ton er . Br Pr H re er Arten ag an tlg ig AU N f = Ze | % yo ab ug At vi FR wu ’ DR: FT ae ge En AP = ee, “en Kr a ® x > EP mn Ti INCHEN\ De = RN use RE EN DERRE RR. Pr ine u 2 ek an he RS Fe TE ERRE PIO ALEIE u So) ah ne ed Deal UP ee a En A N en Ar - 3 Fe = - . 7 N" 2 Se PR Ze , I Der RR “r wa ET N drei STORRS L. OLSON UNSERE SCHNEPFEN Die europäischen Sumpfschnepfen oder Bekassinen Gallinago major, gallinago, gallinula | und die Waldschnepfe, Scolopax rusticula in Wort und Bild. Bearbeitet von J.:Rohweder (Husum). Pan YAM HSONJA T AUG LUIVT | on, Sonderabdruck aus der Jubiläumsausgabe von Naumanns Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas. Mit fünf Tafeln in Chromodruck und vier Textillustrationen. GERA-UNTERMHAUS, . LITHOGRAPHIE, DRUCK UND VERLAG VON ER. EUGEN -KÖHLER. re a feat Me Be et a et Ka Herrn GEH. REGIERUNGSRAT Dr. KARL MÖBIUS ORD. PROFESSOR DER ZOOLOGIE AN DER UNIVERSITÄT unD DIREKTOR DES ZOOLOGISCHEN MUSEUMS ZU BERLIN in Verehrung und Dankbarkeit gewidmet von J- ROHWEDER. Vorwort. a Durch ein halbes Jahrhundert hat NAUMANNs „Naturgeschichte der Vögel Deutschlands“ ıhren Ruhm als Meisterwerk auf dem Gebiete der beschreibenden Naturwissenschaft bewährt, als eine Spezialfauna, wie sie keine andere Nation in ihrer Litteratur zu verzeichnen hat. Trotz des hohen Preises, der ausser grösseren Bibliotheken nur wenigen vom Schicksal Begünstigten den Erwerb des Buches ge- stattete, war das Werk doch schon seit Jahren vergriffen und auch auf dem antiquarischen Büchermarkt als seltene Erscheinung nur um eine hohe Summe zu erstehen. Manch sehnlicher Wunsch eines begeisterten Freundes unserer Vogelwelt, das Sein und Wesen, Thun und Treiben seiner gefiederten Lieblinge an der Hand dieses unübertrefflichen Führers kennen zu lernen, mag in schmerzhafter Entsagung unter- drückt worden sein. Jetzt braucht in beteiligten Kreisen der Besitz des monumentalen Werkes kaum noch Gegenstand eines „frommen‘“ Wunsches zu bleiben. Dem Unternehmungsgeiste und der Leistungsfähigkeit der Verlagsbuchhandlung und Kunstanstalt des Herrn Fr. EUGEN KÖHLER verdanken es die Verehrer der deutschen Vogelkunde, dass von dem „alten NAUMANN“ unter dem Titel: „N aturgeschichte der Vögel Mitteleuropas“ eine neue Ausgabe (Jubiläumsausgabe) zu billigem Preise erscheint, die den von wissenschaftlichem Eifer und opterfreudiger Thatkraft beseelten Herrn Dr. CARL R. HENNICKE zum Herausgeber hat. | Dass nach fünfzigjähriger Frist, in der die Vogelkunde, die theoretische wie die praktische, ganz ausserordentliche Fortschritte gemacht hat, eine neue Ausgabe die eingehendste Überarbeitung notwendig machte, versteht sich von selbst. Was aber NAUMANN bei seinem Riesenfleiss in den Jahren von 1820 bis zu seinem Tode 1857 fertig gebracht hatte, das konnte jetzt nicht in verhältnismässig kurzer Zeit von einer Kraft allein mit den Anforderungen der Gegenwart in Einklang gebracht werden. Eine grössere Anzahl von Fachmännern hat sich daher zu der gemeinsamen Arbeit vereinigt, die alte Ausgabe einer genauen Musterung zu unterziehen, vorhandene Irrtümer unter pietät- vollster Schonung des NAuMAnNschen Textes zu berichtigen und die Ergebnisse neuer Forschungen und Beobachtungen einzufügen. — Hervorragende Tiermaler stellten ihre Kunst in den Dienst des Unternehmens, um Vogelbilder zu liefern, die bei künstlerischer Auffassung und Ausführung an Naturwahrheit kaum etwas zu wünschen übrig lassen. Do erscheint in der That ein neuer, d.h. ein in Text und Abbildungen (die Kupferplatten der alten Stiche waren eingeschmolzen) auf den gegenwärtigen Stand der ornithologischen Wissenschaft erhobener NAUMANN. Bis jetzt sind sieben Bände erschienen. Dem im Erscheinen begriffenen IX. Bande gehören „unsere Schnepfen“ an. Warum nun diese in einer Sonderausgabe hervortreten, und warum gerade sie? — Der Grund liegt nur teilweise bei dem Bearbeiter, zum grossen Teil vielmehr in dem Gegenstande seiner Bearbeitung. Das muss ich zwar bekennen, dass ich der von aussen an mich herangetretenen Aufforderung zur getrennten Veröffentlichung wohl nicht so willig nachgekommen wäre, wenn ich nicht selber seit vielen Jahren unseren Schnepfen ein ganz besonders lebhaftes Interesse zugewandt hätte, als Vogelkundiger und als Jäger. Schon von früher Jugend an hatte ich Gelegenheit, die Wälder und Brüche, Wiesen und Sümpfe, Moor und Heide in den verschiedensten Gegenden meiner meerumschlungenen Heimat nach Herzenslust zu durchstreifen. So waren sie mir schon gute Bekannte, „de Snep, dat Haverblatt, de Stumme und de Dreidecker,* als ich eine Flinte führen und auf der Schnepfen- und Bekassinenjagd mich im Flugschiessen üben durfte. Das Streben nach genauerer Erkundigung der Lebensführung meines „Wildes“ gewann durch diese Übungen natürlich erhöhten Ansporn, und mit seiner Art und Weise wurde ich mehr und mehr vertraut. Aber noch im späteren Alter haben glückliche Umstände neben fortgesetzter aufmerksamer Beobachtung mir Lebensäusserungen der Schnepfen verraten, die mir (und anderen) bis dahin ein Geheimnis geblieben waren. Somit wäre es wohl entschuldbar, wenn ich in einer gewissen Vorliebe für unsere Vögel ihre Vorzüge vor anderen nicht ohne Parteilichkeit einschätzte und daher ein grösseres und weiter verbreitetes Interesse für sie voraussetzte, als thatsächlich vorhanden ist. Das wird aber vorerst zugegeben werden müssen, dass die Familie der Schnepfen in ihrer scharfen und verhältnismässig engen systematischen Umgrenzung eine Vogelgruppe bildet, die einerseits in der Ähnlichkeit ihres eigenartigen Körperbaues und in der Überein- stimmung ihrer besonderen Lebensgewohnheiten ein so einheitliches Gepräge offenbart, dass die Familienähnlichkeit (namentlich bei unseren europäischen und deutschen Angehörigen) geradezu zur Aufnahme eines Gruppenbildes auffordert; andererseits treten auch wiederum so leicht erkennbare Verschiedenheiten, abweichende Züge und charakteristische Eigenschaften bei den verschiedenen Mitgliedern hervor, dass das Gesamtbild in seinen Einzelheiten nicht den Reiz mannigfacher Abwechselung entbehrt. Im allgemeinen finden jedoch unsere Vögel nicht das rege Interesse, das sie verdienen — nach ihrer äusseren Erscheinung sowohl wie nach ihren Eigenschaften, Sitten und Gewohnheiten. Es hat dies seinen Grund in dem Geheimnisvollen ihrer Lebensweise und in der Scheuheit und Flüchtigkeit ihres Wesens. Was sie an stillen und abgelegenen Orten, an oft schwer zugänglichen Plätzen thun und treiben — in der Abgeschiedenheit des Waldes, im einsamen Moor oder unheimlichen Sumpf, — das wird meist auch noch verhüllt vom Schleier der dämmernden Nacht; und am Tage meiden und fliehen sie die Nähe des Menschen wenigstens so, dass die zufällige Beobachtung nicht einmal zur Kenntnis ihrer äusseren Erscheinung führt. | | Trotz der Hunderte von Waldschnepfen und der Tausende von Bekassinen, die ich in Händen gehabt habe, kann ich heute noch kaum einen erlegten Langschnabel an die Jagdtasche hängen, ohne vorher an den ebenmässigen Formen seines Körperbaues, an dem weichen, zarten und doch so glatten Gefieder, an dessen feinen Zeichnungen, sanften Farben oder metallischem Glanze einen Augenblick mich erfreut zu haben. Aber hat man den gemeinen Mann schon jemals unsere Schnepfen schöne Vögel nennen hören? Rohweder, Unsere Schnepfen. Aus: Naumann, Naturgeschichte. Bd. IX. 1 2 Vorwort. Und warum müssen sie in der Beurteilung ihrer Lebensäusserungen gegen andere Vogelarten zurückstehen? Sind z. B. etwa bloss die stets gepriesenen Sänger Frühlingsboten? — Wenn kaum das erste Grün am Baum sich zeigt, wenn Schlüsselblumen und Windröschen nur zwischen schützendem Gesträuch zaghaft ihre Knospen öffnen, wenn bei mehr als frischer Luft der ersten Drossel Lied im Tann und die leise Melodie des Rotkehlehens im Gebüsch schon früh am Abend verstummt, dann belebt unsere Waldschnepfe in der Dämmerung, auf Wegen und Blössen dahinstreichend und in sonderbaren Tönen ihre Erregung kundgebend, die stille Waldeimsamkeit und verkündet auch in ihrer Art, dass der Frühling Einzug gehalten. In Wald und Hag, auf Feld und Anger offenbart sich freilich vielfach bald das siegreiche Vordringen der schöneren Jahreszeit; wer aber verkündet es in jenen Gegenden, in denen weder Busch noch Baum, weder Blütenduft noch Vogellied vorhanden? Über dem einsamen Moor führt unterm blauen Himmelszelt hoch in klarer Luft die Habergeis ihren Hochzeitsreigen auf, und ihre eigentümliche Balzmusik erzählt von Lenz und Minne so gut wie Nachtigallenschlag im blühenden Fliederzaun; auf öder Heide der vieltönige Chorgesang der grösseren und in sumpfiger Wildnis das bescheidene Singspiel der kleineren Bekassine, — sind sie weniger interessant als die von altersher berühmte Balz des edlen Auerhahnes? | : * + * Einer freundlichen Aufnahme glauben „unsere Schnepfen“ sich versichert halten zu dürfen bei der deutschen Jägerei. Für den weidgerechten Jäger ist und bleibt die Schnepfenjagd in ihren verschiedenen Formen eine der reizvollsten. Den angehenden Jüngern St. Huberti und solchen Jagdbeflissenen, die wegen Mangels hinreichender Erfahrung dieser Jagd noch nicht besonderen Geschmack haben abgewinnen können, seien folgende Punkte zur Nachprüfung vorgelegt. In den meisten Gegenden unseres Vaterlandes bezeichnet der Beginn der Frühjahrsjagd auf Schnepfen den vom Weidmann er- sehnten Zeitpunkt, wo er nach längerer Pause wieder die Flinte von der Wand nehmen und mit seinem getreuen vierfüssigen Freunde auf die Birsch ziehen kann. — Der Anstand auf die Waldschnepfe fällt in die poesievolle Zeit der Auferstehungsfeier auch in der Natur, wo Entfesselt ist die urgewalt'ge Kraft, Die Erde quillt, die jungen Säfte tropfen, Und Alles treibt, und Alles webt und schafft. — Es ist ja keine Frage, dass diejenigen, die im Interesse der Schonung unserer Waldschnepfe die Frühjahrsjagd auf dieselbe verurteilen, im Grunde recht haben. Aber so lange unter dem grünen Rock noch ein Herz schlägt, das warm empfänglich ist für jenen Zauber, der auf dem Schnepfenstrich in Verbindung mit dem Erwachen der Natur ruht, wird jede Moralpredigt vergeblich sein. Übrigens liegt die Ursache der vielbeklagten Abnahme der Waldschnepfe sicherlich nicht auf deutschen Jagdrevieren. Im Nachsommer bietet die Bekassinenjagd, namentlich die Jagd auf die mittlere Bekassine, die eigentliche „Schnepf’ im Ziekzack- fluge“, für den fermen Flugschützen und solche, die es werden wollen, die beste Gelegenheit, Entschlossenheit und .Raschheit, Fertigkeit und Sicherheit zu erproben. — Wenn Wald und Feld sich entfärben, bis die Blätter fallen und die ersten Vorhoten des Winters sich einstellen, gewährt die Schnepfenjagd gelegentlich eine angenehme Abwechselung mit der Jagd auf anderes Wild. — Immer und überall ist sie nicht ‘ die leichteste und bequemste. Auch das vermehrt ihren Reiz. Mühe und Beschwerden mit frohem Mut ertragen, Schmerz und Gefahr nicht achten, wenn es gilt, seinem Wilde nachzugehen durch widriges Gestrüpp und scharfes Dorngeflecht, über schwankenden Sumpf und trüge- risches Moor: das charakterisiert, um mit dem alten RIDINGER zu reden, den „ausdaurenden verwegenen Jäger“. Darum ist freilich die Dchnepfenjagd nicht Sache eines jeden Sonntagsschützen. * * * Aus dem Vorstehenden ergiebt sich, dass die vorliegende Sonderausgabe der Naturgeschichte unserer Schnepfen für weitere Kreise berechnet ist, als für die wenig zahlreiche Gemeinde derer, die aus freier Wahl oder in beruflicher Pflicht mit dem Studium des Vogels und seines Lebens eingehend sich beschäftigen (die Ornithologen werden sich an den ganzen NAUMANN wenden); sie ıst für alle bestimmt, die mit offenem Sinn und empfänglichem Herzen der Natur, ihren Werken und Wundern gegenüberstehen, die also auch der Vogelwelt in allen ihren Erscheinungen Verständnis und Sympathie entgegenbringen. Es ıst selbstverständlich, dass das grosse NAUMANNsche Werk — und also auch der folgende aus ihm entnommene Abschnitt — den strengsten Anforderungen der ornithologischen Wissenschaft genügen muss. Die wissenschaftliche Systematik und Nomen- klatur, das Verzeichnis der deutschen und fremdländischen Trivialnamen, die in- und ausländische Litteratur mit der in ihr niedergelegten Synonymik und die Anatomie der Schnepfen sind in der neuen Bearbeitung auf den gegen- wärtigen Stand der Forschung erhoben. Diese wichtigen Abschnitte lassen sich allerdings nicht in die Form einer leichtfliessenden Lektüre kleiden, mit ihnen hat „der geneigte Leser“ sich je nach seinem Standpunkte abzufinden. Das gilt teilweise auch von der sehr genauen Beschreibung. Im übrigen aber bürgt schon der Ruhm des alten NAUMANNschen Textes, der bald in treuherziger Einfalt, bald in poetischem Schwunge, immer aber allgemein verständlich, klar und anschaulich den betreffenden Gegenstand behandelt, dafür, dass namentlich bei den ausführlichen Schilderungen der verschiedenen Lebensäusserungen unserer Vögel (in den Kapiteln „Aufenthalt, Eigenschaften, Nahrung, Fortpflanzung u. s. w.“) auch der Laie vollständig auf seine Rechnung kommt. Der Verfasser der Zusätze und Bearbeiter neuer Beiträge ist stets bedacht gewesen, die eigenartige Schönheit dieses Stils durch seine Zuthaten nicht zu beeinträchtigen und seinerseits in den zusammenhängenden neuen Abschnitten einer einfachen Darstellungsweise sich zu befleissigen. | Möge denn diese Monographie eine genauere Kenntnis unserer Schnepfen verbreiten helfen und gleichzeitig zur weiteren Beobach- tung einer in allen Gegenden unseres deutschen Vaterlandes vorkommenden Vogelgruppe, deren Naturgeschichte noch keineswegs als ab- geschlossen betrachtet werden kann, neue Anregung geben. % * * . Zum Schluss erfülle ich die angenehme Pflicht, allen, die mich bei der Bearbeitung mit Rat und That unterstützten, namentlich den Herren Dr. HENNICKE (Gera), Professor Dr. R. BLASIUS (Braunschweig), Regierungs- und Forstrat v. WANGELIN (Merseburg), Dr. REY (Leipzig), Direktor Dr. PAUL LEVERKÜHN (Sofia, Bulgarien), und Direktor ERNST HARTERT (Tring, England), sowie Dr. BuRI (Bern), der die Anatomie bearbeitet hat, für ihre Mithülfe verbindlichen Dank zu sagen. Nicht minder gebührt dem Herrn Verleger Dank für die vornehme Ausstattung dieses Buches. Husum, Reminiscere 1902. J. Rohweder. Unterfamilie. Schnepfen, Scolopacinae. Kopf: Von beiden Seiten zusammengedrückt, mit sehr hoher, langer Stirn; kleiner, abgeplatteter Scheitel; die sehr srossen Augen stehen am Rande des Scheitels, sehr weit nach oben und hinten, wodurch eine grosse Backenfläche entsteht. Schnabel [— (in der Weidmannssprache „Stecher“ genannt) —]: Lang, gerade, schwach, mehr schmal als hoch, nach vorn allmählich dünner; die Spitze stumpf und einfach, weil die des Unterschnabels kürzer als die des oberen und in diese eingesenkt ist; seiner ganzen Länge nach weich und biegsam, kaum am äussersten Ende ein wenig hornartig; die Mundkanten aufgetrieben; mit ihnen parallel läuft am Ober- und Unterschnabel eine Längsfurche bis nahe an die Spitze vor, in welche an dem oberen auch die Nasenfurche verläuft, und an dem unteren befindet sich noch eine solche auf dem Kiele entlang. Zunge: Schmal, spitz, am Hinterrande gezähnelt. Nasenlöcher: Seitlich, sehr nahe an der Schnabelwurzel, klein, schmal, kurz, nicht durchsichtig, in einer weichen Haut liegend, die ein Rändchen um die Öffnung bildet. Füsse [— („Ständer“ oder „Tritte“) —]: Nicht hoch, schwach, weich, über der Ferse wenig oder nicht nackt; mit drei schlanken Vorderzehen, von denen keine durch eine Spannhaut verbunden, die mittelste aber auffallend lang ist, und mit einer kurzen, schwächlichen, hochgestellten Hinterzehe. Flügel: Mittelmässig, etwas breit, aber weniger spitz, ihr Hinterrand flach mondförmig ausgeschnitten, die erste, zweite und dritte grosse Schwungfeder in der Länge wenig verschieden; vor der ersten ein kleines, schmales, sehr spitzes Federchen mit starrem Schafte, einer verkümmerten :Schwungfeder ähnlich. | Schwanz [— („Stoss“ oder „Steiss“) —]: Kurz, breit, zugespitzt oder abgerundet, aus 12, 14, 16, 18, 20 und noch mehr Federn zusammengesetzt. Das kleine Gefieder ist weich, mehr oder weniger dicht, liegt meistens glatt an oder doch geschlossen und hat eine sehr buntgefleckte Zeichnung in Farben, die den Umgebungen am Aufenthalte ähneln, worunter aber keine eigentlichen Prachtfarben. Charakteristisch in der Gattung ist die Zeichnung des Oberkörpers, wo sich bei allen Arten einige grosse Längsstreifen von einer abstechenden oder lichteren Farbe mehr oder weniger deutlich darstellen. Obwohl sie zweimal im Jahre mausern, so ändern sie doch die Farben so wenig, dass man bloss sagen kann, das Frühlingskleid sei’schöner, reiner gezeichnet und glänzender als das Herbstkleid, sonst aber kaum verschieden. Auch die Geschlechter zeigen keinen auffallenden Unterschied in der Färbung, nur sind die Weibchen gewöhnlich etwas grösser als die Männchen. Die Jungen in ihrem ersten Federkleide ähneln ebenfalls den alten Herbstvögeln. | Sie gehören dem Norden und der gemässigten Zone an, wandern jedoch auch bis in die südliche. [— Die Brutgebiete der Schnepfen verteilen sich über alle Erdteile und Zonen, und zwar folgendermassen: Im europäisch-sibirischen Gebiet brüten sechs Arten, im chinesischen zwei, im indisch-australischen (einschliesslich Neuseeland) fünf Arten; in Südost-Afrika und auf Madagaskar nistet je eine Art;"zwei Arten bewohnen das nordamerikanische Gebiet, und zehn Arten heimaten in Südamerika. —] Obgleich zu den Sumpfvögeln gehörig, leben doch manche nur in den Waldungen, wo sie indessen auch gern niedrige und feuchte Plätze aufsuchen, die Mehrzahl aber in Sümpfen und Morästen, entfernt vom Walde. Sie sind halbe Nachtvögel, d. h. sie verrichten ihre meisten Geschäfte des Abends und Morgens in der Dämmerung, in hellen Nächten selbst diese hin- durch, und ruhen am Tage, wo sie die Gewohnheit haben, sich den Augen ihrer Feinde durch Verstecken oder vielmehr durch Niederdrücken und Stillliegen zu entziehen, wozu ihnen die Umgebungen gemeiniglich Vorschub leisten. Ungezwungen sieht man sie dagegen am hellen Tage auf dem Freien fast niemals. Auch ihre periodischen Wanderungen, jährlich zweimal, machen sie des Nachts und zwar einzeln. Obgleich viele zugleich dieselbe Strasse ziehen und sich an einerlei Orten niederlassen, so bilden sie doch keine eigentlichen Vereine; sowie sie einzeln ankommen, gehen sie auch einzeln und zu verschiedenen Zeiten wieder weg, ohne dass sich das eine um das andere bekümmert. Durch diese Ungeselligkeit unterscheiden sie sich namhaft von fast allen übrigen Schnepfenvögeln. Ihre Nahrung [— („Atzung“) —], die in Würmern, Kerbtieren und deren Larven besteht, suchen sie nur an ganz stillen, düsteren Orten zuweilen am Tage, sonst fast nie anders als in der Dämmerung, wo sie deshalb auch auf freie Plätze, Wiesen, Triften, Äcker und an die freien Ufer der stehenden Gewässer kommen und bis tief in die Nacht hinein munter sind. Ihr weicher, mit äusserst feinem Gefühl versehener Schnabel ist ihnen dabei ein vor- zügliches Tastwerkzeug; sie wühlen oder stechen damit tief in den Morast und weichen Schlamm oder auch in Tierexkremente ein, Loch bei Loch, um so die darin lebenden Larven und Würmer aufzufühlen und hervorziehen zu können. In der Be- gattungszeit haben die Männchen einen sonderbaren, ungewöhnlichen Flug, auch eigene Töne und Manieren, die an das Balzen der Waldhühner und anderer erinnern, alle aber sonst keine angenehmen Töne. Sie nisten entweder an versteckten Orten im Gebüsch oder frei in den Sümpfen auf einer etwas trockenen Stelle, machen unkünstliche Nester und legen jederzeit nicht mehr als vier Eier von einer nicht gar grossen, birnenförmigen Gestalt, die auf schmutzigem, gelblichem oder srünlichem Grunde braun gefleckt sind. Die Jungen, wenn sie aus den Eiern kommen, in ihrem Dunenkleide sind untenher weiss oder rostgelb, von oben rostgelb, rostfarbig, braun und schwarz gescheckt und laufen sogleich aus dem Neste. Die Schnepfen haben viele Feinde, die ihnen hauptsächlich ihres ausserordentlich wohlschmeckenden Fleisches wegen nachstellen. Hierunter steht der Mensch obenan; denn er findet an diesem Wildbret ein so leckeres Gericht, dass er es allem 1* 4 Unterfamilie. Schnepfen, Scolopacinae. anderen Geflügel vorzieht und sogar samt den Eingeweiden speist, weshalb diese Vögel denn auch in allen kultivierten Ländern ein Gegenstand der Jagd sind. Sie spreizen beim Auftreten ihre Vorderzehen so weit auseinander, dass sie wie bei Strand- und Wasserläufern stets auf die Halbschied von drei Durchschnittslinien eines sechsteiligen Zirkels passen; die im weichen Boden abgedruckte Fährte I— (das „Geläufe“) —] ist aber von denen jener leicht an der ungewöhnlich verlän gerten Mittelzehe zu unterscheiden. Die eigentliche Schnepfengattung (bemerkt Nirzsch nach Untersuchung der Scolopax rusticula, Gallinago major, gallinago und gallinula, wie auch der Schädel und Häute von Philohela minor, Gallinago stenura und Macrorhamphus griseus) kommt zwar in den allgemeinen charakteristischen, inneren Bildungsverhältnissen mit den übrigen Gliedern der Schnepfenfamilie überein, ist aber die ausgezeichnetste unter allen und zeigt namentlich eine höchst eigentümliche Kopfbildung, wie sie in der ganzen Klasse der Vögel wohl nicht weiter gefunden wird. | | Die Hirnschalenkapsel ist nämlich hier mit dem Gehirn so nach unten und von da teils wieder nach vorn gezogen, dass die Schläfecke [— (Processus orbitalis posterior) —] das freilich sehr grosse Thränenbein [—, d.h. dessen Processus orbitalis anterior, —] berührt, der Orbitalrand völlig geschlossen wird und alle sonst unteren und teils hinteren Teile des Kopfes seltsam zusammengeschoben und gewissermassen verrückt werden. Das grosse Hinterhauptloch kommt demnach ganz nach unten, weit nach vorn und unter die Augen zu liegen. Die obere Fläche des grossen Gehirns wird nach hinten und unten um- gestülpt, und seine Basis richtet sich nach oben. Die Ohröffnung, die bei allen anderen Vögeln hinter den Augen steht, ist hier unter das Auge gestellt und dem vorderen Augenwinkel genähert. Der Paukenknochen [— (Os quadratum) —] ist in den vorderen Augenwinkel gerückt, sodass er vom Thränenbein von aussen verdeckt wird; und so kommen denn auch die übrigen, zur Oberkiefermaschine gehörenden und sonst unter den Augen liegenden Knochen, namentlich die [— mit Fortsätzen (Processus basipterygoidei) des Keilbeines artikulierenden —] Verbindungsbeine [— (Ossa pterygoidea) —]|, Gaumenbeine und Jochbogen, vor die Augen und das Thränenbein zu liegen. Der Zweck dieser seltsamen Anordnung, auf welche ich schon vor langer Zeit aufmerksam gemacht habe,!) und in der alle von mir untersuchten oben genannten Schnepfenarten übereinstimmen, ist unstreitig in der Stellung der Augen zu suchen, in sofern die Augen dadurch sehr nach oben und hinten gedrängt werden und diejenige Richtung bekommen, durch welche diese Vögel am besten in stand gesetzt werden, während sie mit dem Schnabel emsig nach Futter tasten und in Moos oder Schlamm einstechen, zugleich über sich zu sehen und eine über ihrem Haupte schwebende Gefahr wahrzunehmen. Denn sie suchen und finden ihre Nahrung hauptsächlich durch Tasten mit der Schnabelspitze und haben eben darum den knochen- zelligen Tastapparat'an beiden Kieferspitzen ganz vorzüglich ausgebildet. Die meist ziemlich sechseckigen, in die Länge gezogenen Knochenzellen [— (besser Nischen) —], welche die Enden der zur Schnabelhaut gehenden Nervenfäden vom fünften Paare umgeben, sind bei den Schnepfen deutlicher, grösser und viel zahlreicher als bei den wenigen ausserdem mit dem Tast- apparate versehenen Gattungen. Die Ränder dieser Zellen sind es, die nach dem Tode, wenn der weiche Schnabelüberzug eintrocknet und in die Vertiefungen der Zellen sich einsenkt, der Oberfläche der Schnabelspitzen, zumal bei @all. gallinago und major, das auffallend netzförmige Ansehen geben. Gleich mehreren anderen Gattungen dieser Familie haben auch die Schnepfen den Biegungspunkt des Oberkiefers vor den Nasenlöchern, sodass bloss der vordere Teil des an der Wurzel ganz starren Oberkiefers erhoben und gesenkt werden kann; es ist aber diese Spitzenbewegung des Oberkiefers hier ganz besonders stark und augenfällig. Die Zahl der übrigen anatomischen Merkmale dieser Gattung wird sehr beschränkt durch die hier vorkommenden teils erheblichen spezifischen Verschiedenheiten, die nicht immer mit der Verschiedenheit der Unterabteilungen oder Unter- gattungen, die man hier annehmen kann, zusammenfallen. | | Wenn die vollkommene Scheidewand der Nasenlöcher eine merkwürdige Eigenheit der Schnepfen ausmacht, so fehlt selbiges Verhältnis doch bei Macrorhamphus griseus, die, wie die meisten Wasservögel, nares perviae haben. [— Die Gaumen- bildung ist schizognath, die Nasenbildung schizorhin. —|] Die Nasendrüse ist bei allen klein und schwach, aber bei der Waldschnepfe nimmt sie eine sehr ungewöhnliche Stelle hinter dem dünnen absteigenden Teil der Nasenbeine ein, während sie bei den übrigen einheimischen Arten oben am Orbitalrande befindlich ist. [— Ihr Ausführungsgang läuft nicht durch einen Stirnkanal, sondern nur durch einen seitlichen Ausschnitt des Orbitalrandes, so auch bei Limosa und Numenius. Bei Scolopax rusticula fehlt die Drüse häufig ganz, während sie bei Numenius auf der Stirne grosse Eindrücke hervorruft (GADOW). Die Zahl der Halswirbel beträgt bei allen Limicolen 15, davon sind die zwei untersten Träger falscher Rippen, somit sogenannte cervicodorsale Wirbel. Dorsalwirbel wurden bei Limosa 5 bis 6, bei Numenius 6 gezählt. —] Die Zahl der Schwanzwirbel wechselt von acht bis zehn. Der letzte Wirbel [—, das sogenannte Pygostyl, —] ist verhältnismässig sehr klein. Das [— in der Längsrichtung nur schwach, in der Querrichtung dagegen gut gekrümmte —] Brustbein hat bei Gallinago gallinula zwei Paar Hautbuchten [— (Incisuren) —], wie bei den meisten Schnepfenvögeln, und überhaupt fast die Form wie bei Tringa. Bei den übrigen Arten aber ist dasselbe nach hinten sehr elliptisch verlängert und jederseits nur mit einer Exeisura obturata versehen, durch welche nur ein sehr kurzer seitlicher Knochenfortsatz abgeteilt wird. [— Von den Incisuren des Abdominalrandes sind die beiden mittleren (I]. intermediae) weniger tief als die beiden äusseren (J. laterales); so umfassen die ersteren bei Numenius zwei Siebentel, bei Limosa ein Viertel, die letzteren bei Nuumenius ein Viertel, bei Limosa ein Zwanzigstel des Brustbeines. Scolopax besitzt übrigens oft auch nur eine einzige mitteltiefe Incisura Iateralis jederseits. Bei dieser Gattung, sowie bei Limosa und Numenius ist das Brustbein zwei- bis zweieinhalbmal so lang als breit, misst jedoch am Seitenrande sieben bis acht Zehntel weniger als in der Mittellinie. Bei Numenius kommt seine grösste Länge 10,6, seine grösste Breite 4,3 Dorsalwirbellängen gleich. Der hintere rippenfreie, ungefähr die Hälfte des ganzen Brust- beines umfassende Teil (Aüöphosternum) ist nur ganz wenig breiter als der rippentragende (Costosternum). Die Impressio sterno- coracoidea ist ziemlich deutlich ausgeprägt; dagegen ist der Processus lateralis anterior nur schwach entwickelt (Limosa, Scolopax), “und die Spina externa des Vorderrandes fehlt Scolopax ganz, wie sie übrigens auch bei Numenius und Limosa zumeist nur kurz ist; bei letzterer trifft man sie zwar gelegentlich auch etwas länger an. Der ziemlich dünne Brustbeinkamm (Crista sterni) ist von der Brustbeinplatte, deren vorderstes Siebentel er frei lässt, scharf abgesetzt. Am Brustbein artikulieren die Sternocostal- knochen von sechs wahren Rippen. Die U-förmige Furcula trägt ein ziemlich kleines, dorsal gerichtetes Tuberculum interclaviculare. ') 8. Osteographische Beitr. z. Naturg. d. Vögel, S. 63, tab. 1, fig. 5. Nitzsch. Unterfamilie. Schnepfen, Scolopacinae. 5 Die sich an ihrer Basis fast berührenden Coracoide bilden bei Scolopax miteinander einen Winkel von 30 Grad. Ihre grösste Länge entspricht bei Numenius und Limosa ungefähr dem 2,5-fachen ihrer grössten Breite oder 4 bis 4,5 Dorsalwirbel- längen, während die grösste Breite nur das 1,3-fache der geringsten Breite, resp. 1,7 bis 1,9 Dorsalwirbellängen ausmacht. Der ziemlich spitze Processus lateralis posterior misst etwas weniger als die Hälfte der grössten Coracoidbreite. Bei Numenius beobachtete man ausserdem bald ein Foramen, bald nur eine Incisura coracoidea für den Durchtritt des Nervus swpracoracoideus, auch bei Limosa ist ein Foramen coracoideum zugegen. Das Schulterblatt ist bei Numenius und Limosa zehn- bis elfmal länger als breit, d. h. es beträgt seine Länge annähernd sieben Rückenwirbellängen. Die Verbindung zwischen Furcula und Scapula ist bei allen Limosen ligamentös, bei Numentus deckt zudem ersterer Knochen noch etwas das Acromion. (FÜRBRINGER.) —|] Von den zehn Rippenpaaren sind die zwei oder drei ersten falsche. Das Becken ist auch im hinteren Teile schmäler als bei den meisten übrigen Gattungen der Schnepfenfamilie, jedoch in weit minderem Grade bei Sc. rusticula und Gallinago gallinula als bei Gallinago major und gallinago. Die Oberarmknochen übertreffen an Länge wenig oder nicht die spitzen, bis zum Becken reichenden Schulterblätter und bleiben von dem Hüftgelenk weit entfernt. (Bei ZLimosa, Numenius und Ibis erreichen oder überragen sie dasselbe.) [— Der Humerus der Scolopacinen, welcher bei Numenius 13 Dorsalwirbellängen misst, ist ferner durch die starke Ent- wicklung des Processus supracondyloideus externus, der oft noch einen sekundären Höcker trägt, ausgezeichnet; auch der mediale Fortsatz des proximalen Gelenkendes (Processus medialis) ist stark entwickelt. . Das die Strecksehnen überbrückende Querband auf der Vorderseite des unteren Tibiaendes ist völlig verknöchert, und auf der Rückseite des oberen Teiles vom Tarsometatarsus befindet sich ein mit Beugesehnenkanälen versehener Knochenaufsatz (Hypotarsus). (GADOW.) Anschliessend seien hier noch kurz einige Muskelverhältnisse bei Limicolen, speciell Numenius, Himantopus, Limosa und Öharadrius erwähnt. Ich entnehme die Angaben darüber den Werken FÜRBRINGERS und GADOWS. Der Spannapparat der vorderen Flughaut ist insofern kompliziert, als die kurze Propatagialsehne in drei Teile zer- fällt; regiert wird ersterer durch eine Muskelplatte, die zum Deltoideus-, und eine andere, selten aponeurotisch werdende, die zum Pectoralissystem gehört (M. deltoideus propatagialis und M. pectoralis propatagialis), ferner durch einen ziemlich Kräftigen M. biceps propatagialis; dagegen fehlt ein M. cucullaris propatagialis. Im Metapatagium inserieren ein zweizackiger M. serratus superficialis metapatagialis und ein M. latissimus dorsi metapatagialis, welch letzterer an seinem Ursprung bei Himantopus noch einen M. latissimus dorsi dorsocutaneus nach vorn sendet. Der Sehne des M. anconaeus coracoideus fehlen quergestreifte Muskelfasern. An der Beckenextremität ist der M. ambiens wohl entwickelt, und vom M. caudiliofemoralis existieren bei Numenius, Himamtopus, Haematopus und Charadrius sowohl die Pars ilaca als auch die Pars caudalis; bei den Scolopacinae und Tringinae hingegen fehlt letztere. Die Sehnen der Mm. flexor digitorum profundus und flexor hallucıs longus sind an ihrer Kreuzungsstelle durch ein einfaches Sehnenbändchen miteinder verbunden. —] Ein ausgebildetes knöchernes Epicarpium fand ich vorn an der Handwurzel der Wald- und Mittelschnepfe, den übrigen scheint es zu fehlen. | Die sehr schmale und spitze Zunge ist lang genug, jedoch kürzer als der Schnabel. Der Zungenkern [— (Basihyale) —] wie bei den meisten Schnepfenvögeln nur hinten verknöchert [— und nach GApDow hier auch durchbohrt. —] Der Zungen- beinstiel [— (Basibranchiale II) —] bei @. gallinula beweglich; bei den übrigen deutschen Arten aber fest mit dem Zungen- beinkörper verwachsen. | Gallinago major und gallinula haben eine kleine Rpiglottis, die den übrigen Arten, wie es scheint, fehlt. Der untere Kehlkopf zeigt bei Gallinago major und gallinago eine konstante Ungleichheit der rechten und linken Seite; dagegen ist derselbe völlig symmetrisch gebildet bei $. rusticula und @. gallinula, übrigens aber bei diesen beiden Arten in Form, Weite und Zusammensetzung sehr verschieden. [— Nach WUNDERLICH besitzen die mit deutlichen Trommelbildungen an ihrem Syrinz tracheo-bronchialis versehenen Gattungen Limosa und Gallinago eine gut ausgebildete Membrana tympamiformis interna und mehrere Membranae tympaniformes externae jederseits; Scolopae und Gallinago weisen ausserdem noch die Membrana semilunarıs auf, Gallinago wie Limosa dazu noch einen Pessulus. Ferner zeichnet sich Gallinago aus durch die Gegenwart zweier Paare Mm. tracheo-bronchiales, während Scolopax wie die übrigen Limicolen nur ein Paar besitzt, das bei Limosa übrigens auf zwei distale Mm. tracheales reduziert ist. Scolopax rusticula geht die Trommel ab (GADow). —|] Die gewöhnliche Stufe oder Querleiste auf der Gaumenfläche fehlt merkwürdigerweise allen Arten; indessen hat G. gallınula ein Paar Hornzähne als schwache Andeutung derselben an ihrer Stelle. [— Der dünnwandige, kropflose, enge und wenig erweiterungsfähige Schlund ist bei Scolopax mit ungefähr zwölf hohen scharfen Längsfalten versehen (GADoW). —|] Der Vormagen ist [— bei Scolopax und Gallinago —] lang und sehr drüsenreich. [— Sehr klein ist er dagegen bei Limosa. Die Drüsen sind bei Scolopax und Limosa in der dünnen Wand des Drüsenmagens sehr zahlreich verteilt, aber klein, bei Numenius jedoch bilden sie zwei Juga (GADoWw). —|] Der [— verhältnismässig kleine, rhombische, an der hinteren unteren Wand stark eingeschnürte und mit seitlichen Sehnenspiegeln versehene Muskelmagen —] erscheint, wenn er entleert ist, ungemein schmal und in die Länge gezogen. Seine innere Haut hat in der Nähe des Vormagens gezähnte Falten oder viele kleine spitze Tuberkel. [— Reibplatten fehlen der Outicula. —] Die innere Darmfläche ist bei der Waldschnepfe [— (Scolopax rusticula), Limosa und Numenius — | durchgängig zottig, dagegen bei den übrigen [— Scolopax-Arten und Gallinago —] mit regelmässigen Zickzacklängsfalten besetzt, die sich im Mastdarm in niedrige, ziemlich gerade Querfalten verwandeln. Se. rusticula und major haben ganz kurze Blinddärme, während selbige bei gallinago und gallınula lang sind. [— Einer Tabelle GADows entnehme ich die auf der umstehenden Seite angeführten Darmmaße: Die Leberlappen sind bei der Waldschnepfe wenig, bei den übrigen Arten aber gar sehr verschieden. [— Bei Numenius und Limosa ist der rechte Lappen bedeutend grösser als der linke. Eine Gallenblase existiert gewöhnlich, kann jedoch individuell fehlen, so bei Numenius arcuatus. Nach TIEDEMANN verhält sich das Gewicht der Leber zu dem des übrigen Körpers bei Gallinago gallinago wie 1:28,53. Am Pankreas von Numenius wurden drei Ausführungsgänge festgestellt (GADoW). Bei den Scolopacinae zeigt die Niere ganz gleich wie bei den Charadrüdae die Neigung vier Lappen zu bilden. Im übrigen herrschen ziemliche Verschiedenheiten, wie die Untersuchungen von GADow beweisen, der bei Limosa lapponica den kaudalen Teil der Niere am stärksten, bei Limosa limosa dagegen am schwächsten fand. Bei Limosua beobachtete GADow auch einmal sehr starke Verwachsung beider Nieren. | Eee Unterfamilie. Schnepfen, Scolopacinae. Im Auge von Scolopax rusticula zählte Nırzcn 9 Fächerfalten und 15 Ringschuppen, in dem von Numenius arcuatus 14 Fächerfalten und 14 Ringschuppen. Die Bürzeldrüse ist bei allen C'haradriidae mit einem Federkranze versehen. Länge des absolute relative!) Blinddarmes Enddarmes Darmlänge DCOOPAKE FÜSTICUE 2 ee 0,8 7 18 6 Galunngesmaer 2 nn 32 5,5 45 5 E 3 Re B) 1) 42 5) Limosa lapponica » » 2 20. 2 und 2,8 5 und 4 57 und 60 5 4 EN Er ale 2,5 4,5 68 50 ETUI 2 5) 63 5 TE Haar 2 2 65 ax Nunientus>arcaatus EN NE 7 8 95 e> ie Die bis jetzt bekannten 28 Arten dieser Familie sondern sich sowohl nach den Abweichungen im Körperbau, wie nach den Verschiedenheiten bezüglich ihres Aufenthaltes und ihrer Lebensweise in drei Gruppen: Sumpf-, Wald- und Rallen- schnepfen, von denen die ersteren beiden als die Gattungen Gallinago und Scolopax, diese mit einer, jene mit drei Arten in . Deutschland vertreten sind. —] I. Gattung: Sumpf-Schnepfe oder Bekassine, Gallinago LeaAcnH. Mit einem schwächeren, viel gestreckteren, vor der Spitze etwas plattgedrückten Schnabel, der getrocknet an dieser Stelle höckerig wird wie eine Feile; weniger grossen und weniger hochstehenden Augen; schlankeren und über der Ferse noch ein kleines Stück nackten Füssen, deren schwächliche, kurze Hinterzehe eine Kralle hat, die in der Gestalt denen an den übrigen Zehen gleicht, nur viel kleiner ist, die auch etwas über das Ende der Zehe vorsteht. Die Flügel sind weniger gewölbt und spitziger. | | Das etwas knappere Gefieder hat an den oberen Teilen auf schwarzem Grunde viele rostfarbige und lichtbraune Zeichnungen, von denen sich meistens vier grosse rostgelbe Längsstreifen absondern. Diese Färbung schützt sie vor dem Entdecken zwischen den gleichfarbigen Umgebungen in den Morästen, ebenso wie die Waldschnepfen die ihrige zwischen dem alten Laube im waldigen Gestrüpp. Sie halten sich in offenen, baumleeren Sümpfen auf, wo sie zwischen niederen Sumpfpflanzen und Gräsern sich ver- bergen, kommen zwar auch zwischen niederem Gesträuch in den Brüchen und an morastigen Waldrändern, aber niemals im Walde selbst vor, wenn er nicht bedeutende Sumpfstrecken einschliesst, und dann auch nur an diesen, nie im dichten, trockenen Walde. Sie pflanzen sich auch nur in freien Morästen und auf sumpfigen Wiesen fort. Von dieser Abteilung haben wir in Deutschland drei Arten. ı) Rumpflänge = 1 gesetzt. R. B. RATTE Ba a " tt en WE Gallinago major (Gm.). Grosse Sumpfschnepfe. 1 Männchen im Frühjahr. 2 Männchen im Herbst. #/, natürl. Grösse. Die grosse Sumpf-Sehnepfe, Gallinago major (G1.). Fig. 1. Männchen im Frühling. Tafel 14. | Fig. 2. Männchen im Herbst. Tafel 34. Fig. 19—21. Eier. Mittelschnepfe, grosse Schnepfe, Doppelschnepfe, Doublette, grosse (langbeinige) Schnepfe, grosse Moor-, Sumpf-, Ried-, Wasser-, Moosschnepfe, grössere Bruchschnepfe, grosse sibirische Schnepfe, Pfuhlschnepfe, grosse Pfuhlschnepfe, [— Drei- decker, —] grosser Gräser, Stickup; bei unseren Jägern gemeiniglich: Pfuhlschnepfe oder grosse Bekassine. Fremde Trivialnamen: In Bosnien und der Herzegowina: Bekanet. Bulgarisch: Kololjace. Croatisch: Shuka liwvadarka, Czechisch: Sluka stredni. Dänisch: Tredaekker, T'rredaelckerbekkasin, Stor Bekkasin. Englisch: Great Snipe, Double snipe, Woodcock-snipe, Solitary Snipe. Esthnisch: Topel nep. Finnisch: Heinäkurpa, Tuppelit. Französisch: B£cassine double, Grande B£cassine, Muzurello, Tronton, Romain, Becassole, Lombarde. Holländisch: Dubbele Snip, Poelsnip, Grasvogel, Grassnep. Italienisch: Croccolone, Arciruttani di Becca-ficer, Becassini imperiali, Lombard, Gnip, Sgnip, Sgnep, Sgnepun, Sgnepo, Mezzabecassa, Sgneppon, Chech, Pizzacaren, Avrilöt, Pizzardon cincal, Pizzacaret, Muta, Ciuchetta, Caverton, Beccazza falchetella, Beccadella, Beccanot, Beccasin marsenih, Pasqualino, Stornotta, Arcigola, Arcirittuns, Arcirittuni di beccaficu, Arcirittuni di li grossi, Sgnepön, Sgnepa, Meza becassa, Otochetta, Becanöto, Pzacara, Przzaccherino, Becassin marsenet, Starnotto imperiale, Crocculuni, Beccaceinazza. Lettisch: Kuwiga kikuts, Dupels. Maltesisch: Bekkach-ta-meja. Norwegisch: Dobbeltbekkasın. Polnisch: Bekas dubelt. Portugiesisch: Narseja grande. Russisch: Leshenok, Dupelj, Bekas-duppej. Schwedisch: Dubbelbeckasin, Beckasin. Spanisch: Agachadıza real, Becadell, Mec, Agachadera grande, Bequeruda. Suahelisch (Deutsch-Ostafrika): Kidjodjo-ndjo. Ungarisch: Nagy särszalonka. Scolopax major. Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 661. n. 36 (1788). — Lath. Ind. II. p. 714. n. 4. — Nilsson, Orn. suec. II. p. 102. n. 184. — Scolopax media. Frisch, Vög. Taf. 228. — Scolopax paludosa. Retz. Faun. suec. p. 175. n. 140. — Grande ou double Böcassinee Temminck, Man. nouv. Edit. II. p. 675. — Great Snipe. Lath. Syn. V. p. 133. n. 4. — Übers. v. Bechstein, IH. 1. S. 107.n. 4. — Beccacino maggiore. Stor. deg. uce. IV. t. 466. — Croccolone Savi, Orn. tose. II. p. 309. — Poelsnep. Sepp, Nederl. Vog. IH. t. p. 247. — Bechstein, Naturg. Deutschl. 2. Aufl. IV. S. 180. — Dessen Taschenb. II. S. 280. n. 2. — Wolf u. Meyer, Taschenb. II. S. 362. — Meyer, Vög. Liv- und Esthlands S. 193. — Meisner u. Schinz, Vög. d. Schweiz. S. 206. n. 197. — Koch, Baier. Zool. I. S. 313. n. 194. — Brehm, Lehrbuch IL S. 619. — Dessen Naturgesch. all. Vög. Deutschl. 8. 615. — Gloger, Schles. Faun. S. 48. n. 203. — Naumanns Vög. alte Ausg. IIL S. 11. Taf. II. Fig. 2. Männchen im Frühlingkleide. — [— Scolopax major. Naumann, Vög. Deutsch. II. Ed. VIII. p. 291. Taf. 208 (1836). — Ascalopax major. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. LXXVIII u. 216 (1840). — Scolopax major. Schlegel, Rev. erit. p. LXXXVI (1844), — Scolopax major. Schlegel, Vog. Nederl. p. 431 (1854—58). — Scolopax major. Nilsson, Skand. Faun. II. p. 266 (1858). — Ascalopax major. Lindermayer, Vög. Griechen]. p. 145 (1860). — Scolopax major. Fontaine, Faun. Luxemb. Ois. p. 220 (1865). — Scolopax major. Holmgren, Skand. Fogl. p. 845 (1866— 71). — Gallinago major. Deg]. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. H, p. 181 (1867). — Gallinago major. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. I. p. 1199 (1869—74). — Scolopax major. Wright, Finl. Fogl. II. p. 231 (1875). — Scolopax major. Fallon, Ois. Belg. p. 179 (1875). — Gallinago major. Dresser, Birds Eur; Tom. VII. p. 631. pl. 541 (1876). — Gallinago major. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed.. III. p. 336 (1882—84). — Gallinago major. Homeyer, Verz. Vög. Deutschl. p. 12. Nr. 254 (1885). — Gallinago major. Reyes y Prosper, Av. Espana p. 81 (1886). — Gallinago major. Giglioli, Avif. ital. p. 403 (1886); p. 614 (1889). — Gallinago major. Ar&valo y Baca, Av. Espaüa p. 542 (1887). — Gallinago major. Olphe-Galliard, Orn. Eur. occ. fasc. XIV. p. 20 (1891). — Scolopax major. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 504 (1891). — Gallinago major. Brehm, Tierleben, Vög. II. Aufl. p. 6 (1891). — Gallinago major. Frivaldszky, Av. Hung. p. 148 (1891), — Gallinago media. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 152 (1892). — Gallinago major. Collett, Norg. Fuglef. p. 202 (1893—94. — Gallinago major. Reiser, Orn. bale. II. p. 163 (1894); IV. p. 127 (1896). — Gallinago major. Cat. Brit. Birds Mus. XXIV. p. 626 (1896). — Gallinago major. Chernel, Magyarorszäg madarai II. p. 213 (1899). Jagdliche Litteratur: Dietrich a. d. Winckell, Handbuch für Jäger. 3. Aufl. 1899. Bd. II, S.51 ff. — Dietzels Niederjagd. 7. Aufl. 1892. S. 565 ff. — O. v. Riesenthal, Das Waidwerk. 1880. S. 796 ff. — Edward Czynk, Das Sumpf- und Wasserflugwild und seine Jagd. 1898. S. 8 ff. Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LX. Fig. 5, a—d (1845—53). — Bädecker, Eier eur. Vög. Taf. 53. Fig. 2 (1854). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds III. p. 237. pl. 28 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds pl. 41 (1896). — Poynting, Eggs of Brit. Birds (Limicolae) pl. 24. Fig. 1—12 (1896). —] J Kennzeichen der Art. (nicht ReTz.] = La Becassine de Savanes. BUFF. Pl. enl. 895), Die meisten Flügeldeckfedern haben sehr leuchtende, | die Savannenschnepfe, die aber noch um ein Bedeutendes grosse, mondförmige, hellweisse Spitzen; die zwei äussersten | Srösser ist und eine andere Zeichnung hat. Noch mehr ist Paare der 16 Schwanzfedern sind an der Endhälfte rein weiss. | dieses mit Scolopax lacunosa des Berliner Museums aus Montevideo und Paraguay der Fall, die unserer major nur in der Gestalt | und in der Anlage der Zeichnungen ähnelt, aber mehr als Sehr häufig ist diese Schnepfe verkannt und mit der noch einmal so gross und bedeutend grösser als unsere gemeinen Sumpfschnepfe verwechselt worden, was dem | Waldschnepfe ist und einen weit längeren und stärkeren Kenner kaum möglich scheint, da sie ausser den hier gegebenen | Schnabel als alle anderen Arten hat; ein gar herrlicher Vogel. Artkennzeichen sich auch im übrigen gar sehr unterscheidet, Sie hat ungefähr die Grösse einer Turteltaube (Turtur bei aller Ahnlichkeit in der äusseren Gestalt wie in der Art | turtur), aber eine fast noch stärkere und rundere Brust, dagegen und Weise der Zeichnungen und der Farben, um ein Dritteil | aber einen bei weitem kürzeren Schwanz, kürzere Flügel, grösser ist und einen im Verhältnis viel kürzeren Schnabel | viel höhere Beine u. s. w. Sie ist (ohne Schnabel) 22 bis hat, als die genannte Art. Eine ihr nahe verwandte Art lebt | 23,5 cm. lang; 47 bis 49,5 cm. breit; der Flügel vom Bug bis in Nordamerika, Gallinago paludosa (LATH. Ind. U. S. 714. n. 3. | zur Spitze 14,8 bis 15,3 cm. und der Schwanz 6,5 cm. lang. Beschreibung. 8 Die grosse Sumpf-Schnepfe, Gallinago major (Gm.). Die ruhenden Flügel reichen mit den Spitzen auf die Schwanz- mitte. Es giebt auch Individuen von kaum 21 cm. Länge und 45 cm. Breite; gewöhnlich junge Vögel im ersten Lebens- jahre. Das Gefieder ist etwas dicht, an den oberen Teilen ziemlich gross; die schwachgewölbten Flügel nicht besonders lang, aber breit, ihr Hinterrand sehr stark mondförmig aus- geschnitten, sodass eine vordere und hintere Flügelspitze entsteht, von welchen die letztere so lang ist, dass sie am ruhenden Flügel bis auf das Ende der dritten oder vierten srossen Schwungfeder reicht; beide bilden jedoch eine ab- serundete Spitze, weil die erste der grossen Schwingen etwas kürzer als die zweite und diese erst die längste von allen ist; sie haben etwas säbelförmig nach innen gebogene starke Schäfte, ein schief zugerundetes Ende, und vor ihnen steht jene kleine steife Schnepfenfeder, die an der Wurzel etwas breit, bald aber sehr schmal wird und sehr spitz endet. Die Schwungfedern zweiter Ordnung sind ziemlich gleichbreit, haben etwas schwächere, wenig nach hinten gebogene Schäfte und schief (nach hinten länger) kurz abgerundete Enden; die weichen Federn der hinteren Flügelspitze haben gerade, schwache Schäfte und ein schmal zugerundetes Ende. Der Schwanz hat 16 Federn!) und ein abgerundetes, in der Mitte etwas verlängertes Ende; seine langen Ober- und Unterdeck- federn lassen kaum ein Dritteil desselben unbedeckt. Im Verhältnis zu denen anderer Schnepfen und in Betracht der Grösse des Vogels ist der Schnabel schwächer und nicht so lang wie bei vielen anderen. Er hat eine Länge von 5,8 cm bis höchstens gegen 6,5 cm, sogar zuweilen nur von 5,5 cm, und ist an der Wurzel 9 mm hoch und 6 mm breit, also hier bedeutend höher als breit. Dies verliert sich aber spitzewärts nach und nach und wird kurz vor dem stumpf- spitzen Ende fast gleich. Er ist ganz gerade, der Unter- schnabel 4 mm kürzer als der obere, in diesen eingreifend, wodurch die eigentliche Schnabelspitze einfach wird. Seine Firste ist rund, kaum vorn ein wenig plattgedrückt, der Kiel durch eine vertiefte Mittellinie scheinbar bis zur Spitze gespalten, seine Mundkanten durch zwei parallel bis nahe an die Spitze fortlaufende Längsfurchen (in jedem Schnabelteil eine) wulstig. Die weite Nasenhöhle ist mit einer sehr weichen Haut über- spannt, die vorn gleich in die nächste Seitenfurche des Ober- schnabels verläuft, und die Nasenlöcher öffnen sich nahe an der Schnabelwurzel und dem Wulst der Mundkante kurz und schmal, doch durchsichtig, und mit dem oben etwas aufgetriebe- nen Rändchen scheinen sie verschliessbar. Der ganze Schnabel ist im Leben weich und sehr biegsam, nur die äusserste Spitze hornartig; im Tode trocknet er daher sehr zusammen, und vor der Spitze entstehen dann kleine Grübchen, die ihn hier rauh wie eine Feile machen, aber lange nicht so stark ausgedrückt sind wie bei den beiden folgenden Arten. Frisch ist die Farbe des Schnabels von der Wurzel an eine schmutziggelbliche Fleischfarbe, die von der Mitte an immer düsterer wird, gegen die Spitze in Braungrau und zuletzt in Schwarz übergeht. Im Frühjahre ist die Fleischfarbe stärker mit Gelb tingiert, bei recht alten Vögeln am meisten, und darum fast ein trübes rötliches Gelb zu nennen. Das Auge ist ziemlich gross, weit vom Schnabel entfernt und hoch oben am Scheitel höher gestellt als bei den beiden Familienverwandten, aber nicht so hoch und auch verhältnis- mässig von geringerem Umfange als bei der Waldschnepfe. Es hat einen tiefbraunen Stern, nach innen kahle, schwärzliche, nach aussen gelblich oder weiss befiederte Lider. Die Füsse sind nicht hoch, ziemlich stämmig, mit starken Gelenken, ziemlich langen Zehen und ohne Spannhäute. Über der Ferse ist nur der Anfang des Unterschenkels nackt, der weiche Überzug der Füsse vorn und auf den Zehenrücken setäfelt, übrigens schwach geschildert, die Zehensohlen fein- !, Die Zahl der Steuerfedern ist nach HARTERT Schwankungen unterworfen, wie bei Gallinago gallinago. 16 ist die übliche Zahl, es sind aber Exemplare mit 18 aus England und Italien bekannt geworden. J. R. Le a u 0 Eee a —— > 0. 2. oo ann 03 2 — oo 2 gg oT ET Em mg m en En OT ee ng om m EEE op > Dinner nam warzig. Die Mittelzehe ist etwas länger, als sie sonst bei anderen Vögeln vorkommt; die Hinterzehe ist etwas hoch gestellt und nach innen gerichtet, schwächlich, aber nicht kurz, sodass sie stehenden Fusses mit dem Krallenballen recht gut den Boden erreicht. Die Krallen sind weder gross noch stark, schmal, wenig gebogen, spitz, unten etwas aus- gehöhlt.e Das ganze Bein vom (wirklichen) Kniegelenk bis zur Spitze der Kralle der mittelsten Zehe misst 13 cm; der kahle Teil des Unterschenkels über der Ferse fast 1,2 em; der Lauf 3,5 cm; die Mittelzehe nebst der fast 6 mm langen Kralle 2,8 cm; die Hinterzehe mit der 3 mm langen Kralle 1,2 cm. Die Farbe der nackten Fussteile ist im Frühjahr eine schmutzige, gelbliche Fleischfarbe, mit grünlich über- laufenen Gelenken, im Herbst oft mehr oder weniger mit Blei- farbe überlaufen, sodass man sie „livid“ nennen kann; die der Krallen stets braunschwarz. Bald nach dem Tode, in welkem Zustande, wird die Fussfarbe noch mehr bleifarbig, getrocknet endlich zu einem unscheinbaren, zum Teil gelblichen Hornbraun. Das Gefieder hat im Frühjahr folgende Färbung: Von der Schnabelwurzel läuft mitten über den Oberkopf, von der Stirn bis zum Genick der Länge nach ein weisslich rostgelber Streif, neben ihm auf beiden Seiten ein vorn schmaler, hinten sehr breiter, schwarzer,. blass rostfarbig gefleckter; von der Nasengegend bis über das Auge zieht ein breiter licht rost- gelber, fein schwarz bespritzter Streifen, der über die Schläfe fortgesetzt, hier aber unterhalb mehr rostfarbig gemischt, dabei braunschwarz gefleckt ist und in die gleiche Zeichnung des Nackens übergeht; der Zügel ist braunschwarz; alle unteren Teile des Gesichts weisslich rostgelb mit kleinen dunkelbraunen Flecken, die vom Mundwinkel unter den Wangen hindurch einen Fleckenstreif bilden, wie denn auch unter dem Auge ein solcher, doch kürzer oder weniger deutlich sich findet; die Kehle ist gelblichweiss und am wenigsten gefleckt; die obere Halswurzel dunkel rostgelb, stark braunschwarz gefleckt; die Oberrücken- und Schulterfedern schwarz, mit schmalen : Querfleckehen und unterbrochenen, zackigen, bogigen oder mit dem Rande fast parallel laufenden, schmalen Binden von einem lichten Rostbraun und mit einem breiten, schön rost- gelben, aussen weisslich gesäumten Streif am Aussenrande der meisten dieser Federn, wodurch bei völlig geordnetem Gefieder vier breite schön rostgelbe Längsstreifen gebildet werden, von welchen auf jeder Seite des Mantels eine die Aussenseite der Schulterpartie, die andere die des Oberrückens begrenzt, die letzteren aber stets am deutlichsten dargestellt sind. — Der Unterrücken und Bürzel sind braunschwarz, mit dunkelrost- selben Federkanten und abgebrochenen Querstreifen; die oberen und unteren Schwanzdeckfedern rötlich rostgelb, mit braunschwarzen Schäften und Querbändern; die Schwanzfedern sind an der Endhälfte schön rostfarbig, fast rostrot, mit einigen eckigen schwarzen Querstreifen und weissen Spitzen, die nach aussen zu immer grösser werden; die zwei äussersten Paare endlich ganz weiss, an der Wurzel mit breiten, vorwärts schmäler werdenden, an der äussersten kaum über die Mitte der Schwanzlänge vorgehenden, schwarzen Querstreifen. Die hintere Flügelspitze hat hellrostbraune, schwarzgebänderte, fein weisslich gesäumte Federn; die zweite Ordnung Schwung- federn rauchschwarz, auf der Innenfahne gegen den Rand in Grau übergehend, welches fahlschwarz marmoriert ist, und mit weissem Endsaum; die Schwingen erster Ordnung fahl braunschwarz, die kürzeren mit weisslichem Endsaume, alle mit braunen Schäften, nur die vorderste mit schmutzigweissem Schaft und weisslicher Aussenkante; die kleine verkümmerte Schwungfeder braunschwarz, an den Kanten und an der Spitze weiss; die Daumenfedern, die Fittichdeckfedern, die grossen und mittleren Deckfedern vorn und auf der Mitte des Flügels rauchschwarz, dunkler als die Schwingen, mit sehr grossen, weissen, mond- oder muschelförmigen Endflecken; die hinteren srossen und mittleren Flügeldeckfedern hellrostbraun, mit schwarzen Zicekzackbinden und ebenfalls mit grossen weissen Spitzen; die kleinen Deckfedern schwarzbraun, die zunächst Die grosse Sumpf-Schnepfe, Gallinago major (GM.). 9 den mittleren noch mit weissen, am Schwarzen aber schon gelbbräunlich vertuschten, die nächsten mit gelbbräunlich- weissen Muschelflecken an den Enden, die kleinsten neben dem weissgefleckten Flügelrande einfarbig schwarzbraun. Auf der unteren Seite sind die vorderen und mittleren Schwungfedern glänzend dunkelbraungrau, an den inneren Fahnenkanten weiss- lich, dunkelgrau bespritzt und fein marmoriert; die hinteren Schwingen blass rostbraun, mit mattschwarzbraunen Zacken- binden; die unteren Flügeldeckfedern matt weiss, mit dunkel- braungrauen Querbinden, die besonders an den langen Achsel- federn (Ala nota Möhringi) am regelmässigsten und mit den weissen von gleicher Breite sind. — Die Gurgel ist trübe rost- gelb, schwarzbraun gefleckt, die Kropfgegend ebenso, doch etwas dunkler oder mit Rostfarbe untermischt, die sich auch über die Brustseiten und Tragfedern, aber wieder etwas blasser, verbreitet, und mit mehreren verschieden gestalteten, dunkel- und schwarzbraunen Flecken, die abwärts breiter werden und an den Seiten des ganzen Unterkörpers eine gebänderte Zeichnung darstellen, indem die grössten (die Tragfedern) ziem- lich regelmässige, gleichbreite, schwarzbraune und weisse Quer- bänder mit dunkelrostgelbem Anfluge haben; die Mitte der Brust und des Bauches ist gelblich- oder fast rein weiss, mit überall als Querflecke durchschimmernden dunkelbraunen Binden, die grösstenteils von den grossen weissen Enden der Federn ver- deckt sind, aber mehr sichtbar werden, wenn diese sich ab- gerieben haben, oder auch bei verschobenem Gefieder; die Unterschenkel braungelblich, dunkelbraun gefleckt. Zwischen beiden Geschlechtern ist äusserlich kein stand- hafter Unterschied zu finden; gewöhnlichÄst jedoch das Weib- chen etwas grösser als das Männchen. Das Kennzeichen jüngerer Vögel ist nicht immer. ein kürzerer Schnabel; denn es wird dies nicht selten auch umgekehrt gefunden, soweit man nämlich die Jugend an den Knochen zu erkennen im stande ist. Bei den anscheinlich älteren Vögeln sind die dunklen Querbänder auf der Mitte des Unterkörpers meistens deutlicher ausgeprägt, bei jüngeren diese Teile reiner, fast ungefleckt. Letzteres ist auch im Herbstkleide bei allen der Fall, ‘ im ganzen dieses aber ebenso gezeichnet wie das oben be- schriebene Frühlingskleid, nur dunkler und weniger schön ge- färbt; namentlich sind alle grösseren Flügelfedern weit dunkler, schwarz statt braunschwarz, die weissen Muscheln auf dem Mittellügel deswegen desto blendender, weil hier auch diese Federn, nämlich in der Herbstmauser, frisch hervorgewachsene sind, dort aber in der Frühlingsmauser nicht mit neuen ver- wechselt, sondern abgebleicht und abgenutzt erscheinen. Junge Vögel, unter denen man oft recht kleine Exem- plare findet, in ihrem vollständigen ersten Federkleide sind kaum von den alten Herbstvögeln zu unterscheiden, wenn man es nicht an der ausserordentlichen Weichheit des Schnabels und der Füsse und deren blasser Färbung, besonders an den dicken Fersengelenken, könnte; auch haben sie auf der Unter- brust etwas mehr Weiss als die Alten, und die weissen Muschein auf dem Mittelflügel sind kleiner, oberwärts auch gelblich über- laufen, daher nicht so leuchtend wie dort. [— Nach SHARPE ist das Gefieder der jungen Vögel weit mehr gelblichrot gefärbt als das der alten; die Seiten- ränder der Schulterfedern sind nicht so abstechend, da das Schwarz der oberen Teile mehr gleichförmig ist. Die inneren grösseren Deckfedern und die Unterseite der Schwungfedern zweiter Ordnung sind am Rande mit gleichbreiten weissen und rotbraunen Streifen versehen. Die weissen Spitzen der Flügel- deckfedern sind leicht rötlichgelb gefärbt und daher nicht so deutlich. Die Gesichtsseiten und der Nacken sind weit mehr gelbbraun als bei den Erwachsenen, und die weisse Oberbrust weist ebenfalls dunkle kreisrunde Streifen auf; auch die weissen äusseren Schwanzfedern sind mit einem dunklen Braun ge- streift. Der Nestvogel ist bekleidet mit Dunen von einem asch- farbigen Gelbbraun, das hier und da auf dem Scheitel, in der Rohweder, Unsere Schnepfen. Aus: Naumann, Naturgeschichte. Bd. IX, Mitte des Rückens und auf den Flügeln zum Fuchsrot neigt. Eine sehr breite Augenbraue zeigt ein isabellfarbenes Weiss, gleich den Seiten des Gesichts, und eine schwarze Linie reicht von der Mitte der Stirn bis zum Scheitel hinauf. Der Zügel wird von einer schwarzen Linie durchkreuzt, mit verschiedenen schwarzen Linien an der Seite des Gesichts. Die Rückenseiten sind schwarz, und in den Flanken befindet sich ein schwarzer Fleck. Die untere Körperfläche ist orangegelb mit einem schwarzen Fleck an der unteren Kehle; die Mitte der Brust und des Unterleibes isabellfarben weiss. —] Die Mauser der Alten beginnt schon gegen Ende Juli und wird ungefähr in einem Monate beendigt. Sie fliegen dann ungern und schlecht. Die Jungen mausern später und meisten- teils erst, wenn sie unser Land verlassen haben. Die Frühlings- mauser mag im März in südlichen Ländern vor sich. gehen, und nur die jungen Vögel kommen im Frühjahr noch mit Spuren derselben zurück, während die alten dann schon im vollständigen Frühlingskleide sind. Man bemerkt an ihm noch im Juli, kurz vor der neuen Mauser, keine Veränderung, als dass die Farben bleicher, besonders die Flügelfedern fahler geworden sind, und dass die dunklen Bänder auf der Mitte des Unterkörpers, weil sich die weissen Federspitzen mehr abgerieben haben, sichtbarer hervortreten. Aufenthalt. Die grosse Sumpfschnepfe scheint entweder nicht so hoch nach Norden hinauf zu gehen als die gemeine und die kleine, obgleich sie sonst fast in den nämlichen Ländern angezeigt wird, oder überhaupt mehr ein östlicher Vogel zu sein. Sie wird im mittleren Schweden nur ganz einzeln gesehen, häufiger in Finland, noch häufiger in Livland und Preussen, weniger häufig inDänemark und Schleswig-Holstein, in Holland auch nur einzeln, in England vielleicht in noch geringerer Anzahl, noch seltener in Frankreich. Zahlreicher scheint sie im nördlichen Asien zu sein, von woher sie im Winter nach den mittleren und südlichen Ländern dieses Erdteils wandert. [— Im Britischen Museum befindet sich ein Exem- plar, das angeblich von der Hudsonsbai stammt. —] Ausser in den genannten Teilen von Europa kommt sie zwar noch in allen übrigen vor, doch ungleich seltener im Westen als im Osten. [— In Skandinavien reicht ihr Brutgebiet bis gegen den 70. Grad nördlicher Breite; im südlichen Finland (60 bis 63 Grad) brütet sie nach PALMEN nicht häufig. Wie von hier aus die Nordgrenze ihrer Sommerheimat verläuft und wie weit diese sich durch das nördliche Russland und Sibirien ost- wärts erstreckt, ist noch nicht genau festgestellt. SEEBOHM traf sie noch ziemlich häufig an einem kleinen Nebenflusse des Jenissei; jedenfalls breitet sie sich bedeutend weiter nach Osten aus. —|] Im südlichen Russland und in Polen soll sie fast ge- mein sein, wie in Ungarn, wo ich sie im Anfange des Sep- tember 1835, namentlich in Syrmien und im Banat, selbst mehrmals zufällig, ohne darnach gesucht zu haben, angetroffen und erlegt habe, wo sie daher gewiss, wie ich auch von anderen erfuhr, sehr oft vorkommen mag [—; heutzutage ist sie dort nach V. CHERNEL eher selten. —] In Italien und Griechen- land ist sie ebenfalls angezeigt, und auch aus Nubien hat man sie erhalten. Demnach kommt sie also in vier Weltteilen vor [— (in Amerika angeblich einmal),!) —] ist jedoch, wie es scheint, in keinem Lande der Welt in solcher Anzahl vor- handen wie die gemeine Bekassine, die überall an Individuen ungleich zahlreicher als eine ihrer Familienverwandten ist, was auch für Deutschland gilt, wo auf 100 Stück von der gemeinen etwa nur eins oder einige von der grossen Art kommen, noch dazu nicht alle Jahre so; denn es giebt Jahre, in denen man an Orten, wohin sie sonst immer kamen, nicht eine antraf. Wo es weitläufige Sümpfe und nasse Wiesen- ‘) Im Cat. Birds Brit. Mus. ist der Fundort durch Einschluss in eckige Klammern als zweifelhaft bezeichnet. J. R. 2 10 Die grosse Sumpf-Schnepfe, Gallinago major (GM.). strecken in grosser Ausdehnung giebt, wie z. B. im Hannover- schen, Oldenburgischen, in Ostfriesland [— und im west- lichen Schleswig-Holstein, —] auch in anderen Gegenden Deutschlands, ist sie übrigens keine Seltenheit; [— in Ost- preussen brütet sie nach HARTERT regelmässig in der Tilsiter Niederung und im Kreise Darkehmen; —] auch hier in An- halt haben wir sie an mehreren Orten fast alle Jahre einzeln erlegt. | Als Zugvogel wandert sie im Frühjahre entweder nach Nordosten zu hier durch, oder bleibt hier, um bei uns zu brüten; und im Herbst zieht sie wieder nach Süden, um unter einem milderen Himmelsstriche zu überwintern. [— Einige mögen bereitsin den Mittelmeerländern zurückbleiben; doch scheint sie nach REISER in Griechenland niemals zu über- wintern. Ihre eigentliche Winterheimat bildet Afrika, wo sie viel weiter südwärts geht als die beiden anderen Bekassinen. STUHLMANN hat sie mehrfach in Sansibar und Deutsch- ostafrika erlegt. Das Britische Museum besitzt Exemplare aus Transvaal (Potchefstroom: Dezember, Januar, März, Sep- tember), Ovampoland (Februar), Natal (November), King- williamstown und Kapkolonie. Für Madeira bezeichnet HARTWIG sie als Irrgast. In Vorderasien ist sie bei Erzerum und Beyrut, auch in Mesopotamien, im nördlichen Persien und bei Fau am persischen Golf erbeutet, weiter östlich aber nicht be- kannt geworden. —| Sie scheint weichlicher und gegen die Kälte empfindlicher als die anderen, weil sie im Frühlinge später ankommt und im Herbste früher wegzieht; noch weniger überwintert jemals einein Deutschland, was von den beiden folgenden Arten schon mehrmals vorgekommen ist. Erst in der letzten Hälfte des April, oft nicht vor Anfang Mai oder gar erst gegen die Mitte desselben, wenn der Zug der ge- meinen Bekassine fast ganz aufgehört hat und die Pärchen derselben ihre Nistplätze bereits besetzt haben, kommt die grosse bei uns an, und zieht von Mitte August bis Mitte September, wenn der Zug jener nur eben begonnen, wieder von uns. Später wird man in Deutschland, auch in Ungarn, selten noch eine antreffen. Ihre Wanderungen macht sie des Nachts, gewöhnlich einzeln, im Frühjahr zuweilen wohl auch paarweise, weil man da manchmal, wo tags vorher keine war, am Morgen ihrer zwei, zwar nicht dicht nebeneinander, doch in keiner weiten Entfernung antrifft. Dies sind gewöhnlich schon gepaarte Pärchen, wie beim Öffnen der Zustand der Gechlechts- teile zeigt. Übrigens sind sie auf dem Zuge so wenig gesellig wie andere Schnepfen, obgleich, wo viele einzufallen pflegen, morgens nach einer glücklichen Zugnacht auch mehrere auf keiner gar grossen Fläche angetroffen werden können. Ihre Aufenthaltsorte sind die baumleeren, sumpfigen Niederungen von nicht zu unbedeutender Ausdehnung, die grossen Moräste und nassen, mit Sumpf wechselnden Wiesen, wo diese Teiche oder Seen umgeben, oder auch wo Flusswasser sich durch solche grüne Moräste hindurch windet; ferner Sümpfe, worin es nur seichtes Wasser, hin und wieder aber Schlamm und überall niedere Sumpfpflanzen in Menge giebt, sodass in einiger Entfernung kein Wasser zu sehen ist, alles eine grüne Fläche bildet, die aber nicht aus hohem Schilf und Rohr bestehen darf, doch damit abwechseln kann, zumal wo sich zwischen diesen stille Plätze finden, die bloss niedere Sumpfgräser und seichten Morast haben. Sie liebt besonders solche Brüche, die mehr zur Viehweide als zum Heumachen dienen, wo der morastige Boden von zahllosen Fusstapfen grösseren Viehes stellenweise gleichsam durchknetet ist, sowohl auf schlammigem als torfigem Boden. In den Erlenbrüchen, worin im Frühjahr die gemeine Bekassine so gern liegt, trifft man sie seltener an. Obwohl im allgemeinen sie sich in offenen Sümpfen und Morästen aufhält, so hat sie in diesen unfreundlichen Gegenden doch ihre besonderen Lieblingsplätze und zwar strenger als eine der folgenden Arten, wie sie denn auch selten an gleichen Stellen mit diesen vorkommt, vielmehr sich immer abgesondert hält. In der Wahl dieser Plätze ist sie besonders im Frühjahr eigen, und wir kennen aus langjähriger Erfahrung solche in oft besuchten Brüchen, wo wir nur diese grosse Art allein, und nur in dem Falle, wenn sie dort schon verstöbert war, dann auch anderswo antreffen. Diese Lieblingsplätze sind von geringem Umfange, meistens solche, die einen kurz be- grasten, gleichmässig zertretenen Boden und so wenig Wasser haben, dass dieses nur einen Teil der dichten Fusstapfen aus- füllt; oder auch solche, wo es bloss quellig ist, die sich schon von weitem durch ein frischeres Grün vor den Umgebungen aus- zeichnen und auf Wiesen, die jedoch nicht zu weit vom tieferen Sumpfe entfernt liegen, Stellen, wo man fast nie eine gemeine, eher zuweilen eine kleine Bekassine antrifft. Auf der Herbst- wanderung ist sie weniger wählerisch, doch auch dann oft an Stellen, wo der Jäger keine Bekassine suchen möchte, wo aller Sumpf vertrocknet ist, auf vom Viehe zertretenem, hartem, mit wenigen Gräsern vermischtem Schlammboden oder gar, wie es mir im banatischen Militärgrenzlande in Ungarn begegnete, im wilden Gestrüpp von halbmannshohen Sumpf- 'euphorbien, hohen Gräsern und dergleichen, auf zertretenem, aber nur vom Tau nassem Boden, neben kleinen Rohr- hühnern und Rohrdommeln, aber weit entfernt von anderen Sumpfschnepfen. Sie liebt das Wasser weit weniger als die gemeine Art; sie liegt daher in manchen Gegenden im Spätsommer im kurzen Grase bloss feuchter Wiesen, auf denen wenig oder gar kein Wasser vorkommt. In unseren Brüchen trifft man sie auch niemals auf den Kufen oder Pulten zwischen tieferem Wasser oder auf dem beweglichen, gleichsam schwimmenden Moraste, wo die anderen Arten so gern liegen, sondern immer nur an den Rändern der tieferen Sumpfstellen an, wo der Boden wohl mehr nass als trocken, doch nur zum Teil mit Wasser bedeckt ist. Über- all darf es nicht an kleinen Vertiefungen im Boden, an kleinen Grasstauden und dergleichen fehlen, wo sie sich am Tage leicht verbergen kann, was auf zu glatter Fläche nicht ge- lingen würde; sie lässt sich daher zu dieser Zeit auch nie an den ganz freien Ufern der Teiche, Pfützen und Lachen sehen, besucht solche aber in der Abend- und Morgendämmerung oder auch des Nachts, wenn diese nicht zu finster ist, wo sie, wie andere nächtliche Strandvögel, sich auch ruhig und still verhält. Am Tage verändert sie ungestört das Plätzchen, auf dem sie liegt, wenig oder gar nicht; sie scheint ihn zu durch- schlafen und zwar sehr fest zu schlafen. Hier aufgeschreckt, liegt sie meistens niedrig und nicht weit in einer Strecke fort und wirft sich dann wohl zuweilen an Orte nieder, die ihr sonst nicht zusagen, auf trockene Wiesen und Äcker, wo sie denn auch den Tag über ruhig liegen bleibt; da aufgescheucht, kehrt sie aber gewöhnlich zur ersten Stelle zurück. Eigenschaften. Die grosse Sumpfschnepfe hat wie andere Schnepfen ein etwas dummes Aussehen, wozu das lange Gesicht, die weite Entfernung des Auges von der Schnabelwurzel und das hohe, schmale Hinterhaupt das ihrige beitragen. Wenn sie ruhig steht, ist der Schnabel vorn stark gegen den Boden gesenkt, der Hals sehr eingezogen und dann besonders dick aussehend, der Rumpf in wagerechter Haltung und die Beine zwar in der Ferse nicht gebogen, oben aber so stark an den Leib hinauf- gezogen, dass die ganze Figur sehr kurzbeinig und überhaupt etwas plump aussieht. Sie geht behende, läuft aber nicht be- sonders schnell, was man nur in der Dämmerung aus einem Versteck oder an gefangenen beobachten kann, denn ihrer Flugkraft beraubte versuchen viel eher ein Versteck zu finden und sich zu drücken als zu entlaufen. Die fliegt zwar ziemlich hurtig, auch schnell genug, je- doch gegen andere Schnepfenvögel immer etwas schwerfällig, dazu meistens in gerader Linie fort und nie hoch, als nur des Nachts auf ihren Luftreisen. Sie scheint trägen Temperaments, läuft und fliegt ohne dringende Not nicht oder doch nie weit, was aber namentlich darin liegt, dass sie am Tage ruht und Die grosse Sumpf-Schnepfe, Gallinago major (GM.). 11 bloss in der Dämmerung und nachts in ungebundener Thätigkeit ist. Bei alledem ist sie jedoch zu allen Zeiten weniger be- weglich und weniger lebhaft als die gemeine Sumpfschnepfe und ein Hang zu gemächlicher Ruhe und Bequemlichkeit, an Trägheit grenzend, vorherrschender als bei irgend einer ein- heimischen Schnepfenart. Die Flügel streckt sie im Fluge nicht sehr weit vom Körper weg, wenigstens die äusserste Spitze nicht, indem das Handgelenk so eingebogen ist, dass der Aussen- rand des Flügels beinahe parallel mit dem Rumpfe liegt, eine Lage, wodurch der Flügel seinem Umfange nach in drei Teile zerfällt, nämlich ein Vorder-, ein Aussen- und ein Hinterrand entsteht, während bei Vögeln, welche den Flügel mit der Spitze gerade vom Leibe wegstrecken, nur ein Vorder- und ein Hinterrand gebildet wird. Alle Schnepfen fliegen auf jene Weise, wenn sie schnell fort wollen, wobei sie die Flügel rasch und kräftig schwingen; wenn sie sich aber aus der Luft herab- stürzen, ohne Schwingung der Flügel, ziehen sie sie noch näher an den Leib; wollen sie aber gemächlicher fortrücken, so entfalten sie dieselben mehr, und beim Schweben, was je- doch selten und nur auf ganz kurze Strecken vorkommt, sperren sie die Flügel ganz auseinander und ihre Spitzen gerade vom Leibe weg. Zudem strecken alle die Beine gerade hinten hinaus, ziehen den Hals ziemlich ein und lassen den Schnabel mit der Spitze stark gegen die Erde herabsinken. Unsere grosse Sumpfschnepfe unterscheidet sich fliegend von anderen dieser Familie bloss durch die grössere und plumpere Gestalt und den schwerfälligeren Flug, mit dem, wenn sie die Flügel recht schnell und kräftig schlägt, wie beim plötzlichen Auf- schwingen, ein wuchtelndes Getöse vergesellschaftet ist, das zwar nur in der Nähe vernehmbar, doch die Art sehr charak- terisiert, sodass sie der Geübte selbst im Finstern daran von der gemeinen Bekassine unterscheiden kann. — Das Nieder- setzen geschieht bald sanft unter kurzem Schweben und wenigem Flattern, bald ist es auch nur ein blosses Einstürzen. Im Notfalle können die Sumpfschnepfen auch schwimmen; sie machen aber nur Gebrauch von dieser Fertigkeit, wenn sie flügellahm geschossen sind, oder wenn sie auf der Flucht vor einem Raubtiere zeitig genug das Wasser erlangen können, in das sie dann auch untertauchen, was sie sonst nie thun. Sie ist ängstlich und furchtsam, doch dabei nicht scheu, lässt sich aber am Tage nur sehen, wenn sie aufgescheucht wird. Auf der Erde angekommen drückt sie sich sogleich wieder in eine Vertiefung des Bodens oder zwischen Pflanzen und liegt hier auf derselben Stelle still, bis sie von neuem aufgescheucht wird. Wahrscheinlich wechselt sie freiwillig ihr Plätzchen am Tage nie; wenn sie aber, wo sie recht ver- steckt und dabei recht sicher ist, auch herumschleichen möchte, so könnte dieses doch nur auf einem kleinen Raume geschehen, weil man sie immer genau auf derselben Stelle wieder heraus- stöbert, wo man sie stundenlang vorher sich niedersetzen sah. Kein Mensch hat ein solches Herumschleichen jemals beobachten können, ja es gehört unter die seltensten Fälle, dass einmal ein Jäger dicht vor seinem Vorstehhunde eine Bekassine in ihrer niedergedrückten Stellung gewahr wird. Sonderbarer- weise gleichen die Farben der Sumpfschnepfen denen ihrer gewöhnlichen Umgebungen so sehr, dass ein sehr geübter, äusserst scharfer und leicht unterscheidender Blick bei einer genügenden Annäherung dazu gehört, wenn sie das suchende Auge herausfinden soll; meistens noch unter dem Suchen stiebt sie auf, und betroffen schaut der Suchende das leere Plätzchen an, glaubend, dass er dies vorher genugsam gemustert habe, ‚ohne sie jedoch entdeckt zu haben, und es will ihm bedünken, sie müsse aus der Erde gekommen sein. Freilich ist ein solches Anschleichen auf vier bis sechs Schritte in solchen Umgebungen und in dieser Absicht immer noch eine grosse Entfernung. Ohne dass sie aus ihrem versteckten Lager auffliegt, können am Tage Menschen in geringer Entfernung von ihr verkehren, noch näher kann Vieh an ihr vorüberweiden; dieses und sehr oft auch den einzelnen Menschen hält sie sogar 80 nahe aus, dass sie dicht vor seinen Füssen erst herausfliegt, und vor dem Vieh nicht eher, bis sie befürchtet zertreten zu werden. Wenn sie in der Dämmerung an die Kante freier Wasser kommt, ist sie vorsichtiger und schüchterner; hier geht sie auch frei und ziemlich hochbeinig einher wie die folgende Art. Sie ist auch ebenso ungesellig gegen ihres- gleichen wie gegen andere Arten. Eine Stimme lässt sie äusserst selten hören, früher glaubte man daher, sie habe gar keine. Im Frühjahre haben wir öfters, besonders wo zwei nicht weit voneinander lagen, jede einzelne im Auffliegen ein sehr gedämpftes, nicht weit tönendes Bäd, bäd, bäd, bäd ausrufen hören, wenn sie das erste Mal aufgescheucht wurden. Beim nachherigen wiederholten Auf- stöbern flogen sie aber, wie zu anderen Zeiten, immer stumm auf. Eine andere Stimme, Paarungsruf und dergleichen ist uns nicht bekannt geworden. (Vergleiche jedoch den Abschnitt Fortpflanzung.) Nahrung. Die Untersuchung und Bestimmung der Nahrungsmittel hält bei den Sumpfschnepfen sehr schwer, schon darum, weil sie weichliche Geschöpfe verschlucken und schnell verdauen, als auch darum, weil man sie meistens am Tage erlegt, wo sie gewöhnlich nichts mehr im Magen haben, indem sie ihrer Nahrung meistenteils nur in der Dämmerung nachgehen. Sie besteht in allerlei kleinem Gewürm, das sich im Schlamme aufhält, in Insektenlarven, [— in der Tundra nach BREHM hauptsächlich aus Mückenlarven, —] kleinen Schnecken, aller- lei Wasserinsekten, auch kleinen Käfern und in Regenwürmern. Sie sucht diese Dinge in ganz seichtem Sumpfe, an schlammigen Wasserrändern oder auch in den nassen Stellen der Wiesen auf und zieht das kleine Gewürm unter der Ober- fläche des weichen Bodens hervor, indem sie mit dem Schnabel oft über 2,5 cm tief hineinsticht und vermöge des Gefühls in demselben die lebenden kleinen Wesen hervorzieht, ohne sie gesehen zu haben. An diesen Stellen, die sie auf diese Weise sondierte, findet man solcher Löcher viele und dicht beisammen; auch der weiche Viehdünger wird in dieser Absicht so durch- stochen. Beim Aufnehmen mancher Nahrungsmittel aus locke- ren, mehr moorigen Stellen mag es wohl kommen, dass hin und wieder zarte Wurzelteilchen zugleich mit gefasst und ver- schluckt werden, die auf diese Art nur zufällig in den Magen kommen, zur Zeit der Not vielleicht aber auch absichtlich, um ihn füllen zu helfen, verschlungen werden, sonst aber nach unserem Bedünken wohl schwerlich zu den gewöhnlichen Nahrungsmitteln zu zählen sein möchten. Mit den unverdau: lichen Resten derselben, ganz kleinen zarten Fasern, ist in- dessen der grünliche Brei, in den sich die animalischen Speisen im Magen sehr bald verwandeln, immer vermischt. Sie verschlucken auch die Larven der Phryganeen samt ihrem Köcher, wodurch denn abermals Pflanzenteile nebst zarten Konchylienschalen und groben Sandkörnern in ihren Magen kommen, die sie aber auch wieder durch den Schnabel in kleinen, länglichrunden Konvoluten, wie die kleinen Wald- vögel die unverdaulichen Flügel und Beine der Insekten, von sich geben. Dies geschieht auch mit dem Sande, den sie täg- lich und absichtlich verschlucken. Wenn auch aus dem Benehmen ganz guter Vorstehhunde zuweilen hervorgeht, dass diese Schnepfe an stillen und recht versteckten Orten manchmal ihre Stelle verändere und unbe- obachtet eine kleine Strecke durchlaufe, so ist doch noch nicht ermittelt, ob dies aus eigenem Antriebe und um sich Nahrung zu suchen, oder vielmehr aus Furcht vor dem Hunde erst kurz vor dessen gemächlicher Annäherung geschehen sein könne. Zudem liegt sie sehr oft an so wenig nassen Orten, dass da ein Suchen nach Nahrungsmitteln sie schwerlich be- friedigen möchte. Auch ist, wie schon berührt, solches Suchen am Tage von niemand beobachtet, wohl aber ihr lebhaftes Herumschwärmen am Abend, an den freien Wasserrändern und anderen Stellen, die sie am Tage verabscheut, woselbst man dann den nächsten Morgen die deutlichsten Spuren ihrer 12 Die grosse Sumpf-Schnepfe, Gallinago major (GM.). nächtlichen Anwesenheit, ihre Fährten, jene mit dem Schnabel gefertigten Löcher und ihre weissen Exkremente, findet. Wo sie bei ihrer wenigen Regsamkeit Nahrung in Menge findet und längere Zeit verweilt, wird sie bald ausserordentlich fett, wie sie denn auch zu keiner Zeit mager gefunden wird. Recht feiste sind gewöhnlich sehr träge und schwerfällig. Fortpflanzung. Nicht sowohl in nördlicher als vielmehr in nordöstlicher Richtung von uns soll diese Art sich häufig fortpflanzen; denn auf Island und in Norwegen fand man sie gar nicht, dagegen aber in Livland und in vielen anderen Teilen des russischen Reiches in Menge brütend, jedoch nicht so weit nach Norden hinauf wie die gemeine Sumpfschnepfe. Aber auch in Deutschland nistet sie gar nicht selten, namentlich in den schleswig-holsteinischen, hannöverischen und oldenburgischen Sumpfstrecken und hin und wieder auch in denen Mittel- deutschlands, wahrscheinlich unbeobachtet auch noch hin und wieder in anderen Teilen unseres Vaterlandes. Vor mehreren Jahrzehnten, als die Kultur nasser Niederungen bei uns noch wenig Fortschritte gemacht hatte, wo esin den ebenen Gegenden auch allenthalben tiefe und ausgedehnte Sümpfe gab, die jetzt durch ableitende Gräben und Kanäle trocken gelegt und zum Teil in Wiesen, zum Teil in fruchtbare Äcker umgewandelt sind, in jener Zeit, wo sich auf manchen solchen Strecken damals zahllose Schwärme der verschiedenartigsten Sumpf- und Wasservögel herumtrieben und daselbst sich ungestört fortpflanzen konnten, wo in jetziger Zeit nicht mehr an solche gedacht wird, damals war auch noch in unseren Brüchen die grosse Sumpfschnepfe in nicht unbedeutender Anzahl nistend anzutreffen. Noch vor ungefähr 40 Jahren nistete alle Jahre mehr als ein Pärchen in den mir am nächsten gelegenen Brüchen, und vor kürzerer Zeit noch zuweilen ein einzelnes; allein in den jüngst verflossenen Jahren, wo leider unerhörte Dürre vorherrschend war, die das Wassergeflügel vollends vertrieb, sind Heckvögel dieser Art dort eine grosse Seltenheit geworden. Sie werden auch bei dem wenigen Wasser mit zu leichter Mühe durch Wegschiessen vermindert, und es ist wohl kaum daran zu denken, dass beim Eintritt nasser Jahre sich die Sache der Vögel dort wiederum anders und besser gestalten sollte, wie sie den früheren Stand durchaus nie wieder er- reichen kann. [—Am oberen und mittleren Ob verweilt die grosse Sumpf- schnepfe nach BREHM oft wochenlang an einer Stelle, balzt, kämpft wie am Brutorte, schreitet aber nicht zum Nestbaue, sondern verschwindet plötzlich und eilt in die Tundra. Auch für Schleswig-Holstein ist sie der Hauptsache nach Durchzugsvogel, Sie erscheint hier, von allen Schnepten die letzte, frühestens von Mitte April an, meist aber erst im letzten Drittel dieses Monats, und die Waldschnepfenjagd hat in der Regel vor vierzehn Tagen ihr Ende erreicht, wenn die ersten „Doppelschnepfen“ eintreffen. Der Hauptzug findet im Mai statt. Bis Mitte Juni haben uns diejenigen verlassen, die ihre nordischen oder nordöstlichen Brutplätze, die Tundren Russlands oder Sibiriens, suchen. Der Frühlings-Durchzug dauert also, trotz des späten Be- ginns, gegen zwei Monate. Die Vögel mögen eben überhaupt keine Eile haben, an ihr Wanderziel zu kommen, und abwarten wollen, bis auch dort der Frühling eingezogen; ein nicht geringer Teil aber benutzt diese Zeit, um an einladenden, d. h. ihrer nordischen Heimat möglichst ähnlichen Reisestationen die der eigentlichen Paarung vorangehenden Liebesspiele auf- zuführen.?) ") Die folgende Schilderung eines Balzplatzes und des Balzspieles der grossen Bekassine, freilich schon 1891 (im Journal für Ornithologie XXXIX, S. 419) mitgeteilt, dürfte doch vielen Naumannlesern unbekannt geblieben sein und als bis jetzt einzige ausführliche Darstellung einer. der interessantesten Lebensäusserungen in der Vogelwelt hier nochmals einen Platz verdienen. dieses Balzspiels rührt von dem dänischen Kammerjunker und Jägermeister Die älteste mir bekannt gewordene Erwähnung Solcher Balzplätze giebt es im mittleren und nördlichen Schleswig mehrere. Sie werden von den Jägern „Knebber- platz“ genannt, eine aus dem Dänischen kommende Bezeich- nung, die im Folgenden ihre Erklärung finden wird. Ich habe drei dieser Plätze zu verschiedenen Malen während der Balzzeit besucht, von einigen anderen durch kundige Jäger mir eine Beschreibung geben lassen. Wie viele es deren im ganzen in meinem Beobachtungsgebiet geben mag, kann ich auch nicht annähernd bestimmen, da die Erkundi- gungen nach denselben bei den Vogelfängern überall auf Schwierigkeiten stossen.!) Die meisten werden seit vielen Jahren, zum Teil seit undenklichen Zeiten, von den Vögeln regelmässig besucht und nach Lage und Umfang genau inne gehalten, so lange keine besonderen Störungen (durch Schiessen etc.) oder wesent- liche Veränderungen der Örtichkeit selbst (durch die Kultur oder natürliche Umstände) eintreten. Der weiterhin beschrie- bene Knebberplatz z.B. ist seit ungefähr 60 Jahren von einem mir bekannten Jäger „bestellt“ worden. Die Vögel sammeln sich auf diesen Plätzen in der Regel zwischen dem 20. und 30. April. Anfang Juni soll nach der Behauptung einiger Jäger die Erregung der Balzvögel ihren Höhepunkt erreicht haben, worauf diese dann in den nächsten Tagen vom Balzplatz wie aus der Gegend verschwinden. Es sind übrigens nur Männchen, die sich hier zusammen finden. Die Weibchen bleiben zerstreut an ihren Futter- und Lager- plätzen, sind vielleicht auch schon zum Teil nach dem Norden vorangezogen; wenigstens scheint mir ihre Zahl, soweit ich habe feststellen können, bedeutend hinter der Anzahl der Männchen zurückzustehen. Das Balzspiel der grossen Sumpfschnepfe ist bis jetzt, soviel ich weiss, am besten von GADAMER beschrieben worden. (Vergl. Journal für Ornithologie 1858, S. 236.) Die folgende Darstellung wird in vielen Einzelheiten von dieser Beschreibung abweichen. Ich habe sie nach dem ersten, unter besonders günstigen Umständen ausgeführten Besuch eines Knebber- platzes sofort niedergeschrieben und die späteren Beobachtungen mit diesen Aufzeichnungen verglichen, zu wesentlichen Ab- änderungen aber keine Veranlassung gefunden. | Am 7. Mai holte ich meinen alten Freund, den 76 jährigen „Jens-Jäger* ab, der mich schon vor der Hausthür erwartete; denn die Uhr war bereits halb 7, und bis zum Knebberplatz hatten wir noch reichlich eine halbe Stunde zu gehen. Wir machten uns daher sofort auf den Weg. Ami, ein Mittelding zwischen Pinscher und Schäferhund, begleitete uns. Bald bogen wir vom Feldwege ab in die Wiesen hinein. Unterwegs er- zählte Jens mir, dass die „Doubletten“ in diesem Jahr (1887) am 27. April eingetroffen seien; ein paar Dutzend wären be- reits nach Husum „gewandert“, aber täglich neuer Zuzug habe den Abgang mehr als gedeckt, und der Knebberplatz wäre augenblicklich aufs beste besetzt. Seine Vermutung, dass die Besucher des Platzes lauter „Hekens“ (Männchen) seien, konnte ich zu seiner Freude bestätigen, da ich die nach Husum abgegangenen nicht bloss auf ihren Wohlgschmack, sondern auch auf ihr Geschlecht untersucht und gefunden hatte, dass es ausnahmslos Männchen seien. So unter lebhaftem Gespräch kamen wir durch Wiese und Sumpf in die Nähe unseres Zieles. | Einförmig und einsam breitet sich vor uns eine niedrige TEILMANN her, der 1823 in seinem „Forsög til en Beskrivelse af Danmarks og Islands Fugle“ schreibt: „Die Männchen beginnen gleich nach ihrer An- kunft (Ende April), sich mit Sonnenuntergang an den Spielplätzen einzu- finden. Sie pfeifen (piber) fein, breiten den Schwanz aus nnd knäbbern.* J. R. ') Ausser dem Entenfang in den Vogelkojen und dem Gänse- und Entenfang mit Schlag- und Stellnetzen auf unseren Nordsee-Inseln giebt es allerdings keinen systematischen Vogelfang in Schleswig-Holstein; aber manche Jagdbeflissene wissen doch die nach Örtlichkeit und Zeit sich ihnen bietende Gelegenheit zu einem einträglichen Laufschlingen- stellen wohl zu benutzen. Sie bewahren aus leicht zu begreifenden Gründen über ihr Geschäft meist das tiefste Geheimnis. J. R. Die grosse Sumpf-Schnepfe, Gallinago major (GM.). 13 Heidefläche aus. Weit zurück am Abhange der die moorigen Wiesen umschliessenden sandigen Höhen liegen, stundenweit auseinander, ein paar kleine Dörfer. Drei oder vier Ansiedler haben sich näher an die unwirtliche Gegend herangewagi und unter mühevoller Arbeit einem Stück des undankbaren Bodens wenigstens soviel Kultur beigebracht, dass sie im Besitz eines kleines Gärtchens und einiger Stückchen Ackerlandes ein ent- behrungsreiches Dasein fristen können. Das von einer solchen Kätnerei herübertönende Peitschengeknall, mit der ihr Be- sitzer ein paar Stück Jungvieh aus der Weide heimtreibt, ist der letzte Laut, der uns an menschliches Thun und Treiben in dieser Wildnis erinnert. Auch die Tierwelt lässt nur wenig Stimmen vernehmen: auf den angrenzenden Wiesen lockt ein Kiebitz, einige Himmelsziegen beschreiben dumpf meckernd ihre Wellenkreise; hin und wieder ein Kuckucksruf und aus jenem fernen Sumpf herüber das vielstimmige, pausenlose Frühlingskonzert der Frösche, — das ist alles, was durch die milde, unbewegte Abendluft klingt. Wir sind unterdes einige hundert Schritte in die Heide hineingegangen. Wahrlich, sie ist trostlos genug, um das ge- ringe Tierleben erklärlich zu machen. Kein Strauch weit und breit, wenn man nicht den harzduftenden, fusshohen Gagel mit diesem Namen beehren will; selbst jene Abwechslung von trockneren Partien mit höherem Heidekraut, wiesenartigen Niederungen mit kurzem Grasrasen und sumpfigen Pfützen mit üppigem Binsendickicht, wie man sie sonst in unseren Mooren zu finden pflegt, fehlt hier; keine grössere Wasserfläche, nicht einmal eine Torfgrube; nur am Rande ein breiter Graben, der das bräunliche Wasser aus kleinen Rinnen des Moores auf- nimmt. Die einzige Unterbrechung des eintönig graubraunen Heidegrundes wird durch sparsame kleine grüne Flecke ge- bildet. sie liegen ein wenig niedriger als ihre Umgebung. Der weiche Boden ist vor alten Zeiten vom Vieh zertreten; es haben sich fusshohe Kufen gebildet, hier „Bülten“ genannt, zwischen denen bald schmäler, bald breiter, vertiefte Gänge sich hindurch winden und ein Labyrinth von Laufgräben bilden. Die Erhöhungen sind mit Carexarten, Wollgras und anderen sogenannten sauren Gräsern bewachsen, in den Vertiefungen bilden Moose ein dichtgeschlossenes feuchtes Polster. In regen- reicher Zeit mögen solche Niederungen sich wohl zum Teil mit Wasser füllen, aus dem die „Bülten“ wie kleine Inseln hervorragen. In einer solchen Niederung machen wir Halt: wir befinden uns auf einem alt berühmten Knebberplatz! Auf sämtlichen Bülten ist das Gras niedergetreten und vom „Gestüber“ der Bekassinen weiss übertüncht. In dem Moospolster der Niede- rungen sind schmale, rinnenartige Gänge mehrere Zoll tief ausgetreten; sie verlaufen kreuz und quer, um sich hier und dort auf etwas freieren, ein paar Quadratmeter grossen Flächen | zu vereinigen, deren Moos gleichmässig zertreten ist. Der ganze Platz mag etwa 3 bis 400 Quadratmeter gross sein. Beim Betreten desselben erhoben sich drei Doppel- schnepfen und flogen in die Heide hinein. „Die findet man immer hier,“ meinte mein Führer, „sie scheinen tags über Wache zu halten und werden bald wieder zurückkommen. Hier wollen wir uns niedersetzen.* Auf meine Bemerkung, dass wir uns ja, völlig ohne Deckung, auf dem Spielplatz selbst befänden und die Vögel, die uns schon aus der Ferne sehen könnten, sich nicht heranwagen würden, erwiderte Jens: „Da- rum kümmern sie sich gar nicht.“ Dieselbe Antwort erhielt ich, als ich ihn aufforderte, den umherschnüffelnden Ami heran- zurufen. Auf zwei verhältnismässig wenig überkalkten Bülten machten wir es uns bequem, und so in etwa drei Schritt ein- ander gegenüber sitzend, warteten wir der Dinge, die da kommen sollten. | | Die Uhr war reichlich halb 8. Die Sonne berührte bald den Horizont. Eine leichte Dämmerung breitete sich bereits über das Moor. Die Gegenstände der Ferne traten nur noch in verschwommenen Umrissen hervor. Da kam die erste Be- in fast schwerfällig zu nennendem Fluge strich sie niedrig, etwa drei Fuss über der Heide daher, schweigsam, aber mit den Flügeln ein recht lautes „wuff, wuff, wuff“ verursachend, und nahm ungefähr zehn Schritte von uns zwischen den Bülten Platz. Unmittelbar nach dem Niedersetzen sträubt sie etwas das Gefieder, streckt den Kopf vor, richtet den langen Schnabel schräg nach oben und beginnt jene eigentümliche Musik, die dem Schauplatz ihrer Aufführung eben den Namen „Knebber- platz“ verliehen hat. Dieses durch das Zusammenschlagen von Ober- und Unterschnabel hervorgebrachte Knebbern lautet etwa wie „knebbebbebbebbeb .. ..“, dauert in einem Zusammen- hang ungefähr fünf Sekunden und nimmt an Schnelligkeit der Silbenfolge wie an Stärke während dieser Zeit ganz allmählich ab, wird also ritardando und decrescendo vorgetragen. Das von GADAMER empfohlene Experiment giebt in der That die beste Vorstellung von dieser sonderbaren Musik. Ich gebe dessen Beschreibung hier wieder, da nicht allen Lesern der betreffende Aufsatz zur Hand sein dürfte. „Man drücke ein fast 6 mm dickes Fischbein mit der einen Hand auf einen massiven Tisch in der Art, dass das Fischbein nur etwa mit T bis 9,5 cm auf dem Tische aufliest und 60 cm über den- selben hinausragt. Biegt man nun dasselbe von aussen mit einem Finger in die Höhe und lässt es gegen die Tischplatte fallen, so entsteht ein vibrierender Laut, der vollkommen dem der Doppelbekassine gleicht.“ | Unterdes, das heisst im Verlauf von etwa zehn Minuten, ist ein zweiter, dritter... . zehnter Vogel angekommen. Das laute Wuchteln des Flügelschlages kündigt jeden heranstreichen- den deutlich an. Selten hört man daneben ein dumpfes „kortsch.“ Alle machen es bei ihrem Antritte genau wie der erste, d.h. führen sich mit einer Knebberstrophe ein. Bis jetzt ging auf dem Platz noch alles friedlich her. Bald aber — es haben sich mittlerweile vielleicht gegen zwanzig Stück eingestellt — treffen hier und dort in ihren Laufgängen zwei auf- einander, und nun beginnt ein kurzer Kampf, der an das Turnier der Kampfhähne erinnert, aber nicht so ernstlich wie von diesen, nicht mit solch ritterlicher Würde ausgefochten wird. Die beiden Kämpen fahren mit ihrer Schnabellanze auf- einander los, geraten Leib gegen Leib, richten sich hoch em- por, schlagen einige Male mit den Flügeln, laufen auseinander und — stehen mit einer so langweiligen Gebärde da, als ob sie nie der geringsten Aufregung fähig wären. Ich habe bei den vielen, die von der Arena direkt in meine Hände gelangt sind, nicht die Kleinsten Spuren von Verwundungen oder über- haupt irgend welche Zeichen bestandener Kämpfe auffinden können. Während ich gerade meine Aufmerksamkeit auf ein solches, unmittelbar vor meinen Füssen sich abspielendes harmloses Turnier richtete, wurde ich durch ganz neue, mir bis dahin völlig fremde Töne überrascht. „Bibbelibibibibibibiibii... biiie“ klang es von dort rechts herüber. Die ersten Silben bilden in der Form eines Doppelschlages eine Art Einleitung, die nächsten sind am stärksten betont, und die nun folgenden werden bis zum Ende der Strophe immer länger ausgezogen; das i ist von Anfang an sehr hoch und fein; der Vortrag auch hier ritardando und decrescendo, wenig laut, fast flüsternd. Eine allgemeine Bezeichnung für die Tonfolge lässt sich schwer finden. Ich habe sie in meinem Tagebuche mehrfach „Ge- zwitscher“ genannt, doch passt dieser Ausdruck eigentlich nur, wenn mehrere Vögel zu gleicher Zeit „bibbern“. Gegen das Ende der Strophe scheint der Vortragende in grosse Aufregung zu geraten; das Gefieder wird gesträubt, die Flügel gespreizt und der Schwanz fächerförmig ausgebreitet. Während dieses Gebärdespieles wird oft das Bibbern unterbrochen von einem dumpfen „orrorrorrorrorr“. Letzteres erinnert an den be- kannten Balzgesang der Himmelsziege (Gallinago gallinago), das Meckern, klingt aber nur leise, sehr tief und hohl, ich möchte sagen bauchrednerisch. Die Uhr war 8. Immer mehr Vögel waren herbeigekommen. kassine herangeflogen. Mit auffallend langsamen Flügelschlägen, | Mindestens 50 bis 60 waren versammelt; es konnten vielleicht 14 Die grosse Sumpf-Schnepfe, Gallinago major (GM.). gegen 100 sein. Ich hatte ja zuletzt nicht mehr auf die An- kömmlinge geachtet; ausserdem ist wahrscheinlich, dass viele sich laufend genähert. Jedenfalls war der Sängerchor jetzt vollzählig auf dem Platz. Im Verhältnis zu seiner allmählichen Verstärkung hatte natürlich das Knebbern und Bibbern zu- genommen; beides wechselte miteinander ab, doch wurde nach und nach das Knebbern seltener, während das Bibbern immer häufiger wiederholt wurde, immer kräftiger ertönte, immer mehr an musikalischem Vortrag gewann und sich schliesslich zu einem geordneten Chorgesang der wunderbarsten Art gestaltete. Wir sassen in der- Nähe des westlichen Randes auf dem Balzplatz; die Vögel befanden sich also östlich von uns; und es schien, als hätten sich die Künstler in einem grossen Halb- kreis von etwa 40 Schritt Länge um den Zuhörerraum in Reihe und Glied aufgestellt, und als würde der Vortrag von einem Dirigenten geleitet. | Auf dem linken Flügel beginnt ein einzelner Sänger: Bibbelibi — als ob er einen Solovortrag halten wollte. Aber kaum hat er angefangen, so setzt neben ihm ein zweiter ein, dann in rascher Aufeinanderfolge ein dritter, vierter, fünfter u. Ss. w., alle in derselben Tonhöhe und im selben Takt das- selbe Thema fugenartig wiederholend; und indem so der Ge- sang vom linken Flügel aus nach rechts sich fortpflanzt, schwillt er vom Solo an zum vielstimmigen Chor. Bevor aber noch der äusserste rechte Flügel zum Einsatz gekommen ist, ver- stummt am linken eine Stimme nach der anderen in der Reihen- folge wie sie begonnen; und allmählich immer mehr an Stimmenzahl abnehmend, schliesst der Gesang am entgegen- gesetzten Ende mit einem leisen einstimmigen „biiieh“. Dann folgt eine kurze lautlose Stille. Und nun wiederholt sich das- selbe Lied, entweder von demselben Flügel aus in derselben Richtung an- und abschwellend, oder aber zur Abwechslung rechts beginnend und am linken Ende aufhörend. Nicht ein einziges Mal habe ich bemerkt, dass aus der Mitte ein Stimm- führer sich erhob. Anfangs wurden die Pausen dann und wann noch durch ein vieltöniges Geknebber ausgefüllt; dann wurde dieses seltener, und nach ungefähr einer Stunde hörte es ganz auf. — Mit welchen Pantomimen die Sänger ihren Vortrag be- gleiteten, liess sich nach dem vorher Beobachteten leicht aus- malen. Leider verhinderte die Dunkelheit, diesen wesentlichen Teil der ganzen „Vorstellung“ zu geniessen. Nur die weissen Seitenfedern des ausgespreizten Schwanzes leuchteten anfangs noch vom dunklen Grunde der Schaubühne auf, gleich dem phosporischen Schimmer im Riedgras verborgener Leuchtkäfer. Schliesslich erloschen auch sie. Durch die Anwesenheit der Beobachter wurde die Vor- stellung nicht im geringsten gestört. Weder unsere laute Unter- haltung, noch das Anbrennen der Pfeife oder Cigarre, noch selbst das Rufen und Flöten nach Ami veranlasste die Vögel, Gesang und Spiel auch nur auf kurze Zeit zu unterbrechen. Einzelne kamen ab und zu ganz nahe an uns heran; und nur wenn ich einmal nach einem bis auf Armeslänge meinem Sitz sich nähernden rasch die Hand ausstreckte, erhob er sich mit Gefluster ein paar Fuss vom Boden, um sich sofort, vielleicht einen Schritt weiter, wieder niederzulassen. Ich wurde nicht müde, dem wunderbaren, in der Vogel- welt einzig dastehenden Balzgesang zuzuhören; aber als von etwa 9!/, Uhr an die Pausen länger wurden, der Gesang selbst an Lebhaftigkeit verlor, zudem im Südwesten ein Gewitter heraufzog und ich immer noch ein paar Stunden zur Heim- reise gebrauchte, so verliess ich gegen 10 Uhr das Moor mit seinem sonderbaren Sängerchor. Noch bis zum Rande der Heide, vielleicht gegen 1000 Schritt vom Balzplatz entfernt, klang es wie flüsterndes Gewisper durch die stille Frühlings- nacht zu mir herüber; dann wurde es still. — Der stärker rollende Donner verkündete für die Nacht den Beginn eines anderen Naturschauspiels, grösser, erhabener, aber auf das Gemüt — wenigstens auf das eines Ornithologen — nicht stärker einwirkend als jenes geheimnisvolle Treiben der Sumpf- schnepfe im Moor. Nur eine geringe Anzahl unserer Vögel bleibt während des Sommers hier, um ihr Brutgeschäft in den grossen Heiden, Mooren und Wiesenniederungen unserer Provinz, besonders des nordwestlichen Schleswig, zu besorgen. Hier (wie auch im übrigen Deutschland) findet man daher die Nester selbstver- ständlich bloss ganz vereinzelt. Aber auch an ihren nörd- lichen Nistplätzen bewahrt sie während der Brutzeit ihre Un- geselligkeit. Nach BREHM „behauptet in der weiten Tundra jedes Paar seinen ausgedehnten Stand, und wenn es erst fest brütet, begegnet man immer nur ihm, niemals Gesellschaften. Selbst die fHugbaren Jungen verweilen bloss kurze Zeit bei den Eltern und gehen baldmöglichst ihre eigenen Wege.“ —] Die nisten in grossen, von Bäumen und Gebüschen völlig freien Brüchen, Gegenden, wie sie schon oben beim Aufenthalt näher bezeichnet wurden, auch bei uns. Im Anfange des Mai sind sie an ihren Nistplätzen; Männchen und Weibchen liegen dann nicht weit voneinander und sehr fest, fliegen aber, wenn man ihnen zu nahe kommt, nur einzeln nacheinander auf, fallen jedoch sehr kurz, aber auch nicht nahe nebeneinander wieder ein. Sie halten in dieser Zeit bis zum Ertreten nahe aus. Das Nest findet man seltener auf Wiesen, sondern meist im Sumpfe, von morastigem Wasser umgeben, auf einem etwas trockenen Hügelchen, wie es deren an manchen Orten un- zählige dicht nebeneinander giebt, meistens nahe am Rande der Sumpfstellen, oder doch nicht da, wo das Wasser, das solche Inselchen umgiebt, zu tief ist, wie meist in der Mitte solcher Flächen.!) Gewöhnlich ist das junge Seggenschilf, das meistens diese Inselchen bekleidet, um diese Zeit erst eine Hand lang hoch. In solchen Büschchen drückt das Weibchen in der Mitte die jungen Blätter nieder, wodurch eine ziemliche Vertiefung entsteht, die es etwas rundet und dann mit trocke- nen Hälmchen und Blättern von nachbarlichen Gräsern nicht eben sparsam, aber kunstlos auslegt. [— Doch habe ich das Nest mehrfach auch auf trockenen Wiesen gefunden, hier aber gewöhnlich nicht in dem gleichmässig hohen Grase, sondern dicht neben einer grösseren Pflanze, einer Distel, Sumpfdotter- blume und anderen kräftigen Stauden; einmal unmittelbar neben einem Fusssteige, der von Arbeitern täglich begangen wurde. Auch nach BREHM nimmt die Doppelschnepfe ihren Sommer- stand nicht im eigentlichen Sumpfe, sondern „ausschliesslich auf ziemlich trockenem Boden, in der Tundra zwischen dem Zwerg- birkengebüsche auf moosigem Grunde oder im Riedgrase.“ —|] Immer ist das Nest wegen der gleichförmigen Umgebungen sehr schwer aufzufinden, man müsste denn den Vogel an der Stelle schon mehrmals bemerkt und diese sich bezeichnet haben. Gewöhnlich liegt das Weibchen, wenn es nicht auf den Eiern sitzt, in geringer Entfernung vom Neste. Die Eier, nie mehr als vier an der Zahl, findet man in Deutschland nicht leicht vor Mitte Mai, oft gegen Ende dieses Monats, je nachdem gute Frühlingswitterung sich früher oder später einstellte [—, an den nordischen Brutplätzen oft erst Anfang Juni —]. Die grosse Sumpfschnepfe legt in der Regel um eine bis zwei Wochen später als die gemeine Bekassine. \) Diese grünen Inselchen, unter mancherlei Namen: Kufen, Kupen, Kaupen, Kampen, Bülten und Pulten bekannt, haben ihr Entstehen den im Vorsommer dort täglich weidenden Rindviehherden zu verdanken. Diese zertreten nämlich den weichen Boden an den nassesten Stellen in viele abgesonderte Teile, zwischen denen sich nun das Wasser sammelt, worin das Vieh, weil der Schmutz ihm hier nicht so an den Beinen kleben bleibt, lieber watet und dabei die entstehenden Inselchen umgeht, auf denen nun, weil sie nicht mehr zertreten werden, die sie bedeckenden Pflanzen besser wurzeln können, wodurch sie nach und nach immer fester werden, sowie sich die Zwischenräume von Jahr zu Jahr tiefer austreten. Diese Kufengefilde sind fast allen Sumpf- und vielen Wasservögeln ein erwünschter Aufenthalt, weil sie ihnen Nahrung‘ und Schutz zugleich ge- währen; steht das Wasser mit den Hügelchen in gleicher Höhe, so sind sie von Enten und Rohrhühnern, steht es niedrig, von Schnepfenvögeln, sind die Pflanzen auf den Hügelchen hoch aufgewachsen, von Rohrdommeln, Rohrsängern und anderen belebt; ist es endlich Winter geworden und kein Wasser in den Zwischenräumen, so werden sie von Hasen und Rep- hühnern, auch von Füchsen bewohnt. In der Brutzeit sind sie die Sammel- plätze aller dort nistenden Vögel und der sicherste Zufluchtsort ihre Jungen. Naum. | Die grosse Sumpf-Schnepfe, Gallinago major (GM.). Die Eier sind denen der letzteren in der Gestalt, Farbe und Zeichnung zwar sehr ähnlich, aber um ein Bedeutendes grösser, wodurch sie sich leicht unterscheiden lassen. Sie haben reich- lich die Grösse derer des Gambettwasserläufers, was ge- rade nicht viel sagen möchte, da die grosse Sumpfschnepfe ein grösseres Körpervolumen hat als jener, wenn nicht be- kannt wäre, dass die Schnepfen, obgleich verhältnismässig immer noch grosse Eier, doch beinahe die kleinsten von allen schnepfenartigen Vögeln legten. Ihre Gestalt ist zwar etwas birnenförmig zu nennen, ist dies jedoch nicht so stark, weil der Bogen des Bauches sanfter verläuft, obwohl das eine Ende sehr spitz, das andere aber im Gegensatze nicht so schnell abgerundet ist, wie z. B. bei denen der Strand- und Wasser- läufer. In der Grösse variieren sie bedeutend, von 42 mm Länge und 30 mm Breite bis zu 45 mm Länge und fast 32 mm Breite. |— Nach zwölf Eiern der Rryschen Sammlung beträgt das Durchschnittsmaß 47,2 x 30,9 mm; Maximum 47,9 x 30,5 und 47,2 x 31,3 mm; Minimum 46,531 und 47,3>x<30 mm; Durchschnittsgewicht 1,107 g.—] Oft ist ein Ei im Neste be- sonders klein, und wenn man weiss, dass aus kleineren Eiern auch schwächlichere Junge kommen, so ist es eben kein Wunder, wenn die erwachsenen Vögel sehr in der Grösse variieren. Die Schale dieser Eier ist feinkörnig, glatt, aber ohne Glanz, olivengrün, stark ins Olivengelbe spielend, in matter Anlage, oft ins grüngelblichbräunliche Weiss abgebleicht; die Zeichnungen sind braungraue Punkte und Flecke inner- halb der Schale und auf ihr Punkte und verschieden gestaltete, doch oft gerundete, meist ansehnlich grosse Flecke von einem sehr dunklen Ölivenbraun oder fast Schwarzbraun, die eine deutlich spiralige Anordnung zeigen und sich am stumpfen Ende häufen, bei einigen fast einen undeutlichen Flecken- kranz bilden, nach der Spitze des Eies zu aber stets viel kleiner und sparsamer verteilt sind. Ausserdem finden sich sehr oft einige in beliebiger Richtung stehende Schnörkel oder Wurmlinien. In der Höhe und Tiefe der Grundfarbe giebt es viele Abweichungen, wie auch im Geflecktsein, wobei noch zu bemerken ist, dass sie in Sammlungen sehr am Grünlichen verlieren und auf die Länge viel brauner werden. Mit denen des Totanus totanus haben sie zwar viele Ähnlich- keit, diese spielen aber, namentlich wenn sie länger in Samm- lungen waren, viel stärker ins Gelbe, vorzüglich auffallend ins Rötlich- oder Rostgelbe, und die Fleckenfarbe ins Rot- braune. Das Weibchen sitzt den ganzen Tag über den Eiern und so fest, dass es sich fast mit Händen darauf ergreifen lässt. Aufgescheucht fliegt es nicht weit und kehrt bald wieder auf das Nest zurück, wenn man ihm auch ein Ei geraubt oder jenes gar mit Schlingen umstellt hätte. Ob das Männchen ab- wechselnd brüten helfe, ist nicht beobachtet, ich zweifle aber daran. Nach 17 bis 18 Tagen schlüpfen die Jungen aus den Eiern, und während dieser Zeit ist das Seggenschilf oder Gras, welches das Nest umgiebt, gewöhnlich so hoch gewachsen, dass man den brütenden Vogel in dem Grünen kaum noch sitzen sieht; steht eine Staude von der hohen Sumpfeuphorbie daneben, so ist es dadurch noch mehr versteckt. Sobald die Jungen abgetrocknet sind, verlassen sie das Nest, und die Alten führen sie zwischen die höchsten und dichtesten Kufen, wo jene ohne Hund nicht aufzufinden sind. Im Dunenkleide ähneln die Jungen denen der gemeinen Art so sehr, dass sie nur durch die ansehnlichere Grösse und an den sehr kurzen Schnäbelchen von ihnen unterschieden werden können. Sie kommen nicht zum Vorschein, bis sie endlich flugbar werden, wo sie in der ersten Zeit aber auch nur ein guter Hund auf- finden und aufstöbern kann. Sind sie schon einmal aufgejagt, so hält es das zweite Mal noch schwerer, dies zu bewirken, und wo sie sich dann wieder versteckt haben, liegen sie so fest, dass man sie würde greifen können, wenn man sie zu sehen bekäme. Im Anfange des Juli, wo sie zu mausern anfangen, verschwinden die Alten von den Brut- plätzen. 15 Feinde. Jedem nicht zu langsamen Raubvogel würde die grosse Sumpfschnepfe unfehlbar zur Beute werden, wenn er sie im Fluge überraschte. Da sie aber am Tage nie weit fliegt, so mag dies nur selten vorkommen; dass es jedoch möglich ist, bewiesen aufgefundene Reste von Raubvögeln verzehrter. Noch viel seltener wird sie ein solcher in ihrem Versteck im Sitzen erwischen. Viel öfter wird sie dem an einsamen Orten oft auch am Tage herumschleichenden Fuchse zur Beute. Wahrscheinlich glückt es auch Iltissen und Wieseln, zu- weilen eine, besonders junge, wegzukapern. Die Eier stehlen ihnen Raben, Krähen und Elstern nicht selten; desgleichen die Menschen, welche sie mit Kiebitzeiern und anderen in die Küche liefern. Sonderbar, dass Hunde diese Schnepfe, wenn sie recht feist ist, ungern apportieren. Solche mögen ihnen vielleicht zu weichlich im Maule sein. j [— In ihrem Gefieder schmarotzt Docophorus auratus NITZSCH. In ihren Eingeweiden hat man folgende Bandwürmer gefunden: Taenia paradoxa RUD., Taenia embryo KRABBE, Taenia stellifera KRABBE, Taenia filum GÖZE, Taenia crassirostris KRABBE. —] Jagd. Weil diese Schnepfe so fest liegt, dass sie meistens erst dicht vor den Füssen oder doch nie ausser Schussweite vor dem Schützen herausfliegt, dann niedrig und geradeaus fort- streicht, nicht sehr rasch fliegt und im ungünstigsten Falle nicht weit vom ersten Orte wieder einfällt, so ist sie mit einer mit ganz feinem Hagel geladenen Flinte von jedem nicht ganz ungeübten Schützen sehr leicht zu schiessen. Auch ein- und zweimaliges Vorbeischiessen macht sie noch nicht scheuer. Ihre Jagd ist auch bequemer als die der anderen Bekassinen, weil sie nie an so wasserreichen und tiefmorastigen Orten liegt, und weil sie ein gut abgerichteter Hühnerhund lieber aufsucht und ihr vorsteht. Was Wunder also, wenn bei so einladenden Eigenschaften der Liebhaber diese Jagd der reizenden Be- kassinenjagd noch vorzieht! Nur ist zu bedauern, dass sie in Deutschland zu einzeln vorkommt, als dass der feurige Jäger sich genügend daran erlaben könnte, um so mehr, da sie zu- gleich ein höchst delikates Wildbret ist. . Fangen kann man sie in Steckgarnen, die auf Art der Hühnersteckgarne (s. Bd. VI, S. 145) angefertigt werden, aber besser fangen, wenn das Busengarn von grüner Seide gefertigt wird, deren Wände überhaupt auch nur die Höhe und deren Maschen die Weite von Wachtelsteckgarnen (s. Bd. VI, S. 123) zu haben brauchen, sodass die für Wachteln eingerichteten auch vollkommen zum Fange der Sumpfschnepfen taugen und auf gleiche Weise an die Lieblingsorte derselben aufgestellt werden. — Ebenso fangen sie sich in den Schleifennetzen sehr leicht, wenn diese etwas kleiner, etwa wie für Drosseln ; angefertigt werden. Diese wie jene dürfen nur nicht zu frei stehen, am besten in etwas langem Grase oder zwischen den Kufen, und müssen öfters abgetrocknet werden, damit sie länger dauern, weil sie sonst im Feuchten bald stockig oder mürbe werden und die Haltbarkeit verlieren. — Dann fängt man sie auch vor einem Hühnerhunde, der fest vorsteht, mit dem Tirass, der ebenfalls ein Wachteltirass (Bd. VI, S. 123) sein kann. — Auch mit dem Lerchennachtgarn (s. Bd. III, S. 27), aber am hellen Tage und gerade in den heissen Mittagsstunden, werden sie gefangen. — Noch andere Fangmethoden, die man angiebt, verdienen als minder praktisch keiner weiteren Er- wähnung. [— Doch ist der Ertrag des Laufschlingenstellens an den oben beschriebenen Balzplätzen kein unbeträchtlicher. Mit Recht beklagt O. von Löwıs diese Fangart und die ganze Balzjagd, da sie wenigstens mit dazu beigetragen, dass in Livland die Doppelschnepfe seit mehreren Jahrzehnten im raschen Schwinden begriffen ist. „Ehe die leidigen sogenannten Moorkulturen begannen, und als das Vieh an Weiden noch Überfluss hatte, und als die Balzjagd im Mai noch wenig be- 16 | Die grosse Sumpf-Schnepfe, Gallinago major (GM.). kannt war, gab es viele Brutschnepfen überall und im August massenhaften Durchzug. Jetzt ist in einigen trockneren Gegen- den die Doppelschnepfe eine Seltenheit geworden.“ Auch aus anderen Ländern wird dieselbe Klage laut, und v. WANGELIN weist mit Recht darauf hin, dass die Steigerung des Preises der Eier, im letzten Jahrzehnt um das Zwei- bis Dreifache, auf die allgemeine Abnahme der grossen Bekassine als Brut- vogel schliessen lasse. Nur eine Abstellung jenes unweid- männischen Fangbetriebes könnte hier Wandel schaffen. —] Auf den Wasserschnepfenherd kommt diese wie die anderen Sumpfschnepfen als nächtliche Vögel spät am Abend oder sehr früh am Morgen nur zufällig und selten. Der fleissige Jäger wird ihr Geläufe leicht an seiner Grösse von dem ganz ähnlichen der folgenden gemeinen Art unterscheiden. Nutzen. Ihr ungemein zartes, leckerhaft weiches, fettes, oft ganz in leichtflüssiges, gelbweisses Fett eingehülltes, ausserordentlich wohlschmeckendes Fleisch wird allgemein von allen Fein- schmeckern und Leckermäulern für das allerschmackhafteste sämtlichen Schnepfenwildbrets oder gar allen Geflügels ge- halten und samt den Eingeweiden gebraten und verzehrt. Ein gemütlicher Jäger stellte daher einem ihn um seine Meinung befragenden, lüsternen Schmecker einst die Schnepfen in fol- sende stufenweise Schüsselordnung: Zuerst die Waldschnepfe als die schlechteste, dann die gemeine und zuletzt die kleine Bekassine. Befremdend fragte dieser weiter, weil er glaubt, sie sei vergessen, „wo er denn nun aber die grosse Be- kassine (Sumpf- und Pfuhlschnepfe) hinbrächte?“* und erhielt die scherzhafte Antwort: „Die behalte er, der Jäger, selbst, weil sie nur dem Schützen zukomme und viel zu hoch über jenen dreien stände, als dass sie jener Klassifikation angereiht werden könnte, weil zwischen der kleinen und grossen noch viele Stufen gedacht werden möchten.“ — Auch ich halte die grosse Sumpfschnepfe, recht fett und gut gebraten, für eine ausgemachte Leckerei und für das allerschmackhafteste Schnepfengericht, und möchte in dieser Hinsicht den Mornell- regenpfeifer unter den günstigsten Umständen ihr kaum gleich stellen. Auf den Märkten wird sie ihrer Grösse und, wer es vVer- steht, ihres Wohlgeschmackes wegen viel teurer bezahlt als andere Bekassinen, aber nie so teuer wie die Waldschnepfe, die im Küchenfache immer einen grösseren Ruf hatte und der Grösse wegen bisher immer den Vorzug behalten hat. Schaden. Dass sie uns, wenn auch nur auf die entfernteste Weise, nachteilig würde, ist nicht bekannt und auch nicht wahr- scheinlich. Gallinago gallinago (L., Gemeine Sumpfschnepfe. m 1 Weibchen im Frühling, 2 Dunenjunges, */, natürl. Grösse. Die gemeine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinago (L.). ee ee änn chen Fig. 2. Dunenjunges. Tafel 34. Fig. 1—7. Eier. Schnepfe, gemeine Schnepfe, Moos-, Moor-, Sumpf-, Bruch-, Ried-, Grasschnepfe, Gräser, Halb-Gräser, Heer-, Herd-, Haar-, Doppel-, Duppel-, Herren- oder Fürstenschnepfe, Kut- oder Kätschnepfe, kleine Pfuhlschnepfe, Schnepfchen, Schnepflein, Schneppe, Schnibbe, Himmelsziege, Himmelsgeis, Haberziege, Haberbock, Haberlämmchen, [— Hawerblatt, Moorlamm, Schorre- bock, —]| Haarekenblatt, Wasserhühnchen, Bekasse, gemeine oder mittlere Bekassine, Vogel Kasper, Hätscher; in hiesigem Lande: Kätschnepfe, oder schlechthin Bekassine. - [I Fremde Trivialnamen: Arabisch: Chosech.h In Bosnien und der Herzegowina: Bekanet. Bulgarisch: Kololjace. Croatisch: Shjuka kozica, Puljavac, Prkacin, Bekacin, Bekanot, Kozica, Kljun baba, Velika barska sljuka, Ritska Sljuka, Klunaca. Czechisch: Sluka stredni. Dänisch: Dobbelt Belkasin, Horsegjög, FRönnefugl, Horsegumma Skrönnig, Hingstefugl, Stensneppe, Dobbelt Sneppe. Englisch: Snipe, Common Snipe, Full Snipe, Whole Snipe. Esthnisch: Mets kits, Tikkutaja, Taiwa sik. Auf den Färöern: Mujresnujpa, Myrusnipa. Finnisch: Taivaanvuohi, Isompi taivaanvuohi, Isompi taivaanjaara, Taivaan müäkärd. Französisch: Becassine ordinaire, Becassine Jacquet. Gälisch: Croman loin Naosg. Holländisch: Watersnip. Isländisch: Hrossagaukur, Myrisnipa, Myriskitr. Italienisch: Beccacino reale, Pizzardella, Pizzarda, Becassin, Tuwiolöt, Sgneppa, Beccadel, Beccanott, Pizzacarett, Cavretta, Pizzaira, Becamoto runto, Bechela, Becassin queu rous, Loumbert, Beccasin cridaire, Beccasin comume, Beccasin da cua larga, Falciglione, Arcigliola, Arcirittuni, Arcırotta, Sgnep, Seneppia, Becacciola, Arceretzyn, Ceca, Scaccia margi. Japanisch: Ji-shigi. Lappisch: Mükastock. Lettisch: Pehrkona kasa, Kalku kasa, Meh kasa. Luxemburgisch: Beckassin, Begeischen, Fengschnepp. Maltesisch: Beccac. Maurisch: Bow-monkar. Nor- wegisch: Enkeltbekkasin, Baagjeit, Rossegauk, Horsebukk, Humregauk, Himmerhest, Maekregauk, ‚Skoddeföl, Myrsnipe. Polnisch: Bekas kozyk. Portugiesisch: Narseja ordinaria. Russisch: Bekass, Barachet, Baraschok, Lesnoi baraschek.. Schwedisch: Enkeltbeckasin, Horsgök, Himmelsget, Bäckastränte, Kvällgimra, Russgauk, Haramjüker, Värgett, Vürgetta, Rösselgök, Myrsnipa, ‚Brüätjäbottjen, Hörsbottjen, Mürbottjen, Märrgök, Vallpıga, Mäkelbäss. Slovenisch: Kozica. Spanisch: Agachadiza, Agachöna, Becacinä, Sagar, Marieja, Agachadera, Agachana, Gachama, Gallineta ciega, Bequeruda, Aquaneta, Picaruwica, Gacha, Narceja, Becadell, Boqueruda. ‚Ungarisch: Köszep sarszalonka. Scolopax gallinago. Linne&, Syst. Nat. Ed. X. I. p. 147 (1758). —] — Scolopax gallinago. Gmel. Linn. Syst. Ara p- 662. n. 7. — Lath. Ind. II. p. 715. n. 6. — Nilsson, Orn. suec. II. p. 104. n. 185. — Retz, Faun. suec. p. 175. — La Becassine.. Butt..Ois. VIL p. 483. t.26. — Edit. de Deuxp. XIV. p. 210. — Id. Planch. enl. 883. — G&rard. Tab. &l&m. II. p. 223. — Becassine ordinaire. Temminek; Man. nouv. 6dit. II. p. 676. — Common Snipe (or Snite). Lath. Syn. V. p. 134. n. 6. — Übers. v. Bechstein, I. 1. 8.108. n.6. — Bewick,.Brit. Birds II. p: 69. — Beccaccino reale (Pizzar- della). Stor. deg. uce. IV. t. 445. — Savi, Orn. tose. I. p. 312. — Bechstein, Nature. Deutschl. IV..S. 185. — Dessen Taschenb. II. $. 280. n. 3. — Wolf u. Meyer, Taschenb. II. S. 363. — Meyer, Vög. Liv- u. Esthlands S. 194. — Meisner u. Schinz, Vög. d. Schweiz. S. 207. n.198. — Koch, Baier. Zool. I. S. 314. n. 19. — Brehm, Lehrb. II. S 625. — Dessen Naturg. all. Vög. Deutschl. S. 617-621. — Gloger, Schles. Faun. S$. 48. n. 204. — Frisch, Vög. Taf. 229. — Ne Vög. alte Ausg. II. S. 15. Taf. IIL Fig. 3. Männchen im Herbstkleide. — [— Scolopax gallinago. Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. VIII. p. 310. Taf. 209 (1836). — Ascalopax gallinago. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. LXXVII u. 216 (1840). — Scolopax gallinago. Schlegel, Rev. erit. p. LXXXVI (1844). — Scolopax gallinagoe. Schlegel; .Vog. Nederl. p. 433 (1854—58). — Scolopax gallinago. Nilsson, Skand. Faun. II. p. 269 (1858). — Scolopa® gallinago. Wright, Finl. Fogl. IT. p. 236 (1859). — Ascalopax yallinago. Lindermayer, Vög. Griechen]. p. 145 (1860). — Scolopax gallinago. Fontaine, Faun. Luxemb. Ois. p. 221 (1865). — Scolopax gallinago. Holmgren, Skand. Fogl. p. 851 (1866— 71). — Gallinago scolopacinus. Degl.et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. I. p- 183 (1867). — Gallinago scolopaeina. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. p. 1201 1869-—74). — Scolopax gallinago. Fallon, Ois. Belg. p. 180 (1875). — Gallinago coelestis. Dresser, Birds Eür. Tom. VII. p: 641. pl. 542 u. 543 (1880). — Gallinago coelestis. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. IIL. p. 342 (1882—84). — Gallinago scolopacina. Homeyer, Verz. Vög. Deutschl. p- 12. Nr. 253 (1885). — Gallinago scolopacinus. Reyes y Prosper, Av. Espaüa p. 81 (1886). — Gallinago caelestis. Giglioli, Avif. Ital. p. 404 (1886) ; p. 616 (1889). — Gallinago scolopacinus. Ar&valo y Baca, Av. Espaia p. 341 (1887). — Gallinago minor. Olphe-Galliard, Om. Eur. oce. fase. XIV. p 25 (1891) — Scolopax gallinago. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 505 (1891). — Gallinago scolopacina. Frivaldszky, Av. Hung. p. 149 (1891). — Gallinago caelestis. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. p. 9 (1892). — Gallinago gallinago. Brusina, Croato-Serb: Vög. p. 152 (1892). — Gallinago gallinago. Collett, Norg. Fuglef. p- 204 (1893—94). — Gallinago gallinago. Reiser, Orn. bale. II. p. 163 (1894); IV. p-. 127 (1896). — Gallinago BERN Cat. Birds Brit. Mus. Tom. XXIV. p. 633 (1896). — Gallinago gallinage. Chernel, Magyarorszäg madarai I. p. 214 (1899). Jagdliche Litteratur: Dietrich a. d. Winckell, Handbuch für Jäger. 3. Aufl. 1899. Bd. II. — Diezels Niederjagd. 7. Aufl. 1892. S. 689. — O. v. Riesenthal, Das Waidwerk. 1880. — Edward Czynk, Das Sumpf- und Wasserflugwild und seine Jagd. 1898. Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LX. Fig. 2, a u. b (1845—53). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 53. Fig. 9 (1855—63). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds III. p. 241. pl. 28 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds pl. 40 (1896). — Poynting Eggs Brit. Birds (Limicolae) pl. 25 (1896). —] Anmerkung. Ob Scolopax Brehmii KAUP zu Gallinago gallinago zu ziehen sei oder eine selbständige Art bildet, kann ich für jetzt nicht bestimmen, weil sie mir noch nicht vorgekommen ist. Sollte ich später so glücklich sein, so wird das Nötige nachgeliefert werden. Beschrieben ist sie von BREHM in dessen Lehrb. II, S. 621, sowie in dessen Naturg. all. Vög. Deutschl. 8. 618 und von SAVI, Orn. tose. IL, 8. 315. Sie soll der Gallinago gallinago ganz ähnlich sein, aber 2 Schwanzfedern mehr, nämlich deren 16 haben. Wie wenig indessen bei diesen Vögeln (überhaupt bei Vögeln, welche mehr als 12 haben) auf die Zahl der Steuerfedern ankomme, bewiesen mir Stücke, von welchen eins 18, ein anderes gar 26 hatte, welche dessenungeachtet in allem übrigen der ganz gewöhnlichen Gallinago gallinago vollkommen ähnlich waren. Kennzeichen der Art. | Beschreibung. Die mittleren Flügeldeckfedern haben schmale, graugelb- Diese unter dem Namen „B ekassine“ allen Jägern und liche, meistens in der Mitte geteilte Spitzenflecke; am gewöhn- Jagdliebhabern Deutschlands bekannte Schnepfe unterscheidet lich vierzehnfedrigen, abgerundeten Schwanze ist nur der | sich von der vorhergehenden, obgleich die Färbungen des’Ge- Aussenrand und die kurze Spitze der äussersten Seitenfeder weiss. | fieders wie deren Zeichnungen bis auf die obigen Artkenn- Rohweder, Unsere Schnepfen. Aus: Naumann, Naturgeschichte. Bd. IX. 3 STORRS L. OLSON 18 Die gemeine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinago (L.). zeichen einander sehr ähnlich sind, sogleich durch ihre viel geringere Grösse und den, im Verhältnis zu dieser, viel längeren Schnabel. Sie ist um ein Dritteil kleiner und leichter als jene. Ihre Grösse lässt sich der einer Drossel, etwa von Merula merula, vergleichen, wenn man sich den viel längeren Schwanz dieser und andere nicht vergleichbare Verhältnisse wegdenkt. Man könnte sie ebenso, ohne Gliedmassen, bloss dem Rumpfe nach, von der Grösse unserer Wachtel finden. Ihre Länge (ohne Schnabel) ist 20 bis 22 cm; ihre Breite 42,5 bis 43,5 em; die Länge des Flügels 13 cm, die Schwanzlänge 5,8 cm, und die Spitzen der ruhenden Flügel reichen ungefähr auf die Mitte derselben. Das Gefieder ist wie bei der vorhergehenden Art auf dem Oberrücken und den Schultern besonders gross, die Flügel sind aber weniger gewölbt und spitzer, weil nicht allein die erste grosse Schwungfeder gewöhnlich etwas länger als die zweite und von allen die längste ist, sondern weil diese auch gegen die schief zugerundete Spitze etwas schmäler fallen als bei jener; sie haben auch weniger einwärts gebogene Schäfte; das kleine, steife, sehr schmale Schnepfenfederchen vor der ersten fehlt auch hier nicht; die der zweiten und dritten Ordnung sind ebenso gestaltet, und der hintere Flügelrand ist ebenso tief im Halbkreise ausgeschnitten. Der Schwanz hat dagegen eine ganz andere Gestalt; seine Mittelfedern sind kaum etwas länger als die nächsten, fast gleich langen, und erst die äussersten Paare abgestuft viel kürzer, das alleräusserste gegen die Mittelfedern um 8 mm. Sie sind weich, nur die nach aussen mit etwas steiferen Schäften, nicht sehr breit, am Ende zugerundet, dies an den äussersten oft sehr schmal, diese in der Gestalt überhaupt etwas wandelbar, so wie die Zahl aller Schwanzfedern, deren in den allermeisten Fällen allerdings nur 14 sind, die, wie wir glauben, aber nicht nur zuweilen auf 16, sondern sogar auf eine noch viel höhere Zahl steigen können. Wir werden weiter unten auf diesen merk- würdigen Umstand zurückkommen. Der Schnabel ist schwach und sehr lang, beides mehr als bei den übrigen einheimischen Arten dieser Gattung. Er misst von der Stirn bis zur Spitze 6,5 bis volle 7 cm; meistens ist er bei jüngeren Vögeln kürzer als bei den alten, variiert jedoch auch bei diesen zuweilen um etwa 8 mm. An der Wurzel ist er 9 mm hoch, aber noch nicht 6 mm breit, eigentlich wenig über 4 mm breit, weil allein die Mundkante des Unter- schnabels hier so vortritt, dass er dadurch um 2 mm breiter wird; betrachtet man ihn von oben oder von unten, so geht er bis nahe an die stumpfe Spitze in einerlei Breite vor, nur dass der Oberschnabel vor der Spitze ein wenig breiter als der untere ist; sieht man ihn aber von der Seite, so fällt seine Höhe von der Stirne an allmählich und wird gegen die Spitze ziemlich geringe, weil er vor dieser sich stark abplattet. Sonst ist die Firste rund, der Kiel aber durch eine tiefe, gerade Mittellinie scheinbar bis nahe an die Spitze gespalten, diese löffelartig ausgehöhlt, zugerundet, fast 3 mm kürzer als die des Oberschnabels und in diese eingesenkt, daher die Schnabel- spitze einfach. Auf jeder Seite beider Schnabelteile läuft eine Längsfurche mit der gerundeten oder etwas aufgetriebenen Mundkante parallel bis in die Nähe der Spitze, und in die des Oberschnabels läuft auch die weiche Bedeckung der Nasen- höhle ein. Er ist bis an die hornartige Spitze weich und sehr biegsam, durchaus glatt, bekommt aber im Tode vor der harten, glänzenden äussersten Spitze kleine, in Reihe gestellte Grübchen, wie der Hieb einer Feile, und der Oberschnabel hier auch noch auf der Mitte eine rinnenartige, doch nur seichte Vertiefung. Das Nasenloch öffnet sich nahe an der Schnabel- wurzel in jener weichen Haut sehr schmal länglichrund, kurz mit etwas erhöhten Rändchen. Die Farbe des Schnabels ist im Leben eine grauliche Fleischfarbe, die im Frühjahr lebhafter wird und in trübes Rötlichgelb übergeht, gegen die Mitte des Schnabels aber immer düsterer wird und durch rötliches Grau in die schwarze Spitze verläuft; bei den Jungen im ersten Herbst graurötlich, unten grünlichgrau, die Spitze schwarzgrau. Im Tode wird die Farbe dunkler, rötlichgrau, getrocknet endlich ein schmutziges lichtes Braun. Das Auge ist etwas gross, steht weit vom Schnabel ent- fernt und hoch neben dem platten Oberkopfe, hat eine dunkel- braune Iris und inwendig Kahle, schwarzgraue, aussen gelb- weiss befiederte Lider. Die Beine sind niedrig, schwächlich, über der Ferse weiter hinauf nackt als bei der vorherbeschriebenen, verhältnis- mässig nicht so stark, die Zehen besonders viel schlanker und die Mittelzehe länger. Sonst sind sie ebenso weich, auch der Überzug vorn und auf den Zehenrücken in ähnliche Schild- tafeln zerkerbt, hinten kleiner geschildert und an den Zehen- sohlen feinwarzig. Sie sind ebenfalls ohne Spannhäute, die schwache Hinterzehe nicht ganz kurz, die Krallen nicht gross, sehr schmal, wenig gebogen, sehr spitz, unten zweischneidig. Der nackte Teil über der Ferse misst 1,2 cm, der Lauf 3,4 cm; die Mittelzehe 3,6 bis 3,8 cm, wovon 5 mm und darüber auf die Kralle abgehen; die Hinterzehe mit der fast 4 mm langen Kralle 10 mm. Die Farbe der Füsse ist eine schmutzige, an den Gelenken mehr oder weniger auffallend grünlich oder grünbläulich überlaufene Fleischfarbe; die der Krallen braun- schwarz. Die jungen Herbstvögel haben bleich und schmutzig graugrüne Füsse. Im Tode wird die Fussfarbe bald bleifarbig und im getrockneten Zustande endlich schmutzig hornbraun. Vom Schnabel geht auf die Mitte der Stirne hinauf ein anfangs schmaler, oben aber den ganzen Scheitel einnehmen- der und bis ins Genick hinabgehender schwarzer, mit wenigen bleichrostfarbigen Fleckchen gemischter, in der Mitte aber durch einen schmalen hellrostgelben Streif der Länge nach in zwei Hälften geteilter, breiter Streif; vom Schnabel über das Auge weg ein rötlichrostgelber, an den Schläfen braunschwarz gefleckter; ein anderer braunschwarzer Streif bildet die Zügel, und diese Farbe geht in Flecken unter dem Auge hinweg; die Wangen rötlich rostgelb, mit zerstreuten dunkelbraunen Flecken, die oft vom unteren Schnabelwinkel herab, unter den Wangen hindurch, einen Fleckenstreif bilden, der aber auch oft nicht bemerklich ist; der Hals ist dunkel rostgelb mit dichten braunschwarzen, länglichen Flecken, vorn bleicher als hinten; der Kropf und die Oberbrust dunkel rostgelb, ins Rost- bräunliche ziehend, besonders an den Seiten der letzteren, wo die Farbe dunkler ist als in der Mitte, diese Teile schwach graulichbraun gewölkt und dunkelbraun unordentlich gefleckt, die Flecke an den Seiten am stärksten; die grösseren Trag- federn über den Schenkeln weiss, dunkelrostgelb angelaufen und schwarzbraun gebändert, aber weniger regelmässig als bei der vorigen Art; die Mitte der Brust, der Bauch und die Schenkel weiss, die letzten nach unten braun gefleckt; die Unter- schwanzdeckfedern dunkel rötlichrostgelb oder bleich rostfarbig mit schwarzbraunen Pfeil- und Querflecken. Die etwas langen Federn des Oberrückens und der Schultern sind schwarz, mit wenigen kleinen, schmalen Querflecken und abgebrochenen Zickzacks von einer bräunlichen Rostfarbe, und mit einem . grossen, langen, schön rostgelben Streif auf der Aussenfahne der Federn, der an seinem äussersten Rande ins Weissliche über- geht; bei ganz geordnetem Gefieder, zumal am lebenden Vogel, bilden sich durch diese auf der Oberseite des Vogels vier schön rostgelbe, lange Streife, von denen zwei die Grenze zwischen dem Rücken und den Schultern und die zwei anderen die der Schulter und des Flügels der Länge nach bezeichnen, wovon ‘jene an den Rücken-, diese an den Schulterfedern stehen. [— Bemerkenswert ist nach SHARPE (Cat. of the Birds, XXIV, 5. 638) die Art und Weise, in der die Schulterfedern hinsichtlich ihrer Zeichnung abweichen. In manchen Fällen sind sie rein weiss; dies ist besonders bei den aus dem Osten stammenden Vögeln der Fall. Bei solchen aus Indien, China und Japan ist die Streifung selten stark ausgesprochen, während bei denen des Westens die Achselstreifen meist sehr regel- mässig und deutlich sind, obwohl sie auch hier gewaltig in der Breite variieren. Im Britischen Museum sind alle Abstufungen vertreten: Von stark hervortretenden Streifen, in denen die Die gemeine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinago (L.). schwarzen Bänder breiter sind als die weissen, und anderen, die mehr Weiss als Schwarz aufweisen, durch solche, in denen das Weisse immer mehr zunimmt, sodass die Streifung sich allmählich in Fleckung auflöst, bis zu solchen Individuen, bei denen die betreffenden Federn ganz weiss sind. SHARPE ist ge- neigt anzunehmen, dass die Streifung mit dem Alter des Vogels abnimmt und dass die Individuen mit rein weissen Schulterfedern die älteren Vögel sind. Gegen diese Annahmen muss aber mit der Thatsache gerechnet werden, dass, wie erwähnt, die Vögel mit den reinsten Federn häufiger in östlichen Gegenden an- getroffen werden, und so mögen zwei Abarten, eine östliche und eine westliche existieren. In diesem Fall würde die Verschieden- heit der Schulterzeichnungen ihren Grund in der Vermischung der asiatischen mit der westlichen Form haben können. —| Der Unterrücken ist matt braunschwarz, mit weisslichen und hellrostbräunlichen, kleinen, zerstreuten Querflecken; Bürzel und Oberschwanzdeckfedern dunkel- oder bräunlich rostgelb, mit ungeregelten schwarzbraunen Querflecken gebändert. Die Schwanzfedern sind an der Wurzelhälfte schwarz, an der ande- ren schön rostfarbig, an den Kanten des Schwanzes etwas lichter, die äusserste Feder weisslich, besonders an der Aussenfahne und Spitze, auch die Spitzen der übrigen Federn oft weisslich, die Schäfte aller schwarz; über die Mitte, spitzewärts, läuft ein breites und nahe vor der Spitze ein schmales schwarzes Band quer durch den Schwanz. — Das kleine steife Federchen vor der ersten Schwungfeder ist weiss, am Schafte schwarz; die erste der grossen Schwingen hat einen grauweissen Schaft und Aussensaum, sonst sind sie alle rauchschwarz mit etwas lichteren Säumen (zumal an den Enden), die an den kürzeren weisslich werden; die Schwungfedern zweiter Ordnung rauch- schwarz, auf der inneren Fahne ganz fahl, an den Enden mit hellweissen Kanten; die der hinteren Flügelspitze braunschwarz, mit hell rostbraunen, an den Kanten bräunlichweissen zackigen Bändern in der Quere gestreift; ebenso gezeichnet sind auch die über ihnen stehenden Deckfedern, die übrigen des Flügels matt rauchschwarz, die grossen mit trübweisser Endkante, die mittleren mit bräunlichweissen und licht bräunlichen, unschein- baren Endkanten, die meistens an der Spitze der Federn unter- brochen und so in zwei Randflecke geteilt sind; die kleinen Deckfedern fast unbefleckt; die Daumenfedern und Fittichdeck- federn schwarz, an ihren Spitzen mit einem kleinen weissen Mondfleckchen. Die Deckfedern unter dem Flügel sind weiss, am Rande desselben schwarz geschuppt und gefleckt, die langen unter der Achsel weiss und braunschwarz in die Quere gestreift; die Schwungfedern unten glänzend braungrau, auf dem Innenrande weisslich mamoriert, die der zweiten Ordnung mit weissen Endkanten. In der Farbe unterscheiden sich die Geschlechter fast gar nicht, aber das Weibchen ist etwas grösser als das Männ- chen, wenn man beide nebeneinander haben kann; sonst ist es auch nicht merklich. Die schwarze Farbe an den Rücken- und Schulterfedern hat einen schwachen Metallschiller, welcher beim Männchen bemerklicher, am jungen Gefieder gleich nach der Mauser aber bei beiden Geschlechtern am stärksten ist. Das Frühlingskleid sieht dem Herbstkleide ganz ähnlich, ist aber doch leicht an den in dieser Mauser nicht erneuerten Flügelfedern zu erkennen, welche fahler geworden sind und durch Abnutzen viel von ihren weissen oder licht- bräunlichen Spitzenflecken verloren haben, sodass der ganze Flügel düsterer und schwächer gefleckt erscheint. Ebenso hat die Schwanzspitze hier weniger Weiss als dort, weil sich die Ränder ebenfalls abgerieben haben. Die vier grossen, langen Rückenstreifen haben auch eine andere, mehr ockergelbe, im Herbstkleide dagegen eine dunklere, rostgelbe Farbe; die Zeich- nungen bleiben aber mit unbedeutenden, keine merkliche Ver- änderung bewirkenden Abweichungen immer dieselben. Auch das Jugendkleid hat die nämliche Farbe und Zeichnung wie das der Alten; es ist nur weniger schön [—, im ganzen mehr gelbrot, besonders an Kehle und Nacken; die sehwarze Zeichnung des Rückens ist mehr mit rötlichen Strichen 19 durchsetzt, und die hellen Bänder der Schulterfedern sind nicht so breit wie bei den Alten. Leichter ist —] die Jugend der Vögel an den sehr weichen, an den Fersen und dem Teile des Laufes unter denselben dick aufgeschwollenen und ganz grau- grün gefärbten Füssen und an dem sehr weichen Schnabel zu erkennen. Beide Geschlechter sind in diesem Alter noch weniger zu unterscheiden. Bevor sie das erste Federkleid anlegen, sind sie mit weichen Dunen dicht bekleidet, und dies Kleid ist ebenfalls sehr buntscheckig. Die Zügel sind. schwarz; ein Streif vom Schnabel über das Auge und die Schläfe hinlaufend ist dunkel rostgelb, rostfarbig gemischt; ein grosser, dunkler, schwarz und rostbraun gemischter, grau und weiss gefleckter Streif geht von der Schnabelwurzel auf die Stirn und über den Ober- kopf bis auf das Genick; die Wangen dunkel rostgelb, grau und weiss gemischt, über und unter der Ohröffnung mit einigen schwarzen und rostbraunen Flecken und einem schwarzen Striche von dem Mundwinkel nach dem Ohre; die Kehle dunkel rostgelb, ungefleckt; der Hals bis an den Rücken und auf die Oberbrust hinab dunkel rostgelb, mit schwarzen, rost- braun gemischten, fleckigen Längsstreifen; der ganze Rücken ist schwarz, braun und rostfarbig gefleckt, auch Weiss ein- gesprengt, zu beiden Seiten ist er mit einem dunkel rostgelben, rostfarbig und weiss gemischten, schwarz begrenzten Längs- streif eingefasst; die Körperseite dunkel rostgelb, streifenartig schwarz, auch rostbraun und weiss gefleckt; die Flügel rost- gelb und schwarz gestreift und Weiss eingesprengt; der Unter- körper rein weiss; der Schnabel schmutzig fleischfarbig; die Iris braungrau, die Füsse rötlichweiss. Ausserordentlich selten kommt unter diesen Vögeln eine weissgefleckte Spielart vor, an der mehr oder weniger weisse Federn, doch im ganzen nur eine sehr geringe Zahl, zwischen den gewöhnlich gefärbten stehen.!) [— Eine dunkel gefärbte Abart wurde von älteren Orni- thologen unter dem Namen Scolopax (Gallinago) Sabinüi als eigene Art behandelt. Sie stellt offenbar nur eine melanistische Form unserer Bekassine dar. SHARPE macht (Cat. Birds Brit. Mus., XXIV, S. 638) über dieselbe folgende Mitteilung: „Diese dunkle Rasse ist vorzugsweise in Irland aufgefunden und BARRETT-HAMILTON hat über sie im „Irish Naturalist“, Januar 1895, einen sehr interessanten Aufsatz veröffentlicht. Hiernach scheint es, dass von ungefähr 55 Exemplaren der SABINEschen Schnepfe in verschiedenen Sammlungen nicht weniger als 31 in Irland erbeutet worden sind, 22 in England und eine in Schottland, während diese Form auf dem europäischen Fest- lande nur einmal gefunden worden ist.“ Dazu bemerkt HARTERT: „Die dunklen, als sabinit bezeichneten Aberrationen sind nicht alle unter sich gleich, und es giebt (Museum ROTHSCHILD) Zwischenstadien zwischen der normalen Form und der dunklen Varietät.“ —] Viel merkwürdiger ist dagegen eine Abweichung in der Zahl der Schwanzfedern, die eine nähere Be- schreibung verdient. Ich sah dieses Exemplar im Berliner Museum, wohin es aus Ostindien kam?) und habe es mit anderen, in hiesigen Gegenden erlegten Vögeln unserer Art, wovon mehrere Stücke zur Hand waren, auf das aller- genaueste verglichen, was auch schon von den verehrten Direk- toren jener kostbaren Sammlung und anderen gründlichen Kennern zur Genüge geschehen war, habe aber ausser einer sonderbaren Verbildung des Schwanzes, in ganz geregelter An- lage, durchaus nichts finden können, was es nur im mindesten von unserer gemeinen Bekassine unterschieden hätte. Dieses Exemplar hat nicht weniger als sechsundzwanzig Schwanz- federn, nämlich zehn normale und sechzehn abnorme. Die !) Nach meiner Ansicht gehört hierher FRISCH, Taf. 230, welche eine beinahe ganz weisse Gallinago gallinago, trotz der befiederten Unterschenkel (ein Versehen des Malers), deutlich genug darstellt, dieimmer für eine weisse Waldschnepfe, aber gewiss mit. Unrecht, gehalten worden ist. Naum. ?) Es handelt sich nicht um unsere Art, sondern um Gallinago stenura (KUHL). J. R. 3 20 Die gemeine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinago (L.). fünf mittelsten Paare sind vollkommen genau so gestaltet und gefärbt wie an allen inländischen Individuen unserer gemeinen Art; nun folgen aber nach aussen noch acht Paare, oder auf jeder Seite acht Stück Schwanzfedern von einer ganz anderen ungewöhnlichen Bildung und Farbe, welche viel steifere Schäfte, auch völlig geschlossene Bärte haben, wobei diese aber so kurz sind, dass die Federn ausserordentlich schmal erscheinen, namentlich gleich über der Mitte, wäh- rend sie an der Wurzel etwas breiter sind und auch an der Spitze sich löffelartig ausbreiten. Ihrem Umrisse nach haben worum N \y’ Naturgetreue Abbildung des Schwanzes und seiner überzähligen, verbildeten Federn der hier beschriebenen Spielart der gemeinen Sumpfschnepfe.) sie die Gestalt eines kleinen Ohrlöffels mit an der Basis etwas breiterem Stiel; doch werden sie von Paar zu Paar nach aussen zu immer schmäler, sodass zuletzt am äussersten Paare über der Mitte ihrer Länge fast gar kein Bart und nur an beiden Enden etwas davon bleibt. So ist das erste Paar von innen (zunächst dem letzten der normalen Federn) nicht weit vom hohlen Teile oder der Spule, und ebenso in der Nähe der zugerundeten Spitze, als den breitesten Stellen, 4 mm, das äusserste an diesen Punkten kaum 2 mm breit. In der Länge sind diese Federn einander ziemlich gleich, im ganzen aber etwas kürzer als die sonst an diesem Platze stehenden normalen Seitenfedern. Die Färbung dieser sonderbaren Federn ist weiss, wurzelwärts am Schafte und an der Kante, auch an der des schmalsten Teiles der Federn schwärzlich. — Dass der Schwanz dieses Vogels durch die Menge überzähliger, ob- gleich schmaler Federn eine enorme Breite erhalten muss, wird man leicht einsehen. Ob diese beschriebene Verbildung noch höher gesteigert werden kann, ist kaum wahrscheinlich, dass sie aber in einem geringen Grade vorkomme, gewiss. Ich sah ausser jenem noch ein anderes Exemplar dieser Vogelart,?) das seine volle Anzahl (14) gewöhnlich gestalteter und ge- zeichneter Federn, dabei aber auf jeder Seite des Schwanzes zwei solche schmale ohrlöffelartige Federn, genau wie die oben beschriebenen hatte, dessen Schwanz demnach achtzehn- federig war. Es ist nicht zu verkennen, dass dieses Vorkommen dem sehr ähnlich sieht, welches man als Unterscheidungszeichen der Scolopax Brehmii von G. gallinago angiebt, dass nämlich jene zwei Schwanzfedern mehr als diese haben soll. Bevor nicht eine Veränderung in Lebensart, Betragen, Stimme u. s. w. ent- deckt ist, wird man schwerlich auf diese Anwesenheit von mehr als 14 Schwanzfedern der Gallinago gallınago so höchst ähnlichen Vögel als Artverschiedenheit etwas geben können. Diese Art besteht ihre Hauptmauser wie die anderen im Juli; die diesjährigen Jungen mausern spätern. Wenn sie im März bei uns ankommen, haben bereits alle Alten eine zweite, 1) Bei dem Interesse, das die Abänderung der Schwanzfedern nach Zahl und Form bei den Bekassinen in Anspruch nimmt, bleiben Abbildung und Beschreibung hier stehen, obwohl sie sich nieht auf unsere gallinago, sondern auf die völlig verschiedene Art sienura beziehen. J. R. 2) Wo? vermag ich leider augenblicklich nicht genau anzugeben. Ich sah auf meinen Reisen im Sommer 1835 so viele und reiche Samm- lungen, dass es wegen der Kürze der Zeit oft schwer hielt, ja nicht selten unmöglich war, alles so genau, wie ich es nachher gewünscht hätte, auf- zeichnen zu können. Naum. die Frühlingsmauser, überstanden und sind im vollständigen Hochzeitskleide, die Jungen noch nicht ganz. Das neue Ge- fieder ist dann, obwohl von denselben Farben und Zeichnungen, an seiner besonderen Frische und schönerem Glanze leicht von dem alten zu unterscheiden. [— Die abgebildeten Exemplare sind ein altes Weibchen vom 26. April 1874 aus Pagham (England) und ein junger Vogel vom 20. Mai 1873 aus Lancashire, beide befindlich im Britischen Museum. —| | Aufenthalt. Diese Sumpfschnepfe verdient den Beinamen „gemein“ mit vollem Rechte, da sie nicht allein fast über die ganze Erde, oder doch bestimmt über vier Weltteile verbreitet ist, sondern auch fast überall in unglaublicher Anzahl vorkommt. Eine so grosse Verbreitung einer einzigen Art möchte in der Ge- schichte der Vögel kaum noch vorkommen; doch ist vielleicht zu fürchten, dass dabei auch andere Arten mit ihr verwech- selt sein können. Eine specielle Aufzählung aller Länder, in denen sie angezeigt wird, möchte daher zu einer langen Liste werden; wir begnügen uns, um diese abzukürzen, nur mit folgenden: Afrika, von Ägypten bis Senegambien und dem Kap der guten Hoffnung [—; auf den Kanarischen Inseln erscheint sie nach HARTERT mehr oder minder regelmässig, oft in Menge; für Madeira bezeichnet HARCOURT (mitgeteilt von HArTwıG, Journ. f. Ornith. 1886, S. 457) sie dagegen als „Irrgast“. In Marokko tritt sie im Spätherbst in grosser Zahl auf, Ferner bewohnt sie —] Asien, von Sibirien durch alle Teile bis Bengalen,Ceylon, [—-Malakka, —| die ostindischen Inselnund Japan. [— Auf Grönland ist sie nach BAIRD ge- mein; auch auf den Bermudas ist sie vorgekommen, hier frei- lich nur als zufällige Erscheinung; vom Festlande Nordamerikas besitzt das englische Museum ein Exemplar aus Kanada. —] In Europa ist vom arktischen Kreise (zum Teil noch über ihn hinaus) bis an die südlichsten Grenzen [— etwa vom 70. bis herab zum 45. Grad nördlicher Breite —| kein Land, wo es nicht diesen Vogel gäbe. Auf Island, den Färöern, Hebriden und Orkaden, im oberen Skandinavien kommt er noch unter hohen Breitengraden gar nicht einzeln vor, [— so brütet er in der Gegend von Tromsö; —]| im mittleren Schweden, in Fin- land, Livland ist er unsäglich häufig und gemein [—, ebenso in Irland, Schottland, England und weiter —|. In vielen Teilen von Polen, Preussen und so herab durch die mittleren bis in die südlichen und westlichen Länder unseres Erdteiles. Die niedrigen Länderstrecken haben ihn vorzüglich und allent- halben in unermesslicher Menge, z. B. Holland und Nord- deutschland, Schleswig-Holstein und Brandenburg; aber auch die weniger ausgedehnten Niederungen überall in grosser Anzahl; selbst die gebirgigen Strecken haben ihn in den weite- ren und tieferen Thälern; kurz er ist in ganz Deutschland gemein und in jedem Ländchen, in dem einen einzelner, in dem anderen häufiger anzutreffen. Er ist hier ein ebenso gemeiner und so häufiger Vogel als der gemeine Kiebitz, obgleich dieser, weil er sich mehr bemerklich macht, es mehr scheinen möchte. Auch in unserem Anhalt kommt er bald mehr, bald weniger zahlreich in allen geeigneten Lagen vor. Wo diese Schnepfe nicht den ganzen Sommer über wohnt und sich fortpflanzt, kommt sie wenigstens als Zugvogel zweimal im Jahre vor, und dies ist in den von uns südlicher selegenen Ländern mehr der Fall als umgekehrt in den nörd- lichen. Schon hier im mittleren Deutschland nisten viele, die im Frübjahr ankommen und im Herbst mit ihrer Nachkommen- schaft wieder nach Süden zu wandern; allein Tausende und abermals Tausende wandern hier durch nach dem Norden hinauf, um dort zu brüten, und wieder zurück. Wie weit sie nach Süden gehen und wo sie den Winter hinbringen, ist weniger bekannt. [— Aus ihren europäischen Brutgebieten wandern diejenigen, die es nicht vorziehen, hier zu überwintern, im Herbst südwärts in die Mittelmeerländer und weiter bis Nord- afrika von Senegambien bis Ägypten; die Brutvögel Nord- asiens verleben den Winter in Indien und auf den Malai- Die gemeine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinago (L.). 21 ischen Inseln; hier mit der vorhin erwähnten und viel häufigeren @. stenura zusammen. Über ihren Aufenthalt auf der griechischen Halbinsel sagt KRÜPER (in MOMMSEN, griechische Jahreszeiten): „Sie findet sich den Winter hindurch auf allen nassen Feldern und Sümpfen und ist die häufigste von allen; noch spät im Frühjahr trifft man einzelne hier, so Ende Mai in den Sümpfen von Marathon; ob sie irgendwo sich hier fort- pfllanzt, ist noch nicht bekannt geworden.“ Und HARTLAUB macht (a. s. ©.) folgende Zusammenstellung: „Im Winter in Macedonien nicht sehr zahlreich. Auf den Ionischen Inseln erscheinen einzelne um den 20. August, und am 15. November sind sie sehr zahlreich, namentlich in den Sümpfen bei Butrinto im Epirus, wo sie vielleicht brüten. Auf Kreta gegen Ende April ziemlich häufig. Im Oktober und November ungeheure Massen in den grossen Sümpfen von Santa Quaranta. An den Nordküsten des Mittelmeeres erscheinen sie zu Ende November. Gemein in den Sümpfen um Smyrna.“ —] Nach Versicherung eines würdigen Augenzeugen überwintert schon in den Pontinischen Sümpfen unweit Rom eine so un- ermessliche Anzahl dieser Schnepfen, dass sie nach einem Schusse oder sonstigen Schrecklärm oft in so gedrängten Haufen auffliegen, um, aus der Ferne gesehen, für einen aufsteigenden Rauch gehalten zu werden, dass die allergrössten Sperlings- herden Mitteldeutschlands hinsichtlich der Anzahl kaum ein schwaches Bild und eine viel zu geringe Vorstellung davon geben möchten. Wenn sich der Name Heerschnepfe (so heisst diese Art bloss in naturhistorischen Werken) von dort her schriebe, so wäre er bezeichnend und möchte zu ent- schuldigen sein, er ist aber deutschen Ursprungs und soll einen Vogel bezeichnen, der in Deutschland in Heeren oder Herden vorkomme. Dies ist aber falsch; wenig schnepfenartige Vögel sind ungeselliger als unsere Bekassine, und wenn auch auf geeigneten Plätzen solcher sich oft viele versammeln, so bilden sie doch nie einen Verein, der so viel Zusammenhang hätte, dass er den Begriffen von Heer und Herde entspräche. |— Dazu macht vV. CHERNEL folgende Mitteilung: „In Ungarn fand ich in den an der unteren Donau gelegenen „Baras“ (kilometer- lange, schmale, mit Rohr und Wasserpflanzen bestandene Sümpfe) Ende August oft 100 bis 200 Stück zählende Scharen, die mitten im Sumpf auf den mit hohem Rohr umgebenen, jedoch mit Nuphar und Nymphaes bewachsenen Stellen ihre Nahrung suchten. Wenn man im 1 bis 1,5 m tiefen Wasser heranwatend auf eine solche Blösse geriet, flogen die Sumpf- schnepfen gleich einem Schwarm Stare mit grossem Geräusch von den Wasserrosenblättern auf. Ich schoss auf einen Schuss fünf Stück. Tage hindurch konnte ich diese vormals nie beobachtete Erscheinung sehen.“ —] Sie liegen dicht neben- einander, ohne dass sich ein Nachbar um den anderen be- kümmerte, und stieben aufgescheucht einer hier-, der andere dorthin, jeder lässt sich wann und wo es ihm beliebt wieder nieder, ohne auf den anderen zu achten; so ziehen sie einzeln fort und kommen wieder einzeln an, obgleich viele zu gleicher Zeit dieselbe Strasse wandern, was, wenn es auch des Nachts geschieht, in der rechten Zugzeit alle Abende an den Lauten, die sie dabei hören lassen, beobachtet werden kann. Wenn sie in der Abenddämerung ihren Hunger gestillt haben, er- heben sich die Wandernden in die Lüfte und treten sofort, jede für sich, die Reise an, von der sie in der Nacht, wenn sie gerade nicht viel Eile haben, ebenso einzeln, oft an den Gewässern einsprechen, sich kurze Zeit aufhalten oder auch wohl bis auf weiteres liegen bleiben; die meisten setzen jedoch die Reise bis in die Morgendämmerung fort, wo sie dann bis zu Tagesanbruch sich Nahrung suchen und nun still liegen, bis es wieder Abend geworden ist. Oft beobachteten wir ganze Nächte hindurch, an einem freien Feldteiche und in einem Anstandsloche verborgen, den Zug der Sumpf- und Wasservögel, hörten unter ihren besonderen nächtlichen Lauten gar oft auch den unserer Bekassine und das einem herabfallenden Steine ähnliche Sausen, wenn sich eine solche aus hoher Luft an das Wasser herabstürzte, wo aber, weil der Wasserrand zu kahl war, selten eine bis zum kommenden Morgen verweilte. Ihr Strich ging im Herbst, dem Anschein nach, immer etwas mehr südlich als westlich. Im März, früher oder später, je nachdem sich. bessere Frühlingswitterung einstellt, kommt diese Schnepfe aus ihrem Winteraufenthalte in unseren Gegenden an. Gewöhnlich ist in der letzten Hälfte dieses Monats der Zug am lebhaftesten; bei schlechter Witterung dehnt er sich aber auch nicht selten bis tief in den April hinein aus. Dann sind die, welche hier nisten wollen, auch schon an den Heckplätzen und lassen dort ihre Paarungsrufe hören. Sie entfernen sich im Juli schon wieder von diesen Plätzen und leben überhaupt um diese Zeit wegen des Federwechsels versteckter als jemals. Zu Anfang August schwärmen sie weiter umher, und in der zweiten Hälfte dieses Monats beginnt der Zug der nördlicher wohnenden, der durch den September und Oktober dauert. Die zuerst ankommenden sind wegen noch nicht völlig beendigter Mauser immer noch stoppelig und mager, die letzten dagegen, ver- mutlich weil sie weniger schnell und anhaltend reisen, auch an guten Futterplätzen länger verweilen, sind meistens wohl- beleibt, ja oft ausserordentlich fett und dann: viel träger und schwerfälliger als sonst. Bei gutem Herbstwetter halten sich solche Nachzügler wohl auch noch den ganzen November hin- durch, ja in dem angenehmen Herbste 1825 gab es noch Ende Dezember einzelne in unseren offenen Brüchen. Ist der Winter gelinde, so bleiben einige, wie z. B. im Januar 1826, sogar ganz hier, in den mit offenem Quellwasser versehenen Erlen- brüchen, auch in bergigen Gegenden an versteckten Quellen und stillen Waldbächen, die über quelligen, mit Pflanzen be- deckten Boden rieseln. [— SCHLEGEL berichtet aus Scheiben- berg (im ÖObererzgebirge, 669 m über der Ostsee): „Mehrfach habe ich Gelegenheit, im Winter die Bekassine beobachten zu können. Dieselbe zeigt sich besonders in dieser Jahreszeit wenig scheu und kommt, an offenen Gräben Nahrung suchend, in die unmittelbarste Nähe der Häuser. Ihre Furchtlosigkeit gereicht ihr nicht selten zum Verderben; denn ich erhalte all- winterlich mehrere Stücke“ (Ornith. Monatsschr. 1888, S. 326). Und GÄTKE schreibt (a. a. O.): „Grosse Massen dieser Vögel müssen während nicht zu strenger Winter in oder nahe ihrer nördlichen oder östlichen Heimat verbleiben; denn wenn Ende November, Dezember oder in den ersten Monaten des neuen Jahres plötzlich strenger Frost, namentlich mit Schneegestöber eintritt, so ziehen dieselben sofort in mehr oder weniger grosser Zahl hier durch.“ In England bleiben manche den Winter über. —| Nach FABER überwintern sogar auf Island an warmen Quellen einzelne. Alle feuchten Niederungen und nassen Wiesen mit unter- mischtem Morast und schlammigem Sumpf, alle wirklichen, kaum zur Viehweide tauglichen Moräste, alle sumpfigen Um- gebungen der Teiche und Landseen, in der Zugzeit selbst alles, was nur einem Sumpfe ähnlich sieht, sei es auch von geringem Umfange oder mit ähnlichen nur in kleinen Teilen in Ver- bindung, in bergigen oder ebenen Gegenden, nasse Moore und Torflagen, mit morastigen Gräben durchschnittene Torfwiesen, alle diese Orte dienen unserer gemeinen Bekassine zum Auf- enthalt. Sie liebt es besonders sehr, wo Erlen und Buschholz wachsen, wo sich der Sumpf an einen Wald lehnt und auf der Grenze Buschholz, vorzüglich Erlen, stehen, zwischen dessen alten Stöcken sie besonders im Frühjahr ungemein gern liegt, und wo sie, zumal bei stürmischer Witterung, die ihr sehr zu- wider ist, Schutz sucht. Dringt Quellwasser, wenn auch brackiges, zwischen den alten Erlenstöcken hervor, so sind ihr solche Stellen die liebsten. An ihren Aufenthaltsorten darf der Boden nicht glatt und nackt, sondern er muss mit Gräsern, kurzem Seggenschilf und anderen Sumpfpflanzen so bedeckt sein, dass sie sich leicht darin verbergen kann; diese dürfen jedoch auch nicht zu dicht stehen, nicht dichter, als dass sie unter oder zwischen ihnen auf dem Moraste oder im seichten Wasser gemächlich herumgehen könnte; die Gräser dürfen auch nicht zu hoch oe 22 | | Die gemeine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinago (L.). sein, damit sie nötigenfalls leichter und ohne Behinderung herausfliegen könne. Ferner gehören zu ihren Lieblingsauf- enthaltsorten jene vom Vieh in zahllose sogenannte Kufen oder Kupen (Bülten) zertretenen Sumpfflächen, wenn die Schilfgräser auf diesen wankenden Inselchen noch nicht über einen Fuss hoch sind und recht dünn stehen, und wenn das Wasser zwischen ihnen nur einige Centimeter tief ist; ferner solche Sumpfstellen mit zahllosen Viehtritten, welche dünn mit Gräsern bedeckt sind, deren schöneres Grün schon von weitem auffällt und die im Winter nicht fest zufrieren, also sogenannte warme Quellen; endlich noch solche Sumpfwiesen mit torfigem Boden, der bei vielem Wasser im Frühjahr sich hebt, gleichsam auf- sährt, während unter der sich bildenden, eine Querhand hohen, oberen Morastdecke das Wasser noch über einen Fuss oder noch tiefer versteckt bleibt, die Schilfgräser mit den Spitzen sich mühsam durch jene Decke bohren müssen, eine Art schwimmender Morast, worin Menschen versinken oder gar umkommen können. Alle ihre Lieblingsorte sind so beschaffen, dass sie von weitem grünenden Wiesen gleichen, auf denen aus der Ferne kein Wasser sichtbar ist, bis man sie betritt, wo sich dann erst zeigt, dass der Boden zwischen den Gräsern mit Morast und einige Zoll tiefem Wasser bedeckt ist. Dies sind, wo sie die Wahl hat, wie in den grossen, sumpfigen Niederungen und Brüchen, die Orte, wo sie am lieb- sten liegt, wo sich dann in der Zugzeit die Mehrzahl sammelt und verweilt, und wo sie der Küchenjäger vorzüglich zu suchen hat. Solche, die auf ihren Wanderungen so ausgesuchte Plätze nicht immer erreichen können, begnügen sich indessen, wo es auch sei, mit jeder Art von Sumpf und müssen oft mit kleinen Moraststellen auf Wiesen, Viehtriften, feuchten Heiden, zwischen Weidengesträuchen, an tiefen Buschrändern, ja oft mit begrasten Teich- und Grabenufern, selbst mit Kohl- und Kartoffeläckern auf tiefliegenden Feldern fürlieb nehmen oder sich manchmal gar zwischen hohes Rohr und Schilf werfen, wo es zwischen diesen, wenn auch kleine, freie Stellen giebt, die seichtes Wasser und Schlamm haben, in den sie nicht zu tief einsinken. Auf solche Plätze ziehen sie sich gern bei starkem Winde, weil sie hinter jenen hohen, dichten Pflanzen Schutz vor demselben finden, indem er ihnen zu jeder Zeit sehr unangenehm ist und sie auch auf den nächtlichen Wanderungen oft verschlägt, so- dass man des Morgens nach stürmischen Nächten oft einzelne Bekassinen an Orten antrifft, wo man solche sonst stets ver- gseblich suchen würde, z. B. auf Feldern, Wiesen oder gar im Walde. So sind schon einzelne, namentlich wenn sie sich im Spätherbst von heftiger Kälte überraschen liessen, in Gehöften sefunden worden. Auch wenn ein Nachwinter bereits nach ihrer Ankunft im Frühjahr die Gewässer von neuem mit Schnee und Eis bedeckte, fand man einzelne auf entlegenen Miststätten. Die gemeine Bekassine lässt sich in der Zugzeit am Tage freiwillig nicht sehen, hält sich immer auf nassem Boden zwischen Hügelchen und Pflanzen versteckt und fliegt nicht eher auf und anderswohin, bis sie durch Menschen oder Tiere dazu gezwungen wird. So kann eine Gegend sehr viele be- herbergen, ohne dass der Unkundige eine einzige zu sehen be- kommt; er muss hineinwaten oder einen Hund durchsuchen lassen, wenn er dies bewirken will. Ob alle bei diesem ver- steckten Stillliegen den ganzen Tag durchschlafen, ist nicht sanz wahrscheinlich; es können sogar Fälle eintreten, z. B. langsames, behutsames Annähern eines Feindes, wo die Be- kassine laufend ausweicht und ihr erstes Plätzchen mit einem anderen vertauscht, ohne dass man es zwischen den schützen- den Umgebungen gewahr würde. Oft kommt dies jedoch nicht vor, und die Mittagsstunden durchschläft sie gewiss; denn in diesen liegt sie am festesten, und das Plätzchen, wo sie gelegen, zeigt an dem mehrfach vorhandenen Unrat [— („Gestüber“) —|] deutlich, dass sie längere Zeit hier und auf keinem anderen ge- sessen haben musste. In der Begattungszeit, aber höchstens nur so lange bis sie Junge bekommen, zeigen sie sich, wenigstens die Männchen, auch zuweilen am Tage, doch mehr in der Zeit, die an die Dämmerung grenzt; denn in dieser und in hellen Nächten sind sie in allen Jahreszeiten in ihrer wahren Lebens- thätigkeit, und dann bemerkt man sie herumschwärmend an allen Gewässern, auch an ganz freien Teichen, auf ganz nacktem Schlamme oder an ganz kahlen Wasserrändern herum- laufend. Eigenschaften. In ruhiger Stellung sieht unsere gemeine Sumpfschnepfe sehr kurzbeinig aus; sie trägt dabei den Körper wagerecht, zieht den Hals ganz ein und lässt den Schnabel vorn ziemlich stark gegen die Erde herabsinken. In lebhafter Aufregung, in der Dämmerung und in mondhellen Nächten sieht sie da- gegen nicht nur hochbeiniger aus, sondern sie stellt auch den Körper so, dass die Brust hochgehalten nicht mehr gegen die Erde gekehrt ist und daraus eine ganz andere, viel höhere Figur entsteht. Sie geht und läuft dann behende an den Ufern, doch nicht in langen Strecken einher, lange nicht so viel als ein Strand- oder Wasserläufer, aber doch mehr als ihre trägere Anverwandte, die grosse Sumpfschnepfe. Sie wechselt lieber fliegend ihre Plätze, als dass sie manche Strecken durch- laufen sollte. In ihrem gewandten, schnellen und oft hohen Fluge gleicht sie bis auf die geringere Grösse und grössere Beweglichkeit jener Anverwandten sehr, streckt wie sie die Flügel fast nie lang von sich, schwingt sie ebenso, nur rascher, leichter und mit viel schwächerem, oft kaum hörbarem Gesäusel. Dies letztere hört man bloss im geraden Fluge fast nur von sehr fetten, dadurch schwerfällig gewordenen Individuen, wie denn diese überhaupt viel träger sind und in ihren Verstecken fester liegen. Die mageren sind dagegen sehr flüchtig und machen bald nach dem Herausfliegen, ehe sie höher aufsteigen, einige zickzackförmige Wendungen von einer Seite zur anderen, be- vor sie den Flug weiter und gerade fortsetzen. Meistens durch- fliegen sie hoch in der Luft weite Strecken, ehe sie sich wieder niederlassen, was nichts weniger als sanft geschieht, sondern die meisten Male ein Herunterstürzen genannt werden kann; denn sie ziehen dabei die Flügel ganz nahe an den Körper und stürzen sich, ohne sie zu bewegen, in schräger Richtung mit einem vernehmbaren Sausen herab, mit desto grösserer Vehemenz, je höher sie flogen. Am auffallendsten macht dies Herabschiessen das Männchen über dem lockenden Weibchen, wovon weiter unten ein mehreres. Recht gemütlich fliegen sie oft, besonders am Brutorte, eine ziemliche Strecke gerade fort, aber nicht sehr hoch und obne zu eilen, mit sehr schnellen, fast zitternden Flügelschlägen, sich im Fortstreichen bald auf diese, bald auf jene Seite wiegend; sie haben in diesem Fluge etwas Fledermausartiges. — Aus freiem Antriebe fliegen sie am Tage nie auf, ausser in der Begattungszeit, und dann zu- weilen, wenn auf solcher Fläche eine lärmende Jagd abgehalten wurde und die Übriggebliebenen in grosse Angst und Schrecken versetzt sind, wo manche von diesen dann die meistens wider Willen gewählten, unbehaglichen Zufluchtsorte, auch ohne Zwang, bald wieder verlassen und herumschwärmend sicherer scheinende aufsuchen. Von anderen Schnepfenvögeln ist unsere Bekassine!) in der Luft leicht zu unterscheiden und in der Ferne kenntlich an der viel kürzeren Gestalt, dem eingezogenen Halse, kurzen Füssen, ?) weniger langen, aber breiteren und viel kürzer zu- t) Ich gebrauche diesen Namen, obgleich er der deutschen Sprache nicht angehört, darum am liebsten, weil er in Deutschland der allerbe- kannteste ist und die meisten Jäger, Jagdliebhaber, Köche und viele andere Menschen für unseren Vogel gar keinen anderen haben oder ihn unter keinem anderen kennen. Naum. ?) Dazu bemerkt ZIEMER: „Die Füsse werden zwar, wie bei allen anderen Sumpfvögeln, während des Fluges gerade nach hinten aus- gestreckt, reichen aber dann nicht über die Schwanzspitze hinaus, wie man es so häufig auf Abbildungen sieht. NAUMANN, welchem alle anderen, wie es scheint, gefolgt sind, hat die Sumpfschnepfe auf Tafel 209 der alten Ausgabe freilich ebenso abgebildet, dabei aber, wenn auch vielleicht unbewusst, das richtige getroffen, da er dieselbe im Augenblick des Auf- fliegens darstellt, bevor sie noch Zeit gehabt hat, die Oberschenkel wieder nach vorn umzulegen, nachdem sie die Beine beim Abschnellen von der Erde zu ihrer vollen Länge ausgereckt hatte.“ J. R. "riss Die gemeine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinago (L.). gespitzten Flügeln, und endlich noch an gewissen Eigentüm- lichkeiten in Bewegung der Flügel, die sich nicht wohl be- schreiben lassen. Der Geübte findet in allem diesen so viel Unterscheidendes, dass er sie schon in weiter Entfernung erkennt. Nur in höchster Beängstigung zeigt sie auch, dass sie schwimmen und untertauchen kann, nämlich fliegend von einem Raubvogel verfolgt oder wenn sie flügellahm geschossen wurde, wo ihr aber das Schwimmen schlecht abgeht und sie sich be- eilt ans Land zu kommen, um sich da je eher je lieber ver- kriechen und drücken zu können. Sie ist ein scheuer oder furchtsamer Vogel und würde, wenn sie nicht glaubte, den Augen ihrer Verfolger durch stilles Niederdrücken in einem Verstecke zu entgehen, auf dem Freien gewiss nie einen Menschen auf Schussnähe an sich kommen lassen. Auch aus ihrem Versteck entflieht die lebensfrohe, flüchtige, noch nicht von Fett belästigte Bekassine schon früh- zeitig genug, blitzschnell und mit wunderlichem Hin- und Her- werfen im raschesten Fluge, noch ehe sich ihr der Jäger genug genahet, und weit weg, zumal an stürmischen, unfreundlichen Tagen, obgleich sie starken Wind hasst und, um nicht von ihm gänzlich aus ihrer Richtung geschleudert zu werden, bald im Bogen sich gegen ihn wendet und ihn so leichter bekämpft. Bei stillem, heiterem Wetter ist dagegen ihr Betragen ganz verändert; sie zeigt sich weniger scheu, gemächlicher, wagt es, den Feind ziemlich nahe heranzulassen und fliegt jetzt erst auf, auch mit weniger Ungestüm und nicht 'weit weg. Ist es um die Mittagszeit, wo sie zu schlafen pflegt, so wird dies alles noch auffallender. Noch mehr setzt sie aus Bequemlichkeit ihre Sicherheit aufs Spiel, wenn sie sehr feist geworden ist, wie dies gewöhnlich die einzelnen Nachzügler im Spätherbste sind. Diese sind gewöhnlich so wenig scheu wie die grosse Art. Dass sie garnicht gesellig ist und den Namen: Heer- schnepfe ganz mit Unrecht hat, wurde oben schon erwähnt. Wenn auch auf den Lieblingsplätzen oft viele und die einzelnen nahe bei einander liegen, so thut doch jede nur, was ihr be- liebt und bleibt gleichgültig gegen das, was die nächste be- sinnt. Zufällig fliegen bei Störungen wohl nicht selten mehrere zugleich auf, aber eben so viele thun dies erst nachher, einzeln und eine nach der anderen, während noch andere das Äusserste wagen und damit bis ganz zuletzt warten. Dann zerstreuen sie sich, eine hier-, die andere dorthin, und nur der blosse Zu- fall führt an einem anderen Orte wieder einige oder mehrere zusammen. An ein Zusammenlocken und ängstliches Aufsuchen einzelner zurückgebliebener oder an entferntere Orte ver- schlagener Glieder solcher zufälliger Versammlungen ist hier nicht zu denken. So lose Zusammenkünfte umschlingt kein geselliges Band; sie lösen sich ebenso leicht wieder auf, als sie der Zufall zusammenbrachte. Auch gegen die Gesellschaft andersartiger Vögel sind sie zu allen Zeiten ganz gleichgültig, und es hat den Anschein, dass ihnen solche sogar zuwider ist. Auch die Gesellschaft der nahen Familienverwandten liebt diese Art nicht oder sie meidet sie vielmehr, denn diese, zu- mal die grossen, liegen meistens auf abgesonderten Plätzen. Dass sie verschiedene laute Töne und diese bei vielen Gelegenheiten von sich hören lässt, unterscheidet sie sehr von der vorhergehenden und der folgenden Art. Der gewöhnlichste Ruf, den man beim Herausfliegen aus ihrem Versteck oder bei ihrem Herumschwärmen in der Dämmerung noch öfter von ihr hört, ist ein rauhes oder heiseres Kähtsch oder Chähtsch (weshalb sie auch Kätsch- oder Kätschnepfe heisst), ein Ton, dem ähnlich, der entsteht, wenn man mit der Kante des Nagels eines Fingers schnellend über ein angespanntes Stück seidenes Zeug hinfährt oder kratzt, aber lauter als ein so hervorge- brachter ; denn in der stillen Dämmerung hört man diese Stimme noch ziemlich weit. Sie wird meistens nur einzeln und in be- deutenden Intervallen ausgestossen, hält nicht bei jedem In- dividuum denselben Ton, bei einigen tiefer, bei anderen höher, doch nicht sehr auffallend. Am Tage scheint dieses Grähtsch [— oder Ätsch —] oder wie man es sonst schreiben möchte 23 (es ist ein [— kurz abgebrochener, heiserer und —] schnarren- der Gaumenton), Angstruf zu sein, da gerade die flüchtigsten und scheuesten am meisten schreien, nämlich indem sie auf- steigen, auch oft den Ruf [— gleichsam als Alarmruf —] im weiteren Fortstreichen noch ein oder ein paarmal wiederholen, während andere stumm auf- und davonfliegen. Am Abend scheint er Freudenruf, und manche wiederholen ihn da sehr oft, aber nie schreit eine im Sitzen. Die Feistesten schreien selten und meistens in einem so heiseren Tone, dass es geübten Bekassinenjägern möglich wird, schon vorher zu sagen, welche von den eben herabgeschossenen Bekassinen mager oder fett [— („gering“ oder „feist“) —] sei. — Ganz andere Töne sind die, welche man nur des Nachts auf ihrem Zuge in der Luft von ihnen hört, nämlich ein heiseres Greckgeckgäh, kaum im Grundtone eine Verwandtschaft mit jenem Tagesrufe ver- ratend, und ein hohes, heiseres Zipp, das gar nichts mit ihm gemein hat und eher dem der Zippdrossel ähnelt, aber in dem gepressten Tone einen Unterschied zeigt, wodurch es fast den Fledermaustönen ähnlich wird. Dieses Zipp oder Sipp stossen auch solche aus, die sich nächtlicherweile auf den Boden niederliessen, man hört sie es aber nur höchst selten einmal wiederholen. [— Hierzu bemerkt ZiEMER: „Ein einsilbiges, etwas heiseres „Asipp“ (das s ist lispelnd zu sprechen) wird gewöhnlich sieben- bis neunmal in gleichen Zwischenräumen wiederholt. Es lautet demnach diese Strophe wie | „dsipp, dsipp, dsipp, dsipp, dsipp, dsipp, dsipp.“ Nach SEEBOHM nickt die Bekassine bei jedem „dsipp“ mit dem Kopfe, was ich bisher noch nicht bemerkt habe, da ich noch nicht das Glück hatte, eine auf der Erde sitzende Bekassine zu beobachten, während sie diese Laute hören liess; und im Fluge nickt sie ganz entschieden nicht mit dem Kopfe. Diese so charakteristische Strophe habe ich von beiden Geschlechtern gehört, meistens von dem im Sumpfe sitzenden Weibchen, einige- mal aber auch vom Männchen, bisher immer nur im Frühling und zwar meist nur im Beginn der Brutzeit, während der Paarung, im ganzen aber sehr viel weniger als das weiterhin zu erwähnende „pedjep* (Ornith. Monatsschr. 1888, S. 37). Heute fügt der vortreffliche Beobachter zu dieser Dar- stellung folgendes hinzu: „Diese Strophe klingt nicht immer so, wie ich sie damals wiedergegeben habe, sondern oft auch wie „djep djep“ u. s. w. und dürfte mit NAUMANNS „zipp oder sipp“ nichts zu thun haben, nach meinen späteren Beobachtungen vielmehr nur eine verkürzte Abänderung des Balzgesanges sein. In den letzten Jahren habe ich sie sicher nur vom Männchen gehört, mehrfach unmittelbar vor seinem Einfallen, wobei sie öfter in das pedjep überging, z. B. in diesem Früh- jahr während des Herabfliegens djepp djepp djepp u. s. w. und dann beim Niedersetzen und an der Erde einigemal pedjspp pedjepp. Bei ähnlichen Gelegenheiten mag NAUMANN vielleicht zu seiner irrigen Ansicht gekommen sein, diese Töne gingen von den Weibchen, und nur von diesen aus. Andererseits bin ich vielleicht auch, wenn auch auf andere Weise, in den Irrtum verfallen, diese Strophen auch den Weibchen zuzu- schreiben.“ —|] Noch ganz andere und von diesen durchaus verschiedene Töne sind die, welche sie bloss in der Begattungszeit am Brut- orte hören lassen, mit denen sie auch ein ganz abweichendes Betragen verbinden. Dort schwingt sich das Männchen von seinem Sitze aus dem grünen Sumpfe, meistens blitzschnell, erst in schiefer Richtung auf, steigt dann in einer grossen Schneckenlinie himmelan, bei heiterem Wetter so hoch in die Lüfte, dass es nur ein gutes Auge noch für einen Vogel er- kennt. In solcher enormen Höhe [--, oft freilich auch weit niedriger — bis kaum 40 m — —] treibt es sich nun flatternd und schwankend im Kreise herum und schiesst aus diesem mit ganz ausgebreiteten, stillgehaltenen Flügeln senkrecht (?), in einem Bogen, herab und hinauf, und dies mit einem so be- sonderen Kraftaufwande, dass in diesem Bogenschusse die Spitzen der grossen Schwingen in eine bebende oder schnurrende 24 Bewegung gesetzt werden und dadurch einen zitternden, wie- hernden, summenden, knurrenden oder brummenden Ton geben, der dem fernen Meckern einer Ziege höchst ähnlich ist und dem Vogel zu den Namen: Himmelsziege, Haberbock und vielen ähnlichen !) verholfen hat. Durch einen so kräftigen Bogen- schuss ist es nun wieder in vorige Höhe gekommen, wo es wiederum flatternd einigemal herumkreiset (?), um Kräfte zu einem neuen senkrechten Bogensturze und dem mit ihm ver- bundenen Summen, Brummen, Meckern, oder wie man es sonst noch nennen möchte, zu sammeln; und so wird das Kreisen in einem horizontalen Striche und auf einem kleinen Raume (?) mit den damit abwechselnden senkrechten Bogenstürzen und Meckern oft viertel- ja halbestundenlang fortgesetzt, wobei noch zu bemerken ist, dass dieses Getön an und für sich wenig über zwei Sekunden anhält und anfänglich in Zwischenräumen von sechs bis acht, später aber, wenn die Kräfte anfangen zu erlahmen, von zwanzig bis fünfundzwanzig Sekunden wieder- holt wird. Es klingt keineswegs, wie BECHSTEIN sagt: Mäckerä, sondern, wenn es mit Buchstaben deutlich gemacht werden sollte, so würden es die Silben Dududududududu (so schnell als nur möglich gesprochen) noch am besten versinnlichen. Da das Männchen diese wunderlichen Gaukeleien nicht allein in der Abend- und Morgendämmerung (dann freilich am häufigsten), sondern auch nicht selten am hellen Tage und stets bei ganz heiterem Himmel und stillem Wetter ausübt, so hält es mit natürlichscharfem Auge (noch weniger mit be- waffnetem) durchaus nicht schwer, die wirbelnd schnurrende Bewegung der Schwungfederspitzen bei jenem heftigen Hinab- und Heraufdrängen des Vogels durch die Luft deutlich ge- nug wahrzunehmen und sich zu überzeugen (?), dass diese Töne allein hierdurch hervorgebracht werden und nicht aus der Kehle des Vogels kommen. — Der Ton, oder wenigstens ein ganz ähnlicher, ist übrigens künstlich nachzuahmen oder hervorzubringen, wenn man Schwungfedern (gleichviel von welchen, jedoch nicht von zu kleinen Vögeln) an die Spitze eines langen Steckens befestigt und mit diesem, ungefähr wie mit einem Säbel, kräftig gegen einen starken Luftzug haut. Es beruht daher offenbar auf einer Täuschung, wenn BECHSTEIN (a. a. OÖ.) behaupten konnte, er habe den Vogel auf der dürren Spitze einer Eiche sitzen sehen und dabei meckern hören. Das erstere kommt allerdings vor; denn unsere Bekassine ver- leugnet in der Begattungszeit ihre sonstige Natur so sehr, dass sie sich nicht selten auf starke dürre Baumspitzen und oft auf die Äste alter hoher Eichen ganz frei hinstellt und in einem wunderlich zitternden Fluge dahin auf und ab fliegt; allein letzteres, die meckernde Melodie, kam bestimmt damals nicht von der auf der Eiche sitzenden, sondern von einer anderen, die zwar in der Nähe, aber hoch über jene erhaben, in oberen Luftregionen ihr Gaukelspiel trieb, die aber unser Altvater der Ornithologie nicht bemerkt hatte.?) — Jene Töne klingen auch, selbst wenn der Vogel sich in solcher Höhe herum- tummelt, dass er nur noch wie eine Fliege aussieht, doch so, als kämen sie ganz aus der Nähe und von der Erde herauf. Dadurch kann leicht Täuschung entstehen. Genauer nach- forschend wird man jedoch, wenn sonst mit guter Sehkraft versehen, bald gewahr werden, dass sich der wunderliche Musiker dabei in hohen Luftregionen herumtummelt. Oft sind mehrere Männchen zugleich in diesem Spiele begriffen, aber jedes hat dann so seinen eigenen Kreis in der Luft, wie es seinen eigenen Brutplatz auf der Erde hat, und, wenn auch nahe beisammen, kommt doch keins in den des anderen. Für den Abergläubigen konnten diese, in schauerlicher Einsamkeit, !) Vergl. das Verzeichnis der deutschen und fremden Trivialnamen, J. R. 2) Schon in der ersten Ausgabe dieses Werkes, III, S. 19 wurde nach meines Vaters richtigen Beobachtungen, die sich fortwährend bestätigen werden, gesagt, dass jenes Meckern oder Wiehern nicht durch die Stimm- organe, sondern mit den Flügeln hervorgebracht würde, und der vor- treffliche Beobachter GRABA (siehe dessen Tagebuch einer Reise nach Färö, S. 51) war ebenfalls davon überzeugt, wie es jeder wird sein müssen, der sich darum bemühen und die Augen aufthun will. Naum. Die gemeine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinago (L.). bei zweideutigem Dämmerlichte ihn umschwebenden Töne, deren Ursprung er nicht kennt, zumal wenn er dabei an den höllischen Ziegenbock dachte, wohl etwas Unheimliches haben, während sie für den unbefangenen Naturfreund, den jene Gegenden anziehen, wo die Natur dem Forscher noch manches hinter ihrem nassen Schleier verhüllt, eine Abendmusik sind, die ihre eigentümlichen Reize hat. Man hört sie an stillen, warmen Abenden bis tief in die Nacht hinein, auch in der Morgendämmerung und noch zuweilen, wenn es bereits heller Tag geworden oder in den Vormittagstunden, selbst unter Mittag, sehr selten von da bis gegen Untergang der Sonne, aber niemals bei stürmischer und nasser Witterung. So er- tönt sie auch nicht durch die ganze Fortpflanzungszeit, sondern nur wenige Wochen, von da an wo sie sich paaren, bis wo die Jungen den Eiern entschlüpft sind, schon während des Brütens nicht mehr so häufig und anhaltend als früher. [— Mehr- fach beobachtete ZIEMER jedoch, dass das Männchen lebhaft meckerte und sang, wenn er seine Dunenjungen in der Hand hatte. —] AÄusserst selten versucht einmal eine einzelne dies Spiel im Herbst bei ausserordentlich milder Witterung, sowie sich dann hin und wieder ein einzelner Singvogel hören lässt; denn das ganze Spiel stellt den Gesang vor oder ist ein Analogon von dem Wuchteln der Kiebitze, vom Schnurren der Spechte, vom Balzen der Waldhühner und dergleichen. [— Dass die vorstehende Beschreibung an verschiedenen Beobachtungsfehlern und falschen Voraussetzungen leidet, ist längst mit Sicherheit festgestellt. Aber langsam nur sind die weiter bestehenden Irrtümer von Stufe zu Stufe beseitigt, und eine umfangreiche Litteratur über diesen Gegenstand hat sich im Laufe der Jahrzehnte angesammelt. Die verschiedenen Stadien auf dem Wege bis zur — wie wir jetzt meinen — richtigen Erkenntnis bezeichnen gewissermassen den allmäh- lichen Fortschritt in der Erkundung des Vogellebens überhaupt: von gedankenlosen Voraussetzungen und vertrauensseliger Über- nahme ererbter Glaubenssätze durch allerlei zweifelnde Mut- massungen, Kritische Erörterungen und theoretische Behaup- tungen hindurch bis zur Feststellung von Thatsachen allein auf dem Wege exakter Beobachtungen. Es ist daher nicht ohne Interesse, die Wandlungen und Fortschritte, die sich in der Vor- stellung von dem Liebesspiel unserer Bekassine und in der Erklärung ihrer eigenartigen Balzmusik seit Beginn dieses Jahrhunderts vollzogen haben, noch einmal kurz an sich vorübergehen zu lassen. Man kann in dieser Geschichte der „Meckertheorie“ vier Abschnitte unterscheiden. I. Bis in die Zeiten NAUMANNS gab es freilich noch keine Theorie des Meckertones, überhaupt keine Frage nach der Entstehung desselben. Die Volksanschauung knüpfte, wie JÄCKEL sich ausdrückt, „an die uralten dämonologischen Vorstellungen an, wie sie bereits bei unseren heidnischen Vorfahren Glaubensartikel waren“. Beim Anhören des „meckernden“ und „wiehernden“ Tones, der noch in tiefer Dämmerung über dem einsamen Moor und Sumpf aus unsichtbarer Höhe herabschallte, dachte der Unkundige am wenigsten an einen harmlosen Vogel, und an die Bezeichnung des Urhebers als Capella coelestis, fliegende Geiss, Moorlamm, Himmelspferdchen u. v. a. knüpfte er allerlei mystische Vorstellungen. Noch heute schreckt der Bewohner schleswigscher und dänischer Heidedörfer die unartigen Kinder mit der Spuckgestalt des „Schorrebock*“ „und Horsegjök*. Welcherart man sich nun auch die Fabelgestalt des luftigen Sängers ausmalte, als selbst- verständlich wurde vorausgesetzt, dass er seine eintönige Melodie mit der Kehle hervorbringe. Aber auch vor- urteilsfreie Beobachter und praktische Vogelkenner, tüch- tige Jäger wie DÖBEL und DIETRICH A. D. WINCKELL, und selbst hervorragende Ornithologen wie BECHSTEIN und ZIEGLER, denen der Balzlaut der Bekassine wohlbekannt war, hielten an der Überzeugung fest, dass der Meckerton mittelst der Stimmorgane hervorgerufen werde; ja in dem später sich entwickelnden Widerstreit der verschiedenen Die gemeine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinago (L.). 25 Meinungen fand diese Ansicht bis vor ein paar Jahren noch gerade ihren eifrigsten Verfechter in einem Altmeister der Vogelkunde, E. v. HOMEYER. II. Seitdem nämlich der ältere NAUMANN (1804) die Behaup- tung aufgestellt, das Meckern werde mit den Flügeln hervorgebracht, und besonders nachdem JoH. FRIEDR. NAU- MANN mit seiner Autorität für die Ansicht seines Vaters ein- getreten war und ihr die vorstehende Darstellung und Be- gründung gegeben hatte, zieht sich jahrzehntelang durch die ornithologische Litteratur ein lebhafter Streit über die Frage: ob Vokal- oder Instrumentalmusik? Namhafte Jagdschriftsteller wie JESTER und DIEZEL, wissenschaft- liche und erfahrene Ornithologen wie JÄCKEL, BALDAMUS, BORGGREVE u. a. zogen, oft mit mehr leidenschaftlichem Eifer als mit ruhiger Sachlichkeit und darum auch mit geringem Erfolg, gegen die „Kehlmeckerer“ zu Felde, die ihrerseits mit Zähigkeit die alte Ansicht verteidigten. Selbst die Mitteilung PrALLes (1846), dass er bei der Beobach- tung eines balzenden Männchens das „Tikküpp* gleichzeitig mit dem Meckern gehört habe, dass also, da jenes un- bedingt ein Kehllaut sei, dieses entschieden vom Gefieder hervorgerufen werden müsse, führte nicht zur Einigkeit; denn einerseits behaupteten die „Kehlmeckerer“, eine so vereinzelt dastehende Beobachtung müsse wohl auf Täu- schung beruhen;?) andererseits waren auch die „Flügel- meckerer“ über manche Einzelheiten sich keineswegs einig und ergingen sich in weitläufigen theoretischen Erörterungen, physikalischen, akustischen u. a. Entwickelungen zur Be- gründung ihrer Sonderansichten. Auffallend ist dabei, dass der Hauptbeweis NAUMANNS für seine Theorie: „es halte durchaus nicht schwer, mit natürlichscharfem Auge die wirbelnd schnurrende Bewegung der Schwungfederspitzen deutlich wahrzunehmen und sich zu überzeugen, dass die Meckertöne allein hierdurch bervorgebracht werden,“ keinen Widerspruch erfuhr, da ihm doch ein leicht erkennbarer Irrtum zu Grunde lag; denn so rasche Schwingungen irgend eines elastischen Körpers, wie sie zur Erzeugung eines ver- nehmlichen Tones erforderlich sind, können in einer Ent- fernung von mindestens 40 bis 50 m überhaupt nicht, auch mit bewaffnetem Auge nicht gesehen werden, ?) oder um- gekehrt: zitternde Bewegungen, die man in diesem Ab- stand noch deutlich erkennen kann, verursachen keinen wahrnehmbaren Ton. Erst die Aufstellung einer neuen Theorie brachte die NaumAnnsche Erklärung nach und nach in Misskredit. III. Im Jahre 1846 hatte ZIEGLER in seiner „Federwildjagd“ bei einem Hinweis auf den vorstehenden NAumAnNschen Beweis- satz irrtümlicherweise zitiert: „Bewegung der Schwanz- federspitzen.“ Dass dieser lapsus pennae nicht ohne weiteres zur Aufstellung einer neuen Theorie führte, ist erklärlich; aber man: sollte denken, er hätte doch als unbewusster Fingerzeig die Aufmerksamkeit auf ein neues Toninstru- ı) Nur JÄCKEL war in der Lage, die Richtigkeit der PRALLE’schen Beobachtung nach eigener Erfahrung bestätigen zu können. In der That gehört es zu den Ausnahmen, dass eine meckernde Bekassine zu gleicher Zeit den Tikküppruf hören lässt, und wenn schon, so ist die Identität des Urhebers beider Töne nur schwer festzustellen. Trotz- dem ich dem Balzspiel der Bekassine von Jugend auf ein lebhaftes Inter- esse zugewandt, habe ich doch erst zu Anfang der achtziger Jahre zum erstenmal und seitdem nur noch zweimal wieder mit völliger Sicherheit beobachten können, dass ein balzendes Männchen während des Absturzes und Meckerns gleichzeitig „Tikküpp“ (Djeppe) rief; das letztemal mit vier anderen Jägern am 2. Juli 1900 auf den Treenewiesen. Wohl eine Viertel- stunde lang umkreiste uns eine einzelne Bekassine, als wir auf der völlig kahlen Ebene uns zum Vespern ins Gras gelegt hatten, und das Meckern und der Tikküppruf erfolgten wiederholt so unzweifelhaft von demselben Vogel und zur selben Zeit, dass die kleine Jagdgesellschaft, die in ge- spanntester Aufmerksamkeit mit Auge und Ohr dies Balzspiel verfolgte, mit absoluter Gewissheit feststellte, dass der surrende Ton (das Meckern) kein Kehlton sei. J. R. ?) Demnach ist es ebenso sicher Selbsttäuschung, wenn einige der späteren „Schwanzmeckerer“ glauben, die Schwingungen der äusseren Steuerfedern wahrgenommen zu haben. J. R. Rohweder, Unsere Schnepfen, Aus: Naumann, Naturgeschichte. Bd. IX. * ment geleitet, und die Thatsache, dass die Steuerfedern der Bekassine nicht nur in verschiedener Anzahl auftreten, sondern oft merkwürdige Abweichungen in ihrer eigen- tümlichen Bildung aufweisen, hätte zum Nachdenken über ihre besondere Aufgabe Anregung gegeben. Indes nicht solche theoretische Überlegung, sondern die Beobachtung in freier Natur führte ALtum zu der Überzeugung: Es ist weder die Stimme, noch sind es die Flügel, die den Ton hervorbringen, derSchwanzist dasInstrument.!) Dass sich nach Aufstellung dieses Satzes, der später dahin modi- fiziert wurde, „dass nur die je äusserste Steuerfeder die tönende Zunge sei*,?) zunächst eine neue Lebhaftigkeit in der Verteidigung bezw. Widerlegung der nunmehr drei verschiedenen Erklärungsarten entwickelte, ist begreiflich.?) Eine theoretische Stütze erhielt die Autumsche Erkenntnis durch die genauere Beobachtung der sibirischen soge- nannten „Drahtschwanz-Schnepfen“ (Wöre-tailed Snipes) und die Beschreibung ihrer absonderlich geformien Steuer- federn. Denn, wie CABAnIS bei. der Vorführung seiner Gallinago heterocerca (= G. megala Swinhoe) bemerkte): „Er- wägt man die starre Beschaffenheit und die eigentümliche, bei jeder Art spezifisch andere Bildung der seitlichen Steuerfedern, so ist es eigentlich zu verwundern, dass bei einem so in die Augen springenden Charakter überhaupt die Frage aufgeworfen werden konnte, ob bei dem so- genannten Meckern der Bekassine die Schwanzfedern mit- wirkend seien oder nicht. Wo überhaupt so eigentümliche Bildungen, sei es am Flügel oder am Schwanze, bei Vögeln vorkommen, werden auch bei Evolutionen selbstverständ- lich sich eigentümliche Töne bilden.“ (DyBowsk1 vergleicht das Geräusch bei den Flugwendungen der von ihm be- obachteten @. megala mit dem Geräusch einer Rakete.) Einen praktischen Beweis für die Ansicht AL,Tums lieferte MEwes, der die obige Theorie experimentell darstellte.) Durch seinen vor der Berliner Jahresversammlung 1876 wiederholten Versuch mit der an einer dünnen Gerte be- festigten und im Kreise geschwungenen äussersten Steuer- feder unserer Bekassine „überzeugte er den grössten Teil der Anwesenden, dass der Schwanz‘) das Meckerinstrument sei“, und wenigstens wurde die Theorie, das Entstehen des Meckertons auf eine vibrierende Bewegung der Flügel zurückzuführen, allgemein verworfen.”) Und in der Monats- sitzung der Allgemeinen deutschen Ornithologischen Gesell- schaft, Oktober 1880, wo die Frage unter Beteiligung von ALTUM, BREHM, CABANIS u. a. noch einmal verhandelt wurde, erklärten sich alle in der Verhandlung ausge- sprochenen Ansichten unter Berücksichtigung der verschie- densten Beobachtungen für die Theorie, dass in den äusse- ren Schwanzfedern allein das Meckerinstrument zu suchen sei‘) Damit waren die beiden alten Theorien, die der Volksanschauung und die NAUMANNSsche, sozusagen offiziell abgethan. Auf die Vorstellung des eigentlichen Volkes ist dies, wie schon vorhin erwähnt, natürlich ohne Einfluss geblieben, unter den Ornithologen, berufsmässigen Jägern und anderen tüchtigen Kennern des Vogellebens werden seitdem nur wenige sein, die mit der AL,tumschen Theorie in der Hauptsache nicht einverstanden wären. Dennoch war die „Schluss“-Proklamation ALTUMs (Ornith. Centralblatt 1880, S. 149) verfrüht. Das ergiebt sich, abgesehen von den Zweifeln und Widersprüchen, die seine letzte Beweis- ') Naumannia 1855, S. 362. J. R. °) Ornith. Zentralblatt 1880, Nr. 19. J. R. °») Vergl. Naumannia 1858, S. 111. — Journ. f. Ornith. 1860, S. 63; 1862, S. 212; 1863, 8. 85; 1876, S. 357. — Zoolog. Garten 1875, S. 483; 1876, S. 28 und 204. J. R. *) Journ. f. Ornith. 1870, S. 25. IR. °) Naumannia 1858, Journ. f. Ornith. 1859 und 1861. I. R. 6) Hätte hier doch wohl heissen müssen: „Die beiden äussersten Schwanzfedern.*“ J. R. ‘) Journ. f. Ornith. 1876, S. 357 ff. J. R. °) Ornith. Zentralblatt 1880, S. 167. I. R. 26 führung hervorrief, aus den auf fortgesetzter Beobachtung prak- tischer Vogelkenner beruhenden späteren Abhandlungen über dies Thema, von denen besonders die von ZIEMER, V. BERG und RIEMSCHNEIDER!) hervorzuheben sind. Durch die anschauliche Schilderung des ganzen Vorganges und die nähere Erklärung verschiedener Einzelheiten erhielt die bisherige Vorstellung von dem Verlauf des Balzspieles manche erweiternde und berichtigende Förderung. Die Schwanzmecker-Theorie an sich ist dadurch nur weiter bestätigt worden, aber sie bedarf immer noch der völligen Klarstellung über die Beteiligung der einzelnen Steuerfedern und einer wesentlichen Ergänzung in betreff der Mitwirkung der Flügel.. Der weitere Umstand, dass in der Beschreibung des Balzfiuges bald hier, bald da einige Irrtümer wiederkehren, möge es als gerechtfertigt erscheinen lassen, dass wir den ganzen Vorgang, auch mit seinen be- kannten Einzelheiten, noch einmal kurz und übersichtlich dar- stellen. | 1. Über dem Brutplatz beschreibt das Männchen bei stiller Luft mit gleichmässigen, hastigen Flügelschlägen reissenden Fluges in beträchtlicher, aber sehr verschiedener Höhe von etwa fünfzig bis zu ein paar hundert Metern Kreise mit einem Durch- messer bis zu ungefähr einem halben Kilo- meter (nicht im- mer „in uner- messlicher Höhe“ und „auf kleinem Raum“). 2. Dieser wage- rechteFlug wird anfänglich in kürzeren, wei- terhin in länge- ren Zwischen- zeiten von etwä 84.bis- 30.88: kunden, unter- brochen durch schräge Abstür- ze, die mit der - EbenederKreis- bahn einen Win- kel von unge- fähr 45 Grad bilden (niemals geschieht der Absturz „senK- recht“). 3. Die Abstürze haben eine Tiefe von etwa 10 bis 15 m und dauern meist gegen 2 Sekunden; nach denselben schwingt sich der Vogel mit verstärkten Flügelschlägen wieder bis zu voriger Höhe empor, sodass die Fluglinie folgendes Profil?) zeigt: 4. Beim Beginn des Absturzes treten folgende veränderte Körperstellungen und Bewegungsarten ein, die bis zur Er- reichung des tiefsten Absturzpunktes beibehalten werden: a) Der Vogel wirft sich auf die Seite, d. h. er dreht seinen Körper um dessen Längsachse nach rechts oder links; diese Umdrehung beträgt nicht ein volles Viertel, sie bewirkt eine sehr starke Seitenneigung, aber nicht eine völlig senkrechte Stellung der beiden Flügelspitzen zu- einander. %) Ornith. Monatsschr. 1888, S. 85 ff.; 1894, S. 267; 1896, S. 238. J. R. ?) Vgl. das von RIEMSCHNEIDER in der Ornithologischen Monats- schrift 1896, S. 239 gegebene Profil, in dem nach meiner Ansicht der Auf- stieg etwas zu steil dargestellt ist. J. R. Bekassine im Balzflug. Die gemeine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinago (L.). b) Die Flügel werden weder völlig ausgespreitet, noch an den Körper angelegt, sondern in starrer Haltung so weit ausgestreckt, dass die Schwingen nahezu in der Richtung der Körperachse stehen; die durch den Schulter- fittich gebildete zweite Flügelspitze legt sich auf die Seite der Schwanzwurzel und bildet mit den Schwung- federn zweiter und erster Ordnung einen halbkreis- förmigen Ausschnitt. Der Schwanz wird durch fächerförmige Ausbreitung annähernd zu einem Halbkreis geformt, sodass wenig- stens die seitlichen Steuerfedern in ihrer Endhälfte sich nicht berühren und die beiden äussersten fast quer vor dem halbmondförmigen Ausschnitt des hinteren Flügel- randes stehen.!) Die regelmässigen Flügelschläge hören auf; an ihre Stelle treten rasche, zuckende Bewegungen der Flügel, die man nicht bloss mitunbewaffnetem Auge wahrnehmen, sondern deren Geschwindigkeit man, namentlich durch ein Fernglas, deutlich kontrollieren kann. (Dies ist offen- bar die von NAUMANN gesehene „wirbelnd schnurrende Bewegung“ der im übrigen „still gehaltenen Flügel“). 5. Während der Dauer des Absturzes ertönt der bekannte Balzlaut nicht als gleichmässig _fort- klingender Ton, son- dern als ein solcher, der durch regelmäs- sige kurze Intervalle in rascher Folge unterbrochen wird. Und diese Inter- valle, also die Tonschwebungen, stimmen nach Ge- schwindigkeitund Zahl genau über- ein mit den eben erwähntenFlügel- zuckungen.?) Soweit lässt sich der ganze Verlauf des Balzspieles ohne Schwierigkeit durch Beobachtungderbal: zenden Bekassine selbst feststellen. Bezüglich der Entstehung der Meckertöne aber war man, wie eben die Aufstellung der verschiedenen Theorien beweist, auf mehr oder weniger wahr- scheinliche Vermutungen angewiesen, da eine direkte Beobach- tung der Tonerzeugung am lebenden Vogel ausgeschlossen ist. Nur ein den natürlichen Vorgang genau wiedergebender Kunst- versuch konnte hierfür Ersatz bieten. MEWES aber stellte sein Experiment von vornherein in den Dienst einer bestimmten 1) Nach ZIEMERs Beobachtungen wird der Schwanz so ausgebreitet, dass nur die jederseits äusserste Schwanzfeder vollkommen frei und un- gehindert dem Luftstrom ausgesetzt wird, während die Fahnen der übrigen sich grösstenteils decken. Zwischen der äussersten Schwanzfeder jederseits und der nächsten bleibt ein Zwischenraum von mindestens der gleichen Breite wie die äusserste Feder, so als fehlte hier jederseits eine Schwanzfeder. Dies habe ich im Laufe von 15 Jahren bisher ausnahms- los so gesehen und zwar in mindestens mehreren hundert Einzelfällen, unter anderen noch in diesem Frübjahr etwa dreissigmal durch ein Doppel- fernrohr mit achtfacher Vergrösserung. J. R. *) Freiherr V. BERG schreibt den Flügelbewegungen „genau die Hälfte der Geschwindigkeit der Meckertöne“ zu (Ornith. Monatschr. 1894, S. 268). Ich muss nach meinen seitdem besonders auf diesen Punkt ge- richteten Beobachtungen bei der obigen Behauptung bleiben. Auch ZIEMER schreibt (Ornith. Monatsschr. 1880, S. 40): „Dabei schien es mir immer, als entsprächen die Flügelschwingungen genau den Mecker- schwingungen, so genau, wie sich dies durch einfach kombinierte Be- obachtung durch Gesicht und Gehör gleichzeitig feststellen lässt.“ J. R. Die gemeine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinago (L.). 27 Hypothese und wollte und konnte durch dasselbe nicht mehr beweisen als die Richtigkeit der von ihm und ALTUM an- genommenen, aber entschieden zu eng begrenzten Voraus- setzung. Soll die gesamte Tonerscheinung erklärt werden, dann ist das Experiment nicht mit einer einzelnen Feder, sondern mit dem ganzen Vogel vorzunehmen. Ob man dabei den Vogel durch die Luft schwingt, oder ob man einen Luftstrom mit der- selben Geschwindigkeit in entgegengesetzter Richtung an dem Vogel vorüberstreichen lässt, muss sich natürlich gleich bleiben. Versuch: Nachdem ich den frischen und im Gefieder unbeschädigten Balg eines Bekassinen-Männchens in die meinen Beobachtungen entsprechende Stellung eines balzenden Vogels gebracht!) und ihm durch Antrocknen die nötige Festigkeit ge- gegeben hatte, stellte ich im hiesigen physikalischen Lehrzimmer unter Assistenz meines Kollegen Dr. SEIDEL folgenden Ver- such an: a) Mittels eines Blasebalges wurde ein starker Luftstrom unter den Flügeln hindurch auf die seitlichen Schwanzfedern ge- leitet: Sofort entstand ein zusammenhängender Ton (ohne Schwebungen), der in Höhe und Klangfarbe mit dem Balzton der Bekassine vollkommen übereinstimmte. Mit Auge und Ohr liess sich deutlich erkennen, dass nicht nur die äusserste Schwanzfeder, sondern auch die folgenden, mindestens bis zur vierten jederseits, diesen Ton durch ihre Schwingungen erzeugten.) b) Durch kurzes Anschlagen mit den Fingern auf die Ober- seite der Flügel (wie beim Trillerschlagen auf dem Klavier) ahmte ich jetzt die Flügelzuckungen nach: der Ton behielt denselben Charakter, seine Gleichmässigkeit aber wurde durch Schwebungen (Intervalle) unter- brochen, die genau dem bald rascher, bald langsamer ausgeführten Aufschlag meiner Finger entsprachen. Das Gesamtergebnis war ein in allen Einzelheiten täuschend nachgeahmtes Bekassinenmeckern.?) IV. Nach diesem Versuch erklärt sich die ganze Balzmusik, d.h. die Entstehung des einfachen Meckertones und seine weitere Modulation, folgendermassen: a) Der während des Absturzes an dem Vogel vorüber- streichende Luftstrom wird durch die muldenförmige Unterseite der Flügel zusammengehalten und trifft mit verstärkter Kraft jederseits auf die ausgespreitzten seit- lichen Steuerfedern; diese werden dadurch. in rasche Schwingungen versetzt, wie die Feder einer angeblase- nen Zungenpfeife, und verursachen ohne weitere Be- einflussung einen gleichmässig surrenden Ton, der sich so darstellen lässt: MÜVMmmwmwmwwwwwwwwwwwwwwWm whuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuu‘) b) Durch die zuckende Bewegung der Flügel wird die Stärke des Luftstromes in rascher Folge vermehrt und vermindert, wodurch der Ton in gleichen Intervallen an Stärke (nicht an Höhe) gewinnt oder verliert, also tremulierend wird und folgendermassen dargestellt werden kann: whu whu whu whu whu whu whu whu whu‘) ‘) Die Abbildung S. 186 zeigt die verkleinerte photographische Dar- stellung dieses Präparates. Der Pfeil bezeichnet die Absturzrichtung. J.R. °) Auch wenn ZIEMERs Beobachtung richtig ist, „dass nur die je äusserste Feder jederseits frei dem Luftstrom ausgesetzt wird, während die übrigen mit ihren Fahnen sich grösstenteils decken“, scheint mir das Mitschwingen der nächsten Schwanzfedern nicht ausgeschlossen. J. R. °) Dasselbe Experiment wurde später vor einer grösseren Versamm- . lung praktischer Jäger wiederholt, die einstimmig erklärte, von der Richtig- keit der folgenden Theorie überzeugt zu sein. J. R. *) Mit durchklingendem „oe“. Beim Nachahmen mit dem Munde lasse man die Stimme durch die Nase gehen. J. R. Kurz ausgedrückt lautet demnach die vierte und jüngste Meckertheorie so: „Der Ton selbst wird durch die Vi- bration der seitlichen Schwanzfedern erzeugt, die Tre- mulation durch die Zuckungen der Flügel bewirkt. —] Noch ist die Beschreibung dieses Lustspieles nicht zu Ende; es folgt der zweite Akt. Wenn nämlich das Männchen sich mit jenen, gewiss sehr anstrengenden, sonderbaren Be- wegungen in der Luft abgeplagt hat, ertönt aus dichtem, nassem Versteck am Boden, an weniger unsicheren Orten wohl auch von einem erhabenen Steine oder Hügelchen der zärtlich ver- langende Liebesruf der harrenden Auserwählten zum Geliebten hinauf, und kaum hat dieser die ersehnte Einladung ver- nommen, als er auch sogleich seine Gaukelbude schliesst, seine Flügel ganz dicht an den Leib zieht und wie ein fallender Stein, mit eben solchem Sausen, fast senkrecht aus der Höhe zu seinem Weibchen herabstürzt. Den dritten und letzten Akt, der nun folgt, verbergen dem Späher die dichten Um- gebungen. — Jene weiblichen Locktöne der Liebe weichen von ihren übrigen Stimmen ganz und gar ab; es sind hohe, reine, pfeifende und helltönende Laute, die man ziemlich weit hört, und die sich durch die Silben: Tikküp, tikküp, tikküp, tikküp gut versinnlichen lassen, obgleich man manchmal auch wohl Dickup oder Tikket u. s. w., oder auch Djeppe u.s. w. zu vernehmen wähnt. Höchst selten hört man dies fremdartig klingende Tikküp nur einmal, gewöhnlich aber drei- oder viermal oder wohl noch öfter schnell nacheinander, wobei es die letzten Male immer schwächer wird oder zuletzt sanft verhallt. Diese Locktöne des Weibchens sind ein so un- zertrennlicher Teil des ganzen interessanten Lustspieles, dass ieh nicht umhin kann, an der Richtigkeit der Angabe BEcH- STEINS zu zweifeln, der auch vom Weibchen sagt, dass es zu- weilen wie das Männchen sich hoch in die Luft schwinge und jene meckernden Töne hervorbringe; ich habe trotz unzähliger Beobachtungen so etwas nie bemerkt. Auch ist mir nicht glaubhaft, dass auch das Männchen zuweilen Tikküp rufe, obgleich ich dieses nicht behaupten mag, weil diese lieblichen, klaren Töne oft auch, ohne dass sich gerade ein wieherndes Männchen in der Luft herumtummelte, anscheinlich ohne (wenigstens sichtbare) Veranlassung, aus dem grünen Sumpf- gefilde ertönen. [— Allerdings kommt dieser Ruf (auch oder allein?) dem Männchen zu. Ausführlich und nach meinen Beobachtungen völlig richtig wird diese Tonäusserung, eine wirkliche Gesangs- leistung der Bekassine, von E. ZIEMER beschrieben. „Es ist eine deutlich zweisilbige Strophe, die sich am besten durch „Pedjep“ wiedergeben lässt. Das „djep“ liegt im Ton höher als das anlautende „pe“. Diese Strophe wird regelmässig mehr oder weniger oft ohne Intervall dazwischen wiederholt, sodass der ganze Balzgesang dann lautet wie: . „Pedjep, pedjep, pedjep, pedjep, pedjep, pedjep.“ Da man aber, auch bei angestrengtester Aufmerksamkeit, fast immer das anlautende erste „pe“ überhört, klingt das Ganze immer wie: „djeppe, djeppe, djeppe, djeppe, djeppe, djep,“ schliesst jedoch, soweit meine Beobachtungen reichen, stets mit dem betonten „djep“. Es ist dies meiner Ansicht nach der eigentliche Balz- gesang der Bekassine, welchen ich bisher nur im Frühjahr zur Paarungs- oder Brutzeit hörte. Diesen Gesang lässt einmal das Männchen hören, wenn es im Frühjahre hoch oben in den Lüften seine Kreise zieht. Singend flattert es in eigentüm- lichem Fluge dahin, stürzt nach Beendigung des Gesanges meckernd ab und schwingt sich mit einigen F lügelschlägen wieder bis zur vorigen Höhe empor, um wenige Sekunden später Gesang und Meckern zu wiederholen. Dann hörte ich diese Strophe auch von im Sumpfe sitzenden Männchen, die aufgestossen sich als solche durch Meckern auswiesen; und endlich kommt sie noch in Verbindung mit folgendem eigen- artigen Flugmanöver vor. Während der Vogel seinen Gesang hören lässt, schliesst er die Flügel halb, hebt sie etwas über 4* 28 Die gemeine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinago (L). den Rücken, sodass die Spitzen höher stehen als die Hand- gelenke, legt den Kopf rückwärts, sodass der Schnabel un- sefähr in wagerechte Lage kommt und schiesst unter lautem, eifrigem „pedjep, pedjep, pedjep“ herab, ähnlich wie Anthus trivialis beim Finale seines Gesanges, also nicht auf eine Seite geneigt wie beim Meckern. Wenige Meter über dem Moore angelangt, steigt sie wieder schnell zu voriger Höhe auf“ (Ornith. Monatsschr. 1888, S. 36 u. 43). — ZIEMER glaubt auf Grund seiner Beobachtungen, dass auch das Weibchen die obige Strophe hören lässt. Ich glaube es nicht. Schon die, gewiss richtige, Auffassung und Bezeichnung jener Tonreihe als „eigentlicher Balzgesang“ spricht dagegen; denn dass das Weibchen ein solches, von dem des Männchens nicht unter- scheidbares Liebeslied anstimmen sollte, wäre eine in der sanzen Vogelwelt allein stehende Ausnahme. Ausserdem haben meine Beobachtungen mich überzeugt, dass auch hier nur das Männchen „singt“. —] In Gefangenschaft gehalten gewöhnt sich die gemeine Bekassine bald an den Menschen, wird sehr zutraulich und ist ein stiller Vogel. [— Mit Unrecht also stand sie bei den Minnesängern in dem Ruf der Unzähmbarkeit: der snepfe in deme riede wil wilde sin, des mak man selten in ge- zamen. —] Sie kann wie andere Schnepfenvögel mit unter- mengten Insekten und Würmern bald an ein Stubenfutter sewöhnt werden, ist aber, da sie am Tage träge und schläfrig, des Nachts dagegen sehr unruhig ist und sonst eben keine empfehlenswerten Eigenschaften besitzt, kein sonderlicher Stubenvogel. [— Kaum hat wohl je ein einzelner Vogelliebhaber so viele Bekassinen in der Gefangenschaft gehalten wie der Land serichtsrat EHMCKE. Er hatte die Güte, mir darüber folgende Mitteilung zu machen: „Auf dem Gute Margen bei Königsberg hatte ich einen Teich, der mit Weidengebüsch, Nesseln, Disteln, Kletten u. s. w. umwachsen war, einzäunen lassen und in diesen eine Reihe von Sumpf- und Wasservögeln, nachdem sie flugunfähig gemacht waren, eingesetzt. In diesem Gehege hielten sich die Bekassinen nicht. Ich liess darauf, im Herbst 1882, eine grosse Aussen-Voliere errichten und in diese Gras- narbe und Schlick, wie er aus dem Haff entnommen wurde, nebst kleingeschnittenen Mehlwürmern und Wasserlinsen täg- lich frisch einbringen; den Haffschlick habe ich sogar am Tage zwei- bis dreimal erneuern lassen. Zum Schutz und Versteck für die Tiere hatte ich Schilf, Röhricht' und andere höhere Pflanzen, wie sie am Haffstrande wachsen, aufgestellt. In diesem Zwinger habe ich Bekassinen in grosser Zahl, bis zu 40 Stück, längere Zeit gehalten, mit ihnen zusammen unter anderen auch das punktierte Rohrhühnchen (Ortygometra por- zana). Letzteres war nach wenigen Tagen vollständig vertraut und liess sich ruhig beobachten. Aber auch die Bekassinen legten in ganz kurzer Zeit ihre Scheu ab, und es war erfreu- lich zu beobachten, wie sie von Tag zu Tag zutraulicher wurden und später so zahm waren, dass sie, wenn der Schlick gebracht war, ohne weiteres aus ihren Verstecken hervor- kamen und sofort mit der Nahrungssuche begannen. Mitte September habe ich alle meine Tiere in Freiheit setzen müssen, weil mein Aufenthalt auf dem Lande ein Ende nahm. Da aber mit meinen Versuchen und Erfahrungen der Beweis er- bracht ist, dass die Bekassinen, richtig behandelt, ebenso zahm und zutraulich werden wie das gesprenkelte Sumpfhuhn, der Kampfhahn und andere Strandläuferarten, so wäre es er- wünscht, *wenn manche Vogelliebhaber diese Versuche von neuem aufnehmen und sie längere Zeit durchführen würden, um meine Beobachtungen zu ergänzen.“ —|] Nahrung. Diese Schnepfe nährt sich vorzüglich von Insekten und Würmern, am meisten von Insektenlarven, als denen von Mücken, Haften, Phryganeen (diese mit den Gehäusen), von kleinen Schwimm-, Ufer- und Mistkäfern und anderen mehr, nebst nackten Schnecken und ganz kleinen, jungen, noch sehr dünnschaligen Konchylien, auch kleinen Käferchen, und ver. schluckt mit diesem und anderartigem, im Moraste lebendem, kleinem Gewürm auch öfters zarte Würzelchen von Gräsern oder anderen Gewächsen, wie es scheint aber diese vegetabilischen Teile nur zufällig oder bei Futtermangel. Dass sie auch, wie BECHSTEIN sagt, Heidelbeeren geniesse, habe ich nicht be- obachten können. Dagegen fehlen in ihrem Magen grobe Sand- körner, die absichtlich verschluckt scheinen, fast nie, und sie giebt sie nebst anderen unverdaulichen Dingen, wozu harte Stückchen von Pflanzen gehören, in kugelartige Klümpchen zusammengedreht, durch den Mund wieder von-sich. [— EcKSTEIN fand in ihrem Magen: Käferüberreste, Chitin- teile, Regenwürmer, Pflanzenwurzeln und -fasern, Steinchen und Quarzsand. —| Ihre Nahrungsmittel sucht sie hauptsächlich erst in der Dämmerung und, wenn es nicht gar zu finster, auch die Nacht hindurch auf. Erst mit Eintritt des wirklichen Zwielichtes, abends um die Zeit, wenn die Rephühner unruhig werden, verlässt sie ihr Versteck, wo sie am Tage lag, und schwärmt an den freien Rändern der Gewässer oder an anderen Orten herum, wo man sie jetzt hin- und herlaufen und beständig etwas aufnehmen und geniessen sieht. Sie fällt dann vor- züglich auf überschwemmt gewesene, schlammige und noch weiche Plätze, auf nasse Viehtriften, auf tiefe Äcker, wo kürz- lich noch Wasser stand, an Teiche und Pfützen ein. Wo sie auf weichem Boden Nahrung aufgenommen hat, hinterlässt sie häufig die Spuren davon, eine Menge kleiner Löcher, eins. neben dem anderen, die sie mit dem Schnabel stach, um die im Schlamme wohnenden und ihr nicht sichtbaren Larven und Würmchen herauszufühlen. Weil er nur an der äussersten Spitze hart, übrigens durchaus weich und unter der Oberhaut mit vielen Nerven versehen ist, so wird er zum vorzüglichsten Tastwerkzeuge, und seiner Länge wegen kann sie damit einige Centimeter tief im dünnflüssigen Moraste herumwühlen. Da das ganze Betragen dieser Vögel auf eine nächtliche Lebensweise hinzeigt, so ist es nicht wahrscheinlich, dass sie für gewöhnlich auch am Tage ihrer Nahrung nachgingen, ob- wohl nicht zu leugnen ist, dass es an ganz einsamen Orten, z. B. auf schlammigen Stellen zwischen hohem Rohre, vor- kommen kann, wie wir es sogar einigemal selbst beobachtet haben. Man wird indessen eine solche Begünstigung des Zu- falls für ein seltenes Glück ansehen müssen, weil nach aller Erfahrung und in den meisten Fällen festgestellt werden darf, dass die Bekassine auf der Stelle, die sie nach abgehaltenem Morgenschmause einnimmt, den ganzen Tag über unthätig liegen bleibt, oder sie doch so wenig verändert, dass dabei an ein thätiges oder lebhaftes Herumsuchen nach Nahrungsmitteln nicht zu denken sein möchte. — Niemand kann sich rühmen, dies in dem Maße gesehen zu haben, wie wir es von Wasser- läufern und vielen anderen Strandvögeln zu sehen gewohnt sind, was in den allermeisten Fällen freilich der Umgebungen wegen nicht möglich ist; allein da doch auch gar oft Bekas- sinen an Orten liegen, wo es noch kein so hohes Gras giebt und der Boden nicht so höckerig ist, dass man einen Vogel von dieser Grösse nicht schon in einer Entfernung, wo diese Art noch nicht an ein Wegfliegen denkt, sollte deutlich bemerken können, wenn er sich darauf hin und her bewegte, dies aber niemals beobachtet ist, so muss man billig daran zweifeln. An den Orten, wo Bekassinen liegen, wären es auch noch so viele, wird man am Tage keine einzige sehen, wenn man sie nicht aufscheucht; vordem ist alles still und öde, und man Kann sich dort stundenlang auf die Lauer legen, ohne auch nur einen Laut von einer einzigen zu vernehmen, noch viel weniger eine zu sehen.!) Mag auch vor dem sachte herannahenden Jäger und seinem Hunde manche früher schon, ehe sie herausfliegt, ihr Plätzchen laufend verlassen und sich, soweit es ihr gut dünkt, auf diese Weise zu entfernen suchen, so ist dadurch !) Eine Ausnahme hiervon machen allein die Heckvögel in der höchsten Aufregung des Fortpflanzungstriebes, aber auf so kurze Zeit im Jahr, dass sie nieht in Betracht kommen können. Naum. Die gemeine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinago (L-). | 29 doch noch nicht erwiesen, dass sie ungestört am Tage auch aus freiem Antriebe herumlaufe. Wie ganz anders ist dagegen ihr Betragen am Abend! Rege Lebensthätigkeit, Frohsinn und Mut sind auf einmal in grellem Abstich an die Stelle jenes schläfrigen, furchtsamen und versteckten Wesens vom Tage getreten, die Natur des Vogels scheint eine gänzlich veränderte, und die Ursache dieser Veränderung ist leicht zu erraten. Bei vieler Nahrung werden diese Vögel sehr feist und in diesem Zustande so bequem und schwerfällig, dass sie sogar ihre sonstige Scheu verlieren und sich dadurch leichter ihren Feinden preisgeben. Oft ist ihr ganzer Körper so dick in Fett eingehüllt, dass nirgends mehr rotes Fleisch durch die Haut schimmert, und dies sind eben die, von welchen bereits oben gesagt wurde, dass sie viel heiserer als die mageren schreien. Fortpflanzung. Unsere gemeine Sumpfschnepfe pflanzt sich in allen srösseren Sumpfgegenden, besonders an solchen Stellen fort, wo sie Erlengebüsch oder auch nur etwas Weidengesträuch in der Nähe hat, überhaupt gern an Waldrändern, wo auch einzelne alte Eichen stehen, und an allen solchen Orten, wie sie schon oben als ihr Lieblingsaufenthalt beschrieben wurden. Die nistenden Paare sind daher gewöhnlich nicht über eine ganze grosse Sumpffläche verbreitet, sondern nur an einzelnen Stellen auf ihren Lieblingsplätzen versammelt, wo jedes ein- zelne nicht gar weit von dem anderen sein Nest hat; dies ist Jedoch nicht so strenge Regel, als dass in solchen Gegenden nicht auch an anderen Stellen einzeln nistende Pärchen vor- kommen sollten. In Lagen, wo jedoch ein nistendes Paar an- getroffen wird, darf man in dessen Nähe fast immer auch noch eins oder mehrere erwarten, indem keins gern ganz von allen anderen entfernt nistet. Im mittleren Deutschland pflanzen sie sich schon in allen nicht ganz unbedeutenden Brüchen und grossen Rieden, im nördlichen noch um vieles häufiger fort. Bald nach ihrer Zurückkunft im Frühjahr findet man einzelne Pärchen schon vereint auf den Brutplätzen, und sie unterscheiden sich hier von den durchwäandernden durch mehr Scheu und Munterkeit; denn sobald angenehme Frühlingstage kommen, die Abende still und nicht mehr zu kalt sind, wenn auch unser brauner Frosch (Rana temporarıa) und die gemeine Kröte (Bufo vulgarıs) ihre Fortpflanzungsgeschäfte anfangen, dann hört man auch die Paarungslaute unserer Bekassinen schon am Brutorte. Oft müssen sie, wenn harte Nachtfröste oder gar Schnee und Eis noch einmal wiederkehren, sich gedulden, bis bessere Witterung kommt, und sie sind dann in solchen Perioden einstweilen wieder auf ein ruhigeres Betragen zurück- gewiesen. Sehr unangenehm mögen ihnen daher Frübhjahre von öfter wiederkehrenden, tagelangen, kalten Schauern mit starken Frösten sein; in solchen zieht sich ihre Wonnezeit be- deutend weiter hinaus und kann dann bis fast Ende Mai dauern. Die Art und Weise ihres Betragens in dieser, nebst dem Her- vorbringen jener wundervollen Töne, sind schon beschrieben; sie sind laute Vorboten des Frühlings und deshalb für jene unfreundlichen Gegenden eine angenehme Musik. Aber nur in der Nähe des Brutplatzes lassen sich die hören, welche be- absichtigen da zu nisten, die anderen dagegen, die weiter ziehen wollen, unterlassen es vermutlich so lange, bis sie an den eigenen Brutort kommen. Man kann daher ziemlich zu- verlässig wissen, wie viele Pärchen in einem kleinen Bezirk nisten, wenn man des Abends die in der Luft spielenden und meckernden Männchen beobachtet und überzählt, wenn auch die Zugzeit noch nicht vorüber ist und auch fremde in der Gegend liegen. | An solchen Plätzen, wo man das Männchen sich öfters zu jenem Gaukelspiel aufschwingen sah und die zärtliche Lock- pfeife des Weibchens vernahm, muss man auch nach dem Neste suchen. Es steht, rings von Sumpf und Morast umgeben, an Stellen, wo das meiste Wasser, dies jedoch zum Teil schon unter Gräsern versteckt ist, auf einer Schilfgraskufe, wo es deren gerade recht viele dicht nebeneinander giebt, aber nicht nahe am Rande solcher Plätze; oder wo der Sumpf zu tief ist, neben denselben auf den nassen Wiesen auf einem kleinen Grashügelchen; oder an moorigen Stellen auf grünen Hügel- chen; oder auf freien Plätzen zwischen Erlen- und Weiden- gebüschen; im Norden auch in den quelligen Mooren auf höheren Bergen, wo der Boden mit Moos und Gras meistens bedeckt ist. Es steht zwischen bereits eine Querhand hohen, jungen Schilfgräsern gerade nicht versteckt, doch so, dass es nur aus bedeutender Nähe gesehen werden kann; denn meistens hat der Vogel in der Mitte eines Seggenbüschels die jungen Spitzen und alten Storzeln des Grases so eingedrückt, dass dadurch eine ziemliche Vertiefung entsteht, die er noch nett rundet und mit trockenen Grasblättern und Hälmchen lose belegt, sodass nachher die Eier trocken auf diesen liegen und nicht in un- mittelbare Berührung des Bodens unter denselben kommen, der gewöhnlich nicht ganz trocken ist. Es ist ein höchst einfacher, völlig kunstloser Bau, und seine Stelle schwer zu entdecken oder ohne hinterlassene Zeichen schwer wieder auf- zufinden. Wenn die Gräser höher werden, sitzt der brütende Vogel oft wie in einer lichten Halle unter denselben und ist auch von oben für Raubvögel verborgen, doch ist, ehe jene so hoch aufschiessen, bei uns die Brutzeit gewöhnlich schon vorüber. [— Uber „absonderliche Nistplätze“ weiss VON WACQUANT zu berichten: „Durch die vielfachen Wiesenkorrektionen ist die Bekassine auch hier (Sophienhof, Kreis Hameln) schon arg bedrängt und an weitaus den meisten Stellen schon ganz verdrängt. Sie hält sehr fest an einem einmal liebgewonnenen Reviere, und so lange sie noch einige Quadratmeter Sumpf vorfindet, an denen sie brüten kann, bleibt sie in ihrer alt- angestammten Wiese. Ich kenne Stellen, an denen sie in früheren Jahren in sechs bis acht Paaren brütete und mit ihr zwei bis drei Paar Kiebitze; heute ist der letztere dort ganz verschwunden und die Bekassine oft nur noch in einem Paare vertreten. An einem dieser Plätze war im Jahre 1887 die einzige sumpfige Stelle, wo das Nest des Vogels angelegt werden konnte, der Ausfluss einer Flachs-Rottegrube. Mitten in dem sich hier bildenden, nur vier Quadratmeter grossen Sumpfterrain fand ich:in der Nähe eines grossen Steines sein Nest; es wurde von Schweinen zerstört. An einer anderen Stelle meckerten im Jahre 1886 zwei Männchen sehr fleissig; in dem glücklich übrig gebliebenen kleinen Sumpfe stand aber nur ein Nest. Endlich zeigte mir der Besitzer einer uralten Pulvermühle bei Reher das Gelege des zweiten Paares und zwar in einem Grasbüschel auf dem erhöhten Rande eines Grabens, unmittelbar an einem Fahrwege. Hier war von Sumpf nicht die Spur, und vom Fahrwege aus konnte man das brütende Weibchen am Graben sitzen sehen“ (Ornith. Monatsschr. 1890, S. 309). —|] Mitte April findet man oft schon Eier, am gewöhnlichsten jedoch erst gegen Ende dieses Monats, und um Mitte Mai giebt es Junge. Fast immer kommt dies alles ein paar Wochen später als bei den gemeinen Kiebitzen, die immer auch in ihrer Nähe wohnen. Im hohen Norden, z. B. auf Island, haben sie nach FABER erst anfangs Juni Eier, und die Jungen sind gegen Ende Juli erwachsen. [— E. F. v. HOMEYER schreibt (Vögel Norddeutschlands, noch nicht veröffentlicht): „Sie brütet, wenigstens teilweise, zweimal, und es giebt mitunter im Mai schon flügge Junge.“ —|] Gewöhnlich legt das Weibchen in sein Nest vier Eier, niemals mehr und nur dann eins weniger, wenn es um das erste Gelege kam, ohne brüten zu können. In diesem Falle giebt es zuweilen sehr späte Bruten. Die Eier sind, wie die anderer echter Schnepfen, zur Grösse des Vogels zwar sehr gross zu nennen, aber doch in einem schwächeren Verhältnis als bei Tringen, Charadrien und anderen Schnepfenvögeln. Die haben reichlich die Grösse von Rephühnereiern (Perdix perdix), denn es giebt welche darunter, die am Umfange diese wirklich noch übertreffen; aber sie zeigen eine weniger birnenförmige Gestalt als diese, wenigstens viele derselben, und diese Kreisel- 30 Die gemeine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinago (L.). form fällt nur dann etwas mehr in die Augen, wenn man sie mit den ganz gleich gefärbten Eiern mancher Seeschwalben, namentlich von Sterna macrura, vergleicht, die bei aller Ähnlich- keit immer etwas länglicher gestaltet sind. [— Nach 40 Exem- plaren der REeyschen Sammlung beträgt das Durchschnittsmaß 39,6 x 28,1 mm; Maximum 41,5 x 28 und 39,3 x 29,4 mm; Minimum 36,5 x 28,1 und 38,2 x 26,7 mm. Das Durchschnitts- gewicht 0,800 g. —] Denen der grossen Sumpfschnepfe sind sie in Farbe und Zeichnung sehr ähnlich, weichen aber durch die viel geringere Grösse auffallend genug ab, um nicht mit ihnen verwechselt zu werden. Ihre feinkörnige, glatte, jedoch nicht glänzende Schale hat eine Farbe, die, von ver- schiedenen Vögeln gelegt, aus einem schmutzigen oder trüben, grünlichen Olivengelb in bleiches Olivengelb, bis zu einem düsteren aber schwachen Graugrün übergeht, sodass die Grund- farbe dieser Eier sehr verschieden vorkommt. Ihre Zeichnung besteht in eben nicht zahlreichen grauen Schalenflecken, auf der Oberfläche aber in vielen groben Punkten und verschieden- gestalteten Flecken von einem meist grünlichen, seltener etwas rötlichen Schwarzbraun, die am stumpfen Ende viel häufiger, hier oft in grosse Gruppen zusammengeschoben oder in eine Art von Fleckenkranz vereinigt sind, nicht selten auch wie verwischt aussehen; gegen die Spitze, wie am stumpfen Ende, sind die Flecke meistens nur sparsam aufgetragen, und es bleibt daher viel vom’ Grunde davon rein. [— Rey fügt (in seinem Eierwerk) noch hinzu: „Diese Flecke, welche fast immer eine spiralige Anordnung haben, die, wenn man das Ei mit dem spitzen Pole sich zugekehrt betrachtet, nach links ge- richtet ist, sind in den meisten Fällen, besonders gegen das stumpfe Ende hin mit tief schwarzen Flecken, Kritzeln und Wurmlinien überdeckt, welche keine Tendenz zur Spirale zeigen.“ V. WANGELIN fand am Gotthardtsteiche bei Merse- burg am 25. Mai 1893 ein fast ganz frisches Gelege, in welchem eines der Eier eine wesentlich hellere Grundfarbe hatte als die anderen drei. Am 13. Juli fand er an derselbe Stelle ein Nest mit vier Eiern, die genau so gefärbt waren wie jenes Ge- lege, also neben drei normal gefärbten fand sich eines mit auf- fallend heller Grundfarbe. Offenbar rührten beide Gelege von demselben Vogel her. —| Diese Eier werden in 15 bis 17 Tagen ausgebrütet,!) mit grosser Wahrscheinlichkeit vom Weibchen allein; wenigstens ist es, soviel ich weiss, immer nur dieses gewesen, das un- bedachtsame Schützen erlegten, wenn es am Tage vom Neste aufstieg, während das Männchen stets in einiger Entfernung davon lag, aber die Annäherung jenes auf Schussnähe selten aushielt. Ob sie sehr um ihre Brut bekümmert sind, ist nicht wohl zu beobachten, weil sie sich um diese Zeit noch besser in den nun höher aufgewachsenen Gräsern verbergen können und auch noch viel seltener am Tage sehen lassen. Wenn die Jungen aus dem Neste entlaufen, was geschieht, sobald sie abgetrocknet sind, haben des Vaters Gaukelspiele in der Luft ein Ende, beide Eltern führen nun die Jungen zwischen die dichtesten Kufen oder in andere Verstecke, und wenn das Wasser hier, wie in unseren Brüchen um diese Zeit sehr ge- wöhnlich, abnimmt und verdunstet, ziehen sie sich mit ihnen an die nasseren Stellen und nach dem tieferen Moraste hin. Diese Jungen sind an jenen Orten ohne guten Hund nicht auf- zufinden, so gut wissen sie ein gewähltes Schlupfwinkelchen festzuhalten; sie lassen sich in einem solchen eher ertreten, als dass sie fortlaufen. Im Anfange sehen sie etwas stakel- beinig aus und haben hässlich dicke Fersengelenke, ihr bunt- scheckiges Dunenkleid hat indessen recht nette Farben und Zeichnungen. Nach acht bis zehn Tagen beginnen schon die Schwung- und Schwanzfedern sich zu zeigen, das anfänglich sehr kurze und ausserordentlich weiche Schnäbelchen hat be- deutend an Länge zugenommen; in ein paar Wochen sind sie !) Nach ZIEMER dürften die Eier wohl etwas länger bebrütet werden. W. EWANS berichtet, dass in einem Neste die Jungen am zwanzigsten Tage nach dem Legen des letzten Eies auskamen (The Ibis 1891, 8. 80). Jı Bi schon bis auf Kopf und Hals mit ordentlichen Federn bekleidet und lernen flattern, wovon sie jedoch noch keinen Gebrauch machen. Jetzt führen sie die Alten des Abends schon an die offenen Wasserränder und entlassen sie, sobald sie völlig flug- bar geworden, gänzlich ihrer Fürsorge. Im Juli, wo die Alten mausern, haben sich diese für immer von ihrer Nachkommen- schaft getrennt. Um diese Zeit liegen sie, sowohl die Jungen als die Alten, ausserordentlich fest. [I— Die bei der Waldschnepfe erwähnte Gewohnheit, ihre noch kleinen Jungen bei drohender Gefahr an einen anderen Ort davonzutragen, ist (ausser bei der amerikanischen Schnepfe durch AUDUBON und andere) neuerdings auch bei der ge- wöhnlichen Bekassine festgestellt worden. Ein wohlbekannter Weidmann, der das Pseudonym „IDSTONE“ angenommen hat und in „The Field“ vom 30. Mai 1874 schreibt, sagt, dass am 22. desselben Monats, als er auf seinem Wege zu einem Forellenbach einen Sumpf passierte, eine Bekassine fast zu seinen Füssen aufging, die ein an ihrer linken Seite gehaltenes oder sich festhaltendes Junges etwa 25 Ellen weit forttrug. Er konnte deutlich die Abzeichen des jungen Vogels unter- scheiden und ist daher vollkommen sicher, dass er sich nicht geirrt hat. Die Örtlichkeit befand sich dicht bei Laurences Mill, Morden, Dorsetshire. In derselben Nummer des „Field“ stellt JoHN TITTERTON fest, dass ein ähnlicher Fall bei Ely, Cambridgeshire, im Mai desselben Jahres beobachtet wurde (Ihe Zoologist 1879, S. 440). —] Feinde. Von Edelfalken und Habichten hat man manche Bekassinen fangen und verzehren sehen, obgleich sich dies nur durch besondere Gunst des Zufalles für jene ereignen kann, nämlich wenn am Tage aufgescheuchte und verfolgte Bekas- sinen sich gezwungen sehen, nach einem entfernteren Orte etwas weit über Land zu fliegen, wo sie sich denn doch auch noch öfters dadurch retten, dass sie sich ins Gebüsch, Getreide und dergleichen werfen und verstecken, wie sie stets thun, wo sie Wasser erlangen und eintauchen können. Zuweilen sahen wir sie den Stössen kleiner Edelfalken sehr geschickt ausweichen, nach jedem Fehlstosse über ihren Feind hinauf und endlich sich so hoch in die Luft aufschwingen, dass er zuletzt ermüdet unverrichteter Sache abziehen musste. Vielleicht häufiger noch beschleicht und erwischt die im Versteck liegende Bekassine, die sich durch Stillliegen hier den Augen aller Raubvögel entzieht, der Fuchs, indem vor nahen Fuchsbauen, worin eine Füchsin ihr Wochenbett auf- geschlagen hat, unter den zahlreichen und verschiedenartigsten Überbleibseln ihrer Mahlzeiten auch Bekassinenfedern zuweilen vorkommen. Am meisten sind die Jungen seinen Räubereien, auch denen der Iltisse und Wiesel ausgesetzt. Die Eier schleppen’ihnen oft Raben, Krähen und Elstern weg. Sehr viele dieser Eier werden neben Kiebitzeiern aufgesucht und wie diese in der Küche verbraucht; auch gehen oft alle Gelege mit einem Schlage zu Grunde bei plötzlichem Anschwellen des Wassers durch Regengüsse oder Austreten der Flüsse. In ihrem Gefieder wohnen, zuweilen recht zahlreich, Schmarotzerinsekten [—: Nirmus truncatus NITZSCH, Nirmus fugax und eine Lipeurus-Art, —| und in ihren Eingeweiden, nach dem Wiener Verzeichnisse, oft viele Würmer, näm- lich: Distomum militare, Taenia variabilis [—, Distomum ovatum RuD., Distomum echiniferum DE LA VALETTE, Holostomum erraticum DUJ., Monostomum attenuatum RUD., Hemistomum spatula DIES., Taenia paradoxa BUD., Taenia Gallinaginis RUDOLPHI, Taenia citrus KRABBE, Taenia embryo KRABBE, Taenia crassirostris KRABBE, Taenia filum GÖZE. —| Jagd. Diese und andere echte Schnepfen sind in kultivierten Ländern Gegenstand der geordneten Jagd und werden zur: Niederjagd gezählt. Man schiesst sie fast ohne Ausnahme nur im Fluge und in Begleitung eines gut dressierten Vorstehhundes. Die gemeine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinago (L.). | 31 Die Bekassinenjagd mancher deutscher Landesteile ist be- rühmt und berüchtigt genug,soim Brandenburgschen, Olden- burgschen und anderen mehr, wo manche Jagdreviere nicht selten ganze Kornsäcke voll dieses Wildprets auf einmal zu Markte schicken.!) Sie taugt jedoch im allgemeinen nicht für den handwerksmässigen Jäger, der beim Schiessen nur ängstlich den Gewinn berechnet, aber nichts auf das Vergnügen giebt, sondern mehr für den rüstigen Jagdliebhaber. Sie ist auch nicht für Leute, die das anhaltende und stets sehr anstrengende Waten unsicheren Trittes im Moraste aus diesem oder jenem Grunde scheuen und gar obendrein noch schlechte Schützen sind, von denen VON WILDUNGEN (Taschenb. f. Forst- u. Jagdfr. 1805 u. 1804, S. 60) sehr treffend sagt: „Wer vor Schnupfen und Rotlauf sich fürchten, wer mit Kraut und Lot (Schiess- bedarf) geizen muss, wer zu den Lottoschützen gehört, dem rate ich, auf dem Trocknen zu bleiben!“ Wer indessen diese Jagd aus Erfahrung genauer kennen lernte und ihr Geschmack abgewann, wird sie mit mir und vielen anderen trotz ihrer vielen Beschwerden für eine der reizendsten halten müssen. Wer im vollen Genusse dieses hohen Vergnügens schwelgen will, muss zuvörderst ein gewandter Flugschütze sein, es darf ihm nicht an Mut und Kraft zu dieser beschwerlichen Jagd fehlen, auch müssen ihn weder seine Leibeskonstitution noch schwächlichen Gesundheitsumstände verhindern, sich so argen Strapazen zu unterziehen, und endlich muss vor allem echtes Jagdfeuer ihm innewohnen. Dann sind ferner ein Paar bis an den Leib heraufreichende gute Wasserstiefel, ein wohl ab- gerichteter, sanfter, behutsamer Hühner- oder Vorstehhund, der ganz kurz reviert, ferm steht, nicht nachprellt, auch schnell apportiert, und endlich eine (wie sich von selbst versteht) gute Flinte mit passender Lage, an die man sich hinlänglich ge- wöhnt hat, schnell und sicher zu sein, noch notwendige Re- quisiten zur Bekassinenjagd. Süss und reizend ist dann der Triumph menschlicher Fertigkeit, diese gewandten, blitz- schnellen, nachher so wohlschmeckenden Langschnäbel aus der Luft herabzudonnern, einzeln, aber mehrere nacheinander, und mitunter mit jedem Rohr der Doppelflinte schnell nach- einander je eine, ohne eine einzige inzwischen zu fehlen, der höchste Gipfel alles Flugschiessens, weshalb Schützen, die dies mit zwölf bis zwanzig Stück nacheinander können, zu den be- wundertsten gehören, aber auch sehr selten sind, selbst in Gegenden, wo diese Jagd häufig betrieben wird. Allerdings können bei der Ausübung Wind und Wetter oder andere Neben- umstände öfters störend auf diese seltene Kunst einwirken und den besten Schützen irritieren, als vorübergehend aber doch der anziehenden Jagd nicht allen Reiz nehmen. Bei starkem Winde sind z. B. diese Vögel so wild, dass sie schon weit über _ Schussweite herausfliegen und von jenem gefasst meist weiter als sie mochten fortgeschleudert werden, so weit, dass auch ein nochmaliges Aufsuchen unterbleiben muss. Man sucht dann bei solchem Wetter diesem Übelstande dadurch zu begegnen, dass man sich wendet und mit dem Winde (nicht mehr gegen ihn) sucht; sie werden dann nicht nur näher aushalten, [— (da sie selber an der Leeseite von Kufen, Stauden, Büschen u. s. w. vor dem Winde Schutz suchen, der Jäger also sich ihnen unter Deckung nähert), —] sondern auch gezwungen werden, gleich nach dem Aufsteigen sich gegen den Wind zu wenden, sich also dem Schützen zu nähern, an welchem sie dann mit halbem Seitenwinde meistens schussmässig und wegen Anstrengung gegen den Wind langsamer vorbeistreichen und gemächlicher herab- geschossen werden können; denn sie fliegen, wie viele andere Vögel, sehr ungern mit dem Luftstrome.’) Das schlechteste Wetter von allem ist hier wie bei anderen Wasserjagden Regen; denn es mag manchem schon unangenehm genug sein, von unten herauf sich fortwährend im Nassen zu bewegen; allein völlig unausstehlich ist es jedem, selbst dem mit solchen Widerwärtig- keiten Vertrauten, dabei auch noch von oben herab durchnässt !) Das scheint übertrieben; trifft jetzt jedenfalls nicht mehr zu. J. R. ?) Das gilt nur von sehr starkem Winde; sonst fliegt die Bekassine (wie andere Vögel auch) am liebsten mit dem Luftstrome. J. R. zu werden; zudem halten die Bekassinen auch bei Regenwetter nie schussrecht aus. Dafür ist eine solche Jagdpartie aber bei heiterem, warmem und stillem Wetter auch desio angenehmer; Strich bei Strich durchwatet der thatendurstige Jäger den Morast, unbekümmert, wenn er auch mitunter bis an oder über die Knie einsänke, obgleich langsamen Schrittes, doch mit An- wendung aller Kräfte, ohne diese ungeheure Anstrengung zu empfinden, weil er nicht Zeit hat, an solche Nebendinge zu denken, sondern mit gespannter Erwartung dem kurz vor seinen Füssen, bald gerade, bald schräg gegen den Luftzug vorsichtig suchenden Hunde folgen und beobachten muss, um beim Anziehen und Vorstehen desselben so nahe wie möglich zu sein, sich schussfertig zu halten und die jetzt schnell, je- doch nahe genug herausfliegende Bekassine rasch herabzu- schiessen. Damit dieses Schiessen mit gewünschtem Erfolge gekrönt werde, muss möglichste Gewandtheit, mit Besonnen- heit verbunden, dabei vorherrschen; anschlagen, aufs Korn nehmen, losdrücken müssen eins sein, in einem Nu geschehen, dabei aber auch sicher gezielt und im richtigen Augenblicke losgedrückt werden, Dinge, welche nur die Übung lehren kann. Fortwährend bei kaltem Blute bleiben, nicht vorschnell, aber auch nicht gar zu bedächtig schiessen, sind Haupterfordernisse zum Gelingen; wer dagegen zu bald in Hitze gerät, bei Fehl- schüssen den Mut verliert, unschlüssig wird und dann eben deshalb immer wieder nebenbei schiesst, der mag lieber so- gleich vom Schauplatze abtreten, sich eine Zeitlang Ruhe gönnen, bis die Aufwallung sich gelegt hat: ein probates Mittel gegen solche nachteilige Aufregungen, das auch auf Hühner- Jagden nicht genug empfohlen werden kann, da selbst der ge- übteste Schütze seine bösen Tage haben kann und die Gemüts- stimmung des Menschen gar zu grossen Anteil am Gelingen und Nichtgelingen seiner Werke, vorzüglich auch am Jagen hat, deren Verzweigungen aber oft so tief versteckt im inner- sten Menschen liegen und schlummern, dass er sie vorher nicht ahnt, allein der leiseste Anklang von aussen sie augenblicklich weckt. [— Nach den Erfahrungen, die EHMck& bei der Be- kassinenjagd auf den Haffwiesen des Stettiner und des Frischen Haffs machte, lagen dort die Vögel fast immer so fest, dass man ihnen auf kleine Schussweite nahe kommen konnte. „Die Bekassine“, so schreibt mir derselbe Beobachter, „stösst in der Regel bis zu zwei Meter ziemlich steil auf und beginnt dann erst ihren bekannten Zickzackflug. Nimmt man nun die Ge- legenheit wahr, während des Aufstossens seinen Schuss anzu- bringen, so bietet die Erlegung gar keine besondere Schwierig- keit. Allerdings muss man ausserordentlich schnell sein, da das Aufstossen kaum mehr als eine Sekunde in Anspruch nimmt.“ HARTERT hat ebenfalls in Östpreussen die Bekassinen meist ziemlich fest liegend gefunden, aber am Niederrhein fand er sie oft so flüchtig, dass ihrer 10, 12, ja bis 40 und 50 zu- gleich aufflogen und man sich bisweilen hinter einem Rohr- dickicht, durch das Leute gingen, anstellen musste, um sicherer zu Schuss zu kommen. Auch nach HARTERTs Ansicht ist es nur ratsam, den Schuss während des Aufstossens anzubringen (ehe der Zickzackflug beginnt), wenn man ziemlich weit ent- fernt ist. „Es ist das überhaupt nur möglich, wenn man gerade das Auge auf den Punkt gerichtet hat, wo die Bekassine auf- stösst, und ein geübter Flugschütze kann bald eine ziemliche Virtuosität im Bekassinenschiessen erlangen.“ —|] Beim Suchen nach Bekassinen, zumal in einer Zeit, wo sie nicht fest liegen, muss man sich nie übereilen, sich still verhalten und zu starkes Patschen im Wasser möglichst zu vermeiden suchen; man muss eigentlich mehr schleichen, um- somehr, wenn viele nahe nebeneinander liegen, damit sie nicht vor der Zeit aufmerksam gemacht werden und zu früh auf- steigen, wenn dies sich aber ereignet und mehrere abfliegen, doch seinen Strich immer fortsuchen, weil sehr gewöhnlich einzelne noch liegen bleiben und näher aushalten. Man muss, wenn man auch mit Doppelgewehr versehen, nach jedem Schusse so lange still stehen und den Hund anhalten, bis man auch das einzelne Rohr wieder geladen hat; dies ist besonders 32 . Die gemeine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinago (L.). nicht aus der Acht zu lassen, wenn man ohne Hund sucht und sich die Geschossenen selbst holen muss, weil auf dem Gange nach der Stelle, wo eine solche herabstürzte, sehr oft noch andere aufgescheucht werden, die man dann, wenn man sich darauf gefasst hielt, ebenfalls schiessen kann. Weil die mageren Bekassinen, als die scheuesten und flüchtigsten, häuptsächlich jenen Zickzackflug haben, der den Anfänger in der Kunst des Flugschiessens so leicht irre macht und selbst dem Geübten nicht gleichgiltig ist, so muss man entweder sehr schnell sein und schon vorher, gleichsam im ersten Schusse des Aufsteigens, welcher gerade ist, abdrücken, oder den verhängnisvollen Finger- druck so lange zurückhalten, bis der Zickzack vorbei ist und ein gerader Flug beginnt, wo dann die Bekassine freilich oft schon zu weit hinaus ist, als dass man auf sicheren Erfolg eines solchen Schusses rechnen dürfte.!) In Zeiten, wo dies bei den meisten statthat, im Anfange der Herbstzugzeit und oft auch im Frühlinge, ist das Schiessen derselben allerdings das non plus ultra alles Flugschiessens; bei weitem weniger aber, wenn sie feister sind und fester liegen, zumal die ganz feisten, schwerfälligen, bis auf wenige Schritte aushaltenden, niedrig und geradeaus fliegenden Nachzügler im Spätherbst, die ent- weder stumm oder mit sparsamem, ganz heiserem Geschrei auf und auch nie weit weg fliegen, daher leicht noch einmal aufgesucht werden können und wohl noch ein- oder zweimal nahe genug aushalten; während jene fast immer mit vielem Schreien und lauterer Stimme hoch in die Luft steigen, sich weit entfernt erst wieder herabstürzen und dort noch Sense als das erste Mal schussrecht aushalten. Ein einzelner, ganz vorzüglich eingeübter Schütze, mit allen nötigen Requisiten versehen, kann unter den begünstigend- sten Umständen an einem Tage allenfalls 70 bis 80 Stück er- legen, schwerlich wird aber einem solchen oft gelungen sein, es auf 100 Bekassinen in dieser Zeit zu bringen. Wenn von noch mehreren erzählt wird, so gehört solches ins Gebiet der Aufschneiderei. | [— Mit Recht macht CZYNk in seinem vortrefflichen Weid- mannsbuch: „Das Sumpf- und Wasserflugwild“ darauf auf- merksam, dass, wenn jemand sich brüstet, so und soviel Be- kassinen, vielleicht sogar ohne Fehlschüsse erlegt zu haben, man gut thue, an ihn die Frage zu richten, — nicht bloss, ob es Mittel-, Haar- oder Heerschnepfen waren, deren Lebens- fäden sein Geschoss entzweischnitt, — sondern auch, in welcher Jahreszeit dies geschehen sei. „Ende Juli und im August nämlich halten die Wasserschnepfen, von denen der grösste Teil aus Jungen besteht, an warmen, sonnigen Tagen recht gut, sowie die fett gewordene Bekassine oft nur schwer vor dem Hunde aufsteht. Zu dieser Zeit ist es keine Kunst, Be- kassinen zu schiessen, und kann sich auch der mittelmässige Schütze rasch mit dem Nimbus eines tüchtigen Flugschützen umgeben.“ —| | Manche Jäger, die das Wasser und das anstrengende Waten fürchten, lauern ihnen abends am Rande auf und schiessen sie im Vorbeistreichen, wenn sie anfangen herumzuschwärmen, wo sie niedriger und langsamer fliegen, oder später aus einem Hinterhalte auf dem Anstande am Wasser. Das eine wie das andere giebt jedoch nur wenig Ausbeute.?) [— Daher kann sich auch Czynk für diese Jagdart nicht begeistern. Als eine unterhaltende und insoweit sichere Jagd, als sie Gelegenheit zu zahlreichen Schüssen bietet, schildert er dagegen die Treibjagd auf Bekassinen. Leider dürfte seine Schilderung aus den bekassinenreichen Jagdgründen Sieben- bürgens auf nur recht wenige andere Gebiete ohne weiteres !) Vergl. oben die Bemerkungen von EHMCKE und HARTERT. J, R. ®, Ein Jagdliebhaber aus Livland erzählte mir von einer be- sonderen Methode, die Bekassinen anzulocken und im Sitzen zu schiessen, die nach seiner Versicherung bei den dortigen Jägern sehr üblich wäre. Sie legten sich deshalb ins Gras neben einem Sumpf nieder und brächten mit dem Munde einen zischenden und fauchenden Laut hervor, nach welchem jede vorbeifliegende Bekassine sich herabstürzte und vor dem Schützen niedersetzte. Wie weit diese Erzählung wahr oder falsch sei, vermag ich nicht zu entscheiden. Naum. zu übertragen sein. Trotzdem sei sie hier mitgeteilt: „Zur Zeit der Weinlese, also im Oktober, oft auch noch, je nachdem die Witterung ist, in der ersten Hälfte des November, stellt sich an solchen nassen Wiesen oder leicht passierbaren Sümpfen, am besten aber an abgelassenen Weihern, in denen die Be- kassinen gern einfallen und über Tags sich aufhalten, eine Jagdgesellschaft an und lässt dieselbe abtreiben. Da die Be- kassine dem freistehenden Schützen, sobald sie ihn wahrnimmt, ausser Schussdistanz ausweicht, so müssen die Schützen Deckung suchen, sei dies nun, indem sie sich an ein Gebüsch postieren, in einen Graben ducken oder hinter schon früher hergestellte Rohrblenden stellen. Da um diese Zeit die Sumpfschnepfen sehr schlecht halten, so stehen sie schon von weitem vor den Treibern auf, und da das laute „Kätsch, kätsch“ einer einzigen schon ein halbes Dutzend rege macht, so erscheinen dieselben bald bei diesem, bald bei jenem Schützen in mehr oder weniger grosser Anzahl und gewähren nun, da bei dem pfeilgeschwinden Flug ausserordentlich rasche Wendungen bald auf diese, bald auf jene Seite notwendig sind, und da ebenso schnell geschossen werden muss, dem geübten Schützen viel Vergnügen, dem un- geübten aber desto mehr Ärger. Es ist ein Hochgenuss, einem flinken, sicheren Schützen zuzusehen, wie er die immerhin kleinen Vögel herabholt, wie es ihm mitunter sogar gelingt, dem Ganzen die Krone durch eine Dublette aufzusetzen.“ Und weiter können wir uns nicht versagen, die hoch- interessante Schilderung der Bekassinenjagd an der Nordecke der Adria wiederzugeben, die demselben Jäger und Jagdschrift- steller von VICTOR LOSER in Triest mitgeteilt wurde. „Wenn die Bora mit ihrem eisigen Hauch über das Meer saust, wenn die Sümpfe alle hart gefroren sind und dadurch das Wild veranlasst wird, sich in den ofienbleibenden Flüssen und warmen Wasser- läufen, sowie an deren Ufern aufzuhalten, dann ist an solch kalten stürmischen Wintertagen mittels Kahnes gute Beute zu machen. Vorteilhaft ist es, die Zeit der Ebbe abzuwarten, weil dann auch in den Flüssen und Gräben das Wasser rasch um etwa drei Viertel bis einen Meter sinkt, wodurch längs den Ufern seichte weiche Streifen entstehen, an denen sich Sumpf- schnepfen und sonstige Sumpfvögel rasch einfinden. Geräusch- los leitet nun ein kundiger Jagdgehilfe das Boot so, dass die Bekassinen erst knapp vor demselben aufstehen und eventuell bald wieder längs des Grabens einfallen. — Zur Strecke, die nicht selten aus dreissig bis vierzig und mehr Moorschnepfen besteht, kommt stets noch eine Anzahl Enten, Wasserrallen, Rohrdommeln, im Frübjahr Fischreiher und dergleichen. Vor einigen Jahren erlegte ein Schütze mit dem Jagdaufseher in den Reisfeldern von „Torre di Zuino“ gelegentlich eines Schnee- falles auf vorerwähnte Art 112 Bekassinen und noch ver- schiedenes anderes Flugwild. — Bei starken Frösten bilden auch die Sümpfe von Monfalcone wegen ihrer vielen warmen, nie zufrierenden Quellen einen sehr beliebten Aufenthaltsort für unser Wild. Auch da kommt es vor, dass ein Schütze längs der offenen Wasserläufe mit dem Hunde jagend dreissig und mehr Sumpfschnepfen erlegt. Besonders aber zahlreich finden wir die Bekassinen in den Reisfeldern vor der Ernte, sesen Ende August. Zu dieser Zeit aber dürfen keine Hunde zur Jagd gebraucht werden, da diese in sehr leicht ausfallen- dem Reis einen bedeutenden Schaden anrichten würden. Man muss sich daher begnügen, nur längs der Dämme zu jagen und das erlegte Wild von einem Jagdgehilfen aufnehmen zu lassen, der weniger Schaden anrichtet als der Hund, wiewohl auch mehr Wild verloren geht. Ausser vielen Sumpfschnepfen bekommt man auch noch sehr viele Sumpfhühner zum Schuss, die hier so massenhaft vorkommen, dass zur Zeit des Reis- schnittes eigene Jagden auf sie veranstaltet werden. — Im Frühjahre ist auch an der Adria die Bekassine ausserordent- lich scheu, und wenn auch zur Zugzeit ungeheuere Scharen vorkommen, so sind dieselben dennoch unnahbar. Kennt man aus Erfahrung die Richtung, die sie gewöhnlich nehmen, so deckt man sich dort und lässt die ruhenden Bekassinen durch einen Jagdgehilfen aufjagen. Auf diese Art kann man dann Die gemeine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinago (L.). 38 oft mehrere Stück auf einen Schuss erlegen. Einem Freunde LOSERS, einem BATTISTIG, gelang es auf diese Art, mit einem Schuss neun Bekassinen zu erlegen, von denen nur eine nicht sefunden werden konnte. —|] Eine besondere Art, die Bekassinen zu beschleichen und. im Sitzen zu schiessen, ist in JESTERsS kl. Jagd, II, S. 156 an- gegeben. Man verfertigt dazu einen tragbaren, leichten, aber dichten Schirm von grünen Zweigen und schilf, so gross, dass sich der Schütze stehend und gehend dahinter verbergen kann. Diesen trägt er, wo Bekassinen liegen, sachte vor sich her und sucht durch ein angebrachtes Loch im Schirme sie in ihrem Verstecke gewahr zu werden, um sie mit halber Ladung (denn ein voller Schuss würde sie der Nähe wegen zer- schmettern, auch zu viel Lärm machen und die anderen ver- scheuchen) im Sitzen tot zu schiessen. — Ich kenne diese Methode aus Erfahrung nicht, möchte auch am guten Gelingen derselben sehr zweifeln, obgleich sich sonst gegen die ge- diegenen Erfahrungen eines JESTER nichts einwenden lässt. [— Wie diese Jagdart mit der „Tirscha“* (Blende, Schirm) in Siebenbürgen, Rumänien u. s. w. gegenwärtig noch betrieben wird (freilich auf Waldschnepfen, „Sitar“), schildert in anschau- licher Weise CzyNnk in seinem Buch: „Die Waldschnepfe“, 5. 82.—] Mit dem Fange ist es ebenso. Man findet in Büchern eine Menge Fangmethoden angegeben, die alle von schlechten Schützen erfunden zu sein scheinen und von denen die wenigsten etwas taugen. Hierzu gehört unter anderen ein Fang mit Klebegarnen, die wie Lerchengarne (s. Bd. III, S. 27 dieses Werkes) angefertigt, an senkrechten Stangen aufgestellt u. s. w., oder auch einzeln fast wie ein Lerchen-Nachtgarn gehand- habt werden. Auch dieses hat man dazu empfohlen. — Wenn sie festliegen, mag es auch vor einem guten Hunde hin und wieder gelingen, eine Bekassine mit dem Wachteltirass zu überziehen. Die beste Ausbeute geben noch zwischen die Kufen aufgestellte Laufdohnen, das Schleifennetz oder Steckgarn, genau solche wie zum Fange der Drossel und - Wachteln anwendbar, die in diesem Werke an ihrem Orte bereits näher beschrieben worden sind. Natürlich dürfen solche nie zu frei stehen, aber auch nicht zwischen zu dichten Schilf- gräsern und Binsen versteckt sein. AufdemWasserschnepfen- herd kommt in der Dämmerung nur zufällig, daher sehr selten eine Bekassine. [— EHMcKE teilt mir mit, dass er in verschiedenen Ge- bieten die Beobachtung gemacht habe, wie die Bekassine an ihren Lagerplätzen ganz bestimmte Pfade innehalte, die für den, der darauf zu achten gelernt hat, sich im Wiesengrase ganz deutlich markieren. „In Laufschlingen die ich an solchen Bekassinenpfaden aufstellte, habe ich die für meine Voliere bestimmten Vögel mit Leichtigkeit gefangen.“ Aus demselben Grunde war, wie HARTERT berichtet, diese Fangart mit Schlingen in England früher sehr im Schwange. —|] Die Fährte hat mit denen der Strand- und Wasser- läufer hinsichtlich der Entfernung der ausgespreizten Zehen von einander grosse Ähnlichkeit, indem diese auch hier auf die Hälfte der drei Durchschnittslinien eines in sechs gleiche Teile geteilten Zirkels passen, jedoch unterscheidet sie sich von allen anderen ähnlichen Fährten augenblicklich als sehr auffallend an der ungewöhnlich verlängerten Mittelzehe. Von denen der vorigen und der folgenden Art unterscheidet sie die verschiedene Grösse. Nutzen. Ihr Wildbret ist als ein ausgezeichnet schmackhaftes Gericht, auf das die Leckermäuler einen hohen Wert legen, allgemein bekannt. Jedoch kommt auch bei diesem Geflügel gar viel auf die Jahreszeit und die davon abhängige Leibes- beschaffenheit an; sie macht einen bedeutenden Unterschied zwischen demselben; denn je fetter die Bekassine ist, desto zarter, saftiger und wohlschmekender ist ihr Fleisch, gegen welches das der mageren, in der vorgerückten Begattungszeit oder im Sommer erlegten, gar keinen Vergleich aushält. Selbst Rohweder, Unsere Schnepfen, Aus: Naumann, Naturgeschichte. Bd. IX. der Geschmack kann sehr verschieden sein und mag von der Verschiedenheit der Nahrungsmittel abhängen, je nachdem die eine oder die andere Art von Gewürm gerade zu der Zeit häufig oder sparsam auf ihren Futterplätzen vorkommt. Bekanntlich sind die Nachzügler im Spätherbst am feistesten, und bei solchen ist dann am von Federn entblössten Körper oft nichts als weissgelbes, leichtflüssiges Fett durch die Haut zu sehen, das ausserdem an der Halswurzel, unter den Flügeln und neben dem Steisse dicke Wülste bildet. Damit nun ein so leckerhafter Braten möglichst zusammen bleibe und des Ge- niessbaren nichts verloren gehe, richtet man ihn ebenfalls, wie bei anderen Schnepfen, sammt den Eingeweiden zu und hält gerade diese bei zweckmässiger Zurichtung für den köstlichsten Leckerbissen. Indessen tritt doch nach dem allgemeinen Urteil aller Feinschmecker unsere gemeine Bekassine hinsichtlich des Wohlgeschmackes ihres Fleisches noch hinter die grosse wie hinter die kleine Sumpfschnepfe oder Bekassine zurück, überragt aber unbedingt darin die Waldschnepfe. — Auch die Eier sind sehr schmackhaft. Dies Wildbret geht, wie das aller schnepfenartigen Vögel, wenn es feist ist, wegen dieser Zartheit sehr leicht und bald in Fäulnis über. Bei nur etwas warmer Witterung wird es schon nach wenigen Stunden auf dem Bauche blau und grün, ein unnatürlicher Geruch stellt sich ein, wird bald stärker, stinkender, und in wenigen Tagen ist alles in Fäulnis auf- gelöst Deshalb ist den Bekassinenschützen nicht genug zu empfehlen, dem Aufbewahren dieser kostbaren Ware mehr Sorgfalt zu widmen, als bei anderem Geflügel (leider auch noch zu wenig) geschieht. Es ist durchaus anzuraten, aussen am Jagdsacke eine Reihe kleiner lederner Schlingen zu haben, an welche jede einzelne Bekassine um den Hals angeschleift wird, so dass alle aussen auf der Tasche neben einander in freier Luft hängen, wodurch sich zuvörderst das Gefieder von selbst und sehr bald glatt macht, schnell abtrocknet und schon das äussere Ansehen der Vögel sehr gewinnt. Hier hängend schadet ihnen selbst die Einwirkung der Sonnen- strahlen wenig, weil der freie Luftzug sie immer wieder abkühlt und durchlüftet. — Wirft man dagegen eine nach der anderen, noch warm und dabei nass und gedrückt, wie sie der Hund zubringt, in den Sack hinein, zumal wenn dieser von Leder ist, und so nach und nach Dutzende auf einander, so gerät bei warmem Wetter ein solcher Klumpen durch Feuchtigkeit, Wärme der Vögel und reibende Bewegung beim Tragen in einen Grad fauler Gährung, noch ehe sie der Schütze nach Hause bringt; solche sind nicht zum weiteren Verschicken, sondern vielmehr in kurzer Zeit Aas. Die wertvollsten, näm- lich die feistesten, sind dem Verderben gerade am ersten aus- gesetzt, weil sie am weichlichsten sind, daher vom Hunde, wenn er auch noch so leise aufzunehmen pflegt, leichter ge- quetscht, auch von zu nahem Schuss oft stark beschädigt werden, ja sogar beim Herabfallen aus der Luft nicht selten aufbersten; alles Zufälligkeiten, die nicht zu verhindern sind, aber umsomehr das Verderben befördern. Jene sorgfältige Behandlung der erlegten Bekassinen ist vorzüglich da zu empfehlen, wo man sie als Marktware weit zu transportieren hat, wo die reinlich und glatt aussehenden und nicht stinkenden natürlich die willigsten Käufer finden. Man verkauft in Gegenden, wo sie nicht sehr häufig vor- kommen, in den grösseren Städten das Stück zu 60 Pfennig, wo sie häufiger sind, wohl auch nur zu 40 Pfennig. — An vielen Orten bekommt der Jäger pro Stück 10 bis 20 Pfennige Schiessgeld, eine Prämie, mit der er, wenn er nicht ein guter Schütze ist, nicht wohl auskommen kann. Schaden. Im Haushalte der Natur schaden sie gewiss ebenso wenig als sie dem Menschen Nachteil bringen. Noch weniger darf sie der zu feurige Jagdliebhaber anklagen und ihnen die Schuld beimessen wollen, wenn er bei der Bekassinenjagd Gesundheit und Leben aufs Spiel setzte. 3) Die kleine Sumpf-Schnepfe, Gallinago oallinula (L.) Fig. 1. Altes Männchen. | Baleaeen: Fig. 2. Dunenjunges. 5 Tafel. 34. "Fig. 8-12. Eier. Kleine oder kleinste Schnepfe, Halbschnepfe, kleine Mittelschnepfe oder Bekassine, stumme oder taube Schnepfe, kleine stumme Schnepfe, Haar-, Moos-, Moor-, .Wasser-, (Fras-, Rohr>; Heerschnepfe mit dem Zusatze: die kleine, Wasserschnepflein, Wasserhühnchen, Maus- oder Pudelschnepfe, Muusbekassin, Haarpudel, Haarbull, Fledermaus oder Fledermausschnepfe, Bockerle, kleiner Gräser, hier zu Lande: kleine oder stumme Bekassine, stumme Schnepfe, oder auch nur: die Stumme. [— Fremde Trivialnamen: Croatisch: Sljuka: korica. Czechisch: Koglik. Dänisch: Stum-Bekkasin, Enkelt Bekkasin, Buk. Dalmatinisch: Tuljarae. Englisch: Jack-Snipe, Half-Snipe, Tack, Judeock. Esthnisch: Santwanker, Lagunt rattas. Finnisch: Pieni kurppa, Prienempi taivaamvuohi, Pienempi taivaanjaara. Französisch: Becassine sourde, Becot, Beguot, Hanipon, Becquerolle, Becqueriolle, Bouc- queriolle, Boucriolle, Jacquet, Beco. Friesisch: Becasson, Matrat, Matrasson, Borgnat, Coust, Sowrdo. Holländisch: Het Bokje, Dooverik, Halfke, Pink. Italienisch: Frullino, Ziriolu, Becaceino minore, Volet, Scoulaboursot, Becassin sound, -Sgneppin, Beccad?, Parpajen, Pizzacaret, Feina, Vein, Quacina, Frullein, Cavestin, Matin, Becandla, Veceta, Striöta, Beccanot: piecol, . Beccadella, Beccanella piccola, Becassin nanon, Vuota-borse, Pinzacchio, Seneppino, Beccastrino, Bigiongolo, Pizzardella,: Mezzobeccaceino,. Arcigliilo, ‚Pichinchio, Arcirutedda papvola imperiali, Beccaccinu di hi picciuli, Oincogna, Foti borse, Quartirolo, Pigghiugghin,. Seiwcciamargi pieciulu. Lappisch: Ueca möäkastak, Almie-vierca, Lettisch: Wistilbe.. Luxemburgisch: Dav Bekassin, Begeischen, Fengschnepp, Kleng Becassin; ' Maurisch: ‚Saiga. Norwegisch: Halvenkelt- Bekkasin, Smaabekkasin: Polnisch: Bekas fielaus: Portugiesisch: Narseja pequena. Russisch: Bekass-stooshik, Garschnep. Schwedisch: Hürsnüppa, Halfenkel Beckasin, Dvärgbeckasin, Mygga. Slovenisch: @rbe?, Kozica, Pokle&, Puklez, Spanisch: Becada raguelo, Becadell sords, Agachadiza, Marceja pequena, Agachadera pequena, Agachadera morisia oder moruna, Bequet, Pica rwica, Aguaneta, Gacha, Gallinata, Narieja pequena. Ungarisch: Kis sarszalonka. 5 | Scolopax gallinula.. Linn&, Syst. Nat. Ed. XIL I. p- 244 (1766). —] — Scolopax gallinula.. Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 662. n. 8. — Lath. Ind. II. p. 715. n. 8. — Nilsson, Orn. suec. II. p. 107. n. 187. — Retz. Faun. Suee. p- 176. n. 142. — La petite Becassine ou la Sourde. Buff. Ois. VII. p- 490. — Edit. d. Deuxp. XIV. p. 219. — Id, Planch. enl. 884. — G&rard. Tab. &l&m. I. p- 226. — Böcassine sourd. Temminck, Man. nouv. Edit. II. p- 678. — Jack-Snipe. Lath. syn. V. p..136. n. 8. —- Übers. v. Bechstein, II. 1. 8. 110. n.8 — Bewick, Brit. Birds. IL. p. 73. — Beccaccino minore. Stor. degl. Uce. IV. t. 443. — Frullino. Savi, Orn, Tose. IL p. 317: — Halfsnepje, Bokje. Sepp. Nederl. Vog. IH. t. p. 327. — Bechstein, Naturg. Deutschl. IV. S. 196). — Dessen Taschenb. II. 8. 281. n. 4 — Wolf u. Meyer, Taschenb. II. S. 364. — Meyer, Vög. Liv- u. Esthlands. 8. 194. — Meisner u. Schinz, Vög. d. Schweiz. S. 208. n. 109. — Koch, Baier. Zool. I. 8.315. n. 196. — Brehm, Lehrb. II. S. 626. — Dessen Nature. all. Vög. Deutschl. S. 622—624. — Gloger, Schles. Faun. $. 48. n. 204. — Frisch, Vög. Taf. 231. — Naumanns Vög. alte Ausg. III. S. 21. Taf. IV. Fig. 4. Männchen im Frühlinge. — [— Scolopax_gallinula. Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. VIII. p. 344. Taf. 210 (1836), — Ascalopax gallinula. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. LXXVII u. 216 (1840). — Becassine sourde. Schlegel, Rey. crit. p. LXXXVI (1844). — Scolopax gallinula. Schlegel, Vog. Nederl. p. 435 (1854—58). —-Scolopax gallinula. Nilsson, Skand. Faun. II. p- 273 (1858). — Ascalopax gallinula. ‚Lindermayer, Vög. Griechen|. p. 144 (1860). — Scolopax gallinula. Fontaine, Faune Luxemb. Ois. p. 222 (1865). — Scolopax gallinula. Holmgren, Skand. Fogl. p. 854 (1866— 71). — _Gallinago gallinula. Degl. et Gerb., Orn. Eur. I. Ed. I. p- 185 (1867). — Gallinago gallinula.. Heuglin, Ornith. N.-O.-Afrik. p. 1206 (1869 — 74). — Scolopax gallinula. Wright, Finl. Fogl. II. p. 241 (1873). — Scolopax gallinula. Fallon, Ois. Belg. p. 180 (1875). — Gallinago gallinula. Dresser, Birds Eur. Tom. VII. p. 653. pl. 544 (1877). — Gallinago gallinula. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. IL. p- 351 (1882—84). — Gallinago gallinula. Homeyer, Verz. Vög. Deutschl. p. 12. Nr. 255 (1885). — Gallinago gallinula. Reyes y Prosper, Av. Espaüa p. 82 (1886). — Gallinago gallinula. Giglioli, Avif. ital. p. 406 (1886); p. 619 (1889). — Gallinago gallinula. Ar&valo y Baca, Av. Espaüa p. 340 (1887). — Lymnocerypta gallinula. Olphe- Galliard, Orn. Eur. occ. fasc. XIV. p. 34 (1891). — Scolopax gallinula. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 506 (1891). — Gallinago gallinula. Frivaldszky, Av. Hung. p. 149 (1891). — Gallinago gallinula.. Brehm, Tierleben, Vög. II. Aufl. III. p. 12 (1892). — Gallinago gallinula Brusin a, Croato-Serb- Vög. p. 153 (1892). — Gallinago gallinula. Collett, Norg. Fuglef. p- 205 (1898—94). — Gallinago gallinula. Reiser, Orn. balcan. I. p- 164 (1894); IV. p. 127 (1836). — Limnocryptes gallinula. -Cat. Birds Brit. Mus. Tom. XXIV. p. 665 (1896). — Gallinago gallinula. Chernel, Magyarorszäg madarai Il. p. 218 (1899). | Jagdliche Litteratur: Dietrich a. d. Winckell, Handbuch für Jäger. 3. Aufl. 1899. Bd. III. — Diezels Niederjagd. 7. Aufl. 1892. S 647. — O. v. Riesenthal, Das Waidwerk. 1880. — Edward Czynk, Das Sumpf- und Wasserflugwild und seine Jagd. 1898. Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LX. Fig. 1, a—c (1845-53). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 53. Fig. 4 (1854). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds. p. 247. pl. 28. (1885). — Id. Col. Fig. Eggs Brit. Birds. pl. 41 (1896). — Poyntins, Eggs of Brit. Birds (Zimicolae) pl. 26 (1896). —] kürzeren Schnabel hat, obgleich sie in ihrem Gefieder ähnliche Farben und Zeichnungen zeigt. Genau besehen unterscheidet sie sich auch hierin genug, namentlich hat der schwarze Ober- kopf keinen hellfarbigen Mittelstreifen, der sich sowohl bei der Kennzeichen der Art. Die Flügeldeckfedern haben licht gelbgrauliche, meistens an der Spitze geteilte Kanten; der zwölffederige Schwanz ist spitz zugerundet, die beiden Mittelfedern sind länger und spitzer als die übrigen. | Beschreibung. Diese kleine Schnepfe, soviel jetzt bekannt, die kleinste Art dieser Gattung, ist schon deshalb nicht mit der vorhergehenden zu verwechseln, weil sie mehr als ein Drittel kleiner ist, dazu niedriger auf den Beinen steht und einen stärkeren und viel grossen wie bei der gemeinen oder mittleren Sumpf- schnepfe findet und diesen Teil bei beiden gleichartig aus- zeichnet, Beide stehen sich überhaupt näher, als die kleine zu ihnen steht; diese scheinbare Lücke zwischen Gallinago gall- nago und Gallinago gallinula füllt aber eine ausländische Art aus, Gallinago frenata aus Südamerika, die zwischen diesen beiden in allem das Mittel hält. n Unfermbaug Gallinago gallinula (L.), Kleine Sumpfschnepfe. 1 Männchen im Herbst, 2 Dunenjunge */ natürl. Grösse. A: = A DH Die kleine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinula (L.). 3 Ihre Grösse ist nur die der Haubenlerche (Galerida cristata) oder des Kirschkernbeissers (Coccothraustes coccothraustes). Sie ist (ohne Schnabel, wie immer gemessen) 17 bis 18 cm lang, 55,5 bis 36 cm breit; der Flügel vom Bug bis zur Spitze 10 bis 10,5 cm und der Schwanz 4,2 em lang, wobei jener, wenn er in Ruhe liegt, diesen bis auf zwei Dritteile bedeckt. Das Gefieder ist wie bei den anderen Sumpfschnepfen, aber weicher und auf den oberen Teilen schmäler oder viel- mehr länger, besonders die grössten Oberrücken- und Schulter- federn, die Flügel weniger gewölbt und zugespitzter, ihr Hinter- rand fast noch stärker im Halbkreise ausgeschnitten, die hintere Flügelspitze auch länger, beim zusammengelegten Flügel bis auf das Ende der dritten oder vierten grossen Schwungfeder reichend, von denen die erste und zweite gleich lang und die längsten von allen sind; auch fehlt das kleine steife, sehr schmale und spitzige Federchen vor ihnen nicht. Der kurze Schwanz, aus zwölf Federn bestehend, ist sehr zugerundet, in der Mitte verlängert und spitz, daher fast keilförmig, seine Federn sind sehr weich, die mittelsten zugespitzt, die übrigen mehr zugerundet. Der Schnabel ist verhältnismässig kürzer, höher und vor der Spitze platter niedergedrückt als bei den beiden vorher- beschriebenen Arten, der grossen und der gemeinen Sumpf- schnepfe. Er ist 4,2 cm lang, selten ein paar Millimeter darüber oder auch darunter; an der Wurzel gegen 8 mm oder wenigstens 7 mm hoch, aber nur 4 mm breit, läuft so in wenig abnehmender Breite bis zur stumpfen Spitze vor, während allein der Oberschnabel vor ihr, weil er von oben platt ge- drückt ist, ein wenig breiter scheint und über den unteren unmerklich vorsteht; die Firste übrigens schmal gerundet; der Kiel plattrund, mit bis zur Spitze gehender Mittelfurche. Über den aufgetriebenen Mundkanten läuft mit diesen parallel bis fast zur Spitze an der Seite beider Teile eine vertiefte Furche, worin hinterwärts auch die weiche Bedeckung der Nasenhöhle nach vorn verläuft, in der nahe an der Wurzel seitlich das kleine, enge, längliche Nasenloch sich öffnet, dessen weiche Ränder sich ein wenig erheben. Er ist sehr weich und bieg- sam, nur die äusserste Spitze hornartig.. Am getrockneten Schnabel werden die Furchen tiefer und deutlicher, es ent- steht auf dem Rücken vor der Spitze eine flache Rinne, und er schrumpft hier am oberen und unteren Teile so zusammen, dass lauter in Reihen geordnete kleine Grübchen entstehen, die auch fühlbar sind, wie der Hieb einer stumpfen Feile; übrigens bleibt er glatt, wie er im Leben durchaus ist, Von Farbe ist er an der Wurzel graurötlich oder schmutzig gelblich- fleischfarben, von der Mitte an immer düsterer und an der Spitze aus Grau in Schwarz übergehend. Getrocknet wird er unscheinlich braun mit schwarzer Spitze. Das Auge ist ziemlich hoch gestellt und vom Schnabel entfernt, aber nicht auffallend gross; es hat einen dunkel- braunen Stern und weissbefiederte Lider. Die Füsse sind niedrig, schwächlich und sehr weich. Sie haben eine kleine nackte Stelle über der Ferse, keine Spannhäute zwischen den sehr dünnen Zehen, von denen die mittelste auffallend lang, die hintere kurz, schwächlich und etwas hoch gestellt ist. Ihr weicher Überzug teilt sich vorn herab und auf den Zehenrücken in grössere, hinten an den Läufen in kleinere Schilder, dazwischen ist er netzartig und an den Zehensohlen feinwarzig. Die Krallen sind schwach, schmal, wenig gebogen, spitz, unten etwas ausgehöhlt. Der nackte Teil über der Ferse misst 7 bis 10 mm; der Lauf 2,4 cm; die Mittelzehe mit der 4 mm langen Kralle 3 cm; die Hinter- zehe mit der kleinen Kralle etwas über 6 mm. Die-Farbe der Füsse ist eine grauliche Fleischfarbe, an den Gelenken mit durchschimmerndem Grün, die der Krallen schwarz. Getrocknet werden die Beine unscheinlich braun. Das zarte Gefieder trägt ähnliche Zeichnungen und Farben wie bei den beiden vorherbeschriebenen Arten, die aber an den oberen Teilen bei weitem schöner sind, wo das Schwarze einen prächtigen Metallglanz in Grün, Blau und Purpurrot hat und selbst die dunkel rostroten Zeichnungen in demselben nicht ohne purpurfarbigen Schiller sind. Vom Schnabel an ist die Stirn in einem breiten, auf dem Scheitel immer breiter werdenden und auf dem Genick endigen- den Streifen schwarz, ohne gelbe Mittellinie, aber mit rost- farbigen feinen Randstrichelchen an den Seiten der Federn gemischt; ebenfalls vom Schnabel an zieht sich zu beiden Seiten jenes dunklen ein breiter rostgelber oder weiss, Tost- farbig und gelb gemischter Streifen über das Auge bis an das Genick, der hinterwärts schwärzlich punktiert und fein gefleckt ist, und wo sich nicht selten ein Fleckenstreifen bildet, der den grossen lichten Augenstreifen in der Mitte spaltet und zu einem doppelten macht; die Zügel als ein starker. Streifen braunschwarz, ebenso ein unordentlicher Fleckenstreifen, der unter dem Mundwinkel anfängt, sich unter der Wange hindurch nach der gleichgefärbten Ohrgegend zieht; diese Zeichnungen stehen auf weissem, rostgelb gemischtem Grunde; neben der weissen Kehle läuft jederseits ein Streifen feiner, braunschwarzer Punkte herab; der Hinterhals ist rostfarbig und grau gemischt mit braunschwarzen Flecken. Die Federn auf dem Oberrücken und den Schultern sind nach Verhältnis grösser als bei anderen Schnepfen, nämlich viel länger, dabei aber bedeutend schmal; ihre schwarze Grundfarbe glänzt prächtig metallartig in Grün, Blau und Purpurfarbe, und die rostbraunen oder dunkel rost- selben, mondförmigen, schmalen Querflecken oder Zacken- striche dieser Federn in Purpurrot und Kupferfarbe, zumal in der Sonne; dabei haben diese Federn längs dem äusseren Rande einen schön rostgelben, sehr breiten Streifen, der an vielen Federn die halbe Aussenfahne einnimmt, wodurch bei naturgemäss geordnetem Gefieder auf der ganzen oberen Partie vier grosse rostgelbe Längsstreifen dargestellt werden, deren jederseits einer den Rand der Schulter längs dem Flügel hinab, die anderen beiden den Oberrücken zu beiden Seiten begrenzen, alle aber bis auf die hintere Flügelspitze hinab- reichen. Der Unterrücken ist schwarz, in Metallfarben glänzend, mit weissen Federrändern; Bürzel und Oberschwanzdeckfedern ebenfalls schwarz mit Metallglanz, auf der Innenfahne mit un- ordentlichen rostfarbigen Querflecken, auf der äusseren am Rande mit einem hellrostgelben Längsstreifen. Der Vorder- hals ist auf weissem, rostfarbig gemischtem Grunde braun- schwarz gefleckt; die Seiten desselben und die Kropfgegend schwach grau überflogen, mit rostfarbiger Mischung und vielen braunschwarzen Flecken, die jederzeit ihren Sitz in der Mitte der Federn haben, durch eine rostfarbige Mischung sich von dem breiten weisslichen Rande absondern und durch die letzteren beim Verschieben mehr oder weniger verdeckt werden, weshalb diese Teile bald stärker, bald schwächer gefleckt und zuweilen fleckig gestreift erscheinen. Weiter abwärts, auf der Oberbrust, wird der Grund reiner weiss, die Flecken kleiner; die vorderen Tragfedern sind weiss mit rostfarbigem Anstrich und jede mit schwarzem Schaftfleck, der an denen weiter hinab stärker wird, an einigen der längsten sich fast über die ganze Feder verbreitet, an welchen sich dann die Rostfarbe in kleine Querstreifen oder Flecke häuft; die Mitte der Brust und der Bauch weiss, meistens ohne alle Flecke; die Unterschenkel weiss, braunschwarz gestrichelt, am stärksten unterwärts; die unteren Schwanzdeckfedern weiss mit schmalen schwarzen Schaftstrichen und einzelnen Pfeilfleckchen. Die Flügeldeck- federn sind schwarzbraun mit lichteren Federkanten, die an den mittleren breiter und immer weisslicher werden, auch meistens an der Spitze gespalten sind, an den Enden der grossen in reines Weiss übergehen, von denen aber die dem Rücken näher liegende Hälfte in der Mitte völlig braunschwarz und rostfarbig gebändert ist; die Federn der hinteren Flügelspitze haben dieselben Farben, die Streifen ziehen sich aber mehr in die Länge als in die Quere; die Schwungfedern zweiter Ordnung sind an den Enden weiss gekantet, übrigens braun- grau, nur auf der Aussenfahne matt braunschwarz; die der ersten Ordnung braunschwarz, die kürzeren mit feinen weissen Endsäumchen, die vorderste über die Hälfte ihrer Länge mit 5* 36 | Die kleine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinula (L.). einem feinen weissen Aussensaum; die kleine verkümmerte Feder vor dieser schwarz mit weisser Kante; die Fittichdeck- federn braunschwarz. Auf der unteren Seite sind die Schwung- federn glänzend dunkelbraungrau, die Deckfedern grau mit breiten weissen Kanten, die langen unter der Achsel weiss mit einzelnen grauen Fleckchen. Die Schwanzfedern sind schwarz, alle an den Spitzen rostrot, die mittelsten bis zur Mitte herauf auch mit solchen Querflecken, die an den übrigen weniger bänderartig sich nur auf den Aussenfahnen befinden und an dem äussersten Paare in einen blass rostfarbigen Längs- streifen übergehen; an der Spitze aller Schwanzfedern steht bei den meisten Individuen, wenn sie nicht schon verletzt ist, ein sehr kleines weisses Fleckchen oder ein Punkt. Beide Geschlechter sind im Äusseren einander so ähnlich, dass sich ein bestimmter Unterschied schwerlich auffinden lässt. Hat man mehrere beisammen, so lassen sich wohl die mit der glänzendsten Färbung ziemlich sicher als Männchen ansprechen, unter den schlechter gefärbten befinden sich aber auch einzelne Männchen, die man für junge Männchen halten muss und die sich äusserlich gar nicht von den alten Weib- chen unterscheiden. | Der Unterschied zwischen dem Frühlings- und dem Herbstkleide ist, obgleich es sich wegen der Doppelmauser vermuten liesse, ebenfalls unerheblich; jenes ist viel schöner, der Metallglanz auf dem Mantel prachtvoller, die Flecke am Kopfe und Halse schwärzer, auch stärker und das Weisse des Grundes reiner; dagegen sind die Farben des Flügels an den Deckfedern, den mittleren und grossen Schwungfedern, über- haupt des Fittichs, fahler, die Ränder der ersteren verstossen und daher ihre weisslichen Kanten unscheinbarer als im Herbst- kleide, weil diese Federn in der Frühlingsmauser nicht er- neuert werden. Bei vielen Vögeln im Herbstkleide, vorzüglich jungen, sind die dunklen Flecke an den Seiten des Kopfes, besonders aber an dem Kropfe und den Brustseiten, kleiner, weil die Federn breitere weisse Kanten haben, die jene mehr verdecken, auch hat der Kropf oft einen matten Anstrich oder Überflug von Rostfarbe. Die Jungen im ersten Herbstkleide sind wenig schlechter gefärbt als die Alten; die Weichheit des Gefieders, namentlich aber des Schnabels und der Füsse, und die noch etwas starken Fersengelenke machen sie indessen dem Geübten kenntlich. Das eigentliche Jugendkleid, sowie das Dunenkleid [— war 1836 noch —] nicht bekannt. Dies ist auch mit der wahren Zeit der Mauser der Fall, die im Frühjahr, wenn sie in unseren Gegenden erscheinen, schon ganz beendigt ist, wo- gegen sich aber von der Herbstmauser bei ihrer Ankunft im Herbste bei vielen, namentlich den zuerst ankommenden, noch manche Spuren finden. \ [— Das Jugendkleid unterscheidet sich nicht vom Alters- kleide. Das Dunenkleid sieht folgendermassen aus: Oben dicht kastanienbraun und schwarz gefleckt, mit weissen Dunenspitzen, die vier Längsstreifen bilden. Von dem Schnabel zieht. sich an der Kopfseite entlang ein langes, schwarzes, weiss ge- mischtes Band. Unten schmutzig graubraun. Die abgebildeten Vögel sind ein alter Vogel vom 16. Sep- tember 1860 aus Schweden und ein Dunenjunges vom August aus Lappland, befindlich im Britischen Museum. —|] Aufenthalt. Unsere kleine Sumpfschnepfe ist nicht so allgemein ver- breitet als die gemeine, wird aber doch auch in vielen Ländern der alten und neuen Welt angetroffen, so in Nord- amerika!), Nordasien und Nordeuropa. [— Sie brütet offenbar vom atlantischen bis zum stillen Ozean, von den Hochflächen Norwegens bis zu den Tundren Ost-Sibiriens. In Norwegen findet man sie nach PALMEN noch in Finmarken bei 70 Grad nördlicher Breite nistend, und nach SEEBOHM brütet sie auf dem Dovrefield über die Grenze des Baumwuchses 1) In Amerika kommt sie nicht vor. J. R. hinaus.: In Finland ist sie wenig zahlreich, aber weit ver-. breitet. Nördlich brütet sie hier noch am Wigfluss und bei Kantalabs am weissen Meer, ferner bei Daveatoi an dessen Mündung (67 Grad) und in Muonioniska im Innern Lapp- lands (68 Grad). In den Tundren von Muonioniska fand der unermüdliche JoHN WOLLEY mehrere Nester und brachte aus Lappland die ersten Eier. MIDDENDORFF traf sie brütend an der Boganida. —] Für uns scheint sie indessen mehr nordöstlich zu wohnen, denn FABER fand sie nicht auf Island, und GrABA erwähnt ihrer, als auf den Färöern vorkommend, auch nicht, aber BoIE traf sie auf Varoe, einer der Lofodden im oberen Nor- wegen, einzeln an. Nach anderen sicheren Nachrichten ist sie in Schweden nicht gar häufig; desto mehr wird sie es aber in Russland und ganz Sibirien, wo sie, wie ander- wärts, im Sommer hoch in den arktischen Kreis hinaufgeht; aber auch in Syrien und Persien kommt sie vor. In Liv- land, auch in Littauen ist sie sehr gemein, dies perio- disch meistens auch in den Ländern des mittleren Europa bis nach Westen und Süden hinab, in Frankreich, Italien, Ungarn bis in die Türkei und die griechischen Inseln. Von manchen Ländern scheint sie nur gewisse Striche und auch diese nicht alle Jahre gleich häufig zu besuchen, so auch in Deutschland, wo sie an geeigneten Orten jedoch kein Jahr gänzlich vermisst wird, so in Schlesien, Brandenburg, in Schleswig-Holstein und den Marschländern der Nordsee- küste bis nach Ostfriesland und Holland und in vielen anderen niederen Gegenden, z. B. in der Nähe des Bodensees und anderwärts. Auch in unserem Anhalt fehlt sie kein Jahr ganz, in manchem kann sie sogar sehr häufig sein; allein hier wie anderwärts und überall, wo sie vorkommt, drängt sich dem Beobachter die Bemerkung auf, dass diese Art im all- gemeinen (ein Jahr in das andere gerechnet) viel weniger zahl- reich an Individuen ist als die vorhergehende, dass sie da- gegen auch überall in grösserer Anzahl vorkomme als die grosse Sumpfschnepfe [— In Schleswig-Holstein ist jedoch die letztere, auf dem Zuge wie zur Brutzeit, häufiger als sie; und E. v. HOMEYER schreibt in seinen (noch nicht veröffent- lichten „Vögeln Norddeutschlands“ von der kleinen Sumpf- schnepfe: „An ähnlichen Orten wie @. major, doch in weit ge- ringerer Zahl.“ —] > Als Zugvogel wandert sie von der Mitte des März bis An- fang Mai, und in einer zweiten Periode im August und September durch unsere Gegenden. Beide Male trifft ihre Zugzeit mit der der grossen Sumpfschnepfe zusammen, d.h. sie wandert im Frühjahr später, im Herbst frühzeitiger als die gemeine Be- kassine, obwohl sie auch mit dieser noch zieht. Manchmal werden in schon so weit vorgerückter Jahreszeit, Ende Mai, noch einzelne gesehen, dass man glauben darf, sie mögen auch in Deutschland sich hin und wieder fortpflanzen. [— That- sächlich ist durch zahlreiche Beobachtungen nachgewiesen, dass die kleine Bekassine in allen Gegenden Deutschlands, vom Rhein- land bis Schlesien, von Schleswig bis Bayern als Brutvogel vorkommt, überall vereinzelt zwar, aber im ganzen doch wahr- scheinlich noch viel zahlreicher, als die bis jetzt bekannt ge- wordenen Fälle es erscheinen lassen, da ihre verborgene Lebens- weise und ihr stilles Wesen sie leicht übersehen lässt. —] Auch auf dem Herbstzuge kommen noch sehr spät einzelne vor, wenn diese Jahreszeit anhaltend leidliches Wetter hat, wie denn in sehr gelindem Winter manche sogar ganz dableiben und sich, wo offene Quellwässer fehlen, an Orten aufhalten, wo man keine suchen würde. So trafen wir in einem sehr gselinden Winter, Anfang Januar 1822, eine in jungen Kiefern an, wo sie allerdings Schutz gegen Wind, Wetter und Nach- stellungen hatte, aber vom Wasser an offenen Sumpfstellen und einem abfliessenden Graben ziemlich weit entfernt war. Auch in Erlenbrüchen an warmen Quellen, d.i. solchen, welche auch bei der heftigsten Kälte nie ganz zufrieren, hat man einzelne im Winter angetroffen. [— Im westlichen Schleswig- Holstein trifft man alljährlich einige überwinternde Exemplare, Die kleine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinula (L.). selbst in aussergewöhnlich strengen Wintern, wo sie besonders in den Marschen an den immer offen bleibenden quelligen Stellen der Gräben, Wehlen und Sielzüge stets hinreichende Nahrung zu finden scheint, da ich sie nie abgemagert gefunden habe. Graf v. MırsAcH schreibt (Ornith. Monatsschr. 1893, S. 223): „Am 2. Dezember 1892 erlegte ich am Rande des Sees (bei Roggenburg in Südbayern) eine Haarschnepfe. Sie hielt beinahe, bis man auf sie trat, strich dann in ihrem wachtel- ähnlichen Flug in das tiefe Schilf, lief aber immer nach einigen Minuten wieder über das Eis an den Rand des Sees, der noch weich und feucht war.“ Russow erhielt am 3. Dezember 1869 ein Exemplar aus der Umgegend von Dorpat. Die grosse Mehrzahl ‘der europäischen Haarschnepfen überwintert in den Mittelmeerländern. Bezüglich Griechen- lands schreibt KRÜPER (MOMMSEN, griechische Jahreszeiten): „Diese kleinste Schnepfe findet sich den Winter hindurch auf allen nassen Feldern und Sümpfen und zieht im März nörd- lich.“ HARTLAUB stellt folgende Angaben anderer Beobachter zusammen: „Zugvogel auf den Oycladen. Im Winter in Ma- cedonien nicht zahlreich. Erscheint um den 1. November auf den Jonischen Inseln. Ziemlich zahlreich auf Corfu. Am Mittelmeer im Winter zahlreich. In manchen Sümpfen der Türkei häufig; ebenso in den Sümpfen um Smyrna.“ Nach BoLLE bringt sie regelmässig den Winter auf den kanarischen Inseln zu. Vom nördlichen Asien aus zieht sie im Herbst nach China, Formosa, den ostindischen Inseln etc. —] Ihre Reisen macht sie des Nachts, wie die anderen Arten, und auch einzeln, obwohl in mancher Nacht der Zug so stark ist, dass man den nächsten Morgen ihrer sehr viele auf nicht gar grossem Raum antrifit, die zwar nicht weit von einander, aber auch nie so dicht beisammen liegen, dass sie für einen Verein gehalten werden könnten. Mit Anfang der Abend- dämmerung fangen sie einzeln an herumzuschwärmen, sich Nahrung zu suchen, dann die Reise anzutreten und erst in der Morgendämmerung sich an den Orten niederzuwerfen, wo sie den nächsten Tag liegen bleiben wollen. Ihr Aufenthalt sind sumpfige, wasserreiche Gegenden, grosse Brüche von nassen Wiesen und Viehweiden, mit morasti- gen Stellen abwechselnd, auf schlammigem und moorigem Boden. Auch sie liebt die Nähe von Gesträuch, namentlich Erlen, aber nicht den zu tiefen Morast und das tiefere Wasser, sondern mehr die seichten Stellen und die Ränder des tieferen Sumpfes. Sie wird zwar in gleichen Gegenden angetroffen, sogar nicht selten zwischen der gemeinen Art, liegt aber noch viel lieber an weniger nassen Orten von ihr abgesondert und gern an solchen, welche die grosse liebt, mit der sie auch dort öfter zusammentrifft. Ausserdem besucht sie auf ihren Wanderungen, wenngleich einzelner, auch die kleineren Sümpfe, Wasserlachen, See- und Teichufer und die Ränder anderer stehender Gewässer, wenn sie in Sumpf auslaufen, in denen sie sich am Tage verbergen kann, selbst an vom Schnee- oder Regenwasser zurückgebliebenen Pfützen auf feuchten Wiesen und tiefliegenden Äckern zwischen den Furchen; sie lässt sich aber weder an den Ufern des Meeres noch an denen rauschender Flüsse sehen. Sie lässt ungezwungen sich nicht am Tage sehen, liebt daher nur solche Stellen, die ihr, sobald sie will, einen Ver- | steck gewähren, zwischen alten Gras- und Binsenstorzeln, in Viehtritten, zwischen den sogenannten Kufen nnd anderen Orten, aber nicht solchen, wo die Schilfgräser und andere Wasserpflanzen zu dicht und hoch sind. Sie liegt viel lieber auf solchen Plätzen, wo man sie, wenn sie sich gerade hin- stellte, schon von weitem sehen würde; damit das aber nicht geschehe, drückt sie sich still und fortwährend auf den Boden nieder. An die freien Wasserränder kommt sie deshalb am Tage nie, läuft aber des Abends und in hellen Nächten an denselben frei hin und her, ja sie sucht dann diese freie Be- wegung und verlässt jene Plätze, wo sie am Tag lag und wahrscheinlich meistens schlief. Weil sie in den Mittagsstunden am festesten liegt, so darf man, wenn man es nicht schon an 31 dem mit ihren weissen Exkrementen beklexten Ruheplätzchen sähe, wohl behaupten, dass sie wenigstens während dieser Zeit geschlafen haben musste. Eigenschaften. Diese kleine niedliche Schnepfe gleicht in ihrer Stellung ganz den beiden anderen Sumpfschnepfen, steht ebenso ge- duckt, den Hals eingezogen und die Schnabelspitze etwas ge- senkt, mit wagerechtem Körper; zuweilen richtet sie diesen aber auch, besonders abends, wenn ihr etwas Verdächtiges . in die Sinne fällt, sehr aufwärts. In dieser Zeit sieht man auch, dass sie behende auf den Füssen ist, während sie am Tage nur geduckt und mit angezogenen, in den Fersen sehr gebogenen Füssen fortschleicht. Auch sie liebt das viele Herumlaufen nicht und begiebt sich lieber fliegend dahin, wo sie etwas zu suchen hat. [— Über die eigentümliche Art, mit der eine im Käfig gehaltene kleine Sumpfschnepfe sich gehend fortbewegte, macht ZIEMER folgende Mitteilung: „Am 1. Mai 1879 gelang es mir, eine Haarschnepfe, die ich beim Suchen nach dem Neste des Wiesenpiepers dicht vor mir sitzen sah, mit dem Hute zu bedecken und so zu fangen; ich nahm sie mit nach Hause und hielt sie längere Zeit; da sie aber nicht fressen wollte und deshalb mit Regenwürmern, Mehlwürmern, Ameisen- eiern und dergleichen gestopft werden musste, liess ich sie nach etwa vierzehn Tagen wieder fliegen. Ihren weiten Käfig durchmass sie in allen Richtungen, immer langsamen, gleich- mässigen Schrittes; dabei hielt sie Körper und Hals wagerecht und den Schnabel senkrecht, so dass dessen Spitze nur etwa 2 bis 53 mm über dem Boden hinfuhr, und bei jedem Schritte langsam mit dem Kopfe nickend. Sie erinnerte mich dann jedesmal lebhaft an einen alten, krummen Mann, der auf einen Stab von seiner eigenen Grösse sich stützend, langsam einherschreitet; die Ähnlichkeit der ganzen Figur der beiden war eine ganz überraschende“ (Journ. f. Ornith. 1885 S. 331). —] Ihr Flug ist ganz anders als der der grossen und der gemeinen Bekassine, leiser, leichter, aber anschaulich un- sicherer, ‚nicht so kräftig, aber noch schnell genug und in Schwenkungen sehr geschickt. Die Flügel werden dabei mehr ausgespannt und flatternd bewegt, aber unregelmässig, der Körper ebenso bald auf diese, bald auf jene Seite gewendet; zuweilen fliegt sie auch ohne dies gerade aus und niedrig fort, nie sehr weit weg; wo sie sich setzen will, wirft sie sich gleichsam herab. Ein sehr unstäter Flug und dem der Fleder- mäuse erstaunend ähnlich. — Am Tage fliegt sie immer nur dicht über den Sumpf hin, bloss in stiller Nacht, auf dem Zuge allein auch hoch durch die Lüfte. Die ist unter allen Bekassinen am wenigsten scheu, liegt den ganzen Tag in ihrem Versteck, den Augen ihrer Feinde verborgen, und flieht nicht eher, bis diese ihr ganz nahe ge- kommen, der menschliche Fuss sie beinahe berührt hat. Sie ı weicht dem langsam Herannahenden gewiss nicht laufend aus; denn genau auf derselben Stelle, wo man sie einfallen sah, fliegt sie jedesmal auch wieder heraus. Bei stürmischer Witterung sucht sie Schutz hinter den Kufen, an Grabenufern oder hinter Schilf und Gebüsch, liegt dann gern zwischen den Stämmen in den Erlenbrüchen und vermeidet das Freie, da sie, wenn sie gezwungen ist, aufzufliegen, dann ein Spielball des Windes und oft ganz aus der vorgesteckten Richtung geschleudert wird. Ihr Betragen ist sehr ungesellis, sowohl gegen. ihres- gleichen, wie gegen andere Arten, und wenn auch mehrere, gleichviel ob von der eigenen oder einer verwandten Art, nahe bei einander liegen, so kümmert sich doch eine so wenig um die andere, dass jede nur für sich thut, was ihr beliebt, fortfliegt oder liegen bleibt nach Gutdünken, auch das Beispiel der anderen unbeachtet lässt. Ihre Einfalt und Furchtlosigkeit hat bei vielen Jagd- liebhabern die Meinung erregt, sie höre nicht; deshalb nennt man sie in Frankreich die Taube (La sourde). Bei den deutschen Jägern heisst sie dagegen die Stumme, weil sie ohne Geschrei 38 Die kleine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinula (L.). auffliegt. sie ist indessen sowenig taub als stumm; von letzterem ist jedoch so viel wahr, dass sie nur eine sehr schwache Stimme hat und diese höchst selten hören lässt, während man dem entgegen beim Aufsteigen der gemeinen Bekassine stets ein lautes, wiederholtes Schreien zu hören gewohnt ist. Der Ton, den unsere kleine Bekassine in sehr seltenen Fällen, gewöhnlich nur gegen Abend, beim Auffliegen ausstöst, ist ein pfeifender, feiner scharfer Laut, wie Kitz oder Kütz klingend und dem Tone mancher Fledermäuse ähnlich. Er scheint ihr Nachtruf zu sein und ist jenem der gemeinen Bekassine ähnlich... Zuweilen schreit sie auch im Auffliegen am Tage ganz leise und heiser ähtch, wobei der Ton am Ende sinkt statt dass er bei jener steigt, welche dazu auch viel lauter schreit. Dabei schreit die kleine auch so selten, dass man oft 20 Stück nach einander aufstöbert, ehe nur eine ihr halblautes ähtch einmal ausstösst. Fast noch öfter und zwar alle Frühjahre hört man des Abends eine Art von Gesang von ihr, der nur bei stillem Wetter und auch dann kaum auf 100 Schritte vernommen werden kann und vollkommen wie das Hämmern des Insekts, das im gemeinen Leben Totenuhr ge- nannt wird, Klingt. Dieses einförmige Tettettettettet u. s. w. dauert oft vier bis sechs Sekunden in einem Atem fort, während die eine darin einen höheren, die andere einen tieferen Ton hält und dabei wunderlich flatternd über dem Sumpfe in ge- ringer Höhe hinstreift. Dies scheint ihr Balzen zu sein. Alle diese zuverlässigen Beobachtungen beweisen, dass diese kleine Schnepfe den Beinamen „stumm“ keineswegs verdient. [— Ausfürlicher beschreibt Russow das Balzspiel der kleinen Bekassine in seiner „Ornis Esth-, Liv- und Curlands“: Am 26. April 1874 hatte ich Gelegenheit, das Balzen dieses Vogels auf einem Torfmoore bei Kurküll in Esthland zu be- obachten. Er steigt während des Balzens aus dem Sumpfe in einem Bogen hoch hinauf und lässt sich, rasch dahinfliegend, nach mehreren hundert Schritten wieder nieder. Beim Fliegen vernimmt man ein Geräusch, das mit dem Klappern eines rollenden, schadhaft gewordenen Wagenrades, aus dessen Reifen ein Stück herausgebrochen, verglichen und durch die Silben: Lok-toggi, lok-toggi, lok-toggi recht treffend wiedergegeben werden kann. Diesen Lauten verdankt die Haarschnepfe auch ihren esthnischen Namen, von denen der eine „sant wanker* durch schadhafter Wagen übersetzt werden kann, während der andere, bei Kardis gebräuchliche, „lagunt rattas“ zerbrochenes Rad bedeutet. In der Nacht schweigt die Moor- schnepfe, beginnt aber beim ersten Morgengrauen aufs Neue ihr Spiel, freilich nur auf kurze Zeit. Das Weibchen antwortet, ähn- lich zischend wie das Weibchen der gemeinen Bekassine, nur leiser und in einem höheren Tone. Einen Ton, der dem Ticken des Plinus fur (Totenuhr) in dem Gebälk alter Stubenwände ähnelt, wie er von NAUMANN für diese Schnepfe angegeben wird, hörte ich nur zweimal, vor dem Niedersinken des Vogels in den Sumpf. Dieser Ton scheint mir durch rasches An- einanderschlagen der Schnabelhälften zu entstehen.“ Er würde demnach mit dem „Knebbern“ der grossen Bekassine zu ver- gleichen sein. —] Nahrung. Aus dem etwas verschiedenen Bau des Schnabels, zum Teil auch des Magens, lässt sich schliessen, dass die Nahrung von denen der Familienverwandten etwas verschieden sein müsse. Worin dies bestehe, ist indessen noch nicht genau er- mittelt, und nur einiges Vorgefundene hat eine leise Andeutung davon geben können, nämlich einige kleine Grassämereien, und zwar etwas mehr als einzelne Proben davon, die schwer- lich alle zufällig verschluckt sein können, wie wir dies von anderen im Magen vorgefundenen Pflanzenstoffen, nämlich zarten Graswürzelchen und Grasspitzchen glauben, da sie nicht oft und immer nur sparsam darin vorkommen. Der ‚Magen ist kaum etwas muskulöser als bei den anderen Schnepfenarten. Gewöhnlich enthält er jedoch bloss einen Brei, in denen man die härteren Teile, Kopf, Fresszangen, auch Häute von kleinen Insektenlarven, Beine und Flügeldecken von kleinen Käferchen, von Haften, Mücken und anderen Insekten erkennt, auch Teile von Regenwürmern und anderem kleinen Gewürm, und grobe Sandkörner. Es ist von allen Nahrungsmitteln gewöhnlich kaum etwas mehreres zu erkennen, wenn der Vogel, dessen Magen man untersuchen will, nicht eben beim Fressen des Abends getötet wurde. Alle, die man mitten am Tage erlegt, haben immer schon mehr oder weniger verdaut, und der Magen ist bei solchen nicht selten schon ganz leer, ein Beweis, dass diese Vögel am Tage fast gar nicht nach Nahrung suchen und viel- leicht nur dann etwas geniessen, wenn es ihnen zufällig vor den Schnabel kommt. Denn, wie schon oben bemerkt, liegen sie den ganzen Tag ruhig, sind dagegen des Nachts, oder viel- mehr in den beiden Dämmerungen, desto munterer, fliegen dann an die Plätze, wo sie mit dem fühlenden Schnabel den weichen Schlamm durchwühlen können, wovon man am kom- menden Morgen die deutlichen Spuren neben ihren im Morast abgedruckten Fussstapfen findet, nämlich, wie von anderen Schnepfen, viele kleine Bohrlöcher dicht neben einander. Sie können die kleinen Nahrungsmittel auch nur von weichem Boden, oder vom und aus dem Wasser, aber nicht vom harten Boden aufnehmen, weil die Spitze des Oberschnabels länger als die des Unterschnabels ist und, wo der Boden nicht nach- giebt, sich gegen diesen anstemmen würde, ohne dass die untere Spitze zum Aufnehmen kleiner Gegenstände tief genug bis auf ihn hinab reichen könnte. Die Spitze des Oberkiefers, der einzige hornartige Teil am Schnepfenschnabel, ist ein höchst zweckmässiger Bohrer und zugleich Beschützer der unteren, weniger hornartigen Spitze beim Bohren selbst, weil diese, bekanntlich viel kürzer, in jene so eingeschlossen ist, dass sie bei dem Bohren mit geschlossenem Schnabel durch- aus nicht leiden kann. Bei vieler Nahrung wird auch dieses Schnepfchen sehr feist und ist dann noch bequemer und träger als sonst. Fortpflanzung. Unsere kleine Bekassine verweilt, wie schon berührt, im Frühjahre oft so lange in unseren Gegenden, dass man ver- muten muss, es möchten einzelne Pärchen, wenn auch nicht bei uns, doch nicht weit entfernt und noch auf deutschem Boden nisten. Es war jedoch 1836 noch nicht gelungen, hier ein Nest aufzufnden, auch hatte man in ihrem Betragen nichts gefunden, was von dem in anderen Zeiten verschieden wäre, um jenem Gedanken Raum zu geben. [— Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Stumme vereinzelt auch in Deutschland sich fortpflanzt. Ich habe in Holstein zwei, in Schleswig ein Ge- lege gefunden, und E. v. HOMEYER schreibt in seinen (noch nicht veröffentlichten) „Vögeln Norddeutschlands“: „Manche hierauf bezügliche Angaben mögen auf Verwechslung beruhen; in- dessen habe ich bereits im Jahre 1842 auf meinem damaligen Wohnsitze, Darsin (Kreis Stolp), zwei bis drei Paare brütend sefunden. Ein Nest, das. auf einer üppig, aber kurz berasten Wand zwischen zwei Torfgruben stand, enthielt am 8. Mai vier frische Eier. Einige Dunenjunge, die ich später nahm, befinden sich noch in meiner Sammlung. Die übrigen blieben erhalten und fanden sich im nächsten Jahre wieder, wo sie nicht ver- folgt wurden. Am 12. Mai des Jahres 1840 sah mein Jäger MEYER unfern von Stralsund ein gepaartes Paar der Stumm- schnepfe, hat jedoch das Nest nicht gefunden.“ Diesen An- gaben fügt Vv. HOMEYER noch hinzu: „Wenn ein Kenner das Nest findet, so ist die Identifizierung leicht, weil das alte Weib- chen nur ganz langsam davonschleicht und zwei bis drei Schritte davon ruhig bleibt, um sofort wieder auf die Eier zu gehen. Anders ist es mit der Bestimmung nachträglich. In Form und Farbe sind die Eier dieser Art den Bekassineneiern sanz gleich, nur gewöhnlich etwas kleiner, aber dies ist nicht immer der Fall, und es giebt Eier der mittleren Bekassine, die auch in der Grösse nicht von denen der kleinen zu unter- scheiden sind.* —] In Livland, noch mehr in Finland, soll Die kleine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinula (L.). 39 sie sich in Menge fortpflanzen; man weiss aber bloss dieses, ohne dass von ihrem Betragen dabei und von anderen be- gleitenden Umständen auch nur das mindeste beobachtet und bekannt gemacht wäre.!) Sie soll wie die gemeine Bekassine ihr Nest in sumpfigen Gegenden auf eine Schilf- oder Graskufe machen und vier Eier, denen jener in Gestalt und Farbe sehr ähnlich, aber be- deutend kleiner, legen, die. auf schwach olivengrünem Grunde aschgraue oder rötlichgraue Schalenflecke und darauf grössere, deutlichere, zum Teil verwischte, gelblich oder rötlich schwarz- braune Flecke haben. Nach anderen sollen die Eier weisslich sein mit rostfarbenen Flecken, nach noch anderen weissgrün- lich, aschgraubraun gefleckt. Da ich sie niemals selbst auf- sefunden habe, muss ich mich alles Urteils hierüber enthalten. [— Nach 40 aus Lappland stammenden Eiern der REY- schen Sammlung beträgt das Durchschnittsmaß: 38,2>x< 27,6 mm; Maximum: 40 x 27,5 und 59 x 29 mm; Minimum: 37x 26 mm; Durchschnittsgewicht: 0,660 g. REY sagt in seinem Eierwerk von diesen Eiern: „Sie sind etwas kleiner und in der Mehrzahl noch etwas kreiselförmiger als die der gemeinen Sumpfschnepfe, auch zarter in der Schale und deshalb leichter. Die Fleckung ist meist feiner und zeigt nur selten eine spiralige Anordnung, die niemals so deutlich wird wie bei der gemeinen Art. Sie lassen das Licht etwas heller durchscheinen als jene. Immerhin geben alle diese Ab- weichungen kein sicheres Unterscheidungsmerkmal.“ —|] Feinde. Selten kommt ein solches Schnepfchen durch Verfolgung eines Raubvogels in Verlegenheit, weil sie am Tage nur dann fliegt, wenn sie aufgescheucht wurde, auch nie weit fliegt, und in ihrem Versteck am Boden stilliegend von jenen auch über- sehen wird. Dass sie hier von Rohr-, Korn- und Wiesen- weihen zuweilen erspäht und im Sitzen überfallen werden, ist wenigstens nicht unwahrscheinlich. Dagegen erschleicht der Fuchs viel öfter eins. In ihren Eingeweiden wohnt häufig der in vielen schnepfen- artigen Vögeln vorkommende veränderliche Bandwurm (Taenia variabılis) [—, sowie Frlaria spinifera RuD., Disiomum militare RUD., Distomum nanum RuD., Taenia globulus WEDL., Taenia citrus KRABBE, Taenia crassirostris KRABBE, Taenia filum GOEZE, Taenia embryo KRABBE, Taenia paradoxa RuD., Taenia pubescens KRABBE, Taenia Früsiana KRABBE. Im Gefieder schmarotzt Nermus truncatus NITZSCH. —|] Jagd. Sie ist mit viel weniger Schwierigkeiten verbunden als die Jagd der gemeinen Bekassine und ähnelt hierin mehr der der grossen; denn unsere kleine Bekassine liegt nie in so tiefem Sumpfe und ist jederzeit furchtloser als jene, ja sie liegt meistens so fest, dass man sie, wie der Jäger spricht, mit dem Fusse herausstossen möchte, weshalb sie von manchen den Spottnamen Filzlaus erhielt. Ist der Schütze ohne Hund auf dieser Jagd, so wird er an mancher vorbeigehen, die gar nicht aufsteht; indessen giebt es auch Hunde, die sie nicht be- achten, und die meisten müssen erst an dies kleine Geflügel gewöhnt werden, ehe sie ordentlich vorstehen lernen. Wenn nun solch ein Schnepfchen aufgestöbert nahe vor den Füssen des Schützen heraus und in seinem wackelnden, wenig schnellen Fluge niedrig und geradehin fliegt, so ist sie für den geübten Flugschützen Kaum zu fehlen, solange er kalt bleibt und sich mit dem Losdrücken des Gewehres nicht übereilt. Schiesst er dennoch fehl, so wird er zum zweiten Male, da sie nie weit wegfliegt und auch dann ebenso fest oder gar noch fester liegt, bedächtiger sein, sicherer zielen und sich des Erfolges ver- gewissern können. Die meisten Schützen halten sie daher für einen ebenso leichten Schuss als den der Wachtel. Es können jedoch mancherlei Umstände .die Sache erschweren, !) Vergleiche dagegen die betreffenden Bemerkungen bei den Ka- piteln „Aufenthalt“ (Seite 196) und „Eigenschaften“ (Seite 197). J. R. z. B. starker Wind, wo das leichte Vögelchen oft von diesem im Augenblicke des Abdrückens aus dem Schusse gerissen wird; ferner, dass unser Schnepfchen, zumal bei stürmischer Witterung, so tief fliegt, was nicht scharf sehende Personen sehr irritiert, wie dies auch bei trübem Wetter der Fall ist. Es giebt daher Jagdliebhaber genug, die es lieber mit der | gemeinen Bekassine als mit dieser aufnehmen: mögen. Im Spätherbst ist sie oft so feist und dabei so träge, dass man sie vor einem fest vorstehenden Hunde ergreifen kann, ohne nach ihr schiessen zu dürfen. Versteht sich, dass man dabei sehr behutsam und folgendermassen verfahren muss: Man schleicht sich dicht neben den Hund, legt, damit dieser ruhig stehen bleibe, die linke Hand sanft auf dessen Kopf, sucht in der Richtung der Nase desselben das Schnepfchen mit den Augen auf dem Boden auszuspähen, um ihr nun das vordere Ende der in der anderen Hand gehaltenen Flinte erst langsam näher zu bringen und sie endlich rasch damit an den Boden fest zu drücken. Unter solchen Umständen haben wir auf diese Weise manche erhascht. ‘Wenn es übrigens bekannt ist, dass es Schützen giebt, die ein Dutzend solcher Schnepfchen eine nach der anderen und ohne eine inzwischen zu fehlen, aus der Luft herabschiessen, so ist dies doch nur am hellen Tage möglich, allein barer Un- sinn, wenn aus älteren Werken (vermutlich aus FRISCH) immer ein Schriftsteller dem anderen nachschrieb oder lehren wollte, dass man diese kleinen Schnepfen abends beim Mondschein aus dem Sumpfe aufstöbern und dann im Fluge schiessen sollte. Wer einigermassen mit Bekassinenschiessen bekannt ist, begreift den Zweck einer solchen Abendjagd nicht, da be- kanntlich alle Schnepfen am Tage viel besser aushalten, und auch die Kunst des fertigsten, scharfsehendsten Schützen bei Mondschein zu Schanden werden müsste. — Dass man ihnen am Rande der Gewässer auf dem Abend- oder Morgenanstande auflauert, um sie dort im Sitzen zu schiessen, und dabei wohl auch im Dämmerlichte, dem lichten Abend- oder Morgenhimmel entgegen, eine Vorüberstreichende herabschiesst, mag einem entschlossenen Schützen wohl begegnen; allein der Bekassinen- anstand giebt überhaupt so geringe Ausbeute, dass er so wenig Empfehlung verdient als das Fangen derselben. Auch diese kleine Bekassine kann man in Laufdohnen, im Steckgarn, oder im Schleifennetze auf eben die Art wie die gemeine fangen, wird sie aber dadurch ebenfalls nie in Menge bekommen. Dei diesen Fangarten darf man nicht ausser Acht lassen, sie dahin zu stellen, wo man die Bekassinen des Abends einfallen sah; nicht wo sie am Tage liegen, weil sie da nicht herumlaufen. Mit dem Lerchennachtgarn lässt sie sich am Tage überziehen, wo kein Gesträuch steht und wo knotige Rispen und Stengel, an denen das Netz hängen bleiben und leicht zerrissen werden würde, es nicht verhindern. Mit dem Tirass sie vor dem Vorstehhunde zu überziehen, ge- lingt besonders bei stillem, warmem Wetter gut. Alle diese Fangmethoden sind jedoch bei dieser wie bei anderen Schnepfen in jetzigen Zeiten ausser Gebrauch gekommen, weil es im all- gemeinen mehr Vergnügen macht sie zu schiessen, und weil es jedem Jagdliebhaber durch hohe Vervollkommnung der Jagdgewehre und Jagdgeräte um vieles leichter gemacht ist, ein guter Schütze zu werden, deren es denn auch in unseren Tagen unbestreitbar viel mehr giebt als in früheren Zeiter oder noch vor einem halben Jahrhunderte. Ihr Geläufe ist dem der gemeinen Bekassine bis auf die geringere Grösse völlig ähnlich. Die auffallend lange Mittel- zehe, überhaupt das sehr schmale und daher gestrecktere Aussehen aller Zehen, ohne Spur von Spannhäuten, macht es leicht kenntlich und von gleich grossen Strand- oder Wasser- läuferfährten sehr abweichend. [I— Am Schlusse sei hier noch zu dem Kapitel „Jagd“ einer, wie es scheint nur in Nordfriesland bekannten, eigen- artigen Methode gedacht, die zwar nicht allein oder auch nur vorzugsweise wegen der Bekassinen ausgeübt wird, bei der aber doch mit verschiedenen anderen kleinen Sumpfvögeln 40 auch unsere drei Bekassinenarten gelegentlich in nicht geringer Zahl erlegt werden. Die in den Marschkögen reichlich vor- handenen stehenden Gewässer sind in der Regel überhaupt nicht tief, am Rande meist in Wasserstiefeln zu durchwaten und mit Gras und Kraut, Schilf, Rohr und Binsen mehr oder weniger breit umsäumt. Im Hochsommer mäht man an ge- eigneten Stellen durch dieses Pflanzendickicht vom Ufer aus etwa 40 bis 60 Schritt lange „Schwaden“ (die Breite eines Sensenstrichs), nach Art der Schneissen, die man in Vorberei- tung für die Entenjagd durch den Schilfsaum unserer Seen ein- richtet. Die abgemähten Pflanzen bleiben liegen und gehen bald in Fäulnis über. In dieser, der Entwickelung einer niederen Tierwelt ausserordentlich günstigen, halb oder ganz vermoderten schwimmenden Pflanzendecke sammelt sich wäh- rend der heissen Sommermonate eine Unmasse von Schnecken, Kerbtieren, Krebschen, Würmern etc., die, in allen Stufen der Ausbildung vertreten, den gefiederten Bewohnern und mehr noch solchen Besuchern unserer Wiesen, Sümpfe und Seen eine beliebte Nahrung darbieten. Regenpfeifer, Kiebitze, Wasser- rallen, Wiesenschnarrer, Sumpfhühnchen, Kampfhähne, Li- mosen, Tringen, Totaniden und — unsere Bekassinen finden sich vom August an und oft bis in den Oktober an diesen reichbesetzten Speisetafeln ein, erst einzeln, dann familien- weise, darauf in grösseren Scharen, wie die gemeinsame Wanderstrasse sie zusammenführte. Und nun, am liebsten in der Morgenfrühe, -begiebt sich der Jäger zu den Schneissen. Es bedarf keiner Vorsicht; denn die hohe und dichte Sumpf- vegetation gewährt vollkommene Deckung bis zum Eingang der Schwade. Hier wird vorsichtig um die Ecke gelugt; und wenn auch nur vereinzelte Vögel sich zeigen oder da und dort ein Köpfchen sich emporreckt: rasch die Doppelflinte an die Backe, und aus einem oder gleichzeitig aus beiden Läufen saust der feine Schrot den schmalen Steig entlang. Was nicht Die kleine Sumpf-Schnepfe, Gallinago gallinnla (L.): getroffen wurde, erhebt sich plötzlich unter dem verschieden- artigsten Ausdruck des Schreckens und der Angst und fliegt davon, — vielleicht der nächsten Schneise zu, an der sich bald darauf derselbe Vorgang wiederholt. Die Beute ist oft über- raschend, entweder durch Stückzahl oder durch Mannigfaltig- keit; und die letztere ist nach den Erfahrungen, die ich an dem hiesigen Gotteskoogsee gemacht habe, auch für den Orni- thologen bisweilen ausserordentlich interessant; aber wie viel bloss angeschossenes Geflügel ist wohl in dem Krautdickicht verschwunden und wird hier, da ein Nachsuchen undenkbar ist, qualvoll verenden? Als weidmännisch kann ich diese Art von „Jagd“ jedenfalls nicht bezeichnen. —| Nutzen. Ihr unvergleichlich zartes, überaus wohlschmeckendes Wildbret gehört, zumal wenn es recht feist ist, zu den lecker- sten Gerichten. Es übertrifft an Wohlgeschmack das der semeinen Bekassine noch um vieles, und wenn man, wie in manchen Gegenden, zwei für eine zählt, so kommt der Käufer dabei bestimmt nicht zu kurz. Bei uns wird in Städten das Stück mit 30 bis 40 Pfennigen bezahlt, während der Jäger 10 bis 20 Pfennige Schiessgeld erhält. Was vom Aufbewahren der geschossenen Bekassinen oben gesagt wurde, ist bei dieser noch um so mehr an seinem Platze, weil dieses kleine und zartere Geflügel noch viel leichter verdirbt. Will man es mehrere Tage aufheben, so muss es bald in eine Eisgrube kommen und da jedes Stück einzeln so aufgehängt werden, dass eins das andere nicht berührt. Schaden. Ebenso wenig wie bei anderen Schnepfen lässt sich von dieser niedlichen Art etwas sagen, was uns Nachteil brächte. En EN RA Arumwan bunt“ Scolopax rusticula L. Gemeine Waldschnepfe. 1 altes Männchen, 2 junges Weibchen, 3 Dunenjunges. 3/, natürl. Grösse. Il. Gattung: Waldschnepte, Scolopax Biss. Mit stärkerem, an der Spitze rundem Schnabel; sehr grossen, sehr hoch und weit vom Schnabel entfernt stehenden Augen; niedrigen, stämmigen, aber weichen, von oben herab bis auf die Ferse befiederten Füssen, deren kleine Hinterzehe einen sehr kurzen, stumpf kegelförmigen, in die Höhe gerichteten Nagel hat, der nicht über das Ende der Zehe vor- steht. Die Flügel sind ziemlich gewölbt, mit stumpfer Spitze, auch die Gestalt und der Überzug der Füsse haben etwas Rephühnerartiges. Die Färbung ihres Gefieders ist düster, näher beschaut mit vielen, zum Teil zarten, schwarzen Zeichnungen auf schmutzigem, bräunlichem, gelblichem, rostbraunem, grau gemischtem Grunde, eine Mischung, die zusammengenommen in einiger Entfernung ganz dieselbe Färbung macht, welche Klumpen abgefallenen dürren Laubes und anderer vegetabilischer Reste haben, von denen diese Vögel dann, wenn sie durch stilles Niederdrücken, wie sie gewöhnlich zu thun pflegen, sich unbemerkt machen wollen, schwer: zu unterscheiden sind. Ihr Aussehen hat etwas Eulen- oder Tagschläferartiges und passt ganz für ihren Aufenthalt und ihre Sitten, zumal sie auch halbe Nachtvögel sind. | Es sind im Gegensatze zu jenen zierlichen, schlanken Strand- und Wasserläufern, wie den meisten anderen Schnepfen- vögeln ziemlich plumpe oder schwerfällige, kurzbeinige, dickhalsige und grossköpfige Gestalten; sie repräsentieren gleichsam die Eulen unter den schnepfenartigen Vögeln. 2 Ä Sie bewohnen die Laub- und Nadelwälder, am liebsten an feuchten Stellen und Niederungen, scheuen jedoch auch bewaldete Berge nicht, gehen aber niemals in die eigentlichen Sümpfe oder in die von Bäumen und Gebüsch freien Moräste, pflanzen sich auch nur in Waldungen von grösserer und zusammenhängender Art fort, Deutschland hat von dieser Abteilung nur eine Art, | Die gemeine Wald-Schnepfe, Seolopax rusticula L. 1. Altes Männchen. Tafel 17. Fig. 2. Junges Weibchen. Fig. 3. Dunenkleid. Tafel 34. Fig. 15—18. Eier. Gewöhnliche, europäische Waldschnepfe, Busch-, Holz-, Berg-, Ried-, Eulenkopf-, Gross-Schnepfe, Schnepfe, grosse, srössere, gemeine Schnepfe, Schneppe, Bergschneppe, Schnepphuhn, Wasserrephuhn, Bekasse; bei den Jägern allgemein bloss: Waldschnepfe. [— Fremde Trivialnamen: In Bosnien und der Herzegowina: Sljuka oder Beng. Croatisch: Sumska $ljuka, Sbjuka bena. Czechisch: Sluka lesni. Dänisch: Skovsneppe, Sneppe, Holtsneppe, Tornsneppe, Rödsneppe, Hesselhöne, Biaeder. Dalmatinisch Bena. Englisch: Woodcock. Esthnisch: Korpits. Färöisch: Mujresnujpa, Myrusnipa. Finnisch: Lehtokurppa, Ryntölintu. Französisch: Becasse ordinaure, Grosse Buissonniere, Sudette, Vardeoc, Vil de coq, Refarlec, Acee, Becasso, Begasse.. Gälisch: Ooslleach-coille, Crom-nan-duilleag. Griechisch: Mpekätsa, Aylökotta. Holländisch: Woudsnep, Houtsnep. Italienisch: Beccaccia, Becassa, Acceggia, Gheggia, Ghega, Gallinella, Galinassa, Arria, Arcia, Ravagnün, Pizzaira, Pizzalunga, Galinaza falchetöona, Pizöche, Pizöche falehzze, Gialinäzza falcuzea, Becacciw scopajola, Beccaccia reale, Arcera, Galdazzu, Jaddazzu, Addazzu, Gaddazzu carısı, Caboni de murdegu, Tudda de mata, Tudda de mudexu, Pola, Shapiietore. Lettisch: Slohka, Walschnepe. Luxemburgisch: Schnepp. Auf Madeira: Gallinhola, Marreco, Rola. Maltesisch: Gallina, Gallina cieca. Maurisch: Hejel el himar, Khadım el ajel. Bow-monkar. Montenegrinisch: Bekasa, Sljuka. Norwegisch: Rugde. Polnisch: Bekas slonka. Portugiesisch: Gallinhola. Russisch: Bekassslomka, Shabashka, Obschujak, Walschuje, Slutschka, Lesnoi kulik. Schwedisch: Morkulla, Hasselhöna, Hultingskrabba, Knispa, Knüärtknispa, Kvällknärt, Kvällknorr, Draresp, Trürispa, Hultadämpa, Einsneipe. »Slovenisch: Kljunad, Kurnprat, Podlesak, Podlesck, Sloka, Sluka, Zlomka. Spanisch: C'hocha, Gallineta, Bechada, Chocha- perdiz, Becada francesa, Becd, Picarna, Areca, Gallinhola, Becada, Polla parda. Ungarisch: Erdei szalonka. Scolopax rusticola. Linn. Syst. Nat. Ed. X. I. p. 146 (1758). —] — Scolopax rusticola.. Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 660. n. 6. — Lath. Ind. II. p. 713. — Nilsson, Om. suec. II. p. 100. n. 183. — Retz. Faun. suec. p. 174. n. 1389. — La Böcasse. Buff. Ois. VII. p. 462. t. 25. — Edit. d. Deuxp. XIV. p. 167. — Id. Planch. enl. 885. — G&rard. Tab. &l&m. II. p. 217. — Becasse ordinaire. Temminck, Man. nouv. Edit. II. p. 673. — Woodcock. Lath, Syn. V. p. 129. n. 1. — Übers. von Bechstein, III. 1.S.103.n.1. — Bewick, Brit. Birds. IL. p. 60. — Beccaceia. Stor. degl. Uce. IV. t. 447. 448. 449. — Beccaceia (Rusticola vulgaris). Savi, Orn. tosc. II. p. 304. -- Hout-Snep. Sepp. Nederl. Vog. III t. p. 287. — Bechstein, Naturg. Deutschl. IV. S. 158. — Dessen orn. Taschenb. II. S. 279.n. 1. — Wolf u. Meyer, Taschenb. II. S. 361. — Meyer, Vög. Liv- u. Esthlands: S. 192. — Meisner u. Schinz, Vög. der Schweiz. S. 205. n. 196. — Koch, Baier. Zool. I. S. 311. n. 193. — Brehm, Lehrb. I. S. 617. — Dessen Naturg. all. Vög. Deutschl. S. 611—614. — Gloger, Schles. Faun. S. 47. n, 202. — Frisch, Vög. Taf. 226. u 237. — Naumanns Vög. alte Ausg. III. 8. 6. Taf. I. Fig. 1. Männchen im Frühlinge. — [— Scolopax rusticula.. Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. VIII. p. 361. Taf. 211 (1836). — Scolopax rusticula. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. LXXVIII. u. 217 (1840). — Scolopax rusticola. Schlegel, Rev. erit. p. LXXXV (1844). — Scolopax rusticula. Schlegel, Vog. Nederl. p. 429 (1854—58). — Scolopax rusticula. Nilsson, Skand. Faun. II. p. 258 (1858). — Scolopax rusticola. Lindermayer, Vög. Griechen]. p. 146 (1860). — Scolopax rusticola. Fontaine, Faun. Luxemb. Ois. p. 218 (1865). — Scolopax rusticola. Holmgren, Skand. Fog!. p. 828 (1866—71). — Scolopax rusticula. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. I. p. 177 (1867), — Scolopax rusticula. Heuglin, Ornith. N.-O.-Afrik. Rohweder, Unsere Schnepfen. Aus: Naumann, Naturgeschichte. Bd. IX. 6 42 Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rusticula L. p- 1208 (1869— 74). — Scolopax rusticula Wright, Finl. Fogl. II. p. 226 (1873). — Scolopax rusticula. Fallon, Ois. Belg. p. 178 (1875). — Scolopax rusticola. Dresser, Birds Eur. Tom. VII. p. 615. pl. 540 (1877). — Scolopax rusticula. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. III. p. 320 (1882—84). — Scolopax. rusticola.. Homeyer, Verz. Vög. Deutschl. p. 12. Nr. 252 (1885). — Scolopax rusticola. Reyes y Prosper, Av. Espaäa p. 81 (1886). — Scolopax Rusticola. Giglioli, Avif. ital. p. 402 (1886); p. 609 (1889). — Scolopax rusticola. Galliard, Orn. Eur. oce. fasc. XIV. p. 7 (1891). — Scolopax rusticola. Av. Hung. p. 150 (1891). — Scolopax rusticola. Ar&valo y Baca, Av. Espaüa p. 343 (1887). — Scolopax rusticula. Olphe- Gätke, Vogelw. Helgol. p. 496 (1891). — Scolopax rusticola. Frivaldszky, Brehm, Tierleben, Vög. II. Aufl. III. p. 2 (1892). — Scolopax rusticula. Brusina, Croato-Serb. Vög. p- 151 (1892). — Scolopax rustieula. Collett, Norg. Fuglef. p. 207 (1893—94). — Scolopax rusticola. Reiser, Orn. balcan. II. p. 163 (1894); IV. p. 126 (1896). — Scolopax rusticula. Cat. Birds Brit. Mus. Tom. XXIV. p. 671 (1896). — Scolopax rusticola. Chernel, Magyarorszäg madarai 1I. p. 21 (1899). Jagdliche Litteratur: C. E. Diezel, Die Waldschnepfe. Frankfurt a. M. 1839. — R. A. Benberg, Die Waldschnepfe und ihre Jagd. Berlin 1866. — Dr. Julius Hoffmann, Die Waldschnepfe. Ein monographischer Beitrag zur Jagdzoologie. 2. Aufl. Stuttgart 1887. — E. Czynk, Die Waldschnepfe und ihre Jagd. Berlin 1896. — Dietrich a. d. Winckell, Handbuch für Jäger. 3. Aufl. 1899. Bd. III. — Diezels Niederjagd. 7. Aufl. 1892. — O. v. Riesenthal, Das Waidwerk. 1880. — Edward Czynk, Das Sumpf- und Wasserflugwild und seine Jagd. 1898. Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LX. Fig. 6, a—d (1845—53). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 53. Fig. 1 (1854). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds, III. p. 231 pl. 28 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs Brit. Birds pl. 41 (1896). — Poynting, Eggs Brit. Birds (Limicolae) pl. 23 (189). —] Kennzeichen der Art. Der Oberkopf hat schwarze und rostgelbe Querbänder, der Unterkörper auf graugelblichem Grunde dunkelbraune Wellenlinien; der Schwanz eine oben graue, unten silberweisse Spitze. Beschreibung. In Europa giebt es keinen Vogel, den man mit der Wald- schnepfe verwechseln könnte. Die ausländischen Arten sind ihr indessen sehr ähnlich, doch hinlänglich verschieden, um den etwas geübteren Kenner auf den ersten Blick über ihre Artverschiedenheit nicht im Zweifel zu lassen. Die kleine Waldschnepfe (Scolopax minor) aus Nordamerika ist nach Gestalt, Farbe und Lebensart ganz der Abdruck der unsrigen, aber fast um die Hälfte kleiner, ohne schwärzliche Wellen- streifen am Unterkörper, oben mit grösseren Spiegelllecken, der Oberkopf ohne deutliche Querbänder, sonst aber von sehr ähnlicher Zeichnung des übrigen Gefieders. Unsere Waldschnepfe hat ziemlich die Grösse des ge- meinen Feldhuhns (Perdix perdix), aber längere Flügel. Sie wechselt etwas in der Grösse, weshalb manche die kleineren für eine eigene, von den grösseren verschiedene Art halten wollen; sie sind aber nichts, als auch bei anderen Vogelarten vorkommende individuelle Abänderungen. Ihre Länge (ohne Schnabel) wechselt von 26,6 bis 30 cm, | während 28,3 cm das am gewöhnlichsten vorkommende Längen- maß ist; die Flugbreite zwischen 47 und 60 cm, [— sogar bis segen 67 cm, —| wo auch eine dazwischen liegende Breite am häufigsten vorkommt; die Flügellänge 17,6 bis 20 cm; die Spitzen der in Ruhe liegenden Flügel reichen bis auf die Hälfte des 8,8 cm langen Schwanzes. Vor der vordersten grossen Schwungfeder liegt ein kleines, kaum 2,4 cm langes, schmales, fein zugespitztes, aber straffes Federchen, wie eine verkümmerte Schwungfeder, dem meistens ein noch kleineres, ebenso gestaltetes vorhergeht [—; jenes, unter dem Namen „Malerfeder“ bekannt, wird viel- fach von dem Schützen ausgezupft und als Jagdtrophäe ge- schätzt. —] Die grossen Schwungfedern, von denen die erste zwar die längste, jedoch die zweite und dritte nicht viel kürzer als jene sind, haben etwas nach hinten gebogene straffe Schäfte, sind nicht sehr schmal, nur gegen das zugerundete Ende etwas mehr, werden nach hinten auch bald breiter, weicher, die der zweiten Ordnung dies noch mehr, mit schief abgerundetem Ende und noch mehr säbelförmig nach hinten gebogenen Schäften, die an den letzten weicheren, breiten und zugerundeten Federn (dritter Ordnung) wieder gerade und viel schwächer sind. Der Flügel ist ziemlich gewölbt, sein Hinterrand nur flach, sichel- förmig ausgeschnitten, die hintere Flügelspitze daher nur kurz und stumpf, obgleich ihre längste Feder (beim zusammen- gelegten Flügel) mit der fünften grossen Schwungfeder erster Ordnung gleiche Länge hat. Dies giebt einen breiten, wenig zugespitzten und wegen seiner Wölbung etwas hühnerartigen Flügel. Der Schwanz hat zwölf etwas breite, zugerundete Federn, die eine abgestumpfte Spitze und nach innen gebogene Schäfte haben, wodurch er im ganzen breit, am Ende zugerundet er- scheint. Die Schwanzspitze hat straffere Bärte als der übrige Teil der Federn, ist besonders glänzend, und an den beiden Mittelfedern ist das äusserste Ende etwas aufwärts gebogen. Das ganze Gefieder ist ziemlich gross, weich und locker. Der Schnabel ist gewöhnlich etwas über 7 cm, zuweilen 71,6 cm, [— sogar bis reichlich 8 cm, —] selten unter 7 cm lang, an der Wurzel 12 mm hoch und 9 mm breit, wo die grösste Breite dem Rande der Unterkinnlade zukommt. Er ist daher an der Stirn bedeutend hoch und stark, verjüngt sich aber allmählich nach der Spitze zu, in die er viel schwächer ausläuft; von allen Seiten gerade, an der Firste, etwa zwei Dritteile von der Wurzel aus, wo der Biegungspunkt liegt und im Leben der Oberkiefer nach oben, die Unterkinnlade nach unten gebogen, der Schnabel also vorn aufgesperrt werden kann, ohne dass dies an seinem hinteren Teile zu geschehen brauchte, etwas eingedrückt oder die sonst gerade Linie hier ein wenig ausgeschweift, was am lebenden Vogel jedoch fast unbemerkbar ist. Die Firste steigt gegen die Stirn bedeutend auf, ist sonst gerundet, nur gegen die Spitze etwas abgeplattet. Die Spitze ist besonders merkwürdig, stumpfkegelförmig, unten . ausgeschnitten, worin das gegen 4 mm kürzere, etwas scharfe Ende der Unterkinnlade hineinpasst. Übrigens ist der ganze Schnabel so äusserst nervenreich, weich und biegsam wie bei keinem anderen Vogel, nur die äusserste Spitze etwas härter.'!) Das 5 mm lange, länglichrunde, offene Nasenloch liegt ganz nahe an der Wurzel, sehr seitwärts, in einer weichen Haut, die als eine breite Vertiefung furchenartig bis nahe an die Schnabel- spitze vorgeht und hier erst spitz endet. Die Farbe des Schnabels ist im Leben eine schmutzige Fleischfarbe, die nach vorn in Grau und an der Spitze in Schwarzgrau übergeht, die des inneren Schnabels, des Rachens und der Zunge rein fleisch- farben. So wie sich im Tode die Form des Schnabels durch das Austrocknen verändert, so wird auch die Farbe desselben rötlichgrau, an der Spitze schwarz, nur an der Wurzel des Unterschnabels bleibt sie lichter und der vorigen Fleischfarbe ähnlicher. Das sehr grosse, dunkelgefärbte Auge ist sehr weit (2,8 cm) von der Schnabelwurzel oder dem kurzen Mundwinkel entfernt und steht sehr hoch neben der ungemein steilen und dabei langen Stirn, oder vielmehr an den Seiten des breiten, oben flachen, nach hinten schnell abfallenden Scheitels. Dies hoch- gestellte Glotzauge mit seiner tiefbraunen Iris und seinen un- befiederten schwarzen Augenlidrändchen, mit den sonderbar gebildeten Kopfteilen giebt dem Schnepfengesicht ein ganz ungewöhnliches, eigentümliches Aussehen. Die kurzen, stämmigen, bis an das sogenannte Knie (Ferse) befiederten Füsse sehen Feldhühnerfüssen nicht un- ähnlich, wenn sie sich nicht durch grössere Weichheit und eine viel längere Mittelzehe auszeichneten. Sie haben starke Läufe und diese auch starke Gelenke, Zehen, von denen die innere nur wenig kürzer als die äussere ist, beide aber um vieles (ein Dritteil) kürzer als die mittlere sind, die keine Spur von Spannhaut und eine zwar kleine, doch nicht ganz kurze Hinterzehe haben, die nicht höher gestellt ist, als dass sie stehenden Fusses mit der Spitze stets die Erde berührt und ‘) Nach IHLDER (Archiv für Anatomie und Physiologie, 1870, S. 238) sind bei der Schnepfe (auch bei der Gans) Tastkolben in den Zungen- papillen und in den Knochenlücken des Oberschnabels entwickelt. J. R. Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rusticula L. 43 (wie man an den Ballen der Spitze deutlich sieht) im Stehen und Gehen stets als Stütze dient. Das starke Fersengelenk ist fast ganz von Federn bedeckt, nur unter- und hinterwärts nackt; die Läufe vorn herab mit grossen Schildtafeln, hinten mit kleineren, an den Seiten mit noch kleineren, die Zehen- rücken mit grossen, aber schmalen, die Seiten derselben mit etwas kleineren Schildern belegt; alle diese Schilder, mit Aus- nahme der am Hinterrande des Laufes, sind ziemlich hart, die Zehensohlen und ihr gemeinschaftlicher Ballen sehr weich und äusserst fein genarbt. Die Krallen sind mittelmässig,. flach gebogen, sehr spitz, die der Mittelzehe auf der Innenseite mit etwas vorstehender Schneide, die der Hinterzehe ungemein klein und so hoch gestellt, dass zwar ihr Ballen, aber nicht sie selbst im Stehen die Erde berührt. — Der Lauf ist fast 4 cm hoch; die Mittelzehe mit der 6 bis 8 mm langen Kralle 4,2 cm lang, die äussere Zehe 1,3 cm, die innere 1,8 cm kürzer; die Hinterzehe mit ihrem unbedeutenden Nagel 1 bis 1,2 em lang. Die Füsse sind entweder einfarbig graulichfleischfarben oder fleischfarben und nur an den Gelenken und Zehensohlen sraulich, bei jungen Vögeln im Anfange des Herbstes grünlich aschgrau; die Krallen dunkel graubraun, an den Spitzen schwarz. Die Farben des Gefieders sind ein sonderbares, &ausser- ordentlich buntes Gemisch von Rostfarbe, Rostgelb, Aschgrau, Braun und Schwarz, zusammengenommen und in einiger Ent- fernung gesehen ganz dem abgefallenen dürren Laube oder einem -Stück alter Baumborke ähnlich,. in welchem sich aber in der Nähe und genauer besehen so niedliche Zeichnungen zeigen, dass man das Gefieder der Waldschnepfe wohl nicht unter die schönen, doch gewiss unter die hübschen Vogelge- wänder zählen darf. Die Stirne bis auf die Mitte des Scheitels hinauf ist gelb- lichaschgrau, dunkler gewölkt, vom Schnabel steigt gerade in ihrer Mitte ein tiefschwarzer, an den Seiten etwas rostfarbiger Längsstreif bis gegen 1,8 cm hoch hinauf; quer über dem Scheitel ist das Graue in gerader Linie von Rostfarbe begrenzt, der eine (gegen 1,5 cm) breite, tiefschwarze, etwas mit Rost- farbe gefleckte Querbinde folgt; nun kommt ein 0,6 cm breites, dunkelrostgelbes Band, dann die zweite schwarze, aber etwas schmälere (nur 1,2 cm breite) Binde, jetzt wieder eine noch schmälere, dunkelrostgelbe, dann die dritte schwarze und end- lich auch eine vierte rostgelbe und schwarze Binde, die aber gewöhnlich undeutlich ist und aus untermischten Flecken von den beiden Farben mit Rostfarbe vermengt besteht, sodass eigentlich nur drei breite schwarze und eben so viel schmale rostgelbe Querbinden: den Oberscheitel zieren und bis tief unter das Genick hinabreichen. Ein weisslichrostgelber Streif zieht vom Schnabel über das Auge weg und ist vor demselben mit schwarzen Haarspitzchen untermischt; ein schwarzer, an den Seiten rostfarbig getuschter Zügel läuft vom Mundwinkel zum Auge und setzt sich auch hinter demselben noch etwas fort; Kinn, Kehle und ein Fleckchen unter dem Auge sind gelbweiss, so der Vorderteil der Wangen, doch jene rein und dieser matt schwarz getüpfelt; der Hinterteil der Wangen rostgelb, schwarz getüpfelt und gestrichelt; hinterwärts nach dem Genick zu eine Stelle schön rostfarbig und stark tiefschwarz gefleckt und ge- schuppt; der Hals gelbgrau, schwärzlich gewölkt, gleich unter der Kehle stärker gefleckt und rostfarbig überlaufen; der ganze Unterkörper trübe roströtlichweiss mit braunschwarzen schmalen Wellenstrichen nicht sehr dicht durchzogen, diese Zeichnung nur über den Schenkeln etwas enger, am Bauche, der etwas mehr mit Rostfarbe überlaufen, ungefleckt, aber an den unteren Schwanzdeckfedern mit schwärzlichen Schaftstrichen und Pfeil- flecken. Auf dem gelblichaschgrauen Hinterhalse haben viele Federn rostfarbige Enden, einen tiefschwarzen Spitzfleck und ein solches zackiges Querbändchen; an den Kropfseiten zieht sich von oben herab ein rostfarbiger, stärker schwarz ge- 'wellter Schein; Oberrücken und Schultern rostbraun mit grossen, ‚eckigen und rautenförmigen, samtschwarzen Flecken und der- gleichen zackigen Strichen, zwischen denen oft graue Räume | rötlichen Saum scharf vom Schwarzen abschneidet, beim Weibchen als sind, und in diesem Gemisch zeigen sich noch rostgelbe End- flecke, auch rostgelblichaschgraue Flecke, die sich zum Teil in Längsreihen stellen, wo die von der letzteren Farbe nament- lich an beiden Seiten des Oberrückens und an der Schulter gleich über dem Flügel ein unordentliches Längsband bilden, beim toten Vogel sich aber leicht verschieben und unzusammen- hängender dastehen. Die kleinen Flügeldeckfedern sind schön rostbraun mit samtschwarzen Quer- und Pfeilflecken; die mitt- leren und grossen Flügeldeckfedern hellrostbraun mit tiefgrauen, beiderseits mit einer schwarzen Linie eingefassten, zackigen Querbändern und weisslichgelbgrauen Endflecken, welche Quer- reihen über dem Flügel bilden; die hinteren Schwungfedern lebhaft rostbraun, an den Rändern rostgelblich mit eben solchen Bändern wie die Deckfedern, aber mit viel mehr Schwarz und mit dunkelrostgelben Endflecken; die übrigen Schwungfedern nebst sämtlichen Fittichdeckfedern braunschwarz, auf den Innen- fahnen und spitzewärts nur fahl, auf den Aussenfahnen mit schmalen rostfarbenen Querbändern, die an den vordersten Schwingen in dreieckige Randflecke und diese an der ersten srossen Schwinge in eine rostgelbweisse Kante übergehen, auf den Kanten der Innenfahnen aber nur dreieckige und gezackte Randflecke sind, die, wie meistens die Endkanten aller dieser Federn, nur weisslichrostfarben aussehen. Auf der unteren Seite ist der Flügel an den kleinen Deckfedern schmutzig rost- selbweiss, mit dunkelgrauen Wellen durchzogen (gesperbert), an den grösseren Deckfedern glänzend dunkelgrau, mit trüb- rötlichweissen Querbändern; die Schwungfedern von unten eben wie diese, die Bänder aber nur als dreieckige und gezackte Randflecke dargestellt. Der Unterrücken, Bürzel und die langen Oberschwanzdeckfedern sind rostfarbig, an den Enden rost- gelblich, überall mit schwarzen, dunkelgrau gemischten Wellen- linien ziemlich dicht durchzogen; die Schwanzfedern tiefschwarz mit rostfarbigen, dreieckigen Randflecken an den Aussenfahnen, mit einer 1,2 cm langen, oben aschgrauen, auf der Unterseite glänzendweissen Spitze, die oben durch einen lichten, rost- das auf der Unterseite fast noch schwärzer ist, wo die Federn die Rand- flecke wie oben, aber in viel blasserer Farbe zeigen. Die Textur der oben grauen, unten blendend weissen Schwanz- spitze ist merkwürdigerweise steifer als alle übrigen Teile des Gefieders und am Ende auch etwas aufwärts gebogen. Diese genaue Beschreibung der Einzelheiten des Wald- schnepfengefieders passt insoweit auf alle vorkommenden In- dividuen, sowohl im Herbst- wie im Frühlingskleide, bei Männchen wie bei Weibchen, dass sie keiner ins Kleine gehenden Wiederholung bedarf und es hinreichend sein wird, bloss die kleinen Abweichungen in den Grundfarben und die noch geringeren in den Zeichnungen zu bemerken. Rn Es möchte sehr schwer halten, ohne Sektion behaupten zu wollen, welches Individuum männlichen oder welches weib- lichen Geschlechts sei, so wenig sind beide im Äussern nach Farbe und Zeichnung verschieden. Manche Jäger wollen zwar versichern, dass das gelbweisse Aussenkäntchen an der ersten grossen Schwungfeder stets heller weiss und viel ausgedehnter beim Männchen sei; allein ich habe auch dieses Zeichen sehr schwankend gefunden. Dass. der Unterkörper bei letzterem gelblicher sei, die Wellenstreifen zarter, oft doppelt, d. h. die Mitte jedes Bändchens viel lichter ‚als seine Seitenränder, und die Hauptfarbe von oben heller, mehr rostfarbig als ihren sei, sind ebenso unsichere Kenn- zeichen, weil sie in allen Übergängen bei beiden Geschlechtern vorkommen. Während also allerlei kleine Abweichungen bei beiden nicht selten sind, so lässt sich doch daraus kein sicheres Unterscheidungszeichen herausfinden. Die verschiedene Grösse allein giebt ein solches, wenigstens in den Extremen; ‚denn stets sind die Männchen etwas kleiner als die Weibehen bald mehr, bald minder in die Augen fallend, ja es kömmen "unter ersteren zuweilen sogar sehr kleine Exemplare vor, _Wo- gegen die grössten sich immer als Weibchen zeigen. | [— Dass dies aber nicht als Regel aufzustellen ist, geht 6* 44 .. Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rustieula L. aus dem Folgenden hervor: Nach den von HOFFMANN an 42 ver- schiedenen Individuen vorgenommenen genauesten Wägungen, Messungen und Vergleichen betrug das Durchschnittsgewicht der Männchen 309,7 g, das der Weibchen 308 g; die Flug- breite ergab im Durchschnittsmaß für Männchen 63,66 cm, für Weibchen 62,93 em. Auch die an und für sich sehr schwanken- den Längenmaße des Körpers, des Schnabels, des Tarsus, der Zehen und der Malerfeder geben kein Erkennungsmerkmal für das Geschlecht. Somit ist ein sicheres äusseres Kenn- zeichen zur Unterscheidung von Männchen und Weibchen bis jetzt nicht ermittelt.!) —|] Ebenso ist, obgleich sie zweimal im Jahre mausern, das Frühlingskleid kaum mit Bestimmtheit vom Herbstkleide zu unterscheiden. Gewöhnlich hat jedoch das erstere im all- gemeinen eine hellere, mehr ins Rostfarbene ziehende Haupt- farbe, die lichtgrauen Fleckenstreifen längs dem Oberrücken, den Schultern und quer über die Flügel fallen mehr ins Weiss- lichgelbe, und der Unterkörper ist auch gelblicher; wogegen das letztere eine dunklere, mehr rostbraune Hauptfarbe, jene Streifen und Flecken am Mantel eine angenehme, licht asch- graue und der Unterkörper eine mehr ins Weissliche gehende Farbe haben. Das Jugendkleid hat ebenfalls die nämlichen Zeich- nungen und dieselben Farben, beides aber etwas düsterer, unreiner; die doppelt scheinenden Bänder auf den Flügeln u. s. w. haben längs ihrer Mitte weniger Grau, wodurch sie einfacher werden; die grossen lichten Längsstreifen an den Schultern und dem Oberrücken und die grossen Querbinden auf dem Flügel sind undeutlicher, mehr graugelb als asch- grau, und das ganze Gefieder ist im allgemeinen weniger oder schwächer gefleckt. |— Die äussere Fahne der ersten Schwung- feder hat eine deutliche Reihe von gelbbraunen Einschnitten. —| Diese jungen Vögel würden also nicht leicht von den Alten zu unterscheiden sein, wenn nicht ihre Fersengelenke noch so bedeutend dick wären, woran sie sich sogleich kenntlich machen. Das Dunenkleid ist sehr dicht und weich; Schnabel und Beine sind dann noch sehr kurz und ausserordentlich weich anzufühlen, fleischfarbig, der Augenstern braungrau. Das ganze Gewand ist sehr buntscheckig, aus Rostgelb, Rostfarbe, Kastanienbraun, Braunschwarz und Weiss, meistens in grossen Partien wechselnd, wodurch es sich von dem klarer und mehr streifenartig gefleckten der Sumpfschnepfen leicht unterscheiden lässt. Vom Schnabel zum Auge geht ein braunschwarzer Streifen, der auch durch die Schläfe bis auf das Genick fortgesetzt ist; über diesem, an den Seiten des Kopfes, be- findet sich ein viel grösserer und breiterer, der rostgelb, über dem Auge stark weiss gemischt ist und hier durch einen kastanienbraunen, gewöhnlich in seiner Mitte lichteren Fleck unterbrochen wird; Stirn und Oberkopf rostfarbig und kastanien- braun, in der Mitte bis ins Schwarzbraun übergehend; unter den Augen sind die Kopfseiten weiss, abwärts in Rostgelb und Rostfarbe übergehend mit einem kastanienbraunen Querstreifen nach der Ohrgegend hin; das Kinn ist weiss; Kehle und Hals- seiten sind rostgelb; mitten auf der Gurgel steht ein rost- farbiger oder matt kastanienbrauner Fleck; von hier ist der ganze Unterkörper rostgelb mit rostfarbiger Mischung, an den Schenkeln weiss und rostfarbig gefleckt; vom Nacken schmiegt sich ein gekrümmtes kastanienbraunes Band nach den Kopf- seiten herab und wendet sich endlich gegen die Flügelwurzel, einen rostgelben, stark weiss gemischten Fleck zum Teil ein- schliessend oder doch einerseits begrenzend; die Flügel unten gelblichweiss, von aussen rostgelb, rostfarbig und weiss ge- mischt mit mehreren dunkel kastanienbraunen Flecken; der ganze Rücken dunkel kastanienbraun, die Seiten mit dieser t) Nachträglich erhalte ich Kenntnis von zwei Aufsätzen GUSTAV CASTERs im „St. Hubertus“ 1898 und 1902 Nr. 11, wonach beim weib- lichen Vogel der Ausgang der Kloake von der Bauchwand sich nicht absetzt, während er beim Männchen „einen ziemlich scharfen Einschnitt mit der Unterseite des Bauches bildet.“ J. R. Farbe in grossen Flecken und mit Rostgelb und Rostfarbe ab- wechselnd. Es ist unter den Dunenkleidern schnepfenartiger Vögel eins der hübschesten.!) Die Waldschnepfe zeigt sich ausserdem auch als gemeiner Vogel in mancherlei Spielarten, obwohl solche nicht häufig vorkommen. Am seltensten ist eine weisse, entweder überall rein weiss, oder gelblichweiss, mit durchschimmernden dunklen Zeichnungen in mattem Rostbraun, oder nur grössten- teils weiss, dabei aber an einzelnen Stellen noch mit gewöhn- lich gefärbten Federn.?) [—- Nach v. KoBELL wurde 1856 ein weisses Exemplar bei München erlegt. Eine im Herbst 1898 in der Nähe von Moskau geschossene, vollständig weisse Schnepfe, wurde vom Präparator LORENTZ in Moskau ausgestopft; nach LEVERKÜHN wurde am 3. Oktober 1884 bei Bückeburg ein völlig weisses Exemplar geschossen; eine weisse, bei der die Zeich- nung auf dem Kopf und der Vorderseite zart und spärlich, auf der Rückseite stark hervortretend ist, befindet sich im Breslauer Museum. —] Zuweilen kommt sie auch ganz stroh- gelb mit kaum bemerkbaren dunkleren Zeichnungen vor. [— Ein ähnlich so gefärbtes und gezeichnetes Exemplar wurde Anfang April 1881 in Pommern geschossen (ScHALow). Ein fast rostgelbes Weibchen, dessen Zeichnung in matter Färbung vorhanden ist, das von Oberbaurat Kinissch im Januar 1891 auf der Insel Uglian bei Zara in Dalmatien erlegt wurde, steht in der Sammlung v. Tschusıs in Hallein. Der Prä- parator LOoRENTZ in Moskau besass 1898 zwei hellgelbe Waldschnepfen (Jägerzeitung). Eine isabellfarbene, — oben dunkler, normales Gefieder stark angedeutet, alles ist matt- bräunlich überlaufen, Schnabel hellgelb, Füsse gelb — befindet sich nach LEVERKÜHN (Journ. f. Ornith., S. 261) im Museum zu Kolmar. —] Eine andere Spielart hatte einen ganz weissen Körper, aber gewöhnlich gefärbte Flügel und einen roströt- lichen Kopf. Öfter giebt es weiss gescheckte mit unregel- mässigen weissen Federpartien zwischen den gewöhnlich ge- färbten, die auch bloss mit weissen Flügeln, oder nur mit weissem Schwanze, mit weissem Kopfe und anderartig aus- gezeichnet vorkommen. [— Das Harlemer Museum besitzt (nach LEVERKÜHN) ein Stück, das bei sonst ganz normaler Färbung auf der rechten Seite die erste, auf der linken die drei ersten grossen Schwingen rein weiss hat. —] Merkwür- dig ist noch das Vorkommen eines Exemplars, das einen rost- selben Unterkörper ohne dunkle Bänder, einen gelben Schnabel, gelbe Füsse, sonst aber die gewöhnlichen Farben hatte; und endlich noch eins, das auf dem Hinterkopfe mit einem Büschel schmaler, verlängerter Federn, einem Kleinen Federbusch, versehen war, der auf einer warzenartigen Er- höhung der Haut seinen Sitz hatte. [— Bei einem von Horr- MANN geschossenen Stück sind die Steuerfederspitzen oben wie unten rostgelb; „die Schwanzfedern dieser Waldschnepfe haben überraschende Ähnlichkeit mit denjenigen der Bekassine.“ HARTERT fügt dem Vorstehenden noch hinzu: „Die häufigste Aberration ist die sonst normale Waldschnepfe mit mehr oder weniger rein weissen Handschwingen. Diese ist so häufig, dass es kaum ein grösseres Museum giebt, in dem man nicht dergleichen Stücke findet. Fahle, semmelgelbe sind seltener; die seltenste aber ist die schwärzliche Varietät, ähnlich der „Sabine’s Snipe“ bei @. gallinago. Es befindet sich ein präch- tiges Stück im ROTHSCHILDsSchen Museum zu Tring.“ Dr. WURM hält Melanismen für weit häufiger als Leucismen. —|] Die sogenannte kleine europäische Waldschnepfe, von !) Vergleiche „Ein Märchen unter den norwegischen Bauern“ (Ornith. Monatsschr. 1893, 8. 193). J. R. ?) Man zieht hierher gewöhnlich die Abbildung Tafel 230 des FRISCH, wo eine weisse Schnepfe abgebildet ist, die auf dem Kopfe und Ge- nick, an der Schulter und im Schwanze noch einzelne gewöhnlich ge- färbte Federn hat; diese sind aber so unkenntlich dargestellt, und die ganze Figur ist so zweideutig, besonders der befiederten Unterschenkel und des Sumpfschnepfenschnabels wegen, dass man, zumal die Beschrei- bung nicht nachhilft, nicht recht weiss, was man daraus machen soll. Nach meiner Meinung gehört sie nicht hierher, sondern zu Gall. gallinago. Naum. Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rusticula L. 45 den Jägern wohl auch Stein- oder Dornschnepfe genannt, ist keine besondere Art, sondern es sind die, welche man dafür ausgiebt, und die auch dunkler von Farbe, von stärkeren schwarzen Zeichnungen sein und graue Füsse haben sollen, die aber mehr noch durch ihre geringere Grösse auffallen, gewiss nur in nach Norden zu gelegenen Gegenden ausgebrü- tete gemeine Waldschnepfen. Uns ist wenigstens nie eine vor- gekommen, die in Gestalt und Farbe, wie auch im Betragen etwas gezeigt hätte, das so auffallend verschieden von denen der gemeinen Waldschnepfe gewesen wäre, dass man auf die Vermutung einer Artverschiedenheit hätte kommen können. [— Ein grosser Teil unserer Jägerei hält noch immer an der Unterscheidung der kleinen Schnepfe, wenn auch nicht als Art, so doch als standhafte Rasse fest, und giebt als Kenn- zeichen für die „Dornschnepfe“ (Steinschnepfe, Blaufuss) an: Sie ist viel kleiner und schlanker, bis um ein Dritteil geringer von Gewicht, das Gefieder ist weniger lebhaft gefärbt, im ganzen trüber, unten mehr weiss als gelblich; die Ständer sind stahl- srau oder blau. Die Blaufüsse eröffnen als sogenannte „Quartiermacher“ den Frühlingszug, ziehen höher nach dem Norden hinauf und treffen im Herbst später bei uns ein als die „Eulenköpfe“; sie sind weit scheuer und flüchtiger als diese; sie kommen gepaart oder brütend in Mitteleuropa nicht vor. — Dagegen stellte HOFFMANN durch die sorgfältigsten Untersuchungen und Beobachtungen fest, dass die sogenannten kleinen Schnepfen in der Gesamtgrösse wie in den Maßen der einzelnen Körperteile nicht schroff von den Mittelgrössen ab- weichen, sondern däss sich ganz allmähliche Abstufungen nach- weisen lassen, sowie dass die Farbe der Füsse bei ihnen ebenso- wenig konstant ist wie bei den grossen. „Vergeblich bemühe ich mich, feste, naturhistorisch gültige, zur Erkennung und Einteilung jedes einzelnen Individuums ausreichende Spezial- charaktere herauszufinden. Ich bekomme alljährlich eine An- zahl von Waldschnepfen in die Hand, bei welchen ich gänz- lich ratlos bin, ob ich sie zu den „Eulenköpfen‘“ oder zu den „Dornschnepfen“ zählen soll; mit anderen Worten, ich finde, dass zwischen beiden extremen Formen zahllose un- bestimmte Übergangsformen vorkommen, welche bald mehr nach der einen, bald mehr nach der anderen Seite hin- neigen, und dass sämtliche zur Trennung benutzten Art- kennzeichen unbeständig und deshalb unzuverlässig sind. Meiner Meinung nach sind die meisten Dornschnepfen teils solche Individuen, die unter sehr hohen Preiten, im rauhen Gebirge, kurz unter solchen Verhältnissen aufgewachsen sind, welche der Ernährung und Entwickelung des jungen Vogels nicht sehr günstig waren,!) teils und zwar grösstenteils junge, im ersten Lebensjahre stehende Individuen.“?) Mit dieser letzteren Annahme stimmt überein: das unscheinbare, düstere (weil noch nicht vollkommen ausgefärbte) Gefieder und die auffallend geringe Entwickelung der Testikel bei kleinen männlichen Schnepfen im Frübjahr; mit diesem Umstand hängt dann ferner zusammen, dass Dornschnepfen nicht balzend (quarrend) beobachtet und daher fast nie auf dem Strich ge- schossen werden, und dass sie bei uns nicht gepaart oder brütend vorkommen. Mit Recht fügt HOFFMANN seiner Beweis- führung hinzu, dass bezüglich der Angaben unserer Schnepfen- jäger über besondere Eigenschaften und Lebensgewohnheiten der Blaufüsse sehr viel herkömmliches Vorurteil und viele Selbsttäuschung im Spiele ist. — HARTERT bemerkt dazu noch: „Auch ich habe mich vergeblich bemüht, Eulenkopf und Dorn- schnepfe zu unterscheiden. Zweifellos beruht die Unterschei- dung meist auf, Einbildung. Ein recht feistes, in schönem Ge- fieder befindliches Exemplar wird leicht als „der richtige grosse Eulenkopf“ bezeichnet. —|] Die Hauptmauser geht im Juli und August vor sich, dauert auch bei einzelnen bis in den September; die Frühlings- !) Auch Prof. MAREK erklärt die Dornschnepfe für den Bewohner des Hochgebirges und des hohen Nordens, den Eulenkopf für den der Ebene und des Hügellandes. (Mitgeteilt von Dr. WURM.) J. R. ?), A. a. O., S. 24 und 38. J. R. mauser dagegen im Februar, sodass fast alle bei ihrer An- kunft im Frühjahr ihr kleines Gefieder bereits wieder erneuert haben und selten noch. alte Federn dazwischen vorkommen ; dies letztere gewöhnlich nur bei jungen Vögeln vom vorigen Jahre. [— Die abgebildeten Vögel sind ein altes Männchen von den Shetlands-Inseln vom Juni und ein einjähriges Weibchen vom November aus der Gegend von London, befindlich in der SEEBOHM’schen Sammlung, sowie ein Dunenjunges von Schott- land aus der DRESSERSchen Sammlung. —] Aufenthalt. Unsere Waldschnepfe bewohnt einen grossen Teil der alten Welt. Sie ist in ganz Europa, ebenso fast über ganz Asien und über viele Teile von Afrika verbreitet. Man hat sie in verschiedenen Gegenden Sibiriens, in Mittelasien, ja in China und Japan gefunden, ebenso in der Berberei, an der Goldküste und in Guinea. In den heissen Ländern lebt sie in den Waldungen der höchsten Gebirge und kommt nur zur Winterszeit auf die Ebenen herab. Dies ist auch im südlichen Europa zum Teil schon der Fall, während sie im mittleren und nördlichen im Winter nach Süden wandert, im Sommer aber auch so hoch nach Norden hinauf ‘geht, als es dort noch Bäume und Gebüsch giebt. Auf Island und im oberen Norwegen ist sie daher nicht, sonst aber in allen europäischen Ländern bis an die Küsten des Mittelmeeres und dessen Inseln hinab überall bekannt genug, und auch in unserem Anhalt gemein. [— Das Brutgebiet der Waldschnepfe erstreckt sich von der Küste des Atlantischen bis zu der des Grossen Ozeans durch ganz Europa und Asien, von den britischen bis zu den japanischen Inseln. Die Nordgrenze desselben fällt in Europa ungefähr mit dem nördlichen Polarkreis zusammen. In Norwegen wurden bei Bodö, in Schweden bei Gelli- vara (reichlich 67 Grad) Schnepfen zur” Brutzeit und balzend beobachtet, und bei Archangelsk sah man Frühjahrswanderer nordwärts vorüberziehen. Von dort senkt sich die Nordgrenze ihrer Sommerheimat nach Osten hin allmählich um mehrere Grade südlich, sodass sie ungefähr unter dem 60. Grad nörd- licher Breite die Ostküste Sibiriens erreicht. Südlich von dieser Linie brütet die Waldschnepfe in den meisten Ländern Europas und Asiens, dort bis etwa zum 45., hier bis ungefähr zum 27. Parallelkreis herab. Auf den der Nordwestküste Afrikas vorgelagerten Inselgruppen scheint sie sogar Standvogel zu sein. So schreibt BOLLE in seinem zweiten Beitrag zur Vogel- kunde der Kanarischen Inseln): „Scolopax rusticola traf ich im Walde Agua garcia im August mehrfach an. Mit demselben vertraute Personen versicherten mir, sie hielten sich das ganze Jahr durch in ziemlich grosser Anzahl darin auf“. Nach Könıe ?) ist die Waldschnepfe — „Gallinuela“ — Standvogel auf Tene- riffa; „sie lebt hier in der Region der Lorbeer- und Heidewälder und steigt zuweilen bis zur Kastanienregion herab. Das Fort- pflanzungsgeschäft fällt bereits in den Februar, wo die Männ- chen zu streichen beginnen. Ich erhielt am 8. März ein Ge- lege, das schon so stark bebrütet war, dass die Jungen kurz vor dem Ausfallen waren, und am 13. April Dunenjunge. Ohne Zweifel macht die Waldschnepfe auf Teneriffa mehrere Bruten im Jahr.“ Nachdem HArTwIG von Madeira bereits im Jahre 1886 berichtet, dass sie in den etwa 1400 m über dem Meere gelegenen Sumpf- und Moorgegenden des Paül da Serra recht häufig sein solle, erhielt er später den Balg eines am 12. Juli 1891 bei St. Vincente erlegten jungen Vogels. Und KÖNIG schreibt in seiner „Reise nach Madeira etc.“®): „Gallinhola“, die Waldschnepfe, wird häufig in den Lorbeerwaldungen der Nordseite gejagt und auf den Markt von Funchal gebracht. Sie wird analog den Waldschnepfen Teneriffas zu den Stand- vögeln der Insel gehören.“ Auf Madeira erhielt ScHımitz !) Journ. f. Ornith. 1857, S. 338. J. R. ?) Journ. f. Ornith. 1890, S. 456. J. R. ®) Journ. f. Ornith. 1890, S. 289. J. R. 46 Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rustieula L. (Ornith. Jabrb. 1899, S. 30) das früheste Gelege am 22. Mai 1897 aus Seixal, das späteste am 15. Juli 1898 aus St. Anna. Gelege meist vier, seltener drei Stück. Das Museum in Funchal besitzt ein fast ausgewachsenes Dunenjunges vom 24. Mai aus Camacha, sodass das Brüten auch dort stellenweise schon im April beginnt. Die Mittelgrösse der Eier aus Madeira beträgt 45x34 mm. Auf den Azoren begegnete GODMANN im April jungen Schnepfen, die also früh im März gelegten Eiern ent- stammen mussten.?) Dagegen gehören die südlichen Halbinseln Europas und Asiens nicht mehr zur Sommerheimat unseres Vogels.’) Die Pyrenäen, die Alpen, der Balkan und der Kaukasus scheinen im festländischen Europa, der Himalaya (in dessen waldigen Vorbergen sie bis zur Höhe von 3000 m nistet) in Asien die Südgrenze der Brutzone zu markieren. Innerhalb eines Gebietes von so ungeheurer ost-westlicher wie süd-nördlicher Ausdehnung ist natürlich die Verteilung der Brutvögel eine sehr ungleichmässige. Überall sind sie an schattige Waldungen mit feuchtem Untergrund gebunden; in den südlichen und mittleren Teilen der Brutzone ziehen sie ausserdem das Berg- und Hügelland der Ebene vor. Abgesehen aber von der Gunst oder Ungunst dieser und ähnlicher ört- licher Verhältnisse lässt sich im allgemeinen behaupten, dass die Zahl der Brutschnepfen von Süden nach Norden und ebenso von Westen nach Osten, also im grossen und ganzen von Südwest nach Nordost zunimmt. So brütet die Waldschnepfe in Frank- reich, der Schweiz, in Österreich®)-Ungarn, Bosnien, und wiederum in Belgien, den Niederlanden und auf den Britischen Inseln, ferner in Deutschland, Dänemark und Norwegen meist zersteut und im ganzen wenig häufig; zahl- reicher im südlichen Schweden, in den Ostseeprovinzen, dem südlichen und mittleren Finland, dem Gouvernement Petersburg und — in Europa wahrscheinlich am häufigsten — in den wald- und sumpfreichen Gegenden des mittleren und nördlichen Russlands. Aus dem Innern Sibiriens liegen aus- reichende Beobachtungen nicht vor,*) doch dürfen wir aus der Zahl der in südlicheren und südwestlichen Ländern regelmässig durchziehenden Herbstwanderer und mehr noch aus den in Südosteuropa und Vorderasien bisweilen auftretenden schier unglaublichen Mengen von Wintergästen?) den Schluss ziehen, !) Ibis 1866, S. 101. J. R. :2) Die Angabe V. D. MÜHLEs, dass in Nordgriechenland einzelne Brutschnepfen vorkommen, beruht nach REISER sicher auf Irrtum. J. R, 3) v. TCHUSI besitzt in seiner Sammlung ein kleines Dunenjunges, das auf dem Tabor bei Abtenau (Salzburg), etwa 1600 m hoch lebend ergriffen wurde. J. .R. 4, Aus Ostsibirien berichtet DYBOWSKI (Journ. f. Ornith. 1873, S. 104): „In Frühlingsdurchzügen gewöhnlich; verbleibt auf die Brutzeit in kleiner Anzahl; nistet in Zirbelwäldern, welche die Baikalgebirge bedecken.“ E.'v. HOMEYER erhielt alte und halberwachsene Vögel von den Gebirgen des Amurlandes. J. R. ®) Als ein Beispiel hierfür sei aus dem Bericht des Marchese ORAZIO ANTINORI „Über einen wunderbar starken Schnepfenzug im Januar. bei Smyrna“ (Journ. f. Ornith. 1858, S. 483 ff.) das Folgende mitgeteilt. „Bei 'abwechselndem Regen- und Schneewetter und während es Eis fror, war die erste Hälfte des Januar vergangen, ohne dass sich Schnepfen sehen liessen, als wir nach zwei heftigen Schneegestöbern am 16. und 18., bei Tagesanbruch des 19. von einem wahren Ungewitter von Schüssen, welche die das Weichbild Smyrnas kultivierenden Gärtner abfeuerten, und von dem von allen wiederholten Rufe: „Schnepfen! Schnepfen!“ geweckt wurden. Die Sonne hatte mit ihren lichtspendenden Strahlen in weniger als einer Stunde den Schnee bis zum Fuss der Hügel geschmolzen, und dies lockte die Jäger ins freie Feld, sodass sie in kurzem sämtlich unter Waffen standen. . Es war wirklich ein unerhörtes Schauspiel, Tausende dieser Vögel wie die Schwalben dicht am Boden entlang fliegen und sich unter einander nach allen Richtungen hin kreuzen zu sehen. Um Nahrung zu ‘suchen, betraten sie den Meeresstrand, Gärten und Weinberge, Schollen der Felder, Wege; setzten sich längs den Mauern und mitten auf den ‚Haushöfen, mit einem Wort überall da nieder, wo Platz zum Fussfassen für. sie war. Ein unaufhörliches, lebhaftes Feuern, wie ein Angriff auf ‚ein feindliches Lager, dauerte volle drei Tage, begleitet vom Geschrei der Bewaffneten, das sich vom Morgen bis zum Abend hören liess, und dies nicht allein auf dem Lande, sondern in der Stadt selbst von den Angenommen, dass aus Smyrna und den benachbarten Dörfern, den isolierten Landhäusern und Nomaden- flachen Dächern und Fenstern aus . .'. dass im nördlichen Asien, soweit der Waldwuchs reicht, das bevorzugte Brutgebiet der Waldschnepfe liegt. Was Deutschland betrifft, so brütet die Schnepfe zu- nächst regelmässig in allen Ländern der deutschen Mittel- gebirge von den bayrischen Voralpen bis zum Harz; aber auch im norddeutschen Flachlande bis Schleswig und OÖstpreussen wird sie kaum in irgend einem grösseren Gebiet ganz vermisst. Dementsprechend wissen fast sämtliche Mitarbeiter an den „Jahresberichten des Ausschusses für Beobachtungsstationen der Vögel Deutschlands“?) aus ihren Beobachtungsgebieten von Brutschnepfen zu berichten. In den allermeisten Fällen han- delt es sich hierbei jedoch nur um „wenige“ oder „einzelne“ Paare, um ein „seltenes“ und „unregelmässiges“ Vorkommen oder um ein wegen der Witterungsverhältnisse „ausnahmsweise“ zurückgebliebenes Pärchen. Denn wie das frühere oder spätere Erscheinen, das kürzere oder längere Verweilen der Zug- schnepfen im Frühjahr ausserordentlich stark vom Wetter ab- hängig ist, so wird sicher auch die Zahl der in den verschie- denen Gegenden Deutschlands brütenden Schnepfen von dem früheren oder späteren Eintritt linder Frühlingslüfte beeinflusst. Während im zeitigen Frühjahr bei uns (in Schleswig-Holstein) der Schnepfenzug mit dem ersten Drittel des April zu Ende geht, trifft man bei spät andauerndem, winterlichem Wetter noch nach der Mitte dieses Monats hier und da Langschnäbel an. Diese durch die Ungunst der Witterung zurückgehaltenen Vögel zeigen vielfach durch ihr ganzes Benehmen, durch das paarweise Zusammenhalten, durch den längeren Aufenthalt an einer bestimmten Örtlichkeit u. s. w., dass sie geneigt oder entschlossen sind, hier ihre Wanderung zu beschliessen und dem in der vorgerückten Jahreszeit stark erregten Fortpflan- zungstriebe Folge zu geben. Nach einem sehr späten Frühjahr wird man daher in Deutschland mehr Brutschnepfen antreffen, als nach einem normalen oder frühzeitigen Eintritt milder Frühlingswitterung. Unter allen Umständen aber bleibt die Gesamtzahl der hier nistenden Schnepfen klein gegen die weiter nordöstlich brütende Hauptmenge. Darum hat die bei der deutschen Jägerei ganz allgemein verbreitete Vorstellung, als ob die Waldschnepfe im hohen Norden ihre Brutheimat, im fernen Süden ihre Winterherberge habe und (mit Ausnahme einzelner Fälle) für uns bloss Durchzugsvogel sei, d. h. die deutschen Jagdgründe nur auf der Hin- und Herreise zwischen jenen beiden weit getrennten Gebieten im Frühjahr und Herbst in grösserer Anzahl durchwandere, eine gewisse Berechti- gung. —] | In südlichen Ländern mag sie nur Strichvogel sein, in nördlichen ist sie dagegen Zugvogel. Wenngleich in manchen Lagen, z. B. in England, schon viele überwintern, was auch von einzelnen in Deutschland geschieht, so sucht die grosse zelten, d. h. auf eine Bevölkerung von 300000 Menschen nur 2000 in der Zeit vom 19., 20. und 21. Januar auf die Jagd gegangen seien, und dass jeder einzelne nicht mehr als zehn Schnepfen getötet habe, so muss die Zahl der erlegten 20000 betragen: eine Minimumzahl, wenn wir einen Blick auf den Verbrauch von Munition werfen. Binnen jener drei Tage wurden nämlich allein in Smyrna 180000 Drachmen Pulver verkauft. Das giebt etwa 105000 Mafs Pulver, welche auf 2000 Personen so verteilt, dass auf jede 50 Schüsse kommt, einen Überschuss von 5000 lässt, die wir aber als verloren oder als Stoffvergeudung ansehen wollen. Ich möchte nun annehmen, dass mit je 50 Schüssen nicht bloss zehn Schnepfen, sondern die doppelte Zahl erlegt wurde; denn ich habe gesehen, dass eine Menge Schnepfen von weniger Geübten iın Sitzen geschossen wurden und kann versichern, dass, als wir unser sieben Bekannte zufällig bei Castelli a mare zusammentrafen und nach fünfstündigem Jagen am 19. Januar die von uns erlegten Schnepfen zu einem Haufen zusammenthaten, die Zahl derselben 387 betrug: 55 auf den Mann und zwei Überschuss ... Eines ähnlichen Zuges erinnert sich Smyrna im Jahre 1850. Ich befand mich damals in Griechenland, wo ein guter Jäger im Hain der Minerva bei Athen leicht 40 bis 50 Schnepfen täglich schiessen konnte. Zwei andere ähnliche Züge erinnere ich mich in der römischen Campagna er- lebt zu haben, den einen in den letzten Dezembertagen des Jahres 1838. Auf der Jagd in einem Walde beim Sumpf von Ostia mit einem Freunde ‚begriffen, hatten wir von 8 Uhr morgens bis 3 Uhr nachmittags gegen 200 Schüsse auf Schnepfen gethan und all unser Pulver und Blei ver- schossen.“ J. R. | 1) Vergl. die Berichte von 1876 bis 1885 im Journ. f. Ornith. J. R. Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rusticula L. 47 Mehrzahl doch für die rauhe Jahreszeit ein milderes Klima auf und wandert regelmässig bis nach Spanien, Italien, in die Türkei, Griechenland, und zum Teil noch über das mittel- ländische Meer hinüber, von woher sie dann bei Eintritt einer milderen Jahreszeit wiederkehrt und sich an ihre nördlicheren Brutorte begiebt. [— Über ihren Winteraufenthalt in Griechen- land berichtet KRÜPER (MOMMSEN, griechische Jahreszeiten): „Die Waldschnepfe ist ein überall bekannter und viel ver- folgter Vogel, der im Spätherbst sich in den Gebirgen ein- findet; bedecken sich die Gebirge und Vorberge mit Schnee, so eht sie sich bis in die Gärten der Städte und Dörfer zu- rück. Ende Februar und im März zieht sie in die nördliche Heimat.“ HARTLAUB stellt (a. Ss. ©.) die Angaben verschiedener Autoren zusammen wie folgt: „Zugvogel auf den Oycladen. Sehr gemein im Winter in Macedonien. Erscheint auf den Jonischen Inseln in der ersten Woche des Oktober und ver- schwindet um den 27. März. Sehr zahlreich in Albanien. Er- scheint im Epirus und auf Corfu um den 10. November; bleibt bis Mitte März. Erscheint am Mittelmeer mit den ersten nörd- lichen Winden des Dezember; an vielen Orten in der Türkei; brütet daselbst aber nicht. Im Winter zahlceich bei Smyrna.“—] Im nördlichen Schweden und in Finland überwintert keine, [—in Südschweden wird, wiein Dänemark und den russi- schen Ostseeprovinzen sicher schon manche den Versuch machen, den Winter zu überdauern, —] in Deutschland, besonders in seiner südlichen Hälfte, bleibt eine ziemliche An- zahl, zumal in gelinden Wintern, eine grössere Menge aber im südlichen Frankreich, [— England und ganz besonders in Irland, —] die Mehrzahl endlich in den schon genannten Ländern. In Sardinien sollen so viele überwintern, dass sie dort einen Hauptgegenstand der Winterjagden ausmachen. [-- Nach SALVADORI ist sie dort „sehr gemein vom No- vember bis April“. Vom Volk wird sie Cabone de murdegu, pudda de mudeju, Cistrosenhenne, genannt, weil sie sich unter den Cistrosensträuchern zu verbergen pflegt. Ebenso zahlreich überwintert sie auch auf Sizilien und den griechischen Inseln. Eine verhältnismässig nicht bedeutende Anzahl sucht in Nord- afrika Winterherberge. „In Ägypten ist‘ sie geradezu eine grosse Seltenheit“ (HOFFMANN nach BREHM und Hzucuın). In Tunis wird sie nach Könıgs Erfahrungen zwar im Winter nicht selten auf den Markt gebracht, doch blieb es diesem Forscher ein Rätsel, wo hier Schnepfen in grösserer Zahl geschossen werden, da er denselben in der nächsten Umgebung von Tunis niemals begegnete (Journ. f. Ornith 1888, S. 276). . Häufiger findet sie sich während der Wintermonate in Algerien und Marokko, Ländern, die überhaupt mit ihren waldigen Bergen den Ansprüchen der Schnepfen weit mehr genügen, als die ebenen und waldlosen Gebiete von Nordostafrika. Auch auf den genannten nordwestafrikanischen Inseln werden zu den dortigen Jahresvögeln sich für.den Winter manche nordische Einwanderer gesellen. — Die in Nordost- und Mittelasien brütenden Waldschnepfen finden Winteraufenthalt im südlichen Japan und China, zum grössten Teil aber wohl in den Gebirgs- wäldern Hinter- und Vorderindiens. —|] In Deutschland bleibt in harten Wintern kaum eine Schnepfe freiwillig zurück, wenigstens nicht in den ebenen Gegenden Mitteldeutschlands; allein in gelinden Wintern ist dies, wo es sogenannte warme Quellen in den Gehölzen giebt, eben keine Seltenheit. So überwinterten in dem sehr milden Winter 1821 bis 1822 zwei Waldschnepfen, wahrscheinlich ein Pärchen, in einem Erlenbruche, nicht weit von meinem Wohn- orte. Desgleichen traf ich eine Waldschnepfe am 7. Januar 1825 bei etwas Frost mit Schnee und Regen in meinem eigenen Wäldchen an; und so würde sich für hiesige Gegenden noch manches Beispiel der Art auffinden lassen. Noch gewöhnlicher sind Nachzügler, welche im Herbst lange über die Zugzeit hinaus dableiben, dann von frühen Winterfrösten überrascht sich aber eiligst davon machen; es giebt dergleichen fast in jedem Jahr. [— Verhängnisvoll wird für die sogenannten „Lagerschnepfen* ein Winter, der, nachdem er lange Zeit mildes Wetter gebracht, nun spät mit scharfem Frost und Schnee einsetzt. So wurden bis Ende Dezember 1900 in Schleswig- Holstein recht viele Lagerschnepfen angetroffen; das mit dem 1. Januar 1901 eintretende und zwei Monate anhaltende harte Winterwetter hat sicher allen den Tod gebracht. Die mir in die Hand gekommenen verhungerten Tiere waren bis auf die Knochen abgemagert. Nach Russow (Ornis Esth-, Liv- und Kurlands, S. 161) suchen solche Spätlinge unter den Wurzeln umgefallener Bäume oder in Erdlöchern Schutz vor Schnee und Kälte und haben bei den Bauern der Ostseeprovinzen Ver- anlassung gegeben zu dem Märchen. vom Winterschlaf der Waldschnepfe. —] Dagegen lassen sich auch im Frühjahr manche durch zu frühe gute Witterung verleiten, noch vor der rechten Zugzeit zurückzukehren, denen es dann bei einem sogenannten Nachwinter, je nachdem er streng und anhaltend ist, oft schlecht geht, sodass man sie einzeln wohl an Dörfern und Städten, hinter Zäunen und Hecken besonders da findet, wo diese im Widerschein der Sonne liegen, oder an unter Gebüsch versteckten vom Eise freien Gräben und Pfützen, ‘oder wo es junges Nadelholz giebt, unter diesem. [— Wie jedoch solche von plötzlich eintretendem Winter: wetter überraschte Frühlingswanderer ausnahmsweise auch zur Umkehr veranlasst werden, davon hier ein. Beispiel. Im Frühjahre 1872 hatten wir (in Schleswig-Holstein) bis zum ı 19. März sehr heitere Tage, bei verhältnismässig hoher Tem- | peratur (in Husum am 8. + 12 Grad, am 17. + 8,5 Grad). Der Schnepfenzug war infolgedessen sehr zeitig (am 10.. März) eingetreten, rasch von statten gegangen und so gut wie be- endet. Da trat an dem genannten Tage mit starkem Nord: sturm strenge Kälte ein, — 6 Grad, und am 20. lag 7 cm.hoher Schnee. Die überraschten Schnepfen machten jetzt Kehrt und eilten mit solcher Hast nach Süden zurück, dass sie gegen ihre sonstige Gewohnheit am hellen Tage und selbst durch die Strassen der Städte flogen. In Wäldern und Gärten, auf offenen Feldern und Landstrassen wurden manche erlegt. Bald darauf trat anhaltend schönes Frühlingswetter ein, und die Schnepfen zogen bis zum 15. April zum zweiten Male was Norden. —|] | Obgleich bei gutem Frühlingswetter sich hin und ee schon im Februar eine Waldschnepfe in unseren Gegenden zeigt, so scheint es doch, dass dies solche sind, die in der Nähe überwintert haben. Der eigentliche Rückzug beginnt nicht vor Anfang des März öder auch erst um die Mitte des-, selben, geht wesentlich in nordöstlicher Richtung und dauert ungefähr einen Monat, sodass er meistens noch den halben April, in spät warmen Frühlingen auch wohl durch diesen ganzen Monat noch anhält. Die einzelnen, welche sich zuweilen bis in den Mai verspäten, gehören zu den Ausnahmen. Da den deutschen Jäger diese Schnepfen ungemein interessieren, so hat er sich manche die Ankunft derselben begleitende HRr- scheinung gemerkt:!) Sobald er im ersten Frühlinge die Wacholder- und Rotdrosseln in lärmenden Scharen nach dem Norden zurückkehren sieht, wenn die ersten Frühlings- blümchen, Schneeglöckchen (Galanthus nivalıs), Leberblüm- chen (Anemone hepatica), Feigwarzenkraut (Ranunculus Frcaria) und andere aus dem: Boden hervorzukeimen anfangen, dann giebt es auch Waldschnepfen; dagegen wenn sich die Rauch- schwalbe einzeln zeigt, wenn in Laubholzgebüschen die Knospen anschwellen, namentlich wenn das liebliche Grün des sich entwickelnden zarten Laubes junger Vogelbeerbäumchen (Sorbus aucuparia) sich zeigt, dann hat für dieses Mal der Schnepfenzug aufgehört. v. WANGELIN berichtet, dass manche Jäger die Ankunft des Weidenlaubsängers (Phyll. rufus) für ‘) Zahlreiche Aufsätze in Jagdzeitschriften behandeln dieses Thema. Wichtige Ergänzungen zu dem folgenden liefern die Abhandlungen von Prof. MAREK in „Wild und Hund“ 1901, S. 145, „Baltische Weidmanns- blätter 1901, S. 175, „Der Jagdfreund“ 1901, S. 203, daselbst 1902, S. 370 „Weidmannszeitung“ 1902, S. 61. — Dr. WURM fügt den A Merk- zeichen hinzu: Wenn das Hausrotschwänzchen und die weisse Bachstelze zurückgekehrt sind und der Hartriegel blüht. J- R. | 48 ein Zeichen der Beendigung des Schnepfendurchzuges halten und dass sie diesen Vogel daher den „Schnepfenvertreiber“ nennen. Nach dem Kalender ist der Sonntag Oculi die Zeit, wo er mit Bestimmtheit auf ihre Ankunft rechnet, er heisst daher bei ihm scherzweise „der Schnepfensonntag“, und das auf ihn festgesetzte Evangelium (vom Austreiben der Teufel etc.) „das Schnepfenevangelium“. Doch ist für eine srosse Zahl der Frühlinge unseres mittleren Deutschlands dieser Termin noch etwas zu früh gestellt; ein alter Jägerreim sagt daher: Oculi, da kommen sie (d.h. man darf erwarten, dass sie da sind); — Lätare, das Wahre (der Hauptzug); — Judica, sind sie auch noch da (aber der Zug nimmt schon sehr ab); — Palmarum, Trallarum (nun ist es damit aus, auf einzelne Zauderer, welche noch zurück sein könnten, darf nicht mehr gezählt werden). Es sind auch meistens nur Heckvögel, die sich jetzt noch zeigen, oder gar solche, welche dies Jahr sich nicht fortpflanzen mögen und sich planlos herumtreiben. Übrigens bezeichnet jener alte Jägerspruch, ein Jahr in das andere gerechnet, die Zugzeit in der That recht gut. [— Nach Aufzeichnungen von HOFFMANN in Stuttgart und QUISTORP in Greifswald während der Jahre 1856 bis 1886 weichen an beiden Orten die Ankunftszeiten der Waldschnepfe in den extremen Jahrgängen um mehr als einen Monat voneinander ab. Als mittlere Ankunftszeit ergab sich aus den 31 Jahrgängen für Stuttgart der 8. März, für Greifswald der 12. März.!) —] Ein ganz anderes ist es mit dem Wegzuge, dem Herbst- strich, hauptsächlich, weil das dichte Grün der Waldungen im Herbste ihn mehr deckt und die Vögel weniger beobachtet werden können, auch der Jäger jetzt, wo er überall zu jagen findet, sich weniger. emsig mit der Schnepfenjagd befassen kann. Er geht daher für manchen unmerklich vorüber, fängt aber in der Regel immer gegen Ende des September an und dauert durch den Oktober, meistens bis in den November hinein. Die zuletzt aus dem Norden kommenden scheinen sehr ge- mächlich zu reisen, wobei sie sehr feist, aber auch oft von harten Frösten und Schnee überrascht werden. Sehr oft sind auch die kurz vor Ende der Zugzeit bei uns durchwan- dernden jene kleinen, graubeinigen Waldschnepfen, welche manche Jäger für eine besondere Art halten wollen. Wenn aber schon der Frühlingszug keine festen Regeln anzunehmen gestattet, um so viel weniger darf man dies beim Herbstzuge wollen, namentlich ist gewiss, dass die Waldschnepfen nicht alle Jahre dieselbe Strasse wandern, dass behindernde Um- stände sie leicht auf Abwege führen mögen, wodurch es denn geschieht, dass sie in einem Striche oder in einem Gehölze in dem einen Jahre sehr häufig erscheinen und im nächsten und mehreren folgenden nur ganz einzeln gesehen werden. so erschienen sie im Herbst 1824 im hiesigen Ländchen in noch nie gesehener Menge, wovon in dem einen Forstrevier 84, in einem anderen 62 und im dritten 50 und einige Stück ge- schossen wurden, was seit einem Menschenalter und länger nicht vorgekommen war; merkwürdig genug kamen aber von jener Masse in meinem eigenen Wäldchen, eine Meile von jenen Forsten, in demselben Herbste nicht mehr denn zwei Stück, eine für dieses auch in anderen Jahren viel zu geringe Zahl vor. — Die Ursachen solcher Abwechselungen mögen mit Wahrscheinlichkeit in den gerade um diese Zeit herrschen- den Winden zu suchen sein, da bekannt ist, dass diese Schnepfe sehr ungern gerade gegen den Wind fliegt, wenn dieser näm- lich etwas stark weht, dann lieber mit halbem Seitenwinde fliegt und bei Stürmen ganz und gar still liegt. „Wenig Pilze, wenig Schnepfen“ sagt HOFFMANN, d.h. im trockenen Herbst- monaten ziehen die auf das Stechen in den weichen Boden angewiesenen Vögel rasch durch. Die Zeit des Frühlingszuges mögen wieder andere UT- sachen bestimmen helfen. Ist der Februar vom Anfange an sehr gelinde und dauert solche Temperatur bis zu dessen Ende fort, so sind die Schnepfen auch zu Anfang des März gewiss 1) HOFFMANN a. a. OÖ. S. 9. Die gerıneine Wald-Schnepfe, Scolopax rusticula L. da; sie wagen es, sich den üblen Folgen eines späterhin oft senug noch vorkommenden Nachwinters auszusetzen, indem sie so wenig wie andere Vögel eine Vorempfindung von solchen Witterungsveränderungen haben. Ist den ganzen Februar hin- durch hartes Winterwetter und hält dieses wohl gar noch den halben März ununterbrochen an, so kommen sie nicht vor Ende dieses Monats. Es ist also anzunehmen, dass ihre Zug- zeit durch verschiedene Beschaffenheit des Wetters um einen Monat gefördert oder aufgehalten werden kann. Dauert ein solcher Nachwinter noch länger, so kann sich auch ihre Zug- zeit noch länger hinausschieben, und in solchen Fällen kommen dann die Waldschnepfen mit Kiebitzen, Regenpfeifern, Lerchen, Staren, Tauben und vielen anderen durch die Kälte aufgehaltenen Zugvögeln zugleich an; alle sind nun so eilfertig, dass viele Arten Tag und Nacht reisen und sich täg- lich kaum einmal satt fressen, um nur die Reise so schleunig als möglich fortsetzen zu können. In solchen Jahren kommen auch die Waldschnepfen fast alle so schnell nacheinander, dass ihr Durchzug in wenigen Tagen vorüber ist und die Schnepfenjagd kaum zwei Wochen lang beschäftigt; dabei er- eignet es sich denn auch, dass manche Gegend nicht eine einzige Schnepfe zu sehen bekommt, während sie einen anderen Strich in Menge trafen und durcheilten. Ein paar Tage Ver- säumnis in solcher Zeit können den Jäger um die ganze Schnepfenjagd für dies Frühjahr bringen. Ebenso wenig An- wartschaft zeigt sich dem Jäger nach einem sehr gelinden Winter, weil die Schnepfen, durch die Witterung verleitet, sich schon frühzeitig auf die Rückreise begeben, dabei aber wenig Eile haben und in einem viel längeren Zeitraume sehr ver- einzelt sich nach und nach durchschleichen. Dagegen ist ein Frühling, der nach einem anhaltenden, harten und schnee- reichen Winter zur rechten Zeit, Mitte März, ernstlich mit Tauwetter beginnt und fortwährend gelinde bleibt, für die Schnepfenjagd der beste; sie kommen dann in wenigen Unter- brechungen nacheinander an, zeigen nicht so viel Eile, und ihr Durchzug dauert höchstens drei Wochen. — So bestimmt nun auch alle diese Beobachtungen in der Natur begründet und wahr sind, so würde man sie doch als allgemeine Regel nicht aufstellen können, da selbst die Witterung oft nur strich- weise geht. Deshalb würde für dieses Frühjahr (1836) sich nicht einmal eine Vermutung für den Schnepfenzug aufstellen lassen, indem Mitteldeutschland im ganzen einen so sehr ge- linden Winter, in ebenen Lagen fast ohne allen Schnee, und nur an wenigen einzelnen Tagen zu verschiedenen Zeiten eine Kälte hatte, die nur einmal 12,5 Grad Celsius etwas überstieg; während das südliche Deutschland, wenigstens in vielen Teilen, strenge Kälte bis zu 25 Grad Celsius und mehr und einen un- geheuer schneereichen Winter hatte, wo Thüringen und der Harz mit so grossen Massen Schnee bedeckt war, wie man sich lange nicht erinnern konnte, ebenso das Erzgebirge; da- gegen ein Strich zwischen beiden Gebirgszügen von Süden nach Norden zu, in welchem auch unser Anhalt liegt, frei davon blieb, ja nicht einmal Regen hatte und fortwährend an Dürre litt.?) | 1) Wie sehr solche unregelmässigen Abwechselungen in der Tempe- ratur und der Witterung den Vogelzug stören, aufhalten oder beschleu- nigen oder gar in der Richtung verändern, ist noch nicht so oft be- obachtet, als es die Sache verdient. Das Frühjahr 1835 war in dieser Hinsicht ebenfalls sehr merkwürdig. Unsere hiesigen Nachtigallen, unser wohlbekannter Kuckuck und andere mehr, sonst doch um Mitte April hier, liessen sich, ungeachtet die angenehmste Frühlingsluft herrschte, die Bäume sich zu belauben anfingen, die Stachelbeerbüsche längst ab- geblüht, der Weissdorn vollkommene Blätter hatte, als ihnen sogar schon einzelne Schwalben vorausgeeilt waren, immer noch nicht sehen und hören; erst als wir unter Hoffen und Harren einige Tage in den Mai hinein vorgerückt waren, kamen auch sie endlich an. Bald enträtselten uns jedoch die einstimmigsten Zeitungsberichte dieses sonderbare Vor- kommen. In einem weiten Striche Süddeutschlands war nämlich gegen Mitte März eine so furchtbare Masse Schnee gefallen, dass längere Zeit die Strassen durch die Gebirge unfahrbar, auch hin und wieder Menschen verunglückt waren. Ohne Zweifel lag den aus dem Süden zurückkehren- den kleinen Singvögeln dieser Landstrich, jetzt in ein so abschreckendes Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rusticula L. . | 49 Auch im Frühjahr ziehen die Waldschnepfen ungern gegen den Wind, zumal gegen den nasskalten Nordwind. oder gegen den scharfen Ostwind; sie kommen dagegen dann meistens mit sanftem Luftzuge aus Süden oder Westen an, zumal wenn ein wenig lauer Regen gefallen ist, bei jener wohlthuenden Früh- lingswitterung, welche die Pflanzenwelt aus langem Schlummer hervorzaubert und auch in der Tierwelt die angenehmsten Gefühle weckt und ihr neues Leben einhaucht. Bemerkt der rüstige Jäger frühmorgens beim Gefühl einer lauwarmen Früh- lingsluft, dass in der entwichenen Nacht ein lauer, sanfter Regen gefallen ist, so sagt er im Scherz: „Heute Nacht hat es Schnepfen geregnet“ und hält sich versichert, beim 'Nach- suchen an geeigneten Orten seine Lieblinge anzutreffen. Ihre Reisen machen die Waldschnepfen nur des Nachts, vom Ende der Abenddämmerung bis zum Anfange der Morgen- dämmerung, weil sie in der ersten Hälfte jener und in der letzten dieser eigentlich nicht ziehen, sondern dann bloss nach Nahrung oder um sich zu paaren herumstreichen. Zu dichte Finsternis oder eintretendes Unwetter unterbrechen jedoch diese nächtlichen Wanderungen zuweilen, und sie sehen sich bei plötzlichem Erscheinen solcher Hindernisse gezwungen, sich niederzuwerfen, wo es auch sei, und wenn es auf freiem Felde wäre, von wo sie dann erst mit Tagesanbruch das nächste Gebüsch zu erreichen suchen, um sich darin verstecken zu können. Auch mag sich manche beim Abendschmause auf dem Freien von der Finsternis überraschen lassen und dann daselbst bis zur Morgendämmerung liegen bleiben; aber sehr selten wird es eine wagen, auch den kommenden Tag über solche Stellen nicht zu verlassen, wenn nicht tiefe Furchen oder andere kleine Vertiefungen oder Erdschollen da sind, hinter denen sie sich verbergen und still niederdrücken kann.!) — Haben sie auf ihren Reisen Eile, wie gewöhnlich im Frühjahr, so bleibt keine länger als einen Tag an dem Orte, wo sie bei Tagesanbruch angelangt war; sie zieht am Abend weiter, und der nächste Tag sieht sie schon in einer ganz entfernten Gegend. Dies ist namentlich in kleinen abgesonderten Ge- hölzen immer der Fall und unbedingt, wenn sie daselbst am Tage beunruhigt wurde, wo, wenn dies geschah, sie auch das schlechteste Wetter nicht abhält, sich in der nächsten Nacht auf und davon zu machen; wogegen in grösseren Waldungen, zumal bei unangenehmer Witterung, manche wohl mehrere Tage verweilen, was jedoch im Herbste auch öfter als im Frühlinge vorkommt. Wenn indessen dort häufig dieselben Individuen mehrere Abende nacheinander herumschwärmend beobachtet werden, so darf man von diesen vermuten, dass sie in der Nähe nisten wollen. Es darf jedoch nicht unbemerkt bleiben, dass im Frühjahr jede Schnepfe, bevor sie die Weiter- reise antritt, die bekannten Tummelplätze besucht und, nach Jägerausdruck, streicht oder balzt, dass aber in kleinen Ge- hölzen niemals eine streicht, sondern im Zwielicht sich ohne winterliches Gewand gehüllt, gerade quer über ihren Weg zu uns, sie zögerten, wagten nicht ihn zu überfliegen, weil sie nicht erraten konnten, wie weit diese widerwärtige Erscheinung noch nordwärts hinaufreichte, und hielten sich deshalb jenseits desselben so lange auf, bis Tauwetter kam und eine gelindere Temperatur eintrat. Viele mag ein so gräss- liches Hindernis in grosse Not und gar manchen den Tod gebracht haben; denn unsere Waldungen waren infolge jener Unglücksfälle im Jahre 1835 so sparsam mit insektenfressenden Singvögeln besetzt, wie es uns seit vielen Jahren kaum jemals erinnerlich ist. Naum. !) Dies ist an sich schon ein so seltenes Vorkommen, dass folgender Zufall, der sich vor einigen Jahren in hiesiger Gegend zutrug, ein halbes Wunder genannt werden kann. Nach einem nächtlichen starken Schnee- fall zu Ende März, als aber der Schnee sich eben wieder in Wasser zu verwandeln begann und der Erdboden schon an vielen Stellen wieder sichtbar wurde, an hellem Tage, bemerkte ein hiesiger Landwirt auf einem Stoppelfelde, dessen Fläche früher von Schweinen zerwühlt war, wodurch viele kleine Vertiefungen entstanden waren, als er rasch darüber hin trabte, dass sich soeben neben dem Fusstritte seines Pferdes etwas bewegte, worauf er sogleich anhielt, genauer hinsah und, man denke sich sein Erstaunen, eine Waldschnepfe auf dem Boden hinzappelnd er- blickte, welche in einer jener kleinen Gruben sich niedergedrückt gehabt haben mochte, wo sie das Pferd zufällig getreten und zwar nur den einen Flügel zerbrochen hatte. Naum. Rohweder, Unsere Schnepfen, Aus: Naumann, Naturgeschichte. Bd. IX. weitere Vorbereitung von ihrem Tageslager aufschwingt, hoch in die Luft steigt und verschwindet. Das nämliche thun in grösseren Waldungen auch solche, die man am Tage viel be- unruhigt und mehrmals aufgestöbert hatte; auch sie ziehen, sobald es Abend geworden, stumm und eiligst von dannen. [I— Nach Dr. Wurnms Erfahrungen geht eine gegen Abend durch Raubzeug oder den buschierenden Jäger aufgethane Schnepfe auch wohl gleich in ihren regelmässigen Abendstrich über. —] Eine nicht leicht zu erklärende Erscheinung beim Wald- schnepfenzuge ist auch die, dass sich diese Schnepfen im Früh- Jahr in grösseren Waldungen viel früher zeigen als in kleineren, namentlich in abgesonderten Feldhölzern.. Gewöhnlich hat man in unseren Auenwäldern (zwar wenig über 7 km von hier und noch dazu gegen Norden gelegen) schon längst Schnepfen gejagt, teils beim Absuchen oder Abtreiben, teils auf dem Abendanstande, ehe sich nur eine einzige in den kleinen Ge- hölzen um meinen Wohnort sehen lässt, und wenn wir hier erst anfangen, mit Erfolg nach Schnepfen zu suchen, hat dort diese Jagd ziemlich aufgehört. Diese Thatsache lässt sich nicht anders erklären, als dass alle früher in hiesigen Gegenden ankommenden Schnepfen die ihnen jetzt noch zu luftigen und zu kalten kleineren Gehölze überfliegen und in dieser Zeit nur die grösseren Waldungen zu ihrem Aufenthalte wählen, welche Schutz gegen kalte und stürmische Witterung geben, daher einen wärmeren Boden haben, demzufolge auch Insekten und Würmer früher hervorkommen; dass dagegen jene von den durchziehenden Waldschnepfen so lange vermieden werden, bis auch in ihnen durch das Vorrücken der Jahreszeit die Temperatur gehoben, der Boden wärmer geworden ist u. s. w. So darf man annehmen, dass es nur Nachzügler sind ‚ die in kleinen Gehölzen sich zeigen. Da jedoch keine Regel ohne Ausnahme, so kann auch wohl einmal schon früh im Jahr eine Waldschnepfe an solchen Orten vorkommen, vermutlich, weil sie die Tageshelle überraschte, ehe sie eine grössere Waldung erreichen konnte, wo ihr dann weiter keine Wahl blieb, als sich ins erste beste Gehölz zu werfen; denn die Waldschnepfe scheut am Tage das Freie so sehr, dass sie nie eine Strecke, wenn auch nur von einer Viertelstunde Weges, über Feld zu machen sich getraut. Sie ziehen meistens einzeln, nicht selten auch paarweise, im Frühjahr wie im Herbst; aber nicht in Scharen. Denn obgleich viele in einer Nacht dieselbe Strasse wandern mögen, so bilden sie doch keine wirklichen Vereine; jede einzelne macht ihren Weg unbekümmert um die anderen für sich allein. Zur Vermutung, dass sie herdenweise wandern, hat wohl nur der Umstand Veranlassung gegeben, dass es hin und wieder Orte giebt, wo man nach einem starken Nachtzuge oft viele beisammen antrifft. Höchst merkwürdig sind in dieser Hin- sicht die Wälder auf der Nordostküste der Insel Rügen und manche Gegenden an der Holsteinschen Küste, wie z. B. un- weit der Elbmündung der Garten meines Freundes P. von WÖLDICKE, in welchem sich eine nicht sehr lange, einige Schritte breite Hecke befindet, aus Dornen, Haseln und anderem niederen Strauchwerk bestehend, welche in Verbindung mit einer kleinen parkähnlichen Konaaune steht und das einzige kleine, für die dortige baumarme Gegend freilich nicht ganz un- en Buschwerk am rechten Ufer des Elbeausflusses ist. Auf diesem kleinen Flächenraume liegen oft nach einer warmen Herbstnacht 20 bis 30 Waldschnepfen, die von der Reise über das Meer herüber stets sehr angegriffen zu sein scheinen. Im Frühjahr, wo sie dagegen an der Ostküste Holsteins viel häufiger sind, finden sie sich dort nur einzeln ein, um in der nächsten Nacht die Rückreise über das Meer zu machen; denn länger als einen Tag wartet auch keine daselbst. In den Wäldern Rügens sollen sie in beiden Zugperioden in unglaub- licher Menge anzutreffen sein. [— Durch kräftige Winde wird die Waldschnepfe aus der Zugrichtung, die man als die normale bezeichnen möchte, ab- gedrängt. In Schleswig-Holstein, und hier wieder an der West- küste und auf den nordfriesischen Inseln, erscheint sie im 7 50 Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rusticula L. Herbst am zahlreichsten stets bei oder nach östlichen Winden. So konnten Anfang November 1899 in den Dünen Amrums von zwei Jägern an einem Tage 39 Schnepfen geschossen werden. Auf dieselbe Ursache wird das zurückzuführen sein, was GÄTKE (Vogelwarte, S. 32) mitteilt: „Nach den Beobach- tungen, die seit 1879 auf den Leuchttürmen und Leuchtschiffen der englischen und schottischen Küsten über Arten, Zahl und Flugrichtung der ziehenden Vögel gemacht worden sind, trafen Waldschnepfen auf dem Herbstzuge zahlreich an der schottischen Ostküste ein; zerstreuter wurden sie an östlichen Punkten der ganzen Orkneygruppe gesehen, und von den Shet- landsinseln berichtet SAxgyY (Birds of Shetland), dass auch dort des öfteren Waldschnepfen im Laufe des Herbstes eintreffen. Da diese Art nur noch vereinzelt über das mittlere Schweden hinaus brütet, so können alle die genannten einzig und allein auf westlichem Fluge nach Schottland und seinen nördlichen Inselgruppen gelangt sein; dass von dort aus diese westliche Zugbahn notgedrungen in eine südliche übergehen muss, lehrt ein Blick auf die Karte des Landes.“ Vielleicht sind es solche gegen ihren Willen von der Bahn nach Westen abgedrängte Wanderer gewesen, die am Nachmittag des 11. und am Vor- mittag des 12. November 1899 mit starkem Westnordwestwind so zahlreich auf Helgoland einkehrten, dass an diesen beiden Tagen 183 Stück geschossen wurden. Sie waren auffallend mager; das deutet jedenfalls auf eine lange, beschwerliche Reise. Am 13. November waren fast keine Schnepfen auf Helgoland. Am folgenden Tage erschienen bei schönem Wetter und schwachem Nordostwind wieder viele; sie waren alle fett; es liegt nahe, anzunehmen, dass diese nicht jenen Winkelzug mitgemacht haben, sondern auf geradem Wege aus ihrer nord- östlichen Heimat gekommen sind. — Dass sie, durch Stürme verschlagen, ihr Ziel ganz verfehlen können, lehrt das (einzige) auf Neufundland gefundene Exemplar (Journ. f. Ornith. 1866, S. 340). —] | Wie schon aus dem Namen hervorleuchtet, ist unsere Schnepfe eine Bewohnerin der Wälder und waldigen Gegenden. Sie macht fast keinen Unterschied in den Holzarten, ist im reinen Laubwalde wie im gemischten oder selbst im reinen Nadelwalde anzutreffen, verweilt jedoch im alten Hochwalde nie lange; er dient ihr nur als Notbehelf in der Zugzeit, wie dann auch wohl buschreiche Gärten, selbst in Dörfern oder Städten, oder Dornhecken im freien Felde, oder gar blosse Feldraine ihr zuweilen eine kurze Zuflucht gönnen. Sie lässt sich am Tage so wenig auf dem Freien sehen, dass das letztere Vorkommen schon zu den grössten Seltenheiten gehört; auch auf Wiesen kommt sie so wenig vor, als in freien Sümpfen oder am Wasser. Nur ein widerwärtiger Zufall kann sie vom Gebüsche entfernen. Sie wird auch jederzeit, wenn man sie von zu kahlen, für sie so wenig beliebten Orten aufgetrieben, sewiss dahin streben, ein Gebüsch zu erreichen, selbst wenn es auch nur in einem kleinen Brombeerbusche oder sonst einem niederen Gesträuch bestände oder, wo auch dieses mangelte, eine Reihe Weiden- oder andere Bäume wäre, an dessen Stamme sie sich auf die Erde niederducken oder einigermaßen verbergen könnte. Kaum ist ein anderer Waldvogel so sehr an Wald und Bäume gebunden als sie, und doch setzt sie sich nie auf einen Baum nieder!) [— Auf den Düneninseln der Nordsee muss sie sich mit Halmpflanzungen begnügen, und in den buschleeren Heiden Nordschleswigs wird der auf Hasen und Füchse pürschende Jäger nicht selten von einer aufstehen- den Waldschnepfe überrascht. —| Wenn sie die Wahl hat, wie für einen längeren Aufent- halt immer, so sind ihre liebsten Gegenden die an sich tief- liegenden, mit Erlenbrüchen und Sumpfstellen oder feuchten, buschreichen Plätzen abwechselnden Laubwälder, oder in Schwarzwäldern und gebirgigen Lagen die feuchten Thäler, mit nassen, quelligen Stellen vermischt, wo hin und wieder auch Laubholzbäume und Gesträuch vorkommen, oder wo !) Dass das Aufbaumen ausnahmsweise doch vorkommen soll, wird allerdings immer wieder behauptet, J. R. Haseln und Erlen wachsen, wo moorige Stellen mit Gebüsch den Zusammenhang des besser bestandenen Waldes unter- brechen, kurz, weder in zu trockenen, noch in zu einförmigen Waldungen. Dort liegt sie am Tage gern an den einsamsten und düstersten Stellen und treibt sich nur in der Dämmerung auf freieren Plätzen, auf Waldwiesen, nahen Viehtriften und Waldwegen oder an den feuchten Rändern des Waldes herum. Sie hat ihre besonderen Lieblingsplätze, wo man alle antrifft, welche dieGegend besuchen, wenn sie nicht schon weggescheucht worden waren, nämlich dichtes Unterholz, das nicht zu jung ist, lieber schon zu Stangenholz aufgewachsen sein kann und recht vielen Schatten giebt, wo der Boden kein Gras mehr hervorbringt, wo wenig oder kein Moos wächst, wo aber altes, abgefallenes Laub in Menge modert. Sie liegt auch sehr gern in den hohen Dornhecken. in den Wäldern, namentlich von Schwarzdorn (Prunus spinosa), ebenfalls nur, wo der Boden vom Grase frei ist; ferner in Erlenbrüchen, wo diese nackten Boden und sehr wenig Wasser haben. Denn niemals liegt sie dicht am Wasser, dagegen gern auf feuchtem, aber nie auf nassem Boden. Nur ungern und bei Verfolgungen wirft sie sich zu- ‚ weilen wohl auch an solchen Stellen nieder, wo noch das alte Gras und anderes höheres abgestorbenes Pflanzengestrüpp den Boden zwischen jungem Gebüsch bedecken, scheut dies aber, solange es noch grün ist, im Herbste so sehr, dass wir uns nicht erinnern, jemals eine Waldschnepfe aus langem Grase auf- fliegen gesehen zu haben. Die Liebhaberei für manche besonderen Plätzchen ist nicht individuell, sondern geht auch auf andere, später diese Gegend durchwandernde Waldschnepfen über, und wenn nicht allerlei Zufälligkeiten hier nur zu häufig ins Spiel kämen, würde man alle immer nur an den bewussten Orten finden. Recht auffallend ist dies in von Wald entblössten Gegenden, wo nicht bloss dasselbe Büschchen, sondern sogar öfters genau dieselbe Stelle, worauf früher eine erlegt wurde, auch in der Folge während der Zugzeit fast jeden Morgen von einer oder einigen besetzt gefunden wurde. Einer meiner Bekannten im Militär- srenzlande von Ungarn zeigte mir ein Plätzchen in seinem Garten hinter einem Zaune, wo er schon mehrere Jahre nach einander eine Waldschnepfe beschlichen und im Sitzen, ein- mal sogar zwei auf einen Schuss erlegt zu haben versichert.!') Auch diese Schnepfe sieht man einen grossen Teil des Tages mit Schlafen oder wenigstens in völliger Unthätigkeit hinbringen. Wo sie an einem unruhigen Orte liegt, d. h. wo sie der geringen Entfernung wegen vernehmen kann, dass wieder- holt Menschen oder Vieh auf und ab gehen, da bleibt sie aus Angst den ganzen Tag auf derselben Stelle; hingegen an ganz einsamen Orten wechselt sie diese auch laufend, doch auch nur in einem geringen Umfange, fliegend aber aus freiem An- triebe niemals. Hat man sie vom ersten Orte aufgescheucht, so wird sie noch ängstlicher und hält sich an dem neuen Zufluchtsorte noch ruhiger, läuft hier noch weniger herum und verlässt ihn freiwillig fliegend nur dann, wenn er ihr zu unsicher dünkt. Dass sie am Tage schläft und oft recht fest schläft, ist zuverlässig beobachtet, aber nicht um welche und wie viele Stunden. [— „Mein Freund, der Oberförster MEZGER“ (so schreibt mir Dr. WURM aus Teinach) „bedeckte eines Tages eine offenbar fest schlafende Waldschnepfe mit seinem Hute; doch entkam sie ihm beim Versuche sie zu greifen; sie war also vollkommen gesund.“ —] Sehr finstere Nächte bringt sie zum Teil auch schlafend zu; wir haben in solchen sogar mehr als eine unter dem Lerchengarne gefangen, die sich in der Finsternis aufs Feld geworfen haben und da eingeschlafen sein mochten. Eigenschaften. Die Waldschnepfe ist vor unzähligen Vögeln durch ein sehr merkwürdiges Äussere ausgezeichnet. Der kurzgeschwänzte, dicke, fast plumpe Rumpf, von niedrigen, stämmigen Füssen getragen, der kurze, dicke Hals, vor allem aber der ganz eigen- !) Dies erinnert an eine Gewohnheit unseres Tagschläfers, siehe Bd. IV, S. 248 dieses Werkes. Naum. Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rustieula L. tümlich geformte Kopf mit der so ausserordentlich langen und hohen Stirn, dem kleinen abgeplatteten Scheitel, neben welchem hoch oben an seinem Rande die grossen Glotzaugen liegen, das schnell absteigende Hinterhaupt, die grosse, platte Wangen- fläche, alles dieses giebt zusammen ein sehr sonderbares Bild. [— Von den Jägern wird sie daher bezeichnet als der „grossäugige‘“ oder der „Vogel mit dem langen Gesicht.“ —| Das Gesicht der lebenden Waldschnepfe, wenn sie so dasteht, die Schnabelspitze wie gewöhnlich tief gegen die Erde gesenkt, und den Beschauer anglotzt, hat etwas Aben- teuerliches und Barockes; ihre grossen, glänzenden Augen scheinen nicht seitwärts, sondern auf dem Kopfe zu stehen, die Stirn fast zu fehlen oder in eine entsetztlich lange Nase ausgedehnt und die ganze Fratze eine lächerliche Einfalt zu heucheln. Hält man sie in der Hand, so sperrt sie zuweilen vor Wut oder Angst den Schnabel, wunderlich genug nur vorn, weit auf, indem sich sein oberer Teil von der Mitte an in einem Bogen erhebt und senkt, beide Schnabelteile aber an der Wurzel fest geschlossen bleiben.!) In ruhiger Haltung steht die Schnepfe fast wie eine Ente, zieht aber den Hals gewöhnlich stark ein, wodurch er noch dieker und der Kopf spitzer wird, und trägt den Schnabel nie wagerecht, sondern immer mehr oder weniger mit der Spitze gegen die Erde gesenkt. Ihr Gang ist niedrig, geduckt, schleichend, zuweilen trippelnd, aber wenig schnell und nicht anhaltend. Sie durchläuft keine sehr langen Strecken, sondern fliegt lieber dahin, wo sie etwas zu suchen hat; noch weniger weicht sie ihren Verfolgern laufend aus. Die flügellahm ge- schossene Waldschnepfe [— z. B. springt auf demselben Platze wo sie niederfiel, nur immer hoch empor, wenn man sich ihr nähert, sie —] ist daher auch ohne Hund leicht zu erhaschen, und wenn man ihr ‘Zeit gönnt, so verkriecht und duckt sie sich, ohne vorher weit weg zu laufen. Sie sieht gehend fast immer sanft, einfältig und anspruchslos aus, wovon nur allein das Männchen zuweilen in der Paarungszeit, wenn es um die Gunst der Gattin wirbt, eine Ausnahme macht. Die Waldschnepfe hat unter allen schnepfenartigen Vögeln den langsamsten Flug, ihn dabei aber sehr in ihrer Gewalt, um nach Umständen ihn zu mässigen oder zu beschleunigen. Sie fliegt lange nicht so schnell wie ein Rephuhn, ist aber viel geschickter in kleinen Wendungen, welche man im dichten Gehölze oft bewundern muss, so wie sie sich auch schnell um eine Ecke zu schwenken, schräg in die Höhe zu steigen oder so herabzustürzen versteht, dies alles mit einer ziemlichen Gewandtheit, zumal wenn sie die Angst dazu antreibt. Auf der Flucht fliegt sie überhaupt schneller, auch wenn sie in gerader Linie fortgeht, aber niemals hoch, selbst wenn sie bei zu heftigem Verfolgen über Gehöfte und dergleichen hinweg müsste, nicht viel über 15 m, sonst immer viel niedriger, und wo sie über eine freie Fläche gejagt wird, nur einige Fuss hoch über der Erde hin. Sehr ungern entschliesst sie sich, nur wenn sie mehrmals aufgestöbert und durch mehrmaliges Fehlschiessen zu sehr geängstigt wurde, von einem Gehölz zum anderen übers Freie einen Strich von 500 bis 600 Schritt zu wagen, wo sie nicht selten, wenn es auf dem Wege dahin hin und wieder ein einzelnes Gesträuch oder eine kleine Baum- gruppe giebt, sich plötzlich in diese wirft, oder wenn sie sich bereits auf dem Freien befindet, ihr aber die Entfernung bis zum nächsten Gebüsch zu gross dünkt, wohl gar auf halbem Wege um- und in einem grossen Bogen an den ersten Ort zurückkehrt. Sie täuscht dadurch nicht selten den Verfolger, der sie zu bald aus den Augen lässt. — In so eilendem Fluge schwingt sie die Flügel viel stärker und hastiger als sonst, streckt sie aber weniger weit vom Leibe weg als im gemächlicheren Fluge. Besonders schnell und heftig sind die Bewegungen der Fittiche, wenn sie vor etwas erschrickt oder ı) Dasselbe kann auch am toten Vogel noch wiederholt werden, wenn man mit zwei Fingern die Seiten der Stirn (zwischen Schnabel und. Auge) zusammendrückt, wo sich der Schnabel ebenso öffnen und schliessen lässt. Naum. ET ee EEE EEE Zee EEE EEE EEE EEE EEE EEE 51 prallt, wobei nicht selten wie auch beim plötzlichen Auffliegen ein eigenes Rauschen vernehmbar wird. Dies charakteristische, bald mehr bald weniger hörbare Geräusch klingt dumpf wub- wubwub (sehr schnell ausgesprochen), und ist namentlich beim Auffliegen im Gehölze noch mit Tönen vermischt, welche dem Anscheine nach vom Anschlagen der Schwingen an kleine Zweige und Blätter herrühren, was jedoch so arg nicht sein kann, weil man selten eine Spur von diesem Anstossen an den Flügel- federn findet. [— Das jedem Schnepfenjäger genau bekannte und seinem Ohr so angenehm ertönende „Klatschen“ entsteht durch das Zusammenschlagen der Flügel (also wie bei einem sewissen Flugspiel der Tauben), wenn die Schnepfe sich mit kräftigem Fluge aus dem Dickicht in die Höhe schwingt. Das durch das Anschlagen an die Zweige entstehende Geräusch lässt sich hiervon leicht unterscheiden. Ganz ähnlich dagegen, und selbst den erfahrensten Jäger oftmals täuschend, ist das Klappen, das der Hühnerhund beim Schütteln des Kopfes (um diesen von anhängendem Gezweig oder der Feuchtigkeit von Tau oder Regen zu befreien) mit seinem Behang hervorruft. Auf freier Fläche steht die Schnepfe oft ohne jedes hörbare Geräusch auf (Vergl. HOFFMANN, a. a. O., S. 43). —] Der Auf- flug der Waldschnepfe im Gehölze bekommt durch dieses alles eine solche Eigentümlichkeit, dass der Geübte daran augen- blicklich diesen Vogel erkennt und von allen anderen unter- scheidet, ohne ihn noch gesehen zu haben. Auch wenn die Schnepfe sich aus freiem Willen am Abend von ihrem Sitze, wo sie den Tag über lag, erhebt, geht dies sehr schnell; sie steigt dann sogleich über das Gebüsch hinaus und verschwindet in der Luft. Ehe jedoch die Fortsetzung ihrer Reise beginnt, treibt sie sich erst noch einige Zeit auf den Futter- oder Balz- plätzen herum. Einen ganz anderen, dem gewöhnlichen völlig unähnlichen Flug hat unsere Waldschnepfe an den letzterwähnten Plätzen, auf dem sogenannten Striche, einer Art von Balzen, dem Meckern der Bekassinen oder dem Wuchteln der Kiebitze analog. Wer nur am Tage unsere Schnepfe und ihren Flug kennen lernte, wird sie an einem stillen Frühlingsabende schwerlich wieder erkennen. Wenn das Gefieder und seine Farben, die grossen Augen, der dicke Kopf und Hals schon an Tagschläfer und Eulen erinnern, um noch so viel mehr wird die streichende Waldschnepfe so vollkommen einer Eule ähnlich, dass mancher Anfänger sie aus der Luft herabschoss, in dem Wahne stehend, sein Ziel sei auf eine Nachteule gerichtet ge- wesen. Unter ganz eigenen Tönen, zuweilen wohl auch stumm, kommt die streichende Schnepfe mit dick aufgeblähtem Gefieder (daher viel grösser aussehend) äusserst langsamen Fluges heran, bewegt dabei ihre Flügel sehr träge in ganz matten kurzen Schlägen auf und ab, streicht, gewöhnlich ohne sich weiter aufzuhalten, in gerader Richtung fort von einem Strichplatz zum anderen und macht so zwischen mehreren die Runde, bis die Dämmerung vorüber ist. In diesem sonderbaren Fluge treffen dann oft einige auf einem solchen Platze zusammen, die einander sogleich bekämpfen, sich im Fluge herumtummeln, mit den Schnäbeln nacheinander stechen, doch mit dieser zu weichen und biegsamen Waffe nicht beschädigen, höchstens einige Federn ausreissen können. Zuweilen tummeln sich mehrere zugleich in der Luft und untereinander her und geraten dabei so in Hitze, dass sie sich packen und mehrere Fuss tief gegen die Erde herabpurzeln oder gar zwischen die Zweige eines Baumes geraten, sodass einmal ein entschlossener Schütze (mein Bruder) von vier solchen hitzigen Kämpfern, welche einen beweglichen Knäul bildeten und sich in den Zweigen einer Birke verhäderten, drei Stück mit einem Schusse herabdonnerte. Wenn sie recht rauflustig sind, fliegen sie nicht hoch, etwa 8 bis 12 m, in weniger aufgeregter Stimmung aber wohl 15 m und noch höher, und dann halten sie sich auch gewöhnlich nicht lange dabei auf. Die Orte, an oder über welchen sie dies sonderbare Spiel treiben, sind kleine freie Plätze, schmale Thalwiesen, breite Wege, offene grüne Wald- schluchten oder andere Öffnungen zwischen höherem und 7* 52 dichterem Holze; sie suchen solche alle Jahre wieder, wenn nicht Holzabtriebe bedeutende Veränderungen in der Gegend gemacht haben. , Diese Plätze haben ihre Eigentümlichkeiten, wodurch sie sich dem Kenner bemerklich machen, die sich aber ohne grosse Umschweife nicht beschreiben lassen. Die Strichzeit beginnt mit der Ankunft der Waldschnepfen im Frübjahr, sobald es stille und milde Abende giebt, wenn die Schwarz- und Singdrosseln ihren Gesang anzustimmen an- fangen, namentlich, wenn die durchziehenden Rot- und Wach- holderdrosseln sich abends in den hohen Hecken grösserer Waldungen versammeln und ihre Konzerte recht emsig an- stimmen. Im Zwielicht, eben wenn das Zwitschern der letzteren nach und nach verstummt, dann streicht die Schnepfe, aber ihr ganzes Spiel dauert nicht viel über eine Viertelstunde, so- dass mit Ende der Dämmerung oder mit Eintritt der Nacht das ganze vorüber ist. Ebenso, [— doch meist nur wenige Minuten lang, —] streichen sie in der Morgendämmerung, wo die herannahende Tageshelle wie am Abende die Finsternis der Nacht dem Spiele ein Ende macht. Nur bei stiller, lauer Luft, besonders bei oder nach einem sanften Sprühregen, streichen sie am meisten, aber keine einzige bei starkem Regen, [— scharfem Ost- und Nordwind, —| Sturm oder kaltem Wetter.!) Der Strich dauert die ganze Zugzeit und wiederholt sich bei guter Witterung alle Abende und Morgen, wo sie nisten, bis in den April oder auch gar bis in den Mai [—, wiederholt sich nicht selten, einer zweiten Brut vorangehend, noch bis in den Juli. —|] Ein unerhört seltener Fall ist es, wenn sich im Herbste ein- mal eine Schnepfe auf dem Striche sehen oder hören lässt.!) Ob bloss die Männchen streichen, ist nicht genau ermittelt, aber sehr wahrscheinlich. [— ZIEMER, dessen Schnepfenbeobachtungen sich durch Genauigkeit auszeichnen, giebt zu dem Vorstehenden noch manche interessante Einzelheiten. Er schreibt mir: „Der Strich beginnt abends ziemlich genau eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang und dauert etwa 20 Minuten. Während des- selben bemerkt man sowohl Weibchen wie Männchen, letztere allerdings stark in der Mehrzahl, und zwar derartig, dass nach meinen Erfahrungen immer erst auf wenigstens fünf, meist aber auch noch mehr, Männchen ein Weibchen kommt. Dies mag allerdings zum Teil auch wohl daran liegen, dass die Männchen sich für Gesicht und Gehör viel mehr bemerklich machen als die Weibchen. Letztere verhalten sich nicht allein im ganzen viel stiller als die Männchen, sie streichen auch stets viel niedriger als jene. Gewöhnlich huschen sie in einer Höhe von 1,5 bis 2m zwischen den Büschen hin und nur, wo geeignete Lücken fehlen, schwingen sie sich über die Büsche, um sich aber bei erster Gelegenheit wieder zwischen dieselben herabzusenken. Von solchen hörte ich bisher immer nur hin und wieder ein ziemlich leises „ätch“, sonst blieben sie stumm. Zuweilen streichen sie aber auch im vollsten Sinne des Wortes. Sie fliegen dann etwas höher, jedoch kaum über 10 m, meist, wo möglich, nur etwa 4 bis Dm hoch, ganz langsam, mit auf- gseplüstertem Gefieder und puitzen in Zwischenräumen von je einigen Sekunden je einmal. Dies Streichen bildet aber, wenig- stens in hiesiger Gegend (Klein Reichow bei Standemin in Pommern), nach meinen bisherigen Erfahrungen, eine ziemlich seltene Ausnahme. Ich beobachtete es auch immer nur zu Beginn des Frühjahrszuges bei vollkommen stillem, warmem und feuchtem Wetter, und dann ferner nur zu Anfang des Abendstriches, niemals mehr spät gegen Schluss desselben. Im südwestlichen Deutschland scheinen sie aber viel häufiger so zu streichen, wenigstens spielen in den Beschreibungen aus jener Gegend in ornithologischen sowohl wie in jagdlichen 1) Aus Köszeg (Ungarn) berichtet dagen V. CHERNEL, dass sie in der Hauptzugzeit des Frühlings auch bei kaltem Wetter streichen, jedoch mehr hoch und kurz. „Selbst bei starkem Schneefall habe ich oft viele Schnepfen gesehen. — Auch im Herbst streichen sie regelrecht, jedoch lautlos und vielleicht noch mehr in der Dämmerung und auf grösseren Blössen sehr tief, nahe zum Boden. Gelegentlich des Herbststriches sah ich auch oft sich herumjagende Paare.“ J. R. Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rusticula L. Werken und Zeitschriften puitzende Schnepfen fast immer eine grosse Rolle. Häufiger puitzen die Weibchen an der Erde im Sitzen, zuweilen recht eifrig, so z. B. in diesem Frühjahr (1902) ein solches einige zwanzigmal in kurzer Zeit zu Beginn des Abendstriches.. Männchen schienen aber nicht in Gehörweite zu sein, wenigstens strich keins zu, und erst, als das Weib- chen etwa 10 Minuten weg war, strichen drei Männchen eifrig quarrend überhin. Die Männchen, wie schon erwähnt, machen sich sehr viel mehr bemerklich als die Weibchen, weil sie meist erheblich höher fliegen und durch ihr Quarren, das auch unter ungünstigen Verhältnissen einige hundert Meter zu hören ist, viel mehr die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Meist fliegen sie so hoch, dass sie gerade noch ungehindert über den Spitzen der Bäume hinstreichen können, viel höher selten, zuweilen jedoch auch so hoch, dass kein Schrotschuss sie erreicht. Fast ausnahms- los fliegen sie auch viel schneller als die Weibchen, streichen auch so ziemlich bei jeder Witterung, selbst bei recht heftigem, nahezu stürmischem Winde, und dann stets mit Blitzzug- geschwindigkeit. Meist quarren sie mehr oder weniger eifrig, nur früh im Jahre streichen sie bei ungünstiger Witterung oft stumm, aber selbst dann werden sie vielfach noch gegen Schluss des Abendstriches laut. Streichen zwei Schnepfen zusammen, so folgt!) das Männ- chen dem Weibchen, beide fliegen dann niedrig zwischen den Büschen hin, quarren und schiepen nicht, lassen aber hohe, feine Töne hören, wie „slit slit“ oder, wie NAUMANN schreibt, „Pip Pip“. Zwei oder mehr Männchen zusammen streichen hoch; drei oder mehr Schnepfen zusammen, wenn ein oder zwei Weibchen dabei sind, habe ich leider noch keine Ge- legenheit zu beobachten gehabt.“ —| Die fliegende Waldschnepfe hat noch das Besondere, dass sie den langen Schnabel nicht gerade ausstreckt, sondern seine Spitze wie im Sitzen gegen die Erde neigt, beim Streichen und anderen Ausflügen in der Dämmerung dies so arg, dass eine Linie über den Rücken zum Halse und Kopfe und von da auf dem Schnabel herab gezogen im Genick beinahe einen rechten Winkel bilden würde. Unsere Waldschnepfe ist äusserst furchtsam, misstrauisch und scheu; sie zeigt sich daher am Tage nie auf dem Freien sitzend oder stehend, und ist sie ja bei Verfolgungen gezwungen, ausserhalb des Gebüsches sich auf die freie Erde niederzu- werfen, so drückt sie sich auch in demselben Augenblicke platt auf den Boden nieder und liegt hier still, bis die Gefahr sich entfernt hat, wo sie alsbald auffliest und dem nächsten Gehölze zueilt, um dort sich ebenfalls sogleich hinter einen alten Stamm, zwischen Baumwurzeln oder auch nur zwischen dem alten Laube fest niederzudrücken, ohne im eigentlichen Verstande sich zu verkriechen oder zwischen die Umgebungen zu verstecken. Dieses Niederdrücken oder Ducken ist ein Liegen auf Brust und Bauch, mit untergezogenen Füssen, ein- sezogenem Halse, ziemlich niedergebogenem Kopfe und gegen die Erde gestützter Schnabelspitze. In dieser Lage, ohne sich zu regen, schaffen Farbe und Zeichnung des Gefieders ihr fast immer einen sicheren Schutz gegen die spähenden Blicke ihrer Feinde, weil sie den gewöhnlichen Umgebungen, dürrem Laube, Holzgebröckel und dergleichen, so vollkommen ähnlich sehen, dass die Umrisse des Vogels mit ihnen verschmelzen, so wie sie an einen alten Stamm gedrückt einem Stück abgebrochener Borke oder einer vorragenden Wurzel völlig gleichsieht. Sie trifft auch solche Stellen fast immer so gut, dass man in Ver- suchung kommen möchte zu glauben, sie kenne diese Ähnlich- keiten, suche gerade ein solches Plätzchen aus und vermeide deshalb im Gegenteil andere, namentlich Gras, grünes Moos und dergleichen, weil sie da ungleich leichter zu entdecken sein würde. Es hält in der That unglaublich schwer, eine Waldschnepfe zwischen alten Storzeln und dürrem Laube sitzen 1) Nach meinen Beobachtungen muss "hier eingefügt werden: „in der Regel“. Auch Dr. WURM schreibt mir: „Der voranfliegende Vogel ist nicht immer das Weibchen. J. R. Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rusticula L.- en] oder liegen zu sehen, selbst für das schärfste Auge und für den an solche Dinge gewöhnten und geübtesten Blick. Mein Vater, der hierin eine mir nie wieder vorgekommene Fertigkeit sich zu eigen gemacht hatte, beim ruhigen Umherschleichen, oft sogar ganz zufällig, manche Schnepfe sitzen sah und sie erlegte, ehe sie aufflog, versicherte immer, dass auch er nie eine entdecken würde, wenn ihm nicht ihre Glotzaugen wie schwarze Glaskorallen entgegen funkelten und dass, wenn sie diese schliessen wollten (wie z.B. Eulen und Tagschläfer), auch er die meisten Male keine bemerken würde. Deshalb hielt er es auch für eine noch viel schwierigere Aufgabe, eine tot herabgestürzte Schnepfe zu finden, als eine lebende, die er einfallen sah, sitzen zu sehen. Wenn sie wie Strand- oder Wasserläufer auf dem Freien herumlaufend sich sehen liesse, so würde sie nie schussrecht aushalten. Ihre Schüchternheit und Furchtsamkeit gebietet ihr aber, sich an düsteren Orten niederzuducken, so stundenlang still zu liegen und erst dann aufzufliegen, wenn sie die Fuss- tritte des Feindes ganz in der Nähe vernimmt. Hat sie noch keine Nachstellungen erfahren, so hält sie oft bis auf wenige Schritte, manchmal bis zum Ertreten aus, und es ist sehr wahrscheinlich, dass sie solche Annäherung häufig im Schlafen überrascht. An ganz einsamen Orten und durch dichtes Ge- büsch den Augen ihrer Feinde entzogen, schleicht sie jedoch auch am Tage, obwohl nur auf einem kleinen Raume, herum; das geringste Geräusch schüchtert sie aber sogleich wieder ein und macht, dass sie sich augenblicklich duckt und wieder so lange still liegt, bis sich aller Verdacht längst entfernt hat. Man errät oft an dem frisch umgewendeten modernden Laube ihre Nähe; aber nur einem so ruhigen und ausdauernden Be- obachter wie meinem verstorbenen Vater wird es glücken, sie bei ihrem gemütlichen Treiben da belauschen zu können. Eigentlich kann auch nur ein günstiges Ungefähr so etwas befördern. — So dumm wie die Schnepfe aussieht, ist sie nicht, und wenn sie sich manchmal unklug benimmt, so kam dies immer nur aus übergrosser Angst und Verblüffung. Scheucht man sie auf, so fliegt sie nie anders als auf der entgegen- gesetzten Seite des Gesträuches heraus und immer so, dass sich Bäume und Gebüsch zwischen ihr und dem Jäger be- finden. Dass sie ihn zuweilen durch plötzliches Niederwerfen täuscht, ist schon erwähnt, aber nicht, dass sie dies oft nur zum Schein thut, anstatt sich niederzusetzen ein Stück nahe über der Erde fortstreicht, dann wieder in die Höhe und weit fortzieht, ehe sie sich setzt, auch oft vor dem Niedersetzen einen sehr grossen Bogen beschreibt, in ganz anderer Richtung fliegt und endlich an einem Orte niederfällt, wo man sie gar nicht suchen würde. Bei einer vielmals aufgescheuchten und mit Fehlschüssen geängstigten Schnepfe in kleinen zerstreuten Gehölzen hat man oft Gelegenheit, ihre Klugheit, sich den Augen und den Nachstellungen des Schützen zu entziehen, zu bewundern, und der einzelne richtet da sehr häufig gar nichts aus, weil er sie zu bald aus den Augen verliert. [— Jeder erfahrene Weidmann wird von der „Intelligenz“ der Waldschnepfe überzeugt sein.!) Wenn aber die alten Jagd- schriftsteller als einen Beweis für ihren „bewundernswürdigen Instinkt“ erzählen, wie sie einen zerschmetterten Fuss durch Anlegen eines Verbandes selbst zu heilen wisse, so findet diese interessante Geschichte heutigentags wohl nur noch wenige Gläubige. Dennoch möge von den vielen Darstellungen, die diese scheinbar chirurgische Arbeit des Vogels in ganz natür- licher Weise erklären, die von CzyNk gegebene hier mitgeteilt werden. „Ist eine Schnepfe krank, d. h. verwundet, so zieht sie sich in das Dickicht zurück und verharrt hier so’ lange ruhig, bis der Schweiss aufhört zu fliessen und sich das mit demselben gesättigte Gefieder wie ein Verband um die wunde Stelle legt und, trocknend, dieselbe hermetisch verschliesst. !) Nur der Marokkaner nennt sie (nach Dr. SHAw) „den Esel unter den Rephühnern (hammar al hadjel)“; doch mag sich dies wohl auf die von der Reise erschöpften Schnepfen beziehen, die sich ja mit Stöcken totschlagen lassen. J. R. Dies hat Anlass dazu gegeben, dass manche Jäger behaupten, die Schnepfe lege sich, wenn sie geständert würde, mit dem Stecher Federn um den kranken Ständer und schiene ihn auf diese Art. Ich glaube, dass dieses Schienen einfach dadurch geschieht, dass der Vogel, unvermögend vor Schmerz auf dem kranken Ständer zu ruhen, sich auf den Bauch niederlässt und infolgedessen das Kleingefieder desselben den Schweiss auffängt und, an die Wunden klebend, später so stark an dieselben trocknet, dass bei eintretender Heilung dasselbe vom Bauche abreisst und nun als Schiene am kranken oder besser gesagt in der Heilung begriffenen Ständer verbleibt. Ebenso ist dies bei den Flügeln der Fall, indem sich dieselben an die Seitenfedern legen. Hängt ein Flügel herab, nun so bilden die Federn der Umgebung mit dem trocknenden Schweiss den Verband. Es ist oft unglaublich, wie rasch Wunden und Brüche heilen“ (Die Waldschnepfe, S. 16). Gerade so klebt ja auch Bodenlaub und dergleichen an Wunden verschiedenen Wildes. —| | Wie ungesellig die Waldschnepfe ist, wurde schon oben gesagt. Vom Ziehen derselben in Herden kann daher nie die Rede sein; sie macht ihre Reisen einzeln oder höchstens paar- weise, |— (nach v. CHERNEL auch in kleinen Gesellschaften von drei bis vier Stück), —| und dies letztere kommt nicht allein im Frühjahr, sondern dann und wann auch im Herbste vor. Mit anderen Vögeln macht sie sich vollends gar nichts zu schaffen; sie misstraut auch den kleinsten und gerät vor grösseren in Furcht und Schrecken, wie wenn alle Raubvögel wären, und vor diesen kennt ihre Furcht vollends keine Grenzen. [— „Eine gewisse Neugierde ist der Schnepfe eigen, be- sonders eine Vorliebe für den Feuerschein: Leuchtturmwächter, die am Lager- oder Kochfeuer versammelten Jäger oder Holz- hauer wissen davon zu erzählen. Ein Freund hat sie über ein am Waldrande abgebranntes Feuerrad wiederholt hin- und herstreichen sehen, und mich selbst begleitete eine solche ganz nahe, als ich eines Oktoberabends im beleuchteten Eisen- bahnzuge dahinfuhr. Nicht nur die Nachahmung des Balz- rufes (für die die „Schnepfenlocke“ viel im Gebrauch ist), sondern auch die vom Jäger in die Luft geworfene Mütze lockt sie häufig vor das tötliche Rohr“ (W. WurM, Wald- geheimnisse). —|] Ihre Stimme hat mancherlei Abwechselungen aus rauhen und gedämpften Tönen, wovon keiner angenehm klingt und keiner weit hörbar ist. lm Auffliegen stösst sie, jedoch nicht immer, ein sehr gedämpftes heisseres Katch oder Dack ein- oder ein paarmal nach einander aus. [— Derselbe Laut, wiederholt ausgestossen, wurde auch von einer Waldschnepfe vernommen, während sie über einem Hühnerhunde „rüttelte*“; und W. Wurm hörte ihn von einer, die ihm ganz nahe an- gelaufen war, in dem Augenblick, wo sie ihn erkannte; „es klang fast wie ein Lachen“. —] Schreck und Angst scheinen ihr dies auszupressen, so wie sie in Todesangst sehr oft ein quäkendes Schähtsch ausstösst, das auch keineswegs weit gehört werden kann. Sie hat auch eine Art Lockstimme, die sie des Abends, wenn sie aus freiem Antriebe aus dem Holze auffliegt und sich auf die Reise begiebt, hören lässt, indem sie hoch durch die Luft fortstreicht, dann aber auch, nur ein- oder einigemal nach einander, ein gedämpftes ähtch ausruft, welches dem der gemeinen Bekassine ähnelt, aber einen dumpferen und viel tieferen Ton hält, wobei dieser auch am Ende des ähtch herabsinkt, während er bei jener am Schlusse immer in die Höhe steigt, wodurch sich beider Locktöne bei aller Ähnlichkeit auffallend unterscheiden. — Noch ganz andere Töne sind die, welche unsere Waldschnepfe in der Dämmerung auf den Balzplätzen (beim sogenannten Streichen) hören lässt. Sie lassen sich so wenig wie die anderen mit Buchstaben ge- nügend versinnlichen. Der eine ist eine Art kurz abgebrochenen Pfeifens, ein sehr hoher scharfer Ton, wie pssiep klingend, einsilbig, doch das E ein wenig hörbar; — der andere ein dumpfer Kehllaut oder, wie das Rucksen der Tauben (wenn 54 Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rusticula L. man so sagen darf) ein innerlicher, indem er tief in der Brust hervorgebracht zu werden scheint, und klingt wie jurrk oder juarrk! Die Jäger nennen ihn hier gewöhnlich von seiner Ähnlichkeit mit denen der Tauben,!) das Murxen oder „Quarren“, und jenen von der mit dem scharfen Piepen junger Haushühnchen das Schiepen oder „Quitschen“ [—, in Süd- deutschland „Zwicken“ —]. Die streichende Waldschnepfe lässt, wenn sie im Frühjahr in dem oben beschriebenen sonderbaren Fluge auf den ebenfalls schon bezeichneten Plätzen in der Dämmerung ankommt, bald den einen, bald den anderen dieser sehr verschiedenen Laute hören, öfter, doch nie schnell nacheinander, wenn sie recht hitzig ist, einzelner, wenn ihr das Wetter nicht recht behagt oder es ihr sonst am inneren Antriebe fehlt, oder sie kommt und geht auch ganz stumm, wenn beides nicht so ist, wie es sein soll. Allem Anschein nach sind es nur die Männchen, welche murxen und schiepen;?) denn so oft mehrere auf dem Platze, wo wir standen, zugleich ankamen, und eine durch beträchtlichere Grösse sich auszeichnende (vermutlich weib- liche) Schnepfe dabei war, hörten wir immer noch eine dritte Stimme, ein sanfteres, von dem Schiepen der anderen sehr verschiedenes pip pip pip, auch pipip pip fortwährend da- zwischen. Sie waren uns, sobald wir sie schon von weitem vernahmen, immer das Zeichen, dass mehrere sich jagende Schnepfen ankamen und dass zu hoffen stand, von diesen ge- wöhnlich niedrig daherziehenden mehr als eine mit einem Schusse zu erlegen; denn jene Töne sind auch zugleich das Zeichen, dass sonderbarerweise dann eine Schnepfe so dicht hinter der anderen herfliegt, dass man glaubt, der Schnabel der zweiten müsse den Schwanz der ersten berühren, und. es aussieht, als wären alle an einen Faden gereiht. Mehr als drei oder vier hintereinander haben wir jedoch nicht fliegen sehen, und diese in einer Reihe allezeit nur dann, wenn die vorderste eine grössere, ein Weibchen war. Waren es bloss Männchen, so flogen sie durcheinander und stachen in den verschiedensten Schwenkungen aufeinander los, wobei sie dann bloss murxten und schiepten, aber jene Töne nicht vernehmen liessen. [— Ausserordentlich interessant sind auch hier wieder die Beobachtungen ZIEMERS: „Das Quarren ähnelt am meisten den Tönen, welche man mit frischem Lederzeug hervorbringen kann, und zwar in so hohem Grade, dass mein alter Hektor ganz wild wurde, als ich ihm gelegentlich mal auf solche Weise was vorquarrte. Im einzelnen klingt es sehr verschieden, recht behaglich, wenn es an warmen, stillen Abenden nur ver- einzelt hervorgebracht wird, viel entschiedener, fast möchte ich sagen kriegerischer, wenn die Schnepfe eifrig quarrt und es oft wiederholt; dann bildet sie durchaus eine festgefügte Strophe, die sie in kurzen Zwischenräumen von je einigen Sekunden ganz regelmässig wiederholt: „kwörr — kwörr — kworrrörr — — kwörr — kwörr — kworrrörr — —“ u. 8. w. Die Zwischenzeiten zwischen den einzelnen Tönen dauern dann kaum eine Sekunde, diejenigen zwischen den Strophen nur etwa zwei bis drei Sekunden. Das Schiepen, Puitzen, oder wie es sonst noch genannt wird, ist meiner Ansicht nach ausschliesslich den Weibchen eigen, die den Männchen dadurch ihre Anwesenheit kund thun. Zu dieser Ansicht bin ich deshalb gekommen, weil ich bisher noch niemals von ein und derselben einzeln streichenden Schnepfe beides, das Quarren und Schiepen, hörte, sondern stets nur entweder das eine oder das andere! Schiepende Schnepfen, die ich erlegte, waren Weibchen, und andere, die ich nicht erlegen konnte, erwiesen sich durch ihr Benehmen, Flug u. s. w. als solche. ») Noch mehr Ähnlichkeit hat er mit dem Knurren ganz junger Schweinchen. Naum. 2) HOFFMANN versichert, durch nachherige anatomische Unter- suchung sich positiv überzeugt zu haben, dass das „Pssiep“ auf dem Frühlingsstrich nicht nur von Männchen, sondern auch von einzeln streichenden Weibchen vernommen wird (a. a. O., S. 49). J. R. Fliegen Männchen und Weibchen, also ein Paar, zusammen, so quarren sie weder, noch schiepen sie, soweit meine eigenen Beobachtungen reichen, sondern lassen nur Töne hören wie „slit slit“ oder „pip pip“. @uarren und Schiepen haben dann ihren Zweck, die Geschlechter zusammenzuführen, erfüllt und sind nicht mehr nötig. Streichen drei und mehr Schnepfen zusammen, so wird es nur in den seltensten Ausnahmefällen einmal möglich sein, den Ursprung etwa gehörter Stimmen sicher festzustellen, wenn es nämlich gelingt, die ganze Gesell- schaft zu erlegen und wenn alle gleichen Geschlechts sind.“ Noch andere als die vorstehend beschriebenen Laute ver- nahm GADAMER bei der Beobachtung eines Schnepfenpaares, das sich unter dem Genuss ehelicher Freuden mit hochgehobe- nem, ausgespreiztem Schwanze auf dem feuchten Wiesenboden eines Birkenwäldchens herumtummelte. Die von ihnen während dieses Liebesspieles hervorgebrachten Laute, die GADAMER für den richtigen „Balzgesang“ halten möchte, „glichen vollkommen dem entfernten Geschrei von zwei einander jagenden Raben, deren gewöhnlicher Ruf dann rasch in bald steigendem, bald sinkendem Tone auf einander folgt.“ (Journ. f. Ornith. 1861, S. 217). Dr. RIEGLER hörte einmal ein Klappern mit dem Stecher. —] Die Waldschnepfe lässt sich leicht zähmen und wird, be- sonders jung aufgezogen, sehr zutraulich, lernt ihren Wärter kennen und folgt seinem Rufen. Sie macht öfters, wenn sie ein Männchen ist, demselben die sonderbaren Stellungen und (Geberden vor, welche sonst gewöhnlich nur der Paarung vor- hergehen, d. h. sie hebt den Vorderkörper sehr hoch, dehnt den Hals lang in die Höhe, lässt den Schnabel so sinken, dass er vorn am Halse herabhängt, blähet die Federn am Rumpfe, hängt die Flügel und lässt sie auf der Erde schleifen und schlägt dazu mit dem Schwanze ein Rad. Nicht selten stösst sie dabei auch ihre Balztöne aus, wo man nach jedem aus- gestossenen Pssiep dumpf murmelnde Bauchtöne vernimmt, welche klingen, als kämen sie aus dem Hintern; sie sind aber nur in der Nähe zu unterscheiden. Sonst ist sie ein zu stiller Vogel und zu phlegmatisch, daher kein angenehmer Stuben- vogel, hält sich aber bei sorglicher Pflege ein paar Jahre in der Gefangenschaft. Nahrung. Sie lebt von Insekten, [— kleinen Nacktschnecken —|] und Würmern, am meisten von Insektenlarven, die sich unter modernden Vegetabilien, namentlich abgefallenem Laube oder im Miste der Tiere aufhalten. Beim Untersuchen ihres Magens wird man diese animalischen Nahrungsmittel fast immer auch mit einigen zarten Fasern, wie von feinen Wurzeln herkommend, seltener hier und da mit einem Grasspitzchen vermischt, oder sar ein Samenkörnchen dazwischen finden, welches alles aber im Verhältnis zu jenen in so unbedeutender Menge vorkommt, dass man es nur als zufällig verschluckt ansehen darf. Man kann daher wohl eigentlich nicht sagen, dass sie Kräuter und Wurzeln geniesse, da nur der Zufall oder der drückendste Mangel sie dazu bewegen kann, kleine Teile vegetabilischer Natur zu verschlucken; wenn nämlich nach ihrer Ankunft im Frühjahre noch ein harter Nachwinter folgt, sieht sie sich zu- weilen gezwungen, im Wiederschein der Sonne liegende, offene Wasser und Sümpfe aufzusuchen, an welchen sie dann nach lebendigen Wesen vergeblich herumtastend auch halbverfaulte Würzelchen und andere Pflanzenteile aus dem aufgetauten Schlamme hervorzieht und verschluckt, von dieser unnatür- lichen Kost magert sie jedoch in kurzer Zeit so ab, dass sie dem Hungertode mit schnellen Schritten entgegen geht. [— Nach einer Mitteilung in der „Wiener Jagdzeitung“* 1867, S. 781 fand Forstrat THIRRIOT in dem Magen zweier in Istrien geschossenen Waldschnepfen einige Maiskörner. Diese für sie völlig un- verdauliche Nahrung wird von den Vögeln auch nur in einem Fall der höchsten Not aufgenommen sein. —|] Obwohl vielartige Larven von kleinen Laufkäfern, von Schnaken, von Mist- und Dungkäfern ihre Hauptnahrung aus- machen, so findet man doch auch oft die Käfer dieser Arten Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rusticula L. 55 zwischen jenen in ihrem Magen, jedoch nur von kleinen Arten; die grösseren scheinen ihr zu hart. Sie frisst zwar auch kleine nackte Schnecken, scheint sie aber weniger zu lieben als Regenwürmer, die sie dagegen oft in Menge verzehrt. Man muss sich wundern, wie sie die kleinsten Würmchen, sogar Insekteneier, mit dem Schnabel zu fassen vermag, weil sein unterer Teil kürzer als der obere ist; deshalb kann ihr dies auch nur auf feuchtem und nachgiebigem Boden gelingen, nicht aber auf hartem. Sobald die Abenddämmerung angebrochen ist, fliegt die Waldschnepfe aus ihrem Versteck auf und begiebt sich aus dem Dickicht aufs Freie, nämlich auf breite Waldwege, Waldwiesen, grössere Rasenplätze, auf sumpfige freie Stellen in der Nähe ‘des Waldes, selbst auf die nahen nassen Äcker, vorzüglich aber auf an den Wald grenzende oder durch ihn hinziehende Viehtriften und Viehhalden. Hier lässt sie sich an feuchten Stellen oder da, wo der Unrat des Viehes, besonders vom Horn- vieh, in Menge herumliegt, auf kurzen Rasen, aber nie ins lange Gras nieder, um hier ihre Nahrung zu suchen, bis es völlig finster geworden ist, und in der Morgendämmerung bis fast gegen die Tageshelle wiederholt sie dasselbe. Nicht selten übernachtet sie auf solchen Plätzen oder in ihrer Nähe, um des Morgens gleich wieder da zu sein. [— Man findet auf solchen Viehweiden nicht selten Kuh- fladen, die von 20 und mehr Löchern durchbohrt sind: die Son- dierungsarbeit einer nach Nahrung „stechenden“ oder „wurmen- den“ Schnepfe. Bei der Scheuheit des Vogels wird es nicht leicht möglich sein, die absonderliche Art dieses „Wurmens“ im Freien genau kennen zu lernen. LUDWIG BECKMANN hatte Gelegen- heit, hierüber an einer in Gefangenschaft gehaltenen Schnepfe interessante Beobachtungen zu machen, und giebt über die- selben folgenden anschaulichen Bericht (Wiener Jagdzeitung 1865, Nr. 1): „In einem oben offenen Kasten von etwa 14 cm Seitenhöhe und 16 qdm Fläche hatte ich feuchtes Erdreich nebst einer Anzahl lebender Würmer einschlagen lassen. Die Schnepfe nahm von dem neuen Terrain anfänglich gar keine Notiz; als ich aber das Erdreich mittelst eines Stöckchens etwas bewegte, richtete sie plötzlich den Hals hoch auf und rannte dann rasch der betreffenden Stelle zu. Als sie hier trotz allem Spähen nichts Lebendiges entdecken konnte, be- stieg sie den Kasten und spazierte langsam darin hin und her, den Schnabel dicht über dem Boden tragend und bald hier, bald dorthin, vor und neben sich in das weiche Erdreich drückend, ohne dabei im Gange anzuhalten. Der völlig ge- schlossene Schnabel wurde dabei in der Regel kaum 1 bis 2,5 cm tief in den Boden gesenkt und rasch wieder herausgezogen. Es war weder ein „Bohren“ noch Hacken zu nennen, und in kurzem war das kleine Terrain mit einer Unzahl kleiner, glatter Löcher gleichen Umfanges übersät. Endlich musste sie wohl die Bewegung eines Wurmes durch das Gefühl entdeckt haben; denn sie hielt in ihrer Wanderung inne, drückte plötz- lich den Schnabel bis fast an die Wurzel in den Boden und verharrte in dieser Stellung, während die grossen glänzenden Augen aufmerksam die nächste Umgebung überspähten. Der Wurm hatte sich inzwischen wahrscheinlich zurückgezogen; denn im nächsten Augenblick riss die Schnepfe den Schnabel wieder leer heraus und fuhr blitzschnell in einer Entfernung von 8 bis 10 cm mit Sicherheit wieder in die Erde. Jetzt kam eine ziemlich lange Pause — der Schnabel stak in schiefer Richtung im Boden, war kaum 2 em lang sichtbar und bis dahin dicht geschlossen; dass aber die bewegliche Schnabel- spitze angestrengt thätig war, liessen die langsamen Wen- dungen des Kopfes, das Zwinkern der Augenlider und die zornig gesträubten Kopffedern wohl ahnen. Jetzt kam ein Ruck aufwärts — der Schnabel ist bis zur Hälfte sichtbar und ' fest geschlossen — ein zweiter verstärkter Ruck wird sogar mit heftigem Flügelschlage begleitet und ist von solcher Wir- kung, dass die Schnepfe mit dem herausgerissenen Wurm hintenüberfällt und für einen Augenblick — mit weit gespreitzten Flügeln auf dem Steisse sitzt. Das inkommodiert unsern Vogel indes nicht im geringsten, — er ist viel zu sehr mit dem Wurm beschäftigt, der (von der Dicke eines starken Gänse- kiels) in der Pinzette des geschlossenen Schnabels sich in wunderlichen Knäueln und Schlingungen windet. Ein heftiges Hin- und Herschleudern des Schnabels hemmt den Widerstand des Wurmes, er hängt bereits ziemlich schlaff herab, als ihn ein nochmaliges Schleudern oder richtiger ein einziger derber Seitenschlag plötzlich in zwei gleiche Hälften zerteilt, die nun sofort von der Schnepfe verschlungen werden.“ Eine eigen- artige, das Wurmen begleitende Bewegung beobachtete LIEBE an Waldschnepfen, die, durch den Telegraphendraht beschädigt oder durch einen Schuss flugunfähig geworden, von ihm ge- pflegt und lange in Gefangenschaft gehalten wurden, und zwar anfänglich im Zimmer in einem grösseren Käfig. „Hier be- ginnen diese Tiere, die sonst die meiste Zeit sehr apathisch in einer dunklen Ecke stehen, von Zeit zu Zeit mit den Füssen zu trampeln, als wenn sie irgend etwas festtreten wollten. Die Bewegung hat unter solchen Umständen keinen Zweck. Bringt man die Tiere in den Garten, dann wird der ursprüngliche Zweck klar: sie stecken den langen, feinfühligen Schnabel in die Erde in Wurmlöcher und trampeln dazu in oben an- gegebener Weise, offenbar um zu veranlassen, dass das Ge- würm unter der Erdoberfläche weiter nach oben kriecht, was es ja bei jeder kleinen Erschütterung thut, wie jeder Gärtner weiss“ (Örnith. Monatsschr. 1882, S. 117). —|] Auch am Tage, vorzüglich Vormittags, schleicht sie nicht selten ihrer Nahrung nach, doch geschieht dies nur da, wo sie nicht gestört wird und wo sie dies Geschäft unter dichtem, schattenreichem Gebüsche ungesehen betreiben kann. Ihre grosse Furchtsamkeit macht, dass sie dabei jedes ungewöhn- liche, wenn auch noch so leise Geräusch so einschüchtert, dass sie sich sogleich still niederdrückt ; weshalb äusserst selten beobachtet werden kann, wie sie bei dieser Art sich zu nähren verfährt.') War man so glücklich, sie dabei zu belauschen, so sah man, wie sie ihren langen Schnabel unter das abgefal- lene alte Laub schob und wie mit einem Hebel handgrosse Klumpen desselben umwendete, um zu den darunter steckenden kleinen Käfern, Schnecken, vorzüglich aber Larven und Wür- mern. zu gelangen. Sehr oft ist an dem Orte, wo man eine Waldschnepfe aufstöbert, doch immer nur in einem nicht grossen Umkreise, das alte Laub auf diese Weise umgewendet. Bekanntlich thun auch Drosseln in gleicher Absicht dasselbe, allein auf eine so verschiedene Manier, dass es dem Kenner, wenn er die Vögel auch nicht dabei überraschte, doch nicht entgehen kann, von welchen Gattungen solches Umstören des modernden Laubes herrühre; denn die Drosseln zupfen, hacken und werfen das Laub in kleineren Portionen um sich und lockern es mehr auf, während es die Waldschnepfe stets in gröberen Klumpen bloss umwendet und diese feuchten Klumpen dann noch mit dem Schnabel durchsticht, sodass dieser oft bis an die Nasenlöcher eindringt, weil er mit so zartem Gefühl versehen ist, dass sie die Geschöpfchen, die ihr zur Speise dienen, gar nicht zu sehen braucht und sie gewiss die meisten Male nicht sieht, sondern bloss fühlt. So bohrt sie auch in den feuchten, lockeren Boden Loch bei Loch und durchsticht ihn sondierend, soweit es seine Nach- giebigkeit und die Weichheit des Schnepfenschnabels nur irgend gestatten wollen. Ganz vorzüglich gern durchtastet sie auf diese Weise den nicht ganz frischen Rindviehdünger, weil er ein Aufenthalt zahlloser Insektenlarven ist, welche ihr von allen Nahrungsmitteln die liebsten zu sein scheinen, und die Fläche älterer Kuhfladen ist von ihren Schnabelstichen oft wie ein Sieb durchlöchert. Die Eigentümlichkeit dieser hinter- lassenen Spuren verrät sehr oft den nahen Aufenthalt der Schnepfe. [— „Der aufmerksame Beobachter wird an solchen Orten auch öfters die charakteristische Losung der Schnepfe (das „Gestüber“, wie die Jäger sagen) finden: eine etwa thaler- ‘) Meinem Vater gelang es einigemal, aus seinem Vogelstellerhäus- chen dies, wie so manches Interessante aus dem Leben der Vögel, recht mit Musse beobachten zu können. Naum. 56 | Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rusticula L. grosse flüssige Flade von kalkweisser Farbe, mit gewöhnlich in der Mitte oder nahe der Mitte gelegener, wenig umfang- reicher Beimischung.“ (HOFFMANN.) —] Sie ist so begierig nach den kleinen im Viehdung lebenden Käfern und Larven, dass sogar einmal einer meiner Bekannten am hellen Tage eine Schnepfe am Rande eines Waldweges, zwar kaum ein paar Schritte vom Gebüsch, jedoch ganz auf dem Freien ein solches Häufchen durchstechen sah, wobei sie so emsig war, dass sie seine Annäherung kaum beachtete und schussrecht aushielt; gewiss ein unerhört seltener Fall. [— Dr. WURM bemerkt: „Eine eifrig wurmende Schnepfe wird oft in dem Grade „seelentaub“, dass sie selbst einen Fehlschuss überhört; eine ganz andere Gehörlosigkeit als die des schleifenden Auer- hahns“. —| Die Waldschnepfe beschäftigt sich überhaupt ge- wöhnlich lange an einer Stelle, läuft da wenig oder gar nicht umher, sondern fliegt, wenn es an der ersten nichts mehr giebt, an eine andere, oft ganz entfernt von jener. Dies lässt sich auf dem Anstande im Zwielicht leicht beobachten. Am Tage ist dies alles anders; sie schleicht da im Verborgenen und verlässt aus eigenem Antriebe ihr Versteck nicht, noch viel weniger fliegt sie dann nach Nahrung umher. Dass sie, wie BECHSTEIN (a. a. O.) sagt, zuweilen auch Heidelbeeren geniesse, kann ich aus eigener Erfahrung nicht bestätigen. So einfältig und trotzig die alt eingefangene Waldschnepfe sich auch anfänglich beträgt, so lässt sie sich doch in den meisten Fällen noch ziemlich leicht an ein Stubenfutter ge- wöhnen, wenn man ihr zuvörderst Regenwürmer vorlegt, nach- dem sie diese angenommen, etwas von dem Futter darunter mengt, später die Würmer zerstückelt, nach und nach immer mehr von dem Futter beimischt, bis sie es endlich ohne jene hat fressen lernen. Man wählt dazu das auch anderen Schnepfen- vögeln am meisten zusagende Semmelfutter, aus Semmel oder Weissbrot in Milch eingeweicht bestehend. Zum Aufziehen noch etwas kleiner Jungen sind sogenannte Ameiseneier nötig. Man kann an Gezähmten das Stechen und Tasten nach Insekten- brut und Würmern sehr gut beobachten, wenn man ihnen ein Stück weichen Rasen vorlegt, worüber sie sich sogleich her- machen und ihn Strich bei Strich durchbohren. [— Aus den Mitteilungen, die FRIDERICH in seiner „Natur- geschichte der deutschen Vögel“ (S. 825) über eine von ihm jung aufgezogene Waldschnepfe macht, seien hier noch ein paar Beobachtungen und praktische Erfahrungen wiedergegeben. Sie musste, bis sie sich zum Selbstfressen bequemte, einige Zeit gestopft werden. Ihr Futter bestand aus Quark und läng- lichen, wurmartig geschnittenen Streifen von Kalbsherz. Etwa vier Wochen frass sie beides gleich gern, dann ging sie ent- schieden zur Fleischnahrung über. Alles nahm sie mit der Schnabelspitze auf, ohne Bohrversuche zu machen, wobei der Schnabel zum Verschlucken kleiner Bissen so wenig bewegt wurde, dass es gleichsam ein Einsaugen war. Grössere Bissen wurden etwas stärker bearbeitet, geschüttelt und auf den Boden gedrückt, wobei man das Öffnen des Schnabels von der Mitte an beobachten konnte; das Verschlingen erinnerte aber doch immer an ein Einsaugen; dabei ist die gezähnelte Zunge be- hilflich. Das seltene Trinken, wobei sie den Schnabel bis an die Nasenlöcher einsenkte, war ebenfalls ein Saugen. Um ihre Zuneigung zu bestimmten Personen zu bekunden, machte sie öfters Balzgebärden, reckte den Hals empor, senkte den Schnabel stark abwärts, streifte die Flügel auf den Boden und schlug mit dem Schwanz ein Rädchen. —| Fortpflanzung. Die Waldschnepfe pflanzt sich in allen geeigneten Wal- - dungen des mittleren Europa und so auch bei uns fort. Noch häufiger scheint dies in von uns nördlicher oder östlicher ge- legenen Ländern der Fall zu sein, so weit nach Norden hinauf, als es ihr zusagende Waldungen giebt; wo aber diese lichter werden und der Holzwuchs allmählich verkümmert, wohnt keine mehr. Sie zieht bei uns die gebirgigen Waldungen den ebenen vor, auch müssen sie jedenfalls einen nicht unbedeuten- den Umfang und mancheriei Abwechselungen haben, als tiefere Thäler, Waldwiesen und andere lichtere Stellen, namentlich aber viel und dichtes Unterholz; denn im reinen Hochwalde wohnt so wenig eine, als in ganz ununterbrochenen Dickungen. In hiesiger Gegend sind es besonders die anmutigen Auen- wälder an unseren Flüssen, wo einzelne Pärchen nisten; in den Waldungen des Harzes und des nahen Thüringen kommt dies viel häufiger vor, und sie nistet dort auch tief in den Ge- birgen auf nicht zu alten Schlägen, wo viel Unterholz auch mit freien Stellen, schmalen grünen Thälern und versteckten Wiesen vermischt vorkommt, in nicht zu trockenen, aber auch gerade nicht sumpfigen Lagen und stets an ganz einsamen, stillen Orten. Dort pflanzen sie sich meistens in reinem Laub- holzwalde oder in mit Nadelholz untermischtem fort, wo es stellenweise Anflug von diesem zwischen Laubholz giebt, selbst noch, wo das letztere von jenem ziemlich verdrängt ist, aber selten, wo es ganz fehlt, und am wenigsten in höheren Dickichten von Nadelbäumen. In kleinen abgesonderten Feldhölzern nistet' keine, mögen sie auch sonst auf dem Zuge gern von ihr be- sucht werden. Das sogenannte Streichen der Waldschnepfen, von dem oben schon die Rede war, verkündigt die Aufregung des Fort- pflanzungstriebes und geht zum Teil der Paarung voran; denn es beginnt schon mit allen Anhängseln im Frühjahr, wenn sie sich noch auf dem Zuge befinden und die wenigsten sich schon gepaart haben. Die Männchen schwärmen, locken und kämpfen miteinander um die Weibchen, die sich nachher auch auf jenen Tummelplätzen einfinden und das Spiel mitmachen, bis sie Eier gelegt haben, während von dieser Zeit an die Männchen nur allein noch streichen und dies so lange treiben, bis sie Junge haben. Wenn indessen manche dies noch bis fast zu Ende Juni fortsetzen, so sind dies wahrscheinlich solche, deren Weibchen die Eier eingebüsst hatten und welche in diesem Jahre ohne Nachkommenschaft blieben; denn man darf mit Wahrscheinlichkeit vermuten, dass sie in jedem Frühjahr nur ein Gelege machen, wenn ihnen dieses nicht ganz früh- zeitig und vor dem Bebrüten geraubt wurde.!) Übrigens führen mancherlei Ereignisse in der Natur oft eine Verspätung ihrer Ankunft: am Brutorte herbei, und in solchen Jahren kommen nicht selten die durchreisenden Waldschnepfen schon gepaart bei uns an; diese schreiten denn aber auch sehr bald zu ihren Fortpflanzungsgeschäften. Dem Begattungsakte gehen allerlei wunderliche Gebärden und Bewegungen voran, die man nur an Gezähmten beobachten kann und welche oben schon be- schrieben sind. Gewöhnlich im Mai,?) zuweilen auch früher, denn man fand in einzelnen Fällen schon Ende dieses Monats oder gar noch viel früher ausgelaufene Junge,?) sucht sich das Weib- chen in einer Gegend, wo selten Menschen verkehren, ein stilles Plätzchen zwischen Moos und Gräsern, hinter einem kleinen Busche, alten Strunke oder auch an einer von den Umgebungen gar nicht ausgezeichneten Stelle, nicht tief unter 1) Vergleiche dagegen Seite 57. J. R. ?2) Dieser Termin ist für Deutschland, selbst für die nördlichsten Provinzen und die Gebirgsgegenden (in denen doch .die Brutschnepfen 8 bis 14 Tage später einzutreffen pflegen als im Flachlande), entschieden zu spät bemessen. Hier findet man die meisten Gelege im April, manche schon zu Anfang dieses Monats. So erhielt E. F. v. HOMEYER am 4, April 1845 von seinen Arbeitern, die beauftragt waren, eine starke Kiefer zu fällen, ein volles Gelege (vier Stück) Eier. Das Nest hatte unmittelbar am Stamme des Baumes gestanden (Ornith. Monatsschr. 1885, S. 49). SCHUPKE berichtet aus der Neumark: „Am 15. April sind hier schon Ge- lege gefunden, und drei Viertel der hier brütenden Schnepfen sind Ende April mit dem Eierlegen fertig“ (D. Jägerzeitung 1897, Nr. 20). E. SCHÜZ fand belegte Nester Ende April im Schwarzwald bei einer Höhe von gegen 1200 m (Journ. f. Ornith. 1861, S. 473). In Schleswig-Holstein wurden mehrfach volle Gelege Mitte April gefunden, und in Pommern schreiten die dort brütenden Schnepfen (nach QUISTORP) „fast immer schon im April zum Nestbau“ (W. Jagdzeitung 1875). In Süddeutschland fand man schon Mitte März volle Gelege. J. R. ” 5) BREHM (Naturg. d. V. Deutschl., S. 613) fand einmal am 6. Mai vier schon halb befiederte Junge. Naum. Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rusticula L. 57 dem Schatten des Dickichts, sondern mehr an Orten, wo Luft und Sonne nicht ganz davon abgehalten werden, obwohl auch nicht auf grösseren Blössen. Hier benutzt es entweder eine vorgefundene kleine Vertiefung des Bodens zur Neststelle oder es scharrt sich selbst eine solche, die sie mit wenigem trockenen Genist, Moos oder was sonst die nächsten Umgebungen dar- bieten, ganz dürftig und kunstlos belegt, sodass ein solches Grübchen ohne Eier kaum für ein Nest anzusehen sein möchte, zumal wenn, wie zuweilen, diese geringe Unterlage gänzlich fehlt. Wenn die Alte nicht gerade über den Eiern sitzt und dann vor dem Suchenden auffliegt, möchte es ebenso schwer zu entdecken als nachher wieder aufzufinden sein, wenn man vergessen hätte, sich deshalb genaue Zeichen zu machen. Es wird daher meistens bloss zufällig gefunden. Das Weibchen legt nie mehr als vier Eier, auch sehr selten nur drei; dieser Fall mag vielleicht nur [— bei jüngeren Weibchen, und bei den älteren etwa —] dann eintreten, wenn ihnen das erste Gelege genommen wurde, wodurch dann ver- spätete Bruten entstehen. Kommt es üm dieselben, wenn es schon einige Zeit gebrütet hatte, so legt es in diesem Jahre nicht wieder.') Diese Eier sind im Verhältnis zur Körpergrösse des Vogels, und mit denen anderer Waldvögel verglichen, wohl gross zu nennen, dies aber lange nicht in dem Maße, als man dies von den Eiern der meisten übrigen Schnepfenvögel sagen kann; denn-sie gleichen am Umfange kaum denen des ge- meinen Kiebitzes, sind aber viel kürzer geformt und er- langen die Grösse der des Goldregenpfeifers bei weitem nicht. An Gestalt gleichen sie mehr denen vieler Hühnervögel, namentlich der Rephühner, sind aber viel grösser als die der deutschen Arten dieser Gattung. Bei einer Länge von 44 mm haben die meisten am grössten Umfange, der wenig über der Mitte liegt und dem stumpfen Ende nur etwas ge- nähert ist, einen Durchmesser von 34 mm, dabei ist zwar das eine Ende stark abgerundet, das andere aber nicht spitz zugerundet; sie können deshalb stark bauchig, aber nicht wohl birnen- oder kreiselförmig genannt werden. [— Bei 16 Exemplaren der Reyschen Sammlung beträgt das Durch- schnittsmaß 44,9 x 33,8 mm, das Maximum 46,5 x 34,3 mm, das Minimum 43,1>x 34,2 und 45,4x 33,2 mm. Das durchschnittliche Gewicht beträgt 1,450 g. —] Ihre Schale hat zwar eine glatte, aber von den ziemlich sichtbaren Poren getrübte Oberfläche, daher fast keinen Glanz. Ihre Grundfarbe ist frisch ein bleiches Rostgelb, etwas ins Rötliche spielend, mit rotgrauen Flecken und Punkten unter der Oberfläche, auf dieser mit Flecken und Punkten von einem dunklen rötlichen oder gelblichen Braun. Bald sind diese Zeichnungen häufiger, bald sparsamer auf der ganzen Fläche zerstreut, oder auch in den meisten Fällen am stumpfen Ende viel häufiger als am entgegengesetzten. In Sammlungen verbleichen die Farben merklich, und die Grund- farbe wird schmutziger, sodass sie ein blasses Lehmgelb ge- nannt werden kann. Sie variieren am meisten in der (Grösse, wie die Vögel selbst, und erreichen oft jene Maße nicht, sind aber in der Form weniger veränderlich und etwas länglichere äusserst selten. Ihre eigentümliche Gestalt, Farbe und Zeichnung machen sie trotz der mancherlei kleinen Abweichungen stets sehr kenntlich. [I— Dr. Rey giebt folgende Beschreibung der Wald- schnepfeneier: „Die Grundfarbe ist gelblich, meist ins Bräun- liche oder ins Rötliche ziehend, im frischen Zustande auch ins Grünliche spielend. Die Zeichnung ist wesentlich matter und spärlicher als bei anderen Schnepfenarten und zeigt kaum irgend welche spiralige Anlage. Im: durchfallenden Lichte erscheinen sie gelbrot. Die Form ist mehr rundlich als bei anderen Arten und gegen das spitze Ende hin nicht so birnen- förmig.* —|] Das Weibchen brütet sehr emsig gegen 17 [— (nach an- deren Angaben 17 bis 19, sogar 21) —] Tage auf denselben und fliegt ganz nahe vor den Fusstritten des Suchenden erst ') Das bedarf wohl noch der Bestätigung. J. R. Rohweder, Unsere Schnepfen. Aus: Naumann, Naturgeschichte. Bd. IX. davon, lässt sich aber nicht auf denselben ergreifen. Es fliegt gewöhnlich nicht weit weg und kehrt, sobald sich die Störung entfernt hat, wieder auf das Nest zurück, selbst wenn ihm ein Ei geraubt ist. Nur im Anfange der Brutzeit kann so etwas, ganz ungeschicktes Zertreten der Umgebungen oder oft wieder- holtes Nachsehen, es dahin bringen, die Eier zu verlassen. Das Männchen scheint sich wenig um Nest und Eier zu be- kümmern, und man findet es selten ganz in der Nähe des- selben. [— Dies kann Czynk nach eigenen Erfahrungen be- stätigen. Förster SCHUPKE behauptet dagegen (Beilage zur deutschen Jägerzeitung 1897, Nr. 20): „Während des Brütens wird das Weibchen abgelöst durch das Männchen; und zwar ziemlich regelmässig, fast genau um die Mittagsstunde, tritt der Herr Gemahl an und brütet 1 bis 1?/, Stunden. Auch bei dem Herbeischaffen von Futter für die Jungen unterstützt das Männchen das Weibchen.“ Doch steht dies dem Schnepfen- vater ausgestellte günstige Zeugnis bis jetzt in der ornitho- logischen Litteratur ziemlich allein da; allerdings gilt (wie Dr. WuRrM bemerkt) als Regel, dass, wenn Männchen und Weib- chen einer Vogelart an Gestalt und Färbung sich gleichen, auch das erstere an der Brutpflege sich beteiligt. —] Die Jungen laufen aus dem Neste, wenn sie kaum abgetrocknet sind, und nehmen nicht selten noch anklebende Stückchen Eierschale mit fort. Jetzt ist die Mutter sehr besorgt um sie, und auch der Vater nähert sich der Familie und nimmt einigen Anteil an ihrem Geschick; denn wo beide Gatten in nicht gar grosser Entfernung voneinander im schwankenden, entstellten Fluge und unter ängstlichem Dack dack auffliegen, einen kleinen Kreis beschreiben und in der Nähe sich wieder niederwerfen, in diesem Zwischenraume sind auch die Jungen zu finden, die sich aber so versteckt halten und still liegen, dass sie äusserst schwer zu entdecken sind, was ohne Hund sehr selten gelingt. Nach acht Tagen sieht man schon viele Federn hervorkeimen und die Dunen verdrängen, sodass sie in der dritten Woche bis auf Kopf und Hals schon ziemlich gut befiedert sind und auch bald flattern lernen. Ehe sie noch fertig fliegen können, verlassen sie schon die Mutter und zerstreuen sich in der Gegend, die sie zuweilen mit einer ganz anderen vertauschen. So fand ich einst eine solche am 8. September in meinem eigenen Wäldchen, wo nie eine brütet, deren Gefieder sich noch nicht völlig ausgebildet hatte; diese musste wohl von einer sehr verspäteten Brut sein, deren es hin und wieder geben mag, ohne dass man der Vermutung Raum zu geben braucht, als machten die Waldschnepfen zwei Bruten in einem Jahre. Wäre dieses, so müssten sich an den Brutorten im Laufe des Sommers viel mehr Junge zeigen, als dieses jemals der Fall ist. [— In den verschiedensten Gegenden Deutschlands, von Bayern bis Pommern und Schleswig-Holstein, von Galizien bis Baden, hat man nicht nur gelegentlich noch im Juni, sogar im Juli, lebhaft balzende Schnepfen beobachtet und Männchen mit stark angeschwollenen Testikeln geschossen, sondern auch vielfach Nester mit frischen oder bebrüteten Eiern gefunden. Es ist daher die von vielen Ornithologen und Jägern geteilte Ansicht HoFFMANNS, dass eine „Waldschnepfe in solchen Gegen- den, wo sie ihre erste Brut sehr zeitig zu machen pflegt, gar nicht selten, wenn auch nicht regelmässig, zweimal im Jahre brütet“, wohl die richtige.!) Aus den Ostseeprovinzen berichtet Russow: „Die Nistzeit fällt in die zweite Hälfte des April- Monats, und Ende Mai oder Anfang Juni machen sie eine zweite Brut (ob alle, oder nur solche, welchen die erste verunglückte?), wenigstens streichen die meisten Männchen bei uns bis Mitte Juni, ja sogar bis Johanni.“?) —] Man erzählt, dass die Alten an Orten, wo sie sehr be- ') Vergl. die ausführliche Beweisführung HOFFMANNSs a. a. 0. 8. 74 bis 82. Ferner Journ. f. Ornith. 1861, S. 473; daselbst 1898 S. 332. E. v. HOMEYER schreibt (a. a. O.): „Was das zweimalige Brüten der Wald- schnepfe anbelangt, so halte ich dies über allen Zweifel sicher. Auch Forstmeister WIESE, MEWES und DIEZEL sind derselben Ansicht.“ J. R. ?) RUSSOW, Die Ornis Esth-, Liv- und Kurlands, S. 160. J. R. 8 58 Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rusticula L. unruhigt würden, die zarten Jungen eins nach dem anderen forttrügen und will gesehen haben, dass sie solche unter den Schnabel oder vielmehr zwischen diesen und den Hals ge- klemmt und so im Fluge an einen weit entfernten Ort geschafft hätten. Aus Mangel eigener Erfahrung muss ich jedoch mich alles Urteils für oder wider diese Sache enthalten. [— Die Thatsache, dass die Waldschnepfe in besonderen Fällen, namentlich wenn ihrer Brut Gefahr droht, ihre Jungen einzeln an einen anderen Ort bringt, indem sie sie fliegend über mehr oder weniger weite Strecken durch die Luft da- von trägt, muss wohl als sicher erwiesen betrachtet werden. Über die Art und Weise dieses Transportes jedoch gehen die Meinungen noch weit auseinander, und gerade die von NAU- MANN erwähnte Methode des Einklemmens zwischen Schnabel und Hals findet in den verschiedenartigsten Darstellungen zuverlässiger Beobachter die geringste Bestätigung. Die Sache bedarf also immer noch der aufmerksamen Beobachtung, und um dazu Anregung zu geben, mögen hier einige Mitteilungen aus alter und neuer Zeit und über sehr verschiedene Gegenden folgen. Zunächst führe ein Erzpraktikus aus der deutschen Jägerei, der alte DIEZEL, das Wort: „Wenn wir schon darüber erstaunen, dass die Stockente ihre Jungen aus den alten Raub- vogelhorsten, in denen sie bisweilen brütet, bis zum nächsten Gewässer völligunverletztim Schnabel fortträgt, so ist doch der In- stinkt der Wald- schnepfe hierin beinahe noch be- wunderungswürdi- ger. Ihr hat die weise Natur zwar die Kraft versagt, ihre noch unmün- digen Kinder auf gleiche Weise fort- zuschaffen, allein sie bewerkstelligt dies auf eine an- dere, ebenso wunderbare Weise, indem sie ein Junges nach dem anderen zwischen Hals und Brust nimmt, dann mit dem Schnabel fest an sich drückt und so durch die Luft fortträgt, bis sie nach und nach alle an den Ort ihrer Be- stimmung gebracht hat. Hiervon war unter anderen Förster KURZE zu Hufhaus im gräflich Stollberg - Wernigerodischen Anteil der Grafschaft Hohnstein mehrmals Augenzeuge und hat seine desfalsigen sehr interessanten Beobachtungen dem Jägerpublikum im Harrısschen Archiv für Preussen (1813, Heft III) mitgeteilt. — Ganz hiervon abweichend lautet eine andere Nachricht, die mir durch den verstorbenen königlich bayerischen Revierförster MArnz zu Reupelsdorf, Forstamt Gerolzhofen im Untermainkreise, mitgeteilt wurde. Dieser sah im Monat Mai des Jahres 1812 eine Schnepfe mittags 12 Uhr bei starkem Regen drei Junge nacheinander mit den Füssen ergreifen und forttragen. Obgleich nun dies mit sicht- barer Anstrengung geschah, so strich sie doch ziemlich hoch über einem haubaren Stangenholze hin und liess sich, nach- dem sie etwa 60 Schritte weit fortgestrichen war, wieder nieder. Zu Ende des Junius im Jahre 1822 sah er zum zweitenmal, dass eine Schnepfe ihr Junges, ganz nach Art der Raubvögel, wenn sie etwas geschlagen haben, unter sich hängend eine Strecke weit forttrug und dies, genau von ihm beobachtet, Waldschnepfe, ihr Junges forttragend, (Nach Disze1,) dreimal nacheinander wiederholte. — Mit dieser Beobachtung stimmt die des Herrn Staatsrates HARTIG überein, der ebenfalls schon mehrere Schnepfen ihre Jungen zwischen den Stän- dern forttragen sah.“!) Das Festhalten zwischen den Füssen hält DIEZEL für unwahrscheinlich. Die von dem Revierförster MAINZ beobachtete Art des Fortschaffens hält er offenbar für die naturgemässeste; denn sie hat er für sein Buch bildlich darstellen lassen. Wir geben das interessante Bild hier wieder. — Eine anziehende Schilderung desselben Vorganges findet sich in der Wiener Jagdzeitung 1874 von Forstkontrolleur GROSS- BAUER:?) „Es war am 16. Juni d. J., als in einem grossen Holz- schlage des Kobernauserwaldes eine Holzabmaß und Übergabe stattfand, wo sich ausser mir noch mehrere Forstbeamte, dann der Holzkäufer und mindestens 10 Holzarbeiter einfanden. Das Ausrufen der Nummern der Klötze, dann der Dimensionen, das Anschlagen mit den Markierhämmern und dergleichen ver- ursachte immerhin einen im Walde ganz ungewöhnlichen Lärm. Wir hatten soeben mitten im Holzschlage, etwa fünfzig Schritte von der frequenten Holzknechthütte, einen im Buchenschlage liegenden Stamm gemessen, als der Forstwart mich aufmerksam machte, dass mein Vorstehhund fest- stehe. Gleich da- rauf stand kurz vor dem Hunde eine Waldschnepfe auf, strich etwa hundert Schritte weit fort, und kehrte zu un- serm grössten Er- staunen wieder um, flog gerade auf uns zu, holte sich vor unseren Augen, SO- zusagen aus unse- rer Mitte,einJunges vom DBoden und flog dann wieder davon. Diese Scene wiederholte sich noch zweimal, viel- leicht innerhalb fünf Minuten. Drei Junge holte sich die Schnepfe vor unse- ren Augen, keine fünf Schritte von den Umstehenden. Dabei war kein Lockruf zu vernehmen, und man musste staunen, wie schnell die Alte mit den Ständern die Jungen, welche schon die Grösse einer Singdrossel hatten, packte und nach Art eines Raubvogels mit ihnen davon- kutschierte. Komisch war es, dass die sorgsame Alte jedes der drei Jungen nach einer anderen Richtung davonschleppte.“ Durch viele seitdem in deutschen Jagdgebieten gemachte Be- obachtungen wird das Forttragen selbst bestätigt, die vor- stehende Beschreibung verschiedenartiger Ausführungen des- selben meist nur geringfügig modifiziert. Wir verweisen dies- bezüglich auf die oben zusammengestellte Jagdlitteratur. Von den einschlägigen Beobachtungen in anderen Ländern, be- sonders in solchen, in denen die Waldschnepfe viel häufiger als in Deutschland brütet, seien hier noch einige nach HARTINGS Zusammenstellung mitgeteilt.) Der bekannte Herausgeber des „Zoologist“ bemerkt zunächst in einem ausführlichen Aufsatz „über einige wenig bekannte Gewohnheiten der Waldschnepfe“ 1) E. C. DIEZEL, Die Waldschnepfe, Frankfurt a. M. 1839, S. 50 ff. JB: 2) Mitgeteilt von VICTOR V. TSCHUSI ZU SCHMIDHOFFEN im Journal für Ornithologie 1875, S. 414. J. R. 3) The Zoologist, Third Series, vol. IIl, S. 433—440. London 1879. FR: Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rusticula L. 59 zu unserm Gegenstand, dass der bereits von ScoPOLI in seinem | Beobachtung leicht mögliche Täuschung zurückführen lassen. „Annus Primus Historico-Naturalis* aufgestellten Behauptung, | Sehr wohl möglich ist es aber auch, dass die alte Schnepfe je die Schnepfe trage auf der Flucht vor ihrem Feinde ihre Jungen im Schnabel fort, schon von GILBERT WHITE widersprochen worden sei, der mit Recht erkläre, in der ganzen gefiederten Welt sei der lange, ungeschickte Schnepfenschnabel das am wenigsten geeignete Werkzeug zu einer solchen Bethätigung natürlicher Mutterliebe, und von den nachfolgenden Beobach- tern bestätige daher keiner das Urteil ScoPoLIs, wenn sie auch unter sich über die Art des Forttragens keineswegs einig seien. Der verstorbene L. LLoyp schrieb in seinen „Scandinavian Adventures“: „Wenn man auf der Jagd eine Schnepfenbrut trifft, deren Junge noch nicht fliegen können, so nimmt der alte Vogel sie zwischen seine Füsse (between her feet) und fliegt mit einem klagenden Ruf vor den Hunden davon.“ Darauf teilt er den Bericht eines Freundes mit, der deutlich gesehen, wie eine Schnepfe ihr Junges in den Zehen (in her claws) davontrug. Nach zahlreichen ähnlichen Beobachtungen sei es als eine ausgemachte Thatsache zu betrachten, dass Schnepfen ihre gefährdete Brut auf jene Art an einen sicheren Platz tragen. — Einer der Brüder STUART, der ausgiebige Gelegenheit hatte, in Schottland die Waldschnepfe am Brutplatz zu beobachten (er fand in einem Frühjahr neunzehn be- legte Nester), schildert in an- schaulicher Weise („Lays of the Deer Forest“), wie eine Schnepfenmutter ihr in Gefahr befindliches Kind mit den Zehen fasste und es fünfzig bis hundert Ellen forttrug. In ihren langen Füssen schwankte und schaukelte die kleine Bürde hin und her gleich der Last an einem Fallschirm. — ÜHARLES ST. JOHN bestreitet dagegen in seiner „Natural History and Sport in Moray“, dass das Forttragen mit den Zehen geschehe. Nach seinen Beobachtungen klemmt die Alte den jungen Vogel zwischen ihre Schenkel (between her thigs) und drückt ihn so fest an den eige- nen Körper. Zwei andere Be- obachter bestätigen seine Be- hauptung: der eine sah, dass eine davonfliegende Waldschnepfe ihr Junges „zwischen Brust | und Füssen eingeklemmt“ hatte, der andere, dass die Mutter ihr Kind fliegend forttrug, indem sie es „mit den Beinen gegen ihren Körper presste“. — MR. W. COLQUHOUN ver- sichert, er habe eine Schnepfe ihr Junges auf die Art fort- schaffen sehen, dass sie es zwischen ihre Beine (between its legs) presste. Wiederum berichtet A. HAMoOND, dass er, in Begleitung eines Freundes und eines Jägers, eine Schnepfe damit beschäftigt sah, ein Junges in ihren Klauen eine Strecke weit fortzutragen. Sein Freund versicherte, denselben Vorgang bei verschiedenen Gelegenheiten beobachtet zu haben. Die vorstehenden (und noch ein paar ähnliche) Beobach- tungen bestätigen bei dem Herausgeber des „Zoologist“ den Eindruck, dass, „während die alten Vögel wohl im stande sind, ihre Jungen in zwei oder drei verschiedenen Stellungen fort- zutragen, diejenige doch, die so geschickt von Meister WOLF in dem beigegebenen Bilde dargestellt ist, wahrscheinlich die am meisten übliche ist.“ Auch dies hübsche Bild führen wir hier wieder vor. Es muss zugegeben werden, dass geringe Abweichungen in den mitgeteilten Angaben sich auf eine bei so schwieriger Waldsehnepfe, ihr Junges forttragend. (Nach WorLr.) nach Umständen und namentlich je nach der verschiedenen Grösse ihrer Jungen eine verschiedene Art des Forttragens wählt. Ausgeschlossen scheint es mir auch nicht, dass sie ganz kleine Junge im Schnabel trägt. In allen hier mitgeteilten Fällen handelte es sich für die Waldschnepfe darum, bei plötzlich eingetretener Gefahr ihre Brut in Sicherheit zu bringen. Dann hat die Sache an und für sich nichts Wunderbares; tragen doch auch andere Vögel unter solchen Umständen bisweilen ihre Jungen oder sogar ihre Eier an einen sicheren Ort.‘) Wunderbar aber und der weiteren Bestätigung sehr bedürftig erscheint mir die Mitteilung CHARLES ST. JOHNS (a. a. O.), dass Schnepfen allabendlich ihre drei bis vier Jungen, selbst wenn sie die Grösse einer erwachsenen Bekassine erreicht haben, aus dem Gebüsch auf nahrungs- reiche sumpfige Niederungen tragen und sie vor Sonnenaufgang wieder in den schützenden Wald zurückbringen sollen. —| Feinde. Die oben geschilderte Furcht samkeit dieses Geflügels hat ihren Grund hauptsächlich in den häufigen Nachstellungen. Es wird von einer Menge von Ge- fahren umlagert, und gar viele Feinde lauern ihm auf, welche allenachseinem wohlschmecken- den Fleische lüstern. Die Wald- schnepfe ist Habichten und Edelfalken eine gesuchte und sichere Beute, sobald sie sich am Tage, von einem Orte zum anderen fliegend, sehen lässt; weshalb sie dann auch nie un- gezwungen auffliegt, weil sie nicht wissen kann, ob vielleicht in den Zweigen des nächsten Baumes nicht schon ein solcher Räuber lauert, die Gelegenheit wahrnimmt und augenblicklich nutzt, wogegen sie nichts machen kann, als sich möglichst schnell ins dichteste Gestrüpp zu werfen und zu verkriechen, aber stets verloren ist, wo solches fehlt. Daher ihre ängstliche Eile, wenn sie am Tage ein Stück über das Freie muss, wozu sie auch nur die ärgsten Verfolgungen von seiten des Jägers zwingen können. Da bekanntlich die Habichte (Astur palumbarius und A. nisus) oft stundenlang zwischen Baumzweigen still sitzen und auf Beute lauern und nicht allein fliegende, sondern auch sitzende Vögel fangen, so ist sie selbst in ihrem Versteck, sobald sie sich regt, nicht sicher vor ihren Klauen. Vielleicht stehen deshalb bei ihr die Augen so sehr weit oben am Kopfe, damitihren Blicken auch das, was von obenher kommt, nicht entgehen möge. — Auch der Wanderfalke (F. peregrinus) fängt namentlich in der Nähe seines Brutortes zuweilen eine Waldschnepfe. Von anderen Raubvögeln hat diese dagegen wenig oder nichts zu fürchten, da selbst die zarten Jungen sich so verborgen zu halten wissen, dass ein lauernder Bussard u. a. wohl nur selten eins erwischen mag. Öfter glückt dies den listigen Raben, Krähen, Elstern und Hähern, die oft genug auch die Eier ausspähen und weg- schleppen. [— Ohne eigentliche Wehr, sind sie kaum im stande, sich ') Vergl. die Beobachtungen AUDUBONs, mitgeteilt im Journ. f. Ornith. 1855, S. 34—39. — Dass derartige Fälle nicht mehr bekannt ge- worden sind, liegt nach meiner festen Überzeugung an dem Mangel auf- merksamer Beobachtungen. J. R. 8*+ 60 Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rustieula L. gegen ernstliche Angriffe wirksam zu verteidigen. Doch be- obachtete Czynk, wie eine aus dein Gebüsch herausstreichende, von einem Sperber verfolgte Waldschnepfe, als sie ins Freie gekommen war, sich auf den Feind stürzte und nun, die Flügel herabgelassen, mit etwas gesträubtem Gefieder und halb ge- öffnetem,, . aufwärts gerichteterm Stecher einen neuen Angriff des gleich. einem Turmfalken über ihr rüttelnden kleinen Raub- vogels erwaltete, „Endlich stürzte sich der Sperber auf die Schnepfe, wurde aber durch einen Stoss mit dem Stecher zurückgescheucht, worauf er sich wieder auf einige Meter Höhe erhob. Kaum hatte sich der kleine Räuber empor- geschwungen, als auch schon der Langschnabel in eiligem Lauf das Diekicht zu gewinnen trachtete. So schnell dieser aber auch lief, der Sperber war doch flinker und schwebte schon wieder auf kaum Meterhöhe über ihm. Die verfolgte Schnepfe machte nun wieder kehrt und nahm die frühere Ver- teidigungsstellung ein. So keck und gewandt sonst der Sperber ist, so wagte er sich doch nicht mehr an den Langschnabel, sondern strich, nachdem er noch eine Weile über demselben gegaukelt, auf die nächste Erle, von der ich ihn herabschoss.“ —] Unter den Säugetieren ist der Fuchs ihr Hauptfeind. Ihr Fleisch scheint ihm eine wahre Leckerei zu sein, und er sucht sie daher zu beschleichen und zu erwischen, wo er weiss und kann. Beim Anschleichen, das er bekanntlich meisterlich versteht, wobei ihn seine feine Nase leitet und seine höchst empfindlichen Riechorgane das Plätzchen, wo sich sein Schlacht- opfer geduckt hat, genau bezeichnen, bedient er sich nebenbei noch des Mittels, das man bei Jagdkunden „Vorstehen“ nennt; er will sich dabei seinen Gegenstand so vergewissern, dass er ihn mit einem raschen Sprunge erschnappen kann, und dies schlägt ihm vermöge seiner Meisterschaft in solchen Dingen nur selten fehl. Mein verstorbener Vater sah einst im eigenen Wäldchen einen dieser verschmitzten Jagdverderber genau in derselben: so anziehenden Stellung wie einen Hühnerhund, mit einem aufgehobenen Vorderlauf, vor einem Gesträuch fest vor- stehen, schoss aber, da er vermeinte, er stände vor einem im Büschchen versteckten Rephuhn, den Wilddieb sogleich nieder, ehe dieser noch auf seinen Gegenstand einspringen konnte, war aber nicht wenig überräscht, als ganz dicht vor dem tot nieder- stürzenden Fuchse statt eines Rephuhns eine Waldschnepfe herausflog; gewiss ein interessantes Vorkommen. Vor den Fuchsbauen, worin Junge liegen, findet man gar oft auch die Überbleibsel von Waldschnepfen; und wie manche Alte mag er auf dem Neste erwischen, wieviel junge Schnepfchen weg- haschen! In Waldungen, welche häufig von Füchsen bewohnt werden, kommen daher wenig Schnepfen auf. | Auch Katzen, selbst zahme, beschleichen Waldschnepfen. Erst im vorigen Jahr brachte die Hauskatze eines Einwohners hiesigen Orts eine Waldschnepfe nach Hause, die nach genauer Untersuchung vorher nicht angeschossen gewesen war. Auch Marder, Iltisse und Wiesel vernichten die Brut derselben oft. [— Nicht wenige Schnepfen werden getötet oder erhalten schwere Verletzungen durch Anfliegen gegen Telegraphen- drähte. Selbst in den Strassen und auf den Höfen der Städte findet man zur Zugzeit tote und verwundete, denen das Tele- phonnetz zum Verderben wurde, wenn sie, besonders in sehr finsteren Nächten, niedrig über den Dächern dahinzogen. Eine vielleicht nicht geringere Zahl findet ihren Tod dadurch, dass die nächtlichen Wanderer, angelockt und geblendet von dem Licht der Leuchttürme, an dem Gitterwerk oder den Scheiben der Laterne sich den Schädel zerschmettern oder das Gerick | brechen. —|] Da der Mensch ihr Fleisch als eine leckere Speise schätzt, so trägt auch er durch seine unablässigen Nachstellungen sehr viel, wo nicht das meiste, zur Verminderung dieser Vogelart bei, was noch ärger sein würde, wenn sie nicht ein einigermassen gesetzmässiges Herkommen zu gewissen Zeiten, namentlich wo und wann sie brütet, in Sehutz nähme und das Schiessen derselben dann wenigstens für unerlaubt hielte. — Im Mai und Juni haben unsere Schnepfen Schonzeit. —|. In ihrem Gefieder wohnen Schmarotzerinsekten, nament- lich .Docophorus auratus NITZSCH [—, Lipeurus helveolus NITZSCH, Menopon icterum NiıTzscH —], in den Eingeweiden aber eine Menge von Würmern, namentlich Fadenbandwürmer, Taenia flum GOEZE, in grosser Anzahl [—, sowie ferner Tropidocerca paradoxa DIES., Liorhynchus truncatus NITZSCH, Distomum ovatum RunD., Holostomum erraticum DwuJ., Monostonwmn +» ntabile ZED., Taenıa paradoxa RUD., Taenia bacilligera KRABBE, wenia filirostris NITZSCH, Taenia chaotica NITZSCH, Taenia crassirostris KRABBE, Taenia slesvicensis KRABBE, Taenia stellifera KRABBE. —] Jagd. In kultivierten Ländern ist dieses Geflügel ein Gegenstand der Jagd.) Man zählt es zur Niederjagd und stellt ihm, weil sein vortreffliches Wildbret allenthalben in einem bedeutenden Werte steht, mit Schiessen und Fangen sehr nach. In der hiesigen Gegend [— und in jetziger Zeit überhaupt —] wird mehr das erste als das letztere betrieben und das Schnepfen- schiessen zu den ausgezeichnetsten Vergnügüngen gezählt. [— Schon in alten Zeiten wurde die Schnepfenjagd ausser- ordentlich hoch geschätzt, der geschickte Schnepfenjäger oder der glückliche Schütze geehrt und belohnt. In Homburg vor der Höhe wurde „Schnepfenkönig“, wer 100 Waldschnepfen ge- schossen hatte; er war für das nächste Jahr steuernfrei. In Hessen erhielt, wer die erste Schnepfe des Frühjahrs erlegt, ein Goldstück, den „Schnepfendukaten“.?) Die Grafen v. SOLMS- LicH liessen „Schnepfenpfennige“ prägen, die nach Schluss einer Jagdpartie unter die Treiber ausgeworfen wurden und anderes mehr. —| | Zu den angenehmsten Partien gehört unstreitig der An- stand auf streichende Waldschnepfen auf dem „Schnepfen- strich“, zu dessen Annehmlichkeit die Jahreszeit mit dem sichtlichen und fühlbar werdenden Wiedererwachen der Natur aus ihrem Winterschlummer allerdings viel beiträgt; ein solcher stiller, lauer Frühlingsabend mit Drosselgesang und Schnepfen- strich ist geeignet, den Naturfreund in die seligste Stimmung zu versetzen. Der Jäger begiebt sich in der Frühlingszugzeit der Schnepfen |— gewöhnlich —] abends, [— wenn er im Revier wohnt wohl —] auch morgens im Zwielicht mit einer mit feinem Hagel geladenen Doppelflinte an die Orte, wo er vermutet oder aus früher gemachter Erfahrung weiss, dass Schnepfen dort streichen, horcht auf die bekannten Töne und schiesst sie gewöhnlich einzeln, wenn sie im eulenartigen Fluge über ihn hin oder an ihm vorbeistreichen, aus der Luft herab, was der leichteste Flugschuss sein würde, wenn nicht die eben endende Dämmerung (früher oder später streicht keine) blöden Augen etwas hinderlich wäre. [— An trüben Abenden muss er zeitiger zur Stelle sein als an hellen. Der erste am dunkeln- den Abendhimmel aufleuchtende Stern ist der den Beginn des Striches anzeigende „Schnepfenstern“. —] Es ist nicht nötig, dass sich der Schütze dabei ängstlich versteckt hält; die streichende Schnepfe beachtet auch den frei stehenden wenig, zumal wenn sie recht hitzig balzt, und weicht ihm selten über Schussweite aus, wenn dies weniger stattfindet. Je stiller und wärmer die Luft, desto dummdreister zeigt sich die Schnepfe, und umgekehrt. [|— „Aber so leicht, wie Unkundige nach diesen Angaben annehmen könnten, sind die streichenden Schnepfen im allgemeinen durchaus nic}: ı schiessen. Leicht zu treffen sind sie nur an stillen Abenden dort, wo man un- behindert nach allen Seiten sehen und schiessen kann. Wo aber höhere Bäume, besonders Nadelholzbäume, die freie Aus- sicht behindern und den Ausschuss nur auf wenigen schmalen Lücken gestatten, gehört der Schuss keineswegs zu den leichten, ‘) Da hier eine ausführliche Behandlung dieses Gegenstandes nicht wohl angängig ist, so verweisen wir auf die oben verzeichnete Jagd- litteratur, insbesondere auf: Dr. JULIUS HOFFMANN, „Die Waldschnepfe u. & w.“; ferner auf die im Text erwähnten Zeitschriften und auf: Dr. WURM, Waldgeheimnisse*“, 2. Aufl., Stuttgart 1895, S. 105. J. R. ?) LANDAU, Geschichte der Jagd und der Falknerei in beiden Hessen. Kassel 1849, S. 312. J. R. 1—7 Gallinago gallinago (L.), Gemeine Sumpfschnepfe; 8—12 Gallinago gallinula (L.), Kleine Sumpfschnepfe; 13—18 Sceolopax rusticula L., Gemeine Waldschnepfe; 19—21 Gallinago major (Gm.), Grosse Sumpfschnepfe. Natürl. Grösse. Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rustieula L. . 61 ja bei lebhaftem Winde, und besonders wenn sie dann auch noch stumm und niedrig streichen, zu den schwierigsten die ich kenne“ (ZIEMER). —| In kleinen abgesonderten Holzungen streicht keine Schnepfe, auch im grösseren dann nicht, wenn man dort am Tage mit Hunden abgesucht oder sie durch Treiber beunruhigt und geängstigt hatte. Über die sonst noch das so- genannte Streichen begleitenden Umstände, auch dass es sich fügen kann, mehr als eine streichende Schnepfe mit einem Schusse zu erlegen, ist das nötige schon oben beschrieben. [— Die gebräuchlichste, weil am meisten anwendbare Jagd- art auf Schnepfen ist die Suche oder das „Buschieren“. —] Wo man weiss, dass kein Schnepfenstrich stattfindet, oder wenn dem Anschein nach am nächsten Abend kein gutes An- standswetter zu erwarten ist, überhaupt auch in allen kleineren und zerstreuten Waldteilen, sucht man mit einem gut dressierten Vorstehhunde nach ihnen und schiesst sie im Auffliegen aus der Luft herab. Dies hat allerdings seine vielen Schwierigkeiten, teils. der Umgebungen und der behindernden Bäume und Zweige, teils der &ewohnheit wegen, dass die aufgestöberte Schnepfe diesen Schutz kennt und gewöhnlich auf der entgegengesetzten Seite oder so herausfliegt, dass Holz und Gebüsch zwischen ihr und dem Schützen steht. Daher erfordert dieses sogenannte Absuchen einen sehr entschlossenen, fertigen Flugschützen, obgleich die Schnepfe nicht zu den sehr schnell fliegenden Vögeln gehört und auf dem Freien fliegend leichter als ein Rephuhn zu erlegen ist. Sie täuscht ihn oft nach einem Fehl- schusse durch Purzelbäume oder ungewöhnliche Schwenkungen, fliegt nach dem ersten Aufstöbern, wobei sie gewöhnlich sehr nahe aushält, selten sehr weit, wird. aber nach öfterem Auf- suchen fast immer scheuer und nach mehreren Fehlschüssen oft nicht allein sehr wild, sondern auch so. bestürzt, dass sie an Orten eine Zuflucht sucht, wohin.,sie sonst nicht kommt. Bei dieser Art zu jagen ist auch notwendig, dass mehr als ein Schütze den suchenden Hund begleitet, weil oft die Schnepfe herausfliegt, ohne dass auf sie geschossen werden kann, und es nun darauf ankommt, die Stelle zu bemerken, wo sie sich niederliess, um sie abermals aufsuchen zu können, jenes aber häufig nur von einer Seite und von dem gerade auf dieser gehenden Schützen gesehen werden kann; was dann der eine Schütze nicht sieht, bemerkt vielleicht der andere desto besser. Im Herbst, wenn die Bäume noch voll belaubt sind, hat das. Buschieren noch bei weitem grössere Schwierigkeiten, weil sie dann zu sehr behindern der Schnepfe nachzuschauen, und wenn in kleinen Gehölzen im Frühjahr dem Geübten selten eine vorkommt und über lang oder kurz von ihm erlegt wird, so geschieht dies im Herbst ungleich seltener. i [— Dann ist die Treibjagd zu empfehlen, d. h. das Abtreiben der Holzungen durch Menschen (am besten Knaben und junge Burschen), die mit Klappern oder auch bloss mit Stöcken zum Anschlagen versehen sind, wobei sich die Schützen auf freie Plätze, Waldwiesenränder, Waldwege oder sonst von Bäumen nicht zu stark besetzte Orte vorstellen und sich die Schnepfen zutreiben lassen. Auch im Frühjahr und be- sonders dann, wenn die Schnepfen bei kaltem oder stürmischem Wetter nicht halten wollen, ist das Treiben anwendbar, doch ist dann die Beunruhigung des übrigen Wildes eine üble Zu- gabe. — Da zu dieser J agdmethode in der Regel eine grössere Gesellschaft von Jägern sich vereinigt, so bietet sie für den einzelnen nur dann Aussicht auf Interesse und Erfolg, wenn das Revier eine hinlängliche Anzahl von Schnepfen birgt. Ist dies der Fall, eignet sich das Gehölz zur Abteilung in kleine Treiben und wird das ganze Unternehmen nach sorgsamer Vorbereitung (z. B. Feststellung, wo die meisten Schnepfen liegen u. s. w.) gut geleitet, dann kann diese Jagd erfreuliche Resultate liefern. — Der alte DiEzEL empfiehlt, an solchen Tagen, wo die Schnepfen gar nicht selten, alle Schützen vor- zustellen, jedoch so, dass einige von diesen die auf den Flügeln des Treibens hinausstreichenden Schnepfen beobachten können; wenn dagegen die Tiere sehr fest liegen, sei es praktisch, bis zu zwei Dritteln der Jäger mit den Treibern sehen zu lassen. Auch eine kleinere Jagdgesellschaft, nach COzYnKk schon drei bis vier, ja sogar ein einzelner Jäger kann sich das Vergnügen einer Treibjagd verschaffen. „In diesem Falle dürfen höchstens zwei bis drei Treiber auf jeden Schützen kommen. Auch kann der einzelne Jäger mitunter in grösserer Entfernung, z. B. hundert bis zweihundert Schritt vor den lärmenden Treibern buschieren und auf diese Art nicht nur die vor ihm aufstehenden, sondern auch die durch das „Tire haut“ der Treiber angezeigten Schnepfen, indem er sich wendet, erlegen. solchen Jagden der einzelne bessere Resultate als bei einer grösseren Treibjagd.“ Eine solche Vereinigung des Schnepfen- treibens und Buschierens hält auch HoFFMANN für sehr praktisch. Die Jagd mit der Blende oder dem Schirm wird wohl nur noch in Ländern betrieben, die regelmässig sich eines lebhaften Schnepfenbesuches zu erfreuen haben, und auch dort nur von solchen Personen, die keinen Anspruch darauf machen, zu den guten Flugschützen gezählt zu werden und die mehr Vergnügen daran finden, eine in geringer Ent- fernung von ihnen wurmende Waldschnepfe niederzudonnern, als — in die Luft zu schiessen. Weil aber die Methode in südöstlichen Ländern nach Czynk immerhin noch in Betrieb ist, geben wir aus dessen lebendiger Schilderung einer „Sitar*- Jagd mit der „Tirscha“ wenigstens die Beschreibung des In- struments und seines Gebrauches wieder („Die Waldschnepfe“, S. 83): „Die für die Blende nötigen Reiser schneidet der Jäger, damit sie ganz mit den Umgebungen übereinstimmen, stets frisch im Revier. Um fünf bis sechs stärkere, mannshohe, gerade, leichte Stämmchen wird das Birken- und Erlengezweige, an dem noch die frischen (wenn auch mitunter gelben) Blätter hängen, geflochten. In der Höhe des Kopfes befindet sich ein Loch, so gross, dass der Schütze durch dasselbe sehen und bequem schiessen kann. Der mittlere, etwas längere und unten infolgedessen nicht überflochtene Stamm ist zugespitzt, um, wenn der Jäger den Schuss abgeben will, in die Erde gestossen zu werden und so die Blende aufrecht zu halten. In der Mitte diesen Schirm fassend, trägt ihn der Jäger mit der Linken, während die Rechte das Gewehr hält. Langsam, vorsichtig und umherspähend, sucht er all jene Stellen auf, die dem edlen Vogel gelegentlich seines Durchzuges zu Lieblingsplätzen ge- worden. Die aus dem bewegten Gebüsch ins Freie gekommenen Schnepfen sehen wohl den „ambulanten“ Busch, glauben jedoch, es sei der Wind, der ihn bewege, und bleiben entweder ruhig liegen oder trippeln einige Schritte weiter. Da der Wind das Blätterwerk ununterbrochen in Bewegung erhält, so macht das plötzliche Stehenbleiben des die Blende tragenden Schützen den Vogel nicht misstrauisch, und ersterer schiesst dann auf oft sehr nahe Distanz nach bedächtigem Zielen jede Schnepfe über den Haufen. Schönes, ruhiges Wetter taugt für diese Jagd nicht, weil der Langschnabel dann vor dem beweglichen Busche ebenso schnell aufsteht, als wenn er den Jäger selbst sehen würde.“ Für unweidmännisch hält Czynk diese Jagdart zwar nicht, aber es ist eben „eine Jagd für — Bauernjäger und nicht für Flugschützen oder solche, die es werden wollen.“ —|] Mit dem Fangen der Waldschnepfen giebt man sich nur in manchen Gegenden, in vielen gar nicht ab.) Man hat dazu hin und wieder eine Art grosser Klebegarne, denen der Tagenetze für Lerchen ganz ähnlich, aber sowohl die Weite der Maschen, als die ganzen Garne selbst um das Zwiefache grösser, ebenso das Material stärker, die Stangen, an denen sie aufgehängt werden, auch stärker und um vieles höher, sodass die horizontal angespannte Oberleine, durch die eine solche Netzwand aufgestellt wird, wenig- 1) Die nachstehende Beschreibung der verschiedenartigen Fang- methoden versetzt uns zurück in jene Zeit, wo der Vogelfang überhaupt noch mit der Jagd im engsten Zusammenhang stand, wo wegen der Un- vollkommenheit der Schusswaffen und der umständlichen Handhabung derselben insbesondere die Federwildjagd eine wesentliche Ergänzung fand in der Vogelstellerei. Jetzt, wo Netze und Schlingen, Kloben und Sprenkel nicht mehr in den Betrieb des gerechten Weidwerks, hinein- gehören, hat die folgende Darstellung des Schnepfenfanges nur noch geschichtliches Interesse. J. R. Oft erzielt bei - | 62 Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rusticula L. stens 6 bis 7 m hoch von der Erde entfernt ist, von der dann das Garn senkrecht, aber lose herabhängt, sein unterer Rand aber die Erde nicht erreicht, vielmehr noch bis gegen 1,7 m von ihr entfernt bleibt. Solche Wand mag dann, bei5 m Breite (resp. Höhe), eine Länge von 17 bis 20 m haben, und man hat mehr als eine, ob sie gleich nicht wie die Lerchen- garne hinter einander, sondern eine an die andere so gestellt werden, dass sie eine möglichst lange Fläche versperren. Sie werden an senkrecht in die Erde gestossenen Stangen oben mittelst einer angespannten Leine an kleinen Ringen, wodurch sie beweglich oder leicht schiebbar bleiben, befestigt, und das ganze Garn steht nicht straff, sondern hängt vielmehr ganz lose und busenreich herab. Mit solcher lockeren Netz- wand versperrt man den Schnepfen ihren Weg, wo sie abends herumstreichen, z. B. an Waldrändern, Baumschluchten, Wegen, Triften und.dergleichen, wo man sie öfters hin- und herfliegen sah, und zwar muss eine solche quer über ihren Weg auf- gestellt sein. In der Zeit, wo sie streichen (balzen), sollen sie blindlings in die Garne fliegen, zu anderen Zeiten aber diesen Fallstricken oft glücklicherweise ausweichen. Zudem ist nötig, dass an jedem Ende der Netzwand eine Person hinter einem grünen Schirm versteckt aufpasst, um, wenn eine | Schnepfe ins Garn geflogen und sich darin verhädert hat die betreffenden beiden Stangen sogleich auszuheben, sie sammt dem Netze niederzulegen und sofort die Gefangenen auszulösen, die Stellung dieses Teiles der Fanganstalt, durch Aufrichten der Stangen u. s. w. aber sogleich wieder herzu- stellen, weil vielleicht noch mehr Schnepfen im Anzuge sein können. Selten hängt eine Gefangene so tief unten im Garne, dass sie, ohne das Netz niederlegen zu müssen, auszulösen wäre. Man hat deshalb die grosse Unbequemlichkeit, die das Nieder- legen u. s. w. der Fanganstalt verursacht, dadurch zu um- gehen gesucht, dass man die Einrichtung anbrachte, das Garn mittelst Rollen an jeder Stange hinaufzuziehen und herabzu- lassen; allein die ganze Anstalt bleibt dennoch nicht nur eine sehr kostspielige, sondern auch eine mühsame und wenig ein- trägliche, weil manche Schnepfe das Garn scheut und ab- prallt, auch noch andere Hindernisse, z. B. schlechtes Wetter und dergleichen, eintreten und den Fang vereiteln können. Wenn daher die dabei nötigen beiden Aufpasser gute Flug- schützen sind, so können sie die streichenden Schnepfen auf eine weit leichtere und kürzere Weise durch den Schuss be- kommen, als mit diesem umständlichen Fangapparate. Ich halte daher für unnütz, diese Fangart, die ihre Erfindung jenen Zeiten verdankt, wo man die noch sehr mangelhaften Feuergewehre auch äusserst schlecht zu handhaben verstand, wo Schützen, die man jetzt kaum zu den mittelmässigen zählen würde, schon eine unerhört seltene Erscheinung waren, noch ausführlicher zu beschreiben, zumal dies bereits BECHSTEIN und andere, die über Jagdsachen schreiben, gethan haben, wo es nach Gefallen nachgeschlagen werden kann. Ein anderer, viel einfacherer Fang mit Klebegarnen wird indessen, zudem mit weit sichererem Erfolg, auf kleinen vereinzelten Inseln betrieben, wodurch eine Menge der ver- schiedenartigsten Zugvögel, die des Nachts über das Meer kommen, in Gefangenschaft geraten, worunter sich häufig auch Waldschnepfen befinden. Besonders berühmt durch diese Art von Vogelfang sind die Bewohner der Insel Helgoland, deren Lage dies freilich ungemein begünstigt. Fast jeder Haus- besitzer hat dort sein Klebegarn, das er des Abends quer über die Gasse von einem Hause zum anderen aufhängt und den nächsten Morgen voller gefangener Vögel findet, nämlich so lange die Zugzeit dauert. Der Fremde mag dort abends nicht wohl ausgehen können, weil er, wenn er nicht Bescheid weiss, aus einem Netze in das andere geraten würde.’) Für ı) Diese Angaben über den Helgoländer Schnepfenfang sind un- richtig. Von den zehn bis zwölf Schnepfennetzen, die sich auf der Insel befinden, werden (und wurden auch zu NAUMANNs Zeit, 1840) nur zwei oder drei zwischen den Häusern aufgestellt. Auch bleiben die Netze nicht während der Nacht ohne Aufsicht stehen. Der Fang, der in der den Liebhaber ist beiläufig dieser Vogelfang auf Helgoland von hohem Interesse, weil er schon viele daselbst nicht er- wartete Seltenheiten geliefert hat, und dort Arten vorkommen, die man bisher nur aus südlichen Ländern erhalten hatte, 2. B. Cyanecula coerulecula PALL., Budytes melanocephalus, eine wahr- scheinlich noch nirgends beschriebene Art, welche ich Motacilla citrinella nenne, und andere mehr.!) Bequemer als jener Waldschnepfenfang mit Klebegarnen ist der mit Steckgarnen, weil dabei kein Aufpasser nötig ist und wer im Besitz von Rephühnerstecknetzen ist, auch keine weitere Auslage hat. Es sind dies die nämlichen, wie sie Tl. IV, S. 145 u. f. beschrieben wurden. Man stellt sie unter schattigem Gebüsche, wo kein Graswuchs,;, kurz, an Orten, wo man weiss, dass gern Schnepfen da einfallen, zwischen Stämmen und alten Stöcken, bald gerade, bald im Zickzack, wie es sich thun lassen will, quer durch den Wald, und sieht täglich ein oder zweimal nach, um. die Gefangenen aus- zulösen. — Aber noch viel besser als in diesen fangen sie sich in dem Schleifennetz (s. IV, S. 146 dieses Werkes), einer Erfindung meines Vaters, deren Brauchbarkeit sich hier gerade ganz vorzüglich bewährt. [— Auf Capri fängt man (nach Link, Ornith. Monatsschr. 1887, S. 314) die Waldschnepfen mit einem für den Wachtel- fang hergerichteten Handnetze. Dies besteht aus zwei langen, leichten Schilfrohrstangen, die am unteren Ende lose verbunden sind, sodass sie beweglich bleiben. Von unten bis oben ver- bindet diese beiden Stangen ein ziemlich feinmaschig gestricktes Netz, das am oberen Ende über zwei Meter spannt. Der Fang der von einem kleinen Hunde beliebiger Rasse auf- gestörten Schnepfen mittels dieses Netzes ist sehr einfach und wird besonders von Knaben mit grosser Geschicklichkeit ausgeführt. Der Wirt des Berichterstatters versicherte diesem, an einem Herbsitage 48 Schnepfen mit dem Handnetz gefangen zu haben. —| Ferner fängt man sie auch in einzelnen Laufdohnen, die man in die Gänge und Stiege unter dem Gebüsche aufstellt und nebenbei Reiser steckt, welche die Schnepfen verhindern, neben den Dohnen durchzulaufen. Man kann so quer durch einen Schlag eine lange Reihe solcher Dohnen stellen, ohne dass man dazu sehr vieler einzelner Stücke bedürfte, weil alle schlechteren Zwischenräume, wo Schnepfen einen unbequemen Lauf haben, wie gesagt, mit trockenen Reisern in Gestalt eines kleinen Zaunes versperrt werden und man nurin die besten Gänge Dohnen stellt. Schlingen, Dohnen, Stellung derselben ist alles schon a. a. O. beschrieben und bedarf keiner weiteren Wieder- holung. Man fängt in diesen Schnepfenstiegen nicht allein auch Haselhühner, Rephühner, Drosseln und andere Vögel, sondern selbst sogar Iltisse, Wiesel und andere kleine Tiere. Nutzen. Dass das Fleisch oder Wildbret der Waldschnepfe in der ganzen civilisierten Welt als hohe Delikatesse im aus- gebreitetsten Rufe steht, ist allgemein bekannt, Man hält es für ein so leckeres Gericht, dass bei der Zurichtung so- sar die Eingeweide samt Inhalt dabei bleiben müssen und diese, gemeinhin Schnepfendreck genannt, sogar für die Regel vom ersten Morgengrauen bis in die Vormittagsstunden dauert, erfordert die stete Anwesenheit des Fängers, der neben einer der Stangen stehend die durch einen Rollblock laufende Leine, an der das Netz hängt, in der Hand hält, um das letztere in dem Augenblick herabfallen zu lassen, wo eine Schnepfe hineinfliegt. Um das möglichst schnelle Herunter- fallen des Netzes zu fördern, ist an den oberen Ecken desselben je ein etwa zweifaustgrosser Feuerstein befestigt. Die mit Kopf und Hals in den 65 mm weiten Maschen hängende Schnepfe wird rasch ausgelöst, mit dem Rücken kräftig auf den Boden geworfen und so sicher, schnell und schmerzlos getötet. Die Maschenweite schliesst einen Fang kleinerer Vögel mit dem Schnepfennetz aus (vergleiche GÄTKE, die Vogelwarte Helgoland, S. 499 ff... J. R. 1) Derartige Kleinvögel werden auf Helgoland im „Drosselbusch* und mit dem Schlagnetz gefangen. J. R. Die gemeine Wald-Schnepfe, Scolopax rustieula L. 63 höchste Leckerei gelten!) Ob nun gleich niemand leugnen wird, dass dem Fleische dieses Vogels ein ganz eigentümlicher hoher Wohlgeschmack und daneben eine vorzügliche Zartheit beigegeben sei, die ihm vor allem anderen Waldgeflügel un- bedingt den Vorzug geben, so darf man doch, trotz des alten „de gustibus non est disputandum“ dreist behaupten, dass, wie in den Beschreibungen der anderen Arten der Schnepfengattung schon gesagt wurde, es hinter denen der Bekassinen weit zurück steht, zumal hinter dem der Gallinago major. Es ist in- dessen auch ein gewaltiger Unterschied zwischen feisten und geringen Waldschnepfen; jene, wie sie am häufigsten im Herbste vorkommen, geben häufigst einen unvergleichlich schmack- haften, zarten und saftigen Braten, der kaum noch etwas zu wünschen übrig lässt, während die Frühlingsschnepfen, durch Nahrungsmangel in einem anhaltenden Nachwinter oder durch schnelles Reisen abgemagert, nicht selten ein, wo nicht zähes, doch ziemlich trockenes Fleisch haben, wo dann auch gewöhnlich das Eigentümliche seines Geschmacks schwächer ist als bei den wohlbeleibten. Trotzdem dass die Waldschnepfe hin- sichtlich des Wohlgeschmacks unbestreitbar hinter die Be- kassinen zurücktritt, so sucht man sie doch mehr als diese, sei es nun, weil sie grösser von Körper ist, oder weil sie ein- mal von altersher einen grösseren Ruf .hatte, oder überhaupt bekannter war, kurz man zahlte dem Jäger ein sehr gutes Schussgeld und dem Verkäufer hohe Preise, in Landstädten nicht unter 1,50 Mark pro Stück, der hier selbst oft über 2 Mark, in grösseren Städten aber bis auf dass Doppelte und Dreifache steigen kann. Die Kochkunst bereitet dies Wildbret auf verschiedene Weise zu; entweder man bratet es samt allen Eingeweiden am Spiesse und lässt das, was dabei aus dem After herausquillt, auf in Butter geröstete Semmelscheibchen träufeln, oder man nimmt zuvor die Eingeweide heraus, entfernt bloss den Magen, macht aus den übrigen, nebst Gewürz und dergleichen, ein Gehäcksel, das man gebraten auf geröstete Semmelscheibchen streicht und neben der auf gewöhnliche Art in Butter gebratenen Schnepfe zur Tafel giebt, in beiden Fällen aber dies, ohne auf ı) „Schnepfenschnitten, Schnepfenbrötchen‘“, scherzhaft „Schnepfen- geist“. Um die Masse für diese Brötchen der Zahl der Gäste nach zu strecken, empfiehlt Dr. WURM, einige Misteldrosseln, fein gewiegt, hinzu zu setzen. „Das bitterliche Aroma dieser amalgamiert sich vortrefflich mit dem Schnepfengeschmacke.“ J. R, die Masse von Eingeweidewürmern, welche die Schnepfen in Unzahl beherbergen, zu achten, für die grösste Leckerei hält. Über diesen nach vieler Meinung verdorbenen oder vielmehr überspannten oder verdrehten Geschmack der Leckermäuler ist, doch unbeschadet der Sache, von Gelehrten und Ungelehrten schon viel gespöttelt worden, ohne dass man einen hohen Wohlgeschmack dieser Zugabe gänzlich hat wegleugnen können. [— Zur Beruhigung der Feinschmecker sei hier noch ausdrück- lich bemerkt, dass jene Parasiten und ihre Eier durch die Brathitze gänzlich unschädlich gemacht werden. —] Das kleine, schmale, sehr spitzige, starre Federchen, vor der ersten grossen Schwungfeder stehend [— und als rudi- mentäre Schwungfeder aufzufassen —], das Eigentum aller Arten aus der grossen Familie der Schnepfenvögel, bei der Waldschnepfe in ihrer sonderbaren Eigentümlichkeit am voll- kommensten, wird vom Miniatur-Maler als Pinsel benutzt, um die allerfeinsten Haarstriche hervorzubringen, was die einzelne, oder auch zwei gegen einander gebunden, auf eine Weise leistet, die mit dem zartesten Haarpinsel nicht erreicht werden kann [—; daher der Name „Malerfeder“. Auch ver- fertigt man aus einer grösseren Anzahl dieser Federchen, die rosettenartig angeordnet werden, einen ganz reizenden Jagd- hutschmuck. —| EL: Im Haushalt der Natur nützt die Waldschnepfe noch durch Vertilgen einer grossen Menge dem Waldbau schädlicher Insektenbrut [—, sowie durch Wundmachen des Waldbodens, wodurch die natürliche Besamung begünstigt wird —|. Schaden. Sie wird uns ebenso wenig nachteilig wie irgend ein anderer Vogel aus der Abteilung der schnepfenartigen. [— Nur der Aberglaube früherer Zeiten wusste ihr Böses nachzusagen. So wurde sie (nach LLoYD) in Schweden noch 1867 für einen „TLrollfägel“* (Hexenvogel) gehalten, dessen Berührung Krank- heiten und anderes Unheil bewirke. Heutigestags hält sie doch wohl jedermann — trotz ihrer grossen schwarzen Augen und des langen Gesichts, trotz „ihres geheimen Kommens und Gehens, ihrer Vorliebe für Dämmerung und ungewisses Sternenlicht, ihrer Verborgenheit und Flüchtigkeit im Waldesschatten* — mindestens für einen harmlosen Vogel. Naturfreunden, Jägern und Feinschmeckern gilt sie natürlich mehr. —|] Lithographie, Druck und Verlag von Fr. Eugen Köhler in Gera-Untermhaus und Leipzig. Mehrfache Staatsauszeichnungen! Jüngst abgeschlossene Subskriptionen auf Naumann: Se. Mai König Wilhelm I. von Württemberg. — Se. Kgl. Hoheit Prinz Albrecht von Preussen, Regent des Herzog- tums Braunschweig. — Ihre Kaiserl. und Königl. Hoheit Prinzessin Gisela von Bayern. — Se. Hoheit Herzog von Anhalt. — Se. Kgl. Hoheit Grossherzog von Baden. — Se. Hoheit Herzog von Sachsen-Altenburg. — Se. Kgl. Hoheit KRUSE Carl Theodor in Bayern, Dr. med. — Se. Königl. Hoheit Fürst Ferdinand von Bulgarien. | Das eidgenössische En des Innern in Bern. NAUMANN, 14 q & & Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas. REEL Jubiläums-Pracht-Ausgabe in 12 Foliobänden oder circa 120 bis 130 Lieferungen. Subskriptions-Preis jeder Lieferung I Mk., der der Bände je nach Umfang. Original-Einbände dazu 5 oder 6 Mk, je. nach Stärke. ssss5s ss Bereits über 100 Lieferungen erfhienen. ssssses Bis Ende Juli 1902 lagen komplett vor: Band VII: Ibisse, Flughühner, Trappen, Kraniche und Rallen. feln. Subskr.-Preis Mk. 6.— Band Il: Grasmücken, Timalien, Meisen und Baumläufer. | en a Se Be ; 346 Seiten Text und 30 Chromotafeln. Subskr.-Preis Mk. 10.—, | SE in Originalband Mk: 16.—. Band IX: Schnepfenvögel Il, Entenvögel I. 360 Seiten Text Band Ill: Lerchen, Stelzen und Finkenvögel. 399 Seiten Text en 3% ir Ee Subskr.-Preis, Mk 11.—, in Original- und 48 Chromotafeln. Subskr.-Preis Mk. 16.—, in Original- mban FEW Einband Mk. 22.—. Band X: Entenvögel Il. 307 Seiten Text und 29 Chromotafeln. 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BEE Prospekt, Probetafel, Textprobe auf Verlangen gratis! “338 Wochenbl. d. Johann.-Ord. „Balley“, Brandenburg, sagt über Bd. III: „Den nahe an 400 Seiten füllenden Text begleiten in ge- wohnter Weise 48 Tafeln in vielfarbigem Steindruck, welche dank ihrem ergiebigen Folioformate die fröhlichen Sänger naturgetreu, meist in Lebensgrösse vorführen, und andere charakteristische Details wohl selbst dem anspruchvollsten Kenner kaum etwas schuldig bleiben“ u. s. w. — Dorfzeitung (Hildburghausen): „Das Werk ist ein Quellenwerk und wird seine Bedeutung weit in dieses Jahrhundert behalten. Von grösstem Wert sind auch die zahlreichen farbigen Darstellungen; sie bilden das Entzücken des Kenners und verleihen dem Werke einen eigen- tümlichen Reiz. Die Ausstattung des Werkes gereicht dem Verleger zum grössten Ruhme“ — Pharmazeutische Zeitung: „In der Be- arbeitung des Textes ist zunächst die Originalität der Arbeit NAuMmAnNs gewahrt geblieben; Neuestes und Altbewährtes mit einander verbunden. Die Tafeln sind tadellos, musterhaft und von hohem, künstlerischen Wert. Die Ausstattung des Werkes ist eine sehr geschmackvolle, vor- nehme; dasselbe gilt auch von dem feinen Halbfranzband.“ — Allgem. Deutsche Lehrerzeitung (Anzeiger): „Jedenfalls steht das NAu- MANN’sche Vogelwerk in der Zuverlässigkeit der Angaben, der Gediegenheit der Ausführungen — von der Billigkeit gar nicht zu reden — auf der Höhe der wissenschaftlichen und künstlerischen Leistungsfähigkeit und überholt sonach alle Werke ähnlicher Art“ u. s. w. — Zeitschrift für Naturwissenschaft, Bd. 73: „Wieder ist ein umfangreicher Band des mehrfach warm empfohlenen Prachtwerkes fertig ge- stellt und erfreut uns durch seinen reichen Inhalt und seine vornehme Ausstattung. Insgesamt finden sich in dem vorliegenden Bande (III) die Abbildungen von nicht weniger als 164 Vögeln und 240 Eiern. Wir können das Werk nur immer und immer wieder Jedem auf’s Angelegentlichste empfehen“ u. s. w. — Leipziger Zeitung (Wissenschaftl. Beilage): „Wiederum ist ein stattlicher Folioband der prachtvollen Jubiläums-Ausgabe vollendet, an dem Jeder Liebhaber seine Freude haben wird. Von den Tafeln ist nur das Beste zu sagen. Die Gruppe Kreuzschnäbel, aus denen die roten Männchen wie Edelsteine hervorleuchten, sind wahre Kabinettstücke.“ — Schweizer Blätter für Orni- thologie: „Wenn dieses Werk einmal in seinen 12 Bänden fertig vorliegt, dann wird dessen Wert für die Ornithologie erst recht anerkannt werden. Nebstdem gebührt ihm aber noch ein Ehrenplatz. In,ornithologischen- und Vogelschutzvereinen ohne Zweifel der erste Platz, denn kein zweites ähnliches Werk dürfte zu gleichem Preise im Text eine solche Gediegenheit und Ausführlichkeit, in den Chromotafeln eine der- artige Naturtreue und vollendete künstlerische Ausführung bieten.“ — Deutsche Zeitung, (Berlin): „Schon ein flüchtiges Durchblättern des äusserst umfangreichen Werkes zeigt, welch eine Riesenarbeit, welche Fülle von Erfahrungen und Beobachtungen dazu gehören, um dieses in Form und Ausstattung gleich prächtige Werk zustande zu bringen. Auf den am Schlusse des Bandes eingefügten Tafeln, sind auch die Eier sämtlicher Arten sorgfältig und mustergültig abgebildet.“ — Deutsch-Österreich. Alpenverein: „Der IV. Band dieses grossartig angelegten Prachtwerkes, führt uns die zunächst so wohlbekannte und vertraute Vogelwelt des deutschen Waldes, des Mittelgebirges und der Alpen vor. Die prächtig ausgeführten Tafeln in Grossfolio-Format, zeigen uns in tadelloser Darstellung das muntere Volk u. s. w. Liebevolles Eingehen in Einzelnheiten und erschöpfende textlicher Darstellung verdienen musterhaft genannt zu werden. Eu. SMITHSONIAN INSTITUTION LIBRARIES Il I ui DD231E4 Te j IN m N nn FEN A TEE EHE DEE Fr u Bar hu TH FB en ET ET ER, FT a, > euren rn Fr IT nn u > a | v; a, . \ ’ h . je r = er Rn men EL nn nn a ne AI nu rn au an en u nn ar ae rn an ra mn an ee N a nr - ae A , B & j wi e r x Ay a NN 26