue absonderlichem Gefallen.

Was jezo anlangt den Handel, so mit Castellar* allhier gwest, ist alles wohl abgangen, und habt Ihr hierin wohl ne- gotiirt und Euch meiner Intention nach verhaiten, habe auch gar gern des Castellar* {Relation} gesehn; er hat aber darin der Wahrheit ein ziemlichs Unrecht gethan und sie wohl ge- spart. Basta, son cose fatte.

Dass Penaranda sich darin so wider erzeigt, esta con- forme prioribus, non autem illis Frankfurtianis, ubi dixerat: „A1 emperador quiero como a mi hyjo y lo tengo por tal" et his similia.2

Das foglietto von {Gramonville} ist curios, wollt damit continuiren, wie auch mit dem wftlschen von Madrid, quia con- tinet aliqua particularia curiosa. Dass Ihr den neuen Weg liber St. Sebastian benlitzt, ist guet, aber ist eben von 2. Februar mit dem von 11. uno eodemque tempore allhier angelangt.

Was die feuda imperialia anlangt, freut mich, dass die Herren Spanier [sehen], dass ich mehr auf ihr Interesse obacht habe als sie selbsten.

128. Or. *es

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Was anlangt die Praecedenz zwischen der camarera mayor und Bot8chafterin, wollt Ihr Euren Befehlen inhaeriren. Damit Ihr aber meine eigentliche Intention wisset, dico dass ich nit hoffe selbe anitzo zue erhalten, aber ut maneam in praetensione,a ut suo tempore bei ein ander embaxador allhier auch wieder das contrarium practiciren kGnnte, wie Ihr alles mehrers aus dem despacho axis der Eanzlei verstehen werdet.8

Was nun die Provision des vireynats in Catalonien an- langt, ist selbe wohl mit dem Ossxina4 bestellt, wie meine Spa- nierinnenb selbst sagen, und der Eril gehet er doch gar nit [in] Kopf, weilen sie ihre Gtieter6 allda hat. Dass aber Don Juan* solches nit geben worden, videtur mihi prudentissime factum, dann stantibus notitiis des Embrun* hatte er wohl gar nit hin- getracht.

Was die musicalia anlangt und die Komedi in musica, erwarte ich selbe mit Verlangen. War sie noch nit weg, so erinder ich Euch, dass [Ihr] die musicos erindern sollet, que embien los tonos y la comedia puesta en pardidura.5

Was aber die Anglica anlangt, doleo quod res in tarn dubio haereant statu und beziehe mich auch in hoc puncto wie in den Ubrigen auf die Kanzlei.

Caeterum bene valemus y con la continuation feliz de la sospecha en 23. dia.6 In 13 oder 14 Tagen wird sie den Guardainfant weglegen und die gravidanza also publicirt werden. Meine Schwestern haben bede die Steinblattern, doch gar wenig et sine ullo vel minimo periculo. Verbleibe etc.

1 Potting, 15.Januar. Der Abschlufi mit England ist von Seiten Spaniens geschehen. Jetzt handelt es sich darum, ob England Portugal zum Abschlusse bringen wird.

22. Januar. Die englischen Verhandlungen gehen langsam.

Dem Don Juan bat er dem Befeble gem&£ wegen der polniscben Dinge durch dessen Sekretftr jede T&uschung benebmen lassen. Er hat auch die franzosische Nachricbt ilber jenen der Konigin mitgeteilt; diese hat be- schlossen, das ganz geheim zu halten. Es scheint, als ob roan Don Juan die Vizektinigstelle in Aragonien geben wolle- aber es ist fraglich, ob er sie ann&hme etc.

28. Januar. Den 25. ist der Kurier Castellars mit der Nachricht ilber dessen Streit am kaiserlichen Hofe angekommen. Er soil sich fiber

123. Or. » praetension b Spanierin Guetter in Fontei. U. Abt. Bd. LVL 19

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die kaiserlichen Minister and besonders fiber Lamberg gar nicht schmeichel- haft ausdriicken. Peflaranda ist naturlich sehr aufgebracht. Pitting weiB von der Sache nocb nichts, er hat daher die Konigin nur gebeten, ihr Ur- teil bis zum Eintreffen der kaiserlichen Nachrichten tiber die Sache auf- zuschieben.

Neidhardt ist dabei gar nicht wohl, er fuhlt sich zwischen Scylla und Chary bd is.

Es foigen zwei Schreiben Gremonvilles.

Soeben komrat die Ordinari mit dem kaiserlichen Befehle vom 23. Dezember 1666 mit der Information fiber den Fall Castellar und Ver- sprechen der Sendung eines Kuriers.

2. Februar. Mit diesem Brief e geschieht die erste Probe mit dem neuen Wege fiber San Sebastian. Am letzten Januar ist der kaiserliche Kurier mit der Darstellung des Vorfalles mit Castellar hier angekommen. Castellar hat die Sache ganz anders dargestellt und vor allem Uber Kheven- hillers Relegation nicht das vom Kaiser gewfinschte Geheimnis gewahrt; daher wird man von hier aus wahrscheinlich die wirkliche Ausftthrung derselben verlangen. Man meint hier, Castellar werde sich nicht lange in Wien halten konnen. Die Konigin und Neidhardt diirfen nicht positiv fur den Raiser eintreten, um nicht den Verdacht der Parteilichkeit auf sich zu laden.

11. Februar. Potting dankt fur die kaiserliche Versicherung der Gnade im letzten Briefe (durch den Kurier vom 6. Januar.) Der Vorfall mit Castellar ist sehr ,nachdenklich', ,allhier wttrde man £. K. M. Bot- schafter in simili casu anderst tractiren ; wollte es in meiner Person nit gem probiren'. Er hat Neidhardt die zweite Beschreibung des Falls, nicht die erste, mitteilen milssen, um den Eindruck von Castellars Relation (die er insgeheim erhalten hat und mitschickt) zu paralysieren : Er hat dadurch erreicht, dafi man die Fehler Castellars einsieht, und ohne sein (Puttings) Zureden hfitte man jenen sicher abberufen.

Alle Minister meinen, Castellar werde nicht lange in Wien bleiben konnen, und das ist auch sehr wahrscheinlich, da er in vierzehn Tagen drei solche Sachen gemacht hat wie mit Gremonville, demVenetianer und Khevenhiller. Wegen der Prficedenz seiner Gemahlin vor der cama- rera mayor hat er nichts von einer dabei gestellten Bedingung hereinge- schrieben.

Ober die Reichslehen ist die Entscheidung schon getroffen worden. In den englischen Verhandlungen ist wieder eine Schwierigkeit hervor- getreten. Don Juan ist wieder disgustiert, weil nicht er die Verwaltung von Catalonien erhalten hat, sondern der Herzog von Osuna. Seine pol- nischen Pl&ne hofft ihm Potting auszureden, wie er iiberhaupt ein beson- deres Gluck im Verkehre mit ihm hat. Bei der letzten Ordinari erhielt er

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den kaiserlichen Brief vom 5 . Januar. Die spanischen Kompositionen nnd die gewflnschte Romddie wird er durch den n&chsten Kurier schicken.

2 Das bezieht sich auf die Rolle, welche Peftaranda gelegentlich seiner Mission bei der Wahl Leopold I. gespielt hat.

3 Das Kanzleireskript vom 16. Marz gibt in diesein Punkte nicht mehr als der obige Text, dagegen ersieht man aus einer anderen Stelle, daC Potting in seinen Kanzleirelationen berichtete, daC er jetzt mit Neid- hardt weit besser stehe und dieser sich sogar ihm gegeniiber dazu erboten habe, ihn mit Peftaranda auf besseren FuB zu bringen. Der Raiser rat ihm dabei, nicht allzuyiel auf die ,Formalitaten und apices reputationis' zu sehen, um jenen vertraulicher zu machen.

4 Don Gaspar Tellez Giron, V. Herzog von Osuna, General der Kavallerie in Mailand, 1667 Vizekonig von Catalonien, 1669 Gouverneur von Mailand, 1671 1672 Pr&si dent des Ordensrates und desjenigen von Flau dern, 1679 Oberststallmeister der neuen Konigin, starb 1694.

5 = daJ3 sie die Stiminen und die Komodie in Parti tur gesetzt schicken.

6 = und mit der gliickliehen Fortsetzung der Vermutung [der Schwangerschaft] iu den 23. Tag.

124.

Wien, 28. Marz 1667.

(Durch Kurier.) Nachricht von dem zweimaligen Ausbleiben der Menstruation der Kaiserin und Ablegung des Guardainfante. Die spanischen Briefe sind wieder ausgeblieben. tfber die Kar- dinalspromotionen, einen Nachfolger fur MontcUto, die Krankheit

des Papstes.

Der spanische allhier anwesende [Botechafter] hat seiner Schuldigkeit zu sein eracht, por fineza bei diesen Courier, welchen ich ihme ad hunc actum geliehen habe, zu avisiren, dass despues de cumplidas dos faltas mein Oemahlin den 25. dies den Guardinfante abgelegt und sich in der silla in die Kirche tragen lassen. Confirmet itaque Deus, quod operatus est in nobis.

Sonsten habe ich ein wenig zu brichten, indeme die Or- dinari, so heut kommen und spanische Brief hfttte mitbringen sollen, abermal lahr angelangt ist. Die Promotion der Cardinal wird man allda a drittura schon wissen, allein mein ich seie jezo Zeit; dass Ihr invigilirt, damit dem Montalto ein gueter

19*

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successor benennt werde.1 Ich habe was von dieser Materi der KQnigin selbst geschrieben, vielleicht wird es ein gneten Effect haben.

Der Papst liegt an Schragen;2 wttrde jezo uns gar mal k propos* sterben. Der Botschafter urgirt stark die Abfertigung seines Couriers, will mich also lftnger nit aufhalten etc.

1 Montalto war n&mlich Vizekonig yon Sizilien. Vgl. fiber ihn Nr. 101, Anm.

% Papst war damals Alexander VII., gest. 22. Mai 1667.

125.

Wien, si. M&rz 1667.

tfber den schleckten Stand der spanisch-englischen Verhandlungen und Don Juans Anwesenheit in Madrid und sein Schreiben an die Kaiserin. Schtvierigkeit der TittUatur fwr ihn. tfber Musik und die Komodie. Erzherzogin Eleonora hat jetzt Fieber. Der Papst ist todkrank. Man mufi sich dort einsetzen.

(29. dieses um 4 Uhr Nachmittag kam der Kurier Heinrich mit POttings Schreiben vom 6. dieses. Die Depechen sind noch nicht ganz dechiffriert.)

Was nun Euer Schreiben1 anlangt et quidem {quoad an- glica}, da schmerzt mich in mein Seel, dass das Werk in solchen Stande sei. Undecim horis laborare et nihil capere ist abgeschmackt,a aber dass spanische ministri so lang gesessen und nix Guetes geschlossen, ist gar zu kahl.b Unmttglich ist es, dass [es] recht hergehet, dahero ich mit Verlangen auf das Decifrat Eurer Rela^on warte, {ut videam, qui sint illi, qui vota sua in favorem regis Galliae* dederunt}. Kann mich also in diesem Punkt derzeit nit weiter auslassen.

Was des Don Juan* {Ankunft} anlangt,2 puto etiam la- tere anguem in herbis. Ne plane in desperationem pellatur concedo, dass man gemach mit ihm umgehn solle; dass man ihm aber auch gar zu viel trauen und ihn avanziren solle, vere est res plena c periculis, und meine ich, Pfltting* werde

124. Or. » a pr&pi

125. Or. » abgeschmah b ich; kal ° vera est res plene

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wohl thuen, dass er sich weit aus diesen Handel* halten. Ich will aber schon suo tempore befehlen, quid faciendum sit.

Was sein Schreiben an die Kaiserin* anlangt, solle die Antwort mit nebsten fallen; wie aber, stehet noch zu delibe- riren.b Ego puto, man werde sich des hiesigen lateinischen styli cancellariae bedienen;c an hoc arridebit dubitol

Ich kann ihm nit [helfen], warum ist er {ein Bastard}. Das habe ich Pitting* zu seiner Nachricht nur in antecessum erindern wollen, caetera proxime.

Die villan^cos habe ich gern gesehn, doch taugen uns besser tonos humanos, und diese nit mehr als a solo, dos y tres. Der Komedi bin ich ehistens gewftrtig, dannd mein Gemahlin verlangt es gar stark.

Sonsten befinden wir uns alle [gar wohlauf. Nur] mea soror maior Eleonora nach Uberstandenen Steinblattern hat ein ter9iana bekommen. Der Papst solle ganz an Schragen [liegen]. Um Gottswillen, operemus et ibi, dum lucem habemus. Hiemit ende ich etc.

1 Potting, eigenh. 6. M&rz. Die Verhandlungen mit England stehen wieder sehr schlecht. Der Staatsrat hat vor wenig Tagen eine elf- stundige Sitzung fiber dieselbe gehabt. Mortara hat Potting gleich nach- her genaue Nachricht dartiber gegeben, mit Spezifizierung der Vota der einzelnen Minister, woraus man ersieht, wie die meisten dayon zu Frank- reich hinneigen. Der Kaiser sollte Mortara durch Potting ein Geschenk machen lassen. ,Don Juan ist hier cum extraordinario applausu proce- rum et ministrorum, so ihn alle bis auf den Cardinal se lbs ten besucht haben und t&glich copiose cortegiren thuen/ Mit Neidhardt ist er ganz yerfeindet. Ebenso ist letzterer jetzt auch wieder Pefiaranda spinnefeind, der sich gegentiber Don Juan hdchst feindselig fiber ihn geftufiert hat. Es bereitet sich ein Sturm gegen ihn vor, den er kaum wird aushalten konnen.

Pdtting fibersendet einen Brief Don Juans an den Kaiser, in den ein anderer von Don Juan an Embrun eingeschlossen sein soil. Don Juan erhofft sich eine Antwort mit der pratendierten Titulatur einesVerwandten. Und es ist in der Tat notwendig, ihn bei diesem gef&hrlichen Stande der Dinge in Devotion zu erhalten. Es folgt wieder ein Brief Gremonvilles bei, in dem er besonders iiber Castellar schreibt. Alle Nachrichten aus Frankreich stimmen darin ti herein, daB Konig Ludwig diesen Sommer mit Spanien brechen werde. Hier will man aber nichts davon merken, keine

125. Or. » handln b delibin ° beine d das

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Vorbereitungen werden getroffen, uberdies gibt es Bewegungen in Gra- nada, Andalusien und Peru. DieserTage hat ein Prediger de la merced in der kom'glichen Kapelle vor der Konigin gepredigt, in gewissen Dingen sei es gut, sich vom Beichtvater leiten zu lassen, in der Regierung ,w£re sie verbunden, von sich selbsten zu operiren'. Potting tibersendet einige von den hiesigen ,villancicos* in Musik, die bewuCte Komodie aber wird gar weitlfiufig, daher wird er sie erst spater schicken konnen.

% Vgl. Diar. Eur. XVII. 263.

126.

Wien, 13. April 1667.

Uber die spanisch-englischen Verhandlungen, uber Don Juan und das von Potting ihm gegenuber einzuhaltende Benehmen. Es folgt anbei ein Brief der Kaiser in an Don Juan. Sie ist fortgesetzt guter Hoffnung. Falconieri hat das Barett fur Spinola gebracht, der Kaiser hat es ihm gestern aufgesetzt. Potting soil die verlangte Komodie in Musik ubersenden.

(Auf die Berichte von 16. und 24. Februar,1 da die jUngste Ordinari wieder ausgeblieben ist. Lob ftir die ausftihrliche Berichterstattung.)

Und 8orge ich nit unbillich, es werde mit selbiger elf* stundigen consulta heiCen: „Parturiunt montes, nascetur ridi- culus mus." Ich warte also mit Verlangen, was diese Post mit- bringen wird. Dolendum sane de mala intentione aliquorum ministrorum, {qui nimis gallicant}, attamen spero Deus meliora dabit. Was also diese materiam {anglicam} anlangt, beziehe mich auf den despacho aus der Kanzlei,2 weilen doch bei An- langung dieses in diesem Werk oder alles Guetes oder alles Schlimmes schon wird geschlossen sein.

Was den Don Juan* anlangt, aestimir ich sehr sein Eifer zue meinen* Diensten, aber doch caute cum illo procedendum, und will ich wohl glauben, dass er dieser Zeit inter meos * de- votos primura locum halten m6ge. In casum aber mortis regis* mSchte es sich wohl anderst zeigen, dann seine hohe Gedanken der ganzen Welt bekannt sein.

Wird also Potting* zwar mit ihme alle Confidenz culti- viren, doch aber caute uragehen und auf alle seine Actionen

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wohl achthaben. Der Kaiser* antwortet ihm diesmal anf sein Schreiben nit, weilen es nur ein Antwortschreiben ist.

Die Kaiserin* timet ihm auch schreiben, aber lateinisch und eben auf Weis und Manier als ich* und hoffe ich, Don Juan* werde es nit libel aufhehmen, indeme die regula iuris klar ist, quod uxor sequatur forum mariti, und also die Kaiserin* sich nit {hispanici} sondern des Kaisers* styli' bedienen thuet, und wird ihm doch der parentesco geben, indeme sie ihn con- sanguineum nennt, dann mit der Bruderschaft hat es andere Absfttz und wollte ich nit gern introduciren, dass man solche Junker vor Brtider erkennen solle. Wird also Pfltting* dem Don Juan* capace zue machen wissen. Und ich weifi, dass gar die Kflnigin* der Kaiserin *b mitgeben, nit dem Don Juan* das parentesco zue geben, viel weniger kann es ich* gestatten, indeme allhier nix solches gebrftuchlich ist.

Wir allhier sein alle wohlauf, die Kaiserin continuirt in dritten Monat gltickselig ihren prenado, Gott gebe sein Segen dazue; ich mein ich habe mich ziemlich frisch gehalten und nit lang gefeiert.

Gestert habe ich dem Cardinal Spinola8 das Barett auf- gesetzt, welches ihm der abbate Falconieri4 gebracht, so ein grundgelehrter Mann ist, als ich noch nie kein wftlschen Caval- lero gesehn habe. Hiemit etc.

[P. S.] So fern die spanische Komedi in musica noch nit herausge8chickt worden, so treibt an und schickt sie bald.

1 Potting, 16. Februar (tlber San Sebastian). Die Schwierigkeiten in den englischen Verhandlungen sind noch nicht tlberwunden. Die K8nigin hat zwar Potting durch Neidhardt ersuchen lassen, gleichsam aus eigenem Antrieb bei Sandwich zu vermitteln, und er wird sich selbstverstfindlich alle Miihe geben, aber es ist zu fflrchten, daC sich einstweilen England mit Frankreich verstflndigt. Dies berichten auch die beifolgenden neuen Nachrichten aus Frankreich, ebenso wie die bevorstehende Kriegserklarung Frankreichs an Spanien. Dies bestfitigen auch La Fuente und Castel Rodrigo. Potting hat das der Konigin mitgeteilt. ,Gott gebe, daU man aufwache. . . .' Mortara ist auUerordentlich eifrig fflr ^on Kaiser etc.

Das Konzept zu dem zweiten eigenhftndigen Schreiben ist vom 26. Februar, bezieht sich auf den Brief des Kaisers vom 20. Januar.

126. Or. styli sich b dem AE

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Die englischen Verhandlungen stehen so wie fniher. Medina ist jetzt durch des Kaisers Einschreiten vor Verfolgung sicher und dieses Beispiel hat die kaisertreuen Minister sehr getrdstet. Neidhardt zeigt seit kurzem etwas mehr Yertrauen zu Potting. Wenn es nor so bleibt.

,Der Fasching ist allhier durchgehends und urn so mehrers leer ausgegangen, dass man die letzte drei Tag so gar einen grofien Abgang an Fleisch hat fiihlen mtissen, und hat es wohl geheifien: carnes tollendas, inderae der mehrere Theil des gemeinen Manns dergestalten den Fasching mit der Fasten hat anticipiren miissen, so in einer koniglichen Residenz, als diese, wo ein Menge Ausl finder sich befinden, fast in etwas verkleiner- lich ist.*

2 Kanzleireskript, 13. April. Man soil die Verhandlungen mit England nur ja nicht abbrechen, sondern es wenigstens dazu bringen, dafi es Portugal seine Hilfe entzieht. Schon wegen der indischen Besitzungen ist Freundschaft mit England no tig. Sollten die Spanier wider VerhofFen mit den Franzosen in ernstliche Verhandlungen treten, so soil Potting sie moglichst giinstig fur Osterreich zu wenden suchen. Um Schweden yon Frankreich abzuziehen, hat der Kaiser Basserode dahingeschickt. Wegen Don Juan und des Stils der an ihn gerichteten Briefe. P6tting soil sich nicht zu sehr mit ihm einlassen. Es ware nicht gut, wenn er zu yiel Macht erhielte.

Der deutschen Reg im enter in Spanien, die so schlecht gehalten werden, soil sich Potting gehorig annehmen etc.

Zu Ende hat der Kaiser eigenhfindig beigesetzt:

,Der Kaiserin Schreiben an Don Juan ist noch nit expedirt, ge- schieht es vor Ablaufung dieser Post, so schickt Euch selben der Graf von Lamberg, wobei nochmals avertire, dass Ihr in tempore ihn capace machet, dass hier nit styli sei, dergleichen da hermano zu tractiren, sonsten ich auch ihn ex eadem causa affinem id est coniugis fratrem nennen musste, wie in diesem und [anderem] mein eigenh&ndiges Schreiben mit mehrerem vermeldet.'

3 Kardinal Julius Spinola, geb. 1612, war Nuntius am kaiserlichen Hofe, 1666 wurde er vom Papste zum Kardinal mit dem Titel von St. Praxede ernannt, gest. 1691.

4 Vielleicht identisch mit dem von Zedler 1. c. zitierten Octavius Falconiere, einem Romer, der mehrere wissenscbaftliche Schriften autiqua- rischen Inhaltes geschrieben hat und 1676 in Rom starb.

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297

127.

Wien, 27. April 1667.

Verleihung der Expektanz auf das Hofmarschallamt fur Totting,

dock insgeheim.

Nachdeme ich in Consideration gezogen diejenige lang und treue Dienst, so Ihr sowohl meines Herrn Vatern Majestat seligen Angedenkens in vielen wichtigen Occasionen und Ge- schaften wie auch mir geleist habta und annoch wirklich in der diese Zeit Euch anvertrauten Embaxada an kOniglich spanischem Hof und der an selben anhangenden schweren Verrichtungen leistet; ich auch darob allzeit ein genadigste Satisfaction und Wohlgefallen gehabt habe; also und zue ab- sonderlicher Bezeigung meines zu Euch tragenden geneigten Willens habe ich Euch hiemit und in Kraft dieses genadigst versichern wollen, dass wann liber kurz oder lang sich ein Va- canz mit dem Hofmarschallamt begeben sollte, ich solches Amt Euch in Genaden conferiren werde.

Allein verlange ich doch dieses b aus erheblichen Ursachen, dass diese meine Versicherung bis zu seiner Zeit in geheim und unter uns allein verbleibe, wie dann allhier niemand das Gering8te davon weiC.

Und gleichwie Ihr nun aus diesem meine zue Euch tra- gende Wohlmeinung genugsam verspttren ktfnnt, also verbleibe ich etc.

128.

Wien, 28. April 1667.

Unordnung der Post Geriichte uber Don Joans Eintritt in den Staatsrat und hudwig XIV. Drohung, einen Bund mit Eng- land als KriegserMdrung ansehen zu wollen. Vber die Aufhaltung haiserlicher Schreiben in Paris, Gefdhrdung der Stellung Neid- hardts, Zuriickweisung der Jcaiserlichen Mediation durch Lud- wig XIV. und die bevorstehende Papstwahl Tod Karl Portias. Hinweis auf das vorige Schreiben.

127. Or. hatt t> diese

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(Ordinari wieder versp&tet. Pfltting soil sich nach der Ur- sache erkundigen und Abstellung verlangen.)

Habe also vor diesmal nur ein altes Schreiben von Euch von 11. passato1 empfangen, obwohlen seithero Castellar und Cardinal Spinola durch ein Conrier tiber Mailand Brief von 27. detto empfangen haben, in welchen zwei Hauptnotitien be- grifFen sein sollen, als primo {dass Don Juan* solle Possession genommen haben en el consejoa de estato, imo quod ambiat entrar tarn bien en la junta de gobierno}.2

Die anderte Zeitung solle sein, dass der KSnig in Frank- reich* {por un embiado expresso declaraverit, dass eo ipso quod regina* facit ligam cum rege Angliae* de facto bellum decla- ratum esse velit}.

Erwarte also [mit] Verlangen die Schreiben zue sehn, ob etwas daran ist.

Was aber Euer obiges Schreiben anlangt, ist wohl ein ziemliche Ohnhflflichkeit der Herren doganici de Paris, dass sie mein selbsteignes Paquetl aufgehalten. Ich zweifle aber nit, es werde schon sein remedirt wordenb und Ihr also schon sel- bes werdet empfangen haben.

Was Neidhardt* anlangt, fttrchte ich wohl auch, es werde ein trtibe8 Wetter liber ihn kommen, absonderlich wann mein obige Zeitung wahr sein solle. Sollte sich ja ein casus zutragen, so werdt Ihr halt Euch also comportiren, wie Ihr werdet finden, dass es mein Dienst erfordere.

Was sonsten die publica anlangt, beziehe mich auf den despacho aus der Kanzlei,3 der vor diesmal auch ziemlich lahr ist; allein sage ich nur dies, {dass der Ktfnig in Frankreich* mediationem caesaris* ausgeschlagen hat}. Die hiesigen Zei- tungen aber bestehen kiirzlich in diesen, dass wir alle Gottlob wohlauf sein, dass mein Gemahlin gliickselig mit ihrer Tracht continuirt, dass wir Nachricht haben, quod papa 14. huius fuerit fere in agone, dahero timendum, iam esse mortuum, da- hero ich die Cardinal von Thun4 und Harrach fortgesandt habe. Der Spinola ist vorgestert auch schon von hier ab- gereist,6 et nisi cardinales hispani etiam in tempore illucc ve- niant, timeo Gallos facturos papam pro lubito.

128. Or, * consecho chiffriert b sein ° illice

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Es ist auch gestert fast improviso der Fiirst Karl von Portia gestorben.6 Heut werden wir auf Laxenburg [fahren]. Und weilen ich mit Eur Verhalten allda ein absonderliches GefaUen habe, also habe ich Erich durch inliegendes Particular- schreiben7 ein Zeichen dessen erweisen wollen.

Verbleibe etc.

1 Potting, 1 1 . Marz. Das ganze Paket mit den kaiserlichen Briefen ist nicht angekommen, sondern in Paris zuruckgelassen word en. Die Konigin ist sehr ungehalten dariiber und es wird hoffentlich bald nach- geholt werden. Die englischen Verhandlungen stehen sehr schlecht. Don Juan ist noch hier, der ganze Adel ist auf seiner Seite und das laJ3t nichts Gutes hoffen etc.

% Die erste Nachricht ist verfrtlht. Vgl. z. B. Mignet, II. 135 f. Don Juan wurde erst im Mai 1667 in den Staatsrat berufen und nahm wegen Etiketteschwierigkeiten erst am 2. Juni seinen Sitz ein. DaJ3 Don Juan die Absicht hatte, sich Eingang in die Junta zu verschaffen, ist nicht unwahrscheinlich, doch findet sich dafur sonst keine positive Nach- richt.

3 Kanzleireskript vom 27. April. Fur die englischen Dinge folgt eine lateinische Verstandigung bei von der Obersendung eines Auszuges aus Lisolas Bericht vom englischen Hofe, aus dem hervorgeht, dafi Eng- land bereit ist, Portugal seine Hilfe zu entziehen, wenn es nicht die ge- stellten Bedingungen annimmt.

Wegen Don Juans betont das Reskript wieder, datf derselbe in mittelmftfiigem Stande erhalten werden miisse, damit er nicht geffthrlich werde.

4 Kardinal Thun, Guidobald Graf, geb. 1616, gest. 1668, Erz- bischof von Salzburg.

5 Vgl. Diar. Eur. XVII. 343.

6 Johann Karl Fiirst von Portia, Sohn des bertihmten Johann Fer- dinand aus dessen erster Ehe, war Landeshauptmann in Kfirnten gewesen ; seit 1661 verm&hlt mit Anna Helene, der Tochter des Grafen Johann Maximilian Lamberg. Vgl. Diar. Eur. XVII. 343.

7 Bezieht sich auf das vorhergeheude Schreiben vom 27. April.

129.

Laxenburg, u. Mai 1667.

Befriedigung dariiber, daft Potting die franzosenfreundlichen vota erhalten hat. Vber Don Juan, den Vortritt von Pottings Frau

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vor der camarera mayor. Die Kaiserin ist schon im vierten

Monate ihrer Schwangerschaft. Sie wunscht sehr spaniscke

Lieder und die musikcUische Komodie.

(Schreiben von 16., 24., 30. Marz und 9. April 1 empfangen, das letzte noch nicht dechiffrirt, daher kommt aus der Eanzlei jetzt nur ein Recepisse.)

Und gereicht mir zuvordrist zue gnadigstem Gefallen Euer FleiC in mein alldasigen negotiis, absonderlich dass Ihr con mana {die bewusste vota} erhalten, soUe auch in httehster Geheim verbleiben; und sieht man wohl daraus inclinationes animorum, qui revera non a valde boni sunt. Circa anglica will ich mich nit auf halten, sondern remittir ich mich ad priora. Was aber mich am meisten anficht, ist dass Don Juan* ohn Licenz der Kflnigin* dahin kommen und annoch dort bleibt; und [ist] zwar guet, dass Petting* ihn cultivirt, ihn bei gueten Will en zue erhalten, aber sorge, es m5chte mit der Weil nix Guetes daraus [werden], und muss man gwiss gar heiklich b umgehen, dass man nit in groCe Inconvenienzien einrennt.

Wegen der Praecedenz Eures Weibs vor der camarera wollet Ihr es bei den gemachten Instantien bewenden lassen, und verhalte ich Euch nit, dass mein Intention nit eigentlich gwest ist, dies zue erhalten, weilen ich wohl allzeit mir es nit eingebildt habe, allein dass wir in Contradiction bleiben, und dass bei ereignender Occasion, wann vielleicht ein anderer spanischer Gesandter herkommen solle, wir es sodann revo- ciren mSchten, oder doch machen, dass einer hergeschickt werde, so nit verheirat seie.

Wir allhier sein alle wohlauf, und mein Gemahl conti- nuirt gllicklich in ihrer Tracht, und ist schon in vierten Monat.

Und weilen ich aber miid bin von Schreiben etc.

[P. S.] Wollet auch nit vergessen auf die spanische musi- calische Komedi, dass selbe bald komme, dann mein Ge- mahlinc verlangt selbe wie auch unterschiedliche tonos hu- manosd a solo, dos y tres.

129. Or. » reverant nT b hakhlich c im Originale steht xuerst

Schatz, das ist durchstrichen und dariiber Gemahlin geachrieben d undelche tonos al humano.

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1 Pfltting, 16. Marz (fiber San Sebastian). Bei den einstimmigen Berichten aus Frankreich sollte man sich bier docb ermuntern, namentlicb da aucb im Innern die Dinge geffthrlicb stehen; Don Juan ist hier und alles f&llt ibm zu. Er hat mit Potting gesprochen und gesagt, die Minister yerlangten von ihm, er solle das Land von Neidhardt befreien. Potting solle den Kaiser bitten, bei der Konigin daftir einzutreten etc. Heute h&tte er sich in sein Retiro zuriickbegeben sollen, bleibt jedoch noch.

25. M&rz. Er hat den kaiserlichen Brief (vom 17. Febr.) erhalten. Es ist ihm gelungen, die vota von Castrillo, Neidhardt, Medina und Don Juan in der letzten langen Sitzung des geheimen Rates zu erhalten. Bittet um vollige Geheimhaltung.

Es ist klar, daJ3 Don Juan sich hier festsetzen will und die Minister miissen mit ihm schon seit lftngerem etwas angesponnen haben. Es ist besonders gegen Neidhardt gerichtet. PStting hat mit Don Juan und Neidhardt konferiert und letzterem so wie der Konigin alles vorgestellt. Medina sagt, es hfitte schon einen Skandal gegeben, wenn er es nicht ge- hindert hatte. Man spricht hier davon, dafi Fiirstenberg dem Kaiser im Namen Frankreichs grofie Vorschlage gemacht habe. Es folgt ein Brief Don Juans an den Kaiser bei, in welchem jener wenigstens indirekt seine Ansicht uber den jetzigen Stand der Regierung zu erkennen gibt.

30. Mftrz. Don Juan will nicht weichen, umsoweniger, als er weifi, dafi der geheime Rat der Konigin seine Zulassung in diese Korper- schaft geraten hat. Neidhardt ist in Gefahr, die Konigin sehr be- stiirzt. Neidhardt l&flt sich aber nicht raten.

8. April, auf den kaiserlichen Brief vom 3. Marz.

Don Juan verweilt noch immer in Madrid. Potting bemiiht sich, wenigstens ,die materia' nicht zu Schaden kommen zu lassen, die Person Neidhardts ist in groCer Gefahr. Medina sagt, bisher habe er den Aus- bruch verhindert, fiir die Zukunft konne er nicht stehen. Es ist alles in offenbarer Gefahr. Nur der Kaiser konnte helfen.

Des Ftirstenberg Vorschlag ist weitaussehend, DS hat auch hiervon hierher Meldung getan, daher hat Potting dasselbe getan, damit sich die Spanier nicht wieder beklagen wie bei der fthnlichen Proposition des Kur- fiirsten von Mainz (1664). (DS = ?; viellejcht BS = Castellar.)

Mayordomo mayor soil Castrillo werden, was neuen HaU gegen Neidhardt verursachen wiirde.

Die Protektion des Reiches ist dem Kardinal von Aragon, die Mit- protektion dem Kardinal Mont alto gegeben worden.

Man sucht von Seiten der Spanier Pitting beim Kaiser zu diskredi- tieren und zwar wenigstens unter Konnivenz Neidhardts. Wenn der Kaiser Pottings Stellung nicht stftrkt, so wird es ihm immer schwerer werden, das N6tige durchzusetzen.

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130.

Laxenburg, 25. Mai 1667.

Es wird bold ein Kurier folgen. Gremonville hat heute die Mitteilung geniacht, dafl Ludwig XIV. Brabant und Hennegau in Besitz nehmen werde. Castel Rodrigo und Castdlar haben eine sofortige Diversion mit 15.000 Mann verlangt. Potting soil in Madrid vorstellen, warum dies unmoglich ist.

Ich hfttte wohl zwarvor diesmal ziemlich viel zue schreiben, weilen aber ich in ein drei Tagen ein eignen Courier hinein- schicken werde, als werde ich damals mehrers schreiben, desto mehr dass heut mir der Magen verderbt ist, indeme Gramon- ville heut mir angedeut nomine sui regis, wie er resolvirt seie, den Possess von Brabant und Henauien zue nehmen, als welches ihme von rechtswegen gebtirte, wollte sonsten mit mira et cum Hispanis bestftndigen Frieden halten. Der Teufel dank ihm um diesen Frieden. Bin also ganz ohnlustig. Dieser Curier wird darum geschickt werden, allein habe ich Euch so viel erindern wollen, dass wann Castel Rodrigo und {Ca- stellar} hinein repraesentirten, dass man von dieser Seiten nit helfen wollte, Ihr praeoccupirt, dann sie haben gwollt, man sollte alsbald mit 15.000 Mann ein Diversion machen {in El- sass}. Wie wenig Frucht es aber schaffen und was ruydo es machen wttrde, wie ich mich auch untiichtig machte, Hispanis nit succuriren zue k5nnen, quilibet sanae mentis leicht judi- ciren kann. Plura cum cursore.1 Wir sein alle wohlauf, und ich verbleibe etc.

1 Vgl. Pribram, Lisola 335.

131.

Laxenburg, 6.Juni 1667.

(Durch Kurier.) Potting erholt eine deutsche und eine lateinische Kanzleidepesche und soil sich hauptsachlich nach leteterer richten. Er soli alle Minister besuchen und ihnen die Castettar gegebene

130. Or. » mir mit

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Jcaiserliche Anttoort plausibel mack en. Ausftihrung der Ursachen, die dem Kaiser einen sofortigen Bruch mit Franhreich unmog- lich machen. Potting soil Sendung von Geld und VoUmachten an Castellar verlangen, von alien Verhandlungen in Wien Mit- teilung machen und sofort den Kurier zurtichschieken mit ge- nauen Nachrichten. ffber Don Juan und die PapstwaM. Morgen Ubersiedlung nach Wien. Grofie Kalte. Des Kaisers Bild ist noch nicht fertig.

(Der Courier Tyrol bringt zwei Depechen, eine Deutsche, eine Lateinische. *

Einige Erinderung in specie:)

Und zwar wann Ihr vielleicht in gmelten despachos* Contrariet&ten findet, so verstehe es also, dass Ihr Euch nach dem lateinischen richten sollet, in allem demjenigen aber, so nit in contradictoriisb bestehet, wollet Ihr Euch nach beeden richten. und vor allem wollet Ihr alles der KSnigin wohl repraesentiren, wie unten folgen wird, sodann auch alles dem P. Neidhardt communiciren und sein Cooperation begehrn, auch expresse alle ministros und geheime R&thc visitiren und dabei dasjenige vorbringen, so Euch befohlen wird. Und wollt Ihr hierin nit die vorgweste Difficultftten ansehen, ab- sonderlich mit Peneranda, sondern nur sie besuchen, auCer des praesidente de Castilla, mit dem niemals einiger Gesandter zu communiciren pflegt. Nee obstat in specie, quod Peneranda V08 non visitaverit, dann jezo der casus in forma da ist, in- deme der Castellar noch nit von alien ministris visitirt worden, er doch jezo in his frangentibus selbe nit allein einmal, sondern d zwei und dreimal6 besucht hat, weilen es ja in causa domini ist und gleichsam aus dessen Befehl geschieht. Habt Euch also nach diesem simpliciter zu richten. wollet Ihr allerorten absonderlich die Repraesentation dahinstellen de- fendendo resolutionem datam Castellar, qui videtur ea minime esse contentus, n&mlich dass man nit gleich also stracks den Krieg mit Frankreich gebrochen hat, dann hoc fuit impossi- bile ex causis fuse adductis. Wollet auch wohl sinceriren, dass mein Intention realiter dahin gehe, ihnen auf alle Weis

131. Or. » degpachos vor b ururicher c Rath expresse d son

sondern ° 3 ma

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zue helfen, aber cum effectu. Wann ich aber jezo breche, da ich noch nit gnugsam armirt bin, auch las armas, so ich an- noch habe, nit mobili sein por faltas dela assistencia de alia, so wttrde ich nix helfen konnen, mir aber ein damnum irre- parabile causiren.

Dann Galli nahmen alsbald diese Ruptur vor bekannt an, fielen mir in [die] tirolsche und schwabische Vorlander, in Breisgau, und weilen auch selbe nit in besten Stand sein, nahmen sie mir solche alsbald aufs wenigste guetentheils weg. Was [wttrde] das der Kron Spanien vor ein schlechter Dienst sein? Taceo, dass wir noch nit wissen, was die Schweden in Sinn haben. Und wann wir mit der meisten Armada aus den Erblanden wftren,* so fielen sie bisb auf der ander Seiten in Btiheim und Schlesien. Wie wttrde sodann es unsern armen Landsleuten gehen?

Wollet also dies gar energetice aller Orten repraesen- tiren, weilen ich wohlc weifi, dass nit werden allda critici roangeln, so alle meine Actionen genuegsam judiciren werden, und absonderlich traue ich in hoc puncto dem Peneranda* nit viel Guetes zue, er wird uns machtig die laudes singen pero a lo rovescio.d Uberdieses wollet Ihr Eur petitum haupt- sachlich auf zwei membra stellen, dass zu vorderst man als- bald ein guete rimes sa herausschicke, aber nit ad manus meas, sondern ala embaxada, damit man allda alles anlege und sehe, quid faciendum. In secundo membro,e ut mittant legato pleni- potentiam et instructionem, damit man sich aggiustire, quid et qualiter operandum sit, auch sich verbinde de guarantia. Dann wie war's/ dass Hispani uns impeiiirten in Krieg und sodann uns sitzen liefien und sich cum Gallis verstehen. Peneranda* mtichte wohl so defricta fronted sein zu sagen, das heiCe par pari referre wegen der Mttnster- und Osnabrttckischen Friedens- tractaten.

wollet Ihr von allem, was allhier negotiirt [wird], all- dort parte geben, als von der Abordnung . . ,b et von des Lisola abermaliger Sendung nach London8 und von des Bas- serode Negotiation in Schweden.8

181. Or, » wer b undeutlich ° wollen d a Is rorerscia/

e memo f wer * unaieJier h hierauf folgt erne NamenscJUffer, vielr

leicht EL.

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trad wann ihr dies alles verricht habt, so wollet diesen Curier alsbald wieder zurtickschicken auch unerwart der Re- soluc^ion, sondern nur mit diesem aviso, wie sich iezo der status rerum allda befinde post illam rerum confusionem, und was in denen Visiten der [eine] und der andere* Minister Euch gesagt hat. Wollet auch allzeit fleiCig specificiren: Dieser Minister hat mir dies gesagt, der ander jenes etc.

Und dieses ist, was ich in diesem Hauptwerk Euch a parte insinuiren wollen, beziehe mich librigens nochmalb auf Eure despachos.

Sodann habe ich Euer Schreiben von 3. Maii em- pfangen. 4

Und was den Don Juan anlangt, freut mich, dass selber sich resolvirt zue gehorsamen und den Hof zue verlassen; dass man ihme aber anderwftrts accommodiren solle, ist zwar nit unbillich, wo aber, hie Rhodus, hie saltus. Die Kflnigin wird schon das beste auszueklauben wissen.

Dass man nit vor guet befunden, dass die cardinales Hispani hineinsollen, miror, sed non importat, dann sie w&ren doch schon zue spat kommen; dann 22. Maii circa noctem ist der Papst gestorben.

Am 1. oder 2. dies sein sie schon ins Conclave gangen, welches ich glaube nit gar zue lange werden wird, weilen die Hitz sie machtig darinnen incommodiren wird. Harrach ist schon allda, Thun non vadit, nee obstat, dann er wtirde allda nit viel gentttzt haben. Also manglen ex toto sacro collegio car- dinalium nur vier, so was gar seltsames sein solle. Man sagt viel von Rospigliosi, 6 ich vergOnn ihm es von Herzen, dann ich vernimm, er seie ein sogetto di grandissima capacita und gar guet spanisch, hat mein Gemahl getauft. Sed haec in ma- nibus domini. Was uns allhier anlangt, sein wir alle wohlauf,0 und morgen gehen wir wiederum nacher Wien. Das Wetter ist noch so kalt, dass ich in vier Tagen nit aus mein Pelz kommen bin, so hoc tempore inauditum ist. Die Contrafect kommen nit bei diesen Courier, dann das meinige noch nit fertig ist.

Verbleibe etc.

131. Or. » ud der der ander? b nohm ° wol wolauf

Fontes. II. Abth. Bd. LYI. 20

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[P. S.] Wollet den Courier nit lang aufhalten, sondern bald wiedenim herausschicken, auch fleifiig vermerken, wie bald er hineinkommen wird.

1 Kanzleireskripte vom 6. Juni nicht vorhanden.

2 Lisola war im April in Briissel eingetroffen, urn hier im Sinne der Allianz gegen Frankreich zu wirken; vgl. Pribram, Lisola 309 ff. Ende Juli kehrte er dann wieder nach England zuriick.

3 Basserode, Hermann von; er wurde im April 1667 nach Schweden geschickt, um dort die Allianzverhandlungen wieder aufzu- nehmen, die durch den Angriff der Schweden gegen Bremen unterbrochen worden waren. Vgl. Pribram, Lisola 319.

4 Potting, 3. Mai, auf das kaiserliche Schreiben vom 31. M&rz. Die englischen Verhandlungen stehen wieder etwas besser. Don Juan wird sich in einigen Tagen nach Aranjuez begeben. Es heitit, er solle das Vizekonigreich Mailand erhalten ; das ist wohl zu bedenken. Von den hiesigen Kardinftlen wird sich wahrscheinlich keiner zum Konklave be- geben. Der geheime Weg iiber San Sebastian scheint auch nicht schneller zu sein (als der iiber Barcelona).

Die villancicos werden hier gewohnlich nicht fur so wenig Stimmen komponiert, daher wird er sich bemuhen, daC einige dafiir komponiert (= gesetzt?) werden. An der Komodie wird fleiCig kopiert. Sie ist aber recht weitlfiufig. Er hofft sie mit dem n&chsten Rurier senden zu konnen etc.

5 Rospigliosi Giulio, geb.1600 in Pistoja, gest. 6.Dezember 1669; er war papstlicher Nuntius in Spanien gewesen.

132.

Wien, 8. Juni 1667.

Bose Nachrichten aus den Niederlanden. Castellar hat wieder

eine Diversion verlangt und der Kaiser hat sie wieder abge-

schlagen. Gestern ist er nach Wien gezogen.

(Nichts zu schreiben.)

Allein avertir ich dieses, dass seithero abermal ein Courier aus Niederland kommen mit Nachricht, dass die anna gallica schon gar nahent bei Brttssel sein. Castellar hat wiederum kurz- um wollen, man solle alsbald in Elsass ein Diversion machen. Ich habe es aber ihm wieder abschlagen lassen und selbst ihm gesagt : ;Fuera cosa muy facil; si los soldados fuesen paxarillos

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para luego passar alFd y non comer en el pays onde no es cosa alguna de sustenta9ion/ftl Sed surdo canitur fabnla vel potius ignoranti. Beziehe mich auf Eure Expedition von Walde- rode, 2 erinder Euch auch, dass wir nit allein alle gar wohlauf sein, sondern auch gestert gliicklich wiederum hereinkommen. Verbleibe etc.

[P. S.] Was diese Beiz durch gefangen worden, weist die Beilag aus.

1 = ,Es ware eine sehr leichte Sache, wenn die Soldaten Voglein wai-en, um sofort dorthin zu fliegen und nichts zu essen in dem Land, wo sich gar kein Unterhalt vorfindet.4

2 Expedition vom 8. Juni 1667 nicht vorhanden. Es findet sich von diesem Datum nur ein Konzept fiir die Kommunikation von Ca- stellars Anbringen und des Raisers Antwort.

133.

Wien, 23. Juni 1667.

fiber die Kranhheit des Meinen Konigs, die ErMdrung Embruns

(uber den Einmarsch Ludmg XIV. in Belgien). Der Kaiser

mochte ivissen, was man in Madrid zu tun gedenht. Gut, daft

die englischen Verhandlungen besser stehen.

(Briefe vom 11. und 20. Mai erhalten.)1

Gott sei Lob, dass der Kunig die Fleck so wohl ttber- standen, und erhalte ihn in annos Nestoreos. Und ist wohl guet gwest, dass zuegleich morbus et reconvalescentia bericht wor- den, dann also weder mein Gemahl noch wir alle andere kein Sorge haben tragen dflrfen.

Was in tibrigen die Declaration anlangt, so Embrun* nomine sui regis* gethan hat, ist eben dies eodem modo all- hier {per Gramonville}R practicirt worden,2 wie Ihr seithero aus den despachos, so der Tyrol gebracht, werdet gesehn haben, und wird selber meiner Reitung nach heut oder morgen allda einlaufen. Wollte wohl per curiosita wissen, ob ich es wohl ausgerait habe.

132. Or. * sustention

133. Or. chiffriert Gammoville

20*

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Habe also in substantia negotiorum* diesmal nix beizu- setzen, und so viel mehr, weilen wirb mit Verlangen des ver- trOsteten Curiers von allda erwarten, utc videamus inten- tione8d illius loci. Bis dato haben wir kein Nachricht de {ali- quo progre8su armorum regis Galliae*}, nnd hoffen, es solle nit wohl abgehen vor sein Seiten, dann er dies einmal nit ver- antworten kann. Dass die anglica in bessern Stand kommen, ist wohl guet; wann sie nur also continuiren.

Sonsten sein wir alle wohlauf, und weilen die Post weg- solle, also ende ich und verbleibe etc.

1 Potting, 11. Mai (fiber S. Sebastian). Bei den englischen Ver- handlungen sind nun alle Schwierigkeiten beseitigt, und hoffen tlich kommt es bald zum Abschluss. Don Juan ist letzten Sonntag wirklich nach Aranjuez gegangen. Die Konigin soil ihm insgeheim versprochen haben, ihn nach vier Wochen selbst herzuberufen, ihn in den Staatsrat eintreten zu lassen und ihm dann Mailand zu flbergeben.

20. Mai. Auf das kaiserliche Schreiben vom 14. April.

Embrun hat den Bruch yon Seiten Frankreichs angekflndigt (am 17. Mai, Mignet, II. 99 ff.), Potting wird daher nftchstens einen Kurier fibers Meer senden.

Der Ktfnig hat die , Fleck* aufierorden tlich glticklich flberstanden.

2 Vgl. Mignet, II. 152ff.-, Pribram, Lisola 31 4 f.

134.

Wien, 7. JuJi 1667.

Bild des spanischen Konigs. Uber den franzosischen Krieg und die zu unternehmenden Schritte. Potting soil attes wohl vor- stellen. Es ist nur gut, dass die englischen Verhandlungen beendet sind. Man mufi sehen, dafi es auch die portugiesischen werden. Die Schriften, welche Potting uberschickt hat, sind gut. Potting soil, wenn er schreibt, immer die Konigin fragen, 6b sie nicht auch zu schreiben wunsche. Wahl Rospigliosis zum

Papste.

Der Curier Kflplinger* ist den 29. Junii allhier angelangt und hat mir Euer Schreiben von 30. Maii1 mitgebracht, wie

133. Or. * negotia b mir c und d intentionis

134. Or. * Im Diarium, 30. Mai, heifit er Keplinger.

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auch das Contrafect von KSnig, so wohl ein liebes Herri sein muss, Gott wolle ihn ferners erhalten. Allein ist das Conterfect ganz schlimm eingemacht, dass also fast durchaus ruinirt gwest auBer in Gesicht; kSnnten sie allda wohl ihre Sachen besser einmachen. Sodann habe ich bei der Ordinari Eure Relagion von 3. Junii 2 empfangen und aus alledem verstanden, was Ihr so ausflihrlich Eur Schuldigkeit gemafi bricht habt. Was nun anlangt die franzSsische Attaquirung, habe ich durch den Tyrol alle mein sensus so ausflihrlich beschrieben, dass ich selben wohl fast gar nix beizuesetzen habe, und ist einmal un- mttglich, dass der Kaiser* sich dieser Sache annehmen kann, wann nit Mittel da sein, dass man sich in besser Postur setzen m5ge, dann iezo mein WafFen nit also bestellt, dass ich viel ttber 8000 oder 10.000 Mann ins Feld stellen kann; was mit diesen aber vor ein geringer Nutzen beschehen, ich mich aber in v5lligen Ruin bringen wttrde, ist klar, dann der K5nig in Frankreich** dem Kaiser* in sein Land fiel und wegnahme, was er k(5nnte. Sodann muss man sich recht verstehen und de concerto gehen, sonsten wird alles en mal hora gehen. will vonnOthen [sein], dass die KBnigin* mit mir* ein {liga} mache, dass keiner den andern verlasse, dann sonstb wtirde man ein nur empeniren und nacher fein sitzen lassen. Man kann sich nit also iibereilen lassen. Ich habe dies alles auch dem Castellar* repraesentiren lassen, sed surdo canitur fabula, er will nix davon wissen, sondern schreit nur ,{ romper, romper}'. Mit diesem aber ist den Sachen nicht geholfen. Wollet also allerortenc dies wohl repraesentiren, utd saltern extra odium maneamus. Das beste ist, dass die Tractate mit England * ihr End erreicht haben, und muss man wohl schauen, und wolle sich Potting* eufierist bemUhen,e dass ein gleich- m&Biges absque mora (cum Lusitania} geschehe. Eure Fogliette sein mirf wohl lieb, wollt mir sub rosa schreiben, von wann sie herkommen.

Gleich bei SchlieCung dies bekomme ich tiber Mailand durch eignen Curier Euer Schreiben von 12. Junii,3 habe ein- mal nit mehr Lust zum Schreiben wegen der groCen Hitz, beziehe mich auf den Kanzleidespacho 4 und melde allein, dass

134. Or. Nach Frankreich ein unleserliches Wort b dann dann

c alledt ohdten d und e bemtlet f wir

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so oft ihr auch extra ordinem schreibet, Ihr auch der Ktfnigin melden sollt, ob ihr auch beliebe mit zu schreiben, dann mein Gemahlin ist sonsten mftchtig disconsolirt, wann sie weifi, dass Brief aus Spanien kommen, und dass sie nix von ihrer Muetter hat. Verbleibe etc.

[P. S.] Tandem cardinalis Rospigliosus factus fait 6 Clemens nonus, er hat die Kaiserin getauft, in summa, Gott verlasst uns nit.

1 Potting, 30. Mai. Er sendet diesen Kurier zur Sicherheit fiber [das] Meer. Die Spanier haben das Anbringen Embruns beantwortet, ohne Potting die Antwort vorher mitzuteilen, so dafi seine Ausstellungen nichts mehr fruchteten. Die Spanier mochten den Krieg um jeden Preis ver- meiden und eTwarten alle Hilfe vom Kaiser; auch versprechen sie jetzt groBe Subsidien. Aber das Hauptinteresse der Minister ist noch immer auf Neidbardts Sturz gerichtet.

Die Verhandlungen mit Sandwich sind abgeschlossen (laut Bei- lagen). Man bittet um tiefstes Geheimnis ttber den Geheimartikel. Aber die Spanier Ziehen alles in die Liinge, jetzt wieder durch die Frage, wer die Proposition zum Abschlusse des Bundes tun solle, so dafi ihnen wabr- scheinlich Frankreich zu Breda zuvorkommen wird, wie es seinerzeit mit Portugal gegangen ist, dem man auch wegen des Konigstitels so lange widerstrebte, bis es sich mit Frankreich verband. [Der Vertrag mit dem Datum vom 23. Mai 1667 bei Du Mont VII. 27—33.]

Don Juan ist noch in Aranjuez; man hat ihn auch iiber das An- bringen Embruns befragt, nachdem die Antwort schon erfolgt war. Potting wird sich bemiihen, ihn fiir alle F&lle gut zu erhalten.

Der KSnig ist jetzt ganz gesund, wie das beiliegende Bild zeigt.

Potting schickt einige neue ,villancicos' zu ein, zwei und drei Stimmen. Die Komodie ist noch nicht fertig. Ferner folgen zwei Kopien von Briefen Gremonvilles, zwei Blatter mit Beschreibung hiesiger VorgSnge.

In einem zwei ten Briefe vom 30. Mai dankt Potting far die Ex- pektanz auf das Hofmarschallamt.

2 Potting, 3. Juni. Ffir die gewohnlichen Dinge gebraucht er noch die niederlfindische Ordinari iiber Paris.

Don Juan hat er das Schreiben des Kaisers (eigentlich der Kai- serin) zugeschickt. Don Juan ist sehr gekrfinkt, wie er sich gegen Mondejar geautfert hat. Potting wird suchen, ihn zu trosten.

Die KSnigin sagte ihm, die Grfifin Heril habe geschrieben, es gebe wieder Pr&zedenzstreitigkeiten zwischen den spanischen Hofdamen. Sie (die Konigin) habe ihr geantwortet, sie sollten sich einfach den Anord- nungen des Kaisers fiigen.

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Man glaubt hier, Auersperg stecke dahinter.

Hier geht alles durcheinander. BeschlUsse werden gefafit, aber nicht ausgefiihrt etc.

3 Putting, 12. Juni. Durch einen Kurier des hicsigen Kardinal- nuntius iiber Mailand.

Alles beim alten. Kaum denkt jemand an das engliscbe Btlndnis etc. Don Juan ist gerufen worden und erschienen und ist in den gebeimen Rat berufen, aber, wie es scbeint, nur fur kurze Zeit, urn dann mit Mai- land oder Belgien abgefunden zu werden, von wo Castel Rodrigo durch- aus wegwill etc.

4 Ranzleireskript vom 6. Juli. Was davon vorhanden, ist ledig- lich Kommunikation ilber Basserodes Sendung nach Scbweden mit zwci Beilagen.

5 Die Wabl erfolgte am 20. Juni 1667.

135.

Wien, 21. Juli 1667.

Potting soil immer die Konigin fragcn, wenn er schreibt, ob sie es nicht auch zu tun wunsche. Er soil mit tfbersendungen der Fogliette fortfahren. tJber den franzosischen Krieg. Fur diesen ist notwendig Geld und genaue Verstdndigung untereinander. Vor allem ist der Friede mit Portugal notwendig. Castrillos Kranklmt. Die Schtvangerschaft der Kaiserin dauert fort. Fest zu ihrem Geburtstage. Uber die erwarteten Lieder und die

Komodie.

(Schreiben vom 8., 16., 21. Juni erhalten.1 Belobung. Wiederholung des Auftrages, der Konigin immer Nachricht von der Absendung eines Couriers zu geben.)

Sodann wird mir gar lieb sein, wann Ihr sowohl mit {des Gramonville} als den w&lschen Foglietten continuiren werdet, doch verlange ich auf alle Weis zue wissen, von weme diese letzte herkommen.

Was nun anlangt die rupturam gallicam, habe ich durch Euch et alios schon zwei Jahr den Spaniern davon predigen lassen, sed omnia frustra.

Was mich kr&nkt ist, dass sie so gar nix thun und wollen per forza, ich sollte {alsbald mit Frankreich* brechen}; Castel Rodrigo* hat annoch niemals begehrt {Succurs}, sondern nur

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{offnes rompimiento}. Dies ist aber leichter* gesagt als ge- than, absonderlich weilen ich por falta de medios b (um welche wir lang genug geschrieen haben) mich in kein Postur ge- setzet6 habe, als es vonnOthen gwesen ware.

Also referir ich raich auf mein Voriges.d Castel Rodrigo* hat zwar ein eignen Officier hiegeschickt. 2 Castellar* schreit auch, als wann er unsinnig war; als ist wohl auch guet aus- zuekommen. Ich will zwar allzeit das meinige gern pro pos- sibili thuen, allein zwei Sachen sein vonnBthen, als dineros und dass man sich recht wohl mit einander verstehet,6 wie es ich gar klar der KOnigin* schreibe, dann sonsten werden wir gar artlichf in politicis fahren. Sit pro casu, dass Castel Ro- drigo* dem Kaiser* schreibet, er habe amplissiraos poderes* von der KOnigin *, mit England * anf alle Weis zue schlieCen h {ein liga vor Niederland}; die Ktfnigin*, Ihr* und Neid- hardt* schreiben dem Kaiser* kein Wort davon, Castellar* hat auch nix davon gwusst. Wie leicht kann man fahlen; also ist unmiiglich, etwas utile zu thun, wann man nit unanimiter sich mit einander vergleicht.

Das solle Potting* der KOnigin* alles repraesentiren l und absonderlich, dass man mit {Portugal} ein End machen solle. Plura ex cancellaria, quo me remitto,8 et summe expecto re- ditum des Tyrol, vielleicht werden wir ehistens wieder ein Curier hineinschicken.

Si Castrillo* moriretur, non esset malum, ich sorge nur, es mSchte noch ein Schlimmerer nachkommen.

Wir sein sonsten alle Gottlob wohl auf, und continuirt mein Gemahlin dero Tracht glucklich. Por el cumpleannos de su Majestad habe ich ein fiesta gehalten, von wessen Be- schreibung schicke ich Euch etlich exemplaria. Deus det, dass sie durch Frankreich glucklich durchkommen, habe des- wegen auch dem Wika 4 schreiben lassen.

Der Villancicos und ander tonos wie auch der Komedi werde ich nach und nach erwarten und verbleibe etc.

1 Petting, 8. Juni (fiber S. Sebastian), unbedeutend. 17. Juni. Auf den kaiserlichen Brief vom 11. Mai. Hier schl&ft alles. Gestern wurde Don Juan in den geheimen Rat eingefiihrt. Pitting

135. Or. * leicht b medio ° gesset d vorig e veraehet

f rair, art 1 ich = aonderbar * pod era h schlien l repraesen

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geht Behr vorsichtig mit ihm urn. Die Franzosen haben ein infames Buch: ,Iustae praetensiones regis Franciae etc.' herausgegeben. Man hat Verdacht, daC die Engl&nder insgeheim mit Frankreich abgeschlossen haben, die Hollander scheinen sich mit Spanien vereinigen zu wollen. Castrillo ist schwer erkrankt. NSchstens schickt Petting wieder einigo Villancicos, aber die Komodie ist sebr lang und wird nicht so bald fertig sein.

21. Juni. Durch den Kurier des Kardinalnuntius.

Don Juan hat seinen Platz im Staatsrate eingenommen. Ein Brief von ihm folgt hiermit bei, in welchem er sich anheischig macht, im Staats- rate die kaiserlichen Interessen zu vertreten. Potting meint jedoch, jener werde nichts ausrichten. Embrun benimmt sich ganz insolent. Die ,embajadores de capilla' haben Don Juan in seiner neuen Wtirde ,in publico complimentiren' wollen, Pdtting konnte sich nicht dazu entschlie- flen, haupts&chlich weil es die Konigin nicht genehm hielt.

% Vgl. Pribram, Lisola 336 f.-, Priorato 1. c. III. 333 ff.

3 Reskript nicht vorhanden, sondern nur Kommunikation fiber die schwedischen Dinge, ein Befehl an PStting, dafi er den schwedischen Ge- sandten ,officiose tractire', bei des vom 20. Juli, und eine Empfehlung zum Toison.

4 Johann Franz von Wicka, oberosterreichischer Kammerrat und Reichsritter, war damals kaiserlicher Gesandter in Paris. Vgl. Mignet II. 151; Pribram, Lisola 390 und oben Nr. 112, Anm. 2.

136.

Wien, 3. August 1667.

Attes hdngt an dem Bunde mit England, ohne welchen der Kaiser

sich in nichts einlassen Jcann. An dem Geruchte von einer Heirat

zwischen dem Konig von Schweden und Erzherzogin Eleonore

ist nichts; ebensowenig wird Potting abberufen.

(Bericht vom 30. Juni erhalten;1 Tyrol hat also nur 18 Tage gebraucht.)

Und kann ich ja einmal kein Resolucion in etwas fassen, so lang ich nit weiC, [was] man allda vor Intentionen fiihret.

Es mSgen nacher Castel Rodrigo* und Castellar* strepi- tiren, wie sie wollen, ich kann mich ja nit immergiren und meine eigne Lander in Gefahr setzen zu verlieren, wann ich

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nit sicher bin, class man mich nit von allda aus stecken lasse, das gar leicht geschehen mochte, wann ich mich praecipitirte.

Was sonsten ex cancellaria sowohl austriaca als imperiali Euch geschrieben wird, me remitto absonderlich ad latina, dann in illis consistit pro nunc substantia rei; nempe in { foedere cum Anglia* sanciendo}, remittir mich nochmals darauf.2

Was man sonst von ein casamiento, so der KSnig von Schweden* mit der Erzherzogin Eleonore* verlangen solle, [redet], ist nix angebracht worden, sondern nur ein lahres Ge- schrei gwest, habe es also nit communiciren konnen.

Was anlangt, anstatt Euch* ein andern hineinzueschicken, hat mir niemals getraumt, also habe ichs auch nie in Sinn ge- habt. Caeterum omnesR bene valemus, licet semper cum malis novis ex Belgio, prohb dolor! Sed quid remedii? Ich halte mich des Penaranda* voti, que la camisa es mas cerca del sagoc.s Sapienti pauca. Und verbleibe etc.

1 Potting, 30. Juni. Kaiserliche Briefe vom 25. Mai und 6. Juni erhalten, letzteren durch Tyrol am 26. Juni. Potting ist schon im Werk, die anbefohlenen Besuche bei den Ministern zu machen. Castellar gibt nicht zu, dafi seiner Frau nur unter der Bedingung der Reziprozit&t der Vortritt eingeraumt worden sei. Die Konigin meint, der Kaiser solle das Genauere iiber die Sache angeben. Hier ist bei der letzten Ordinari allgemein das Geriicht aufgetreten, Potting solle abberufen werden. Auch Gremonville schreibt das. Don Juan hat auch davon erfahren (wohl von der Heril), welC auch fast alles, was der Kaiser Potting in Bezug auf ihn anbefohlen hat, und schreibt es Auersperg zu.

Auch spricht man davon, daJ3 der Kaiser in Verhandlung mit Schweden begriffen sei wegen Verehelichung der Erzherzogin Eleonore. Die Bcilagen der Kanzleiexpedition sind sehr unordentlich.

Embrun durfte jetzt bald ,fortgestampert* werden.

2 Kanzleischreiben vom 1. (?) August nicht vorhanden, nur das Konzept fflr die Mitteilung des osterreichisch-schwedischen Bundisses von diesem Datum.

8 = ,Da8 Hemd ist mir naher als der Rock*.

136. Or, » omne b prho c sayo f

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137.

Griming, 17. August 1667

(wo der guete Wein waxt).

fiber einen geheimen Weg, Embruns Ausweisung, Einsturz eines

Zimmers.

Eur Relagion von 14. passato1 ist diesmal annoch zue- recht eingeloffeii. Weilen aber wohl zu vermueten, dass diese Ordinari insktfnftig nit also richtig continuiren mochte (obwolen ich vermein, Galli werden per punto zeigen wollen, licet false, dass sie nit noch Krieg haben) also ist auch guet und noth- wendig, sich urn ander Gelegenheit zue bewerben, et mihi ar- ridet via {legati veneti}, allein erinder ich, dass ich bis dato nur ein Schreiben per questa stradaB empfangen, dessen Datum ein Monat und acht Tag war. Wann noch ein paar einlaufen werden, so werde ich mich eben des Wegs gebrauchen, doch auch bei diesem continuiren, und solle auch die K5nigin* sehen, wie ein rechte geheime Ordinari (wie vor diesem gwest) aber- malsb zue introduciren sein mftchte.

Was nun anlangt, dass man den Embrun von alldasigen Hof abgeschafit hat,c dignum et justum est et salutare prouti in praefatione,2 und wiinschte ich, dass ich ein solches mit {Gramonville} practicirend kunnte; es hat aber derzeit noch seine Absatze.

Was sonsten diesmal in ein und andern in publicis vor- gefallen, wird Euch in Kanzleischreiben 3 communicirt.

Was aber die domestica anlangt, sein wir alle wohlauf, und mein Gemahlin wird so dick, dass sie sich nit viel moviren kann; gleichwohl will sie niemals zu Haus bleiben, wie wir dann heut allhero kommen, ein Jagen zue halten. Und war bald ein grofies Ungltick geschehen, indeme eben als wir zue Nacht geessen haben, in dem Zimmer, wo die deutsche Fr&ule, der nur vier heraus sein, hatten schlafen sollen, sein zwei Tram und ein Theil von Boden eingangen, und obwohlen die Men- scher alle darin gwest, so ist doch Gottlob keiner nix geschehen.

War es aber um ein drei Stund spater geschehen, da sie schon zu Bette waren, wiirde es gwiss ohne groCen Ungltick

137. Or. * schtrada b aberma c hat hat d praticin

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nit abgeloffen sein. Gott sei in Ewigkeit gepriesen, dass es also abgangen. Mein Gemahlin hat sich ganz nix darttber ent- setzt, obwohlen sie alien ruydo selbst gehOrt hat, etc.

1 Pitting, 14. Juli Auf das kaiserliche Schreiben vom 8. Juni.

Letzten Samstag hat die Konigin dein Embrun seinen ,Abzug an- kflndigen lassen' etc. Der betreffende Befehl wurde Embrun am 9. Juli zugestellt. Vgl. seinen Bericht vom 15. Juli bei Mignet II. 184 191.

% Praefation in der Messe: ,dignum et iustum est*. In der Tat blieb Embrun noch einen Monat in Madrid.

3 Ranzleireskript vom 17. August nicht vorhanden. Es existiert nur ein Schreiben vom 19. August wegen Oberlassung kaiserlicher Volker an Venedig.

138.

Wien, 31. August 1667.

Keine Briefe. Die Franzosen haben in den Niederlanden einige tiichtige Stofle bekommen.

Bei jtingster brttsslischer Ordinari sein keine Briefe aus Spanien kommen. 1st also zue vermuethen, die Franzosen werden ihr Hoflichkeit angehebt haben zue erweisen.

Sonsten habe ich Eur Relation von 9. Julii1 empfangen ({per viam legati veneti}), aber erst den 21. dies, ist also wohl auch alt, ich werde aber mich annoch urn ander geschwindere Weg umsehen. Habe also vor diesmal wenig Neu's zu schreiben. Die Franzosen haben ein paarmal guete StflB bekommen, und absonderlich vor Dermande wohl ein 4000 Mann eingebtiCt.8 Gott gebe ihnen dergleichen GlUck mehr. Und weilen etc.

1 Potting, 9. Juli. Er macht die anbefohlenen Besuche und Be- mtihungen bei den Ministern, es wird aber nicht viel ntltzen. Noch dazu sind gerade die kaiserfreundlichen Minister jetzt krank. Castellar hat sehr ungtlnstig hierher berichtet : Der Kaiser wolle nichts fflr Spanien tun und vertraue in dieser Sache dem Kurfiirsten von Mainz, der ganz von Frank- reich abhftnge.

Ftlr Portugal wollen die Spanier nur einen 46j&hrigen Waffenstill- stand. Ebenso steht es mit den Biindnisaussichten mit England schlecht. Der englische Konig soil sich ganz kalt verhalten etc.

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% = Dendermonde? Vgl. Rousset, Louvois I. 107. Die Stadt wurde am 3. August angegriffen, am 5. zogen die Franzoeen ab, die obige Verluetziffer iet wohl ziemlich iibertrieben.

139.

Wien, io. September 1667.

Langsamkeit der Spanier. Verluste in den Niederlanden, besonders

LiUe. Lisola in England hat Vollmachten; man mufi also recht

zusehen. Wenn man nur die Absichten der Spanier Jcennte.

tSber Baron Zweyer.

Nachdeme nunmehr scheint, class das commercium litera- rum ttber Frankreich werde aufgehebt sein; indeme schon zwei hin und herlaufende Ordinari sein aufgehalten worden, also hebe ich an, mich dieses Wegs ttber Mailand zue bedienen und avisir Euch, dass ich zwei Eur Schreiben empfangen habe, eins von 23. Julii ttber Mailand, und eins von 28. detto,1 so noch gleichwohl ttber Niederland eingeloffen ist.

Ersiehe vordrist aus beeden mit Freude, dass selbe k5nig- liche Person so wohl auf seie, Gott erhalte sie ad Nestoreos annos in terrorem suorum inimicorum et aemulorum, amen.

Dass aber die {ministri} allda so schlafrig sein und nach vier Wochen erst von Euch Euer Anbringen schriftlich begehren, da sie es doch gleich den ersten Tag hatten thun k5nnen,a und dass man Euch annoch kein Conferenz benennt hat, ist wohl ein Elend, dahingegen Galli ein Platz umb den andern weg- nehmen, wie Ihr nunmehr leider auch von Lille c werdet ver- standen haben, so Castellar durch ein eignen ttber Mailand bricht hat,2 wobei ich auch Euch etliche Zeilen geschrieben habe. Ich habe dabei auch ziemlich stopirt.

{Lisola} ist schon in suo centro, hat Plenipotenz und In- struction, wird also an mir nit ermanglen, aber alles ist [nit] genug, wann man nur einseitig procedirt.d Man muss von alien Seiten pari passu zuegleich zusammenziehen, sonsten wird es vorwahr nit wohl abgehen.

Ich habe aber von alien diesen schon so oft geschrieben, dass mir nauseam machet, was mehr von dergleichen Materien

139. Or. * kondten b und c Lisle d praesedirdtf

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zu schreiben. Was gleichwohl noch vorfallt, werdt Ihr aus dem Eanzleidespacho verstehen, quo me remitto,4 prouti etiam ad priora.

Um Gotteswillen, nur dass man ihr Intention weiB, sonsten sein wir alle Blinde, et si caecus caecum ducat, nonne ambo cadunt in foveam? Sonsten befinden wir uns alle wohlauf, mein Gemahlin continuirt gliicklich ihren prefiado; und weilen etc. etc.

[P. S.] Ich habe auch dieser Tagen ein Schreiben von Euch empfangen von 26. Maii5 in Recommandation des Zweyers. Er hat mir selbe nit selbst gebracht, sondern geschickt, jezo h8r ich, gehe er um geistlich zu werden, eat bonis avibus.

Mein Gemahl hat mir diesmal was viel Schreiben geben, ist also das Paquetl was grosser. Sollte man was deswegen ahn- den, erindert es nur alsbald, solle remedirt werden.

1 Potting, 23. Juli. Die spaniscben Minister haben von ihm seine Erklarung scbriftlich verlangt. Er bat, um dem auszuweichen, eine Konferenz begehrt, bat dariiber nocb keine Entscbeidung bekommen. Embrun soil ttbermorgen fort und hat mit Potting einen recht ,schalk- haften Discurs* gefiihrt. Hier erwartet man, daC der Kaiser Gremonville werde abgeschafft baben, man will den Kaiser durcbaus in den Krieg ver- wickeln. Don Juan ist tiber des Kaisers Benehmen etwas disgustiert.

Der Papst hat sebr scbon an die Konigin gescbrieben und seine Mediation angetragen. Die Hollander haben den Engl&ndern wieder ein ,scbdnes Stiickl bewiesen'.

28. Juli, auf das kaiserliebe Schreiben vom 23. Juni.

Embrun gibt vor, von seinem Konig die Antwort auf die Erklarung der Konigin von Spanien erhalten zu haben, und ist noch nicht fortzu- bringen. Die Spanier bedauern zwar Belgien, tun aber gar nichts zur Rettung.

% Lille wurde am 27. August den Franzosen iibergeben ; vgl.Rous- eet 1. c. 108 f.

3 Vgl. Pribram, Lisola 366 ff.

4 Nicht vorhanden.

5 Unter den Berichten nicht vorhanden, also blofi ein Rekomman- dationsschreiben.

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140.

Wien, 14. September 1667. Alles wohlauf. Man bereitet alles sum Kindbett vor.

(Berichte von 16. und 30. Juli empfangen.1 Wird n&chstens antworten.)

Enzwischen* erinder ich Each gen&digst, dass wir alle Gottlob wohlauf sein und richten wir schon ganz ala gagliarda alles zu der Kindbett b zue. Dazue Gott sein Segen verleihen wolle. Und ich verbleibe etc.

1 Potting, 16. Juli, durch Vermittlung dee venezianischen Bot- schafters.

Er vermag den Spaniem nicht auszureden, daC der Kaiser mehr ha"tte tun sollen. PefSarandas Votuin im Staatsrate aber ist so schfindlich, dafi alle Gutgesinnten entsetzt sind. Oberhaupt will er das Haus Habs- burg entzweien und eine etwaige Nachfolge des Kaisers verhindern. Pot- ting wird sich bemtihen, sein ganzes Votum zu erbalten, einstweilen bat er folgende Stelle daraus erfahren: ,El emperador no solo no obra en ser- vicio de esta monarcbia, pero ni aun en su propria conveniencia porque asi perdera la succession de estos reynos y no la merece.* [Der Kaiser bandelt nicht nur nicht zum Wohle dieser Monarchic, sondern nicht einmal in seinem eigenen Interesse, denn so wird er die Nachfolge in diesen Konigreichen verlieren und verdient sie auch nicht.] Das hat Neidhardt Potting gesagt. PefSaranda scheint eben ganz franzosisch zu sein. Potting hat eine Besprechung mit Don Juan gehabt. Embrun wird end- lich abreisen und erh&lt trotz allem das ubliche Geschenk.

30. Juli. Hier nahet alles deui Ruin, ,schreien alle: nos perdemos und keiner legt die Hand an zur nothwendigen Remedirung4. Neidhardt beginnt kleinmtttig zu werden. Die Konferenz hat Potting fast erzwingen miissen. Er sieht, dafl man den Kaiser verhatft zu machen suche. Castel Rodrigo schreibt, wie schlecht es in Belgien stehe. Der Konig von Frankreich hat sich zu Verhandlungen bereit erkl&rt, aber ohne Waffen- stillstand, aber in Spanien hat man die Vermittlung des Papstes nur unter der Bedingung eines Stillstandes angenommen. Embrun ist noch immer hier. An den Frieden mit Portugal und Bund mit England denkt nie- mand. Die Konigin ist zu wenig entschlossen.

Kardinal Colonna ist aus Deutschland zuruck und lobt den Kaiser und die deutsche Nation sehr.

140. Or. » endtwischen b Kdndtbett

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141.

Wien, 18. September 1667.

Potting soil auf diesetn Wege die Brief e der Konigin mitschicJcen,

da sonst die Kaiserin betrubt ist. IJber Pefiarandas Benehmen.

Die schlechten Nachrichten aus den Niederlanden.

Uber dasjenige, so in hiebei kommender Kanzleiexpedition1 kommt, habe ich vor diesmal a parte wenig zu avertiren, als allein nochmals Euch zue erindern, dass doch auch per questa stradaa Ihr allzeit der Ktaigin Schreiben mitschicken sollet, doch ihre allein und nit das ganze Weiberpliego, dann sonsten mein Gemahlin gar disconsolirt ist, wann sie sieht, dass Brief aus Spanien kommen und sie nix dabei hat. Avisir hac occa- sione Eur eigenh&ndige relaciones von 16. und 30. Julii2 und sieh wohl klar, dass Penaranda* incorrigibilis, dahero ich bei der K5nigin* schon meineb diligentias machen werde, ut tandem remedium huic ponatur malo.

Indessc kommen [immer] bflsere Zeitungen ex Belgio, dass einem die Haut schaudert.8

Was Ihr von einer spanischen Comadre meldet/ ist nix.4 Von Mailand aber haben wir eine kommen lassen, so zwar nativa Hispana ist und mit der Castellar allhero kommen und ihro en el parto assistirt. Ist ein treffliches Weib in alien StUcken so zue diesen Handwerk gehOren, ist bonae voluntatis und macht gar keine hohe Sprung. Ich vermeine wohl, ich werde sie all- zeit hier behalten.

Vor diesmal schreibe ich der KOnigin nit etc.

1 Nicht vorbandeu.

2 Vgl. den vorigen Brief mit der Anm.

3 Vgl. Mignet II. 226 ff.; Rousset 109 f.

4 In dem Briefe vom 16. Juli erw&hnt nfimlich Pitting, daB in Madrid das Gerficht gehe, der Kaiser verlange eine spanische Hebamme (comadre).

141. Or. stra b main c In diss d meld

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142.

Wien, 24. September 1667.

Uber Peilaranda, Embruns Benehmen, Clarendons Sturz. Alle

Gesandten in London haben Vollmachten, nur der spanische nicht.

Man soil ihtn dock schneU eine solche schicken. Castel Rodrigo

soil mit den Niederlanden einen Bund gescMossen haben.

Ich avisir Eure zwei Schreiben von 5. und 12. Augusti,1 und weilen ich je l&nger je mehr siehe, dass Penaranda* so [zu] sagen rebellisch wird und mich * also grob angreift, also habe ich mit heutig Brief der Ktfnigin gar stark zuege- schrieben und ihro also wohl zue Gemtith gefiihrt petendo, ut huic malo efficax remedium peteret. let habe dem Neidhardt* auch ziemlich klar geschrieben, hoffe also, es solle dies alles kein iiblen Effect haben.

Dass der Embrun in Abziehen sich annoch so wohl gehalten hat, non miror. Er hat halt als ein Geistlicher das Brevier oft gebetet und ist ihm der Vers: ,sicut erat' in Kopf geblieben.2

Castellar* hat mir heut zwei Zeitungen von groCer Im- portanz gesagt, si sint vera, dann Castellar* immer einmal ex musca elephantem macht. Eine ist, dass der Kcfriig in Eng- land* sein Kanzler das Amt genommen und detenirt* habe, et quidem instrumento {duce Eboracense}.3 Und weilen er Kanzler auf des Kftnigs in Frankreich* Seite gwest, so ist ein tibles Instrumentum wegger&umt; halte es auch vor ein Zeichen, dass England* mit unserem Hause* estrechiren wolle, quod faxit Deus.

{Lisola} ist bei dem K5nig in England*, hat poderes; in- gleichen sein von Schweden* und Niederlanden* auch Gesandte allda mit poderes und alle circa {negotium belgicum}, allein {Molina}4 hat keine poderes, videtur paradoxum.

Ich habe der KOnigin* auch dies alles geschrieben, Pot- ting* solle auch Instanz machen, dass man ehistens dem {Mo- lina poderes auf London] schicken solle, dann ab hoc fonte scatet origo nostrae salutis, und jezo ist die Zeit, post erit oc- casio calva.

Die ander Zeitung war, dass Castel Rodrigo* mit den Niederlanden* ein Allianz geschlossen, dass er* zwei Festungen,

142. Or. » desteridt Pontes. II.Abt. Bd. LVI. 21

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ah {Nieuport und Ostende}den Niederlanden* einhandigen wolle, aber nur pfandweis und ad reluitionem.

Hingegen sollen die Niederlande* alsbald aperto marte mit Frankreich* rumpiren* wollen. Dies habe derweil Euchb zur Nachricht erindern wollen, mit nfichstem folgt ein mehrers. Verbleibe etc.

1 Petting, 5. August. Durch einen Kurier des Kardinalnuntius nach Briissel. Vorgestern hat er wirklich die gewiinschte Konferenz mit dem Kardinal von Toledo gehabt (Don Pascual de Aragon); sie blieb aber erfolglos, denn das ist ein recht guter Mann, aber ganz von PeSaranda abh&ngig. Man sucht den Kaiser recht verhaCt zu machen. Die pfipstiiche Yermittlung nimmt man an, aber nur unter der Bedingung eines Waffen- stillstandes von Seiten Frankreichs.

Embrun ist noch da und wird iramer insolenter.

12. August. Auf die kaiserlichen Schreiben vom 7. Juli.

Embrun ist nun wirklich abgezogen. Er hat dabei eine Schrift hinterlassen, in welcher er behauptet, man habe ihn nur abgeschafft, da- mit er nicht Augenzeuge der schlechten Verwaltung sei. Beim Wegfahren fuhrte er noch sehr hohnische Reden und behauptete auch, durch seine gewaltsame Abschaffung habe Spanien den Krieg erklart.

2 Embrun erhielt am 9. Juli 1667 den Befehl, Madrid zuverlassen. Morel Fatio, Rec. XI. 172; Mignet II. 184—191.

3 Der Sturz Clarendons erfolgte im September 1667. Vgl. fur Li- solas Teilnahme an demselben Pribram, Lisola 369 f.

4 Antonio Francisco Mesia de Tobar y Paz, durch den Tod seines alteren Bruders (1664) conde de Molina de Herrera, geb. 1617, Oberst- hofmeister Don Juans, seit 1664 Gesandter in London, dann 1670 nach Paris ernannt, welchen Posten er jedoch erst 1672 antrat, blieb dort bis Oktober 1673 und starb 1674. Sein Verhalten in London verursachte dem Vertreter Leopolds und diesem selbst viel Kummer. Vgl. Pribram, Lisola 369 ff.

143.

Wien, 28. September 1667,

am allerliebsten St. Wenzelstag, so mir jetzo fiber alles lieb ist.

(Durch den Grafen Fr. Lamberg.) Nachrichten von der Geburt eines Sohnes. Rekommandation Dietrichsteins und Nostiz' fur

das Vlies.

142. Or. rumir b Eur

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323

Alle redliche Bflhmen mtissen heut sich von Herzen er- freuen, indem Gott der allmftchtige [mich] durch die Vorbitt des hi. Wenceslai, dessen Fest wir heut celebriren, heut frtihe zu puncto urn dreiviertel auf acht Uhr mit einem Prinzen ge- segnet hat, und ist alles Gottlob so wohl von statten gangen, dass in vier Stunden alles vortiber gwest und das Grobe liber eineinhalb Stand nit gew&hrt hat.1

Diese Freud mehrers zu bezeigen, habe ich Bringern dieses, meinen K&mmerer Franz Grafen von Lamberg,2 eigens dahin abgefertigt, allein diese guete Zeitungen zue bringen. Wollt ihn aufftthren und in allem assistiren.

In negotiis ist ihm nit ein Haar mitgeben worden, habe £uch hac occasione auch nix befehlen wollen, damit diese Zei- tung ganz allein komme. Wir sein also tibereilt worden, dass noch kein Bett und nix fertig worden, weilen wir unser Raitung erst in ein Monat geschlossen haben, aber es fahlt die Raitung. Es ist aber alles so wohl abgangen, dass es nit besser hfttt kflnnen gewunschen werden. Die Comadre verstehet ihr Pro- fession ex ftmdamento, und sagen die Eaiserin Eleonore, die von Mansfeldt und die von Wagensperg,3 sie haben ihr Lebtag kein besser gesehen. Sie hat es wohl probirt, indeme sie selbst siebzehnmal niederkommen und ihr allzeit selbst und allein ge- holfen.

Nebst diesem habe ich Euch allein noch folgendes erin- dern wollen, dass ich zur Tauf por padrinos gebrauchen werde die verwitibte Kaiserin und Prinz Karl von Lothringen.4

Und wann man vielleicht meinte, dass dies h&tte der spa- nische Botschafter verrichten sollen, so wollet Ihr repliciren, eben mich hfttte dieses Herzogs Vater6 und die verstorbene Kaiserin Leonora*6 auch aus der Tauf gehoben. hatte ich verlangt, Castellar solle mit sein Courier warten, bis der von Lamberg wegritte. Er hat aber con poco fervoreb nit gewollt, wttrde ihm nit schaden, wenn ihm ein Pelzc angefriemt wllrde. haben mich der Ftirst vond Dietrichstein 7 und Graf von Nostiz gebeten, ich wolle ihre Praetension des Tusons hac occasione des Lam- berg recommendiren. Habe es ihnen nit wohl abschlagen kOnnen die tarn festivo, habe sie also in mein eigenh&ndigen Schreiben der KOnigin recommendirt. Wollet dies Werk Euch auch lassen

143. Or, a noch Leonora hett b unsicher c Pilz d von die

21*

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befohlen [sein], absonderlich vermein ich, Fllrst von Dietrich- stein habe schier ein jus dazue. Ubrigens weilen ich mit [des] von Lamberg Abfertigung [mich] nit lang aufhalten kann, also ende ich etc.

1 Der Prinz wurde Ferdinand Wenzel gctauft und starb schon 13. Januar 1668. Gewohnlich wird seine Geburt auf den 16. September gesetzt, doch ist nach obigem diese Angabe zu korrigieren.

2 Graf Franz von Lamberg, eigentlich Franz Josef, altester Sohn Johann Maximilians (vgl. oben S. 11), geb. Oktober 1637, gest. November 1712. Nach der Ruckkehr von seiner Europareise 1662 wurde er K&m- merer, 1664 Reichshofrat; 1666 ging er der kaiserlichen Braut entgegen bis an die venezianische Grenze. Spftter 1686 wurde er Geheimer Rat etc. Sein altester Sohn Leopold Matthias, Liebling Kaiser Josef I., wurde Fiirst und hinterliefi diese Wilrde bei seinem Tode (1711) dem Vater. Wurzbach XIV. 24, 28, 37.

3 Gr&fin Marie Elisabeth Mansfeldt, die Gemahlin des Franz Maxi- milian, gest. 1692; sie war eine geborene Harrach. Fur die Grftfin Wa- gensperg vgl. Leopold, 6. Oktober 1665, oben S. 166, Anm. 6.

4 Prinz Karl von Lothringen, geb. zuWien April 16 43, gest. zu Wels April 1690. Sohn des Herzogs Nikolaus Franz und berechtigter Erbe des Herzogs Karl IV. von Lothringen. Durch diesen wurde er mit Frankreich verfeindet und ging 1663 nach Wien, wo er von Leopold I. freundlich aufgenommen wurde und ein Regiment erhielt, mit welchem er sich bei St. Gotthard auszeichnete. Seine weitere Laufbahn ist allgemein bekannt; das Herzogtum, aus welchem Karl IV. 1670 durch Ludwig vertrieben wurde (er starb im Exil Sept. 1675), erhielt Prinz Karl nicht, da er sich 1679 weigerte, es unter den Bedingungen anzunehmen, die ihm Ludwig XIV. zugestand. Ebensowenig gelang es Osterreich, ihm 1669 und 1674 die polnische KSnigskrone zu verschaffen. 1678 heiratete er die verwitwete KSnigin von Polen Eleonore, Kaiser Leopolds Stiefschwester, von welcher er fiinf Sonne hatte. Der aiteste davon Leopold Josef Karl (1679—1720) ist der Vater Kaiser Franz I. Stephan.

5 ,Die8es Herzogs Vater* war Nikolaus Franz, ein Bruder Karl IV. von Lothringen. Vgl. Anm. 4.

6 Eleonore von Mantua, Gemahlin Ferdinand II., gest. 1655.

7 Far Dietrichstein vgl. S. 203, Anm. 5 und S. 146, Anm. 7, fur Nostitz S. 127, Anm. 5.

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144.

Wien, 28. September 1667.

(Ein ganz kurzes Schreiben vom 28. September 1667 ent- halt nichts von Interesse, ebensowenig das entsprechende Schreiben Ptfttings vom 26. August 1667.)

145.

Wien, j. Oktober 1667.

(Durch einen spanischen Kurier.) Taufe des Prinzen. Mutter und Sohn sind gesund.

(Der spanische Qesandte schickt eine „Alcanzea und so schreibt der Kaiser auch. Lamberg wird schon dort sein.)

Seithero ist wenig anders vorgefallen. An St. Michels- tag ist die Tauf solenniter* verricht und hernach das Tedeum gesungen worden mit dreifacher salva.

Muetter und Sohn asta aora optime valent, et quidem mater, ah wann sie ihr Lebtag niemal krank gwesen war. Deus ulte- rius benedicat. Per questa volta bastivi questo. Ich kann mich nit langer aufhalten, schlieGe und verbleibe etc.

146.

Wien, 8. Oktober 1667.

Nichts zu schreiben. AlUs wohl.

(Letzten Mittwoch 5. Oktober ist Tyrol mit alien Depeschen gekommen. Sie sind aber noch nicht ganz dechiffrirt. Auch der Bericht vom 20. August liber Mailand ,por casa Ayroldi' ist angekommen. Jetzt ist also nichts zu antworten, erst nachsten Mittwoch.)1

Will allein Euch dies erindern, dass wir alle Gottlob wohl- auf sein, mein Kleiner nimmt auch, Gott sei gedankt, von Tag zue Tag zue etc.

145. Or sollenirdt

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1 Potting, 5. September, durch Tyrol. Dieser fiberbringt die Re- solution, die aber leider nicht so ist, wie zu wttnschen ware. Es folgen die Voten der einzelnen Minister liber diese Angelegenheit bei. Man wtinscht hier nur den Kaiser in den Krieg zu verwickeln, ohne ihm aber Mittel zu geben. Jetzt hofft man auf ein Ubereinkommen mit Portugal. Aber das Scblimmste sind die inneren Zustande.

Don Juan ist recht disgustiert, man will ibn wegbringen, es ist aber fraglich, ob es geben wird. Anderseits wird sein lfingerer Aufentbalt hier sicher zu nichts Gutem fiihren. Neidbardt wird immer verzagter.

20. August. Man bat von Potting eine kategorische Erklfirung baben wollen, ob der Kaiser mit Frankreicb brecben werde oder nicbt, worauf er naturlich nicht eingehen konnte. Man will bait den Kaiser durcbaus impegnieren. Dennoch glaubt Potting es soweit gerichtet zu baben, daB eine bessere Resolution erfolgen wird. Don Juan glaubt dabei seine Devotion besonders gezeigt zu haben (durch sein Votum bei Be- ratung der Resolution). Die Portugiesen wollen keinen Waffenstillstand ^ die Spanier sollten nur in den sauren Apfel beiCen. Indessen geht bei diesen alles durcheinander, da ,uno eodem tempore der Karren hinter sich und vor sich gezogen wird*.

147.

Wien, 12. Oktober 1667.

Die Potting gegebene Resolution ist nicht genugend, Castellar hat dasselbe hier angebracht. fiber Pefiarandas, Don Juans und Medinas Verhalten gegeniiber Osterreich. Der Kaiser hat uber ersteren der Konigin geschrieben. Die Verhandlungen mit Eng- land und Schweden stehen hier gut. Potting soil den portugiesi- schen Frieden urgieren. Folgt ein Brief des Kardinals Harrach. Kaiserin und Prim wohiauf.

(Kami noch nicht viel sagen. Wird alles nochmals beraten lassen und vielleicht einen Kurier schicken.)

In antecessum aber siehe ich primo,1 dass die Euch ge- gebene resolutio gar secca seie. Castellar* hat eben diese Lec- tion auch hier aufgesagt. Weilen aber alles mit nebstem deli- berirt wird, so remittir ich mich alldahin.

Der Penaranda* inacht es gar zue grob, Don Juan* und Medina* machen es gar zue guet, und bekenne ich, dass ich nit recht glaube, dass sie also trefflich votiren, als sie nacher

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uns communiciren, dann* einmal des Don Juan* vasti dissegni gar zue klar. Den Penaranda* aber betreffend hat der Kaiser* also der KOnigin* geschrieben et cum tali emphasi, ut de magno aliquo et valido dubitem remedio, so Potting* zn seiner Nachricht dient, wie auch, [dass] das negotinm {ligae cum Anglia* et Suecia*} in gar guetem Stand stehet, wie Euch mit nebstem von allem solle Communication gethan werden.

Das portugiesische* Werkb solle PStting* incessanter treiben, der Kaiser * schreibt auch deswegen gar caldament an die Kflnigin*, dass man allda so blind ist und bei so gefehr- lichen Conjuncturen ein solches Hauptremedium nit amplectiren will. Timeo, ne sero sapiant Phryges, sed absque remedio.

Diese Beilag ist von Cardinal von Harrach ad reginam, der ist disgustato von Rom abgezogen, weilen Hispani ihm mit sein Mesaten nit zuegehalten haben.

Wir sein sonsten insgesamte wohlauf. Die Muetter und den neonatus konnte man nit besser wtinschen.

Und verbleibe etc.

1 Vgl. Potting, 5. September, die Anm. zum vorigen Briefe.

148.

Wien, 15. Oktober 1667.

tJher Peiiarandas und Castellars Verhalten gegen den Kaiser. Castellar wird dock ohnehin viel besser behandelt, als seine Leute und er es verdienen. Potting soil den portugiesischen Frieden urgieren. Wenn die Spanier meinen, man brauche Jceinen Bund mit England, Schweden und den Generalstaaten und das Haus Habsburg sei allein stark genug, so irren sie sehr.

(Den Bericht vom 27. August1 am 13. Oktober empfangen. Man muss noch tiber diesen langsamen Weg froh sein. Es folgt ein Despacho aus der Kanzlei.)*

Und wundert mich nit, dass Penaranda* alles desa Kaisers* procedere so libel auslegt; dass aber Castellar* auch so inventirtb und das, was der Kaiser* gmeint hStt' {Hispanos} mehr obli-

147. Or. *■ das b wer

148. Or. * den b invetrirdt

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giren sollet, also traducirt, schmerzt mich in mein Seel, da* er Castellar* doch mehr Confidenz und Ehr empfangt, als seine lible Manier und seiner Bedienten fast ohnleidliche Insolenzien und homicidia verdienten ; anzi es ist so weit kommen, dass gar in der Anticamera der Kaiserin * seine Pagen ein portero Schlfig angetragen haben. Habe also nit weniger k5nnen,b als der Ktfnigin* ein wenig meine sensus in dieser Sache sowohl huic Castellar* als auchc Penaranda* [betreffend] zue palesiren; hoffe es solle einiges remedium folgen.

Das negotium {pacis cum} Lusitania* solle P5tting* so- wohl bei der Kflnigin* et Neidhardt* auf alle Weis befbrdern, und der Kaiser* halt davor, das seie die einzige ancora salu- tis, und wannd man nit bald dazue thuen werde, so war' alles zue spat.

Noch eines. Ich versptire, dass selbige ministri so ein- faltig [sein], dass sie vermeinen, man brauche keine liga mit England*, mit Schweden* und Niederlanden *, sondern unser Hans* allein sei gnug, Frankreich* zu widerstehen; sed errant, qui [hoc] putant. Si isti non erunt pro nobis, certabunte con- tra, das Potting* wohl repraesentirt hat.

Vor diesmal kann ich nit mehr schreiben, die Zeit man- glet. Erinder allein, dass wir alle, Groli und Klein, gar wohl- auf sein, etc.

1 Potting, 27. August (geheimer Weg). Die Schwierigkeiten des Friedensschlusses mit Portugal sind hier (iberwunden. Der Kardinalnuntius hat im Namen des Papstes viel daftir getan. Potting auch. Man dtirfte dem Kaiser schon einiges Geld schicken, ob aber genug und wie das an- dere nachfolgt, ist die Frage. Penaranda und seine Anh&nger tadeln die vom Kaiser zum Geburtstage der Kaiserin veranstalteten Feste und sagen, das Geld hfitte er zur Unterstfttzung von Belgien verwenden sollen. Und Castellar meldet ebenso aus Wien, man denke nur an Unterhaltung und er konne gar nicbt seine Geschfifte verfolgen.

Derjenige, welcher ,die tonos und villancicos zu verfertigen pflegt', ist krank, daher ist weder hierin noch von der Komodie etwas zu erhalten.

2 Ein Kanzleischreiben vom 17. Oktober, worin der Stand der schwedischen Yerhandlungen mitgeteilt und von Spanien die Zahlung von Subsidien an Schweden gefordert wird. Schon unter dem 12. Oktober echrieb der Kaiser durch die Kanzlei, daC die Herzoge von Osnabrtick und Celle 10.000 12.000 Mann gegen Subsidien antragen.

148. Or, » doch b ktJndte c an d wamb certaerunt?

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329

In dem Reskript vom 12. November wird ein solches vom 14. Ok- tober erwahnt, in dem PSttings Hauptrelation vom 5. September beant- wortet wurde. Es ist jedocb nicht vorhanden.

149.

Wien, 22. Oktober 1667.

Vber einen schneUeren geheimen Weg und die Verhandlungen

mit Schweden.

(Die Ordinari bleibt noch aus; daher die ,via secreta* notig, auf welcher der Bericht von 3. September eingelangt ist.1 Aber der Weg ist sehr langsam. Uber Zaragoza ging es einmal schneller. F&nde man nur einen schnelleren Weg. In publicis verweist er auf die Kanzlei.2 Alle gesund.)

[P. S.] Es wird auch aus des Walderode Expedition in ein Handbriefl communicirt, was in {Suecicis} passirt. Beziehe mich vollig darauf, allein mttsst Ihr wohl darob sein, dass man allda recht zur Sachen thue und kein Zeit verlier', dann dies ist ein Mittel, dem K5nig in Frankreich* sein Compass mach- tig zu verrttcken.3 Instate itaque opportune et importune sowohl bei der K5nigin* als {alien ministris}.

1 Potting, 3. September, sendet im gebeimen Wege iiber Mai land ein Duplikat der koniglichen Resolution. Bei nftcbster Gelegenheit wird er aucb ein Duplikat der dem Tyrol mitzugebenden Relation senden, da er diesem befohlen hat, wenn sein Schiff von den Pranzosen aufgehalten werden sollte, die Relation ins Meer zu werfen. Die indische Flotte soil nun in Sicherheit sein. Wenn die Mittel nur gut angewendet werden, ,dann sonsten ist zu besorgen, daB das meiste unter vielfaltigen Fingern zu kleben pfleget4.

% Kanzlei reskript von diesem Datum nicht vorhanden. Vielleicht gehort jedoch die (S. 328, Anm. 2) exzerpierte Weisung vom 17. Oktober hierher, wenn niimlich die dort erwfihnte Weisung vom 14. Oktober zum vorigen Briefe einzureihen ware.

3 Fur die Haltung Schwedens vgl. Pribram, Lisola 375 ff.; Mignet 1. c. II. 318 ff.

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150.

Wien, 26. Oktober 1667. Tod Harrachs. Kompetenten urn sein Erzbistum.

(Da die Briefe durch die Niederlande schon auszubleiben beginnen, so ist dies nur aufs Geratewohl. Alle gesund.)

[Bericht allein], dass gestert Vormittag nnser lieber Primas Bohemiae, cardinalis ab Harrach in 70. Jahr seins [Lebens] gestorben, als erst vergangnen Freitag von Rom allhero ange- langt.1 Hat sich auf der Reis gar disordinirt gehalten und [ist] mit dem Fieber drei Tag gereist.

Um diesen Brocken beifien viel Fisch an.

Mirabilia vobis alia occasione scribam; interea sufficiant, dass ich fast vermeine, dies Erzbisthum dem conde von Kolo- wrat,2 so zue Olmtttz Canonicus ist, zue conferiren. Doch bin ich nit vflllig resolvirt.

Der Schleinitz, episcopus litmericensis,3 hat auch ein ius dazue. Ich weiC [nit], wie ich diese bohemica in Spanien schreiben thue. Ich habe halt jezo damit den Kopf voll et quia scribo homini de his optime informato. Hiemit etc.

1 Vgl. fiber ihn oben S. 84, Anm. 10.

2 Kolowrat, Johann Wilhelm, 1660 ebenso wie seine aMteren Brii- der Franz Karl und Ferdinand Ludwig sowie der jiingste Leopold Ulrich zumGrafen erhoben, geb. 18. September 1624, gest. 31. Mai 1668, Doktor der Theologie, Scholasticus in Oliniitz und Archidiakon des dortigen Erz- stiftes. Er starb, ohne das ihm verliehene Erzbistum Prag angetreten zu haben, auf der Reise dorthin. Wurzbacb XII. 382.

3 Scbleinitz Maximilian Rudolf von; er blieb Biscbof von Leitme- ritz, gest. 1675.

151.

Wien, 2g. Oktober 1667.

Potting soil eine Entscheidung iiber die schwedischen Verliand- lungen verlangen. Uber Harrachs Tod. Castellars Bote sitzt in

Genua fest.

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(Wenig zu schreiben, da auch liber Mailand nichts ge- kommen. Petting soil das {negotium suecicum} urgiren und baldige Resolution verlangen. Alles ist gesund.)

[P. S.] Wiederholung der Angelegenheit Harrach.

Graf Franz von Lamberg wird hoffentlich die guete Zei- tung zum ersten hineingebracht haben, weilen el criado del Castellar annoch zue Genua still sitzt, weilen kurz vor seiner Hinkunft durch borrasca zwei galeras untergangen seind.

152.

Wien, 6. November 1667.

Potting soil die portugiesische und die schwedische Sache betreiben, sich in Don Juans Absendung aber nicht einmischen und mit La Fuente gute Korrespondenz halten. Befinden der Kaiserin.

(Bericht vom 9. und 24. September durch die Ordinari, vom 17. per viam secretam empfangen.1 Der vom 10. und an- dere sind ausgeblieben. Es ist nicht viel zu antworten.)

Sondern sage allein, in {Lusitanicis} sollt Ihr incessanter treiben und sollicitiren. Was des Don Juan* Abschickung* in {Niederland} [anlangt], sollt Ihr Euch passive halten und nit viel dareinmischen, das negotium {ligae cum} Suecia* auch sol- licitiren, und letzlich mit dem Marques de la Fuente best&ndig guete Correspondenz halten. Sonsten sein wir alle wohlauf, und heute gehet die Kaiserin schon aus der Kindbettb hervor. Wollte ftihrwahr nit schworen, dass sie heut ein Kind6 auf dem Arm und ein Anfang von einem andern in Leibe tragen mflgte.

Ich habe einmal nit mehr Zeit zu schreiben, addio und verbleibe etc.

1 Potting, 9. September, fiber Belgien, ganz kurz.

17. September (auf deu kaiserlichen Brief vom 3. August). In den englischen und portugiesiscben Dingen geht man ,plumbeo pede* vor. Ober die Gouverneurstelle in Belgien wird gebeim beraten, aber die Kom- petenten sind auBer Don Juan ganz untauglich. Einige denken an einen Reicbsfflrsten, aber welcher wiirde diese Stelle jetzt fibernebmen?

152. Or. Abschidischung b KiJndtbOttV c K(Jdt

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332

La Fuente ist hier angekommen ,zwar gar baufallig, das semblante aber 1st eben, wie ich [ihn] in Deutschland gekannt habe'.

24. September (iiber Belgien). Lille und Ypern sind verloren gegangen. In Catalonien haben sich die Franzosen des Ortes Libri be- machtigt. Don Juan soil nach den Niederlanden abgeben. Die Konigin ist etwas unwohl. La Fuente ist in den Staatsrat cingetreten und ver- sichert, im Interesse des Kaisers wirken zu wollen.

153.

Wien, io. November 1667.

tJfber CasteUars Forderung, kaiserliche Truppen nach Mailand zu senden. Attes gesund. fiber das Erzbistum Prag.

(Die niederlandische Post ist wieder ausgeblieben.)

Aus der Kanzlei wird Euch communicirt,1 was Castellar* bei mir* angebracht, dass namlich der Kaiser* vor {Mailand} solle {ein Anzahl Volks, wenigst 1000 Mann}, ttberlassen.* Weilen aber solches ex causis adductis in illis litteris nit wohl sein [kann] und mein Bedlinken nach ganz klar ist, also soil Pot- ting* sowohl die Kftnigin* als Neidhardt* als auch alle andere ministros wohl informiren, dass sie auf des Castellar* folgende ungleiche relationes kein Fundament machen, sondern der klaren Ragion stattengeben wollen, dann einmal dies kein mo- dus ware der Konigin* zue dienen, indemeb der Kaiser* {werben} solle und hingegen sich also {eines so gueten Volks privirte}.

Werdt Euch also dies Werk wohl angelegen sein lassen.

Und weilen doch dieser Weg noch gar unsicher ist, also will ich von kein andrer Materi melden, sondern berichte ich allein, dass wir alle Gott[lob] wohlauf sein, dass mein Gemahlin gleich am Sonntag hervorgangen, dass der Klein damals so witzig gwest, dass er nix gweint hat, dass ich viel geplagt werde um das Erzbisthum Prag, dessen drei competentesc co- gniti sein, Bischof von Leitmeritz, der von Kolowrat Canonicus zu Olmlitz und Graf Hans Friedrich von Waldstein.2 Und ich verbleibe etc.

153. Or. * nochmal* solle b in c competent

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333

1 Das Kanzleireskript voin 9. November (erw&hnt in demjenigen vom 12. November) ist verloren, vorhanden nur raehr eine Kommnnikation iiber die Verhandlungen mit Braunschweig.

% Graf Hans Friedrich von Waldstein, geboren 1644; er wurde 1668 Bischof von Koniggrfitz, 1675 Erzbischof von Prag und starb 1694.

154,

Wien, 12. November 1667. Verweis auf das Kanzleireskript.

(Das Schreiben iiber Mailand vom 24. September erhalten.1 Der Kaiser hat nichts zu schreiben und bezieht sich daher auf das Kanzleireskript.)2

1 Potting, 24. September (uber Mailand). Der Fall von Lille und Ypern bringt die Spanier gar nicht in Aufregung. Ihre Hauptbeschfifti- gung ist nach wie vor Privatinteressen gewidmet. Don Juan ist fur die Niederlande ernannt, geht aber nicht. Die Franzosen haben sich in Cata- lonien festgesetzt.

3 Kanzleireskript vom 12. November. Schon in dem vom 14. Ok- tober (nicht vorhanden, vgl. oben S. 328, Anm. 2) wurde mitgeteilt, dafi der Kaiser Befehl zur Rekrutierung gegeben habe. Er f&hrt darin trotz des Widerspruches Gremonvilles fort; auch hat er Castellar auf dessen Bitte sofort Werbungen gestattet und ihm namentlich Schwaben daftlr an- geraten, etc. Mitteilungen iiber die schwedischen Dinge.

155.

Wien, 20. November i66*j.

Freude uber die Genesung der Konigin. CasteUars Nachricht,

dafi der Kaiser die Claudia nicht au$he%raten wottte, bevor die

Kaiserin niedergekommen, ist erlogen.

(Bericht vom 1. Oktober erhalten.)1

Gottlob, dass die Konigin wieder wohlauf ist. Was der Castellar* hineingeschrieben hat, dass der Kaiser* solle ihm ge- sagt haben, die bewusste Person nit auszuheiraten, bis meine Gemahlin* {niederkommen} sein wird,* ist alles erlogen und

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erstunken. Ich will es der Kflnigin* klar genug schreiben, dann also ist ohnmiiglich, dass der Kaiser* langer mit ihm* handlen* kann.

Et haec pro nunc sufficiant, caetera proxime. De reliquo omnes bene valemus, und ich verbleibe etc.

1 Potting, 1. Oktober (auf den kaiserlichen Brief vom 17. August). Nichte von Bedeutung als die Nachricht von der vollstandigen Genesung der Konigin.

% Davon findet sich in dem obigen Schreiben keine Erwfihnung, sondern erst in dem vom 14. Oktober; vgl. S. 335, Anm. 1.

156.

Wien, 24. November 1667.

Vber die Post, CasteUars Nachricht wegen der Claudia Felicitas.

Der Kaiser hat der Konigin hieriiber geschrielen, Potting soil

es auch reprdsentieren. Verweis auf die Kanzleischreiben.

(Berichte vom 6. und 14. Oct. empfangen.)1 Hoffen, sie sollen aniezo auch mit besserer* Ordnung ein- laufen, obwohlen fides gallica graecae non adeo sit dissimilis. Werdet auch also gar recht thuen, wann Ihr dessen ohner- acht Euch gleichwohl der via secreta bedienen werdet, und ist ja besser langsam als keinmal Brief zue haben.

Was Ihr mir schreibet, dass Castellar* solle hineinge- schrieben haben, der Kaiser* hfttte ihm gesagt, er k5nnte {seniorem Oenipontanam} nit {ausheiraten}, nisib imperatrix* {peperisset}, ist wie ich Euch neulich vermeldt habe alles erlogen und erstunken, und hat der Kaiser* niemals was der- gleichen0 getraumt. Dies aber ist nit ohne, dass dergleichen discursus des Kaisers* {ministri} unter einander gehabt haben, und dass etwas davon dem Castellar* und der Kaiserin selbst mOchte sein zue Ohren kommen. Das aber verdrieCtd mich machtig, dass er Castellar* pro appendice des Kaisers* Person

155. Or. handn

156. Or. * BOsserung b nis c vor getrKumt em under oder wider d unsicher

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selbst hat attaquiren dOrfen, und kann ich wohl glauben und Euch versichern, dass der Kaiser* insktinftig ein schlechte Lust haben wird, mit Castellar* umzugehn.

Dahero hat der Kaiser* die Ktfnigin* ersucht, ein reme- dium zue setzen, ingleichen hat Neidhardt* urn Cooperation ersucht, wird also auch gar nit schaden ktfnnen, wann data occasione PStting* auch dies alles der Kflnigin* cum emphasi repraesentiren und um ein krftftiges remedium anhalten wird, so ich Euch in diesem passu hiemit vermelden wollen.

Was sonsten in publicis vorfallt, wird Euch alles aus der Kanzlei communicirt2 und habe ich nix beizusetzen, als dies,* dass auf alle Weis {pax lusitanica) beschlossen werde. Und weilen etc.

[P. S.] Was ich Euch durch bemeldten Despacho wegen des Don Juan * befohlen habe, wollet Ihr wohl inacht nehmen, wie mich dann vOllig darauf beziehe.

1 Potting, 6. Oktober. Castel Rodrigo hat mit Frankreich ausge- macht, daC die Ordinari ungehindert verkehren kann. Potting bentitzt also jetzt diesen Weg, das Wichtigere aber wird er durch den geheimen Weg berichten. Der Herzog von Alba ist auf dem Totenbette; sein 54jahriger Sohn wird nicht bose dariiber sein. Auch Don Blasco de Loyola ist krank; der Prazedenzstreit zwischen der Camerera und Aya ist noch nicht geschlichtet; die erstere diirfte doch recht behalten. Die Portugiesen haben ein Schloss bei Alcantara genommen.

14. Oktober. Auf das kaiserliche Schreiben vom 31. August.

Castellar hat hierher berichtet, der Kaiser hfitte ihra gesagt, er wolle die alteste Tochter der Erzherzogin Anna, Claudia, so lange nicht heir a ten lassen, bis man wisse, wie die Kaiserin niederkomme [nfimlich ob sie nicht vielleicht stiirbe, in welchem Falle der Kaiser also auf Claudia Felicitas aspirieren wflrde] ; die Kaiserin habe dann davon erfahren und sich dariiber sehr aufgeregt. Castellar machte dann noch seine Glossen dazu. Dariiber ist man im Rate ziemlich aufgebracht, namentlich Pe- flaranda.

2 Kaiserliches Reskript vom 23. November.

Da die Spanier Portugal endlich den Konigstitel zugestanden haben, so soil Potting zum ganzlichen Schlusse helfen. Ebenso beim englischen Ligawerke.

156. Or. auf

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336

Da Don Juan die Absicht geaufiert haben soil, nach den Nieder- landen durcb Osterrcich und Deutschland zu gehen, soil Potting dies auf alle Weise verbindern, doch gleichsam ohne Auftrag.

Dafi der Kaiser Gremonville an seinem Hofe duldet, hat seinen Grund darin, daJ3 man nicbt ,propositiones und sincerationes pads' macben und dabei den Gesandten abschaffen konne, auch kann der Kaiser nicht die Riicksicht auf die deutschen Fttrsten auXJer acht lassen. Um Gremonvilles Reden kiimmert man sich sonst nicht und der Kaiser l&£t sich durch ihn nicht an den Rekrutierungen und anderen Vorkehrungen hindern. Aber Spanien selbst tut im Vergleiche zu den grofien Rfistungen Frankreichs nichts. Der Kaiser hat schon friiher gefordert, Spanien moge sich erklfiren, was es zu leisten vermoge, und zugleich dem Castellar eine Voilmacht zu weiteren Verhandlungen schicken. Er wiederholt diese Forderung. Man solle auch Geld an Castellar sen den, damit es bei Gelegenheit schnell angewendet werden konne, und die Ver- handlungen mit Schweden, den Niederlanden u. a. beschleunigen. Potting soil nachforschen, ob nicht geheime Verhandlungen zwischen Spanien und Frankreich bestehen, und einen SchluXJ ohne den Kaiser ver,hiiten.

Dazu kommen noch Mitteilungen fiber die Verhandlungen von Go6£ und Basserode mit Schweden, Braunschweig und Brandenburg nebst Ausztigen aus Schreiben des Baron Go6fi.

157.

Wien, 26. November 1667.

tJher die portugiesische Frage, Medinas Krankung, Peilarandas

Benehrnen.

Euer Schreiben von 8. passato* habe ich empfangen. 1 Was nun das {portugesische} Wesen anlangt, so ist mir leid, dass noch alles in solchen terminis stehet. Es hat aber der Kaiser* der K6nigin*b und Neidhardt* also geschrieben und zuegesprochen, dass ich hoffe, es solle ein Effect haben. Saltern facio quod possum.

Dass Medina* abermal disgustirt, ist mir leid, und hoffe ich nit, dass die Kflnigin* im geringsten ihm ein Ohnrecht anthun lassen solle. Dass aber an des Kaisers* Hof solche Sachen sollen von Medina* geredt sein worden, kann ich all ein

157. Or. dies b dem AC

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337

dies melden, dass mir nix davon ist zue Ohren kommen, sondern mein vielmehr, die Krot, {der Don Diego},2 delectire sich, solche Zeitungen [zue] schreiben und damit schismas* zue machen.

Bei dem Penaranda* fbrchte ich wohl auch, sei Chrisam und Tauf verloren, wie man in Sprichwort findt.

Ich habe darttber der KOnigin* auch ziemlich die Mei- nung gesagt. Repeto denuo, quae vobis nuper de Castellar* scripsi.

Und weilen mir mein Eatarrh nit wohl zuelassen will, mehr zue schreiben, brichte ich Euch allein, dass wir sonsten alle Gottlob gar wohlauf sein und verbleibe etc.

1 Patting, 8. Oktober (tlber Mailand). Die portugiesiechen Dinge werden so behandelt, daft es, wenn uberhaupt, erst zu einem Er- folge kommen kann, wenn es fiir die gegenwartigen Verbal tnisse scbon zu spftt sein wird. Medina ist wieder sebr betrtibt. [Die Ursache da- von, fur welche Potting nur auf seine verlorene Kanzleirelation verweist, findet sich im Diarium sub 3. Okt., fol. 266 angegeben. Man wo lite ihm wieder die Prasidentschaft von Italien nehmen.] Der Herzog von Alba ist gestern gestorben. Wahrscheinlich wird ihm Marques Aytona in seiner Mayordomia mayor (dela reyna, Diarium, fol. 266 vo.) folgen, doch steht dieser mit Neidhardt nicht gut.

Der schwedische Gesandte llCt nichts yon sich hSren, iibrigens wurde er hier auch nicht viel ausrichten.

2 Don Diego de Prado, vgl. 8. 36, Anm. 2.

158.

Wien, 3. Dezember 1667.

Die Kaiserin ist betriibt, dafi keine Briefe von ihrer Mutter

gekommen sind. Die Konigin soil den von Castd Bodrigo mit

den Generalstaaten geschlossenen Bund ratifijeieren.

(Bericht durch die Ordinari empfangen. Durch via secreta diese Woche keinen, tiber Rom einen extraordinaren vom 28. Okt.1 mit der Nachricht von der Ankunft Lambergs am selben Tag.)

Nur hatte ich wohl wunschen wollen, dass Ihr es mit dem Cardinalso viel gricht hattet, dass er nur ein zwei Stund

157. Or. * chismas Pontes. II. AM. Bd. LTI. 22

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338

gewart h&tte, damit auch die Ktfnigin hatte schreiben kftnnen, dann mein Gemahlin gar disconsolirt ist, wann sie weifi, dass Brief aus Spanien kommen und dass nix von ihrer Muetter dabei ist. Wollet Euch allezeit, so oft Ihr durch was Weges seie [herausschreibet], allda anraelden and vermelden, ob sie auch schreiben wolle, dann dies ist unser einziges * Verlangen. {Castel Rodrigo* hat mir* geschrieben, er hab mit Hol- land *b ein Allianz gemacht vor Niederland}. Weilen aber Castel Rodrigo* einiges Versprechen dabei gethan hat, also solle Pitting* insistiren, dass die Ktfnigin* alles ratificire und das Wort halte. Cum alia occasione plura. Dies nur interim s- weis nebst Erinderung, dass wir alle Gottlob wohlauf sein. Verbleibe etc.

1 Der Bericht durch die Ordinari ist wohl der vom 26. Oktober.

Best&tigung des Empfanges des kaiserlichen Briefes vom [24.(?)] September.

Der Papst sucht seine Mediation durchzufuhren.

28. Oktober, durch den Kurier des Kardinalnuntius. Nur Gratu- lation wegen der Geburt des Prinzen, die man durch die Vormittags er- folgte Ankunft des Grafen Lamberg erfahren hat.

159.

Wien, 8. Dezember 1667.

Es heifit hier, man wolle Inigo de Toledo mr Gratulation

herausschicken; Potting soil dies verhindern, ebenso die Sendung

des Marques Fresno. Rekommandation fur Andrade. Spanische

Frage. Besetmng des Prager Erzbistums.

(Berichte vom 26. und 28. Okt. erhalten ; * also Lamberg ein- gelangt. Der Kurier des Eardinals hatte noch warten sollen wegen der Kflnigin, ,denn mein Gemahl ist gar disconsolirt' etc.)

Und weilen jetzo gwiss jemand wird herausgeschickt werden, die enorabuena zu verrichten,* so kann ich Euch nit verhalten, dass allhier erhellet, als wann man allda sollte ge- sinnt sein, den Don Inigo de Toledo2 zue schicken. Und ob-

158. Or. * einziger b CY = Portugal

159. Or. * schicken; enorabuena = Gliickwunsch

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339

wohlen ich hoffe, die K5nigin werde consideriren, dass ein exemplum sine exemplo sein wtirde, ein Hurenkind und Ban- kert zue einer solchen Function zue gebraucben, so habe ich doch Each mitgeben wollen, dass wann etwas daran und noch res integra wttr, Ihr es alleweg verhindern sollet,* repraesen- tando inconvenientias tarn reginae quam confessario et aliis ministris. Man sagt auch, dass der {Marques del Fresno}8 da- zue in Vorschlag sein solle. Weilen aber dieses b subjecti qua- litates genug bekannt sein, auch er ganz von Penaranda de- pendirt, also wollet Ihr es auch zue divertiren suchen.

Die publica, so vorfallen, werdet Ihr sowohl aus bei- liegenden als auch andern despachos sehen.4

Bei diesen liegt ein Schreiben an die Kftnigin, so nur ein simplex recommandatio cum inclusione memorialis ist vor den Andres de Andrade6 pro un abito, so ich Euch zur Nach- richt auch erindern wollen.

Per amorem, was schlafen Hispani et non agunt res suas ; ego moneo, increpo, obtestor, sed sine effectu. Quid ultra facere possum? bono deo omnia committere.

Doch solle Potting* alles wohl repraesentiren und doch sehen, dass man einmal recht zur Sache thue.

So habe ich auch meinen btfhmischen Schafen hoffentlich einen gueten Hirten vorgesetzt, indeme ich das Erzbisthum Prag mit dem Wilhelm von Kolowrat, so Canonicus zue Olmtttz ist, ersetzt habe et quidem, ut spero, cum animarum salute. Und verbleibe etc.

P. S. H&tte bald vergessen, Euch zue berichten, dass wir allesammt Gott sei Dank vOllig wohlauf sein.

1 Vgl. das Exzerpt in der Anm. 1 auf S. 338.

2 Don Inigo de Toledo durfte nach obigem ein Seitenkind eines Herzogs von Alba gewesen sein, doch ist tlber ihn nichts Naheres zu erfahren.

3 Pedro Fernandez de Velasco y Tovar, zweiter Marques del Fresno etc., seit dem Tode seines Vaters (1664); durch seine Heirat mit Pefiarandas jiingerer Nichte dessen Sch wager (da PefSaranda selbst die ftltere zur Frau hatte), was seine Abhfingigkeit begreiflich macht. Er wurde spftter Gesandter in England, Grande fur seine Person, erhielt

159. * sollen b dessen

22*

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340

dann diese Wttrde filr seinen Sohn Augustin, der ihm in semen Wfirden nachfolgte. Imhof, Nachrichten 344 f.

4 Nnr eine Kommunikation der brannschweigischen Verhandlungen vorhanden.

5 Andreas de Andrade. Vielleicht derselbe, yon dem in den Briefen einiger Jesuitenpatres aos dem Jahre 1645 (Mem. hist. esp. XVIII. 78) aU yon einem jungen unb&ndigen Menschen gesprochen wird, Sohn eines Caballero in San Martin bei Madrid (?). Das Geschlecht Andrade gehorte damals zu den bedeutenderen in Spanien. P6tting nennt ihn in seiner Relation vom 5. Dezember 1664 an Portia: ,Ihro erzherzoglichen Durchlaucbt seligst. Gedttchtnis allhier gewesten Agenten.( Ob hier Erzherzog Leopold oder Ferdinand von Tirol gemeint ist, ist nicht klar, wabrscheinlich ddrfte es der letztere sein.

160.

Wien, ii. Dezember 1667.

Portugiesische Angelegenheit. Die Geruchte uber die Eroberung Brussels durch die Franzosen und uber einen Streit Lisolas sind unwahr. Castellar sollte abberufen werden, aber Fresno oder Inigo de Toledo diirfen nicht statt seiner hierher kommen. Frage der polnisehen Heirat; niederldndische Angelegenheit

(Berichte vom 10., 15. und 22. Okt. empfangen. ) * Was aber anlangt das portugesische* {Wesen}, ist mir leid, dass solches noch nit recht instandgebracht worden. Ich kann aber nix mehr than als repetendo priora, dass n&mlich Potting* dieses Werk aufs mtiglichste beftJrdern solle.

Die zwei spargirte Zeitungen von {Brilssel und Lisola} seint pur Fabeln gwest, was Ihr seitbero schon werdet scoprirt haben. Was des Castellar* procedere anlangt, thuet er dem Kaiser* und sein {ministris} fast ebensoviel ins Gesicht sagen, als er dahin schreiben thut. Dahero der Kaiser* repetitis vici- bus der Kttnigin* gescbrieben und gebeten,* einen andern anstatt des Castellar* herzueschicken, dabei aber klar wieder zwei excipirt, als {den Marques del Fresno als des Penaranda* klare Creatur und den Don Inigo de Toledo wegen seiner

160. Or. * gebett

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341

ba8tardi8cher Condition}. Habe also dies auch zur Nachricht anfiihren wollen, damit Ihr Each darnach richten and auch der Patting* bei der Kftnigin* diesemnach negotiiren m5ge. Was man allda sagt von einem {matrimonio des Ktfnigs in Polen* mit der verwittweten Kaiserin*}, hat man was l&uten gehtirt, es ist aber kiirzlich dies: Nachdeme der Kaiser* vermeint hat, dies lieCe sich hflren, hat er* gesucht, die verw. Kaiserin* hiezue zue disponiren, auch endlich sie* ziemlich nahert herzuegebracht, nacher hat [er] per tertiam personam et sotto mano diese Sachen an den Konig* bringen lassen, allda hat man bald in limine* befunden, dass er* ganz aversus seie a {matrimonio}, vielleicht weilen er* mit seinen 58 Jahren und vielen achaques sich imparem befunden tanto solvendo debito, vielleicht auch dass es der Konig in Frankreich* verhindert hat, vielleicht auch, dass seine {Hlirlein}b (deren noch einige sollen vorhanden sein) es mftchten verhindert haben.

Was das Hauptwerk anlangt, habe ich so viel geschrieben, dass ich nix mehr weiB als mich ad priora zue beruefen. Fiirchte nur, der K5nig in Frankreich* werde wider uns das beneficium temporis haben, weilen man allda so gar nix thuet. Es heifit halt: Perditio tua ex te, Israel! Ich kann einmal nit davor.

Sonsten befinden wir uns alle wohlauf, und ich ver- bleibe etc.

1 Potting, 10. Oktober findet sich nicht, wohl aber ein Brief vom 14. (durch die Ordinari), der jedoch schon oben S. 335, Anm. 1 ausge- zogen ist.

15. Oktober. England bat die ,articulos pacis et commercii zwar ratificirt4, aber das wird ohne Biindnis mit England und Frieden mit Por- tugal nicht viel niitzen. Peilaranda hat votiert, man solle Frieden mit Portugal machen*, wolle dieses aber nicht, so solle man Frankreich die eroberten Gebiete Belgiens lassen unter der Bedingung, dafl es zur Unter- werfung Portugals helfe, was ein ganz unverniinftiger Einfall ist. Mit Ay ton as Ernennung solle es ganz seltsam zugegangen sein, da dieser ein ausgesprocbener Feind Neidhardts ist.

Man redet davon, daB Castellar abberufen werden soil.

22. Oktober. Hier zirkuliert das Geriicht von der Eroberung Brussels durch die Franzosen und einem schweren Streit, den Li sol a in

180. Or. limene b ch\ffriert Hierlein

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342

London mit dem franzosischen Gesandten gehabt habe, wobei es mebrere Tote gab and Lisola, schwer verwundet, den Franzosen getotet habe.

Castellar berichtet, alle Minister des Raisers seien franzosisch. Pe- Saranda stimmt ihm zu, die besser Gesinnten aber meinen, man musse Castellar zuriickberufen. Potting bittet dafilr urn Geheimhaltung. Es heifit bier, daB der Konig von Polen eine Heirat mit der verwitweten Kai- serin Eleonore plane, und man wiirde es sehr geme seben. Vgl. fiir letz- teres Mem. de Pomponne II. 389; Urk. u. Akt. XII. 396.

161.

Wien, 13. Dezember 1667.

(Durch Castellars Kurier.) Bestdtigt den Empfang von Pottings Relation, bezieht sich auf das vorige Schreiben.

(Geht mit einem Kurier Castellars. Die Berichte Pflttings yom 10. November1 mit der Ordinari richtig eingelangt. Be- zieht sich wegen Castellars und desjenigen, der ihn ersetzen soil, auf das Frtlhere.)

Wir sein alle wohlauf, und weilen ich ja einmal nit mehr schreiben kann, weilen der Castellar (more solito) mit sein des- pacho machtig besch&ftigt ist; also ende ich etc.

1 Potting, 10. November. Bestatigt den Empfang der kaiserlichen Briefe vom 28. September und 3. Oktober. Hat aucb ein Schreiben von Dietrichstein vom 6. Oktober erbalten mit der Nacbricht, daC es der Rai- se rin und ihrem Sobne gut gehe und man ihr nur ,aus Praevention und zu Beobachtung des spaniscben Brauchs zur Ader gelassen*. Wegen des Toisons dilrfte wobl diesmal nur Dietrichstein und Montecuccoli Aus- sicbt haben.

163.

Wien, 17. Dezember 1667.

Eindruck der Nachricht von der Geburt des Prinzen in Madrid.

Des Konigs holdselige Worte. Castellars und Medinas Benehmen

bei Beforderung dieser Nachricht.

Eure Rela9ion von 28. October1 habe ich hac via empfan- gen. Und glaube ich wohl, es wird der Graf von Lamberg

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mit seiner llegada groCe Freud erweckt haben, and ist des Kflnigs Red wohl holdselig, und muess er ein liebes Herrlein sein. Gott erhalte ibn also ferrers zue unser aller Consolation nnd Wohlfahrt.

Es hat mich wohl gefreut, dass [man] des Castellar* so groBe Desattention auch allda improbirt hat.

Und war des Medina* Vorschlag wohl practicirt worden, wenn man nit penetrirt, dass dieser correo por el mar gehen solle, und hat er Castellar* seine locura wohl bueflt, weilen sein criado wohl erst 4 oder 6 Wochen nach dem von Lam- berg allda wird angelangt [sein], Es hfttt aber wohl eben der Medina* ktanen bleiben lassen auf den Posten zue bestellen, dies* vor Lamberg auszuspahen und also das Botenbrotb zue gwinnen und Euch und dem von Lamberg vorzuekommen. Und weilen ich heut ja kein Zeit habe etc.

1 Statt 28. sollte wohl 29. Oktober stehen; denn in diesem Briefe finden sich die Angaben, aufwelche der Kaiser sich oben bezieht. Pitting hat dem hi. Wenzel sogleich 100 Messen lesen lassen. Dafi Castellar mit seinem Rurier nicht warten wollte, hat die Konigin sehr iibel aufgenom- men. Medina (im Briefe stent BM = Don Juan) sagt, der Kaiser hatte Castellars Kurier aufhalten lassen sollen. Der Konig war gar nicht zu- rrieden, dafi ein Prinz und keine Prinzessin als Braut fur ihn geboren worden sei. Potting trostete ihn, die Kaiserin werde ihm das nachstemal sicher worthalten, worauf der K8nig zu seiner Ay a sagte: ,En Uegandola nueva de que mi hermana aya parido una ija, yo y tu sin decir palabra a naydie nos pondremos en un coche, passaremos a Alemania y nos lle- varemos la nobia/ (Vgl. Diar. I. 270.) [Sobald die Nachricht ankommt, daB meine Schwester eine Tochter geboren hat, werdcn wir uns, ich und du, ohne jemandem ein Wort zu sagen, in einen Wagen setzen, nach Deutschland fahren und uns die Braut hoien.]

Man wird nachstens einen Kavalier schicken zur BeglUckwiinschung.

163.

Wien, 21. Dezember 1667.

tlber die Toisons. Potting soil die spanischen Minister antreiben, dafi endlich ein Beschlufi gefafit und dem Kaiser mitgeteilt werde.

162. Or. * des b unsicher = Bottingbrot

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344

Morgen toird zu Ehren der Konigin eine spanische Komodie aufgefuhrt. Ob nicht die Spanier etwas dagegen haben werden?

Auf Euer Schreiben von 10. November1 habe ich vor dies- mal wenig zue antworten. Was die Tnsonen anlangt, gibt es schon viel Lamentirens hier, aber patientia, die zwei sein ex- ceptione maiores omni, und kOnnen die ttbrigen wohl Geduld haben. Sed haeca inter nos solum. Was die publica anlangt, werdt Ihr ein despacho aus der Kanzlei bekommen,2 quo me remitto. Alles liegt an deme, dass Patting* bei der Kflnigin* und alien {ministris} wohl repraesentire, dass die Zeit verflieBe, dass man doch ein Haupt- und Realresolution fasse quid agen- dum, und selbe dem Kaiser* communicire, dass er sich auch darnach richten k5nnte. Plura ex Uteris ut supra.

Sonsten sein wir alle wohlauf und werden morgen por los afios dela reyna ein comedia espanola halten.

Will nur gern sehen, ob nit zoili sein werden, so auch wider dies schreien werden, als wie mit dem Fest in favorita. Ich hoffe von nein, dann es una comedia espanola y por esto ya es mejor de todas las otras fiestas.b representan en ella los mismos criados del Castellar,* et sic deerit, qui vices zoili supplere possit. Hiemit verbleibe etc.

1 Vgl. oben Nr. 161, S. 342, Anm. 1.

2 Nur eine Kommunikation der schwedischen Verhandlungen ist vorhanden (21. Dez.)

164.

Wien, 31. Dezember 1667.

Durch den geheimen Weg ist nichts eingelaufen. Sandwichs Reise nach Portugal; Potting tut gut, ihn zu unterstutzen. Pefiarandas Benehmen. Kaites Wetter. Gratulation zur Geburt einer Tochter

Pottings.

Weilen ich weder diese noch vorige Wochen mit gewtthn- licher donnerst&gigen* Ordinari, wobei auch die Brief von

163. Or. * seha b toda las otras fiesta

164. * Or. donnerstadigen

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{Mailand} kommen, ich {per la via secreta} kein Schreiben von Euch bekommen habe nnd dessetwegen Sorgen trage, ob viel- leicht eiliiges intoppo in diesen Weg kommen seie, also habe ich Euch vorderist dieses erindern wollen, damit Ihr inquiriren wollet, an wem es vielleicht haften thue. Ich werde dnrch {den Airoldi } auch erkundigen lassen, ob er weifl, [was] diesen Aus- bleibens ein Ursach sein mtige.

Sonsten habe ich bei gestrig eingeloffener niederlandischen Ordinari Ener Schreiben von 25. November1 empfangen. Weilen aber nebsten Mittwoch die niederlandischen Brief ablaufen und selbe urn ein guetes ehender als dieser hineinkommen werden, als werde ich Euer Schreiben ilia occasione beantworten, thue aber Euch gnadigst erindern, dass ich gern verstanden habe, dass {Sandwich in Portugal} reiset,2 dann durch dies fast in- fallibiliter zue hoffen, dass der {Frieden} wird kOnnen gemacht werden. Also thuet Pitting* gar wohl, wann er dies heilsame Werk so viel als miiglich an sein Ort befSrdern helfet, weilen der Kaiser* dies vor ein Hauptremedium halten [thut], ob- wohlen es vor ein paar Jahr ein besser Effect gehabt hatte. Peri meglio h tardi che mai, spricht der Italiener. Dass Pefia- randa* so gar nit aufhOrt, sein Sohn (dann also nennte er olim mich*) so schlechte Dienst zue leisten, ist schlecht; doch hoffe ich ganz [gewiss], die Kflnigin * werde ihm schon ein bissl ein- legen, und ist wohl vonnOthen, ne nimis audax excedat et forte summo damno ipsius reginae.*

Sonsten weifi ich diesmal nix mehr zue melden als mich ad priora zue remittiren.

Sonsten sein wir alle wohlauf, und ist das Wetter sehr kalt, und gibt dieser Winter demjenigen nit viel nach, als wir vor 10 Jahren auf Frankfurt greist, wo Penaranda sich ganz in ein pelznen Sack einnahen hat lassen. War er damals nur crepirt, war kein grofier Schad nit gwest.

Ich weiC nimmer mich zu entsinnen, ob ich Euch zu Eurer neugebornen Tochter3 gratulirt habe, thue es hiemit von Herzen, und^noch lieber, wann es ein Sohn war, so hoffentlich dies folgende neue Jahr folgen werde, ita animiter precor.

Und verbleibe etc.

1 Potting, 26. November. Peflaranda votiert wie unainnig. Der Kaiser sollte bei der Ktfnigin nachdriicklich Abbilfe verlangen. Gestern

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hat er erst das kaiserlicbe Schreiben vom 21. September erbalten. Die Liga mit Schweden wird wohl an dem biesigen Geld mangel scheitern etc.

2 Davon en thai t das obige eigenhandige Schreiben Pottings nicht&, wohl aber das vom 19. November, welches jedoch erst am 13. Januar 1668 in Wien ankam. Vgl. S. 348, Anm. 2.

3 Die Nachricht davon findet sich in Pottings eigenh. Brief vom 5. November, wornach das Kind am 3. geboren wurde.

Wenn jedoch die Angabe des Raisers, dafl er diesen Brief erst am 13. Januar 1668 empfangen hat, richtig ist (vgl. seinen Brief vom 15. Januar S. 347), so milCte er diese Nachricht and erswoher erhal ten haben.

165.

Wien, 5. Januar 1668.

Sandwichs Beise. Die Konigin wird Peftaranda hoffenllich zilgeln. Castellars Sohn ist todkranJc.

Ich habe gestern aus Nachlassigkeit unterlassen, Euch zue schreiben; heut bin ich ira Rath also occupirt gwest, dass ich einmal nit Zeit [habe], Euch mehr als diese Zeilen zue schrei- ben. Erinder Euch also den Empfang Eures Schreibens von 25. November l und hoffe, dass Sandwichs Reis in Portugal werde ein gueten Effect haben.2

De regina* spero, quod imponet frenum Penarandae,* quia summe necessarium est. Cursorem avide expectamus, quia plane in omnibus in obscuro vivimus.

Castellar* iam ultra octo dies non comparet in aula, causa est morbus sui filii, qui morti proximus esse dicitur.

Caeterum omnes bene valemus. Und ich kann einmal nit langer schreiben,* mit nebstem wird alles eingebracht werden. Verbleibe etc.

1 Vgl. S. 345, Anm. 1.

2 Die Reise bezweckte den AbschluB des Friedens zwischen Por- tugal und Spanien; der Zweck wurde erreicht. Vgl. Mignet I.e. II. 565 ff.

165, Or. * sein

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166.

Wien, 15. Januar 1668. Nachricht vom Tode des Kronprimen.

Ich erinder Euch mit traurigem Gemiith, dass Gott dem allm&chtigen gefallen hat, mich abermal vaterlich heimzuesuchen und mein jtingst gebornen Sohn Ferdinand Wenzel vorgestert den 13. dies, um x/4 nach 10 zn sich zue ruefen. Und muss ich bekennen, dass dieser golpe mir ziemlich tief zu Herzen gangen, in dem aber klar erschienen, dass Gottes einiger Willen dieses erfordert hat, indeme nach neuntagiger Erankheit und gar viel und generosen Remedien (so auf Guetbefinden sieben der besten hiesigen medicorum allzeit applicirt worden) sich kein einzige Besserunga erzeiget, sondern endlich dieser leidige casus er- folgt.1 Wieb schwer auch Ihre Majestat die KOnigin dieser Streichc betreffen wird, ist leicht zue erachten, daher ich dieses Schreiben an sie dem P. Neidhardt eingeschlossen habe; dieses wollet Ihr nur ihme Pater einhandi^en und dabei mit ihme Euch vernehmen, quo meliori et suayiori modo es mtfchte an die Kimigin gebracht werden.

Allhier ist ein grofles Leid, et tale, quod a multo tempore non fuit visum. Imperatrix mea etiam summe perculsa est, doch hat sie sich heroisch darein gefunden, und dies um so viel mehr, weilen sie selbst von Tag zue Tag gesehen hat, wie dieser unser Heber Engel a gran passi zum Himmel ge- eilet hat. Wir miissen dieses alles und uns allesammt Gott heimstellen.

Nebst diesem kann ich Euch nit bergen, dass eben an diesem leidigen Tag, als den 13. dies ich simul et semel Eure rela^ones von 5., 12. und 19. November2 empfangen habe {por la via secreta del Airoldi}. Weilen sie aber schon alt und die materiae obsoletaed sein, will ich mich damit nit aufhalten, ab- sonderlich weilen ich annoch nit in statu bin, gar zue viel zu schreiben. Verbleibe also etc.

1 Vgi. Theatr. Eur. X. 795.

166. Or, * Bessernng sich b Und weilen ich conaiderire, wie

c Staich d obsoltae

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2 Patting, 5. November. Best&tigt das kaiserliche Schreiben vom 10. September. Er h<5rt, man wolle jemand zum Kaiser zur Gratulation schicken, der dann gleicb Castellar ablosen kftnnte.

12. November. Niemand steht der Konigin ordentlich zur Seite als Neidhardt, und der traut sicb gegen Peflaranda und seinen Anhang ,nit das Maul aufzutbun*. Potting ist zuwenig imVertrauen der Konigin, um etwas wirken zu konuen.

19. November. Sandwich gebt nach Lissabon, um mit Portugal zu verhandeln. Gestern hat Sandwich die Ratifikation des Vertrages mit Spanien von Seiten seines Konigs erhalten.

167.

Wien, i8.Januar 1668.

Tod des Prinzen Ferdinand. Man soil die Konigin vorsichtig

verstdndigen. Prager Erzbistum. Sandwich* Reise nach Portugal.

Castrillos voraussichtlicher Tod und Besetzung seiner Stette.

Heirat der Grdfin Khiesl.

Ich erinder Euch gnadigst, dass Gott dem allmachtigen gefallen hat, nachstverschieden Freitag den 13. dies, ljA nach 10 Uhr Vormittag, mein lieben Sohn Ferdinand abermal zue sich zue fordern, und obwohlen mich und mein Gemahlin dieser Streich ziemlich stark betroffen, so [thun] wir doch alles gott- licher Disposition anheimstellen, quae nil sine fine operatur, und ist mir kein kleiner Trost zue gedenken, dass ich an die- sen mein lieben Engel ein so unschuldigen Vorbitter bei Gott haben werde, dessen intercessiones mir und mein Haus sehr viel annoch hoffentlich helfen werden.

Weilen nun ich nit ohnbillich mir einbilde, dieser casus werde Ihr Majest&t der Ktfnigin tief zue Herzen dringen, also habe ich mein Schreiben an sie, [so] hiebeikommen, dem Pater Neidhardt einschliefien wollen, damit selbige Ihrer Majestftt nit de primo lance zue Handen kommen. Wollet also dieses Paket ihm patri einhandigen und Euch unterreden, quo modo sua- viori es ihr konne notificirt werden. Den morbi processum, mortem et anatomiam habe ich ausftihrlich reginae beschrieben, quo me remitto.

Sonsten habe ich Eur Relation von 9. passato * empfangen und deren contenta verstanden. Was nun das Erzbistum Prag

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anlangt, werdet Ihr seithero dessen Collation dem canonico von Kolowrat schon verstanden haben. Auersperg * hat niemal kein Aug darauf gehabt, bene autem ad cardinalatum, nee video, quo- modo Buo tempore nominam denegare potero. Ut protraham, in hoc unice laboro.2 Franz Augustin3 hat wohl dergleichen erzbischOfliche Mlitchen gehabt, ich habe aber solche ihm bald abgetrieben.

Von des Sandwichs Reis habe ich guete Hoffhung, wann nur die neue motus in Portugal, so sich (wie man von alien Orten schreibt) ohnl&ngst sollen erhebt haben inter fratres,4 kein neues intoppo erwecken mOchten.

Was sonsten die publica anlangt, weiC ich schier nimmer, was ich schreiben solle, dann mich dtlnkt, es heiCe: oleum et operam perdidi. Si saltern sero saperent Phryges. Was an- langt, dass Castrillo * bald sterben sollen, wlirde ihm wohl guet sein; ego iam reginam* praemonui, ut provideat de bono viro, qui domui nostrae* bene servire possit, nullum nominavi in specie, dann die KSnigin* kann am besten wissen, quis sit aptus, quis non. Hoc bene monui, ne ultra mores* hoc vaca- turum officium in Penarandam* transferret ex rationibus notis. In dem Ubrigen beziehe ich mich auf die Kanzleischreiben,6 und erinder Euch, dass die alte Kisslin, so eine geborne Berkin ist und schon 55 Jahr bestehet, gestert mit dem guten Grafen Hans Friedrich von Trautmannstorff6 Hochzeit gehabt hat; hat sich 5fFentlich copuliren lassen. Und befinden sich gar wohl, Deus benedicat ipsis! Was erleben wir nit auf dieser Welt! Hiemit verbleibe etc.

1 Potting, 9. Dezember (durch die Ordinari). In Bezug auf das Prager Bistum hat Don Juan die Nachricht, daB Auersperg auch darnach strebe ,pro graduatione ad cardinalatum*. Den 5. dieses hat Pitting die dreitagigen Feste aus Anlafi der Geburt des Erzherzogs gehalten.

2 Die Frage der Kardiualswiirde fUr Auersperg gab AnlaG zu lan- gen Verhandlungen, deren Verlauf die Arbeit A. Wolfs im Archive f. ost. Gesch. XX. 331—340 schildert.

3 Vielleicht Franz Augustin von Waldstein, der Malteser war. Vgl. Leopolds Brief vom 3. Juli 1669.

4 Fur Sandwichs Aufenthalt in Portugal vgl.Mignet 1. c. II. 572 ff. Mit den ,Unruhen inter fratres' ist der Thronstreit zwischen Kdnig

167, Or. *unsicher

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Alphons VI. und dem I nf an ten Pedro gemeint, welcher in dem Staats- streich vom 23. November 1667 seinen Abschlufi fand, indem Alphons gestiirzt und Pedro zum Prinz-Gouverneur erhoben wurde. 30.Marz 1668 heiratete letzterer die Konigin Marie, die ihm groBenteils zum Siege ver- bolfen und sicb von ihrem Gem ah I getrennt hatte unter dem Vorwande, daB die Ehe nie vollzogen worden sei. Sch&fer, III. 629 ff.

5 Kanzieischreiben vom 18. Januar 1668. (GroBenteils chiffr.,ohne gleicbzeitige AuflSsung.) Der Kaiser ist sehr erfreut, dafi die Spanier sicb etwas eifriger zum portugiesischen Frieden zeigen, da dies von der grofiten Wichtigkeit ist. Da es aber den Anschein hat, als ob Spanien noch ,anderweitige Tractate ob Handen hfitte', da es gar keine Kriegsrfistungen macht und auch dem Kaiser keinerlei Nachricbt gibt, nach welcher er sich rich ten konnte, so soil Pdtting zu erfahren such en, was f &r Verhandlungen Spanien mit Frankreich oder sonst ftihrt und dariiber bench ten. Es ist gut, daB die Konigin sich in Bezug auf den Ort des Friedenskongresses dem Papste angeschlossen hat. Castel Rodrigo hat gegeniiber dem Nuntius sich fUr Aachen ausgesprochen. Potting soil z us eh en, da6 die Konigin dies gutheLCe und bei Holland und sonst Frankreich den Rang ablaufe. Mit Don Juan soil Potting zusehen (wegen des Zeremoniels) in dem ,vorigen familiar modo und privat stilo* zu verbleiben. Da er aber schon ohne des Kaisers Vorwissen ihm einen offentlichen Besuch gemacht hat, so soil er das Zeremoniel genau beschreiben. Uber Castrillos voraus- sichtlichen Tod und geeignete Besetzung seiner S telle, die Klagen der kaisertreuen Minister fiber Zurucksetzung und die Zwistigkeiten inner- halb der Regierung. Mitteilung von dem Tode des kleinen kaiser lichen Prinzen.

6 Johann Friedrich Trauttmansdorff, Sohn des beriihmten Maxi- milian Trauttmansdorff, der zuletzt Stat thai ter von Bohmen wurde und 1696 starb. Er war in erster Ehe mit Maria Klara Prinzessin Dietrich- stein, in zweiter mit einer verwitweten Grfifin Khiesl (Anna Maria) geb. Grafin Berka verm&hlt.

168.

Wien, 21. Januar 1668.

Der Kaiser hat der Konigin wieder gegen Pefiaranda geschriebm. tfber Wattevilles Sendung an Stette Castellars.

(Relation vom 25. November1 empfangen.) Was nun des Pefiaranda* {locuras} anlangt, dann vor solche halte ich seine actiones,a habe ich abermal efficaciter der

168. Or. » unticher

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351

KSnigin* geschrieben pro remedio. Propositi pro medio, ut mittant ilium Toletum, perche mi dicono esser cola la casa de patarati.3* Ich will auch von neuem Instanz machen, ut hoc malum quovis modo tollatur. Was anlangt, dass anstatt des Castellar* {Battevile} solle herauskommen, iam semel audi- veram. Vix credo, stante los puntillos d' esa nac.ion. Ich vermeine, Potting* solle zwar die Inconvenienzenb remonstriren, doch sich mehr passive halten.

Sonsten befinden wir uns Gottlob gar wohlauf, und hat sich mein Gemahlin ziemlich erholt von dem Leid, so sie wegen unsers Sohns Tod empfunden hat. Schicke Euch hiebei unum epitaphium illi positum und verbleibe etc.

1 Wie der Inhalt des kaiserlichen Briefes zeigt, bezieht er sich auf den Brief Pottings vom 26. November, der vom 25.ist schon oben S. 345/6 exzerpiert. Potting teilt mit, daC Pefiaranda immer arger wird, die Gutgesinnten wundern sich, daB die Konigin dies dulde.

Er hat gehflrt, daC Wattevillo an den kaiserlichen Hof geschickt werden soil, kann kaum glauben, dafi man einen Fremden und noch dazu von nicht besonderer Herkunft zu so etwas bestimmen sollte.

2 Soviel wie Narrenhaus, Narrenturm.

3 Es handelt sich hier um Charles Baron de Watteville, oft Batte- ville geschrieben, Graf v. Corbiers, Marquis de Conflans, der aus der Franche-Comt6 stammt. Er war von Philipp IV. in den Kampfen der Fronde in Frankreich verwendet worden. Spater (1660) wurde er spani- scher Gesandter in England; wurde wegen der Streitigkeiten, die zwischen ihm und d'Estrades, dem Botschafter Frankreichs, in England entstanden, von dort abberufen (1662), fiel fiir kurze Zeit in Ungnade. Er war dann 1665 fiir eine Gesandtschaft in Wien in Aussicbt genommen, doch wurde er niemals ernannt. Er starb September 1670 zu Lissabon.

169.

Wien, 28. Januar 1668.

Uber die Post. Neidhardts Gesprach mit Potting uber Peilaranda.

Genesung der Konigin und des Konigs. Verweis auf den bald

abzusendenden Grana. Weiberhdndel.

168. Or. Pattaratti? h Inconbienze

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352

(Bericht vom 10. Dezember erhalten.1 ,Was des Crotta Erinderung anlangt', so sind ohnehin die Pakete seither kleiner gemacht worden. Die Ordinari ist soweit in Ordnung, datt auch Petting sie bentitzen kann. Duplikate und sehr wichtige Sachen jedoch sind auf dem geheimen Wege zu senden.)

Was Neidhardt* mit Euch* wegen Peiiaranda gehandlet hat, ist wohl guet, Gott gebe den Effect. Heut habe ich Eure Relation von 2. dies2 durch ein Courier von Mailand bekommen. Gott sei gelobt, dass der Kflnig wieder wohlauf und die Ktfni- gin auch sich erholet hat. Und weilen ich resolvirt habe, den Marques de Grana ex causis per eum vobis scribendis alldahin abzuefertigen,\und ich mich also vor diesmal nit lange auf- halten will, also will Euch in ein und an derm fusius durch ihne Grana informiren.

Wir sein alle Gottlob wohlauf, allein gibt es oft alte Weiberhandel, so Ihr vielleicht aliunde verstehen werdet. Dem Inquisitori wollet Ihr sagen, dass ich vor diesmal ihm nit schreibe ob discessum Granae, und verbleibe etc.

1 Potting, 10. Dezember. Bestfitigt den Empfang der kaiserlichen Briefe vom 22. und* 29. Oktober (fiber Italien). Die Verhandlungen mit England werden mutwillig verschleppt, obwohl die Theologen das Bfindnis 'geradezu angeraten haben. So wird cs zu sp&t werden, ebenso mit Schweden. Peiiaranda herrscht jetzt im Rate vollstflndig, da sich Castrillo jetzt] zurtickziebt, aus Zorn, dafi man ihn nicht arbeiten lfifit. Neidhardt hat dieser Tage (am 3. Dez., Diar. fol. 275 vo.) mit Potting gesprochen^und gesagt, die Konigin babe sich auf das kr&ftige Schreiben des Kaisers entschlossen, gegen Peiiaranda etwas zu tun. Aber die Konigin ist recht unentschlossen und Neidhardt furchtsam.

Der biesige Kaufmann Crotta bittet, die Pakete kleiner zu macben, da sie sonst in Frankreich gefabrlaufen.

2 Potting, 2. Januar 1668 (durch Kurier fiber Rom und Mailand). Hier sagt man, die Kaiserin sei wieder in der Hoffnung. Auch erz&hlt man, daC die Grfifin Heril ihr Arger gemacht habe.

Uber Castellar wundert man sich sehr, sowie fiber die Geduld, welche der Kaiser ihnTgegenfiber bezeugt. Potting schickt ein villancico von einem ,hiesigen unverheirateten Weibsbild*, welche auch noch mehr liefern konnte.

Der Konig erholt sich tfiglich (von den Blattern), die Konigin ist mit ihren Jaquecas behaftet.

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170.

Wien, 2. Februar 1668.

Blattern des Konigs und jaquecas der Konigin. Pottings Kurier soU bei Lyon ausgeplundert worden sein. Verweis auf Grana, der eine strikte ErUdrung der Spanier verlangen und sofort tvieder zuruckreisen soU. Dies soil kein Mifitrauen gegen Potting beweisen. tfber das viUancico der spanischen Musikerin. Castettar ist untrostlich uber den Tod seines Sohnes. tfber die ,Wirtschaft'.

Vergangnen Donnerstag empfieng ich Euer Schreiben von 23. December,1 welches mich wohl ein wenig besttirzt, in- deme ich daraus ersehen, dass der Kttnig die Blattern bekom- men hat, weilen dies ein Krankheit ist, [so] uns nit allzeit gar wohl ausgeschlagen.* Doch habe ich aus eben Eur Schrei- ben gesehn, dass damals schon hasta al setteno alles wohl passirt worden. Diese Consolation ist mir vermehrt worden, indeme ich Sainstags darauf Eur Relacion von 2. Jannar em- pfangen habe, und ist der gobernador de Milan8 so fino gwest, dass er damit ein eignen Courier allherogeschickt hat, so ich billich aestimire. Und weilen damals schon 18 b Tag passirt sein, so hoffe ich, werde der KSnig nunmehr alles wohl tiber- standen haben. Mir gefallt auch nit wohl, dass die Konigin so grobe jaquecas hat, ich hoffe aber zue Gott, es werden sich auch noch wohl remedia finden, diesem Ubel zue begegnen.

Euer abgeschickter Courier ist dermal noch nit allhier an- gelangt, wird auch nit ankommen, so wahr ist, was eben der governador de Milan schreibet, dass man namlich selben Cou- rier in der Gegend von Lyon tiberfallen, ausgepliindert und ihm alles Geld und Brief abgenommen hat, so ich per una cor- tesia solita de Francesi halte. Bei dieser Post will ich mich nit viel mit negotiis aufhalten, wie Euch dann auch von der Kanzlei [nur] ein Recipisse einlaufen wird, weilen ich resolvirt, den Marques de Grana eigens dahin zue schicken und dies zwar aus der klirzlich folgenden Ursach, dass die Zeit des Frtihlings herzuenahet, und weilen mit Schreiben, wie ich bis- her ver8pttrt, wenig gricht wird, also muss ich doch diese Schickung probiren.

170. Or. aberegeschlagen b 16? 18? Pontes. II. Abt. Bd. LVI. 23

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Seine Commission wird besiehn {in repraesentatione status universi [et] ut petat rotunde,* quid Hispani velint facere}. Et haec est summa, das andere werdt Ihr aus seiner Instruction ersehen, und hat er expressen Befehlb ganz unde gar von Euch zue dependiren und Eur consiliis zue folgen; wirdd er auch gwiss thun.

Und weilen ich mir wohl einbilden kann (ex moderno cursu mundi et aularum), dass nit Leute manglen werden, so Euch werden Mttcken machen wollen ilber diese Mission, also versicher Euch gnadigst, dass diese Abschickung nit geschieht aus einigem Misstrauen in Eure Person, sondern nur por fineza und aus Noth, dass wir doch einmal wissen, woran wir sein. Und damit Ihr diese meine Intention mehrers versptlren kftnnet, so hat er Grana in Befehl, instantissime sein Abfertigung zue 8ollicitiren und damit heimzuereisen. Hoffe also, Ihr werdet hieraus mein guete, redliche Intention sehen und mit ihm Mar- chese in aller gueten Correspondenz und Vertraulichkeit stehen,6 ihme (als welcher noch jung ist und Eur Direction wohl be- dttrft) guet assistiren und dirigiren, wie mein absonderliches Vertrauen zue Euch gestellt ist.

Dies ist nur in antecessum und in dem Fall wann der Marques ein Ungllick mit dem Briefe h&tte, sonsten hoffe, solle wo nit vor diesen Brief doch gleich hernach er allda sein.

Das villancico von selben Weib8 ist guet, wird mir nit missfallen, wann Ihr zue Zeiten etwas von ihren Compositionen, doch mehr von humanas y a pocos voces allher schicken werdet.

Wir alle sein wohlauf und erholen uns von unsern Leid, hingegen ist Castellar ganz auBer Sinn, dass ihm sein Sohn gestorben ist. Vermein er werde kein Consolacion haben, als dass er durch dieses werde entschuldigt sein der Wirtschaft beizuewohnen, in welcher ihn getroffen hat Franzos zue sein nebst der Isabel de Cardona, der Eryl Tochter. Plura von Fa8chingf mit nebstem und ich verbleibe etc.

1 Pdtting, 23. Dezember. Der Konig bat letzten Sonntag die Blattern bekommen und sie sind aufierordentlich gfinstig verlaufen. Pat- ting wird daher in einigen Tagen einen Kurier an den Kaiser senden, der

170. Or. rotune b Befeh ° um d wir sthn f Faschin

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ihm versicbert, in 18 Tagen in Wien sein zu wollen. Die Kdnigin leidet etwas an ihrer jaqueca (Migrane).

% Don Ponce de Leon ; vgl. Priorato III. 126, oben S. 200, Anm. 2.

3 Maria Antonia del Valle. Vgi. S. 365, Anm. 7.

171.

Wien, 4. Februar 1668.

Sendung Granas. Dieser soil nur so lange bleiben, urn eine Mare 'Resolution zu erhalten. Er soil der Kdnigin uber Peharanda und uber die Regierung die Wahrheit sag en, ebenso gegen die Sendung Wattevilles arbeiten. Grana ist ziemlich befreundet mit Castellar. Rekommandation Ottingens und Weifienwolffs zum Toison. Potting soil Grana unterstiitzen und sich nichts in den Kopf setzen lassen. tlber die Post, Peilaranda, die Beraubung von Pottings Kurier bei Lyon. Hochzeit bei Hofe.

(Der Kaiser sendet Grana.1 Wiederholung der Versicherung ftir Potting, Grana solle ganz von ihm abhangen etc. Seine In8trnktion ist in Pflttings Chiffern, dieser soil sie ihm dechif- frieren lassen. Noch zu erinnern:)

Und zuvordrist sein die Ursachen dieser Abschickung die schwebende Lftuf, die Herznenahung des Frtthlings, so a gran passi uns auf den Hals kommt und die wenig Nachrichten, so wir von den alldasigen Intentionen haben; und obwohlen ich schon oft sowohl scripto als durch Euch viel repraesenta- tiones und Erinderung deswegen habe thun lassen, so ist alles umsonst gwest, et surdis canebatur fabula. Habe es also noch- mals durch diese Abordnung probiren wollen. Die substantiam commissionis habt Ihr aus seiner Instruction zue sehn, allwo ich mich vttllig hin remittire, allein Euch befehle, ihme also zue assistiren und zue verhelfen, damit er ehistens wieder heim- kummen mttge, wie ich dann ihm befohlen habe, sich kein Zeit langer allda aufzuehalten, als dass man ihm ein deutliche und klare Resolution auf sein Anbringen gebe.

Sodann habe ich ihme befohlen, auch wegen des Peiia- randa* und {gobierno} der Kflnigin die Wahrheit zue sagen und alles fein klar zue sagen, wie es stehet.

23*

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Ich habe auch der Kttnigin* also zuegeschrieben, dass ich nit zweifle, sie dermaleins* ein rechtes Remedium appliciren werde. In diesem Punkt werdet [Ihr] ihm auch nach der Noth- durft illuminiren, damit er nit irre. Und weilen ich sowohl von Each ah andrerseits verstanden habe, dass man allda solle ge- sinnt sein, anstatt des Castellar* den {Patevile} zue mir* zue schicken and ich selbes nit vor rathsam befinde bei diesen Zeiten, dann der Ktfnigin hiedurch ein grofier odium zuewachsen wiirde, weilen der {Patevile} das peccatum originale hat und kein nationalis ist, also habe ich dem Marques mitgeben, auch deswegen data occasione bei der Ktfnigin zue erindern, dochb nit data opera, ne odium plane in nos recidat.

In diesen puncto habe Euch dies nit bergen wollen, dass der Marques des Castellar* ziemlich gueter Freund, dem Pe- naranda* aber ganz nit hold ist, und dass er Marques ganz nix weifi, dass ich* des Castellar* avocationem tacite bei der KOnigin* verlangt habe. Also muess Potting* gegen dem Mar- ques in diesem passu was caute umgehen.

Sodann habe ich nit weniger thun [kttnnen] als ein paar Tuson abermals was eifrig zu recoinmendiren, das sein der Graf von Oetting und der WeiBenwolff.2 Ich wollte wohl beede gern consolirter sehen, weilen sie alte Diener des Haus sein, absonderlich der Oetting und hoffe, ich wollte mit diesem gul- denen Vlies ihm die ftirstlichen Mucken vertreiben. Der Grana hat deswegen Befehl und bringt Schreiben mit in hac materia.

Nun habe ich summariter totam commissionem des Grana perstringirt, und bleibt mir nix tlber, als dass ich Euch befehle, dass Ihr primo alle guete Correspondenz undc Confidenz mit ihm Grana haben sollet und dass Ihr ihm wohl anweisetd auch assistirt, weilen er annoch was neu in negotiis ist und von Euch als einen experimentirten ministro wohl ichtwas wird ler- nen ktfnnen.

wollet ihr instftndig darob sein und ihm bestermaBen® verhelfen, damit er doch ehistens wieder despachirt werde und sein Weg allhero nehmen moge, dann an diesem liegt alles, und ist gleichsam periculum in mora, und unser Nachbar der Ktfnig

171. Or. * dermal En b noch c und und d das ihm ihm wol anweisn bestmassen

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in Frankreich* der thuet nit schlafen, sondern vers&umt kein Gelegenheit, sein Vortheil zae befftrdern.

zweifl' ich nit, es werden allhier Lent [sein], die [Ench] hundert Mttcken y zelos liber diese Absendung in Kopf bringen, ich will aber nit hoffen, dass sie bei Euch werden stattfinden, sondern versicher Each, dass nix daran ist und dass dessen Zeichen genug seie, dass er also straks* wieder anheimsolle. Hac occasione erinder Euch gnftdigst, dass ich vergangnen Donnerstag, den 2. dies, {per la via secreta} drei Schreiben von Euch empfangen, von 3., 17. und 24. December,8 und obwohlen sie alt,b so kann man sich noch wohl dies Wegs bedienen, allein vermein ich, Potting* solle nit unterlassen auch durch die Ordinari {los negocios} zue berichten, dann bis dato in Frank- reich* nix aufgefangen worden, und ist nothwendig zeitiger selbigec lumina zue haben, also muess sichd Potting* diesem- nach° richten und auch durch die Ordinari schreiben.

Was des Penaranda* locuras anlangt,bin ich oben verstanden.

Ich habe Euch auch erindern wollen, dass der Pon9e de Leon von Mailand avisirt hat, dass Euer abgeschickter Courier unweit Lyon sei ausgepllindert undf ihme alle despachos y di- neros genommen worden. Ist guete, dass Ihr die duplicata ttber Italien geschicket, welche ich schon bekommen habe, wie ich Euch vor drei Tagen bei der Ordinari erindert habe. Ist ein schlechte cortesia gwest, habe es wohl lassen dem Grammon- ville vertrauen,* der stellet sich, als wenn es ihm gar fremd vorkommte, doch ist sich nix daran zue kehren.

Nebst diesen erinder ich, dass wir alle Gottlob wohlauf, undb morgen ist ein Hochzeit en el quarto de la emperatriz Eleonor, n&mlich die Frttule Maria Liesl von Waldstein mit dem Christof Wratislaw, so des Wenzels sel. Sohn ist, si bene memini.4 Und weilen etc.

1 Die Instruktion ftir Grana vom 20. Januar 1668 saint einigen kaiserlichen Schreiben an ihn fin den sich in den kaiserlichen Reskripten an Potting. Span. Korr. Fasc. 67.

% Graf Otting, vgl. oben Nr. 36. Die ,fiirstlichen Muck en4 wurden freilich durch das goldene Vlies nicht vertrieben, und 1674 gab der Kaiser wie gewobnlich in solcben Dingen nach.

171. Or. * strax b alldte c selbig d sie e diesemnach nach f umb « vertrauen lamen h und und

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Weissenwolf, Graf David, geb. 1604, Hof kammerprasident ; 1646 Graf; seit 1656 Landeshauptmann in Oberosterreich, 1662 als dster- reichischer Gesandter nacb Regensburg gesendet, seit 1668 1669 Prin- zipalkommiss&r dee Kaisers, legte dann die ineisten Wflrden nieder; 1671 erhielt er erst das goldene Vlies und starb 6.M&rz 1672. Imhof, Not. proc. imp. 691.

3 Potting, 3. Dezember 1667. Auf den Brief des Kaisers vom 8. Oktober. Dieser Weg ist freilich recht langsam, aber sicber. Er er- wartet vom Kaiser Befehl, wie er es dam it halten solle. Hier werden erst jetzt die Tbeologen ausfuhrlich befragt iiber die Zulassigkeit eines Bundea mit England. Pefiaranda ist an allem schuld. In Frankreicb ist man da nicht so skrupulds und l&fit sich von der Sorbonne nicbts vorschreiben. Die A u tori tat der Ktinigin wird immer geringer. Ob Sandwich wirklicb noch nach Lissabon geben wird, ist unsicber. N&chsten Montag, als Jahres- tag der Ankunft der Kaiserin in Wien, wird Ptftting Festlichkeiten ver- anstalten.

17. Dezember. Hat zwei kaiserliche Briefe erbalten und durch die Kttnigin einen dritten vom 15. Oktober. Wenn er den mtlndlichen Yerkebr mit Don Juan abbrechen soil, so wird darunter das Einvemehmen leiden. Pefiaranda. Castellar ist nicht viel besser als jener, man will inn wirklich abberufen und Watteville scbicken. Portugiesisches. Die Silber- flotte ist angekommen. Sandwich will nacb Portugal gehen.

24. Dezember. Gauz kurz. Bezieht sich auf den baldigst abzu- sendenden Kurier. Der Konig iibersteht die Blattern gut. Auch die Ko- nigin ist jetzt gesund und liegt nur noch zur Erholung im Bette.

4 Franz Christoph Wratislaw wurde Kammerprftsident, zuletzt Statthalter B6hmens, starb 11. Mai 1689.

172.

Wien, 15. Februar 1668.

Freude iiber die Genesung des Konigs und die gute Ankunft des Bildes. Grana. Mitteilung der Tripelallianz. Pefiaranda.

Caracenas Tod.

(Durch den spanischen Kurier deu Bericbt vom 22. No- vember, am selben Tage durch die Ordinari den vom 6. Januar, durch Lamberg den vom 12. Dezember erhalten.1 Der Kurier entschuldigt sein langes Ausbleiben mit schlechtem Wetter zur See. Er wird in etwa vier Tagen, und zwar zu Wasser

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zurtickgeschickt, ,dann per Gallias ist gar kein guetes Wetter', wie die Auspliinderung von Puttings Kurier bei Lyon zeigt.)

Nun freut raich zuvorderist gar sehr, dass der Ktfnig sein Blattern also wohl ttberstanden hat und dass die jaquecas* auf das Aderlassen bei der KOnigin auch etwas nachgelassen. Das Contrafect ist gar guet conditionirter ankommen, so billich Eurem FleiB zuezuschreiben ist, dann sie allda mit dergleichen Sachen gar nit wohl nmgehen ktinnen. Eben obbemeldter Cou- rier wird unser Contrefaict mitbringen.

Was nun die publica anlangt, so wird hoffentlich der Marques de Grana schon ein Anfang seiner Commission ge- macht haben. Erwarte mit Verlangen einige Nachricht davon, und wird heut Euch aus der lateinischen Expedition communi- cirt, was {in Haag vor ein Liga geschlossen worden inter An- gliam* et Hollandos* et forsan etiam Sueciam*},* und weilen dies Werk ein Sach von groCer Importanz, also wollt Ihr es auch dem Grana communiciren, damit Ihr beede den mitgebnen Instructionen nachleben milget und bestehe,b dass die Sachen jezo in einer schlimmen Erise sein, aber Gott ist in Himmel, der schaut uns zue und lacht ttber unsre Narrenpossen.

Dass Penaranda* so gar mains und incorrigibilis seie, ist nunmehr gar klar, ich habe der Ktfnigin* die Meinung schon ziemlich klar gesagt, hoffe es solle Effect haben. Um den Ca- racena ist mir leid, dann obwohlen er so ein Mensch gwest, so hat er doch guete Intention gehabt und die Miliz aufs wenigste in etwas verstanden.8 Itztc werden sie embarrassirt [sein], dann kein Fremden wollen sie haben ob peccatum originate nationis; bis sie [aber] unter ihrer Nation einen linden, so werden sie ein guete Weil suechen mttssen. Allhier sein wir alle Gottlob wohlauf und haben den Fasching ziemlich lustig zuegebracht. Und weilen etc.

1 P6tting, 22. November 1667. Dieser Kurier wird von der K6- nigin gesandt, um das Wohlbefinden von Kaiserin und Prinz zu erfragen. Die gewohnlichen Klagen fiber die Regierung, Pefiaranda etc.

11. Dezember. Diesen Brief gibt er dem zurtickkehrenden Grafen Lamberg mit. Dieser hat fflr seine Botschaft schdne Geschenke bekommen, doch meinen manche, es sei nicht viel. Die Kdnigin tibersendet ihr

172. Or. » jacecas b nachgeben muesset, bestehet ist

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Bild, welches sie Potting zum Einschlagen ftbergeben hat. Der Herzog von Medina-Celi hat berichtet, daU in Lissabon durch einen Volksaufetand der KSnig gesttirzt und sein Bruder Pedro erhoben worden sei. Wenn sich die Spanier nur dieser gliicklichen Verhaltnisse bedienen.

6. Januar 1668. (Ordinari.) Der Konig ist schon wieder aus dem Bette, der Ronigin hat man zweimal zur Ader gelassen, was sehr gut tut. Sandwich ist gestern nach Lissabon abgereist. Caracena ist schwerkrank, die deutschen Soldaten werden sich nicht kranken. Potting sendet noch ,ein Theil von der neulich durch mich iibersandten Composition und soil zu desto leichterer Comprehension der hiesigen musica vor E. K. M. allein taugen*.

2 Die beriihmte Tripelallianz vom 23. Januar 1668. Vgl. Pribram, Lisola 421 ff.; Lefevre-Pontalis, Jean de Witt, I. 455 f.; Mignet 1. c. II. 547 ff.-, Kloppl. c. I. 217 ff.

3 Er starb 6. Januar 1668, vgl. S. 30, Anm. 1.

173.

Wien, 18. Februar 1668.

Postunordnung. liber Caracena. Der Kaiser hat Mortara ctis dessen Nachfolger empfohlen. Castellars Nachfolger. Vertveis auf einen Kurier. Ludivig XIV. hat die Franche-Comte angegriffen.

(Zwei Schreiben erhalten vom 31. Dezember und 7. Januar.1 Das erste durch Airoldi), das andere aber in Eurem Brief an Lamberg ohne Copert offen mit mein Paket, so aber [dem] ohn- wissend gwesnen hiesigen Handelsmann, dem Triangel,2 (so in Handelssachen den Namen der Fuxischen Erben ftihret) unter seiner Coperta in die Hand kommen. WeiC nit, wie es damit muess zuegangen sein.

Habe daraus gar gern gesehen die guete Gesundheit* selber k(5niglichen Person. Um den Caracena ist mir leid, fuit illeb vir bellico8us,c scilicet wie ein Spanier sein kann. Unter sein 100.000 Dublonen werden manche sein, so regi et militibus ge- stohlen worden.

Wegen der Praesidenz del consejo de Flandes habe ich der K5nigin* den {Mortara} recommendirt, nam bene meretur. Anstatt des Castellar* ist wohl ein ander vonnOthen, aber qui

173. Or. Gesonhatt b tmncher bellicn?

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bene possit partem* suam obire. In wenig Tagen wird Ca- stellar ein Courier per mare hineinschicken, und weilen ich ilia occasione auch Euch schreiben werde, also will ich mich jezo nit viel damit aufhalten, sondern erinder Euch allein, dass wir alle Gottlob wohlauf, und dass der Kdnig in Frankreich* hoc hiemali tempore marschirt und Burgund angreifen will.3 Um Gotteswillen, sapiant tandem Phryges, licet sero. Und ich verbleibe etc.

1 Potting, 31. Dezember 1667. Wegen der kaiserlichen Volker fiir Mailand hat Castellar nichts berichtet. Aber dafl Gremonville am Hofe geduldet wird, k<5nnen die Spanier nicht verschmerzen. Don Juan tut, als ob er nach den Niederlauden gehen wollte, Petting glaubt es aber nicht. Jener ist sehr ungehalten, dafi Potting den pers5nlichen Verkehr mit ihm abgebrochen hat.

7. Januar 1668. Auf den kaiserlichen Brief vom 24. November. Der Kaiser sollte selbst einen Nachfolger fiir Castellar vorschlagen. Potting schliefit neben anderem auch die Nachrichten bei, welche er vom venezianischen Botschafter erhalten hat, ,und er selbe von seiner Republic Ministern fiberkommet, und dieselben fast alles an deuen Hofen, wo sie residiren, zu penetriren wissen'. Sandwich ist vorgestern nach Lissabon gegangen, Caracena gestern gestorben. Man sagt, der letztere habe ,100.000 doblones de ocho in paratis( hinterlassen. An verschiedenen jj&hrlichen sueldos* hat er 108.000 Dukaten bczogen. Durch seinen Tod ist die Prasidenz von Flandern wieder frei geworden. Mortara h&tte sie durch seine Ergebenheit gegenilber dem Kaiser wohl verdient. Es ist aber fraglicb, ob es dazu kommt.

2 Ein Bartholom&us Tri angel fiihrte die Wiener Kaufmannschaft beim Einzuge Margareta Theresias in Wien; vgl. Priorato 1. c. III. 76.

3 Vgl. Klopp 1. c. I. 264 ff.; Lefevre I.e. I. 462 ff.; far die Plane Ludwig XIV. auch Pribram, Lisola 425.

174.

Ebersdorf, den letzten Februar 1668,

et inter sex dies movebimus Neostadium.

Postunordnung. Ein schtvedischer Gesandter ist hier. Die Schwe-

den wollen vor allem Geld. Eroberung der Franche-Comte.

Brand in der Hofburg.

173. Or. spartcm ?

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(Brief vom 19. Januar erhalten. Daraus ist zu ersehen, daC die Ordinari noch ungenau einl&uft).

Des KOnigs in Schweden* Minister [ist] allda angelangt. Bene quidem, doch muss des Caroli V* Refran dabei sein, nam- lich: dineros, dineros y mas dineros, dann sine illis nihil fit.

Wahr ist es, dass ich meine, dass Schweden* mehr dies fische al8a was andert. Hiebei kommen die dnplicata von dem jtingsten despacho.bl Si tandem saperent Phryges.

Rex Galliae hat diesen Monat non obstante hieme Bisanzon und Salins in Burgund weggenommen, und [man] macht nit die gringste Opposition. Man muss nit allein auf andere Leut hoffen, sondern selbst zur Sachen thuen. Ich weiB schier nit, was ich mehr schreiben solle. Von hier aus gibt es nit Neues. Wir sein alle wohlauf, und werdt Ihr schon von andern ver- stehen, was wir vor ein grausame Brunst in der Burg zue Wien gehabt haben in dem neulichst gebauten0 Stock, ubi im- peratrix Eleonora habitaverat, quaed pars aulae plane in cineres redacta est.* Fiat voluntas [dei].

Das ist abermal ein adjutum di costa von 200.000 Reichs- thalern, dann soviel hat das Geb&u schier gekost. Hiemit ver- bleibe etc.

1 Unter diesem jtingsten despacho' ist wohl das Kanzleischreiben vom 20. Februar zu verstehen, da dieses wie das vorige eigenh. Schreiben des Kaisers als letzten empfangenen Pflttingschen Bericht den vom 7. Ja- nuar erw&hnt.

Was Sandwich wegen einer Heirat zwischen einer dsterreichischen Prinzessin und Don Pedro von Portugal angeregt hat, kann insgeheim verfolgt werden. Auf Schweden und Brandenburg kann sich Spanien nicht verlassen, es kann leicht sein, dafl ersteres rait Frankreich in ge- heiraen Verhandlungen steht. DaC Potting dem Don Juan ,die visita dergestalt mit Verstattung der Hand und in ander Weg gegeben', hfttte besser nicht geschehen so lien. Er soil derartige Gelegenheiten vermeiden. Zum Zeichen der Achtung wird der Kaiser dem Don Juan auch eigen- handig (nicht nur wie bisher in Kanzleischreiben) ,Benevolus consangui- neus* schreiben. Es wird Potting koramuniziert, was die kurfiirstlichen und fiirstlichen Gesandten wegen der belgischen Angelegenheiten ange- bracht haben und was ihnen geantwortet worden.

Es folgt auch (20. Februar) ein Duplikat eines Schreibens vom 15. (auch dieses ist vorhanden), in welchem unter Kommunikation des englisch-

174. Or. *• unaicher b depaho c gebutn

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niederlftndischen Bundes auf die Gefahr einer drohenden nordisch-prote- stantischen Gesamtallianz hingewiesen wird.

% Dieser Brand fand am 13./23. Februar statt. Vgl. Theatr. Eur. X. 795 ff.

175.

Neustadt, 14. M&rz 1668.

tlber Don Juan, die Art des Empfanges Guitrys in Wien. Die Proposition Castdlars (sofortige Kriegserkldrung an FranJcreich) ist auf Don Juans Betreiben erfolgt. Auf den Bund zwischen England und Holland mufi man acht haben. Krankheit Monte- cuccolis. tlber Antonia del Vatte.

Eure Relation von 2. Febniar1 habe ich wohl empfangen und den Inhalt wohl verstanden. Was nun den Don Juan [an- langt]; muss es sich seithero wieder ganz ver&ndert haben, in- deine der Castellar diese Nachricht erhalten con un alcanze vom 9. detto, dass er Don Juan schon alles acceptirt habe und dass er ehistens sich imbarquiren werde. Wird also der punctus Eurer Visiten mit ihme ein Ende haben, indeine er nimmermehr allda sein wird. Was nun anlangt, dass man allda so viel und so btfs redet von des Quitry8 allhiesigem Tracta- ment, muss ich wohl bekennen,* kommt mir fremd vor, indeme fast der halbe Theil erlogen, was man davon hineingeschrieben hat, und hat man ihn nit um [ein] Haar besser als ein jeden Privatcavalier und embiadob tractirt. Man hat ihn nit defrayiren lassen, man hat ihn nit0 mit Wagen von Hof abholen lassen, da doch beede diese gradus allda mit dem Bellefond8 observirt worden, der doch auch kein andern characterem als ablegati gehabt hat. Es ist wahr, dass man ihn hin und her zue Gast geladen hat; dies ist halt allhier ein ordinari Bezeigung, sodann ist er vor diesem im Ttirkenkrieg allhier gwest und hat guete Dienst geleist, ist also bei den jungen Burschend ziemlich be- kannt gwest. Dass man ihn regalirt hat, ist auch wahr, wie es allhier gebr&uchlich ist. Dass er auch etliche und in specie die camarera mayor regalirt hat, ist auch wahr, sie hat aber deswegen schon ihr apologiam hineingeschickt. Ingleichen ist

175. Or. * bekh b embiad ° ihn nit zwehnal d Punch

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364

wahr, class man ihm mein Sohn gezeiget hat. Es ist aber dabei das zue notiren, dass die Kflnigin in Frankreich es von ihrer Sch wester, meiner Gemahlin, inst&ndigst verlangt hat, wie auch ein Conterfect, und dass sie von ihme Quitri als testimonio de visu ktfnnte vernehmen, ob das Contrafect dem Original gleiche.

Dieses alles habe ich Euch wollen erindern, aber nur zue Eurer Nachricht und durchaus nit, dass Ihr ein weiters nego- tium sollet machen, dann ich eben einmal nit schuldig dominis Hispanis von mein actionem Rechenschaft zue geben. Allhier hat der Castellar gar ein scharfe Repraesentation mir nomine regi- nae* vorgestellt, fast wie Don Fernando del Campo4 Euch vorgestellt hat. Ich habe aber penetrirt, dass diese des Ca- stellar Proposition von Don Juan* herrtihre und auf sein Insti- gation beschehen seie. So bald was Rechtes* passirt, wird es Euch communicirt werden. Ich repetir auch, was ich Euch jUngst geschrieben wegen {eines foederis Anglos* inter et Hol- landos*}, vor das man allda wohl sollte Reflexion machen.

Was sonsten in publicis vorfellt, beziehe [mich] auf dies beiliegend Brief aus der Kanzlei.6

Allhier befinden wir uns alle Gottlob gar wohlauf, allein haben wir heut gar eine ubele Zeitung bekommen,b dass nam- lich unser tapfrer und lieber Montecuccoli von Schlag beruhrt worden, auch die Frais dazue geschlagen, dass also seins Auf- kommens kein Hoffhung seie.

Ich habe alsbald den Ftlrsten von Dietrichstein mit ein Doctor hinabgeschickt, Gott schicke es zur Besserung, dann ich gwiss ein groCen Verlust leide.0

Die tonos sein mirc gar Hebe gwest, weilen aber diese Donna Maria Antonia del Valle allhier nit bekannt,7 also ver- langte ich wohl pro curiositate ein Nachricht, wer diese sirena seie. Hiemit etc.

1 Patting, 2. Februar 1668. Die Abreise Don Juans nach den Niederlanden ist ,gleichsam in ipso portu zu nichts worden', und man denkt jetzt daran, den ganz unf&higen Condestable (VII. Herzog von Frias) dahin zu senden. Wie der Entschlufi der Konigin Don Juan ,ab- zuschaffen' ausfallen wird, ist zu erwarten. Dieser wollte mit Patting eine Besprechung halten ; der letztere schlug die frtlher beobachtete Form vor, weiC jedoch nicht, ob jener sie annehmen werde. Man spricht hier sebr

175. Or. Recht b bekundte

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365

viel fiber den Empfang, welchen Quitry (Guitry) beim kaiseriichen Hofe gefunden hat. Potting bittet urn Mitteilungen dartiber.

% Guitry kam im Februar 1668 nach Wien, urn im Namen Lud- wig XIV. dem Kaiser zur Geburt seines ersten Sohnes zu gratulieren. Da kurz vorher der geheime Vertrag fiber die eventuelle Teilung Spaniens zwischen den beiden Herrschern geschlossen worden war, so waren die aufieren Beziehungen scheinbar sehr berzlich.

3 Bernardin Gigault, Marquis de BeJlefonds, der 1665 mit der Kondolenz wegen Philipp IV. Tod nach Madrid geschickt worden war. Vgl. Rec. des instr. XI. 212 214.

4 Don Pedro Fernandez del Campo, Angulo y Velasco war Sekretar der spanischen Botschaft in Miinster gewesen, wurde dann Se- kretar fiir die italienischen und nordischen Angelegenheiten, dann No- vember 1669 an Stelle D. Blascos de Loyola Sekretfir des ,despacho uni- versal1; sp&ter Rat des indischen Ronseils 1673 Marquis de Mejorada. £r starb 1680. In Doc. indd. LXVII. 4 wird er als der wichtigste Mann neben den Mitgliedern der Regierungsjunta genannt.

Sein Bruder Inigo war Staatssekretfir in Mailand bis Anfang 1671, wo er eine Komthurei von St. Jago erhielt. Theatr. Eur. X. 2. 566. Potting an den Kaiser, 22. Dezember 1664.

5 Kanzleireskript vom 13. Marz. Im ganzen dasselbe. Daneben Mitteilungen fiber die moskowitische Gesand tec haft, ferner Ermahnung, mit Partizipierung der Nachrichten an die Spanier vorsichtig zu sein, etc.

6 Montecuccoli wurde wieder gesund; doch blieb seine Gesundheit eine schwankende.

7 Dieser Name findet sich nirgends in den eigenh. Briefen Pottings. Dieser muB ihn also wohl in einer Kanzleirelation genannt haben. Im Briefe vom 18. April antwortet Pdtting nach einer beim Hofkapellmeister (Maestro de Capilla) eingeholten Information, es sei eine ehrbare Jungfrau, ;hauptwohlerfahren* in der Musik, spiele Harfe und allerhand Arten von Instrumenten, ,exercirt sich allein in der musica'.

176.

Neustadt, 18. Marz 1668.

CasteUors Proposition und Drohungen. Herils hose Berichte.

Boccabdlas Predigt. Der Kaiser wiU die Abberufung Castellars

nicht offentlich verlangen, aber dieser treibt es stark. Nachrichten

vom Abschlusse des portttgiesischen Friedens.

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366

Auf Eure Relacion von 28. Januar1 antworte ich ktirzlich, class was Don Pedro Fernandez del Campo bei Euch ange- bracht, auch Castellar* bei mir* angebracht und noch viel hftrter als bei Euch* {amenazando la desnnion d'ambas lineas} und was dem anh&ngig. Und ist freilich dieser sermo durus, aber quid remedii? Ich werde ihm schon antworten lassen und sodann Euch von allem parte geben. Dass die Eryl* solche rela^iones hineingebe, ist libel, doch kann ich schier ihr es nit libel ausnehmen, dann man von hier hinein und von allda wieder* herausgeschrieben, sie* selbst seie von {Gramonville} bestochen word en. Also wird sie haltb discarica al asino gespielt haben.*

Ich bin jezo wohl ein wenig perplex, mich hat aber heut der P. Pocabella3 mit seiner Predig consolirt, indeme er ge- predigt, quod bona consciencia6 ubique tute vivat neque male- dicas linguas curet. Also muss ich es auch. Dass ich* des Castellar* Avocirung formaliter durch Euch* anbringen lasse, habe ich annoch Bedenken. Ich habe vermeint, con occasion del enorabuena kttnnte es geschehen. Haben sie aber zu der Mission kein Lust, so lassen sie es bleiben, und wird mors mei filii ihnen hiezu genug Anlass geben.

Castellar* hat sein Commission gwiss wohl vollzogen, dann er also {gedrohet hat}, dass nit leicht zue schreiben ist. lam imminuit meas feminas, quae utuntur lacrimis, solitis mulierum telis. Sed patientia! Ego faciam, quod faciendum est. Caetera commendo bono Deo.

Vergangnen Pfitztag um 10 Uhr Nacht ist einiger Cavalier von Brttssel kommen und hat gebracht conclusionem pacis In- sitanicae, que fue firmada k 13. de febrero.4 Diese Nachricht ist por la mer durch Engeland eingetroffen. Laudetur Deus, wir hoffen die Confirmation nebstens von Madrid. Et questo basti per questa volta. Indessen verbleibe etc.

[P. S.] Wir sein alle Gottlob wohlauf.

1 Potting, 28. Januar 1668, auf die kaiserlichen Briefe vom 8., 13. und 21. Dezember 1667. Neidhardt meint, der Kaiser solle katego- risch Castellars Rflckberufung verlangen, und bekennt, daB man mit dessen Sendung einen MiBgriflf getan habe. Flir den ihm gehaltenen Vortrag des Sekretftrs Pedro Fernandez beziebt sich Potting auf seine Kanzleirelation.

176. Or. * vide? b al ° concienta

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367

Castellar wird dem Raiser fiber dieselbe Sache Vortrag tun ,so in sub- stantia in deme bestehet, dass K. M. mit Frankreich rumpiren solle; vide- batur mihi hie durus sermo. Item wegen Absehaffung des Gremonville.' Dieser soil die kaiserlicben Minister bestochen haben. Castellar und die Heril schreiben, wie Neidhardt Potting mitteilt, Gremonville habe 50.000 Taler dazu verwendet. Aucb wird man von spaniscber Seite sich beklagen wegen der zu glanzenden Aufnahme Guitrys und deshalb wobl die geplante Gratulationsgesandtschaft an den Kaiser ganz unterlassen. Don Juan weigert sich entschieden, nach Belgien zu gehen, und hat eine ,unver- schfimte' Schrift zu seiner Rechtfertigung eingegeben.

2 Sprichwort, ,discarica al asino' wohl gleich S linden bock.

3 Philibert Boccabella, geb. 1616 in Klagenfurt, trat in den Jesuitenorden und war 13 Jahre lang Hofprediger Ferdinand III. und Leopold I. Er starb zu Passau 1670. Von ihm sind einige Leichenreden auf Mitglieder des kaiserlicben Hauses im Drucke erschienen. (Vogcl, Specim. bibl. germ. -a us tr. I. 365 ; Sommervogel, Bibl. dela comp. de Jesus I. 1560 sq.) In der Wiener Hofbibl. findet sich ein Band hand- Bchriftlicher Predigten von ihm, Cod. 11.613.

4 Der Frieden mit Portugal wurde am 13. Februar 1668 in Lissa- bon geschlossen, von Spanien ratifiziert am 23.; Vgl. u. a. Du Mont Corps un. VII/l. 70 f.; Mignet 1. c. II. 577 ff.

177.

Neustadt, 2g. Martii i668, feria V* in coena domini ante confessionem.

tJber Costellars Proposition. Castel Rodrigo hat die Alternative und den WaffenstiUstand angenommen. Dadurch ist attes ver- dndert und man darf nichts iibereilen. Potting soil alles genau mitteilen, auch Grana. Beide miissen die Instruktion genau be- obachten. Lisola berichtetf der Konig von England habe eine Heirat zwischen dem Uerrscher von Portugal und einer Prinzessin von Innsbruck vorgeschlagen. Montecuccoli hat sich tvieder erholt.

(Seit dem 14. Marz hat der Kaiser keine Nachricht von Petting.

Bei dieser Ordinari erh&lt Ptftting zwei Depeschen.1) Eine auf des Schidenitz Expedition 2 liegt hiebei und be- trifft, was Castellar* bei mir* angebracht hat, n&mlich alsbald zue declariren {die Ruptur mit} Frankreich*. Es sein dabei

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368

viel grobe Circumstantien vorgeloffen, so aber nit allhero ge- httren.8 Als wir eben in deliberatione huius materiae stunden, so kommt Nachricht aus Niederland*, dass Castel Rodrigo* angenommen hat die berichte {alternativam} wie auch ein {armistitium bis ultima Mai} und auch den {Congress zue Aachen}.4

Weilen dies nun lauter Circumstantien sein, so den casum ganz mutiren,* und ich durch die frlihzeitige Declaration leicht alles liber ein Haufen werfen h&tte ktinnen, also habe mich nix herausgelassen, sondern vermeinet, auch dem Castellar* sagen lassen; man mtisse ein wenig sehn, wohin das Werk hinaus will. Und weilen in despacho alles klar begriffen, also beziehe ich mich darauf, befiehle Euch allein, dass Ihr sowohl der KOnigin* als Neidhardt* wie auch andern {ministris} davon wollet parte geben und sie wohl informiren, dass man einmal muss sehn, ob {Fried} werden wird.

Dem Grana wollet Ihr auch diesen ganzen despacho com- municiren. Und weilen ich sorge, der portugiesische Frieden mttchte ihn verursachen von seiner Instruction abzueweichen, also befiehle ich ihm Grana mit diesem Brief, dass non obstan- tibus supradictis er seiner Instruction puntualmente nach- kommen solle, so Ihr ebenm&Big zue beobachten habt.

Der ander despacho ist aus der Reichskanzlei und nit in diesem Paket. Daraus werdetb Ihr sehn, dass {Lisola} dem Kaiser* bericht, der KOnig in England* h&tte proponirt ein {casamiento} einer von Innsbruck* mit dem KSnig in Portugal,* id est modern o {Don Pedro}. Wollet also auch diesem nach- kommen. Ich verhoffe, es aolle aus diesem negotio [ein] Haupt- effectus entspringen,6 doch wttrde das secretum hochnoth- wendigd sein.

Sonsten sein wir allhier alle Gottlob wohlauf,0 und der Montecuccoli hat sich wieder erholt, ist jezo zue Wien, so mich nit wenig consolirt.

Sonsten fallet nix vor, also verbleibe etc.

1 Kanzleireskript vom 29. Mfirz nicht vorhanden.

2 Vgl. S. 146, Anm. 2.

177. Or. % muterin b da werde c erspring^n d bohnohndigen

wolauff sain

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369

3 Vgl. fftr den Zustand in dieser Zeit, Pribram, Lisola 438; Mignet 1. c. II. 546 ff.

4 Vgl. Pribram, Lisola 424 ff.

178.

Neustadt, am heiligen Ostertag, den i. April 1668.

Die Unordnung der Post ist nur durch die Spanier verursacht,

Potting soil urn Verbesserung bitten. Wegen Quitrys wird auf den

vorigen Brief vertviesen.

(Endlich die spanische Ordinari eingelaufen. Bericht vom

16. und 24. Februar erhalten, zugleich den vom 4. Februar ,per via secreta'. Er beantwortet nur den letzteren zun&chst.1)

Und sehe, dass die* Ausbleibung der Brief nit durch der Franzo8enb Furberie, sondern durch der Spanier Tardit&t cau- sirt worden, indeme die Brief den 18. hatten sollen expedirt werden, und sein Eure von 23.; ja sogar habe ich ein° Schrei- ben von Grana von 28. detto empfangen, in welchem er mir parte gibt, dass er den 27. allda angelangt sei. Nun kann ich mich in diese Postordnung nicht leicht finden. Wird also wohl vonnothen sein, dass Ihr Instanz machet, dass man die Post in besserer Ordnung erhalt. Was den (Qui try} [anlangt], habe ich Euch schon instruirt, beziehe mich also darauf, und reimtd sich auf die Hispanos6 machtig das dictum evangelicum de festuca et trabe; aber patientia. . . . etc.

1 Potting, 4. Februar 1668. Auf den kaiserlichen Brief vom

17. Dezember 1667.

Einige meinen, Don Juan werde doch noch die Verwaltung der Niederlande ttbernehmen, Potting glaubt es nicht. Die Uble Auslegung der gegenUber Quitry geiibten Hdflichkeit dauert hier fort. Sogar die K5- nigin selbst hat Potting bedeutet, man sei zu weit gegangen, namentlich indem man jenem den Erzherzog gezeigt etc.

16. Februar; nicht vorhanden. Es ist ein Brief vom 18. Februar erhalten, der aber nicht durch die Ordinari, wie der Kaiser oben angibt, sondern fiber Mailand ging.

178. Or. * die Franzosen b Franzosien c Eur d rainb Hi- spano?

Fontes. U. Abt. Bd. LYI. 24

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370

28. Februar. Auf den kaiserlichen Brief vom 18. Januar 1668. Kondolenz fiber den Tod des Erzherzogs. Den Tag nach Empfang der Nachricht ist Pottings Tdchterlein gestorben, ,welche diesemnach Ihro Durchlaucht als eine unterthfinigste Vasallin nacbgefolget ist'. Der por- tugiesiscbe Frieden ist endgfiltig gescblossen. Neidbardt bat wiederholt gesagt, es sei am einfacbsten, wenn der Kaiser die Abberufung Castellars fordere. Mit n achate m gebt Graf Alfons Portia nacb Deutschland, durch welcben er weiter bericbten wird.

179.

Neustadt, 8. April i668.%

tJher den geplilnderten Kurier Pottings, den portugiesisehen

Frieden. Anhiindigung eines Kuriers. Der Kaiserin hat man

zur Ader gdassen. Grofier Schneefall und KiUie. Krankheit Luis

Ponce de Leons.

(Schreiben vom 11. und 18. Februar ,hac via' erhalten.1 DaB Penaranda nicht anders wird, ist nicht zu verwundern.)

Euer in Frankreich geplttnderter Courier hat sein Unglttck per anher bericht. Habe alsob alsbald dem Gramonville des- wegen zuesprechen lassen, er hat aber nur guete Wort ausgeben, moneta ordinaria deli furbi.

Der Fried in Portugal ist hauptguet, utinam fuissetc jam facta ante biennium, ut ego semper clamaveram pero en balde, certe [res] iam non in tali statu essent. Ich sorge nur, dieser Fried turbire den andern,d so sonsten insoweit stehet, wann nur {Hispani} nit die Suppen versalzen. Und weilen ich eben in dieser und andern sehr wichtigen Materien ltogst in drei Tagen ein eignen Courier abfertigen werde, und [selber] hof- fentlich noch ein drei Wochen vor diesem allda anlangen wird, also will ich mich nit auf halten. Erinder £uch allein, dass wir alle wohlauf, dass mein Gemahlin por quebranto6 zweimal die adergelassen hat, dass das Wetter allhier so kalt und ein sol- cher Schnee ist, als in Menschengedenken nix dergleichen gwest sein solle, dass endlich wir die Nachricht haben, dass der go-

179. *'Dieae* Schreiben ist erst nach demjenigen vom 11. April eingereiht* Or* b folgt e fuisse d ander crebercia

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bernador de Milan ganz auf den Tod liegt, so mir leid ist, dann er ein von beaten Subjecten der monarchia ist. Hiemit etc.

1 Potting, 11. Februar (Kaiser, 31. Dez. 1667 und 5. Jan. 1668). Don Juan hat sicb doch entschlossen, das Gouvernement yon Belgien zu ttbernehmen. Pefiaranda wird immer firger und niemand wagt ihm entgegenzutreten. Pdtting erhfilt keine Mitteilungen, ja nicbt einmal Ant- wort auf seine schriftlichen Eingaben, ,und ware, wie E. K. M. allergnfi- digst melden, wohl vortr&glicher gewesen, wann Pefiaranda in der Frank- furter Reis anstatt des armen Kuchelbuben von der grausamen K&lte crepiret ware, ja es wfire besser gewesen, si hie homo nunquam natus fuisset', etc.

18. Februar. Gestern ist ein Diener des Marques de Liche [Liche oder Eliche, oder Marques del Carpio, der alteste Sobn des Don Luis de Haro, geb. 1629, gest. 1687. Er war in portugiesischer Gefangenscbaft und erbielt die Erlaubnis, zur Herbeiftthrung des Friedens eine Korrespon- denz zu fflhren. Vgl. fiber ihn unten Anm. zu Leopolds Brief vom 4. Nov* 1671] aus Lissabon gekommen. Seine Depeschen sind zwar nocb nicbt dechinriert, aber Neidbardt teilt Pdtting mit, man sei tlberzeugt, dafi sie die ,conclusion des aggiustaments' en thai ten.

Don Juan weigert sicb, Pdtting auf die von diesem angegebene Art zu empfangen. Man verbandelt jetzt fiber die Besetzung des Gouver- neurpostens in Mai land. Der Raiser moge Mortara der Konigin hierfttr empfehlen, damit die kaiserlich gesinnten Rftte hier wieder ermutigt werden.

180.

Neustadt, n. April 1668.

(Dutch Kurier.) Potting soil den Befehlen blind folgen. Er soil den ganzen Kanzleibefehl Neidhardt lesen lassen, der Konigin dlles (doch nur mundlich) vorbringen und cdle Minister besuchen. Spanien mufi Frieden scJdiefien und zwar beizeiten, die Nach- richten mussen schnett abgefertigt werden. Pdtting soil Grana die fur diesen bestimmten Briefe ubergeben. Gremonvilles Geleits- brief fur den Kurier. Miftvergnugen der Spanier, auch Neid- hardts tiler Grams Sendung. Frieden mit Portugal, Ponces Tod, Mortaras Anspruch auf dessen SteUe. Kondolenz zum Tode von Pollings Tochter.

(Diese durch Tyrol zu ttberbringende Weisung1 ist sehr wichtig. Der Kaiser findet fttr notwendig zu erinnern:)

24»

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wollet Ihr den Despacho alsbald und in aller Eil de- cifriren* lassen, auch nach dessen ErtSffhung und Vernehmung selbigem in alien Punkten fleiliig und indispensabiliter auch ohne Nehmung einiges arbitrii, caece et ad literam nachkommen, dann so viel hieran liegt, dass man selbigen wohl in kein Buech- stabenb alteriren kann.

Nach diesem und wollet Ihr zum Neidhardt* Euch begeben und ihm nit allein alles fleiCig communiciren, sondern befehle Euch auch, dass Ihr bemeldtem Neidhardt* diesen ganzen Despacho selbst lesen lassen sollet, damit er auch ex fundamento wohl informirt sein mttge. Wollet ihn auch ex ra- tionibus en el despacho adductis wohl capace machen von ein und anderm, damit er seines Orts hernach besser operiren mtfge.

wollet Ihr bei der Kftnigin Audienz nehmen und alles wohl dort deutlich vorbringen, auch da sie was schriftlich von Euch fordern sollte, Ihr Euch mit dem zue entschuldigen haben werdet, dass ich* ein gleiches jezo von Castellar* begehrt habe, dieser habe es aber geweigert, also a simili k5nntetc Ihr es auch nit, alles vermOg bemeldten Despacho.

wollet Ihr alle ministros, so von Euch ktfnnen visitirt werden, besuchen, ein jedem sein Lection aufsagen.d Vor allem aber sollet Ihr bei Euren Confidenten das Werk wohl unter- bauen, damit es ein gueten Ausschlag gwinnen mttge.

Was nun 60e die materialia [anlangt], bestehen dieselben in zwei punctis, als was Castellar* angebracht hat, auch was man ihm geantwort und warum, cum deductione fusissima alles dessen, was bis dato passirt, weilen mir gar viel daran gelegen, dass man recht capire, warum ich nit alles gethan habe, was man gern gehabt hatte, und was ich doch der Kttnigin* zue besten operirt habe und noch mehr operirt hatte, wann Hispani auch besser cooperirt hatten. Das secundum punctum dieses Despacho's ist, dass man solle repraesentiren die {liga} so Eng- land*, Holland* und, wie etliche wollen, auch Schweden* ge- schlossen haben, so dahin gehet {pacem} Hispaniae* cum Gallia* auf alle Weis, etiam armis, zue beftrdern.

180. Or. » decefrirn b Buebstabn c kOndte d nach aufeagen

folgt and glimpflich za veretehen geben gran und noch zwei unleserliche Worte atugelasien im Or.

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Man reprae8entirt die passus, so Castel Rodrigo* gethan hat, und dass fast nimmer recht res intrega ist. Endlich gehet mein Intention dahin, dass Potting* der Kttnigin* et aliis sagen solle, man [solle] {Aquisgrani} auf alle Weis {Fried} machen, damit man nit so viel Potenzen auf den Hals lade. Dies alles muss Potting* mascule* [repraesentiren] nach Inhalt des Des- pacho's, dessen puntuale Observation ich Each nochmals mit- gebe und mich vttllig darauf beziehe. Und weilen alles in celeritate gelegen, indeme der von Frankreich* gebne Termin 15° Maii exspirirt, also wollet Ihr dahin trachten, damit dieser Courier absque ulla mora wieder despachirt werde,b damit wir wissen mttgen, woran man ist, und wtirde wohl ein Befttr- derung sein, wann Potting* es dahin richten kttnnte, dass die Resolution, so die Kttnigin* in materia {pacis} fassen wird, als- bald durch den Gesandten von Holland* auf {Paris} geschickt werde, damit man auch in diesem die Zeit gwinnene th&te.

Soferne nun der Marques de Grana noch allda sein wtirde, so wollt Ihr ihm auch alles communiciren, damit er auch seines Orts dem nachkommen und das Negotium beftrdern helfen mttge. Sollte nun aber er Grana nimmer allda sein, so sollet Ihr die an ihn lautende* Schreiben (intelligo die meinigen) erttffnen, auch dem Inhalt fleiCigst nachkommen und beachten.

Ich erinder Euch auch 10°, dass auf mein Begehr der Gramonville ein an Euch lautenden offnen Brief dem Tyrol gibt, damit er allerorten durch Frankreich Uberall passirt werde. Er vermeldt auch, dass so oft Ihr einen Courier zue mir schicken wollt, so sollt Ihr eodem modo ein an ihn Gramonville lauten- den offnen Brief mitgeben, so werde er Uberall passirt werden und kein einzigen intoppo haben, wornach Ihr Euch richten mttget. Dies ist alles, was ich Euch erindern wollen, beziehe mich tibrigens auf den Despacho in omnibus et per omnia.

Mit dieser Gelegenheit beantworte ich Eure relationes von 16. Februarii und 10. M&rz,* so den (5. April allhier eingeloffen und fast ein Mirakel der Geschwindigkeit. Und habe ich des Grana Ankunft0 gern verstanden, auch dass Ihr mit meiner Sinceration so content. Ich hoffe, er werde sichf mit Euch diesemgem&O comportirt haben. Dass sein llegada nit alien

180, Or. * masule b wder c gwinte d anin latittedte khonfft f ich

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gefallen, ist leicht zu glauben* propter cuiusvis fines particulares, so doch nit ausbleiben. Von Neidhardt* verwnnder ich mich; weiC nit, was vor ein Mysterium dahinter stecken moss. Von Castellar* habe ich es wohl gmerkt, dann er dahier schlechte Satisfaction liber diese Abschicknng gezeigt. Ich habe mich aber an diese Sache nit zue kehren, sondern dies zue beob- achten, was mein Dienst erfordert. Die beigeschlossne Avisen8 sein curios, der Friede mit Portugal aber sehr ntltzlich, utinam iam ante biennium facta fuisset. Jezo sorge ich mOchte er mein intentiones {pacis} mehr hindern als befbrdern, dahero mehr zue insistiren sein wird, da es gwiss wohl noth ist.

Es ist auch allhier die Nachricht eingeloffen von des Don Luis Ponce Tod.4 Wollte dem Mortara diese consolacion wohl gOnnen, damitb er diese merced erreichen mttge. So condolir ich Euch auch wegen den Tod Euers Tochterls.

Iam sumus pares in dolore, qui etiam pares fuimus in laetitia; fiat in omni tempore voluntas domini.

Zum Beschluss repetir ich, dass Ihr in alles attentissime diesen Despacho observiren sollet, auch dahin dringen, damit der Tyrol ehistens und wann es mtiglich, wie ein paxarillo wiederkehren m<5ge.

Verbleibe Euch anbei etc.

1 Sehr ausftthrliches Kanzleireskript vom 7. April mit P. S. vom 10. (Ygl. Pribram, Lisola 317, Anm.) Der Kaiser z&hlt alle seine Bemtthun- gen um Bttndnisse mit Lttneburg, Brandenburg, Schweden, England auf and sucht zu beweisen, daJ3 er nicht mehr habe tun konnen, da die Mit- glieder des Rheinbundes diesen prolongiert und beschlossen haben, keinen Sukkurs fur Belgien passieren zu lassen. Nun haben sich England und Holland zusammengetan und die Alternative fttr Spanien aufgestellt (die belgischen Grenzst&dte oder Franche-Comte* abzutreten), Castel Rodrigo hat diese auch bereits angenommen, und so hatte es keinen Sinn gehabt, auf das erneute Andringen Castellars um Kriegserklarung an Frankreich einzugehen, da die Seemachte sich dem Konig von Frankreich gegenttber verpflichtet haben, Spanien zur Annahme der Alternative bis zum 15. Mai zu bringen. Der Kaiser befiehlt Patting und Grana, dahin zu wirken, da£ Spanien die Bedingungen annimmt, da man sonst einen furchtbaren Krieg wttrde ftthren mtissen, dem das Haus Habsburg nicht gewachsen w&re.

180* Or, * geglaubn b dasmitt

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375

% P5tting, 16. Pebruar, vgl. oben S. 369, Anna. 1, Nr. 178.

9. Mfirz. Auf das kaiserliche Scbreiben vom 2. Februar wegen der Sendung Granas. Dank for die gn&digen Worte. Er wird Grana gewiC in allem beisteben, docb gibt ibm dieser nicbt yielGelegenheit dazu. Sonet ist er sehr eifrig, bat schon alle Minister besucbt. Medina ist nicbt zu- frieden mit ibm and sagt, er hange ganz von Auersperg ab, babe von diesem aucb eine gebeime Instruktion. Ahnlicb denken aucb andere und vertrauen daber Grana nicbt. Castellar bericbtet nicbt zu seinen Gunsten. Hier ist grofter Brotmangel. Es soil sicb wieder ein Komet zeigen. Der Friede mit Portugal soil jeden Tag publiziert werden. Der moskowitiscbe Gesandte ist gestern angekommen.

3 Beziebt sicb dies auf die geargwobnten gebeimen Einfltisse Auers- pergs ?

4 Gcmeint ist der damalige Gouverneur von Mailand Luis Ponce de Leon; gest. 29. Mftrz 1668; er war Gouverneur seit 1661. Vgl. oben S. 200, Anm. 2.

181.

Neustadt, n. April 1668.

(Ganz kurz. Wiederholung des Befehls, alles recht zu be- schleunigen etc. Alles beruht ,in celeritate temporis'.)

Ich kann* nimmer heut. Habe heut gwiss flinf Stunden geschrieben.

182.

Neustadt, 15. April 1668.

tfber Peflarandas Feindseligkeit. Potting soil auf schneUe Ab- fertigung des Kuriers dringen. Kuree Wiederholnng der Instruk- tion vom 11. April. Hier ist hoses Wetter. Ponces Tod.

(Auf das Schreiben vom 25. Februar,1 welches auf ,diesem Weg' eingekommen ist, hat der Kaiser nicht viel zu antworten. Wegen Penarandas wird er die KOnigin wieder um Abhilfe bitten. 1st Tyrol noch nicht abgefertigt, so mOge Pot- ting darauf dringen. Er soil der Instruktion genau nachkommen

181. Or. ka

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376

and sie Neidhardt mitteilen, ebenso Grana. Ferner mtige er alle Minister, auch Penaranda besuchen etc.)

AUhier sonsten sein alle wohlauf, allein mit bflsem Wetter in' 8 Schlo88 confinirt. Der gobernador de Milan ist endlich maus- todt.* Und weilen etc.

1 P5tting, 25. Februar (Kaiser 15. Januar).

Gestern ist das Friedensinstrument ,signirt' nach Lissabon abge- schickt worden. Durch diesen Frieden werden sechs Millionen (an Kriegs- kosten) erspart. Aber alles niitzt nichts, wenn nicht die Minister unter- einander mehr Eintracht zeigen. Don Juan soil nftchsten Donnerstag abreisen.

2 Ponce de Leon. Vgl. S. 375, Anm. 4.

183.

Neustadt 22. April 1668. Bezieht sich auf die Instruction vom 11. April.

(Auf den Brief vom 3. M&rz1 wftre einiges zu antworten, doch fehlt die Zeit. Bezieht sich auf den Despacho, dem Pot- ting hoffentlich genau nachkommen wird.)

Allhier sein wir wohlauf. Mehr zue schreiben ist nit Zeit. Die Eryl klopft gleich jezo an der Thtir,* ist Zeichen zum Schlafengehen. Verbleibe etc.

1 P5tting, 3. Marz. Letzten Mo n tag ist Grana angekorainen und hat Potting das Schreiben des Raisers vom 4. Februar ttberbracht. Potting dankt fflr die Gnadenversicherungen und versichert, daB er Grana in allem untersttttzen werde. Aber seine Ankunft hat wirklich allerlei Ge- rede hervorgebracht. Die kaiserlichGesinnten halten ihn fiir einen Depen- d en ten von Gastellar, Neidhardt und daher (!) Peilaranda. Neidhardt wieder miCtraut ifarn wegen seiner Verbindung mit Montalto, Neidhardts ftrgstem Feinde. Auch wird ihm nicht gefallen, dafl Grana Don Juan be- suchen will. In einer gemeinschaftlichen Konferenz bei dem kranken Neidhardt wurde beschlossen, bei der gansen Kommission von Seiten des Kaisers nichts von Friedensverhandlungen zu sagen, damit nicht schlechte Auslegungen daran gekniipft werden. Don Juan ist erkrankt und kann

188. Or. ThUr Thttr

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377

daber nicfat abreisen. Eben kotnmt des Kaisers Brief vom 21. Januar. P6tting sendet das portugiesiscbe Friedensinstrument.

184.

Neustadt, 25. April 1668.

liber Granas Bruch mit Neidhardt. Es ist gut, da/1 die Spanier iiber die von Ludwig XIV. gestellte Alternative beraten; Pot- ting soil zusehen, daft die Entscheidung bald und gut getroffen werde. Der Kaiser hat hieruber der Konigin und Neidhardt geschrieben. Castrillos Rucktritt, Beset/sung seiner Stdle. Vor- fall in Algier. tfber Hoffeste und Auspliinderung der Post in

Venesien.

(Schreiben vom 23. Mfirz l durch die Ordinari am 22. April erhalten. Erwartet Nachricht iiber Granas Sendung.)

Doch wftr es fttglich wohl besser gwest, wann er mit Neidhardt* nit rumpirt h&tte, es will aber das Fatum zue Zei- ten auch was dabei haben. Dass man jezo eben in der Haupt- consulta der bewassten {Alternativa} ist, ist ein guete Zeitung, Gott erleuchte sie, ut bonum eligant. Ich sorge ex praemissis wenig Guetes, doch will ich verhoffen des Tyrol mithabende Despachos werden diesem negotio ein merklichen Vorschnb ge- than haben. Weilen ich aber {Hispanis} nit gar zue viel trauen kann, so erinder ich nochmal, Potting* soil kein Ruhe noch East nit geben, sondern allzeit antreiben, dass dies Werk der- maleins et quidem bene terminirt werde. Ich habe schon so viel und oft von dieser Materi geschrieben, dass ich fast nix mehr zue schreiben weiC; allein ist ja einmal die groBe Noth, dass man aus diesem Unheil komme und dies als der einzige Weg, aus diesem alien zue eluctiren. Ich habe wiederum gar deutlich der Ktfnigin* geschrieben, wie auch absonderlich Neid- hardt*, weil ich aus Eur Rela^on gesehen habe, quod fere inclinet in aliam partem. Ich mein ich habe ihm* ziemlich ad hominem geschrieben, hoffe auch, es solle gueten Effect haben. Einmal ist alles an dieser Resolution [gelegen]; fallet man jezo,

184. Or. ih

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378

so ist es auf allzeit gmeinet/ dahero man tanto can tins b pro- cediren muess; so sieh [ich] kein andcrs Mittel als eben diese bewusste {alternativam}.

Was Ihr von wegen des Castrillo* Rennntiation [berichtet], ist wohl notabile, und muss wohl wissen,c wohinaus diese Dienst- ersetzung gehn will. Die Ktfnigin* hat mich* fest versichert, dass Penaranda* diesen Brocken nit erhalten solle. Wer weiC ob es nit einen {episcoporum} treffe, so vielleicht kein absurdum wftre stantibus rebus, ut stant.2

Die Zeitung von Argel ist wohl auch seltsam, und ist abermal ein Warnung, dass man mit Gott nit scherzen solle.s

Von hier aus ist diesmal wenig zu berichten, als dass wir Gottlob alle wohlauf sein, dass wir morgen, wills Gott, auf Laxenburg [fahren] werden, dass wir allhier gueten Lust gehabt haben. Donnerstag hat der allhiesige Bischof (der Euch annoch wohl bekannte P. Aidinger, so mein Praeceptor gwest)4 ein stattliches Fischen gehabt. Samstag sein wir zue Ebenfurt bei den Unverzagt6 gwest. Am Montag sein wir zue Pottendorf bei dem Grafen Nadasdi6 gwest, so uns auch gar magnifice tractirt hat, anheut hat uns der Graf Paul Esterhazi7 ein solches Fischen auf der Leitha gehalten mit einer so exquisiten me- rienda, dass dergleichen in viel Jahren nit gesehn worden. Hat alien machtig wohlgefallen.

Zum Beschluss erinder, dass die den 1. huius durch die via secreta gangne Schreiben in statu veneto von tiblen Lenten ganz ausgepltlndert worden, also dass alle Brief mir offher zurtickgeloffen sein. Habe also selbiges Schreiben hiemit aber- mal8 schicken wollen. Verbleibe etc.

1 Potting, 23. Marz. Best&tigt den Empfang eines kaiser 1. Brief es (vom 15. Febr.). Der Bediente Castellars ist endlich nach fiinf Monaten angekommen and hat auch des Kaisers Schreiben vom 18. September 1667 mitgebracht. Grana hat sich (wie schon unterm 17. Mfirz vermeldet worden) mit Neidhardt iiberworfen, wohl infolge von Montaltos Einflnfi. Jedenfalls ist das sehr unklug. Man deliberiert jetzt ttber die Alternative und Neidhardt meint, Grana zeige allzusehr, dafi der Kaiser den Frieden wolle, und man werde dann diesem die Schuld (an den dabei zu erleiden- den Verlusten) geben.

184. Or. * geinett b manto tanto cautius disen

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379

Castrillo will sich zurilckziehen, wohl haupts&chlich, weil er ,nicht bat kftnnen cabriret werden' [d. h. daft er nicht die Erhebung in den Grandenstand mit dem Recbte vor dem Konige das Haupt zu bedecken (cubrir) erreichen konnte]. Wenn jetzt nur nicht amsEnde Penaranda seine Stelle bekommt.

2 Castrillo hatte seine Stellung als President von Kastilien am 22. M&rz 1668 niedergelegt (Bel. des diff. I. 48), ihm folgte schon 9. April Diego Riquelme Qairos, Biscbof von Ciudad Rodrigo, Oviedo and Pla- sencia, der jedoch schon am 18. Mai 1668 starb (Rel. I. 49, Rec. des instr. XL 228) und dann Diego Sarmiento y Valladares 28. Mai 1668 bis 27. November 1669 (gest. 1695).

3 Bezieht sich auf den Schlufipassus von Ptittings Brief: ,Was aber anderweitige Koineten in Argel (= Algier) gewirket haben, belieben £. K. M. aus dem Hiebeiliegenden allergnfidigst zu ersehen'. Die Beilage fehlt jedoch.

4 Lorenz Aidinger war seit 1660 Hof kaplan and Erzieber Leopolds, 1665 Dompropst and Generalvikar in Wien, Bischof von Wiener-Neu- stadt von Februar 1666 bis Juli 1669. Kerscbbaumer, Gesch. d. Bistums St. PSlten, Wien 1875.

5 Wahrscbeinlich Ferdinand Cbristoph Freiberr von Unverzagt, Kammerherr (Cod. der Hofbibl. 14.071 fol. 9, Cod. 14.725 fol. 11 vo.). Doch konnten aucb Wolf Wilhelm and Ferdinand Ignaz gemeint sein, welch letzterer den Grafentitel erhielt and erst 1721 starb. Zedler XLIX. 2461.

6 Nadasdy, Graf Franz, der bekannte ungarische Staatsmann, Gttnstling Leopold I.; Judex Curiae; dann in die Verschwdrung gegen Leopold I. verwickelt und 30. April 1671 hingerichtet.

7 Paul Eszterhazy, geb. in Eisenstadt 1635, gest. ebenda 1713. Sohn des Grfinders der Linie Fraknd (Forchenstein) Nikolaus; er war einer der bedeutendsten Magnaten Ungarns, kfimpfte von 1663 1686 gegen die Turken, wurde 1681 Palatin, 1687 Fiirst; ein bekannter Kunst- mftzen. Wurzbach IV. 95. Vgl. fur diese Festlichkeiten auch Theatr. Eur. X. 798.

185.

Laxenburg, g. Mai 1668.

Granos Ruckkehr. Urteil uber ihn. Er hat mit seiner Unter- schrift sehr iibereilt gehandelt. Potting hat gut getan, nicht eu unterschreiben. Granos Bruch mit Neidhardt. Abschtuft des

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Friedens in Aachen. Lisola ist dort. CasteUars neuerlicJier Vor-

schiag. Don Juans Abreise. CastrUlos Rucktritt. Ernennung

Riquelmes. Der Kaiser hat der Konigin eigens zu Gumten

Mortaras geschrieben. Hier boses Wetter.

(Berichte vom 10., 17., 24., 31. Marz, 6. und 7. April,1 letz- tern durch Grana erhalten bei dessen Ankunft 28. April. Zwei Samstage kam er (Kaiser) nicht zum Schreiben fllr die Post iiber Italien.)

Nur ged&ucht* mir, Grana kttnnte wohl vor ein Courier passiren, indeme er in zwanzig Tagen allhier angelanget; xind die Wahrheit zue bekennen, sed sub rosa,b gedfiucht* mich, er hat sich besser in Reiten als Negotien gehalten.

Und damit ich von Hauptwerk anfang,c so hat er sich gar zue Ubereilet, indeme er die bewusste papeles* unterschrie- ben hat, da doch sein Instruction, wie Euch bewusst, e dia- metro dem zuewider gwest. Auch mtindlich hat man ihm alles wohl incalcirt, also dass er wohl ein schlechter interpres mentis meae (wie er hat in gedachtem papel vorgeben wollen) gwest ist. Habt Ihr also gar wohl gethan, ich approbir und lobe es auch hOchstens, dass Ihr gedachtes papel nit gefertigt habt, und siehe ich auch daraus Eur Vigilanz und Observation meiner Befehle. Wollet auch also jederzeit continuiren. So hat auch Grana maxime geirrt, dass er alsogleichd den Neidhardt* vor den Kopf gestoCen und mit ihm rumpirt hat, dies ist aber nur alles ein Anstiftung gwest von {Montalto} und andern Mal- contenten.

Was nun aber das Hauptwerk selbst, nftmlich die Alter- nativ und was dem abhftngig ist, anbelangt, so ist wohl haupt- s^chlich wohl beschehen, dass man ex parte Hispaniae alsobald hat die alternativam angenommen, den locum congressus in Aachen approbirt, auch die plenipotentiarios benennt, durch welches dann erfolgt, dass (wie ich die sicher Nachricht habe und Ihr vielleicht auch schon werdt verstanden haben) am 22. April von dem Baron de Bergeik und Mr. Colbert8 der Tractat solle sein unterschrieben worden; dass also nix mehr iibrig ist, als dass man die guarantiam wohl einrichte und sta-

185. Or. * nicht gamz sicker, es kormte auch gedunkt heifien anlang-t (1 glah

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381

bilire, daher ich nochmals per proprium cursorem befohlen habe, {Lisola} solle alsbald auf Aachen und alldort alls dasjenige ne- gotiiren and beitragen helfen; so zne nnseres Hauses* Nutzen and Bestem immer gedeihlich sein mag.4 Es hat zwar Castellar* noch einige Proposition gethan, wie Ihr aus dem Kanzleides- pacho ersehn werdet, allwo* ingleichen begriffen, was [ich] ihm darauf eben heutiges Tags vor ein Antwort geben lassen,5 welche ich Euch allein zue Eur Nachricht [communicire] und damit Ihr informirt seiet, si el sin ninguna razon diesse quexa, wie er sonsten zu thuen pflegt. Werdt Euch also vttllig nach gedachtem Despacho richten und demselben fleiCig nachkommen.

Dass Don Juan* endlichen bonis avibus abgereist, viel Glttck zue! Timeo vere ne redeat subito audita pace und was dem anhangig ist. Des Castrillo resignatio ist nit so conside- rabel, wann man considerirt sein 85jahrigs Alter und dass man doch muss ein spatium haben, der Seel was guetzuethuen. Dass man ein successorem benennt et quidem enim non im- probo, dummodo non sit Penaranda* vel aliquis ei similis, et volo sperare, quod sit habilis neoelectus. Ich verlange aber wohl zue wissen ob wahr ist, was Unterschiedliche allhero ge- schrieben haben, dass diese Resolution so eilend ergriffen worden, dass man weder el consejo de estado noch la junta de gobierno dartiber vernommen.6 Nun bekenne ich, ich sorge, dergleichen resolutiones mGchten ein groCes odium der Kflnigin machen, da es einmal in testamento regis, so nostra suprema lex ist, expresse begriffen, dafi sie in wichtigen Sachen die junta hdren solle. Was kann nun wichtiger sein als die Collation der b Praesidenz de Castilla. Dann wann man gleich die junta hSret, so folget nit, dass man allzeit ihre vota abraciren solle, anzic ich halte vor hOchst nothwendig, dass die Kflnigin dergleichen resolutiones immerzue fasse ad monstrandam suam summam autoritatem, doch h6ren ist allzeit guet, absonderlich ad evi- tanda odia.

Was nun den {Mortara} anlangt, so wtinsche ich wohl von Herzen, dass ihme das {gobierno de Milan} zu theil werde, habe auch deswegen ex professo der KGnigin geschrieben. Ich sorge allein um den Effect, weilen ich vernimme, der {Conde- stable de Castilla} habe ein gran yoga0 zu diesem puesto.

185. Or. * also b des ° wmcher

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Von allbier aus habe ich Euch nit viel zue brichten, allein dass wir alle wohlauf sein, dass wir allhie nit den besten Lost haben, weilen das Wetter schlimm ist, und kann man die Pelz nocb gar wobl leiden. Doch ist* just hent eodem tempore ein groGes Donnerwetter gwest. ScblieGlicbens etc.

1 Potting, 11. Mftrz, auf den kaiserl. Brief vom 28. Januar. Er erfahrt, daJ3 man dem Grana zur Ronferenz Peiiaranda benennen wolle. Das wird was Schdnes geben. Der Brotmangel dauert fort etc.

17. Mftrz. Grana hat sich mit Neidhardt tiberworfen (Ursache wohl Montalto). Fur die Konferenz mit Potting und Grana hat man zu- erst Peiiaranda and La Fuente, dann aber Don Juan allein benannt. Pot- ting hat es dahin gebracht, daJ3 Don Juan auf Eingebung der Rdnigin sie im Bette liegend empfing (um die Fragen des Zeremoniells zu umgehen). Gestern ist die Ratification des portugiesischen Friedens angekommen.

24. Mftrz. tlber die durch Castrillos Rticktritt freigewordene Stelle.

31. Mftrz. Sollte durch einen Kurier des Kardinalnuntius gehen, ging aber dann in Wirklichkeit (vgl. P. 8. vom 6. April) durch die Or- dinari.

Auf den kaiserl. Brief vom 18. Februar. Cber Mortaras Ab- sichten auf das Gouvernement von Mailand. Ober die Kommission Granas wird er bei dessen bevorstehender Abreise ausfiihrlich berichten. Neid- hardt ist gar nicht zufrieden mit ihm, aber er hat auf Pottings Rat eben gar nicht gehort. ,Er inufl es also besser verstanden [haben] oder von E. K. M. Intentionen mehrers informirt sein worden als ich/ Don Juan ist am Palmsonntag abgereist.

6. April. Auf das kaiserl. Schreiben vom 28. Februar. Die Spanier haben die Alternative angenommen und scheinen zur Abtretung der belgischen Stftdte hinzuneigen. Die Gesandten der Rurfursten und Ftlrsten sind angekommen.

Die Prftsidentschaft von Kastilien ist dem Bischof von Plasencia [Don Diego de Riquelme, Diarium, 8. April, fol. 297 vo.] verliehen. Mortara sagt, er wolle sich ganz zuriickziehen, wenn er Mailand nicht er- halt. Das wftre sehr schlecht.

7. April (durch Grana). Er hfttte Grana gern beigestanden, dieser aber hat sich in gar nichts raten lassen. Namentlich hat er eine Erklftrung unterschrieben, [dafi der Raiser mit Frankreich brechen werde, wenn dieses nicht die Alternative halte, wie aus dem Ranzleireskript vom 9. Mai hervorgeht]. Ober sein Benehmen gegen Neidhardt. Dem Don Juan ist er drei Meilen weit nachgereist etc. Pdtting hat ihm abgeraten, durch Frankreich zu reiten, er aber folgt nicht. Spanischerseits gibt man

185. Or. »doch

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ihm keine Erkl&rung mit, welchen Teil der Alternative man annehmen wolle. Das werden sie durch Castellar erklaren lassen. ttber eine Eti- kettefrage in Bezug auf die kur- nnd fflrstlichen Gesandten.

2 Unter diesen papeles ist eine Erklftrung vers tan den, nach welcher der Kaiser mit Frankreich brechen wolle, falls dieses die Alternative nicht halte. Vgl. Pdttings Brief vom 7. April in der vorbergebenden Anm.

3 Vgl. far den AbscbluB des Friedens u. a. Mignet 1. c. II. 632 ff. Ferd. Brockhoven Baron v. Bergeyck war Vertreter Spaniens, der Vertreter Frankreicbs Charles Colbert Marquis de Croissi, geb. 1625, Bruder des Finanzministers; wiederholt in diplomatiscben Diensten verwendet; wurde 1679 Minister der auswftrtigen Angelegenheiten und starb 1696.

4 Vgl. Pribram, Lisola 433 ff.

5 Kanzleireskript des Kaisers vom 9. Mai 1668. Ober den er- folgten FriedenscbluO zu Aacben (22. April) und die dadurcb geftnderte Sachlage. Jetzt bandelt es sich nur mebr darum, daU Span i en rechtzeitig (bis Ende Mai) die Ratifikation scbickt. Patting bat recbt getan, datf er die Unterscbrift verweigerte fur das von Grana unterscbriebene Doku- ment, worin der Kaiser versprecben soil, fflr den Fall, daJ3 Frankreicb die Alternative nicht beobacbte, mit diesem zu brecben. Grana batte davon nichta in seiner Instruction, ttberhaupt hfttten sie sich genauer an diese halten sollen. Castellar hat zwar zwei Punkte angebracbt: wegen der eventuellen Ruptur oder Oberlassung von Truppen an Spanien und wegen der Friedensgarantie, ist aber nacb Abschlutt des Friedens von ersterem selbst abgestanden. In Bezug auf den 2. Punkt bat der Kaiser Lisola die Befeble zur weiteren Verhandlung gegeben. . . . Damit Frankreicb seine Prfttensionen nicht immer auf die Ruckst&nde in der koniglichen Mitgift stUtzen konne, soil Potting darauf dringen, daB diese endlicb einmal be- glichen werden.

6 Vgl. oben S. 379, Anm. 2. Die Frage wird von Pdtting am 15. Juni dahin beantwortet, daJ3 die Angelegenheit in der Junta mehrmal beraten worden sei.

186.

Laxenburg, so. Mai 1668. Den geheimen Weg konnte man jetzt aufgeben. Der Friede ist

(Kurz. Brief vom 31. Mftrz1 erst 17. Mai empfangen liber Italien. Da die Ordinari jetzt wieder sicher ist, kann man

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jenen langweiligen und teuern Weg vielleicht aufgeben. Doch soil Petting darttber die KOnigin befragen.)

Sonst ist gwiss, dass der Fried geschlossen worden.

1 t)ber Mailand ganz kurz. Vgl. den Ungeren Bericbt vom selben Tage oben S. 382, Anm. 1.

187.

Laxenburg, 23. Mai 1668.

Friede eu Aachen. Man toird aber fur die Zukunft sich tooU

vorsehen mussen. tJber Mortara, den neuen Prdsidenten von

Ka&tUien, La Fuentes Heirat, PeSlaranda, die Auflassung des ge-

heirnen Weges, bevorstehende Heiraten am Wiener Hofe.

(Berichte vom 16. und 18. April erhalten.1)

Und ist nunmehr (wie man von alien Orten schreibt) zne Aachen schon vtfllig zne seiner Richtigkeit kommen.* Concedat Dens durationem, quae valde desiderarib potest; sed cum parva spe, dahero man auf ein andermal wird mtiessen besser gefasst [sein], Meines Ort kann es nit wohl sein, weilen Euch selbst gar wohl bekannt, dass meine Lander nit von solchen viribus sein, also muessc die KOnigin* und der Kaiser* sich wohl mit einander vernehmen.

Den {Mortara} will ich der Kflnigin* fervente recommen- diren, hoflfe es solle gueten Effect [machen]. Wann ihn nur nit sein baldad und otros achaques an ein solchen importirenden6 Ort verhindern m6ge.

Dass der neue praesidente de Castilla schon eingesetzet/ bene est; wollet schanen, mit ihm ein guetes Vernehmen zue erhalten, dann suo tempore kann er uns viel nutzen.

Dem Herrn Marques de la Fuente wttnsch ich viel Glttck zu seiner ehrbarn Heirat. Mei Hispani sagten, wann er solle interessados zue Gast laden,» sollte er wohl auf 100 Personenh aufdecken lassen mtlssen. Amen. Was hebst du an mit ! ein so alten Geek? Basta, il mondo cosi va.

187. Or. komb b desidera ° mue d baldee Im-

portirn feingesttet * laden sollte h person ' an? an

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385

Was den Penaranda* anlangt, hoflT ich solle ihm die K(5- nigin* schon bessere mores lebren. Was sonsten in ein nnd ander in publicis vorfallt, gibt der Despacho aus der Kanzlei zue verstehen.2 Habe aber Each* erindern wollen, dass con- clusa pace ich nit siehe, dass wirb uns weiter der {via secreta por Italia} bedienen sollen, denn erstlich ist jetzo die Ordinari sicher, den andern Weg sein die Brief allzeit fast 4 Wochen alt und wiirde wohl auch noch ein ziemliches kosten; also befiehle ich Euch hiemit, [dass] Ihr der KOnigin alles dies repraesen- tiren und dero Gedanken vernehmen sollet, ob sie verlange, dass man solchen Weg continuiren solle oder nicht? Indessen werde ich mich dessen per intervalla bedienen.

Allhier sein wir alle wohlauf und haben ziemliche Lust, obwohlen das Wetter ganz unbest&ndig ist. Wann wir heim- kommen, werden wir zwei Braut haben, als die Nadasdin mit dem altera Palffy und die Therese von Lamberg, des Hans Franz Tochter mit dem Christoph von Althann, so vor ein Jahr erst Witiber worden.8 Vielleicht schickt es sich auch, dass wir bald ein spanische dama anbringen. Verbleibe etc.

1 Petting, 16. April. Duron den nach dem Haag gehenden Kurier des niederlandischen Botschafters. Die Spanier haben alles angenommen, ob aber Frankreich Wort halten wird? Die reichsfttrstlichen Gesand- ten baben ,diesen Abend ihren Sffentlichen Vorlass gehabt( und beharren auf ihrer Forderung, daB Potting ibnen in seiner Wohnung die ,Oberhand* lassen solle, besonders der bayrische. Der neue President von Kastilien ist scbon eingesetzt, ,est homo magnae resolutions', dennocb sind sofort Pasquille gegen ibn verflffentlicht worden.

18. April, auf den kaiserl. Brief vora 14. M&rz. Die reichs- fttrstlichen Gesandten bestehen auf ihr em Verlangen. Mortara bittet in- standig urn die kaiserliche Ver wen dung wegen Mailand. La Fuente soil eine junge, schone Dame, aber nicbt von reinem Bufe, Marquesa d'Espinardo beiraten wollen, etc.

2 Das Kanzleireskript vom 23. Mai ist nicbt vorhanden,

3 Der hier erwfihnte Palffy ist Johann (III.) Anton, geb. 1642, gest. 1694, Sohn Paul IV. (geb. 1589, gest. 1655, Palatin seit 1646, Ritter des goldenen Vlieses, Graf seit 1636). In erster Ehe war er mit der oben gen an n ten Grftfin Agnes Nadasdy, in zweiter mit Grttfin Eleo- nore Mollart verheiratet. Sein jiingerer Bruder ist Jobann Karl 1645 —1694.

187. Or. » aber b mir Fontes. II. Abt. Bd. LVI. 25

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Therese oder Anna Tberesia ?, gest. 1684, ist eine Tochter des Jobann Franz aus dem Aste Sprinzenstein der jtlngeren lambergischen Linie (geb. 1624, gest. 15. April 1666). Ihr Grofivater Johann Albert (gest. 1650) war ein jtlngerer Bruder Georg Sigismunds (gest ca. 1631), des Vaters des bekannten Staatsmannes Jobann Maximilian.

Cbristopb Althann, geb. 1633, gest. Dezember 1708; er war in erster Ehe verm&blt gewesen in it Anna Franziska, Baronesse von Lay- ning, Zedler I. 1581; er bat sicb nach dem Tode der Lamberg nocb zweimal vermahlt.

188.

Laxenburg, j. Juni i668.%

tfber die Impertinenz der kurfurstlichen Abgeordneten gegenuber Potting, die portugiemche Heirat, WatteviUes Sendung nach

Portugal.

(Briefe vom 7. und 14. April auf ,diesem Weg' erhalten.)1

Und kann ich mich nit genug verwundernb der Imperti- nenz der kurftirstlichen Abgesandten, die sie von Euch prae- tendiren, da doch im Reich selbsten ganz ein ander stylus ist. Aber das ist nur ein bairisch Hoflichkeit secundum morem consuetum. Ihr habt Euch gar wohl hierin comportirt, und ich werdc es schon gehflriger Orten ahnden, dann es ist gar zue grob.

Was die portugesische Heirat anlangt, buon pro li faccia; wann Don Pedro also bestellt ist, wie man sagt, so wird sie libel bedient sein, ich vermein aber, sie werde ihr helfen lassen, wie sie kann und mag.8

Dass Batteville in Portugal gehet, ist besser als allhero ex causis deductis.

Allhier sein wir alle Gottlob wohlauf, und weilen ich nit Zeit habe, etc.

1 Potting, 7. April, ganz kurz.

14. April. Von Spanien aus geschiebt alles, um das Zustande- kommen des Friedens zu ermoglicben. Die kurfurstlichen Gesandten bebarren auf ibrer Forderung.

188. * Nach dem Schreiben vom 6, Juni eingcfyunden Or. b ve ruder?

wer

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2 Vgl. S. 349, Anm. 4. ttbrigens scheint sicb der Kaiser zu irren. Der Vorwurf der Impotenz wurde, soviel man sieht, gegen den abgesetzten Konig Alfon8, nicbt aber gegen Pedro erboben.

189.

Wien, 6. Juni 1668.

Wenig Zeit. Der Kaiser will nicht offentlick Castellars Ab- berufung verlangen, die Kanigin soil ihn aus Eigenem abberufen. Neuerliche Verwaisung des Erzbistums Prog, Tod des Erzbischofs

von Salzburg.

(Schreiben vom 30. April trad 2. Mai erhalten.1 Der Kaiser hat wenig Zeit, da Vormittags Prozession, Nachmittags Vesper ist.)

Breviter dico, was Castellar* anlangt, gefUllt mir des Neidhardt Vorschlag nit, dass ich des Castellar* avocationem formaliter begehren solle.

Und hat die KGnigin* und Neidhardt* ohne Vorwissen der junta y consejo de estado ktfnnen die Praesidenz de Ca- stilla ersetzen, so alles importirt, so kann wohl leichter die K5- nigin ex se et sine mea requisitione publica den Castellar* ab- fordern und ein andern deputiren, dann ist [nit] guet, [ihn da zu] lassen.* Der Castellar* taugt einmal nit allhero. Pax stat adhuc in terminis ratificationis.

Wir sein sonsten alle Gottlob gar wohlauf.

Metropolitana Bohemiae denuo est viduata per mortem comitis de Kolowrat, forsan succedet episcopus zue K8niggr&tz, so vor diesem Abt zue St. Niclas gwest und Bilenbuerg heiBt.2 Altera die post mortem des von Kolowrat, so 31. Maii gwest, ist noch der Cardinal und Erzbischof von Salzburg in die an- dere Welt marschirt.3 Omnibus auguro bene. Wird es jezo ein G'reiB um die mitria geben! Verbleibe etc.

1 Petting, 30. April (durch den hollandischen Kurier). Von Spa- nien ist alles zngestanden, so dafi, wenn Frankreicb Wort halt, der Friede gesicbert ist. Castellar scbreibt sehr merkwtirdige Dinge von den kaiser- lichen Ministern; besonders Lainberg soil ihm allerlei gesagt haben, wor-

189. Or. » dan ist guett lass

25*

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flber man bier sehr aufgebraeht ist. Castellar hftngt aber ganz von Pefia- randa ab. Neidbardt meint, der Kaiser solle Castellars Abberufung formell begebren. Die Grfifin Heril scheint ,auf beiden Acbseln zu tragen'. Neid- bardt versicbert, dafi Castellar zu jener ,scharfen Proposition*, die er dem Raiser gemacht (vgl. oben S. 364), keinen Befehl gebabt babe. Mortara bat die Stelle in Mailand wirklicb erbalten. Don Juan liegt nocb immer im Hafen und scbiebt seine Abreise fortwftbrend hinaus, etc.

2. Mai (Raiser, 29. Mfirz). Castellar ist so unverschttmt, daJB Neid- bardt meint, der Raiser solle ihn nicht lfinger dulden. An eine Heirat Don Pedros mit einer Prinzessin von Tirol ist nicbt mebr zu denken, die Franzosen baben also wieder ihren Willen durchgesetzt, etc. Watteville ist zum Botschafter fdr Portugal ernannt.

2 Matth&us Ferdinand Sobek v. Bilenberg, Biscbof zu Koniggr&tz 1664 1668; er starb als Erzbischof von Prag 29. April 1675.

3 Guidobald Graf Tbun. Vgl. S. 299.

190.

Wien, 17. Judz 1668.

Ratifikation des Friedens. Notwendigkeit von Allianzen. Castel- lars unsinniges Benehmen; Notwendigkeit seiner Abberufung. Besetzung des Prager Erzbistums und des Bistums Koniggratz.

(Berichte vom 21. und 28. April auf ,diesem Weg' erhalten.)1

Was die tractatus pacis anlangt, sein solche nunmehr zur vtflligen Perfection kommen, indeme den 30. passato sowohl zue Paris als auch zue Brlissel der Frieden publicirt worden. Deus concedat eius longam durationem, welche wird kflnnen erhalten werden, wann man guete {ligas} und [guarantias] mit den Po- tenzen machen wird.

Was den Castellar* anlangt, doleo eum plane insanire; aber also kann ich nit mit [ihm] hausen. Ich habe aber schon jtingsthin Euch ziemlich fuse von dieser Materii geschrieben, solle auch bei jtingster Ordinari, so doch vor diesem ein guete Zeit einlaufen wird, [Euch weiterer Befehl gegeben werden].

Summa rei est, ut avocetur, tamen ohne dass ich es so- lemniter begehre. Me parece,* que baste haberlo pedido mas veces a la reyna. Diese avocatio muess binis conditionibus as-

190. Or. » parce

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secnrirt werden, ut iste non abeat, nisi successor iam hie adsit, ne* detur sede vacante. Daes diese Zeit jab nit verabs&amt werde! 2* at successor talis [sit], at sit melioratio non deterioratio.

Der Tyrol ist fleiBigst gwest, dann er ist 19. Maii allda abgeritten and 6. Janii, hora 10. noctis schon angelangt, wie Each Lamberg per P. S. bei der nealigen Ordinari wird an- gedeat haben.

Allhier befinden wir ans alle wohlauf, and habe ich dieser Tagen das Erzbistham Prag dem Bischof von Kflniggratz ver- liehen, abbati St. Nicolai, sein Bistham aber dem Grafen Hans Friedrich von Waldstein conferirt.2 Verbleibe etc.

1 Potting, 21. April. Die kurtrierischen Gesandten haben sich endlich, ohne weiter von der bekannten Pr&tension Erw&hnung zu tun, bei Pitting eingefunden [19. April (Diarium)]. Die tibrigen aber, beson- ders der bayrische, bleiben obstinat, obwohl ihnen auch Neidhardt ,die Hand nicht verstattet gehabt'.

28. April, auf den kaiserl. Brief vom 18. Mans. Es ware not- wendig, dafl ein zweiter P. Boccabella die hiesigen Minister auf den rech- ten Weg brachte.

Castellar schreibt ,grausame' Belationen herein und findet williges Gehor. Mortara hat Mailand erhalten, wo Don Luis Ponce am 29. M&rz gestorben ist. Frankreich hat den Waflfene tills tand mit dem Termine fur die Verhandlungen bis Ende Mai verlangert.

2 Johann Friedrich von Waldstein; der dann 1675 auch Bilen- bergs Nachfolger in Prag wurde.

191.

Wien, 20. Juni 1668.

Tyrols Ankunft. Potting soil sich sehr bemiihen, doch nur pri- vatim, da/i CasteUar abberufen werde, doch nicht bevor sein Nachfolger in Wien ist. Gerucht uber Auersperg; aufgefangener Brief Gremonvittes. Peflaranda. Goldenes Vlies. Dofia Antonia. Kurier Andres. Der Kaiser hat P. Hetzer 300 Gulden angewiesen. Die Kaiserin ist in der Hoffnung.

(Pitting wird von Lamberg erfahren haben, daB nachdem bei jtingster Ordinari die Briefe schon zn waren, Tyrol ankam.

190. Or. »de *uniicher

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390

Dieser verdient Lob flir seine Eile. Durch die Ordinari ist Pflttings Bericht vom 17. Mai angelangt.1 Er hat alles recht gut gemacht, der Kaiser dankt ihm. Er hat neben dem Kanzlei- schreiben2 noch zu erinnem:)

Also erstlich werdet Ihr ein P. Scr. finden, so meldt, Ihr sollt Each wegen des Castellar* {Avocation} nit einmischen. Dies ist nit mein Intention als nude und crude,* sondern dass es nit publice y con mi empeno geschehe;b privatim aber wollet Ihr Euch hochstens sowohl bei der KSnigin* als Neidhardt* und Medina* und andern Wohlintentionirten bemtihen, dass diese avocatio ehistens effectuirt werde, doch cum binis cautelis, nempe ut Castellar* hinc non abeat, nisi successor vel iam hie ad sit vel saltern iam in itinere sit. Ratio est, dann sonst mochten Pefiaranda* et alii mali Praetext nehmen, kein Ge- sandten allhier zue halten, so aber mir nit reputirlich, der K5- niginc et eius familiae summe disreputirlich und ein apparens signum divisionis war, so auf alle Weis zu verhindern. Se- cunda cautela est, ut successor sit bonus. Da habe ich mein ganzes Vertrauen zu der K(3nigin*, habe ihr auch alles fein klar geschrieben, wollet also fleifiig invigiliren, dass alles also geschehe.

Was man Euch von Auersperg* gesagt, ist nit wahr und ein Lug von Lobkowitz*. Ich bediened mich des einen soviel als des andern und bin neutral inter meos proprios ministros. Der Neidhardt* wird Euch erzahlen ktfnnen, wie der cuento del 9apatero gwest ist.

Des Gramonville intercipirtes Schreiben multa continet, attamen stylus talis est, ut quasi pro ficto haberi possit.8 Da- hero verlangte ich wohl, dass Ihr schauet zu penetriren, was es damit vor ein Beschaffenheit hat.

Der Pefiaranda* ist incorrigibilis. Die KOnigin muss das Beste thun. Ich kann ja einmal nit alles von hier remediren.

Wegen der Tusone sorge ich wohl auch, es werde Hakel [haben], absonderlich wegen des Castellar* Relation, so von dem K5nig in Frankreich* intercipirt und von Gramonville vielen allhier in originali vorgewiesen worden, so auch m&chtige Dis- gusten wider Castellar* causirt hat. Wann aufs wenigste die Ktfnigin mir zue Gefallen nur doch den alten Grafen von

191. Or. » undeuilich b geachehen e AD d beninhe

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391

Otting und WeiBenwolff diese Genad th&te,* so wttrde ich wohl es sehr ftstimiren, und mir auch ein grofie Plag von Hals ge- bracht werden. Wollet Euch also befleiBen, ob dies noch zue spuntiren seie.

Der Donna Antonia villancico ist gar guet gwest, ihr me- moria aber ist durae resolutions, dann ich schlechte Lust habe, mich mit mehr spanischen Weibern zue bel&stigen.

Was den Courier Andres anlangt, so wollte ich ihmb zwar gerne helfen, allein ist jezo kein Stell vacant. Kann er darin sein Fortun haben, so vergunne ich es ihme wohl. So kann ich Euch auch nit verhalten; dass ich aus groCen Ursachen mich resolvirt, Eurem Beichtvaterc P. Hetzer zue gwissen geist- lichen Intent von alldasigen Dotalmitteln 300 fl. abfolgen zue lassen. Habe es Euch also hiemit erindern wollen, damit Ihr dessen die alsbaldige Auszahlung verordnen m6get, wie dann der formal Anweisungsbefehl von meiner Hofkammer an all- dasigen Interimsadministrator der Dotalrenten solle mit dieser oder nebsten Ordinari gwiss nachfolgen.

Wir befinden uns alle sonsten gar wohlauf, mein Ge- mahlin in einer kleinen achttftgigen Hofihung. Gott verleihe seinen Segen weiter.

Der Frieden ist den 30. sowohl zue Paris als Brtissel pu- blicirt worden. Gott gebe ihm langes Leben.

Zum Schluss recommendir ich Euch nochmals des Castel- lar* und der Tusonen Punkt und verbleibe etc.

1 Potting, 17. Mai (auf das kaiserl. Schreiben vom 11. April) kurz. Am 2. dieses ist in Aachen der Friede unterzeichnet worden. Morgen soil die konigliche Ratifikation dahingeschickt werden. Der President von Kastilien ist gestorben [am 13. Mai, vgl. Diarium]. Es wird wohl wieder ein ,Infulat* ihm folgen.

19. Mai (durch Tyrol). Petting hat dem kaiserl. Befehle gem&O alien Ministern die Ursachen der kaiserl. Politik vorgetragen, aber sie lassen sich nicht ausreden, daJ3 der Kaiser mehr hfttte tun sollen. Pefla- randa arbeitet ganz offenbar an der Entzweiung der beiden Linien des Erzhauses, sucht den Kaiser zu diskreditieren und von der Nachfolge aus- zuschliefien. Castellar wird wohl abberufen werden. Er hat wegen der Bitten um das Vlies sehr ungUnstig hereinberichtet, so da£ auXJer Diet- rich stein und Montecuccoli wohl keiner was bekommen wird. Das aufge-

191. Or. » thte b ihn ihn c Baichtvatt

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392

fangene Schreiben Gremonvilles an Lionne ist sehrwichtig. Viele Minister, auch Neidhardt, fragen Pitting, ob der Kaiser wirklich Auersperg zu sei- nem ersten Minister gemacht hat, und ob deshalb wirklich Lobkowitz and Schwarzenberg sich vom Hofe zurflckziehen wollten? Auersperg ist hier aufier bei Pefiaranda sehr verhafit, am meisten wegen der Geschichte des capatero. Nftheres in der Relation (nicht vorhanden). Die Donna An- tonia schickt wieder ein Villancico und ein Memorial an den Raiser mit der Bitte um Anstellung bei ihm. Potting erwartet auch einen Befehl we- gen des Kuriers Andres, der bei hiesigem Postamt Dienst nehmen wollte, den aber er (Pdtting) noch davon abgehalten hat, da er fttr den kaiserl. Dienst sehr gut wfire und Tyrol ,trefflich succediren* kdnnte.

2 Kanzleireskript vom 19. Juni. Abermalige Widerlegung der von den Spaniern erhobenen Vorwurfe. Da aber dergleichen ,remonstra- tiones' eher erbittern als besanftigen, so soil Pdtting die Sache auf sich beruhen lassen. Ober das auf gef an gene Schreiben Gremonvilles an Lionne. Gremonville hat davon aus Spanien Nachricht erhalten und dem Kaiser sogleich ein Duplikat davon Ubergeben. Dieses ist nun ganz verschieden von dem, was Pdtting geschickt hat, so daJ3 man nicht weLG, welches von bciden falsch ist. Daher Ubersendet der Kaiser eine Kopie des ihm von Gremonville ttbergebenen Schreibens und verlangt, Potting solle Medina bewegen, ihm das Original zu zeigen, damit er es vergleichen konne. Er soil dann daruber genau berichten. (Die erwfihnte Kopie liegt wirklich bei.) In Bezug auf die Abberufung Castellars, die man vorhat, soil sich Pitting nicht einmischen etc.

3 Vgl. das kaiserliche Kanzleireskript vom 19. Juni in der vorigen Anm.

192.

Wien, 4. Juli 1668.

Aachener Frieden. Bund mit Schweden. Der Konig von Polen soil dbgedankt haben. Wahlaussichten. Peflarandas Feindselig- keit Castellars Abberufung, Goldenes Vlies, Rekommandation fur Otting und Wei/ienwolff. tlber Chavagnac. Heirat der Monroy* Die Kaiserin fahrt in der Schwangerschaft fort; es diirfte dies- mal ein Mddchen sein.

(Briefe vom 5., 12., 30. Mai erhalten.)1

Pax et publicata et executioni data est. Faxit Deus, quod duret, quod spero, si solida applicemus media. Und wird Euch heut communicirt werden,2 in was Stand sich die {Liga}

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befinde inter me* et Sueciam*, und weilen man spargirt, es sei schon alles richtig, so hat man es Each oommtmiciren wol- len, damit Ihr praevenirt seiet.* s Ingleichen hat man aus Polen, dass rex allda schon resignirt hat.4 Muss man also anjezo ein Kttnig allda machen. Ego timeo sine alio remedio fataram {da- cem Neobargicam} und wird billich besser sein, ihm aach ad coronam zue helfen and {cam matrimonio inter eias filiam et nnam* vel alteram sororem meam* zu obligiren}. Ich bin aber nit resolvirt. Wann man wird ein rechte Resolution genommen haben, so wird man es Euchb schon communiciren.6

Wegen des Penaranda heiCt es: oleum et operam perdi- dimus. Ich mtichte aber wohl wissen, wann die Ktaigin* kein remedium huic malo appliciren kann, wie es dann ich* appli- ciren solle cum fructu? Wollete wohl, dass man mir diesen modum an die Hand gebete. Was Castellar* anlangt, habe ich bei jtingster Post fusissime Euch day on geschrieben, repeto item und sage allein, was6 man thun will und soil, das thue man bald, dann ich kann kein ertappten Lugner nix glauben, also {avocetur} idque eodem modo, wie ich jtlngst an die Hand geben habe. Wegen der Tuson wollet Ihr reginae danksagen; Ihr seid ein Prophet gwest, dass Ihr sagt, die andern werden Euch die Schuld geben por los cunados, aber patientia. Doch kann ich Euch nit bergen, dass ich ex summis causis verlangt, dass der alte Graf von Otting und der von Weifienwolff auch diese Gnade erhielten.

Also wollet Ihr wohl alle mttglich Instantien machen, dass diese zwei consolirtd und ich auch durch dies beruhigt werden mftchte. In des Castellar* Relacion nil nee mali nee boni de ipsis reperietur, dann {Gramonville} hat selbe Relacion allhier fleiCig alien communicirt.

Was des Medina* Erinderung anlangt wegen des Chava- nac,6 mi servira per aviso, und will ich mich selbiger schon praevaliren.

Erinder Euch auch gn&digst, dass ich hoffe ein Anfang zue machen die spanische damas zue verheiraten, indem der Landmarschall und jezige Statthalter zue Graz Georg Christian Graf von Saurau ein Intention auf die Monroy hat. Weilen nun sie dama nit zuewider, man auch dies Werk an ihren Vater,

192. Or. * seye b Ea ° wan d consolir

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so pro tempore in Niederland ist, gebracht hat,7 mit welchem es anch sein Richtigkeit hat; also ist es an deme, dass more in Hispania usitato die Kflnigin einige mercedes der dama thue. Dahero schickt sie, dama; por manos y en carta de la empera- triz ein Memorial an die KOnigin, worinnen sie diese mercedes begehrt. Ich thue sie auch reginae caldamente recommandiren ; also habe ich Euch auch hiemit befehlen wollen, dass Ihr auch diligenter sollicitiren sollet,4 damit man mercedes gebe, doch solche; welche in fatti e non parole bestehen; dass man auch es bald despachireb und wo mliglich die despachos mit der Antwort auf diese Brief einschicke, dann Saurau ist viduus, wird nit gar lang [warten wollen] ; die Kaiserin will aber die Hoch- zeit nit gestatten vor Einlangung der Merceden. Werdt also ein guetes Werk thun und mir ein groBes Qefallen leisten, dann ich dies Werk bald enden wollete.

Caeterum sein wir alle wohlauf und die Kaiserin conti- nuirt ihr prenado felicemente y con muchissimos vomitos.c Ich vermeine lauter, es seie ein Madl; dann es ist alles anderst als das erstemal.

Hisced repeto et commendo negotia Castellari* Tusonen et Monroy und verbleibe etc.

1 Potting, 5. Mai. Die Konigin und die Minister sind fiber Castel- lar erztirnt. Er wird abberufen werden. Ein Schreiben Gremonvilles, worin er unter anderem diesen ganzen Vorfall (mit Castellar) genau schil- dert, ist aufgefangen worden; Medina macht Mitteilung davon. La Fnente hat geheiratet.

12. Mai. Tyrol ist am 7. angekommen, nachdem er acht Tage in Lyon aufgehalten worden ist. Potting befindet sich jetzt in Ausfflhrung des kaiserl. Befehles.

30. Mai (auf die kaiserl. Briefe vom 1., 8., 15. und 25. April). Die Schuld an dem verlustvollen Frieden schiebt man bier infolge der Tatigkeit Pefiarandas dem Raiser zu; PeQaranda arbeitet auf seine Aus- scblieBung von der Erbfolge bin. Don Juan ist nocb nicht abgesegelt. Vorgestern ist der Biscbof von Oviedo Don Diego Sarmiento de Valladares zum Pr&sidenten von Kastilien ernannt worden. Das Vlies ist nur an Dietrichstein und Montecuccoli verliehen worden. Er fttrcbtet, die ubrigen werden ihm scbuldgeben, als ob er sich nur fur diese seine Verwandten

192. O. * solle b desplatir, doch ist despachire geaichert durch eine cihnliche Stelle im niichsten Briefe: diese merced bald despachiren ° gomi- tos d Hinc?

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bemiiht h&tte. Medina macht aufmerksam, dafi Chavagnac (vgl. unten Anm. 6) mit Gremonville verdachtige Korrespondenz pflege.

2 Kanzleireskript, 4. Juli. Es ist weit entfernt, da£ das Blind nis schon perfekt sei. Es heiflt sogar, daft Schweden unter der Hand auch mit anderen Machten verhandle und auch mit solchen, die allenfalls des Kai- sers Feinde werden konnen. Es ist also einstweilen hierauf durchaus kein Fundament zu machen, w&hrend Castellar tut, als wenn schon alles be- endigt ware.

3 Vgl. Pribram, Lisola 448 ff.

4 Die feierliche Abdankung erfolgte erst am 16. September 1668.

5 Die Frage, wer dem kinderlosen Johann Kasimir folgen solle, hat die europfiischen Kabinette jahrelang beschaftigt; die Franzosen prote- gierten in erster Linie den Herzog von Enghien, den Gemahl der Nichte der Konigin, Maria Louise, der Kaiser hfttte am liebsten die Wahl Karls von Lothringen gesehen, nachdem die Kandidatur eines 5sterreichischen Prinzen durch den Tod des Bruders Leopold I. nicht mehr moglich war. Fur den Pffilzer Philipp Wilhelm trat Leopold nur faute de mieux ein. Fur die Haltung des Brandenburgers in dieser Wahlfrage vgl. Hirsch, ,Zur Ge- schichte der polnischen Konigswahl von 1669* (Zeitschrift des west- preufiischen Geschichtsvereines, Heft 25, S. 55 ff. und Urk.und Akt. XII. 217 ff.), fur die Frankreichs ,Recueil des instructions* IV. 51 ff.

6 Graf Gaspar Chavagnac, geb. 1624, erst franzdsischer Offizier, nahm an der Fronde teil, wanderte dann nach Spanien, leistete hier Lisola groBe Dienste, ging dann nach Wien, hierauf nach Polen (Mignet III. 480) und kehrte erst nach dem Frieden von Nymwegen nach Frankreich zuruck. Seine Memoiren (1. Ausg., Besancon 1699) enthalten viel fur diese Zeit wichtiges Material (neueste Ausg. von Villeurs 1900) doch bestehen Zweifel fiber ihre Echtheit. Vgl. Revue d'hist. moderne et con temp. II. 186.

7 Graf Georg Christian, Sohn des ersten Grafen Karl Saurau, zeichnete sich insbcsondere im Verlaufe der ungarischen Magnaten- verschworung als treuer Anhftnger des Hauses Habsburg aus, war Landes- hauptmann und Statthalter von Steiermark. Vgl. Htibner Geneal. Tabel., Tafel 845.

198.

Wien, 7. Juli 1668.

Schwangerschaft der Kaiserin, CasteUars Abberufung, Monroys Heirat, herbstliches Wetter, grofie JEinladung bei Castellar.

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Sein, Gott sei Lob, gar wohlauf und continuirt mein Ge- mahlin dero Tracht auch gar gltickselig, allein die vomitus et maxima inappetentia incommodiren sie ziemlich stark. In pu- blicis fallet diesmal sehr wenig vor, also repetir ich nnr zwei schon etlichmal genannte puncta (Castellars Abberufung, dann wegen der mercedes fur Monroy).

Das Wetter ist allhier dieser Tag ganz herbstlich gwest und so kalt, dass man in Feld mit gnetem Muet hat konnen einen Pelz tragen. An Pfinztag hat Castellar coenam magnam gehabt mit Einladung des nuntii, aller geheimen R&th und et- licher K&mmerer wie auch des Beichtvaters der Kaiserin.1 Multa multi dicunt. Ego non sum Joannes, qui apocalypsen habeat. Hiemit verbleibe etc.

1 Fray Juan de Molino-Navarrete.

194.

Wien, 16. Juli 1668.

(Durch Castellars Kurier.) Die Kaiserin hat den Gruardainfante abgelegt. tfher Auersperg 9 Garrotierung des Malladas, Verleihung der Prasidenz von KastUien, Granas Sendung und Benehmen, die grofie Komodie, welche zum Geburtstage der Kaiserin auf- gefuhrt wurde, und die grofie Hitse.

(Da Castellar einen eigenen Kurier schickt mit der Nach- richt, ,que la emperatriz ya se ha quitado el guardaninfante', so antwortet der Kaiser gleich auf Pdttings Berichte vom 26. Mai und 15. Juni.1 Aus der Kanzlei kommt nichts.)

Was Ihr von Auersperg* schreibt, ist altioris indaginis, und will wohl darob obacht haben; aber dass Castellar* schrei- bet, Auersperg* sei {valido} des Kaisers*, ist erlogen wie alle ander seine schtfn Zeitunge.

Die Resolution mit Garrotirung des Administradors de millones ist [nit] iusa gwest, und kann ich mich nit darin richtcn. Wollte wohl, dass Potting* sucht, auch die Ursach [zu] sehen, was doch m(5ge gwest sein, dann einmal ist dies ein solche Resolution, so nit bald wird sein gehtfrt worden.*

194. Or, » unsicher

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Habe gem gehabt, dass Ihr mir habt erindern wollen, wie es mit Conferirung and Consultirang der Praesidenz de Caetilla seie zuegangen; habe mir es wohl allzeit also eingebildt, allein weilen man spanischerseiten so seltsam von dieser Colla- tion gredt hat, absonderlich Castellar* selbst, so habe ich auf den Grand kommen wollen. So ist auch der Brief, welchen der {Qrana} an Euch* geschrieben hat, so impertinent, als ich [nit] bald mein Lebtag dergleichen gesehn habe. Wollet Euch nit daran offendiren,a dann sein jung spiritusb noch sehr irregnlirt sein, and hat mich schon oft gerent, dass ich ihn hineinge- schickt. De praeteritis aber nee datur consilium nee remedium.

Sonsten sein wir alle allhier wohlauf, und habe en los anos de mi sobrina die groCe comedia halten lassen, so nur zur Hochzeit deren0 h&tte sollen exhibirt werden. Ist gwiss ein Werk gwest, dergleichen wenig sein gesehen worden.d *

Eben sub hodierno dato per aliam viame schicke ich Euch etliche Exemplar davon. Und weil heut ein solche Hitz ist, so in viel Zeit nit gwest, also kann ich einmal nit l&nger schrei- ben, sondern verbleibe etc.

1 PStting, 26. Mai (auf die kaiserl. Briefe vom 8. und 15. April). Die dem Kaiser zugetanen Minister werden schwankend, da sie sehen, daft er gegen fiber Pefiaranda ,dissimaliert' ; sie sagen, er kiiramere sich um seine Anh&nger nicht mehr als um seine Feinde etc.

15. Juni. Konzept 13. Juni (auf den kaiserl. Brief vom 9. Mai). Grana hat ihm und anderen, auch Neidhardt geschrieben, der Kaiser bil- lige sein ganzes Vorgehen, auch den Brucb mit Neidhardt. Dem Medina hat er geschrieben, der Kaiser wundere sich, daB Pitting frfiher ungiinstig iiber Neidhardt geschrieben habe und jetzt ihn lobe. Noch bei seiner An- wesenheit hat er zu einem yornehmen Minister, der es Patting selbst mit- geteilt hat, gesagt: ,£i embajador no supone nada con el emperador mi seftor.' Die ganze Sendung hat nur Cbles verursacht und Pottings An- sehen geschmaiert. Die Ernennung des frdheren und jetzigen Pr&sidenten yon Kastilien ist in der Junta general mehrmal ,ventiliret und consultiret worden' (also ganz regelm&J3ig erfolgt). Marques Astorga hat von Rom geschrieben, der Kflnig von Frankreich habe dem Papste mitteilen lassen, er habe gar nichts gegen die Erhebung Auerspergs zum Kardinal, erwerde auch keinen franztteischen zum Ersatz verlangen. Hier fttrchtet man davon schlimme Folgen. Castellar schreibt, daU Auersperg jetzt erster Minister sei, daher habe Spanien vom Kaiser nichts Gutes zu erwarten.

194. Or. * offndi? b unricher c unsicher d haben via

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398

FUr die Beschreibung der Hinrichtung eines administrator de mil- Hones verweist er auf die Relation. Im Diarium findet sich darftber fol- gende Notiz (1. Juni, fol. 304 vo.): Ein gewisser Don Joseph de Mai- lad as, Arragones, der Administrator in S. Clemen te, wurde diese Nacbt, ohne dafi er selbst oder irgend jemand die Ursacbe wufite, garrotirt. Dar- ilber sind b6se Reden im Ad el und Volke im Umlauf.

2 Eine Angabe einer Ursache findet sich im Seman. erud. XI. 12, wo es heifit, daB Malladas im Auftrage Don Juans den Marques San- ton 6 (= St. Aund) vergiftet habe. Vgl. auch Doc. ined. LXVII. 50. In einer gleichzeitigen Flugscbrift (Las disputadas etc., Cod. 5943 der Hof- bibl. fol. 263 272, spec. fol. 265 vo.), einer der wenigen, die auf Seiten Neidhardts stehen, wird behauptet, Don Juan habe Neidhardt dreimal nach dem Leben getrachtet, zuerst durch Saint- Aund, dem die Lauheit in der AusfUhrung des Auftrages das Leben kostete, dann durch Malladas und zuletzt durch Pinilla. In einer andern, von Don Juans Partei ver- breiteten Schrift ,E1 desembozado o noticia de Europa a la curiosidad de Asia* (Hofbibl. Cod. 5943 fol. 39 111; spec. fol. 55) wird hervorge- hoben, nicht Don Juan, sondern Neidhardt habe Marquis Saint- Aun^ tdten lassen, wobei das Werkzeug (nach obigem im Seman. erud. Malladas) je- doch nicht erw&hnt wird. Saint- Aune" starb am 19. Mai 1668, vgl. Potting im Diarium unter diesem Tage. Im Berichte vom 8. August sagt Pot- ting, es sei nichts Ordentliches fiber die Ursache von Malladas Hinrichtung zu erfahren, doch werde allgemein behauptet, dafi er ,einige infame und von der Konigin und Neidhardt tocante al sagrado de la persona real und zwar gegen Neidhard selbst miiase getan haben, und dafi ein soliches ob respectum et reverentiam reginae also verschwiegen hfttte bleiben sollen.(

3 Judicium Paridis; vgl. Theatr. Eur. X. 803.

195.

Wien, 16. Juli 1668.

(Durch einen Kurier Castellars.) Der Kaiser schicht die (von

Potting seinerzeit gewunschten) Portrdts und einige Exemplare der

grofien Komodie.

(Da die Witwe des Don Luis Ponce de Leon x nach Spa- nien reist und Castellar einen Kurier nach Mailand (von wo jene abreist) sendet, so schickt der Kaiser die von der Kflnigin schon lange gewttnschten Portrttts, welche sehr gut sind; auCer- dem eine Anzahl von spanischen und italienischen Exemplaren der Kom(5die, die groBartig war und auch den Spaniern am kaiserlichen Hofe recht gefallen hat.)

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1 Dieser war Gouverneur von Mailand gewesen and im Mftrz 1668 gestorben (vgl. S. 200, Anm. 2).

196.

Wien, ig. Juli 1668.

Vber die Portrats (vgl. 16. Juli) und Eocemplare der grofien Komodie, Granas Unverschdmtheit und die Garrotierung des

Malladas.

(Nicht viel zu schreiben. Die Portrats und Exemplare der KomOdie bringt die Donna Mentia, Witwe des Luis Ponce de Leon, mit. Der Eaiser kann sich nicht genug iiber des Grana Unverschamtheit wundern, ebenso wegen der Garrote. MOchte die wahre Ursache wissen. Es ist schon spat. Alles wohl.)

197.

Wien, 2. August 1668.

tiber die BeurteUung des aachischen Friedens von Seiten der Spanier, die Kuhnheit der Junta gegeniiber der Konigin (wegen x Malladas Hinrichtung), La Fuentes Heirat und Vorliebe fur FranJcreieh, Don Juans Abreise, den neugewcMten Erzbischof von Salzburg und den bevorstehenden Tod Hannibal Gontagas.

(Bericht vom 2., 9., 16. Juni liber Italien, vom 27. durch die Ordinari erhalten.1 Gut, dafi die Kflnigin die via secreta flir diesmal nicht n5tig findet.)

Was nun die publica anlangt, so ist guet, dass der Fried publicirt worden; dass er Hispanis nit gefallen hat, ist leicht zue erachten, aber necessitas non habet legem, auf diese sollen domini Hispani ihr Fundament machen; dassa aber der arme Teufel, der Kaiser*, von allem diesen allzeit die Schuld muss haben, ist hart zue verdauen. Patientia, tempora tempore tem- pera, ist ein altes adagium und dessen thue ich mich getr5sten.

Das atrevimiento {dela junta} ist wohl groB, aber die Execution ist auch grofi gwest, et talis, quam ego vix inten-

197. Or. der

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400

dere ausus fuissem, taceo mulierem solum tutricem et cnratricem; aber es mtissen groGe Ursachen gwest [sein], von welchen una zue judiciren nit gebttrt;a ne scrutantes scrutinio obruamur. In hoc etiam me remitto ad priora. Dass La Fuente* so wohl sich befind, buon pro li faccia; ich bin ihm nit neidig nm sein Gliick.* Die positio effigierum in domo sua ist notabel. Ich vermein, es seie casu, und der alte Narr habe es nit wohl con- siderirt, dann hat er in principali so weit geirrt, so kann es in diesem wohl leichter geschehenb sein.

Von Don Juans* Abreis multi multa judicant, ego meum hoc tempore suspendo judicium.

Wir sein allhier wohlauf und werden bald ad relaxandum animum ein Reis auf Neustadt und Ebersdorf vornehmen. Zue Salzburg ist zum Erzbischof erw&hlt worden der von Kunburg, so vestro tempore Bischof zue Lavant, jetzte Bischof zue Seckau gwest ist.8 Hoffe solle ein gueter Vasall und Diener sein.d Hin- gegen verliere ich auch ein Hauptminister und Diener, zue deme ich hoc tempore eine groCe Confidenz gehabt habe, in- dem Furst Annibal Gonzaga ganz am Schragen liegt,4 und seins Aufkommens ganz kein Hoffhung ist. Und weilen etc.

1 Potting, 2. Juni unbedeutend. 9. Juni (auf die kaiserl. Briefe vom 22. April und 9. Mai) ebenso. 16. Juni. Die Ratifikation des Frie- dens von Frankreich bleibt lange aus; es heiBt, Burgund wolle ohne Am- nestie nicht unter die spanische Herrschaft zuriickkehren. Wegen der neulich erw&hnten Hinrichtung spricht man noch sehr scharf, besonders gegen Neidhardt. Auch sind Pasquille fiber die Angelegenheit erschienen. Don Juan bat Befehl erhalten, obne Verzug abzureisen. Jetzt wird er sich entscheiden miissen.

La Fuente hat vorgestern seine Heirat durch ,papeles, wie es hier gebrauchlich, kundbar gemacht', empffingt jetzt die Gliickwflnsche. Seine Wohnung ist so schon eingerichtet, daJ3 ,wenig dergleichen hier gesebn ist worden*.

27. Juni (auf den kaiserl. Brief vom 23. Mai). Vorgestem ist hier der Friede publiziert worden, mit dem man aber sehr unzufrieden ist. Die Garantie ist noch unsicher und man ist recht ungehalten fiber Lisolas Vorgehen dabei. Daher werden die Spanier vom Kaiser wahrscheinlich die Erklarung der ,Eventualruptur* verlangen und sich daffir auf Granas Erklftrung berufen. Neidhardt ist gekrftnkt durch das, was ihm der Kaiser wegen der Heril geschrieben hat. Die Junta hat von der Kdnigin die

197. Or, » unfi zue dicir nitt gebiir b gesche? ° unricher d ist

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TJrsache der gemeldeten Hinrichtung verlangt sowie das Versprechen, dafl sie in Zukunft nicht mehr so formlos in der Kriminaljustiz yorgehen werde; das ist wohl ein grofies ,atrevimiento'.

La Fuente ist ganz zufrieden, aber die Kinder auf der Gasse zeigen nach ihm. Potting hat bei 8 ein em Gratulationsbesuche bei La Fuente be- merkt, datf dieser die Bilder des Konigs und der K5nigin von Frankreich hoher gehangt hat als die des Kaisers und der Kaiser in, was sicher nicht ohne Absicht geschehen ist.

Die Konigin meint, so wie der Kaiser, dafi man den geheimen Weg jetzt fallen lassen konne, daher wird Potting ihn nicht mehr beniitzen.

% tJber La Fuentes zweite Heirat vgl. Lecestre, Rev. quest, hist. LII. 128 134. Seine zweite Frau, Anna Portocarrero, war eine verwit- wete Marquise Espinardo und noch bei Lebzeiten ihres Mannes die Mai- tresse Don Juans, wahrscheinlich auch spftter. Lecestre hat wahrscheinlich gemacht, daJ3 sie der bezahlte Spion Gourvilles und Bonsys war.

3 Der neue Erzbischof von Salzburg, Max Gandolf von Kuenburg, war 1654— 1665 Bischof von Lavant, 1665 1668 Bischof von Seckau, dann Erzbischof von Salzburg, 1686 Kardinal, gest. 1687.

4 Hannibal Gonzaga, geb. 1602, Reichsffirst, Hofkriegsratsprasi- dent; er starb 2. August 1668. Vgl. den nflchsten Brief.

198.

Wien, 15. August 1668.

Potting soil auf etwaige Verhandlungen mit Frankreich uber Burgund wohl achthaben, der Kaiser kann jedoch keinen Rat hieruber erteilen. tJber die polnische Wahtangelegenheit und den Bund mit dem Neuburger, Castellars Abberufung, Don Juan, den Angriff einiger Kavaliere auf die koniglich spanische Leib- garde, uber den Tod Rutmannsdorffs, die Besetzung der durch Gonzagas Tod erledigten Stellen, die kaiserliche Truppenreduktion, den Vorrang Dietrichsteins vor Montecuccoli wegen des goldenen

Vlieses.

(Antwort auf die Berichte vom 23. Jnni und 11. Juli.)1 Was anlangt, dass allda tractatus obhanden sein mit Frankreich* ob {Burgundiam} et his anexa, solle Potting* ein wachsames Aug darauf haben und sehen, ne aliquid praeiudi- ciosi concludatur; tamen viderint ipsi, der Kaiser* hat Bedenken, viel Rath zue geben in his materiis; dann er time, was er wolle,

Fontei. IL Abt. Bd. LV1. 26

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so ist {Hispanis} nix recht. Also kann ich mich nit in his materiis auslassen ex causa supra dicta.

Es wird auch bei dieser Ordinari aus der lateinischen Expedition communicirt werden,2 in was statu dermalen {ne- gotia polonica} sich befinden, und warum casu, quo der KOnig* in seiner Abdicationsintention beharren* sollte, ich inclinire, den Herzog von Neuburg* zum Kflnigthum* zue verhelfen; und dies aus viel Ursachen, absonderlich aber weilen huius eius- dem intentionis sein der Papst*, Frankreich*, Schweden* et Brandenburg* und viel andere potentiaeb und weilen sonsten {Moschus} zue dem KOnigthum* spuntiren mflchte, so maximum damnum religioni catholicae wttrde. Es ist zwar nit ohne, dass bis dato Neuburg* ziemlich mit Frankreich* gehalten und un- serem Hause* wenig guete Dienst geleist habe, est autem prin- ceps optimae intentionis, und hoffe ich, wann er opere impera- toris* zue dem Thron* gelangen werde, es das Blattel umwenden und er hinvor gar wohl mit unserem Hause* stehen werde, da- hero ich auch ein kleins {foedus} mit ihm gemacht, wie Euch* auch communicirt wird.8 Castellar* hat man es ob rationes re- levantes nit communiciren kflnnen, sondern ist mit ihm nur por mayor verfahren.0

Weilen ich aber sorge, Castellar* werde nit mit dieser Communication a mezzo (wie er es nennet) zuefrieden sein, so muss PStting* wohl vorbau'n, dass seine exagerationes kein tible Impression machen sollen. Hac occasione repeto, was ich schon so oft {de avocatione} Castellari* gemeldt habe; Pdtting* solle abermal bei der Kdnigin* sotto mano Instanz machen, auch dies alles dem Neidhardt* vertraulich communiciren.

Was nun den Don Juan* anlangt, so hoffe ich, werde es einmal mit seiner Reis ein End haben. Die almohada*4 und Excellenz seiner erbar geistlichen Tochter scheinte zwar ein bagatela, aber latet anguis in herba, et bonus Don Juan* semper magis habilitatur ad successionem et sanguinem regium/ das heut oder morgen uns noch wohl kOnnte Possen* machen. Das atrevimiento der Btirschl, so die guardi attaquirt haben,b ist groC, wird aber Gottlob wohl nit ohngestraft passirt werden.

198. Or. * unncher b potentis c zwetfelkafl d almoha Schaitl r regim « boson h worden

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Dahier haben wir auch ein Ublen casum gehabt, indem der junge Graf Karl von Saurau, ein Enkel der Obersthof- meisterin von Wagensperg6 y sobrino dessen, so die Monroy heirat, mal a propos ein Krawall* anhebtb und darin ein jungen von Rutmanstorff umgebracht.6

Man setzt ihm stark nach, und wird auch ein Demonstra- cion geschehen mtiessen in exemplum alium.

Sodann ist in festo Portiunculae der Fttrst Gonzaga ge- storben,7 durch dessen Tod viel Leut mit Dienst consolirt werden, indeme ich den Grafen Montecuccoli zum Hofkriegs[raths]- praesidenten, zum Vicepraesidenten und Stadtobristen allhier den Landmarschall Grafen von Traun8gmacht; auch das Land- marschallamt dem von Sprinzenstein9 conferirt habe.

Der Maradas ist Obersthofineister bei der verwitibten Kaiserin worden.10

Muss Euch noch eins erindern, dass namlichen Ihr wohl informiren sollet wegen der vorhabenden riforma, dass selbige nit so gwest seie als man macht, und kOnnen die Hispani Eu- rem Vermelden nach 130 Compagnien reformiren, so kOnnen sie auch nit libel aufnehmen, dass ich mein Armada auch in etwas reducire und meine so hart beschwerten Erblanden auch ein Sublevation gebe, wie sie es wohl vonn5then haben.11

Was anlangt, wer vorgehen solle, {Dietrichstein} oder {Montecuccoli}, so vermeine ich, gebttr es ex natura rei dem ersten, dann er Flirst und Obersthofineister meiner Gemahlin ist.

Wann aber die KfJnigin* diese meine Antwort und De- claration erwartet, so werden sie noch lang auf die wirklich Gnad des Tusons warten mlissen, so Ihr der K5nigin* anfUgen wollet. Sonsten sein wir alle wohlauf, und ich verbleibe etc.

1 Potting, 23. Juni. Die Ratifikation des Friedens von Frankreich ist noch nicht hier. Von der Garantie hofft man nichts. Mortara ist ab- gereist, ebenso die moskowitische Gesandtschaft. Don Juan tut nichte fur die Abreise. Man echreibt aus Belgien, wenn er nicht bald koinme, so sei dort nichts ErsprieBliches zu hoffen.

11. Juli (auf den kaiserl. Brief vom 6. Juni). Es heLCt, dieSpanier wollen die Plfitze in Belgien tauschen oder dieses ganz gegen Boussillon vertauschen. Monterey ist aus Belgien gekommen^diedortigenVerhaltnisse

198. Or. Caravell; vgL Grimm, Deutsch. W. V. 2126 charaYallinm b uruicher

26»

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zu schildern, vielleicht hat er auch etwas wegen des Tausches vorzu- bringen. Pio hat Castel Rodrigos Tochter ohne dessen Einwilligung ge- heiratet. Don Juan hfitte sich vorgestern einschiffen sollen; unsicher, ob es wirklich geschehen. Die Majestaten Bind den 2. dieses das erstemal [seit dem Tode Philipp IV.] offentlich ausgefahren [ausftihrliche Beschrei- bnng im Diarium fol. 309 vo. ff. Vgl. Relation des diff. I. 59 f.]. Am Samstag darauf zu den Descalzas reales, wo sie der Tochter des Don Juan ,die Almohad und die Excellenz geben lassen*. Dort hat der Herzog von Abrantes und andere Cavaliere die kftnigliche Garde attaquiert und ,gar iibel tractirt*.

Castellar setzt seine ungiinstigen Meldungen fiber den Raiser fort. Die Ktinigin wiinscht zu wissen, wen der Kaiser fur das golden e Ylies vorgezogen wfinsche, Dietrichstein oder Montecuecoli.

2 A us der lateinischen Expedition ist nichts yorhanden. Ein deutsches Reskript vom 12. August teilt Pdtting die mit dem neuburgi- schen Gesandten Franz von Giese eingegangene Verabredung unter Hin- weis auf die (nicht mehr vorhandene) beiliegende Abschrift derselben mit.

3 Es wurden damals zwei Vertrfige zwischen Leopold und Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg abgeschlossen mit dem Datum vom 9. August 1668. Der erste betraf die gegenseitige Beschfitzung ihrer Staaten. Der zweite vom Bel ben Tage verspricht dem Neuburger die kaiserliche Unter- stfitzung fiir die bevorstehende polnische Konigswahl.

4 Almohada = Kissen, Polster, Kutschensitz.

5 Vgl. S. 166, Anm. 6. Karl Graf Saurau, ein Sohn des Grafen Wolfgang Rudolf Saurau aus dessen Ehe mit Isabella Grfifin Wagensperg. Karl Saurau zeichnete sich sp&ter als kaiserlicher General, zumal in den Tiirkenkriegen, aus.

6 Im Theatr. Europ. X. 804 heifit es, Saurau habe mit seinem Gegner, der Rottmansdorff und Gottmansdorff genannt wird, bei einer Mahlzeit einen Wortwechsel gehabt und dann seien sie um 2 Uhr Morgens auf der Gasse aneinander geraten, wobei Saurau seinen Gegner entleibt habe. Saurau wurde gefangen genommen.

7 Das ist am 2. August

8 Graf Ernst Traun, geb. 1608, gest. 18. November 1668; ausge- zeichnet in den Kriegen Ferdinand II. und III. wurde er Hof kriegsrat, Generalleutenant und Hauszeugmeister, Landmarschall, dann Hof kriegsrats- vizeprasident und Stadtoberst von Wien.

9 Sprinzenstein, Ferdinand Maximilian, geb. 1625, gest. 1678. Er war Obersthofmarschall der Kaiserinwitwe Eleonore und Obersthofmeister der Sch western Leopold I. Er erhielt spftter auch das Oberste Erb-Mfinz- meisteramt.

10 Graf Bartholom&us Maradas; vgl. Priorato I.e. III. 182 und oben S. 190.

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1 1 Die Frage der Truppenreduktion hatte Anlatf zu vielfachen Kon- ferenzen gegeben. Vgl. u. a. auch die Schrift Montecuccolis fiber diese Frage : ,In suggetto del disarmamento Cesareo', in der er gegen die Ab- riistung auftritt. Schriften Mont. II. 183 ff.

199.

Neustadt, 29. August 1668.

tlber die dem Sohne Pefiarandas geschenkte Pfriinde und die Behauptung der hiesigen Spanier, dafi Neidhardt mit ihm gam einig sei. Potting soli die Konigin dariiber befragen und wegen Castellars welter bitten, aber Fresno darf nicht geschickt werden. liber den Eindruck der Nachrichten von der Schwangerschafl der Kaiserin. Potting soil sick sottomano erkundigen, ob die Konigin die Patenschaft annehmen wurde. tlber von Potting eingesandte MusikstucJce, den diesmaligen Wegfall einer Kandeiweisung, das Befinden der Kaiserin, Montecuccolis und das goldene Vlies fur Ottingen und Weifienwolff.

(Antwort auf die Berichte vom 30. Juni, 14. und 25. Juli,1 die beiden ersten noch ttber Italien. Lob flir Petting.)

Dass die Merced, so dem Peneranda geschehen, von alien di8approbirta worden, ist leicht zue glauben, und auch ohngrecht, nee possum capere causam, desto mehr dass der Kaiser* der Ktaigin*b wider Penaranda* so klar geschrieben hat. Hispani imputant Neidhardto*, et ilium dicunt plane cum Penaranda* coniunctum. Ego magis credo verbo {sacerdotali} Neidhardti* und mache mir kein Sorge. Doch habe ich es dem Patting* erindern wollen pro sua notitia tantum. Ich vermein aber, es kttnne nit schaden, wann Potting* hfttte ein Discurs dariiber mit der K(5nigin* angehebt, um zue vernehmen, wie sich diese Demonstration mit dem verstehe, so sie* so oft dem Kaiser* geschrieben hat. In summa, hoc chaos me plane involvit, et Deus nos debet extricare.

Was Castellar* anlangt, thuet Ptttting* guet, dass er bei der KSnigin* und Neidhardt* dariiber seine Instantien mache; spero effectum. Dummodo non sit peior hoc malo! lam dicunt deputatum {Fresno}; ich glaube es nit, dann die Kflnigin* hat mir* 8incerirt,° dass sie nit diesen des Penaranda* Clienten

199. Or. disabroirt b dem AC undeiUlieh

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wolle zue Botschafter* machen. Also wird guet sein, dass Potting* allweil die Privatinstanzien erneuere und nit aussetze, auch wohl praevenire, ne remedium peius malo id est successor peior deputetur. Ich hoffe aber, die KOnigin * werde schon selbst darauf achthaben und sehn, dass mein* Dienst kein praeiudi- cium leide. E questo basta per adesso.

Sodann kann ich mir leicht einbilden die groCe Freud, so man allda liber die Zeitung meiner Gemahlin Schwangerheit wird empfanden haben. Und weilen ich mich entsinne, dass Ihr das vorigemal geschrieben, man habe sehr empfanden, dass man damals Ihre Majest&t die KQnigin nit zue Gevatterschaft gebeten hat, also wollt Ihr jezo sottomano penetriren, ob sie es diesmal wohl gem h&tten und acceptirten, doch senza im- pegno; so wollte ich sodann schon zue rechter Zeit die formal Einladung thun. Die ilberschickte vilancico y xacara habe ich gern gesehn.

Vor diesmal werdet Ihr aus der Eanzlei nix als ein Re- cepisse empfangen, weilen der Schideniz* nit an der Hand gwest und weilen auch nix der Mtihe wert fdrgefallen. Und werdet Ihr seither schon empfangen haben die Communication in suecicis et polonicis. Ibi res in pessima sunt crisi, wann Gott nit Rath schafft.

Allhier sein wir alle Gottlob [gar wohlauf J und befindet sich die Eaiserin gar wohl absonderlich con el campo, allwo wir uns jezo allhier und in acht Tagen zue Ebersdorf diesen Herbst durch aufhalten und unterhalten werden.

Montecuccoli schlagt sein Praesidentenamt wohl an und wird* von Tag zue [Tag] stftrker.

Wegen der Tuson vor Otting und WeiBenwolff wollte ich wohl sie gern bald consolirter sehen und verbleibe etc.

1 Pitting, 30. Juni (auf den kaiserlichen Brief vom 20. Mai). Kurz and inhaltslos.

14. Juli (auf den kaiserlichen Brief vom 3. Juni). Gestern hat Pefiarandas siebenj&hriger Sohn die caatilische ,encomienda mayor de la orden de Calatrava', welche durch den Tod des Herzogs von Lerma vakant geworden iat, erhalten, woruber alle Gutgesinnten entrfistet Bind. Der Herzog von Abrantes ist nach Burgos auf die Festung geschickt worden.

199. Or. wir

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25. Juli (kaiserlicher Brief vom 20. Juni). Neidhardt beteuert, er habe von der Gnadenverleihong an Pefiarandas Sohn nichts gewnfit, bo daB die Konigin von Loyola getauscht worden sein moG. Medina ist ganz trostlos dariiber. Der Konigin Ansehen leidet eehr darunter. Die Nachricht yon der Schwangerschaft der Kaiserin hat groBe Frende verursacht. Der Almirante (?) rtihmt sich, dafl ihm Grana ein kaiserliches Handschreiben verschafft hat. Wenn dergleichen ohne Vorwissen Pottings geschieht, so schm&lert das gar sehr sein Ansehen.

Der Kurier Andres bittet wenigstens um eine Interimsstelle, urn sein Talent zeigen zu konnen. Die sechs Kavaliere, welche den Zu- sammenstofi mit der koniglichen Garde hatten, sind nach verschiedenen Festungen verschickt worden.

1 Schidenitz, vgl. S. 146, Anm. 2.

200.

Ebersdorf, 12. September 1668.

Potting hat gut getan, wegen der in Frankreich aufgehaltenen ,Gcdanterien' an Wicka zu schreiben. tTber Don Juans Weigertmg, nach den Niederlanden zu reisen. Pottings Gesprdch mit Neid- hardt. Die Errichtung eines Gcurderegiments wurde nichts nutzen; die Konigin soil lieber den Add gewinnen. Potting soil sich et- was von Neidhardt zuruckziehen, denn der Kaiser will um seinet- wiUen nicht noch mehr Ha/3 auf sich laden, ffber die Ermordung Camarasas, einige ungerechte Anspruche Frankreichs (m Bdgien), die Absendung des Condestable nach den Niederlanden. Verweis auf die Kanzleiweisung fur die polnischen und schwedischen Dinge some fur das Verlangen Frankreichs, auf dem Reichstage Sitz und Stimme zu erhalten. Potting soil dagegen a/rbeiten. Vber Castellars Abberufung (seine Lug en in Venedig), Granas Be- nehmen, Peflaranda, wdchen der Kaiser aber doch noch nicht formett recusieren will, Malladas Hinrichtung, Monroy und die

Toisons.

(Bericht vom 9. August erhalten.1 Lob des FleiCes.) Und habt Ihr gar wohl gethan, dass Ihr auf Befehl der

Kftnigin dem Wika geschrieben habt wegen der in [der] aduana

aufgehaltenen Galanterien.

Was Don Juan* anlangt, so habe mir wohl allzeit einge-

bildt, dass er nit leicht in {Niederland} gehen werde. Dass er

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aber con cosi mala maniera es solle declarirt haben, [habe] ich mir wohl nit tr&umen lassen, and ist P&tting* auf dem rechten Weg, dass was mehr mnss dahinter sein. Es hat auch P&tting* gar wohl mit Neidhardt* day on gredt. Allein vermeine ich, werde nit libel sein zue des P&tting* Nachricht, dass der Vorschlag einesa corpo di guardia sich nit wohl wiirde practiciren lassen, dann Hispani wtirden gleich gelosiam fassen. Und was wttrden 200 so auch 500 Mann helfen, wann sich allda ein alboroto beg&be. Vielmehr meine ich, solle die Konigin* auf alle Weis schauen ein gueten Theil der nobleza an sich zue ziehen, da- mi t in alien Fallen sieb aufs wenigst in etwas moge gesichert sein. Wann nun die Konigin* ein Theil der nobleza und cor- tesie mit ihr° hat, so kann man wohl zue einer grftBern De- monstracion wider den Don Juan* verfahren. Alias esset res plena periculis.

Und weilen in Despacho aus der Kanzlei* einige Cautelen sein Euch* und Neidhardt* betreffend, so erindere ich Euch, dass es muss cum grano salis verstanden werden und also dis- simulando, dass Neidhardt* es nit merke, dann ihn zue ver- lassen, ist nit rathsam aus vielen Ursachen,d dass aber ich* wegen Neidhardt* in noch gr&Beres odium kommen sollte, kann man mit Vernunft ja nit zuemuethen.

Nach dies allem muss sich also P&tting* reguliren, wird also hoffentlich des Kaisers* Dienst wohl bef&rdert und alles wohl abgewendt werden.

Der caso del Marques de Camerasa, Virey de Sardena,3 kann wohl malarum consequentiarum sein, doch ist es herge- flossen, so viel mir bewusst, por fines particulares.

Des K&nigs in Frankreich* praetensiones sein wohl mal a proposito, und muess man wohl sehn, wie man selbigen in tempore6 vorkommen m&ge. Des Condestable4 [Abschickung] in Niederland absque mora optimum, dann quivis melior ibi hoc tempore, und Castel Rodrigo* allein sorge ich auch, er werde allda auch nit gar groBe Mirakel thun. Wollte wohl wissen, ob Ptttting* wohl mit ihm gestanden ist.

De rebus polonicis et suecicis wird Euch bei dieser Or- dinari Communication geschehen, auch de eo, quod rex Galliae* praetendat sessionem et votum in imperio. Und weil dies ein

200. Or. » ein bsich unticher dfolgt nee rathsam "Intemor

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Sach ist, so unserem Hans* unaussprechlich schaden kann, also wird dem Potting* befohlen, was er deswegen mit der Ktfnigin* und {ministris} negociiren solle, damit es in tempore anch von der Ktfnigin* ans per legatos burgundicos verhindert werde.

Was den Castellar* anlangt, frent mich, dass seine avo- catio in so gneten terminis stehe, dass aber Pefiaranda* ein- grathen kein an sein Stelle zue schicken und {Arragon}6 nur por {un enviado}, ist wohl ungreimt.

Declarir mich also, quod subito avocetur Castellar* et alius substituatur, quisquis tandem sit, dummodo non dependens a Penaranda*. antequam sedes vacans hie concedatur, maneat {Castellar}, so aber dem Pdtting* soli geschrieben wird. Und dass man sehe, was vor spropositia Castellar* anhebe, so muss ich per ridiculo sehreiben, dass als ich, dem Exempel von Papst, Spanien, Frankreich nachzuefolgen, resolvirt, der Republik von Venedig ein Hilf von 3000 [Mann] zuezueschicken, so hat der Don Gaspar de Tebes6 allda dem senato ein Schrift eingehan- digt und darin vermeldt, Castellar* schreibe ihm, ich hatte es allein auf seinb unaufhSrliche Remonstration gethan, hatte auch selbst ihme meine resolutio am ersten selbsten angedeut, da° doch Castellar* nee verbulum mit mir* von dieser Materi g'riihrt hat, noch ich ihm das gringst davon gemeldt habe.d O, que mentira! Ob nun Tebes diese Lug inventirt hat oder ob es Castellar* also geschrieben hat, stehet dahin, allein sieht man hieraus, dass er ja nimmer allhier bestehn kann.

Was des Grana locura [anlangt], kann ich mich nit gnug verwundern, dass er dem Isnenghi7e diese Sachen schreibt, daf er mir doch g'sagt hat, Isnenghi* sei des Potting* ganzer Con- fident. [Was]* den Penaranda anlangt, habe ich der Konigin* abermal geschrieben, aber dass ich ihn solenniter recusiren solle, ist noch nit de tempore. Die notitia von Ursach der dem Mal- ladas gegebenen Garrote ist maxima, hat also Pitting* ein Guetes gethan, mir* solches zue brichten.

Wegen der Monroy und Tusons sollet Ihr [Eure] instan- tias repetiren. Sonsten sein wir alle wohlauf und haben ziem- lich guete Lust allhier. Verbleibe etc.

200. Or. * sproposit b sein zweimal e doch d hatt Iusnedi fda8 slsnendi?

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1 Pfttting, 8. August (kaiserliche Briefe vom 17. Juni, 4. und 16. Juli).

Dem Kurier des Castellar sind in Frankreich beim Zollamte fast alJe Papiere eroffnet und zurilckbehalten word en. Die Konigin hat des- halb an den Konig und auf ihren Befehl Patting an Wicka geschrieben. Don Juan hat jetzt endlich rundweg erkl&rt, er gehe nicht nach Belgien. Es wird notwendig werden, eine entscheidende Resolution zu fassen. In Sardinien ist der Vizekdnig auf offener StraBe ermordet worden. Patting hat darfiber mit Neidhardt gesprochen. Dieser ist aber ganz unentschlossen. Auch sind alle so in Opposition gegen ihn, daB er sich sehr vorzusehen hat. Es ist bekannt, daB Don Juan vor seiner Erkl&rung Pefiaranda und den Kardinal von Aragon befragt hat, ohne daft diese der Konigin davon Mitteilung gemacht hfttten. Einige sagen, Don Juan halte sich insgeheim in Madrid auf.

Frankreich stellt hdchst ungerechte Prfttensionen bei einigen Pl&tzen auf. Der Condestabel soil nach Belgien gehen. In der polnischen An- gelegenheit ist man hier Moskau gtinstig gestimmt. Die Mitteilungen ttber die schwedische Liga sind sehr zurecht gekommen. Neidhardt hat zu Castellars Abberufung schon den Anfang durch eine ,ansehentliche Particularconsulta' gemacht. Pefiaranda sagte, man solle jenen abbe- rufen, aber keinen anderen schicken, da sich der Kaiser schon von Spa- nien getrennt habe. Der Kardinal von Aragon riet, an Castellars Stelle nur einen ,embiado' zu senden. Als Nachfolger ware wohl am besten Mon- dejar. Der Nuntius vertraut Potting an, er habe den Auftrag, gegen die Sendung Castellars nach Rom Verwahrung einzulegen. Grana schreibt an einen hiesigen Geistlichen, der mit Gremonville korrespondiert, Put- tings Berichte seien l&cherlich. Pefiaranda ist unverbesserlich, die K6- nigin wagt nichts gegen ihn, es bleibt also nur ttbrig, dafl der Kaiser seine Zuziehung zu , alien dessen hiesigen Angel egenhei ten in consilio status et junta bei der Konigin recusiren lassen sollte'.

tJber die Hinrichtung des Malladas ist nichts Ordentliches zu er- fahren, doch sagt man allgemein, daC er ,einige infame und von der Kdnigin und Neidhardt tocante al sagrado de la persona real und zwar gegen Neidhardt selbst musse gethan haben und das ein soUiches ob re- spect um et reverentiam reginae also verschwiegen hfttte bleiben sollen'.

Wegen der Merced fur das Frftulein Monroy hat er die KBnigin ge- beten. Diese meint, die Minister werden vielleicht Schwierigkeiten machen mit einer solchen Neuerung. Doch versprach sie, ihr daejenige, was sie jetzt genieBe, zu belassen.

Mit den Vliesen wird es schlecht gehen. Wegen der grofien Oper, die der Kaiser hat auffuhren lassen, sagt Pefiaranda, sie habe 300.000 (Gulden) gekostet und doch habe der Kaiser zur Unterstutcung Spaniens

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keine Mittel gehabt. Medina beteuert, der Kaiser solle an der Echtheit des von ihm mitgeteilten Schreibens von Gremonville nicht zweifeln.

Die Majest&ten sind wohlauf und unterhalten sich init Besuchen in Nonnenklostern. Die Erziehung des Konigs wird sehr vernachl&ssigt, ob- wohl er das siebente Jahr demnfichst erreicht haben wird.

2 Kanzleireskript vom 12. September. Potting soil die Spanier fragen, welche kaiserliche Minister sie eigentlich im Verdachte eines Ein vers tandnisses mit Frankreich h&tten. In die neuen Pr&tensionen Frankreichs und die Angelegenheit Don Juans soil er sich nicht ein- mischen, sondern nur beobachten und berichten. Potting soil seine Ver- traulichkeit mit Neidhardt nicht zu demonstrate zeigen, damit der gegen diesen bestehende Hafl nicht auch auf ihn und den Kaiser falle. Nament- lich soil er solche Beratungen, wie die iiber die Bestellung einer Leib- wache von 200 Mann und ihre Einquartierung am Burghof, recht geheim halten etc.

3 Manuel de los Cobos Luna Sarmiento y Mendoza, IV. Marques Cama- rasa, Vizekdnig von Sardinien (seit Anfang 1665, vgl. Potting, 31. Jftnner 1665, Rel.), wurde in Cagliari, am 21. Juli 1668, als er aus der Kirche nach Hause fuhr, durch mehrere Schusse aus einem Fenster an der Seite seiner Frau getotet. Diese verliefl die Stadt mit ihren Kindern in der n&chsten Nacht. Das Attentat war die Rache fur die Camarasa zuge- schriebene Ermordung des Marques Laconi (21. Juni 1668). Als Vizekdnig wurde hierauf Don Francisco Tuttavilla, Herzog von San Ger- man, nach Sardinien geschickt, der nach langer Untersuchung am 18. Juni 1669 ein Dekret verSffentlichte, in welchem er feststellte, daJ3 der Mord an Laconi von dessen eigener Gattin angestiftet worden war und die der VerschwSrung gegen den Vizekdnig tlberwiesenen fur vogelfrei erklfirte. Der Haupturheber derselben war Jay me Arcal de Castelvi, Marques de Cea. Relat. des diff. arriv. I. 57/8, II. 258—280.

4 Don Inigo de Velasco, VII. Herzog von Frias, Connetable von Kastilien, Gouverneur der spanischen Niederlande 1668 1670, gest. 1696. Fur seine damalige Haltung vgl. Basnage, Annales des prov. un. II. 65, 109; Pribram, Lisola 454 ff., woselbst auch (Anm. 2) eine Cha- rakteristlk Velascos.

5 Don Pascual de Aragon. Mitglied der Junta. Vgl. iiber ihn S. 171, Anm. 5. Sein Votum berichtet Petting S. 410, Anm. 1.

6 Gaspar de Tebes, vgl. S. 150, Anm. 7.

7 Isnenghi war, wie es scheint, ein Jesuitenpater in Madrid, der in den politischen Kreisen Zutritt hatte. In Pdtrings Diarium wird er 6fter erwfthnt.

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201.

Ebersdorf, 26. September 1668.

Steigende Mifigunst der Spanier gegenuber dem Kaiser, besonders Pefla/randas. Das von Neidhardt angegebene Mittel ist gut, aber gefahrlich. Sogar Medina soil zu Pefiaranda umschwenken. Man wird von jetzt an Potting die geheimen Sachen im P. S. schreiben, damit er das ubrige Neidhardt zeigen Jcann. tJber Grana, Monroy, Castettar, das Wetter und die Steile fur Urban von der

Bourg.

(Brief vom 22. August erhalten, ebenso den von 4. August durch die ,via secrete'.)1

Dass uns alles von Tag zue Tag schlimmer werde, ist libel, sed remedium est difficile. Credo etiam, quod Pefiaranda* plane insaniat, cum tan turn in me meosque debacchetur; at quid faciendum? Das was Potting* vermeldt, dass Neidhardt* ihm an die Hand geben, ist hauptguet, ist heilig; aber durch dies wird nit allein Pefiaranda* sondern alle seine dependentes (so Eurem Vermelden [nach] fast alle ministri y nobeleza sein) irritirt, also braucht es wohl ein guete und haupts&chlich Con- sideration, und ist mir wohl ein artlich Zeitung, dass auch Medina* sich an ihm animirt; desto mehr mttssen wir caute vorsehen. Was Euch de non communicandis instructionibus ver- meldt, ist nit eben auf den Neidhardt* vermeint, wie dann auf allweis zue verhiiten, dass Ihr* und Neidhardt* nit in neues des- parere und recelos kommen sollen. Weilen aber Neidhardt* ja numehr totus Hispanus ist, so wird der Kaiser* schon also es machen, dass was Neidhardt* nit wissen solle dem Potting* per P. S. particulariter befohlen werde, ut odium evitetur, nach welchem nun sich Patting* zue richten haben wird. Dass {Grana} den Rojas* dem Pefiaranda* recommendirt hat, ist auch artlich, indem so wohl {Grana} als Rojas* gar spottlich von Pefiaranda* reden thun, aber mundus vult decipi. Dass die Herrn ministri ein solchen Rumor liber der Monroy Merced angehebt, ist wohl der Mlihe nit wert, indem weder ich noch der Br&utigam es verlangt haben, allein hat die Kaiserin selbst und die camarera es also verlangt und gmeint, es kdnne nit anderst sein. Hoffe also, die Ktfnigin werde uns nit stecken lassen.

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Was letzlichen anlangt, dass Castellar* so favorabel von Euch* schreib', vermeine ich, glaube er, man werde pro con- ditione setzen, dass auch Potting* solle avocirt werden, so aber niemals einem in Sinn kommen, noch weniger mir, bis einmal P5tting* es verlangen und Occasion haben wird, die von mir* empfangne Merced effective zue genieflen.

Allhier sein wir alle wohl. Das Wetter kann nit besser sein, und gedenk ich mein Lebtag kein so continuirlichen schS- nen Herbst.

Der von der Borcht hat mich gebeten, weilen sein Sohn noch niemals die ihm vermeinte Gnad vOllig genossen hat, ich wollte Euch befehlen, wie ich auch* hiemit befehle, dass Ihr bei der KSnigin dahin sollicitiren sollet, damit dem neuen Gu- bernator in Niederland, dem Condestable, befohlen werde, ihn dermaleins v5llig in den Gnuss dieser Merced zue bringen. Der alte Vater ist schon ziemlich schwach, mSchte also vor sein Tod sein Sohn stabilirter sehn. Und weilen etc.

1 Potting, 4. August (auf den kaiserlichen Brief vom 17. Juni). Mit der Abberufung Castellars stent es recht gut, nur ist die angeborene Langsamkeit der Spanier zu uberwinden. Don Juan hat endlich erkl&rt, wegen seiner angegriffenen Gesundheit nicht nacb den Niederlanden geben zu konnen; der Condestable von Kaetilien ist an seiner Stelle de- sign iert etc.

22. August (kaiserlicher Brief vom 19. Juli). Dofia Mentia ist schon in Alicante gelandet. Petting hat mit Neidhardt gesprochen, was man gegen Pefiaranda tun konnte und dieser hat einen Vorschlag gemacht, fiir den Potting auf die Relation verweist. Medina scheint gute Lust zu haben, zu Pefiaranda Uberzugehen.

Potting bittet um Aufklfirung, ob der unter dem 18. Juli ihm ge- gebene Befehl, niemandem seine Instruktionen mitzuteilen, auch fiir Neid- hardt gelten soil. In diesem Falle wurde das mtihsam hergestellte Ein- vernehmen wieder in die Brflche gehen. Grana setzt seine schfidlichen Korrespondenzen fort, auch mit Pefiaranda, dem er den P. Rojas em- pfohlen hat. Wegen der Monroy hat Pdtting mit mehreren Ministern ge- sprochen. Pefiaranda ,etrepitirt' nattirlich dagegen. Castellar hat neu- lich giinstig iiber Potting geschrieben und mitgeteilt, man bemflhe sich in Wien auf alle Weise, die Botschafterstelle in Madrid dem Harrach zu verschaffen.

201. Or. *un8%cher

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303.

Ebersdorf, 10. Oktober 1668.

Schlechte Stimmung der Spanier, besonders Peftarandas gegen den Kaiser. Da ist aber nichts bu machen, wenn sich die Konigin nicht selbst entschliefit, wie jetzt bet der Abberufung CasteUars. Manroys Merced, Don Juan, Schombergs Dienstesanerbieten, Bestellung eines Beichtvaters fur den jungen Konig. Schwanger- schaft der Kaiserin, tlbersieddung nach Wien. Saujagd. Ersuchen Ludwig XIV. an den Kaiser, die Patenschaft beim Herzog von Anjou zu ubemehmen. Liige von dem in Wien wegen des Frie- dens gesungenen Tedeum.

(Schreiben vom 5. September erhalten.)1

Und ist freilich wohl zue besorgen, dass der Kftnig in Frankreich* nit lang wird {Fried} haben wollen. Dass man aber also wider den Kaiser* angehe, da' er doch nit das G'ringst than hat, sondern nur ante tempus sine fructu nit im- pegniren will, ist wohl seltsam und nur den malevolis zuezu- schreiben, deren ftrgster wohl Penaranda* ist. Aber ich finde noch nit, wie man wider ihm procediren mtfge, wann es die Ktfnigin* selbst nit thuet, wie sie* Gottlob proprio motub die {Avocation} CasteUars* resolvirt; und wird der Kaiser* sich im gringsten nix0 merken lassen, ob er was darum wisse, bis Castellar* selbst damit herauskommen wird.

Ich vergunn' ihm Mexico, Peru, ja den Himmel selbst, wann er nur von hier wegkommt. De successore autem, hie opus, hie labor. Der Monroy Despacho ist Gottlob ankommen, mit [was] vor ein spQttlichen Abzug aber, schreibe ich selbsten der Ktfnigin.2 Kann auch wohl glauben, dass Don Juan* nit viel Guetes in Schild habe, und dass er seine Anstifter habe. Aber man muss wohl invigiliren und bei Zeiten praeveniren, aber doch cum grano salis, ne ante tempus excitemus era- brones.

Was des {Schomberg}8 oflFerta anlangt, hat selbste auch durch den {Wika} thun lassen. Man hat esd agradescirt, aber senza impeno. Die rationes in contrarium sein: religio, 2°in- superabiles praetensiones pecuniariae, dass er nit weniger sein

202. Or. » das b tmsicher

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will in carico als {Generallieutenant}, deren ich zwei auf ein- mal ja nit haben kann. Dies alles habe ich zue Eurer Nach- richt erindern wollen.

Ihr thuet gar wohl, dass Ihr Euch nit einmischt* in Be- stellung eins Beichtvaters pro rege. Ich vermeine, dominicanus triumphatur ob passionem vel quasi, in qua hucusque fuere.

Allhier sein wir alle wohlauf und tragt mein Gemahlin schon Lebendes, so Gott gesegnen wolle.

Am Samstag werde ich auf Wien, nachdem ich schon fast zwei Monat von derten abwesend* gwest.

Habe auch dieser Tagen ein Saujagen [gehalten] und siebzig gefangen, so den Spaniern etwas seltsam gwest ist.4

Schliefilichen kann ich Euch nit verhalten, wasmaCen der Konig in Frankreich durch ein eigenhandiges Schreiben mich ersucht, ich wollte sein jiingst gebomen Sohn6 aus der Taufen heben, wie er dann auch ingleichen die KSnigin ersucht habe. Habe Euch also befehlen wollen, dass Ihr reginae, patri inqui- sitori et aliis wollet davon parte geben und vernehmen, wie es sie anblicken werden. Ich meinestheiles vermeine die Substitu- tion0 dem Duque de Orleans6 aufzuetragen und zwar durch Absendung eines eignen cavallero embiado. Ihr sollet auch pe- netriren, ob man in simili occasione Praesent gebe, und was?, wie Ihr alles aus Eurem Kanzleischreiben ersehen werdet.7

Habe allein das noch beisetzen wollen, dass ich darumbe allein vermeine, ein embiado y n6 un embaxador zue schicken, damit rex Galliae nit Anlass nehme, ein ander allhero zue senden, allwo wir sodann wieder die Comoedi haben de prae- cedentia.

Ihr werdet auch aus den Despacho sehn, was vor ein Capitallug ist das Tedeum laudamus wegen des Friedens. Wollet d auf alle Weis darob sein, damit ich [in] claris seie, von wem ein solche Lug, so mit 200.000 Personen kann de- monstrirt^werden, hineingeschrieben worden. O tempora, o mores! Hiemit etc.

1 Potting, 5. September (kaiserlicher Brief vom 2. August). Da Frankreich, wie es scheint, neuen Streit sucht, so ist man bier sehr er- bittert, dafl der Kaiser jenes von Grana unterschriebene Garantiever- sprecben nicbt anerkennen will. Pefiaranda erklftrt dies als offene ,Sepa-

2* Or. » einmiscb b aversirdt c Substition d Wol

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ration*. Die Abberufung Castellars ist, obwobl sehr schwer, durchgesetzt word en. Neidbardt and Medina baben daffir, alle anderen Minister da- gegen gearbeitet. Castellar diirfte wohl das Vireynat von Peru erbalten. Neidbardt meint, der Kaiser solle nicbt zeigen, dafi er von der Ab- berufung etwas wisse, daher hat sie Potting aucb in der Relation nicbt erw&hnt. Auch fur die Monroy bat die Konigin gegen die Stimmen aller entschieden, daB sie ihre jetzige Besoldung als Pension behalten solle. Don Juan scbeint hier wieder festen FuB fassen zu wollen. . . . Petting bat eine vertrauliche Mitteilung erbalten, Scbomberg wfinsche in kaiser- licbe Dienste zu treten, wenn es ,decenter' gescheben konne.

2 Liegt nicbt vor.

3 Es bandelt sicb bier um Friedricb von Scbomberg, einen der tflch- tigsten Heerfiibrer des 17. Jabrbunderts. Scb. stammte aus einem rhei- nischen Adelsgeschlechte, diente unter Friedrich Heinricb von Oranien, dann im scbwediscben Heere, seit 1657 im franzosischen Dienste. Er wurde 1661 von Ludwig XIV. nach Portugal gesendet und hat hier wesentlicb zum Siege des Hauses Braganza beigetragen. Er erbielt spfiter den Marschallstab und den Herzogstitel. Er trat 1687 in die Dienste Friedrich Wilhelms von Brandenburg, der ibn sehr hochsch&tzte und zum Ftihrer seiner Armee ernannte. Am Ende seines Lebens k&mpfte er in Irland gegen Jakob II. und fiel in der Scblacht am BoynefluB 11. Juli 1690.

4 Die Jagd fand in Ebersdorf am 5. Oktober statt. Vgl. Hofbibl., Cod. 12580.

5 Gemeint ist der am 6. August geborene Herzog von Anjou, der in der Kindbeit starb.

6 Philipp von Orleans, geb. 1640, gest. 1701, Gemahl der ,Li- selotte*.

7 Kanzleischreiben vom 9. Oktober. Potting soil sich bemilhen, den spanischen Ministern ihre ,ungleiche Concept' zu benebmen und sie versichern, daB der Kaiser wie frtiher auch jetzt und immer auf den Nutzen des Gesamthauses achthat. Man muB nur die Einbeit der beiden Linien wahren. . . . Von der Nacbricht, daB in Wien wegen des Friedens offent- liche Freudenbezeigungen stattgefunden haben, wie ein Tedeum und Kanonenschfisse, ist nicbts wabr. Der spanische Botschafter hat die ,lu- minaria ausgesteckt', auf Befehl seines Hofes, wie er sagt. Potting soil dies gespr&chsweise vorbringen und zu erfahren trachten, wer das Ge- rticht erfunden und wer es nacb Spanien geschrieben bat. In die Ange- legenbeiten wegen Don Juans soil er sich nicht einmiscben, auBer wo des Kaisers Vorteil ganz augenscheinlich in Frage kommt etc.

Vom 10. Oktober ist die Mitteilung ttber die Bitte Ludwig XIV. an den Kaiser, die Patenscbaft beim Herzoge von Anjou zu Uber- nebmen etc.

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417 203.

Wien, 23. Oktober 1668.

Schlechte Stimmung in Spanien. Vittars Verhandlungen, polnische Wahlfrage. Der Kaiser mufl auch fur den Neuburger eintreten und tvird Schaffgotsch senden. Uber Ottingens Vlies, welches durch Gasteilars Relation fraglich geworden ist. Castel Rodrigos bevor- stehende Ankunft in Spanien; Frage, ob er eum Ayo beim jungen Konige tauge. t)ber das wanne Wetter und die Saujagd

von heute.

(Bericht vom 19. September erhalten.)1

Und ist mir wohl leid, dass der Kaiser* also ungltickselig ist (obwohlen Gott weiB, wie unrecht ihm beschieht), dass man gar schier nix mehr von ihm httren will. Und mtissen es halt Gott befehlen.

Der Villars* wird hoffentlich ad votum negociiren kttnnen, weilen ihm ein so tauglicher und angenehmer Minister als der Penaranda * benannt worden. Ich habe es nit nnterlassen ktfn- nen, der Kflnigin fein klar zue repraesentiren, aber mein Gott, die liebe Fran will wohl gern, aber kann nit alles thun, was sie gern wollte. Anf Enre Relacion ans der Kanzlei hat man vor diesmal nit viel antworten k5nnen, weilen ich heut in Feld gwest bin, siehe zwar auch keine Materi darin begriffen, deren Nitbeantwortung ein periculum in mora auf sich haben mochte.

Dass man auch des Kaisers* Intention in {re polonica}* nit wohl aufgenommen,8 ist kein Wunder, erstlich ex universali, dass alles was der Kaiser* thuet, unrecht seie, zweitens dass man den {Herzog von Neuburg} allzeit vor guet mit Frank- reich* gehalten; allein sein solche rationes, so mich* zue dieser Resolution bewogen, die nit wohl zue glauben; und zwar prin- cipaliter, dass dessen Spiel schon ziemlich assecurirt ist gwest, und dass, wann man nit auch dazue concurrirte, man gar Teu- fels Dank und an ihm ein ttblen Nachbar haben wlirde. Habe schon resolvirt, dass der Graf Schaffgotsch4 solle ad ilium ac- tum electionis nempe polonicae als mein formalis legatus dem stylo gemttB erscheinen.

203. Or, polonica auch Pontes. II. AM. Bd. LYI. 27

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Was die Tusonen anlangt, habe ich den gueten Stand sehr gem verstanden, aber kann ja nit verkochen, dass Castellar* so gar unsinnig sein mag, dem lieben Otting durch ein so un- greimte Relacion zne schaden, indem ja hoffentlich in diesem biennio seiner embaxada wird genngsam bekannt worden sein, dass der Otting sein Lebtag niemand visitirt noch viel weniger aber sich visitirn lasset,5 wie Euch noch wohl wird erinderlich sein, dass sein heteroclytum ingenium es niemals anderst znegelassen hat. So habe ich anch hiemit gn&digst erindern wollen, dass nachdem der Castel Rodrigo jezo wird in Spanien* kommen, ich vor sehr ntitzlich halten thue, dass Ihr ein Confidenz mit ihm zeigt nnd in etwas mit ihm estrechirt; so wttrden wir wenigst ein devoten Minister allda haben and durch ihn auch noch wohl mehr bekommen, wie ich dann nit zweifle, dass [er] ein ziemliche figuram in selben ministerio machen werde. Zn besserer Eingang dieser Union schicke Euch ein Schreiben an [ihn], so zwar nix anderst in sich halt, als die Beantwortung eines sein Schreiben, in welchem er mir seine Abreis notificirt, anch ein Gltlckwtinschung zur Reis, por entrada aber werdet Ihr Euch doch dessen gebranchen ktfnnen.

Ich vernimme zwar, er werde gar stark sich bemtihen, Ayo zue werden des Ktfnigs, ich muss aber bekennen, dass mir diese quaestio, an ille homo ad hoc munus applicari possit, zue hoch ist, und dass ich vermein, sehr rigidis theologis zue re- mittirn seie, ut forment ante omnia fusum [indicium] de vita et moribus, dann es einmal ein grofie Gwissenssach ist, ein solches junges Herrlein ein solchen zue vertrauen, der villeichtb ihm in solchen Sachen eher was Schlimmes als was Guetes lehren mochte; aber von diesen wollen wir nit reden, und ist dies nur quasi per modum parenthesis, doch wohl darauf acht- zuhaben.

Allhier sein wir alle wohlauf, das Wetter ist alleweil schttn und noch nix kalt, so allhier ein ziemliche Rarit&t ist. Heut habe ein Jagen gehalten und gegen 100 S&u gefangen,6 und ist der Nuntius Pignatelli auch dabei gwest, hat ihm zwar gar wohl gefallen, doch existimabat, esse rem plenam periculis. Hiemit verbleibe etc.

203. Or. Spanien wird b villaht

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1 Petting, 19. September (kaiserlicher Brief vom 15. Aug.). Hier ist alles tiberzeugt, daO es der Kaiser mit Spanien nicht ehrlich meint. Neidhardt ist sehr bestflrzt, da er sieht, da£ hier alles ,aperte ad divisio- nem domus augustissimae' abzielt, da alles sicb an PeBaranda httngt.

Dieser ist dem franzdsischen embiado Marquis Villars zn den Ver- handlungen benannt worden, ,das heLCt wohl freventlicb irren wollen'. tJber den Austaoscb Belgiens verlautet nocb nicbts. Die Subsidien for Scbweden sind von der Kttnigin verweigert worden. Villars wird sehr geehrt und es wird zn seiner Andienz den Granden ,angesagt', was bei den kaiserlichen embiados nicbt gescheben ist. Die Konigin ist nicbt zur Ernennung eines Nachfolgers fur Castellar zu bringen. Pefiaranda und Don Blasco (de Loyola) tnn, was sie wollen. Die Merced fflr die Monroy ist schon despachiert, die Toisons fflr Dietrichstein nnd Montecuccoli folgen bald. Fur Ottingen hat es Potting schon ,ziemlich incaminirt', aber Castellar hat das durch ,seinen widrigen Bericht' wieder verdorben. Heute Vormittag hat der portugiesische Gesandte seinen Einzug gehalten ; ,diese Function ist hiesiger Nation schwer zu verdauen gewesen'.

2 Peter Marquis von Villars; fur seine Mission in Spanien vgl. Mi- gnet 1. c. II, Recueil des instructions (Espagne) XI. 215ff. Er wurde Gouverneur von Besancon 1668; im selben Jahre aufierordentlicher Gesandter in Spanien bis 1669, dann nochmals dortl671 1679 und in D&nemark 1683—1685, Staatsrat seit 1683; er starb 1698. Vgl. Villars Mem. Preface.

3 Davon findet sicb in Puttings eigenh&ndigein Schreiben nur der Satz: (Der Kaiser werde aus der Relation ersehen, welcher Meinung Neid- hardt sei fiber . . .) ,wie auch circa Polonica, metuens, es werde alles hier flbel ausgedeutet werden'.

4 Christoph Leopold Graf SchaflFgotsch ; vgl. Puf., De reb. gest. Fr. W. X. 52ff. ; Droysen, G. d. p. P. III/3, 257ff.

5 Castellar hat sicb also beklagt, daXJ Ottingen ihm keinen Beauch gemacht habe.

6 In dem Jagdverzeichnisse, Cod. 12580 der Hofbibl., findet sich eine Jagd im Speisinger Forste auf den 24. Oktober angesetzt, bei welcher 94 Sttue gefangen wurden.

204.

Wien, 7. November 1668.

Gevatterschaft der Konigin, Lugen Castellars uber die JcaiserUche Truppenreduktion. Der Kaiser widerlegt sie. Castellar mufi bald weg, dock nicht ohne Nachfolger. Die kaiserlichen Bilder und das

27»

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grofie Pahet, welches Potting nicht erhcdten hat, sotten noch Castel- lars Behauptung bald ankommen. Hochseit der Marianne Montesin.

Ich habe Euer Schreiben von 4. October1 zurecht erhalten. Was nun die Gevatterschaft von der Ktfnigin* anlangt, bin ich Eurer Relacion mit nebstem gew&rtig, und [ist] mir leid, dass Ihr an Zahntwehe leidt; ist ein abgschmacktesa and nngelegnes achaqne.

Ubrigens gibt Eure Relacion gnugsam zue erkennen, in quo perverso statu die Sachen allda sein, und aestimirt der Kaiser* gar sehr, dass Neidhardt* alles so confidenter dem Potting* anvertrauen thue, und kann ich mich genugsam nit verwundern, dass der Castellar* so audacter luegen derfe, und kann ich ihm die Lug gar nit vergessen, so er wegen der ri- forma hineinthuet. Muss Euch also erindern, dass erlogen ist, dass Castellar* sagt, man habe die riforma ohne consulta vor- genommen, indem more consueto, wie Euch noch wohl bekannt sein wird, die Sach' debattirt [worden] in einer Conferenz von Kriegsrath, Hofkammer, bOhmischen und flsterreichischen Kanz- leien. Dass in Geheimen Rath nit referirt worden, ist zwar wahr, allein geschieht es Cfters, absonderlich wann viel perso- nalia beilaufen, als wie in einer riforma. Ich habe aber nit genug gehabt, sondern hab's alles wieder deliberirn lassen sub praesidio des Obersthofmeisters; allein die Lftnder haben diesen Last nimmer tragen kttnnen. Et minim, Hispania improbat, dass caesar abdankt, und hat in Napoli und Mailand fast alle jtlngst erst geworbne deutsche Miliz abgedankt; Hispania im- probat, dass caesar Venetis Hilf schickt und schickt selbst Ga- leeren und Volk. Was sein dies vor Chosen, und also wird es je lftnger je schwerer zue hausen.

Dass hernach Castellar* sagt, mit 12.000 fl. haV er verhin- dert, dass [man] nit noch ein groBer riforma gemacht hat, ist auch erlogen, dann ich habe also nur behalten, was meine er- saugte Lftnder mit guetem Mueth tibertragen.

Weilen ich aber nit zweifle, er werde in specie nennen, quos ministros er corrumpirt hat, so wlirde Neidhardt* dem Kaiser* wohl ein Dienst thun, wann er berichtete,b qui illi fuerint. Ex his p&tet, wie hochvonndthen ist, ut Castellar*

204. Or. * abgeschmahes b brichte

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qnanto citius abeat, doch cum successore, and will ich hoffen, aufa triplicatas iussionesb reginae werden die consejos ja ein- mal gehorchet haben.

Was anlangt, dass Ihr mein Schreiben von 16. Julii emp- fangen, aber ohn denen Conterfaicten und ohne dem grolien Paket; da habe ich dies alles dem Castellar gesagt, so es ttber- nommen hat. Dieser vermeldt, er habe es seinem Correspon- denten von Mailand zuegesendt, und werde gwiss bald allda anlangen. Videbimus effectum, vel si et in hoc forsan mendax erit. Allhier sein wir Gottlob gar wohlauf. Hent ist in der Stadt ein Hochzeit des spanischen Don Pedro c Montresin de Montedoros Tochter Mariandel mit dem von Dallenberg.d * Hie- mit verbleibe etc.

1 Potting, 3. Oktober (kaiserlicher Brief vom 29. August). Er hat Zahnschmerzeu und ist dadurch fur einige Tage lahmgelegt, konnte daher die Anfrage wegen der Gevatterschaft bei der Konigin noch nicht tun. Hier geht alles schlecht. Die Mitteilungen, die ihm Neidhardt macht, konnen ,nit authentischer sein4. Castellar ist ein hochst ,sch&dliche8 in- strumentum'. Er str&ubt sich gegen seine Abberufung. Vorgestern emp- fing Patting den kaiserlichen Brief vom 16. Juli, der samt den ver- sprochenen Portr&ts durch die Donna Mencia h&tte kommen sollen. Diese ist aber schon einen Monat hier und hat nichts gebracht. Die Konigin ist daher in grofier Sorge um die Portr&ts.

2 Gallenberg oder Dalberg?, da der Name Dallenberg nicht vor- zukommen scheint. Im spanischen Adel besteht eine Familie Montesin.

305.

Wien, 2i. November 1668.

Versicherung der kaiserlichen Gnade und Zufriedenheit. tfber Peflarandas Krankheit, seinen etwaigen Nachfolger; Medina ist aber bei der Konigin in schlechtem Ansehen. Da die Konigin sich zwr tSbernahme der Patenschaft bereit erklart hat, wird der Kaiser in einigen Tagen einen Kurier senden. tfber die Audienz Pinittas. Tod Trauns. Monroys Heirat.

204. Or. » auh b jussione c Pero d Dallnderg

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Euer Schreiben von 17. passato1 habe ich zuerecht emp- fangen und ist mir leid, dass [die] dispachos aus der Kanzlei Ench also betriibt haben. Mein Intention ist nit diese gwest, allein hat die Feder des Concipienten ein wenig excedirt.

Ich [bin] mit Eurem Negotiiren allda wohl zuefrieden, man hat anch nit wollen verbieten mit dem Neidhardt* ein Confidenz zue haben, ich danke vielmehr Gott, dass es in die- sem Stand ist, allein hat man vermeint, Each zue advertiren, dass die publicity solle geflohen werden, die nit nutzen, wohl aber mir, Ench nnd dem Neidhardt* selbst schaden konnt.

Habe dies wenige allhier touchiren wollen. Ihr kttnnt aber getrost sein, dass ich mit Eurem Verhalten allda wohl zue- frieden, und werde es gegen Ench mit kaiserlicher [Gnade] auch erkennen.

Was den Penaranda* anlangt, wann es seiner Seel Heil w&r, so vergunnte ihn wohl dem Himmel, dann er hat ja schon lang gnug die Welt godirt, auch viel darin imbroglirt. Wann er gestorben war, so wird mtissen Pitting* wohl schauen, ut bonus eligatur successor, aber muss doch caute [umgehen], dann Medina* bei der Ktfnigin* gar in schwarzen Register ist, und sie* dem Kaiser* geschrieben hat, der KSnig* selig habe ihr vertraut, was Medina* vor ein Vogel seie, also kflnne sie ihm nit trauen. Questo vi serva per aviso.

Wann Ihr aber [Euch] vorher und ehe Ihr Euch empenirt, mit Neidhardt* und vielleicht auch Kflnigin* selbst unterreden werdet, so mochte was Bessres erfolgen. Und weilen Ptftting* erindert, dass die Konigin die Gevatterschaft gar gern ttber- nehmen wird, also werde ich inner 5 oder 6 Tagen ein eignen Courier zue Euch senden, so hoffentlich vor diesen allda an- langen wird, dass Ihr sollet die Einladung thun.

Und ist eben dies die Ursach, warum Ihr heut del des- pacho ein bloC recepisse haben werdt, indem mit dem Courier das mehrere folgen wird. Ich verlange aber, dass Ihr alles also einrichtet,* dass der Courier tiber 8 oder lftngst 12 Tag allda nit aufgehalten werde, damit er in tempore allhier wieder ein- laufen mOge, dahero ich auch ihm kein negotium mitgeben werde, als nur was man Euch pro vestra directione schreiben wird.

205. Or. » einricht

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Die Audienz des Capitans ist rar and kann wohl nix an- derst als was Grofies bedenten. Die KOnigin* hat auch dem Kaiser* etwas davon geschrieben. Weilen aber eben damals alles in crisi gwest and die nebste Ordinari erst ons das rechte Licht geben wird, so spare ich mein indicium and Meinang bis dahin.2

Allhier sein wir alle Gottlob wohlauf, and ist aas Italien Zeitang eingeloffen, dass zae Bologna nach vollbrachter seiner Kirchfahrt* zae Loreto der gweste Landmarschall,b aber jeziger Stadtobriste and Hofkriegsrathsvicepraesident Graf von Trann8 gestorben seie. Habe also abermal embrollos mit den Dienst- ersetzungen.

Am Sonntag wird die Hochzeit der Monroy mit dem von Saoraa ihren Fortgang haben, and hat gestert dieser das Regal geben, so also stattlich gwest, dass es wohl ein wenig die MaC Uberschritten hat, and ktlnnte es passiren, wann ich es meiner Gemahlin gabe. Hiemit etc.

1 Potting, 17. Oktober (kaiserlicher Brief vom 12. September). Beklagt sich fiber das kaiserliche Kanzleischreiben und da£ er seit einiger Zeit nichts recht macben kann. Seine Konfidenz mit Neidhardt hat ibm unendliche M&he gekostet and wird dem Kaiser gewifi nfitzen, aucb ist sie nicbt von der Art, dafi sie Hatt gegen ibn wecken konnte, denn sie seben sich oft 8 10 Tage nicht. Er glaubt, dafi es dem Kaiser nicbt niitzlich sein wird, wenn er sich in gar nichts einmischen darf und alles geben lassen muC, wie es geht. Die Konigin wird gem die Gevatter- schaft iibernehmen. Villars hat sie vorgestern um das Gleiche gebeten. PeSaranda ist scbwer krank. Medina wunscht an seine Stelle in die Junta zn kommen und bittet Pitting um Hilfe dazu, dieser getraut sich ohne des Kaisers ausdrflcklicben Befehl gar nichts zu unternehmen.

Castellar kommt wahrscheinlich nach Paris. Fur das, ,was sich hier mit einem Hauptmann zu Hof zugetragen', verweist er auf die Relation (nicbt vorhanden; vgl. Anm. 2). Frankreichs Forderung yon Sitz und Stimme im Reiche wird er kommunizieren, da es aber nur mundlich geschehen darf, so wird es nicht viel niltzen. Grana wird Potting wohl beim Kaiser verleumdet baben, er getrftstet sich aber der kaiser- lichen Gnade.

Z Am 13. Oktober wollte die Konigin mit dem jungen Konig eben ausfahren, als der Kapitftn Pedro de Pinilla im Palaste eintraf und Audienz verlangte. Zuerst abgewiesen, erhielt er dann durch Vermittlung

205* Or, * urmcher b Laifdmarsch

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des Marques Aitona Zutritt, und zwar in einem besonderen Zimmer, wo er eine halbe Stunde mit der Konigin allein blieb. Hierauf fuhr die K6- nigin aus und lieB ihn allein mit dem Sekret&r Blasco de Loyola, der ihn diese Nacht in der Vorkammer schlafen liefl. Am andern Tage wurde Bernardo Patiflo, der Bruder von Don Juans Sekret&r, mit zwei Dienern verhaftet. lbre Auasagen wurden mit grofler Sorgfalt aufgezeicbnet and sollen bewiesen haben, da 13 ein Attentat gegen Neidhardt geplant wurde. Am 2 1 . Oktober erbielt der Kapit&n der spanischen Garde Marques Sali- nas (vgl. S. 103, Anm. 2) Befehl, sicb mit 50 reformierten Offizieren (nacb Ortiz y Sanz VI. 499 mit 550 Soldaten; nacb Villars an Ludwig XIV. vom 24. Okt. 1668: 100 reformierte Offiziere; Mignet III. 388, wo jedocb , Salines' statt , Salines1 stebt) nacb dem Sitze Don Juans, der Mal- teser-Priorei Consuegra zu begeben, um ibn gefangen zu nebmen. Aber als er dort ankam, war Don Juan verscbwunden unter Hinterlaasung eines Scbreibens, fiber welcbes unten S. 429, Anm. 2, zu vergleicben ist. Relat. des diff. arr. I. 61 65. Vgl. aucb Pitting, Diarium II. fol. 15 (13. Okt).

3 Traun Ernst, geb. 1608, gest. 18. November 1668; vgl. S. 404, Anm. 8.

Wien, 2g. November 1668.

(Durch Kurier.) Wegen der Patenschaft. Potting soil den Ku- rier bald zuriieksenden und braucht sich nicht von der Vertrau- lichkeit mit Neidhardt zuruckzuziehen. Man erwartet einen Kurier uber die Angelegenheit Don Juans. Potting soil raten, was zu tun ist. VieUeicht sind da auch manche schuldig, die man fur Anhdnger des Kaisers halt. Monroys Hochzeit.

(Kurier Tyrol. Potting soil beobachten wegen der Ge- vatterschaft der Ktfnigin)

, dass Ihr Anfang gleich nebst dem mtlndlich Vortrag auch selbigen schriftlich [iibergebet], dies damit es in dem con- sejo vorkommen mttge, sodann dass sie aucb sehn, dass man nit unterlasst schriftliche Anbringen zu thuen. Das anderte ist, dass Ihr bei der Ktfnigin expresse dahin dringen* sollt, dass Ihro Majest&t alsbald wollte an dero statt benennen und sub- 8tituiren mein Frau Schwester, die Erzherzogin Eleonora, und

206. Or. » bewegen, wdl die Konstruktion da Satze* gevoechtelt hat.

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dies darumben, damit {Hispani} nit Ursach nehmen, diese Func- tion Castellar* ant eius coningi vel simili snbiecto aufzuetragen, so aber nit allein wider mein Reputation und hiesigen stylum, sondern auch mir nit lieb wttr.

wollet Ihr daran sein, damit der Tyrol ehist wider ex- pedirt und liber 8 oder 10 Tag nit aufgehalten werde,* damit er noch in tempore allhero kommen kttnne, indeme meiner Ge- mahlin Rechnung zue Anfang Februarii zue ende gehet, also ein ziemliches periculum in mora. Habe auch eben darumben mit diesen Courier nix anders mitgeben wollen, damit man sehe, dass er allein mit dieser Einladung abgeschickt sei, und dass man ihn auch nit lang aufhalte.

Man beantwortet zwar auch aus der Kanzlei Eure Schrei- ben, wohin ich mich beziehe,1 allein dieses erinder, dass ich keinweg vermeine noch will, dass Ihr Euch von der Confidenz mit Neidhardt* abziehen sollet, anzi ich verlange es und sehe es gar gern; allein dass ich Euch die klare Wahrheit schreibe, ist Euch damals darumben diese Erinderung beschehen, weilen Ihr mit bei Formirungb [der] Vfllker in der Stadt genannt, man gesorgt, sollte es geschehn und ein tlbler effectus daraus entspringen, man die Schuld alsdann auf Euch w&lzen und das wider mich habende odium vermehren werde. Ubrigens habe ich gar eine guete Verst&ndnus mit Neidhardt*, absonderlich jezo da man die meiste notitias von ihm hat.

So ist auch eben diesen Abend die Ordinari eingeloffen, mit welcher ich Euer Schreiben von 31. October empfangen habe,2 werde bei der Ordinari mit mehrerm darauf antworten, dann jezo habe ich nit genug Zeit und erwarte auch alle Stund des von Euch vertrOsten Couriers, bei welchem wir° mehr lu- mina in dieser wichtigen Revolution haben werden; allein muss ich wohl bekennen, dass die Sachen nit in besten Stand sein durch die Flucht des Don Juan und sein so insolent gethanes Schreiben an die Konigin. Ist klar, dass man es nit also kann ruhen lassen ohne gar grofie Demonstration, allein wird die grofle Kunst in diesem bestehen, dass man es ad effectum bring1, dann man sagt, die Herrn von Nlirnberg lassen kein henken, sie haben ihn dann in Ge&ngnus.

206. Or. » wer b vor Rautpumg? fUr dm Zwammenhang vgl 8. 408; ta handeUe tick urn Errichtung drier OarcU fur die Konigin ° mir

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Ich sorge, wann man es lang anfschiebt, so werde auf libel bflser werden; allein weiC ich [nit], was ich [in dieser] materia oder thnn oder schreiben solle, bis die vertr&stete meh- rere Nachricht einlanft, und wtirde mir lieb sein, wann auch Petting* dem Kaiser* an die Hand gM.be, was dann der Kai- ser* ntitzlich in talibus frangentibus allda than [solle]. Gott gebe, dass die Trtimmer nit auf solche springen, welche man gar vor guete Diener des Kaisers* halt.

Sonsten sein wir alle wohlauf. Der Fr&nle Monroy Hoch- zeit ist gar splendida gwest, nnd hat der von Sanran meo iu- dicio gar zue groBe Generosit&t bewiesen. Faxit [Dens], dass die Kinder* (si habeat) es nit entgelten, etc.

1 Zwei Kanzleischreiben vom 25. November. Das eine lediglich wegen der Patenschaft, das andere eine allgemeine Instruktion. In dieser letzteren werden die von Pitting beanstandeten Stellen des vorigen Kanzleischreibens erlftutert, hieranf fiber Medinas Wunsch, Pefiarandas Stelle, wenn dieser stfirbe, zu erhalten, fiber die Bestechung eines kaiser- lichen Ministers durch Castellar, fiber Patifios Einkerkerung (vgl. S. 424, Anm. 2) gehandelt etc.

2 Patting, 31. Oktober (kaiserlicher Brief vom 26. September). In welche Gefahr Don Juan durch seine ,freventliche resolutiones' die K6- nigin gebracht hat, zeigt die Relation. Sobald eine Mafinahme gegen jenen beschlossen ist, wird Patting einen Kurier sen den. Die Konigin hat sich so aufgeregt, dafi man ihr zweimal zur Ader lassen mufite. Mont- alto hat viel Schuld an dem Unheil. Bei dem Beschlusse, Don Juan ge- fangen zu nehmen, ist von vielen Seiten absichtlich gezSgert und gefehlt wo r den, so dafi er fiberflfissig Zeit hatte, zu entkommen. Er will nicht nur Neidhardt beseitigen, sondern sich der ganzen Regierung be- mftchtigen etc. Im Diarium II. fol. 16 vo. unter dem 23. Oktober heifit es: Don Juan erhielt Nachricht von dem Haftbefehle, floh mit 30 Pferden von Consuegra nach Aragon und schrieb von dort einen un- verschfimten Brief an die Kdnigin, in welchem er Neidhardt ,infam' be- handelte und seine Verbannung aus dem Reiche verlangte.

206. Or. * Faxit ne das die KOnder

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427

207.

Wien, 6. Dezember 1668.

Bestureung uber die Gefahr, in der sich die Autoritdt der Koniginregentin befindet infolge Don Juans Flucht und Brief. Die Konigin soil sich nicht von den Eaten trennen. Neidhcurdts Refutatio ist sehr schwach. Tiber Castdlars Abberufung, die Patenschaft der Konigin, Castel Rodrigos Ankunft; Potting soil vid mit ihm und den anderen Ministern sprechen. tlber die Academia de Valencia, Petiarandas Genesung, Don Juans an- gebUche Anwesenheit in Madrid. Besetzung der durch Trauns Tod erledigten Stetten.

(Ptfttings Kurier mit den Schreiben vom 13. November ist am 3. Dezember angekommen.1 Diese sind erst gestern ganz dechiffriert worden, daher konnte noch nicht dartiber beraten werden.)

Indessen aber habe ich gleichwohl Euch mit wenigem erindern wollen, dass der Kaiser* sehr perplex Uber dies Wesen [ist], indeme die Ktfnigin* in solcher groBen Gefahr der Ver- lierung der Autoritat stehet, indem Don Juan* so atrevido ist, ein so hitzigen Brief zue schreiben,2 indem fast alle {consejos} mehr es mit Don Juan* als der K5nigin* halten, indem man per Praetext den armen Neidhardt* nimmt, der ohnedies das odium universale hat ob peccatum originale non nationalitatis, und ist gar klar, dass man diesem Ubel hatte sollen in tem- pore vorbauen. Dass {captura} Don Juans* nit erfolgt, ist kein [Wunder], weilen et consultores et executores es ihm bei Zeiten werden erindert haben. Was anjezo zu thun, ist quaestio ardua, doch vermeint der Kaiser*, die K&nigin* werde gar weislich thun, wann man sich nit weiter pracipitirt und wann sie so viel mtiglich sich nit separirt {de los consejos}, dann durch dies entschlieft* die Ktfnigin* das odium und hat espaldas seguras; dann ohne dies wird es schwer hergehn, und ist wohl nit ohne, dass des Neidhardt* refutatio nit gar fundata ist und Don Juan* und die seinigen nur dazue lachen werden. ,Es gehflrt mehr zum Tanz als ein Paar Schuh/ sagt unser deutsches Sprichwort. Basta, plura de his proxime.

207. Or. * = mUchtopfl

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Was anlangt* die {avocationem} Castellars*, quo citius eo melius. Was anlangt die notitia wegen der Gevatterschaft, so habe ich selbe gern verstanden. Werde mich darnach richten und Euch schon weiter darliber informiren. Des Castel Rodrigo* Ankunft allda wird wieder neue scenam machen, Deus det me- liorem. Ich vermein doch, Pitting* solle ihn doch wohl culti- viren, dass man ihn in gueten Willen erhalte. Sob wird wohl sehr guet sein, wann in diesen disturbiis Potting* sowohl mit ihm Castel Rodrigo* als auch den andern ministris solle oft persttnlich reden, dann da erfahrt man das meiste, und dies est modus ubique locorum solitus.

Die Academiac de Valencia muss wohl curios [sein], und werdt mir wohl ein Gefallen thun,d wann Ihr mir auch die com- positions davon schicken werdet.3

Penaranda* videtur fieri immortalis; indem in sein 78- Jahren Alter ein solchen Erankheit iiberstanden hat; ego autem revera credo, es seie nur ein Schalknarrheit gwest, dass er nit hat derfen bei diesen consultationibus sein.

So kann ich auch Euch nit verhalten, dass allhier ein Geschrei spargirt worden, Don Juan* seie, nachdeme er dies holdselige Brief! geschrieben, zue Madrid gwest und habe sich mit {Mont- alto}, Medina* und Euch* persOnlich ersehen; und obwohlen dies ein Sach ist, so gar leicht sein kann, indem er Don Juan* diese guete Leut wird tiberfallen haben, und ich nit zweifle, von Euch nebstens die Nachricht davon zue haben, so habe ich es doch Euch auch hiemit erindern wollen.

Und nachdem ich neulich Euch geschrieben habe, dass der von Traun gestorben seie, als habe ich das Land- und Hauszeugmeisteramt auch dem Grafen Montecuccoli verliehn, zum Stadtobristen den General Susa declarirt.4

Nun zweifle ichG auch nit, man werde diese letztere Er- setzung darinnen gar odiosf vorbringen, weilen er Susa ein ge- borner Franzos ist. Ich aber halt den vor kein Franzosen, so mir und mein Haus so viel Jahr treulich gedient, in Feld etliche Ort erobert, in Ungarn ein Schlacht gwonnen, Brtinn so ritterlich defendirt hat, welchem ich auch schon Comorn anvertraut und in geheimen Rath admittirt habe.

207. Or. anlang b Sol c academ d wohl ein Gefallen than, zweimal ich nit f unsicher

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Wollet also auch diesen Rumor guet expliciren helfen, und ist gwiss, dass er* ein meritirter Diener ist. Sonsten sein wir alle Gottlob wohlauf, und ich verbleibe etc.

1 Pfitting, 13. November (durch einen Kurier). Don Juan hat seit seinem Briefe nichts getan, sondern ,vagiert' in Aragonien und Rata- lonien herum. Frankreich wird sich die Sache zunutze machen. Die K8- nigin weifi nicht, wem sie trauen darf und erwartet des Kaisers Rat- schlfige. Neidhardt traut ebenfalls niemandem. Die Rechtfertigungsschrift, die er der Konigin eingereicht hat, ist sehr schwfichlich. Patting tiber- sendet sie ebenso wie die beste von den jetzt erscheinenden Flugschriften gegen Don Juan. Er selbst mischt sich gar nicht ein. Den kaiser- lichen Befehl wegen der Gevatterschaft hat er vollzogen. Die Spanier mifibiliigen, dafl der Kaiser einen eigenen Embiado nach Frankreich schickt. Die Konigin wird das Taufgeschenk nur durch einen Kurier senden und hat ihre Stellvertretung der Tochter des Kdnigs von Frank- reich ubertragen. Potting ubersendet die Despachos wegen der Toisons ffir Dietrichstein und Montecuccoli ; fur die Hbrigen war nichts zu er- reichen. Castel Rodrigo ist angekommen und verspricht alles Schone fflr den Kaiser. Es ist ihm aber nicht zu trauen. Er will Ayo werden. Alle suchen eben nur ihren Privatvorteil, nicht den des Reiches.

Der Vizekonig von Valencia hat eine interessante Akademie ge- halten, von der eine Beschreibung beiliegt. Wegen der Abberufung Ca- stellars hofft er bald zum Ziele zu kommen.

Der Kurier, durch den er diesen Bericht sendet, ist jener Andres, den er schon 5fter empfohlen hat.

% Dieser Brief Don Juans (vgl. S. 424, Anm. 1), datiert Consuegra, 21. Oktober, findet sich in den R&. des diff. arr. I. 66ff. Er versucht sein ganzes Benehmen zu rechtfertigen und behauptet, er sei bis zur Hin- richtung des Malladas (vgl. S. 398) entschlossen gewesen, dem erhaltenen Auftrage gem&O nach Flandern zu gehen. Nach diesem Justizmorde aber habe er beschlossen, das Land von dem ,wilden Thier* Neidhardt zu be- freien. Endlich teilt er mit, dafi er beschlossen habe, sich in Sicherheit zu bringen und nicht ruhen werde, bis Neidhardt entfernt sei. Die Konigin legte hierauf dem Staatsrate die Frage vor (25. Okt.), was weiter gegen Don Juan zu tun sei (Rel. I. 75 78); die hierauf erfolgte Ant- wort (consulta vom 29. Okt., 1. c. 78 107) beurteilt jedoch Don Juan sehr milde und hebt hervor, daU vor allem eine ordentliche Untersuchung gefUhrt werden musse mit Vorladung, Verteidigung etc. Vgl. auch Prio- rato in. 176.

207. Or. * gwis dan ein etc.

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3 Wahrscheinlicb die ,Real Academia a los alios del Rey Carlos IP por Onofre Vicente1, die 1669 zu Valencia gedruckt wurde. Vgl. den handschriftlicben Katalog der Cabregischen Sammlung in der Wiener Hofbibl. Cod. 12.601, Nr. 71 der Werke in Quart; Anzeiger f. d. Alt. XXVI. 157 f.

4 Vgl. Diar. Eur. XX. 154; es gescbab am 8. December at. n.

208.

Wien, ig. Dezember 1668.

tTber Don Juan, die Schwangerschaft der Kaiserin, die Ver- leihung des Vlieses an Montecuccoli und die Abwesenheit Castd- lars bei dieser GelegenheiL Gluckwunsche zu Weihnackten und

Neujahr.

(Eann in den spanischen Dingen keinen Hauptrat erteilen, da sich vieles geandert haben kann, namentlich wenn die Nachricht wahr ist, dass die Ktfnigin einen Bischof an Don Juan geschickt hat, der dessen Beichtvater gewesen sein soil, ,y on conde de Scalantes'.1 N&chstens, wenn die Ordinari ein- trifft, mehr.)

Sonsten sein wir allhier alle Gottlob gar wohlauf, mein Gemahl hat schon den 8ten Monat eingetreten.

Vergangen Sonntag in templo S. Augustini2 habe ich dem Ftirsten8 und Montecuccoli die Tuson geben. Multi curiosi ob- servaverunt absentiam legati usque ad peractam functionem et medium sacri cantati, ego eius solitae incuriae et inadvertentiae adscribo.

Wilnsche Euch anbei gltickselige Feiertag sammt einem neuen Jahr und verbleibe etc.

1 Wohl conde d' Escalante gemeint.

Z Der Sonntag fiel auf den 16. Dezember. Die Kirche ist die Augustinerkirche.

3 Der Obersthofmeister der Kaiserin, Dietrichstein.

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