Die Naturgeſchichte der nutzbaren Hausſäugethiere. Bon J. E. Peith, ME Profeſſor am k. k. Thierarznei⸗Inſtitute in Wien. Wien 1856. Wilhelm Braumüller, k. k. Hofbuchhändler⸗ WI Asso LONDON. „ . — — ——ů— D Ba a Österreichische Veterinär - Literatur aus dem Verlage von Wilh. Braumiäüller, k. k. Hofbuchhändler in Wien, Handbuch der gesammten gerichtlichen Thierarzneikunde für Arzte, Thierärzte, Ökonomen und Rechtsgelehrte von J. E. Veith, Pro- / fessor am k. k. Wiener Thierarznei - Institute, Dritte verbesserte und vermehrte Auflage. 1850. Preis: 3 fl. C. M. Grundzüge der Naturlehre, mit besonderer Berücksichtigung der Be- dürfnisse des thierärztlichen Studiums, von Dr. H. F. Röll, Studien- Direktor des k. k. Thierarznei-Institutes. 1853. Pr.: 1 fl. 30 kr. C. M. Lehrbuch der Arzneimittellehre für Thierärzte, von Dr. M. F. Röll, Studien- Direktor des k. k. Thierarznei-Institutes. 1853. Pr.: 1 fl. 20 kr. C. M. Lehrbuch des Hufbeschlages mit Inbegriff der Lehre vom Klauen- beschlage, von Dr. Joh. Pillwax, Professor am k. k. Thierarznei- Institute in Wien. 1855. Preis: 1 fl. 40 kr. C. M.. Lehre vom Exterieur des Pferdes oder von der äussern Pferdekenntniss. Bearbeitet von Dr. Franz Müller, Professor am k. k. Thierarznei- Institute in Wien. 1854. Preis: 1 fl. 12 kr. C. M. Anfangsgründe der Chemie für Thierärzte, von Dr. A. Bruckmüller, Pro- fessor am k. k. Thierarznei-Iustitute in Wien. 1854. Pr.: 1 fl. C. M. Grundzüge der allgemeinen und speziellen Botanik für Thierärzte, von Dr. A. Bruckmüller, Professor am k. k. Thierarznei- Institute in Wien. 1851. Preis: 48 kr. C. M. Praktisches Heilverfahren bei den gewöhnlichsten innerlichen Krank- heiten des Pferdes, von Dr. Johann Bleiweis, k. k. Professor ete. Fünfte verbesserte Auflage. 1854. Preis: 2 fl. C. M. Die Naturgeſchichte der nutzbaren Hausſäugethiere. Von 3. € Veith, Profeſſor am k. k. Thierarznei⸗Inſtitute in Wien. Wien 1856. Wilhelm Braumüller, k. k. Hofbuchhändler. LIda00W WALWSAT A | Die auf Shetland und in Wales nicht felten kleinen, oft zwerghaften Pferde (Pony) gehören zu einem Stamme, der auf Island, Norwegen, Korſika u. f. w. ſich erhalten hat. Auch dieſe find in einigen Gegenden vers edelt worden. i §. 19. b) Pferde im ſüdweſtlichen Europa. Ein großer Theil der Pferde im ſüdlichen Europa ſind von den ber— beriſchen Pferden abzuleiten, welche zuerſt von den Mauren nach Spanien ge— bracht und von da weiter verbreitet wurden. Die ani en Pferde, deren Zucht einſt ſehr blühend war, ſpäter — Ü—ä— — | 35 aber durch Kriege, Futtermangel ꝛc. in Verfall gerieth, find feurige, muthige und gelehrige Thiere von edlem Anſehen und erhabenem Gange. Sie haben gewöhnlich einen großen, etwas gebogenen Kopf, tief ſtehende, ziemlich lange Ohren, große Augen, muskelreichen, ſchön gewölbten Nacken, reichliche Mäh⸗ nen, hohen Widerriſt, breite volle Schultern und Bruſt, niedrige Lenden, etwas ſchmales, nicht ſelten geſpaltenes, niedriges Kreuz. Die Schenkel ſind wenig behaart, die Gelenke rein, die Sehnen frei liegend, Feſſel etwas lang, die Hufe hoch und eng, daher zum Zwanghuf geneigt. Ihre Farbe iſt ge⸗ wöhnlich braun, ſelten ſchwarz oder grau. Die ſchönſten und vollkommenſten unter ihnen, die Andaluſier, wie man ſie in den Provinzen Andaluſien, Granada und Eſtremadura findet, galten früher in den höheren Schulen der Reitkunſt, zum Pompe und zu feierlichen Aufzügen für unentbehrlich. Sie ſind etwas lang gefeſſelt (gekepelt), was ihren Tritten weniger Sicherheit, ihrer Bewegung aber große Zierlichkeit verleiht. Die Pferde von Südame- rika, ſowie die im ſüdlichen Theile von Nordamerika ſind, wie wir bereits oben bemerkten, Abkömmlinge der ſpaniſchen Pferde. Auch die Pferderacen von Mittels und Süditalien ſtammen zum Theil, wenigſtens die edleren derſelben, von Andaluſien ab, welche zur Zeit der ſpaniſchen Herrſchaft eingeführt wurden. Ihrer Größe und Stärke wegen berühmt ſind die Neapolitaner. Dieſe haben einen ſchweren gebogenen Kopf (Ramskopf und Schafskopf), . einen langen in die Höhe gerichteten Hals, fleiſchigen Widerriſt, ſchöne Bruſt, langen Leib, hohe Beine, enge Hufe. Ihre edle Haltung und ihr erhabener Gang eignet ſich beſonders zur Pracht und zu Staatszügen. — Sie find aber in neuerer Zeit ſehr herabgekommen; auch ihre Verwendung zur Zucht ent⸗ ſprach nicht den Erwartungen. á Die ſardiniſchen Pferde ſind klein, nur 12— 13 Fauſt hoch; ihr Kopf iſt verhältnißmäßig zu groß, der Leib lang, die Kruppe abgeſchliffen, der Schweif aber gut angeſetzt. Ihr Faſerbau iſt ſtraff, die Sehnen freiliegend. Sie ſind willig und folgſam, und halten bei geringem Futter lange aus. — Ein etwas größerer Schlag daſelbſt iſt durch Veredlung mittelſt andaluſiſcher (um 1565 eingeführter) Zuchthengſte entſtanden. Das kleine corſiſch e Pferd ift durch feine Lebhaftigkeit, Ausdauer und Niedlichkeit bekannt, ſo daß man gewöhnlich jedes kleine Pferd mit dem Na⸗ men Corſikaner bezeichnet. ~ — — — — 2 k f 1 f at ® 42 A i e g f N * i 95 7 t } u f wi 1 $ ! 1 t f B 1 $ f $. j ’ 1 1 . | ! i $ i i $ i I 1 Ef = N 5 l 1 i N $ j 7 1 1 f 1 i f | i i v ip 7 F Í 14 ta i 1 | u | ii 13 f Fet gi ! Í 3 l 1} ki 1 { y Ä ji 1 E ER E, } „ t; H N 7 ei Re TE $. 20. c) Franzöſiſche Pferde. Im Allgemeinen hat ſich die Pferdezucht in Frankreich nie zu einem hohen Grade von Vortrefflichkeit erhoben. Viele Provinzen dieſes Landes haben zwar gute, kraͤftige Pferde, die aber wenig von edlen Formen beſitzen, und wegen einer ſchweren Vorhand mehr zum Zuge, weniger als Reitpferde ſich eignen, ſo daß Remonten für den Bedarf der Kavallerie in Deutſchland aufgekauft werden. Die bekannteſten und zum Reitſchlage tauglichſten Pferde in Frankreich ſind die Limouſiner, welche in manchen Körperformen, ſowie in ihrer Leich— tigkeit, Gewandtheit und Ausdauer Ahnlichkeit mit Arabern zeigen. Sie haben einen etwas langen, magern und feinen Kopf, ſchlanken Hals, der zuweilen am untern Rande etwas gebogen iſt Chirfchhälfig), kräftige, gut geſtellte Beine. Sie werden fpät erſt (mit 7—8 Jahren) dienſtfähig, bleiben aber bis in ein hohes Alter (25 — 30 Jahre) brauchbar. Be Neben den Qimoufinern find vor allen die Pferde der Normandie zu erwähnen. Sie gehörten früher zu den berühmteſten von Europa und find noch jetzt zur Kavallerie und Jagd ſehr geeignet. Sie ſind von anſehnlicher Größe und Stärke, haben eine feine Haut und feine Haare, einen viereckigen Kopf und freie Augen. Ihr Hals ift leicht, muskulös, der Widerriſt hoch, der Rücken etwas eingedrückt, die Kruppe wohl gerundet, die Gliedmaſſen kräftig. — Gute und fehlerfreie Pferde find jedoch nicht häufig und ſowohl in Staats- als Wri- vat⸗Geſtüten werden orientaliſche oder engliſche Vollbluthengſte zur Veredlung angewendet. Unter den gemeinen Raçen Frankreichs werden die Pferde aus der Bre— tagne ſowohl zum Laſttragen, als auch für die Kavallerie und Artillerie verwendet. Sie find meift 15 Fauſt hoch, haben einen gutgebauten dicken Kopf mit großen Augen. Ihr Hals iſt ziemlich breit, etwas fleiſchig, oft kurz, die Mähnen ſtark, die Lenden kurz und breit, die Kruppe kurz, ſtark, meiſt geſpal⸗ ten, der Schweif dick, tief angeſetzt; die Gliedmaſſen ſehnig, Feſſel kurz, Hufe breit. — Dieſen ähnlich, groß, muskulös, etwas länger in den Flanken, doch minder ausdauernd ſind die Pferde von Poitou. Hieran reiht ſich das Zugpferd aus der Franche Comtò von gedrungenem ſchweren Bau, zum Ackerbau und zur Beſpannung kleiner, leicht beladener Karren geeignet. Die Pferde aus Boulogne und der Picardie u. fe w. find in ihren Eigen⸗ ſchaften von den letzteren nicht ſehr verſchieden und nur zum Zuge verwendbar. 37 In neuerer Zeit (1840) hat die Gegend von Brenne, eine wenig bewohnte Heidelandſchaft im Departement Indre, der franzöſiſchen Reiterei nicht ſchöne, aber ſtarke, muthige, ungemein ausdauernde und anhängliche Pferde geliefert. Die Regierung unterſtützt deshalb die dortigen Züchter und ſucht die Rage zu verbeſſern. S. 21. d) Viederdentſche und däniſche Pferde. An den flandriſchen, holländiſchen und frieſiſchen Pferden treten die oben beſchriebenen Eigenſchaften des gemeinen Pferdes ſo entſchieden hervor, daß man ſie (mit Sturm) als eigentliche Niederungsrace bezeichnen kann. Ihre Größe beträgt gewöhnlich 18 Fauſt, der Bau ihres Körpers iſt plump und fehwerfällig, die Knochen dick und ſtark, der Kopf groß, die Ohren weit abſtehend und hängend, das Maul wulſtig, der Hals kurz und ſtark, die Bruſt voll, die Schultern fleiſchig, der Rücken breit und häufig eingeſenkt, das Rip⸗ pengewölbe tonnenförmig, das Kreuz breit, geſpalten, der Schweif lang, dick, niedrig angeſetzt, die Schenkel dick, etwas plump, die Hufe flach. Sie eignen ſich ganz vorzüglich zum Ziehen ſchwerer Laſten, als Frachtfuhr⸗, Schiffspferde u. f. w. Sie ſind beſonders zu Dummkoller, Fußgeſchwülſten (Stollbeulen, Piphacken, Flußgallen u. dgl.), zu Maul- und zu Augenkrankheiten (Monatblindheit) geneigt. Etwas leichtere Pferde dieſer Zucht ſind die Schnelltraber (Hart- Dravers) in Weſtfriesland und die Pferde der preußiſchen Marſchländer gegen die Mündung der Weichſel. ö . Das engliſche Karrenpferd und andere gemeine Schläge Englands, zum Theil die Pferde im nördlichen Frankreich, das Pinzgauer und das ſteiriſche Pferd zeigen ebenfalls die Eigenſchaften dieſer ſogenannten Niederungsrace. Der geographiſchen Ordnung gemäß wird von den beiden zuletzt genannten Racen weiter unten gehandelt. i Die Holfteiner Pferde nähern fih fo ziemlich den vorigen Nagen, find jedoch etwas leichter, und beſitzen ein mehr veredeltes Ausſehen. Sie find groß, lang, haben häufig einen Ramskopf, einen gut angeſetzten, wohl proz portionirten Hals, breite Bruſt, mehr weniger eingeſattelten Rücken, abge⸗ ſchliffenes Kreuz, niedrig angeſetzten Schweif, hohe kräftige Schenkel, platte Hufe. Sie waren früher beſonders als Kutſchpferde ſehr geſucht. Ihnen ähnlich, jedoch ſchon früh durch orientaliſches Blut veredelt, ſind die däniſchen Pferde, welche einen vorzüglichen mittelſchweren Wagenſchlag } 1 1 f 4 t d f f 1 Í | i pa | 2 1 $ Í 2 ih f f J f kii * a var * Bi 3 1 i $ | -i 1 H ? 14 1 OH H I Bi AA iS 8 | bs an ij 1 N 1 2 “ 1 j "m $ 75 J A * n N y 4 $ s ; E | yi k y AA f 3 1 y 14 N 4 N 2 = i { 1 ee SE 38 bilden. Der Kopf derſelben ift proportionirt, etwas fleiſchig, der Hals dick, kurz aufgeſetzt, die Bruſt breit, die Kruppe etwas ſchmal und abſchüſſig, der Schweif lang, wohl behaart. Sie ſind meiſt dunkelfarbig und haben einen leich⸗ ten, ſtolzen Gang. Als beſonders dauerhaft rühmt man die ſogenannten Waf- ſerdaͤnen. Die Mecklenburgiſchen Pferde. In Mecklenburg hat man der edlen Pferdezucht nicht nur von Seite der Regierung große Aufmerkſamkeit ges ſchenkt, ſondern auch viele Private haben ſich derſelben mit rühmlichen Eifer zugewandt. Am meiſten iſt engliſches Blut verbreitet. Die dort gezogenen beſ— feren Pferde find 15½ — 16 Fauſt hoch, kräftig und ausdauernd, zum ſchwe— ren Reitdienſte vorzüglich paſſend. Sie haben einen langen, geraden, trockenen Kopf, breite Stirne, freies Auge, meiſtens gerade Naſe, proportionirten leich⸗ ten Hals, breite Bruſt, geraden Rücken, runde Kruppe, hoch angeſetzten Schweif, hohe kräftige Gliedmaſſen mit freiliegenden Sehnen. Unter den Ragen der übrigen deutſchen Länder läßt ſich kein allgemei- nes beſtimmtes Bild entwerfen, da durch die ſo häufige, oft ungeregelte Werz miſchung einheimiſcher Schläge, insbeſonders aber durch die Einführung aus⸗ ländiſcher Hengſte in die Geſtüte und Landes beſchälanſtalten eine große Verſchie⸗ denheit ſowohl in der äußern Körperform als in der Leiſtungs fähigkeit der Pferde hervorgerufen wurde. Man findet Pferde von gemeinem Schlag, grobknochig, plump, zum ſchwe⸗ ren Zuge geeignet, und hinwieder eine dieſer ganz entgegengeſetzte feine Race, und zwiſchen beiden die mannigfaltigſten in einander übergehenden Mittelformen. 3. 22, 2 e) Nordiſche und ruſſiſche Pferde. Im höheren Norden von Europa, in Norwegen, Schweden, Lappland find die Pferde meiſtens klein (11—13 Fauſt hoch), jedoch von ſtarken Kno⸗ chen, lebhaft, munter, abgehärtet und ungemein ausdauernd. Die Körperfarbe iſt gewöhnlich dunkelkaſtanienbraun, Mähnen und Schweif ſchwarz. Sie eignen ſich beſſer zum Reiten als zum Fahren; insbeſonders ſind die norwegiſchen Pferde wegen der Sicherheit ſehr geichägt, mit welcher fie ſchwer belaſtet, die ſteilſten Anhöhen pafficen, Die kleinen Pferde auf der Inſel Island haben grobe ſtruppige Haare und eine unanſehnliche Geſtalt, zeichnen ſich aber durch ihre Lebhaftigkeit, Ausdauer und beſondere Klugheit aus. 39 In Rußland iſt die Pferdezucht ſehr ausgedehnt, und fte eht anf einer ziemlich hehen Stufe. Sie liefert zahlreiche, zu den erfreuten Zwecken geeignete, ſtarke und dauerhafte Thiere. Das eigentliche ruſſiſche Pferd (aus Großrußland) iſt weder ſchön noch groß, aber von gedrungenem Körperbau, kräftig und ausdauernd, ebenſo fromm und gelehrig. Es hat einen ſtarken Kopf mit platter Stirne, kurzen, etwas dicken Hals, breite Bruſt, ein ſtarkes Kreuz, lange Mähnen und langen Schweif, kräftige feſte Knochen, kurze Feſſel und flache Hufe. Es eignet ſich mehr zum Zuge als zum Reiten. Ausgezeichnete Pferde dieſer Abſtammung kommen um Archangel vor; als die beſten jedoch gelten die ſogenannten zapo— rogiſchen in dem Landſtriche zwiſchen den Flüſſen Dnieper und Bug; — ihre mittlere Größe, der feine Kopf mit wohl geſtellten Ohren, die ſchön geformte Bruſt und Kruppe, die feinen Gliedmaſſen, ihre kleinen, runden und feſten Hufe laſſen die edle orientaliſche Abſtammung nicht verkennen. Die liefländiſchen Pferde find ſtarke, bis ins hohe Alter dauerhafte, zum Reiten und Ziehen geeignete Pferde. Sie ſind von gedrungenem Bau, haben eine flache Stirne, mäßig langen Hols, breite Bruſt, geraden ſtarken Rücken, rundes Kreuz, mäßig dicke, nicht lang behangene Füße, runde Hufe. Beſonders rühmt man die ſogenannten Doppel-Klepper als gute Dragoner⸗ Pferde. RE S In der Ufrai ine finden fih vorzüglich beſonders für die leichte Rei⸗ terei paſſende Pferde von tartariſcher Abſtammung; ihnen ähnlich find die beſſarabiſchen Pferde. Mit dem tartariſchen und ſccherkeſſſchen Pferde verwandt iſt das Neos niſche Koſakenpferd, vom Mittelſchlage, etwas ramsköpfig, mit ſtarken * Ganaſchen, ſtark geſtrecktem Leibe und kräftiger Kruppe, flüchtig, gewandt, aus⸗ dauernd und dabei ſehr genügſam. Doch findet man bei den ärmeren Koſaken faſt durchgängig ſchlechte Pferde, die den ganzen Winter hindurch auf der Weide gehalten werden, wobei ſie weder gedeihen, noch eine gute Nachzucht verſchaffen können. Das polniſche Pferd zeigt manche Eigenthümlichkeit, durch die es ſich von andern Racen auffallend unterſcheidet. Es hat einen kleinen, trockenen, zu⸗ weilen aber auch ſehr großen Kopf, den es gerne in die Höhe wirft, dickes Maul, breite Ganaſchen, der Hals iſt kurz, am untern Rand meiſt gebogen (hirſchhälſig), die Mähne lang, grobhaarig, der Widerriſt erhaben, die Bruſt ſchmal, Schulter flach, Rücken lang, ſtark und breit, das Kreuz oft abgeſchlif⸗ 40 fen, der Schweif kurz angeſetzt, die Schenkeln fein, die Feſſel lang, feſte, etwas enge, oft fehlerhafte Hufe. Gewandt, unerſchrocken und ausdauernd, an Hitze und Kälte, Hunger und Durſt gewöhnt, kann es große Strapatzen ohne Nachtheil ertragen, und iſt daher zum Kriege beſonders geeignet. Dagegen iſt es häufig eigenſinnig, boshaft und mißtrauiſch. — Die befferen polniſchen Ge— ſtütspferde zeigen vielen Adel. 3 | Ein geſchätzter Schlag dauerhafter Pferde ſind die Bachmatten in Po⸗ dolien mit langer Mähne und vorgebogener Stirn, mit breiten, harten Hufen. Sie bekommen im Winter lange, krauſe Haare. * 2 f) Cürkiſche Pferde. Die türkiſchen Pferde ſind mit den tartariſchen verwandt und zum Theil von perſiſchen und arabiſchen abſtammend. Sie ſind fein gebaut, mit geradem, trockenen Kopfe, ſchlankem dünnen Halſe, langem ſchmalen Rippengewölbe, langem Rücken, etwas beengtem Bruſtkorbe, feinen jedoch kraftvollen Schen⸗ keln; ſie haben ſehr feine Haare und eine ſo zarte Haut, daß ſie die Striegel nicht vertragen können; ſie ſind ſehr gutmüthig und gelehrig, vortrefflich in der Bewegung und haben einen tlichtigen Athem. Unter den in Bulgarien, Rumelien und Anatolien vorkommenden Pferden haͤlt man die letzteren für die vorzüglichſten, die als leichte Reitpferde befon- ders geſchätzt werden. Die Pferde aus der Moldau und Wallachei ſind urſprünglich tar⸗ f tariſcher Abkunft, die vom beſſern Schlage haben einen kurzen Kopf mit breiten Ganaſchen, ſchön geſtellte Ohren, feurige Augen, nicht langen, aber gut auf— geſetzten muskulöſen Hals, hervorragenden Widerriſt, eine breite offene Bruſt, gedrungenen Körper, gut geſchloſſene Lenden und beſonders gute, wohl pro: portionirte Beine mit trockenen Sehnen, etwas langen Feſſeln und harten Hufen. x Als Wildfänge aufgewachſen find fie tückiſch und mißtrauiſch und daher äußerſt ſchwer abzurichten. Iſt aber die Abrichtung gelungen, fo leiſten fie ang- gezeichnete Dienſte, ſind ſehr dauerhaft, vermögend, willig und bis ins hohe Alter zu angeſtrengter Verwendung geeignet. Das gemeine moldauiſche Pferd hat häufig einen großen, plumpen Kopf und einen ſchweren Körperbau; auch dieſes iſt nicht ſelten falſch, miß⸗ trauiſch, zum Beißen, Schlagen und andern Tücken geneigt. | 4 1 Ein großer Theil der öſterreichiſchen leichten Kavallerie-Pferde werden über Siebenbürgen und die Bukowina aus der Moldau, Wallachei und aus Beſſarabien geholt. $. 24. 89) pferde der öſterreichiſchen Aronländer. Das edle ungariſche Pferd iſt von mittlerer Größe, gegen 15 anfi hoch, hat einen kleinen, trockenen, gut gezeichneten Kopf, ſtarke Ganaſchen, gut geſtellte, ſpitzige Ohren, große, feurige Augen, kleine Naſenlöcher, engen Kehlgang, ſchmalen, verkehrten Hals, wohlgeformte Schultern, hervorragen— den Widerriſt, einen geraden oder ſanft vertieften Rücken, meiſt hervorſtehende Hüften, abgedachte Kruppe, gut getragenen Schweif, wenig behaarte Füße, reine, trockene Gelenke und runde, harte Hufe. Es iſt ſehr lebhaft, leicht bez weglich und ausdauernd. Die weit ausgedehnten unbebauten Ebenen aee der Donau und der Theiß ſind das eigentliche Mutterland des ungariſchen Pferdes, wo ſich das k. k. Militärgeſtüt Mezöhegyes und die meiſten und größten Privatgeſtüte befinden. Das gemeine ungariſche Pferd, obgleich von unanſehnlicher Geſtalt und einem elenden Aus ſehen, kaum 14 Fauſt hoch, durch Mißbrauch und hef— tige Anſtrengung im jugendlichſten Alter und durch eben ſo frühzeitige Paarung ganz ausgeartet, bei ſchlechtem Futter und Mangel an aller Pflege ganz ver⸗ wahrloſet, läßt doch durch ſeine trockenen Muskeln, den geraden Vorkopf, die hohe Bruſt, den geraden Rücken, den hochangeſetzten Schweif, die ſtarken, trockenen, muskelreichen, mit wenig Haaren bewachſenen Beine, die reinen Gelenke und feſten Hufe, ſowie durch ſeine Härte und Ausdauer auch beim : ſchlechten Futter die ehemalige Einwirkung orientaliſchen Blutes nicht verkennen. Die weit beſſeren ungariſchen Geſtütpferde ſind entweder durch Orientalen, Araber, Berber, Türken in einem verſchiedenen Grade veredelt, oder durch ehemals angewendete holſteiniſche und mecklenburgiſche Beſchäler, ſowie durch ſehr häufige Kreuzung mit Pferden ſpaniſch⸗neapolitaniſcher Ab⸗ kunft aus dem k. k. Hofgeſtüte von Kladrub in Böhmen auf mannigfaltige Weiſe und dergeſtalt verändert, daß ſie von den urſprünglichen Formen des national⸗ ungariſchen Schlages weit abweichen. Durch dieſe letzte Paarung hat ſich hier wie in der ganzen zterreichiſchen Monarchie eine eigenthümliche, beinahe ſelbſtſtändige Rage gebildet, welche 42 mit einem robuſten Körperbau, einer Höhe von 17—18 Fauſt, große Stärke und Ausdauer verbindet, für den Wagendienſt höchſt brauchbar iſt und von welchen der beſſere Theil auch zu Staatszügen ganz vorzüglich ſich eignet (Kladruber Schlag). Die Siebenbürger Pferde ſind in der Regel größer, ſchöner gebildet und kräftiger, als die ungariſchen Pferde. Sie haben einen feinen Kopf, wohl— gebildeten Hals, volle Bruſt, ſtarken, zuweilen etwas eingeſenkten Rücken, gedrungene Gelenke, ausgeprägte, kräftige Sehnen. Früher wurde den ſieben⸗ bürgiſchen Pferden auch ſpaniſches Blut beigemiſcht. Das gemeine ſieben bürgiſche Pferd des Landmannes für ng | fih nicht weſentlich von dem gemeinen ungariſchen Schlage. Die Pferde in Kroatien und Slavonien ſind klein und von keinem ſchönen Baue, aber gedrungen, abgehärtet, voll Muth, Aus dauer und großer Leichtigkeit, auch zum Laſttragen ſehr geeignet, und nehmen mit dem ſchlechte— ſten Futter vorlieb. ; Die böhmiſchen Pferde find von gemeiner Rage, ſtarkem, plumpen Körperbau, beſonders zum Zuge tauglich. Sie haben meiſtens einen dicken, fleiſchigen Kopf, kleine Augen, kurzen Hals, breite Bruſt und Kruppe, ſtark behängte, dicke, ſchwere Füße und weiche Hufe. Sie unterliegen häufig verſchiedenen Augen- und Hufkrankheiten. Sie werden durch Zuchthengſte aus den k. k. Militärgeſtüten vielfach veredelt und nicht ſelten als Mecklenburger oder Holſteiner in den Handel gebracht. Ausgezeichnet iſt auch der im k. k. Hof⸗ geſtüte zu Kladrub gezogene große Wagenſchlag. Die Pferde in Mähren und Schleſien find von den böhmifchen wer nig verſchieden, im allgemeinen ſind ſie jedoch etwas leichter, gelenkiger und haben nicht ſo ſtark behaarte Füße. Die Pferde Steiermarks ſind groß, ſchwer und plump, haben meiſt dicke Köpfe mit Schlappohren, ſehr breite Bruſt, breiten Leib, geſpaltene Kruppe, dicke Füße und flache Hufe. — Man verwendet ſie mit Vortheil zum langſamen, ſchweren Zug. Die Gebirgsthäler Salzburgs liefern eine e ähnliche für das ſchwere Fuhrwerk, als auch zum Schiffzuge ſehr taugliche und geſchätzte Rage, die unter dem Namen Pinzgauer bekannt iſt. Die Pinzgauer ſind meiſt Rappen oder dunkelbraun, 16—17 Fauſt und darüber hoch, haben einen ſtarken, meiſt geraden Kopf mit breiter Stirne, dicken Ganaſchen und engem Kehlgang, einen mittelmäßigen Hals, dichte Mähnen, hervorragenden und erhöhten Widerrift, 43 muskulöſen Rücken, kurze, zu beiden Seiten ausgebreitete hohe Kruppe, ſtarke, wohlgeformte Gliedmaſſen, ſtark behangene Füße mit kräftigen Hufen. Beide Sagen, Steirer ſowohl als Pinzgauer, ſtimmen alfo in ihren Eigenſchaften mit der frieſiſchen Rage überein. | Die Pferde des Erzherzogthum Öfterrei find von vielfachen äußerſt gemiſchten Schlage, die wenig Eigenthümliches beſitzen, theils weil wegen der Nähe der großen Reſidenzſtadt, wo ein Zuſammenfluß aus allen Punkten des Kaiſerſtaates ftatt findet, Pferde von den verſchiedenſten Nagen in der Provinz vertheilt und auch gepaart werden, theils durch die Einwirkung der Landesbeſchälanſtalten, durch welche aber die Pferdezucht in mehreren Ge- genden des Erzherzogthums ſo ſehr verbeſſert worden iſt, daß ſelbſt der Bauer hie und da Pferde von auffallender Schönheit und innerer Güte zum Verkaufe ausbieten kann. $. 25. Ametikaniſche Pferde. Die Pferde in Amerika ſtammen durchaus von der ſpaniſchen und engliſchen Rage ab. Insbeſondere find die Pferde in Südamerika Abkömmlinge jener, welche ſeit der Entdeckung dieſes Welttheils erſt dahin gebracht wurden und ſich in erſtaunlicher Maſſe vermehrten. Die in Chili in dem Hochlande von Quito u. a. ſtehen den andaluſiſchen wenig nach, fie find ungemein dauerhaft und werden nach ihrem Gebrauche und ihren Gangarten unterſchieden, indem eine beſondere Gattung blos im Paß, eine andere nur im Trab oder Gallopp bewegt wird, bei welchen dieſe Gangarten durch Gewohnheit und Fortpflan⸗ zung eigenthümlich geworden ſind. Die Pferde in Paraguay ſind wegen ihrer Leichtigkeit, Muth und Ausdauer ſehr geſchätzt und in großer Zahl vorhanden. In Nordamerika hat die Pferdezucht in der neueſten Zeit ſo erſtaun— liche Fortſchritte gemacht, daß die dortigen Renner den beſten engliſchen an Schnelligkeit gleichkommen, nachdem vorzüglich in Virginien durch Einfuhr englifcher Hengſte und Stuten die Rasen ſehr verbeſſert worden find. In den höheren Gegenden von Virginien, Carolina und Georgien ſind die Pferde von ſtärkerem Baue, als die im flachen Lande nächſt der Seeküſte. Die Pferde von Kanada ſind mittelmäßig groß, aber leicht und dauerhaft. Im Innern von Louiſiana findet man noch jetzt zahlreiche Heerden wilder Pferde, ſo auch in Mexiko, die, ungeachtet der unaufhörlich auf ſie gemachten Jagden, doch nicht abzunehmen ſcheinen. | 9 a e i he | 1 74 1 {i . 0 n — $. 26. Zweite Art der Pferdegattung und ihre Jaſtarde. Der Eſel hat die meiſten Eigenſchaften mit dem Pferde, zu deſſen Gat— tung er gehört, gemein und unterſcheidet ſich von dieſem vorzüglich durch den kurz behaarten, nur am Ende mit einem Haarbüſchel verſehenen Schwanz und durch feine eigenthümliche Stimme (Yahnen). Über den Rücken des Eſels yer- läuft ein ſchwarzer Streifen, der durch andere Streifen, insbeſondere an der Schulter gekreuzt wird. Seine Farbe iſt nicht fo verſchieden wie beim Pferde, im Allgemeinen grau und mehr weniger röthlich. Er iſt von kleine— rer Statur, hat lange Ohren und niemals Abzeichen, als Sterne, Bläſſen u. dgl. wie das Pferd. Die Eſel leben in Afrika und in den wärmeren Landſtrichen Mittelaſiens heerdenweiſe im wilden Zuſtande, ähnlich wie die Pferde. Man unterſcheidet beſtimmt zwei Arten wilder Eſel, ohne daß es aus gemacht wäre, von mel- cher derſelben der zahme Eſel abſtamme. Dieſer hat durch ſeine Verbreitung in kalte und feuchte Himmelsſtriche viel von ſeiner urſprünglichen Kraft und Lebendigkeit verloren, woran wohl die naz türliche größere Weichlichkeit des Eſels und geringere Widerſtandsfähigkeit ge⸗ gen äußere Einflüſſe, ſowie auch die Vernachläſſigung von Seiten der Menſchen in deſſen Wartung und Pflege Schuld tragen. Im Süden gedeiht er beffer und wird auch rückſichtsvoller behandelt. Im Orient wird er ſehr ge⸗ ſchätzt und gewiſſe Stände bedienen ſich nur des Eſels zum Reiten. Im Verhältniſſe zu feiner Körpergröße ift der Efel ſtärker, als irgend ein anderes Hausthier und ſteht ſelbſt dem Pferde nicht an Kraft nach; wohl aber an der Fähigkeit des Verſtehens. Er hat einen ſicheren bedächtigen Gang, und taugt ſo beſonders gut zum Transport von Laſten über Gebirge. Er iſt gedul⸗ dig, arbeitſam, ungemein ausdauernd, mit dem ſchlechteſten Futter zufrieden, und weniger Krankheiten unterworfen als das Pferd. Er hat ſcharfe — ein vorzügliches Gedächtniß, iſt aber ſehr furchtſam. Auch mit dem Tode bringt der Eſel noch einigen Nutzen. Seine Haut wird zum Pergament, Trommelfellen, Sieben u. ſ. w. verwendet, und im Orient daraus eine Lederſorte (Chagrin) bereitet, die zum Einbinden der Bú- cher u. dgl. dient. Sein Fleiſch wird in manchen Ländern Aſiens in Fleiſch⸗ bänken verkauft, auch hie und da (Bologna) bei der Verfertigung von Würs ſten verwendet. 45 Pferde und Efel begatten fih fruchtbar und erzeugen Baftarde, die, wenn fie von Pferdeſtute und Eſelhengſt entſprungen ſind, Maulthiere, und wenn die Eſelſtute vom Pferdehengſt belegt wurde, Mauleſel heißen. Beide Baſtarde beſitzen keine Fortpflanzungsfähigkeit. Das Maulthier hat im Allgemeinen die Geſtalt des Eſels, nähert ſich aber in ſeiner Körpergröße mehr der Mutter. Es zeigt einen dicken ſchweren Kopf mit weniger langen Ohren, kurzem Halſe, dünner Mähne, niederen Widerriſt, gewölbten Rücken. Die Füße ſind länger als beim Eſel, trocken, ſtark, die Hüfe hoch, ſchmal und ſehr feſt. Der Gang iſt ſicher und ausdauernd. Die Stimme gleicht mehr dem Eſelgeſchrei. Das Maulthier erträgt Strapatzen und Hunger leichter als das Pferd, iſt gegen Kälte weniger empfindlich, mit einfacherem und ſpärlichem Futter zufrie⸗ den, den Krankheiten weniger ausgeſetzt, fähig weit großere Laſten zu tragen, ſicherer im Gange, und beſonders auf rauhen ablegen Stalien , Spa: nien, Südamerika) zuverläſſiger. Der Mauleſel iſt ſelten größer als die Eſelſtute, manchmal 1 unanſehnlich, ſchwach und ſelbſt im Verhältniß zur Größe nicht ſo ſtark, wie das Maulthier, dann bösartiger. Er iſt daher zum Laſttragen wenig tauglich, auch zum Reiten nicht zu empfehlen und wird aus dieſem Grunde im Allgemeinen wenig gezüchtet. Drittes Hauptſtück. Naturgeſchichte der zweihufigen Hausthiere. §. 27. Die zweihnfigen Hansthiere, oder Wiederkäuer überhaupt. Alle Gattungen dieſer hochwichtigen Ordnung zeichnen ſich durch folgende Eigenſchaften aus: Ihre Gliedmaſſen ſind an den Zehengliedern (Feſſel⸗ Kron⸗ und Hufbein) geſpalten, d. h. aus einer doppelten Knochenreihe zu, ſammengeſetzt, die zwei Zehenglieder find von eben fo vielen Hornſchuhen (Klauen) umſchloſſen, welche mittelſt einer ebenen Fläche ſich berühren und beim Auftreten ſich von einander entfernen. Das Stirnbein iſt (mit Aus nahme der Kameele) mit eigenen Knochenfortſätzen zur Aufnahme der Hörner verſehen. Die Schneide- und Eckzähne des Vorderkiefers fehlen bei un⸗ ſeren Hausthieren dieſer Ordnung und ſind durch eine ſchwielige Wulſt er⸗ ſetzt; im Hinterkiefer finden ſich acht Schneidezähne, die Eck- oder Hakenzähne fehlen; Backenzähne finden ſich ſechs in jeder Kieferhälfte, und von den Schneidezähnen durch eine Zahnlücke getrennt. Sie ſind ſchmelzfaltig, zeigen auf ihren Kronen zwei doppelte halbe Monde, und paſſen im Vorder⸗ und Hinterkiefer dergeſtalt aufeinander, daß ihre ſich gegenſeitig reibenden Flächen in einer etwas ſchrägen Richtung ſich berühren. Die Bewegung des Hinter kiefers findet in ſenkrechter und wagrechter Richtung ſtatt. Von den Sinnes organen ſind die des Geruches und Gehöres von den übrigen beſonders entwickelt. Das Gehirn iſt im Verhältniß zur Kór- permaſſe bei den Wiederkäuern klein, daher die Seelenthätigkeit bei vielen derſelben ziemlich beſchränkt erſcheint, daß man ſie unter die ſtupiden Ge⸗ ſchöpfe zählt. Die Schlüſſelbeine fehlen gänzlich; Ellenbogenbein und Armfpindel ſind größtentheils, Schien⸗ und Wadenbeine ganz, ebenſo die beiden Mittelfuß⸗ * knochen zu einer Röhre verwachſen. L 47 Der Magen beſteht bei allen aus 4 Abtheilungen, die zum Wieder⸗ kauen eingerichtet ſind und Panſen, Haube, Löſer und Labmagen heißen. In letzterem geht die eigentliche Verdauung vor ſich, die anderen be⸗ reiten dieſelbe nur vor. Der Darmkanal iſt außerordentlich lang, die Schleim— haut desſelben mit verlängerten Darmzotten verſehen. Das Fett (Unſchlitt) iſt feſter als das der übrigen Thiere. EEE Gattungen derfelben. Die wichtigſten Hausthiere aus dieſer Ordnung gehören den Gattungen Rind, Schaf und Ziege an, welche insgeſammt zu der Familie der Hohlhörner oder Hornthiere gerechnet werden. Dieſe Familie unter⸗ ſcheidet fih ſowohl von den ungehörnten Kameelen (dem einbucklichen Droz medar, dem zweibucklichen Trampelthier), dem Llama und Vikunna, als von den Geweihe tragenden Wiederkäuern durch das hohle Horn, mit dem jeder Knochenfortſatz des Stirnbeins ſcheidenförmig umgeben iſt, ſowie dadurch, daß fie keine Eck⸗ (Haken⸗) Zähne, in jeder Kieferhälfte ſechs Backenzähne und an den Füßen nicht ſelten Afterklauen haben. Zur leichteren Unterſcheidung der genannten drei Hausthiergattungen wird noch folgende Überſicht beigefügt. 1. Die Hörner drehrund (nur beim Büffel etwas kantig), mehr we⸗ niger halbmondförmig nach außen gekrümmt: das Rind. 2. Die Hörner ſind von der Seite zuſammengedrückt und zugleich glatt oder knotig, ſichelfbrmig nach hinten gebogen; das Kinn iſt mit langem Barte verſehen: die Ziege. 3. Die Hörner von den Seiten zuſammengedrückt, vorne ſtumpf⸗ kantig, hinten flach, ſchraubenförmig gewunden, das Kinn bartlos: das Schaf. Erſte Abtheilung. Naturgeſchichte des Rindes. S-29, Orgauiſche Grundzüge und Arten. Das Rind beſitzt acht Schneidezähne im Hinterkiefer, in jeder Kiefer- hälfte ſechs Backenzähne, im Ganzen alſo 32 Zähne, einen vierfachen Magen A 18 und gefpaltenen Huf. Der Kopf des Rindes ift kurz und ſtark, die Stirne gerade, bei beiden Geſchlechtern mit Knochenfortſätzen, auf welchen die hohlen Hörner in Geſtalt einer Scheide aufgeſetzt ſind. (Ausnahmsweiſe als Spielart findet ſich auch ungehörntes Rindvieh.) An der etwas verlängerten und abge⸗ rundeten Schnauze befindet ſich eine kahle, von einer feinen Haut bedeckte, ſtets mit Schleim überzogene Stelle, das ſogenannte Flotzmaul oder der Nafen: ſpiegel. Die Ohren ſind lang, ſehr beweglich und ſtehen wagrecht. Die Au⸗ gen ſitzen ſeitlich, ſind groß und haben eine elliptiſche quere Pupille. Die Zunge iſt mit kleinen, ſpitzigen, hornartigen, rückwaͤrts gerichteten Stacheln beſetzt; am Halſe befindet ſich eine ſchlaffe Wamme, der Friel. Die vier Saugwarzen (zuweilen eine fünfte und ſechſte überzählige) liegen zwiſchen den Hinterſchenkeln, und enthalten die Ausführungsgänge einer großen, zuſam— menhängenden Milchdrüſe, des Euters. Das Schwanzende iſt mit einem Büſchel langer Haare, der Quaſte, beſetzt. Zu den Arten dieſer Gattung gehört zuerſt eine mit behaarter Schnauze; und zwar der Bifamftier (Bos moschatus), von kleiner Statur, mit ſehr langem, braunem Haare bedeckt. Er lebt in felſigen Gegen⸗ den des nördlichſten Amerika's und Grönlands. Die folgenden Arten haben alle eine kahle oder naſſe Schnauze und ſind entweder mit langen, krauſen, zottigen Haaren am Vorderleibe beſetzt, oder der ganze Leib iſt gleichmäßig kurz behaart. Zu erſteren zählt man den Biſon oder amerikaniſchen Büffel (Bos americanus), den grunzenden Ochs (Bos gruniens) in Thibet, den Cap'ſchen Büffel (Bos caffer) und den Auerochs (Bos urus). Zu den gleichförmig behaarten werden gerechnet der Rieſenbüffel (Bos Arni) am Südabhang des Himalaya, der Büffel (Bos bubalus), und das zahme Rind (Bos taurus). ` $. 30. Das zahme Rind. Seine Heimat, Lebensweiſe und Penützung. Das zahme Rind hat runde, nach vorne auseinander geſpreitzte, dann nach hinten in die Höhe gebogene Hörner (die zuweilen ganz fehlen); die Stirne iſt flach oder vertieft, länger als breit, der Hals mit einer Wamme verſeh en. ; Die urfprüngliche Heimat und Abſtammung des zahmen Rindes iſt un⸗ i bekannt. Die Anficht, daß es vom Auerochſen herſtamme, der 14 Rippenpaare f befigt, während das Rind nur 13 hat, und wie andere meinen, daß der Büffel fein Stammthier fei, ift nicht hinlänglich begründet, Man kann es mit gutem 49 Grunde als eine ſchon urſprünglich eigene Art betrachten. Unzweifelhaft gehört es zu den am früheſten von Menſchen gezähmten Tbieren, und hat ſich mit dem⸗ ſelben auch beinahe in alle bewohnten Theile der Erde verbreitet. Die hie und da (z. B. in Amerika) im wilden Zuftande vorkommenden gemeinen Rinder find eigentlich nur als verwilderte zu betrachten. Halbwildes Rindvieh findet ſich in der Moldau, Wallachei, in Beſſarabien und im Süden der gro— ßen ungariſchen Ebenen. Es bleibt daſelbſt das ganze Jahr hindurch im Freien, wird weder gemolken, noch zum Zuge verwendet, ſondern dient nur als. Schlachtvieh. Alle Arten des Rindes leben geſellig und bilden, von einem kraͤftigen, kampfluſtigen, männlichen Thiere, dem Bullen geführt, mehr oder minder zahlreiche wandernde Heerden. Sie weiden am liebſten auf einem grasreichen, nicht magern Boden, in einem gemäßigten, nicht zu trockenen, dem Graswuchſe günſtigen Himmelsſtrich. Zahme Kühe, frei auf We weidend, u eine aus ihrer Mitte zur Führerin. Das Rind zeigt viel Muth und Kraft, kaͤmpft mit den e oder auch mit den Füſſen. Wird eine Heerde angegriffen, fo treten die ſchwächeren in die Mitte, die ſtärkeren bilden um jene einen Kreis, mit den Hörnern dro— hend nach außen gegen den Feind gekehrt. Einzelne verlaſſen ſogar bisweilen den Kreis, um ſich auf die Raubthiere zu ſtürzen. Ihre Hörner, welche, ſo lange das Thier lebt, wachſen, reiben fie an Bäumen und anderen harten Ges genſtänden und gebrauchen ſie als gewaltige Waffe, indem ſie den Kopf ſenken und den Gegner von unten nach oben zu durchbohren ſuchen. Sie ſchleudern ihn, wenn er nicht zu ſchwer iſt, hoch empor und treten die Gefallenen zu Tode. Aber nicht allein gegen ihre Feinde vertheidigen fie fih mit entſchloſſe— nem Muthe, ſondern bisweilen fallen ſie ungereizt und mit blinder Wuth uͤber begegnende Thiere und Menſchen her, und bringen dieſe durch ihre ausneh— mende Stärke und Behendigkeit nicht ſelten in große Gefahr. Ihr etwas plumper und ſchwerer Bau hindert ſie keineswegs im Laufen und Schwimmen. Die Stimme des Rindes nennt man Brüllen, ſie iſt beſonders beim männlichen Thiere ſtark, und drückt durch bekannte Steigerungen die Art und den Grad der Leidenſchaft aus. Die Rinder ſchlafen nur wenig und leiſe, fo daß ein geringes Geräuſch ſie zu wecken vermag. Die Seelenthätigkeit die Rinder ſteht jener der Pferde nach; jedoch find ſie auch gelehrig, folgen dem Rufe ihrer Führer, und ſchließen ſich an ihre Herren an. Sie werden durch die Heftigkeit ihrer Triebe ſehr oft in gewaltſame Naturgeſch. d. Hausſäugethiere. 4 e % ä = ER 2 1 — EEE 50 Wildheit verſetzt, find aber doch bis zu einem gewiſſen Grade zu zähmen, was man mit Geduld und milder Behandlung am eheſten erzielt. Unter einander ſind ſie in der Regel verträglich, gegen ihre Jungen zärtlich und vorſorgend. Viele Kühe, beſonders nach dem erſten Kalben, halten theils, weil ſie des Melkens ungewohnt, theils aus inſtinktmäßiger Sorge um ihre Jungen die Milch zurück; durch Liebkoſungen und Leckerbiſſen laſſen ſie ſich, obwohl oft nur mühſam, allmälig ans Melken gewöhnen. Dieſes ſteigert und vermehrt die Milchabſon— derung (Milchſekretion), während bei freilebenden Kühen, welche nie gemolken werden, die Milch nach dem jedesmaligen Abſetzen ganz ausbleibt. Das Euter wird alsdann klein und ſchrumpft zuſammen, und erſt nach jedesmaliger Ge— burt ſtellt ſich die Milchabſonderung wieder ein. Die Nahrung des Rindes beſteht in ſüßen Grasarten, Kleepflanzen und andern niedern Kräutern; es gedeiht aber auch bei vielen andern Nahrungs- ſtoffen, z. B. Wurzeln, Knollen, Körnerſchrottfutter u. dgl., ſofern nur das paſſende Verhältniß zwiſchen der Nahrungskraft und Menge des Futters ein- gehalten wird. Denn es handelt ſich nicht blos um den Nahrungsgehalt des Futters, ſondern auch um einen gewiſſen räumlichen Umfang (Volumen) zur Ausfüllung des Panſens. Sie bedürfen zum Freſſen einer hinreichenden Menge von Nahrung in einer kurzen Zeit; find fie geſättigt, fo legen fie fih gewöhnlich auf die linke Seite, und verbringen dann mehrere Stunden im bequemen Wie: derkauen. Je nach der Gegend, der Jahreszeit, der Verwendung und dem größeren oder geringeren Waſſergehalt des Futters bedarf das Rind mehr we— niger reines, mäßig kaltes Trinkwaſſer. Der Nutzen des Rindes iſt überaus groß und vielfältig. Der Ochſe eignet ſich zum Zuge auf ſteilen, rauhen und ſchlechten Wegen, zu vielerlei Verrichtungen des Landwirthes, und wird viel wohlfeiler angeſchafft und un— terhalten als das Pferd. Denn man kauft ihn um den halben Preis des Pferdes, und obwohl er mehr frißt als dieſes, ſo nimmt er doch mit weit geringerem Futter vorlieb. Die Pflege iſt einfacher, ebenſo das Geſchirr; das Beſchläge der Hufe ſelten erforderlich. Mit dem Alter nimmt oft ſeine Brauchbarkeit zu, und wird er zum Zuge untauglich, ſo iſt er oft noch maſt⸗ fähig. Wenn er verunglückt, ſo läßt er ſich beſſer verwerthen, als das Pferd; er unterliegt auch weniger Krankheiten. Die Milch und die aus ihr bereitete Butter und der Käſe find als menſchliche Nahrungsmittel von unberechenbar hoher Bedeutung, ebenſo das Fleiſch des erwachſenen Rindes und der Käls ber. Aus dem Fette oder Unſchlitt bereitet man Kerzen und Seife, aus der 51 Haut treffliches Leder, namentlich zu Sohlen, aus den Hörnern und Klauen Kämme, Meſſerſchalen u. ſ. w., aus den Knochen Leim, Beinſchwarz, Phosphor, Knochenmehl (in neuerer Zeit beſonders zum Dünger). Die Haare werden von Sattlern u. ſ. f. verarbeitet, das Blut wird zur Läu⸗ terung des Zuckers und zur Darſtellung von Berlinerblau verwendet. Außer- dem liefern die Rinder bei gleicher Streu viel mehr Dünger, der überdies für den Ackerboden bei weitem kräftiger, erſprießlicher und nachhältiger als jener der übrigen Hausthiere ſich erweiſet. | §. 31. Geſchlechtsleben, Wachsthum und Alter. Nach Verſchiedenheit des Alters und Geſchlechtes erhält das Rind ver— ſchiedene Benennungen: Kalb nennt man die Jungen im erſten Jahre und zwar Stier⸗ oder Ochſenkalb das männliche, Kuh- oder Mutter⸗ kalb das weibliche; Kalbin (Kalbel), Rind, Ferſe, Starke heißt das weibliche Thier nach dem erſten Jahre bis es ein Kalb bekömmt, dann Kuh; die männlichen Thiere heißen Bullen, Farren, Faſelochs, Hummel, Sprungſtier u. f. w.; die kaſtrirten männlichen Thiere werden vom erſten bis vierten Jahre Stiere, dann Ochſen genannt. Göldes oder göſtes Vieh heißt das noch nicht zur Zucht verwendete junge oder auch älteres, nicht trächtiges Vieh. Der Geſchlechtstrieb erwacht bei dem männlichen und weiblichen Thiere ſchon vor Ablauf des erſten Jahres, zuweilen früher oder ſpäter, je nach der Pflege, und wenigſtens bei der Stallfütterung zu jeder Jahreszeit. Jedoch ift die natürliche Begattungszeit erft das vollendete zweite Jahr und eine frühere Zulaſſung zur Zucht nicht vortheilhaft. Die Dauer der Träch— tigkeit beträgt im Durchſchnitte 285 Tage oder volle 9 Monate. Die Kuh wirft in der Regel nur ein Junges, bei guter Ernährung und entwickelter Körpergröße kommen auch Zwillinge vor, und zwar haufiger als beim Pferde; die Geburt ift aber auch öfter als bei andern Hausthieren von widrigen Zu: fällen begleitet. Die Kälber vermögen wenige Stunden nach der Geburt ſchon auf den Füßen zu ſtehen und der Mutter zu folgen, und werden, wo ſie im halbwilden Zuſtande leben, faſt ein Jahr geſäugt, wachſen ſtark bis zu Ende des dritten Jahres, erreichen aber erft mit 5—6 Jahren ihre volle Größe (Höhe und Länge), und nehmen dann auch an Dicke zu. Mit der Geburt, oder einige Tage nachher erſcheinen die Zangen oder 4 * 52 die inneren Milchmittelgähne, ebenfo find die erften drei Backenzähne auf jeder Kieferhälfte vorhanden. In 14—21 Tagen kommen die äußeren Milch⸗ mittelzähne und in 3—4 Wochen die Eckzähne zum Vorſchein. Vor dem Ende des erſten Jahres, oft auch erſt zum Anfang des zweiten fallen die Milch⸗ sangen aus, und die bleibenden Zangen erſcheinen in der Hälfte des zwei- ten Jahres ausgebildet; die inneren Mittelzähne wechſeln im dritten, die äußern im vierten, und die Eckſchneidezaͤhne im fünften Jahre. Der erſte Milchbacken— zahn wird im zweiten, der zweite im dritten, der dritte im vierten Jahre ge⸗ wechſelt. Der vierte bleibende Backenzahn erſcheint im ſechſten bis neunten Monate, zuweilen erſt in der Hälfte des zweiten Jahres; der fünfte bleibende Backenzahn mit 2½ — 3 Jahren; der ſechſte bleibende Backenzahn mit 3—5 Jahren. Gegen das zwölfte Jahr hin erhält die Kronen-Endfläche eine rundliche Form, ſie iſt ausgehölt und nach vorne mit einem ſcharfen Rande verſehen, häufig werden nun ſchon die Schneidezähne locker und wackelnd, beiläufig mit 15 — 16 Jahren bildet die Kaufläche eine dreieckige Form mit abgeſtumpften vorderen Rande, die Aushöhlung verſchwindet und die abgeſtumpften Zähne fallen zuletzt aus. Im ſpäteren Alter nimmt die fchwärzliche Bieten an den Badenzähnen immer mehr zu. Da übrigens die Zähne für die Kenntniß des Alters minder ergiebige Kennzeichen geben als beim Pferde, ſo nimmt man zu dieſem Zwecke auch auf die Hörner Rückſicht. An den allmälig fortwachſenden Hornſcheiden naͤmlich ſetzt ſich oberhalb der Hornwurzel jedes Jahr eine ringförmige Erhöhung an. Man nimmt gewöhnlich an, daß der erſte ſolche Ring im vierten Lebens— jahre zum Vorſchein kommt, und rechnet von nun an für jeden Ring ein Jahr mehr, ſo daß z. B. 2 Ringe ein Alter von 5 Jahren bezeichnen. Allein dieſes Kennzeichen ift nur bei feinhaarigen Kühen deutlich (daher der Name Kalbe: ring), bei Stieren und Ochſen aber zu wenig ausgeprägt, um als verläßliches Merkmal des Alters dienen zu können. Am kräftigſten ſind die Rinder im Alter von 4 bis 9 Jahren, bei zweckmäßiger Behandlung und guter Pflege können fie noch mehrere Jahre verwendet werden, und vermögen ſogar ein Alter von 15—18, in ſeltenen Fällen von 25 Jahren zu erreichen. §. 32. Vortheilhafte Körperformen. Die Körperformen und andere Eigenſchaften, welche im Allgemeinen an einem Rinde als wünſchenswerth gelten, ſind folgende: Der Kopf leicht und feinknochig, nicht plump und ſchwer, die Augen klar, groß mit munterem gutmüthigen Ausdrucke, die Hörner leicht, ihre Maſſe derb und hellfarbig, nicht zu weit und nicht zu eng geſtellt, was be⸗ ſonders bei Jochthieren von Bedeutung iſt, da weit geſtellte hinderlich, enge an der Wurzel ſchwach und ſehr nach abwärts gerichtete zum Jochdienſte ganz unbrauchbar ſind. Naſe und Maul offen, weit, kalt und feucht, Lippen groß, mit Fühlhaaren beſetzt. Hals nicht zu lang und dünn, muskulös, leicht angeſetzt, bei weiblichen weniger breit und ſtark, die Schultern (Stock) weder ſpitzig, noch hohl und tief, ſondern voll und breit; die Bruſt breit und tief, die Rippen wenig abgeflacht. Der Leib tonnenförmig, die Lenden breit, weit, voll und tief in den Rücken eingreifend. Der Rücken eben, breit, voll und fleiſchig, weder ſpitzig noch aufgebogen oder geſenkt. Der Bauch breit, die Flanken voll, die Hüften weit, die Knochen nicht vorſtehend, ſondern mit Muskeln wohl abgerundet. Das Hintertheil ſtark muskulös und lang, das Kreuz gerade, Schweifwurzel mäßig ſtark, nicht zu hoch. Die Hinter⸗ ſchenkel (Goſe) beträchtlich nach hinten gewölbt, Sitzbeine breit, nicht ſpitzig. Die Gliedmaſſen oder Füße kräftig, gerade und weit geſtellt, unten und oben in ziemlich gleicher Entfernung; Knie platt, Unterfuß kurz, derb und trocken. Sprunggelenke nicht zu weit und nicht zu eng, was man kuhhäſig nennt, die Klauen kurz, gerundet, von zähem, feſten Horne. Eine mäßig dicke, derbe, jedoch loſe und elaſtiſche Haut läßt auf gutes Fleiſch ſchließen, dicke, harte, zähe, rauh behaarte Haut ift ein Zeichen gez ringer Maſtfähigkeit. Die Haare ſollen dicht, weich, fein und glänzend ſein, die helle Farbe derſelben deutet größere Weichheit der Faſer und meiſt auch größere Milchergiebigkeit an. Sir Zugthiere insbeſondere empfiehlt fih ein etwas kräftigerer Kopf, mäßig ſtarker Hals, volle Schultern und Bruſt, kräftige ſehnige, nicht zu kurze Füße und eine etwas derbere Haut. Zur Maſtung eignen ſich ſchnell wachſende Thiere mit feinen Knochen, feinen Kopf und Haaren, vollen Schul⸗ tern, breiter Bruſt, vollen Flanken. Enge Bruſt weiſet auf ſchwach entwickelte 54 Lungen hin, in welchem Falle die Athmung und Blutbildung, alſo auch die Ernährung nicht kräftig vor ſich gehen. . Ebenſo find ſchmale, eingefenkte, ſchwache Lenden, ein ſpitziger, ein⸗ geſenkter oder erhabener Rücken, ein langer Leib mit leeren Flanken und eckigen Hüften Zeichen ſchlechter Ernährungs: und Maſtfähigkeit. Als Eigenſchaften einer guten Milchkuh ſind hervorzuheben: Ein leichter Kopf, feine, kurze Hörner, etwas dünner Hals, tiefer Leib, dünner Schwanz, feine Gliedmaſſen, elaſtiſche Haut und weiche Haare. Das Euter ſoll vor dem Melken einen großen Umfang haben, nicht ſehr herabhängen, ſondern nach vorne am Bauche oder rückwaͤrts ſich breit und wohlgerundet aus deh⸗ nen; die Haut desſelben ſoll dünn, nur mit zarten Flaumhaaren bedeckt oder beſſer haarlos ſein. Nach dem Melken muß es zuſammengefallen und leer erſcheinen. Die Striche ſollen gleich groß ſich zeigen, in gleichem Abſtande, nicht zu breit und dick, aber lange ſpitz zulaufend, nicht ſpröde, riſſig oder mit Warzen beſetzt; die Venen ſeitlich am Bauche (Milchadern), ſtark und voll, deutlich ſichtbar und vielfach gewunden, mit zahlreichen Verzweigungen nach rückwärts. §. 33. Die Ragen des zahmen Rindes, Stammragen. Der verſchiedene Aufenthalt der Rinder, ihre mannigfaltige Lebensweiſe, ihre Behandlung und Verwendung, ſowie die Verſchiedenheit des Züchtungs— verfahrens brachten und bringen noch heute bei denſelben wie beim Pferde mannigfaltige Eigenſchaften und Körperformen hervor, durch welche die Un⸗ terſcheidung zahlreicher Ragen begründet wird. Sturm hat die Ninderragen in drei Abtheilungen gebracht, und zwar 1. in das Vieh der Niederungen, 2. des Gebirges, 3. der mittleren Gegenden (die Landrage). Ein anderer Gelehrter hingegen (Bürger) ſtellt mit beſonderer Beziehung auf Öfter- reichs Länder nur zwei Hauptgruppen auf: ö 1. Das weiß ⸗graue Vieh, welches mehr in den Ebenen vorkommt, und 2. das kleine, rothe Vieh in den Gebirgen. Beide Eintheilungsarten haben jedoch den Fehler, daß fie nicht ausrei⸗ chen und daher vielerlei Zuſätze und Nebeneintheilungen nöthig machen. Der berühmte und viel erfahrene Thierzüchter Wekherlin nimmt die Farbe der Rinder als Eintheilungsgrund an, nach welchen er, 1. die Stamm⸗ ragen, 2. die Mittelragen, 3. die Spielarten unterſcheidet, und ſodann an dieſe noch 4. die merkwürdigeren fremdländiſchen Rinder anreiht. í 55 Die Stammragen, unter welche mancherlei Unterragen und Schläge ſich ordnen, ſind die folgenden: din Re a) Das graue Landvieh im Südoſten von Europa. b) Das rothe Landvieh im Nordweſten von Europa. c) Das große, ſchwarz und weiß gefleckte Rindvieh der Küſten⸗ länder an der Nordſee. d) Das große, roth oder ſchwarz ſcheckige (auch a Rindvieh in der Schweiz oder in Tirol. ; e) Das braune, bräunlich graue, dachsfarbige Rindvieh in der ae Tirol und den Nachbarländern. . 34. a) Das graue Landvieh. Das graue Landvieh, das im ſüdöſtlichen Europa am häufigſten gehalten wird, iſt vielleicht der Urſtamm des gemeinen Rindes und in Aſien heimiſch. Die Grundfarbe ift grau, und geht ins weißlich- oder dunkelſchwarze, oder auch röthlich⸗graue über. Unter diefe Stammrage find folgende Unterragen zu rechnen: 1. Die podoliſche und ungariſche Rage, in Podolien und Vol⸗ hynien, in der Moldau, ukraine und in Ungarn; mit ſpitzigem Kopfe, langen, aus⸗ und aufwärts gewundenen Hörnern, wildem Blicke, flachen Leibe, brei⸗ ten, hervorſtehenden Hüften, abhängigem Kreuze und hohen Beinen. Die Thiere dieſer Rage find flink und dauerhaft, zum Zuge ſehr brauchbar, zur Maſtung wohl geeignet, und durch Talg und Haut ſich gut verwerthend, aber wenig milchergiebig. Verwandt mit derſelben ift das piolnif he Rind mit ſtumpfen Kopfe, kurzen Hörnern von weißlich grauer Farbe und ſtarkem Knochenbau, gewöhn⸗ lich etwas kleiner als das ungariſche Pußtenvieh. Es eignet ſich vorzüglich zur Maſtung, und liefert vortreffliches Fleiſch. Aus Galizien und Lodomerien wird jährlich eine ungeheure Menge von Schlachtochſen nach Schleſien, Mäh⸗ ren, Böhmen u. ſ. w. geliefert; ein ſehr großer Theil dieſes Schlachtviehes kommt aber aus den angränzenden ruſſiſchen Provinzen. 8 2. Das ſteiriſche oder Mürzthaler Vieh, mit mehr abgerunde⸗ ten Formen, kleinen Hörnern, ſtarken, niedrigen Beinen, iſt milchergiebig und maſtfähig, auch zum Zuge geeignet. In den Gegenden am Wiener Walde er» ſcheint die Farbe dachsgrau, die Stiere ſind oft ſchwarzbraun. 56 Auch das romaniſche Vieh in der Lombardei, ferner das weiß⸗ graue Vieh des ſüdlichen Frankreichs, und hie und da in England, zumal in den weitläufigen Gartenanlagen (Parks), zählt zu dieſer Stammrage, §. 35. b) Das rothe Landvieh. Das rothe Landvieh des nordweſtlichen Europa's, in Sſterreich, Süddeutſch— land, Frankreich bis Spanien und England iſt in der Grundfarbe roth, mit Über⸗ gängen ins Kaſtanienbraune, braun- und gelb-rothe, oft mit hellfärbigen Glied- maſſen. In den deutſchen Gauen und Ebenen zeigt es ſich ſehr verſchieden; im Allgemeinen jedoch iſt es von mittlerer Größe, leichtem, oft etwas ſchmalen Kopfe, meiſt großen und auswärts gebogenen Hörnern, eingeſenktem Rücken, mehrentheils ebenem Kreuze, feinem Knochenbau, etwas ſchmalem Hintertheile, die Haut derb, die Haare öfters fein. Abgehärtet und ausdauernd gelten die Thiere dieſer Rage als gute Zugthiere, eignen ſich auch zur Maſtung, die Milchergiebigkeit aber iſt nicht bei allen die gleiche. Als bemerkenswerthe Unterragen ſind folgende zu nennen: 1. Die ſchwäbiſch⸗halliſche Rage: dunkelroth, oft mit weißem Kopfe, mittelmäßig groß, kräftig und doch nicht plump; zur Maſtung ſehr geeignet, aber nicht milchergiebig. 2. Die Odenwälder und Schwäbiſch⸗Limpurger Ra gen: gelb, mittelgroß, klein gehörnt, Hals behangen; Zug- und Maſtvieh, beſon⸗ ders der Odenwälder Schlag auch milchergiebig. 3. Die Schwäbiſch⸗Alp⸗Ra ger roth, klein, feinknochig, ſchmal gebaut. 4. Die fränkiſche Rage (Rhönvieh): braunroth oder rothgelb, mit— telgroß; liefert gute Zug⸗ und Maſtochſen. Etwas kleiner und unanſehnlicher, aber ſtark und dauerhaft iſt das Vogelsberger-Vieh. ; 5. Die Voigtländiſche und die Egerländer-Rage: roth, braun, mit ſtarkem Halſe, ſchmalem Kopfe, ſpitzigem Maule und großen Hörnern, breiter Bruſt, weit geſtellten Beinen. Als Bugs, Maſt⸗ und Milchvieh berühmt. 6. Die Weſter wäl der Rage: braunroth mit Bläſſe, ſehr klein und feinknochig, ausdauernd und bei geringem Futter nutzbar, etwas breiter und gedrungener, als das ihr ähnliche Vieh der ſchwäbiſchen Alp. Die Landrage in Frankreich iſt dem deutſchen rothen Vieh ähnlich. 57 Die Unterrage von Charolais und das Landviel der Franche-Comté ie die bekannteſten. Das Landvieh in England iſt dem D atfen in Aicher Wehen . ähnlich, und wird wieder in mehrere Ragen unterſchieden. Man unterſcheidet jedoch die zwei Hauptformen der lang- und mittelhaarigen. Die langhaarigen Nagen (in Craven und Lancaſhire) find kenntlich an langen, ſchweren, ſich oft ab- und einwärts neigenden Hörnern, lang ge— ſtrecktem, runden Körper, ſtarken Knochen und dicker Haut. Die Farbe ift roth oder rothbraun mit weißem Bauch, zuweilen mit weißem Rücken. Sie ſind ausgezeichnet maſtfähig, wenig milchergiebig; Bakevell hat daraus durch gere⸗ gelte Züchtung die berühmte neue Leiceſter- oder Dishley-Rage gebildet. Die mittelhaarigen Nacen, deren ausgezeichnetſte Stämme die von Des vonſhire und Herefordſhire ſind, wurden wahrſcheinlich aus einer älteren engli⸗ ſchen Landrage durch forgfältige Züchtung veredelt. Sie find ſehr brauchbar zum Zuge und vorzüglich zur Maſtung, geben fette, aber wenig Milch. Farbe roth, ins Braune und Schwarze, Knochen ſchwer, Kopf klein mit mittellan- gen, weitgeſtellten Hörnern, Hals ſtark, Körper breit, Haut weich und ela— ſtiſch, Haare fein und glatt. a Anmerkung. Die kurzhaarige Rage wird unter der dritten Stamm⸗ rage, und das ungehornte Vieh unter den Spielarten aufgeführt. F. 36. c) Pas ſchwarz-weiß geſlechte Vieh der Niederungen. Das große, ſchwarz und weiß gefleckte Rindvieh, das in den Küſtenlän⸗ dern an der Nordſee gewöhnlich vorkommt, wird auch mit dem Namen der Niederungsragen bezeichnet. Zu dieſen wird gezählt: 1. Die Holländ er⸗ Race in den nördlichen Provinzen von Holland, mit großem, ſtarkem Körper, feinen Knochen und meiſt hohen Beinen. Der ſchmale Kopf mit kurzen, nach vorne geneigten Hörnern wird tief getragen. Hals dünn, Bug ſchmal, Bruſtkaſten nicht breit und nicht tonnenförmig, das Kreuz breit, meift abhängig, Hüftknochen weit auseinander- und hervorſtehend. Ein ausgezeichnetes Melkvieh, meiſtens auch maſtfähig; zum Zuge weniger geeignet, Farbe ſchwarzſcheckig. 2. Die frieſiſche Rage in Oſtfriesland, Oldenburg und Schleswig⸗ Holſtein, der vorigen ähnlich, iſt meiſt weniger hoch, hat einen tieferen, abge— rundeten Leib, volleres, ebenes Kreuz, weniger eckige Hüftknochen, etwas 58 ſtärkeren Hals. Sie iſt nicht ſo milchergiebig, liefert aber auch gutes Maſt⸗ und Zugvieh. Beſondern Ruf hat der Breitenburgerſchlag. 3. Die Jütiſche Race von feinem Knochenbau, klein und kurzbeinig, tiefleibig, aber verhaͤltnißmäßig breit, bei mäßiger Nahrung gedeihend, abgehär⸗ tet, zur Maſtung ſehr geeignet, auch als Melkvieh nicht ſchlecht. Farbe ſchwarz gefleckt. ! 4. Das Vieh der Normandie, dem Holländiſchen ähnlich, wird als groß, ſchön, dauerhaft und maſtfähig gelobt. Der Schlag von Codtentin und der von d' Auge find die bekannteſten. i S 5. Die kurzhaarigen Racen Englands, insbeſondere die Hol⸗ | dereeß⸗ oder Teeswater-Rage (die vom Teesfluße ihren Namen hat), ſind milchergiebig und als Maſtvieh berühmt. Sie nehmen frühzeitig die Ma⸗ ſtung an und erreichen eine ſo bedeutende Größe, daß ſchon Ochſen von 25 Zentner Gewicht erzielt wurden. Sie ſind roth und ſchwarz geſcheckt, den Holländiſchen ähnlich, aber größer, runder und maſtfähiger, und erfordern große Maſſen ausgeſuchten Futters. Zu den kurzhaarigen Nacen gehört noch die Alderney⸗ oder new franzöſiſche Rage, aus der Normandie ſtammend und häufig in Park⸗ anlagen gehalten, von unanſehnlicher Geſtalt und rothſcheckiger Farbe. Sie lie⸗ fert nicht reichliche aber fette Milch. F. 37. d) Die roth- oder ſchwatzſcheckigen Gebirgsragen. Zu dieſer Gruppe gehört vorzüglich das große roth- oder ſchwarzſcheckige, auch einfach rothe Rindvieh der Schweiz und Tirols. l 1. Die große ſcheckige Schweizer⸗Rage in den Katonen Bern und Freiburg als Schweizer⸗Vieh in Deutschland bekannt, zeichnet ſich aus durch einen ſtarken, gedrungenen, wohlgerundeten tiefen Körper, großen, oft kraushaarigen Kopf mit breiter Stirne, nicht ſtarken, feitz und aufwärts gebo⸗ genen Hörnern, ſehr ſtarken Hals, tief herabhängende, große Wamme, ſtäm⸗ mige, nicht ſehr hohe Füße, und ein ſehr ſtarkes Hintertheil mit auffallend in die Höhe gebogener Schweifwurzel. Dieſe Rinder ſind von bedeutender Körper⸗ größe, meiſt roth, auch ſchwarzſcheckig, zuweilen ganz ſchwarz; ſie erfordern gute Pflege, reichliches und nahrhaftes Futter, ſind zum Zuge wenig tauglich, liefern nicht häufige aber vorzügliche Milch und nehmen bald zu; das Fleiſch jedoch iſt rauh. 59 Dag Simmenthaler und Saanervieh (in Bern) hat keine ſo be⸗ deutende Größe und einen zarteren Bau, gibt mehr Milch, iſt zur Maſtung tauglich, bedarf ebenfalls viel und gutes Futter. Beide Racen eignen ſich als Zuchtthiere beſonders für größere Landwirthſchaften. 2. Die Tiroler⸗ Rage iſt nach einzelnen Gegenden etwas abweichend’ im Allgemeinen aber von kleiner, jedoch ſchöner, gedrungener, abgerundeter Geſtalt, mit kurzem Kopfe, breiter Stirne, kurzen Hörnern, fleiſchigem Halſe, oft ſtarker Wamme, vollen Schultern, tonnenförmigem, kurzem aber breitem Leibe, breitem Kreuze, hochangeſetztem dicken und kurzen Schweife, kurzen Füßen, meiſt von rothbrauner Farbe. Wegen feiner Ausdauer und Maſtfähig⸗ keit hervorzuheben iſt der Zillerthaler Stamm, er iſt zur Fettbildung geeignet, das Fleiſch aber rauh, die Milchergiebigkeit gering; die Zugochſen dieſes Stammes find fchwerfällig und träge. F. 38. | e) Die braunen und brann- grauen Gebirgsragen. Das braune, bräunlich⸗graue, dachsfarbige Rindvieh der Schweiz, Tirols und der Nachbarländer hat als eigenthümliches Merkmal, an welchem es kenn— bar wird, eine weiße Zeichnung um das Maul und hellere Haarbüſchel in den Ohren, die meiſt auch über den Rücken, am Bauche und an der Innenſeite der Oberbeine ſich zeigen. Die vorzüglichſten Unterracen und Stämme find folgende: Rigi- Sage e am N im is Kanton 80 Wi Bug anih an Körperumfang dem Bernervieh nahe kommend. Kopf groß, mit kleinen, weis ßen Hörnern, Leib weit, Kreuz eben, das Hintertheil weniger überbaut, Schen— kel rund, Hinterbeine oft ſehr weit und aufrecht geſtellt. Die Kälber fallen groß. Der Milchertrag ift im Verhältniß zur Fütterung reicher als bei der Berner-Raçe. Dieſes Vieh wird leicht fett, gewöhnt ſich ſchneller an andere Verhältniſſe der Ernährung und Pflege. Es iſt in größeren Viehwirthſchaften beſonders in Süddeutſchland ſtark verbreitet, und wird zahlreich nach Italien ausgeführt. Die ſogenannten Wunderragen gehören meiſt hieher. Ahnlich, aber kleiner, gedrungener iſt das Vieh in Unterwalden und im Bernerhochland (Halslithal), fein gebaut, mit kurzen dünnen Füßen, ſtarken Muskeln, dünnem langen Schweife, iſt es beſonders für rauhe Berg— gegenden, weniger für große Wirthſchaften paſſend. 60 2. Die Vorarlberg er⸗Rag en find den vorigen ähnlich, aber weniger vollkommen und konſtant. Beſonders zu erwähnen ſind unter denſelben a) der Montafuner-Stamm: mittelgroß, mit leichtem Kopfe und zarten Hörnern, ſehr milchergiebig, mit geringem Futter vorlieb nehmend und zur Stallfütterung geeignet. Ahnlich iſt der Bregenzwälder-Stamm, der für rauhe Ge⸗ genden und kleine Wirthſchaften ein gutes Melkvieh liefert. b) Das All gäuer Vieh: etwas unker Mittelgröße, mit feinen Knochen, kurzem ſtumpfen Kopfe, langem breiten Halſe, breitem Buge, langgeſtrecktem, jedoch tiefem Leibe, ebenem Kreuze, hochangeſetztem dünnen Schweife, niedrigen oft zu ſehr gebogenen Füßen, von brauner Farbe, die zuweilen ins Gelbe ſich neigt. Zur Maſtung iſt es weniger geeignet, aber milchergiebig, zum Zuge tauglich und ungemein ausdauernd; es bedarf keiner ſehr forgfältigen Futterwahl, paßt ſich verſchiedenen Verhältniſſen leicht an und wird daher überall von kleineren Landwirthen hoch geſchaͤtzt. i 3. In Tirol finden fich ebenfalls mehrere Stämme, die dieſer Stammrage ſich anſchließen; als die vorzüglichſten unter denſelben können genannt werden: a) Der Oberinnthaler- Stamm, von Mittelgröße und leichtem Baue, milchergiebig, genügſam im Futter nicht ſehr maſtfaͤhig, doch bei Stallfütteruug gedeihend. j b) Der Puſterthaler⸗Stamm von mittlerer Größe und kräftigem Bau. Bei mäßigem Milchertrag liefert er vorzügliche Bug- und Maſtthiere, die auch ferne von der Heimat wohl gedeihen und daher viel verbreitet ſind. e) Der Etſchthaler⸗Stamm von vorwaltend grauer Farbe, etwas über mittelgroß, ſchwer gebaut, ein gutes Zug⸗ und Melkvieh, namentlich im Ultenthale. In Frankreich finden ſich einige dieſer Stammrage angehörige braune Schläge in der Landſchaft Auvergne. $. 39. Die Mittelragen des zahmen Rindes. Die mannigfaltigen Mittelragen, welche im Laufe der Zeiten durch die Kreuzung verſchiedener Ragen entftanden ſind, werden unter drei Hauptgruppen * geordnet. ’ Die erfte Gruppe bildet jenes Rindvieh, welches aus der Kreuzung des Landviehes mit der Rage der Niederung oder der Nordſeeländer Her- vorgegangen iſt. 61 Die zweite Gruppe hat ihren Urſprung aus der Kreuzung des Land: viehes mit der roth- und ſchwarz-ſcheckigen, oder aa einfachen ro⸗ then Gebirgsrage (in der Schweiz). Die dritte Gruppe hat aus der Paarung der Schweizerrage mit jener der Niederung oder der Küſtenländer ſich entwickelt. Zur erften Gruppe find folgende Mittelracen zu zählen: a) Die Danziger Niederungsrace in Deutſchland (von Mecklen⸗ burg bis gegen Schleſien), weniger ſchwer und plump als das Marſchvieh, zu— weilen roth, wenig konſtant. | b) Die Angeln'ſche Rage, an der Oſtküſt von Schleswig: unter Mittelgröße, von rother Farbe, oft mit einigen weißen Flecken. Sie wird ihrer Milchergiebigkeit wegen ſehr geſchätzt. Das Vieh in Hannover, Pommern und der Mark iſt davon wenig verſchieden, und zeigt mehr weniger deutlich die Abſtammung von dem rothen oder rothſcheckigen alten Landvieh des nord: öſtlichen Deutſchlands. c) Der in Belgien und am Niederrhein vorkommende niederrheini⸗ fhe Viehſchlag ſteht dem holländiſchen und frieſiſchen nahe, und geht rhein- aufwärts mehr und mehr in die Landrace über, d) Durch Vermengung der Kurzhorne mit den Landſchlägen ſind in Eng— land die Glamorgan-Rage, in Schottland die Tiseshire und jene von Ayrshire entſtanden. Die letztere iſt mittelgroß, hat leichte Knochen, kurze be hl nach wi ten Rune Farbe baum, ſcheckig. Es it en norddeutſchen eier desſelben als Melkvieh geſchätzt iſt. Die Kreuzung, aus welcher die zweite Gruppe hervorging, war ohne Zweifel darauf abgeſehen, eine länger ausdauernde Körperkraft, feine Faſer und zarten Knochenbau mit reichlicher Milchnutzung vereint zu erzielen. Die Rin⸗ der dieſer Gruppe kommen in Württemberg, Baden, am Rhein, in Heſſen und Naſſau häufig vor; am bekannteſten iſt der am unteren Neckar bis an den Rhein als Oberländer Vieh beliebte Schlag. In Rheinbaiern ift die Donnersberger-Rage hierher zu rechnen: gelb und gelbroth von Farbe, groß, von kräftigem Knochenbau, raſche m Wuchſe, im Milchertrag mittelmäßig, zum Zuge und zur Maſtung gut ver⸗ wendbar. Auch die Glanerrace gehört hieher, zwiſchen welcher und der vorigen das Birkenfelder⸗Vieh in der Mitte ſteht. In Frankreich find et 62 man die durch Kreuzung mit Berner- und Freiburger⸗Vieh veredelte Rage von Auvergne und Limouſin. i Dritte Gruppe. Durch Kreuzung von Originalthieren der großen Schweizer⸗Scheckenrace und des frieſiſchen Stammes wurde im vorigen Jahr— hunderte auf der damaligen Markgräflich Anspach'ſchen Muſterwirthſchaft zu Triesdorf ein Viehſchlag erzielt, der fih als konſtant erwies und weiter ver- breitete. Unter dem Namen Ans pacher- oder Triesdorfer-Race bekannt, ift er von mittlerer Größe, dem frieſiſchen Vieh ähnlich, von leichtem Knochenbau, röthlicher Farbe mit weißen Flecken oder ſchwarz und weiß gefleckt; als Zug⸗ und Melkvieh beliebt und auch zur Maſtung geeignet. §. 40. Spielarten oder Varietäten. Zu den bloßen Spielarten werden gerechnet: 1. Die ungehörnten Ragen. Sie find in England ziemlich verbreitet, mit dem andern Vieh vermiſcht, beſonders in Jorkſhire, Suffolk, und in | Schottland und Galloway, von wo alle herſtammen. Neben allen guten Eigen⸗ ſchaften des gehörnten Viehes, die ihnen zukommen, zeigt ſich an ihnen keine Re⸗ gung der Wildheit; zwar ſind ſie etwas kleiner, aber wegen ihrer Schönheit, Maſtfähigkeit und der Güte ihres Fleiſches ſehr geſchätzt. 2. Das Gurtenvieh. Es ift meiſtens von ſchwarzbrauner oder ſchwar⸗ zer Farbe, und hat ſeinen Namen von einer weißen Gurte über den Rücken, oder die Schultern. Es gehört entweder der Rigi-Race an oder ift aus dieſer und der Berner-Nace durch Kreuzung entſtanden. Es findet ſich namentlich in Appenzell. Dieſelbe Varietät kommt als beſonderer Stamm der Holländer⸗Rage vor, und führt in Holland den Namen Lackenvieh oder Lackenfeldervieh. $. 41. Verſchiedene andere ausländiſche Rinder. In dem heißen Erdgürtel, beſonders in Indien und Afrika haben die Racen des gemeinen Rindes einen Fetthöcker auf dem Widerriſt, weshalb man ſie unter dem Namen Zebu oder Buckelochs als eine eigene Art betrach⸗ tet. Sie paaren ſich jedoch erfolgreich mit allem anderen Rindvieh, und die Höcker verlieren ſich durch Kreuzung. Sie ſind meiſt grau oder weiß, mit ſpitzi⸗ gen, geraden, aufrechten Hörnern oder ungehornt. Ihre Lebensweiſe ift wie die des gemeinen Rindes, das fie jedoch an Geſchicklichkeit, Gelehrigkeit und 63 Schnelligkeit übertreffen. Sie tragen oft bei-8 Zentner Laſten über Gebirge und werden auch geritten. ö | Der Büffel (Bos bubalus), größer als das gemeine Rind, kommt in Oſtindien, Perſien, Tibet und China als Zuchtthier vor, findet ſich aber auch in Italien (3. B. in der Lombardei) und in bedeutender Zahl, fogar in Heer: den vereinigt, in Ungarn. Seine Hörner ſind ſtark, gedrungen, am Grunde zu— ſammengedrückt und runzelig, nach hinten gebogen, gegen die Mitte aufwärts, mit den Spitzen nach vorne und außen, zwiſchen den Hörnern hat er einen dicken Schopf gekrauſter Haare, ſeine Farbe iſt aſchgrau, ſein Fell ungemein dick und feſt; mit Ausnahme des Kopfes und Schweifes zeigt er ſich beinahe ganz kahl. Viel ſtärker als das gemeine Rind, iſt er zum Zuge ſehr geeignet, obwohl ſeine | Abrichtung und Bezähmung große Mühe fordert und er immer etwas unbändig bleibt. Die Büffelkuh gibt viele und weit fettere Milch als die gemeine Kuh, das Fleiſch des Büffels aber iſt zäh und grobfaſerig. Der Auerochſe (Bos urus), auch europäiſcher Wiſent genannt, hat einen kurzen Kopf mit gewölbter breiter Stirne, runde dicke, auseinander gez ſpreitzte, nach vorne und außen, dann übergebogene und mit den Spitzen wie— der genäherte, glänzend ſchwarze, an der Wurzel querrunzelige Hörner; rauhe, wollige, in der Jugend graue, im Alter ſchwarzbraune Haare, einen Kinnbart, der fih in eine Reihe von Langhaaren an der Stelle des fehlenden Triels fortz ſetzt. Die Haare am Halſe und am Vordertheile der Bruſt ſind viel länger als am Kreuz und Bauch, am Widerriſt erſcheint in Folge der über 1 Fuß hoch vorſpringenden Dornfortſätzen ein kleiner Höcker, der Hals iſt ſehr dick und kurz, das Hintertheil enge, das Kreuz niedrig. Der Auer hieß bei den Alten Biſon, war ehemals in Deutſchlands ausgedehnten Wäldern ſehr häufig, wird aber jetzt nur noch im Bialoweſcher Walde in Lithauen etwa in 1400 Exem⸗ plaren und am Kaukaſus wild angetroffen. Er ift das größte Säugethier Eus ropa's, da er eine Länge von 9 Fuß und eine Höhe von 6 Fuß erreicht, aber fo wild, kühn und unbändig, daß er nie gezaͤhmt werden konnte. Zweite Abtheilung. Naturgefdigte des Schafes. §. 42. Gattungen und Arten des Schafes. Neben den allgemeinen Merkmalen der Wiederkäuer überhaupt ſind für die Gattung Schaf noch folgende Eigenthümlichkeiten hervorzuheben. Die Hörner ſind weißlich, mehr weniger eckig, mit querlaufenden Erhabenheiten, aber ohne jene regelmäßigen Höcker, wie ſelbe an den Ziegen vorkommen; ſie ſind ferner ſeitlich gewendet, ſpiralförmig gedreht oder gewunden, dasſelbe gilt auch von den Knochenzapfen, welche, wie bei allen Hohlhörnern viel kürzer ſind. Den Weibchen fehlen die Hörner mehrentheils. Die Oberlippe iſt überall behaart und halb geſpalten (kein Flotzmaul bildend), das Kinn iſt bartlos. Am Grunde des inneren Augenwinkels, in der Grube an der Geſichtsfläche des Thränenbeins finden ſich mehrere Talgbälge (die ſoge⸗ nannte Schmierhöhle). Die Stirne iſt gewölbt, die Ohren gerade, ſelten hängend, der Leib mehr weniger abgerundet, mit Haaren und Wolle bedeckt, der Schweif meiſt herabhängend und kurz, die Füße dünn; im Winkel der Zehenſpalte findet ſich eine Hauteinſtülpung mit Talgdrüschen (das ſogenannte Klauenſäckchen), welches den übrigen Wiederkäuern fehlt. Schamzitzen ſind zwei vorhanden. Der Größe nach ſteht das Schaf in der Mitte zwiſchen den größten und kleinſten Hausthieren. Die verſchiedenen Arten des Schafgeſchlechtes ſind folgender 1. Der Argali (Ovis Ammon), von der Größe des Dammhirſches, mit halbkreisförmigen, nach außen gebogenen, dreikantigen Hörnern und glatten Haaren, welche im Sommer braungrau, im Winter an der Schnauze, Kehle ſtarken dreieckigen Hörnern, die fih nach hinten krummen und nach vorne wieder umbiegen, ſo daß ſie nach oben und innen gerichtet ſind. Die Farbe iſt gelblich, in's Braune und Graue ziehend, längs den Rückenlinien dunkler. Den Weib: chen fehlen die Hörner, oder fie find ſehr verkümmert. Früher in den Alpen, Apeninnen und Pyrenäen heimiſch, wird er jetzt nur noch auf den Bergen von 65 Sardinien und Korfite getroffen „ wo er in zahlreichen Nudeln lebt. Er pi jung g zähmbar. ur 3. Das Mähnenſchaf (Ovis Tragelaphus); oder der afrikaniſche Mufflon, bewohnt die Gebirge von Nordafrika, iſt rotbraun: und durch eine lange Mähne am Vorderhalſe ausgezeichnet. 4. Der armeniſche Argali (Ovis gmelini) im nordweſtlichen Per⸗ ſien und Armenien, mit rückwärts gebogenen und den Spitzen nach gekehrten, tief gefurchten Hörnern und glänzend kaſtanienbraunen Haaren. a Daran reihen ſich andere afiatifhe wilde Schafe, die zum Theil noch nicht genügend bekannt ſind, und das Bergſchaf (Ovis montana) auf den Felſengebirgen von Nordamerika und Kalifornien. 5. Das Hausſchaf, zahme Schaf (Ovis aries), deſſen Hörner ſtark, etwas zuſammengedrückt, mit den Spitzen nach außen gerichtet ſind und zumal den Weibchen oft fehlen. Der Körper iſt meiſtens mit kurzer, oder auch mit langer, ſchlichter, haarähnlicher Wolle bedeckt. Auch beim Hausſchafe herrſchen Zweifel über deſſen urſprüngliche Heimat und Abſtammung. Man nimmt an, daß es vom Mufflon oder auch vom Argali abſtamme, oder durch Kreuzung dieſer beiden Schafarten entſtanden ſei. Wahr: ſcheinlich iſt es von einer eigenen urſprünglich wilden Schafart, oder von meh— reren herzuleiten. Ebenſo wie das Rind wurde es früh von den Menſchen ge zähmt und ſofort als Hausthier auf der ganzen Erde verbreitet. §. 43. Lebensweiſe, Fortpflanzung, Alter des Schaftes. Die Schafe leben heerdenweiſe zuſammen und bewohnen im wilden Zu— ſtande oft unzugängliche Gebirge. Sie find im Allgemeinen ſchüͤchterne, furcht— ſame, wenig lebhafte Thiere. Ihre Stimme heißt Blöcken, in der Bruſt ver— nimmt man zuweilen eine Art Stöhnen. Ihr Auge iſt ohne Feuer, die Ohren werden ſelten bewegt. Die Männchen kämpfen unter ſich, und zwar immer auf dieſelbe Art, indem ſie mit der Stirne und den Hörnern ſtoßen; gegen die Weibchen ſind ſie verträglich, zeigen aber wenig Anhänglichkeit. Sie ſind die einzigen Hausthiere, welche nicht verwildern. Sie folgen demjenigen Thiere der Heerde, welches, es ſei nun zufällig, es ſei von Hirten oder durch den Hund getrieben vorausläuft, blindlings auf den ſchlechteſten Wegen, ſelbſt in Abgründe und Sümpfe. Ihre Nahrung beſteht ähnlich wie beim Rinde aus gras und kleeartigen Naturgeſch. d. Hausſäug ethiere. 5 66 Pflanzen, doch ift ihnen ein geringerer Waſſergehalt des Futters zuträglicher, weßhalb mehr trockene, höher gelegene Weiden ihnen die gedeihlichſten ſind. Sie ertragen mäßige und trockene Kälte; ſtarke Sonnenhitze wirkt nachtheilig auf fie, noch mehr aber anhaltende Näſſe. Der Aufenthalt in ſumpfigen Ge⸗ genden, wo viel wäſſrige und ſcharfe Pflanzen vorkommen, ift ihnen febr fhad- lich. Dagegen lieben fie das Laub unſerer meiften wildwachſenden Bäume und Sträucher. Nach Verſchiedenheit des Alters und Geſchlechtes erhält das Schaf bez ſondere Namen. Das neugeborne Thier heißt Lamm, und zwar Bocklamm, Widderlamm, Störlamm das männliche, Mutterlamm, Zibben— lamm, das weibliche. Die uber ein Jahr alten bis nach Ablauf des zweiten Jahres nennt man Jährlinge; die im dritten Jahre ſtehenden Zeitſchafe oder Zeithammel. Nach der erſten Begattungszeit heißt das männliche Schaf: Widder, Bock, Stöhr, das weibliche: Mutterſchaf auch Zibbe, kaſtrirte männliche Thiere: Hammel, Schöpſe auch Kappe. Im ſechſten Jahre nennt man ſie alt, z. B. alter Bock u. ſ. f. Das ausgeſchoſſene, zur Fortzucht nicht mehr für tauglich gehaltene Schafvieh heißt Merg- oder Brackvieh. Die Fortpflanzungsfaͤhigkeit tritt in der Regel mit 1½ Jahre ein. Die Brunſtzeit faͤllt gewöhnlich in den Nachſommer oder Herbſt, man kann aber die Begattung auch künſtlich einleiten, indem man männliche und weibliche Thiere zuſammenſperrt und etwas kräftiger füttert. Der Widder wird etwas ſpäter reif, ift ſehr zeugungsfähig und kann 30—40 Schafe beſpringen. Die Dauer der Trächtigkeit betragt durchſchnittlich 145 Tage oder 21 Wochen; in der Regel kommt ein Junges, nicht ſelten auch zwei zur Welt. Bis zum Ende des zweiten Jahres wächſt das Schaf, iſt jedoch erſt mit dem dritten bis zum vierten Jahre vollkommen entwickelt. Die Milchzähne brechen zu eben der Zeit aus wie beim Rinde. Von den weißen, dünnen, ge⸗ ſpitzten Milchvorderzähnen (Lämmer- oder Spitzzähnen) fallen die Zangen un⸗ gefähr zu Ende des erſten Jahres aus und es kommen nun breitere oder ftar- Fere ſogenannte Schaufelzähne hervor. Diefe bilden fih im zweiten Jahre aus, und das Thier heißt nun ein Zweiſchauflerz; im dritten Jahre wed- ſeln die beiden inneren Mittelzähne auf dieſelbe Art, und das Thier heißt nun Vierſchaufler. Im vierten Jahre wechſeln die beiden äußeren, weßhalb das Thier dann als Sechsſchaufler bezeichnet wird; im fünften endlich 67 wechſeln auch die Eckſchneidezähne und das Schaf wird nun abgeſchob en, vollzähnig, vollſätzig, oder ein Achtſchaufler genannt. Nach dem ſechſten bis zum achten Jahre ſind die Schaufeln beſonders bei Schafen von gemeinem Schlage ſchon ſehr abgenützt, das Zahnfleiſch weicht zurück; es fegt fich eine gelbe Farbe an, einzelne Stücke brechen ab. Die Zan— gen ſind bis gegen die Wurzel hin, ebenſo die Backenzähne ungleich abge— rieben; ſolche Thiere heißen ſchartig. Im neunten Jahre erſcheinen die Zähne ſehr abgenützt; ſie fallen nun nach und nach in derſelben Ordnung aus, wie ſie gewechſelt haben. ; Die Lebens dauer des Schafes iſt nicht gleich, und richtet ſich nach dem Adel desſelben. Gemeine Schafe werden höchſtens 10 Jahre, Merinos auch 15 bis 20 Jahre alt. F. 44. Vortheilhafte Körperformen, Beſchaffenheit der Wolle. Die wünſchenswerthen Körperformen, die den Werth und Nutzen des Schafes erhöhen, ſind im Allgemeinen folgende: Ein feiner, leichter Kopf mit deutlich ſichtbaren Venen, ein großes Hel- les Auge, geräumige, feuchte aber reinliche Naſenlöcher, nicht ſehr langer und mäßig dicker Hals und Nacken, welcher voll in die Schultern übergeht; weite Bruſt; tiefer tonnenförmiger Leib; gerader, ebener, breiter, voller und fleiſchiger Rücken, nicht zu lange, gleichweit und gerade geſtellte Füße, lebhaft roth gefärbte Haut. Bei Schafen, die vorzüglich zum Fleiſchertrag dienen (Fleiſchſchafen), iſt unter ſteter Berückſichtigung der Rage, ein breiter muskulöſer Hals, ein voller fleiſchiger Rücken, eine mäßig dicke, elaſtiſch⸗weiche Haut empfehlend. Ahnliche Eigenſchaften, beſonders eine dünne Haut, zeichnet die Wollſchafe aus, wobei es noch bei weitem mehr auf die Rage ankommt. Viele Schafe werden auch als Wol- und Fleiſchſchafe zugleich benützt. Das Fleiſch der Schafe iſt leicht verdaulich und bildet ein allenthalben verbreitetes Nahrungsmittel. Nur das Fleiſch zu junger Lammer iſt ſchlaff und minder leicht verdaulich, ſowie jenes der Sprungwidder zähe und unſchmackhaft iſt. In manchen Gegenden wird auch die Milch der Schafe verwerthet und zur Erzeugung von Butter und Kaͤſe (Roquefort) verwendet. Aus den Schaffellen werden verſchiedenartige Leder verfertigt, aus ſchlechten Häuten, Sehnen und andern Abfällen wird Leim bereitet. Die Felle mit der Wolle werden häufig 5 68 zu Schabracken für die Kavallerie verarbeitet. Die Knochen, Klauen und Hör⸗ ner werden wie jene des Rindes in ähnlicher Weiſe zu verſchiedenen Zwecken benützt. Der Hauptnutzen der Schafe aber ift unſtreitig die Gewinnung der Wolle, welche zu den mannigfaltigſten, eben fo ſchönen als dauerhaften Ges weben gebraucht wird. So lange die Wollbed eckung des Schafes auf dem Thiere ſich befindet, oder nach dem Abſcheeren ungetrennt beiſammen iſt, wird ſie Vließ genannt; die einzelnen Büſchel desſelben, in denen die Wolle wie— der enger zuſammenhängt, heißen Stapel. Zuweilen bemerkt man in dieſen noch kleinere Abtheilungen, die Strängchen. Bei der Beurtheilung der Wolle nimmt man Rückſicht auf ihre Fein⸗ heit und Weichheit, auf ihre Kräuſelung, ihre Länge, auf Dichte, Stärke und Elaſticität, auf Farbe, Glanz und Fettſchweiß, auf den Bau des Sta⸗ pels und dies ſowohl im ungewaſchenen als gewaſchenen Zuſtande. Im Allge⸗ meinen kann man drei große Hauptklaſſen von Wolle unterſcheiden: a) Grobe, ziegenhaarige, bald kürzere, bald längere Wolle von verz ſchiedener Färbung; zwiſchen derſelben auf der Haut findet fih ein wollförmig gewachſener, weicher Flaum. | b) Grobe, glänzende, lange, weichere Wolle ohne Flaum. (Schlicht⸗ wollige Schafe.) 0) Feine, weichere, kurze aber eigenthuͤmlich gefräufelte Wolle. (Krauswollige Schafe.) §. 45. Die Basen der zahmen Schafe. Bei der Eintheilung der verſchiedenen Schafracen pflegt man hauptſächlich auf die eben beſchriebene Verſchiedenheit ihrer Wolle zu ſehen, und man ordnet ſie deshalb in drei Hauptgruppen, nämlich: 1. Die filzwollige, 2. die glanzwollhaarige, 3. die Merinosartigen Schafe. Nach der Abftammung unterſcheidet man fie in Haupt- und Mittelracen, welchen dann noch die wichtigeren fremdländiſchen Schafe angereiht werden. $. 46. A. ; Hanptragen. a) Filzwollige Rage Zu dieſer werden gezählt: ; 1. Das gemeine Landſchaf, d. i. ein Schlag, der im Lande ein: heimiſch iſt und auf deſſen Veredlung nicht eingewirkt wurde. Dasſelbe hat eine 69 grobe, trockene, haarähnliche Wolle von 3—6 und mehr Zoll Länge; fie ift ungleich und zur Verfilzung geneigt, meiſt weiß, auch grau, braun und ſchwarz, oft nur an Kopf und Beinen dunkel. Das durchſchnittliche Schurgewicht der gewaſchenen Wolle beträgt 2½ —4 Pfund. Die Landſchafe find verſchieden groß und haben gemäſtet oft 40—80 Pfund Schlächtergewicht. Sie find außer Deutſchland auch in Polen, zum Theil in Rußland und Schweden, hie und | da in Frankreich und Italien verbreitet. Auch die grobwolligen ſpaniſchen | Churros gehören Hieper. : 2. Die Heideſchnucke. Klein (20—30 Pfund fehwer) mit ſchmutzig⸗ weißer oder dunkelfarbiger, langer, grober, ungleicher, zum Filzen geneigter Wolle, die vom Stücke jährlich im Mittel 2 — 2½ Pfund beträgt. Beide Gez ſchlechter ſind gehörnt, kommen bei ſchlechter Pflege und geringer Nahrung (dem gemeinen Heidekraut) fort und liefern ein ſchmackhaftes Fleiſch. Sie fin— den ſich beſonders auf der Lüneburger-Haide, aber auch in den Niederungen anderer Länder. er he ET N a | 3. Das Zackelſchaf (Ovis aries strepsiceros) mehr als mittelftark, fein gebaut, mit oft einen Fuß langer grober Wolle von weißer oder dunkler Farbe und 3 Pfund jährlichen Durchſchnitts-Ertrag. Die ſpiralförmigen Hörner ſtehen bei dem ungariſchen Zackelſchaf der Theißgegenden u. fe w. mehr auf- recht und ſind größer als die wallachiſchen. §. 47. b) Glanzwollhaarige Rage. Von dieſer kommen vier Unterragen in Betracht. 1. Das deutſche Schaf, auch flämiſches oder rheiniſches Schaf ge— nannt, groß, ungehörnt, mit hohen Beinen, langem, tiefen Leibe, zuweilen mit einem ſchwarzem Ringe um die Augen (Spiegelſchaf). Die Wolle iſt ſchlicht, ziemlich lang, gewöhnlich weich und gleich, und beläuft ſich im Durchſchnitt jährlich auf 4—5 Pfund vom Stücke. Urſprünglich in den Niederlanden ein- heimiſch, findet es ſich jetzt am Rhein, in Franken, auf der ſchwäbiſchen Alp. Abarten davon ſind: das Rhönſchaf, groß, mit ſchwarzem Kopfe und ſchwarzen Beinen, maſtfaͤhig; das Hanno ver'ſche Schaf, groß, etwas hochbeinig und ſchmal, und das Mecklenburg'ſche Schaf. 2. Das Bergamasker-Schaf, von übergerwöhnlicher Größe; meh- rentheils einem Zentner Schlächtergewicht (daher Rieſen⸗Wunder⸗Schafe) mit großem hornloſen Kopfe, den ſie hoch tragen, langen Ohren und langem Halſe, 70 oft ſenkrückig, hochbeinig. Die Wolle ift grob und ſchlecht, oft 5—7 Zoll lang, 6—7 Pfund ihr jährlicher Ertrag. Die Thiere find dauerhaft, maftfähig, fruchtbar. Es iſt in Oberitalien und den angrenzenden Alpen einheimiſch, in Heerden, die nicht ſelten 1000 Stücke zählen. 3. Das Nie derländiſche Marſchſchaf, groß, mit ungehörntem Kopfe, ziemlich langen Ohren, wirft mehrere Jungen. Die Wolle ift lang, ſchlicht, weiß, beträgt vom Stück 5—7 Pfunde jährlich. Das Schlächtergewicht ift 80 — 120 Pfunde. Es findet fich in Flandern, Holland, Dänemark und dem niederdeutſchen Marſchlande. Untergeordnet ſind die Texel'ſchen in Holland, die Eiderſtädter, Dittmar'ſchen Schafe. 4. Das engliſche langwollige Schaf, wahrſcheinlich vom vorigen abſtammend; es hat einen ungehörnten, kleinen Kopf, ſtark entwickelte Bruſt, ebenen Rücken und Kreuz, tonnenförmigen tiefen Leib, kräftige niedere Beine, weit geſtellte Hinterbeine und eine feine elaſtiſche Haut von lebhaft rother Farbe. Die Wolle iſt lang, ſchlicht, nicht fein, aber weich, glänzend, weiß, beläuft fih kalt gewaſchen jährlich auf 4—5 Pfunde. Ausgezeichnet maftfähig liefern ſie 80— 140 Pfund Schlächtergewicht, als Seltenheit bis 260 Pfund. Sie führen auch den Namen Leiceſter-Raçe, und ändern in den verſchiedenen Diſtrikten Englands Teeswater, Coſtwold, Linkoln u. a. wieder in mehrere Unterragen ab. Die auf den Kreideboden von Effer einheimiſche und hie und da in Eng⸗ land vorkommende Southdown⸗Rage hat eine mehr kurze, dicht gekräuſelte unſerer gröberen Baſtardwolle ähnliche Wolle, 3— 31% Pfund, kleine, aufrechte Hörner, kurze Ohren, dunklen Kopf und eben ſolche Beine, einen wohlgerun- deten Leib und iſt zur Maſtung ſehr geeignet. $. 48. c) Spaniſche Hagen, Merinos. Das Merinosſchaf oder edle ſpaniſche Schaf (Ovis aries hispanica) iſt unter allen europäiſchen Schafen das berühmteſte, indem es ſich durch Dichtheit des Vließes, ausnehmende Feinheit der Wolle und bedeutende Fettabſonderung an der mit Wolle bedeckten Körperfläche auszeichnet, und dieſe Eigenſchaften auch, wenn nur in der Rage fortgepaart wird, unter den entgegengeſetzteſten klimatiſchen Einflüßen konſtant vererbt. Die Merinos ſind | wahrſcheinlich urſprünglich im nördlichen Spanien zu Hauſe, vielleicht haben \ ſpätere Einwirkungen durch die Mauren die Rage erſt gebildet. Ihr Name 71 wird von marina, übers Meer gekommen, oder von merino, kraus, dicht, abgeleitet. ; In Spanien ſtand früher ihre Zucht in hoher Blüte; eine Geſellſchaft von Schafzüchtern, die große Vorrechte genoß, Meſta genannt, ließ ihre Heerden im Sommer nach den Gebirgen Leons ziehen, von wo dieſelben gegen den Winter nach den milderen Gegenden Eſtremadura's zurückkehrten. Sie hießen daher im Gegenſatze zu den ſtehenden Heerden (merinos estantes), die Wanderheerden (transhumantes). Heutzutage ift die ſpaniſche Schafzucht ganz herabgekommen, und wird von jener der übrigen europäiſchen Länder, wohin ſich die Merinos allmälig verbreiteten, weit übertroffen. Schon im 15. Jahrhunderte ſollen Merinos nach England, 1723 nach Schweden, um 1765 nach Sachſen und ohngefähr um dieſelbe Zeit nach Sſterreich, bald hierauf nach dem übrigen Deutſchland und Frankreich gekommen ſein. Die ſächſiſchen Merinos, Glectoral- Schafe, d. h. churfürſtliche Schafe genannt, erhielten bald einen ausgezeichneten Ruf. * Die allgemeinen Ragezeichen der Merinos ſind: Ein mittelgroßer, zuweilen ſelbſt kleiner Körperbau, eine eigenthümliche Kopfform, große gewundene Hörner bei den männlichen Thieren, denen ſie aber auch zuweilen fehlen, ſowie wieder weibliche Thiere mit kleinen Hörnern vorkommen. Beſonders charakteriſtiſch iſt die kurze, ſehr feine, zart gekräuſelte, dichte, von Fettſchweiß durchdrungene Wolle. Sie bringen meiſt nur ein Jun⸗ ges zur Welt und erfordern eine ſorgſame Pflege. Die deutſchen Schafzüchter ſtellen unter den zahlreichen Abänderungen der Merinos namentlich zwei Unter⸗ | ragen auf, nämlich die Infantado- (oder Negretti⸗) und die Eleetoral-Rage. F Zwiſchen den Thieren, welche deutlich den Character der einen oder der an⸗ dern dieſer beiden Racen an fih tragen, finden ſich jedoch viele Stämme, die in ihrer Körperform mehr dieſer oder jener ſich nähern, oder auch unentſchieden zwiſchen beiden die Mitte halten. Die In fantado-Rage, auch Negretti-Rage benannt (nach den Heerden des Herzogs von Infantado) begreift die ſogenannten kraftwolligen Merinos in ſich. Sie haben einen kräftigen Körper, breiten Kopf, gebogene faltige Naſe, breite Bruſt und breites Kreuz, öfters faltige Hautwülſte an Hals und Schenkel, ſtarken und faltigen Bruſtlappen (Koder), und ſind ſehr ſtark bis an die Backen und Klauen bewollt. Die Wolle iſt dicht, ohngefähr 2% lang, hat reichlichen klebrigen, harzähnlichen, ſchwer aufzulöſenden Fett⸗ ſchweiß, wodurch ſie weniger fein als hart wird. Das Schurgewicht iſt 3 bis 72 3½ Pfund. Dieſe Rage war hauptſaͤchlich in Sſterreich und Frankreich ver⸗ breitet. i Die Electorale ober ſanftwolligen Merinos⸗Schafe, von ihrer vermeintlichen ſpaniſchen Abkunft auch Eseurials genannt, ſind feiner gebaut, ihr Kopf iſt ſchmal, mager, die Stirne glatt, der Hals dünn, mit weniger Koder, die Beine höher, die Gliedmaſſen weniger bewollt, der Kopf oft kahl 7 ſowie der Bauch, das Vließ ſchwärzlich-blau, die Haut dünn, fein, wenig zu Hautfalten geneigt, die Wolle 1—2“ lang, fein, ſanft, im Vließ mehr aus: geglichen, mit einem öligen, butterartigen Fettſchweiße verſehen. Das Schur⸗ gewicht iſt im Durchſchnitte 2 Pfund. Dieſe edle Race ſtammt von den ſpani⸗ ſchen Merinos ab, wurde aber erft in Deutſchland, namentlich in Sachſen zu | ſolcher Vollkommenheit herangebildet. §. 49. Alittelracen und fremdländiſche. Die Mittelſchläge ſind meiſtens durch Paarung engliſcher langwolliger, männlicher Schafe mit Mutterſchafen anderer Ragen entſtanden. a) Mit deutſchen Mutterſchafen erzielt man eine Nachzucht, die größere Maſtfähigkeit als dieſe zeigte, einen höheren Glanz, mehr Geſchmeidigkeit und Ausgeglichenheit der Wolle, Kraft und Ausdauer, Schurgewicht 6 Pfund. b) Mit Bergamesken⸗Schafen. Bedeutende Körpergröße; Wolle den deutſchen ähnlich, doch etwas gröber, mit 10 Pfund jährlichem Schur⸗ gewicht. e) Mit Merinos. Die Abkömmlinge ſind maftfähig, groß, wollreich. Wolle lang, feiner, weiß, 3—4 Pfund Schurgewicht. Von den fremdländiſchen zahmen Schafen mögen hier noch folgende angeführt werden: 1. Das langſchwänzige Schaf (Ovis macrocercus) im ſüdlichen Rußland mit ſehr langem Schweife. 2. Das fettſchwänzige Schaf, auch das breitſchwänzige (O vis laticaudata) genannt, in Perſien, Syrien, Nordafrika, Ukraine und Krimm, mittelgroß mit hängenden Ohren und langem Schweife, der an der Unterſeite nackt, und an der Wurzel mit Fett gepolſtert ift. Die Lämmer liefern die ſchö⸗ nen, feinlockigen Buchariſchen oder Aſtrachaniſchen Pelze. 3. Das fettſteißige Schaf (Ovis aries steatopygos) durch ganz Mittelaſien verbreitet, bei welchen der Schwanz fich ganz in einen oft 40—50 73 Pfund ſchweren Fettklumpen verwandelt hat, der gefäßförmig geſpalten iſt, aber bei magerer Fütterung verſchwindet. 4. Das Isländiſche Schaf oder Filzſchaf (Ovis polycerota) klein, mit 3, 4 bis 8 unregelmäßig gebogenen Hörnern und grober filziger Wolle. Dritte Abtheilung. Naturgeſchichte der Ziegen. F. 50. Gattung, Arten und Racen der Biege. Die Ziege ift dem Schafe in vieler Veziehung fo ähnlich, daß manche Naz turforſcher beide Thiere nur als verſchiedene Arten einer und derſelben Gattung anſehen zu muͤſſen glaubten. Dieſe Anſicht entbehrt jedoch einer ausreichenden wiſſenſchaftlichen Begründung. Die Hörner der Ziege ſind ſeitlich zuſammen— gedrückt, nach innen und außen faſt mit gleichlaufenden Seiten aufſteigend, und ſichelförmig nach hinten gebogen, an der Vorderſeite oft mit erhabenen Ouer- höckern und Einſchnürungen verſehen. Die Stirne iſt gerade, zuweilen etwas vertieft, die Oberlippe behaart, am Kinne haben ſie, und zwar die Männchen häufiger, einen Büſchel längerer Haare oder einen Bart, am Halſe zuweilen zwei häutige Anhänge, Trotteln, Glöckchen; die Schmierhöhle an den Augen und das Klauenſäckchen fehlen. Ihr Leib ift ſchlank, die Beine ſtark, der Schweif kurz. Sie haben zwei lange Schamzitzen, ſehr große Hoden. Das Gebiß unterſcheidet ſich nicht von dem bei den Wiederkäuern im Allgemeinen angegebenen. Die wildlebenden Ziegen mit knotigen Hörnern nennt man Stein böcke, wovon eine Art, der europäiſche Steinbock (Capra ibex) mit im Querſchnitt länglichen, faſt rechtwinkelig vierfeitigen, 2½ Fuß langen Hör: nern, früher weiter verbreitet, jetzt nur noch auf den unzugänglichften Felſen der Alpen um dem Montblanc und Monte Nofa fich findet. Eine andere Art iſt dem vorigen ähnlich, hat aber im Querſchnitte eiförmige, nach vorne breitere Hörner; der Steinbock vom Kaukaſus (Capra caucasica). Zu den Ziegen mit glatten Hörnern gehört die Bezoars Ziege, auch wilde Ziege oder Paſeng genannt (Capra aegagrus) auf Perſiens Ge- birgen und am Kaukaſus, mit vorne ſcharfkantigen, hinten runden Hörnern, grau oder grau⸗röthlich von Farbe, die Rückenlinie und der Schwanz ſchwarz. Von ihr ſtammt wahrſcheinlich ab: 74 Die gemeine Ziege, Hausziege (Capra hircus) mit ſtark zuſam⸗ mengedrückten, gekielten Hörnern, aufſtehenden oder hängenden, ſehr bewegli⸗ chen Ohren, großen lebhaften Augen, weiß oder ſchwarz von Farbe, auch rothbraun mit ſchwarzer Rückenlinie. Sie bildet nach der Größe des Körpers, der Stärke und Anzahl der Hörner, ſowie nach der Beſchaffenheit des Haares mehrere Ragen, von welcher die merkwürdigſten folgende ſind: 1. Die Kaſch mirziege, Tibetziege (Capra hircus laniger) mit lanz gen, geraden, ſpiral auseinander gehenden Hörnern, breiten hängenden Ohren und ſtarkem, ſeidenartigem Flaum zwiſchen den längeren Haaren, aus welchen man die Kaſchmir⸗Shawls verfertigt. Sie iſt ſeit mehreren Jahren mit gutem Fortgange und ohne auszuarten auch in Frankreich, Deutſchland und Ungarn gezogen worden. 2. Die Angoras oder Kameelziege (Capra hircus angorensis) aus der Umgegend von Angora in Anatolien (Kleinaſien). Nicht ſo groß, als die vorige, mit kleinen mehr ausgebreiteten Hörnern, abwärts gebogenen Ohren und äußerſt langen, feinen, ſeidenartigen, ſilberweiß glänzenden Haaren, die jährlich abgeſchnitten werden und von welchen das Geſpinnſt das ſogenannte Kameelhaar gibt. Minder wichtig ſind: 3. Die ungehörnte Ziege (Capra hircus ecornis) in Spanien. 4. Die ägyptiſche Ziege (Capra hircus thebaicus). 5. Die Nepalziege (Capra hircus nepalensis) in der oſtindiſchen Landſchaft Nepal, am Fuße des Himalaya, ſchlank, langbeinig, n mit kurzen, weichen Haaren. 6. Die Zwergziege oder Mamberziege (Capra hircus depres- sus) in Afrika. 7. Die vielhörnige Ziege (Capra hircus- polyceratus), eine Spielart mit 4— 7 Hörnern. §. 51. Lebensweiſe, Fortpflanzung und Alter. Die wilden Ziegen leben truppenweiſe in Gebirgsgegenden der gemäßig⸗ ten und heißen Länder, wo ſie ſehr gewandt an den Höhen herumklettern, von Fels zu Fels ſpringen, den Feind von weitem gewahren und ſich muthig ver⸗ theidigen. Jung gefangen laſſen ſie ſich zähmen, verwildern aber wieder, wenn ſie ſich ſelbſt überlaſſen bleiben. Sie ſind äußerſt lebhafte, muntere, muthwillige 75 und launige Thiere, laffen fich ſchwer in Heerden zuſammenhalten, fondern zerſtreuen ſich gerne, indem ſie umherſtreifen und ſteile Stellen erklimmen, wobei ſie durch Abfreſſen der Knoſpen, des Laubes und durch Abſchälen der Rinden in Baumgärten und Waldungen viele Verwüſtungen anrichten. Ihr Blick iſt lebhaft, die Sinne fein, beſonders jener des Geruches ſehr ausgebildet, die Seelenthätigkeit weit mehr entwickelt, als beim Schafe, die Stimme iſt ein Meckern. Die Ziegen haben als Milchvieh insbeſondere für ärmere Familien hohen Werth, indem ſie im Verhältniß zur Fütterung durchſchnittlich mehr und fettere Milch geben, als die Kühe, lange milchend bleiben, kräftig, leicht zu unterhalten und den Krankheiten weniger unter worfen ſind. Weniger weichlich, als das Schaf, widerſteht die Ziege auch der Hitze mehr, naſſe Kälte jedoch und tiefe feuchte Weiden ſind ihr ebenfalls ſchädlich. Auf höheren Gebirgsgegenden lohnt fih ihre Zucht am meiſten, inz dem man ſie an Orten auf der Weide halten kann, die für anderes Vieh unzugänglich wären, oder wo dieſes zu wenig Nahrung fände, und wo der Schaden, den ſie allda anrichten könnten, nicht in Betracht kommt. Das männliche Thier wird Bock, das weibliche Ziege oder Gais, das Junge Zicklein oder Ziegenlamm genannt. Der Geſchlechtstrieb äußert ſich bei der Ziege früher als beim Schafe und der Bock ift ſchon mit einem Jahre zeugungsfähig. Er iſt ſehr geil und dient zur Begattung von 100 und mehr Ziegen. Die Gais wird gewöhnlich im Herbſte brünſtig oder bockend, iſt 21 Wochen trächtig und bringt ge— wöhnlich zwei, wohl auch drei Junge zur Welt. Dieſe läßt man in der Re— gel gegen 6 Wochen ſaugen, dann mit den Mutterthieren auf die Weide ges hen, oder mit ihnen im Stalle dasſelbe Futter genießen. Der Ausbruch und Wechſel der Zähne erfolgt in derſelben Weiſe, wie er oben von dem Schafe angegeben wurde. Die Lebensdauer der Ziege beträgt gegen 15 Jahre, man ſchlachtet ſie aber gewöhnlich früher, und zwar die weiblichen Thiere ſchon zur Zeit, da die Milchnutzung derſelben abnimmt. . . Benützung der Ziege. Daß der Hauptnutzen der Ziege in der Milchergiebigkeit beſtehe, iſt be— reits erwähnt worden. Eine gute Ziege ſoll, beſonders in der erſten Zeit, 8—10 Pfund liefern; jedoch gibt es hierin große Unterſchiede. Die Milch 5 2 ee — A —— 4 i ne z A — a a — Er m et — — — 4 Bi * + 1 if 3 jf 1 | 1 I $ { jj $ AS p F 3 i Hi N 7 K k ö Q ig | ( 4 2 — —— ER 2 — ET 76 iſt reich an Käſeſtoff (Cassin) und liefert einen vortrefflichen Kaͤſe; zur Buttergewinnung eignet ſie ſich weniger. Auch meint man, daß ſie für Bruſt⸗ kranke heilkräftig ſei. Aus dem Haare der Ziege macht man hie und da Filz, füllt damit Kiſſen und verſpinnt dieſelben auch zu allerlei Gegenſtänden des täglichen Gebrau— ches. Der wollartige Flaum, welcher im Winter ſtärker als im Sommer wächſt, wird zu koſtbaren Geweben verwendet, weßhalb man die Angora⸗ Ziege nach Deutſchland und Frankreich einführte, um ſie hier durch Reinzucht zu vermehren, oder die einheimiſchen Ragen zu veredeln und den Ertrag des Flaumes zu erhöhen. Der Erfolg hat jedoch den gehegten Erwartungen nicht entſprochen. Das Fleiſch iſt von den jungen etwa vier Wochen alten Zicklein be⸗ liebt. Auch von alten Thieren wird beſonders in Berggegenden das Fleiſch eingeſalzen und geräuchert. An manchen Orten werden auch Ziegenhämmel (jung kaſtrirte Ziegenböcke) gemäſtet. Das Fett dient zur Kerzen- und Seifenerzeugung; aus der Haut wird Corduan und Saffianleder, Pergament u. dgl. bereitet, die Hörner wer⸗ den von Kammmachern, Drechslern u. ſ. w. benützt, die Gedärme wie die von andern Thieren verwendet. Der Ziegenmiſt liefert einen kräftigen Dünger. Viertes Hauptſtück. Naturgeſchichte der vielhufigen Hausthiere. §. 58. Die Borftenthiere und die Gattung des Schweines. Unter den Hausſäugethieren aus der Ordnung der Vielhufer, und ins— beſondere aus der Familie der Rüſſelthiere nehmen zwar der indiſche und afrikaniſche Elephant, im gezähmten Zuftande, eine bedeutende Stelle ein, jedoch nur in den Ländern, in welchen ſie heimiſch ſind. Weit wichtiger für uns iſt die Familie der Borſtenthiere oder der Schweine. Der Körper dieſer Thiere iſt mittelgroß, von den Seiten zuſammen— gedrückt, plump, überall mit langen ſteifen Haaren oder Borſten beſetzt. Der Kopf iſt ſehr in die Länge gezogen, hat mäßig große, meiſt aufſtehende Ohren, kleine Augen mit rundem Sehloch; die Schnauze bildet einen Rüſ— ſel, der ſcharf abgeſtumpft, breit, beweglich und am Rande aufgeſtülpt iſt. Das Gebiß iſt nach den einzelnen Gattungen etwas verſchieden. Der Hals iſt kurz und wie der Rumpf ſeitlich zuſammengedrückt. Das Gehirn iſt ver— hältnißmäßig klein, von den Sinnesorganen das des Geruches am meiſten entwickelt. Der Magen häutig, einfach, der Darm dick und beträchtlich lang, der Blinddarm groß, die zahlreichen Saugwarzen ſtehen in zwei Reihen am Bauche. Der Schwanz iſt kurz oder fehlt faſt, die Beine ſind kurz und dünn, alle mit vier Zehen (nur das amerikaniſche Nabelſchwein iſt hinten dreizehig), welche mit Hufen oder Klauen verſehen ſind, und wo— von nur die mittleren zwei den Boden berühren, die zwei ſeitlichen aber höher gerückt ſind, und als Afterklaue dem Fuße anhängen. Hiedurch wird die Stellung der Zehen jener der Zweihufer ähnlich. Dieſe Thiere ſind meiſtens 78 unbändig, dumm, ungelehrig, lieben im Allgemeinen ſumpfige Gegenden, wüh⸗ len mit dem Rüſſel die Erde auf, um ihre Nahrung zu ſuchen, zu welcher man alles Genießbare rechnen kann und wälzen ſich gerne behaglich in Koth und Schlamm. Sie werfen meiſtens viele Junge und vermehren ſich daher ſehr ſtark. Beſonders hervorzuheben iſt das Wildſchwein und das von demſel⸗ ben abſtammende Hausſchwein. Beide haben 6 Vorderzähne im Ober: und Unterkiefer, vier dreikantige hervorragende und ſämmtlich aufwärts gekrümmte Hakenzähne, 23 höckerige nach hinten an Größe zunehmende Backenzähne, von denen die zwei hinteren unteren zuweilen fehlen. Das Mutterſchwein hat 12, zuweilen 14. Zigen, | To Das wilde Schwein (Sus scrofa ferus), gewöhnlich 3“ hoch und 5“ lang, von ſchmutzig ſchwarzbrauner Farbe, hat große vorragende Eckzähne (Hauer). Das Männchen nennt man Eber oder Keuler, das Weibchen Bache, die Jungen aber, welche gelblich und ſchwarz oder braun geſtreift ſind, Friſchlinge. Die Wildſchweine leben in Europa und Aſien rudelweiſe in dichten Wäldern, ſind menſchenſcheu und wild, freſſen Eicheln, Buchen⸗ ſaamen, Wurzeln, Inſektenlarven, Würmer u. ſ. w., und richten durch Wüh⸗ len großen Schaden an, weßhalb ſie in mehreren Gegenden ausgerottet wur⸗ den. Sie gehören zur hohen Jagd und heißen Schwarzwild. Das zahme Schwein, Hausſchwein (Sus scrofa domesticus L.) iſt durch Zähmung aus dem wilden entſtanden, iſt länger, aber niedriger als jenes, hat größere, meiſt ſchlaffe. Ohren, kürzere Hauer, einen nach oben ge⸗ krümmten Rücken, dünnen geringelten Schwanz, eine verſchiedene Farbe, gez wöhnlich weiß, ſchwarzroth oder gemiſcht. § 54. Lebensweiſe, Wachsthum, Alter und Benützung. Die Sinnesorgane der Schweine ſind mit Ausnahme des Geruches und des Gehöres wenig entwickelt. Ihre mißtönende Stimme wird Grunzen ge nannt. Sie find ſehr reizbar, rachſüchtig und ohne Furcht; angegriffen gera- then ſie (beſonders der Eber) leicht in Wuth, knirrſchen mit den Zähnen, ſtürzen auf den Gegner los und bringen ihm mit den gewaltigen Hauern die gefährlichſten Wunden bei. Sie ſind ſehr gefräßig, nehmen ohne Unterſchied Pflanzen und Thier⸗ ſtoffe zu ſich, verzehren Wurzeln, grüne ſaftige Pflanzen, Kraut, Obſt, Kör- ner, Eicheln, Bucheln, Fleiſch, Würmer, Mäufe u. f. f. Selbſt Aas und 79 faulende Stoffe verſchmähen fie nicht. Sie ſaufen gerne und vertragen einen größeren Waſſergehalt des Futters, als alle übrigen Hausthiere. Sie ver- dauen ſchnell und leicht, doch bringt ihnen das übermaß ſchwer verdaulichen Futters zuweilen große Gefahr. Die Zunahme an Körperumfang und die Fett⸗ oder Speckbildung geht raſcher von Statten als bei irgend einem an⸗ dern Hausthiere. Die jungen Schweine werden Ferkel genannt, das männliche Schwein heißt: Eber, Bär, Reuler, Faſelſchwein, das weibliche: Mutter ſchwein, Zuchtſau, Bache, Docke; die kaſtrirten männlichen Thiere nennt man gewöhnlich Bark, Bork, die kaſtrirten weiblichen: Nonne. Junge, heranwachſende Schweine heißen gewöhnlich Lauferſchweine, hie und da auch Faſelſchweine. Der Geſchlechtstrieb äußert ſich beim Schweine nach 6 Monaten, mit 8—12 Monaten läßt man fie zu. Die Brunſtzeit ift verſchieden. Sie find ungemein fruchtbar; ein gut gehaltener Eber reicht für 20 — 40 Mutterſchweine hin. Die Tragzeit beträgt im Durchſchnitte 115 Tage oder 16—17 Wo: chen, und wohlgenährte Mutterſchweine werfen auch zweimal im Jahre. Sie bringen auf einmal 4—12 Junge und darüber zur Welt, welche fie 2 Moz nate lang ſäugen, aber ſchon nach 14 Tagen mit ſich in's Freie führen; man kann die Ferkel auch ohne Schaden nach Jal Wochen abſetzen. Das Schwein wächſt bis ins vierte Jahr und darüber; es bringt gewöhnlich die 4 Milchhakenzähne und den 2. und 3. Milchbackenzahn mit auf die Welt, zuz weilen auch die Eckzähne des Unterkiefers, die ſonſt jedenfalls mit denen des Oberkiefers in der 1. oder 2. Woche ausbrechen. Mit 3—4 Monaten erſcheinen die Milchzangen und die Milchmittelzähne, hierauf im 4. bis 5. Monate der 1. Backenzahn, welcher ein bleibender Zahn iſt, im 6. Monate treten der 4. Milchbackenzahn, mit vollendetem 1. Jahre der 5. bleibende, mit 1½ — 2 Jahren der 6. bleibende, und im 3. Jahre der 7. bleibende Backenzahn hervor. Der Zahnwechſel beginnt im 6. Monate mit den Eckzähnen, mit 1 Jahre werden die Milchhakenzähne, mit 2 Jahren der 2., 3. und 4. Backenzahn, mit 2½—3 Jahren die Milch-Zangen⸗ und Milch⸗Mittelzähne gewechſelt. Die Schweine können ein Alter von 20, ja ſelbſt 30 Jahren erreichen, man ſchlachtet ſie jedoch immer viel früher. Der Nutzen, welchen das Schwein gewährt, iſt mannigfaltig. Sein Fleiſch ift ſehr wohlſchmeckend und läßt ſich beffer einfalzen, räuchern, leichter und ſicherer aufbewahren, als das irgend eines anderen Thieres. Das Blut, — 4 ä TG A Er aa Au er { t X een 80 die Gedaͤrme und Eingeweide werden in verſchiedener Form zu Nahrungsmitteln verwendet. Die beſonders unter der Haut fih reichlich abſondernde Fettlage wird als Speck ſehr geſchätzt, das Fett ift weiß, weich und wird auch in der Heilkunde vorzugsweiſe gebraucht. Die Haut gibt ein gutes Leder beſonders für Sattler, aus den Borſten verfertigt man Pinſel, Bürſten u. dgl. Der Miſt der Schweine iſt zum Dünger weniger als der der andern Hausthiere geeignet, am meiſten noch für einen kalten und ſchweren Boden. §. 55. Die Racen der Schweine. Da unter allen Hausthieren das Schwein am meiſten über die Erde ver⸗ breitet und am meiſten fähig iſt die entgegengeſetzteſten Klimate zu ertragen, und ſich den mannigfaltigſten Lebensverhäaͤltniſſen anzupaſſen, ſo hat es in Be⸗ zug auf Farbe, Größe, Lange des Leibes, Richtung der Ohren, Höhe der Beine und Maſtfähigkeit vielfache Abänderungen erfahren, die als Varietäten und Racen aufgeführt werden. Die Schweineracgen find aber weit weniger er⸗ forſcht und lange nicht ſo genau feſtgeſtellt, wie die Nacen und Stämme der übrigen Hausthiere. Man findet daher die Zahl derſelben ſehr verſchieden an- gegeben und die Eintheilung auf mancherlei Eigenſchaften gegründet. Wir folgen hier jener Eintheilung, welche die Maſtfähigkeit dieſer Thiere, und die mit derſelben übereinſtimmende Körpergröße ins Auge faßt und unter⸗ ſcheiden ſonach große, mittelgroße und kleine Ragen. 1. Zu den großen Ragen gehören: a) Das oſtfrieſiſche und nieder: ländiſche und das Schwein der Champagne und Normandie, mehrere große engliſche Nacen, namentlich die Hampſhire⸗ und die größte engliſche, die Rudgwick⸗ Race. b) Die große deutſche Landrage, wie fie in mehreren Gegenden Baierns, Böhmens, am Weſterwalde, in Weſtphalen u. ſ. f. vorkommt, mit mäßig langem, aber breitem Leibe, hohen platten Seiten, ſchmalem Kopfe, langem Rüſſel, langen ſchlaffen Ohren, feinen Borſten und von verſchiedener Farbe. Dieſe Thiere ertragen viel Ungemach, werden bald fett und frühe ſchlachtbar. 2. Zu den mittelgroßen Rag en gehört: a) Die gewöhnlich in Deutſchland, Pommern, Thüringen, in vielen Gegenden Baierns vorkommende aus den vorigen entſtehende Landrage, die ge⸗ 81 wöhnlich auch das bairiſche Schwein genannt wird. Die Thiere dieſer Rage find zarter gebaut, kürzer im Leibe und runder, mit kürzerem, breiterem | Kopfe, minder langen, meiſt aufrechten Ohren, rauhen Borſten, mehr hoch⸗ beinig, mit ſtark aufgebogenem Rücken und oft etwas hohen Seiten (Karpfen: ſchweine). Ihre Farbe iſt verſchieden; häufig ſind ſie rothbraun gefleckt. Sie ſind kräftig, können Strapatzen erdulden, ſind genügſam, werden leichter ſchlachtbar, als die großen und erreichen ein Gewicht von 2—4 Btn. Ihr Fleiſch iſt ſchmackha ft, der Speck feſt. eo) Die ungariſche (moldauiſche, bosniſche, ſyrmiſche) Rage iſt ſehr konſtant; der Leib von Mittellänge, ziemlich breit, Borſten dunkel, rauh, mitunter etwas gekräuſelt und wollig. Das ungari ſche Schwein hat mit dem : wilden Schweine viel Ahnlichkeit, die Heerden werden auch häufig im halb⸗ wilden Zuſtande gehalten. Sie ſind an rauhe Behandlung gewöhnt, fruchtbar und nehmen leicht zu, das Fleiſch aber iſt etwas derb. Die ſogenannten Ba— konyer⸗ Schweine kommen aus den Bakonyer- und anderen Waldungen Un⸗ garns, wo ſie in Folge der Maſtung mit Eicheln und Buchenſamen eine überaus große Menge Fett anſetzen. d) Die engliſche Mittelrage durch Kreuzung des großen engliſchen Schweines mit kleinen chineſiſchen gebildet iſt ſchwer, ſchnellwüchſig, ſehr maſtfähig und fruchtbar. 3 3. Die kleinen Ragen kommen beſonders in China, Oſtindien, Auf dem Cap u. f w. vor, haben einen kurzen, runden, dünnhaarigen, faſt nackten Leib, einen Senkrücken, feine kurze Beine, faſt am Boden ſchleifenden Bauch, kurzen Schwanz, und ſind meiſt weiß mit gelben Flecken oder ſchwarz gefärbt. Ihr Fleiſch ift zart, mit Fett fhón durchwachſen, der Speck weich und wenig. Sie wachſen frühe aus und werden ſelten 2 Zentner ſchwer. Sie ſind außerordentlich fruchtbar bei uns (12 - -20 Junge auf einen Wurf), we⸗ niger zur Reinzucht, aber zur Kreuzung mit großen Ragen wohl geeignet, mit denen fie ausgezeichnete Mittelſchläge liefern, wovon man beſonders in England viele Beiſpiele hat. Auch die Schweine in Polen, Ruß land und anderen nordiſchen Gez genden ſind klein, verſchieden gefärbt, häufig rothbraun oder gelblich, und Schließen fich an die deutſchen Mittelragen an. Die wilden Schweine bewohnen die heißen und gemäßigten Himmels - ſtriche, leben meiſt allein, zuweilen auch, jedoch nicht auf die Dauer, in Heer: Naturgeſch. d. Hausſäugethiere. | 82 den vereinigt. Ihr Gang ift träge und langfam, ihr Aufenthalt, Qager mehr in den dunkeln, ſchattigen Theilen der Wälder, an tieferen, feuchten, ſumpfigen Stellen. Gegen zu große Hitze ſuchen ſie ſich, wie oben erwähnt wurde, durch Wälzen im Koth und Schlamm, oder in friſch aufgewühlter Erde zu ſchützen. Hohe Kälte wird ihnen nachtheilig, ebenſo die Naͤſſe; daher fie vorzüglich eines trockenen Lagers bedürfen. | Fünftes Hauptſtück. Naturgeſchichte des Hundes. i §. 56. | Die fleiſchfreſſenden Behengänger überhaupt. Von allen bisher abgehandelten Hausthieren ift der Hund feiner Organi⸗ ſation nach ſehr verſchieden. Während die erſteren alle der Abtheilung der Huf- ſäugethiere angehören, iſt dieſer zur Ordnung der fleiſchfreſſenden Raubthiere, und insbeſondere zu den Krallen tragenden Zehengängern zu rechnen. Die Vor⸗ der⸗ und Hinterfüße dieſer Thiere ſind mehrfach getheilt, mit gleichen Krallen tragenden Zehen verſehen. Das Stirnbein enthält Höhlen, die Vorder⸗ zähne find meiſtens ſchmal, kurz und meißelförmig, die Hakenzähne dagegen groß, kegelförmig, ſpitzig, die vorderen Backenzähne ſind ſcharf, mit ſpitzigen Höckern in einer Reihe (Höcker- oder Lückenzähne) verſehen, dann folgt auf jeder Seite oben und unten ein Reiß- oder Fleiſchzahn, der mehrere ſcharfe Spitzen und einen nach innen gekehrten Höcker hat, zuletzt die hinteren Backen⸗ oder Mahlzähne, auch Kauzähne genannt, welche ſtumpfe Höcker in zwei parallelen Reihen haben. Der Magen ift einfach, die Verdauung kräftig und raſch, Dünn- und Dickdarm wenig von einander verſchieden und ſehr kurz. Athmung und Kreislauf des Blutes ſind ſehr beſchleunigt, weßhalb das Blut auch eine größere Wärme, als das anderer Säugethiere hat. Die Familie der hundeartigen Raubthiere und jene der katzenartigen trez ten nur mit den Zehen auf, oder ſind Zehengänger, und unterſcheiden ſich dadurch von den langgeſtreckten marderartigen Thieren, welche mit den Zehen und dem Mittelfuße auftreten, alfo Halbſohlengänger find, und von 6 * — 84 der Familie der Bären, die mit ganzer Sohle auftreten und deshalb Sohlen— gänger heißen. §. 57. Die Hundegattung und ihre Arten. Der Körper der Hunde iſt mittelgroß, ſtark und gleichmäßig behaart, der Kopf mehr weniger verlängert, die Schnauze meiſt zugeſpitzt; die Zunge glatt, die Ohren mäßig groß und ſpitzig. Vorderzähne find 6 in jedem Kiefer, ſie ſind bei jungen Thieren (bis zum 3. Jahre) dreilappig, worunter die mittleren (die Zangen) die kleinſten, die äußerſten (Eckzähne) die größten ſind. Hakenzähne (Fangzähne) jederſeits oben und unten 1, kegelförmig, etwas gebogen, vorragend. Backenzähne ſind 26 vorhanden, in jeder Oberkieferhälfte 6, wovon 3 Lückenzaͤhne find, und 7 jederſeits im Unterkiefer, deren vordere 4 ebenfalls Lückenzahne find. Der letzte Lücken⸗ und der Reiß⸗ zahn des Oberkiefers greifen ſcheerenartig in beide gleichnamige Zähne im Un⸗ terkiefer, wobei letzterer nach innen zu ſtehen kommt. Die Lückenzähne nehmen nach hinten an Größe zu, ſind wie der Reißzahn mehr weniger platt, von letzterem an nehmen die Zähne an Größe wieder ab, der letzte (hintere) Kauzahn iſt oft ſehr klein und fällt zeitig aus. Der Schwanz der Hunde iſt mäßig lang, Schultern und Schenkel mit ſtarken, äußerlich ſcharf ausgepräg⸗ ten Muskeln verſehen, die Unterfüße ſehnig, vorne 5 Zehen, hinten 4 und oft noch ein kleiner Stummel; die Krallen ſind nicht wie bei den Katzen zurück⸗ ziehbar. Die Sohle iſt behaart; beim Gehen wird, wie erwähnt, nur mit den Zehen der Boden berührt. Die wilden Hundearten ſind gierig und gefräßig, leben vom friſchen oder faulen Fleiſch, graben ſich Höhlen, laufen ſchnell und machen meiſtens bei Tage Jagd auf andere warmblütige Thiere. Einige Arten dieſer Gattung haben einen geraden buſchigen Schwanz von der Länge des Körpers, und eine länglich runde Pupille in Form einer en⸗ gen ſenkrechten Spalte. Es ſind dies die Füchſe, unter welchen der be— kannteſte der gemeine Fuchs (Canis vulpes). Er lebt in Waldungen in eigenen Höhlen (Bauen), iſt raubſüchtig und liſtig, den Hühnerhöfen und der Jagd ſchädlich, nützt aber auch durch ſein Pelzwerk und durch Vertilgung vie⸗ ler Mäuſe. Die andere Abtheilung der Hunde hat einen mittelmäßig langen, kurz behaarten Schwanz, und eine runde Pupille. Hieher gehören der gelb- lich⸗graue, herdenweiſe in Aſien und Afrika lebende Sch akal (Canis aureus), % 85 ferner der räuberiſche gemeine Wolf (Canis lupus L.), und endlich der Haushund (Canis familiaris L.). Der zahme Hund unterſcheidet ſich von den anderen Hündeckten durch den aufwärts gekrümmten Schwanz, iſt ſeit den älteſten Zeiten an den Menſchen gewöhnt, hat ſich unter allen Thieren als den treueſten Freund und Gefährten desſelben bewährt, und iſt demſelben in alle Welttheile und Zonen gefolgt. Über ſeine Abſtammung hat man bis jetzt noch keine Gewißheit. Die Einen erklären ihn (nach Pallas) für einen Baſtard verſchiedener wilder Hun⸗ dearten, namentlich des Wolfes mit dem Fuchſe oder Schakal; einer andern Meinung zu Folge ſoll er ein Abkömmling wilder, noch jetzt lebender Wolfs- arten fein, aber im Laufe der Zeiten durch die Einwirkung der Kultur eine ſolche Umgeſtaltung erlitten haben, ; $. 58. Ragen und Spielarten des zahmen Hundes. Die ungemein weite Verbreitung der Hunde auf dem ganzen Erdkreis, die verſchiedenſten Einflüffe des Klimas, der Lebensweiſe, der Zähmung und der Verwendung, endlich die immerfort zunehmende Miſchung und Baſtardirung der einzelnen Unter- und Spielarten hat eine ſolche Mannigfaltigkeit in Bezug auf Größe, Farbe und die übrigen Eigenſchaften des Hundes hervorgebracht, daß eine klare und genaue Darſtellung und Unterſcheidung der einzelnen Hunde⸗ racen eben fo ſchwierig, ja unausführbar erſcheint, als eine genügende Erklä⸗ rung ihrer Entſtehungsart. Am gewöhnlichften geſchieht es, daß die Hunde nach ihrer Benützungs⸗ weiſe eingetheilt, und ſonach als Stubenhunde, Haushunde, Hofhunde, Hir⸗ tenhunde und Jagdhunde bezeichnet werden. Gründlicher iſt die Eintheilung ) Reichenbach's, welche auf naturhiſtoriſchen Grundſätzen beruht, und dieſer zu Folge find 4 Hauptracen zu unterſcheiden, nämlich Spitzhunde, Seidenhunde, f" Wind- und Bluthunde, Doggen. Er E Erſte Rage: Die Spitzhunde. Sie find kenntlich an den aufrecht ſtehenden Ohren. (Canis familiaris orthotus.) Sie ſcheinen der Urform des Haushundes am nächſten zu ſtehen, indem bei den kultivirten Ragen das hän⸗ gende Ohr vorwaltet, bei Verwilderung es wieder die aufrechte Richtung an⸗ nimmt. Zu dieſer Unterart ſind zu rechnen: 1. Der Hofhund (Canis familiaris villaticus) mit den Spielarten: Hirtenhund, Spitz, Schäferhund und Wolfshund. ) | | i * 86 2 Der Heidenhund (Canis familiaris EEE mit den Gauk⸗ lern und Zigeunern wandernd. 3. Die Hunde des Nordens: der ſibiriſche, grönländiſche und isländiſche Hund. Zweite Rage: Seiden- und Pudelhunde mit rundlichem Schä⸗ del, kurzer, kegelförmiger Schnauze, hängenden, langzottigen Ohren, kurzen Beinen. (Canis familiaris lasiotus.) Hieher gehören: 1. Der große Wachtelhund oder ſpaniſche Seidenhund (Canis extrarius) mit langen ſeidenartigen, wellenförmigen Haaren, deſſen kleine Abarten Geſellſchaftshunde ſind, wie namentlich die folgenden: Das Bologneſerhündchen aus Malta (Canis melitacus), ſehr klein, mit ſanft gelocktem Haare, meiſt weiß; ein ehemals beliebter, jetzt fel- tener Schooßhund. Das Löwen hündchen (Canis leoninus); der engliſche Wach— telhund (Canis crispus) mit glattem Haare, kleinem rundlichen Kopfe und großen, klaren Augen. Der Pyranne (Canis flammeus), dem vorigen ähn⸗ lich, an der Schnauze, unter den Augen, am Halſe und an den Schenkeln feuer⸗ farbig gezeichnet. Endlich der Angoriſche Hund. 2. Der ſpaniſche Wachtelhund (Canis hispaniolus), meiſt weiß mit braunen Flecken, oder braun mit weißen Abzeichen, mit langen und brei- ten Behängen, als Jagdhund gebraucht, häufig aber auch als Stubenhund gehalten. 3. Der Pinſcher (Canis griphus) , mittelgroß, glatthaarig mit ein- geſenkten Naſenbeinen, ſpitziger Schnauze, etwas hohen, zarten Beinen. 4. Der Pudel (Canis aquaticus) mit langem wie Schafwolle gefräu- felten Haare, länglichem Kopfe, kurzer Schnauze, gewölbter Stirne, breiten hängenden Ohren, dickem, gedrungenen Leibe, kurzen Füßen, weiß oder ſchwarz von Farbe. Er ift der klügſte und treueſte Hund, ein guter Schwim⸗ mer und Taucher. 5. Der Zwergpudel (Canis aquaticus minor). 6. Der calabreſiſche Hund (Canis calabricus) in den Abruzzen. 7. Der Neufundländer (Canis terrae novae), groß, mit dicker Schnauze, hängenden Ohren, langen ſeidenartigen Haaren und einer Art Schwimmhaut zwiſchen den Zehen. Er iſt ſehr gelehrig, hält unter allen Hun⸗ den am längſten im Waſſer aus, und ſchwimmt mit großer Leichtigkeit und Kraft. 87 Dritte Rage: Wind: und Blut⸗Hunde mit länglichtem Schä⸗ del, lang kegelförmiger Schnauze und hängenden Ohren (Canis familiaris laniarius). 45 7 1. Der Windhund (Canis familiaris grajus), mit langer zugeſpitzter Schnauze, ſchlankem, dünnen Leibe, gewölbtem Rücken, hohen Beinen, wei- chen, kurzen Haaren. Varietäten desſelben ſind: der große irländiſche, der zotthärige türkiſche, der rauhe oder ſchottiſche, der zottige ruſſiſche Windhund, endlich der kleine engliſche Windhund oder das Windſpiel (Canis lepora- rius), welcher Name auch auf die vorigen ausgedehnt wird. Die größeren Ars ten laufen gut und eignen ſich zur Hetze. Sie ſind nicht ſehr gelehrig noch an— hänglich, und lieben ſehr das Schmeicheln. 2. Der Fleiſcherhund, Metzgerhund, Hofhund (Canis lania- rius) mit dickem Kopfe, halb langen hängenden Ohren, aufwärts gerolltem Schwanze, hohen ſtarken Beinen, kurzem verſchiedenfarbigen Haare. Er iſt ſtark, muthig und anhänglich, wird zum Treiben des Schlachtviehes, der Schweine benützt und eigens abgerichtet. Zuchtvarietäten des ſelben find der Rüde, Saurüde (Canis aprinus) und Saufinder, Saubeller (Canis suillus). 3. Die ägyptiſchen, berberiſchen, türkiſchen und griechi— ſchen Hunde (Canis aegyptiacus nudus) von ſchlankem Bau mit nackter, glatter, ſchwarzer oder auch brauner Haut. Vierte Rage: Waid⸗, Jagd⸗, Wild⸗Hunde (Doggen), welche einen rundlichen, mit Knochenleiſten verſehenen s fam Schnauze, sh herabhängende Ohren und Lippen haben. e Wr Tan 1. Der Dachshund (Canis vertagus) mit langem a kurzen, dicken Beinen, hängenden Ohren. Von ihm gibt es mehrere Zuchtvarietäten und Spielarten. Die mit auswärts gebogenen Vorderbeinen eignet ſich zur Fuchs⸗ und Dachsjagd. 2. Der Jagdhund (Canis venaticus), der das Wild auf der Fährte verfolgt und durch ſtetes Anſchlagen feinen Fund anzeigt. Varietäten desſelben find: Der Parforcehund (C. v. crassirostris anglicus), der Lauf⸗ hund, der das Wild ſo lange verfolgt, bis es ermüdet ift, und der Leit— hund, der den Aufenthalt des Wildes ausſpüren ſoll; ferner der Schweiß⸗ hund (Canis sanguinarius), der dem Blute (Schweiße) verwundeter Thiere nachgeht; der dickſchnauzige Jagdhund, Hühnerhund (C. v. erassirostris major), weiß und verſchieden gefleckt, hochbeinig, glatthaarig, 88 mit langem Behänge, geſtrecktem Leibe. Die Abarten der Hühnerhunde zeich— nen ſich durch Gelehrigkeit, Klugheit und Behendigkeit aus, ſind zur Jagd, beſonders zum Stehen vor dem Wilde (Vorſtehhunde) geeignet, doch nicht ſehr treu. Der Tigerhund, Bracke (C. v. bracca), mit zahlreichen, kleinen ſchwarzen oder braunen Flecken auf weißem Felle, kürzerer Schnauze und fúr- zeren Ohren als der vorige, und längeren, etwas ſtärkeren Beinen. Er iſt munter, lebhaft, ſpringt gut, eignet ſich mehr zum Fangen, als zum Auf— ſpüren des Wildes. 3. Der eigentliche Hühnerhund (Canis venaticus crassirostris avicularis sive medius), aus dem nördlichen Italien ſtammend, wo er zuerſt gezogen wurde. 4. Der Mops (Canis fricator), klein, dick, rundköpfig, mit unna⸗ türlich verkürzter Schnauze und eng ſpiraliſch gewundenem Schwanze. Obwohl er weder gelehrig, noch beſonders treu, übellaunig und feig iſt, war er ehe— dem ein beliebter Stubenhund, wird aber jetzt immer ſeltener. 5. Der Bullenbeißer, Bärenhund, Bulldogge (Canis mo- lossus), mittelgroß, mit breitem, dicken Kopfe, kurzer, hoher, zuweilen gez ſpaltener Schnauze, hängender Unterlippe, vorſtehendem Unterkiefer, weiten Naſenlöchern, tückiſchem Blicke, kurzen, halbaufrechten Ohren, breitem, dicken Halſe und eben ſolcher Bruſt, ſchmalem Hintertheile, kurzen fleiſchigen Glie— dern, dünnem, aufwärts gekrümmten Schwanze. Muthig, kampfluſtig, Hartz näckig das Ergriffene feſthaltend, im Allgemeinen dumm und faul, wohl an⸗ hänglich ihrem Herrn, aber auch gegen ihn oft rauh und mürriſch. Sonſt Flei- ſchern und Gefängnißwärtern dienend, kommen ſie immer mehr in Mode und ſind allenthalben verbreitete Luxushunde. 6. Die engliſche Dogge (Canis familiaris mastivus, Kammer- hund), dem vorigen ähnlich aber größer, der Leib etwas länger, nicht ſo ge— drungen, die Haare kurz, dicht, ſtraff anliegend. Naturell und Gebrauch, wie beim vorigen; durch Stärke, Wachſamkeit, Treue und Muth ausgezeichnet. +7 7. Die Sankt Bernhards⸗Hunde (Canis sancti Bernardi) durch ihre Größe, kurze breite Schnauze, und die Geftalt der Ohren dem Doggen ähnlich, aber durch das lange zottige Haar und das kluge Auge ver— ſchieden, und durch jene Intelligenz über fie erhaben, welche es ermöglichte, daß ſie den edelſten Zwecken, die man je bei der Dreſſur irgend welcher Thiere vor Augen hatte, entſprachen, und Lebensretter für die in den Schnee— 89 feldern der Alpen Verunglückten wurden. Es ift zu bedauern, daß fie feit 1816 ausgeſtorben ſind. §. 59. Lebensart, Fortpflanzung, Wachsthum und Alter. Der zahme Hund kann wieder in den wilden Zuftand übergehen. Der verwilderte Hund iſt klein, dem Wolf an Geſtalt ähnlich, aber demſelben nicht freundlich. Die Lebensweiſe des Haushundes iſt jedoch viel von jener der wilden Hunde verſchieden. Obgleich er, wie ſchon das Gebiß andeutet, von Natur ein Fleiſchfreſſer iſt, ſo hat ſich doch kein Thier in ſolchem Maße an jede Art Futter gewöhnt, indem er gewöhnlich nur von gemiſchter Nahrung, in Grönland ganz von Fiſchen, in der Südſee nur von Pflanzenſtoffen lebt. Selbſt Aas verſchmäht er in manchen Fällen nicht. Die Stimme des Hundes heißt Bellen, das zuweilen in eine Art Heulen übergeht. Die hoch entwickelte Seelenthätigkeit, die Gelehrigkeit, Treue, die Schnelligkeit, Stärke und der ſcharfe Geruch, wodurch fih die einzelnen Nagen mehr weniger auszeichnen, ſind bei der Schilderung dieſer letztern ſchon erwähnt worden. Der Gang der Hunde iſt unbeſtimmt, ſie laufen meiſt ſchief, ſchwitzen kaum, beriechen andere Hunde am After, piſſen, wenn ſie mit Bekannten ſind, wiederholt nach einander. Die Erwachſenen verrichten dies, indem ſie ein Hinterbein heben, die jung en Männchen und die Hündinen aber, indem bi ſich ſtrecken und den Hinterleib dem Boden nähern. Der Geſchlechtstrieb äußert ſich beim Hunde fehen zu Ende des erz ften Jahres, und zwar ſehr Hertig, Der männliche Hund oder Rüde iſt im⸗ mer geſchlechtsluſtig, die Hündin beſonders Anfangs Winter oder im Frühling. Wegen der eigenthümlichen Bildung der Geſchlechtstheile, der mangelnden Saamenbläschen, dauert die Begattung lange, oft einige Stunden; das von einem Knochen geſtützte männliche Glied ſchwillt an der Eichel knotenförmig an, und wird von einer ähnlichen Schwellung der Scheide umfangen. Die Dauer der Trächtigkeit beträgt 9 Wochen oder 63 Tage, die Zahl der Jungen gewöhnlich 3— 5, ſelten bis 12 oder 14. Sie kommen blind zur Welt, indem die Pupillarhaut nach der Geburt noch vorhanden iſt, und erſt nach 10—12 Tagen ſchwindet. Mit 4—6 Wochen brechen in der Regel die Schneidezähne und die Haken— zähne, ebenſo mit 4—5 Wochen der 2., 3. und im Unterkiefer der 4. Baden- zahn aus. Mit 3—4 Monaten wechſeln die Zangen: und Milchmittelzähne und —.— — | sun i — eea i — I- ie W W i 12 ö — ... a 8 ———————————— . N a T 4 | $ E. ; I f 1 p f t nn EEE a i 2 Pp ² A EHE CCC Cc 90 der erſte Backenzahn (Lückenzahn), der ein bleibender iſt, tritt hervor. Im 4.— 5. Monate brechen die bleibenden Fleiſch⸗ oder Reiß zähne aus, hierauf wechſeln auch die Eckſchneidezähne. Im 5.—6. Monate wechſeln die Haken⸗ zähne, der 2., 3. und 4. Lückenzahn; um dieſe Zeit bricht auch der vorletzte Backenzahn (der erſte Mahlzahn) durch, und gegen das 6. bis in das 7. Jahr der letzte Backenzahn (der 2. Mahlzahn). Nicht ſelten findet man gleichzeitig die bleibenden und die Milchſchneidezähne neben einander liegen, indem die letzteren weiter nach innen gedrängt ſind, bis ſie zuletzt ausfallen. Im 1. Jahre werden die dreilappigen Zangen abgerieben, im 2. Jahre die Mittelzähne, im 3. die Eckſchneidezähne, ſo daß im Allgemeinen, je nach Race und Fütterung verſchieden, mit 3—4 Jahren die ſcharfen Ränder der Schneidezähne abgeſtumpft ſind. An den mit 3 Spitzen verſehenen Backenzähnen ift zuerſt die vordere, dann die hintere Spitze abgerieben, ſo daß nur noch die mittlere höchſte Spitze hervorragt, was in der Jägerſprache mit dem. Ausdrucke: „der Hund zeigt das zweite — das dritte Feld,“ bezeichnet wird. Im höheren Alter lockern fih die Zähne und fallen mit 10—12 Jahren nach und nach aus. Der Hund wächſt bis ins dritte Jahr. Seine Lebensdauer beträg 15—20 Jahre. Durch ſeine vielfachen Leiſtungen wird der Hund für den Menſchen eines der nützlichſten Hausthiere. Seine Klugheit, ſein Gedächtniß und ſeine Anhäng⸗ lichkeit eignen ihn vor allen andern Thieren vorzugsweiſe zum angenehmen Be⸗ gleiter, treuen Freunde und Gefährten des Menfchen, ſeine Aufmerkſamkeit und Wachſamkeit empfiehlt ihn als Hüter von Haus und Hof, die Schärfe ſei⸗ nes Geruches und Gehörs, ſowie ſeine Schnelligkeit zum Gebrauche auf Jag⸗ den der verſchiedenſten Art. Die Hirtenhunde bewachen, ſchützen und leiten die Heerden, die Fleiſcherhunde treiben das Schlachtvieh; in vielen Gegenden, na⸗ mentlich in Norddeutſchland, Flandern, in den Schneefeldern des kalten Erdgür⸗ tels und andern Orten dient der Hund als Zugthier, nicht ſelten gebraucht man ihn zur Bewegung von kleineren Maſchinen (Tretrad u. dgl.). Das Fleiſch der gemäſteten jungen Hunde war ſchon bei den alten Römern und iſt jetzt noch bei manchen Völkerſtämmen der anderen Welttheile beliebt. Auch ſeine Haut wird verarbeitet, obwohl das Leder nicht ſehr geſchätzt iſt. Anhang. Der Vollſtändigkeit wegen kann hier auch noch der Katze er- wähnt werden, welche gleich dem Hunde zur Abtheilung der Zehengänger ge— hört. Sie unterſcheidet ſich aber von demſelben durch den kurzen Kopf mit 91 rundlicher Schnauze, die rauhe Zunge, die kurzen, ſpitzigen Ohren, durch das Gebiß (indem ſie oben 4, unten 3 Backenzähne beſitzt, wovon die vorderen 2 immer Lückenzähne find), ſodann durch die zurückziehbaren, mit ſcharfen Krallen verſehenen, hakenförmig gekrümmten Zehen, von welchen ſie vorne 5, hinten 4 hat. Die Beine ſind gleichmäßig hoch, der Hals kurz und dick, der Schwanz lang oder mäßig lang. Zu derſelben Gattung mit der Hauskatze gehören die wilde Katze und der Tiger, welche alle geſtreift ſind, ferner die ungefleckten Löwen, die dunkel⸗ geringelten Panther, und die gefleckten mit Ohrenpinſeln verſehenen Luchſe. Die Hauskatze (Felis domestica) fol von der Nubiſchen Katze (Felis maniculata, nach Nüppel) abſtammen, fie zeigt vielfach die Eigenſchaften wilder Katzen, und verwildert auch leicht. Sie ändert ſowohl nach der Größe, als der Beſchaffenheit und beſonders der Farbe der Haare, Ihre wichtigſten Nacen find: 1. Die getigerte Katze (Felis domestica vulgaris) oder Cypern- katze, grau mit ſchwarzen Streifen. In Cypern. 2. Die Karthäuſerkatze CF. d. coerulea) mit langen, feinen, dun⸗ kelgrauen Haaren, ſchwarzen Lippen und Fußſohlen. 3. Die ſpaniſche Katze (F. d. hispanica), ſchwarz, weiß und roth⸗ gelb, die Weibchen meiſt nur mit 2 dieſer Farben gefleckt, Lippen und Soh⸗ len fleiſchfarbig. m 4. Die Angoriſche Katze F. d. angorensis) mit langen ſlberweißen Haaren, Lippen und Sohlen wie bei der vorigen. Die Katzen ſind nicht wie die Hunde jagende, ſondern lauernde Raubthiere und erhaſchen ihre Beute im Sprunge. Wild leben ſie in Europa's und Aſien's Wäldern von kleineren warmblütigen Thieren. Die zahmen Haben fih an verz ſchiedenartige Nahrung gewöhnt. Das Männchen heißt Kater, das Weibchen Katze, auch Kätzin, ihre Stimme Miauen. Sie werden im 2. Jahre mannbar, die Brunft tritt 2— 3mal, meiſt Ende Herbſt oder Anfangs Frühling ein. Das Weibchen iſt geiler, die Begattung für dasſelbe nicht ohne Schmerzen. Es trägt 50—56 Tage und wirft meiſtens 5—6 blinde Junge, die erft gegen den 9. Tag ſehen, ſäugt fie 3—4 Woch en und iſt gegen dieſelben ſehr zärtlich und vorſorgend. Die Lebens dauer beträgt 8 - 10 Jahre. — r a W m N ORTE 222. . OS * . ET - `. 8 PP i ET aA a 3 T N T ET 1 E l 1 1 f m 1 84 a i 1 „ ae a gene 55 eee 7 * PP PPDPP nhalt. Erſtes Hauptſtück. Allgemeine Vorbegriffe. . Von der Naturgeſchichte überhautill Vom Thierreich überhaupt und der Eintheilung desſelben . „Die Säugethiere überhaupt und ihre Eintheilung Die Hausſäugethiere insbeſonderrkdrtrtrttu en Gattungen und Arten der Hausſäugethiereeee Unterarten oder Nacen der Hausſäugethiere im Allgemeinen. . Entftehung und Erhaltung der Nacen „Kennzeichen und Benennungen der Ragen Unterabtheilung der Racen . Zweites Hauptſtüch. Naturgeſchichte der einhufigen Hausthiere. 10. Die Pferdegattung und ihre Arten RR 11. Das eigentliche Pferd, feine Organiſation, sin Nutzen 12. Geſchlechtsliches Leben, Wachsthum und Alter 13. Das wilde, verwilderte und zahme Pferd . . we 14. Das edle und das gemeine Pferd . . . 5 Die Raçen der Pferde überhaupt 16. Die Pferderagen Aſiens 17. Die Pferderacen in Afrika . 18. Europäiſche Pferderagen: a) Engliſche Mae 19. b) Pferde im ſüdweſtlichen Europa 20. c) Franzöſiſche Pferde S EN > O O A Q I = * 21. d) Niederdeutſche und däniſche Pferde . 22. e) Nordiſche und rufſiſche Pferde . 23. f) Türkiſche Pferde 24. g) Pferde der öſterreichiſchen e 25. Amerikaniſche Pferde . R l Zweite Art der Pferdegattung und igre Bafarbe Drittes Rauptſtüch. Naturgeſchichte der zweihufigen Hausthiere. Die zweihufigen Hausthiere oder Wiederkäuer überhaupt Gattungen derſelben Erſte Abtheilung. Uaturgeſchichte des Rindes. . Organiſche Grundzüge und Arten } Das zahme Rind, feine Heimat, Lebensweiſe = 8 1. Geſchlechtsleben, Wachsthum und Alter Vortheilhafte Körperformen Die Racen des zahmen Rindes a) Das graue Landvieh. . b) Das rothe Landvieh. E . c) Das ſchwarz' weiß gefleckte Vieh der Niederungen d) Die roth- oder ſchwarzſcheckigen Gebirgsragen . e) Die braunen und braungrauen Gebirgsragen Die Mittelracen des zahmen Rindes . Spielarten oder Varietäten FR 41. Verſchiedene andere ausländiſche Rinder. 8. 8. $ $. $. 8. $. §. S. 8. $ 8. 8 * Zweite Abtheilung. ; Uaturgeſchichte des Scha kes. §. 42. Gattung und Arten des Schafes . ; S. 43, Lebensweiſe, Fortpflanzung, Alter des Schafes 8. 44. Vortheilhafte Körperform, Beſchaffenheit der Wolle §. 45. Die Nacen der zahmen Schafe «e §. 46. Hauptracen. a) Filzwollige Rage §. 47. b) Glanzwollharige Rage §. 48. c) Spaniſche Raçen. Merinos §. 49. Mittelracen und fremdläudiſche . . — > — — udn. u ee Ra SE e Í E * i i \ Dritte Aötheilung. Uaturgeſchichte der Ziegen. Gattung, Arten und Racgen der Ziege Lebensweiſe, Fortpflanzung und Alter Benützung der Ziege A Viertes auptſtück. Naturgeſchichte der vielhufigen Hausthiere. Die Borſtenthiere und die Gattung des Schweines Lebensweiſe, Wachsthum, Alter und Benützung. Die Racen der Schweine Fünftes Hauptſtück. Naturgeſchichte des Hundes. . 56. Die fleiſchfreſſenden Zehengänger überhaupt 57. Die Hundegattung und ihre Arten . 3: 58. Nacen und Spielarten des zahmen Hundes 59. Lebensart, Fortpflanzung, Wach sthum und Alter nhang. Die Katze und ihre Ragen Gedruckt bei A. Pichler's Witwe & Sohn.