rt ante lin Bi KIEHEINN BRBERSR ehren NEHDT RN EN eh She Ne- Br H {er Er nn . kit Erle " a f “ BE RT ran hr IRURRENL Bi IN HRSdK h Sant ine N det ‘ Hit \ HI iM KORSIWEIESR/E OPIPE FOR EDVCATION FOR SCIENCE LIBRARY OF THE AMERICAN MUSEUM OF NATURAL HISTORY Bound at lA.N.N.H A40Aan A { ABHANDLUNGEN DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHE KLASSE SIEBENUNDZWANZIGSTER BAND IN DEK KEIHE DEK DENKSCHRIFTEN DER LXXXVI, BAND MÜNCHEN 1916 VERLAG DER K. BAYER. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN IN KOMMISSION DES G. FRANZ’SCHEN VERLAGS (J. ROTH) Inhalt des XXVII Bandes. ı Über den mikroskopischen Nachweis von Oxydase in Gewebsschnitten mit einen Anhang über Vitalfärbung von Narl Kriegbaum . Die Entwieklung des Viseeralskelettes bei Testudo graeca. II. Die Ent- sichlung des IHyobranehialapparates und des Kehlkopfes von Otto Bender (mit 6 Tateln und 19 Abbildunsen im Text) Ersebnisse der Forschunesreisen Prof. E. Stromers in den Wüsten Agyptens. II. Wirbeltier-Reste der Baharije-Stufe (unterstes Cenoman). 1. Einleitung und 2. Libveosuchus von Ernst Stromer (mit 1 Doppeltafel) Nonforme Abbildung des ganzen Erdellipsoids auf die Kugel von Wilhelm Deimler (int 2 Tafel) Aus den wissenschaftlichen Ergebnissen der Merzbacherschen Tian-Schan- Expeditionen. Die Gebirgsgruppe Bogdo-Ola im östlichen Tian-Schan von Gottfried Merzbacher unter Mitarbeit von P. (rroeber und mit Beiträgen von G. Glungler. Fr. Lex. Jul. Schuster, Maurice Leriche, Otto M. keis und Boris Fedtschenko (mit 3 Tafeln Karten, 24 Tafeln: Licht- drucken von Panoramen ete., sowie Profilen und einer Seite Diagrammen ’. Johann Heinrich Lamberts Monatsbuch mit den zugehörigen Kommentaren, sowie mit einem Vorwort über den Stand der Lambertforschung, heraus- gegeben von K. Bopp (mit 2 Tafeln) Seite 1—44 1—71 1—16 1—71 1—330 1— 54 Abhandlungen der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften Mathematisch - physikalische Klasse XXVIL. Band 1. Abhandlung Über den mikroskopischen Nachweis von Oxydase in Gewebsschnitten mit einem Anhang über Vitalfärbung von Karl Kriegbaum Vorgelegt am 4. Juli 1914 München 1914 Verlag der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Kommission des G. Franzschen Verlags (J. Roth) Einleitung. Die histologische Technik hat sich in den letzten Dezennien zu einem umfangreichen Gebäude entwickelt und man kann ruhig behaupten, daß die Fortschritte auf rein morphologischem Gebiete dadurch sehr erfreuliche Re- sultate aufzuweisen haben. Andererseits muß freilich auch zugegeben werden, daß gerade deshalb in der Erforschung mikrobiologischer Fragen, d.h. in der mikroskopischen Untersuchung biologischer und chemischer Vorgänge an der überlebenden Zelle lange Zeit ein bedauerlicher Stillstand eingetreten war. Es mag dies vielleicht verwunderlich erscheinen, wenn man bedenkt, daß schon vor mehr als 25 Jahren Ehrlich in seiner genialen Arbeit über das „Sauerstoffbedürfnis des Organismus“ an dem Beispiel der Zellatmung gezeigt hat, welche Menge von interessanten Problemen hier noch der Erklärung harren. Leider ist der von Ehrlich angezeigte Weg in der folgenden Zeit nicht allzu häufig weiter verfolgt worden; der Hauptgrund für diese be- fremdende Tatsache mag wohl in der Schwierigkeit der Technik, welche hier stets die Untersuchung lebend frischer Organe voraussetzt, liegen. In der neueren Zeit hat sich nun in dieser Hinsicht ein bemerkenswerter Umschwung vollzogen, und die Literatur von heute, welche sich mit der Untersuchung von Lebensäußerungen der Zelle befaßt, ist umfangreich und auf den ersten Blick erdrückend geworden. Vor allem lassen sich bis jetzt drei Methoden unterscheiden, welche sich mit der mikroskopischen Prüfung vitaler Eigenschaften der Gewebe befassen: Die erste besteht in dem Nachweis der topographischen Verteilung der oxy- dierenden Fermente in den einzelnen Gewebsbestandteilen, die zweite prüft das Verhalten des lebenden Organismus gegenüber gewissen Farbstoffen (Vital- färbung), die dritte endlich bringt das überlebende Gewebe mit Farbstoffen zusammen und sucht auf diesem Wege neue Gesichtspunkte zu gewinnen (Supravitalfärbung). In der Tat ist auch bereits durch diese drei Methoden 1* 4 eine beträchtliche Menge neuer Tatsachen zu Tage befördert worden, wenn auch zugegeben werden muß, daß wir dabei noch vielfach mit unerklärten und bis jetzt unverständlichen Erscheinungen zu rechnen haben. Als Hauptzweck der vorliegenden Arbeit habe ich es erachtet, zunächst für die bei der ersten Methode verwendeten Reagentien gewisse allgemeine Gesichtspunkte und Kriterien aufzustellen, die es ermöglichen, die Brauchbar- keit eines neuen Reagens von vorneherein abzuwägen. Es erschien mir dies um so wünschenswerter, da in letzter Zeit dem älteren Schulze-Winklerschen Reagens ein neues von Unna hinzugefügt wurde, welches in vielen, und wie es scheint grundsätzlich wichtigen Punkten, gänzlich abweichende Resultate gibt. Es soll daher an Hand der im allgemeinen Teil gefundenen Kriterien an zweiter Stelle untersucht werden, ob und wie weit das Unnasche Reagens den aufgestellten Forderungen entspricht. Als Anhang sollen sodann einige neue Beobachtungen aus dem Gebiete der Vitalfärbung (und zwar mit den neuen sauren Vitalfarbstoffen) folgen. Allgemeiner Teil. Kriterien über die Verwendungsfähigkeit eines Reagens zum Nachweis von Oxydase. Bei dem mikroskopischen Nachweis von Oxydationsvorgängen in den Zellen und Geweben hat man zwei Möglichkeiten des Geschehens in Betracht zu ziehen: Entweder kann eine Oxydation zustande kommen durch den noch „intra vitam“ in den Zellen gespeicherten Sauerstoff, oder aber es wird der das Präparat umgebende Luftsauerstoff durch fermentative Wirkung der Zellen zur Oxydation des verwendeten Reagens herangezogen. Es frägt sich nun, ob es möglich ist, mittels unserer Sauerstoffreagentien diese beiden Arten der Oxydation nachzuweisen und, was noch viel wichtiger ist, auch vor allem von einander abzutrennen, zu unterscheiden, ob in dem einen Falle diese oder jene Art von Oxydation vorliegt. Die Möglichkeit, daß sich in einem lebend warm entnommenen und sofort untersuchten Organstückchen noch Reste des intra vitam gespeicherten Sauer- stoffes finden, ist jedenfalls nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen; auch Unna gibt dies zu (15): „Ich möchte durchaus nicht in Abrede stellen, halte es vielmehr für so gut wie sicher, daß das überlebende Gewebe an den Sauer- stofforten noch Reste des intra vitam dort aufgespeicherten Sauerstoffes enthält.“ 5 Ob es freilich gelingt, denselben mikrochemisch nachzuweisen, erscheint mir sehr unwahrscheinlich, es sei denn, daß man die ganze Untersuchung etwa in einem von Sauerstoff freien Gase vornehmen könnte, was aber rein technisch auf große Schwierigkeiten stoßen würde; nur so könnte man die zweite in Betracht kommende Möglichkeit ausschalten, daß nämlich der umgebende Luftsauerstoff, durch fermentative Wirkung der Zellen aktiviert, die Oxydation des Reagens bewirkt. Günstiger liegen die Verhältnisse da, wo es sich handelt um den Nach- weis eben dieser letztgenannten Oxydationsmöglichkeit, nämlich um Oxydase- wirkung. Wenn es nämlich gelingt, ein Reagens zu finden, welches sich dem Luftsauerstoff gegenüber indifferent verhält oder nur äußerst langsam von demselben oxydiert wird, so sind wir unter Heranziehung aller übrigen Kri- terien (Zerstörung der ÖOxydasewirkung durch Hitze, Protoplasma-Gifte) bei positivem Ausfall der Reaktion wohl berechtigt, im gegebenen Fall eine Oxydase- wirkung anzunehmen. Es soll nun im folgenden versucht werden, die Frage zu erörtern: Welche Eigenschaften muß ein Reagens besitzen, um wirklich zum mikroskopischen Nachweis von Oxydase brauchbar zu sein? Als selbstverständlich und nicht zu umgehen soll hier die eine Forderung vorangestellt werden, daß sich der Eintritt einer Reaktion im mikroskopischen Bild nur dann nachweisen, d. h. für das Auge sichtbar machen lassen wird, wenn damit die Bildung eines Farbstoffes verbunden ist (oder event. auch wenn wenigstens ein deutlicher Umschlag in der Färbung zustande kommt; diese letztere Möglichkeit wäre theoretisch wohl auch denkbar, kommt jedoch bei allen bisherigen Reagentien nicht in Betracht, da die verwendeten Leuko- verbindungen alle nahezu farblos sind). Es handelt sich somit stets zunächst um farblose Verbindungen, welche sich in reduziertem Zustande befinden und dann durch Aufnahme von Sauerstoff in die dunklere, farbige Oxydationsstufe übergeführt werden. Hieran schließt sich ohne weiteres die Frage, inwieweit der aus dem Reagens gebildete Farbstoff event. selbst die eigentliche Oxydasereaktion beein- flußt, mit anderen Worten: ob der Farbstoff wirklich am Orte seiner Oxydation liegen bleibt oder etwa nachträglich an andere Stellen durch Diffusion hin- gelangt; bildet doch die Grundlage unserer ganzen histologischen Technik gewissermaßen die eine Erfahrungstatsache, daß verschiedene Farbstoffe auch nur zu verschiedenen, spezifischen Gewebsbestandteilen eine Affinität besitzen und niemals alle Teile des Gewebes gleichmäßig färben. Es liegt auf der Hand, daß diese im übrigen so wertvolle Eigenschaft in dem speziellen Falle, 6 wo es sich um den Nachweis von Oxydationsvorgängen handelt, die topo- graphisch genau lokalisiert werden sollen, sehr unerwünscht ist. Denn ange- nommen, das verwendete Reagens gelangt nun in Form des reduzierten Leuko- farbstoffes an irgend einen Gewebsbestandteil, der imstande ist, oxydierend zu wirken, so wird momentan wirklich an dem Orte des Geschehens eine Reaktion auftreten; wenn nun aber der durch Oxydation eben gebildete Farbstoff nicht Affinitäten zu dem Ort seiner Entstehung besitzt, so wird er alsbald durch Diffusion in das übrige Gewebe austreten und Stellen aufsuchen, zu welchen er größere Affinität besitzt; wir können also nicht ohne weiteres den Ort, an welchem wir im mikroskopischen Bild eine Färbung wahrnehmen, mit dem Orte der stattgehabten Oxydation identisch erklären. Ist es nun denkbar, daß auch die Leukoverbindung eines Farbstoffes, ähnlich wie eine farbige Oxydationsstufe Affinitäten zu bestimmten Gewebs- bestandteilen besitzt? Diese Fragestellung könnte wohl unter Umständen ebenso von Bedeutung sein für die Brauchbarkeit eines Reagens auf Oxydationen. Diese Möglichkeit scheint bisher noch wenig in Betracht gezogen worden zu sein, ich finde in der Literatur nur eine diesbezügliche Angabe bei Michaelis „Einführung in die Farbstoffchemie“. Dieser spricht sich allerdings für das Gegenteil aus. Gelegentlich seiner Bemerkungen über die vitale Färbung des Nerven mit Methylenblau heißt es daselbst: „... Das Leukomethylenblau hat aber keine spezifische Verwandtschaft zu den Nervenfasern und diffundiert deshalb in das Gewebe hinein“. Ich möchte hier Veranlassung nehmen, eine Beobachtung mitzuteilen, welche doch mehr für das Gegenteil spricht; wenn es richtig ist, daß das Leukomethylenblau ganz allgemein ausgedrückt zu irgend welchen Gewebsbestandteilen keine Verwandtschaft besitzt, so muß es auch gelingen, dasselbe aus dem Gewebe ebenso leicht wieder auszuwaschen, als es in dasselbe eingedrungen ist, soferne man nur seine vorzeitige Oxy- dation zu dem blauen Farbstoffe verhindert. Dies läßt sich durch folgende Versuchsanordnung erreichen: Ein Gefrierschnitt eines frischen Organs wird für kurze Zeit (1 Minute) in eine Lösung von Leukomethylenblau gebracht, so daß er sich mit demselben imbibieren kann. Der Auswaschung der unver- änderten Leukobase stehen nun zwar insofern Schwierigkeiten entgegen, als selbst destilliertes Wasser immer noch genügend Luftsauerstoff enthält, um während Vornahme dieses Prozesses eine teilweise Oxydation zu bewirken; man kann aber diese Schwierigkeit leicht dadurch umgehen, daß man dem Waschwasser eine Spur einer reduzierenden Substanz (z. B. Hydrosulfit) zusetzt. Hat man nun den Gewebsschnitt in diesem Wasser gründlich ausgewaschen und setzt ihn jetzt der Einwirkung der Luft auf dem Objektträger aus, so zeigt 7 sich bald eine zunehmende Blaufärbung des Schnittes, die sich unter dem Mikroskop als eine distincte Färbung einzelner Gewebsbestandteile erweist. Ich kann mir dieses Resultat nur so deuten, daß eben das Leukomethylenblau von bestimmten Teilen des Gewebes in irgend einer Weise, sei es nun physikalisch oder chemisch, fester gebunden war, so fest, daß es an diesen Stellen der Aus- waschung standhielt; denn wäre es durch die Wasserbehandlung überall gleich- mäßig extrahiert worden, so könnte nachträglich keine Bläuung mehr auftreten. Doch abgesehen von diesem praktischen Versuche, der nur dazu beitrug, meine anfängliche Vermutung zu bestärken, scheint es mir auch theoretisch ganz plausibel, daß ein Leukofarbstoff Affinitäten zu Gewebsbestandteilen besitzt. Zur näheren Erläuterung mögen an dieser Stelle einige wichtige Punkte der Farbstoffchemie vorausgeschickt werden. Die Eigenfarbe eines organischen Körpers der aromatischen Reihe (denn nur diese Farbkörper kommen für unsere Zwecke in Betracht) ist geknüpft an die Anwesenheit eines bestimmten Atomkomplexes, man bezeichnet diesen als „chromophore Gruppe“, weil er gewissermaßen die Farbe in sich trägt. Es gibt mehrere solche chromophorer Gruppen, doch liegt es nicht im Rahmen dieser Betrachtung, sie einzeln aus- zuführen; als Beispiel möge hier nur die „Azogruppe“ angeführt werden: — N=N-—. Also zwei dreiwertige Stickstoffatome, deren beide freie Valencen an je einen Benzolring gebunden sind. Die chromophore Gruppe macht den aromatischen Körper zum „Chromogen‘“, d. i. zum gefärbten Körper, nicht aber zum Farbstoff; während nämlich letzterer die Eigenschaft besitzt, andere Körper mit seiner Lösung zu färben, ist dies beim Chromogen nicht möglich. Das Chromogen wird zum Farbstoff erst durch den Hinzutritt der „salzbil- denden Gruppe“; wie es verschiedene chromophore Gruppen gibt, so lassen sich auch verschiedene salzbildende Gruppen unterscheiden, und zwar saure und basische. Die Konstitution der verschiedenen salzbildenden Gruppen soll hier übergangen werden, das Wesentliche für die vorliegende Untersuchung ist lediglich die eine Tatsache, daß erst die Anwesenheit einer salzbildenden Gruppe im Molekül des gefärbten Körpers diesem die Fähigkeit verleiht, andere Körper mit seiner Lösung zu färben. Die Fragestellung wird daher in unserem Falle lauten müssen: „Wird bei der Reduktion eines Farbstoffes zum Leuko- körper die salzbildende Gruppe zerstört oder bleibt sie bestehen?“ Ist das letztere der Fall, so ist die Annahme berechtigt, daß auch der Leukofarbstoff Affinitäten zum Gewebe besitzt. Um diese Frage zu beantworten, möge der Vorgang der Reduktion eines Farbstoffes an dem hier besonders naheliegenden Beispiel des Methylenblaues gezeigt werden; dieses leitet sich ab vom Thionin und besitzt die Formel: S AR | SI oo, — Methylenblau — Tetramethylthioninchlorid. Die Reduktionsstufe aller Farb- stoffe besteht nun nicht, wie man annehmen könnte, in der Abgabe von Sauer- stoff, sondern in der Aufnahme von H-Atomen. Demnach ergibt sich für das Leukomethylenblau (methylenweiß) die chemische Formel: (CH,N N/ EN N NICH), | | | | +01 IEFN EZ SSTT H Um nun die hierbei vor sich gehende Veränderung für unsere Frage- stellung richtig verwerten zu können, ist es nötig, auf die Konstitution des Methylenblaues noch mit einigen Worten zurückzukommen. Wie bereits oben erwähnt, leitet sich dasselbe ab vom Thionin. Das salzsaure Thionin besitzt die Formel: | | Es besitzt also zwei salzbildende Gruppen, wovon die eine Amidogruppe (NH,) frei bleibt, während die zweite sich zum Salz neutralisiert hat. Es ist dies ein für viele Farbstoffe typisches Verhalten, das sich in folgendem Satze aus- drücken läßt: Tritt zu dem Molekül eines Farbstoffes eine zweite salzbildende Gruppe, so zeigt dieselbe wenig Neigung, sich zum Salz zu neutralisieren. Aber in einer anderen Richtung macht sich die Anwesenheit einer zweiten salzbildenden Gruppe häufig geltend, indem sie die Farbnuance des betreffenden Farbstoffes vertieft und ihm eine größere Färbekraft verleiht, da er eben durch sie stärker basisch bzw. sauer wird. Man bezeichnet daher weitere hinzu- tretende, salzbildende Gruppen auch als „auxochrome Gruppen“. Substituiert man nun in der Formel des salzsauren Thionins die 4 an N gebundenen H-Atome durch Methylgruppen (CH,), so gelangt man ohne weiteres zur Formel des Methylenblaues (siehe oben). Als salzbildende Gruppen figurieren daher beim Methylenblau die beiden Dimethylamidogruppen N (CH,),. Wie bei der Amidogruppe, so erhält auch bei der Dimethylamidogruppe der N die Fähig- keit, zwecks Salzbildung von seiner dreiwertigen Form in die fünfwertige 9 überzugehen. Dementsprechend ist auch beim Methylenblau der auf der rechten Seite der Formel stehende N fünfwertig. Wenn wir nun nach diesen Erläuterungen die beiden Formeln des Methylen- blau und des Methylenweiß miteinander vergleichen, so zeigt sich, daß auch das letztere zwei salzbildende Gruppen enthält, welche nach den Gesetzen der Farbchemie die Fähigkeit, andere Körper zu färben, bedingen. Ich glaube daher annehmen zu dürfen, daß auch das Leukomethylenblau wohl Affinitäten zum Gewebe besitzt. Hingegen scheint es mir nicht ausgeschlossen, daß das- selbe gegenüber dem oxydierten Methylenblau etwas veränderte Affinitäten aufweist, wenn man nämlich in Betracht zieht, daß in der salzbildenden Gruppe auf der rechten Seite der Formel der N beim Methylenblau fünfwertig, beim Methylenweiß dagegen dreiwertig auftritt. Ich möchte diese Frage nicht abschließen, ohne noch ein anderes Bei- spiel gebracht zu haben, welches mit Sicherheit zeigt, daß ein Leukofarbstoff sehr wohl Affinitäten zum Gewebe aufweisen kann, während seine Oxydations- stufe sogar diese nicht besitzt. Der Indigo | 2 Es EN nen H H enthält zwar eine chromophore Gruppe C=C, doch haben die beiden NH-Grup- pen (welche bei anderen Farbstoffen sehr wohl als salzbildende Gruppen wirken können) in der Formel des Indigo keine Neigung, mit Säuren Salze zu bilden. Wenn man nun den Indigo reduziert, so geschieht dies wie bei allen Farb- stoffen durch Aufnahme von H-Atomen: „= HO\_ N H H Hierdurch werden dem Indigoweiß zwei salzbildende Gruppen (OH) verliehen, und tatsächlich wird nunmehr der Leukokörper von der Faser so fest ge- halten, daß auch der nachträglich oxydierte Farbstoff haften bleibt, während man bekanntlich mit Indigoblau keine Färbung erzielen kann, da dasselbe eben nur ein Chromogen darstellt. Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 1. Abh. 2 10 Aus dieser Überlegung ergeben sich ohne weiteres zwei wichtige Konse- quenzen: einmal muß bei der Wahl des zu verwendenden Reagens stets genau geprüft werden, inwieweit hier etwa spezifische Gewebsaffinitäten mitwirken, welche mit der eigentlichen Oxydase-Reaktion nichts gemein haben; anderer- seits muß aber auch hervorgehoben werden, daß gerade dasjenige Reagens als Ideal zu bezeichnen wäre, welches nur zu den oxydativen Fermenten der Gewebe Affinitäten besitzt. Leider wird nun gerade durch diese letztere Tatsache eine weitere Schwierigkeit zu der Beurteilung der ganzen Fragestellung hinzugefügt, denn was wissen wir heute über die chemische Konstitution der Zellfermente über- haupt Positives? Obwohl gerade in der letzten Zeit auf diesem Gebiet von zahlreichen Forschern sehr viel gearbeitet wurde, ist unser positives Wissen in dieser Hinsicht doch noch recht gering, davon zeugen am besten die ver- schiedenen zum Teil sich widersprechenden Theorien. Wird es unter solchen Umständen überhaupt möglich sein, zu. entscheiden, ob ein Reagens spezifische Affınitäten zu den Oxydationsfermenten besitzt? Fast scheint es undenkbar, bier Kriterien aufzustellen; dennoch möchte ich auf einen Punkt hinweisen, der mir von großer Bedeutung zu sein scheint. Bald nach dem Bekannt- werden der Indophenolblau-Reaktion von Winkler wurde von verschiedenen Seiten darauf hingewiesen, daß es sich möglicherweise um eine einfache Fett- färbung handeln könnte. Diese Ansicht erschien um so mehr plausibel, als das Indophenolblau schon früher von Herxheimer für die histologische Technik als guter Fettfarbstoff empfohlen worden war. In der Tat kann man auch bei der Ausführung der Indophenolblau-Oxydase-Reaktion die Beobachtung machen, daß sich dabei auch das Fett färbt. Ich habe jedoch stets gefunden, daß der Farbton des eigentlichen Fettes ein ganz anderer und wohl zu unter- scheiden ist von dem rein blauen Ton der wirklichen Oxydase-Granula, auch tritt die Färbung des Fettes immer erst etwas später auf, nachdem schon vorher die Granula ihren Farbton angenommen haben. Es ist dieser Vorgang ohne weiteres verständlich, wenn man bedenkt, daß sich nach kurzer Zeit in der Reaktionsflüssigkeit Spuren von Indophenolblau durch die energische Oxydase-Wirkung bilden, die dann natürlich von den Fettsubstanzen ge- speichert werden; doch glaube ich, daß es wohl immer gelingen wird, diese beiden Vorgänge von einander zu unterscheiden und das um so leichter, als uns im Sudan jeder Zeit eine treffliche Kontrollfärbung zur Verfügung steht. Schwieriger liegen die Verhältnisse dann, wenn es sich darum handelt, auch eine Färbung lipoider Substanzen auszuschließen. Die Möglichkeit, daß es sich bei Winklers Reaktion um eine Lipoidfärbung handelt, ist eingehend von 11 Dietrich (2) diskutiert worden, welcher zu folgender Anschauung gelangt: „Ist somit die Bildung des Naphtholblaues (Verfasser meint das Indophenolblau bei der Reaktion von Winkler, Naphtholblau ist dem Indophenolblau nicht gleich zu setzen und hat mit der Winklerschen Reaktion nichts zu tun!) zum wesentlichen Teil bedingt und gefördert durch eine überlebende Fähigkeit, bzw. fermentativ wirkende Substanzen in der Zelle, so läßt sich aus der Lokalisation der Färbung auf die Lagerung solcher wirksamen Bestandteile nicht schließen. Der gebildete Farbstoff wird vielmehr von den fettartigen Elementen aufgenommen, und wohl auch aufgespeichert“. Mit anderen Worten: Dietrich glaubt auf Grund seiner Untersuchungen annehmen zu müssen, daß es sich nur um eine Färbung lipoider Substanzen handle, daß die Orte der Farbstoffspeicherung nicht identisch seien mit dem Sitz der Oxydasewirkung. Er hat jedoch eine zweite Möglichkeit, welche wohl ebenso berechtigt ist, nicht in Betracht gezogen: Man könnte doch auch annehmen, daß die Zell- oxydase gerade an das Vorhandensein lipoider Substanzen gebunden ist. Daß eine derartige lipoide Hülle sehr wohl denkbar ist, lehrt uns ohne weiteres das Beispiel der roten Blutkörperchen, welche ja zwar mit der Zelloxydase nichts gemein haben, aber bei den Oxydationsvorgängen im Organismus doch eine wichtige Rolle spielen. Nun ist in letzterer Zeit eine sehr exakte, ex- perimentelle Arbeit von H. M. Vernon (20) erschienen, welche sich mit der „Abhängigkeit der Oxydasewirkung von Lipoiden“ eingehend befaßt. Ich halte dieselbe für wichtig genug, um einiges daraus wiederzugeben: „Nareotica lassen bis zu einer gewissen Konzentration die oxydierende Kraft der Gewebe unbeeinträchtigt oder erhöhen dieselbe. Bei größerer Kon- zentration des Narcoticums erleidet die Oxydase Schädigungen. Die doppelte oder dreifache Konzentration der Anfangswirkung zerstört sie vollständig. Gifte, abgesehen von lipoidlöslichen Stoffen, haben einen viel ausgedehnteren Wirkungsbereich auf die Oxydase. So ist die Formaldehyd-Konzentration, welche die Oxydase gänzlich inaktiviert, 1530 mal so groß wie die zuerst einwirkende. Die Konzentrationen der Narcotica, welche die Anfangswirkung verur- sachen, sind nur wenig höher als diejenigen, welche rote Blutkörperchen lack- farben machen. Daraus läßt sich die Folgerung ableiten, daß die Wirkung der Indophenoloxydase von Lipoiden abhängig ist, vielleicht von Lipoid- membranen, welche die Gewebsoxygenase und Peroxydase zusammen halten und ihre gemeinsame enzymatische Tätigkeit ermöglichen.“ Es ist klar, daß diese Resultate für unsere Fragestellung nach den Kri- terien des zu verwendenden Reagens von größter Bedeutung sind. Wenn es 9* 12 erwiesen ist, daß die Oxydasewirkung tatsächlich aufs engste mit lipoiden Substanzen verknüpft ist, so kommen als Reagens die lipoidlöslichen Farbstoffe bzw. deren Leukokörper in Betracht. Nun besitzen zwar zahlreiche Farbstoffe einen geringen Grad von Lipoidlöslichkeit, als eigentliche Fettfärber sind jedoch vor allem die indifferenten Farbstoffe zu bezeichnen. Als indifferente Farbstoffe faßt Michaelis alle diejenigen Farbstoffe zusammen, welche keine salzbildende Gruppe besitzen; es wären also hierhin auch die reinen Chromo- gene zu rechnen. Bezüglich des genaueren muß auf Michaelis verwiesen werden. Ferner zeigen fettfärbende Eigenschaften die sogenannten amphoteren Farbstoffe: Finden sich an einem Chromogen mehrere salzbildende Gruppen in der Weise, daß sich die sauren und die basischen Gruppen das Gleich- gewicht halten, so resultiert hieraus ein Farbstoff, welcher zugleich die Eigen- schaften der sauren und basischen Farbstoffe besitzt, der „amphotere Farb- stof“. Von dem Satz, daß das zu verwendende Reagens keine spezifischen Gewebsaffinitäten besitzen darf, wäre also die eine Ausnahme zu machen, daß Fettfärber unter Umständen sogar vorteilhaft sein können, nämlich unter der Voraussetzung, daß die Oxydasewirkung tatsächlich aufs engste verknüpft ist mit gewissen Substanzen von fettartiger Beschaffenheit. Für die Indophenol- oxydase scheint dieser Zusammenhang mit Lipoiden durch die oben zitierte Arbeit von Vernon so gut wie bewiesen. Endlich ist noch einer weiteren Forderung zu gedenken, welche meines Erachtens bei Ausführung der Oxydasereaktion nicht übersehen werden darf. Nakano (8) macht gelegentlich der Besprechung der Pappenheimschen Modifi- kation der ÖOxydasereaktion die Angabe, daß „alte Lösungen die Reaktion schneller und stärker“ herbeiführen. Ich möchte vor der praktischen Ver- wertung dieser Angabe warnen und sogar empfehlen, stets möglichst frisch bereitete Reagentien anzuwenden, und zwar aus folgendem Grunde: Schönbein hat meines Wissens zuerst darauf hingewiesen, daß Guajaktinktur und über- haupt die Phenolasereagentien bei Berührung mit dem Sauerstoff der Luft Peroxyde bilden. Bach (1) hat in neuester Zeit sich dahin ausgesprochen: „Die Phenolasereagentien — Guajaktinktur, Hydrochinon, Pyrogallol, Guajakol, Paraphenylendiamin usw. — gehören ausnahmslos zu den oxydierbaren Stoffen, die den molekularen Sauerstoff unter Peroxydbildung aufnehmen. Werden zum Nachweis der Peroxydase nicht frisch dargestellte, sondern teilweise oxy- dierte und daher bereits peroxydhaltige Reagentien verwendet, so wird das vorhandene Peroxyd durch die Peroxydase zur Oxydation des Reagens be- fähigt, wobei die Wirkung der Phenolase durch die des Systems Peroxydase —- Peroxyd vorgetäuscht wird. Auf richtig bereitete Reagentien übt Peroxy- 13 dase nicht die mindeste Einwirkung aus, so lange in diesen kein Peroxyd nachweisbar ist.“ Da nun wahrscheinlich die Peroxydase im Organismus häufig im innigen Zusammenhang mit Oxygenase vorkommt (Vernon nimmt eine Verbindung beider mittels einer lipoiden Hülle an), so ist es ohne wei- teres klar, daß alte peroxydhaltige Reagentien zu verwerfen sind, wo es sich um den mikroskopischen Nachweis von Oxydase handelt. Zusammenfassung. Aus obigen Betrachtungen lassen sich also folgende Forderungen für die Beschaffenheit eines Reagens auf Oxydase ableiten: I. Es muß die oxydierende Wirkung des molekularen Luftsauerstoffes aus- geschlossen werden können, d. h. die Oxydation des Reagens darf sich an der Luft nur sehr viel langsamer vollziehen, als an dem zu unter- suchenden Gewebsschnitt, da es sonst nie möglich ist, zu: unterscheiden, ob eine Oxydation auf Kosten der Gewebsoxydase oder eine einfache Oxydation durch den molekularen Luftsauerstoff vorliegt. II. Der als Reagens verwendete Farbstoff darf keine spezifischen Gewebs- affınitäten besitzen; insbesondere ist die Tatsache in Betracht zu ziehen, daß auch die Leukoverbindung eines Farbstoffes Affinitäten zu Gewebs- teilen besitzen kann, was aus der Beobachtung hervorgeht, daß z. B. Leukomethylenblau sich aus dem Gewebe nicht mehr auswaschen läßt. III. Von der eben aufgestellten II. Forderung ist eine Ausnahme zu machen, wenn es sich um Fettfärber handelt; da es nun so ziemlich erwiesen ist, daß die Oxydasewirkung an gewisse noch nicht näher bekannte Lipoidsubstanzen gebunden ist, so steht der Verwendung dieser Farb- stoffe nichts im Wege, soferne sie der Forderung I gerecht werden. IV. Das verwendete Reagens muß frei sein von Peroxyden, da sonst die in jedem Gewebsschnitt vorhandene Peroxydase in Reaktion tritt und möglicherweise die Wirkung der Oxydase vortäuscht. Dieser Forderung kann man jeder Zeit leicht dadurch genügen, daß man nur frisch bereitete Lösungen verwendet. Entspricht also ein Reagens diesen vier Bedingungen, so kann es (unter Heranziehung anderweitiger Kriterien für Oxydase, Verhalten gegen Hitze, Protoplasmagifte usw.) zur mikroskopischen Untersuchung auf Oxydase ver- wendet werden. Es soll nun im folgenden untersucht werden, inwieweit das Unnasche Rongalitweiß diesen Anforderungen entspricht. 14 Über P. G. Unnas Rongalitweiss. Rongalitweiß (aus Methylenblau durch Reduktion mit Rongalit entstanden) nennt Unna (15) ein von ihm empfohlenes Reagens zur Darstellung der „Sauer- stofforte“ des tierischen Gewebes. Schon in dem von Unna selbst gewählten Ausdruck der „Sauerstofforte“ liegt eine gewisse Reserviertheit, indem hier- durch (zunächst wenigstens) weder behauptet wird, daß es sich dabei um eine Oxydase-Reaktion handelt, noch über die Art und Weise der Sauerstoffbindung im Gewebe etwas bestimmtes ausgesagt ist. Im weiteren Verlauf seiner Unter- suchungen spricht sich jedoch Unna ziemlich bestimmt dahin aus, daß es sich bei seiner Reaktion insbesondere bei der Färbung der Kerne um eine Oxydase- wirkung handelt; so heißt es z. B. in Abschnitt 6 (Kritik der bisher befolgten Methode): „... Steht es nunmehr fest, daß die Sauerstofforte nicht oder wenigstens nicht nur als Sauerstoffansammlungen wirken, sondern als echte Katalysatoren, die den molekularen Luftsauerstoff zu aktivieren vermögen .. .“ Desgleichen in Abschnitt 11 (das Wesen der Sauerstofforte): „Die bisher ge- würdigten Tatsachen machen allerdings das Vorhandensein einer Oxydase im Kern in hohem Grade wahrscheinlich.“ Diese beiden Äußerungen sprechen sich immerhin so deutlich nach einer bestimmten Anschauung hin aus, daß es wohl berechtigt sein wird, nachzu- prüfen, ob die Unnasche Methode das leistet, was von einem derartigen Reagens verlangt werden muß; ich glaube mich dazu umsomehr berechtigt, da ein einfacher Vergleich der nach Unna erhaltenen Bilder mit dem Färbungs- resultat der Schultzeschen Oxydase-Reaktion die größten Gegensätze erkennen läßt. Es spricht ja diese Verschiedenheit der Resultate nicht ohne weiteres gegen eine der beiden Reaktionen, seit wir wissen, daß es im Körper nicht „die Oxydase“ sondern vielleicht sehr vielerlei Oxydasen gibt; immerhin bleibt aber diese Verschiedenheit der Reaktion erst recht ein Grund, welcher uns zur Vorsicht und zu kritischer Nachprüfung mahnt. Es muß auffallen, daß sich bisher so wenige Autoren mit der Nachprüfung der Unnaschen Reaktion befaßt haben, während die Schultzesche Oxydase-Reaktion schon so zahlreiche Bearbeitungen erfuhr. Erst in der letzten Zeit erschien eine eingehende Ar- beit von Oelze (10), welche gegen die Unnasche Reaktion Stellung nimmt; dieselbe enthält einige Versuche, welche auch ich bereits im Sommer vorigen Jahres in ähnlicher Weise ausführte und welche mich auch zu ähnlichen Schlüssen veranlaßten, wie sie Oelze in seiner Arbeit zieht. Leider war ich gezwungen, meine Untersuchungen in dieser Richtung auf längere Zeit zu 15 unterbrechen, so daß ich mich jetzt in einigen Punkten darauf beschränken kann, die übereinstimmenden Resultate Oelzes zu bestätigen und nur noch einzelne neue Beobachtungen hinzuzufügen. Zunächst soll nun versucht werden, klarzulegen, ob und wie weit das Unnasche Reagens den im allgemeinen Teile aufgestellten Forderungen entspricht. Die erste Bedingung, daß nämlich das Reagens dem molekularen Luft- sauerstoff gegenüber unempfindlich sein muß, scheint beim Rongalitweiß er- füllt zu sein. Es stellt sich nämlich dar als eine schwach gelbliche Lösung, welche auch bei langem Stehen an der Luft wenig Neigung zeigt, sich zu oxydieren; dennoch muß darauf hingewiesen werden, daß diese Unempfind- lichkeit nur eine scheinbare ist; in Wirklichkeit kann nämlich das reine Leuko- methylenblau nicht an der Luft bestehen, es oxydiert sich sofort zu dem blauen Farbstoff. Diese leichte Oxydierbarkeit ist im Unnaschen Reagens unterdrückt durch einen starken Überschuß des Reduktionsmittels Rongalit; wie bedeutend dieser Überschuß an reduzierender Substanz ist, geht am besten aus folgendem Versuch hervor. Die Originalvorschrift des Unnaschen Reagens lautet: Methylenblau . . . . 02 Kongaltt EDEN EN Salzsäure (25%) . . . 4 Tropfen Wassers RE BEN EROEO: Stellt man nun folgende zwei Lösungen her: I. 2°/oig wässer. Lösung von Methylenblau | entsprechend dem °/o Gehalt bei- II. 4°/oig wässer. Lösung von Rongalit | der im Unnaschen Reagens, so müßten bei entsprechendem HOCl-Zusatz gleiche Teile beider Lösungen zur Reduktion nötig sein; in Wirklichkeit genügen jedoch 7 Tropfen von Lösung I, um 2ccm von Lösung I nach entsprechender Ansäuerung und Erwärmen zur Reduktion zu bringen. Da nun 7 Tropfen der Lösung II erst knapp einem halben Kubikzentimeter entsprechen, so geht daraus hervor, daß im Unnaschen Reagens das Rongalit in einer reichlich viermal so großen Menge vorhanden ist, als sie zur Reduktion des vorgeschriebenen Quantums Methylenblau nötig wäre! Solche Mengen reduzierender Substanz können wohl kaum ohne Be- einträchtigung des Gewebes (es handelt sich doch um frische Organschnitte) angewendet werden, und es läßt sich schwer annehmen, daß die Zellen hier- durch nicht in ihrem vitalen Verhalten beeinträchtigt werden. Eine weitere Schwierigkeit liegt in der Wirkungsweise des verwendeten Reduktionsmittels begründet. Rongalit, das Natriumsalz der Sulfoxylsäure in 16 Verbindung mit Formaldehyd unterscheidet sich von anderen Reduktionsmitteln dadurch, daß es seine reduzierende Wirkung erst bei Temperaturen von 70 bis 80° entfaltet. Setzt man jedoch etwas Säure zu dem zu reduzierenden Farbstoff, so erfolgt die Reduktion bereits bei gewöhnlicher Temperatur. Die saure Reaktion hält also gewissermaßen die reduzierende Wirkung des Rongalit „aktiv“. Es ist dies ein zweites Moment, welches die Brauchbarkeit des Rongalitweiß beeinträchtigt; wird nämlich diese saure Reaktion durch Alkalien aufgehoben, so tritt momentan Blaufärbung auf. Man kann sich davon leicht überzeugen, wenn man auf Filtrierpapier einen Tropfen der sauren Rongalit- weißlösung bringt; man kann dieses Papier trocknen lassen, ohne daß eine Oxydation seitens der Luft eintreten würde; bringt man aber dazu eine Spur einer ganz verdünnten Natronlauge, so färbt sich die berührte Stelle augen- blicklich blau. Daß diese Tatsache auch Unna bekannt ist, geht aus einer anderen Arbeit dieses Autors hervor, in welcher er das mit Rongalitweiß imprägnierte Filtrierpapier als Reagens zur Prüfung des Oxydationsvermögens der Hautsekrete empfiehlt. Es heißt daselbst: „Alkalien bewirken ebenfalls eine Bläuung, aber (wie es scheint) nicht direkt, sondern indirekt. Wir haben nämlich in der Lösung neben Methylenweiß die freie Formaldehydsulfoxyl- säure, denn die gebildete Ameisensäure oder H,SO, bindet einen Teil des Natriums des Rongalit und macht etwas Säure frei. Diese stark reduzierende Säure vermag schon in der Kälte der Oxydation seitens der Luft das Gegen- gewicht zu halten. Wenn aber Alkali dazukommt und diese Säure bindet, so kann der Luftsauerstoff ungehindert seine oxydierende Wirkung entfalten. Also auch hier hat man darauf zu achten, ob die zu prüfende Substanz sauer oder alkalisch ist, da in letzterem Falle möglicherweise eine Oxydation seitens der Luft vor sich geht.“ Merkwürdigerweise erwähnt Unna diese Möglichkeit einer Fehlerquelle in seiner Arbeit über die „Sauerstofforte“ (15) mit keinem Wort. Ob die Alkalien die Bläuung (wie sich Unna ausdrückt) direkt oder indirekt bewirken, scheint mir für das Wesen der Reaktion ziemlich gleich- gültig zu sein und ändert nichts an der Tatsache, daß damit denı Reagens gewissermaßen eine neue unbekannte Größe hinzugefügt ist, welche die Be- urteilung der Oxydationsvorgänge mindestens erschwert. An zweiter Stelle war im allgemeinen Teil die Forderung aufgestellt worden, daß der verwendete Farbstoff keine spezifischen Affinitäten zu be- stimmten Gewebsbestandteilen besitzen darf. Es genügt hier wohl auf das Kernfärbungsvermögen und auf die Affinität zu Mastzellgranulis beim Methylen- blau hinzuweisen, um zu erläutern, daß dasselbe spezifische Affinitäten sehr . wohl besitzt; daß solche Affinitäten auch gegenüber lebendem und über- 17. lebendem Gewebe vorhanden sind, beweist weiterhin die vitale Nervenfärbung, sowie die Darstellung verschiedener Zellgranula durch Methylenblau bei vitaler Färbung. Endlich habe ich bereits im allgemeinen Teil gerade an der Hand des Methylenblaues zu zeigen versucht, daß wohl auch die Leukobase Gewebs- affinitäten besitzt. Es soll an dieser Stelle nur nochmals darauf hingewiesen werden, daß diese Annahme begründet wurde 1. durch das feste Haften des Leukomethylenblaues gegenüber Auswaschung und 2. durch die chemische Konstitution desselben. Andererseits scheint allerdings das Leukomethylenblau andere Affinitäten zum lebenden Gewebe zu besitzen, als das Methylenblau; wie endlich das Methylenblau zum fixierten Objekt (wie jeder andere Farb- stoff) sich grundsätzlich verschieden verhält, als zum lebenden, so ist dieses abweichende Verhalten auch vom Leukofarbstoff zu erwarten; in der Tat gibt ja auch der fixierte und mit Rongalitweiß behandelte Schnitt ein ganz anderes Resultat. Durch diese Überlegungen dürfte eine Reihe von Punkten, welche Unna für seine Annahme anführt, daß es sich bei der Rongalitweißmethode um eine Färbung der Sauerstofforte handelt, in Frage gestellt werden. Zu- nächst sucht Unna die Möglichkeit auszuschließen, daß es sich bei der Fär- bung der Kerne um eine gewöhnliche Kernfärbung handeln könnte, indem er die Frage aufwirft: „Ist es ausgeschlossen, daß sich während des nachherigen Auswaschens in (lufthaltigem) Wasser aus dem Rongalitweiß Methylenblau schon außerhalb des Gewebes bildet, welches dann natürlich sofort eine blaue Kernfärbung wie gewöhnlich bewirken würde?“ Diesen Einwand sucht Unna zu entkräften mit dem Hinweis darauf, daß dies bei richtiger Ausführung der Methode nicht möglich sei: „der Schnitt kommt direkt aus dem Rongalitweiß in ein größeres Schälchen mit destilliertem Wasser, in dem er rasch hin und her bewegt wird. Das überschüssige Methylenweiß, welches das Wasser dem Schnitt entzieht, mischt sich nun mit dem ebenfalls austretenden Rongalit- überschuß und wird ohne Entstehung einer Bläuung abgespült. Der Schnitt, welcher sich dabei allmählich stellenweise blau färbt, befindet sich mithin keinen Augenblick in einer von Methylenblau gefärbten Umgebung“. Damit ist allerdings der eine Einwurf entkräftet, daß das in dem Waschwasser ge- bildete Methylenblau als solches sekundär eine Kernfärbung bedingt; doch scheint mir diese Möglichkeit überhaupt ziemlich ferne zu liegen, daß erst das durch Oxydation außerhalb des Gewebes entstandene Methylenblau eine Kernfärbung bewirken könne. Wenn man andererseits annimmt (und zu dieser Annahme berechtigen die Ausführungen im allgemeinen Teil immerhin), daß das Leukomethylenblau wie das Methylenblau selbst von den Zellkernen be- gierig festgehalten wird, während es z. B. in anderen Gewebsbestandteilen nur Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 1. Abh. 3 18 locker sitzt, so ist es ohne weiteres klar, daß nach erfolgter Auswaschung (auch wenn genau nach Unnas Vorschrift vorgegangen wurde) ein Bild resul- tiert, das einer Kernfärbung mit Methylenblau vollständig entspricht. Wenn man sich also auf den immerhin ebenso berechtigten Standpunkt stellt, daß die Leukokörper von Farbstoffen ebenfalls Gewebsaffinitäten besitzen können, so wird die obige Beweisführung Unnas ihre Kraft verlieren müssen. Einen weiteren Beweis für seine Behauptung, daß die Kernfärbung keine gewöhnliche Methylenblaufärbung sei, sucht Unna in der „besonderen Empfind- lichkeit der Färbung, die der gewöhnlichen Färbung mit Methylenblau nicht zukommt“. Diese besondere Empfindlichkeit äußert sich nach Unna in der „Vernichtung der Sauerstofforte durch Hitze, neutrale Salze, Alkohol, Phenole und andere Protoplasmagifte“. Demgegenüber ist zu erwähnen, daß es auch bei der gewöhnlichen Methylenblaufärbung von großem Unterschied ist, ob man die Färbung am überlebenden oder an einem durch chemische oder physikalische Agentien alterierten oder gar abgetöteten Gewebe vornimmt. Warum sollte nicht auch das Leukomethylenblau gegenüber lebendem und totem Gewebe sich verschieden verhalten? Ich glaube, daß gerade hierin der wichtigste Fehler der Rongalitweißmethode zu suchen ist. Die dritte der im allgemeinen Teil aufgestellten Forderungen war die, daß der als Oxydase-Reagens verwendete Farbstoff der Gruppe der indifferenten Farbstoffe angehören soll; begründet wurde die Forderung einerseits durch die Tatsache, daß die Oxydasewirkung nach den neuesten Untersuchungs- ergebnissen aufs engste geknüpft ist an gewisse Lipoidsubstanzen und daß andererseits gerade die indifferenten Farbstoffe sich durch Lipoidlöslichkeit auszeichnen. Das Methylenblau mit seinem ausgesprochenen basischen Charakter entspricht natürlich dieser Forderung nicht. Hiergegen wäre nun allerdings ein Einwand zu machen: Das Methylenblau eignet sich bekanntlich (wie auch viele andere basische Farbstoffe) sehr gut zur Supravitalfärbung; es lassen sich damit vor allem die Leukocytengranulationen am unfixierten Abstrich- und Schnittpräparat darstellen. Nun spielt aber nach den neueren Anschau- ungen bei der Supravitalfärbung gerade die Farbstoffspeicherung in lipoiden Membranen eine wichtige Rolle; nach Pappenheim (11) u. a. handelt es sich hier „um eine Speicherung basischer Farbstoffe in (der lipoiden Hülle) der präformierten Granulationen“. Nun zeigt aber das Methylenblau selbst keine Löslichkeit in lipoidlösenden Stoffen; schüttelt man eine gesättigte wässerige Lösung von Methylenblau mit etwas Chloroform durch, so nimmt dasselbe zwar meist eine leichte Färbung an, die jedoch nur auf Verunreinigungen des Farbstoffes zurückzuführen ist. Es scheint also hier ein Widerspruch zu be- 19 stehen zwischen der Lipoidunlöslichkeit des Methylenblaues einerseits und seiner Fähigkeit supravital die lipoiden Hüllen der Granulationen zu färben, andererseits. Es ist das Verdienst von Överton (9), diese Frage geklärt zu haben; er hat gezeigt, daß Lecithin, Protagon und ÜOerebrin in sehr verdünnten Lösungen der basischen Anilinfarben suspendiert, diese Farbstoffe reichlich speichern. Man kann nun eben diese basischen Farbstoffe auch in Chloroform, Benzol, etc. zur Lösung bringen, wenn sich darin eine der drei genannten Verbindungen in Lösung befindet. Daraus geht hervor, daß die gespeicherten Farbstoffe in Form einer starren Lösung vorhanden sein müssen. „Die Speiche- rung ist nichts anderes als die Verteilung des Farbstoffes zwischen einem flüssigen und einem festen Lösungsmittel, wobei das letztere das viel größere Lösungsvermögen für die betreffenden Farbstoffe besitzt“ (Overton). Es könnte nun nach diesen Erwägungen den Eindruck machen, daß die oben von mir aufgestellte Forderung, daß für die Oxydase-Reaktion die indifferenten und amphoteren Farbstoffe in erster Linie in Betracht kommen, überflüssig wäre; demgegenüber ist zu bemerken, daß gerade den indifferenten Farbstoffen die in diesem Falle so wertvolle Eigenschaft zukommt, außer ihrer Lipoidlöslich- keit keine spezifischen färberischen Qualitäten gegenüber dem Gewebe zu be- sitzen. Es soll diese Frage weiter unten nochmals beleuchtet werden bei Besprechung einer neuen Reaktion mit Indigoweiß. Der 4. Forderung für ein Oxydase-Reagens, daß es nämlich keine Per- oxyde enthalten soll, kann auch beim Unnaschen Reagens leicht nachgekommen werden, indeın eben nur frisch bereitete Lösungen verwendet werden. Einige Betrachtungen über die mit Rongalitweiss erzielten Färbungsresultate. Versuch: Man bringt in das Unnasche Rongalitweiß einen beliebigen Schnitt eines lebend-frischen Organes und gleichzeitig damit ein ebenso großes Stückchen reines Filtrierpapier. Wenn man nun beide Objekte gleichzeitig genau nach Unnas Vorschrift weiter behandelt, so zeigt sich, daß der Gewebs- schnitt wie das Filtrierpapier sich in der gleichen Zeit blau färben, es ist also keine beschleunigende Wirkung der Gewebsoxydase im Verhältnis zur gewöhnlichen Luftoxydation bemerkbar, man müßte denn annehmen, daß auch im Filtrierpapier sich ähnliche oxydierende Fermente befänden, was freilich ein Unding ist. Dieser Versuch zeigt vielleicht am deutlichsten, daß die hohe Empfindlichkeit des Leukomethylenblaues gegen molekularen Luftsauerstoff beim Rongalitweiß nur momentan verdeckt ist durch den bedeutenden Über- 3* 20 schuß an reduzierender Substanz und saurer Reaktion, daß sie aber sofort zu- tage tritt, wenn diese Faktoren beim Auswaschen im Brunnenwasser aus- geschaltet werden. Auf diese Tatsache ist in letzter Zeit auch von Oelze(10) hingewiesen worden, welcher schreibt: „Färben wir nun ein Stück in destil- liertem Wasser eingeweichtes Filtrierpapier in Rongalitweiß in der Unnaschen Weise, so dokumentiert sich dieses durch die eintretende intensive Färbung als ein Sauerstoffort ersten Ranges.“ Das wichtigste scheint mir dabei der Befund zu sein, daß sich das Filtrierpapier ebenso rasch färbt, wie der Ge- websschnitt, daß wir also auch umgekehrt nicht berechtigt sind, die Färbung des Gewebsschnittes auf Oxydasewirkung zurückzuführen. Weiterhin möchte ich mit einigen Worten auf die von Oelze (10) be- schriebene „primäre Sauerstoffärbung“ eingehen, da dieselbe auch von mir beobachtet wurde. Oelze schreibt: „Die Schnitte bleiben also nach Unna im Rongalitweiß ungefärbt.“ Gerade das Gegenteil habe ich gefunden. Lest man eine Gefrierschnitte in Rongalitweiß, so sieht man klar und deutlich, daß die Schnitte in der typischen Farbe des Farbstoffes gefärbt wird. Diese Färbung ist nicht etwa schwach, sondern auffällis und kräftig, eigentlich gar nicht zu übersehen. Nach einiger Zeit verschwindet sie wieder... .“ Bei meinen ersten Versuchen, welche ich vor einem Jahr mit Rongalitweiß aus- führte, habe ich bereits ein derartiges Verhalten beobachtet, aber nach dieser Richtung hin nicht weiter verfolgt, da es mir nicht wahrscheinlich erschien, daß sich daraus irgend welche wichtigen Konsequenzen ziehen lassen würden. Nachdem nun von anderer Seite, wie es scheint, diesem Vorgang eine größere Bedeutung beigemessen wird, möchte ich wenigstens. eine diesbezügliche Notiz aus meinen früheren Versuchsprotokollen an dieser Stelle wiedergeben. Versuch: Frische Milz vom Kaninchen; ein Gefrierschnitt kommt auf 2 Minuten in Rongalitweiß B. Es tritt sofort eine leichte Blaugrünfärbung der Pulpa auf, während die Follikel weiß bleiben; nach Ablauf einer Minute ist die Färbung wieder verschwunden. Daß die Färbung „auffällig und kräftig“ sei, wie dies Oelze gefunden hat, konnte ich nicht beobachten, dieselbe war im Gegenteil so schwach, daß ein klares Bild unter dem Mikroskop nicht zu gewinnen war. Ich verzichtete daher auch des weiteren auf eine mikroskopische Kontrolle dieses Vorganges. Zur Deutung der Erscheinung wären zunächst zwei Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, einmal könnte es sich handeln um Reste des intra vitam gespeicher- ten Sauerstoffes, welcher momentan einen Teil des in dem Reagens vorhandenen Leukomethylenblaues zur Oxydation bringt; wahrscheinlicher jedoch scheint es zu sein, daß eben bei der vorhergegangenen Prozedur (Übertragen des 21 Schnittes in das Rongalitweiß) Spuren von Luftsauerstoff vom Gewebe in irgend welcher Weise gebunden (und vielleicht auch aktiviert) wurden. Daß die Färbung dann alsbald wieder verschwindet, darf nicht Wunder nehmen, nach- dem schon oben nachgewiesen wurde, in welch reichlichem Überschuß das reduzierende Rongalit in dem Reagens vorhanden ist. Oelze scheint sich bei seinem Erklärungsversuch der ersteren Anschauung zuzuneigen, wenn er schreibt: „Durch den Sauerstoff, welcher sich in der Schnitte befindet, bzw. welcher durch die in dem Gewebe enthaltenen Fermente aktiviert wird, wird eine entsprechende Quantität der Leukobase in den Farbstoff zurückverwandelt.“ Ob es sich tatsächlich um den bereits in dem Gewebe vor dem Tode vor- handenen Sauerstoff handelt, ließe sich eigentlich nur dann mit Sicherheit entscheiden, wenn es gelingen würde, die ganze Prozedur unter Ausschluß der Luft vorzunehmen, was jedoch praktisch genommen auf fast unüberwind- liche Schwierigkeiten stößt. Ich möchte an dieser Stelle einen Versuch einschalten, der vielleicht ge- eignet ist, die ganze Erscheinung noch anders zu erklären. Die von Oelze zuerst beschriebene „primäre Sauerstoffärbung“ läßt sich nämlich auch ohne Anwesenheit von lebendem Gewebe gewissermaßen „in vitro“ nachahmen. Als ich mich mit dem chemischen Verhalten des Rongalitweiß näher befaßte, suchte ich unter anderem auch die Wirkung von Wasserstoffsuperoxyd fest- zustellen und erhielt dabei ein eigenartiges Resultat, wie der folgende Versuch zeigen soll: Man bringt in ein Reagensglas einige ccm des Unnaschen Rongalitweiß, das man zweckmäßig mit dem gleichen Volumen destillierten Wassers ver- dünnt. Gibt man nun dazu aus einer Pipette ca. 1 ccm Wasserstoffsuperoxyd, so kann man alsbald beobachten, wie eine deutliche grünblaue Verfärbung des Reagens auftritt; diese Färbung bleibt jedoch nicht bestehen, nach 30 Se- kunden bis höchstens 1 Minute ist sie verschwunden, an ihre Stelle ist wiederum der leichtgelbliche Farbton des Rongalitweiß getreten. Damit ist jedoch die Reaktion noch nicht beendet. Wartet man nun noch eine weitere Minute, so kann man leicht beobachten, wie sich an der Oberfläche der Flüssigkeitssäule ein intensiv blauer Ring bildet, der sich zusehends nach unten in der Flüssig- keit ausbreitet, bis man endlich nach ganz kurzer Zeit eine tief dunkle Flüssigkeit vor sich hat, welche nunmehr genau der Farbe einer konzentrierten Lösung von Methylenblau entspricht. Gleichzeitig mit dem Auftreten der 2. Bläuung macht sich ein unangenehmer, intensiver Schwefelgeruch bemerk- bar. Die ganze Erscheinung zerfällt also in drei wohl getrennte Abschnitte: Zunächst nach dem Zusatz von Wasserstoffsuperoxyd die primäre Bläuung, 22 dann folgt ein Moment der totalen Entfärbung, woran sich nach kurzer Zeit die zweite definitive und viel intensivere Bläuung anschließt. Es ist sehr naheliegend, diesen ganzen Vorgang mit der von Oelze beschriebenen „pri- mären und sekundären Sauerstoffärbung“ in Vergleich zu bringen. Die Aehn- lichkeit ist noch um so größer, als auch bei dem Versuche „in vitro“ die primäre Bläuung wesentlich schwächer ausfällt, und der erzielte Farbton ein mehr grünlicher ist, als bei der zweiten definitiven Bläuung; es verhält sich nämlich die erste Bläuung zu der zweiten, sowohl was ihre Intensität als auch was den Farbton betrifft, genau so, wie die primäre Sauerstoffärbung eines Schnittes zur sekundären. Wie wäre nun diese auf den ersten Blick gewiß seltsame Erscheinung des Hin- und Herschwankens eines Farbstoffes zwischen seiner Leukobase und seiner gefärbten Oxydationsstufe zu erklären? Daß das an und für sich sehr leicht oxydierbare Leukomethylenblau durch Zufügen von Wasserstoffsuperoxyd momentan sich oxydiert, ist ja leicht verständlich; ebenso ist es auch be- greiflich, daß sich dann das in so großem Überschuß vorhandene Rongalit geltend macht und das eben gebildete Methylenblau nochmals reduziert. Wie erklärt sich aber die nunmehr folgende energische zweitmalige Oxydation ? Ich denke, daß hiefür der alsbald auftretende Schwefelgeruch einen wichtigen Fingerzeig geben dürfte, er deutet auf nichts anderes hin als auf eine ein- getretene Zersetzung des in dem Reagens vorhandenen Rongalit. Wenn aber der Überschuß an Rongalit vollends unwirksam geworden ist durch den Zu- satz von Wasserstoffsuperoxyd, so ist es ohne weiteres verständlich, daß der umgebende Luftsauerstoff nunmehr seine Wirkung entfaltet und die Leukobase energisch oxydiert. Wenn wir nunmehr die aus dem Reagenzglasversuche gewonnene An- schauung auf die Reaktion am Schnittpräparat übertragen, so wären hieraus folgende Schlüsse zu ziehen: Der den Schnitt vor dem Einlegen umgebende Luftsauerstoff wird von gewissen Gewebsbestandteilen unter Peroxydbildung aufgenommen. Nun wirkt der Peroxydsauerstoff beim Einlegen des Schnittes auf die Leukobase und bringt dieselbe zum Teil zur Oxydation („primäre Sauerstoffärbung“ nach Oelze). Alsbald macht sich der reduzierende Einfluß des überschüssigen Rongalits geltend: Reduktion. Weiter kann nun zunächst beim Schnittpräparat die Reaktion nicht vor sich gehen, da die minimalen Mengen Peroxydsauerstoffes, welche ein dünner Gewebsschnitt enthält, ver- braucht sind; bringt man nun aber den Schnitt in (lufthaltiges) Brunnenwasser, so kann von neuem Peroxydbildung stattfinden, und diese ist nun ihrerseits leicht imstande, die jetzt nur mehr in kleiner Menge im Schnitt vorhandene 25 Rongalitmenge zu überwinden (sekundäre Sauerstoffärbung). Was aber aus diesen Beobachtungen für die Beurteilung und Wertschätzung der ganzen Unnaschen Reaktion hervorgeht, ist die Tatsache, daß dieselbe durchaus nicht als ein so einfacher und leicht überblickbarer Vorgang anzusehen ist, und daß sie vor allem nicht als eine Oxydase-Reaktion im strengen Sinne aufge- faßt werden darf. Loele(7) gibt in seiner Theorie der Oxydasefärbung fol- gende Definition: „Wenn in einem System vorhanden sind: 1. oxydierende Substanzen, 2. Leukoverbindungen, die durch aktiven Sauerstoff in Farbstoffe umge- wandelt werden, 3..H;0;, so ist die Oxydation der Farbstoffe abhängig: l. von der Natur der oxydierenden Substanzen, 2. von der Natur und Konzentration der Leukoverbindung in wässeriger Lösung, 3. von der Konzentration des H,O, (starke Lösungen hemmen), 4. von der Temperatur, 5. von der Anwesenheit chemischer Körper, die an sich nicht oxydieren, aber selbst leicht oxydierbar sind (Aldehyde, Phenole), 6. von der Anwesenheit anderer chemischer Körper (Salze, Alkohole usw.).“ Nun enthält aber das Unnasche Reagens eine Leukoverbindung, die zu ihrer Oxydation nicht des aktivierten Sauerstoffes bedarf, sondern schon durch den molekularen Luftsauerstoff zum Farbstoff umgewandelt wird; daneben befindet sich in der gleichen Lösung in starkem Überschuß eine stark redu- zierende Substanz, das Rongalit; es ist klar, daß durch diese Kombination die Beurteilung des ganzen Vorganges sehr erschwert wird. Dennoch möchte ich mich nicht der radikalen Anschauung Öelzes anschließen, der „die ganze Rongalitweißfärbung für eine einfache Färbung durch Methylenblau* hält. Jedenfalls sind die beiden Erscheinungen der primären und sekundären Bläu- ung streng auseinanderzuhalten in Hinsicht auf ihr Zustandekommen. Die Möglichkeit, daß die primäre Bläuung durch einen fermentativen Prozeß zu- stande kommt, scheint mir wohl diskutabel; dagegen dürfte die sekundäre Bläuung in dieser Richtung nicht gut verwertbar sein, da der Reagenzglas- versuch gezeigt hat, daß das Rongalit durch peroxydartige Verbindungen jedenfalls eine tiefgreifende Umwandlung erfährt, so daß nunmehr die Leuko- base leicht oxydiert werden kann. 24 Es sollen nun noch einige andere Färbungsresultate mit Rongalitweiß besprochen werden: Am frischen Blut läßt sich die „primäre Bläuung* am schönsten verfolgen; man bringt auf einen Objektträger einen Tropfen Blutes und gibt dazu möglichst wenig Rongalitweiß. Das Ganze wird nun mit Deck- glas eingedeckt und umrandet. Man beobachtet sofort schon makroskopisch eine intensive Bläuung. Unter dem Mikroskop zeigt sich alsbald, daß die Bläuung von den gefärbten roten Blutkörperchen herrührt; nur muß auf- fallen, daß nicht alle Erythrocyten die Farbe angenommen haben, sondern daß ein Teil derselben absolut ungefärbt ist, während andere das tiefste Blau zeigen. An den übrigen Formelementen des Blutes (sowohl Leukocyten wie Lymphocyten) läßt sich nicht die geringste Färbung wahrnehmen, sie sind vielmehr überall als helle glänzende Kugeln zwischen dem ebenfalls leicht blauen Plasma sichtbar. Nach kurzer Zeit kann man nun beobachten, wie das Blau der Erythrocyten immer mehr abblaßt, die reduzierende Wirkung des Rongalits macht sich geltend. Was bei dem Versuche am auffallendsten ist, dürfte die Erscheinung sein, daß sich die Kerne an dem frischen Blut- präparat absolut nicht färben, während doch am frischen Gewebsschnitt gerade die Kernfärbung am augenfälligsten hervortritt. Auffallen muß fernerhin, daß an den Leukocyten keinerlei Granula zur Darstellung kommen. Ich habe nun weiterhin versucht, die Reaktion auch am Blutausstrich zu prüfen. Am unfixierten, nur lufttrockenen Ausstrich läßt sich dieselbe leider nicht durch- führen, da alle Elemente sofort von der Unterlage gelöst und fortgeschwemmt werden, wohl aber genügt ein ganz kurzes Formoldämpfen (15 Sekunden) um den Ausstrich genügend am Öbjektträger haften zu lassen, so daß man die Reaktion samt nachfolgendem, gründlichem Auswaschen genau wie beim Schnittpräparat vornehmen kann. Bei dieser Methode fiel mir vor allem auf, wie ungleich die Resultate an den einzelnen Präparaten angehen, obwohl sämtliche auf die gleiche Weise behandelt wurden. So waren z. B. in der Regel die Erythrocyten gänzlich farblos; dann trat plötzlich an einem Prä- parate eine ziemlich deutliche, blaugrüne Färbung derselben auf, ohne daß an der Technik der Ausführung etwas geändert worden wäre. Ebenso konnte ich manchmal eine Kernfärbung der Leukocyten beobachten, während sie in anderen Fällen ausblieb. Nur das färberische Bild der Lymphocyten blieb sich stets gleich: Kern ausgespart, nahezu farblos und ohne irgend welche Struktur; Protoplasma als schmaler dunkler Saum sichtbar, von feinsten staub- förmigen Granulis erfüllt, mit einzelnen dunkleren größeren Granulis. Bei einigen wenigen Lymphocyten findet man der runden Form eigentümlich auf- sitzende halbkugelige Gebilde, die in der Mitte meist eine helle Vakuole er- a Be Fu 25 kennen lassen (Kunstprodukte?),. Es ist mir trotz vieler Bemühungen und zahlreicher Versuche nicht gelungen eine Erklärung für diese eigenartigen Färbungsdifferenzen zu finden; manchmal wollte es mir scheinen, als ob eine Änderung in der Einwirkungsdauer der Formoldämpfe von Einfluß wäre, indem bei möglichster Abkürzung der Formolisierung die Färbung der Ery- throcyten begünstigt wurde, doch dürfte dieses Moment jedenfalls nicht bei der wechselnden Kernfärbung der Leukocyten in Betracht kommen, so daß ich es vorziehe, auf Erklärungsversuche in dieser Hinsicht zu verzichten. Jedenfalls werden die mitgeteilten Resultate geeignet sein, auch in dieser Hinsicht zu großer Vorsicht in der Verwertung der Unnaschen Rongolitweiß- Methode zu mahnen. Den „Sauerstofforten an Formalinpräparaten“ hat Unna in seiner Arbeit ein eigenes Kapitel gewidmet. Ich möchte auch hierzu einige Bemerkungen machen, da ich bei der Nachprüfung vielfach zu widersprechenden Resultaten gelangte. So heißt es in dem Versuchsprotokoll S. 22: „Organe des Kaninchens: Sofort nach dem Tode in Formalin gelest. Nach 5—6 Stunden mit CO,-Schnee vereist und geschnitten, 2 Minuten in Rongalitweiß. Niere: Stark gebläut sind die Kerne der Glomeruli, der geraden Harnkanälchen und der Schleifen. Dagegen sind die Epithelien der gewundenen Harnkanälchen und deren Kerne nahezu farblos. Daher treten bei schwacher Vergrößerung die Nierenpapille und die Glomeruli blau hervor, während die Rinde im allgemeinen farblos und nur abwechselnd blau gestreift erscheint. Erythrocyten ungefärbt.“ Dagegen erzielte ich an der Niere des Kaninchens nach Formalinfixierung nahezu das Gegenteil: Schon makroskopisch fiel an dem Schnitt der Kontrast zwischen der fast farblosen Papille (vgl. Unna) und der blauen Rinde auf. Mikroskopisch zeigte sich, daß sämtliche Sammelkanälchen fast ungefärbt waren, während die in den Kapillaren gelegenen, vereinzelten Erythrocyten tief blaugrün tingiert waren (dagegen Unna: Erythrocyten ungefärbt!). Man könnte nun vielleicht annehmen, daß die Niere bei meinem Versuch nicht lange genug in Formol fixiert war; dies trifft jedoch nicht zu. Auffallend ist ferner die Tatsache, daß in den größeren Blutgefäßen der Nierenrinde die Erythrocyten keine Farbe angenommen hatten. Hingegen sahen an einem formolfixierten Lebergefrierschnitt die Kapillaren wie injiziert aus von den dunkelblau-grün gefärbten Blutkörperchen. Was das verschiedene Verhalten der Erythrocyten in Nierenpapille und in den Gefäßen der Rinde betrifft, so möchte ich noch bemerken, daß sich bei längerem Verweilen des Schnittes in Brunnenwasser eine eigentümliche „Verschiebung des Farbstoffes in der Weise geltend macht, daß nunmehr derseibe aus den Erythrocyten heraus in das Abh.d.math.-phys. Kl. XXVII, 1. Abh. 4 26 umgebende Gewebe diffundiert und hier eine deutliche Kernfärbung hervor- ruft, während in den Kapillaren der Papille jetzt kein einziges gefärbtes rotes Blutkörperchen mehr zu sehen ist. Dagegen bemerkt man in der Nierenrinde, daß die vorher ungefärbten Erythrocyten der großen Gefäße nun einen schön grünen Farbton angenommen haben. Über die formolfixierte Milz schreibt Unna: „Protoplasma der Milzzellen stark blau, Kerne ungefärbt. Stärkste Färbung in den Milzknötchen. Erythrocyten ungefärbt.“ Auch hier erhielt ich abweichende Resultate. Wenn man die Milz noch während des Auswaschens in Wasser bei Lupenvergrößerung betrachtet, so fallen ohne weiteres die Milzfollikel als helle Punkte auf. Bei mıkroskopischer Untersuchung bestätigt sich, daß gerade die Milzfollikel am schwächsten ge- färbt sind. Als dunkle Punkte treten in ihnen nur die wiederum tief dunkel- blaugrünen Erythrocyten hervor. Bei längerem Verweilen in Wasser macht sich die gleiche „Verschiebung“ bemerkbar: Die Erythrocyten haben ihre in- tensive Farbe abgegeben und die Lymphocyten sind jetzt so stark tingiert, wie dies bei einer gewöhnlichen Methylenblaufärbung der Fall ist. Ich glaube daraus schließen zu dürfen, daß das Methylenblau während der Wasserbehand- lung des Schnitts die eigentlichen Orte seiner Entstehung verläßt und durch Diffusion in diejenigen Gewebsbestandteile gelangt, zu welchen es chemische Affinitäten besitzt. Es ist dies gewiß ein weiterer Punkt, welcher zu großer Vorsicht in der Bewertung der mit Rongalitweiß erzielten Resultate mahnt. Das Ergebnis dieser Versuche veranlaßte mich ferner, zu prüfen, inwie- fern etwa der Blutgehalt der Organe die Reaktion beeinflußen könnte. Ich wurde dabei vor allem von dem Gedanken geleitet, daß wiederholtes Gefrieren- lassen und wieder Auftauen das Blut lackfarben macht; mit anderen Worten: daß das Hämoglobin aus den Blutkörperchen austritt, eine Tatsache, die ja der Physiologie längst bekannt ist. Da nun die zu untersuchenden Organe auf dem Gefriermikrotom einem solchen Prozeß unterworfen werden, so schien es mir wohl berechtigt zu prüfen, ob dabei Hämoglobin in die Gewebe dif- fundiert, dieselben imprägniert, und so etwa oxydierende Eigenschaften der Gewebe vortäuscht, welche in Wirklichkeit auf Kosten des Hämoglobins zu setzen sind. Zur Entscheidung dieser Frage wurde einem eben getöteten Kaninchen eine Kanüle in den linken Ventrikel gebunden und nach Eröffnung des rechten Vorhofes unter konstantem Druck eine auf Körpertemperatur er- wärmte physiologische Kochsalzlösung so lange eingeleitet, bis die ausströmende Flüssigkeit keine Blutreaktion mit Guajaktinktur und H,0, mehr gab. Die Arteria renalis der einen Seite war zuvor unterbunden worden, um die eine Niere als bluthaltiges Organ in Vergleich ziehen zu können. Nach Beendigung 27 der Durchspülung wurden Gefrierschnitte von beiden Nieren mit Rongalitweiß gefärbt, es ergab sich jedoch keine Differenz. Die Gefriermethode ist also auch in dieser Hinsicht als einwandfrei zu bezeichnen, nachdem schon von anderer Seite nachgewiesen wurde, daß das Gefrierenlassen die Oxydase- wirkung nicht schädigt. Zusammenfassung. Aus den mitgeteilten Beobachtungen geht hervor, daß das Unnasche Reagens unter Umständen wohl geeignet ist, neue Aufschlüsse nach verschie- dener Richtung bin zu bieten, daß man jedoch in der Verwertung der damit erzielten Resultate möglichst vorsichtig und kritisch vorgehen möge. Die Anfangs gehegte Erwartung, daß das Rongalitweiß ein neues Oxydasereagens darstellt, hat sich nicht erfüllt. Die größte Schwäche des Reagens liegt in der Verwendung eines Farb- stoffes, der zum lebenden wie zum toten Gewebe ausgesprochene Affinitäten besitzt. Die große Empfindlichkeit des Leukomethylenblaues gegen Luftsauerstoff ist nur verdeckt durch den Überschuß an reduzierender Substanz, die ihrer- seits wieder in ihrer Wirkung auf den Ablauf der ganzen Reaktion nur eine weitere Komplikation darstellt. Insbesondere bei der sekundären Bläuung des Schnittes im Wasser läßt sich oftmals unter dem Mikroskop unschwer eine „Verschiebung“ des Farb- stoffes verfolgen, indem derselbe nachträglich durch Diffusion diejenigen Orte aufsucht, welche Methylenblau überhaupt bevorzugt. Es scheint, daß die Reaktion unter sonst gleichen Bedingungen nicht immer das gleiche Resultat gibt; so decken sich die von Unna an Formalin- präparaten erzielten Bilder nicht mit den auf Seite 25 von mir mitgeteilten Befunden. Die Schultzesche Oxydasereaktion. Zum Vergleiche sei hier kurz die bekanntere Schultze-Winklersche Oxy- dasereaktion herangezogen, um zu zeigen, daß dieselbe sehr wohl den im allgemeinen Teil aufgestellten Forderungen entspricht. An erster Stelle war daselbst verlangt worden, daß das Reagens dem molekularen Luftsauerstoff gegenüber indifferent sei oder wenigstens nur sehr langsam durch denselben oxydiert werde. Dieser Forderung wird das Schultzesche Reagens in hohem Maße gerecht. Es beruht nämlich auf der 4* 28 oxydativen Synthese von Indophenolblau aus «-Naphthol und Dimethylpara- phenylendiamin. In dem Reagens ist somit zunächst auch noch nicht die Leukoverbindung des Indophenolblaues vorhanden, woraus sich seine große Unempfindlichkeit gegenüber Luftsauerstoff erklärt. Zur Synthese bedarf es einer Spaltung des molekularen Luftsauerstoffes (O,) in seine Atome -O-O-; die Synthese der Leukoverbindung kommt durch den Eintritt eines O-Atomes zu stande, während das zweite Ö-Atom dann erst zur Oxydation zu Indophenol- blau verwendet wird. Dieser Prozeß geht unter Einwirkung der Luft nur äußerst langsam vor sich, wird aber durch die oxydierenden Fermente sehr beschleunigt. Die zweite Grundbedingung für ein Reagens auf Oxydase ist die, daß der verwendete Farbstoff keine spezifischen Gewebsaffinitäten besitzen darf. Auch dieser Bedingung entspricht das Indophenolblau (von seiner Eigenschaft als Fettfärber soll weiter unten die Rede sein). Das Indophenolblau besitzt die Formel y%H4NB, No =0 es ist ein amphoterer Monochinonfarbstoff und besitzt als solcher keine che- mischen Affinitäten zum Eiweiß, wohl aber kommt ihm als solchem die Fähigkeit zu, Fett physikalisch zu färben. Gerade hierin liegt meines Erachtens ein weiterer Vorzug dieses Farb- stoffes für seine Verwendung als Oxydasereagens. Es war oben im allgemeinen Teil auf die bemerkenswerten Untersuchungen von Overton hingewiesen worden, welcher zeigte, daß die Oxydasewirkung an Lipoidsubstanzen gebunden sei. Aus eben diesem Grunde ist das Lipoidfärbungsvermögen des Indophenolblaues nicht als Nachteil zu betrachten (Dietrich), sondern zu begrüßen. Der letzten im allgemeinen Teil aufgestellten Forderung kann jederzeit dadurch ent- sprochen werden, daß man stets frisch bereitete Lösungen verwendet. Es soll an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen werden, daß es als ein sehr fraglicher Vorteil betrachtet werden muß, wenn empfohlen wird mit alten Lösungen zu arbeiten, da diese „besser färben“. Der Gehalt alter Lösungen an Peroxyden kann nicht ohne weiteres erkannt werden, und es kann daher ‚ leicht der Fall eintreten, daß die Wirkung der Oxydase durch das System Peroxydase + Peroxyd vorgetäuscht wird. Es zeigt sich also, daß die Indophenolblaureaktion in allen Punkten den Forderungen entspricht, die an ein Oxydasereagens gestellt werden müssen. Seither sind auch schon zahlreiche interessante Ergebnisse durch dieselbe zu Tage gefördert worden. Ich möchte in dieser Hinsicht einige Befunde 29 mitteilen, welche sich mir nebenbei während meiner Beschäftigung mit dem Wesen dieser Reaktion ergaben. Vorher möchte ich noch erwähnen, daß ich mich bei meinen Versuchen stets der Modifikation nach Gierke bediente (der- selbe verwendet bekanntlich eine Mischung der zwei Lösungen von «-Naphthol und Dimethylparaphenylendiamin in physiologischer Kochsalzlösung ohne Alkali- zusatz).. Bei der Wahl dieser Modifikation ließ ich mich von dem Gedanken leiten, daß die Oxydasereaktion eine Art Supravitalfärbung darstellt und daß es daher wünschenswert erscheint, Lösungen zu verwenden, welche die Lebens- funktionen der Zellen nach Möglichkeit schonen. Hierzu dürfte sicher die physiologische Kochsalzlösung und insbesondere der Mangel des Alkalis am günstigsten sein. Daß sich in der Kochsalzlösung nur minimale Spuren beider Substanzen lösen, kann sicher nicht als Nachteil betrachtet werden, wenn man bedenkt, welch geringe Farbstoffkonzentrationen bei der Supravitalfärbung eine ausgiebige Tinktion der zelligen Elemente bewirken. Nach den Literaturangaben sollen die Lymphocyten keine Oxydasereaktion geben, ich fand diese Angabe nicht bestätigt in dem folgenden Versuch: Lymphdrüse vom Meerschweinchen; ein kleines Stück derselben wird auf dem Objektträger in einem Tropfen der Oxydasemischung nach Gierke zerzupft und dann mit einem zweiten Objektträger unter sanftem Druck zerquetscht. Der erhaltene Brei wird mit einem Deckglas eingedeckt und mit Immersion untersucht. Resultat: Alle Lymphocyten zeigen nach kurzer Zeit ganz ver- einzelte dunkelblaue Granula. Die Zahl der Granula eines Lymphocyten schwankt am häufigsten zwischen 4—8, seltener mehr als 10—12, so daß dieselben stets ohne Mühe gezählt werden können. Ihre Größe ist nicht kon- stant (feinste und etwas größere), die Form stets kugelig. Es ist mir nicht gelungen, in der bisherigen Literatur einen ähnlichen Befund beschrieben zu finden. Ferner möchte ich noch folgendes Resultat erwähnen: Blutausstrich vom Menschen, luftgetrocknet, ohne Formoldämpfung; Zusatz eines Tropfens Oxy- dasereagens nach Gierke, Deckglas, Betrachtung mit Immersion. Alle Leuko- cyten zeigen momentan eine ausgiebige Granulierung, die sich im Verlauf von 5 Minuten noch wesentlich verstärkt. Die Granula sind von verschiedener Größe. Auffallend: die in der nächsten Umgebung eines Leukocyten gelegenen Erythrocyten sind auf der demselben zugekehrten Seite wie bestäubt von feinsten Granulis.. Es macht den Eindruck, als ob die kleineren Granula den Leukocytenleib verlassen hätten, um sich an der Oberfläche der nächst ge- legenen Erythrocyten anzuheften. Weiter entfernt gelegene rote Blutkörperchen zeigen nirgends diese Bestäubung mit Granulis. Nach 10 Minuten ist die 30 Granulafärbung der Leukocyten so intensiv, daß einzelne Granula nur mit Mühe isoliert erkannt werden können. Der Kern, der vorher als helle Lücke in seiner polymorphen Gestalt deutlich erkennbar war, läßt sich jetzt nicht mehr auffinden. Ich habe diese Nebenbefunde angeführt, da sie, wie es ehem bisher noch nicht beobachtet wurden; aus eben diesem Grunde möchte ich es jedoch auch unterlassen, daraus irgend welche Schlüsse nach einer bestimmten Rich- tung hin zu ziehen. Die Indigoreaktion. Wenn ich in Folgendem über einige Versuche berichte, welche ich mit dem Reduktionsprodukt des Indigo am tierischen Gewebe anstellte, so möchte ich vorher feststellen, daß es nicht meine Absicht ist, damit ein neues Oxydase- reagens in die Technik einzuführen; es ist mir dabei lediglich darum zu tun, meine oben aufgestellte Behauptung, daß bei Oxydase-Reagentien die indiffe- renten und amphoteren Farbstoffe in erster Linie in Betracht kommen, an dem Beispiel des Indigo nochmals zu begründen. Ich bin mir dabei wohl bewußt, daß der Indigo im strengen Sinne des Wortes nicht zu den indiffe- renten Farbstoffen zu zählen ist; wenigstens wenn man seine chemische Kon- stitution ins Feld führt, könnte darauf hingewiesen werden, daß derselbe zwei basenbildende NH-Gruppen enthält. Es wurde jedoch bereits früher im all- gemeinen Teil gezeigt, daß das Indigoblau keinerlei Fähigkeiten zeigt, mit Säuren Salze zu bilden. Die beiden NH-Gruppen sind also in diesem speziellen Falle wohl als indifferente Gruppen zu bezeichnen. Auch sonst hat der Indigo mit den Fettfärbern mancherlei gemeinsam: Er ist in Wasser unlöslich, da- gegen in fettlösenden Medien, z. B. Chloroform mit blauer Farbe leicht löslich; was das Indigoblau als solches für die Fettfärbung aber unbrauchbar macht, ıst meines Erachtens nur der Umstand, daß derselbe sich in Alkohol nicht löst. (Bekanntlich werden die in der Technik verwendeten Fettfärber in der Weise angewandt, daß man sie in geringprozentigem Alkohol löst, welcher zwar die betreffenden Farbstoffe genügend zu lösen vermag, aber auf die Neutralfette noch keine lösende Wirkung ausübt.) Es steht uns also für das Indigoblau mit anderen Worten kein lösendes Medium zur Verfuonuz welches seinerseits wiederum das Fett unbehelligt läßt. Anders beim reduzierten Indigo, dem Indigoweiß; dieses ist in Wasser bei alkalischer Reaktion leicht löslich und kann in dieser Form den Zellen der Gewebe leicht zugeführt werden. Nun steht aber der Verwertung einer sl Reaktion mit Indigo ein anderes Bedenken entgegen, welches den Wert der- selben sehr fraglich macht: Das Indigoweiß ist nämlich dem molekularen Luftsauerstof gegenüber sehr empfindlich, es oxydiert sich momentan bei der Berührung mit Luft, entspricht also nicht der ersten der im allgemeinen Teil aufgestellten Forderungen. Bringt man z. B. einen Gewebsschnitt in eine Lösung von Indigoweiß und nachher zum Zwecke der Auswaschung und Oxy- dation in Wasser, so bedeckt sich der Schnitt schon während des kurzen Über- tragens durch Luft derartig mit Niederschlägen, daß eine Verwertung zur mikroskopischen Untersuchung ausgeschlossen ist. Ich suchte nun diese Schwierig- keit dadurch zu umgehen, daß ich einerseits eine vorzeitige Oxydation zunächst durch Fernhalten von Sauerstoff hintanhielt, andererseits eine wertvolle Eigen- schaft des Indigo ausnützte, daß er nämlich keine chemischen Affinitäten zum Gewebe besitzt. Wenn man z. B. einen mit Indigoweiß durchtränkten Schnitt unter strengem Ausschluß von Sauerstoff nachträglich auswäscht, so zeigt sich, daß das Indigoweiß tatsächlich nicht vom Gewebe zurückgehalten wird, mit Ausnahme von gewissen Granulis, welche mir mit den Indophenol-Oxydase- Granulis identisch zu sein scheinen. Es soll zunächst nun die Technik der Ausführung genau beschrieben werden, da sie mit mancherlei Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Die hierzu nötige Indigoküpe bereitete ich nach einer von den Höchster Farbwerken in liebenswürdiger Weise zur Verfügung gestellten Vorschrift: 50 &g Indigo M. L. B. Teig (20 prozentig) werden mit ca. 500 ccm heißem Wasser (50—60 Grad) angeteigt, 15 ccm Natronlauge von 40 Grad Be. zu- gegeben und dann langsam 13—15 g Hydrosulfit konzentriert unter Rühren eingestreut; in 15 Minuten ist die Verküpung beendet. Es erwies sich als vorteilhaft, die ziemlich konzentrierte Küpe mit etwa 5 Teilen Wasser, dem eine Spur Hydrosulfit zugesetzt war, zu verdünnen. Da sich auf der Lösung sofort der bekannte „Spiegel“ von oxydiertem Indigo bildet, so ist es, wenn man Niederschläge vermeiden will, nicht an- gängig, die Schnitte direkt in die Lösung einzulegen; nach verschiedenen Ver- suchen gelangte ich zu folgendem Verfahren: Der Gefrierschnitt wird direkt vom Messer des Mikrotoms weg auf dem ÖObjektträger aufgefangen, so daß er möglichst glatt liegt. Es soll dabei nicht verschwiegen werden, daß es viel Mühe und auch dann noch zahlreiche Schnitte kostet, bis es gelingt, einen derselben glatt auf den Objektträger zu legen. Das Organ darf weder zu wenig noch zu stark gefroren sein, damit der Schnitt ausgebreitet und nicht gerollt von der Schnittkante des Messers herabhängt und so aufgefangen werden kann. Hat man dies erreicht, so bleibt der Schnitt kurze Zeit auf 32 dem Objektträger liegen, bis er fast beginnt zu trocknen. Doch muß dies letztere vermieden werden. Der Schnitt haftet dann so fest am Glas, daß er bei den folgenden Prozeduren meist nicht mehr abgeschwemmt wird. Nun führt man eine feine Pipette in die Indigoweißlösung unter den bedeckenden oberflächlichen Spiegel und gibt rasch einige Tropfen der Küpe auf den Schnitt; sofort bildet sich hier wieder die metallisch-glänzende Haut von oxydiertem Indigo, aber nur an der Oberfläche des Tropfens, während der tiefer am Glas haftende Schnitt nicht dadurch verunreinigt wird. Nachdem man die Küpe ca. 30—40 Sekunden hat einwirken lassen, gilt es nunmehr eine doppelte Schwierigkeit zu überwinden: Einmal muß der Schnitt unter Umgehung der Luft behufs Auswaschung in ebenfalls luftfreies Wasser ge- langen. Zweitens muß der über dem Schnitt befindliche Spiegel von oxy- diertem Indigo so abgehoben werden, daß er sich dabei nicht auf das Gewebe niederschlägt und dasselbe verunreinigt. Beides läßt sich durch folgende An- ordnung erreichen: Man füllt eine Petrischale mit destilliertem Wasser, dem eine Spur von Hydrosulfit zugesetzt ist, nun bringt man den ÖObjektträger samt dem auf ihm befindlichen Quantum der Indigoküpe in genau horizontaler Lage vorsichtig auf das Wasser und läßt ihn darin langsam untersinken; da- durch wird der metallische Spiegel, welcher vorher den Schnitt verdeckte, abgehoben und schwimmt im ganzen auf der Wasseroberfläche, während der Objektträger mit dem anhaftenden, gelblich gefärbten Schnitt auf dem Boden der Petrischale liegt, ohne mit der Luft in Berührung gekommen zu sein. Die Spur von Hydrosulfit im destillierten Wasser hält nun ihrerseits eine vor- zeitige Oxydation so lange zurück, bis man den. Schnitt nach genügender Auswaschung in lufthaltiges Wasser bringt und endlich der Luft selbst aus- setzt, wo sich alsbald die Oxydation des in den Granulis zurückgehaltenen Indigoweiß volizieht. Hat man nun z. B. einen Schnitt der frischen Niere (Kaninchen) auf diese Weise behandelt, so zeigt sich bei mikroskopischer Untersuchung mit Im- mersion, daß die Blaufärbung durch zweierlei Granula hervorgerufen wird: a) feine hellblaue, eben noch wahrnehmbare Granula, welche das Proto- plasma ziemlich gleichmäßig erfüllen; sie liegen so dicht, daß es nur schwer gelingt, ihre Form festzustellen, doch scheinen sie durchweg rundliche Ge- bilde zu sein; b) grobe, dunkelblaue Granula von wechselnder Größe, nicht gleichmäßig im Protoplasma verteilt. Sie liegen in den Tubuli contorti im basalen Teil der Epithelzellen, in den Sammelkanälchen mehr um den Kern konzentriert, Das Mark zeigt gegenüber der Rinde auffallend wenige Granula, Glomeruli 33 fast ungefärbt, doch fallen in ihnen einzelne grobe, dunkel schwarzblaue Granula auf, die anscheinend regellos verstreut liegen. Die Zellkerne sind durchweg ungefärbt, sie erscheinen als helle Bläschen. An weiteren Organen wurde die Reaktion nicht erprobt, da ich dieselbe nur von rein theoretischem Standpunkte aus für interessant hielt; für prak- tische Untersuchungen möchte ich sie wegen der ihr anhaftenden Mängel nicht empfehlen, umsomehr als uns in der Ineepnelrese on eine viel ele- gantere Methode zur Verfügung steht. Anhang. Über Vitalfärbung mit sauren Vitalfarbstoffen. Die Vitalfärbung kann wohl mit Recht als die älteste histologische Unter- suchungsmethode bezeichnet werden; leider mußte sie vor der viel rascher sich entwickelnden Technik der Färbung fixierter Objekte für längere Zeit in den Hintergrund treten, bis endlich durch Ehrlich von neuem auf ihren hohen Wert hingewiesen wurde. Seither haben sich zahlreiche Forscher auf diesem Gebiete betätigt und eine beträchtliche Zahl von neuen Resultaten zu Tage gefördert. In neuester Zeit wurde das Gebiet der Vitalfärbung um einen bemerkenswerten Punkt bereichert: Während man bisher der Ansicht war, daß sich zur Vitalfärbung nur gewisse basische, aber niemals saure Farbstoffe eignen, hat neuerdings die Ehrlichsche Schule gezeigt, daß auch einige saure Farbstoffe vorzügliche vitalfärbende Eigenschaften besitzen. Die folgenden Versuche befassen sich mit den Farbstoffen Trypanblau, Neuvitalrot und Pyrrolblau. Zunächst möchte ich bezüglich des Pyrrolblaues bemerken, daß über dessen chemische Konstitution noch recht wenig bekannt zu sein scheint; dies geht schon aus vielen widersprechenden Angaben in der Literatur hervor. Zwar gibt Goldmann (23) in seiner ersten diesbezüglichen Mitteilung folgende Formel des Pyrrolblaues ‚GH, = NICH. ); 0;H,N (CH;), ‘\H;N = und bemerkt dazu, daß er nach Ehrlichs Angaben durch Kondensation von Tetramethyldiaminobenzhydrol und Pyrrol entsteht. Er faßt daher auch das Pyrrolblau (wohl auf Grund obiger Formel) als basischen Farbstoff auf. Im Abh.d.math.-phys. Kl. XXVII, 1. Abh. 5 34 Gegensatz hierzu stehen die Angaben Pappenheims (24), welcher das Pyrrol- blau als einen „sulfosauren Triphenylmethanfarbstoff* definiert. Desgleichen spricht Nakano (25) von der „sauren Vitalfärbung mit dem oxychromen Trypan- blau und Pyrrolblau“. Man sieht aus diesen Angaben deutlich, daß es noch nicht einmal feststeht, ob das Pyrrolblau zu den basischen oder sauren Farb- stoffen zu rechnen ist. Wenn ich es trotzdem unternommen habe, dasselbe unter den letzteren aufzuführen, so geschah dies mit Rücksicht auf sein vital- färberisches Verhalten, welches dem der zweifellos sauren Farbstoffe, Trypan- blau und Neuvitalrot, näher steht. Ebenso wenig ist es mir gelungen festzustellen, ob Pyrrolblau und Isamin- blau identisch sind, was ebenfalls nach einigen Literaturangaben angenommen werden muß, während andere Autoren wiederum von beiden als von zwei verschiedenen Farbstoffen sprechen. Auch in diesem Punkte herrscht also noch viel Unklarheit und es werden schon von diesem Gesichtspunkt aus die mit Pyrrolblau und Isaminblau erzielten Resultate nur mit Vorsicht verwertet werden dürfen. Es soll gleich an dieser Stelle vorweggenommen werden, daß ich mit Pyrrol- und Isaminblau fast immer unbefriedigende Resultate erzielte; wie von Goldmann (23) bereits hervorgehoben, fand auch ich, daß die Vital- färbung oft gänzlich ausbleibt, indem der Farbstoff überhaupt nicht resorbiert wird; dabei scheint mir aber die eine Beobachtung von Wichtigkeit, daß hie- für nicht etwa eine Minderwertigkeit des Farbstoffpräparates verantwortlich zu machen ist, sondern das verwendete Versuchstier. Es läßt sich nämlich mit der gleichen Farblösung, welche bei einem Tier keine Vitalfärbung hervor- rief, bei einem zweiten oder dritten eine Färbung erzielen. Ich möchte nun einige Bemerkungen machen über die genannten Farb- stoffe, bezüglich ihres Verhaltens gegen Alkalien und Säuren, ihrer Reduzier- barkeit und besonders ihrer Löslichkeitsverhältnisse in verschiedenen Medien: a) Pyrrolblau. Alkalien (NaOH) bewirken in stärkerer Konzentration eine rotviolette Fällung, bei einem bestimmten NaOH-Gehalt fällt das Pyrrol- blau quantitativ aus, so daß das Filtrat eine wasserklare Lösung bildet. Säuren bewirken keine Veränderung. Reduktion erfolgt durch alkalisches Hydrosulfit beim Erhitzen, ebenso durch angesäuertes Rongalit. Es bildet sich eine Küpe, d.h. das Reduktionsprodukt ist reoxydierbar. Löslichkeit: in Alkohol absolutus in geringen Spuren löslich. Absolut unlöslich in Chloroform, Toluol und geschmolzenem Paraffın. Leicht löslich in Formol, in Spuren löslich in Carnoys Fixierung (6:3:1). b) Isaminblau stimmt in allen Punkten mit dem Pyrrolblau überein. 35 c) Trypanblau: Alkalien verändern in starker Konzentration den rein blauen Farbton ins Violette. Säuren ohne Einfluß. Reduktion erfolgt in alkalischer Lösung durch Hydrosulfit bei Erwärmen, in saurer Lösung durch Rongalit beim Erhitzen. Der blaue Farbstoff läßt sich durch Oxydation nicht wieder herstellen. Löslichkeit: in Alkohol absolutus, Chloroform, Toluol und ge- schmolzenem Paraffın absolut unlöslich, leicht löslich in Formol (selbst 40 °%/oig) absolut unlöslich in Carnoys Fixierung (6:3:1). Neuvitalrot: Alkalien ohne Einfluß, Säurezusatz vertieft den roten Farb- ton; viel Säure gibt Niederschlag. Reduktion erfolgt nicht in alkalischer Lösung durch Hydrosulfit (auch nicht beim Kochen), in saurer Lösung Reduktion durch Rongalit beim Erhitzen. Löslichkeitsverhältnisse genau wie beim Trypanblau. Aus diesen Versuchen geht zunächst hervor, daß in der Tat eine Unter- scheidung von Pyrrolblau und Isaminblau (wenigstens mit den oben ange- wandten Mitteln) nicht möglich ist. Des weiteren ergibt sich ein wichtiger Unterschied dieser beiden Farbstoffe gegenüber Trypanblau und Neuvitalrot darin, daß die ersteren Küpen bilden, während letztere bei der Reduktion zerstört werden. An die Untersuchung der Löslichkeitsverhältnisse ging ich zunächst von dem Gesichtspunkt aus heran, zu prüfen, wie weit die in der histologischen Technik gebräuchlichen Agentien den Farbstoff lösen. Bekanntlich vertragen die mit den beiden letzgenannten Farbstoffen vitalgefärbten Organe alle mit einer Paraffineinbettung verbundenen Prozeduren, wenn sie vorher in Formol fixiert waren. Es muß nun bei den obigen Versuchen ohne weiteres auf- fallen, daß die Farbstoffe gerade in Formol leicht löslich sind, während sie in Alkohol absolutus, Chloroform und Toluol auch nicht in Spuren gelöst werden. Es erschien mir daher sehr wahrscheinlich, daß auch das Carnoysche Fixierungsgemisch (Alkohol absolut.° Chloroform? und Eisessig!) den Farbstoff nicht lösen könne; in der Tat bestätigte sich diese Erwartung: in Carnoys Fixierungsgemisch lösen sich nicht die geringsten Spuren von Trypanblau und Neuvitalrot. Sollte daher dieses Fixierungsmittel nicht viel geeigneter sein für die vital gefärbten Organe als z. B. Formol, welches den Farbstoff zu lösen vermag? Ich suchte diese Frage durch folgenden Versuch zu beant- worten: Die Organe einer mit Trypanblau gefärbten Maus wurden zum Teil in Formol (nach der bisherigen Vorschrift), zum anderen Teil nach Carnoy fixiert und dann beide in gleicher Weise in Paraffin eingebettet. Die mikro- 5* d — 36 skopische Untersuchung ergab nun das bemerkenswerte Resultat, daß die nach Carnoy fixierten Schnitte fast nirgends eine Granulafärbung erkennen ließen, der Farbstoff war diffus im-Gewebe verteilt die Kontrollschnitte mit Formol- fixierung ergaben die gewohnten schönen Bilder einer distinkten Granula- färbung. Aus dem Ergebnis dieses Versuches muß der Schluß gezogen werden, daß das Trypanblau in den Granulis an Substanzen gebunden ist, welche durch Alkohol, Chloroform etc. ausgezogen werden, dadurch wird dem Farbstoff seine Grundlage entzogen und er kann nunmehr in das Gewebe diffundieren. Weiterhin ergibt sich, daß das Formol mit eben diesen Substanzen eine festere Bindung eingeht, so daß sie nunmehr durch Alkohol, Chloroform etc. nicht mehr gelöst werden; vielleicht ist dieses Verhalten geeignet, einige Aufklä- rungen über die Natur der mit sauren Vitalfarbstoffen dargestellten Granula zu bringen. Schulemann (27, 28) hat sich eingehend mit dieser Frage be- schäftigt; ich möchte aus der interessanten Arbeit folgende Sätze wiedergeben: ». . . Nach diesen Betrachtungen wäre also die Urform aller Granula eine labile chemische Gruppe (Rezeptor) des Protoplasmas. Diese tritt nun mit irgend welchen gelösten Stoffen in Reaktion und bildet Sekrete, Pigmente, Granula etc. Nach der Ausstossung wird der gleichfalls dadurch verloren gegangene Rezeptor wieder ersetzt.“ „.... Man kommt demnach zu dem Schlusse, daß die von Goldmann verwendeten Farben sich mit den oben näher gekennzeichneten chemischen Gruppen (gemeint sind die OH-Gruppen) an Rezeptoren anlagern und sie uns sichtbar machen.“ Zu einer ähnlichen An- schauung gelangt auch Pappenheim (24): „Was die Methode der Vitalfärbung durch saure Vitalfarben zur Darstellung bringt, sind nicht Kunstprodukte, sondern präformierte Substrate, aber nicht Zellsekrete und vor allem nicht echte Granulationen, sondern protoplasmatische Plasmosomen, Chemozep- toren (Chromozeptoren) der Zellen, die erst durch Farbstoffaufnahme in granu- lärer Form sichtbar gemacht werden, aber keine präformierten echten Granulationen sind. Erst der Rezeptor + aufgenommener Farbstoff er- scheint als Granulum.“ Die Anschauungen stimmen also in dem Punkte überein, daß es sich um keine Färbung echter Granula handelt; sie vermögen jedoch über die Natur der hypothetischen „Rezeptoren“ keinen Aufschluß zu geben. Gerade hierin scheint mir jedoch der obige Versuch weiter zu führen. Wenn nämlich eben diese Rezeptoren durch Alkohol, Chloroform und Toluol extrahiert werden, während Formol dieselben zu erhalten vermag, so erscheint es in hohem Grade wahrscheinlich, daß doch auch hier gewisse lipoidartige Substanzen zugrunde liegen. Ich bin mir dabei wohl bewußt, daß diese An- schauung in schroffem Gegensatz steht zu dem Befunde von Goldmann, daß 37 ausgesprochen lipoide Substanzen, z. B. Nervensubstanz nicht gefärbt werden. Doch scheinen mir diese Gegensätze nicht so absolut unvereinbar, wenn man bedenkt, daß einerseits bei direkter Injektion in den Duralsack dennoch eine Färbung der Nervensubstanz zustande kommt, und daß andererseits unter dem Begriff „lipoid“ immerhin verschiedenartige Substanzen zusammengefaßt werden, sodaß man von ihnen auch ein verschiedenes Verhalten gegenüber Farbstoffen erwarten darf. In der Annahme, daß wirklich lipoide Substanzen bei der sauren Vital- färbung wirksam seien, wurde ich auch durch folgenden Versuch gestärkt: Zwei gleich große weiße Mäuse desselben Wurfes erhielten beide sub- kutan 0,5 ccm folgender Lösungen: Maus A von einer 1 prozentigen Lösung von Trypanblau in Chloroformwasser (1:5000000), Maus B von einer 1 pro- zentigen Lösung von Trypanblau in destilliertem Wasser. Es zeigte sich zu- nächst, daß bei Maus A die Färbung deutlich rascher und intensiver auftrat als beim Tier B. Nach ca. 2 Stunden wurden beide Tiere getötet, die Organe nach Vorschrift in Formol fixiert und von beiden Tieren genau 10 u dicke Schnitte angefertigt. Die mikroskopische Kontrolle ergab, daß das Versuchs- tier A in allen untersuchten Organen deutlich mehr Granula zeigte. Zur größeren Beweiskraft sei noch hervorgehoben, daß von jedem Organ nicht ein, sondern mehrere Schnitte untersucht wurden, stets mit dem gleichen Resultat; es ist also ausgeschlossen, daß etwa durch eine etwas größere Schnittdicke der Granulareichtum bei Tier A vorgetäuscht wurde. Das Ergebnis dieses Versuchs läßt aber auch noch einen anderen Gedanken aufkommen: ob nicht bei der sauren Vitalfärbung auch die Phagocytose eine gewisse Rolle spielt. Goldmann (23) selbst hat diese Frage in seiner ersten Arbeit aufgeworfen, ihre Möglichkeit aber entschieden zurückgewiesen. Er schreibt: „Endlich muß ich betonen, daß es mir nie gelungen ist, bei An- wendung der blauen Farbstoffe die Granula extrazellulär zu entdecken. Gegen diese Einwände ließen sich wohl die Versuchsergebnisse von Plato (26) ins Feld führen, welcher bekanntlich nachgewiesen hat, daß die vitale Färbung phagozytärer Einschlüsse nur intrazellulär gelingt, daß sie aber versagt, so bald diese Einschlüsse die Zellen verlassen. Aber für die Deutung der von uns dargestellten Granula im Sinne von Plato fehlen alle Anbaltspunkte.“ Ich möchte diesen Ausführungen Goldmanns nur zwei Tatsachen entgegen- stellen: 1. das obige Versuchsergebnis, daß ein minimaler Chloroformzusatz die vitalfärberische Kraft des Trypanblaues steigert, und 2. den Befund von Hamburger und de Haan (5), welche gezeigt haben, daß lipoidlösliche Sub- stanzen in infinitesimalen Dosen angewandt (z. B. Chloroform 1:5000000) die 38 Phagocytose beschleunigen. Zieht man aus diesen beiden Tatsachen die Konse- quenzen, so wird der Gedanke an eine Wirkung der Phagocytose zum mindesten wieder näher gerückt. Es sollen nun noch zwei Versuche erwähnt werden, welche in mancher Hinsicht lehrreich sind; in der bisherigen Literatur findet man fast durch- wegs die übereinstimmende Anschauung, daß es mit den sauren Vitalfarbstoffen nicht möglich sei, irgend welche Leukocytengranula im strömenden Blut nachzuweisen. Ich bin in der Lage über eine Ausnahme hiervon zu berichten. Versuch: Ein Meerschweinchen erhielt 10 Tage lang je 5 ccm einer 1 pro- zentigen Lösung von Neuvitalrot in physiologischer Kochsalzlösung subkutan injiziert. Zwei Stunden vor Tötung erhielt dasselbe nochmals 15 ccm auf einmal intraperitoneal. Die relativ große Farbstoffmenge wurde ohne irgend welche Nebenwirkung gut vertragen. Fixierung der Organe in Formol. Pa- raffinschnitte. Bei der mikroskopischen Untersuchung des Hodens war auf dem Schnitt der prall gefüllte Plexus pampiniformis getroffen und es konnten hier die Elemente des Blutes an dünnen Schnitten (3 «) sehr gut untersucht werden. Dabei zeigte sich, daß alle Leukocyten rote Granula enthielten. Eine Kontrollfärbung nach Giemsa ergab, daß die Neutrophilen außer den vital- gefärbten Granulis (welche mir schon vorher auffallend gering an Zahl er- schienen waren) noch zahlreiche vorher ungefärbte Granula enthielten, welche nun durch Azur-Eosin dargestellt wurden. Die Eosinophilien waren dagegen bereits durch das Neuvitalrot maximal in allen Granulis gefärbt. Es scheinen also im vorliegenden Fall die in den neutrophilen Leukocyten dargestellten Granula wohl nicht identisch zu sein mit den echten neutrophilen Granulis, während in den Eosinophilen sich tatsächlich die präformierten «-Granula vital gefärbt hatten. Vielleicht läßt sich dieses abnorme Verhalten damit er- klären, daß bei einer starken Überschwemmung des Körpers mit Farbstoff auch Zellen zu dessen Bindung herangezogen werden können, welche unter normalen Verhältnissen dazu nicht befähigt sind. Jedenfalls beweist aber das vorliegende Versuchsresultat deutlich, wie sehr Schulemann (27) im Recht ist, wenn er schreibt: „... . Infolgedessen kann nie von einer vitalen Wirkung eines Farbstoffes die Rede sein, sondern für jedes vital gefärbte Gebilde ist bei jeder Tierart, jeder Zellkategorie und für wechselnde physiologische Zu- stände der Zelle seine Natur festzustellen.“ Ich glaube, daß dieser Satz auch bei den sauren Vitalfarbstoffen in Betracht gezogen werden muß. Goldmann und Schulemann haben weiterhin ihren Versuchstieren ab- wechselnd roten und blauen Farbstoff injiziert und fanden dabei, daß sich die Granula nicht im Mischton, sondern die einen rot und die anderen blau 39 färbten. Schulemann sieht hierin eine wichtige Stütze für den chemischen Vorgang bei der Vitalfärbung. Im Anschluß hieran möchte ich folgenden Versuch erwähnen: Ein Meerschweinchen bekommt (genau wie oben) 10 Tage je 5 ccm Neuvitalrot subkutan, am letzten Tage außerdem zwei Stunden vor Tötung 15 cem Trypanblau intraperitoneal. Bei der Sektion erscheinen alle Organe im violetten Mischton, ein Beweis, daß das zuletzt applizierte Trypan- blau gut resorbiert wurde. Mikroskopisch: Überall in den untersuchten Or- ganen nur rote Granula, während das Gewebe einen diffus blauen Farbton zeigt (injiziert man dagegen einem Tier 15 ccm Trypanblau allein ohne vor- herige Behandlung mit Neuvitalrot, so findet man nach zwei Stunden bereits überall eine deutliche blaue Granulafärbung). Ich glaube nun aus diesem Versuch schließen zu dürfen, daß in den Zellen des Organismus unter nor- malen Verhältnissen nur eine beschränkte Anzahl präformierter Substrate (Chemozeptoren) für saure Vitalfarbstoffe vorhanden sind, reichen dieselben nicht aus um das zugeführte Farbstoffquantum zu binden, so müssen erst unter dem gesetzten Reiz neue Rezeptoren gebildet werden (daher auch die Erscheinung der „Hochtreibung‘“). In vorliegendem Versuch waren offenbar sämtliche zur Verfügung stehenden Rezeptoren momentan bereits durch das Neuvitalrot besetzt, so daß das weiterhin eingeführte Trypanblau nicht ge- bunden werden konnte und zur diffusen Durchtränkung der Gewebe führte. Eben daraus läßt sich aber auch weiterhin folgern, daß nicht etwa für das Trypanblau andere zpezifische Rezeptoren in den Zellen präformiert vorhanden sind, da diese alsdann durch das vorausgegangene Neuvitalrot unbesetzt ge- blieben wären. Endlich soll nun noch einer letzten Erscheinung gedacht werden, welche schon von Goldmann beobachtet, aber wie es scheint nicht weiter verfolgt wurde: daß nämlich die sauren Vitalfarbstoffe vom Darmkanal aus nicht wirksam sind. Einem Kaninchen wurde acht Tage lang mittels Schlundsonde je 10 ccm Pyrrolblau verabreicht, ohne daß irgend welche Färbung auftrat; da während dieser Zeit auch in den Exkreten des Tieres keine Spur von Farbstoff nach- weisbar war, so erschien es mir zunächst schwer verständlich, wo das immer- hin beträchtliche Farbstoffguantum hingewandert sei. Am wahrscheinlichsten war von vornherein die Annahme, daß der Farbstoff im Darmkanal in weit- gehender Weise abgebaut und in farblose Stufen übergeführt wird. Wenn man allerdings in Betracht zieht, wie indifferent sich gerade diese Farbstoffe gegen Säuren und Alkalien verhalten und wie schwer sich dieselben zum Teil selbst durch starke Reduktionsmittel reduzieren lassen, so möchte man fast 40 an einer derartigen Leistung der Darmschleimhaut zweifeln. Ich stellte daher folgenden Versuch an: Von den zu prüfenden Farbstoffen Trypanblau, Neuvitalrot und Pyrrol- blau wurden zunächst je 10 ccm einer 1°/oo wässerigen Lösung in Reagens- gläser gefüllt und in dieselben ein gleich großes abgewogenes Quantum von fein zerhacktem Dünndarm, Dickdarm und Magen gegeben. Zur Verhütung von Fäulnis wurde jedem Reagensglasinhalt etwas Chloroform zugesetzt. Die einzelnen, verkorkten Gläser blieben sodann bei 37 Grad zwei Tage lang im Brutschrank. Das Resultat ist aus folgender Tabelle ersichtlich. Darmabschnitt | Farbstoff Farbe am Ende des Versuchs | | Dünndarm | Trypanblau | Helles ockergelb * Dünndarm | Neuvitalrot | Blaßrot, etwas trüb Dünndarm | Pyrrolblau "Unverändert, vielleicht etwas heller Diekdarm | Trypanblau Graublau, ganz hell Dickdarm | Neuvitalrot | Blaßrot, etwas trüb Dickdarm | Pyrrolblau Gelbgrün * Magen | Trypanblau | Hellgrau * Magen | Pyrrolblau | Blau. Die mit * bezeichneten Farbnuancen sind so hell, daß sie, auf Filtrier- papier getropft, nach dem Trocknen keine Farbe erkennen lassen. Die Be- urteilung der Farbwerte wurde in der Weise vorgenommen, daß der Inhalt der einzelnen Reagensgläschen zentrifugiert, abgehebert und in Glasröhrchen von 5 mın lichter Weite gefüllt wurde. Die einzelnen Röhrchen wurden dann mit den Kontrollröhrchen, welche den betreffenden Farbstoff in der Verdün- nung 1:1000 enthielten, verglichen. Man sieht aus der Tabelle ohne weiteres, daß die einzelnen Farbstoffe in verschiedenen Darmabschnitten weitgehende Veränderungen erleiden. Ich suchte nun zu ermitteln, ob hierbei etwa fermen- tative Prozesse wirksam seien. Hierzu wählte ich die Kombination Dünndarm- Trypanblau, weil hier, wie aus der Tabelle ersichtlich, der intensivste Abbau des Farbstoffs stattgefunden hatte. Der vorher feingehackte Dünndarm wurde zwecks Zerstörung der Fermente vorher mit Wasser gekocht, und dann wie- derum das abgewogene Quantum mit 10 ccm einer Trypanblaulösung 1:1000 im Reagensglas bei 37 Grad gehalten. Nach zwei Tagen war nunmehr die Lösung noch völlig unverändert, später allerdings zeigte sich eine flockige Ausfällung des immerhin noch rein blauen Farbstoffes. Dieses Versuchsergebnis läßt eine fermentative Wirkung der Darmsäfte auf den Farbstoff sehr wahr- scheinlich erscheinen. Es zeigte sich fernerhin, daß frischer Leberbrei sowohl 41 Trypan- wie Pyrrolblau energisch abbaut. Endlich versuchte ich noch die Einwirkung eines Verdauungsgemisches, indem ich die genannten Farbstoffe in eine 1 prozentige Lösung von Pankreatinum purum activum (Merck) brachte. Das Pyrrolblau wurde auf diese Weise entfärbt, während auf die anderen Farbstoffe kein Einfluß bemerkt werden konnte. Ich glaube, daß diese wenigen Versuchsergebnisse geeignet sein werden, um gerade in dieser Hinsicht zu weiteren Forschungen anzuregen; sollte es durch spätere Untersuchungen etwa gelingen, nachzuweisen, daß die genannten sauren Farbstoffe ähnlich wie Nährstoffe vom Darmkanal abgebaut und viel- leicht sogar in irgend welcher Weise vom Körper verwertet werden, so wird damit auch ihre Wirkungsweise bei parenteraler Einverleibung in ein neues Licht gerückt. Zusammenfassung. 1. Über die chemische Konstitution von Pyrrolblau und Isaminblau herrscht noch große Unklarheit; vor allem müßte einwandfrei festgestellt werden können, ob es sich um einen basischen oder sauren Farbstoff handelt und ferner, ob Pyrrolblau und Isaminblau identisch sind. 2. Es sind wesentliche Unterschiede im chemischen Verhalten von Pyrrol- und Isaminblau einerseits gegenüber Trypanblau und Neuvitalrot andererseits vorhanden (erstere sind küpenbildend). 3. Als Substrate der mit diesen Farbstoffen dargestellten Granula kommen vielleicht doch lipoidartige Substanzen in Betracht. Auch der Gedanke an Phagocysose ist nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. 4. Bei intensiver Zufuhr von Farbstoff lassen sich mitunter Zellgranula darstellen, weiche bei mäßiger Farbstoffzufuhr ungefärbt bleiben. (Darstellung von Leukocytengranulis durch Neuvitalrot.) 5. Die genannten Farbstoffe werden durch die Darmschleimhaut (bzw. durch die verdauenden Säfte) in weitgehender Weise abgebaut; eine genauere Verfolgung dieser Vorgänge nach physiologischen Gesichtspunkten erscheint gewiß nicht wertlos. Wenn nun auch die hier zusammengestellten Punkte nicht viel Positives zur Erklärung der Vitalfärbung mit sauren Farbstoffen beitragen, so glaube ich mich doch auf Grund der obigen Tatsachen berechtigt, darauf hinzuweisen, daß uns die noch überall herrschende Unklarheit zu großer Vorsicht in der Verwertung der Färbungsresultate mahnen muß. Vielleicht ist es zur Zeit noch verfrüht, wenn man behauptet, daß sich nur diese oder jene Zellbestand- Abh.d.math.-phys. Kl. XXVII, 1. Abh. 6 42 teile mit den sauren Vitalfarbstoffen darstellen lassen, oder wenn man schon jetzt die Methode zur Differenzierung bestimmter Zellkategorien empfiehlt, nachdem sich gezeigt hat, daß eben diese Farbstoffe unter wechselnden Ver- hältnissen oft doch recht verschieden wirken. Insbesondere möchte ich davor warnen, das Pyrrolblau (Isaminblau) mit den übrigen sauren Farbstoffen in seiner Wirkung ohne weiteres zu identifizieren. Endlich möchte ich noch hervorheben, daß es wünschenswert ist, in allen Arbeiten, welche sich mit diesem gewiß äußerst interessanten Gebiet befassen, die verwendete Methodik in allen Punkten genau wiederzugeben; nur so wird es möglich sein, durch Vergleichung absolut gleicher Versuchsbedingungen an der Hand langer Reihen festzustellen, was wirklich die einzelnen Farbstoffe leisten. Tschaschin (29) gibt z. B. in seiner Arbeit „über vitale Färbung der Chondriosomen in Bindegewebszellen mit Pyrrolblau“* an, daß er eine 1 pro- zentige wässerige Pyrrolblaulösung einspritzte (mit der Berechnung von 1 ccm auf je 20 g Körpergewicht). Er erwähnt dagegen mit keinem Wort, wie lange er seine Tiere nach der Injektion leben ließ, und ob er etwa die In- jektion am gleichen Tier öfters wiederholte. Und doch sind gerade diese beiden Punkte ebenso wichtig! Nur durch genaueste Angabe der Technik in jedem einzelnen Fall wird es möglich sein, die beschriebenen mannigfaltigen Resultate unter einheitliche Gesichtspunkte zu bringen. Am Schlusse dieser Arbeit ist es mir ein dringendes Bedürfnis, meinem hochverehrten Lehrer und Chef, Herrn Professor Dr. S. Mollier meinen Dank auszusprechen dafür, daß ich in seinem Institut nunmehr fast zwei Jahre ar- beiten durfte und daß er mir stets mit neuen Anregungen gerne zur Seite stand. Ferner bin ich zu Dank verpflichtet den Firmen Meister Lucius und Brüning und der badischen Anilin- und Sodafabrik für bereitwillige Über- lassung von Farbstoffen. Literaturverzeichnis. (Die wichtigeren Arbeiten sind mit ihren Titeln aufgeführt.) 1) Bach: „Die langsame Verbrennung und die Oxydationsfermente.“ Fortschr. der naturw. Forschungen 1910, I. Bd. 2) Dietrich: „Naphtholblausynthese und Lipoidfärbung.“ Zentralblatt f. allg. Path. und path. Anat., Bd. 19, 1908. 3) Gierke: „Die oxydierenden Zellfermente.“ Münch. med. Woch. 1911, No. 44. 4) Golodetz und P. Unna jun.: Berl. med. Woch. 1912. 5) Hamburger und de Haan: „Zur Biologie d. Phagozyten.“ Archiv für Anatomie und Physiologie 1913. 6) Klopfer: Zeitschr. f. exper. Path. u. Therapie, 11. Bd., 1912. 7) Loele: „Zur Theorie der Oxydasefärbung.“ Folia häm., Bd. XIV, 1912. 8) Nakano: Folia häm., Bd. XV, 1913. 9) Oyerton: „Studien über die Aufnahme der Anilinfarben durch die lebende Zelle.“ Jahrb. f. wiss. Botanik, Bd. 34, 1900. 10) Oelze: „Über die färberische Darstellung der Reduktionsorte und Oxydationsorte in Geweben und Zellen.“ Arch. f. mikr. Anat., Bd. 84, 1914. 11) Pappenheim und Nakano: Fol. häm., Bd. XIV, 1912. 12) Schultze: „Oxydasereaktion an Gewebsschnitten.* Zieglers Beitr. z. path. An., Bd. 45, S. 127. 13) Schultze: Verhandlungen der deutschen pathologischen Gesellschaft 1909. 14) Schultze: Münch. med. Woch. 1909, No. 4. 15) Unna, P. G.: „Die Reduktionsorte und Sauerstofforte des tierischen Gewebes.“ Archiv für mikr. Anat., Bd. 78. - 16) Unna, P. G.: Med. Klin. 1912, No. 22. 17) Unna und Golodetz: Derm. Woch. 1912, Bd. 57. 18) Unna und Golodetz: Monatshefte f. prakt. Dermat. 1910, Bd. 50. 19) Unna und Golodetz: Dermat. Studien, Bd. 22, 1912. 20) Vernon: „Die Abhängigkeit der Oxydasewirkung von Lipoiden.“ Biochemische Zeitschrift 1912, Bd. 47. 44 21) Winkler: „Der Nachweis von Oxydase in den Leukocyten mittels der Dimethyl- paraphenylendiamin a-Naphthol-Reaktion.“ Folia häm. 1907, Bd. 4, S. 323. 22) Winkler: Folia häm., Bd. 14. Literatur zum Anhang. 23) Goldmann: „Die äußere und innere Sekretion des gesunden und kranken Or- ganismus im Lichte der vitalen Färbung.“ Beitr. z. klin. Chir., Bd. 64 und 78. 24) Pappenheim und Nakano: „Beiträge über Beziehungen zwischen Vitalfärbung, Supravitalfärbung und Oxydasereaktion.“ Folia häm., Bd. XIV, 1912. 25) Nakano: „Beiträge zur Kenntnis der histologischen Oxydasereaktion der Supra- vital- und Vitalfärbung.“ Folia häm., Bd. XV, 1913. 26) Plato: „Über die vitale Färbbarkeit der Phagocyten.“ Arch. f. mikros. Anat., Band 56. 27) Schulemann: „Beiträge zur Vitalfärbung.“ Arch. f. mikr. Anat., Bd. 79. 28) Schulemann: Zeitschrift für exp. Path., Bd. 11, 1912. 29) Tschaschin: Folia häm. 1913, Bd. 14, Heft 3. Abhandlungen der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften Mathematisch-physikalische Klasse XXVN. Band, 2. Abhandlung Die Entwicklung des Visceralskelettes bei Testudo graeca. II. Die Entwicklung des Hyobranchialapparates und des Kehlkopfes von Otto Bender Mit 6 Tafeln und 19 Abbildungen im Text (Aus dem Anatomischen Institut der Universität München; Direktor: Prof. Dr. Rückert) München 1914 Verlag der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Kommission des G. Franz’schen Verlags (J. Roth) ln A: Se ea EA ERRE AT rs 187 ANZ Die vorliegenden Untersuchungen bilden die Fortsetzung der 1911 im Anatomischen Anzeiger!) und 1912 in den Abhandlungen der K. Bayer. Akademie?) veröffentlichten Studien über die Entwicklung des Visceralskelettes bei der griechischen Landschildkröte. Die Teilung der Aufgabe in mehrere Abschnitte, welche zunächst etwas gewaltsam erscheint, war deshalb angebracht, weil der Nachdruck im Interesse einer abgeschlossenen Dar- stellung auch dieses Mal wieder auf die endgültigen Skelettbildungen gelegt werden mußte, zu deren Aufbau das primordiale viscerale Skelettsystem zum Teil verwendet wird. Zielten die Vorgänge der Skelettgenese, welche 1912 veröffentlicht wurden, vorwiegend auf die Bildung des Kiefergelenkes, des Mittelohres und des schalleitenden Apparates hin, so gruppieren sie sich in vorliegender Abhandlung um die Entwicklung des Kehlkopfes und des ihn stützenden Hyobranchialapparates. Einzelne Wiederholungen ließen sich dabei nicht vermeiden; denn wie z. B. das Quadrat sowohl in der Entwicklung des Kiefer- gelenkes als auch der Paukenhöhle eine Rolle spielt, so mußte des Zungenbeinbogens sowohl bei Besprechung der Genese der Columella auris, wie auch des Hyobranchial- apparates gedacht werden. Der zweite Visceralbogen findet demnach hier gleich dem Processus lingualis und dem Entoglossum nochmals Erwähnung. Der kleine Processus anterior lateralis des Hyo- branchialapparates ist der einzige Bestandteil dieses Skelettkomplexes, welcher auf den Zungenbeinbogen zurückzuführen ist; der übrige Teil des Bogens wird, wie geschildert, teils zur Bildung der Columella auris verwendet, teils zerfällt und verschwindet er. Die Hauptmasse des sogenannten Hyobranchialapparates der Schildkröten wird von dem III. und IV. Visceralbogen (I. und II. Branchialbogen) und ihren Copulae geliefert; von allen Visceralbögen bleiben diese am deutlichsten als solche erhalten und sind dementsprechend einwandfrei zu deuten. Anders steht es mit dem aboral folgenden visceralen Skelettmaterial, aus welchem der Kehlkopf hervorgeht; dessen Verfolgung durch die Ontogenese, seine Formung im einzelnen, seine Verschiebung gegen das übrige Visceralskelett und seine anschließende Differenzierung bilden den wichtigsten und zugleich schwierigsten Gegenstand dieser Untersuchung. Gelegentlich seiner vergleichend anatomischen Studie über die Epiglottis machte Gegenbaur,®) nachdem er auf die orale Verschiebung des Kehlkopfes auf vergleichendem 1) 0. Bender, Über Herkunft und Entwicklung der Columella auris bei Testudo graeca. Anat. Anz., Bd. 40, 1911. 2) O. Bender, Über die Entwicklung des Visceralskelettes bei Testudo graeca. I. Die Entwicklung des Kiefer- und des Zungenbeinbogens (Columella auris) und der Paukenhöhle. Abhandl. d. K. Bayer. Akad. d. Wiss., math.-phys. Kl., Bd. 25, Abhandl. 10, 1912. 2) C. Gegenbaur, Die Epiglottis. Eine vergleichend anatomische Studie. Leipzig 1892. 1* 4 Wege hingewiesen hatte, darauf aufmerksam, daß diese Verschiebung bei Amphibien, wenn auch in geringem Maße, auch in der Entwickelung zum Ausdruck komme. G. fügte dann hinzu: „Ob bei den Sauropsiden der Prozeß der Verlagerung des Kehlkopfes auch onto- genetisch sich darstellt, ist nicht bekannt.“ Auch in der Folgezeit schenkte man diesen Entwicklungsvorgängen keine Aufmerksamkeit und noch 1906 schrieb Göppert:!) „Für die Sauropsiden fehlt bisher noch die Untersuchung der Entwicklung des primären Laryngo- trachealskeletts, während sie für die Säugetiere (durch Nicolas 1894, Kallius 1897 und Göppert 1901) genauer bekannt geworden ist.“ In den seitdem erschienenen Arbeiten von Kallius?) über die Entwicklung der Zunge, in welchen sich auch einzelne Angaben über die Genese des Visceralskelettes finden, wird auf die Schildkröten kein Bezug genommen, doch konnten die Angaben über das dort verwendete Reptilienmaterial (Lacerta, Anguis) zum Vergleich herangezogen werden. Jüngst hat dann V. Schmidt?) über die Entwicklung des Kehlkopfes und der Luftröhre bei Reptilien berichtet. Schmidt haben neben einem größeren Saurier-Material auch einige Embryonen von Emys vorgelegen, doch betreffen seine Untersuchungen die frühesten Differenzierungsvorgänge an Speise- und Luftweg und schließen mit der Abspaltung des letzteren von ersterem ab; die Entwicklung des Visceral- skelettes und seiner Abkömmlinge wird dort also nicht mehr berücksichtigt. Die hier in Betracht kommende früheste Periode der Ontogenese reiht sich ziemlich genau an das älteste Stadium an, welches V. Schmidt in Betracht gezogen hat, die jüngsten Embryonen von Testudo graeca meiner Sammlung folgen ohne Lücke auf die ältesten Emys-Embryonen, welche Schmidt verwendet hat. Nur eine kleine Mitteilung von Fuchs*) über das Hyo- branchialskelett von Emys, welche ich bereits 1911 in meiner ersten Abhandlung’) über dieses Thema angeführt habe, enthält kurze Angaben über die Entwicklung des Hyo- branchialapparates von Emys; ferner ist dieselbe in einer Arbeit von Kunkel®) kurz berück- 1) E. Göppert, Die Entwicklung des Mundes und der.Mundhöhle mit Drüsen und Zunge; die Ent- wicklung der Schwimmblase, der Zunge und des Kehlkopfes bei den Wirbeltieren. Hertwigs Handbuch der vergleichenden und experimentellen Entwicklungslehre der Wirbeltiere, Bd. II, 1, 1906, spez. S. 84 bis 96. Vgl. dort auch die Literaturübersicht. 2) E. Kallius, Über die Entwicklung der Zunge bei Amphibien, Reptilien und Säugern. Anat. Hefte, Bd. 16, 1900; Bd. 28, 1905; Bd. 41, 1910. 3) V. Schmidt, Über die Entwicklung des Kehlkopfes und der Luftröhre bei Reptilien. Anat. Hefte, Bd. 48, 1913. #) H. Fuchs, Über das Hyobranchialskelett von Emys lutaria und seine Entwicklung. Anat. Anz., Bd. 31, 1907. 5) Anat. Anz., Bd.40, 1911, entgegen der Behauptung von Fuchs ebendort Bd. 43, S.61. F. hat sich endlich — erst 61/2 Jahre nach seiner Publikation und auf mehrmalige Nötigung hin — bereit gefunden, Angaben über sein damaliges Material zu machen, die sich natürlich nach so langer Zeit jeder Kontrolle entziehen, zumal, da sich F. unterdessen weitere Serien verschafft hat. F. weiß nun sehr gut, daß meine Bemerkungen sich ausdrücklich nur auf sein Material von 1907 bezogen haben, er wirft aber in seiner letzten Erwiderung an mich sein späteres Material mehrfach offenkundig mit dem von 1907 zusammen. Dieses Verfahren war F. eben nur deshalb möglich, weil er 1907 überhaupt keine Materialangaben gemacht hatte, infolgedessen jetzt nicht für eine solehe haftbar gemacht werden kann. Das Anfechtbare an dieser seiner damaligen Publikationsweise tritt durch seine Polemik erst recht zu Tage und bedarf keiner weiteren Erörterung. — Es sei hier gleich hinzugefügt, daß auch die oben zitierte Abhandlung von Fuchs keinen Einblick in sein damaliges Material gewährt. 6) B. W. Kunkel, The Development of the Skull of Emys lutaria. Journ. of Morphol., vol. 23, 1912, spez. S. 744—747. 5 sichtigt. Die Kehlkopfgenese wird auch in diesen Arbeiten nicht berührt. Ich befand mich also in dieser speziellen Untersuchung auf einem noch ganz unbearbeiteten Gebiet, Veranlassung genug, der Kehlkopfentwicklung der Schildkröten an einem reichhaltigen Material nachzugehen. Über den ausgebildeten Kehlkopf der Schildkröten besitzen wir Beschreibungen von Siebenrock,!) welcher auch Testudo graeca berücksichtigt hat, und ganz neuerdings von Ogushi,?) welcher den ausgebildeten Kehlkopf von Trionyr japonicus beschrieben hat. Letztere Abhandlung erschien nach Abschluß meiner Untersuchungen, wurde aber noch als willkommene Ergänzung meiner Resultate, soweit sie sich nur auf Präparation und Aufhellung des ausgebildeten Kehlkopfes beziehen, herangezogen. Desgleichen dienten die Arbeiten Shiinos®) und Ogushist-®) über die Hirnnerven einiger Schildkröten als wert- volle Unterstützung. Es sei aber hier gleich bemerkt, daß besonders die Beschreibung der Äste des Facialis und des Glossopharyngeus Ogushis (Morph. Jahrb., Bd. 46, 8. 469—476) im wesentlichen nur meine früheren Angaben (Semons Reisen 1906, S. 338—390) bestätigt, was Ogushi aber dort nicht erwähnt hat, und daß ferner Einzelheiten aus meiner Beschrei- bung des Verlaufes der von mir zuerst bei Schildkröten geschilderten Chorda tympani, die Ogushi besonders beanstandet hat, von mir schon 1912 (Abh. d. K. B. Akad., Bd. 25, Abh. 10, S. 40) ausdrücklich richtig gestellt worden sind. Ogushi war diese Arbeit bei Abfassung seiner 1!/s Jahre später erschienenen Abhandlung offenbar nicht bekannt. Viele Anregung verdanke ich endlich dem letzten umfassenden Werk Gaupps”) über die Reichertsche Theorie; besonders die dort ausgeführten Gedanken über die Knorpelgenese und ihre mor- phologische Beurteilung, auf die ich schon 1912 gelegentlich eingegangen bin, finden durch die folgenden Ergebnisse manche weitere Bestätigung. Mein Material ist unterdessen auf 28 Serien angewachsen; die neu hinzu gekommenen gehören den älteren Stadien der Knorpelbildung und der beginnenden Verknöcherung an. Selbstverständlich handelt es sich ausschließlich um Embryonen, an welchen die Skelett- entwicklung zu studieren ist. Wollte ich alle Embryonen hier anführen, welche „in meinen Händen gewesen sind“, wie es Fuchs mir gegenüber getan hat, so würde ich auf weit über 300 Exemplare derselben Spezies kommen. Eine Materialangabe hat aber natürlich nur insofern Wert, als sie sich auf das tatsächlich untersuchte Materal bezieht. Betreffs der Konservierung und anderer technischer Einzelheiten sei auf meine Mitteilung von 1912 verwiesen. Die mikroskopischen Befunde wurden wiederum durch die makroskopische Unter- suchung besonders starker erwachsener Exemplare mit Hülfe der Lupe und des Aufhellungs- 1) F. Siebenrock, Über den Bau und die Entwicklung des Zungenbeinapparates der Schildkröten. Annalen d. naturhist. Hofmus., Bd. 13, 1898. 2) K. Ogushi, Der Kehlkopf von Trionyx japonicus. Anat. Anz., Bd. 43, 1914. 3) K. Shiino, Beitrag zur Kenntnis der Gehirnnerven der Schildkröten. Anat. Hefte, Bd. 47, 1912. *) K. Ogushi, Anatomische Studien an der japanischen dreikralligen Lippenschildkröte (Trionyx japonieus. I. Mitteil. morph. Jahrb., Bd. 43, 1911. 5) K. Ogushi, Zur Anatomie der Hirnnerven und des Kopfsympathieus von Trionyx japonicus. Morphol. Jahrb., Bd. 45, 1913. 6) K. Ogushi, II. Mitteil., Muskel- und peripheres Nervensystem. Morphol. Jahrb., Bd. 46, 1913. ?) E. Gaupp, Die Reichertsche Theorie. Hammer-, Ambo&ß- und Kieferfrage. Archiv f. Anat. und Entwicklungsgesch., Anat. Abt., 1912, Suppl.-Bd. 6 verfahrens nach Lundvall!) und Spalteholz?) ergänzt. Auch wurde eine Reihe neuer Wachs- plattenmodelle angefertigt, welche auf den Tafeln wiedergegeben worden sind. Die Modelle sind wieder absichtlich mit Angabe der einzelnen Platten und ohne jede verschönernde Glättung gezeichnet worden, da sie meines Erachtens so der Wahrheit am nächsten kommen, und ich kann in diesem Verfahren ganz und gar nicht eine „überflüssige, ja schädliche pedantische Geschmacklosigkeit“ sehen, wie es Kallius?) früher einmal bezeichnet hat. Mit dem Moment, in dem man anfängt, die Plattenstufen zu glätten und auszugleichen, ist der Willkür Tür und Tor geöffnet, und kann keine Übereinstimmung des Modells mit dem modellierten Objekt mehr gewährleistet werden. Die Textfiguren zeichnete Frl. S. Bachhammer, die Tafelfiguren wiederum Herr Kunst- maler F. Skell in München. Beiden Mitwirkenden bin ich für die verständnisvolle und künstlerisch feine Ausführung zu großem Dank verpflichtet. Die Disposition der Abhandlung ist die gleiche wie früher. Zunächst wird die Ent- wicklung an Hand der einzelnen Stadien abgehandelt werden; daran schließen sich Zusammen- fassungen und Schlußbetrachtungen an, in deren Mittelpunkt die Herkunft und das Werden des Kehlkopfes bei Testudo graeca an sich und im Vergleich mit anderen Reptilien und mit Säugern stehen werden. Endlich wird nochmals die Knorpelgenese im allgemeinen berührt werden. Beschreibender Teil. I. Visceralspaltenstadium, Schon im ersten Teil dieser Untersuchungen wurde berichtet, daß in diesem Stadium, welches vier nach außen sich öffnende Visceralspalten und den Rest einer fünften zeigt, die als blinde Ausbuchtung der vierten erscheint, noch keine deutlichen Skelettblasteme zu erkennen sind. Bezüglich der sonstigen äußeren Merkmale dieser Embryonen und des Zustandes der Visceralspalten sei, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, auf die Tafelfiguren 1, 2, 12 und 13 der letzten Abhandlung verwiesen. Besonders im Bereiche der zukünftigen Kehlkopfanlage herrschen noch ganz unklare Verhältnisse, aber auch in der Gegend des Hyobranchialapparates versucht man vergeblich, eine bestimmte Formung der Zellmassen herauszufinden. Nur in der ventralen Mittellinie ist schon jetzt eine bestimmte Anordnung der Bildungszellen zu einem sagittal verlaufenden Strang zu erkennen, der jedoch erst von den nächst älteren Embryonen des ausgesprochenen Blastemstadiums in den Textfiguren 1 und 2 deutlich erkennbar abgebildet werden konnte. Dieser mediane Strang, welcher wohl aus der soliden Epithelplatte hervorgeht, deren Entstehung V. Schmidt bei jüngeren Embryonen in der Medianebene der ventralen Pharynx- wand nachgewiesen hat, liegt dorsal von dem erst später hervortretenden Hyobranchial- körper und erstreckt sich vom Öralrande des zukünftigen Kehlkopfeinganges, welcher zu 1) Lundvall, Über Demonstration embryonaler Knorpelskelette. Anat. Anz., Bd. 25, 1904, und Bd. 27, 1905. 2) W. Spalteholz, Über das Durchsichtigmachen von menschlichen und tierischen Präparaten. Hirzel, Leipzig 1911. 3) Anatom. Hefte, Bd. 16, S. 535, 1901. 7 dieser Zeit völlig aboral von der gesamten Anlage des Hyobranchialapparates gelegen ist, über diese ganze Anlage hinweg bis zu ihrem Vorderende, der Gegend des in Bildung begriffenen Processus lingualis hyoidei. Der Zellstrang ist unpaar, in der Mitte sehr schmal; nur seine beiden Enden, das laryngeale (aborale) und das linguale (orale), wie wir sie bezeichnen wollen, sind zwiebelförmig verdickt. Die Zellen des Stranges zeigen sagittal gestellte, spindelförmige Kerne, welche sich hierdurch und durch ihre dunklere Färbung von den ihm ventral eng anliegenden Blastemmassen des Hyobranchialapparates auffällig absetzen. Dieser Zellstrang wird sich durch alle Phasen der Entwicklung des Visceralskelettes verfolgen lassen, er wird später durch Längsspaltung paarig werden, und wir werden aus ihm die Frenula glottidis hervorgehen sehen. Die Entwicklungs- geschichte der Frenula glottidis wird sich als ein besonders brauchbares Kriterium für die Herkunft und auch als ein zuverlässiger Wegweiser für die Oralwanderung des Kehl- kopfes erweisen. Wir haben zunächst bemerkt, daß dieser Zellstrang bei seinem ersten Hervortreten bis in die aboral von der Anlage des Hyobranchialapparates befindliche Gegend reicht, wo zu dieser Zeit der Luftweg sich eben vollständig vom Speiseweg emanzipiert hat. Dieses laryngeale Ende bildet bei der bald einsetzenden Vorwanderung der Kehlkopfanlage das punetum mobile, der linguale Ansatz des punctum fixum dieses Stranges, an welchem die ganze Kehlkopfanlage nun über die Anlage des Hyobranchialkörpers hinweg oralwärts gezogen wird. Denkt man sich die Kehlkopfanlage als ein Schiff, die Frenula-Anlage als ein Tau, welches am Vorderende des Schiffes befestigt ist, vermittelst dessen das Schiff nach einem festen Punkt, der Basis des Processus lingualis vorgezogen wird, so dürfte diese Vorstellung der Kehlkopfwanderung ziemlich gerecht werden. Je weiter das Schiff vorrückt, desto kürzer wird das Tau werden, und eben diese Verkürzung werden wir bei Oralwanderung des Kehlkopfes an der Frenula-Anlage beobachten können. Die dem Zellstrang anliegenden diffusen Blastemmassen beginnen am verdickten lingualen Ende desselben einen kurzen Fortsatz zu formieren, die erste Andeutung des Processus lingualis. Dieser Fortsatz des Hyobranchialapparates tritt zuerst in die Erscheinung und zwar von Anfang an als unpaarer, solider Zapfen. Weder in diesem Entwicklungsstadium, noch später wurde ein deutlicher medianer Längsspalt bemerkt, welcher den Processus in zwei Längsleisten teilen und auf eine ursprünglich paarige Anlage hinweisen würde, wie ihn Fuchs und Kunkel bei Emys beschrieben haben. Über die sonstigen Anfänge des Visceralskelettes ist noch wenig zu sagen. Der ganze Zellkomplex verharrt noch im indifferenten Zustand, nur zuweilen lassen sich Zell- streifen herausfinden, welche das baldige Erscheinen der Visceralbögen!) anmelden. Am deutlichsten sind diese Anfänge am Hyoidbogen zu bemerken, also gerade an demjenigen Bogen, welcher als solcher bei T. graeca niemals auch nur die Vorknorpelstufe zu erreichen scheint, sondern, soweit er nicht in dem Gehörknöchelchen aufgeht, schon am Ende des Blastemstadiums bis auf den kleinen Ventralrest wieder verschwindet. Von der Kehlkopfanlage ist zu dieser Zeit nur das in die Mundhöhle sich öffnende, von mehrschichtigem Zylinderepithel ausgekleidete Lumen zu erkennen, welches ventral !) Der Ausdruck „Visceralbogen“ ist hier wie 1912, stets für den Skeletteil, resp. dessen Anlage gebraucht. 8 und lateral von noch ganz unklaren Zellverdichtungen umgeben ist; in der dorsalen Cir- cumferenz des Luftweges findet sich nur embryonales Bindegewebe. Die Zellverdichtungen sind längs der Anlage der späteren Trachea bis zur Gabelung in die beiden Bronchien zu verfolgen. Proc. ling. Frenula-Anl. prox. Ende ling. Ende I. Br. Sp. I. Br. Art. ll. Br. Bg. Il. Br. Art. ll. Br. Sp. II. Br. Bg. III. Br. Art. 111. (+ IV.) Br. Sp: Carot. Frenula-Anl. lar. Ende Blast.d. Arywulst. Lar. Fig. 1. Embryo Z1, Horizontalschnitt, Blastemstadium. Winkel 2, Oc. 2, M. T. Vergr. 3:4. Der ganze Luftkanal einschließlich der Mündung in die Mundhöhle mit den ihn umlagernden Blastemmassen liegt zu dieser Zeit aboral von der Anlage des Hyobranchial- apparates. Im folgenden Stadium der ausgebildeten Blasteme wird sich zeigen, daß sich zwischen dem aboralen Ende des Hyobranchialapparates und dem oralen Ende der Kehl- kopfanlage sogar eine Lücke bemerkbar macht, die auch an einem Modell des Visceral- skelettes im Blastemstadium deutlich hervortritt (vgl. Taf. I, Fig. 1), worauf noch zurück- zukommen ist. Noch eine andere Beobachtung, welche gleichfalls erst im nächsten Stadium klar zum Ausdruck kommt, muß hier schon vermerkt werden, da sie an einem Embryo dieser Kategorie schon zu erkennen ist. Die Zellmassen zur Seite des Luftkanals ziehen sich nämlich in Höhe der späteren Kehlkopfanlage beiderseits in zwei kurze Fortsätze aus, 9 welche aboral und medial von dem blinden Lumen der IV. Visceraltasche gelegen, von oral und medial nach aboral und lateral gerichtet sind, somit nach Lage und Form der Anlage eines rudimentären Visceralbogens sehr ähnlich und tatsächlich einen solchen anzu- deuten scheinen. Proximal gehen diese Bogenrudimente, wie man sie bezeichnen kann, in die Zellmassen über, welche den Luftweg umlagern. Genaueres wird sich bei Betrachtung des folgenden Entwicklungsstadiums ergeben. Schon jetzt sind demnach die ventralen Teile der Blastemmassen, in welchen, wie sich zeigen wird, neben den Skelettanlagen auch die Bildungszellen für den Bandapparat und die Muskulatur der Visceralbögen enthalten sind, ganz allgemein den dorsalen Teilen voraus. Das wird weiterhin so bleiben; ein besonders treffendes Beispiel hierfür wird die Genese des Cricoides liefern. 1I. Auftreten von Skelettblastemen. 8 Embryonen (Taf. I, Figg. 1 und 2, Textfigg. 1-8). Das Äußere dieser Embryonen wurde schon 1912 (S. 7 und 8) dahin gekennzeichnet, daß dieselben einen deutlich abgrenzbaren Rückenschild besitzen, dessen Länge zwischen 5,5 und 6,2 cm schwankt. Die Extremitäten sind in einen proximalen und einen distalen Abschnitt gegliedert, das Ende des letzteren ist ruderblattförmig verbreitert. Phalangen- bildung fehlt noch. Offene Visceralspalten sind nicht mehr sichtbar. Unter dem Rand des Gewebslappens, welcher von der Hinterkante des Hyoidbogens aboralwärts vorgewachsen ist, münden die beiden ersten Branchialspalten gemeinsam. Die dritte Branchialspalte haftet noch vermittelst eines schmalen Epithelstreifens am Ektoderm und ist zu einer kleinen blinden Tasche reduziert. Die vierte Branchialspalte (V. Visceralspalte) ist völlig obliteriert. Die Schnitte sind vorwiegend parallel zur Längsachse des Unterkiefers, also nach Möglichkeit quer zur Längsrichtung der Visceralbögen gelest, denn da ein Modellieren dieser frühen Stadien der Skelettgenese mangels Schärfe der Blastemumrisse nur selten möglich ist, kam es darauf an, das, was im Embryo in oral-aboraler Reihenfolge ange- lest wird, auch in den Schnitten in dieser Anordnung vor sich zu haben. Nur von zwei Embryonen konnte diese Gegend modelliert werden; ich verweise wiederum auf das bereits 1912 Taf. V, Fig. 18 abgebildete Modell des Visceralskelettes von Embryo Z 1 auf Taf.I, Fig. 1, welches den Hyobranchialapparat und die Kehlkopfanlage noch hinter- einander liegend zur Anschauung bringt und auf das neu angefertigte Modell dieses Skelettsystems von Embryo 5a auf Taf. I, Fig. 2, welches aber schon ein etwas späteres Stadium, nämlich die beiden Skelettkomplexe bereits teilweise ineinander liegend wiedergibt. Es bleibt eben stets zu berücksichtigen, daß, wenn sich auch das Visceralskelett dieser Embryonen im wesentlichen auf der Stufe ausgebildeter, d. h. abgrenzbarer Blasteme befindet, sich natürlich stellenweise auch Übergänge von früheren und zu späteren Zuständen darunter finden, die Einteilung in Kategorien also immer eine etwas künstliche, zur Erleich- terung der Besprechung getroffene Maßnahme bleiben muß. Die Schilderungen von Kallius und V. Schmidt erleichterten besonders die Beurteilung der Vorgänge, welche sich zwischen dem hinteren Zungengrund und dem Kehlkopfeingang abspielen und welche deshalb schwerer zu verstehen sind, weil in dieser Gegend sehr bald erhebliche Verschiebungen stattfinden, dieselbe infolgedessen lange Zeit in ihrer Ge- staltung unbestimmt bleibt. Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 2. Abh. i 2 10 Werfen wir zunächst einen orientierenden Blick auf die allgemeine Gestaltung des Mundhöhlenbodens, wie er sich zu dieser Zeit darbietet, und wie er zum Verständnis der Kehlkopfentwicklung notwendig erscheint, ohne dabei auf die übrigen Mundhöhlenteile oder auf Einzelheiten einzugehen, welche über das hier gestellte Thema hinausgehen würden. Den vorderen Abschnitt des Mundhöhlenbodens nehmen die durch eine seichte mediane Furche getrennten Zungenwülste ein, die hier außer acht bleiben sollen. Weiter hinten verflachen diese Wülste und rücken gleichzeitig lateralwärts auseinander. Zwischen den divergierenden Hinterlappen der Zungenanlage erscheint nun eine schmale, wiederum sagittal gestellte Erhebung, welcher, wie am besten auf Querschnitten zu sehen ist, ein rundlicher Zellstrang zu Grunde liegt: die schon erwähnte Anlage der Frenula glottidis, hervorgegangen aus der soliden Epithelplatte, welche sich bei jüngeren Embryonen in der Medianebene der zentralen Pharynxwand herausbilde. Noch weiter hinten verflacht diese Leiste immer mehr, und der Mundhöhlenboden erscheint während einer kurzen Strecke nur leicht konvex gewölbt; hier liegt im Gewebe dicht unter der Schleimhaut der Körper des Hyobranchialapparates. Am aboralen Rand des letzteren öffnet sich zu dieser Zeit die Glottis in die Mundhöhle. Die Öffnung liegt zunächst noch ganz im Niveau des Mundhöhlenbodens und beeinflußt das Relief derselben anfangs ebensowenig, wie die Anlage des davor sich bildenden Hyobranchialkörpers. Erst allmählich rufen die sich bildenden Arywülste zu beiden Seiten des Glottisspaltes niedrige Wölbungen hervor, welche den Spalt lippenförmig umschließen. Die Niveaubeeinflussung des Rachenbodens durch die Kehlkopfanlage ist zu dieser Zeit also minimal. Die Anlagen des Hyobranchialkörpers und des Kehlkopfes liegen hintereinander noch völlig im Niveau des Rachenbodens; erst mit dem Anwachsen der Arywülste und dem oralen Vorrücken der Kehlkopfanlage macht sich eine intensivere Vorwölbung derselben am Rachenboden bemerkbar. Die Kehlkopf- anlage hebt sich dann schnell über das Niveau des Hyobranchialkörpers empor und schiebt sich nun dorsal über denselben hinweg oralwärts. Je höher die walzenförmige Kehlkopf- anlage am Mundhöhlenboden hervorwächst, desto tiefer erscheinen die beiderseitigen, oral konvergierenden Furchen zwischen Kehlkopf und hinteren Zungenlappen, die Sulcus laryngei laterales; je weiter der Kehlkopf oralwärts vorrückt, desto schmäler werden dieselben. Einzelne Phasen dieser Veränderungen des Rachenbodens durch die Kehlkopfentwicklung werden sich aus Modellen älterer Embryonen ersehen lassen. Das Blastemstadium des Visceralskelettes, dessen Untersuchung an einer größeren Zahl von Embryonen sich schon für die Frage nach der Herkunft der Columella auris als besonders wichtig, ja entscheidend erwiesen hat, gewinnt auch für die Beurteilung der Herkunft des Kehlkopfskelettes erhöhte Bedeutung. Dieses Stadium zeigt uns näm- lich, wie schon angedeutet wurde, die Anlagen des Hyobranchialapparates und des Kehlkopfes nicht ineinander, wie späterhin, sondern noch hintereinander; die letztere liegt aboral von ersterer. Die beiden Skelettcomplexe befinden sich also zueinanderin einer Lage, die aufzufinden man erhoffen mußte, wenn man für die Herleitung des Kehlkopfskelettes aus aboralem Visceralbogen- material einen Nachweis erbringen wollte. Im einzelnen ergibt sich folgendes. Zunächst ist vorauszuschicken, daß sich zwar die Anlage des Visceralskelettes aller Embryonen dieser Kategorie im Blastemstadium befindet, und dieser Umstand berechtigt dazu, sie gemeinsam zu besprechen. Weiter ist aber zu beachten, daß sich trotzdem teilweise Jal beträchtliche Unterschiede innerhalb dieser Gruppen ergeben, welche u. a. besonders die Lage der Kehlkopfanlage zu derjenigen des Hyobranchialapparates betreffen und welche zeigen, daß einmal eine gewisse Variationsbreite in der Entwicklung der Skeletteile herrscht, daß sich ferner die mit der Entwicklung einhergehenden Verschiebungen offenbar sehr schnell vollziehen, so daß zwischen Embryonen, deren Visceralskelett sich auf gleicher Entwicklungsstufe befindet, dennoch oft erhebliche Unterschiede in der Ausdehnung und Lagerung dieser Teile zueinander bestehen. Da es unmöglich ist, alle diese Übergänge zu schildern, so muß innerhalb dieser Gruppe nochmals zwischen jüngeren und älteren Embryonen unterschieden werden. Mundhöhle - Proc. ling. hy. 2 N e Hyoid Bg. —N 5 YA I. Br. Sp. I. Br. Art. I. Br. Bg. 1. Br. Sp. I. Br. Art. Il. Br. Be. II. Br. Sp. IM. Br. Art. Fren. slott. Musk. Blast. d. Arywulst. Lar. Skel. Blast. Phar. d. Arywulst. Fig. 2. Embryo Z1, Horizontalschnitt, Blastemstadium. Winkel 2, Oc. 2, M.T. Vergr. 1:1. 5 12 1. Bei den jüngeren Embryonen sieht man zum Teil noch die ersten beiden Branchial- spalten nach außen münden; das Nähere hierüber ist in der Abhandlung von 1912 erörtert worden. Auch die meist vom Ektoderm schon abgeschnürten und stets zusammenhängenden Reste der dritten und vierten Branchialtasche sind noch überall nachweisbar und ermög- lichen es, jedes auftretende Skelettblastem einem bestimmten Visceralbogen zuzuweisen. Man vergleiche hierfür wieder die Tafelfig. I, 1 und die Textfig. 1 und 2. Die Anlage des Hyobranchialapparates steht durchgehends im Blastemstadium, nur bei einigen der älteren Embryonen zeigen sich am ersten Branchialbogen bereits Über- gänge in Vorknorpel. Der Körper dieser Skelettanlage (Textfig. 2), welcher den ver- schmolzenen Copulae dreier Visceralbogenpaare entspricht, ist zu dieser Zeit noch sehr unklar in seiner Form und bleibt hinter den mit ihm zusammenhängenden Bogenanlagen etwas zurück. Am deutlichsten sind die lateralen Partien zu erkennen, wo die Blastem- zellen dichter liegen, während die Mitte des Körpers viel zellärmer und dadurch lichter erscheint. Die ganze Blastemmasse hängt jedoch zusammen und läßt keine Lücken erkennen, vor allem findet sich keine Unterbrechung in der Medianen, welche für eine Anlage des Körpers aus zwei anfänglich getrennten Hälften sprechen würde, wie sie Fuchs bei Emys beschrieben und abgebildet hat, während Kunkel, welcher dieselbe Spezies untersuchte, nichts davon erwähnt. Das Unbestimmtbleiben der Mitte des Blastems ist bei Testudo gr. wohl so zu verstehen, daß gleich bei der ersten Anlage jene Partien ausgespart bleiben, an deren Stelle später das auch bei anderen Schildkröten bekannte große Fenster im Körper des Hyobranchialapparates auftritt, welches bei Testudo graeca besonders ausge- sprochen ist. Die Anlage des Processus lingualis bildet gleichsam die orale Spitze des Körpers. Das Blastem des Fortsatzes (Textfig. 2) sitzt dem Körper, in welchen es kontinuierlich übergeht, mit breiter Basis auf und ragt als kurzer konischer Zapfen in den hinteren Abschnitt der Zungenanlage hinein. Der Fortsatz ist unpaar, wie bei seinem ersten Auf- treten; nichts deutet auf eine ursprüngliche paarige Anlage. Von der Frenula-Anlage wird weiter unten die Rede sein. Die Visceralbögen (Textfig. 1 und 2) sind um diese Zeit in gewissem Sinne am vollständigsten vorhanden, denn es existiert nächst der Kieferbogenanlage ein Zungenbein- bogen, welcher in ganzer Ausdehnung als fast einheitlicher Blastemstreifen erkennbar ist, wie 1912 eingehend geschildert wurde. Es folgen dann die Blasteme der Branchialbögen, von welchen hier in erster Linie gesprochen werden soll. Der erste Branchialbogen ist dem zweiten von Anbeginn an etwas voraus und bleibt es bis zur vollen Ausbildung. Das Bastem des Bogens (Textfig. 2) nimmt eine annähernd frontale Stellung ein; vor dem- selben klafft die noch ansehnliche erste, hinter ihm die zweite Branchialspalte; an seinem aboralen Rand zieht die erste Branchialarterie. Das Blastem ist meist schon abzugrenzen und geht ventral unmittelbar in die Anlage des Körpers über. Die Zellmassen, welche den zweiten Branchialbogen bilden, machen noch einen diffuseren Eindruck. Die Umrisse der Bogenanlage sind stellenweise noch unklar. Der Bogen liegt, begleitet von dem zugehörigen Branchialgefäß, in dem zwischen zweiter und dritter Branchialspalte gelegenen Septum, und ist etwas mehr aboralwärts gerichtet, wie der erstere; sein Zusammenhang mit dem Körper ist der gleiche, seine Längenausdehnung dagegen geringer, wie beim ersten. 13 Aboral von der Ansatzstelle des zweiten Branchialbogens dehnt sich median das in seiner Form noch verschwommene Hinterende des Hyobranchialkörpers bis in die Nähe der Glottisspalte hin aus. Mehr lateral gewahrt man beiderseits eine blastemfreie, nur vom Bindegewebe eingenommene Lücke (vgl. auch Taf. I, Fig. 1); noch weiter lateral liegen dann die stets mehrzipfeligen, zusammengeflossenen Reste der dritten und wohl auch der vierten Branchialtasche. Die Fig. 13 auf Taf. III der Abhandlung von 1912, in welcher die Form und Ausdehnung der Visceralspalten auf dieser Entwicklungsstufe im Modell dargestellt sind, zeigt, daß tatsächlich eine rudimentäre vierte Branchialtasche, von vorn- herein im Zusammenhang mit der dritten, angelegt wird. Zieht man dazu die blastem- freie Lücke, welche auf den zweiten Branchialbogen folgt, in Betracht, so wird man den Grund für das Zusammenfließen der beiden Taschenreste unschwer auf den hier erfolgten Ausfall eines Visceralbogenpaares zurückführen können. Dann erst folgt aboral die Kehlkopfanlage; diese wird auf dieser Entwicklungs- stufe im wesentlichen durch die Arywülste dargestellt, welche das orale Ende des Luft- weges umfassen. Die für die Einzelheiten des definitiven Kehlkopfes gebräuchlichen Bezeich- nungen werden hier vorerst nur mit einer gewissen Einschränkung angewendet, denn die ganze Anlage hat ja bis jetzt weder ihre endgültige Form, noch ihre bleibende Lage ein- genommen; sie wird weiterhin nicht nur ganz umgeformt, sondern auch ganz erheblich verschoben werden. Wenn also jetzt schon z. B. von der Glottis die Rede ist, so ist dabei im Auge zu behalten, daß damit für diese ganz frühen Zustände eine Bezeichnung gebraucht wird, welche erst auf den endgültigen Zustand zutrifft; nur auf diese Weise ist die Ein- führung neuer Ausdrücke zu umgehen. Die Arywülste. Am aboralen Ende des Hyobranchialapparates tritt ein neues großes Blastem auf, welches auf Querschnitten, die etwa durch die Mitte desselben gelegt sind, eine annähernd runde, dorso-ventral leicht abgeplattete Form zeigt. Das Blastem umschließt das ovale Lumen des in Bildung begriffenen Kehlkopfes; das Lumen liegt exzentrisch, mehr innerhalb der Dorsalhälfte des Blastems. Durchmustert man die Serien, um sich die Form des Blastems plastisch vorstellen zu können, so konstatiert man, daß die ganze Anlage die Gestalt einer von oben etwas abgeplatteten Walze hat, welche sich oral in zwei stumpfe Enden verjüngt, aboral sich aber in ziemlich unveränderter Konfiguration, nur im ganzen schmäler, in die spätere Luftröhre fortsetzt. Dann aber fällt etwa in der Mitte der Ary- wülste jederseits ein kurzer dicker Fortsatz auf (Textfigg. 2—6 und 8, Taf. I, Fig. 1), welcher sich von der lateralen Circumferenz des Blastems nach aboral und lateral erstreckt, mithin dem Blastem des zweiten Branchialbogens annähernd parallel verläuft. Dieser Fort- satz wurde bei der Mehrzahl dieser Embryonen beobachtet, kann demnach keine Zufälligkeit sein, sondern kommt wohl regelmäßig zur Ausbildung, wenn die Blastemmassen der Ary- wülste erst einmal eine bestimmte Form angenommen haben. Genannter Fortsatz liegt zwischen dem Rest der IV. Branchialtasche (V. Visceraltasche) und dem Kehlkopflumen, entspricht demnach auf dieser Entwicklungsstufe nach Form und Lage einem rudimentär angelegten aboralen Visceralbogen; von dem nächsten oral gelegenen Bogen, dem zweiten Branchialbogen trennt ihn die erwähnte blastemfreie Lücke. In der Begleitung dieses Bogen- rudimentes verläuft stets die dritte Branchialarterie, welche ebenfalls durch die oral von ihr gelegenen Reste der III. und IV. Branchialtasche von dem zweiten Bogen und seiner Arterie geschieden ist; ein weiteres Moment, welches für die Auffassung dieses Fortsatzes 14 als ventrales Visceralbogenrudiment zu sprechen scheint. Der Umstand, daß diese bogen- ähnliche Anlage viel kürzer ist, wie die vorhergehenden und daß sie bald wieder ver- schwindet, wird diese Annahme kaum beeinflussen können. Phar. Rima slott. Blast. d. Arywulst. Na; Blast. Bogenrudim. d. Arywulst. Bronch. Fig. 3. Embryo 79d, Horizontalschnitt, Blastemstadium. Winkel 2, Oc. 2, M. T. Vergr. 1:1. Abgesehen davon, daß eine andere Erklärung für diese Fortsatzbildung kaum zu geben wäre, gewinnt die vorgetragene Auffassung auch durch vergleichend anatomische Erwägungen an Wahrscheinlichkeit. Die gegenüber den Branchialbögen etwas veränderte Verlaufs- richtung, — der Fortsatz schlägt eine mehr sagittale Richtung ein, — dürfte kaum gegen die genannte Deutung sprechen, denn wir wissen, wie schon bei Amphibien die aboralsten rückgebildeten Visceralbögen bei der fortschreitenden Reduzierung des Kiemenkorbes in aboral-medianer Richtung zusammengeschoben werden. Dabei resultiert dann eine Ver- laufsrichtung derselben, welche der des hier beschriebenen Fortsatzes entspricht. Ferner kennen wir gerade bei Schildkröten Hyobranchialapparate, bei welchen schon die zweiten Branchialbögen in einer unserem Fortsatz analogen Stellung angetroffen werden; auch bei T. graeca verläuft der zweite Branchialbogen nach völliger Ausbildung beiderseits fast parallel mit der Trachea. Da& es sich nur um ventralen Rest eines Bogens handeln kann, legt außer dem Zusammenhang des Gebildes mit dem Arywulst auch die Vergleichung nahe, denn die Ventralabschnitte der Visceralbögen sind allenthalben im Wirbeltierreich die länger persistierenden, während die Dorsalabschnitte früher der Rückbildung verfallen. Wenden wir uns nun zur histologischen Betrachtung der in den Arywülsten ent- haltenen Blastemmassen. Wie erwähnt, umfassen dieselben das etwas exzentrisch gelegene Lumen nahezu ringförmig. Innerhalb der Zellmassen lassen sich zwei deutlich zu trennende Schichten unterscheiden, eine innere, hellere Zellschicht, welche das Lumen eirculär umgibt, 15 ventral und lateral am dieksten, dorsal aber erheblich dünner ist, so daß das Lumen hier nur von einem schmalen Zellstreifen umgeben wird. Dieser inneren Schicht lagert eine äußere, sehr zellreiche, sich dunkler färbende auf, umfaßt die innere jedoch nur ventral und seit- lich und dehnt sich auch auf die soeben beschriebenen, kurzen seitlichen Fortsätze aus. Dorsal fehlt die innere Schicht also; sie stellt im ganzen einen dorsal offenen Halbring dar, dessen oberer Rand in den Fortsätzen sein Ende findet. Das dorsale Drittel der Wandung des Lumens zwischen den beiden Fortsätzen wird also nur von jener dünnen Stelle der inneren Schicht gebildet. Besonders dicht drängen sich die Bildungszellen in der ventralen Mittellinie und hier wieder vornehmlich nahe dem Oralrande, welcher an die benachbarte Änlage des Hyobranchialapparates stößt. Dort kann man schon jetzt zuweilen eine kon- zentrische, zwiebelschalenartige Anordnung der Zellen beobachten, welcher bald deutlicher wird; es ist die Stelle, an welcher sich zuerst innerhalb der ganzen Anlage eine Skelett- differenzierung ergeben wird. Es kann keinem Zweifel begegnen, daß die ganze beschriebene Bildung, welche das Oralende des Luftweges umfaßt, mit den bei anderen Reptilien und bei Säugern geschil- derten Arywülsten identisch ist. Die blastematösen Zellmassen, welche den Wülsten zu Grunde liegen, enthalten das Anlagematerial für das gesamte Skelett und die Muskulatur des zukünftigen Kehlkopfes. Das Bemerkenswerteste, welches die Untersuchung dieses Studiums lehrt, sind zwei Dinge; nämlich erstens der deutliche Nachweis, daß die Arywülste, also die ganze Kehlkopfanlage ursprünglich aboralvon der desHyobranchialapparates liegen; sodann die Beobachtung eines zu dieser Zeit ziemlich deutlichen Fort- satzes, welcher den Arywülsten seitlich aufsitzt, und wohl nur als Andeutung eines Visceralbogenfragmentes gedeutet werden kann. Es entsteht nun die Frage, um welches Visceralbogenpaar es sich in diesen rudi- mentär angelegten und alsbald wieder verschwindenden Bogenfragmenten handelt. Da auf diesen Punkt am Schluß näher eingegangen werden muß, sollen hier nur diejenigen Momente kurz zusammengestellt werden, welche das vorliegende Stadium zur Beantwortung dieser Frage bis jetzt an die Hand gegeben hat. Zunächst ist daran zu erinnern, daß das zweite Branchialbogenpaar als Teil des Hyobranchialapparates angelegt wird und, wie bekannt, auch als solcher bestehen bleibt. Dieses Bogenpaar, welches bei Säugern bekanntlich in die Kehlkopfbildung mit einbegriffen wird und bei der Formation des Thyreoides Ver- wendung findet, ist also im Kehlkopf der Schildkröten nicht enthalten. Es folgen dann aboral die zusammenhängenden Reste der dritten und vierten Branchialtasche (IV. und V. Visceraltasche). Ebendort wurde die Lücke in den blastematösen Anlagen des Visceral- skelettes bemerkt. Zusammengenommen sprechen diese Symptome dafür, daß an dieser Stelle mindestens ein Bogenpaar, das fünfte, ausgefallen ist. Das steht ferner mit den analogen Beobachtungen, welche Kallius bei anderen Reptilien (Lacerta, Anguis) gemacht hat, in bestem Einklang. Dort wird zwar das fünfte Bogenpaar zunächst noch angedeutet, ist aber sehr klein und verschwindet, noch ehe es in Vorknorpel übergeführt ist. Zur Bestimmung des Bogenderivates, welches als vorübergehende Erscheinung an den Ary- wülsten festgestellt wurde, muß also mindestens auf das sechste Visceralbogenpaar zurück- gegriffen werden. Für die Annahme, daß noch mehr wie ein Bogenpaar an dieser Stelle ausgefallen sei, sind vorerst keine Nachweise zu erbringen. Man wird demnach die 16 Blastemmassen, welche in den Arywülsten der Schildkröten enthalten sind, in Analogie mit den Ergebnissen bei Lacertilien genetisch nur auf das Bil- dungsmaterial des sechsten Visceralbogenpaares zurückführen können; die Andeutung eines Bogenpaares im Bereich der Arywülste verleiht dieser Annahme vorübergehend einen morphologisch greifbaren Ausdruck. ‚Die Anlage der Frenula glottidis bedarf noch einer besonderen Besprechung. Dieselbe wird im allgemeinen bei allen Embryonen dieser Gruppe auf derselben Entwick- lungsstufe angetroffen. Auf Querschnitten erscheint die Anlage als niedriger, sagittal gestellter Wulst, auf Horizontalschnitten tritt sie dorsal vom Hyobranchialkörper in ganzer Längenausdehnung auf (Textfäg. 1, 2, 5—7). Die kleine Längsleiste erstreckt sich vom Vorderrand des Hyobranchialkörpers über diesen hinweg bis zum Vorderrand der Arywülste. Histologisch liegt der Leiste jener schon früher beobachtete, zellreiche dunkle Strang zu Grunde. Zellen und Zellkerne des Stranges haben Spindelform, sind längs gestellt und intensiver gefärbt Hyom. Sp. Extraeol. I. Br. Bg. Äuß. Mündung d.I.u.1l.Br. Sp. II. Br. Bg. IIL.(+ IV.) Blast. d. Arywulst. Br.Sp. DBogenf. angedeutet Fig. 4. Embryo 25d, Horizontalschnitt, Nr. 17, linke Hälfte und Mitte, Übergang zum Vorknorpel. Winkel 2, Oc. 2, M.T. Vergr. 1:1. KT, wie ihre Umgebung, speziell wie das ventral ihm anliegende Blastem. In der Mitte wird der Strang schmäler, an den Enden schwillt er kolbenförmig an, wie auf allen Abbildungen deutlich hervortritt. Da die ganze Kehlkopfanlage jetzt noch aboral vom Hyobranchial- apparat gelegen ist, so weist der Strang zu dieser Zeit seine größte Länge auf; mit dem alsbald einsetzenden Vorrücken der Kehlkopfanlage beginnt auch die fortschreitende Ver- kürzung der Frenula-Anlage. Je mehr Kehlkopf- und Frenula-Anlage weiterhin in die Mundhöhle hinein vorspringen, desto ausgesprochener werden die seitlichen Furchen, welche den Kehlkopf und die Frenula von den hinteren Zungenlappen trennen. 2. Es erübrigt nun noch, die etwas vorgeschritteneren Embryonen der vorliegenden Gruppe zu besprechen. Ergeben sich auch bei diesen Embryonen keine größeren Fort- schritte in der Genese des Visceralskelettes, so haben bei einzelnen Exemplaren doch bereits so erhebliche Verschiebungen der verschiedenen Skelettanlagen gegeneinander eingesetzt, daß das mikroskopische Bild ein anderes geworden ist. Offenbar schlägt die Entwicklung in dieser Beziehung und in dieser Phase allgemein ein schnelles Tempo ein, das aber im Einzelfalle sehr variieren kann. Die Beschreibung kann natürlich nur einzelne Beispiele herausgreifen und wird sich hauptsächlich an den Embryo 5a halten, von welchem auf Taf. I, Fig. 2 ein Modell wiedergegeben ist. Außer diesem sind noch vier weitere Em- bryonen in der folgenden Besprechung berücksichtigt. Die Anlage des Hyobranchialkörpers tritt jetzt schon deutlicher hervor, doch sind es wieder nur die Randpartien, welche sich weiter entwickeln. Die Blastemzellen in der Mitte der Körperanlage sind zum Teil zu Grunde gegangen, und es bereitet sich die Bildung des großen zentralen Fensters vor, welches später den größten Teil des Körpers einnimmt. Die Verdünnung des Blastems reicht oral bis über die Ansatzstelle des ersten Branchialbogens, aboral über die des zweiten hinaus; nur in dem vorderen Abschnitt im Bereich des Hyoidbogenrestes liegen die Zellen wieder dichter. Das Ventralstück des Zungenbeinbogens wird auf verschiedenen Stufen der Rück- bildung angetroffen, das Blastem des nunmehr sehr kurzen Processus ant. lat. hyoidei geht kontinuierlich in dasjenige des Körpers über. Die Blasteme der Branchialbögen sind deutlicher abgegrenzt und infolgedessen in ihrer Form und Ausdehnung besser zu erkennen. Der erste Bogen ist breiter und länger geworden; sein Ventralende setzt sich zuweilen bereits unter leichter Anschwellung vom Hyobranchialkörper ab. Der Bogen ist nach dorsal und zugleich etwas aboral gerichtet, sein Dorsalende erscheint etwas verdickt. Der zweite Branchialbogen geht noch ohne Grenze in das Blastem des Körpers über; er ist wesentlich kürzer, wie der erste und verläuft in ziemlich geradem Verlauf mehr aboralwärts. Dorsal endet der Bogen in einer feinen langgezogenen Spitze. Abgesehen davon, daß sich die Bildung des Fensters im Körper einleitet, sind also keine erheblichen Fortschritte am Hyobranchialapparat zu bemerken; die Skelettanlage steht noch durchweg auf der Stufe der Blastembildung. Anders sieht es bei den Visceral- spalten aus. Die Visceralspalten (vgl. vor allem Taf. I, Fig. 2) verfallen einer schnell fort- sehreitenden Rückbildung, die bald diesen, bald jenen Abschnitt einer Spalte resp. Tasche betrifft, zudem auch innerhalb desselben Embryos keineswegs immer auf beiden Seiten in gleicher Weise erfolgt. Hier herrscht also die größte Variabilität, der die Beschreibung Abh. d. math.-phys. Kl. XX VII, 2. Abh. 3 18 unmöglich ganz gerecht werden kann, die vielmehr nur das eine oder andere Beispiel herauszugreifen vermag. Ein Blick auf die mannigfaltigen Reste, auf welche das Visceral- spaltensystem schon jetzt reduziert ist, genügt zu der Einsicht, wie vorsichtig man in der Deutung der einzelnen Zipfel, Aussackungen und Hinschnürungen sein muß, als welche uns diese Taschenreste erscheinen, und daß es Willkür wäre, in einem solchen Fall noch bestimmte topographische Begriffe, wie z. B. denjenigen einer Dorsal- oder Ventralspitze, anzuwenden, welche ein auf der Höhe seiner Ausbildung stehendes Visceralspaltensystem voraussetzen; ein solches aber haben wir hier keineswegs mehr vor uns. Die Umformungen der Hyomandibular- und der ersten Branchialtasche und ihre Beteiligung bei Entstehung der Paukenhöhle können aus der Betrachtung ausscheiden; sie sind in der vorhergehenden Abhandlung 1912 eingehend erörtert worden. Die erste Branchialtasche beginnt die dort geschilderte Schlauchform anzunehmen; der vorwiegend dorsale Rest dieser Tasche liegst vor dem verdickten Dorsalende des ersten Branchialbogens. Von der lateralen Wandung dieses Restes (von dieser Stelle an am Modell sichtbar) zieht ein zu einem feinen epithelialen Kanal obliterierter Verbindungsstrang außen vom Dorsal- ende des ersten Branchialbogens vorbei aboralwärts zum Rest der zweiten Branchial- tasche. Von dieser Tasche persistieren zwei miteinander und auch mit der Mundhöhle kommunizierende Hohlräume, ein lateraler und ein medialer. Der laterale dieser beiden Zipfel stellt in diesem Falle einen äußerst schmalen, mit der Längsachse dorso-ventral gestellten Spalt dar und liegt nahe der Körperoberfläche aboral vom Dorsalende des ersten, lateral von dem des zweiten Branchialbogens. In diesen Zipfel mündet von vorn der eben beschriebene Kanal von der ersten Branchialtasche. Medialwärts gegen die Dorsalspitze des zweiten Branchialbogens hin setzt sich dieser schmale Zipfel in einen zweiten, mehr rundlich geformten Taschenrest fort, welcher der oralen und dorsalen Seite der erwähnten Spitze des zweiten Branchialbogens eng anliegt. Von diesem zweiten Hohlraum erstreckt sich dann ein noch ziemlich breiter Verbindungskanal medialwärts zwischen den Dorsal- enden der beiden ersten Branchialbögen hindurch zur Mundhöhle. Nahe der Einmündungs- stelle in die Mundhöhle bemerkt man nochmals eine kleine dorsalwärts zwischen die beiden Bögen gerichtete Ausstülpung. Dicht vor der Einmündung dieses Taschenrestes in die Mundhöhle öffnet sich in dasselbe der von aboral kommende Epithelkanal, durch welchen die Reste der dritten und vierten Visceraltasche noch mit der Mundhöhle kommunizieren. Die Reste dieser drei Taschen münden hier also gemeinsam in die Mundhöhle. Die Überbleibsel der dritten und vierten Tasche werden durch zwei wie früher noch miteinander zusammenhängende ovale Blindsäcke dargestellt, welche aboral und ein wenig ventral vom zweiten Branchialbogen zur Seite der Trachea liegen. Der größere Rest der dritten Tasche ist mehr lateral, der kleinere auf die vierte zurückgehende mehr medial gelegen. Das Modell von Embryo 5a läßt zugleich erkennen, daß der Befund auf der rechten Seite etwas von dem der hier geschilderten linken Seite abweicht. Dort ist die Obliteration der Taschenreste allgemein weiter fortgeschritten, und von der vierten Tasche ist fast nichts mehr vorhanden. Die Fig. 2 auf Taf. I demonstriert die Einzelheiten der Lage und Form der Taschenreste besser, wie Worte. Eine plastische Rekonstruktion des Visceralspaltensystems, zuerst in voller Ausbildung, dann während einiger Stadien der Rückbildung ist meines Wissens bisher nicht ausgeführt 19 worden. Dieses Verfahren hat mir für das Verständnis der Genese der Paukenhöhle bereits wertvolle Dienste geleistet, und erscheint ebenso angebracht, wie die Rekonstruktion der verschiedenen Organsysteme, wenn man Teile resp. Reste dieses Spaltensystems als entscheidende topographische Merkmale verwenden will, wie das z. B. in der Kiefergelenk- frage durch Drüner!) und Fuchs?) geschehen ist. Ohne auf diese Arbeiten hier näher eingehen zu wollen, sei nur hervorgehoben, daß es keineswegs nachgewiesen ist, daß z.B. die von diesen Autoren beim Kaninchen resp. der Maus als Dorsalspitze beschriebene Aus- stülpung der Hyomandibulartasche wirklich diesem Teil der ehemaligen Spalte entspreche. Dazu wäre eine plastische Darstellung des Visceralspaltensystems vom Stadium ihrer höchsten Ausbildung an nebst den interessierenden Skelettblastemen nötig gewesen. Erst dann hätte man feststellen können, wie weit die Ausbildung des Systems bei diesen hoch entwickelten Säugetieren überhaupt geht und ob die hier zur Entwicklung kommenden Spalten in ihren Einzelheiten mit dem viel vollständiger entfalteten und länger persistierenden Visceral- spaltensystem eines niederen Wirbeltieres in dem Maße verglichen werden können, wie es von den genannten Autoren in der Kiefergelenkfrage geschehen ist. Ob das, was z. B. Fuchs 1905 als Dorsalspitze der Hyomandibularspalte beim Kaninchen bezeichnet hat, und worauf ein gutes Teil seiner Beweisführung beruht, wirklich diese streng topographische Bezeichnung rechtfertigt, bedarf erst noch des Beweises. Vorliegende Untersuchungen über die Entwicklung des Visceralskeletts der Schildkröten zeigen jedenfalls, daß- man auch in der Deutung einzelner Teile des obliterierenden Visceralspaltensystems nur dann einiger- maßen sicher geht, wenn man das Ausgangsstadium berücksichtigt und sich das nötige Vergleichsmaterial verschafft hat. : Kehren wir zur Betrachtung der Skelettgenese zurück. Die durch die Arywülste repräsentierte Kehlkopfanlage hat ihre Lage zum Hyobranchialapparat und damit auch zu ihrer weiteren Umgebung sichtlich geändert. In Anbetracht der geringen Altersunterschiede innerhalb dieser Embryonenreihe müssen sich die Lageveränderungen zu dieser Zeit der Ontogenese in schneller Folge vollziehen. Bei den jüngeren oben beschriebenen Embryonen dieser Entwicklungsstufe lagen die Arywülste nebst den ihnen anhaftenden Bogenrudimenten völlig aboral vom Hyobranchialapparat; zwischen ihnen und dem zweiten Branchialbogen klaffte eine blastemfreie Lücke. Die Frenula-Anlage war dementsprechend langgestreckt. Jetzt sind die Andeutungen eines Visceralbogenpaares an der Seite der Arywülste schon verschwunden. Das Oralende der Wülste, soweit es sich abgrenzen läßt, ist bereits so weit oralwärts in den Hyobranchialapparat hineingeschoben, daß es in gleicher Frontalebene mit dem Ansatz des zweiten Branchialbogenpaares am Hyoidkörper steht, oder schon über diese Stelle hinaus im Bereich des Fensters innerhalb dieses Skeletteiles angetroffen wird. Das ÖOralende der Wülste ist deshalb noch nicht genauer zu bestimmen, weil es noch diffus in jenen sagittalen Zellstrang übergeht, welcher bis zur Basis des Processus lingualis reicht und schon mehrfach als Vorläufer der Frenula-Anlage bezeichnet wurde. Mit der ÖOralwanderung der Kehlkopfanlage auf der Bahn, welche ihr durch den Hyobhranchial- apparat und die Richtung des genannten Stranges vorgeschrieben ist, hat sich letzterer !) L. Drüner, Über die Anatomie und Entwicklungsgeschichte des Mittelohres beim Menschen und bei der Maus. Anat. Anz., Bd. 24, 1904. ?) H. Fuchs, Bemerkungen über die Herkunft und Entwicklung der Gehörknöchelchen bei Kaninchen- Embryonen. Arch. f. Anat. und Physiol., Anat. Abt., Suppl.-Bd. 1905. 3* 20 verkürzt und verdickt. Dort wo die dicht gedrängten Zellen dieses Stranges in die helleren Blasteme der Arywülste zu beiden Seiten des Glottisspaltes ausstrahlen (Textfigg. 2, 15), macht sich eine Gabelung und damit der Beginn einer Längsteilung bemerkbar, durch welche der bis jetzt unpaare Strang allmählich in jene zwei parallelen dünnen Ligamente gespalten wird, welche als Frenula glottidis bei Schildkröten bezeichnet werden. Die sagittal gestellte Glottisöffnung erstreckt sich etwa vom ersten bis zum zweiten Branchial- bogenansatz. I.Br.Bg. I.Br.Bg. Mundhöhle Frenul. Anl. Trune.phar.lar.IX+X N \ 1. Br Art. 7a BrISp: Il. Br. Bg. II. Br. Sp. II. Br. Art. > IIL.(+IV.)Br.Sp. III.(+IV.)Br.Sp. II. Br. Art. Blast. d. Arywulstes (Bogenform) Trachea-Gabel. Fig. 5. Embryo 25a, etwas schräger Horizontalschnitt Nr. 21. Winkel 2, Oc., M. T. Vergr. 1:1. Die ganze Form der Arywülste ist noch schwer zu definieren. Im allgemeinen er- scheinen diese Wülste, welche ganz von Blastemmassen ausgefüllt sind, in ihrer äußeren Gestaltung demnach diejenige der Blasteme wiedergeben, jetzt lediglich als eine orale Fort- setzung des Trachealrohres. Das Vorderende desselben hängt durch den Frenulastrang mit dem Mundhöhlenboden aufs engste zusammen und seine Wandung ist hier durch die Zellmassen der Arywülste, welche dasselbe besonders ventral und lateral umlagern, beträchtlich verdickt. Die früher bemerkten seitlichen Fortsätze sind, wie bemerkt, meist schon ver- schwunden, so daß sich das walzenförmige Oralende des Luftrohres ohne äußere Unter- schiede oder sichtbare Grenze in den trachealen Abschnitt fortsetzt. Die Knorpelgenese hat innerhalb der Arywülste ebensowenig Fortschritte gemacht, wie innerhalb des Hyobranchialapparates. Wir machen hier wieder dieselbe Beobachtung wie früher (1912) am Quadrat und an der Extracolumella, daß nämlich Skelettanlagen nebst ihrem zugehörigen Band- und Muskelapparat so lange indifferent bleiben, wie sie Verlagerungen oder bedeutende Umformungen während der Ontogenese durchzumachen haben, welche als sekundäre Anpassungen notwendig geworden sind. Die Bildungszellen für Skelett und Muskulatur des Kehlkopfes bilden um das ovale Lumen noch immer einen diekwandigen Ring, welcher ventral und lateral wohl dreimal so breit erscheint, wie im dor- salen Drittel der Cireumferenz. Der Blastemring läßt nun deutlich zwei Schichten erkennen, eine innere helle, welche das Lumen circulär umgibt, dorsal aber viel dünner wird, und Fren. glott. ll. Br. Sp. II. Br. Be. III.(+1V.)Br. Sp. Blast. d. Arywulst. (Bogenform) Trachea-Gabel. Fig. 6. Embryo 25a, schräger Horizontalabschnitt Nr. 22. Winkel 2, Oc. 2, M.T. Vergr. 1:1. 22 eine äußere dunklere, welche nur ventral und lateral besteht. In dieser letzteren Schicht erscheinen die Zellkörper länger gestreckt und nehmen die Eosinfärbung lebhafter an. Vergleiche mit älteren Stadien ergeben, daß erstere Schicht vorwiegend die Bildungszellen für das Kehlkopfskelett, letztere diejenigen für die Muskulatur (Constrietoren und Dilatatoren) enthält. In dieser Periode der Ontogenese sind die Anlagen für beide Gewebsarten noch zu einem scheinbar einheitlichen Blastem verschmolzen, welches äußerlich die Arywülste formiert. Nur an einer Stelle der Arywülste beginnt sich jetzt eine Differenzierung vorzu- bereiten. Man gewahrt häufig am Ventralwinkel des Kehlkopflumens in der Mittellinie eine kleine runde Zellanhäufung, innerhalb deren die Zellen dichter gelagert und kon- zentrisch angeordnet sind. Durch die andersartige Anordnung der Zellen hebt sich diese Stelle merklich von ihrer Umgebung ab und beginnt das Epithel am Ventralwinkel des Glottisspaltes in das Lumen hinein vorzuwölben und damit die sonst auf dem Querschnitt ovale Form des Lumens zu beeinflussen. Später wird sich zeigen, daß es sich um die Anfänge einer Differenzierung des Cricoides handelt, welche immer von dieser Stelle aus- geht und vielleicht durch den laryngealen Ansatz des Frenulastranges, welcher sich dort befestigt, veranlaßt wird. Käme eine Epiglottis, wenn auch nur vorübergehend und un- vollständig, zur Anlage, so wären die Anzeichen hierfür an der beschriebenen Stelle zu erwarten. Es sei gleich vorausgeschickt, daß sich auch in den folgenden Stadien niemals Vorgänge in der Gegend zwischen dem hinteren Zungenabschnitt und den Arywülsten beobachten ließen, welche auf eine Epiglottisbildung hätten schließen lassen. Gerade diese Gegend wurde mit Rücksicht auf die anfangs schwer zu deutenden Vorboten der Frenula glottidis auf das genaueste untersucht. Gefäße und Nerven. Die beiden großen Gefäße, welche in erster Linie zur topo- graphischen Orientierung dienen, sind schon im ersten Teil dieser Untersuchung besprochen worden; es sind die Arteria carotis und die Vena capitis lateralis. Zur Zeit der noch in voller Ausbildung bestehenden Visceralspalten sieht man auf günstigen Horizontalschnitten beide Gefäße nebeneinander über die Dorsalspitzen der Spalten verlaufen, die Vene stets außen gelegen. Zwischen beiden Gefäßen zieht ein dicker Nervenstrang, innerhalb dessen sich neben kleineren gangliösen Zellanhäufungen zwei große Ganglien erkennen lassen, das Ganglion petrosum des Glossopharyngeus und das @. radieis nervi vagi. Bleiben wir zunächst bei den Gefäßen. Die Arterie entsendet drei Äste (Textfigg. 1—6 und 8) ventralwärts in das Gebiet der Branchialspalten. Die am meisten oral gelegene verläuft parallel mit dem Blastem des ersten Branchialbogens zwischen diesem und der zweiten Branchialspalte ventralwärts. Das Gefäß entspricht der ersten Branchialarterie der Reptilien und läßt sich, um es gleich vorweg zu nehmen, bis zur vollständigen Entwicklung des Tieres verfolgen. Ogushi hat dieses Gefäß bei der ausgebildeten Trionyx als Arteria hyoidea anterior bezeichnet. Zwischen zweiter und dritter Branchialtasche verläuft ein zweites Branchialgefäß mit dem zweiten Branchialbogen, welches mit der Art. hyoidea posterior des erwachsenen Tieres identisch ist. Aboral von den Resten der dritten und vierten Branchialtasche endlich wird ein drittes Branchialgefäß sichtbar, welches beiderseits in einiger Entfernung lateral vom Arywulst verläuft und vermutlich mit der Art. hyoidea postrema des er- wachsenen Tieres zu vergleichen ist. Da die Arywülste zu dieser Zeit bereits oralwärts 23 verschoben sind, wird man zu der Annahme gedrängt, daß das von emer dritten Branchial- arterie abzuleitende Gefäß nach Schwund des dritten Branchialbogens (V. Visceralbogens), welchem es ursprünglich zugeteilt war, sekundär die Versorgung des in sein Gebiet vor- dringenden Kehlkopfes und der Trachea mitübernommen hat. Fren. elott. Mundhöhle oral. Ende I. Br. Sp. Hyoid Be. 1. BuirBe: 1. Br. Bg. Il. Br. Sp. III. (+ IV.)Br. Sp. Fig. 7. Embryo 25a, schräger Horizontalschnitt Nr. 24. Winkel 2, Oe. 2, M.T. Vergr. 1:1. An den Nerven sind erst die Hauptstämme zu verfolgen, die feineren Zweige sind auf dieser frühen Stufe noch nicht erkennbar. Der Truneus visceralis ist bei der ange- führten Schnittrichtung meist längs getroffen und zur Seite des Pharynx leicht festzustellen. Aus dem Ganglion petrosum des Glossopharyngeus kommt ein starker Nerv, welcher in dem zwischen der ersten und zweiten Branchialtasche gelegenen Septum ventralwärts ver- läuft. Anfangs liegt der Nerv dicht hinter der ersten Tasche, vor der ersten Branchial- arterie; dann wendet er sich ventral vom Bereich der Taschen medialwärts, vereinigt sich anscheinend mit einem zweiten, dem Vagus zugehörigen Ast, zieht dann verstärkt medial von dem Gefäß in aboraler Richtung zur zweiten Branchialarterie, die er gleichfalls passiert, um dann um die Seitenwand des Pharynx herum die Richtung auf den Arywulst zu nehmen. Auf der Endstrecke liegt der dicke Nervenstamm medial von der zweiten 24 Branchialarterie, endlich medial vom Blastem des zweiten Branchialbogens (Textfig. 5). Zweifellos empfängt der Nerv also auf diesem Weg noch Zuzug vom Vagus, denn er er- scheint im Ventralbereich zur Seite des Arywulstes noch stärker, wie weiter dorsal. Einzel- heiten konnten in diesem frühen Entwicklungsstadium nicht nachgewiesen werden, jedenfalls sind aber ventrale Äste des Glossopharyngeus und des ersten Branchialnerven des Vagus an dem Zustandekommen dieses starken Kehlkopfnerven beteiligt. Die Endverzweigung des Nerven erfolgt in dem späterhin engen Spalt zwischen Hyobranchialskelett und Kehl- kopf, also dorsal vom Hyobranchialkörper an der Ventralfläche der Arywülste. Es han- delt sich um den Truncus pharyngo-laryngeus aus Glossopharyngeus und Vagus. Bei einigen dieser Embryonen wurde sodann noch ein feiner Nerv gefunden, welcher mit der Endausbreitung des Truncus in Verbindung steht, an der Ventralfläche der Ary- wülste jederseits aboralwärts zieht und sich weiterhin latero-ventral von der Trachea ein Stück verfolgen ließ. Es handelt sich um den äußerst feinen Ramus recurrens laryngei, dessen Verlauf und Herleitung von aboralen Rami branchiales des Vagus seit lange als ein der vergleichenden Anatomie entnommener Beleg für die Vorwanderung des Kehl- kopfes und für die Abkunft des Kehlkopfskelettes vom aboralen Abschnitt des Visceral- skelettes angesehen wird. Die Anastomose des R. recurrens mit dem Truncus und eben das Zustandekommen dieses 'Truncus selbst als Vereinigung mehrerer Visceralbogenäste scheinen ein weiterer Fingerzeig dafür zu sein, daß sich die Endgebiete dieser Nerven gegeneinander verschoben haben, daß speziell eine Ineinanderschiebung aboraler Teile des Visceralskelettes in die oralen stattgefunden hat. Ohne die Berücksichtigung des gene- tischen Momentes bliebe diese Nervenvereinigung, welche gleichzeitig mit der Oralwan- derung der Kehlkopfanlage auftritt, ein wenig interessanter Teilbefund, welchen man ver- mutlich als Varietät ansprechen, d. h. unerklärt lassen müßte. III. Übergang des Visceralskelettes resp. seiner Derivate in Vorknorpel. 9 Embryonen (Taff. II und III, Textfigg. 6—16). Diese Embryonen besitzen nach früheren Angaben (1912 S. 20) einen gut differen- zierten Rückenschild von 6,3—7,9 mm. Der Bauchschild befindet sich erst im Anfang der Differenzierung. Die Distalenden der Extremitäten lassen Phalangenbildung erkennen. Äußere Visceralspaltenöffnungen sind nicht mehr vorhanden, nur bei einigen Exemplaren ist noch die gemeinsame halbverdeckte Öffnung der ersten beiden Branchialspalten zu er- kennen; von der dritten Tasche findet sich zuweilen noch ein kleiner Rest. Das Visceralskelett steht trotz mannigfacher Unterschiede in der äußeren Körper- bildung durchweg auf der Vorknorpelstufe. Die Beschreibung faßt im Interesse der Über- sichtlichkeit wieder nur Wesentliches aus den einzelnen Befunden zusammen, vorbehaltlich zahlreicher und vielfacher Übergänge zu früheren und späteren Stadien, welche keine Be- rücksichtigung finden konnten. Zunächst ein Überblick über die äußere Gestaltung des Kehlkopfes und seine Lage zu seiner Umgebung. Die Beziehungen des Larynx zum Pharynx werden am besten durch die Figg. 3—5 auf Tafel II und III illustriert. Am Hinterrand der Zungenanlage, welche im Modell nicht dargestellt ist, erhebt sich in der Einkerbung zwischen den beiden hinteren Zungenlappen die schon früher bemerkte niedrige mediane Längsleiste, die Anlage der 25 Frenula glottidis, welche gegen das laryngeale Ende hin immer stärker in die Mundhöhle vorspringt (Textfigg. 6, 12—15). Auf Querschnitten sieht die Frenulaleiste infolge ihres starken Vorspringens (Textfig. 15) zuweilen wie ein gestielter Pilz aus. Die Leiste ist vom Proximalende des Processus lingualis hyoidei bis zur ventralen und lateralen Umgebung der Glottis zu verfolgen, wo sie sich unter leichter Gabelung an dem oralen Rand der Arywülste ansetzt. Die ganze Kehlkopfanlage hat sich nun gleichzeitig mit ihrem weiteren Vorrücken in oraler Richtung, welches noch zu besprechen ist, weit über das Niveau des Mundhöhlenbodens herausgehoben und ragt als etwas abgeplatteter, vorn zugespitzter, walzenförmiger Körper in die Mundhöhle hinein. Der Kehlkopf schiebt jederseits eine nach hinten und außen divergierende Schleimhautfalte vor sich her. Die Entstehung dieser Falte, welche am Modell auf Tafel II, Fig. 3 und 4 gut sichtbar ist, kann man sich etwa so vorstellen, wie das Zustandekommen der Bugwelle vor einem in Fahrt befindlichen Schiffe. Offenbar erzeugt das Vorrücken des Kehlkopfes diese anfangs nicht vorhandene Falte, welche ihm allseits dicht anliegt. Zur Seite des Kehlkopfes und dieser Falte buchtet sich beiderseits der Suleus laryngeus lateralis aus und setzt sich seitlich der Frenula-Anlage bis zu den hinteren Zungenlappen fort. Hinter dem Kehlkopf, im Bereich der Trachea, sinkt der walzenförmige Körper immer tiefer in das Niveau des Pharynxbodens hinein, und damit verflachen sowohl die Falte, wie der Sulcus laryngeus; weiter aboral sind Luft- und Speisekanal vollständig voneinander gesondert. Der schmale, sagittal gestellte Spalt der Glottis öffnet sich auf der Dorsalfläche der Arywülste, nahe deren Spitze, in die Mund- höhle. Die Öffnung reicht vom Hinterende der Frenulaleiste bis zur Höhe des Abganges des zweiten Branchialbogens. Verschafft man sich aus den Serien zunächst einen Gesamteindruck über die ganze Situation des Visceralskelettes und seines hier interessierenden Derivates, der Kehlkopf- anlage, so bemerkt man sofort, daß sich der Hyobranchialapparat im Vergleich mit dem vorigen Stadium schnell und gleichmäßig weiterentwickelt hat, daß dagegen das in den Arywülsten gelegene Skelettmaterial mit den ihm angeschlossenen Muskelblastemen so ziemlich auf derselben Stufe stehengeblieben ist. Die Kehlkopfanlage hat eine weitere Verschiebung in oraler Richtung in den Hyobranchialapparat hinein erfahren und nun- mehr ihre endgültige Lage erreicht, wie sich nachher zeigen wird. Noch immer macht sich also bemerkbar, daß stets diejenigen Skelettanlagen am längsten indifferent bleiben, welche noch Verlagerungen und Umformungen durchmachen müssen, wenn sie auch gleichen phyletischen Alters mit frühzeitig differenzierten Teilen sind. Der Umstand, daß die drei ersten Branchialtaschen bei T. graeca lange persistieren, die dritte jetzt allerdings nur noch als kleines abgeschnürtes Lumen, ist für die Fragen nach dem Verbleib der einzelnen visceralen Skelettanlagen besonders günstig, denn er er- möglicht noch immer den erfolgreichen Vergleich mit den vorhergegangenen Verhältnissen. Die Beziehungen der Skelettanlagen zu den Resten der Visceraltaschen nebst ihren Gefäßen und Nerven bleiben natürlich die einzig zuverlässigen Führer auf dem zeitweise fast un- kenntlichen Weg, den z. B. die Genese des Kehlkopfskelettes einschlägt. Dank diesem günstigen Umstande ist man, bis zu einem gewissen Grade, niemals genötigt, Meinungen an die Stelle von Beobachtungen zu setzen. Der Hyobranchialapparat ist nun ganz in Vorknorpel übergeführt. Der Körper zeigt eine deutliche polygonale Gestalt, jede Ecke entspricht einem Fortsatz resp. dem Abh.d. math.-phys. Kl.XXVII, 2. Abh. 4 26 Ansatz eines Branchialbogens. Der Rand des Körpers ist allenthalben verdickt, die Vor- knorpelzellen liegen hier viel dichter, wie gegen die Mitte zu; diese ist dünn, zellarm und zeigt unregelmäßige Unterbrechungen, die alsbald zur Bildung des Fensters führen werden. Auf Querschnitten durch die Mitte erscheint der Körper dementsprechend biskuitförmieg. Die orale Spitze läuft in den noch immer kurzen und breiten Processus lingualis aus, dessen Abgrenzung bisweilen noch Schwierigkeiten macht. Der Fortsatz ist also in der Entwicklung etwas zurückgeblieben, was man vielleicht mit dem noch nicht abgeschlossenen Lagewechsel und der Umgestaltung der Frenula-Anlage an seiner Dorsalfläche in Ver- bindung bringen kann. Das Ventralstück des Hyoidbogens ist bis auf einen kleinen Stumpf reduziert, den Processus anterior lateralis hyoidei, welcher ohne Grenze in den Körper übergeht. Die Branchialbögen haben annähernd gleichen Schritt in der Weiterentwicklung gehalten I. Br. Bg. VII. Musk. BR Ar : g Ben — Mundhöhle II. Br. Sp. Arywulst. Skel. blast. IIL(+1V.) II.Br.Art. Arywulst. Lar. Br.Sp. Musk.blast. Fig. 8. Embryo 0b, Horizontalschnitt, linke Seite und Mitte, Übergang in Vorknorpel. Winkel 2, Oc. 2, M.T. Vergr. 1:1. aa 27 und stellen einheitliche, gut abgegrenzte Spangen vor, welche gleichmäßig aus Vorknorpel bestehen und noch durch den Rest der zweiten Branchialtasche unvollständig voneinander getrennt sind. Diese Tasche ist noch am größten und bleibt stets am längsten in ihrer Verbindung mit der Mundhöhle erhalten. Der erste Bogen nimmt nach wie vor eine mehr frontale Stellung ein, ist bedeutend länger, wie der folgende und beginnt sich bereits vom Hyobranchialkörper durch einen Spalt abzusetzen. Der zweite Bogen ist mehr ab- oralwärts gerichtet und kürzer; mit dem Körper hängt er untrennbar zusammen. Hinter und seitlich von der Spitze des Bogens begegnet man noch dem zweizipfligen abgeschnürten Rest der vereinigten dritten und vierten Branchialtasche. Durchmustert man die in Horizontalschnitten angelegten Serien in dorsaler Richtung, so trifft man jetzt nur mehr über dem Oralende des Hyobranchialkörpers und über dem proximalen Ende des Processus lingualis auf den sagittalen Zellstrang, welcher schon früher als Vorstufe der Frenula glottidis bestimmt worden ist. Die Anlage der Frenula ist etwas schlanker, und, mit dem Vorrücken der Arywülste, bedeutend kürzer geworden, läßt aber noch keine klare Spaltung in zwei parallele Züge erkennen, wie sie erst im folgenden Stadium zutage tritt. Die Frenula-Anlage erstreckt sich, wie früher von der Basis des Processus lingualis bis zum Ventralrand der Glottisöffnung, nur ist diese Distanz jetzt, wie erwähnt, viel kürzer geworden. Textfig. 11 gibt einen Querschnitt durch das linguale Ende des Zellstranges. Man sieht, wie die Zellen dort, wo der Strang in das straffe Bindegewebe über dem Processus übergeht, circulär angeordnet sind, und dem Strang eine runde Form verleihen. Die Textfiguren 12--14 werden Querschnitte der Frenula zeigen, wie sich dieselben im folgenden Stadium verhalten. Die Kehlkopfanlage hat sich nicht in dem Maße fortentwickelt, wie wir es beim Hyobranchialapparat gesehen haben, dagegen ist sie weiter oralwärts gewandert und hat nun eine Lage eingenommen, welche von der definitiven kaum mehr zu unterscheiden ist. Die ganze Tendenz der Kehlkopfentwicklung zielt offenbar darauf hin, zuerst die endgültige Lagerung anzustreben; dann erst schließt sich die formale Ausgestaltung des Kehlkopfskeletts und seiner Muskulatur an. Letztere wird solange zurückgehalten, bis erstere vollzogen ist. Wie auf Horizontal- und auf Querschnitten festgestellt wurde, steht der Glottis- eingang mit den Oralenden der Arywülste bei der Mehrzahl dieser Embryonen auf gleicher Höhe mit dem ersten Branchialbogenpaar oder schon in gleicher Frontalebene mit dem Processus anterior lateralis hyoidei. Die Kehlkopfanlage ist demnach gegen das vorige Stadium wiederum um die Breite eines Visceralbogensegmentes oral- wärts gerückt. Um die gleiche Distanz ist die Frenulaleiste kürzer geworden. Quer- schnitte zeigen jetzt besonders klar, daß die Arywülste nunmehr ganz dorsal von der Hauptmasse des Hyobranchialkörpers liegen, während sie anfangs, wie geschildert, völlig aboral von demselben festgestellt wurden. Die Differenzierung der Arywülste zu den definitiven Skelett- und Muskelformationen beginnt erst jetzt. Der Ansatz zur Bildung eines Bogenrudimentes, welches in jüngeren Stadien im Zusammenhang mit den Wülsten zu sehen war und als Andeutung eines Visceral- bogenpaares, vielleicht des sechsten, aufgefaßt werden konnte, bleibt verschwunden. In dieser Erscheinung lag ein ähnliches kurzes Aufdämmern eines Skelettmaterials in primi- tiver Gestalt vor, wie es vom ersten Auftreten des fast einheitlichen Hyoidbogens bei 4* I. Br. Sp. 28 Cricoid Musk. Blast. Skel. Mundhöhle Br. Sp. Rest d. Arywülste Fig. 9. Embryo 5a, schräger Horizontalschnitt, frühes Vorknorpelstadium. Winkel 2, Oc. 2, M.T. Vergr. 1:1. Testudo graeca in den Abhandlungen von 1911 und 1912 beschrieben worden ist. Dem ersten Erscheinen folgt hier wie dort ein schnelles Verdämmern der primitiven Form. Die Arywülste haben äußerlich annähernd die gleiche Form und Ausdehnung beibehalten, wie bisher, auf die deshalb nicht nochmals eingegangen werden soll. Auch histologisch hat sich innerhalb der Wülste nicht viel geändert. Die Zellmassen stehen immer noch vor- wiegend auf der Blastemstufe und umfassen das Lumen in der beschriebenen Form und Anordnung. Die schon früher kenntliche äußere Schicht, welche das Lumen nur ventral und lateral umfaßt, hat sich an der dorso-lateralen Ecke des Kehlkopfquerschnittes zu kleinen knopfförmigen Gebilden verdickt und läßt jetzt deutlich erkennen, daß sie nicht der Skelettbildung dient, sondern daß aus ihr die Kehlkopfmuskulatur hervorgeht. Die langgestreckten Zellen, deren starkgekörntes Protoplasma die Eosinfärbung intensiv an- nimmt, umfassen die für die Skelettbildung bestimmten Zellmassen der Wülste von ventral und lateral in eirculären oder spiraligen Zügen. Im Bereich der Skelettblasteme sieht man regelmäßig an einer bestimmten Stelle eine andere Anordnung des Zellmaterials, welche sofort als Ausgangspunkt einer Differenzie- rung auffällt und schon angedeutet wurde. Am Ventralwinkel des Glottiseinganges ordnen sich die Zellen, ähnlich wie am lingualen Ansatz der Frenula-Anlage, zwiebelschalenartig 29 an und konzentrieren sich so zu einem auf dem Querschnitt runden, bald in Vorknorpel übergehenden Gebilde innerhalb des übrigen Blastems: dem Anfang der Cricoidbildung (Textfigg. 9, 10, 15, 16). Die Anlage des Cricoides nimmt ganz regelmäßig von dieser Stelle in der ventralen Mittellinie ihren Ausgang und ist schon lange zu erkennen, bevor sich eine andere Skelettdifferenzierung innerhalb der Arywülste bemerkbar macht. Die Ausdehnung dieser ersten Cricoidanlage kann durch etwa 12 Querschnitte von 15 u genau verfolgt werden; sie erstreckt sich von der Höhe des Processus anterior lateralis hyoidei bis zum Ansatz des zweiten Branchialbogens, entspricht also von vornherein in ihrer Längen- ausdehnung derjenigen des Fensters im Hyobranchialkörper, welches sie später ja genau ausfüllt. Mit der Dickenzunahme der kleinen rundlichen Vorknorpelmasse drängt dieselbe gegen den Ventralwinkel des Kehlkopflumens vor und wölbt dessen Ventralwand allmählich ins Lumen hinein vor, so daß das Lumen, welches bis dahin auf Querschnitten oval und langgestreckt erschien, nunmehr dreieckige Form angenommen hat. Die Entwicklung des Crieoides geht anscheinend immer von der ventralen Mediane aus und setzt sich von hier in Form dorsalwärts vorwachsender Spangen in die Seitenteile der Arywülste fort. I. Br. Bo. II. Br. Bg. I. Br. Art. IH. Br. Sp. Crieoid-Anl. I. Br. Art. II. (+ IV.) Br. Sp. III. Br. Art. Carot. Musk. u. Skel. Blast. Phar. d. Arywulstes Fig. 10. Embryo 89b, Horizontalschnitt, rechte Seite unvollständig, frühes Vorknorpelstadium. Winkel 2, Oc. 2, M.T. Vergr. 1:1. 30 Schließlich muß nochmals hervorgehoben werden, daß sich in dieser Gegend auch jetzt nicht die geringste Andeutung einer Epiglottisbildung auffinden läßt, die ja doch an dieser Stelle zu erwarten wäre. Es erscheint deshalb auch von vornherein nicht ange- bracht, für diesen zuerst sich bildenden ventralen Oralrand des Cricoides die Bezeichnung eines Processus epiglotticus anzuwenden. Zu einer Epiglottis hat diese Stelle niemals Be- ziehungen, sondern dient später mit ihrer Umgebung dem laryngealen Ansatz der Frenula glottidis als Befestigungsstelle. Aboral vom Hyobranchialkörper nehmen die hier noch ganz undifferenzierten Ary- wülste schnell an Ausdehnung ab. Das Blastem der Arywülste geht noch ohne Grenze in die dünneren Zellmassen über, welche den Luftweg weiter pulmonal umfassen. Gefäße und Nerven. Bezüglich des besonders berücksichtigten Branchialgefäß- systems ist der Schilderung im vorigen Kapitel nichts wesentliches hinzuzufügen. Die beiden ersten Branchialarterien verlaufen nach wie vor zwischen den persistierenden Spalten- resten in Begleitung der Branchialbögen und dienen später der Versorgung des Kehlkopfes und seiner Umgebung. Das dritte Branchialgefäß treffen wir wiederum aboral vom hintersten Taschenrest; es gewinnt später Beziehungen zur Trachea. Auch im Verlauf und der Verteilung der Nerven zur Kehlkopfanlage hat sich nichts Wesentliches geändert, doch können die Befunde jetzt in einigen Punkten vervollständigt werden. Gleich dem starken Vagusast, welcher in Begleitung des zweiten Branchialbogens verläuft, zieht ein schwächerer Nerv mit dem ersten Branchialbogen und dem ersten Branchialgefäß ventralwärts, welcher bei jüngeren Stadien noch nicht beobachtet wurde. Dieser Ast kommt aus dem Ganglion nodosum des Glossopharyngeus, und strebt oral und medial zu dem ersten Bogen in die Gegend des Processus ant. lat. hyoidei, der Frenula- leiste und des hinteren Zungenbereiches. Zweifellos vereinigt er sich mit dem Vagusast; Klarheit hierüber erbringen aber erst die älteren Stadien und die Präparation, welche zeigen wird, daß dieser einem Ramus posttrematicus ventralis IX entsprechende Ast nicht mit dem Hauptstamm des analogen, aboral folgenden Vagusnerven, sondern nur mit einem Endzweig desselben anastomosiert. Dieser Glossopharyngeusast für Zunge und Kehl- kopf konnte auf dieser Entwicklungsstufe nur bei einem Embryo (85c) genauer verfolgt werden. Der schon früher beobachtete Hauptnerv für die Arywülste und ihre Umgebung kommt aus dem Ganglion radieis nervi vagi, welches mit dem Ganglion nodosum IX eng verbunden ist. Der Verlauf dieses starken Nerven in Begleitung des zweiten Branchial- gefäßes, und weiter ventral auch des zweiten Branchialbogens, sowie seine Endausbreitung zur Seite des Arywulstes ist schon früher beschrieben worden. Ob dieser Truncus laryngo- pharyngeus IX+X, um welchen es sich bekanntlich handelt, auch über die ventrale Mittellinie der Arywülste hinaus bis zur anderen Seite reicht und so einen Ramus ana- stomotieus transversus bildet, wie ihn Ogushi!) bei Trionyx japonicus gefunden hat, ließ ') Morphol. Jahrb., Bd. 46, 1913. Den Verlauf und die Endverzweigung der sensiblen Äste des Glossopharyngeus und Vagus der Schildkröten habe ich schon 1907 (l. c.) beschrieben. Die Schilderung Ogushis kann den Eindruck erwecken, als ob seine Resultate von 1913 gegen meine früheren stark differierten. Dieser Eindruck wird dadurch hervorgerufen, daß O. einmal andere Bezeichnungen verwendet und ferner meine damaligen Ergebnisse durchweg immer nur dann angeführt hat, wenn sich kleine Differenzen ergaben, dieselben aber im weitaus vorherrschenden Falle der Übereinstimmung unerwähnt gelassen hat. O.s Mitteilungen bestätigen also, soweit sie die Schleimhautnerven des Facialis, Glosso- pharyngeus und Vagus bei Schildkröten betrefien, in der Hauptsache meine älteren Angaben. al sich noch nicht mit Sicherheit nachweisen. . Jedenfalls aber reichen Zweige dieses Nerven in den Spalt zwischen Hyobranchialkörper und Arywulst hinein bis in die Nähe der Mittellinie. Mundhöhle Proe. ant. lat. Frenul. Anl. hyoid. ling. Ende straffes Bind. Gew. Hyobranch. Körper nahe prox. Ende d. Proe. ling. Fig. 11. Embryo 89e, Schrägschnitt durch das linguale Ende der Frenula-Anlage, spätes Vorknorpelstadium mit Übergang zu Jungknorpel. Winkel 2, Oc. 2, M.T. Vergr. 1:1. Ein aboraler Endast dieses Truncus steht mit dem Ramus recurrens laryngei in Verbindung; die Anastomose ist regelmäßig zur Seite des Arywulstes dicht an dessen Muskelanlage zu finden. Der R. recurrens konnte meist längs der Ventralfläche der Trachea nahe der Mittellinie aboralwärts verfolgt werden. Allmählich rückt der sehr feine Nerv von der Trachea etwas ab und liegt weiter hinten mehr ventral, konnte aber nicht bis zu Ende im Auge behalten werden. 1V. Jungknorpelstadium des Hyobranchialskelettes, beginnendes Vorknorpelstadium des Kehlkopfskelettes. 6 Embryonen (Taff. II und III, Figg. 3—6, Textfigg. 12—17). Betreffs der allgemeinen Körpermerkmale dieser Embryonen muß auf die Notizen von 1912 S. 27 verwiesen werden. Die Länge des Rückenschildes schwankt zwischen 7,9 und 10,6 mm. Die Embryonen haben schon ganz das Aussehen ausgebildeter Tiere. Alle Kiemenspaltenöffnungen sind verschwunden. Es heißt dort weiter: „ausgedehnte Teile des Craniums, wie die Basis, die Nasen- und die Ohrkapsel werden in verschiedenen Stadien der Jungknorpelbildung angetroffen. Der Kieferbogen, die Columella auris und die Branchial- bögen sind jetzt fast völlig in Jungknorpel übergeführt“. 32 Das Gesamtbild des Kehlkopfes sieht folgendermaßen aus. Die Hinterlappen der Zunge sind von den Frenula glottidis und dem sich ihnen aboral anschließenden Kehlkopf durch zwei tiefe und breite Suleus laryngei laterales getrennt, welche vom Lingualansatz der Frenula divergierend nach seitwärts und hinten verlaufen. Die Frenula glottidis springen jetzt als ein feiner, scharfrandiger Doppelstrang stark in die Rachenhöhle vor; hinten setzen sie sich, leicht divergierend, an das Oralende der Kehlkopfanlage an, welches sich im Bereich der Glottisöffnung als ein von allen Seiten freier, oral zugespitzter walzen- förmiger Körper in den Pharynx vorwölbt und, ebenso wie die Frenula, nur in der ven- tralen Mittellinie mit dem Pharynxboden zusammenhängt. Weiter pulmonal aber wird die fast runde Walze flacher, sie sinkt noch am aboralen Ende der Arywülste gleichsam in den Pharynxboden zurück und liegt bald vollständig ventral vom Pharynx, von welchem sie durch Bindegewebe getrennt ist, um sich nunmehr als Trachea lungenwärts fortzusetzen. Dementsprechend sehen wir die anfangs tiefen Rinnen, welche die Frenula und den Kehl- kopfeingang jederseits von der Zunge und weiterhin von den Seitenteilen des Pharynxbodens absetzen, alsbald Hacher werden, bis sie nach dem ventralen Zurücktreten des Luftrohres mit diesem aus dem Relief des Pharynxbodens verschwinden. Die allgemeinen Oberflächen- verhältnisse am Boden der Mundhöhle und des Pharynx haben sich gegenüber demjenigen im vorigen Stadium demnach nur insofern geändert, als sie ausgeprägter geworden sind. Wir kommen zu einer Klasse von Embryonen ziemlich gleichen Alters, bei welchen der Unterschied im Entwicklungsgrade zwischen den beiden Abkömmlingen des Visceral- skelettes seinen Höhepunkt erreicht hat. Der orale Abschnitt des Visceralskelettes, welcher als Hyobranchialapparat erhalten bleibt, ist vollständig in Jungknorpel übergeführt, während der aborale Abschnitt, welcher zum Aufbau des Kehlkopfskelettes Verwendung findet, sich noch auf der Grenze von blastematösem und vorknorpeligem Zustand befindet. Insbesondere das Cricoid hat gerade erst die Stufe der Vorknorpelbildung erreicht. Der histologische Unterschied innerhalb der visceralen Skelettstücke fällt schon bei flüchtiger Betrachtung der Schnitte auf. Das Agens, welches die Entwicklung des Kehlkopfskelettes hemmte, hat bis jetzt seine Wirkung ausgeübt; es ist noch immer in der nun erst beendeten Lage- veränderung der Arywülste zu suchen. Der ganze Hyobranchialapparat (vgl. Modell von Embryo 50a, Fig. 5 auf Taf. III) ist in Jungknorpel übergeführt. Der Körper des Skelettkomplexes hat im wesentlichen seine endgültige Gestalt angenommen; die Mitte des polyedrischen Körpers wird von dem Fenster eingenommen, während die lateralen Teile desselben eine beträchtliche Dicke auf- weisen. Der Processus lingualis ist länger geworden, läuft distal spitz zu und läßt jetzt als Jungknorpelstab an der Ventralfläche des proximalen Ende eine seichte sagittale Furche erkennen; wollte man diese Andeutung als eine verspätete Reminiszenz an eine frühere paarige Anlage auffassen, so bliebe das lediglich eine durch die bisherige Genese nicht gestützte Annahme. Der kleine Processus anterior lateralis steht beiderseits in fester Verbindung mit dem Körper; sein Knorpelgewebe geht ohne Grenze in dasjenige des Körpers über. Könnte man nicht die ganze Entwicklung dieses Processus übersehen, so wäre man geneigt, ihn jetzt für einen Fortsatz des Körpers, nicht für das ventrale Überbleibsel des zweiten Visceralbogens zu halten. Das erste Branchialbogenpaar ist länger geworden und mehr aboralwärts gerichtet; es übertrifft den zweiten Bogen bedeutend an Länge und stellt eine gleichmäßige runde 33 Knorpelspange vor, welche überall durch ein Perichondrium abgegrenzt ist. Das Proximal- ende ist kolbenförmig verdickt und hat sich vom Körper des Skelettapparates abgegliedert; zwischen Körper und Bogenende hat sich ein Gelenkspalt entwickelt. Die genauere Aus- dehnung, Form und Lage des Bogens und sein Verhältnis zum übrigen Hyobranchial- skelett und zum Kehlkopf sind aus dem Modell zu ersehen. Das zweite Branchialbogenpaar ist mit dem Körper fest verbunden und ganz aboralwärts gerichtet, so daß es beiderseits parallel mit der Trachea verläuft, deren ventro- lateraler Fläche es nahe benachbart liegt. Das Bogenpaar ist kaum halb so lang, wie das erste. Achtet man genau auf den histologischen Zustand des Knorpelgewebes, so kann man feststellen, daß die Intercellularsubstanz innerhalb des zweiten Bogenpaares etwas geringer entwickelt ist, die Knorpelzellen hier noch etwas dichter liegen, wie im ersten Bogen. Die Entwicklung des zweiten Bogenpaares bleibt also um ein geringes hinter der des ersten zurück. Die Anlagen des Kehlkopfes und der Frenula glottidis müssen gemeinsam be- trachtet werden. Stellen wir vorerst wieder die Lage des Kehlkopfes zum Hyobranchial- apparat fest. Die oralen Spitzen der Arywülste mit dem laryngealen Ansatz der Frenula stehen nun in gleicher Frontalebene mit den seitlich und vorwärts gerichteten Enden des Processus ant. lat. des Hyobranchialapparates. Die Feststellung dieses einen topographischen Merkmals genügt schon zu der Einsicht, daß der Kehlkopf gegenüber dem vorigen Stadium noch etwas weiter oralwärts vorgerückt ist und nunmehr seinen endgültigen Platz erreicht hat. Erinnern wir uns, daß die Arywülste ursprünglich aboral vom gesamten Hyobranchialapparat in die Erscheinung traten, daß sie dann nacheinander in gleicher Frontalhöhe mit dem zweiten, dann mit dem ersten Branchial- bogenpaar angetroffen wurden, und daß sie jetzt endlich in einer Linie mit dem auf den Hyoidbogen zurückgeführten Processus ant. lat. hyoidei stehen, so haben wir die ganze oral gerichtete Wanderung der Kehlkopfanlage in ihren einzelnen Phasen vor uns. Neben anderen morphologischen Kriterien aus der Ontogenese drängt vor allem der sichere Nachweis dieser Oralwanderung zu der Annahme, daß das Kehlkopfskelett nur auf den aboralen Abschnitt des Visceralskelett- systems zurückgeführt werden kann. Daß die Kehlkopfanlage jetzt ihre endgültige Lage erreicht hat, dokumentiert sich auch darin, daß die konvexe Ventralfläche der Arywülste jetzt großenteils in das Fenster des Hyobranchialapparates ein gebettet und auf diese Weise dort fixiert ist. Wir werden demnächst sehen, daß die Entwicklung des Kehlkopfskelettes und seiner Muskulatur von dem Moment an, in welchem es seine definitive Lage erreicht hat, sofort ein beschleunigtes Tempo einschlägt und in kürzester Zeit vollendet ist. Auch die Frenula glottidis sind jetzt in ganzer Ausdehnung entfaltet. Aus der anfangs unpaaren dicken Leiste sind, wie wir schon im vorigen Stadium gesehen haben, zwei schmale, parallel verlaufende, zellarme Bindegewebslamellen geworden, welche sich, dicht nebeneinanderliegend, vom Proximalende des Processus lingualis bis zum Oralende der Arywülste erstrecken. Da dieses Oralende jetzt fast dorsal vom Proximalende des Processus liegt, sind die Frenula ganz kurz geworden und haben eine mehr dorso-ventrale Richtung angenommen. Die Textfiguren 12—14 illustrieren das Verhalten der Frenula- leiste auf Querschnitten, welche durch den lingualen Teil (Textfig. 12), die Mitte (Textfig. 13) Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 2. Abh. 5 34 Zunge Fren. glott. _ —- (ling. Ende) Hyobranch. Körper BE BR oral. Teil Fig. 12. Embryo 50a, Jungknorpelstadium, Querschnitt durch oralen Teil der Frenula glottidis. Winkel 2, Oc. 2, M.T. Vergr. 1:1. Frenula glott. (Mitte) Zunge (Hinterlappen) Hyobranch. Körper lat. Teil Sule. lar. lat. Fig. 13. Embryo 50a, Querschnitt durch mittleren Teil der Frenula glottidis. Winkel 2, Oc. 2, M.T. Vergr. 1:1. 35 und den Übergang in die Arywülste (Textfig. 14) gelegt sind. Die Schnitte zeigen, wie die oral niedrige Doppelleiste tief zwischen den hinteren Zungenlappen versteckt ist, wie die beiden Stränge dann in der Mitte höher werden und den Längsspalt erkennen lassen, in welchen sich die Mundschleimhaut hineinsenkt; zwischen Frenula und Zunge ist jeder- seits der Suleus laryngeus lateralis zu sehen. Der Übergang in die Arywülste erfolgt ohne scharfe Grenze. Die scharfkantigen Stränge schwellen gleichsam beiderseits zum Arywulst an, welcher an dem Auftreten der Skelett- und Muskelblasteme mikroskopisch sofort zu erkennen ist. Der mit Schleimhaut ausgekleidete Spalt zwischen den Frenula setzt sich aboral direkt in den Glottisspalt fort, Verhältnisse, wie sie auch beim erwach- senen Tier zu sehen sind (Taf. VI, Fie. 9). Die einzelnen Teile des Kehlkoptskelettes kann man zu dieser Zeit noch immer nicht klar unterscheiden. Im allgemeinen befindet sich das Material im Übergang vom blastema- tösen zum vorknorpeligen Zustand. Aus den Arywülsten gehen die Arytaenoide und das Cricoid hervor. Von den Arytaenoiden ist nun noch fast nichts zu bemerken; nur bei einigen Embryonen gewahrt man, wenn man die Arywülste auf etwas schrägen Horizontalschnitten von dorsal nach ventral durchmustert, im dorsalen Teil derselben zu beiden Seiten des oberen Winkels der Glottisspalte kleine dichtere Zellanhäufungen vorknorpeligen Charakters. Durch Vergleich mit älteren Embryonen kann man konstatieren, daß es sich um die dem Crieoid später auflagernden Dorsalenden der Arytaenoide (Textfig. 16) handeln muß. Sonst ist die Bildung der Gießbeckenknorpel über diese unsicheren Andeutungen noch nirgends hinaus. Arywülste oral. Spitze Musk. blast. d. Arywulst. Zunge (Hinterlappen, Sule. lar. lat. Proc. ant. lat. Muse. constr.lar. —” hyoid. Fenster Cricoid-Anl. i.Hyobranch. Körper Fig. 14. Embryo 50a, (Querschnitt durch den Übergang der Frenula glottidis in die Arywülste. ‚Winkel ‘2, 0c. 2, M.T. 'Vergr. 1:1. 5*+ 36 Mediane Lücke Cart. Meck. Proc. ant. lat. hyoid. Proc. ling. prox. Ende Rest d. 1. Br. Sp. I. Branch. Bg. Fren. glott. Mundhöhle Rest.d. Il. Br. Sp. - Fig. 15. Embryo 8a, Horizontalschnitt, rechte Seite und Mitte, Vorknorpelstadium. Winkel 2, Oc. 2, M.T. Vergr. 1:1. Weit mehr macht sich das fortschreitende Heraustreten des Cricoides aus den sonst diffusen Zellmassen der Wülste bemerkbar (Textfigg. 9, 10, 14, 16, 17). Innerhalb der bislang; ganz indifferenten Arywülste setzen jetzt intensive Differenzierungsvorgänge ein. Den Ausgangspunkt dieser Skelettbildungen haben wir bereits kennen gelernt, es ist die aus den zwiebelschalenförmig angeordneten Zellen bestehende Anlage in der ventralen Mittel- linie. Diese Bildung hat sich weiter vergrößert und wölbt die Ventralwand des Kehlkopf- lumens immer mehr in dasselbe vor (Textfigg. 9 und 10). Gleichzeitig hat sich die vor- knorpelige Konsolidierung des Skeletteiles auch auf die seitlichen Teile der Wülste aus- gedehnt. Man sieht, wie die mediane vorknorpelige Anlage sich jederseits in dorsalwärts 37 gerichtete Vorknorpelspangen fortsetzt; es sind die Seitenteile des Cricoides, welche sich nunmehr aus der diffusen Umgebung herauslösen (Textfigg. 16 und 17). Gleichzeitig mit der Verdichtung zur Cricoidanlage hellen sich die sie umgebenden Teile der Wülste auf und werden allmählich in Bindegewebe übergeführt. So tritt die Cricoidanlage auf Querschnitten immer deutlicher als dorsal offaer Halbring auf, welcher das Kehlkopflumen von ventral und lateral umfaßt (Textäig. 17). Das resultierende Skelettstück ist dabei im Durchmesser viel schmäler und weniger voluminös, wie der dicke undifferenzierte Zellmantel, welcher bis- her das Lumen umlagert hat. Ähnliches wurde schon bei der Entwicklung des Quadrates und der Columella auris beobachtet und gibt einen weiteren Anhaltspunkt dafür ab, daß eben nicht alles Blastemmaterial in Vorknorpel resp. Knorpelgewebe umge- wandelt wird. Im dorsalen Drittel, in welchem die Wandung der Kehlkopfanlage von vornherein sehr dünn war, regt sich noch nichts, was auf eine Skelettbildung schließen ließe. Die Crieoidanlage ist in aboraler Richtung bis zum zweiten Branch ialbogenpaar zu verfolgen. Pulmonalwärts folgt nun das gleichbleibende mikroskopische Bild eines kreisförmigen Lumens, umgeben von einem dünneren gleichmäßigen Zellmantel, innerhalb dessen sich noch keine Einzelheiten bemerken lassen. Wir sind danach im Bereich der Trachea angelangt, welche sich sonst noch in keiner Weise von der Kehlkopfanlage abgrenzen läßt. Zuerst entwickelt sich also immer das Ventralteil des Cricoides, dann folgen die Seitenteile desselben, der Dorsalabschnitt kommt zuletzt an die Reihe. Die Entwicklung der Arywülste verzögert sich länger, sie bildet regelmäßig den Schluß der Kehlkopfgenese. Die Kehlkopfmuskulatur (Textigg. 10, 14, 16, 17) hat sich zu dieser Zeit klar von der Skelettanlage abgesetzt und läßt schon einzelne Züge unterscheiden, welche den Kehlkopf in vorwiegend spiralförmigen, sich überdeckenden Touren umfassen. Ein Muskel- zug beginnt jederseits nahe der ventralen Mittellinie am Körper des Hyobranchialapparates und zwar am Oralrande des großen Fensters (Textfigg. 14 und 17) und breitet sich diver- gierend über die Seitenteile der Arywülste nach hinten und oben aus. Diese dünne Muskelplatte bedeckt die Ventralfläche und den aboralen Teil der Seitenflächen, sowie einen Teil des Dorsums der Arywülste, mithin vorwiegend die Anlage des Cricoides, und ist als Constrietor laryngis anzusprechen. Ein zweites stärkeres Muskelbündel überlagert den vorherbeschriebenen Constrictor von außen. Es entspringt an der oral-lateralen Peripherie der Arywülste, von der Stelle, an welcher alsbald die Processus musculares der Arytaenoide hervortreten werden, und verläuft in mehr aboraler Richtung über die Seitenwand der Cricoidanlage, an deren aboral- dorsalem Ende es sich verliert. Der Ansatz an den noch nicht ausgebildeten. Muskel- fortsätzen der Arytaenoide wird erst später deutlich. Es handelt sich also um den Dila- tator des Kehlkopfes. Bezüglich der Gefäße und Nerven können wir uns wiederum kurz fassen, da keine erheblichen Veränderungen zu berichten sind. Gehen wir die Gegend des Visceral- skelettes von oraler in aboraler Richtung durch, so treffen wir zuerst vor und medial vom ersten Branchialbogen auf den schon bekannten Glossopharyngeusast, den sog. Ramus lingualis oder R. pharyngeus communis, welcher in Begleitung der auf die- erste Branchialarterie zurückgeführten Arteria hyoidea anterior zum Boden der Mundhöhle ver- läuft. Unterwegs entsendet er mehrere, von mir schon 1907 beschriebene Pharyngei dor- sales zum Mundhöhlendach und den R. hyomandibularis zur Muskulatur des ersten Branchial- 38 bogens. Seitlich und ventral von der Glottis, zwischen dem Processus ant. lat. hyoidei und der Glottis empfängt der Nerv einen Ast aus dem Truncus laryngo-pharyngeus und verzweigt sich dann zur Seite der Frenula, vorwiegend aber im hinteren Teil der Zunge. Dieser Glossopharyngeusast, welcher von R. pharyngeus ventralis posttrematicus IX ab- zuleiten ist, bewahrt also bei T. graeca eine größere Selbständigkeit, wie bei Trionyx (Ogusbi 1913). Weiter aboral zeigt sich an der Innenseite der Truncus pharyngo- laryngeus des Vagus, welchem in Anbetracht der starken zentralen Anastomose zwischen den Ganglien zweifellos auch Glossopharyngeuselemente beigemischt sind. Der Nerv wird von der Arteria hyoidea posterior begleitet und ist mühelos bis zur Seite des Kehlkopfes Cart. Meck. 1I. Br. Bg. prox. Ende I. Br. Sp. Crieoid Blast. 11. Br. Sp. ' d. Arywulst. Mundhöhle Rima glott. Fig. 16. Embryo Sa, Horizontalsehnitt, linke Seite vollständig, rechte unvollständig, Vorknorpelstadium. Winkel 2, Oc. 2, M.T. Vergr. 1:1. 39 zu verfolgen, den er unter leichter Wendung nach vorn über der Gelenkverbindung des ersten Branchialbogens mit dem Hyobranchialkörper erreicht. Wir haben es, wie nach- gewiesen, in der Hauptsache mit dem Homologon des R. pharyngeus ventralis posttrematicus des ersten Branchialnerven des Vagus und mit der zweiten Branchialarterie zu tun. Dicht an der Außenseite der Kehlkopfmuskulatur erfolgt die Endverzweigung des Truncus; einer dieser Endäste vereinigt sich, wie beschrieben, mit dem Glossopharyngeusast, die übrigen verteilen sich zur Muskulatur und Schleimhaut des Kehlkopfes.. Im Bereich der Endver- zweigung erfolgt dann auch die Verbindung mit dem R. recurrens laryngei. Dieser feine Nerv trifft an der Stelle, wo der Truncus den Kehlkopf erreicht, auf diesen Haupt- nerven des Kehlkopfes, meist unter Bildung eines kleinen Ganglions. Von hier ist der R. recurrens in sagittaler Richtung pulmonalwärts zu verfolgen, und liegt hier immer genau in der Mitte der seitlichen Larynx- resp. Trachealwand. Durch die Einlagerung des Kehl- kopfes in das Fenster des Hyobranchialapparates und die damit erfolgte Einklemmung der ventralen Cricoidtläche ist der Nerv offenbar etwas in dorsaler Richtung verschoben worden, wie der Vergleich mit jüngeren Stadien unschwer erkennen läßt. Die Einklemmung des Kehlkopfes in den Hyobranchialapparat wird ja immer enger und führt schließlich zu einer äußerst straffen und unbeweglichen Ineinanderfügung der beiden Skelettkomplexe. Die der dritten Branchialarterie entsprechende Arteria hyoidea postrema verläuft in der Muskulatur zur Seite des Pharynx und ist bis in die Nähe der Gabelung der Trachea zu beobachten. Das Gefäß versorgt hauptsächlich die Pharynxmuskulatur. Y. Stadium des reifen Knorpels, Beginn der Ersatzknochenbildung. 5 Embryonen (Taff. II—-V, Textfigg. 17—19). Die Embryonen aus dieser Entwicklungsperiode sind um zwei Exemplare vermehrt worden, welche in Horizontalschnitte zerlegt wurden; auch wurden einige neue Modelle vom Hyobranchialapparat und vom Kehlkopf angefertigt, die aber nur zum Teil hier ab- gebildet worden sind. Die Embryonen stehen durchschnittlich kurz vor dem Ausschlüpfen und zeigen in allen Teilen schon die Verhältnisse des fertigen Tieres. Die Längen des Rückenschildes schwanken zwischen 11 und 30 mm, bei den neu hinzugekommenen Exem- plaren beträgt sie 22 resp. 23 mm. Der Dottersack ist bei letzteren Exemplaren bis auf einen kaum kirschkerngroßen Rest resorbiert. Betreffs ‘der sonstigen Angaben vergleiche man Teil I dieser Untersuchungen, Bd. 25, 1912, S. 35. Das Gesamtbild des Mundhöhlenbodens, des Larynx und Pharynx gleicht schon völlig demjenigen beim ausgebildeten Tiere. Der breite flache Körper der Zunge nimmt den vorderen Abschnitt des Mundhöhlenbodens ein. In der Mittellinie des hinteren Zungen- abschnittes ist der Processus lingualis und jetzt auch das Entoglossum eingebettet, dessen spätes Auftreten im ersten Teil der Untersuchungen beschrieben worden ist. Die Hinter- enden der Zunge divergieren, zwischen ihnen klafft die mediane Einkerbung, welche bis auf die Basis des Processus lingualis reicht. Aus der Tiefe dieser Einkerbung tauchen die jetzt kurzen Frenula glottidis als zwei schmale scharfrandige Ligamente auf und steigen dorsal- und etwas aboralwärts gegen den Ventralrand der Schleimhautlippen empor, welche den Glottisspalt einfassen und gehen als breite, sagittal gestellte Membranen in diese über (vgl. hierfür auch Taf. VI, Fig. 9). Die Verlaufsrichtung der Frenula hat sich also gegen 40 früher sehr geändert, sie ist von einer oral-aboralen fast in eine ventral-dorsale um- gewandelt; gleichzeitig haben sich die Frenula sehr verkürzt. Wie diese Veränderungen durch die Verlagerung des Kehlkopfes bedingt werden, ist ausführlich dargestellt worden. Der Kehlkopf und der sich anschließende proximale Abschnitt der Trachea bilden nun einen großen, stark in die Mundhöhle vorspringenden Körper von der bekannten Form einer dorso-ventral abgeplatteten Walze. Das Oralende des Kehlkopfes verjüngt sich im Bereich der Glottisspalte nach Art zweier Pfeifenlippen, an welchen eben die Lingualenden der Frenula ansetzen. Der Kehlkopfeingang ragt dabei bis zwischen die Zungenlappen hinein; beide Organe werden durch die tiefen seitlichen Kehlkopfrinnen voneinander ge- trennt. Mit dem aboralen Verflachen der Walze, d. h. mit deren Tieferlagerung und mit der Trennung der Trachea vom Pharynx verflachen auch die Rinnen in der beschriebenen Weise. Schon gelegentlich der Untersuchungen über die Ontogenese des Kiefer- und des Zungenbeinbogens von Testudo graeca wurde festgestellt, daß sich die entscheidenden Ent- wieklungsvorgänge bereits vollzogen haben, wenn in den Visceralbogen reifer Knorpel auftritt. Diese Gewebsform bedeutet ein Definitivum in der Skelettbildung, welche nun keinem einschneidenden Formwechsel mehr unterliegen kann. Die hinzutretende Ersatz- knochenbildung bedingt keine wesentlichen Veränderungen der Skeletteile in Form und Größe mehr. Das gleiche kann jetzt vom Hyobranchialapparat gesagt werden; dieser ist nunmehr fertig ausgebildet, das Kehlkopfskelett dagegen noch nicht. Das Skelettmaterial Ceratobranch. I Trunc. phar. Jar. R. ling. IX / \ Cricoid Hyobranch.Körper Muse. constr.lar. ventr. u. lat. Teil Vorknorpel Fig. 17. Embryo 113e. Schräger Horizontalschnitt, Jungknorpelstadium. Winkel 2, Oe.2. M. T. Vergr. 3/4. 41 der Arywülste stand im vorigen Stadium noch auf früher Vorknorpelstufe und seine Form- entwicklung war noch so zurückgeblieben, daß man noch nicht einmal von einer deutlichen Gliederung in Cricoid und Arytaenoide reden konnte. Jetzt endlich grenzen sich die Skelett- stücke des Kehlkopfes gegen ihre Nachbarschaft als vorknorpelige Anlagen ab; wenn das nun zu besprechende Stadium als das des reifen Knorpelgewebes bezeichnet worden ist, so hat das also nur für den Hyobranchialapparat Gültigkeit. Die Lagebeziehungen zwischen Hyobranchialapparat und Kehlkopf werden am besten zunächst nochmals unter Zuhülfenahme des Modells des Embryo 50a besprochen, welches auf den Tafeln II und III abgebildet ist. Daran werden sich ergänzende Bemerkungen über die ältesten Embryonen dieser Kategorie mit Hülfe des Modells von Embryo 38c auf den Tafeln IV und V anschließen lassen. Bei Betrachtung des erstgenannten Modells fällt zunächst eine gewisse Asymmetrie der beiden Seiten des Hyobranchialapparates auf. Wenn man in diesem Falle auch etwas von dieser Unregelmäßigkeit als mechanische Folge der Einbettung ansehen kann, so können derartige Gründe doch kaum dafür verantwortlich gemacht werden, daß der erste Branchialbogen auf der linken Seite schon gelenkig mit dem Zungenbeinkörper verbunden ist, rechts dagegen sich erst unvollständig gegen diesen abge- setzt hat, daß ferner der zweite Bogen links gegen den der rechten Seite offenbar im Längen- wachstum etwas zurückgeblieben ist. Wir sehen hier ein Beispiel für die große Variabilität, welche innerhalb der Entwicklung des Visceralskelettes bei Schildkröten herrscht, wie sie schon Siebenrock 1898 für den Össificationsmodus beim Visceralskelett der Chelonier betont hat. Analoge Skeletteile befinden sich durchaus nicht immer genau auf der gleichen Ent- wicklungsstufe; später scheinen sich die Differenzen anscheinend vollständig auszugleichen. Im übrigen ist über das Visceralskelett dieses jüngeren Exemplares nicht viel neues zu sagen. Der ganze Apparat ist in hyalinen Knorpel übergeführt und nähert sich den definitiven Verhältnissen, welche wir bei Embryo 38c vor uns sehen. Der Hyobranchial- körper ist ventralwärts leicht konvex gewölbt und besteht eigentlich nur noch aus den ringförmigen Randpartien mit den kurzen Fortsätzen, welche dem Ansatz der Bögen dienen; die Mitte nimmt das große Fenster ein. Über den Processus lingualis und den Proc. ant. lat. hyoidei ist nichts neues zu berichten. Die Richtung des ersten Branchialbogenpaares ist aus einer anfänglich latero-dorsalen jetzt in eine fast aborale umgewandelt, der Bogen ist in reifen Knorpel übergeführt. Die Unterschiede zwischen der rechten und linken Seite wurden schon angeführt. Neben diesem Bogenpaar erscheint das zweite kurz und unbedeu- tend; bei einigen Embryonen besteht es im Gegensatz zum ersten Paar noch aus Jungknorpel. Der Kehlkopf. Weit bemerkenswerter sind die topographischen und histologischen Veränderungen, welche sich unterdeß am Kehlkopf vollzogen haben. Das Oralende des- selben steht jetzt, wie schon beschrieben, in derselben Frontalebene, wie der Processus ant. lat. Das aborale Ende schließt gleichzeitig mit dem Hinterende des Hyobranchialkörpers ab. Der Kehlkopf, welcher anfangs in ganzer Ausdehnung hinter dem Hyobranchialkörper orientiert war, liest nun genau dorsal von demselben Skeletteil. Die Verbindung und Befestigung der beiden Skelettkomplexe untereinander wird durch die in ihrer jetzigen Gestalt und Lage schon geschilderten Frenula glottidis und die derbe Membran vermittelt, welche das Cricoid eirculär am Rand des Fensters festheftet und ebenfalls aus den Blastem- massen der Arywülste hervorgeht. Zum Verständnis der Frenula sei nochmals auf die Textfig. 12—14 und auf die Fig. 3—5, 7 und 9 auf den Taf. I—IV und VI verwiesen. Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 2. Abh. 6 42 Das Kehlkopfskelett befindet sich auf einer Übergangsstufe vom Vorknorpel zum Jungknorpel und hat große Fortschritte gemacht. Jetzt, da die Verlagerung ihr Ende gefunden hat, erfolgt die Gestaltung der Skeletteile gleichsam mit einem Schlage. Es sei hierbei nochmals betont, daß sich zwischen dem Befund, welchen das Kehlkopfskelett der ältesten Embryos dieser Gruppe gegenüber demjenigen, welcher beispielsweise bei dem jüngsten Exemplar erhoben wurde, aufweist, nicht unwesentliche Unterschiede ergeben. Um jedoch allzu häufige Wiederholungen zu vermeiden, faßt die Beschreibung diese Vor- gänge zusammen. Bei allen Embryonen sind die Anlagen der Arytaenoide (vgl. Textfigg. 17 und 18, Taf. IV, Fig. 7) nun von derjenigen des Cricoides zu trennen. Die Arytaenoide stehen durchweg histologisch auf der jüngeren Altersstufe, sie sind vorknorpelig angelegt, während das Cricoid meist schon in Jungknorpel übergeht. Die Arytaenoide des jüngsten dieser Embryonen stellen flache, von oral und ventral nach aboral und dorsal gerichtete Spangen vor, welche dorsalwärts leicht konvex gebogen sind und den Glottiseingang zwingenförmig umfassen. Vorn und hinten lagern ihre Enden dem oralen und aboralen Rand der Lücke auf, welche die Dorsalwand der Cricoides unterbricht und bilden somit gleichsam deren Verschluß. Die Fortsätze der Arytaenoide sind erst bei den ältesten Embryonen deutlich zu erkennen. Bei diesen Exemplaren (vgl. Modell von Embryo 38c, Taf. IV, Fig. 7) sind auch die Gießbeckenknorpel bereits in Knorpelgewebe umgewandelt. Die Spangenform der Knorpel, ihre verstärkte Krümmung sowie ihre Lagerung auf dem Cricoid treten dort gut hervor. Die abgerundeten Hinterenden der Spangen ragen jetzt von oben etwas in den vom Cricoid umschlossenen Raum hinein; sie liegen dabei in gleicher Horizontalebene mit der bei diesen Embryonen schon vorhandenen Dorsalwand des Cricoides, mit welcher sie durch Bindegewebe verbunden sind. Diese aboralen Enden der Arytaenoide tragen also wesentlich zur Verengerung und zum teilweisen Abschluß der im oralen Teil persistie- renden Dorsalöffnuung des Cricoides bei. Die Vorderenden der Knorpelspangen sind nun stark ventralwärts abgebogen, der Scheitel der konvex gekrümmten Spangen ist nach dorsal und oral gerichtet. Diesem Scheitel sitzt beiderseits ein erst spät differenzierter Fortsatz auf, welcher hackenförmig gekrümmt, sich erst nach oral und medial, dann nach dorsal und etwas lateral wendet. Dort, wo dieser orale Fortsatz, welchen wir als Apex bezeichnen wollen, der konvexen Krümmung der Knorpel aufsitzt, erhebt sich an seiner Außenseite beiderseits der lateral gerichtete, kurze aber starke Processus muscularis, welcher eben- falls schnell in Knorpel übergeht. Die peripheren Spitzen der Apices dagegen, welche nur bei den ältesten Embryonen 38c und 39b zu erkennen sind, bilden denjenigen Teil des Kehlkopfskelettes, welcher erst zu allerletzt in Knorpelgewebe umgewandelt wird. Meine Serien zeigen die Apices durchschnittlich als vorknorpelige Anlagen; dieselben über- decken nach völliger Entwicklung von oben her die laryngealen Enden der Frenula glot- tidis, dienen diesen jedoch nicht als Ansatz, sondern bilden mit ihrem Schleimhautüberzug die seitlichen Lippen, welche den Glottiseingang einfassen. Man wird wohl nicht fehl- gehen, wenn man sie mit den Santorinschen Knorpeln des menschlichen Kehlkopfes vergleicht. Die Entwicklung des Cricoides, welche schon früher eingesetzt hat, wie aus dem vorigen Stadium bekannt ist, hat bedeutende Fortschritte gemacht, die wir ebenfalls erst an dem jüngsten, dann an dem ältesten Embryo vorliegender Gruppe betrachten wollen. 43 Proc. musc.aryt. Proc. ant. lat. hyoid. Ceratobranch. I. \ : Ceratobranch. II Muse. dilat. lar. Muse. constr. lar. Fig. 18. Embryo 39b, Horizontalschnitt, nur rechte Seite und Mitte. Stadium des reifen Knorpels. Leitz 2, Oc. 2, M. T. Vergr. 2/3. Die bis dahin nur zu zwei Drittel, nämlich ventral und lateral vollständige vorknorpelige Anlage dieses Skeletteiles hat sich nunmehr nahezu oder vollständig zum Ring geschlossen, doch findet die dorsale Vereinigung nur im aboralen Teil statt, während im oralen die schon erwähnte, durch die Arytaenoide verschlossene, breite Lücke in der Dorsalwand des Crieoides bestehen bleibt. Ebenso wie die vorknorpelige Differenzierung, beginnt jetzt auch der Übergang des Skelettstückes in Knorpelgewebe in der ventralen Mittellinie und setzt sich von dort über die Seitenwände auf das Dorsum fort. Wir begegnen zu dieser Zeit ventral vom Kehlkopflumen einer median gelegenen, zuweilen scharf umschriebenen, runden jungknorpeligen Partie; man könnte dieselbe als Knorpelkern bezeichnen, ohne daß damit in morphologischer Hinsicht viel gesagt wäre. Es handelt sich um die Ventralwand des Crieoides, welche den übrigen Teilen dieses Skelettstückes von Anfang an voraus war. Diese Knorpelanlage tritt von vornherein und immer einheitlich auf;. Abgliederungen oder selbständig sich entwickelnde Teile, welche man als Procrieoide ansprechen könnte, ge- langten niemals zur Beobachtung. Desgleichen fehlt jede Andeutung einer Epiglottis- anlage, welche am Oralrand dieser ventralen Cricoidwand zu erwarten wäre, worauf schon wiederholt bei Besprechung der jüngeren Stadien hingewiesen worden ist. Die Jungknorpel- bildung in der Ventralwand des Cricoides reicht bei dem jüngsten hier erörterten Embryo vom vorderen Rand des Fensters im Hyobranchialkörper bis zur Höhe des Abganges des ersten Branchialbogens. Noch im Bereich des Fensters findet die Knorpelmasse ihr Ende, der aborale Teil der Ventralwand der Cricoides wird dann sehr dünn und kann sogar durchbrochen sein, so daß die ventrale Kehlkopfwand hier zwischen Cricoid und ersten Trachealring nur von Bindegewebe gebildet wird. Die Verknorpelung schreitet, von dieser Knorpelanlage ausgehend, in den Seitenwänden des Cricoides dorsalwärts vor, wie man durch 6* 44 Vergleich verschiedener Serien feststellen kann. Die nur im aboralen Teil zustande kom- mende Dorsalwand des Ringknorpels besteht dagegen, mit Ausnahme der beiden ältesten Embryonen, noch aus Vorknorpel. Die ganze Cricoidanlage erscheint auf Querschnitten schlanker, die Wände des Knorpels beim Vergleich mit jüngeren Stadien dünner; das Lumen des Kehlkopfes dagegen ist demgemäß geräumiger geworden und hat eine mehr runde Form angenommen. Diese Erweiterung des Lumens erfolgt, ähnlich wie wir es früher bei der Entfaltung der Paukenhöhle innerhalb des Quadrats gesehen haben, auf Kosten der Wanddicke des Üricoides. Die Grenze des Öricoides gegen die Trachea läßt an Deutlichkeit noch zu wünschen übrig. Nur in der fortgeschritteneren Ventralwand ist eine Abgrenzung des Ringknorpels von der Luftröhre möglich. Seitlich und dorsal setzen sich die Vorknorpelmassen des Cricoides noch fortlaufend in die dünnere, aber sonst noch auf gleicher Stufe stehende Trachealwandung fort. Zur Bildung distinkter Knorpelringe ist es dort noch nirgends sekommen. Die ältesten Embryonen 38c und 39b zeigen uns ein Cricoid, welches völlig aus hyalinem Knorpel besteht und (Taf. IV und V) fertig entwickelt ist. Das ganze Cricoid besteht aus einem Stück; es findet sich kein abgegliedertes Procricoid, wie bei anderen Cheloniern, ferner keine Unterbrechung der Ventralwand durch quere Spalten. Auf die mikroskopisch kleinen Durchlässe für die Endäste der Nerven wurde bei der Anfertigung des Modells nicht besonders geachtet. Das fertige Oricoid läßt sich am besten mit einer Sturmhaube vergleichen. Der Hinterkopf der Haube ruht im Fenster des Hyoidkörpers, in dessen Lichtung er genau hineinpaßt. Der Scheitel ist oralwärts gerichtet. Der Gesichts- teil, dargestellt durch die große Dorsalöffnung, sieht nach oben und wird durch die vor- gelagerten Arytaenoide visierartig verengert. Der Halsteil der Haube endlich sitzt dem Trachealrohr auf, in dessen Wandung nun auch die einzelnen, schon knorpeligen Ringe zu erkennen sind (Textfig. 19). Die Wandung des Skelettstückes ist mit der Überführung in Knorpel noch dünner, das Lumen dementsprechend im Bereich des Ringknorpels weiter geworden, und buchtet sich bis in das Hyoidfenster ventralwärts vor. Die Dorsalwand bleibt im oralen Teil offen; hier vermitteln die Gießbeckenknorpel in der geschilderten Weise den Abschluß des Lumens bis auf den schmalen Glottisspalt. Im aboralen Teil hat sich dagegen durch Zusammenwachsen der Seitenteile eine Dorsalwand gebildet; nur eine schmale Längsrinne deutet noch an, daß der Zusammenschluß dort erst vor kurzem erfolgt ist. Diese dorsale Längsrinne dehnt sich auch auf die obersten 'Trachealringe aus und bleibt noch eine Zeitlang erhalten. Bei der ausgebildeten Testudo graeca, bei welcher Siebenrock (1899, Taf. II, Fig. 19) die Längsrinne beobachtet und abgebildet hat, habe ich dieselbe nicht mehr gefunden. Damit hat die Verknorpelung des Cricoides, welche ebenso wie die vorknorpelige Differenzierung regelmäßig ventral beginnt und dann über die lateralen Teile fortschreitend dorsal endigt, ihren Abschluß gefunden. Die endgültige Ansatzstelle der Frenula glottidis am Kehlkopf wird erst mit der fertigen Ausgestaltung der einzelnen Skeletteile, speziell auch der Gießbeckenknorpel, klar. Die Frenula bilden jetzt zwei dicht bei einander liegende, stark vom Mundhöhlenboden vorspringende Stränge, welche aus dem Grund der medianen Einkerbung im hinteren Zungenrand steil nach oben und etwas nach hinten zum Ventralrand der Glottis verlaufen. Oral beginnen die Frenula an dem straffen Bindegewebe über dem Proximalteil des Pro- EN - 45 _eessus lingualis, an welchem auch der Constrietor laryngis seinen Ursprung nimmt. Der aborale Ansatz wird erst jetzt deutlich. Schienen die Frenula bisher, ganz allgemein aus- gedrückt, an den Oralenden der Arywülste zu endigen, so zeigt sich jetzt, daß sie nicht etwa an den Apices der Arytaenoide ansetzen. Bei äußerer Betrachtung scheinen die Frenula allerdings bis zu den Apices zu reichen; es handelt sich aber nur um zwei Schleim- hautduplikaturen, welche sich von den Frenula auf die kammartigen Dorsalränder der Apices hinaufziehen und in deren Schleimhautüberkleidung übergehen. Gleich den Apices entstehen diese Schleimhautfalten erst gegen Ende der Ontogenese. Der den Frenula von Anfang zu Grunde liegende straffe Bindegewebsstrang endigt dagegen schon weiter ventral, vorwiegend am oralen Rand der dorsalen Cricoidöffnung (vgl. Modell 38e) und greift nur wenig auf die benachbarten, ventral abgebogenen vorderen Enden der Arytaenoidspangen über. Eine Befestigung der Frenula glottidis an den Apices würde diese unbeweglich und damit die Wirkung des Dilatator laryngis unmöglich machen. Ceratobranch. I Hyobranch. Körper Ceratobranch. Il Crieoid Frenul. glott. a Trach. Knorp. Sule. lar. lat. rac norp Muse. eonstr. lar. IR sY t Proe. ant. lat. hyoid. Muse. dilat. lar. Trunc. phar.-lar. IX+X Fig. 19. Embryo 39b, Horizontalschnitt. Die Teile des Hyobranchialskelettes sind nur kontouriert angegeben. Stadium des reifen Knorpels. L. 2, Oc. 1, M. T. Vergr. ?Ja. 46 Über die Kehlkopfmuskulatur (Textfigg. 17—19) wäre zu dem letztgeschilderten Befund so wenig neues hinzuzufügen, daß es genügen wird, wenn derselben nochmals anläßlich der Beschreibung des Kehlkopfes des erwachsenen Tieres gedacht wird. Ebenso weisen die Gefäße und Nerven gegenüber den letzthin besprochenen Ver- hältnissen keine nennenswerten Veränderungen auf und werden nur noch am Schluß zur Sprache kommen. VI. Hyobranchialapparat und Kehlkopf des erwachsenen Tieres. Den Abschluß der Schilderung der Genese möge eine kurzgefaßte Darstellung des Visceralskelettes und seiner Abkömmlinge bei der erwachsenen T. graeca bilden, die sich auf die Präparation mehrerer besonders großer Exemplare mit Hülfe der binocularen Lupe und auf die Betrachtung herauspräparierter, mit Methylgrün gefärbter und nach Lundvall und Spalteholz aufgehellter Kehlköpfe stützt. Die Schilderung bestätigt die Befunde Siebenrocks in allen wesentlichen Punkten und wird zahlreiche Übereinstimmungen mit der Mitteilung Ogushis über den Kehlkopf im Trionyx japonicus ergeben, welche nach Abschluß vorliegender Untersuchungen erschien. Die Abbildungen des Kehlkopfes in situ und des herauspräparierten Kehlkopfes nebst Hyobranchialapparat auf Taf. VI, Fig. 9 und 10 veranschaulichen diese Verhältnisse. Den besten Überblick über Pharynx und Larynx erhält man, wenn man den Schädel bis zur Mundhöhle spaltet (Taf. VI, Fig. 9). Fast der ganze Mundhöhlenboden wird von der Zunge eingenommen, von welcher hier nur flüchtig die Rede sein soll. Das Organ ist von dreieckiger Gestalt und fast in ganzer Ausdehnung am Boden festgewachsen, so daß es fast unbeweglich ist. Die hintere Hälfte der Zunge läuft in die beiden breiten Zipfel aus, welche durch die tiefe mediane Einkerbung voneinander getrennt sind. Von den beiden hinteren Zipfeln ziehen zwei Längsfalten zur Seite des Kehlkopfes herab, ohne aber zu ihm in Beziehung zu treten. Der Kehlkopf ragt mit seiner Mündung bis zwischen die beiden Zungenlappen hinein, füllt also den hinteren Abschnitt der Einkerbung aus, aus deren vorderem Teil die Frenula in der beschriebenen Weise schräg nach hinten oben gegen die Glottis ansteigen, in deren Seitenwandung sie sich beiderseits durch die erörterten Schleimhautduplikaturen fortsetzen. Der Kehlkopf bildet mit dem Anfang der Trachea zusammen eine dorso-ventral etwas abgeplattete Röhre, welche weiter aboral allmählich durch Einlagerung in das Gewebe ventral vom Pharynx verflacht. Die Glottis ähnelt dem Mundstück eines Pfeifchens, welches sich nach oral und ‘dorsal öffnet. Die Lippen des Mundstückes sind mit ihrer Längsachse von ventral und oral nach dorsal und aboral gerichtet und bilden so die Seitenwände des Spaltes. Auf den Rändern der Lippen erheben sich zwei spitze Kanten, denen die Apices der Arytaenoide zu Grunde liegen. Der Glottis- spalt setzt sich oralwärts noch ein Stück zwischen den Schleinıhautduplikaturen fort, welche auf die Frenula glottidis übergehen. Letztere gewinnen hierdurch eine gewisse äußere Ähnlichkeit mit Stimmbändern, und zweifellos werden auch die Frenula bei dem feinen fiependen Ton, welchen die männliche Schildkröte namentlich bei der Begattung unablässig hören läßt, gleichzeitig mit den Lippen der Glottis in Mitschwingung ersetzt. Die Frenula glottidis haben keine Beziehung zur Zunge, sondern befestigen sich oral in der Tiefe der genannten Einkerbung an dem Bindegewebe über dem Processus lingualis. 47 Von einer Epiglottis endlich ist weder während der Entwicklung noch beim fertigen Tier etwas zu bemerken. Die Präparation des Kehlkopfskelettes und des Hyobranchialapparates ergibt zunächst, daß beide Skelettkomplexe im ganzen Bereich ihrer gegenseitigen Berührung, vor allem längs des Fensterrandes, durch sehr straffes Gewebe miteinander verbunden sind. Der Kehlkopf ist völlig unbeweglich am Hyobranchialkörper fixiert. Der Hyobranchialapparat (Taf. VI, Fig. 10) besteht aus einem trapezförmigen Körper, welcher im Gegensatz zu demjenigen der meisten anderen Schildkrötenarten rein knorpelig ist. Auch bei sehr alten Exemplaren von T. graeca, welche ich in großer Zahl untersuchen konnte, fand sich keine Verknöcherung des Körpers. Die Mitte des Körpers wird von dem unregelmäßig gestalteten, meist quer-ovalen Fenster eingenommen, welches durch eine Bindegewebsmembran abgeschlossen ist. Entfernt man diese Membran, so trifft man auf die konvex gewölbte Ventralwand des Ringknorpels, welcher in das Fenster ein- gebettet und mittelst der Membran straff an seinem Rand befestigt ist. An der Peripherie des Körpers sind im ganzen sieben Fortsätze zu unterscheiden, welche alle aus Knorpel bestehen. Der Processus lingualis zunächst erstreckt sich vorwärts in die Zungenmuskulatur hinein; er beginnt an der Oralspitze des Körpers, in den er kontinuierlich übergeht, mit breiterer Basis und läuft, sich stetig verjüngend, spitz zu; dabei ist er nach Art eines Schiffskiels dorsalwärts abgebogen. Ventral vom Distalende des Processus liegt das knöcherne Ento- glossum. Die übrigen Fortsätze am Hyoidkörper sind kurz und entsprechen den Ansatz- stellen des zweiten bis vierten Visceralbogenpaares. Die Reste des Ventralstückes des Zungenbeinbogens, die kurzen Processus anteriores laterales hyoidei sind mit dem Körper kontinuierlich verbunden; sie sind nach lateral und oral gerichtet, ganz kurz und peripher zugespitzt. Aboral folgen dann beiderseits die kurzen, aboral und etwas lateral gerichteten, breiten Fortsätze, welche der gelenkigen Verbindung der ersten Branchialbögen (Cerato- branchialia I) mit dem Körper dienen und zu diesem Zweck an ihrem peripheren Ende eine flache Gelenkpfanne tragen. Von der aboral-lateralen Ecke des Körpers springen endlich noch die beiden Fortsätze vor, welche das zweite Branchialbogenpaar (Cerato- branchialia II) tragen. Diese sind schmäler und länger, wie die vorhergehenden, fast ganz pulmonal gerichtet und dabei dem Oralabschnitt der Trachea latero-ventral dicht angelagert. Die Ceratobranchialia I, wie wir das erste Branchialbogenpaar jetzt nennen, sind die einzigen Skelettstücke innerhalb des Hyobranchialapparates, welche in Knochen über- geführt werden. Diese Bögen stellen seitlich etwas abgeplattete, auf dem Querschnitt ovale Knochenspangen dar, welche in der Mitte stumpfwinklig abgeknickt sind; ihr proximaler Abschnitt ist lateral-aboralwärts gerichtet, der distale dorsal-aboralwärts. Das proximale Ende des ersteren verbreitert sich und bildet einen Gelenkkopf von geringer Wölbung, welcher in der ebenfalls flachen Pfanne des zweiten Fortsatzpaares des Körpers artikuliert. Kopf und Pfanne sind von einer Gelenkkapsel umgeben. Die Beweglichkeit innerhalb dieses Gelenkes ist nur gering. Das distale Ende des Bogens trägt ein kleines, rein knorpeliges Epibranchiale, welches die Form einer bilateral zusammengepreßten Linse hat und mit dem distalen knöchernen Bogenende bindegewebig verbunden ist. Die Geratobranchialia II bleiben im Gegensatz zum vorigen Bogenpaar ganz knor- pelig und sind viel kürzer wie diese. Diese Knorpelspangen sind mit den aboral gerich- teten Fortsätzen des Körpers syndesmotisch verbunden und zeigen nur sehr geringe Beweg- 48 lichkeit. Die Proximalenden dieser Bögen verlaufen zuerst parallel mit der Trachea an deren latero-ventraler Kante, dann schweifen die Bögen etwas lateralwärts ab, entfernen sich also von der Trachea, während ihre Distalspitzen sich der Luftröhre wieder hakenförmig zuwenden. Die Ceratobranchialia II haben nur etwa ein Drittel der Länge der vorhergehenden Bögen und reichen pulmonalwärts etwa bis zur halben Länge der Trachea. Während die Ceratobranchialia I infolge ihrer distalen Abknickung und ihrer Länge weit dorsalwärts bis in die Ohrgegend hinaufreichen, bleibt das zweite Bogenpaar ganz an der Ventralseite der Halsgegend. Diese Befunde weichen von denjenigen anderer Autoren nur darin ab, daß der Körper des Hyobranchialapparates bei Testudo graeca zeitlebens knorpelig bleibt. Die kurzen Stummel, welche als Processus ant. lat. hyoidei bezeichnet werden, können nach Kenntnis- nahme der ganzen Genese nicht als Fortsätze des Zungenbeinkörpers aufgefaßt werden, sondern sind als sekundär mit dem Körper verschmolzene ventrale Reste des Zungenbein- bogens nachgewiesen worden. Die geläufige Bezeichnung dieser Fortsätze trifft also nur den sekundären Endzustand, nicht die Herkunft derselben. Der Endzustand ist aber gerade hier für die genetische Beurteilung der Fortsätze nicht maßgebend. Das Entoglossum gehört seiner ganzen Entwicklung nach nicht zum Visceral- skelett, wie schon 1912 nachgewiesen wurde, scheidet also streng genommen aus dieser Besprechung aus; wegen seiner engen Beziehungen zum Processus lingualis sei hier noch- mals mit wenigen Worten darauf eingegangen. Die spät einsetzende Entwicklung dieses Bindegewebsknochens führt zur Bildung eines ovalen Knochenkörpers, welcher dorso-ventral abgeflacht ist und nach vorn und hinten je einen ebenfalls knöchernen Fortsatz entsendet. Der nach vorn ziehende Fortsatz ist länger und überragt noch das Oralende des Processus lingualis, an dessen Ventralfläche das Entoglossum durch Bindegewebe und Muskelzüge befestigt ist. Der aboral gerichtete Fortsatz ist ventralwärts abgebogen und erheblich dünner und kürzer, wie der vorige; er reicht nach hinten fast bis zum Vorderrand des Fensters im Hyoidkörper. Das Kehlkopfskelett (Taf. IV, Fig. 7 und VI, Fig. 10) setzt sich aus drei Knorpeln, dem Öricoid und den Arytaenoiden, zusammen. Um einen sicheren Einblick in die Gestal- tung der Kehlkopfknorpel zu gewinnen, mußte neben der Präparation noch die Aufhellung des herauspräparierten Kehlkopfes angewendet werden. Das Knorpelskelett wurde zuerst mit Methylgrün gefärbt, dann mit Benzol aufgehellt und sodann einer Lupenbesichtigung unterzogen. Das Cricoid kann nur mit einer gewissen Einschränkung als Ringknorpel bezeichnet werden. Ringförmig ist nur der an die Trachea angrenzende Teil. Die seichte mediane Furche, welche sich hier kurz nach dem Zusammenschluß in der Dorsalwand zeigte, hat sich ausgeglichen. Der orale Rand der Dorsalwand, welchem die aboralen Enden der Arytaenoide auflagern, ist leicht wulstartig verdickt. Der orale Abschnitt des Cricoides erinnert dagegen auch jetzt noch in seiner ganzen Formation an eine Sturmhaube, wie schon erwähnt wurde. Die ganze Haube ist bis auf die dorsal gerichtete, dem Gesichtsteil vergleichbare Öffnung in sich geschlossen und einheitlich und geht ventral und lateral kontinuierlich in den ring- förmigen Abschnitt, den Halsteil der Haube, über. Der für den Hinterkopf bestimmte Teil der Haube ist im Hyoidfenster fixiert; am Scheitel, nahe dem oberen Rand der Visier- öffnung, befestigen sich die Frenula glottidis. Sonstige mit der Lupe auffindbare Unter- 49 brechungen, z. B. quere Spalten in der Ventralwand fehlen; desgleichen werden selbst- ständige abgegliederte Knorpelteile, wie sie sich als Procricoide bei anderen Cheloniern und vielen anderen Reptilien finden, vermißt. Die Arytaenoide haben in der Hauptsache die Spangenform beibehalten. Bleiben wir bei dem Vergleich des Cricoides mit einer flachliegenden, nach dorsal offenen Sturm- haube, so bilden die Gießbeckenknorpel gleichsam das Visier, welches die Visieröffnung der Haube in Verbindung mit Teilen der Membran, durch welche die Arytaenoide am Cricoid befestigt sind, größtenteils verschließt resp. zum Glottisspalt einengt. Die aboralen Enden sind abgerundet und liegen, durch Bindegewebe und die Kehlkopfmuskulatur fixiert, in gleicher Horizontalebene mit der Dorsalwand des Cricoides. Die Spangen sind dorso- ventral abgeplattet und dorsalwärts leicht konvex gekrümmt; demgemäß sind die Oral- enden der Spangen ventralwärts gerichtet und greifen über den Dorsalrand der Crieoid- öffnung hinweg bis auf den Scheitel der Haube, wo sie seitlich des Frenula-Ansatzes endigen. Diesem spangenförmigen Abschnitt sitzen die Apices, an deren Basis die flachen breiten Muskelfortsätze hervortreten, als oral gerichtete Fortsätze auf. Ihre früher be- schriebene Hackenform hat sich erhalten; ihre medial und wieder aboral gerichteten äußersten Enden wölben den Schleimhautüberzug der Lippen, welche den Glottisspalt seit- lich begrenzen, firstartig vor. Diese firstartigen Vorsprünge sind also auch am unpräpa- rierten Kehlkopfeingang von T. graeca sofort zu erkennen. Die Apices überlagern einen Teil der Frenula glottidis von oben her. Die Glottis öffnet sich demnach nach dorsal und oral. Der Glottisspalt ist sagittal gestellt und reicht vom laryngealen Ansatz der Frenula zwischen den von den Apices gestützten Glottislippen und den sich anschließenden aboralen Teil der Arytaenoidspangen hindurch fast bis an den Hinterrand der Cricoidlücke. Durch den Spalt gelangt man in das sich erweiternde Kehlkopflumen innerhalb des Cricoides, das sich in gleichbleibender Weite in das Lumen der Trachea fortsetzt. Der oberste Trachealring ist durch einen membranösen Bindegewebsstreifen vom aboralen Cricoidrand getrennt. Die knorpeligen Trachealringe umfassen teils ganz, teils nur teilweise das Lumen der Trachea; Gabelungen einzelner Ringe, sowie Zusammenhänge zweier Ringe untereinander sind häufig und anscheinend ganz unregelmäßig, wie das schon Siebenrock beschrieben hat. Die Muskulatur des Kehlkopfes, welche ebenfalls an mehreren alten Exemplaren mit Hülfe der Lupe auspräpariert wurde, läßt die schon bekannten beiden Züge, den Con- strietor und den Dilatator erkennen; meine Resultate decken sich hierin völlig mit den kürzlich erschienenen Mitteilungen Ogushis über Trionyx japonicus. Entfernt man den Schleimhautüberzug des Kehlkopfes, so erscheint zuerst der Dilatator laryngis. Der Muskel bedeckt als ein kräftiges, oral-aboral verlaufendes Bündel die Seitenwand des Kehl- kopfes; er entspringt beiderseits von den Seitenflächen des Cricoides bis zu dessen aboralem Rand und zieht über den darunter liegenden Constrietor hinweg ziemlich gerade oral- wärts, um jederseits an dem kräftigen Processus muscularis der Arytaenoide zu inserieren (Textfigg. 18 und 19). Die Apices der Arytaenoide bleiben also frei von Muskulatur. Der Constrietor wird vom Dilatator teilweise überlagert, ist flächenhafter entwickelt und unbedeutender, wie dieser. Der Muskel kommt von dem straffen Bindegewebe ober- halb der Basis des Processus lingualis, an welchem auch das linguale Ende der Frenula Abh.d. math.-phys. K1.XXVII, 2. Abh. 7 50 glottidis befestigt ist, und verläuft hinter dem Processus museularis schräg nach hinten und oben zur Dorsalfläche des Cricoides. Der Constrietor bedeckt fast die ganze Lateral- und Dorsalwand des Ringknorpels und überlagert auch den beiderseits schräg nach hinten oben verlaufenden, durch membranöses Bindegewebe verschlossenen Spalt zwischen dem Crieoid und .den Arytaenoiden. Oralwärts dehnt sich der Muskel, wie auch Ogushi bei Trionyx geschildert hat, bis an die Basis des Processus musecularis aus. Die Muskelfasern erreichen nur zum geringsten Teil die dorsale Mittellinie; die meisten endigen an der Seitenfläche des Cricoides. Die Wirkung der beiden Muskeln ist aus ihrem Verlauf ohne weiteres zu verstehen. Die Dilatatoren drehen die Arytaenoide um eine Achse, welche dorso-ventral durch die aboralen Enden der Knorpelspangen geht, und entfernen dabei die Oralenden der Arytae- noide, besonders die Apices mit ihren Schleimhautfalten voneinander; das Muskelpaar erweitert also die Glottis. Die Constrietoren dagegen üben vom Cricoid als festem Punkt aus eine schnürende Wirkung auf die Arytaenoide aus und wirken so verengernd auf die Glottis; zugleich versetzen sie die Frenula glottidis in erhöhte Spannung. Gefäße und Nerven wurden ebenfalls an mehreren großen Exemplaren mit Hülfe der Lupe auspräpariert; auf diese Weise wurde zugleich eine Nachprüfung der mikro- skopischen Untersuchung durch die makroskopische Präparation ermöglicht. Es wurde vorwiegend auf die arteriellen Gefäße geachtet, weil diese mit aller Sicherheit von den ersten drei Branchialarterien abgeleitet werden konnten. Diese Arterien in ihrer zu Beginn der Ontogenese noch ursprünglichen segmentalen Anordnung können in Verbindung mit den Nerven, welche ebenfalls von bestimmten Branchial- segmenten abgeleitet werden konnten, sicher als Zeugen für die Homologie bestimmter visceraler Skeletteile herangezogen werden. Die drei in Frage kommenden Carotisäste sind als Arteria hyoidea anterior, posterior und postrema bezeichnet worden. Die erste dieser Arterien wurde hier auf die erste Branchialarterie zurückgeführt. Das Gefäß folgt im wesentlichen der Vorderkante des Ceratobranchiale I und wird stets von R. lingualis des Glossopharyngeus bis zur Glottis- gegend begleitet, wo es sich verzweigt. Die Arteria hyoidea posterior, der Abkömmling der zweiten Branchialarterie, verläuft mit dem Truncus pharyngo-laryngeus aus Glosso- pharyngeus und Vagus längs der Medialseite des Ceratobranchiale II und ist gleich- falls für den Kehlkopf bestimmt. Der dritte Carotisast, der hier in Frage kommt, die Arteria hyoidea postrema, ursprünglich wohl zum dritten Branchialbogen gehörig, welcher nicht mehr angelegt wird, gewinnt anscheinend durch die orale Verlagerung der Ary- wülste Beziehungen zu diesen und verzweigt sich beim ausgebildeten Tier an den Seiten der Trachea. Die Präparation der Nerven beschränkte sich ebenfalls auf diejenigen Äste, welche zum Kehlkopf und seiner Umgebung in Beziehung stehen. Der Glossopharyngeus wurde vom Ganglion petrosum, der Vagus vom Ganglion radieis n. vagi an peripherwärts verfolgt. Auf die starke Anastomose zwischen den beiden Ganglien, auf die feinen Anastomosen zwischen dem N. palatinus des Facialis einerseits, dem Ganglion petrosum resp. dem Glosso- pharyngeus andererseits, aus welchen sich auch ein zarter R. pharyngeus dorsalis sowie der R. tubae ablösen, soll hier nicht eingegangen werden. Diese Nervenäste sind von mir schon 1907, 8. 388 und 389 bei Schildkröten beschrieben und durch Ogushi jetzt für 5l Trionyx japonicus im wesentlichen nur bestätigt worden. Es sei nochmals betont, daß unsere neurologischen Ergebnisse keineswegs differieren, nur ist die Benennung der ein- zelnen Äste verschieden. Ogushi hat aber da, wo er nur Bekanntes bestätigte, dieses nicht erwähnt. Der Kehlkopf erhält im ganzen drei Nervenäste, einen vom Glossopharyngeus, einen vom Vagus und den mittleren stärksten Ast aus Elementen beider Nerven zusammen, Der erste Äst, der R. lingualis des Glossopharyngeus (R. pharyngeus communis) besitzt bei Testudo graeca offenbar nicht die Stärke, wie nach der Beschreibung Ogushis bei Trionyx japonieus. Der Nerv. verläuft parallel mit der A. hyoidea anterior an der Innenseite des Ceratobranchiale I und nähert sich peripher immer mehr dem in Begleitung des Ceratobranchiale II ziehenden Truncus pharyngo-laryngeus. Auf halbem Wege ent- läßt der. R. lingualis den R. hyomandibularis nach außen zur Muskulatur des ersteren Bogens. Die Anastomose des Glossopharyngeusastes mit dem Truncus erfolgt erst über dem Proximalende des Ceratobranchiale I zur Seite des Cricoides, und zwar vereinigt sich der R. lingualis nicht mit dem Truncus selbst, wie es für Trionyx jap. angegeben worden ist, sondern mit dem oralsten der vier Endäste, in welche der Truncus ausstrahlt. Weit ansehnlicher ist der starke Truncus pharyngo-laryngeus, welcher in Anbe- tracht der zentralen Anastomose wohl als ein Gemisch von Glossopharyngeus- und Vagus- elementen anzusehen ist; der Ramus visceralis des Vagus und der Hypoglossus "bleiben außer acht. Dieser Hauptnerv des Kehlkopfes also ist zwar für Trionyx japonicus schon genau beschrieben worden, so daß es nur weniger Worte bedarf; bei T. graeca liegen jedoch in einigen Punkten hiervon abweichende Verhältnisse vor. Der Truncus zieht gemeinsam mit der Arteria hyoidea posterior dicht unter der Schleimhaut der seitlichen Pharynxwand ventralwärts, verläuft also parallel mit dem vor ihm liegenden R. lingualis des Glossopharyngeus. Auf dieser Strecke entläßt der Nerv den von mir bei Trionyx ferox und Clemmys caspica 1907 beschriebenen R. pharyngeus dorsalis X, welchen auch Ogushi jetzt bei Trionyx japonicus gefunden hat; einen zweiten Schleimhautast konnte ich bis zum proximalen Ende des Oesophagus verfolgen. Der Stamm des Truncus erreicht dann die Oralkante des, wie erinnerlich, ganz ventral gelegenen Ceratobranchiale II und weiterhin den Raum zwischen den Ventralenden der beiden Ceratobranchialia, um sich hier zur Seite des Cricoides in seine vier Endäste aufzulösen, welche divergierend auf den engen Spalt zwischen der Dorsalfläche des Hyobranchialkörpers und der Ventralfläche des Crieoides zulaufen. Der oralste dieser Zweige ist es, welcher jetzt erst den R. lingualis IX aufnimmt. Dieser kombinierte Ast zieht dann über die Basis des kleinen Processus ant. lat. hyoidei schräg vor- und medialwärts, folgt also dem lateral-oralen Rand des Hyo- branchialkörpers bis zur Abgangsstelle des Processus lingualis, um dann lateral und dorsal von diesem Fortsatz sich in der Zungenschleimhaut und in dem Sulcus laryngeus lateralis zur Seite der Frenula glottidis zu verzweigen. Ob man diesen vorwiegend dem Glosso- pharyngeus zugehörigen Nerven als R. lingualis oder als R. pharyngeus communis benennen will, ist von untergeordneter Bedeutung; seiner phyletischen Ableitung nach ist er in erster Linie als ein Pharyngeus ventralis des Glossopharyngeus anzusehen. — Der zweite etwas bedeutendere Endast des Truneus, wie auch die aboral folgenden gehen keine periphere Verbindung mit dem Glossopharyngeus mehr ein. Dieser Ast wendet sich mehr medial- wärts gegen den Kehlkopf zu und endigt in der Kehlkopfmuskulatur vor und seitlich vom 7* 52 Cricoid; ob feine Ausläufer auch durch den Knorpel hindurch zur Schleimhaut des Kehl- kopfes gelangen, war präparatorisch nicht nachzuweisen, ist aber anzunehmen. Der dritte Endast des Truncus ist der bedeutendste. Er dringt dorsal von dem Proximalende des Ceratobranchialia II zwischen Hyoidkörper und Cricoid ein und teilt sich dann wieder; ein Ast erreicht am aboralen Rande des Ringknorpels die Kehlkopfschleimhaut, ein anderer durchdringt die Kehlkopfmuskulatur, um an der Ventralfläche des Oricoides mit dem analogen Ast der andern Seite zu anastomosieren. Dieser Befund wurde an zahlreichen Schnitt- bildern auch mikroskopisch bestätigt. Auch bei T. graeca findet sich also der bei Trionyx japonicus gefundene Ramus anastomoticus tranversus laryngei. Dieser Ast ist es auch, welcher sich dicht an der Seite des Ringknorpels mit dem R. recurreus verbindet. — Der vierte und aboralste Endast aus dem Truncus wendet sich am trachealen Rande .des Cri- coides dorsalwärts und verzweigt sich zur Seite der Trachea und des Oesophagus. Der Ramus recurrens laryngei ist ein sehr zarter Nerv, welcher durch Präpa- ration niemals vollständig darzustellen war; dieselben Schwierigkeiten hat auch Ogushi konstatiert. Das Vorhandensein und die Anastomose des Nerven mit einem Endast des Truncus wurde an Schnitten wiederholt nachgewiesen; auch das Modell von Embryo 5a zeigt den Nerven im Querschnitt, dort noch mehr an der Ventralseite der Trachea. Ebenso konnte der Abgang des R. recurreus vom R. visceralis des Vagus und sein Ver- lauf zur Seite der Trachea bis in die Nähe des Kehlkopfes präpariert werden. Zusammenfassung und Vergleichung. Nachdem die Entwicklung des Hyobranchialapparates und des Kehlkopfes vom Beginn der Blastembildung bis zum fertigen Zustand an der Hand einzelner Stadien durchgesprochen worden ist, ergibt sich die Notwendigkeit, sich nochmals eine kurze Übersicht zu ver- schaffen und die gewonnenen Gesichtspunkte von allgemeinerer Bedeutung, welche sich in den einzelnen Kapiteln verstreut finden, zusammenzustellen. Dabei soll dann in ähnlicher Weise, wie es in der an dieser Stelle veröffentlichten Abhandlung aus dem Jahre 1912 geschehen ist, auch die Vergleichung mit den entsprechenden ontogenetischen Vorgängen bei anderen Reptilienarten und bei Säugern in beschränktem Maße zu Wort kommen. Den Schluß werden weitere Betrachtungen über die Knorpelgenese im allgemeinen bilden. I. Der Hyobranchialapparat. Der Körper dieses Skelettkomplexes entspricht den Copulae mindestens dreier primi- tiver Visceralbogenpaare, des Zungenbein- und der ersten beiden Branchialbogenpaare. Das Verhalten des Körpers auf früher Entwicklungsstufe scheint anzudeuten, daß früher noch ein viertes Bogenpaar, das fünfte Visceralbogenpaar also, mit diesem Körper in Ver- bindung stand, welches jedoch nicht mehr zur Entwicklung kommt, nicht einmal mehr angelegt wird. Für diese Annahme spricht die spitz zulaufende aborale Fortsetzung des Körperblastems über den zweiten Branchialbogen hinaus, ferner die große Lücke, welche sich zu Beginn der Ontogenese zwischen den Anlagen des genannten Bogens und den aboral folgenden Arywülsten findet; endlich der bekannte Nachweis der Anlage eines fünften Bogens bei anderen Reptilien, z. B. Lacerta. BR) Der Hyobranchialkörper tritt von Anfang an als einheitliche Blastemmasse auf; nie- mals war ein medianer Längsspalt, welcher auf eine Entstehung des Körpers aus zwei Hälften schließen ließe, wie ihn Fuchs für Emys beschrieben hat, bei Testudo graeca zu beobachten, wie auch aus mehreren Abbildungen dieses Skelettstückes aus dem Blastem- und Vorknorpelstadium zu ersehen ist. Erst beim Übergang zu Vorknorpel hellt sich das Zentrum im ganzen auf, während sich die peripheren Teile zusehends verdicken. Im weiteren Verlauf dieses Prozesses resultiert ein seitlich verdickter, zentral perforierter polygonaler Körper. Es wurde immer nur ein, meist oval geformtes, quer gestelltes Fenster beob- achtet, niemals andere Lücken. Der Hyobranchialkörper bleibt im Gegensatz zu dem- jenigen anderer Schildkrötenarten zeitlebens knorpelig; auch bei alten Exemplaren fand sich keine Verknöcherung. Der Hyobranchialkörper zeigt sieben Fortsätze: den unpaaren Processus lingualis, die paarigen Processus anteriores laterales und die ebenfalls paarigen Gelenkfortsätze für das erste und zweite Branchialbogenpaar. Der Processus lingualis ist ein echter Fortsatz am Oralende des Körpers, welcher stets im Zusammenhang mit letzterem entsteht und mit ihm organisch verbunden bleibt. Der Processus entsteht einheitlich, nicht aus zwei seitlichen, später miteinander verschmel- zenden Hälften und bleibt ebenfalls knorpelig. Die seichte mediane Mulde, welche erst im Knorpelstadium an der Ventralseite der Basis des Fortsatzes zuweilen angedeutet ist, kann morphologisch kaum verwertet werden, weil sie erst so spät erscheint und auch als eine sekundäre Anpassung der Basis an den oralen Rand des Körpers aufgefaßt werden kann. Von besonderer Wichtigkeit sind die Beziehungen des proximalen Endes des Fort- satzes zu den Frenula glottidis und damit zum Kehlkopf, wovon weiter unten nochmals die Rede sein wird. Die Processus anteriores laterales sind ganz anders zu beurteilen, wie die übrigen Fortsätze des Hyobranchialkörpers; sie sind die Reste der Ventralstücke der Zungenbein- bögen, welche erst sekundär mit dem Körper verschmolzen sind. Die übrigen beiden kurzen Fortsatzpaare dienen beiderseits der gelenkigen Verbindung mit dem ersten, der syndesmotischen mit dem zweiten Branchialbogenpaar. Beide Branchialbogenpaare werden als kontinuierliche Blasteme und im Zusammen- hang mit dem Körper angelegt; auch der Übergang in Vorknorpel und in Knorpel- gewebe erfolgt gleichmäßig und mit einem Male. Niemals wurden besondere Knorpelkerne bemerkt, von welchen die Verknorpelung ihren Ausgang nähme. Mit dem Auftreten von Jungknorpel gliedern sich die Bögen vom Körper ab. Das erste Branchialbogenpaar, die Ceratobranchialia I sind dem zweiten Paar stets etwas voraus, und erreichen eine voll- kommenere Ausbildung. Diese Bögen sind viel länger, mehr von ventral nach dorsal gerichtet, und werden später in Knochengewebe übergeführt. Schon früher hat sich zwischen den Proximalenden der Bögen und den betreffenden Fortsätzen des Hyobranchial- körpers jederseits ein Gelenk ausgebildet. Die Dorsalenden der Bögen bleiben knorpelig und gliedern sich als Epibranchialia ab. Das zweite Branchialbogenpaar, die Cerato- branchialia II, bleiben viel kürzer und sind im wesentlichen von oral nach aboral gerichtet, liegen dementsprechend stets an der ventral-lateralen Seite der Luftröhre, mit welcher sie annähernd parallel verlaufen. Dieses Bogenpaar bleibt knorpelig und ist zuletzt, wenn 54 es sich von den ihnen zum Ansatz dienenden Fortsätzen des Körpers abgesetzt hat, mit diesen durch Syndesmosen verbunden. Der Umstand, daß die dem vierten Visceralbogenpaar entsprechenden Ceratobran- chialia II dauernd als Bestandteile des Hyobranchialapparates, d. h. in annähernd primi- tiver Verfassung erhalten bleiben, ist für die Ableitung des Kehlkopfskelettes, besonders zur Entscheidung der Frage, ob im Kehlkopfskelett der Schildkröten ein Thyreoid ent- halten sei, von ausschlaggebender Bedeutung. 2. Die Herkunft und die Oralwanderung des Kehlkopfes. In den folgenden Darlegungen sollen zunächst alle diejenigen Beobachtungen zu- sammengestellt werden, welche geeignet erscheinen, über die Herkunft des Kehlkopfes der Schildkröten im allgemeinen und seines Skelettes im besonderen, einiges Licht zu verbreiten. Als untrennbar von dieser Frage werden sich Erörterungen über die oralwärts gerichtete Wanderung des Kehlkopfes während der Ontogenese anschließen, während die Genese der einzelnen Skelettteile und der Muskulatur in einem besonderen Kapitel abgehandelt werden soll. Die Ausführungen sind unter all den Vorbehalten zu verstehen, welche bereits in den Einzelbeschreibungen gemacht worden sind; denn wie immer, ziehen die Entwicklungs- vorgänge nur mit Unterbrechungen an unserem Auge vorüber. Manche Momente der Genese sind anscheinend ganz unterdrückt oder kommen nur unvollständig zum Ausdruck, andere sind vielleicht selbst bei einem so umfangreichen Material zufällig nicht zur Beob- achtung gelangt. Durch Ausschluß anderer Möglichkeiten und durch die vergleichende Heranziehung der Kehlkopfgenese anderer Reptilien und der Säuger lassen sich die Lücken jedoch so weit überbrücken, daß man zu einer sicheren Vorstellung dieser Entwicklungs- vorgänge gelangen kann. Die Herkunft des Kehlkopfskelettes. Eins hat die Untersuchung jugendlicher Stadien des Visceralskelettes von Testudo graeca mit aller Sicherheit ergeben: der Kehl- kopf stammt aus dem aboralen Abschnitt der Anlage des Visceralskelettes. Wenn diese Herkunft auch bereits für den Kehlkopf anderer Reptilien und der Säuger angenommen worden ist, so hat sich bisher doch kein so sicherer Nachweis für diese Annahme führen lassen, weil zunächst die Säugerverhältnisse schon höhere Differenzierungen aufweisen und nur mit großer Vorsicht für phylogenetische Ableitungen zu gebrauchen sind, wie Kallius schon hervorgehoben hat, und weil ferner das Visceralspaltensystem bei Schildkröten im Vergleich mit den bisher vorliegenden Untersuchungen an anderen Rep- tilien anscheinend besonders gut ausgebildet ist und auffallend lange erhalten bleibt. Das Stadium in welchem das Spaltensystem möglichst vollkommen entfaltet ist, ist aber natur- gemäß für die Ableitung und weitere Verfolgung der Kehlkopfelemente von ebenso großer Bedeutung, wie es sich für die morphologische Beurteilung der Columella auris und der Paukenhöhle als ausschlaggebend erwiesen hat. Der Beginn der ganzen Kehlkopfanlage konzentriert sich in dem Auftreten der Ary- wülste. Dieser Bezeichnung liegt jedoch ein Sammelbegriff zu Grunde. Die Arywülste enthalten zwar das einem Visceralbogen homologe Bildungsmaterial für das ganze Kehl- kopfskelett, außerdem aber auch die Anlagen der Muskulatur und eines ausgedehnten Bandapparates. Tatsächlich liegen nun die Arywülste, welche zweifellos die 59 ganze Kehlkopfanlage enthalten, bei ihrem ersten Erscheinen im Stadium der Skelettblasteme bei gleichzeitigem Bestehen des Visceralspaltensystemes völlig aboral von der Anlage des Hyobranchialapparates, ein Zustand, welcher in allgemeinen Umrissen auch modelliert werden konnte. Mit Hülfe der bestehenden Visceralspalten, der Bogenblasteme und der zugehörigen Branchialnerven und -gefäße läßt sich mit aller wünschenswerten Zuverläßiokeit feststellen, daß sich hinter dem Blastem des zweiten Branchialbogens (IV. Visceralbogens) zunächst ein stets mehrzipfliger Rest der dritten und vierten Branchialspalte (IV. und V. Visceralspalte) findet. Greift man auf jüngste Stadien dieser Entwicklungsperiode zurück, so erkennt man hier zwei Spalten oder Taschen, deren Reste zusammengeflossen sind. Als weitere Stütze für diese Annahme dient die von Skelettanlagen freie Lücke zwischen dem zweiten Branchialbogen und den Ary- wülsten, sie deutet an, daß der diese Taschenreste ehemals trennende Bogen, der fünfte Visceralbogen, fehlt. Der diesem Bogen entsprechende Skeletteil kommt nach meinem Material niemals auch nur zur Anlage. Die Annahme, daß der fünfte Visceralbogen bei Testudo graeca ausgefallen ist, findet also ihre Stütze in dem Nachweis der Lücke, in der Vereinigung der vorher getrennten Reste der IV. und V. Visceraltasche und endlich in der Tatsache, daß dieses Bogenpaar auch bei anderen Reptilien (Lacerta, Anguis) a priori sehr klein ist und sehr bald ganz verschwindet. Hier ist hinzuzufügen, daß Kallius, welchen wir letzteren Nachweis verdanken, unter „Visceralbogen“ zunächst nur den in die Rachen- höhle vorspringenden Wust versteht,.nicht die Anlage des stützenden Skeletteiles; dieser, der eigentliche fünfte Visceralbogen in dem in vorliegender Abhandlung gebrauchten Sinne kommt aber auch bei den genannten anderen Reptilien überhaupt nicht zur Ausbildung. Hieraus folgt, daß die Skelettelemente des Kehlkopfes der Schildkröten, welche in den Arywülsten enthalten sind, von einem noch weiter aboral gelegenen, vielleicht von dem sechsten Visceralbogenpaar abzuleiten sind, wie das Kallius bereits für Lacerta wahrscheinlich gemacht hat. So muß der Schluß lauten, wenn man sich an die hier zusammengetragenen Tat- sachen aus der Öntogenese von Testudo graeca hält. Damit soll aber nicht bestritten werden, daß möglicher Weise in früheren Zeiten außer diesem fünften Visceralbogenpaar noch weitere unterdrückt worden sind, und daß man in Übereinstimmung mit den Resul- taten, welche Drüner!) bei Urodelen gewann, das in den Arywülsten angelegte Kehl- kopfskelett auf noch weiter aboralwärts liegende primitive viscerale Skeletteile zurück- führen könnte. Das ließe sich jedoch aus der Ontogenese von T. graeca weder beweisen, noch widerlegen. Die Arywülste, welche also im Blastemstadium aboral vom Hyobranchialapparat liegen, erschienen nach allen bisherigen Untersuchungen als völlig ungeformte Blastem- massen, welche das orale Luftröhrenende ringförmig, vorwiegend aber ventral und lateral umgeben. Der dorsale Abschluß des Ringes wird nur durch einen äußerst dünnen Zell- streifen vermittelt. Das Bemerkenswerteste an den vorliegenden Ergebnissen über die Kehlkopfgenese sind die meines Wissens noch nicht beobachteten kurzen Fortsätze, welche zu Beginn der Skelettentwicklung an den Außen- !) L. Drüner, Studien zur Anatomie der Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuskeln der Urodelen, I. Teil, Zool. Jahrb., Abt. f. Anat. Jena 1902. 56 seiten der Arywülste und im Zusammenhang mit diesen auftreten. Die Form und Lage dieser an Visceralbögen erinnernden Fortsätze, welche sich von den Seiten- rändern der Arywülste resp. der Kehlkopfanlage in fast sagittaler Richtung pulmonal- wärts erstrecken, ihre Lage zu den Resten der vierten Branchialtasche und ihr den zweiten Branchialbögen fast paralleler Verlauf lassen kaum eine andere Auffassung zu, als daß wir es hier mit der Andeutung eines weiteren Visceralbogenpaares, vermutlich des sechsten zu tun haben. Das in den Arywülsten lagernde Zellenmaterial erscheint in diesem Moment der Entwicklung, wenn auch nur andeutungsweise und vor- übergehend, in primitiver Form. Gleich dem Hyoidbogen zeigt uns auch dieser aborale Visceralbogen in der Frühperiode der Skelettentwicklung einen flüchtigen Anklang an ursprüngliche Verhältnisse, um dann ebenso, wie der Ventralteil jenes Bogens, in Anpassung an einen phyletisch längst vollzogenen Funktionswechsel, welcher die Bildung eines Kehl- kopfes bedingt hat, baldigst wieder zu verdämmern. Schon vor der Entstehung von Vor- knorpel sind diese Bogenansätze verschwunden. Selbstverständlich würde das während der ÖOntogenese vorübergehende Auftreten dieser Bildung zu ihrer morphologischen Beurteilung nicht genügen. Zieht man aber die ganze Topographie der Umgebung mit in Frage, wie es hier geschehen ist, und berück- sichtigt man auch die Vergleichung mit niederen Formen, welche an dieser Stelle entweder tatsächlich einen Visceralbogen (Notidaniden) oder eine von einem solchen abzuleitende Cartilago lateralis (Amphibien) aufweisen, so gewinnt dieser zunächst rein ontogenetische Befund an weitergehender Bedeutung. Die nun folgende Sonderung des Materials der Arywülste in Skelett- und Muskel- blasteme, der sehr spät erfolgende Übergang in Vorknorpel und fertigen Knorpel, welcher dann erst die einzelnen Skelettstücke erkennen läßt, erfordert eine besondere Besprechung (s. Kapitel 3). Die Oralwanderung der Kehlkopfanlage. Einen weiteren Beleg für die Her- kunft des Kehlkopfes aus dem aboralen Bereich des Visceralskelettes erbringt die orale Wanderung der die Kehlkopfanlage enthaltenden Arywülste in den oralen Abschnitt dieses Skelettsystems, in den Hyobranchialapparat hinein. Diese Wanderung der Kehlkopf- anlage ist im Verlauf der Ontogenese bisher wohl noch nicht so deutlich und zusammenhängend beobachtet worden. Wäre der Kehlkopf als eine sekundäre, nur den terrestren Wirbeltieren eigene Neubildung zu betrachten, welche mit dem Visceral- skelett nichts zu tun hätte, so wäre nicht einzusehen, weshalb er sich dann nicht von vornherein am Ort seiner endgültigen Lagerung entwickelte; für die in allen ihren Etappen unzweifelhaft nachgewiesene orale Verschiebung wäre gar kein Grund zu finden. Die Wanderung wird eben dadurch notwendig, daß der Kehlkopf im aboralen Abschnitt des Visceralskelettes entsteht, aber im oralen gebraucht wird, sie bestätigt demnach ihrerseits nochmals die oben besprochene Herkunft des Kehlkopfes. Die aborale Herkunft und die orale Verschiebung sind nur eins aus dem anderen zu verstehen und bilden die wichtigsten Merkmale aus der Genese des Kehlkopfes. Das Sichherausheben der Kehlkopfanlage über das Niveau des Pharynxbodens und des darin sich entwickelnden Hyobranchialapparates, ferner das Verharren der Skelett- anlage im ungeformten, leichter verschiebbaren Zustand sind die Vorbedingungen für die ÖOralwanderung. Wenn sich der Luftweg allmählich vom Speiseweg abgeschnürt hat, wie 57 das V. Schmidt letzthin eingehend geschildert hat, hängen beide Kanäle nur noch am proximalen Ende des ersteren miteinander zusammen. Der vor der vierten Branchialspalte gelegene Teil des Luftweges wird anfangs nur „durch eine an Ausdehnung zunehmende Wucherung des Epithels der ventralen Pharynxwand in der Medianebene dargestellt, welche sich als direkte Fortsetzung der Trachealrinne bis an den Zungenwulst erstreckt“ (V. Schmidt). Diese Epithelplatte bildet sich nach demselben Autor erst dann, wenn sie ganz vom Darm abgetrennt ist, zum Trachealrohr um. „Das obere Ende der Epithelplatte liegt alsdann in einem Vorsprung der ventralen Pharynxwand.* Hier setzt nun die von mir beobachtete Weiterentwieklung ein. Diesem Vorsprung liegen die Arywülste zu Grunde, aus dem oralen Ende der Epithelplatte entwickelt sich die sagittal gestellte mediane Leiste, aus welcher die Frenula glottidis hervorgehen. Mit dem Anwachsen der Arywülste drängt sich der Vor- sprung immer mehr in die Rachenhöhle hinein vor; die Wülste umfassen, sobald die Trennung des Luftweges vom Speiseweg vollzogen ist und der erstere selbständig in die Mundhöhle mündet, diese Mündung von allen Seiten. Demgemäß kommt zwischen der sich vorwölbenden, alsbald walzenförmig gestalteten Kehlkopfanlage mit der Frenulaleiste und den hinteren Zungenlappen beiderseits der stetig sich vertiefende Sulcus laryngeus lateralis zustande. Nachdem sich so die ursprünglich ganz im Niveau des Pharynxbodens gelegene Kehl- kopfanlage über dieses Niveau und den darin oral gelegenen Hyobranchialapparat hinaus erhoben hat, beginnt die orale Vorwanderung der durch die Arywülste repräsentierten Anlage. Die Oralwanderung kann nun durch die Ontogenese lückenlos verfolgt, und ihr Fortschritt an mehreren ganz bestimmten Marken abgelesen werden. Diese Marken sind durch die wechselnde Lage der Arywülste zu den Teilen des Hyobranchial- apparates und durch die fortgesetzte Verkürzung der Frenulaleiste gegeben- Als weiteres Kriterium für die orale Verlagerung des Kehlkopfes kann das Zustandekommen eines ventralen Sammelnerven aus Branchialästen des Glosso- pharyngeus und Vagus angesehen werden. Sobald sich die Arywülste so weit dorsalwärts herausgehoben haben, daß sie sich über den Körper des Hyobranchialapparates, hinter welchem sie bisher lagen, hinweg- schieben können, rücken dieselben oralwärts vor. Bald treffen wir die Arywülste in Höhe des zweiten, dann des ersten Branchialbogenpaares, bis schließlich das Vorderende der Kehl- kopfanlage in gleicher Frontalebene mit den von Hyoidbogen stammenden Processus ante- riores laterales steht und der Ventralabschnitt der Wülste seine endgültige Lagerung im Fenster des Hyobranchialkörpers gefunden hat. Es wachsen also nicht nur die Arywülste oralwärts, sondern die ganze Anlage wird in dieser Richtung verlagert. Im gleichen Schritt mit dem Vorrücken der Kehlkopfanlage verkürzt sich die Leiste, aus welcher die Frenula glottidis hervorgehen. Ihr oraler resp. lingualer Ansatz am Proximalende des Processus lingualis bleibt stabil, das aborale resp. laryngeale Ende dagegen, welches jetzt noch an der vorderen Spitze der Arywülste zu haften scheint, nach Differenzierung des Cricoides aber an dessen Vorderrand ansetzt, wird andauernd oral- wärts verschoben, nähert sich also dem oralen Ansatz und rückt schließlich dorsal über ihn. So verkürzt sich die Frenula-Anlage und wird zugleich aus einer anfangs oral-aboralen Richtung in eine mehr dorso-ventrale gebracht. Wir sehen ferner, daß sich die definitive Ausbildung der Frenula glottidis in Form der beiden dünnen Stränge so lange verzögert, bis die Verkürzung und Richtungsänderung der Leiste ein Ende gefunden hat. Die Ausbildung Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 2. Abh. 8 98 der Frenula wird also aus demselben Grund und bis zu dem gleichen Termin zurückgehalten, wie die Gestaltung der einzelnen Skelettstücke des Kehlkopfes. Morphologisch können die Frenula glottidis der Schildkröten nach ihren Ansätzen mit dem Ligamentum crieo-hyoideum vieler Saurier und der Krokodile (Göppert) verglichen werden; auch der Ursprung des Constrietor laryngis vom Ligament (Lacerta, Anguis), resp. vom lingualen Frenula-Ansatz (T. graeca) spricht für diese Parallele. Ist auch die Oralwanderung der Kehlkopfanlage mit Hülfe dieser beiden Gradmesser hinreichend erwiesen, so läßt sich außerdem doch noch ein weiteres Argument für diese Verschiebung heranziehen; es ist die anscheinend erst in späteren Stadien der Ontogenese voll zur Geltung kommende Anastomosenbildung der ventralen Pharyngei mehrerer Branchialnerven. Der Kehlkopf der Amphibien wird bekanntlich motorisch und sensibel ausschließlich vom Ramus recurreus laryngei, dem Homologon mehrerer aboraler Branchial- äste des Vagus versorgt. Demgegenüber sind bei den Reptilien, speziell auch bei den Schild- kröten auch die ventralen Pharyngei aus dem zweiten Branchialnerven (erster Branchialnerv des Vagus oder Nervus laryngeus superior) und dem ersten Branchialnerven (R. lingualis des Glossopharyngeus) in die Kehlkopfinnervation einbezogen worden. Letztere beiden Branchial- nerven vereinigen sich bei Schildkröten untereinander zum sogenannten Truncus laryngo- pharyngeus, welcher seinerseits wieder eine Anastomose mit dem Repräsentaten weiterer aboraler Branchialnerven des Vagus, dem R. recurrens eingeht. Wenn man auch keinen ins einzelne gehenden Vergleich anstellen wird, so wird man die Vorstellung doch nicht von der Hand weisen können, daß diese Nervenvereinigungen in ihrer Gesamt- heit mit der Oralwanderung der Kehlkopfanlage, oder mit anderen Worten, mit der Hineinstülpung des aboralen Abschnittes des Visceralskelettes in den oralen in Verbindung zu bringen sind. 3. Die Entwicklung des Kehlkopfskelettes. Kurz zusammengefaßt, vollzieht sich die Genese der einzelnen Skeletteile des Kehl- kopfes in folgender Weise. Nachdem das in den Arywülsten ruhende Anlagematerial für Cricoid und Arytaenoide einmal kurz, aber unzweideutig die Tendenz zur Formierung eines Visceralbogenpaares hat erkennen lassen, bleibt dasselbe als ungeformte Blastem- masse so lange liegen, bis sich die Oralwanderung der ganzen Kehlkopfanlage ihrem Ende nähert. Dann erst, zu einer Zeit, in welcher der orale Abschnitt des Visceralskelettes, der Kieferbogen und der Hyobranchialapparat, bereits Übergänge in Jungknorpel zeigt, setzt eine rapide Entwicklung des Kehlkopfskelettes ein, welches sich nun auch gegen das Proximal- ende der Trachea abgrenzt. Zunächst sieht man, wie bei anderen Reptilien und bei Säugern, einezusammenhängende Anlage für das Cricoid und die Arytaenoide. Diese bildet um den Glottisspalt einen ventral und lateral sehr diekwandigen Ring; dorsal dagegen sind die Blastemmassen sehr dünn und vervollständigen den Ring nur im aboralen Teil hinter der Glottisspalte. Die Differenzierung zu Vorknorpel beginnt immer im Bereich des Cricoides und, im Gegensatz zu den Cricoiden anderer Reptilien, stets in der ventralen Mittellinie und breitet sich von hier in den Seitenteilen der Wülste dorsalwärts fortschreitend aus. Nach der Bildung abgegliederter sogenannter Procricoide am ventralen oder dorsalen Vorder- vand des Cricoides habe ich vergeblich gefahndet; ebensowenig scheinen quere Spaltbil- dungen in der Ventralwand, wie bei anderen Schildkröten, aufzutreten. Erst beim Über- 59 gang des vorknorpeligen Materials in Knorpelgewebe erfolgt die deutliche Abtrennung und Differenzierung der Arytaenoide vom Cricoid, welch letzteres den ersteren immer in der Entwicklung voraus ist. Die Dorsalwand des Cricoides schließt sich zuletzt durch Zusammenwachsen der beiden Seitenteile, jedoch nur im aboralen Abschnitt; der orale bleibt dorsal offen. Auf dieser Lücke in der Dorsalwand des Oricoides liegen die von oral und ventral nach aboral und dorsal gerichteten Arytaenoide und verschließen die- selbe bis auf den Glottisspalt. Anfangs bilden die Arytaenoide einfache Spangen in oben genannter Lagerung, erst später zeigen sie eine stärkere, nach dorsal und oral konvexe Krümmung, durch welche die oralen Enden allmählich über den vorderen Cricoidrand hinweg in eine ventrale Richtung gedrängt werden. Erst beim Übergang in Jungknorpel treten die Processus musculares an den Arytaenoiden auf und ganz zuletzt erst die sogenannten Apices, welche noch bei dem Ausschlüpfen nahen Embryonen aus Vorknorpel bestehen. Diese Apices bilden nun die eigentlichen Oralenden der Arytaenoide; ihrer eigentümlichen Hakenform und ihrer Lage in den den Glottiseingang begrenzenden Schleimhautfalten ist gedacht worden. Da keine Stimmbänder im eigentlichen Sinne existieren, und da auch die Frenula glottidis, welche durch Vermittlung der von den Apices kommenden Schleimhautfalten bei der Stimmgebung der Schildkröten vielleicht mitwirken, nicht an den Apices, sondern am vorderen dorsalen Crieoidrand ansetzen, so können die Apices nicht ohne weiteres mit den Processus vocales der Säuger verglichen werden. Das fertige Kehlkopfskelett!) ließ sich am besten mit Hülfe eines Vergleiches beschreiben, in welchem das Cricoid mit einer auf dem Hinterkopf ruhenden, nach dorsal visierartig sich Öffnenden Sturmhaube, die Arytaenoide als Teile des Visiers angesehen wurden. Die ausgebildete Form der Kehlkopfknorpel von Testudo graeca läßt erkennen, daß sich hier trotz gleicher primitiver Herkunft ganz andere, eigenartige Skelettformen herausgebildet haben, welche von denjenigen anderer Reptilien und der Säuger erheb- lich abweichen. Eine Epiglottis kommt nie, auch nicht vorübergehend, zur Anlage; man kann deshalb auch nicht von einem Processus epiglotticus des Öricoides sprechen, wie die orale Vorwölbung dieses Knorpels bei Schildkröten zuweilen bezeichnet worden ist. Ebenso fehlt Testudo graeca und wohl allen Schildkröten ein Thyreoid. Forschen wir nach der Ursache dieses Fehlens und vergleichen die vorstehende Entwicklung mit den analogen Vorgängen bei anderen Reptilien und bei Säugern, welche einen Schild- knorpel besitzen, so ergibt sich, daß das Material zur Bildung des vierten und fünften Visceralbogenpaares, welches das Thyreoid der Säuger nach Dubois,?) Kallius,?) Göppert®) u. a. liefert, bei den Schildkröten nicht in die Kehlkopfanlage einbezogen wird. Das Material für diese Bögen bleibt vielmehr teils in primitiverer Weise als zweiter Branchial- bogen zeitlebens erhalten, teils verschwindet es, wie das fünfte Bogenpaar frühzeitig resp. 1) Die Abhandlung Ogushis über den ausgebildeten Kehlkopf von Trionyx japonicus. Anat. Anz., Bd. 45, 1913, erschien erst nach Abschluß dieser Untersuchungen. Darnach weisen die Kehlköpfe von Trionyx jap. und Testudo gr. eine weitgehende Übereinstimmung auf. 2) E. Dubois, Zur Morphologie des Larynx. Anat. Anz., Bd. I, 1886. °) E. Kallius, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Kehlkopfes. Anat. Hefte, Bd. 9, 1897. 4]. c. 8* 60 kommt als Skeletteil gar nicht mehr zur Anlage. Beides ließ sich bei T. graeca nach- weisen. Die große unpaare Knorpel am Kehlkopf der Schildkröten ist also kein Thyreo- ericoid, wie er früher öfter genannt worden ist, sondern stellt lediglich ein Cricoid vor. Die Differenzierung der Trachealringe und danıit die Trennung der Trachealanlage von derjenigen des Oricoides erfolgt ebenfalls erst mit dem Auftreten von Jungknorpel. Das Skelett der Trachea nimmt denselben Entwicklungsgang, wie das des Kehlkopfes. Lange Zeit umfassen zusammenhängende undifferenzierbare Blastemmassen ringförmig das ganze Luftrohr bis zur Teilung, nur ist dieser Blastemmantel auf dem Querschnitt etwas dünner, wie im Bereich des Kehlkopfes.. Mit dem frühesten Knorpelstadium treten dann die einzelnen Ringe hervor; die obersten weisen anfangs dorsal eine Lücke auf, welche durch Bandapparat geschlossen ist, die folgenden lassen allgemein unregelmäßigere Unter- brechungen, Gabelungen und Verbindungsbrücken erkennen. 4. Die Entwicklung der Kehlkopfmuskulatur. Die Muskulatur des Kehlkopfes von Testudo graeca gliedert sich, wie bei anderen Reptilien, in einen Dilatator und einen Constrietor. Die übrige Muskulatur der Hals- gegend gewinnt keine Beziehungen zum Kehlkopf, teilweise aber zum Hyobranchialapparat; sie ist von anderer Seite beschrieben worden und hier unberücksichtigt geblieben. Die ersten Anfänge einer Muskelanlage treten als einheitliche Zellmassen in engster Verbindung mit dem Skelettblastem innerhalb der Arywülste auf. Das Muskelblastem umfaßt, wie sich bald zeigt, die Außenseite des Skelettblastems von ventral und lateral und ist zunächst von letzterem kaum zu unterscheiden. Erst mit dem Erscheinen von Vorknorpel innerhalb der Skelettanlage setzt sich der Muskelbelag schon durch intensivere Färbung der Zell- protoplasmas von den matter gefärbten Zellkörpern der Chondroblasten deutlicher ab. Das Muskelblastem dehnt sich beiderseits auch auf die flüchtig angedeutete Anlage eines Visceralbogens innerhalb der Arywülste aus. Das kann als Zeichen dafür gelten, daß die Kehlkopfmuskulatur von der diesem primitiven Bogenrudiment ursprünglich zugehörigen Muskulatur abgeleitet werden darf, wie ja auch „die der Cartilago lateralis der Amphibien zugehörigen Kehlkopfmuskeln sich als Wiederholungen typischer Kiemenmuskeln erweisen lassen“ (Göppert 1906). Was dort die Vergleichung lehrte, wird hier wiederum durch den Verlauf der Ontogenese wenigstens andeutungsweise bestätigt. Damit wäre demnach auch bei Amnioten eine Wiederholung früher phylogenetischer Zustände dieser Muskulatur während der Ontogenese gefunden. Mit dem Auftreten deutlicher Muskelfasern ist schon der fertige Zustand erreicht. Derselbe zeigt uns einen dünnen flächenhaften Constrietor, welcher den Kehlkopfknorpeln außen dicht anliegt; den Ansatz am Perichondrium der Basis des Processus lingualis wird man als Ursprung, die Befestigung an den Lateral- und Dorsalflächen des Cricoides als Insertion auffassen. Bei seiner Kontraktion wird der Muskel besonders den Ventralteil der Glottisspalte durch Zusammenschnüren der Ventralenden der Arytaenoide verengern. Der außen liegende kräftigere Dilatator überdeckt den Constrietor zum Teil; sein Ursprung wurde an den Seitenflächen des Cricoides bis zu dessen aboralem Rand, seine Insertion an dem Processus muscularis jederseits festgestellt. Der Muskel erweitert die Glottis durch Auseinanderziehen der Arytaenoide. — Ein interarytaenoider Muskelzug, welcher 61 dem dorsalen Segment der Schließmuskeln der Säuger!) entsprechen würde, wird vermißt; er fehlt in Übereinstimmung mit der engen Aneimanderlagerung der hinteren Arytaenoid- enden und deren straffer Fixierung am Hinterrand der dorsalen Cricoidlücke. 5. Gefässe und Nerven. Es wurde nur auf die Arterien des Kehlkopfes geachtet, da sich diese von bestimmten Branchialgefäßen ableiten und somit als weitere Zeugen für die Geschehnisse innerhalb des Visceralskelettes verwenden ließen. Die drei Arterien, welche den Larynx der Schildkröten versorgen und als Arteria hyoidea anterior, posterior und postrema bezeichnet worden sind, konnten ohne Schwierigkeit von den ersten drei Branchialarterien abgeleitet werden. Die beiden ersten Gefäße gehören zu den ersten beiden Branchialbögen, welche als solche zeit- lebens bestehen bleiben. Die dritte, aboralste Arterie wäre als Abkömmling desjenigen Branchialgefäßes anzusehen, welches ursprünglich zu dem ausgefallenen fünften Visceral- bogen gehörte. Ursprünglich versorgen diese drei Arterien also als Kiemengefäße die- jenige Branchialregion, aus welcher der Hyobranchialapparat hervorgeht und zu Beginn der Ontogenese finden wir sie auch noch bei Testudo graeca in dieser meta- meren Anordnung. Mit der Obliteration der Visceralspalten und der Verlagerung des aboralen Abschnittes des Visceralskelettes, des Kehlkopfes, in den oralen, den Hyobranchial- apparat erhalten beide Teile auch gemeinsame Gefäßversorgung. Analog ist die Innervation des Kehlkopfes zu beurteilen. Auch die periphere Anastomosen- und Truncusbildung mehrerer der hier in Betracht kommenden Branchial- nerven ist als eine Folge der Ineinanderschiebung der beiden Abschnitte des Visceral- skelettes zu betrachten, wie schon gesagt wurde. Es handelt sich bei der Innervation des Kehlkopfes zunächst auch wieder um diejenigen Nerven, welche ursprünglich nur dem vorderen Abschnitt des Visceralskelettes, dem Hyobranchialapparat angehören, nämlich um die ventralen Pharyngei des ersten und des zweiten Branchialnerven, des Ramus lingualis des Glossopharyngeus und des meist als R. laryngeus superior bezeichneten ersten Vagus- astes für die Branchialregion. Nach Vorwanderung des Kehlkopfes aber greifen diese Nerven, gleich den ihnen entsprechenden Brauchialgefäßen, auch auf das eingewanderte Kehlkopfgebiet über. Als weitere Komponente für die Kehlkopfinnervation kommt der R. recurrens laryngei hinzu, ebenfalls ein Derivat aboraler Branchialnerven, dessen rück- läufiger Verlauf seit langem mit der oralen Verschiebung des Kehlkopfes in Verbindung gebracht wird. Die Art der Verbindung und Endverzweigung dieser Äste der Vagus- gruppe scheint mit kleinen Abweichungen bei allen Schildkröten in der geschilderten Weise zu erfolgen. Die Art der Nervenversorgung, wie wir sie am Kehlkopf von Testudo graeca beob- achtet haben, und das Zustandekommen dieser Innervationsverhältnisse, wie es die Ver- gleichung und im vorliegenden Falle auch die Ontogenese lehrt, bestätigen von neuem die !) Vgl. hierüber: M. Fürbringer, Beitrag zur Kenntnis der Kehlkopfmuskulatur. Inaug.-Diss., Jena 1875. — E. Dubois, 1. ce. — M.L. Walker, On the larynx of Monotremata. Stud. Mus. Zool. Univ. Coll. Dundee, Vol. I, 1839. — E. Göppert, 1. c., 1900. — O0. Bender, Die Halsorgane von Orycteropus capensis und Tamandua Tetradactyla, L. in L. Schultze, Forschungsreise im westlichen und zentralen Südafrika. G. Fischer, Jena 1909, u. a. : 62 Anschauungen über die festen Beziehungen der Nerven zu ihren Endgebieten und zu primordialen Skeletteilen, zu welchen ich gelegentlich früherer Untersuchungen gelangt war. Der zum aboralen Abschnitt des visceralen Skelettsystems gehörige R. recurrens wandert mit seinem Endgebiet, der Kehlkopfanlage oralwärts, er bleibt also bei diesem Gebiet, obgleich es weitgehende Verschiebungen und Umformungen erleidet. Erst nach der Inein- anderschiebung, infolge deren sich nun das eingewanderte und das schon vorher dort befindliche Gebiet überlagern und vermischen, kann die Verbindung des R. recurrens laryngei mit den ortseigentümlichen Nerven, den Ästen des Glossopharyngeus und des ersten Branchialastes des Vagus zustande gekommen sein. Wir sehen hierin wieder einen Beles für die Anschauung, daß motorische wie sensible Nervenäste immer mit ihrem ursprünglichen Endgebiet verschoben werden und erst innerhalb der neu erlangten Lagerung des Endgebietes secundäre Verbindungen eingehen. Die Nerven werden damit eben gleich- falls zu Hauptzeugen dieser Verlagerungen und Umformungen, wie ich das für die Ent- stehung der Anastomosen zwischen dem Ramus palatinus des Facialis und der Chorda tympani mit Ästen des zweiten resp. dritten Trigeminusastes, für die Bildung des Plerus tympanicus u. a. m. früher nachweisen konnte. Wie in jenen Fällen das Zustandekommen bestimmter Anastomosen Schlüsse auf das Verhalten des primären zum sekundären Gaumen, des primären knorpeligen Kieferbogens zum sekundären knöchernen, des Hyoidbogens zu der Columella auris, des Spritzloches und der Paukenhöhlen zueinander zuließ, so hat hier die Art der Anastomosenbildung zwischen Nerven, welche ursprünglich eine isolierte metamere Anordnung zeigen, zur Klärung der Herkunft und der Wanderung des Kehl- kopfes in den Hyobranchialapparat hinein beigetragen. 6. Bau und Funktion des Kehlkopfes. Im ganzen genommen, ist der ausgebildete Kehlkopf von Testudo graeca sehr ein- fach gebaut. Wenn man berücksichtigt, zu wie viel komplizierteren Skelettbildungen das gleiche viscerale Material bei Säugern und auch bei anderen Reptilien verwendet wird, so wird man neben den primitiven Zügen vor allem auch den geringen Grad der Differen- zierung feststellen. Primitiv gegenüber dem Säugerlarynx ist vor allem das Verbleiben des vierten Visceralbogenpaares als zweitem Branchialbogen im Hyobranchialapparat. Dieser sowie der aboral folgende, bei T. graeca verschwindende Bogen werden bekanntlich erst bei Säugern als Thyreoid in den Kehlkopf einbezogen. Der Kehlkopf der Schildkröten besteht also nur aus dem Crieoid und den Arytaenoiden. Ersteres wiederholt, abgesehen von der oralen Haubenbildung, nur in größerem Maßstabe die Form eines Trachealringes. Das Crieoid besitzt keine bemerkenswerten Vorsprünge oder selbständige Abgliederungen, wie die Procrieoide anderer Reptilien. Auch die Arytaenoide sind in ihrer Form weniger differenziert, wie bei Säugern, hier fehlen Bildungen, welche mit den Cartilagines corni- culatae verglichen werden könnten. Es fehlen ferner eine Epiglottis und im Zusammen- hang damit die Cartilagines cuneiformes. Als einzige Besonderheit wären die eigentümlich geformten Apices der Arytaenoide aufzufassen. Diese Vorsprünge sind wohl unter dem Einfluß der Tongebung am Kehlkopf der Schildkröten entstanden zu denken. Diese Tongebung ist denkbar einfach, und eben dieser Einfachheit der Funktion entspricht der unkomplizierte Bau des ausgebildeten Kehl- kopfes. Bekanntlich läßt die männliche Schildkröte während der Paarungszeit im Mai und 63 -Juni häufig einen feinen fiependen Laut hören, wie er etwa auf einer kleinen Pfeife zu erzielen ist. Der Glottiseingang des Schildkröten-Kehlkopfes ist denn auch, wie beschrieben, ganz nach Art einer einfachen Pfeife gebaut, deren lippenartiges Mundstück durch die von den Apices gestützten Schleimhautduplikaturen zu beiden Seiten des Glottisspaltes gebildet wird. Bei der Tongebung werden die Arytaenoide offenbar mit Hülfe der Con- strietoren einander genähert, so daß der Glottisspalt enger wird; die durch die Spalte stoß- weise hindurch getriebene Luft erzeugt dann jenen peifenden Ton. Das Mitschwingen der Schleimhautfasten, welche von den Apices zu den Frenula glottidis herabziehen, wird bei der Tonbildung mitwirken. 7. Allgemeines über die Knorpelgenese. Schon im ersten Teil dieser Untersuchungen über die Entwicklung des Visceral- skelettes bei Schildkröten ließen sich über die Knorpelgenese und ihre allgemeinere mor- phologische Beurteilung einige bestimmte Sätze aufstellen. Im Anschluß an diese Resultate und an die jüngsten Ausführungen Gaupps,') welche inzwischen eine Zusammenstellung und kritische Sichtung der zahlreichen Arbeiten über dieses Thema brachten, sollen auch vorstehende Ergebnisse, soweit sie ein allgemeineres Urteil über die morphologische Bewertung des Knorpelgewebes zulassen, kurz herangezogen werden. Bereits die Entwicklung des Kiefer- und des Zungenbeinbogens, besonders auch der Columella auris hatte auch mir gleich allen früheren Untersuchern, welche sich nicht auf einseitige ontogenetische Betrachtungsweise beschränkten, gezeigt, daß das Auftreten von Knorpelgewebe, insbesondere auch seiner Vorstufen, durchaus nicht in jedem Fall als mor- phologisch gleichwertig zu betrachten ist. Es sollen deshalb zum Schluß nochmals die- jenigen Momente aus der Knorpelgenese des Visceralskelettes der Schildkröten, welchen eine allgemeine morphologische Bedeutung zukommt, herausgehoben und, immer an der Hand meiner speziellen Ergebnisse, denjenigen Einzelheiten aus der Entwicklung dieses Skelettsystems, welche sich als lokale Erscheinungen der betreffenden Ontogenese ohne phyletische Bedeutung erweisen ließen, gegenübergestellt werden. Das Studium der Entwicklung des Visceralskelettes war für die Beurteilung auch dieser Fragen besonders lehrreich, denn wir haben es hier mit einem Skelettsystem zu tun, welches von Alters her in der Wirbeltierreihe besteht und immer wieder im Beginn der Öntogenese angelegt wird, also mit einem zweifellos in allen seinen Teilen primor- dialen Skelettsystem. Die Ontogenese dieses Skelettsystems bei Schildkröten hat nun gezeigt, daß einmal Teile dieses primären Skelettes gar nicht oder nur unvollkommen und vorübergehend zur Anlage kommen, daß dagegen andere sekundäre Skelettbildungen daneben auftreten können, welche sich als Anpassungen an die Bedürfnisse der speziellen Ontogenese herausstellen. Durchaus nicht alle auftretenden Blasteme, Vorknorpelmassen und Knorpelelemente sind also als morphologisch gleichwertig anzusehen, es ist vielmehr zwischen primordialen und sekundär hinzugekommenen Skelettanlagen oder -teilen zu unterscheiden. 1) E. Gaupp, Die Reichertsche Theorie, Hammer-, Amboß- und Kieferfrage. Archiv für Anatomie und Entwicklungsgeschichte, Jahrg. 1912, Suppl.-Bd., 1912. 64 Als einziges zuverlässiges Merkmal für diese Beurteilung hat sich immer wieder die genaue topographische Lagebestimmung der sich entwickelnden Skelettelemente an der Hand der Vergleichung mit den primitiven Zuständen, die in diesem Falle ja besonders gut bekannt sind, herausgestellt. Keineswegs entscheidend dagegen sind die Art und der Zeitpunkt des ersten, vielleicht unklaren und vorübergehenden Auftretens oder etwa die Form der Skelettanlagen an sich. Die letzteren Momente gewinnen stets nur unter Berücksichtigung der Lokalisation und Vergleichung als morphologische Kriterien eine Bedeutung. Andererseits ist zur Homologisierung einer Skelettanlage mit primordialen Skelettstücken nicht erforderlich, daß diese Anlage auch in der ursprünglichen Gestalt in die Erscheinung tritt. Zur Erhärtung dieser letzthin wieder von Schaffer!) und Gaupp?) begründeten An- schauung haben beide Teile vorliegender Untersuchung einiges Beweismaterial herbei- gebracht, aus welchem hier einige Beispiele angeführt werden sollen. Diese stellen teils positive Belege für diese Ansicht dar, teils sind sie negativer Art insofern, als man an ihnen zeigen kann, daß es innerhalb der Knorpelgenese auch sehr viele Erscheinungen cibt, welche nur sekundärer oder rein lokaler, variabler Natur sind, kurz, welchen eine Parallele bei niederen Formen fehlt, und daß diese unter sich wieder stark variieren. Als positiver Beleg kann vor allem die Genese der ersten vier Visceralbögen ange- führt werden, mit demselben Recht aber auch, trotz des Mangels einer primitiven Form, diejenige der Arywülste resp. des Kehlkopfskelettes. Alle diese Skelettanlagen, welche in der Ventral- und Lateralwand des Pharynx auftreten, können doch nur deshalb während der ganzen Ontogenese als Teile des primordialen Visceral- skelettes bestimmt werden, weil an dieser Stelle, zwischen diesen Visceral- spalten und in dieser Lage zu Gefäßen und Nerven immer und überall in der Wirbeltierreihe ein Visceralskelett vorhanden ist. Hält man an dieser Tatsache fest, so wird man leicht sekundäre Anpassungen, ontogenetische Besonderheiten und in der Phylogenie nicht begründete Varietäten der Knorpelgenese von deren primordialen Grund- zügen trennen können. So wird man die Homologisierung des Kieferbogens nicht deshalb beanstanden, weil derselbe anfangs als einheitliches, nicht gegliedertes Blastem auftritt, sondern man wird dieses Blastem aus topographischen und vergleichenden Gründen als die Anlage des Kieferbogens anerkennen müssen. Man wird ferner die innerhalb eines Bogen- bereiches auftretenden Blasteme, den vorübergehend angelegten Ventralteil, das Interhyale und die Columella auris nicht nur deshalb als Teile eines Hyoidbogens auffassen müssen, weil sie in einem frühen Stadium tatsächlich fast in Bogenkontinuität nachgewiesen wurden, sondern weil ein Hyoidbogen an dieser Stelle, d. h. in dieser Orientierung zu seiner ganzen Umgebung bei allen Wirbeltieren angelegt wird. Neben diesem Nachweis treten die Einzelheiten der Skelettgenese, ein nur flüchtiges Erscheinen, die eine oder andere Form, die Zeit des Auftretens oder Verschwindens, zeitweise Verschmelzungen oder Abgliede- rungen ganz zurück. Diese Umstände können für die morphologische Deutung nur dann ins Gewicht fallen, wenn vorher nachgewiesen werden konnte, daß sie als Wiederholungen oder Anklänge an primordiale Verhältnisse anzusehen sind. Andernfalls handelt es sich um Erscheinungen, welche auf die Ontogenese der speziellen Tierform beschränkt sind. 1) ef. hierüber die Literaturübersicht in Gaupp, Die Reichertsche Lehre, 1913. INK ER) 65 Untersuchen wir unter denselben Gesichtspunkten die in den Arywülsten lagernde Kehl- kopfanlage. Für sich allein betrachtet, könnten diese Blastemmassen kaum als das Bildungs- material für ein Visceralbogenpaar, also als primordiale Skelettanlage angesprochen werden. Der Ansatz zu einer Bogenformation- ist gewiß bemerkenswert, bleibt aber auf so rudi- mentärer Stufe und verschwindet so frühzeitig wieder, daß mit ihm allein nichts anzu- fangen wäre, wenn sich nicht triftigere Gründe für die Ableitung dieser Blasteme von primitivem Skelettmaterial finden ließen. Das gesamte Material der Arywülste bleibt viel- mehr weiterhin bis zur vollzogenen Verlagerung, d. h. bis in eine ganz späte Periode der Ontogenese, völlig ungeformt. In diesem Falle läßt also alles im Stich, worauf bei einer oberflächlichen und nur von der Ontogenese ausgehenden Deutung derartiger blastematöser oder vorknorpeliger Skelettanlagen häufig der Hauptnachdruck gelegt worden ist: die Genese dieser Skelettanlage hält während langer Zeit weder bestimmte Termine ein, wie diejenige des Hyobranchialapparates, noch nimmt sie irgend eine bestimmte Form an, noch läßt sie in ihrer histologischen Differenz irgend welche Schlüsse auf ihre Natur und Her- kunft zu. Erst die Prüfung der Lage dieses nur vorübergehend zu einem Bogenrudiment sich formenden Zellmaterials zu den letzten Visceraltaschen und -bögen mit ihren Gefäßen und Nerven, sodann der Vergleich mit den aboralsten Visceralbögen, welche bei Fischen . mit knorpeligem Skelett in dieser Gegend tatsächlich vorhanden sind, verweist auf die Ableitung dieser Blasteme der Arywülste von jenem visceralen ‘Skelettmaterial als einzige Möglichkeit. Die folgende Oralwanderung dieser ganzen Anlage, welche sich in allen ihren Phasen nachweisen ließ, die Art der Gefäß- und Nervenversorgung (R. recurrens, Truncus- bildung) bilden dann noch weitere Fingerzeige dafür, daß wir die Bildungsstätte des Kehlkopfskelettes nur im aboralen Abschnitt des Visceralskelettes suchen können, daß also die Blastemmassen der Arywülste primordialer Natur sind. Konnte mit Hülfe dieser Beispiele gezeigt werden, daß nur die topographische Lage- bestimmung und die Vergleichung die entscheidenden Kriterien zur Beurteilung von Skelett- elementen jeder Entwicklungsstufe bilden, so lassen sich andererseits aus vorstehenden Ergebnissen auch eine ganze Reihe von Belegen dafür zusammenstellen, daß weder das bloße Erscheinen eines Blastems, Vorknorpels oder Korpels, noch der Zeit- punkt, noch die besondere Form allein, welche das Skelettmaterial im Laufe der Ontogenese annehmen kann, noch histologische Einzelheiten an sich genügen, um über den morphologischen Wert eines auftretenden Stützgewebes ins Klare zu kommen. Schon in der ersten Abhandlung über dieses Thema konnte ich in Übereinstimmung mit Lubosch!) u. a. nachweisen, daß durchaus nicht alles, was als sogenanntes Chondroblastem oder Vorknorpel angelegt wird, auch zu Skelett wird. Ich erinnere nur an die anfangs einheitliche Kieferbogenanlage, in welcher doch später ein Gelenk entsteht, an das zuerst unförmige, massige Quadrat, in welchem doch alsbald jene große Mulde für die Paukenhöhle ausgespart wird, an den zeitweilig untrennbaren Zusammen- hang zwischen dem Insertionsteil der Extracolumella und dem Quadrat, zwischen welchen Skeletteilen sich doch später das eben auch aus diesen Skelettblastemen hervorgehende Trommelfell ausspannt, endlich an den Ventralteil des Hyoidbogens, welcher nur zum 1) W. Lubosch, Die embryonale Entwicklung des Knorpelgewebes und ihre stammesgeschichtliche Bedeutung. Biol. Centralbl., Bd. 29, 1909. Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 2. Abh. 9 66 geringsten Teil die Knorpelstufe erreicht. Aus vorliegender Untersuchung könnte man dann noch auf die Frenula glottidis verweisen, welche in fester und lange Zeit nicht abgrenzbarer Verbindung mit dem Blastem der Arywülste entstehen, und sich erst beim Übergang der Skelettanlage in Knorpelgewebe zum doppelten Strang umwandeln. Ferner ist das Bildungsmaterial für die ganze Bindegewebsmembran, welche später die Kehlkopf- knorpel verbindet, in dem Blastem der Arywülste mitenthalten und geht aus ihm hervor. Schon die bekannte Tatsache, daß embryonale Skelettanlagen anfangs durchschnitt- lich ein relativ viel größeres Volumen im Verhältnis zu ihrer Umgebung einnehmen, wie späterhin, daß also das Skelettmaterial immer relativ viel größer ist, wie das aus ihm hervorgehende Skelettstück, läßt ja schon vermuten, daß nicht alles Material zur Bildung desselben Stützgewebes, in diesem Falle zunächst des Knorpelgewebes verwendet wird. Es sei hier an die Entwicklung des Quadrates, der Columella auris und Extracolumella und des Öricoides erinnert. Nicht jedes Skelettblastem wird also auch zum Skelettstück, sondern dient auch zur Bildung von Gelenken und von Bandapparat oder verfällt auch der Rückbildung. Daß umgekehrt während der Ontogenese auch Knorpelgewebe an Stellen auftreten kann, wo essich bei primitiven Formen nicht findet, daß es demnach auch ein Kunorpel- oder auch Knochengewebe ohne phyletische Tradition gibt, ist ja bekannt. Als Beispiele hierfür wären aus vorliegenden Untersuchungen die Entwicklung der Extracolumella und des Entoglossums anzuführen. Von beiden Elementen war bereits 1912 in diesem Sinne die Rede. Das Blastem der Extracolumella steht zwar mit dem zweifellos primordialen der Columella auris in Verbindung; in der entscheidenden Phase bestehender Visceral- spalten und einer fast vollständigen Hyoidbogenanlage aber liegt das Blastem der Extra- columella außerhalb des Bogenbereiches und erscheint somit als sekundärer Zuwachs, wie auch die weiterhin vielfach abweichende Entwicklung bestätigt. Das lange Verharren der Extracolumella im indifferenten Zustand und auch die endgültige Ausbildung zeigen an, daß beides unter dem Einfluß von allerhand sekundären Anpassungen an die speziellen Bedürfnisse dieses Organismus vor sich gegangen ist. Die Entwicklung des knöchernen Entoglossums zeigt ferner, daß auch unvermittelt Skelettstücke angelegt werden können, welchen kein Blastem, kein Vorknorpel und kein Knorpelgewebe vorausgegangen ist, welche also vorher gar nicht als Material histologisch sichtbar waren und welchen jede ‚primitive Beziehung abgeht. Hier kommt also ein Skelettstück zustande, welches mit primordialen Skelettanlagen, in diesem Falle mit dem Visceralskelett und seinen Derivaten nicht das Mindeste zu tun hat. Endlich noch einige Bemerkungen über die Histogenese des Knorpelgewebes, welche zeigen sollen, daß auch deren Einzelheiten durchaus keine allgemeinere Bedeutung zukommt, daß die Histogenese vielmehr den verschiedensten lokalen Anpas- sungen unterworfen, mithin sehr variabel ist. Da haben wir zunächst überall dort, wo noch Umformungen und Verlagerungen erfolgen müssen, die ganz auffallenden Verzögerungen innerhalb der Skelettentwicklung. Die Zellmassen bleiben dort auf der Blastemstufe stehen, sie befinden sich unter Umständen noch in diesem Zustand, wenn andere Skelettanlagen bereits in Knorpel übergeführt sind. Es wird also nicht nur die formale, sondern auch die histogenetische Weiterentwicklung dieses Materials zurückgehalten und zwar, wie besonders hervorgehoben werden muß, sowohl bei nachweisbar primordialen, wie auch bei 67 sekundären Skelettanlagen. So ließ sich diese Verzögerung der Knorpelgenese schon beim Quadrat als primordialem, bei der Extracolumella und dem Trommelfell als sekundären Stützgewebselementen demonstrieren. Aus vorliegender Untersuchung reiht sich nun das den Arywülsten zu Grunde liegende, wiederum primordiale Skelettmaterial hier an, welches bis zur vollzogenen Verschiebung der ganzen Anlage morphologisch und histologisch fast vollständig stehen bleibt. Aus diesem verschiedenen Verhalten der Skelettanlagen, seien sie nun primordialer oder sekundärer Natur, geht demnach hervor, daß auch die Histogenese des Knorpel- gewebes infolge allerhand sekundärer und rein lokaler resp. individueller Anpassungen großen Schwankungen unterworfen ist. Von ebenso untergeordneter Bedeutung ist eine andere Besonderheit der Histogenese des Knorpelgewebes: das Auftreten oder Fehlen von sogenannten Knorpelkernen. Dieser Erscheinung ist von einigen Autoren ein großer Wert beigelegt worden, und man hat auf Grund des Nachweises solcher Knorpelkerne nicht nur innerhalb von Vorknorpel, sondern auch innerhalb von den sekundär erscheinenden Deckknochen weitgehende Vergleiche anstellen wollen. Ohne auf die zahlreichen sonstigen Schwächen dieser Anschauung näher eingehen zu wollen, die gleichfalls in dem letzten Werke Gaupps eingehend dargelegt worden sind, soll nur, wie schon 1912, nochmals betont werden, daß das Studium der Entwicklung des Visceralskelettes und seiner Derivate bei Schildkröten lehrt, daß das Auftreten von soge- nannten Knorpelkernen keineswegs als eine regelmäßige Erscheinung der Knorpelgenese anzusehen ist. Die hier untersuchte Ontogenese geht überhaupt ohne Bildung derartiger Knorpelkerne vorsich. Der Übergang in Vorknorpel und dann in hyalinen Knorpel erfolgt fast immer mit einem Mal, nicht von bestimmten Zentren aus. Ich habe an 23 Embryonen vergeblich nach deutlichen Knorpelkernen gesucht — man könnte höchstens bei manchen Embryonen in der Veytralwand des Cricoides einen solchen sehen — und muß deshalb annehmen, daß ihr Zustandekommen gar keine integrierende Er- scheinung der Knorpelgenese darstellt, sondern ebenfalls nur von Zufälligkeiten abhängt, daß ihr demnach gewiß keine allgemeine morphologische Bedeutung, sondern nur eine sekundäre und funktionelle zukommen kann. Weiter muß gesagt werden, daß wenn die Durchforschung eines ausgedehnten primordialen Skelettkomplexes an einem so großen Untersuchungsmaterial derselben Spezies die Bildung solcher Knorpelkerne so gut wie völlig vermissen läßt, das Erscheinen solcher Knorpelzentren in Deckknochen, also in sekundären Formen des Stützgewebes, erst recht an weitergehender Bedeutung verliert. Und insofern scheinen mir meine Ergebnisse von 1912 und jetzt eine neue und wesentliche Bestätigung der Ansichten über die Beurteilung der Knorpelgenese im allgemeinen und in Deckknochen im besonderen zu erbringen, welche Gaupp in Übereinstimmung mit früheren Äußerungen Schaffers, v. Ebners, Rouxs!) und vieler anderer letzthin zum Ausdruck gebracht hat. 1) Zit. nach Gaupp, Die Reichertsche Theorie, 1913. 9* 68 Analog dem Abschluß der vorhergehenden Abhandlung über vorliegendes Thema fasse ich die Hauptergebnisse nochmals in folgende Sätze zusammen: 1. Der Hyobranchialapparat von Testudo graeca wird von dem auf den Kiefer- bogen folgenden oralen Abschnitt des Visceralskelettes gebildet; er bleibt zeitlebens knor- pelig, nur das Ceratobranchiale I wandelt sich später in Knochen um. Die Entwicklung kann in Einzelheiten variieren. 2. Der dritte Branchialbogen (V. Visceralbogen), welcher aboral vom Hyobranchial- apparat folgen würde, ist jedenfalls ausgefallen; er gelangt auch nicht mehr zur Anlage. Ob außer diesem noch ein weiteres Visceralbogenpaar zwischen dem oralen Abschnitt des Visceralskelettes, dem Hyobranchialapparat und dem aboralen Teil desselben, der Kehl- kopfanlage, in Wegfall gekommen ist, läßt die Ontogenese nicht erkennen. 3. Der aborale Abschnitt des Visceralskelettes tritt, wie bei anderen Reptilien und bei Säugern in Form der sogenannten Arywülste auf, in welchen das Bildungs- material lange Zeit ungeformt liegen bleibt. Aus den Blastemmassen der Arywülste gehen alle Teile des Kehlkopfes, Skelett, Muskulatur und Bandapparat hervor. Die Kehlkopfanlage liegt im Blastemstadium also völlig aboral vom Hyo- branchialapparat. 4. Im Zusammenhang mit den Arywülsten tritt vorübergehend ein rudimentäres Bogenpaar auf; dieses kann als ontogenetische Wiederholung niederer Zustände aufgefaßt werden. Die Frage, auf welches Bogenpaar das Material der Arywülste zurückzuführen ist, muß offen bleiben; es können nur die Bögen vom sechsten Visceralbogen an aboral- wärts in Betracht kommen. 5. Die Oralwanderung der Kehlkopfanlage (aborales Visceralbogenmaterial) in den Hyobranchialapparat (orales Visceralbogenmaterial) läßt sich in allen ihren Etappen während der Entwicklung verfolgen. 6. Das fertige Kehlkopfskelett besteht nur aus den Arytaenoiden und dem Cricoid; es differenziert sich erst nach Beendigung der Verlagerung. Der Hyobranchial- apparat besteht zu dieser Zeit bereits aus Jungknorpel. Procricoide kommen nicht zur Anlage. Es fehlt ferner von Anfang an jede Andeutung einer Epiglottis. Der Mangel eines Thyreoides endlich erklärt sich daraus, daß die diesem Skelettstück zu Grunde liegenden Visceralbögen in anderweitiger Verwendung nachgewiesen wurden: das vierte Paar ver- bleibt im Hyobranchialapparat als Ceratobranchialia II, das fünfte ist ausgefallen. 7. Die Arterien des Kehlkopfes, die A. hyoidea anterior und posterior, lassen sich auf die ersten beiden Branchialarterien zurückführen; die A. hyoidea postrema stammt von einem aboralen Branchialgefäß und versorgt die Trachea. Die periphere Anasto- mosenbildung der beiden ersten Branchialnerven, des Ramus lingualis des Glossopha- ryngeus und des R. laryngeus superior des Vagus in Verbindung mit dem mehreren aboralen Branchialnerven entsprechenden R. recurrens laryngei bilden einen weiteren Beleg für die Ineinanderschiebung der beiden Abschnitte des Visceralskelettes und damit zugleich wiederum für die geschilderte Herkunft des Kehlkopfskelettes. 8. Die Muskulatur des Kehlkopfes, welche aus Constrictoren und Dilatatoren besteht, kann nur von den Kiemenmuskeln abgeleitet werden, welche ursprünglich zu dem in den Arywülsten lagernden visceralen Skelettmaterial gehören. 69 9. Zur morphologischen Beurteilung einer blastematösen, vorknorpeligen oder knorpeligen Skelettanlage ist vor allem zu bestimmen, ob die Anlage primor- dialer Natur ist, also eine Stammesgeschichte besitzt, oder ob sie lediglich sekundärer Art ist. Die Entscheidung hierüber erbringt allein die topographische Lage- beziehung, und zwar während eines Stadiums, welches eine klare Wieder- holung primitiver Verhältnisse bildet, und die Vergleichung mit ursprüng- liehen Zuständen. Nicht maßgebend sind dagegen der Zeitpunkt des ersten Auftretens allein, die Form und Einzelheiten der Histogenese an sich, wie z. B. die Anlage von Knorpelkernen. München, den 26. Mai 1914. Literaturverzeichnis. (Betreffs der älteren Literatur vgl. die Verzeichnisse bei Göppert in Hertwigs Handbuch II, 1.) 1. ©. Bender, Die Schleimhautnerven des Facialis, Glossopharyngeus und Vagus. Studien zur Mor- phologie des Mittelohres und der benachbarten Kopfregion der Wirbeltiere. Semon, Zoolog. Forschungsreisen, Bd. 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Schmidt, Über die Entwicklung des Kehlkopfes und der Luftröhre bei Reptilien. Anat. Hefte, Bd. 48, 1913. W.Spalteholz, Über das Durchsichtigmachen von menschlichen und tierischen Präparaten. Leipzig, S. Hirzel, 1911. M. L. Walker, On the larynx of Monotremata. Stud. Mus. Zool. Univ. Coll. Dundee, vol. I, 1889, Erklärung der Tafelfiguren. Tafel I. g. 1. Modell des Hyobranchialskelettes und des Arywulstes im Chondroblastemstadium. Rechte Seite. Ventralansicht. 100fache Vergr. Nat. Gr. Ektoderm im Bereich des Hyoidbogens und der VI. Muskulatur abgetragen. Quadratblastem nur teilweise dargestellt. Zeigt den Arywulst aboral vom Hyobranchialapparat, die skelettfreie Lücke zwischen beiden, darin die Reste der III. und IV. Branchialtasche und das Bogenrudiment am Arywaulst. ig. 2. Modell des Hyobranchialapparates und der Kehlkopfanlage mit den Resten der Branchialtaschen von Embryo 5a. Vergr. 100:1, auf 3/4 verkleinert. Ventralansicht. Übergangsstadium zu Vorknorpel. Links sind Gefäße und Nerven entfernt, um die Reste der I. bis IV. Branchial- tasche und ihrer Verbindungen mit dem Pharynx zu zeigen. Der Hyobranchialkörper ist nur bis zu den Processus anteriores laterales dargestellt; der Processus lingualis ist fort- gelassen. Die Kehlkopfanlage ist im Vergleich mit Fig. 1 bereits bis über den ersten Bran- chialbogen hinaus oralwärts verschoben. Fig. = 1 [02] 71 Tafel II. Modell der Arywülste, des Pharynxbodens und des Hyobranchialapparates von Embryo 50a. Vergr. 50:1. Nat. Gr. Ansicht von oral und etwas von der rechten Seite. Vorknorpel- stadium. Die dorsale und laterale Pharynxwand ist rechts entfernt, um die Lage der vor- rückenden Arywülste am Pharynxboden zu zeigen. Dasselbe Modell von dorsal gesehen in gleicher Vergrößerung. Die Pharynxwand ist verdickt angegeben. Tafel III. Modell des Hyobranchialapparates, der Anlagen des Kehlkopfes und der Trachea von Embryo 50a. Vergr. 50:1. Auf 3/4 verkleinert. Ventralansicht. Vorknorpelstadium. Zeigt erhebliche Asymmetrie an beiden Seiten und den ersten Branchialbogen der linken Seite bereits abge- gliedert, den der rechten Seite noch im Zusammenhang mit dem Hyobranchialkörper. Dasselbe Modell nach Entfernung des Hyobranchialapparates. Nat. Gr. Zeigt die Kehlkopf- anlage und die Trachea bis zur Gabelung von der Ventralseite. Tafel IV. Modell des Hyobranchialapparates und des Kehlkopfes von Embryo 38c. Ansicht von oral, dorsal und etwas von rechts. Vergr. 40:1, auf 2/3 verkleinert. Zeigt alle Teile des Visceral- skelettes. Hyobranchialapparat im Stadium des reifen Knorpels, Kehlkopfskelett im Über- gang zu Jungknorpel. Die Dorsalwand des Cricoides ist median noch nicht ganz geschlossen. Tafel V. Dasselbe Modell in schräger Ventralansicht. Tafel VI. Mundhöhlenboden mit Zunge und Keblkopf einer erwachsenen Testudo graeca, ca. 3fache Vergr. Besonders deutlich beiderseits der Suleus laryngeus lateralis, die Frenula glottidis und die durch die Apices gestützten Seitenwände der Glottis. ig. 10. Hyobranchialapparat und Kehlkopf einer erwachsenen Testudo graeca, herauspräpariert und nach Aufhellung in ca. 6facher Vergrößerung gezeichnet. Auf 3/4 verkleinert. Ansicht von vorn, etwas von oben und von rechts. Danach Bulk O. Bender. Die Entwicklung des Visceralskelettes bei Testudo graeca II. Tafel I. Extra col. Ventral- Inter- VII stück d. Ekto- hyale Musk. Hyoidbg. derm. I Branch. Sp. II Branch. Sp. Quadrat Mundschleimhaut ‚IV Br. Sp. (verdickt) Bogenrudim. am Arywuist Aa. branch. Mundhöhle Ventralwand Copula /f 1 Lücke Arywulst d. Mundhöhle Et Branch Be. Fig. 1 Hyobranch. Cricoid- ER Proc. ant. lat. hyoid. Körper Anl. Pharynx Zi ung Pharynx Ventralwand Tasche in d. Ventralwand‘ Pharynx I Branch. Bg. Rest d. I Br. Sp. med. Rest d. II Br. Sp. lat. Rest d. II Br. Sp. 1I Branch. Bog. 11 Branch. Bog. Reste d. III-+ IV Br. Sp. Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII. 2 Abh. ©. Bender. Die Entwicklung des Visceralskelettes bei Testudo graeca Il. Arywälste ER \ SR \ (Scehnittrand) rer. Bo. me - Sulc. lat. lar. ventr. Pharynxwand (Schnittrand) Proc.ant.lat. h ıyoid. Fren. glott. Anl. Proc. ling. l. Arywulst Phar. lumen Trachea Proc. ling. Sule. lar. lat. Abh. d. math.-phys. KI.XXVII. 2 Abh. Tafel Il. dors. Pharynxwand Phar. lumen ventr. Pharynxwand O.Bender. Die Entwicklung des Visceralskelettes bei Testudo graeca Il. ventr. Phanne. Proc. ant. I Br. Bog. II Br. Bog. wand lat. hyoid. Proc. ling. Cricoid » Larynx Trachea ventr. Pharynxwand Fren. leiste Plica lar. lat, Sulec.lar.lat. Fig. 6 Abh. d. math.-phys. KI.XXVII. 2 Abh. Tafel II. 1 Bronchien ©. Bender. Die Entwicklung des Visceralskelettes bei Testudo graeca Il. Tafel IV. Cricoid Dorsalteil Ceratobranch. I Ceratobranch. II Aryt. Z Proc. ant. lat. hyoid. Apices aryt. Proc. ling. Ceratobranch. I Entogloss. Frenul. glott. Proc. ant. lat. Proc. muscul. hyoid. aryt. Fig. 7. Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII. 2 Abh. O.Bender. Die Entwicklung des Visceralskelettes bei Testudo graeca Il. Tafel V. Entogloss. Alyobranch. Körper Proc. ling. Proc. ant. lat. hyoid. Ceratobranchialia II —Ceratobranch. I FSKEIL= Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII. 2 Abh. Ban UN MN O. Bender. Die Entwicklung des Visceralskelettes bei Testudo graeca Il. Tafel VI. Lar. Apex aryt. / hint. Zungenlappen Frenula glott. Sulc. lar. lat. Epibranch. Trachea Ceratobr. II Ceratobr. I Cricoid. Dorsalteil Proc. ant. lat. hyoid. Apices aryt. Proc. ant. lat. hyoid. Cricoid. Lateralteil Aryt. Proc. ling. Ventralteil Entogloss. Fig. 10 Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII. 2 Abh. Abhandlungen der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften Mathematisch-physikalische Klasse XXVII. Band, 3. Abhandlung Ergebnisse der Forschungsreisen Prof. E. Stromers in den Wüsten Ägyptens II. Wirbeltier-Reste der Baharije-Stufe (unterstes Cenoman) 1. Einleitung und 2. Libycosuchus von Ernst Stromer Mit 1 Doppeltafel Vorgelegt am 7. November 1914 München 1914 Verlag der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Kommission des G. Franz’schen Verlags (J. Roth) 1. Einleitung. Auf meinen Nachweis der Wirbeltier-Reste der Baharije-Stufe (1914, S. 25 und 34) kann ich zwar insofern mit Genugtuung zurückblicken, als ich ihn nicht dem Zufall, sondern zielbewußtem Forschen verdanke, ich war jedoch leider nicht im Stande, mehr als gewissermaßen nur Stichproben der Fossilien mitzubringen. Insbesondere ließ ich die großen bis 1,5 m langen Dinosaurier-Knochen fast alle unberührt, in der Hoffnung, Mittel zu finden, um sie sorgfältig ausgraben, verpacken und transportieren zu lassen, wozu ich natürlich nicht ausgerüstet war. Diese Hoffnung hat mich nicht betrogen, denn vor allem war ich liberalen Ent- gegenkomniens der ägyptischen Behörden bei der Erlaubnis zu Ausgrabungen nach all meinen bisherigen Erfahrungen sicher und ebenso hatte ich in dem Naturalienhändler Richard Markgraf eine selbstlos und sorgfältig arbeitende Kraft zur Vornahme jener schweren Arbeit. Er versagte auch in der Tat trotz der großen Beschwerden und trotz Krankheit nicht, sondern gewann in wiederholter mehrmonatlicher Arbeit eine Fülle wert- vollster Skelettreste. Die Mittel, solche Ausgrabungen in der entlegenen Wüstengegend auszuführen, ver- danke ich in erster Linie Freunden, die mir von Privaten nach und nach im ganzen 2550 M. verschafften.!) Insbesondere aber habe ich dem Präsidenten der K. B. Akademie der Wissenschaften, Exzellenz v. Heigel, zu danken. Er ließ ebenso wie der Sekretär der Akademie, Prof. Karl Mayr, dem Unternehmen von Anfang an das wärmste Interesse und jedmögliche Förderung zu Teil werden und veranlaßte, daß aus dem bayerischen Stiftungs- fond Münchener Bürger 4000 M. zur Verfügung gestellt wurden sowie daß die Kasse der Akademie die Verwaltung der Gelder übernahm. Endlich unterstützte mich auch Herr Prof. A. Rothpletz als Direktor der Münchener paläontologischen Staatssammlung, der die Funde zugute kamen, indem er nicht nur die Grabungs-Erlaubnis der ägyptischen Behörden erwirkte, sondern auch auf seinen Antrag bei der Akademie der Wissenschaften 2300 M. aus dem Mannheimer Fond zur Deckung der Ausgaben bewilligt erhielt. Eine !) Infolge gütiger Vermittlung meines Freundes Prof. Fr. Doflein erhielt ich 1911 von Herrn Krupp Bohlen-Halbach in Essen 1000 M. mit der Verpflichtung, seiner Sammlung einen Teil des Materials zu übergeben, durch die meines befreundeten Kollegen Dr. E. Dacque von Frau Prof. Anna Wolffhügel in München 300 M., ferner von Herrn Privatier Emil Weiß in München 200 M., von meinen Freunden Dr. G. Barth in Nürnberg und Prof. A. Bergeat in Königsberg 50 resp. 500 M. und endlich durch die gütige Vermittlung Herrn Dr. ©. A. Haniels in Bonn von einer Ungenannten 500 M. 1* 4 weitere Förderung erhielt das Unternehmen dadurch, daß der Münchener Geologe Dr. Cl. Lebling auf meine Anregung hin mit Unterstützung der Akademie der Wissenschaften im Frühjahr 1914 größere Strecken Baharijes untersuchte und dabei einige Wirbeltier- Reste und vor allem am Gebel Harra im Osten der Sabu-Oase einen neuen Fundort ent- deckte, den Markgraf dann ausbeutete.!) All diesen Personen und Behörden drücke ich hier meinen besten Dank aus. Die Geologie der Fundorte wird durch Herrn Dr. Leblings Aufnahmen zwar noch wertvolle Ergänzungen finden und hoffentlich werden weitere Grabungen neues schönes Material in die hiesige Sammlung bringen, meine Ausführungen über die Stratigraphie, die Facies und das geologische Alter der Fundschichten (1914, 3. 25 und 34 ff.) können aber wohl als sichere Basis der paläontologischen Bearbeitung der Wirbeltiere dienen, und von manchen Formen ist schon genug Material vorhanden, um sie in zwangloser Folge ausreichend zu charakterisieren. Die Bedeutung der Fauna kann natürlich erst nach ihrer vollständigen Durcharbeitung ganz gewürdigt werden. Hier genügt der Hinweis, daß sie in ihrem Alter zwischen den relativ gut bekannten Faunen nicht mariner Wirbeltiere der untersten und obersten Kreide vermittelt und dadurch eine der größten Lücken solcher mesozoischer Faunen teilweise ausfüllt. Denn bisher sind in der mittleren Kreide nirgends derartige Reste reichlich und leidlich vollständig gefunden worden. Für Afrika muß die Fauna die gewaltige Lücke zwischen den unterkretazischen Tendaguru-Schichten Deutsch-Ostafrikas mit ihrer Dino- saurier-Fauna und den obereoeänen und oligocänen Wirbeltier-Schichten des Fajüm (Stromer 1914, S. 53 und 58) ausfüllen, da die oberkretazischen Funde bisher zu unbedeutend und die älteren tertiären, wie von Gafsa in Tunis, Südtogo, von der Kongomündung, von Mos- samedes und dem Untermokattam bei Kairo fast nur marin sind. Die marinen Wirbel- tiere der Baharije-Stufe ergänzen natürlich in wünschenswerter Weise die bisher fast nur aus Europa, dem Libanon und dem östlichen Nordamerika bekannten Faunen der mitt- leren Kreidezeit. Zur Rechtfertigung der folgenden Einzelbeschreibungen genügt es, darauf hinzu- weisen, daß es sehr schwer hält, geeignete Bearbeiter ganzer Gruppen zu finden und daß ich mit der Abgabe von wertvollem Material ägyptischer Fossilien an andere Bearbeiter zum Teil recht unangenehme Erfahrungen machte, dal ich selbst aber Jahre brauche, um alles genau zu beschreiben, da es sich um vielerlei und mehrfach neue und recht fremd- artige Formen handelt. Als Gegner vorläufiger Mitteilungen vermeide ich es, nur kurze Diagnosen zu geben; es sollen mit möglichster Genauigkeit zunächst nur solche Wirbel- tiere beschrieben werden, die sich zu wissenschaftlichen Vergleichen ausreichend in dem Material vertreten vorfinden. Es handelt sich nach einer vorläufigen Übersicht um fol- gende Reste: 1. Plagiostomi: Zahlreiche spitze und Pflasterzähne, Wirbel und Stacheln und wenige Rostren von Lamnidae (Corax ete.), Seylliidae ete. und Rochen (u. a.? Myliobatinae). Dabei dreierlei Arten von stattlichen Rückenflossen-Stacheln (geriefte (Cestracionidae), gekörnelte 1) Infolge des Ausbruches des Weltkrieges konnte leider die große an diesem und anderen Fund- orten gemachte heurige Ausbeute nicht hieher geschafft werden, sie ist also in der folgenden Aufzählung nicht mit berücksichtigt. 7.25 5 und glatte), Widerhaken-Stacheln und Rostren von Gigantichthys numidus Haug (Stromer 1914, S. 41, 42), endlich kleine Hautstacheln. 2. Ganoidei: A. Schuppen, Knochen und Zähne von Lepidostei a) große, glatte dicke Ganoid-Schuppen nebst zahlreichen Knochen und knopfförmig oder körnelig bezahnten Kiefern b) große geriefte, dicke Ganoid-Schuppen mit Kosminstruktur unter den Kanten (Stromer 1914, S. 42); B. isolierte Zähne und Knochen von Pycenodonti ete.; ©. Koprolithen. 3. Teleostei: a)? Wirbel, Schädelstücke, Opercula usw. einer sehr großen Form; b)? mehrere höckerig skulpturierte Wels-ähnliche Schädelstücke; c) sehr viele isolierte Zähne, besonders winzige (Häkelnadel) Widerhakenzähnchen (Enchodontidae? Cimolichthys), Hakenzähne (Ancistrodon), eine rundliche Kauplatte (Plethodus) usw. 4. Dipnoi: Dutzende von sehr kleinen bis sehr großen Zähnen, wenige noch auf dem Spleniale und Palatinum von Ceratodus (africanus Haug und minimus Haug) (Stromer 1914, 8. 41). 5. Ophidia: Zahlreiche Wirbel und mehrere dicke Rippen von Symoliophis Sauvage (Stromer 1914, S. 42). 6. Chelonia: a) Wenige Beinknochen eines kleinen Testudiniden (Stromer 1914, 8. 25); b) Hirnschädelstücke einer großen? Chelyide (Stromer 1914, 8. 42); c) Teile mehrerer dieker, mittelgroßer bis großer Panzer. 7. Crocodilia: a) Ein fast vollständiger Schädel nebst Unterkiefer und vier Wirbeln eines Notosuchus ähnlichen Individuums (8. 7 fi.); b) Wirbel, Rippen, Beinknochen und ein Hirnschädelstück, sowie einzelne Zähne von zwei Individuen mittelgroßer procöler Formen ; ce) vereinzelte procöle Wirbel, Zähne, Kieferstücke usw. mittelgroßer Formen. S. Plesiosauria: Wirbel, Rippen, wenige Beinknochen, ? Hirnschädelbasis mittel- großer Tiere. 9. Theropoda: a) die beiden Unterkiefervorderhälften mit Zähnen nebst wenigen Rippen und platycölen Wirbeln sowie mehreren opisthocölen Wirbeln mit enormen Dorn- fortsätzen eines großen Individuums; b) mehrere Zähne, Wirbel- und Rippenstücke eines gleichen; ec) isolierte opisthocöle Wirbel und Beinknochen, dabei ein 1,3 m langes Femur. 10. Sauropoda: a) drei platycöle Wirbel nebst sechs Beinknochen eines großen Indi- viduums; b) neun platycöle Wirbel und Brustgürtel eines anderen; c) ein Riesenwirbel von 35 em Durchmesser; d) isolierte Reste (Wirbel, Chevrons, ?Fibula, ? Ilium, Krallenphalange). 11. Ornithischia: isolierte Beinknochen und eine Krallenphalange kleinerer Tiere. Was die Erhaltung und die Art des Vorkommens der Fossilien anlangt, so stammen sie fast alle aus lockeren, tonig sandigen Schichten, die nur lokal, besonders durch eisen- haltiges Zement verhärtet sind. Vielfach ist Gips darin enthalten, vor allem in Schicht m und p und oft auch Salz. Wie ich schon erwähnte (1914, S. 70), wurden infolgedessen manche Reste deformiert und teilweise oder ganz zerstört. Die Knochen aus Schicht m und p sind meistens gipsig verwittert, genau wie solche aus den gipshaltigen Mergeln und Tonen der Qası es Sagha-Stufe des Fajüm, aber viel mehr sind die zunächst ausgezeichnet erhaltenen Reste der Schicht n durch den Gehalt hygroskopischer Salze gefährdet. Ich suchte durch Auslaugen mit Wasser, zum Teil auch durch Unlöslichmachen der Salze vermittelst basischem PO,Na, abzuhelfen, hatte aber damit nicht genügenden Erfolg. Am besten bewährte sich, die womöglich ausgelaugten und vorsichtig völlig getrockneten Stücke mit einer sehr verdünnten Lösung von Schellack 6 in Äther von innen heraus zu härten und sie dann mit einer Zaponlack-Lösung zur Abhaltung der Luftfeuchtigkeit zu überziehen. Wohl durch Volumänderungen infolge des Gehaltes an Gips und Salzen sind übrigens die Knochen schon im Gestein vielfach etwas verdrückt oder zerbrochen; die tektonischen Bewegungen waren viel zu unbedeutend, um derartiges zu verursachen. Großenteils handelt es sich um isolierte Reste: Zähne, Schuppen, Wirbel usw., z. B. kommen die nur in Schicht o häufigen Ceratodus-Zähne fast sämtlich zerstreut vor und viele sind abgeschliffen,t) nur sehr wenige sitzen noch auf den Kieferknochen. Trotzdem diese Knochen zum Teil nicht schlecht erhalten sind und es sich um meist stattliche Formen handelt, gelang es aber nicht, andere Knochen des Ceratodus in der gleichen Schicht zu finden. Solche feste und große Zähne lassen eben die Raubtiere übrig, während der großenteils knorpelige Schädel verzehrt wird; auch sinken die schweren Zähne leicht auf den Grund und in den Schlamm der Gewässer ein und werden dadurch bewahrt. Vielfach stößt man aber auch auf zusammenliegende Reste eines Individuums; vor allem die großen Dinosaurierknochen sah ich in Gruppen beisammen herausgewittert, so daß ich auf ziemlich vollständige Skelettfunde hoffen konnte. Leider stellte sich jedoch bei dem Nachgraben Markgrafs heraus, daß es sich zwar nicht selten um zusammen- gehörige Reste eines Fisches, Plesiosauriers, Orocodiliers oder Dinosauriers handelte, daß aber immer nur Teile eines Skeletts erhalten waren, z. B. die beiden Ober- und Unter- schenkel und Vorderbeinknochen sowie drei Wirbel eines Sauropoden, wie aus den kurzen Aufzählungen auf S. 4 ff. hervorgeht. Teilweise kann man dies darauf zurückführen, dafs die Grabungen fast nur dort vor- genommen wurden, wo herausgewitterte Stücke solche Reste anzeigten. Diese frei liegenden Stücke aber waren größtenteils so verwittert, daß sich ein Mitnehmen nicht lohnte, und ließen vermuten, daß durch die Abtragung der fossilhaltigen Schicht schon mehr oder weniger umfangreiche Teile des betreffenden Skeletts völlig zerstört worden waren. Manches ging offenbar auch dadurch verloren, daß die eingeborenen Arbeiter sehr schwer zu acht- samem und vorsichtigem Graben angehalten werden können, besonders, wo sich Reste sehr wenig in ihrer Farbe von dem Gestein abheben. Aber auch aus frischem Gestein aus- gegrabene Reste, wie besonders in Schicht n z. B. die zwei auf S.5 genannten Croco- dilier-Skelette sind sehr unvollständig. Hier muß man wohl an primäre Vorgänge denken, also daran, daß durch Raubtiere, Verrottung und Verschwemmung Skeletteile zerstört oder entfernt wurden, bevor sie in den schützenden Schlamm oder Sand eingebettet wurden. Abgerollte Stücke kommen allerdings kaum vor, aber die zusammengehörigen Teile fanden sich stets durcheinander geworfen, z. B. die Rippen, Wirbel, wenigen Beinknochen und Zähne jener zwei Crocodilier und die Wirbel, Rippen und Kiefer des auf $.5 genannten Theropoden-Skeletts. Dies deutet an, daß erst stark verweste Leichen, die durch Raub- tiere und strömendes Wasser in Unordnung gebracht waren, vom Schlamm bedeckt wurden. Markgraf fand die großen Dinosaurier-Beinknochen fast alle wagrecht liegend, ich sah aber mehrere senkrecht in Schicht p stecken. Bei ihnen könnte man annehmen, daß schwere Tiere, die vielleicht in Trockenzeiten zur Tränke hineinwateten, im Schlamme I) Viele der Zähne sind offenbar erst nach dem Herauswittern durch den sandbeladenen Wind abgeschliffen. 7 stecken blieben. Es handelt sich ja, wie ich (1914, 8. 34) auseinandersetzte, bei den tiefsten Schichten o und p wohl um Süßwasserablagerungen, bei den höheren um fluvio- marine an einer ganz flachen Küste. Bei letzteren wird oft kaum zu entscheiden sein, ob es sich um Reste ehemaliger Süßwasser- oder Meeresbewohner handelt. Sogar Land- bewohner sind vorhanden, so dürfte der kleine auf S. 5 genannte Crocodilier und viel- leicht auch die Schlange ein solcher gewesen sein und ziemlich sicher ist es von den meisten Dinosauriern anzunehmen. 2. Crocodilia. Libycosuchus brevirostris n. g., n. Sp. Am Fuße des Gebel el Dist in der tiefsten Schicht p in grauem, sehr feinem, tonigem Sand fand Markgraf 1911 einen Schädel mit Unterkiefer und vier Wirbeln (Stromer 1914, I, S. 28). Sie lagen ziemlich oberflächlich und deshalb sind sie etwas gipsig verwittert, ihre Oberfläche ist großenteils rissig und der Zahnschmelz völlig zerstört genau wie bei ebenso gelagerten Wirbeltier-Resten aus den Tonen der obereocänen Qasr es Sagha-Stufe des Fajüm. Fast alle Zähne fehlen oder sind verwittert, ebenso einige Stückchen des Schädels, Unterkiefers und der Wirbel, auch hat der Vorderteil des Schädels sowie die linke Hinterhälfte des Unterkiefers und der unteren Schläfenregion eine kleine Verquetschung erlitten, endlich sind nur an der Schädelunterseite wenige Nähte festzustellen. Trotzdem bieten die Reste, da sie sicher einem Individuum angehören, genug Anhaltspunkte zur Charakterisierung der ganz eigenartigen Form, zu welcher ich keine weiteren Reste aus dem mir vorliegenden Materiale rechnen kann.!) Eine grubige Skulptur des Schädels ähnlich wie bei einem Krokodil ist fast nur am Jochbogen unter der Augenhöhle noch zu erkennen, sonst ist sie wohl durch Ver- witterung zerstört, war aber gewiß nicht stark. Was die Proportionen des Schädels anlangt, die aus den Abbildungen und den Maßtabellen (S. 10) ersichtlich sind, so ist er relativ hoch und in ungewöhnlicher Weise vorn nur wenig niederer als hinten, da die flache Oberseite vor der Augenhöhle nach vorn zu sich nur sehr sanft senkt. Das Hinter- haupt ober dem Foramen magnum steht wie gewöhnlich senkrecht, die untere Schläfen- region etwa unter 45° schräg, die Augenregion deutlich steiler und die Antorbitalseite sogar fast senkrecht. Im Umriß von oben bleibt der Schädel an den unteren Schläfen- bogen ziemlich gleich breit, dann aber verschmälert er sich ziemlich gleichmäßig und allmählich bis zu dem gerundeten Vorderende. Besonders auffällig ist, daß die Antorbital- region deutlich kürzer als die dahinter gelegene Region ist. An der Oberseite springen die spitzen Hinterecken der Squamosa so weit nach hinten etwas unten vor, daß sie darin sogar die Quadrata fast übertreffen, und die Mitte des Schädelhinterrandes ist kaum nach hinten zu konvex, so daß dieser Rand im ganzen eine tiefe Konkavität bildet. Sehr nahe davor (8 mm) liegen die relativ kleinen und wenig längsoyalen oberen Schläfengruben, die in nur etwas engere Löcher nach unten führen. ') In derselben tiefsten Schicht p fanden sich dürftige Reste stattlicher procöler Crocodilia, reich liches Material von solchen grub Markgraf in der höheren Schicht n aus. Ss Ihr Seitenrand ist noch schmaler als der hintere (” mm) und median sind sie durch eine nur mäßig breite (ll mm), ebene Fläche getrennt. Die Interorbitalfläche ist gleichfalls eben und in der Mitte nicht stark verschmälert. An dem deutlich querovalen Foramen magnum ragt oben median der Rand, unten der halbkugelige Gelenkkopf nach hinten vor. Die Quadrata ragen nach unten außen und nur mäßig nach hinten, ihr Unterende liegt deshalb im Gegensatz zur Norm rezenter Crocodilia viel tiefer als der Condylus occipitalis.!) Das Ohrloch ließ sich leider nicht herauspräparieren. Die ungefähr dreieckige untere Schläfenlücke ist ziemlich groß, sieht nach außen mäßig oben und ist unten und vorn durch eine ziemlich gleich schlanke (12 mm), außen gewölbte Spange begrenzt. Die fast kreisförmige Augenhöhle ist sehr groß und sieht nach außen, etwas oben und sehr wenig nach vorn. Ob beide Orbitae durch eine knöchern nicht verschlossene Lücke verbunden waren, ist unsicher, es ist aber wahrscheinlich. Davor befindet sich je eine deutliche Antorbitalgrube auf der steilen Schnauzenseite, die gerundet von der Oberseite abgesetzt ist. Die Nasenlöcher sind leider so verdrückt, daß ihre Einzelheiten sich nicht feststellen. lassen. Sicher ist aber, daß sie nach vorn außen, nicht wie gewöhnlich nach oben gerichtet waren, und daß ein ganz vorn 10 mm dickes Knochenseptum sie trennt, das nach oben hinten zu breiter wird. Es reichten die Nasalia also wohl bis ganz vorn, stärker als bei Allı- gator mississipiensis. Für die Schädelunterseite ist das starke Abwärtsragen großer breiter Pterygoidea- Flügel und das bis zu den Transversa ganz geschlossene Gaumendach charakteristisch. Die Quadrata besitzen eine schärfere nach unten vorspringende Innenkante ihrer Gelenk- flächen. Unter dem Condylus oceipitalis ist auf dem nach hinten etwas unten sehenden und relativ sehr breiten Basioceipitale — vorn unten ist es etwa 30 mm breit — eine Mediankante vorhanden, davor durch quere Kanten getrennt die Mündung des Canalıs intertympanicus, seitlich von dem wohl Kanäle, keine offenen Furchen für die Tubae Eustachii vorhanden sind. Die scharfen Hinterränder jenes Foramen bilden eine deutliche Grenze des Hinterhauptes gegen die Schädelbasis. Nur durch eine quere Kante von ihm getrennt ist davor eine weitere mediane, quer ovale Grube oder Öffnung vorhanden, vor welcher leider die Schädelbasis verdrückt und zerbrochen ist. In der 8 mm breiten, 4 mm langen Grube ist ein medianes Höckerchen zu sehen. Sie liegt also wie die Choane bei Crocodilus dicht vor den Formen intertympanicum und das Höckerchen könnte der Median- leiste jener Choane entsprechen, auffallend ist aber die sehr geringe Größe für eine Choane. Gegenüber rezenten Crocodilia ist die Choanenregion nur sehr wenig nach vorn geneigt, bildet also nur einen ganz stumpfen Winkel mit der Fläche des Gaumendaches. Die Choane öffnet sich daher nach unten, kaum nach vorn und nicht wie bei Crocodilus nach hinten. Neben diesen beiden Öffnungen ragen die Pterygoidea-Flügel, an deren Vorderrand sich der dicke, hintere untere Teil der Transversa mit deutlicher Naht anlegt, etwa 60 mm lang und mit diesen basal etwa 50 mm breit nach unten etwas hinten und außen. Sie sind dünn, enden breit gerundet und ihr dicker Vorderrand hat hinten außen im ersten {) Herrn Prof. L. Müller dahier habe ich für seine Hülfe bei der Benützung der reichen Krokodil- Skelett-Sammlung in der hiesigen zoologischen Sammlung zu danken. 9) Drittel seiner Länge eine deutliche Verdickung.') Die hinter diesen Flügeln gelegenen Lücken, die unteren Mündungen der Schläfenlücken (Fossae pterygoideae) sind sehr groß. Vor und median von jenen fehlen leider fast 40 mm weit Schädelstücke, es ist aber offenbar die Basis des Pterygoidea-Teiles der Flügel schmal und zwischen ihr, den Transversa und median wohl den Palatina, also gewissermaßen in der Basis der Flügel scheint jederseits eine Lücke vorhanden gewesen zu sein, völlig abweichend von dem Zustande bei normalen Crocodilia, wo die Gaumenlücken weiter vorn und seitlich liegen, median zwar auch von den Palatina begrenzt, seitlich vorn aber von den Maxillae und seitlich hinten von den Transversa. Wo bei dem Schädel die Transversa mit den Hinterecken der Maxillae und den Vorderenden der lugalia unter der Mitte der Augenhöhlen in’ einiger Entfernung vor den Postorbitalspangen, also ein wenig weiter vorn als bei rezenten Crocodilia zusammenstoßen, beginnt ein vollkommen geschlossenes, knöchernes Gaumendach. Es fehlen also normale Gaumenlücken, so daß die Transversa vorn innen mit den Palatina zusammenstoßen, ein ganz eigenartiges Verhalten. 55 mm hinter dem Schnauzenende scheint als nach vorn konvexer Bogen die Vordergrenze der offenbar großen Gaumenbeine zu verlaufen und 20 mm davor deutet eine mediane Grube wohl die Stelle an, wo sich die Nähte der Maxillae und Praemaxillae mit der sagittalen Naht kreuzen. Davor ist im Gegensatz zu vielen Crocodilia keine mediane Lücke mehr vorhanden. Die Zahnreihen reichen offenbar bis neben die Vorderenden der Transversa, also bis unter den Vorderteil der Augenhöhlen und fast so weit nach hinten als gewöhnlich bei rezenten kurzschnauzigen Crocodilia. Jede ist über 100 mm lang. Leider sind jederseits nur Reste von zwei vorderen Eckzähnen erhalten. Sie sind kegelförmig und im Quer- schnitt kreisförmig. Die Größe der Zähne war offenbar stark verschieden. Vorn waren jederseits etwa vier kleinere vorhanden, dann zwei bis drei starke (bis 7,5 mm dick), die als Eckzähne funktionierten, dann, nach den Alveolen zu schließen, eine dicht gestellte Reihe von immer kleiner werdenden etwa 15 Maxillarzähnen. Bemerkenswert ist, daß der Außenrand ihrer Alveolen scharfkantig nach unten ragt und daß ihre Zwischenwände kaum verknöchert gewesen zu sein scheinen, so daß eine gemeinsame Rinne und eine an pleu- rodonte Bezahnung erinnernde Befestigung der Maxillarzähne vorhanden war. Der Unterkiefer (Fig. 4 und 5) zeichnet sich entsprechend der Schädelbreite und -kürze vor allem durch die starke Divergenz seiner Äste aus, die in einer festen, aber sehr kurzen, vorn gerundeten Symphyse zusammenstoßen. Der Kiefer ist an ihr nieder, sein Ober- und Unterrand fängt aber vor der längsovalen, großen und auch innen ein- fachen Lücke, also vor der Mitte der Länge an, nach oben konvex zu werden, so daß die Kieferhöhe in deren Mitte über das Doppelte beträgt, und das Gelenk etwas über der Zahnreihe liegt. Hinter ihm ist eine flach konkave und relativ breite Fläche auf dem Kieferende vorhanden, die nach oben mäßig hinten sieht, und deren hinterer, nicht auf- gebogener Unterrand breit ist. Die Bezahnung ist leider nur in Spuren erhalten; darnach scheinen die Zähne vorn klein gewesen zu sein und die Zahnreihe, die innen von der oberen liegt, viel kürzer als sie, denn 70 mm hinter der Symphyse ist von ihr nichts mehr zu sehen. 1) Bei rezenten Orocodilia pflegt der Rand hinten eine Längskante zu besitzen, die an der gleichen Stelle etwas verdickt ist. Abh. d. math.-phys. Kl. XXVIJ, 3. Abh. D 10 An den Wirbeln sind leider die Enden der Fortsätze außer den Postzygapophysen abgebrochen und die Körper zum Teil rissig verwittert. Die Körper gleichen denen von Säugetieren, ihre Endflächen sind nämlich wenig bis kaum konkav, also sehr wenig amphicöl,!) bei zwei Wirbeln breiter als hoch, bei zweien fast höher als breit. Die Seiten der Körper aber sind deutlich längs konkav ohne jeden Kiel oder Fortsätze. Der kleinste (4., Fig. 9a, b) hat hinten unten eine Mediankerbe und daneben jederseits eine nach hinten unten sehende Fläche, wohl zum Ansatz von Chevrons. Beiihm und dem 1. Wirbel (Fig. 6) entspringt an der Grenze von Neuralbogen und Körper, deren Nähte verwachsen zu sein scheinen, je ein dicker Querfortsatz. Er ragt nach außen sehr wenig oben und trägt am 1. Wirbel in 14 mm Länge seines Vorderrandes eine Gelenkfläche für den Rippenkopf. Am 2. (Fig. 7) und 3. Wirbel (Fig. Sa, b) entspringt der wagrechte Querfortsatz an der Neuralbogenseite und ist an letzterem stark gestrecktem Wirbel dorsoventral platt. Der Dornfortsatz entspringt außer an diesem Wirbel stets in ganzer Dachlänge, steht senk- recht, ist seitlich platt und am 1. und 4. Wirbel so weit erhalten, daß eine ziemlich beträchtliche Höhe feststellbar ist. Die Praezygapophysen sind nur am 2. und 3. Wirbel in Resten erhalten, die weit voneinander getrennt wenig vorspringen. Die Postzygapo- physen sind am 1. und 4. Wirbel kleiner als am 2. und 3., wo sie auch viel stärker divergieren. Ihre flachen Facetten sehen am 1. Wirbel nach unten mäßig außen, am 2. und 3. nach unten wenig außen und am 4. nach außen wenig unten. Der 1. und 2. Wirbel (Fig. 6 und 7) sind also wohl hintere Brustwirbel, zwischen welchen aber mehrere fehlen, der 3. größte (Fig. Sa, b) dürfte ein Lendenwirbel sein und der 4. kleinste (Fig. 9a, b) ein vorderer Schwanzwirbel. Masse in mm. Schädel. Foramen magnum breit 15. | Basallänge von Condyl. oceip. Länge oben median 165. Foramen magnum hoch 10. | bis Praemaxilla 172. Davon antorbital SO. Unteres Schläfenloch lang 39. | Länge der unteren Mündung Abstand der Außenseiten der | Unteres Schläfenloch hoch der Schläfenlöcher 80. Squamosa-Ecken 76. 38 ca. ı Abstand der Hinterenden der Obere Schläfengrube lang 33. | Augenhöhle lang 46. Oberkiefer-Zahnreihen 80. Obere Schläfengrube breit 26. | Augenhöhle hoch 44. Interorbitalläche breit 34 ca. | Augenhöhle, Unterrand breit | Unterkiefer. Obere Breite vor der Orbita 25. | Länge eines Astes 205 ca. 67 ca. | Schädelseitenlänge unt.210ca. Länge der Symphyse 22. Obere Breite hinter der Nase | Orbita-Vorderrand seitlich bis | Länge bis zur Lücke 95 ca. 40 ca. | vorn 90 ca. Höhe an der Symphyse 20. Höhe hinter der Nase 40 ca. | Abstand der Außenseiten der | Größte Höhe 50. Höhe des Hinterhauptes 49. | Quadrata 144. | Höhe der Lücke 25. Höhe des Hinterhauptes ober | Breite des Unterkiefergelen- | Länge der Lücke 53. dem Foramen magnum 28. | kes 28. | !) Jäkel gebraucht dafür den Ausdruck diplocöl und wendet amphicöl zur Bezeichnung der Kon- kavität der Seitenflächen der Wirbel an. Ich halte es für sehr unpraktisch, einen seit langem eindeutig gebrauchten Begriff wie amphicöl ohne zwingenden Grund in ganz anderem Sinne zu verwerten. al Wirbelkörper. 1. Lang 21. | 2. Lang 22. | 3. Lang 29. 4. Lang ? 17. Vorn breit 22. | Vorn breit 20. | Vorn breit ? 17. Vorn breit 17. Vorn hoch 14. | Vorn hoch 19,5. | Vorn hoch 17. Vorn hoch 16. Bei der Einreihung der beschriebenen Reste in das System der Crocodilia können _ nur die kurzschnauzigen Amphicoelia, die Atoposauridae (= Alligatorellidae) und Gonio- pholidae (Bernissartidae) in Betracht gezogen werden. Der Vergleich muß sich auf den Schädel und Unterkiefer beschränken, da die Wirbel zu wenig Charakteristisches bieten und von dem übrigen Skelett unserer Form leider nichts bekannt ist. Die Atoposauridae, sehr kleine, nur aus dem marinen obersten Jura Westeuropas bekannte, schwach gepanzerte Formen, stehen in der durch die Nasalia geteilten Nasen- öffnung, die Kürze der Schnauze und Symphyse und die bedeutende Größe der Augen- höhlen gegenüber den Schläfengruben nahe. Der Schädel von Atoposaurus H. v. M. ist leider sehr wenig bekannt. Eine besondere Ähnlichkeit kann man darin finden, daß bei At. Oberndorferi nach H. v. Meyer (1860, 8.115) die Zähne nicht in getrennten Alveolen befindlich erscheinen. Aber sie sind gleichartig und im Unterkiefer, der offenbar hinten nicht hoch ist, fehlen Lücken. Alligatorellus Jourdan, in zwei prächtigen Skeletten bekannt (Lortet 1892, p. 98 ff., Taf. 11 und 11 bis), zeigt in seinen kleinen oberen Schläfenlöchern, den sehr großen, ungefähr kreisförmigen Augenhöhlen, in der durch die Nasalia geteilten Nasenöffnung und in der Kürze des präorbitalen Schädelteiles die erwähnten Beziehungen. Aber die Bezah- nung scheint auch hier gleichartig zu sein, die Symphyse ist länger und es scheinen Lücken im Unterkiefer nicht vorhanden zu sein. Weniger Bedeutung besitzen weitere Unterschiede, nämlich, daß die Schnauze vorn doch schmaler wird, daß die oberen Schläfengruben je eine Bucht zu den Augenhöhlen hin besitzen, daß die Schädeloberfläche zwischen und hinter ihnen viel breiter ist, daß der obere Hinterrand des Schädels wenig konkav und median sogar breit konvex ist und daß auch die unteren Schläfenbrücken breiter sind als bei unserer Form; denn solche Proportionen wechseln bei nahen Verwandten. Alligatorium Jourdan hat nach Lortet (1892, p. 108 ff., Taf. 10) einen konkaven Hinterrand der Schädeloberseite, eine schlanke Postorbitalspange, sehr große Augenhöhlen, ein geteiltes Nasenloch, je eine allerdings kleine Lücke im Unterkiefer und eine anscheinend etwas ungleichartige Bezahnung. Die oberen Schläfengruben und ihre Umrandungen sind aber größer und der Interorbitalteil des Schädeldaches ist relativ ein wenig schmaler, die Augenhöhlen weichen deutlich von der Kreisform ab und sind ähnlich wie bei rezenten Crocodilia von den relativ kleineren unteren Schläfengruben äußerlich nicht so scharf getrennt. Der vielleicht dazu gehörige Skelettabdruck von Pointen bei Kehlheim in der hiesigen Sammlung endlich läßt leider zu wenig erkennen, weicht aber jedenfalls in seiner viel gestreckteren Schnauze stärker ab. Der niedliche Theriosuchus pusillus Owen (1879, p. 10 ff., Taf. 3, Fig. 3—16, Taf. 4 und 1879a, p. 148 ff., Taf. 9 [Schädelrekonstruktion]) aus dem mittleren Purbeck Eng- lands scheint mir diesen Gattungen näher zu stehen als den Goniopholidae, welchen er ein- gereiht wurde. Er zeigt sehr bemerkenswerte Ähnlichkeiten mit unserer Form. Seine 7* 12 Bezahnung ist nämlich stark anisodont, die Maxillarzähne sind ebenfalls durch einen herabragenden Rand des Öberkiefers gestützt, während die Zwischenwände der Alveolen kaum entwickelt sind, das Nasenloch ist, allerdings unvollkommen, geteilt, die Präorbital- region ungewöhnlich kurz, die Augenhöhlen sind sehr groß und der obere Schädelhinter- rand ist konkav. Die Wirbel endlich sind leicht amphicöl. Die Augenhöhlen scheinen aber etwas längsoval zu sein, die Interorbitalfläche ist schmal, die oberen Schläfengruben sind nur wenig kleiner als die Augenhöhlen, ihr Außen- und Hinterrand ist relativ breit, es ist eine Mediankante der Parietalia vorhanden, die Oberkiefer sind vorn, wo sie die großen Eckzähne tragen, seitlich konvex, der Schädel ist niedrig, die Unterkieferäste haben keine Lücken und stoßen unter spitzerem Winkel und in einer stärkeren Symphyse zusammen und vor allem scheinen normale große Gaumenlücken vorhanden zu sein. Endlich ist nach Owens Rekonstruktion (1879a, Taf. 9, Fig. 2) die Choane weit und lang gestreckt bis zwischen die Hinterenden der Palatina. Weniger Ähnlichkeit finden wir bei typischen Goniopholidae. Nannosuchus graci- lidens Owen (1879, p. 6 ff.) aus dem mittleren Purbeck Englands ist stark verschieden in seinen schlanken Zähnen, der ungeteilten Nasenöffnung, der schmäleren und längeren Schnauze, die vorn eine Einschnürung besitzt, in den größeren oberen Schläfenlöchern, die so groß als die Augenhöhlen sind, den wenig rückragenden Schädelecken und dem spitzigen und verstärkten Symphysenteil des Unterkiefers, der keine Lücken hat und hinten nicht hoch ist. ü Durch ähnliche größere Schnauzenlänge und -Einschnürung, einfache Nasenöffnung, relativ kleine Augenhöhlen gegenüber den oberen Schläfenlücken, den Mangel von Unter- kieferlücken usw. unterscheiden sich auch Goniopholis Owen, Machimosaurus H. v.M. und Bernissartia Dollo stark von unserer Form. Letztere allerdings hat größere Augenhöhlen als obere Schläfengruben.!) Oweniasuchus A. Smith Woodward (= Brachydectes Owen, non Cope) ist nur in Unterkiefern aus dem mittleren Purbeck Englands bekannt (Owen 1879, p.3 ff, Taf. 1, Fig. 2, 3). Sie sind ähnlich wie mein Stück nur vorn bezahnt, im hinteren Teil des Unterrandes nach unten konvex und hier deutlich höher als vorn, auch scheint das Hintereck nicht unähnlich zu sein, aber die vorderen Zähne sind groß und es fehlen Lücken. Von langschnauzigen Formen der Kreide Nord- und Südamerikas, die zu Goniopholis gehören oder ihr doch sehr gleichen, gilt das oben von dieser Gattung Gesagte. Coelo- suchus Reedii Williston (1906, p. 9 f., Fig. 1—11) aus der Benton-Stufe Wyomings ist nur in dürftigen Resten bekannt, jedenfalls ganz erheblich größer als meine Form, auch ist sein Unterkiefer tief grubig verziert und hat keine Lücken (l. e., p. 12, Fig. 12). Hyposaurus Vebbii Cope (1875, p. 67, Taf. 9, Fig. S) aus der oberen Kreide von Kansas beruht nur auf einem amphicölen Körper eines Halswirbels, also auf einem unbestimm- baren Rest. Hyposaurus derbianus Cope (1885, p. 15, 16) aus der oberen Kreide von Per- nambuco aber ist langschnauzig. Dasselbe gilt auch, wenn schon in geringerem Maße, von dem dürftig bekannten Cynodontosuchus A. Smith Woodward (1896, p. 18, 19, Taf. 2, Fig. 10) aus dem roten Sandstein von Neuquen in Patagonien. 1) Sie ist von Dollo (1883) nur sehr ungenügend beschrieben, z. B. ist nichts über die Wirbel zu finden. 13 Von dort ist in reichlicheren Resten auch Notosuchus terrestris A. Smith Woodward (1896, p. 6 f£., Taf. 1 und Taf. 2, Fig. 1—9) bekannt. Er ist deutlich kleiner als meine Form, sein Schädel hat aber sehr ähnliche Proportionen. Vor allem ist auch er sehr kurzschnauzig, vorn relativ hoch mit nach vorn gerichtetem Nasenloch und mit ziemlich senkrechten Seitenflächen, sehr großen nach oben und außen sehenden Augenhöhlen, schlanken Postorbitalspangen,, kleinen oberen Schläfeneruben und ähnlichem konkavem Schädelhinterrand. Die Quadrata reichen ebenfalls tiefer herab als der Condylus oceipitalis, die untere Mündung der Schläfengruben ist auch sehr groß, die Bezahnung ungleichartig, die Symphyse des Unterkiefers sehr kurz, je eine längsovale Lücke im Kiefer vorhanden und sein Hintereck nicht aufgebogen und so breit als lang. Endlich sind die Wirbel schwach amphicöl oder platyeöl. Jedoch auch hier sind wichtige und kleinere Unterschiede festzustellen. Der Schädel im ganzen ist niederer, was z. B. an dem im Verhältnis zur Breite niedrigerem Hinter- haupt deutlich hervortritt, die Zähne sind seitlich platt und ungewöhnlich gering an - Zahl, das Nasenloch ist ungeteilt, die Augenhöhlen scheinen etwas oval zu sein, die oberen Schläfengruben sind zweimal so lang als breit und ihr Außenrand ist viel breiter, endlich ist je eine Antorbitallücke und normale Gaumenlücke mit der Vordergrenze des Trans- versum außen neben ihrer Mitte vorhanden und die Choane scheint ähnlich wie bei den Mesosuchia ausgebildet zu sein, d. h. noch nicht allseitig von den Pterygoidea umgrenzt. Der Unterkiefer ist vorn spitz und ober und unter seiner Lücke nicht konvex, also hier nicht hoch. An den Wirbeln schließlich persistiert die neurocentrale Naht. Nach allem handelt es sich also bei meiner Form um eine neue Gattung und Art, die ich Libycosuchus brevirostris nenne. Sie ist vor allem charakterisiert durch ihre sehr kurze und hohe Schnauze mit geteilter, nicht nach oben gerichteter Nasenöffnung, durch die sehr großen, kreisförmigen, nach außen etwas oben sehenden Augenhöhlen und die kleinen oberen Schläfenlöcher, ebenso durch die tief herabragenden Quadrata, die winzige Cheane zwischen den Pterygoidea, die großen, sehr tief herabreichenden Pterygoidea-Trans- versa-Flügel mit Äquivalenten der Gaumenlöcher in ihrer Basis, durch das Fehlen nor- maler Gaumenlücken, die kurze niedere Symphyse des Unterkiefers, das starke Divergieren “ seiner Äste, die je eine große Lücke besitzen, an ihr hoch sind und ein nicht aufgebogenes, breites Hintereck haben. Charakteristisch ist auch die Bezahnung, die oben deutlich ungleich ist und bis unter die Augenhöhle reicht, im Unterkiefer aber auf das vordere Drittel beschränkt erscheint; endlich sind auch die fast platycölen Wirbelkörper und die damit verwachsenen Neuralbögen hier zu erwähnen. Theriosuchus und Notosuchus scheinen der neuen Gattung am nächsten zu stehen, unterscheiden sich aber durch den Besitz normaler Gaumenlücken. Wie die Schädelunter- seite der Atoposauridae sich verhält, ist leider unbekannt, jedenfalls haben wir keinen Anhalt dafür, ein so stark von’ der Norm der Crocodilia abweichendes Verhalten wie bei unserer Form auch für sie anzunehmen. Deshalb muß ich vorläufig für diese auch eine neue Familie der Libycosuchidae aufstellen, deren Diagnose derjenigen der einzigen Gattung entspricht und die als wichtigstes Kennzeichen ein bis zu den Transversa völlig geschlossenes Gaumendach und zwischen diesen, den Pterygoidea und Palatina gelegene Lücken besitzt. Größere physiologische Bedeutung hat diese Besonderheit allerdings nicht, denn die normalen Gaumenlücken der Krokodile dienen, wie ich mich durch eigene Prä- 14 paration überzeugte, nicht zum Durchtritt wichtiger Organe!) und die bei Libycosuchus vorhandenen Lücken waren wohl durch Membranen verschlossen. Jedenfalls ist Libycosuchus eine höchst eigenartig spezialisierte Form, die allerdings in einigem, so vor allem in den tief liegenden Gelenken der Quadrata, der Breite des Basi- occipitale (Koken 1887, S. 102), den schwach amphicölen Wirbeln und wohl auch in der Teilung der Nasenöffnung altertümliche Merkmale besitzt, in vielem aber modernen Croco- dilia sich anschließt, z. B. in den kleinen oberen Schläfengruben, den Flügeln der Ptery- goidea und in der Lage der Choane (Koken 1887, 8. 101 ff). Ihre Besonderheiten teilt sie, abgesehen von der genugsam hervorgehobenen Beschaffenheit des Gaumens, größten- teils mit Theriosuchus oder Notosuchus, z. B. die außerordentliche Kürze und Höhe der Schnauze, die ungleichartige Bezahnung und die Befestigung der Oberkieferzähne. Atopo- sauridae, zu welchen ich auch Theriosuchus rechne, mögen deshalb als Verfahren in Betracht kommen. Bei dem großen zeitlichen und räumlichen Abstand und bei der unge- nügenden Kenntnis des Skeletts unserer Form und der Schädelunterseite jener läßt sich das aber nur als Vermutung aussprechen. Notosuchus mag gleichfalls von jenen sich ableiten?) und ist in vielem ähnlich spezialisiert wie unsere Form, im Gaumen, der Choane, in den neurocentralen Nähten der Wirbel und im Besitz von Antorbitallücken aber nicht, und in den seitlich platten Zähnen, die nur in geringer Zahl vorhanden sind, in anderer Richtung, so daß er weder als Vorfahre noch als Nachkomme von Libycosuchus in Betracht kommt. Wegen ihrer eigenen Stellung ist deshalb die neue Gattung nicht zu tiergeographischen Vergleichen brauchbar, denn die Beziehungen zu Notosuchus sind nicht so eng, als ich bei der großen Ähnlichkeit zunächst annahm (1914, 8.42). Letztere ist aber von Bedeutung für die Erschließung der Lebensweise unserer Form. Notosuchus kommt in oberkreta- zischem oder alttertiärem rotem Sandstein von Neuquen zusammen mit Dinosauria und mit einer großen Schlange vor und, falls der rote Sandstein von Chubut dazu gehört, was mir allerdings noch fraglich erscheint,°) auch mit einer pleurodiren Land- oder Sumpf- schildkröte, und die Schädelform, vor allem die Richtung der Nasenöffnung sowie der Augenhöhlen, auch die wenig amphicölen Wirbel sprechen für einen Landbewohner. Woodward (1896, p. 15) sprach diese Ansicht schon aus und vermutete im Anschluß an Ausführungen Owens (1879, p. 19, 1879a, p. 148 ff.) über die Eigenart der Goniopholidae des Purbeck, daß die geringe Größe [und eigenartige Schnauzen- und Gebißentwicklung] mit der Jagd auf kleine Säugetiere zusammenhänge. Libycosuchus kommt in einer Süßwasser-Ablagerung vor, in der gleichfalls Reste von Dinosauria und Riesenschlangen häufig sind und wahrscheinlich eine pleurodire Schild- kröte vorkommt (Stromer 1914, S. 28 und 34), und hat ganz ähnliche Schädelproportionen, 1) Die Kaumuskeln gehen nicht durch diese Gaumenlücken, wie Cuvier (1836, S. 142) für den Schläfenmuskel angab, sondern ziehen sich hinter dem Transversum und Pterygoideum und durch die Fossa pterygoidea zum Unterkiefer. Von Teutleben (1874, S. 104, 105) hat dies für den Alligator nach- gewiesen, aber nicht ganz klar ausgedrückt. 2) Woodward (1896, p. 14, 15) stellte ihn zu den Goniopholidae. 3) Nach Santiago Roth (Neues Jahrb. f. Mineral., Beil. Bd. 26, 1908, S. 94 ff.) kommen mit den Dino- sauriern Säugetiere der gewöhnlich für eocän gehaltenen Notostylops-Fauna vor und bei Roca lagern dar- über marine oberstkretazische Schichten. Jedenfalls sind diese Schichten viel jünger als die Baharije-Stufe. 15 speziell auch nach vorn und außen gerichtete Nasenöffnungen, sowie nach außen etwas oben sehende Augenlöcher und ebenfalls kaum konkave Wirbelendflächen. Er lebte also in ähnlicher Tiergesellschaft wie Notosuchus und ziemlich sicher wie er hauptsächlich als Landbewohner. Daß er kleinen Säugetieren nachjagte, ist möglich, aber unbeweisbar, besonders, weil nur ein nicht näher bestimmbarer Kieferrest aus seiner Fundschicht ihre Anwesenheit bezeugt. Bemerkenswert ist endlich, daß Libycosuchus ebenso wie in den meisten Punkten auch Notosuchus in seinem relativ hohen Schädel, in dessen oberer Profillinie, in der Richtung der Augenhöhlen und der Nasenlöcher, in der ganzen Schnauzenform, im Besitz von Eckzähnen, im geschlossenen harten Gaumen und in der Gestalt der Wirbelkörper niederen Raubsäugetieren gleicht, wenn auch nicht so sehr wie die Cynodontia. Im Gegen- satz zu diesen beruht aber die Ähnlichkeit hier sicher nur auf Konvergenz wahrscheinlich infolge ziemlich gleichartiger Lebensweise. Zu einer Zeit, in der größere Säugetiere noch fehlten oder vielleicht erst lokal auftraten, spielten ihre Rolle eben verschiedenartige Reptilien. Jedenfalls ist interessant, daß gerade in Afrika aus dessen permotriasischen Schichten man die allermeisten Säugetierähnlichen Reptilien kennt, nun auch in der Kreideformation eine der Säugetierähnlichsten Crocodilierformen nachgewiesen ist. Sollte all das nicht darauf hindeuten, daß dieser Kontinent während des Mesozoikums zur Heimat Säugetier- artiger Formen besonders gut geeignet war? Literatur. Cope: The Vertebrata of the cretaceous formations of the West. Report U. St. geol. Surv. Territ., vol. 3, Washington 1875. : — A contribution to the Vertebrate paleontology of Brazil. Proc. Amer. philos. Soc., vol. 23, paler Philadelphia 1885. Cuvier G.: Recherches sur les ossemens fossiles, 4. edit., T. 9. Paris 1836. Dollo: Premiere note sur les Crocodiliens de Bernissart. Bull. Mus. R. d’hist. natur. Belge, T. 2, p. 3098. Brüssel 1883. E Koken: Die Dinosaurier, Crocodiliden und Sauropterygier des norddeutschen Wealden. Paläont. Abhandl., Ba. 3, Heft 5. Berlin 1887. Lortet: Reptiles fossiles du bassin du Rhone. Arch. du Musee, T. 5. Lyon 1892. Meyer H. v.: Zur Fauna der Vorwelt. Reptilien aus dem lithographischen Schiefer ete. Frankfurt a. M. 1860. Owen: Monograph on the fossil Reptilia of the Wealden and Subecz formations. Suppl. IX, Crocodilia. London 1879. — On the association of dwarf Crocodiles (Nannosuchus and Theriosuchus pusillus e. g.) with the deminutive Mammals ofthe Purbeck shales. Quart. Journ. geol. Soc.. vol. 35, p.148ff. London 1879(a. Stromer E.: Die Topographie und Geologie der Strecke Gharag—Baharije ete. Abhandl. d. Kgl. Bayer. Akad. d. Wiss., math.-phys. Kl., Bd. 26, Abhandl. 11. München 1914. En Teutleben E. v.: Über Kaumuskeln und Kaumechanismus bei den Wirbeltieren. Archiv f. Naturgeschichte, Be... Jahrg. 40, p. 78 ff. Berlin 1874. we Williston: American amphicoelian Crocodiles. Journ. of Geol., vol. 14, p.1 ff. Chicago 1906. Ber: Woodward, A. Smith: On two mesozoic Crocodilians from the red sandstones of the territory of Neuquen. Anal. Mus. la Plata. Palaeont. Argent., vol. 4 La Plata 1896. 2 — On some extinet Reptiles from Patagonia ete. Proceed. geol. Soc. 1901, p. 169 ff. London 1901 Bi Tafel- Erklärung. Alle Figuren sind in 2/3 der natürlichen Größe gezeichnet. I- Libycosuchus brevirostris n. g., n. sp. N Fig. 1,2,3. Schädel von oben, unten und hinten. Fig. 4. Schädel mit Unterkiefer von rechts. Fig. 5. Unterkiefer von oben. Fig. 6. Erster der erhaltenen Wirbel von rechts. Fig. 7. Zweiter der erhaltenen Wirbel von hinten. Fig. 8a. Dritter der erhaltenen Wirbel von rechts. Fig.8b. Dritter der erhaltenen Wirbel von hinten. Fig. 9a. Vierter der erhaltenen Wirbel von hinten. Fig. 9b. Vierter der erhaltenen Wirbel von links. E. Stromer: Wirbeltier-Reste der Baharije Stufe, 2. Libycosuchus. Tafel I. A. Birkmaier gez, ich! k.dı li f Müller, München. Abh.d. K. Ak.d, Wiss, mat. phys. Kl. XXVIL. 3. Abh. Lichtdruck der Kunstanstalten Josef Müller, München Abhandlungen der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften Mathematisch -physikalische Klasse XXVII. Band, 4. Abhandlung Konforme Abbildung des ganzen Erdellipsoids auf die Kugel von Wilhelm Deimler Mit 2 Tafeln Vorgelegt am 7. November 1914 München 1914 Verlag der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Kommission des G. Franzschen Verlags (J. Roth) Der Verfasser der folgenden Abhandlung Dr. Wilhelm Deimler, Privatdozent der Mathematik an der Technischen Hochschule in München, ist am 22. August 1914 bei der Erstürmung des Col de Sainte Marie unfern Markirch im Elsaß, bei der er als Leutnant des 15. Reserve-Infanterieregiments die Spitze der Vorhut führte, gefallen und auf dem Paß selbst begraben. Geboren am 28. Juli 1854 in Bombay als jüngster Sohn eines Missionars kam er mit drei Jahren nach Deutschland, absolvierte 1902 das Alte Gymnasium in Nürnberg und studierte bis 1906 an der Technischen Hochschule und der Universität München erst Maschinenbau und dann Mathematik und Physik. Die beiden Teile des bayerischen Lehramtsexamens für letztere Fächer legte er 1904 und 1906 mit bestem Erfolge ab, den zweiten unter Vorlage einer wissenschaftlichen Arbeit über plötzliche Fixierungen eines starren Körpers. Er bezog dann die Universität Göttingen, wo er unter dem Einfluß von Professor Prandtl 1908 mit einer Arbeit über die Stabilität symmetrischer Gleitflieger promovierte. Die Dissertation erweitert das von Bryan und Williams auf die longitudinale Stabilität angewandte Verfahren der kleinen Schwin- gungen um eine stationäre Bewegung auf den allgemeinen Fall und zeigt die Unabhängigkeit der Längs- und Seitenschwingungen eines symmetrischen Gleitfliegers. Deimler diente 1908/09 beim K. Infanterie- Leibregiment und war dann drei Jahre lang Assistent für Mathematik an der Münchener Technischen Hochschule bei Professor Finsterwalder. Dabei beschäftigte er sich mit Untersuchungen über den Auftrieb von gebogenen Flächen in strömenden Medien nach der Theorie von Kutta, die er durch möglichst exakte Zeichnungen erläuterte (vgl. Zeichnungen zur Kuttaströmung, Zeitschr. für Math. und Physik, 60. Bd., 1912, S. 373). In der Folge lenkte er seine Aufmerksamkeit auf geodätische Probleme, wovon diese Arbeit Zeugnis gibt, die als Grundlage seiner vor kaum einem Jahr erfolgten Habilitation diente. Deimler war Hochalpinist von ungewöhnlichen Fähigkeiten, die er auch in den Dienst der Wissenschaft stellte. Er beteiligte sich an der vom D. und Ö. Alpenverein ausgerüsteten Rickmersschen Pamirexpedition und hat an den topographischen und photogrammetrischen Arbeiten derselben großen Anteil gehabt. Seine Fachkenntnisse, verbunden mit einer seltenen Gewandtheit und Ausdauer im Zahlen- rechnen, befähigten ihn zu schwierigen Rechnungen im Auftrag der K. B. Kommission für internationale Erdmessung und zur Vorbereitung der neuen bayerischen Landestriangulation, für die er durch Abhaltung von Informationsvorträgen für die Beamten des Katasterbureaus wirkte. S. Finsterwalder. Vorwort. Im Wintersemester 1910/11 wurden im Mathematischen Seminar der K. Technischen Hochschule München unter Leitung der Herren Professoren Burkhardt, v. Dyck, Finster- walder und Liebmann Vorträge über Gegenstände funktionentheoretischer Natur gehalten. Besonders wurden auch die zwei Gaußschen Abhandlungen besprochen: „Allgemeine Auf- lösung der Aufgabe: Die Teile einer gegebenen Fläche auf einer anderen gegebenen Fläche so abzubilden, daß die Abbildung dem Abgebildeten in den kleinsten Teilen ähnlich wird“ !) sowie „Untersuchungen über Gegenstände der höheren Geodäsie“?). Damals regte Herr Geheimer Hofrat Prof. Dr. Finsterwalder an, es möge die Gaußsche konforme Abbildung des ganzen Erdellipsoids auf die ganze Kugel für beliebige Längen der geodätischen Linien näher untersucht werden. Aus diesen Vorträgen und dieser Anregung heraus ging die folgende Arbeit hervor. Es ist im folgenden von dem Gesichtspunkt ausgegangen, daß eine sphäroidische Rechnung als gelöst betrachtet wird, sobald ihre Zurückführung auf rein sphärische Rech- nungen gelungen ist — ein Gesichtspunkt, der rein theoretisch gesprochen sicher einwand- frei ist, der aber vom Standpunkt des praktischen Rechners aus immerhin als anfechtbar erscheinen mag. Jedoch ist die bequemere Gestaltung der sphärischen Formeln wieder eine Frage für sich, die von den speziellen Problemen, die gerade behandelt werden, ziemlich unabhängig ist. Die Bezeichnungsweise wurde möglichst im Anschluß an Jordan?) gewählt, und zu ihren Gunsten die Gaußsche Bezeichnungsweise abgeändert. Von der Benützung gestrichener Buchstaben zur Bezeichnung von Differentialquotienten wurde in der ganzen Arbeit abge- gesehen, um Irrtümer zu vermeiden. Die Striche waren zur Andeutung von Korrektions- größen ete. nötig. Die verhältnismäßig übersichtlichen Resultate wurden teilweise durch außerordentlich langwierige Rechnungen erreicht, bei denen die Gefahr eines Rechenfehlers sehr groß ist. Es wurden deshalb nicht nur alle Rechnungen prinzipieller Natur mindestens dreimal unab- hängig voneinander ausgeführt, sondern es wurde auch großer Wert auf Kontrolle durch Beispiele gelegt. Diese notwendige Kontrolle war auch ein wesentlicher Grund zur aus- führlichen Behandlung der Enveloppen der geodätischen Linien auf dem Erdellipsoid. Die Dimensionen des Erdellipsoids wurden bei Berechnung der Beispiele in Überein- stimmung mit Jordan (loc. cit.) angenommen. 1) Gauß, Ges. Werke, Göttingen 1880, Bd. IV, S. 189—216 sowie Ostwalds Klassiker, Nr. 55. 2) Gauß, Ges. Werke, Göttingen 1880, Bd. IV, S. 261 ff. sowie Ostwalds Klassiker, Nr. 177. °) Jordan, Vermessungskunde. 3. Teil. 5. Aufl. Stuttgart 1907, S. 209. 1*# Sl, 5 Die Gaußschen Untersuchungen, Allgemeine Formeln über konforme Abbildung und Vergrößerungsverhältnis. Ableitung der Abbildungsgleichungen. In seiner Arbeit „Allgemeine Auflösung der Aufgabe: Die Teile ete.*?) gibt Gauß die Gleichungen an, die man für die konforme Abbildung des ganzen Erdellipsoids auf die ganze Kugel erhält. Weiter leitet er auch allgemeine Formeln für das Vergrößerungs- verhältnis etc. bei einer konformen Abbildung ab. Um eine in sich geschlossene Arbeit zu erhalten, sei es gestattet, seine Gedanken und Resultate in aller Kürze zu wiederholen. (Im Interesse einer einheitlichen Bezeichnung mußten wir allerdings die Gaußsche Bezeich- nung und auch die Anordnung des Stoffes großenteils abändern.) Gauß denkt sich die zwei gegebenen Flächen in Parameterform vorliegend: 1. Fläche 2 = (u, v) y=y(u,v) 2= ı(W,v) 2. Fläche x — OU, I UNUAEZ EN (UN): x, y,2 resp. X, Y, Z sind rechtwinklige Koordinaten; x, v resp. U, V Parametergrößen. Soll die 1. Fläche auf die zweite nach irgend einem Gesetz abgebildet werden, so heißt das, U und V sind irgend welche noch zu bestimmende Funktionen von « und v. Be- kanntlich ergibt sich dann als Quadrat des Linienelements ds auf der ersten und dS auf der 2. Fläche: ds? = edu? + 2fdudv + gdv? dS?= Edu? +2 Fdudv + Gd%, wobei: e=mntyutrm Femmtpymtgh JgemtWMtH E=; + +X F=DBLDB+AM HK = DAWN: Die Indizes « und v deuten dabeı die Differentiation nach diesen Größen an. Soll also as _ VE +2Fdudv+ Gdı% ds " edu:+2fdudv + gdv: unabhängig von der Fortschreitungsrichtung = werden, wie es ja die konforme Abbildung verlangt, so muß sein: 1) eg EBENE Durch Rechnung findet man, daß beim Bestehen der Gleichung (1) von selbst die zweite Bedingung der Konformität (Gleichheit der Winkel bei der Abbildung) erfüllt wird. Für d®=0 muß e=f=g=—=0 sein, also auh E=F=@G=0. Das heißt aber: „Bei der konformen Abbildung gehen Minimalkurven in Minimalkurven über.“ Dieser Satz gilt auch umgekehrt?). 1) Loc. cit. (ef. Vorwort). 2) Vgl. z.B. Scheffers, Einleitung in die Theorie der Flächen. Leipzig 1902, S. 73. ds? läßt sich bezüglich da und dv in zwei lineare Faktoren spalten, nämlich US = [edu + (f+iVeg— f?) dv] - [edu + (f—iVeg— dv]. Die beiden Integrale der Gleichung ds’= 0 werden also die Form haben [p + iq = const. 1. Klammer = 0 gesetzt p—igq = const. 2. Klammer = 0 gesetzt. Analog folgt für dS’= [P+iQ = const. \P—:Q= const. p-+ig =const. und p—ig =const. sind Minimalkurven der 1. Fläche | P+iQ=constt. und P—iQ=const. sind Minimalkurven der 2. Fläche I falls nun die Minimalkurven der 1. Fläche in die der 2. Fläche übergehen sollen, so muß für: p+ig =eonst. und p—ig = const. auch P+iQ=const. und P-iQ= const. werden, das heißt aber: a) P+i0=f(p+tig und P—iQ9=f(p-—ig) P P+iQ=fw-ig ud P-iQ=fHPrigN; f und f, bedeuten dabei an sich vollständig beliebige Funktionen, die sich aber untereinander nur durch das Vorzeichen von ö unterscheiden. Es ist also P= reeller Teil einer willkürlichen Funktion f(p + ig), Q = imaginärer Teil einer willkürlichen Funktion f(p-+ ig). Im Fall 3) wäre P ebenfalls dem reellen Teil dieser Funktion gleich, dagegen — dem imaginären; da jedoch die Funktion f willkürlich ist, so hat diese Vorzeichendifferenz keine weitere Bedeutung. Es gilt also der für die konforme Abbildung einer Fläche auf eine zweite grundlegende Satz: „Die Bedingungen der Konformität sind erfüllt, sobald P dem reellen, @ dem ima- ginären Teil einer ganz beliebigen Funktion f(p-Hig) gleichgesetzt wird.“ Durch Elimination kann dann U und V als Funktion von « und v gewonnen werden. Das Vergrösserungsverhältnis. Die Proportion (1) kann man schreiben: E = m?e Bu —ı mn Ge Em: daraus folgt ds 2) FR: m nennt man das Vergrößerungsverhältnis. Es ist noch eine Funktion von « und vo, d.h. im allgemeinen an verschiedenen Stellen verschieden. Die Strecken auf der zweiten Fläche werden größer als auf der ertsen, wenn m>1; kleiner, wenn m<]. Für m = const, haben wir Ähnlichkeit in endlichen Teilen, für m—=const.—=1 vollkommene Gleichheit der Strecken auch in endlichen Teilen — eine Fläche läßt sich auf die andere abwickeln. Als Lösung von ds®= 0 haben wir die Kurven bekommen p+tig= const. und p—ig= const., also wird ds? = n(dp? + dq?), wobei » ein Faktor, der im allgemeinen noch Funktion von « und v sein wird. > ist 1 b} N dS?—= N(dP? +dQ?). integrierender Faktor von ds®’=0, — integrierender Faktor von dS?=0; analog ist Daraus folgt: dS? _ Nd(P+iQ) KP—iQ) _ Ndlfp+ig) dfw—ig) d? mn dp+ig dp+ig n dp+tigd dip—ig) PN — also: ” m — Jam dfp+in. n |\d(p-+ig)|' dabei ist - resp. - integrierender Faktor von dS?=0 resp. ds®=0. Ferner bedeutet N df(p-+ig) afp+ iq) dapH+tin 477.0; |, den absoluten Betrag des Differentialquotienten Id ig | Die konforme Abbildung des abgeplatteten Rotationsellipsoids auf die Kugel. Für das Rotationsellipsoid mit der Drehachse 2b ist: © =acosicosß y=asin? cos z=bsinß, wobei = geographische Länge = reduzierte Breite?). Für die Kugel mit dem Radius R gilt: X = RcosLcos ® L= Vä Y= RsinLcos ®Ö ö ne Z= Rsin® = Man erhält: e= a?cos?ß F=Ü g=a’sın?? + b?cos?P, !) Vgl. z.B. Helmert, Mathem. Theorien der höheren Geodäsie. Leipzig 1880, S. 39 Fußnote. ds? = a? cos? Pd}? + (a?sin?ßd + b? cos? B) AP? = | (ar EP ap) (a: VE EP ap)]; a? cos? B a? cos? ß 2 __ 2 A a ee setzt man m = e, so läßt sich die Wurzel schreiben als V1+tg?%—e? und ds?= 0 gesetzt, gibt also: A) 0=ditiV1+tß—e, wobei gleich beachtet werden möge, daß rn = a?cos? ß ist (vgl. Vergrößerungsverhältnis). Man hat noch zu setzen: tg cos p Ze und: cosß m V1-e = V1-e sin?p' wobei = geographische Breite ist; dann nimmt unsere Gleichung (A) die Form an 1—.e (1— e’sin?p)cosp' A) 0=ditide Durch die Substitution tg? —= z läßt sich diese Gleichung (A‘) unschwer integrieren und man erhält: Const.=Atilg [etz ei ee nm, . 2 l-+esingp —p=189- Durch analoge Rechnung erhält man für die Kugel daS? = R?cos?® a2 + | N= R:cos? ®, ß cos? D A —=0 gibt: d® B) 0=dLti also: Const.—Ltilgetg —P+iQ. Nach dem Vorhergehenden muß P+iQ=f(p-+ig) gesetzt werden. Am einfachsten ist es, wenn wir f(p+ig)=p-+ig setzen. Damit erhalten wir: ). Si 90 — BD eltee, = b) It t o = TO | ug STD 1— esinp Diese Abbildungsgleichungen (4) sind für die Übertragung der ganzen Oberfläche des Ellipsoids auf die Kugeloberfläche die geeignetsten, weil sie unter Vermeidung jeglicher speziellen Annahme und einseitigen Bevorzugung etwa eines Parallelkreises etc. entstanden. ) Kommt nur eine Zone der Erdoberfläche in Betracht, so wird man f(p+ig) nicht =p + iq, sondern etwa f(p-+ig) = lineare Funktion von (p ig) setzen, z. B. mit Gauß!): pr Htiy=apHtiNn—ilgk. Das konstante Glied in dieser linearen Funktion ist imaginär gewählt, weil eine reelle Konstante nur eine Verschiebung des Anfangspunktes für die Längen bedeuten würde?). Man hat dann außer dem Kugelradius noch die beiden Konstanten % und a zur Verfügung und kann dadurch das Vergrößerungsverhältnis »» innerhalb des betrachteten Gebiets außer- ordentlich nahe an die Einheit heranbringen.!) Für uns sind die Gleichungen (4) die Grundgleichungen, auf die sich alles Folgende stützt: die geographischen Längen auf Kugel und HEllipsoid sind einander gleich; jeder Meridian des Ellipsoids geht in einen Meridian der Kugel über, ebenso Äquator in Äquator. Spezielles über das Vergrösserungsverhältnis und die auftretenden Verzerrungen. Wir hatten bei Berechnung der Abbildungsgleichungen (4) erhalten: n = a? cos? ß N= R?cos?d; nn 2 ee ’ die) ferner hatten wir f(p+ig)=p-+tig gesetzt, so daß Ke =] wird. Also ist nach (3) 5) m — Rue _ Ban V1-esin®o. acosß acosp Da nach (4) ® eine Funktion von @ allein (nicht aber von 4) ist, so ist auch m unabhängig von 4 (resp. Z) und Funktion von 9 (resp. ®) allein. Die Abbildung ist um so brauchbarer, je weniger sich m von der Einheit unter- scheidet. Es ist daher von Interesse, die Extremwerte von m aufzusuchen. Durch loga- rithmisches Differenzieren erhält man aus (5): a) dlem = —tgddd +tgpdp I +9 do 1— esin’o und aus (4) d® do &cosod 8) j F PAR cos® cosp 1-—esin?p' Daraus folgt 6) dlgm _sinp — sin® dd cos® Ein Extremwert von m tritt also dort ein, wope=® wird. Das ist aber nach (4) den nur an Stellen & —. (n positive oder negative ganze Zahl) der Fall. Deutet man nämlich in (4b) @ und ® als rechtwinklige Koordinaten, so erhält man ungefähr neben- 1) Gauß, „Allgemeine Auflösung ete.“, Ziff. 13; s. Vorwort. stehende Kurve: Sie ist symmetrisch bezüglich des Null- punkts und schlängelt sich fortgesetzt um die 45° Linie herum, wobei sie sich nur ganz wenig von dieser ent- fernt (in der Figur ist die Abweichung stark übertrieben). Es n Sie schneidet die 45° Lnie ro = Pd = =. a Um zu entscheiden, ob für g=0 ein Maximum oder Minimum vorliegt, setzen wir am bequemsten p = ö (wo ö sehr klein), dann wird auch ® sehr klein und (4b) gibt unter Vernachlässigung höherer Potenzen von Ö: 8ö=ö(1—e?), also wird nach (6): dlgm _ d® e&ö. - Fig. 1. : ; dm . Da aber m ungefähr gleich +1 ist, so hat er in der Nähe von D=0 das Vor- zeichen von öd. Das heißt: Für g=®d=0 (Äquator) ist das Vergrößerungsverhältnis m ein Minimum. Analog folgt: Für den Pol ist das Vergrößerungsverhältnis m ein Maximum. Die größten Streckenverzerrungen treten also am Pol resp. Äquator auf. Für den Äquator p=0 wird: Mn: Für den Pol 9 = 90° wird: —— cos® In ya - Mo =— V 1—e lim ö a P=W cosYo Durch Reihenentwicklung in der Nähe von 9=90" erhält man aus (4): cosd ( + er ım = = C0S® Da es uns hier nicht auf eine ganz exakte Berechnung der Verzerrungen, sondern nur auf eine Angabe ihrer Größenordnung ankommt, wollen wir weiter V 1—e? und [4 1 ) in eine Potenzreihe nach £? entwickeln und e* und höhere Potenzen vernach- —e lässigen. Man erhält so: R & 5 R e? Ma 0 ( eu e) = (1 Ar 2) Da e? ziemlich genau = „4, ist, so erhält man je nach der Wahl von R: 1. Für R=a (d.h. die abbildende Kugel berührt das Ellipsoid im Äquator) die größte Verzerrung am Pol. Es wird ei 1 nl lang: d.h. die Strecken am Pol werden bei der Abbildung um z, ihrer Länge vergrößert. Abh. d. math.-phys. Kl. XX VII, 4. Abh. 2 10 2. Für R=b (d.h. die abbildende Kugel berührt das Ellipsoid in den Polen). Da b=aV1-—e, so zeigt eine kurze Rechnung, dak m an den Polen —=1 wird, und die Strecken am Äquator um „1, ihrer Länge verkürzt werden. 8. Für wird die Verzerrung am Pol + z1,, die am Äquator — „4, der Länge der betreffenden Strecken. Einige Näherungsformeln. (Potenzreihen nach steigenden Potenzen von e?.) I. Die geographische Breite & auf dem Ellipsoid aus der Breite 8 auf der Kugel zu berechnen. Die exakte Formel (4b), die zwischen ® und @ besteht, ist zur Berechnung von als Funktion von D sehr ungeeignet. Deshalb wollen wir sie in. eine Potenzreihe nach steigenden Potenzen von e* entwickeln. Nach (4b) gilt: SED EN 990 —o»/1l-+ esinp 3 ee Ey a = t l-+ esino 1—esin ” eleganter Form gegeben. Da außerdem die Rechnung nur elementare Schwierigkeiten bietet, wollen wir ohne weiteres das Resultat angeben: a) (Fr) —=1+e'sinpg+ 2 sin» (3+2sin@)+ = sin®p(5+10sinp+6sin’p)+e®... l1—esinp 6 30 ; Die Entwicklung von ( )’ ist bereits von Herrn Buchwaldt!) in sehr Buchwaldt gibt auch noch das von uns nicht berechnete Glied mit e°, nämlich: e&sinp(3; + +singp + 32sin’p + #sin?p). Weiter verfuhren wir folgendermaßen: @ ist, wie man aus letzter Formel (a) und (4b) sieht, nahe gleich ©. Wir können dann = ®-+ ©‘ setzen, wobei ®' eine kleine Kor- rektionsgröße. Diese Korrektion ®‘ kann so bestimmt werden, daß (4b) bis auf Glieder e? erfüllt ist: 2‘ wird dann von der Ordnung e’. Nachdem ®‘ bestimmt ist, können wir weiter o9=®+©'+ ©" setzen und durch die zweite Korrektion D“ — es wird von der Ordnung e* — Gleichung (4b) bis auf Glieder e* erfüllen usw. Wir berechnen so o als 1) Das Formelsystem, das wir unter I und IV bringen, findet sich bereits in einer dänischen Ab- handlung. auf die ich durch Herrn Geheimen Hofrat Prof. Dr. Finsterwalder aufmerksam gemacht und die mir von ihm freundlichst zur Verfügung gestellt wurde. Es ist dies die Abhandlung von Herrn Kaptajn F. A. Buchwaldt, „Sfaeroidens Regnelinje“, Kopenhagen 1911. — Meine Berechnung dieser Formeln war schon seit längerer Zeit abgeschlossen, als ich die Buchwaldtsche Schrift in die Hand bekam. Durch die Übereinstimmung unserer Resultate, die auf etwas verschiedenem Wege erreicht wurden, sind die Formeln gut kontrolliert.. Die Priorität ihrer Berechnung gebührt Herrn Buchwaldt. TE 11 Funktion von ® bis auf Glieder e®—, alo = d®-+©' + ©" 8“ Der besseren Über- sicht halber seien hier nur ®‘ und ®“ ausführlich berechnet. Bis auf Glieder mit e* kann (4b) geschrieben werden: 0—® 90 —p : Se \ P) tg 3 5 —te 5 ® + esıng+ IE + 2sin nl. setzen wir g=D+PD'+ BD", so wird: 90 —o 9 — BD — d' — ©" %9—-B® ©+B" 1 tg =ig — to — o A = 2 9 2 0 90 —® Ka de UT RER = A]: 26 Sr 7 ‚ost Glieder e®, cos? ———— 2 snp=sin®-+ ®'cos® DE } D° ’ \ El DcosD— sin® PP" sin® cs ®+ D'' cos®| + Glieder e®. Die letzte eckige Klammer in sin, die Glieder von der Ordnung e* und e® enthält, ist momentan unnötig, wird aber später gebraucht. Man erhält: sin sek 90— BD o—-D B+B 1 DE ne So ee za a oe 14 sind cos? ——— cos? ——— 2 2 eur. e* 90 —D 0—-—Dd 9 1 2b! 2 2 = = 2 +E P'cos® +, sin P+,sin o) Its 5 I+ e?sin $tg 5 5 „0b = cos? — —— pP) 2 sin Ale a re ae 90—Bd ©" DERRD! 1 ee leo men ng Bo an ee 2 DEN e®® sin® Ben 90—B|, 5 na Te ES 9 : cos? = 2 Glieder von der Ordnung e?, e*, e* sind für sich in eckige Klammern geschlossen. Die 2., 3.,.... Klammer muß für sich gleich Null werden, also: 2 Er, (a) P= ,„sin2®. Setzt man diesen Wert von ®' in die zweite eckige Klammer ein, so erhält man nach einiger trigonometrischen Umformung: -ı\ 4 . 7b) D" — , sin2®(1— sin? ®). 9* 12 Ganz analog folgt, indem man bis auf Glieder e® genau rechnet: ec ee 2ER, 7e) ® -Ssn2e(i— sin Pr, 2). Es ist also bis auf Glieder e® genau 7) g=d+D9+B"'4+D" 2 4 6 a 8 : ; — +”, sin2D+ > sin2@(1 - si) + gain2o(1-5 sın’dD-+ u) + Gliedere*!). e? ist ca. 5; die Klammern können die Größenordnung 1 nicht wesentlich über- schreiten, also beträgt die 1. Korrektion höchtens = 11:5; die 2. resp. 3. Korrektion ca. nn resp. von der ersten. Ebenso käme nach Buchwaldt!) auf die 4. Korrektion 502 etwa En von der ersten oder ca. 0.0002 im Maximum. Beispiele: Für ©= 30° erhält man ®'=596:1233 2d"=2’83133 2°" = — 0.0020 Bl » D=6883.340 D'=1.943 00 = 0.0015 Be „ ©=596.1233 2" =04973 9" = —0.0019, also @=30° 9'58:9396 »„ 9 =45°11'30:2598 791609566 e? ist dabei = 0,00667 43722 angenommen’). Um an einem Beispiel mittels der exakten Formel (4b) eine Ungenauigkeit in unsrer Formel (7) feststellen zu können, müßte man schon mindestens mit 10 stelligen Logarithmen rechnen. Selbst wenn man nur = P+®'+®* setzt, ist ein Fehler erst mit Sstelligen Logarithmen sicher nachweisbar. Il. Die Breite ® auf der Kugel aus der geographischen Breite @ auf dem Ellipsoid zu berechnen. Auch hier ist die Anwendung einer Potenzreihe nach steigenden Potenzen von e? praktischer als die exakte Formel (4b). Analog wie in I setzen wir B=P+Yp+p"+p" und erhalten aus (4b) bis auf Glieder e* genau (die Glieder e® werden wieder erst im Resultat angegeben): !) Buchwaldt, loc. eit., S. 25, Formel 14. Buchwaldt gibt auch noch die Glieder mit e®: eI: DE : 4279 . 5 sin? > (1—5sin? DI S0 sint $ — 1960 sn) x 2) Cf. z.B. Jordan, Vermessungskunde. Stuttgart 1907, 3. Bd., S. 210. TR 13 sın = em ee SE fe) 2 > —— Er cos? 2% * os? er 2 [#1 BR N 4 4 — if, El 9 = E +esno+ - sm’o-+ P sin? o) oder 0 P sn = n BE a4 2 fe} 9 5) Be 2 Z ” cos? ae z cos? 2 = cos? 2% 2 en & ZP en > sin’p Tr 518 25 sup). G o m EN 4 = [8° , ?]+ Jets”, ?sinp| + [58 Die Summe aller Glieder gleich hoher Ordnung in e? muß wieder (wie in I) gleich Null sein; das gibt: 2 e Sa) yo =— ,sin2p Sb) 0 = — 12 e:sin2psin®p und analog: eiaR E > DA Sc) y"= +7, sin2psm’p 1—10snp + , sin’p). Es ist also bis auf Glieder e® genau: 8) d=o+o-+g"+o" e? E g8 ug sin? — > esin2psin®p + = sin2osin@®? (1-10 snp+ = sin’) + Glieder e®!). Beispiele: Wir haben unter I für ®= 30°, 45°, 60° das zugehörige @ berechnet mittels Formel (7). Jetzt soll umgekehrt aus den so erhaltenen 9 wieder D berechnet werden. Da wir uns später bei den Anwendungen der Formeln größtenteils auf Glieder e* beschränken, sei auch hier ®'“ und 9‘ vernachlässigt. Für =30° 9'58°9416 wird p’=— 5981121 9" = — 08401 p=45°11'302583 „ = — 6883286 p" = — 19271 2=60° 9566206 „ p=—59%:12233 p" = — 2:4866, also D= 29059'59:9894 statt 3090'0* D=45° 0‘ 0.0026 „ 45° 0'0* D=60° 0' 0.0117 ,„ 60°0'0*. Bei Berücksichtigung der Glieder ®'' und 9‘ würde die Differenz zwischen Ausgangs- und Endwert von ® nur etwa 0.0001 betragen. !) Buchwaldt gibt (loc. eit., S.63—71) eine Tabelle bis auf 0’0001 für den Zusammenhang zwischen ® und g. Die letzte Stelle ist dabei schon deswegen unsicher, weil e? (cf. loc. eit., 8.45) auf 9 Stellen gekürzt ist. Das gibt nach unsrer Formel (8) für =45° einen Fehler von 2°4.107°. 14 dlom : Ill. Berechnung von AO als Funktion von ®. Nach (6) ist: | e dlgm sing — sin® dd cos® Wir können nach dem Vorhergehenden = ®+®D' +&' + ®" setzen und erhalten bis auf Glieder e® genau (wegen sinp cf. 8.11 Zeile 8 v. o.): © ‚2 Ze — = Ö E sin® + sind + ®’cos®d — - sin ® ) 3 9) + DB" cos — PB" sin® — = cosP + © cos] or 2 “3 —. ec [0 a — tg o| an 9“ 4 En Bd" tg o Aeikeslach IV. Berechnung von = als Funktion von B'). Nach (5) ist: 1 a cos 1 m Rcos® V1-esin’o 1t i 3 R B ; (1 +,esn’o+ E e*sinto—+ ee sing) te... EN _R ecos®b Man setzt wieder 9=®+P'+0"+&“'; entwickelt sing und cos nach Potenzen von e? (indem man noch statt D‘, DB“, ®' ihre Werte in D aus (7a), (7b), (7c) einsetzt), multipliziert aus und erhält: 2 1 ‚* £ ; 6 2 =. h — E sin? o — E sin?’ D (1 — > sin? »)| — E sin? ® (1 — > sin? ® + . sin! »)]| + Glieder e®. 84. Differentialgleichung der Bildkurve. Es seien auf dem Sphäroid 2 Punkte P, und P, in beliebigem Abstand gegeben und zwischen ihnen die geodätische Linie s gezogen. Wird jetzt die geodätische Linie PP, auf die Kugel abgebildet, so wird ihr Bild im allgemeinen zwar sehr nahe mit dem größten Kreis durch die abgebildeten Punkte P, und P, zusammenfallen, aber doch nicht mit ihm identisch sein. Es handelt sich darum, die Gleichung dieses Bildes der geodätischen Linie P,P, (der „Bildkurve P, P,“) aufzustellen ?). 1) Buchwaldt, loc. cit., S. 26 f. 2) Cf. dazu für kleinere Abstände P,P, Gauß, Untersuchungen über Gegenstände der höheren Geodäsie. 1. Abh. Ges. Werke Bd. IV, S. 261 f., Ziffer 12 #. Der größte Kreis durch die Bildpunkte P, und P, werde als «-Achse genommen. dS’ sei das Linienelement der Bildkurve, ds das Linien- element der geodätischen Linie auf dem Ellipsoid. Ein Punkt P der Bildkurve wird bestimmt durch seinen senkrechten (sphärischen) Abstand von der x-Achse und durch das x seines Fußpunktes F'; x& wird dabei gezählt von einem zunächst noch willkürlichen Punkt auf der x-Achse. Es sind dann (cf. Fig. 2) x, y, PF, P'F' größte Kreise, während Pd ein Parallelkreis ist, falls "0 = FP und <@=90° sein soll. Also wird: el ES 5 48V ooy+ (au) und nach (2) KUNST i 1 dy\? 12 frk 2 ee ) ds B3 Ass; Yy-+ (3 a) x s soll aber geodätische Linie sein, also muß 1 MI 3 dy\® x dy IF | cos’ y + Go d2= (Fe, Y; = dx ein Minimum werden. Die Bedingung dafür ist bekanntlich: d [aF RE 0 dx i a Way da Bei der folgenden Differentiation ist zu beachten, daß das Vergrößerungsverhältnis m Funktion des Ortes allein ist, nicht aber von der Fortschreitungsrichtung n abhängt (vgl. Gleichung (1)). Es wird: day OR dx day dy\®' Verne ferner unter Berücksichtigung, daß a) Em 1am lolgm muy may 2 oF If sinycosy AR dy y\:algm P) = +Y eos®y+ Co) Tan]? 2 = Vers+(@)' .) weiter wird unter Berücksichtigung, daß 16 d S De dlgm _ ale m Alomn dy DR Ende m,| 3x oy dx|' AR RER (a Yy dy ) ana: ee m dx Es N ‚’ dz_dy m m e13\ a0 ay dx te Die Minimumsbedingung und damit die Bedingung dafür, daß s geodätische Linie ist, wird daher: EU yes (# ; aM 1 dam 9 aan yeoy, dx 1 dx c- alom ) 2 ; Sa m dy\2]3 m d ı\ 8 ey d& rt 1 sin cosYy algm\ _ ar m A dy\2]? % [eos yr (2) | ay er] Hierin ist — immer nahe gleich 1 anzunehmen; ferner wird sich auch die Bildkurve m im allgemeinen nur sehr wenig vom größten Kreis P,P, unterscheiden (auch in Bezug auf den Differentialquotienten — cf. den $ 11 Formen der,Bildkurve), deshalb wird auch 1 cos’ y—+ 2 nahe gleich 1 sein. Es darf also unter diesen Verhältnissen mit [ri] multipliziert werden und man erhält als exakte Gleichung der Bildkurve: 2 er 1y\® R dy\® } dy algm 13) EEK °y + sinycosy (72 ) + [cos v+(22) BE YCoay ee He — Da bis jetzt gar kein Gebrauch davon gemacht wurde, daß die geodätische Linie auf dem Sphäroid liegen soll, so stellt Gleichung (13) ganz allgemein die Gleichung der Bildkurve einer geodätischen Linie bei konformer Abbildung irgend einer Fläche auf die Kugel dar. Es handelt sich jetzt nur noch darum, —ı und — als Funktionen von x dar- & Y zustellen. Wir spezialisieren uns wieder auf das Erdellipsoid und können dann — da nach $2 m unabhängig ist von der Länge L — setzen: Se olgm _dligma® ©) Far: T ad 3x Ns algm _digmaD = ey ao 37: ist aber nach (9) bereits als Funktion von ® berechnet (bis auf Glieder e®); es ist also nur noch ® als Funktion von x und y auszudrücken. Vor Ausführung dieser Aufgabe überlegen wir, daß y mit seinen Differentialquotienten (im allgemeinen) nur klein sein wird, daß wir also für eine erste Näherung höhere Potenzen EIER ut er ä aalem: . algm olgm von y und I vernachlässigen dürfen. Nach (9) ist 26 und damit Er und - = klein wie e?; wir erhalten daher aus en als eine erste Näherung (bis auf Glieder e?): uam _ I+y+ ») [, e Daraus folgt, daß y und seine Be gerade klein sind von der Ord- nung e?; vorausgesetzt, daß sie — wie wir annahmen — überhaupt klein sind. Wir können dann aus der durch Integration der Gleichung (y) erhaltenen ersten Näherung von y — wir wollen sie y' nennen — eine Korrektion y“ in der Weise anbringen, daß die Differential- gleichung (13) bis auf Glieder e* befriedigt wird. y“ wird dann klein wie e*. Analog kann man weiterfahren. Setzen wir in diesem Sinne V—y te Ya Yin (wobei die Striche keine Differentialquotienten, sondern Korrektionen andeuten), so erhalten wir aus (13) bis auf Glieder e® genau nach kurzer Rechnung: dx 9x dy'\? dy dy"algm dy'\? cn Iy! 71'2 IL HN ee 9 () I Aa: dz 9% an (2) 2y 9 ) Eine Weiterführung der Differentialgleichung auf noch höhere Glieder böte keine Schwierigkeit. d?y' lem ey“ __ dy'algm| Ay Be) Ye > y'? 94 Wir kehren zur Darstellung von ® (una damit von = und — ) als Funktion von x und y zurück. CH °Y Wählt man den Koordinatenanfang O auf dem Äquator und bezeichnet das südöstliche Azimut von OF in O mit X, so ist in dem sphärischen Dreieck PLN (ef. Fig. 3) PN=9°—® NL = X,— 90° PL= 9 — y Se — 390% und man erhält nach dem Kosinussatz: 14) sin D = sinysin X, — c0syc087,5in& Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 4. Abh. 3 18 oder nach Potenzen von y entwickelt: 14a) sin® = [— cosX,sinz] + [y'sinX,] + BE - cosÄ,sinz + y' sin, Eee weiter ist ed cosycosÄ,cos® _ 1 y? e . Os“ Te a a er; (eos, cosa 0 cos‘, cose) Ile 3D _ cosysinX,+siny cosX,sinz a cos D €) 1 i s > y2. ä zu ac. X, + y'cosX,sin« + y“cosX,sin® — 2a sin, ie nr Ä p ö : : : algn Beide Ausdrücke sind nur bis auf Glieder e* berechnet, da ja van nd = " noch d : Rar: ; den Faktor oc enthalten, der seinerseits klein ist wie e. Die Differentialgleichung (13a) zeigt, daß bei Beschränkung auf Glieder e® olem .. i olom - $ : Ey bis auf Glieder e®, dagegen rn, Dur bis auf Glieder e* gebraucht wird. Unter Berücksichtigung von (a), (P), (6), (£) und von Gleichung (9) erhält man: algm _ cos, c0s® cosX,coszsin ® cos X, cosz Det 12 0 MW 0 6 X -|- ? cosd | E 2 cos? D cos D |+e Keen algm sin X, cosÄ,sin® o"? sinX, D'y”sinX, m D' 0 un 0 | u BREITES ICH ay | a +|®r cos D +(@ 2 wo) + - 2 cos® cosÄ,sinz D'" cos, sin® 4,4 ee ee USERN a ee "DB" D 2) cos ® ai (® 2 two) cos D e \8 D'3 AINSIDEXS n Le ee: 77 Durch Einsetzen dieser Ausdrücke in die Differentialgleichung (13a) erhält man: _ Td?y' } sına® d?y“ " „sin X,sin D cos ÄA,sin X - aty+9 + 7Y = 2 cos? ® a cos D dy' cosX,cost _ „u SsinX, day. 2 dy'\® „dy' 2 da cos En ler au 34 N m un da? _. S*sinX, By ‚cosX,sinzsin ® _ 924% cosX,coszsin® 5 2 sin‘, 6 cos® 2 cos? ® dx 2 cos? D 3° cos® ‚[ay'\? sınX, u cos, sin® a“ cos N,cost u... cosÄX,sinz +0 (4) a cosd eo dx cos® HZ cos D dx csod 2 cos’ ® cos® |' 1“ dy' cos, cos 0" sinX,sin ® BR sin | 19 Hierin sind noch ®, ®‘, ®“ und ®'“ als Funktionen von & ausdrücken. Um den Überblick nicht durch allzu große Nebenrechnungen zu erschweren, sei wieder nur die Ableitung bis zu den Gliedern e* ausführlich gegeben, während die Glieder e® bloß im Resultat angeführt werden. Nach den Gleichungen (7) und (14) folgt: ‚sinX, : IE Noir nee esinX,cosX,sin® + ey'sin? X, + e®... ‚sin, sin ® ee 2a InBaDuin g= 5 sinX,cos’X,sin®z te... ‚. cosÄ,sin® D'y' Fa = —e:y'cosX,sin’c te... dy' cosX,cosx dy' D' —u — Ze? cos®®X,sinzcos2 +e... dz cos® dx ” “ sinX, 7 UDO Ey; : Mann Ye abyg cn 3) 6 re e!sinX,cosÄ,sint + ge sin A, cos’X,sin?c + e®°. Nach Einsetzen dieser Ausdrücke samt den analog berechneten Gliedern e® erhält man die Differentialgleichung in der Form: ei. e d?y“ RD HE = 5sin2X, sinz| + Fa +Y +3€ sin X, cos? X, sin®x dy' — e*!sinX,cosX,sinz + y'e sin? X,— y' e?cos? X,sin?x — ES e? cos?’ A,sin® cos d 167 ; De ; + ie — 5 e®sin X, cos’ X,sin?z + 4 e°sin X,cos? X,sin®x . 2 5 Disdn 2 RE h — e?sinX,cosX,sinc-+ — 3 ®y cos? X,sintx — 5 e!y' sin? X, cos? X,sin?x 13b) E dy‘ — ety' cos’ X,sin®c + e*y'sin?X, +3 5 2 1x cos? X,sin?xcos& „day 22 (N x A m 0 ®X,sinzcose + 4e?y'sin X, cos Ä,sin® — € FE sin X, cos A, sin © ‘ day! . 2 . : +ey ns sin X, cosX, cos& + e?y“ sin? X, — e?y“ cos? X,sin?x u „day n dy\? 2 2 X, sinzeose— > y +2y' (E ) Yy Frl Dies ist die zu integrierende Differentialgleichung bis auf Glieder e® genau. Jede der drei eckigen Klammern muß für sich verschwinden. Man hat also zuerst die erste eckige Klammer = zu setzen und daraus y’ zu berechnen. Dies setzt man in die zweite 3* 20 Klammer ein und berechnet daraus y* usw. Die Differentialgleichung für jede unserer Korrektionen y‘, y“, y“‘ hat also die Form d?y dı? EN 275 P(&), wobei (x) irgendeine bekannte Funktion von x bedeutet. Auch bei Berücksichtigung noch höherer Glieder als e® kann die Differentialgleichung für diese höheren Korrektionen immer nur wieder die angegebene Form haben, wie man sich ohne weiteres aus dem Vorhergehenden und aus Gleichung (13) überzeugt. Geometrisch läßt sich die angewandte Methode zur Lösung der Differential- gleichung (13) so deuten: In der ersten Näherung wird die Bildkurve P,P, ersetzt durch den größten Kreis P,P,. An Stelle von Vergrößerungsverhältnis und Azimut eines Punktes P auf der Bildkurve tritt Vergrößerungsverhältnis und Azimut des korrespondierenden Punktes F (mit gleichem x) auf dem größten Kreis. Abstand zwischen Bildkurve und größtem Kreis wird nur in erster Potenz berücksichtigt. So erhält man gerade die erste Näherungs- differentialgleichung d’y dx? 2 EIER +y— zZ sin2X,sinz=0. Analog verfährt man bei der zweiten Näherung: An Stelle von Ver- srößerungsverhältnis und Azimut eines Punktes P auf der Bildkurve tritt Vergrößerungsverhältnis und Azimut des korrespondierenden Punktes auf der ersten Näherungskurve usw. SS. Lösung der Differentialgleichung der Bildkurve. Azimutkorrektionen. Die Differentialgleichung jeder beliebigen (auch noch so hohen) Korrektion ist nach dem Vorhergehenden von der Form ay . da? +y=gpl). 15) Wir haben also eine lineare Differentialeleichung zweiter Ordnung mit konstanten Koeffizienten vor uns. Sie kann als gelöst betrachtet werden, sobald ein partikuläres Integral y gefunden ist; denn dann ist y= (,sinz+ (,cose+y das allgemeine Integral. In der Differentialgleichung für y‘ hat @(x) eine so einfache Form, daß sich ein partikuläres Integral sofort durch den bekannten Ansatz finden läßt: y=*(acosz + bsinz). 21 Man erhält: 2 a=— 7 sin2X,; d=0. Ist aber @(&) irgend eine kompliziertere Funktion, so kann man z. B. die Methode der Variation der Konstanten auf die Gleichung (15) anwenden und erhält nach längerer Rechnung folgendes Resultat, das hinterher leicht zu verifizieren ist. Die Differentialgleichung (15) hat das partikuläre Integral 16) y= sinx f cos«.p(e) de — cosa [sinzp(a)dx und die vollständige Lösung: 16a) y= (,sinz+ (,c0s® + sinz [ coszp(a)da — cosx (sinep(@)de. Damit ist die Lösung der Differentialgleichung auf Quadraturen zurückgeführt. 1. Näherung: y=Y'. Die Differentialgleichung für y‘ a d?y' ai Hengn: 3 17) Er +% = „sin2X,sin® hat das allgemeine Integral 18) y— Zin2X, [a,sin& + a,cos# — xcos«]. Die Bildkurve (und auch die verschiedenen Näherungskurven) muß aber durch die 2 Punkte P, und P, exakt hindurchgehen. Das heißt aber: Für =x, und für x —=x, muß y'—=0 werden. Daraus berechnen sich die Konstanten zu: | en (&, — %,) COST, cos, 1 182) sin (2, — &,) %, COST, SINT, — X,SinX, COST, A, = E == = sin (x, — &,) a, und a, sind symmetrisch in z, und #,. Für zusammenfallende Punkte P, und P, (, =2,=2) wird: a, = cos?r 4, = C — SINX cos. 4 Die Neigung ıy‘ unserer genäherten Bildkurve gegen die X-Achse ist in jedem Punkte £, y' gegeben durch due. = sin2X,[(« — a,)sine — (1— a,)cos&]. 19) eV — TEA Setzen wir hierin 2=z, resp. £—=%,, so erhalten wir die Azimutkorrektionen ı resp. ı»3 (in 1. Näherung) im Punkte P, resp. P,. Bei unserer konformen Abbildung geht ja jeder Meridian auf dem Ellipsoid in den entsprechenden Meridian auf der Kugel über (ef. Schluß des $1) und wegen der Konstanz der Winkel bei der konformen Abbildung 22 hat jedes Element der geodätischen Linie auf dem Ellipsoid dieselbe Neigung gegen den Meridian wie ihr entsprechendes Element der Bildkurve auf der Kugel. X‘ ist also gerade (in 1. Näherung) die Azimutkorrektion des betreffenden Elementes gegenüber dem größten Kreis durch P, und P,. Es ist also: ER, — C0S2,— COST, ENG Ä 2 EEE ne tgyi=—-sin2X, (2, —a,)sinz, — (1—.a,) cosz,] = m sin2X, Fer = 4 19a)» E r > EIN, RE tgyw = —sin2X,(2,— a,)sinz,—(1—a,)cosz,] = —sin2X | = — I 608%, — 008% | Okise 0172 2 2 1 2 Ole 1 2 |° | 4 1 sin (2,—%,) Für kleine Entfernungen PP, =2,— x, wird yy = — y3. yı und 5 ändern sich nicht, wenn man x, mit — x, und x, mit —x, vertauscht; . sie ändern nur ihr Vorzeichen, aber nicht ihren absoluten Wert, wenn man x, mit 2 —z, und z, mit a— x, vertauscht. 2. Näherung: y=y'+y". Durch Einsetzen des in (18) und (19) erhaltenen Wertes für y‘ und = in Glei- chung (13b) erhält man die Differentialgleichung zur Bestimmung der 2. Korrektion y*: d?y“ Ben Zr ; =: 7 : 2 7 2% Gr +y"— 1 sin2 x,| (2—a,—(1—-2 a,)eos’ X,)sin« —z cos? X,sin? —a, sin?’ A, cos u sin? N,rcose | — k[k,sinz + k,sin’c + k,cosx + k,xcosx], wobei: (a E 7 = Stdn Me gm 2X, kK=2—-a—(1—-2a)cosX, K=— : cos’, k, = — a,sin?X, k, = sin?X,. Nach (16) treten bei Lösung dieser Differentialgleichung folgende Integrale auf: 3 in?x = ; 1 : J, = [sinzcoszda = 2 I,— |sin’edz = ,(@sinzcos2) Se sıntz 2 : 1 =»; . I, [sin’zeosade= "= J,— [sinedz =, sin’zcosz + 3J,) 21) 1 ; - J; — [vost2da =; (@+sinzcosz) J, — [sinacoseda=J, en er S Ta I,— [a00s°2da = I,—,@ + sin?z) I, = [asinzcosz w=as—5I- Das allgemeine Integral von (20) kann also geschrieben werden: 4 4 = 22) y"=k ß sine — b,cosz + sin& kJ; — cos uk) ; ji 1 Dabei muß b, und 5, so bestimmt werden, daß y“=0 wird für 2%, und für 2—x,. 23 Die Neigung y“ eines Elements der Kurve (22) gegen die X-Achse ergibt sich zu: tgy" = a = k[b, cos& + b,sin&+ cos Fk; I; + sin@Ek;J,]. ID {u} — Daraus eine Verbesserung i resp. 3 der bereits berechneten Azimutkorrektionen resp. ys in P, resp. P;: Stgyi = kleosz, (b, + ZI.) + sinz, (d, + Z%Iz,)] Utey5 = k[eosz,(b, + ZkI.,) + sinz,(b, + 26T,,)]. Dabei bedeutet z.B. 2% J,,, daß überall in %.J an Stelle von x x, gesetzt werden möge. 23a) 3. Näherung: y=y'+y" + y". Ganz analog wird die Differentialgleichung für y‘“ gefunden. Man setzt in (13b) die bereits gefundenen Werte ‘ dy' dey' ‘ 4 dx’ dar’ ’ ein. Die Abkürzungen J und .J können dabei natürlich nicht beibehalten werden, da sie Funktionen von x sind. Hauptsächlich dadurch kommt es, daß sich die Rechnung zwar elementar, aber außerordentlich langwierig gestaltet. Die Funktion 9(z) in der Gleichung an =_p(«) enthält anfänglich je nach Anordnung ca. 150 oder mehr Summanden, die sich aber dann auf 15 zusammenfassen lassen. Man erhält: darin A: — >X 1 in3 SE) ! 3 1 28 in sin2X,[!,sin@ + l,sin®z + 1,sin®c+ l,cosz + 1,cos’x + l,sinx 24 ; i : ) + 1,xcose + l,zsin®c + ,2cos’c + 1 ,2’sinz + 1 ,22cosx + 18° sin®x 2 3, 3 3 3 +LbsX2cosc + 1,2°cose + 1,,r’cos’z]. Allsemeines Integral: e® 15 Loggen 25) a — 5 sin 2 X,[e, sin& — c,cos£ + sine Yu,L; — coszy}l;L;]; 7 1 l c, und c, sind so zu bestimmen, daß y'"=0 wird für =z, unde=2,. 6 = 25a) tgy"" = - = 5 sin2 X,[e,cos& + c,sin@ + cosz21L-+sinz2!L]. Dabei bedeutet wieder ı'“ die Neigung des Elements der Kurve (25) gegen die X-Achse. Also ist z. B. die Azimutkorrektion y, in P, in 3. Näherung y,=-vitrvi rw”. Ferner haben die I, Z und L folgende Bedeutung: 24 I SEN, cos = ten 15 BD eo 5 (4 +2) + (a, +0) + sie (1a + ya a 0 sin x Be s a + cos! X, LER — sin? X, cos? X, = — 3a, +a,a 2 ® 4 Da 1 B 2 5 er a na wg 2) I, = costX, sin En = (a, +7 "sin?X, cos’ X,(11— 9a, + 3a! — q;) ER IEN Ahlen „a , = ee 54, rm =) l;, = in ER +7 ® sin? X,cos’X,(7 — 64,) in2 V EINE 14 4 26.) sin®X, (1- = u @ 11a, + 3a — 3) GA .oy aı\ /r l;, = — 5 sin’ X,cos’ X, (5 — 4a,) ee ah ® Ä R l, = sin A,cos’X, (7 — 50 tl «) SINSRT COS sin® X, bo = 8 = (7 6a,) Q . 3 R 2 ae = 40 sin’ X, cos’X, sin’ X, cos’X, I, = 7 °(5 4 a,) N Br I, = Q,sin?®X,cos? X, an En nn 14 4 Eng sin’ X, cos’ X, 15 6} D lenken rn m \ m m m, a re nn mn nr - En IT 5% = CHE ,SOIT US EL = Zn AB en 2a I I vpa,sooe | = 47° ira zpasoomus,e| =" Se ne = To IE ER IITKAN FI — I ee Te Te® ER ZSÜREN — eg 9 7 1% c a ist — CPL ;509 zW I = GT : + 730 = DPR,SOI LUIS zX or ug h — 97,0 = 0P% „UISTSOI X | 9,7 VG Burgen : ee, Se Ts* Pr ,US;X - - 9 er y y Te mn — PR SO 5% | | "J Ol, —_ x T= CPR@SOI Urs ;® ee es ee > I I Ki fe) 7 9 6 an er BT = ale Ma eprzusa| =|"T (X zUIS — 5%) n + 8 —- "Tr = apausason,e | — & av r 6 al GE SE BED h T-+Te—= 2p%,50ruse | = °T ee — — — 7 Te= PX, DE | = I = GE sUISEE I _ cp © ‚usw (= m u _ en pw usasooa | = ne e I IT: I 2,usz Dax a epasooause | —E (X zUIS + ;@) ve TE CPX SO [ _ \ I I 3 a: 9 ICE f (% 3509 + z0) - — Ti = apax,use | = "7 T- — TE= TPRUSTSOIrT | = I war I . v j B vr?’ r : || —— zp8,50xus | = r = CPR,SO | = © ,s09 PDFs ur I Te a 2,809 @UIS P®r RP@Sodmuıs % „809 Ber au | I a) I & ——— . (esozus +2) = PX 509 ; I u 7 c ( (fg + 2509 ,uıs —) u CPR „US > L “ VPX USWSOO U Saure | — >— I S | Ye) a (198 er 7 +37 +78 7 ) r > ° ("I 5 -H %S09 X „UIS —) = zpx,us | = ar - j = PX LUSWSOD | — j ı @ „uıs x 6 » ( 1) (xs09 8 us — 2)” — DR UI NT —= pwuswsod | — ° j US > { = Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 4. Abh. S 6. Länge s der geodätischen Linie auf dem Ellipsoid und ihres Abbilds S‘ auf der Kugel). Länge S des grössten Kreises auf der Kugel und seines Abbilds s‘ auf dem Ellipsoid. Es ist bis auf Glieder e®: A) S-Rfaa: ferner nach (11): E co x ne ve en: „Ay. dy" 2 24 B) Y BY ARE -af[} es a) N 02 C) SE — - = dy\? "1 1(fdy'\? D) s=R|IV osy 4 (War | en ee U osu+ (32) u m, u da J 2 2 dy'dı +2 y a | de. Dabei bedeutet m, resp. m, das Vergrößerungsverhältnis längs des größten Kreises y= resp. längs der Bildkurve y=y'’+y"+y". = ist als Funktion von ® durch Gleichung (10) gegeben. Es ist jetzt noch als Funktion von &, y und 7, auszudrücken. Dies geschieht mittels Gleichung (14) und (14a). IR 1 : Zur Berechnung von = ist don y=y'+y"+y‘ zu setzen, für — dagegen ist 1 m, dy dı 7 e = --— Y— 0. Nach elementarer Rechnung erhält man: GE az r 1 a | e? u & e? e* 13 — — — ie - sın?: Neger DENE ne 2 YV aın2 4 anst V cin! len a 5 g0s X,sin’z| + 59 sin2 X,sinx 5 c08 X,sin’c+ 94 © 08 X,sin®z ı e - 13 +|- = Yesin Xoct ya ?cos’X,sin’z—+ ey“ sin A,cosÄ, oinz — ——e ?y'sin X,cos’ X, sin?x 0) —+ ety'sin X, cos X,sin& — 2 cos’X, sin’z + Bien os? X_ sin*x — On ORG sinex y'sinX,cosX, 9 cos’ Nosin®z + „etcos!X, So h let I} -|5 cos? X,sin? ZE + 500% SIH ae 5 ecost "X,sin | < 2 De 61 ; GaYenG a cos? X,sin er cos? X,sin u ze” cos X,sinez|t. 27 Von hier ab wollen wir nur mit Gliedern bis zu e* rechnen. Die dadurch erreichte Genauigkeit reicht, wie wir sehen werden, wohl für alle praktischen Zwecke aus und zudem ist ja alles Material zusammengetragen, um die Rechnung ohne Schwierigkeit bis auf Glieder e° zu erweitern. Bis auf Glieder e* genau ist also: So a ay'\2 B‘) s-rjlır,1() —y?l|ds R a dx 4 22 N n rs 2X ın2 NE 2X ın2 135, ENG ın&. d C) Ss a „ cos’ A, sin®z 5 cos’ Aosin®z + 57€ cos? X,sin!x | dx 2 22 Ei: EHI iS ; 132 rer EI s—a| 1— „ €08 X, sin®z — 5, c08 X,sin St 54 cos! \,sin 25% sin2 X,sin® D‘) 4 ka yie = 2 |az- Es wird daher: st af dy'\? : a8 «5 [""-() — ey'sin2X,sina| da | (z : Ca £ : e Sin (S'—S5)—a, sin2X, | ysinxde. [7 ou 7 Man sieht also: Der größte Kreis 5 und sein Bild s‘ einerseits und andererseits die geodätische Linie s und ihr Bild 5’ unterscheiden sich ihrer Länge nach nur um eine Größe von der Ordnung e*. Was jedoch an den Formeln sehr auffällig erscheint, ist folgendes: Es hat den An- schein, als ob sich auch die Differenzen S'— $ und s’—s voneinander um eine Größe von der Ordnung e* unterschieden, wie man auch den Radius R der abbildenden Kugel wählen möchte. Dies Ergebnis wäre sehr merkwürdig, und man kommt deshalb auf die Ver- mutung, daß die Gleichung besteht: 72 72 dy'\? ER : 27) Sr- (=) dı= - sin 2x, | ysinzdz. 3 R Ist (27) richtig, so folgt nämlich für R=a: ’—s=S'—S. Man findet aber durch Einsetzen der Werte für y’ und SE (nach (18) und (19)) und durch Integrieren : 4* 28 r $ dy'\® EEE en 1 5 e 6%) \ae = —1g5in'2X, E (5-20) + 2a sintz(e— a) 24 + sInXcos& (5 + —@-+ 20,2 — =). E73 R 2 sin2X, | y'sin DO 55 sin? 2x,|q + 2a,)(2 — sinxcosx) + 2sin’z (a, — o)| “1 2 e 22 HS 24 Indem man in (E) und (F) die Werte für «, und «a, aus (18a) einsetzt, findet man nach längerer Rechnung, daß die rechten Seiten von (E) und (F) tatsächlich einander gleich werden, daß also die Gleichung (27) zu Recht besteht. Da die rechte Seite von (F) bequemer zu berechnen ist als die von (E), verwenden wir erstere und finden bis auf Größen e* genau: 4 EZ Hg — a6; sin® 2X, (+ 2a,) (2 — sin&cos&) + De] : R 2 0% x 28) S—S= — Ras sin?2X, la + 2a,)(€ — sinxcos%) + 2sin?x (a, — o)) 2 ‘’—s 89—$8 a R Ferner ergibt sich unter Benützung von (27) durch Integration aus (D‘) die Länge s der geodätischen Linie auf dem Ellipsoid (bis auf Größen e* genau): aa e? 2 . Bo) et x: 2 | — ..cos’X, E — sincos.] — 0052, E — SINX C0S«) # 4 ; 4 24 L zu 13 24 + 2sin?’z(a, — | € 29) Ai D109 lg 3. sin? X, F vos: X, (sintzcos2 + ‚sinaeosz— x) — ——!(1+ 2a,)(® — sinxcos«) 4 L 7a 24 Dabei hat nach dem Vorhergehenden die letzte geschweifte Klammer mit ihren zu- are - i ; Ss E sin’ X,cos®X,{...} — die geometrische Bedeutung: — —. Natürlich kann mittels Gleichung (29) auch ohne weiteres die Entfernung P,P oder P,P berechnet werden, wobei P irgend ein Punkt auf der durch P, und P, bestimmten geodätischen Linie ist. Man hat einfach, ohne an den Konstanten a, und a, etwas zu ändern, das Integral zwischen den Grenzen x und &, resp. x und &, zu nehmen. gehörigen Faktoren — also Eine gute Kontrolle für die Richtigkeit unserer Formeln ist es, daß bei allen folgenden Beispielen s°—s sowie S'—S positiv werden muß. Die Abschätzung der Größe von s®’—s ist auch für die Praxis recht interessant: Ein Seefahrer, der seinen Kurs nach Maßgabe eines Globus bestimmt, wird seinen Weg von einem Punkt P, zu einem anderen P, auf dem Globus gemessen längs eines größten 29 Kreises wählen. Wenn er die auf dem Globus vom größten Kreis P, P, getroffenen Punkte auf das Erdellipsoid überträgt und seinen Kurs (mittels astonomischer Beobachtungen etc.) über diese Punkte hinwegführt, so beschreibt er auf dem Erdellipsoid nicht eine kürzeste Linie, sondern das Abbild eines größten Kreises. Die Größe s®’—s gibt an, um wie viel er dadurch unnötigerweise zu weit gefahren ist. Näheres darüber bei den Beispielen. Se Beispiele. Im folgenden seien einige numerische Beispiele ausgeführt, einerseits um die Anwen- dung unsrer Formeln zu zeigen, andererseits um unsere Ergebnisse mit den Resultaten, die man nach anderen Methoden erhält, zu vergleichen und dadurch zu prüfen. Auf diese Weise kann aber nur eine Prüfung der Formeln vorgenommen werden, die mit e* abbrechen, da die bisherigen Methoden zur Bestimmung des Azimuts etc. nicht annähernd so genau sind wie unsere Formeln unter Berücksichtigung der Glieder e®. Einige Stichproben auf die Richtigkeit unserer genauen Formeln werden in dem Paragraphen über Enveloppen von geodätischen Linien ($ 12) gemacht werden. Bei den folgenden numerischen Rechnungen ist zu beachten: Die sphärische Rech- nong hat mit 7 oder Sstelligen Logarithmen zu erfolgen, die Berechnung der ersten Korrektion mit 5 (oder 6) stelligen Logarithmen, die der zweiten Korrektion mit Rechen- schieber. Wollte man noch die dritte Korrektion berücksichtigen, was nur in ganz beson- deren Fällen (vgl. $ S, Konvergenzuntersuchung) oder bei einer gewünschten Genauigkeit von ca. 0.0001 (vgl. $ 9, Genauigkeitsabschätzung) nötig ist, so wäre die shpärische Rech- nung 10stellig, die der ersten Korrektion 7 stellig, die der zweiten 5stellig und die der dritten Korrektion mit dem Rechenschieber durchzuführen. Die zweite Korrektion hat eine für logarithmische Rechnung wenig geeignete Form, es wäre also in diesem Falle die Benützung einer Rechenmaschine von großem Vorteil. 7 b) l. Gegeben die geographische Lage zweier Punkte P, und P;, gesucht das Azimut x, und %, der geodätischen Linie P,P, in P, und P, sowie die Länge s von P,P.. 1 1. Beispiel. Es seien auf der Kugel gegeben: P, auf dem Äquator, P, durch L,— L,= 90° und 9, = 45°. Der größte Kreis schneidet also den Äquator unter 45° (also X,=135°), Länge S von P,P,=90° z,=0, ,=90%. Azimut ber2B, X — 90°. (18) ergibt für die erste Korrektion: „n=4W,—l(, daher nach (19a) als erste Azimutkorrektion y‘: 30 (4 ) a2 e* = 0,00667 43722 ar), 4 1 a = 6 377 397,155 )h t -(E LEE b= 6356 078 Sg, Rene = 078,963,. also yı = 344/172 = 5' 44/172 y3 = — 540,624 = — 9' 0'624. Ferner erhält man nach (20) für die zweite Korrektion: e* Peter) 3 U 1 22912 k, 5 ee k,=0 ho: Nach (21) wird für: m 0: I I Jr m) und Rh SM 0 a,/=0500 %=0250 J—0,7854 J,= 0,8668 we S i danke a —= 0,7854 J, = 0,5890 ; — 0,5000 „= 0,3927 also Ikd., = Ihr, = 0 und ZkJ;, = 0,7500 — 0,2917 + 0 + 0,1834 = 0,6417 ZkJz, = 1,1781 — 0,6872 + 0 + 0,1963 = 0,6872. Daher ergeben sich nach (22) die Integrationskonstanten b, und D, aus den Gleichungen: 0=-—1b, 2) 20 ao 0, b) 0=b,+ 0,6417 ; folglich wird nach (23a) die zweite Azimutkorrektion y“: + eyi=- T . 0,6417 vı= + 1473 e* tyi=— , : 0,6872 a leiyre Als Azimut der geodätischen Linie P,P, in P, resp. P, ergibt sich dann: Azimut z, in P: 4 =XÄ, + vYi-+ yı = 135° 5’ 45/645 Azimut „in B: 9 =X,+w+ wi = 89 50' 57799. Zur Kontrolle wurde das Azimut der geodätischen Linie P, P, nach einer von Helmert?) angegebenen indirekten Methode berechnet und erhalten: 4 = 135° 5° 45,63 | 42 89 50'57°83 |’ Die Differenz mit unseren vorherigen Resultaten ca. 0/01 bis 0/03. Das ist die zu erwartende Ungenauigkeit unserer Näherungsrechnung, wenn wir nur die Glieder bis e* berücksichtigen (vgl. $ 9) und gleichzeitig die der Helmertschen. Überdies hat man nach 1) Vgl. z.B. Jordan, Vermessungskunde. Stuttgart 1907, 3. Bd. S. 210. 2) Helmert, Math. u. physik. Theorien der höheren Geodäsie. Leipzig 1880, Bd. 1 S. 247 fi. 3l der Helmertschen Methode mit den Winkeln selbst (nicht mit ihren Korrektionen) loga- rithmisch zu rechnen, so daß ein Fehler von einigen Hundertstel-Sekunden allein durch die Ungenauigkeit der 7 stelligen Logarithmentafeln verursacht sein kann. Die Länge s der geodätischen Linie PP, ergibt sich aus (29): Salest e na e [r 13 3 l/r a ans zo onaeal wear“ gt e? 23, , 7 -;(: R gt) > 0088 1640. 2. Beispiel. Als zweites Beispiel wählen wir eine Aufgabe, die schon mehrmals in der höheren Geodäsie berechnet wurde (nur sind bei uns bie Punkte P, und P, vertauscht gegenüber den Angaben z. B. bei Helmert)!). Zugleich soll für die Berechnung der Azimutkorrektionen ein Rechenschema gegeben werden (abgesehen vom sphärischen Teil der Rechnung). Berücksichtigt werden Glieder bis e*. Gegeben auf dem Ellipsoid: 9, = — 33° 26’ 0, — 05045: 1, — 4, = 108° 13°. (Es wird im folgenden noch die allgemein gebräuchliche Abkürzung 0“ = 206 264.806 verwendet — Radius des Kreises in Sekunden und 1 eto" = 3.829 gesetzt.) Nach (8) folgt: u. | u 2 leg — = 2,83 780.5 | log, — 2,83 780.5 logsin 29, = 9,96 360, | logsin2 9, = 9,96 868 log (— pi) = 2,80 140.5, | log(— 93) = 2,80 648.5 pi = 633/007 9 = — 640'450 = 10' 33/007 | — — 10' 40'450 pi = — 3,829 sin 29, sin?g, | p = — 3,829sin 2 9,sin?o, —= + 1,067 = — 22/431 D,=9,+pitpf—=— 331525936 | =, +g+ 93 = 55° 34° 177119 I ee Falls die Buchwaldtsche Tafel?) zur Verfügung steht, so ist vorstehende Rechnung überflüssig, da ®, und 2, sofort aus der Tabelle entnommen werden können. Unter Benützung dieser Werte ®,, &, und L,—L, folgt jetzt eine sphärische Rech- nung (7 stellige Logarithmen; 8. Stelle interpolieren und mit in die Rechnung nehmen!). Man erhält aus den Neperschen Gleichungen: IX, = 137°49' 33/03 X, = 96° 46' 47'63 IX, = 145° 50' 44'20 &, = 126° 52’ 45'76 — 2,214 4629.2 (für Rechnung von s so genau nötig!) %, = — 41° 30° 20/60 = — 0,724 41 x, = 85° 22' 25/16 = 1,49 005. !) Helmert, loe. cit., S. 240 ff. u. S. 250 ff. 2) Vgl. Zitat auf 8.10. %5 32 Nach (18) wird dann: log(&, —%)= 0,34 526.8 logx,—= 9,85 998.5, | loga,= 0,17 320.1 logeosz,—= 9,87 441.9| logcosz,—= 9,87 441.9 logsinz, = 9,82 131.2, logceosxz,—= 8,90 664.5 | logsinz,—= 9,99 858.3 logcosz,— 8,90 664.5 — logsin (2,—2,)= + 0,09 696.6 — logsin(z,—x%,)=+ 0,09 696.6 —logsin (z,—x,)=+ 0,09 696.6 loga, — 9,22 329.8 loga = 9,82 995.3, losgp—= 8,99 812.4, „= 0,16 722 | a—= — 0,67601 — ß= + 0,09957 a, — — 0,57644 Nach (19a): log(&, — x) = 0,34 526.8 log(&,— 2,)= 0,34 526.8 — logsin(x, — &,) = + 0,09 696.6 \ — logsin (2, — 2,) = + 0,09 696.6 log cos2,— 8,90 664.5 logcosz, = 9,87 441.9 | log A, = 9,34 837.9 logA,= 0,31 665.3 A,= 0,22 329.4 A,= 2,07 325 — cosz, —= — 0,74 889.0 — 608%, = — 0,08 066 B, = — 0,52 559.6 B,= 1,99 259 fe? Ba e 77 log (a oe"\= 2,53 677.6 log | .e")—= 2,53 677.6 logsin2X,= 9,96 810.7, logsin2X,= 9,96 810.7, logB, = 9,72 065.3, logB,= 0,29 941.8 logyi= 2,22 553.6 logys= 2,80 430.1, yı = 168/08 = 2' 48/08 ya = — 637’23 = — 10' 37/23 Man beachte, daß sich in obenstehender Rechnung verschiedene Logarithmen mehrfach wiederholen (also leichtere Rechnung!); ferner, daß die zuletzt vorgenommene Verwechslung von tgy‘ mit y‘ einen Fehler von der Ordnung y cd e® hervorruft, also nur gestattet ist, so lange die 3. Korrektion nicht angebracht wird. Von hier ab Rechenschieber! Nach (20): und nach (21): A Ss nn GG Ze J„,= 02196 J,= 0,0482 06103077, = 0,2010 J,=—01141l %=— 0,0811 =. 02196 7, = 0,1020 kJ, = 0,3024 kJ, = — 0,1571 k,J, = — 0,0771 k,J,=. 0,0497 kJ, = — 0,1108 kJ, = 0,0399 ed, 00634 kJ, = — 0,0322 Ik), = 0,1779 ZRkJ., = — 0,0997 für 2 =, GES nn nn I, = 0,4966 J,= 0,2465 J, = 0,785 J, = 0,3665 J, = 0,705 J, = 0,509 J,— 0,4966 J, = 0,3875 kJ, = 0,6840 kdı= 0,9705 kJ, = — 0,3941 . ku), = — 0,8135 OR LE I, 0,0902 kA=- 0,1154 kJ, = 0,1220 IkJ,, = + 0,5478 EkJ., = + 0,3692 Nach (22): a) 0 = — 0,6627 b, — 0,7489 b, — 0,1178 + 0,0747 ß) 0= 0,9967 5, — 0,0806 5, + 0,5460 — 0,0298, aus (a) und (P): b, = — 0,491 b, = + 0,377, nach (23a): tg yi = yi = — 2'135 [— 0,749 - 0,313 — 0,663 - 0,277] = + 0'89 tgy = y3= — 2'135[ 0,0806 - 0,057 + 0,997 - 0,746] = — 1'60. Also gesuchtes Azimut: Ah=X + vı+ yi= 137 52' 22/00 a= X +ws+Yyi= 96°36° 8:80 wie Helmert angibt. hatt | 22200 resp. 22/01 | le er89fresp. 8:80]? Länge s von P,P,. Nach (29) ist: _ 2,214 4629.2 — 0,001 8714.2 - 1,637 783 — 0,000 007 627 [1,6378 d —+ 0,3710 — 2,1591) — 0,0788 (— 2,049) ] (hier wurde das erste resp. zweite Glied mit 8 resp. 6 stelliger Logarithmentafel gerechnet — es genügt auch eine Stelle weniger). Abh. d. math.-phys. K1.XX VII, 4. Abh. 5 34 = 2,214 4629.2 — 0,001 8714.2 — 0,000 0076.2 = 2,212 5838.38, daraus in Metern: log s = 7,149 54321.0. Helmert gibt loc. eit. an: log s = 7,149 5432.0 und ee Zugleich ersieht man, daß sich folgende Fehler für die aufeinanderfolgenden Nähe- rungen ergeben (s= ca. 14000 km): für die sphärische Rechnung ein Fehler von ca. 11950 m, nach Hinzunahme der Glieder mit e? ein Fehler von ca. 48,6 m. Nach Hinzunahme der Glieder mit e* ist dann ein Fehler von der Größenordnung 48,6e°= ca. 0,4m zu erwarten. Man sieht schon an diesem Beispiel, daß eine Berück- sichtigung der Glieder e® (vgl. S. 26) tatsächlich unnötig sein wird. Il. Beispiele für die Differenz zwischen geodätischer Linie s und Bild des grössten Kreises s‘. A. P, liege auf dem Äquator; der größte Kreis P, P, habe in P, das Azimut X,—= 135°. Es soll °— s (oder S’— S) für verschiedene Entfernungen P, P, bestimmt werden. a) AN: Nach (18) wird: a, = 0,9069 —0, also nach (28): ee m [2,8138 (0,5236 — 0,4330) — 0,2618] —= — 4,4390 [0,2549 — 0,2618] Meter = + 0,0306 m b) x, = 60° a, = 0,6046 u —0 s’— s = 0,950 m c) x, — 90° a,—( a) s’— s = 6,97 m d) .=1200 4=-—-1,209 ,=0 s'— s = 29,4 m e) ,=10 4 =—-453 4,=0 s—s=115m f) ,=10 a=-1,83 ,=0 s—s—=4559M. B. Wir wollen jetzt s’—s für dieselben Entfernungen P,P,=x2,—x, berechnen wie in A, wollen jedoch P, so wählen, daß für jedes vorgegebene x, — x, die Azimut- korrektion in P, gerade ein Maximum wird. Es ist dann zu erwarten, daß auch s’—s für das vorgegebene ©,— x, näherungsweise seinen Maximalwert erreicht. Das exakte Maximum s’—s für ein gegebenes 2,—x, zu finden, würde immerhin wesentlich lang- wieriger sein als das Aufsuchen des Maximums der Azimutkorrektion — man vergleiche zu letzterem $9. Da wir hier nur einen Überblick über die Größenordnung der Resultate geben wollen, begnügen wir uns mit der Berechnung der genäherten Maxima von s’—s, . Gäu 35 indem wir also die Werte von x, (auf 5° abgerundet) so wählen, daß bei P, ein Maximum der Azimutkorrektion eintritt. (Dabei muß allerdings auf den erst folgenden $ 9 ver- wiesen werden.) a) ,—-,=30 2%,=850 z,=110° a,=—0,06218 a,=1,7486 s—s= 0,452 m b) ,—,=60 ,=170 ,=130 a=— 0,2659 aq,=1,52 s'—s=3,507 m o) 2. =0 2,=60° ,=150% = 056802 ,=2225 s—s—12,61m dd ,—,=120 ,=459 ,=1659 a=—1652 3,=2713 s—s=37,3m e) u, =150 z,=25 ,=175 ,—=—4723 9,2934 s’— s=120,0m f) ,—-,=170 3=10% ,=10° = 1632 0,=3142 s—s—=456m s-s(ın Metern) Ein Vergleich mit A. zeigt, daß wir jetzt besonders bei klei- 300 nen 2,— x, verhältnismäßig viel größere Werte für ‘—s bekom- 400 men haben. Immerhin sind auch diese genäherten Maximalwerte von s’'—s noch so klein, daß sie für Schiffahrtszwecke etc. nicht in Be- tracht kommen. 700 Nebenstehend eine graphische Darstellung des Zusammenhangs d zwischen 2, — x, und S® —s. Beer DZ LE, 1 30° 60° 90° 120° 750° 180° —— genaherte Maximalwerte von s-s Fe &,=0 angenommen. Fig. 4. Ill. a) Maximum der Abweichung % des Bildes der geodätischen Linie vom grössten Kreise. b) Abstand einer geodätischen Linie von ihrem Ausgangspunkt nach einem Umlauf um die Erde. Ad a: Das Maximum!) der Abweichung y der Bildkurve vom größten Kreis ergibt sich aus n —=0. Also in 1. Näherung (y=y') aus Gleichung (19): (2 — a,)sin® — (1— a,)cosz = 0 oder (30) z—(l—a,)dtgceta,—0 (Glieder e* vernachlässigt!). Z. B. wird für das erste Beispiel dieses Paragraphen (x, = 0; x, = %W°; X, = 135°; u,=4,=0): 2 —= ctigr, also: 2 — 0,8002 — 490417745, 1) resp. die Extremwerte vgl. die Diskussion über die Formen der Bildkurve in $ 11. 5* 36 gibt eingesetzt in (18): 2 Yu = + z . 0,8604 - c0s49° 17'5 —% 8 — 5,96 km. Ganz analog läßt sich die Rechnung genauer durchführen, wenn man y=y’+ y“ oder y=y'’ + y" + y" setzt. Ad b: Wir wollen wieder nur in 1. Näherung (bis auf Glieder e?) rechnen und als Beispiel unser voriges nehmen (x, = 0; 2, = 90%; X,= 135%; a, ==). Für 2=2n wird nach (18): 2; y- 2” — 36° 2" — 66,74 km. Übrigens ist für z, = 0 a, immer auch = 0 (vgl. 18a). Der Abstand y der geodäti- schen Linie von ihrem Ausgangspunkt nach einem vollen Umlauf hängt aber in 1. Nähe- rung von a, gar nicht ab; wir erhalten also unabhängig von &, immer denselben Wert y= 36' 2“, solange wir nur 2, —=0 und X, = 135° belassen. Ferner läßt sich unschwer beweisen. daß der eben berechnete Wert von 36’ 2“ den Maximalwert darstellt, den der verlangte Abstand annehmen kann. Dies letzte Beispiel hängt eng zusammen mit den Ausführungen über die Enveloppen der geodätischen Linien (vgl. $ 12). 8. Konvergenzuntersuchung. In den folgenden Untersuchungen kann es sich nur darum handeln: 1. qualitativ die Größen festzustellen, die die Konvergenz hauptsächlich gefährden ; 2. quantitativ die Größenordnung des Variabilitätsbereichs für diese Größen zu bestimmen. Die Konvergenz der Reihenentwicklungen für und 2 (vgl. Gleichung 7 und 8) ist nicht zweifelhaft, da als Faktoren von e’* nur Glieder von der Größenordnung 1 auftreten. und algm olgm Auch die Reihenentwicklungen für siny, cosy etc. in Dasselbe silt für der Differentialgleichung (13) sind für alle Werte y erlaubt. Die Reihententwicklungen für die Lösung y der Differentialgleichung (13) braucht jedoch nicht immer zu konvergieren. Zwei Umstände können die Konvergenz gefährden: 1. das Auftreten der Glieder mit &, @°, z° ... als Faktoren (wenn & sehr groß); 2. das eventuelle starke Anwachsen der Integrationskonstanten a,, a,; b,, dz; €, €, etc. und ihrer Potenzen, sowie der Konstanten %, I!,... Ad 1. Man sieht ohne weiteres, daß ein Glied mit e’* sicher keine höhere Potenz von x als x°"-1 als Faktor bei sich haben kann. In der Lösung für y*+D — wobei yr+D die (nr + 1)!® Korrektion bedeutet, y‘ als erste gezählt — können ja keine anderen Integrale auftreten als Integrale von der Form 37 fymydaz, Sy Dytdae, (yrDy?dz ete. d. h. die Summe der Striche, mit denen die y unter dem Integral versehen sind, darf höchstens n—+-1 sein. Wenn die Behauptung also für die » ersten Korrektionen y',y”,...,y gilt — und für y‘ und y“ gilt sie —, so werden diese Integrale in x und e von der Form Nez: de. Jedenfalls treten keine höheren Potenzen von x auf. Die Korrektion y®+" hat also, soweit sie uns hier beschäftigt, die Form yat) & er+2 er : 2n+1 So lange also die übrigen Faktoren von der Größenordnung 1 bleiben, ist Konvergenz zu erwarten, so lange . jert2g2n tn —1)| a en: ee: 2a 1oR! Buy er a? n+ 1) | eÜ x” | = il; d.h. % — ca. 1 N Für >12 (= ca. 76000 km) würde hiernach die Konvergenz zweifelhaft. Tatsächlich ist aber dieser Konvergenzbereich zu eng. Um dies einzusehen, entwickeln wir in der Differentialgleichung (13) siny, cosy ete. nach Potenzen von y und setzen für algm _ und olgm algm EN olgm aY 9x aY zwar klein sind wie e’, aber y nicht enthalten: d?y en EL FR BE EN RE RA al 2 ra es) a da Ara /ay\ yardyr i N ) +2) +Q-4+34-))-[e-5+ IE 91T ) da“? 9 den Moment —= e’q, um anzudeuten, daß Daraus ersieht man, daß in der Differentialgleichung für y®+ niemals ein Produkt dy® . 1y' de y‘ a : I mit fr I oder &° vorkommen kann. Dies könnte nämlich dx dz da? nur auftreten, wenn irgendwo in der Differentialgleichung ein Glied 2. Grades in y, der Größen y” oder ay da d?y “ h ; 3 ; 5 oder —— vorkäme, das außerdem in e? nur klein wäre von derselben Ordnung wie y?: Ein 2 da? lineares Glied in y und seinen Differentialquotienten, z. B. y selbst, gibt ja nach unserer Substitution y=y’+ y"—+y"" +++ ym + --- niemals ein Produkt dieser Substitutions- größen y', y* ete. Ein Glied von höherer Ordnung als der zweiten dagegen, z. B. y?, gibt aber, wenn wir bei Berechnung der Korrektion y*+» nur Glieder bis zur Größenordnung y”*» berücksichtigen (wie wir es ja nach unserem Verfahren tun müssen): P=ly Hy" +... + ym + yatD) = yet 3yalyt He Hy) Hy 4 HH He. 38 Das Glied y)y’ ist also weggefallen. Ganz analog bei noch höheren Potenzen in y oder seinen Differentialquotienten. In dem Glied — y?e?g, das in der letzten Klammer von (13°) auftritt, kommt das Produkt 2,” y‘ wegen des Faktors e? ebenfalls erst für die folgende Korrektion y®+® in Betracht. Die Korrektionen y', y", y', ...., 9°) haben also, soweit wir uns hier mit ihnen beschäftigen, folgende Form: JURCSDITE: : t 5 : aus der Lösung der Differentialgleichung entnommen. y' coxe | Daraus folgt dann: yo fy®dzcoate, aber nicht: y' co fy"y'da ya cofy"y?dar oder vo (y*dazvva’e, aber nicht: y9 co [yy'daco ze ya oo fy“y"dz oder coze!! id) & etr+?g3n tl Er & er+t gont?, Also ist Konvergenz zu erwarten, solange @n-+1) @n+2) An+2,3n-+1 BD ee een. n=a| yErZUIyen en en rn ler) Man erhält also als Konvergenzbedingung: 31) © <28,2 = 180000 km = 4,45 volle Umläufe um die Erde. Ad 2. Hier wird die Gefährdung der Konvergenz betrachtet, die durch die Integrations- konstanten a,, @,; bi, Ba; €, 65 . . ., ferner durch die Konstanten %, !, .... hervorgerufen wird. Sowohl a,, @,; bj, Ba; € 65 - .. (wir wollen im folgenden Teil dieses Abschnitts die Indizes weglassen und a, b, c,...... dafür schreiben!) wie auch %, !,... sind ganz wesentlich von z, und x, abhängig, deshalb muß auch auf diese Größen x, und x, geachtet werden und zwar einerseits auf («,—%,) im Nenner (es kann sich der Null nähern!), andererseits auf x, oder x, im Zähler (es kann bei sehr großen Entfernungen P, P, wesentlich von 1 abweichen!). Die Konstanten %, !,.... entstehen dadurch, daß in die Differentialgleichung (13) : en : Ly' ! (vgl. besonders (13b)) die Werte für die bereits berechneten y', = etc. eingesetzt werden und die dadurch auftretenden Glieder mit anderen (die nur noch Funktionen von X,, Zahlen- faktoren und e* sind) geeignet zusammengefaßt werden (vgl. $ 4). Jedenfalls kommen daher in A, !,... die Integrationskonstanten a resp. b resp. ce etc. höchstens in derselben ly‘ dy“ dy Potenz vor wie y‘ oder Fr resp. y“ oder In esP- y“' oder Fr in der Differential- N : L 3 5 i dy'\? gleichung für die entsprechende Korrektion. Einem Glied y‘? oder (22) oder auch dx y' 7 entspricht das Auftreten eines Gliedes mit a? usw. Ähnlich entspricht z. B. einem 4 Glied y'''y'® das Auftreten der Kombination ca?. 39 Die Integrationskonstante 5, erhält man aus (22) in folgender Form: 1 = Na) [sinz, cos2, kJ. — SINX,c08%, Ik, — COSX, 6082, (IkJz, — ZkJr,)], sin (X, —2X, r also ist im wesentlichen ! (kJ I, O5 ! na, a) b, (6) b, & sn@, 2) J ist dabei ein Integral, das nach der Integratian x höchstens in derselben Potenz enthält wie die entsprechende Korrektion 4". Wegen des ganz gleichen Baues der Diffe- rentialgleichengen und Lösungen für alle beliebigen weiteren Korrektionen y“',..., y®,... haben auch die weiteren Integrationskonstanten c, d, ... einen ganz analogen Bau. Unter Berücksichtigung der Überlegung, daß in der Differentialgleichung für y® +) e I d? niemals ein Produkt der Größen y® oder I mit Y, "I oder y vorkommen kann dx dx dx? ‚ (vgl. S. 37) wird daher im wesentlichen: Wir nehmen |x, | > | x, | und schreiben: %, sin (&, — %,) Konstante von: Integrationskonstante von: %. , ka; %> %s y': ko a 8 —— Yo: ——— U sin (2, — &,) sin (X, — %,) sin?(x,—%,) a a: 2 lc 2 x a'''* & u TE l 5 b] el Y 5 ( SDEE- 4 E [o 5 sin?(2,— £,) sın (&,— %,) sin?(@, —%,) 4 [42 m6 5 695 . Ha? 2 SLIM 23 y9: m co Ida? D —— . — y®: dD- SSH | p sin!(m,-z,) sin (2%, —%,) sin’(2,— x.) jg2 Ey nal a a} y) TEEN 6 ya: z = 2 | sin® (2,— £,) sin (2, — &,) sin’(2,—X,) 1.235. 2W. Man sieht, daß besonders in den Integrationskonstanten die Potenz, in der x, vor- kommt, sehr rasch steigt. Um einigermaßen sicher mit Konvergenz unserer Entwicklungen rechnen zu dürfen, müssen wir x, in der Größenordnung 1 annehmen. Wir wollen also immer 32) P,P, < 180° annehmen. Diese Annahme bedeutet: Wir wollen unsere geodätischen Linien P, P, auch wirklich auf kürzeste Linien beschränken. 40 Sehen wir jetzt von ©, und x, ab, so bleibt als konvergenzgefährdend im Nenner der Integrationskonstanten noch sin” (@2,—x,) stehen. Das Fortschreitungsgesetz der Po- tenz » ist hiebei dasselbe wie vorhin (8. 38) das Fortschreitungsgesetz der Potenz von x. Damit die Reihe der in der Lösung unserer Differentialgleichung auftretenden Glieder e’asınz, e*bsinz, ee csinz, konvergiert ist also nötig & | ——— 1 oder 2, —%,<1X8° sin? (2, —2,) | en i (Für ©2,—x, nahe = 0 nehmen die Integrationskonstanten die Größenordnung 1 an, vgl. z.B. S. 21.) Eine schärfere Konvergenzbedingung erhalten wir aber aus dem Umstand, daß die Konstanten %, /,... in der Lösung der Differentialgleichung noch multipliziert mit den Integralen J, L, .. .. auftreten. In diesen Integralen kommt x in einer Potenz vor, die oben (S. 38) näher bestimmt wurde. Man erhält: EN sin (&, —&,) [77 zu y" gehörig: e!kJ co 6 pi y' P elLco nn 2 sin? (%,—,) otn+2 „an-1 yarıd x = er sin?* (2, —%,) yan+9) ein +4 3 “+2 sinit"-1(@,— 2.) Als Konvergenzbedingung ergibt sich n S 1; | yerıd + year ] ex’ ım Pre - 2 ————— | y® n—1) + yer sin?(2,— x,) sin (2, — &,) % > 0,0354. Daraus würde sich für =x ergeben. Es sei hier nochmals ausdrücklich betont, daß durch die vorhergehende Konvergenz- untersuchung keineswegs ganz exakte Grenzen für die auftretenden Größen gegeben werden sollten oder gegeben werden konnten; es wurde jedoch einige Klarheit über die Größen gewonnen, die die Konvergenz am meisten gefährden, und andrerseits wurden die Grenzen der Konvergenz doch wenigstens der Größenordnung nach festgestellt. — An einem Bei- spiel, das nahe an der Grenze der Konvergenz liegt, soll das besprochene Anwachsen der Integrationskonstanten etc. noch näher gezeigt werden. 41 Vorher sei jedoch noch ein Umstand hervorgehoben: Während die Potenz von e* gleichmäßig in den einzelnen Korrektionen steigt, springt die Potenz, in der „— —" ——_ vorkommt, von der 2. zur 3. Korrektion, dann von der sin (%, — %,) ine gefährdet aber ganz besonders die Konvergenz. sin (&,—%,) ” = = Die Annäherung an die Konvergenzgrenze wird sich also auch darin offenbaren, daß zwar die 2. Korrektion wesentlich kleiner ausfällt als die 1., daß dagegen die 3. Korrektion der 2. an Größe nicht viel nachsteht, oder sie sogar übertrifft. — Dies war ein wesent- licher Grund, der uns zur Berücksichtigung der Glieder mit e°, die im allgemeinen un- nötig ist, bewog. Divergenz für z,—x, sehr nahe — 180° war von vorneherein zu erwarten!): Denken wir uns auf dem Äquator 2 um 180° von einander abstehende Punkte P, und P,. Die kürzeste Linie P,P, läuft natürlich über den Pol. Lassen wir P, auf dem Äquator um ein ganz kleines Stück näher an P, \hinrücken, so wird die kürzeste Linie P,P, immer noch in der Nähe des Pols vorbeilaufen: die von uns gemachte Annahme, daß (im Abbild auf die Kugel) der größte Kreis P,P, eine gute Näherung für die kürzeste Linie P, P, sei, ist also nicht berechtigt. 4. zur 5. u.s.w. Dieser Faktor Ein Beispiel in der Nähe der Konvergenzgrenze. Es sei: | 0 ,=15 „= 135%. 1 Man erhält: sag a yi= 3255959 = — 3 26'44/21. Für die 2. Korrektion wird: ß = 1,5 Br a, — 0 20:5 füre=g, = 0 wird: === I =- = h=-h,=J,=0 für 2= 2, = 175° wird: J, = 0,0038 J, = 0,0000 J, = 1,4838 J, = 2,1977 72 — 1,51060.29, 117810 97, = 0.00385 0° 7, = 07737 also Ik), = 2, —0 und ZI, = 0,0057 + 0 +0 + 1,0988 — 1,1045 kJ, = 2,3559 — 1,3745 + 0 — 0,3868 = + 0,5946. Daher wird Bi 7.135 ,=0 1 zen yı — 17,88 ye= — 15/40. 1) Vgl. auch Buchwaldt „Sfaeroidens Regnelinje‘. Kopenhagen 1911, 8. 10. Abh. d. math.-phys. Kl.XXVII, 4. Abh. 6 IERRTE 42 Für die 3. Korrektion wird BE el) I, = 2816 l,—= — 3946 12—10)5 = — 248,6 l,= + 327,2 = 68 I. = 9,04 = 0,06 I), füre—=x = 0 wird Z,=0,6 1, =—0,02 2==05 Zz= 025. u —= 025,70, 003 alle anderen Z, und L; sind für x = 0 selbst —= 0; für «= x, = 175° wird L, = 0,0088 Z, = 0,000014 Z, = 0,000 Z, = 2198 L,= 1,645 Ln,= 247 I,=—095 ZI,=1327 L2,= 10,44 TI el57On ET, 1.178 L, = 0,982 L = 0,7723 L2,— 0,480 = I Ta en IL, =—64 I,=-412. (Die Z; und L; mit den Indices 4, 5, 6, 8, 11, 13 sind nicht angeschrieben, da sie mit den entsprechenden /; multipliziert, doch wegfallen) also wird ITL, = 20,44 S/l.,.=0 und Z1L.,= + 10,7 — 0,1+ 0,0 — 546,2 + 538,0 + 16,4 — 84 +0,85 — 0,9 = + 10,3 Z1L.= + 4420 — 4648 + 0,5 + 192,1 — 157,0 — 29,5 + 28,4 — 0,4+03= —193. Daher wird CR—2241195 ,=0 vr = —1'7/9 »=+1179. Man sieht an diesem Beispiel das starke Anwachsen verschiedener Konstanten. Be- sonders bemerkenswert ist es, daß die 3. Azimutkorrektion größer geworden ist als die zweite. Das kommt hauptsächlich davon her, daß für „= 135° k, von a, unabhängig wird, während es sonst mit a, sehr groß werden würde. Aus diesem Grunde wurde das- selbe Beispiel (x, = 0; x, = 175°) auch für 7, = 150° resp. 120° gerechnet und erhalten: A) 21500 „= — 349111 ,)=+31,177 —1527 yi—=2058'23:72 yi—=—1’2'03 4091 Be = 0 0 wong zes ae Bj), = 1202 a= —34,9111 ,=—34,746 c—=1430 yı=2958'23/72 yı=1'%12 =—38;5 a, 0 D,— 0 s=0 w=—2059'2°37 y=—1/1046 w—-+ 3876. »rT77 $9. Maximalwerte der Azimutkorrektionen und Genauigkeitsabschätzungen. Wir wollen uns die Frage vorlegen: Unter welchen Umständen wird bei vorgegebener Entfernung P,P,= 2,—x, die Azimutkorrektion (z. B. an der Stelle P,) am größten und wie groß ist dieses Maximum für verschiedene Werte von @,— x, ? Um einen Überblick zu gewinnen, ist eine Lösung dieser Frage mit mäßiger Ge- nauigkeit völlig ausreichend, wir beschränken uns daher auf die 1. Korrektion y‘. Es ist nach 19a): 6) vi Gsin27| Tan = COS, — C0S%, |. sin (2%,— %,) Es handelt sich um das Maximum des absoluten Betrags von yı; dieses wird erreicht für SInk2y nn —Vatzäl! oder JÄN 45°, 135% etc. = (2n — 1) 5 N Weiter wird, wenn wir setzen (Ü ist fest vorgegeben): = DENE oe 2 Cicos&, — Esınz, — yı = 4 sın = %9 ENG cos U COSZ, sın z, coSsX, 2 CcosÜ —sinC = -—- sin2y,| — Csinz, 4 cos&, — ——. - — 4 70 | ir ! sin C aıı ge ein C cos Ü — sin C oz, 4 = 1 z sin C 9? pi =, aM ai x 5 aıyı : ; : rıpı Pat N Aus re 0 ergeben sich die Extremwerte von yı. Aus al folgt aber, daß 2 1 diese Extremwerte von ıyı immer Maximalwerte des absoluten Betrags von yı sind. Die Maximalwerte der Azimutkorrektion ıı (absolut genommen) werden also bei vorgegebenem #,—x, = erhalten aus EN C sin CO | IT SORTE 34) De | v|= 7 ( COS, — vosz,) | Das Aufsuchen des Maximalwerts von 3 (absolut genommen) würde natürlich nichts neues geben: es würde einfach P, mit P, vertauscht. 6* Ve ee - 44 Die folgende Tabelle gibt für einige Werte ©,— x, das x, an, welches den größten Betrag von ı hervorruft, sowie die Größe dieses Wertes yı : = 1° x, = 89° 40° vil= 60 — 10 — 86° 40° —-— 6l= 111 — 200 — 830 19 — 1209= 209 — 30° — 790 54° — 180= 3'3'0 — 60° — 690 20° - 351- 62351 — 900 — 570 31° — 640'7—= 10'40'7 — 120° — 430 28° — 1048 — 17.28" — 150° — 250 19° — 2107 = 35 7° — 1700 — 9097 — 6225° — 1048 45°. Genauigkeitsabschätzung. Unsere Differentialgleichungen und ihre Lösungen sind für die einzelnen Korrektionen ganz gleich gebaut: So lange wir uns nicht zu sehr den Grenzen des Konvergenzbereiches nähern, unterscheiden sie sich abgesehen von Gliedern von der Größenordnung 1 nur da- durch von einander, daß zu jeder folgenden Korrektion e? als Faktor hinzutritt. Es ist » - ae N 1 : } 1 also im wesentlichen die zweite Korrektion 150 der ersten, die dritte 1508 5 In den Azimutkorrektionen wird also eine Genauigkeit bis auf ca. 0/01 selbst im ungünstigsten Fall erreicht werden der ersten u.s.f. durch die 1. Näherung bis zu einer Entfernung P,P,= ca. 0°15‘ n ed. ee 5 PrBs—ıcan ag 2 5 ab 5 a, 5 da den, die ganz nahe bis an die Grenzen des Konvergenzbereichs herangeht. Bis zu einer Entfernung P,P, — ca. 60° gibt die 3. Näherung die Azimutkorrektionen noch bis auf ca. 0,0001 genau. Bei der Berechnung der Länge s der geodätischen Linie P,P, ist (vgl. 29) für 4 — 0 oder 180° der größte Fehler zu erwarten. Der Fehler ist außerdem (so lange wir nicht zu nahe an die Grenzen des Konvergenzbereichs herangehen) zum wesentlichen Teil proportional mit 2,— x, oder auch mit ss. Für 2,— x, = 160° = ca. 2,8 = ca. 18000 km ist zu erwarten als Fehler der sphärischen Rechnung allein: 18-10®- m — ca. 30000 m unter Hinzunahme 3. Nenn 5 RE a 3-10%.em= ca. 200 m = 23 2 n unter Hinzunahme IR 4,0%; er £ derl.und a Ben Im Logarithmus von s würde sich dieser Fehler von 1,3 m erst in der 8. Dezimale bemerkbar machen (3 Einheiten der 8. Dezimale). Bei Berücksichtigung auch noch der 3. Korrektion (vgl. S. 26) könnte für P,P, = 18000 km der Fehler in s höchstens noch ca. 1 cm betragen. 45 8 10. Gegeben die Länge s einer geodätischen Linie, die Lage eines der Endpunkte und das Azimut in diesem Endpunkt. Gesucht Breite und Azimut im anderen Endpunkt. Wir rechnen bis auf Glieder e*. Gegeben sei: Ss, 9, Xı- Gesucht: 9,5 Xp Ar —4ı- Nach 8) berechne man zuerst aus 9, das entsprechende ®, auf der Kugel. Das Azimut X, auf der Kugel ist: Nehme daher 12a = = 1 cos‘, 08 (41 — Pi — YP1) a ED an 1 in? | ear\ s®, a a tg D,—tg®, [# 4 a yı | cos %, cos? y, 2 C0S° X, cos“ x, yı und ı sind hierin noch unbekannt. Im folgenden werden wir sehen, daß yı in Form einer Potenzreihe nach steigenden Potenzen von e? erhalten wird (dasselbe würde für yı eintreten, doch enthält dabei schon das 2. Glied e® als Faktor, wird also vernachläßist), deshalb müssen wir w; trennen in 35) yı = pı + Yı, wobei ı die Glieder mit e, vi die mit e* enthält. Nach Potenzen von e? geordnet, wird dann die Gleichung a) tg D —, sin =, a tg2, = - | Ir ri a tg za Sr E ®, @ + vi) cos 7, cos?7, sing, pi? I-Esin®y,\ cos? x, 2 N ecosey, ; Setzen wir noch A en hr rd so erhalten wir nach kurzer Rechnung o te, | D c08 7, BI= - >56) n = 0—, sing 2 = 1tg®d, cos? E£, cos? 7, u ME A os SInY ww 1-+ sin?z ‚sinz, a | (via 169) insert, Se SE BE 46 Durch 36) ist x, als Funktion gegebener Größen und der noch unbekannten Azimut- korrektionen ausgedrückt. Dasselh)e muß für X, geschehen. Man erhält nach ganz analoger Rechnung = 7o + % 1% sinz, = c0s ®, sinz, 37) ) un cos, cos®, % COS %, E cos®, 2 2 a tg°%o =, | +WDeosu + "% sinn] + wieoszeosa a (14 Se). 0 (Es ist hiebei allerdings nicht gelungen, eine ganz konsequente Bezeichnungsweise durch- zuführen: z, ist nicht der Winkel unter dem die geodätische Linie den Äquator auf dem Ellipsoid schneidet, sondern ein geometrisch nicht näher definierter Hilfswinkel). Auch für x, muß die analoge Rechnung durchgeführt werden. Es ergibt sich durch Einsetzen von =hntstart& in unsere Gleichung 29) (natürlich darf s nicht in Metern, sondern muß in Bogenmaß s Meter z= “ “ ! d. h. als ZiMeter gerechnet werden !). = +s+&+& E & 0 < . £ eFZ “ QfE £ = cos (dtz)E2s—sin2(+&,+&)+sin2(&, + &)] 38) Br = e cos?z,[1— c0s2(s+ &,)] +7 cos?zy |@—sinz cos2) +5, „cos? ? (sin? cos® + 3 3 sin?z, i 2. = + „sinz cost — , 2) — 1 (1+ 2a,)(@—sinxcosz) + 2sin’z(aq,—z)!| - In der letzten Gleichung 38) ist dabei statt ©, und x, irgend einer ihrer Näherungs- werte zu verwenden. a, und a, wird nach 18a) berechnet — wieder unter Verwendung eines der bereis berechneten Näherungswerte für ©, und z.. Aus 19a) erhält man dann schließlich die noch notwendigen Gleichungen für die Azimutkorrektionen y‘ nämlich: & e” 7 L—% ne == ind arme —— yyuty= 1 sin2 X, |... ae vos, — sin@y+2 | Hatte]. NErES Daraus durch Ordnen nach Potenzen von e: s-cos(&, +5) le R ee, & „= —sin2 - cos 4 | sin s | = ea -cos(&, +5) s&sin(&,+s) s&,cosE 39) 3 sınDaE — ——_ — 2 11 E sin&cos&| + a “A| sins sins sin?s ll > = e? scos(&, +5) E De 1 & ar cos : cos& |. 4 #0 2 | sins n ws» erhält man sofort bis auf Glieder e* genau als s+5, sin (s+ &,) Die zweiten Azimutkorrektionen yı und ya werden dann genau so berechnet wie früher (vgl. $ 5); nur ist überall statt x, und x, einer ihrer Näherungswerte einzusetzen. 40) ya — T sin? (+%) | cos(&, +8) —cos(s FE, +& + 2). Damit ist die Aufgabe im wesentlichen erledigt. Die Rechnung gestaltet sich — um nochmals einen Überblick zu geben — folgendermaßen: Zuerst wird aus g, nach 8) ®, berechnet. Damit sind auch die ersten Näherungs- werte für z,, x, und X, bekannt, nämlich &,, &, und x,. Mit diesen Näherungen kann zuerst yı (sowie yı und 5) und dann &, &, % berechnet werden. Hiemit wieder pi (sowie ys) und damit EN 5, Zo: Jetzt kann durch Rechnung auf der Kugel (aus rechtwinkligen Dreiecken) ®,, 1,—L, und X, berechnet werden und es ist ,—h,=L,—L; Y, wird aus ®, nach 7) berechnet; = h-m—y. Beispiel. Wir wählen das 2. Beispiel des $7 (8. 31ff.), indem wir die dort erhaltenen Re- sultate für Länge s der geodätischen Linie und Azimut 7, und x%, wieder zurückrechnen. Gleichzeitig sei für den Hauptteil der Rechnung ein Rechenschema gegeben. Gegeben: Y, = — 33° 26‘ 4 = 137° 52' 22/00 s— 2,212158388 — 1262 46: 18:19. Wie auf S. 31 findet man B, = — 33° 15’ 25/935"). !) Dies wurde mit 6 stelliger Logarithmentafel gefunden — daher der Unterschied gegen- über S. 31. 48 Mit 7 oder 8 stelliger Tafel ergibt sich:!) logtgd, = 9,816 77706, logcos®, = 9,922 31910 — logeosy, = — 9,870 20323, logsiny, = 9,826 57950 lostg(-£)= 9,946 57383 logsin x, = 9,748 89860 & = — 4129 4/706 = 145° 52' 50/743. Jetzt 5 stellig: —-t( . 2 and 2 Q logs—= + 0,344 90.0 og : — 7,92 235.0 logyı= 6,90 807.0 —+logeos(&,+s)=+ 8,914 67.8 log sin x, 9,82 658.0 log yr, = log c0s%, = —logsns , —9,90864.7| + logein 21 = 9,96 789.5, m. I E N log cos®, — = er ee 93 A ü > 03. = 1 BEN 008 Son —logcos?y, = — 9,74 040.6 | _ IE —= 0,226 95.0 Sie Een en = 749133 1 = 0,000 80922 0851 = 8 el A Be —_ 91 46°914 &, = —0,000 36320 % B=—0,52218.3 2101005 = &E + &, = — 41 80'19'620 2(& +8&)= —83° 0'39'24 s—= 126° 46' 18/2 26+&+&)= 170°31'57°2 st5+&= 85% 15'876 X + X = 145° 50‘ 45'706 2s= 4,425 1678 log C = 0,51 429.7 log (s-+ &,)= 0,34 596.6 +sin2(&, +5) = -0,992 569.5 kr - — 6,99132.0 De 2 ii 441 - sin? (6+&, +8) = -0,164 487.1 en a NE De logoos! Qu), = 9,83 556.9 log D= 0,31 664.5 0= 3,268 111 log &, = 7,27 118.6 | D= 2,07 322 Damit sind die Glieder mit e? erledigt. &, —0,001 86718 =6' 25,133 Von jetzt ab Rechenschieber. 1) Es wurde mit der 8stelligen Tafel von Bauschinger-Peters (Leipzig 1911) gerechnet. E= 1992 8-cos(s+ä,+8 tr)=-0 08 066 256 6,90 807.0 9,87 020.3, 9,92 231.9 — 9,91 796.7, 6,78 262.5 — 0,000 60621 — 2 5.040 log E— 0,29 941.1 log, — 7,22235.0 - logsin2 (tx) = —= 9,96 810.2, _ I 48 986, 3, 3 = -0,003 08932 = -10' 37'219. 49 Praktischer Weise wird man sich eine kleine Tabelle anlegen für den Sinus und Cosinus der Winkel z,, ®,, &, 5 &4+S5, % (3 bis #stellig). Man erhält aus 39): vi = + 0,000 005 662 = 1’168 also yı —2'46/914 + 17168 = 2'48/082 statt 2'48/08| . : 2 nor wie auf S. 32. ws — -10'37°219 „ -10'37:23J Um w; und w» zu erhalten, hat man mit u, =&:+&5= 413020" ,=s+&4+&+&;= 852224" X,=x+%> 145° 50'46“ zuerst a, und a, nach 18a) zu rechnen und dann in das Rechenschema auf $. 33 ein- zugehen. Jede einzelne Zahl bleibt genau wie dort, so daß man erhält yvı = 0,891 vw = —1,597. Also gesamte Azimutkorrektion y, resp. 3: = 2' 48'973 2' 48/97 m ” statt 4 \ wie auf 8. 29. y, = — 10' 38'816 — 10‘ 38‘83 J Weiter ergibt sich aus 38) &,= 11,830.10-7°—= 2/442 £ & aus 36) 5, =—4,79 -10-°— —0:989 Rn a von a wäre Si an = __rar ‚10-8 _ _ 1rroj [Unbedingt nötig; man hätte dann x, und X, au) SE 2 ) aus rechtwinkl. sph. Dreiecken zu berechnen) so daß wir schließlich erhalten: 2% = &+&+5 = — 41030'20’611 — 41° 30‘ 2060 z=stE+5+5+E+,—= 850222516 statt 85022'25'16 % wie auf 8.31 X=nt+tn+2n>= 145°50'44’182 | 145° 50' 44/20 Mittels zweier rechtwinkliger sphärischer Dreiecke findet man dann PD, = 34° 25' 42’86 X,= 96° 46' 47'634 E L ep: I, = 81° 47' 53/406 I, = —26° 25' 6/588 ; 2 es also schließlich: Fig. 5. ,—h,=Lh—1, = 108° 12'59;994 108° 12° 60/00 = ty, = 96° 36‘ 8’818 | statt 96° 36° 8’80 bis 8’82 = 34° 14' 59/98 34° 14’ 60700. Abh.d. math.-phys. Kl.XXVII, 4. Abh. 7 gıl. Formen der Bildkurve.!) Im wesentlichen ist die Form der Bildkurve bestimmt durch die 1. Näherung: 2 A) y= 7 sin2X, (a, sin@ + a, 0050 — ©0052) denn so lange unsere Reihenentwicklungen gelten (vgl. $ 8), geben die folgenden Korrek- 1 turen nur Verbesserungen von ca. —— des Betrags von dem y der 1. Näherung. 150 "Für sin2X, = also für %=-+0 %=0,12...) d. h. für Äquator und Meridiane (vgl. 8. 8) wird y immer gleich Null d. h. Bildkurve und größter Kreis fallen zusammen. Dieser Ausnahmefall sei im folgenden ausgeschlossen. Wir wollen jetzt die Schnittpunkte der Bildkurve mit dem größten Kreis betrachten. Durch Differenzieren ergibt sich aus A) d N . ; 5 B) en sin2 X, [(a,—1) cos® —a,sine+ xsin«] da 4 5 DEE a Oar v SR BE 6) BET sin2X, [— (a, sin® + a, cos —xcos«) + 2sin«]. Für den Schnittpunkt der Bildkurve mit dem größten Kreis (also für y = 0) wird daher so lange sin@ #0 d.h. „Dann und nur dann ist der Schnittpunkt der Bildkurve mit dem größten Kreis ein Wendepunkt, wenn er auf den Äquator fällt.“ 2) Die Abszissen der Schnittpunkte ergeben sich (da sin2X,=- 0 vorausgesetzt ist) aus der Gleichung D) a,sinX + a, c0os% — 2 c0sx — 0 oder 41) C— 4, = a,tgz, also ganz unabhängig von X,. Bei dem Übergang von D) zur Gleichung 41) wurde jedoch durch cos® dividiert. Das ist nicht gestattet, wenn cos& = 0 eine Lösung der Gleichung D) ist. I) Vgl. eine entsprechende Diskussion bei Krüger „Konforme Abbildungen des Erdellipsoids in der Ebene“. Veröffentliehungen der K. Preuß. geod. Inst. Potsdam 1912, S. 126 ff. 2) Vgl. Krüger 1. e. S. 128. 51 Für cos& = 0 also für folgt aber aus D) a, kann aber nach 18a) nur Null werden, wenn entweder cos@,= 0 oder cos, = (0. Wir wollen denjenigen Punkt als P, bezeichnen, dessen cos&,—= (0 wird, und haben also für diesen Fall Q | o = +(@n—1)S „= +2. Daher folgt aus D) (x, — 2) cosz = 0 v=%ü x und <= tan) =ntnn d.h.: „Wenn bei beliebiger Lage von P, der Punkt P, längs des größten Kreises P, P, um + 90° vom Äquator absteht, so stehen alle weiteren Schnittpunkte der Bildkurve mit dem größten Kreis um 2 = + (2n—1) 5 vom Äquator ab.“ (Dabei ist nur wegen 32) P,P,<2R zu wählen.) Damit darf der Fall cos = 0 und zugleich der Fall a = als erledigt gelten. Wir dürfen also im folgenden mit Gleichung 41) rechnen und a, = 0 annehmen. Wir setzen a) y=3—a=f,®) P) ymatgr=f(«) und erhalten die Lösung von 41) als Abszissen der Schnittpunkte der Kurven a) und Pf). Gleichung a) stellt ein System von Geraden dar, die unter 45° gegen die X-Achse geneigt sind. Gleichung /) bildet ein System von homogen deformierten Tangens- Kurven (vgl. Fig. 6). Es ist geometrisch sofort ein- leuchtend, daß jede beliebige Ge- rade des Systems a) irgend eine der homogen deformierten Tangens- Kurven innerhalb eines Quadran- ten höchstens zweimal schneiden kann. Falls P, und P,, zwischen denen die geodätische Linie ver- 52 läuft, in diesem Quadranten liegen, so müssen die erwähnten zwei Schnittpunkte aber gerade den Punkten P, und P, entsprechen. Wir haben also den Satz: „Wenn P, und P, in demselben Quadranten liegen, so kann die Bildkurve den größten Kreis P,P, innerhalb P, und P, nicht schneiden. Auch ein Tangieren in P, oder P, ist ausgeschlossen (so lange P, + P,).“ Für eine weitere Diskussion über die Gestalt der Bildkurve ziehen wir hauptsächlich noch das Vorkommen von Wendepunkten in Betracht. Die Abszissen der Wendepunkte erhalten wir nach C) aus der Gleichung: E) 2sin® — (a,sin® + a,cos= — 208%) = 0 oder 42) —4,= (a, — 2)tgz. Analog wie vorher setzen wir wieder: ») Yy=2—0, = 9,(@) ö) y= (a, —2)tgx = 9,(X) und erhalten die Lösung von 42) als Abszissen der Schnittpunkte der Kurven y) und ö). Das Kurvensystem y) ist identisch mit dem System a) (System von 45° Linien); das System 6) stellt gerade so wie $) homogen deformierte Tangens-Linien dar, doch sind die Koeffizienten der Deformation in 8) und ö) verschieden. Wir setzen für das Folgende fest: P, resp. x, liege im 1. Quadranten. P,+P, Typus 1. Dann können folgende Fälle eintreten: D) 2,.liegt auch im 1. Quadranten: Die Bildkurve schneidet den größten Kreis innerhalb P,P, nicht (nach obigem Satz). Ferner muß — damit überhaupt zwei Schnittpunkte P, und P, zwischen a) und 5) im 1. Quadranten entstehen können — für a, gelten: ESS Also ist a —2<0O d.h. die Kurve ö) läuft durch den 2. und Bildkurve ; i pe Eng, 4. Quadranten, kann also von der Geraden a) nicht innerhalb 1 2 GrKreus &, und &, getroffen werden. Folglich hat die Bildkurve inner- Fig. 7. halb P,P, keinen Wendepunkt. Die Bildkurve hat somit nebenstehenden einfachsten Typus. I) «&, liegt im —1. Quadranten: Auch hier muß sein: 0| 8 — | wie man sich aus Fig. 7 überzeugt. P, kann auch nach P, oder P, fallen, so daß die Bildkurve in P, oder P, tangiert (also die Azimut- korrektion dort zu Null wird). Die geometrische Be- dingung dafür, daß P, nach P, fällt ist: die betreffende 45° Linie a) muß die deformierte Tangens-Kurve P) in P, berühren. Oder analytisch : ge dx SE cos?x, und analog für z,. Aus 18a) erhält man dann: %—%, C0S%, z —=1 sin (2,—%,) c0S%, 43) a 1 c0sz, sin (2,—&,) cosz, Aus 45) ergibt sich neben- stehende Figur und es ist längs OAC IBIE, (wobei y, und y, die Azimut- korrektionen bei P, und P, bedeuten). Für alle Punkte z,, =, innerhalb OACB schneidet die Bildkurve den größten Kreis innerhalb P, P,, für alle Punkte außerhalb dagegen nicht. 20° 30° Valz W5 = 0) Die letzte Behauptung kann folgendermaßen als richtig er- kannt werden: Liegt P, und P, symme- trisch zum Nullpunkt (z,—=-%,), so fällt der Schnittpunkt P, auf den Äquator (vgl. Fig. 10) also 40° 50° 60° Schnittnunkt P; innerhalb BB, 93 Bildkurve: Typus 2. WET up ß BP B MEN WR 2 DR zZ Bedingung, daß die Bildkurve in P, tangiert. vw 80 90° Fig. 10. innerhalb P, P,. Er bleibt auch immer innerhalb P,P,, bis er eine der Kurven y,—=0 oder w,— 0 überschreitet (bei Veränderung der Lage von P, resp. P,). IN) x, liegt im 2. Quadranten. Es muß (vgl. Fig. 11) a,<0 sein. Daher auch a,—2<0 und zwar it |, —2|>|a, | also sind die Ordinaten der Wendepunktskurve 6) absolut ge- nommen größer als die entsprechenden Ordinaten der Kurve £). Also: Kein Schnittpunkt P, innerhalb P, P,, auch kein Tan gieren der Bildkurve in P, oder P,; kein Wende- punkt innerhalb P,P,. Typus 1. IV) 2, im 3. Quadranten; jedoch ,—x2,<2R (vgl. Konvergenzbedingung 32). Wegen ,—2%,<2R muß (vgl. Fig. 12) a,<0 sein. Wir erhalten dieselben Resultate wie in III), jedoch einen Wendepunkt zwischen P, und P.. Typus 2. V) 2, im —2. Quadranten; jedoch |,—2,|<2R. Wieder wegen |2,— x, <2.R (vgl. Fig. 12) a,<0. Zwischen P, und P, tritt (und zwar im 1. Quadranten) ein Wendepunkt auf; genau wie IV. Typus 2. Damit sind alle Fälle erschöpft, bei denen unsere Konvergenzbedingung 32) erfüllt ist, bei denen wir es also wirklich mit kürzesten Linien zu tun haben. Das wichtigste unserer Resultate wollen wir nochmals zusammenfassen: „Ein Tangieren von Bildkurve und größtem Kreis in einem der Punkte P,und P, oder ein Schnittpunkt P, innerhalb P,P, sind nur möglich, wenn x, und &, resp. in zwei durch den Äquator getrennten Quadranten liegen.“ Die Untersuchung der Formen der Bildkurve aus unserer Gleichung 41) unter Zu- lassung von Werten &,— x, >2R hat, so lange die Konvergenz der Reihenentwicklungen für diesen Fall zum mindesten sehr fraglich ist, keinen großen praktischen Wert. Man würde dann noch all die Formen erhalten, die Herr Professor Krüger in seiner zitierten Untersuchung über die konforme Abbildung des Erdellipsoids auf die Ebene erhielt.?) Z. B. ergeben sich für ©, im 1. &, im —3. Quadranten unter andern folgende Typen: 1) Die Konvergenz der Entwicklungen ist aber hiebei nicht geprüft worden. 55 Eine Bemerkung sei noch angeschlossen: Wenn | 2,—x, | um so viel <2R ist, daß ne) von der Größenordnung 1 wird, dann beherrschen wir nach $8S den sin (&,— 2, Verlauf unserer Bildkurve bis auf mehrere volle Umläufe. Wir sehen dann aus Fig. 1, daß die Abstände der aufeinanderfolgenden Schnittpunkte mit dem größten Kreis sich x nähern (im allgemeinen sehr rasch !!). g 12. Enveloppe der geodätischen Linien. v. Braunmühl®), Rohn?) u. a. haben die Enveloppe geodätischer Linien auf Rotations- flächen mittels elliptischer Funktionen behandelt. Eine Anwendung auf das Erdellipsoid haben ihre Untersuchungen wohl nie gefunden, was mit den schwer zu überblickenden Resultaten zusammenhängen mag sowie mit den umständlichen Rechnungen, die für jeden Einzelfall notwendig sind. So ist selbst über die Größenordnung der auf dem Erdellipsoid auftretenden Enveloppen meines Erachtens noch nichts bekannt. Unsere Aufgabe soll es im folgenden sein, mittels unserer bisherigen Resultate be- queme und doch bis auf ca. 3“ genaue Näherungsformeln für die Enveloppen geodätischer Linien auf dem Erdellipsoid aufzustellen. Zugleich haben wir Gelegenheit, durch Vergleich mit einem Braunmühlschen Resultat zwei Stichproben auf die Richtigkeit der Glieder unserer 3. Korrektion anzustellen. Die Enveloppen auf dem abgeplatteten Rotationsellipsoid haben eine Gestalt, die stark an eine Astroide erinnert. Für einen Punkt P mit der Breite @ liegen 2 Spitzen auf dem Parallelkreis — (der Bequemlichkeit halber wollen wir sie im folgenden „Spitzen auf dem Parallelkreis* nennen), die zwei andern Spitzen liegen auf dem (über Nord- und Südpol fortgesetzten) Meridian durch P („Spitzen auf dem Meridian“). [Näheres vgl. bei v. Braunmühl!).] Für einen Punkt auf dem Äquator arten bei der Bestimmung der Spitzen auf dem Parallelkreis (hier Äquator) die elliptischen Funktionen?) aus und es ergibt sich nach kurzer Rechnung das einfache Resultat: Abstand d der näher gelegenen Spitze vom Punkte P d= r (b = kleine, « = große Achse des Ellipsoids; Zahlenangaben und Zitat S. 30) = 3,131 091 02214 = x — 36’ 6,11697. Der Abstand der zwei auf dem Äquator gelegenen Spitzen von einander ist daher 1° 12' 12/23394. 1) v. Braunmühl „Über Enveloppen geodätischer Linien‘. Math. Ann. 14, 8. 557 ff. „Die Enveloppen geodätischer Linien auf das verl. und abgepl. Rotationsellipsoid*. Abh. zu den math. Modellen angefertigt im math. Institut der K. Technischen Hochschule in München. Abh. XVII. 2) Rohn „Die geodätischen Linien auf dem Rotationsellipsoid“. Abh. zu d. math. Mod. ete. Abh. IV. 56 Jetzt soll 1. der Abstand d mit möglichster Schärfe aus unseren Näherungsformeln hergeleitet werden (zur Kontrolle der Formeln) und dann sollen 2. Näherungsformeln für die Enveloppe eines Punktes mit beliebiger Breite @ berechnet werden. I. Eine Spitze auf dem Äquator wird ausgeschnitten durch eine dem Äquator un- endlich benachbarte geodätische Linie. Wir denken alles auf die Kugel übertragen und charakterisieren auf der Kugel das Abbild der geodätischen R pP Linie durch 2 ihrer Punkte P, und P,: P, auf dem Äquator, 7 a Aquator K P, um 5 von P, und um ö vom Aquator entfernt. ö ist in Fig. 14. der Grenze gleich Null zu setzen. Wegen der Konstanz der Längen bei der Abbildung wird PP=PS=d. Nach unserer gewohnten Bezeichnungsweise haben wir: 1-0; ,-5; -5+5 P,P=x; y= f(«) 61. d. Bildkurve ($5); PS=ösine. S ist definiert durch 44) —y= ösint. Für die 1. Näherung (y=Y‘) findet sich nach 18a) a=W,=—0 y — — 7 sin (180° + 26) © cos® 1 D) o2 —=+ — ÖX Cost (wobei höhere Potenzen von ö vernachläßigt wurden). Es folgt also nach 44) 45.) tex + z =) und daraus 2 —=n__ 35.554 (Fehler: 10/7). Für die 2. Korrektion wird k=_:6 kı— 2 k,— 0 k,— 0 „=] ferner nach kurzer Rechnung (vgl. $ 7) db, = — 1,36 685 D-—0 daher R e* RR CE 3 y" = — 5 9 [0,61 685 sine + g ana — „2? eos®] und deshalb in 2. Näherung y=y'+ y"): 2 4 45 b) tg + 52 + ZB + tg2(2,46 740 — 22)] = 0 und daraus x = n — 36‘ 6066 (Fehler: 0051). 57 3. Korrektion: Es wird nach 26a) l, = 1,30 842 I, = 0,875 70 .0,125 alle anderen / sind Null. Weiter gibt 26b) für De Ver m mn DD DT m, ” 10:5 L. = 0,36 685 L,.= 0,36 685 er | L, = 0,78 540 L, = 0,39 270 L,,—= 1,03 866 [N0} Eid. =CilD.,=0 und Z1L), = 0,92934 (Berechnung von EXT), unnötig), daher aus 25) ec = — 0,92 934 CHAR Weiter folgt aus 26a) und 26b) nach einiger Rechnung: sine 2IL— cosz IL = 0,46 671sinz + 0,1875? ne — 0,46 67 1xcos& -H 0,02 083 x? cos aus 25) y' = e°ö [0,46 671 2cos& — 0,02 083 2? cosz — sin& (0,46 263 — 0,1875 z?)] also in 3. Näherung y=y'+ y"+y"'): 2 4 | tg + 504% [32 + 1922,46 740 — 22)] + 45) a8 | + e° [0,46 671 — 0,02 083 2? — tg.2. (0,46 263 — 0,1875 22)] = 0 und daraus z = nn — 36' 6.1172 (Fehler: 0'0002). Der Fehler von 0/0002 entspricht der zu erwartenden Ungenauigkeit der 3. Näherung. Die Probe auf die Richtigkeit unserer Formeln stimmt also. Il. Gesucht die Enveloppe eines Punktes 7, mit der Breite 8,. Die Enveloppe ist der Ort der Schnittpunkte unendlich benachbarter geodätischer Linien, die durch einen Punkt P, gehen. Wir könnten das unter I) angewandte Verfahren für einen Punkt P, mit der Breite ®,, sowie für ein beliebiges Azimut X, der geodätischen Linie verallgemeinern. Dement- sprechend würden wir dann zwei unendlich benachbarte geodätische Linien durch P, durch zwei ihrer Punkte P, und P, resp. P, und P, charakterisieren, wobei P,P, (resp. P,P,) = 90°, sowie das Azimut des größten Kreises P,P, (resp. P,P,) im Äquator = X, (resp. X,+ ö) zu wählen wäre. Man gelangt jedoch auf diese Weise zu einem recht komplizierten Formelsystem für den Schnittpunkt der beiden unendlich benachbarten geodätischen Linien (transzendente Gleichungen; Genauigkeit der Resultate dieselbe wie in I), so daß es besser erscheint, auf Kosten der Genauigkeit dadurch bequemere Formeln zu erreichen, daß man die zwei unendlich benachbarten geodätischen Linien durch P, folgendermaßen festlegt: Abh. d. math.-phys. Kl.XXVII, 4. Abh. 8 58 Die erste geodätische Linie @ sei charakterisiert durch P, und P' „ zweite ” ” @* ” ” ” IE ” Bi r wobei P"P,= P,f' = d ist (6 in der Grenze = 0); die größten Kreise P" P, und P,Ff‘ fallen zusammen (ef. Fig.)!), sie schneiden den Äquator unter dem X X,— 90°. Aquator Fig. 15. Se sn D, cos‘, Nach unserer früheren Bezeichnungsweise (vgl. $ 5) gilt: Unger %u=%H+6 3 lee en 0) %,—=%, Die Konstanten, die sich auf @* beziehen, wollen wir konsequenterweise mit a“, a*, %* etc. bezeichnen. Analog y*, J*, J*, L*, L*. Wir bekommen: ad, = 608%, (60%, — Ösin®,) a, = %, — SINX,C0SX%, + Ösin?z, a = a, + 2ösinX,cosz, a =a,— 2Öösin?z,. Für den Schnittpunkt der geodätischen Linien muß y*—y=0 sein, also erhalten wir in 1. Näherung: y" — y = 0 (a?— a,)sin® + (a—a,)cosx = 0 2ö sin ©, cosx,sine — 2ösin?x,cosz = 0 sin 2, in (C —%,) = 0 x = x,+ 180° (da @,—= 0 nur wieder den Punkt P, gibt). 2. Näherung: y" — yY+y"—y"=0. Zu bestimmen ist hierin noch 4 Br A) y-y'— 7 sin2 X, [(b*-b )sinz-(b’-b,)cos& + sinz(Zk*J*-ZkJ)—- cosx(ZKk*J*-LIkJ)] also handelt es sich zuerst um die Berechnung von b’—b, und b}—b, (sie werden klein von der Ordnung ö werden). %“ muß Null werden für =, und 2=ı,-+t0. Also gilt: a) O=b,sinz,— b,c0s%,+ sin&, (FRI) — 605%, (kJ )z, ß) O=b,dcosa,+b,ösina,töcosz, (FkI)z + 3in, (EkAT)r +ÖSsnL(ERT )e,— C0SE(LKkAT zo» 1) Es ist einleuchtend, daß die Genauigkeit auf diese Weise eine geringere werden wird, als bei der vorher angegebenen Methode: Die größten Kreise, durch die wir die geodätischen Linien in 1. Näherung ersetzen können, schnitten sich bei der 1. Methode für = 1800. Die Glieder mit e? gaben also bereits eine Korrektion dieser 180°. Jetzt fallen aber beide größte Kreise zusammen, so daß offenbar ein Schritt verloren gegangen ist. 59 Gleichung /) ist aus a) durch Differentiation nach ö hervorgegangen; AJ und AJ bedeuten AJ AI 2 -Ö resp. (2) .Ö. Ebenso muß y*“ Null werden für =, und 2=2,—6; also gilt: y) 0=b*sinz,— 5% c0s%, + sinz, (IR*I*) 2, — 082, (FRI), 6) 0 = biöcosz,+b2ösinzg+öcosz, (I K*I*)r, Sin &yER+AT®),,+ISinD(ER*IF) a +Cos0(ERFATF) ro. Gleichung 6) ist aus y) durch Differentiation nach -Ö hervorgegangen; AJ* und 4.J* bedeuten AF* AJ* Zi (— ö) resp. ME (— ö). Wenn man noch beachtet, daß ER, ER, und KO also auch (AI), = (AT), n (AI, = - AN so erhält man aus a) bis ö) 2) 0= (b’—b,)sinz,— (b!—b,) cos@,+ sinz, (2 (k*—k) T).,— 608%, (Z(k*— k) JS), D) 0= (bt—b,)öcosz,+ (b—b,)ösina,+ sinz,(Z(k*—k)AT ), — 6082, (2(KF—K) AT) + 6.052, (Z(kA*—k) J), + Isinz, (Z(k*—k) I) zo und daraus: mie hir > b*—b, = — (2 (k*—k) J)z, — SINIg COST, SE DEEN = Tao + cos?x, SiEa)rEN ir (KIN, y EN { b*—b,—= — (Z(k*—k)J),, + sinzg C0szy m = sin?z, ev und daraus nach einer kurzen Nebenrechnung, die sofort nachgetragen werden wird: b—b, = — Z(k*—k)J, 46) [ £ 1 ( ) 0 \%-5,= —- II, Nebenreehnung: Nach 16) und 21) muß I’%kJ,, resp. Z%k*J,, die Form haben: kJ, = [Lfeoszf(e) da) DK AI, — 2 0.6057,11(X)) | also auch \ I], — [feoszf*(@)dz]., SAT, — — 6c0sXof"(@o) wobei f(&) und f*(z) irgend zwei uns nicht weiter interessierende Funktionen von & sind. Daher wird: ZA I, — ZkAT,—= Z(k*— k) AI, —= — 6 cos, [f*&) — Fl&o)] und ganz analog: —= 2("—k)AJ, = — sin x, [f*(&) — f(&)]- 8*+ 60 Unter Berücksichtigung der letzten zwei Gleichungen erhält man aber sofort: SB Az Z(k*<—h) AI __ h a ö = + cos? 0 — SINXy COSKy sin Lg, COSKy — sın? £, S(k*—h)AT, = ER ==: 0 g. e. d. E(k*—h) In, ö Aus 20) ergibt sich: kX-k, = -2ösinzgcoszu(l-2cos?X,); A-k,=0; Kki-k,= 2ösin?a,sin?X,; K-k—=0 daher aus 21) I(k*-k)J = -Ösinz,coszyu(1-2cos?X,)sin?c + ösin?z,sin?:X, (2 + sinXcosz) I(k*-k)Ia= Isin?Xy(Losin?X,—+ SiInXycoszycos?X,) = — (db*—b,) I(k*-k)J = -Ösinz,cosz,(1-2c0os?X,)(«-sin®cos«) + dsin’x,sin?X,sin?z I(k*-K)I.— 6[sintxysin? X, -sinzycoszy(1-2 08? X,)(&-sinzycos%)] = —(b*—b,) also (vgl. die Gleichung A) auf S. 58): sin I(k*-k)J-cos& F(k*-k)J=ö [sin x,c0s&,(1-2.c0s?X,) (sin &-& cos&)-sin?x,sin®X,xsin«]. Damit wird schließlich : 4+ ye—y"—=ö = sm2X,sinz, [Asinz+ Beose+ Ozcose + Daxsnz] wobei — —sın® sin’ X, sinz, c0s&, cos? X,) — cosx,(1— 2 cos? X, A Lo (Xo 0 f) f) 0 B= — cos2z,(1—2 cos? X,) (&, — SIN X, COS sin®x, sin? X, 0 0 0 0 [0] 0 0 C= _cos#,(1— 2 cos? X,) DZ sinzysinaXn:- 47) xu Die Enveloppe ergibt sich aus y*— y'’+y 0 = (asinz + beos&) +e(Asnz + Beose + Cxcosze + Dzsinz) —y"=0 als: wobei noch a — 208%, b= —2sinz,. Die letzte Gleichung stellt das Abbild der Enveloppe auf der Kugel dar. Bei der Ableitung von 47) wurde durch sinz,sin2X, dividiert. Trotzdem gilt 47) auch für «,— 0 (also für einen Punkt des Äquators) sowie für X,—= 0° oder 180% (also für die Spitzen auf dem Meridian), da bereits bekannt ist, daß die verschiedenen Enveloppen kontinuierlich in einander übergehen. Die Spitzen auf dem Parallelkreis erhält man aus 47) für: @,= ; IT X — 2 +9) Meridian E ren an Le ) D. h. als Schnittpunkt zweier geodätischer Linien, die den Parallelkreis in Pu berühren, vgl. v. Braunmühl, Ann. 14. 61 Im folgenden soll noch die Lage der Spitzen der Enveloppe für Punkte P, mit verschiedener Breite ®, untersucht werden. A) Spitzen auf dem Parallelkreis. ; N=, + ©, wird: el Vie A= — cost ®,; IBi— 6032,08); e=0; D’—2c0s2D,: Also erhalten wir aus 47) die Gleichung für die Spitzen auf dem Parallelkreis in der Form: 48) 0=cosc—+ > cos’®D, G — e) sine — cos). Diese Gleichung ändert sich nicht, wenn man x mit 180°—x vertauscht, d. h. aber: die beiden Spitzen liegen für jedes ®, nach beiden Seiten gleichweit vom Punkte P, ab. Aus 48) ergibt sich x (für ®,-F 90°, 270° ete.) als etwas kleiner wie 270°. Wächst D, von 0° bis 90°, so muß sich offenbar x immer mehr 270° nähern, d.h. aber geometrisch : die Spitzen rücken immer mehr zusammen, bis sie für ®, = 90° zusammenfallen (in den Gegenpol). Quantitativ sieht man aus 48), daß die Entfernung p der Spitzen voneinander proportional mit cos®®, abnimmt (bis auf Glieder höherer Ordnung d. h. so lange COST = 08 (270 -3) — — ? gesetzt werden darf). 2 > Beispiele: Man erhält aus 48) für D,=0 die halbe Entfernung > der Spitzen voneinander = 36’ 2'5 Fehler ca. 36 9, — 30%, ; h e > F 20 169 n ORT, D9,—45 „ 5 5 3 : R 18'173 5 le: DE 60: 5 . E z 5 9.076 R 2059 D, — 90er ” ” ” „ „ 0 070 ” ” 070 o)) und zwar ist immer der Abstand der Spitze von P,: 2 R—;. B) Spitzen auf dem Meridian. Für =D; %=7r erhält man aus 47): a=2c0s®,; b= —2sin®, A=cs®d,; B= cosd,(d,—sind,csd,); C=—co9d,; D=0 und die Gleichung für die Spitzen auf dem Meridian wird:?) r 2 & ; B 49) 0 =sinz—tgP,cosz + 5 [cos? P,sinz + (®,— sin ®, cos ®,) cos —x cos alle !) Dies alles gilt für das Abbild der Enveloppe auf die Kugel. Ein Zurückführen der Resultate auf das Ellipsoid hätte mit den in $ 2 und 3 angegebenen Übertragungsformeln zu geschehen. 2) In 49) ist durch cos, dividiert worden. Dies ist für Dy = etc. rückgängig zu machen. 62 Diese Gleichung ändert sich sehr wohl, falls man x mit 28,— x vertauscht d.h. die Spitzen stehen nach beiden Seiten nicht gleichweit vom Punkte P, ab (ausgenommen wenn D, =), 5 etc.). Beispiele: Man erhält aus 49) folgende Abstände der Spitzen von P, (wobei der eine Abstand Ay über den Nordpol, der andre As über den Südpol gemessen ist): ,=0 Ay =180° 36‘ 2°4 As = 180° 36’ 24 D,— 45° Ay = 180° 17' 55:7 As = 180° 18‘ 6°7 D, = 90° Ay = 1800 As = 180°. Anmerkung. v. Braunmühl hat den Satz aufgestellt,!) daß sich auf dem abge- platteten Rotationsellipsoid zwei unendlich benachbarte geodätische Linien erst nach Vol- lendung „ihrer halben Periode“ schneiden. Dieser Satz scheint zwar mit unseren Resultaten unter B), nicht aber mit denen unter A) zu stimmen. Die Unstimmigkeit ist jedoch bloß scheinbar: Der Braunmühlsche Satz behauptet nur, daß sich zwei benachbarte geodätische Linien, die von einem Punkt P, des Kreises ®, = const. ausgehen erst schneiden nachdem sie den Kreis —®,= const. getroffen haben.?) Dies widerspricht aber unsern Resultaten keineswegs. Enveloppen höherer Ordnung. Die Gleichungen 48) und 49) haben natürlich unendlich viele Lösungen x. Je zwei aufeimanderfolgende Werte dieser x unterscheiden sich ungefähr um x voneinander. Setzen wir deshalb in 48) resp. 49) s=(@n+1)5—6 vep. =nat+ Dr nung unter Vernachläßigung höherer Glieder in e? (wobei n=1,2...), so wird ö und ö‘ klein wie e?® und wir erhalten nach kurzer Rech- 6) - e? . aus 48) 6=,nncos®®d, aus 49) De — = nz cos’ D,. Wenn wir in 49) 2 = — (nn — D,-+ 6") setzen (also im Sinne fallender & fortschreiten) so wird 0) : e? “=i—=n—nncosd,. Daraus sehen wir: 1. Die Abstände der Spitzen der Enveloppen ». Ordnung sind (bis auf Glieder höherer Ordnung) n mal so groß als die betreffenden Abstände der Enveloppen 1. Ordnung. 2. Die Spitzen beider Art rücken proportional mit cos’®, zu- sammen, wenn ©, vom Äquator zum Pol fortschreitet. 3. Die Abstände der Spitzen auf dem Parallelkreis (= 2Ö) sind gleich den Abständen der Spitzen auf dem Meridian (= 6'-- 6") bis auf Glieder höherer Ordnung. 1) Math. Ann. 14 (1879) S. 563. ®2) Und zwar auf dem Weg: P, auf Kreis ®y = const. — Grenzkreis (d. h. Kreis, dem das größte ® zukommt, das von der geod. Linie erreicht wird) — Kreis d,— const. — Kreis (—2)) = const. (vgl.1.c.S.558). 63 Eine zweite Probe auf die Richtigkeit unsrer Formeln 24) bis 26) für die 3. Korrektion. Die bisher angegebenen Formeln für die Enveloppe geodätischer Linien lassen sich ohne Schwierigkeit durch Berücksichtigung der 3. Korrektion y‘ auf Glieder mit e* er- weitern. Die Rechnungen sind ganz analog den auf S.58ff. bereits ausgeführten ; die dann noch auftretenden Fehler sind von der Größenordnung 0/01. Zur Kontrolle der Formeln 24) bis 26) wurden für ®D,= 0 die Abstände der Spitzen der Enveloppe, die auf dem Äquator liegen, bestimmt. Ganz analog wie früher wurde nach einiger Rechnung folgende Gleichung für das x der Spitzen gefunden: 4 2 2 7 0 = c0oscC—+ = (E-:) sine — oosa] + Ale 2) sin® — (#224 1+ 7) cos® a daraus berechnet sich ein & zu: 270° — 36‘ 6,144 (Fehler: 0'027). Der Fehler von 0/027 entspricht der zu erwartenden Ungenauigkeit der 3. Korrektion. Die Probe auf die Richtigkeit unserer Formeln stimmt also. 813. Nomographische Darstellung der Azimutkorrektionen. Die Azimutkorrektionen y wurden, wie sie sich in 1. Näherung ergeben, nomo- graphisch dargestellt. Es wurde also gesetzt (cf. 19a) 62} e. u re : ! tgy, = -sin2X%,|-—— — 005%, — cosz,| = 344/172sin2X,-f(@,,%,). sin (2, — %,) Hierin ist zur Abkürzung %— sin (2, — %,) COS, — COS | = f(&,%) gesetzt.!) Es wurde nun zuerst f als Funktion von x, und x, nomographisch dargestellt. Zu diesem Zwecke wurden für ca. 120 zusammengehörige Werte von x, und x, — wobei - IT . PERS) 0 sin2X, |) Wie die Bestimmung der beiden Azimutkorrektionen y, und y, vor sich geht, sei an einem Beispiel gezeigt. Es sei gegeben: .—=0; =; =135°. Um zuerst y, zu finden, geht man mit ,=(; —- in Tafel 1 und findet (ev. durch lineare Interpolation) € f= 1,2. Da ferner sin2 X, = — sin 2-45° findet man in Tafel 2a) oder 2b) für X,=45°; f=1,0: y,| = 344/2. Wegen der 2 Minuszeichen (= — und sin2X, = —) ist daher yv, = + 34472. 1) Vgl. z. B. Enzyklopädie d. math. Wiss. Französ. Ausg. „Calculs numeriques“ Mehmke-d’Ocagne, Paris 1909, S. 385. 65 Um y, zu finden, hat man &, mit &, zu vertauschen und findet für x, = = f= + 157. Damit aus Tafel 2a) oder 2b) für N, = 45°: 0: [= 541" (Ich fand aus Tafel 2a) |y,| = 542“ und aus 2b w,|=540"). Da f positiv und sin2X, negativ ist, so haben wir = — 541". Abschätzung der Genauigkeit. Mit welcher Genauigkeit wird das y, in unserem letzten Beispiel versehen sein ? Jede der beiden Kurven f=4 in Tafel 1, zwischen denen interpoliert wird, sei unabhängig von der anderen mit einem mittleren Zeichenfehler von 0,1 mm behaftet, ferner werde bei der Eintragung und Ablesung des Punktes &,, x, zwischen den Kurven im Mittel ein Fehler von 0,1 mm gemacht. Das gibt zusammen einen mittleren Fehler von V 0,03 = 0,17 mm. In unserer Figur 1 machen aber in der Nähe des Punktes x, = 90°, z,=0, 20 mm eine Differenz von 0,7011 im Werte von f aus, 0,17 mm machen daher 0,006 im Werte von f aus. In der Tafel 2a wird deshalb statt log 1,571 etwa log 1,577 abgelesen, d. h. ein Wert, der um 0,00165 falsch ist. Die Einheit wurde gleich 200 mm gewählt, deshalb macht dieser Fehler in mm aus: 0,33 mm. Dazu kommt der Fehler wegen der ungenauen Auftragung des interpolierten f (in Tafel 2a) und der benachbarten zwei Werte f mit ca. 0,17 mm. Also zusammen Y 0,33? + 0,17? = 0,37 mm. Übertragen auf die Gerade für y ergibt sich der halbe Fehler davon also 0,185 mm (da w in der Mitte von X, und f aufgetragen ist). Außerdem hat der interpolierte Wert von X, einen mittleren Fehler von ca. 0,17 mm (Annahmen wie oben bei f), daher treffen auf w: » — 0,085 mm. Zusammengenommen ist für % ein mittlerer Fehler von V0,185°-+ 0,085? — 0,204 mm zu erwarten. Zwischen 500° und 600° machen aber 7,5 mm 100“ aus, daher ist der mittlere Fehler von y, = 2/6 also ca. !/2°Jo der Korrektion. Verschiedene Fehlerquellen (z. B. Papiereingang, ungenaues Lineal, nicht genaue Äquidistanz der Geraden für X,, y und f) wurden unberücksichtigt gelassen, da es sich ja nur um einen Überblick handelt. Sie können die Genauigkeit wesentlich herunter- drücken. Dazu kommt noch der Fehler infolge der Vernachlässigung höherer Potenzen von e? in der Rechnung. (Er beträgt für unser Beispiel nach $ 7 16). Alles in allem ist ein Fehler von ca. 1°/, bis 1,5°/o der Korrektion zu erwarten. Abh. d. math.-phys. Kl.XXVII, 4. Abh. 9 66 8 14. Anhang: Notwendige und hinreichende Bedingungen, für die Möglichkeit, eine Funktion F(x#,) = f(&,, %,, &%,) nomographisch in der Ebene darzustellen. !) Wir haben in Tafel 1 und 2 die Azimutkorrektionen als Funktionen von &,, x, und X, dargestellt. Es wäre zweifellos wesentlich angenehmer sie als Funktionen der Längen- differenz A,—4, und der geographischen Breiten @, und @, der Punkte P, und P, dar- gestellt zu haben. Hier treten jedoch große Schwierigkeiten auf. Der eine Weg wäre natürlich sofort gangbar, daß man z. B. A,— 4, feste etwa von 5° zu 5° fortschreitende Werte gäbe, für jeden solchen Wert von A,—4, ein besonderes Nomogramm für den Zusammenhang zwischen Azimutkorrektion und den zwei Breiten aufstellte und schließlich für die gegebene Längendifferenz zwischen 2 oder 3 Nomo- grammen interpolierte. Die Gründe, die gegen ein solches Verfahren sprechen, liegen auf der Hand. Soll jedoch eine Funktion F'(&,) = f(&,, %,, &,) durch ein?) Nomogramm mit stetiger Aufeinanderfolge der Funktionswerte dargestellt werden, so hat die Funktion f eine Be- dingung zu erfüllen: Die 4 Variablen &,. z,, &,, &, müssen sich nämlich irgendwie zu je dreien zusammen- fassen lassen, damit eine Darstellung in der Ebene (durch bezifferte Kurven) möglich wird. Wir können sagen, es muß sich F'(«,) in der Form schreiben lassen: A) Fa) = le, 9 @, 23)] und es ist unsere Aufgabe, eine analytische Bedingung für die Möglichkeit dieser Schreib- weise aufzustellen. Durch partielles Differenzieren folgt aus A): af _af ap 9%, 99 9%, R TER 1% P3 oder in oft gebrauchter Abkürzung: | of _ af 29 | Pr 30, 29 28, a 109: und daraus durch Division: fr _ 9 f; P3 oder durch Logarithmieren : B) leß,—leh=1e”. Ps Die rechte Seite von B) hängt aber nur von &, und &, ab, man erhält also durch part. Differenzieren nach &,: en: = F oder: = Ber Ben Er EN ON a) hal Fusf, Zn ) 9%, eo 9%, !) Eine ähnliche Untersuchung findet sich bei: Paul de Saint-Robert, Memorie della R. Academia di Torino, 2® serie, t. XXV p. 53, 1871; (auch abgedruckt in: d’Ocagne, Traite de Nomographie, Paris 1899, S. 418 f.). ?) Oder durch zwei (kein prinzipieller Unterschied !). EEE 67 Diese Bedingung ist jedenfalls notwendig, sie ist aber auch hinreichend. Denn wenn irgend ein f(&,. %, &,) gegeben ist, das die partielle Differentialgleichung 51) erfüllt, so folgt aus dieser durch Integrieren: le, = Igf; + 1gy (@,, 23) oder aan C) EL — 0 a2, 28, Ya 23) worin y irgend eine von &, unabhängige Funktion bedeutet. e ° ° o . In C) ist aber = und = bekannt, da ja f(&,,%, %,) gegeben ist. Also kann aus 2 3 C) das w(@,, ©,) bestimmt werden. Da aber weiter af .2af _2P ‚239 DE de OR, ce, gilt (ef. oben), so hat man für das gesuchte @ die partielle lineare, homogene Differential- gleichung: = Pla) IP (Ess %g) 2) = 52) 22, 32, Y (dig, %) 0 und diese Gleichung hat immer eine Lösung — eben die gesuchte Beziehung @(#,, &,) zwischen x, und &,. Also ist die Bedingung 51) auch hinreichend. Für unsere Zwecke folgt aus der Bedingung 51), daß schon der Ausdruck ag Pu der in unserer ersten Azimutkorrektion vorkommt, nicht als Funktion von @,, 9, und 4 (wobei A=7,—/,) nomographisch dargestellt werden kann. Denn aus cos (£,— %,) = sin D, sin D,+ cos ®, cos ®, cos A (da L=A) — 44,0, 0;) = f(R, 9, 93) folgt nach kurzer Rechnung, falls man den Ansatz versucht FlA, Pu, P9)] = FA 91 9) 9? e ®f af . e 6 od, oB,, I I min ta) a 9499,99, 9499, 297, 99, 39, ebenso folgt für den Ansatz > of of 92 f OIRRN 5 od, 9b, f (4, 9, 9) = f[9p, p(, 9,)] A sinA > rn h 3 af af af af : D, 30, k; ) u ) ı# D = - = = 12 f@, 9 9) f[P1, P (A, P)] 99,94 9p, 9,9, au cos p,sin 32, 99, also ist die Gleichung 51) in keinem der drei möglichen Fälle erfüllt, d. h. cos(@,— ,) ist als Funktion von 4, @,, 9, nicht nomographisch darstellbar. Dies gilt dann sofort auch für jede andere Funktion von (z,—x,) allein, z. B. für ee 2a 4) - sin (2, —%,) 1) Ein analytischer Beweis für diese an sich schon einleuchtende Behauptung wäre etwa: 9* 68 : e 5 Ei: Bl : Die Azimutkorrektion y, = za 2X, DE: COS X, — COS | wurde allerdings nicht in dieser Weise auf die Möglichkeit ihrer nomographischen Darstellung als Funktion von 4, 9, 9, untersucht. Der Grund dafür liegt nur zum kleinen Teil in der außer- ordentlichen Langwierigkeit der auftretenden Differentiationen, größtenteils aber darin, daß schon die Anschauung eine solche Möglichkeit auszuschließen scheint. Zusammenfassung, Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der konformen Abbildung des ganzen Erdellipsoids und seiner geodätischen Linien auf die Kugel; die Resultate gelten für Strecken von beliebiger Länge (Einschränkungen vgl. $ 3). In $1 wurden Untersuchungen von Gauß, die sich auf unsere konforme Abbildung beziehen, in Kürze wiederholt. In $2 ergibt sich unter anderem das Resultat, daß die maximale Längenverzerrung bei unserer Abbildung bei günstigster Wahl des Kugelradius R ca. = der Länge beträgt, für R = große oder kleine Achse des Erdellipsoids ca. 50 In $ 3 werden verschiedene Näherungsformeln nach steigenden Potenzen von e? an- gegeben (e = Exzentrizität). In $ 4 wurde die Differentialgleichung des Abbilds der geodätischen Linie auf die Kugel in zwei Formen aufgestellt: 1. exakt in geschlossener Form, 2. als unendliches System: Die 1. Differentialgleichung enthält nur Glieder mit e®, die 2. mit e* usw. Es wurden nur Glieder bis e° berücksichtigt, doch wurde die Möglichkeit zur Einhaltung jeder gewünschten Genauigkeit gezeigt. $S5 bringt die Lösung der Differentialgleichung der Bildkurve. Die angegebene Lösung erscheint als Summe von (im allgemeinen) sehr rasch abnehmenden Korrektionen und kann als exakte Lösung der Differentialgleichung in Form’ einer unendlichen Reihe betrachtet werden. Angegeben sind nur Glieder bis e°; es ist jedoch gezeigt, daß auch die Berücksichtigung höherer Glieder immer wieder auf ein und dieselbe Differential- gleichung zurückführt, deren Lösung bereits bewerkstellist ist. Durch die Lösung der Differentialgleichung sind alle Aufgaben, die sich auf geodätische Linien des Sphäroids beziehen, zurückgeführt auf rein sphärische Aufgaben und damit theoretisch gelöst. Wenn für y=f(&, X, %3) ay 0oy ay My, ö UI IL 99a 9m ist, so wird für eine Funktion w(y) nach ganz kurzer Rechnung erhalten: Oo = (3) %y 9y 92 y se) nn or Iy rap r. 92,00, da, 92190, 98, 92,979 9a r AVER 13 7 1903 92 \aY und die rechte Seite hievon ist nach Bed. = 0, so lange w(y) von y abhängt. Ban u 69 In $ 6 wird die Länge einer geodätischen Linie aus der geographischen Lage ihrer Endpunkte abgeleitet, ferner die Länge ihres Abbilds auf die Kugel und die Länge des Abbilds eines größten Kugelkreises auf das Ellipsoid. Praktisch interessant ist besonders die Differenz der Längen von geodätischer Linie und Abbild des größten Kreises. Daß diese Längendifferenz zu gering ist, um z. B. in der Schiffahrt aus Ersparnis- gründen berücksichtigt werden zu müssen, zeigt $7. Dieser Paragraph bringt auch Bei- spiele für die Aufgabe: Aus der geographischen Lage der Endpunkte P, und P, die Azimutkorrektionen bei P, und P, und die Länge s der geodätischen Linie P,P, zu be- rechnen. Gegenüber den bisherigen Methoden, die für die ganze Rechnung die Benützung 7stelliger Tafeln voraussetzen, bedeutet unsere Lösung insofern praktisch einen Vorteil, als nur die sphärische Rechnung 7 stellig, die 1. Korrektion 5stellig und die 2. Korrektion mit Rechenschieber auszuführen ist. Rein theoretisch gesprochen ist in unserer Methode darin ein gewisser Vorzug zu erblicken, dafs sie direkt ist, während die bisherigen Me- thoden für große Entfernungen P, P, nur indirekte Lösungen dieser Aufgabe geben. Die Konvergenzuntersuchung in $ 8 bringt den Nachweis, daß unsere Lösung inner- halb sehr weiter Grenzen konvergiert (und zwar sehr rasch). Sie weist aber auch auf die Größen hin, deren rasches Anwachsen (besonders wenn sich P,P, 180° nähert) die Kon- vergenz gefährdet. Eine ungefähre Abschätzung der Konvergenzgrenzen ist möglich infolge des im $ 5 hervorgehobenen gleichmäßigen Baus der Differentialgleichung für jede einzelne Korrektion. In $ 9 wird unter anderem gezeigt, daß die Azimutkorrektion für P,P, = 100 km schon 6“ betragen kann. Ferner, daß unsere 1. Korrektion bei Strecken bis zu 100 km im Azimut höchstens noch einen Fehler von 0’04 besitzt, die 2. Korrektion bei Strecken bis zu ca. 4000 km einen solchen von 0,01, während bei Berücksichtigung auch der 3. Kor- rektion eine Genauigkeit auf 0’0001 selbst noch bei Strecken bis zu ca. 6500 km gewähr- leistet ist. $ 10 bringt die Lösung der Aufgabe: Gegeben Länge s einer geodätischen Linie, Lage des einen Endpunkts und Azimut in demselben. Gesucht Breite und Azimut im anderen Endpunkt. In $11 sind die Formen der Bildkurve (d. h. des Ahbilds der geodätischen Linie auf die Kugel) diskutiert unter starker Benützung der geometrischen Anschauung. (Rein analytische Beweise wurden zwar teilweise ausgeführt, aber im Text nicht angegeben.) $ 12 beschäftigt sich mit Enveloppen geodätischer Linien auf dem Sphäroid. Für das Abbild der Enveloppen auf die Kugel konnte eine ziemlich übersichtliche Näherungs- gleichung (maximaler Fehler der Punktbestimmung 36) aufgestellt werden. Zugleich werden zwei Proben auf die Richtigkeit unserer Formeln für die 3. Korrektion angestellt. $13 bringt die nomographische Darstellung der Azimutkorrektionen. Der Fehler des nomographisch erhaltenen Resultats wird auf ca. 1°/o bis 1,5°/ der Korrektion geschätzt. In $ 14 (Anhang) wird die notwendige und hinreichende Bedingung für die Mög- lichkeit F(z,) =f(#,, £,,%,) in der Ebene nomographisch darzustellen aufgestellt. 70 Zusammenstellung der Bezeichnungen. Hier seien die Bezeichnungen und Abkürzungen zusammengestellt, die sich durch einen größeren Teil der Arbeit ziehen. Große Buchstaben beziehen sich .auf die Kugel, kleine auf das Hllipsoid. So bedeutet: Kugel L Länge, ® Breite, S Länge des größten Kreises, S' Länge des Bildes der geod. Linie, X südöstl. Azimut, X, Azimut des gr. Kreises im Äquator, R Radius der Kugel, Ferner: m Vergrößerungsverhältnis, e Exzentrizität, a = 6 377 397,15500 m, y Azimutkorrektion, %, &, &%,, y Definition in $ 4, ki, Üeyy Toys fig, Kr a a USERS S yerch| IB ENDETE] gewisse von x unabhängige Größen | gewisse Integrale Ellipsoid ı Länge, p geogr. Breite, s Länge der geod. Linie, Länge des Bildes des größten Kreises, x südöstl. Azimut, 4. vgl. S. 46 (sonst nicht verwendet), a große y ni Halbachse des Sphäroids. Gy, Gy; b1, 55 C,, C,; Integrationskonstante, e? = 0,006 674 372 231 315, b = 6 356 078,96325 m, [ vgl. S. 22, „8.25 | Striche bedeuten nie Differentialquotienten, sondern im allgemeinen Korrektionen. Die Anzahl der Striche deutet die Potenz an, in der e? vorkommt, z. B. “u u YyY,9ı Weiter ist noch gesetzt: =d+9%+90"+0“ vel. 8.10u.1l, dS=p+9'+o"+o" „812. D“ Korrektionen von der Größenordnung e* (wir nennen sie „2. Korrektionen“). zen Inhaltsverzeichnis. Seite Vorwort 3 . : : © - > ö 5 o 5 ö 0 : 5 5 5 3 $ 1. Die Gaußschen ng Allgemeine Formeln über konforme Abbildung und Ver- größerungsverhältnis. Ableitung der Abbildungsgleichungen © q 6 0 0 ® 4 $ 2. Spezielles über das Vergrößerungsverhältnis und die auftretenden Verzerrungen 2 ’ 8 $ 3. Einige Näherungsformeln. (Potenzreihen nach steigenden Potenzen von e?) £ ' : 10 $ 4. Differentialgleichung der Bildkurve : 2 : R R : ; & e : a 14 $S 5. Lösung der Differentialgleichung der Bildkurve. Azimutkorrektionen 5 0 20 $ 6. Länge s der geodätischen Linie auf dem Erdellipsoid und ihres Abbilds 5° auf der Kugel. Länge S des größten Kreises auf der Kugel und seines Abbilds s’ auf dem Erdellipsoid 26 $ 7. Beispiele 29 $ 8. Konvergenzuntersuchung . B - £ 6 ? 5 6 : £ 0 : i : 36 $ 9. Maximalwerte der Azimutkorrektionen und Genauigkeitsabschätzungen A i 8 5 45 $10. Gegeben die Länge s einer geodätischen Linie, die Lage eines der Endpunkte und das Azimut in ihm. Gesucht Breite und Azimut im anderen Endpunkt. — Beispiel B e 45 $11. Formen der Bildkurve E ; e : 2 ; } 5 2 ; : : 5 . 50 $12. Enveloppen der geodätischen Linien auf dem Sphäroid ; : ; : & D 6 55 $13. Nomographische Darstellung der Azimutkorrektionen . e : e & a 0 & 63 $14. Anhang: Notwendige und hinreichende Bedingungen für die Möglichkeit, eine Funktion F(z,) = f(&,, 23, 25) nomographisch in der Ebene darzustellen : } z ; B : 66 Zusammenfassung 5 : : e 5 : . 5 E . a 5 6 E b : 68 Zusammenstellung der Bezeichnungen : 6 c : , ö 5 : b ° 5 £ 70 ee =ig! | Re) | I SS nn EI e > | | | | j | on | | | l | | Se | | | Be] Bee | | l H ea.) | | l Ei | t Frese | | | Fe | | | | Bee | | | | Er I | | | Be | | | | | ee) | | I B | H--4- 4 EN | | | | 1 I u: ee Il er el \ j j + ı Tree bo Near r- --1--1-- A, l f on Tan TI ee — I Al | l Ba I 2. an moin N | = 11 | | Hr = ne I 1 4 I Si 4 | I Ser | ET j Tee I All Ana ZezJe- 131-4 2-1. | IE L I I I | | rise fe 1 | I l i I I P=- 4-1 H-- L-— HIN NA AI HUF YA A-Sloo=banr- N j I | [ | I. i Ft a tage | ! ee! | ee ll ne See Tv Terug ! I es en) | eine al u en N NUE7// 77 ZI 27, EEE LEINE ÄÜNN IA | 1 ! ! | 1 le mel A IH SE a i Image 1 ze "or in. H=----F--—4-- I {1 | I I) {} | mM... or Rot... 0-0 0000 elle ln ee lernt | N ! | Y | \ [I \ j j j 1 | | | 1 | I: rue oo = Se l | I ı \ H | 1 | | [ I | | ‚N i h | I | Il | ! ! ! 1 N ee | A Ei a a a) a) HE IM weint Te ME Set Se ar Se ee Te EN EIN Te h ! | ! ! | | 1 { Te a a en RN | 1 | IR ht H 1 ı ı | 1 It I | SL —---I--L--6-.4- 0-22 4-44 14-1 Sı VER gare ® I S 4-4 bee sellle AL Mer le ee HL HL a | Bel | N ! | | | | et | 1 n | H j | j Solo ee ee Sl N | N | I nn nn S h j o| I | ı ! ! Net I se ae ne SU Wo al 8 --+--+--4 4-4 ---4-- 42-14-4444 j 30 en (a | les | | | ı | j j | | en ae ef = S H IT | R SS He BR |, 1 arte DR), eo a a ® Ss | | I N | | N \ f N ı H { | '® 5 RE 4 | L | LH f I ii je l | i= au 3 | il | R r Ta as a a ee el {} & SL It AN EREER| TR ER BEE Rh Eee \ 3 Sg a ar I aa tt Te ZT ee eh a | Bla a ea 2 a EEE + 1 Sa m Be ara ma vs EI m | i WE NE EV EN N VOR RR RE RN RT EN | ee Iaf.I. Wilh.Deimler, Conf.Abb.d.ganzenErdelljnsoids a.d.Kugel. (v91.5.6#) X lu /Yinsek) ns 0 X, Mlinsek) If a. 20 15 . 18% logıfj=Uog az + log; X! =log;f+logpin2Yor]*® — " SE j 3600 = - 100 .. > Fa a i 70 2800 eu 2600 50 2400 45 € 50 2200 es 35 2000 ss 30 5 25 & 1 1500 42 : z 1100 3 1000 - = 900 2500 a 2200 - z 00 1209 2 600 1280 Ss © soo-I- 800 -15 -700 s 400 = : 350 400 350 1 . 300 es = . 250 200 180 07 160 | 140 4 = = 180 - 170 a 160 + ; 150 > 140 R a 130 3 120 110 5 100 - 30 03 3 25 : : 70 +46 ® o 60 + 12 . B 50 45 7 40 35 4 10; -| Lith,Anst Hubert Köhler, München. h. Abh. d.math.phys.K1.XXVI,4.Ab ART EEE TRENNT Pe ER wait be ER vun ae ST Re em onen en dem pen AT rk NR u 5 Sin a Fu = EN IRT" S - un “wur = ri UT SETg a De DEREN UNE ea gig, TR m AUT - = e IE - Fb B Er #8 im : LAU vn Ei ee 2 € a Fa za ur t rn < < 3 ERS ee zei Ki Er} N E RABEN. eo er a: A An EEE ne FE == a ge nn nenne anime enenn rrneareen neere n rnnnne BIC E2S, Abhandlungen der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften Mathematisch - physikalische Klasse XXVI. Band, 5. Abhandlung Aus den wissenschaftlichen Ergebnissen der Merzbacherschen Tian-Schan-Expeditionen Die Gebirgsgruppe Bogdo-Ola im östlichen Tian-Schan Gottfried Merzbacher unter Mitarbeit von P. Groeber und mit Beiträgen von: G. Glungler, Fr. Lex, Jul. Schuster, Maurice Leriche, Otto M. Reis u. Boris Fedtschenko Nit 3 Tafeln Karten, 24 Tafeln Lichtdruck von Panoramen etc, sowie Profilen und einer Seite Diagrammen Vorgelest am 7. November 1914 München 1916 Verlag der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Kommission des G. Franz’schen Verlags (J. Roth) | BE | IN KR elek NN al aan A. BOhlonunE - Mora Bin 2 3 f } . {d “ JE eg ee A: i F j H ala var Math ne j I: » \ - .. ‘ { > 7 XXIV. XV. Inhaltsverzeichnis. Einleitung . Urumtschi: seine geographische Lage, Bedeutung und Bevölkerung . Das Klima von Urumtsehi und seine Beziehung zur Bogdo-Ola | . Bedeutung der Bogdo-Ola als Landmarke der Provinz Hsin-kiang . Erforschungsgeschichte und Literatur Würdigung des bisherigen Kartenmaterials . Die wichtigsten orographischen und tektonischen Züge ab Bosdb- be nee . Vergleich zwischen. dem Bau der Bogdo-Ola und dem des zentralen Tian-Schan . Das Gesteinsmaterial der Bogdo-Ola und sein mutmaßliches Alter . Über das Alter der Gesteine der Angaraserie in den Vorketten der Bogdo- Ola . Die tertiären Ablagerungen ; . Die heutige Vergletscherung der entralen Bogdo- Oa-Grappe . Entwässerungssystem und Talbildung . Die Vegetationsdecke '. Bevölkerung und Tierleben . Von Urumtschi zum Bogdo-Ola-See xXVI. AJIE PRIV III: XIX. XX. XXI. XXI. XXIH. Vom See zum Nordfuße der zentralen, höchsten Be Ola- Srune Der Südabhang der Zentralgruppe Über einige Ergebnisse meiner Beobachtungen Bemerkungen zu den Karten Geologischer Teil von P. Gröber Petrographischer Teil von Georg Glungler (mit 2 Tafeln Dünnsehliffen N u. 1m Meteorologisches aus der Bogdo-Ola von Fr. Lex Fossile Pflanzen aus dem Tian-Schan von J. Schuster (ni 2 Tafeln ieh drucken A u. B) Über fossile Fische aus der Bogdo- Ola von ee ertene Sen Otto M. Reis (mit 1 Tafel Liehtdruck 19) i Verzeichnis der Pflanzen vom Bogdo-Ola- Gehirge von Boris Medischenko Sachregister Druckfehlerverzeichnis und andere Berichtigungen 1* III 109 130 134 161 182 212 238 247 267 292 299 306 308 313 328 BIRHABATTER EL ai . 3 Y 4 & 7 Zu # \ ala I # ( NER ETLENN.-, ar ENGEN 3 r . z . ‚ ; „ Du Verzeichnis der Tafeln und Karten. Lichtdrucke nach Photographien des Verfassers: Panorama der zentralen Bogdo-Ola-Gruppe von Norden, aufgenommen auf einem Gipfel (4045 m) in der Ostumwallung der obersten Talstufe. Panorama des zentralen und westlichen Teiles der Bogdo-Ola-Gruppe von Norden, aufgenommen auf einem Gipfel (3925 m) in der Westumwallung der obersten Talstufe. Panorama der Bogdo-Qla-Gruppe von Süden, aufgenommen auf einem Gipfel (4530 m) in der Westumwallung des Chigo-Gletschers. Fig. 1. Panorama der zentralen Bogdo-Ola-Gruppe von Norden, aufgenommen auf Höhe 4045 m im Ostwall des obersten Da-tun-gu-Tales. Fig. 2. Abfall des Bogdo-Ola-Westgipfels gegen Gurban-bogdo-Tal in Stufen, getrennt durch steilwandige Engschluchten. Fig. 3. Lager auf Hochstufe am Nordfuß der Bogdo-Ola mit erstiegenem Gipfel des West- randes, am Fuße drei Stufen alter Moränenzüge. Fig. 4 Blick auf die Ketten der Angaragesteine, aufgenommen von Westen nach Osten, von einer Höhe zwischen den Tälern Dön-chon-dse und Sangun. Fig. 5. Teleaufnahme der Bogdo-Ola (Distanz 60 km) von der Steppe zwischen Han-tsu-an und Foukan; veranschaulicht den Aufbau in drei Stufen. Fig. 1. Unteres Sangun-Tal;,erste Mulde in den Angaragesteinen; Charakter der Wüsten- steppen-Vegetation. Fig. 2. Steilgestellte Tonschiefer, von alter Moräne überlagert in junger Schlucht des Da- tun-gu-Tales; darüber vom Fluß verlassener alter Talboden. Fig. 3. Ostbucht des Bogdo-Ola-Sees mit Terrassen in alten Ufermoränen, auf welchen Kloster- tempel errichtet sind. Fig. 1. Bogdo-Ola-Seetal mit umrandenden zerschnittenen Hochflächen, mit oberster flächen- hafter Gebirgsstufe und Hochgebirge dahinter. Fig. 2. Teleaufnahme über den Nordabfall des alten Gebirges und über das Angara - Gebirge hinweg nach Norden. Fig. 1. Bogdo-Ola-Gruppe vom Weg zwischen zweiten und oberen Kloster mit Teil der Hoch- fläche; Charakter des Waldes und seine Exposition zeigend. Fig. 2. Tal des Aufstiegs zum nördlichen Hochlager. Junge Erosion in alter Hochfläche. Fig. 3. Gurban-bogdo-Paß mit Pik Schokalsky. Bogdo-Ola-See gegen Süden. Fig. 1. Zweites Kloster auf Moräne über Bogdo-Ola-See; dahinter bewaldete Moräne am Fuße eines Querzuges. Fig. 2. Teil des Bogdo-Ola-Sees bis zum Nordende mit absperrender Moräne, Da-tun-gu-Tal und jung zerschnittener Hochfläche, weiterhin Angara-Gebirge. VI Taf. ” ”„ Taf. ” ” 10. Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4 Fig. 5. 11. 12. Fig. 1 Fig. 2 13. 14. Fig. 1 Fig. 2 Fig. 3 Fig. 4 Fig 15.0 Rıg.sl: Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4 I6-EERyo el. Fig. 2. Fig. 3. 16 A. Blick 17. 18. Oberes Kloster auf Moräne über Bogdo-Ola-See, links Hochfläche, dahinter Hochgebirge. Jung zerschnittene Hochflächen zu beiden Seiten des Bogdo-Ola-Seetales.. Aus jungen Engtälern aufstrebender Wald. Vom Eis verlassene Landschaft südlich unterhalb Gurban-bogdo-Paß mit Enden zurück- getretener Gletscher und aufgefülltem Seebecken. Mittlerer Moränensee im Oberlauf des Gurban-bogdo-Tales mıt Rundhöckern u. Moränen. Rezenter Gletscherrückzug am Westrande des Gurban-bogdo-Tales. Teil der aufstauenden Moräne des Sees auf Taf. 14 Fig. 3 (Ergänzung). Absturz eines Hängegletschers des Pik-Schokalsky in Moränensee. Oberes Gurban-bogdo-Tal. Glazial erodiertes, in Stufen abfallendes Toogtal, vom Eise ge- schliffene Talwände. Oberlauf des Chigo-Gletschers vom Sattel (4255 m) am Westrand. Mittelmoränen im Scheitel der hohen Eiswölbung, zwei Stufen Schliffkehlen im Talrand. Der „Südgletscher“ von annähernd gleichem Standunkt gesehen. Eigenartige Gestalt des Einzugsgebietes und der stark abschmelzenden Zunge. Östlicher Talrand des oberen Gurban-bogdo-Tales mit zerschnittener Moränenlandschaft im Tal und Moränensee. Blick aufwärts im untern Gurban-bogdo-Tal mit verlassener Kupferschmelze. Auflösung des Gebirges in Querschollen. Blick in südliches Nebental auf Lager 6 mit vier alten Ufermoränen, sowie aufwärts im Trog des oberen Gurban-bogdo-Tales. See im oberen Gurban-bogdo-Tal mit alter Ufermoräne und Abdämmungsmoräne; Blick nach Süden. Seitenschlucht im oberen Da-tun-gu-Tal. Junge Erosion in alter Hochfläche. Mündung eines östlichen Nebentales in das Gurban-bogedo-Tal. Drei Stufen alter Ufermoränen im Südrand. Die Stadt Urumtschi mit der Bogdo-Ola-Kette im Nordosten. Oasen-Gürtel im Westen und Südwesten von Urumtschi. Das die Stadt Urumtschi gegen die Wüste im Norden abschließende Angara- Gebirge mit Obelisk und Tempeln am Gipfel und Tempeln am Fuß. Dun-Schan-Gebirge mit Karawanserai Dschi-dschi-su. Zinkographie: Hyprometrisches Längsprofil durch den östlichen Tian-Schan. Schematisches Querprofil durch die zentrale Bogdo-Ola-Gruppe. Skizze des Gletscherbeckens am Südabfall des zentralen Hauptkammes. Farbenlithographien: von „Signalberg“ oberhalb des oberen Klosters am Bogdo-Olo-See nach NW, nach Zeichnung von P. Groeber. s Geologisches Profl I Durch den Kissyl-Tau, westlich von Urumtschi 1: 100,000. „ II Durch das Sangun- und Da-tun-gu-Tal 1:100,000. „ ll Unteres Dön-chon-dse-Tal 1: 100,000. „ IV Tal Ogun-schan-dse, oberes Da-tun-gu-Tal. Gurban-bogdo-Paß, Gurban- bogdo-Tal. Durch das ganze Gebiet 1:100,000; keine Überhöhung. 3 V Sangun-Tal 1:15,000. x Va Blick in Mulde II vom rechten Ufer aus. „ VI Des unteren Dön-chon-dse, rechte Taldlanke 1: 15,000. VIa Durch Mulde I in der linken Talfanke des Dön-chon-dse-Tales 1: 15,000. VIb Ansicht vom vierten, nach NO vorstoßenden Grat der linken Talflanke des Dön-chon-dse-Tales gesehen 1: 15,000. „ VII Dureh die Angara-Serie auf dem Wege von Se-dschön-ga nach Schicho- dse 1:200,000. ig. 1-6. Dünnschliffe von Gesteinen aus der Bogdo-Ola-Gruppe. | Diehtdieeke Taf. I. Fig BigRie. I 19: 5 a a Sa B A J ‚A. Fig. 1—11. Fossile Pflanzen aus dem Tian-Schan. | Lichtdrucke. B2 RienI—15, g n = 2 F Erklärung auf S. 305. 19. a) ag 93 Karten: Karte I. Übersichtskarte des Nordfußes des östlichen Tian-Schan und der Bogdo-Ola-Gruppe. Maßstab 1: 1,000,000. | Ia. Tektonische Übersichtsskizze über Nordfuß des östlichen Tian-Schan und ee | Bogdo-Ola-Gruppe. Maßstab 1: 1,000,000. I. Karte der zentralen Bogdo-Ola-Gruppe im östlichen Tian-Schan. | J | J Er} E2 Maßstab 1:200,000. II. Hauptgruppe. Maßsstab 1: 75,000. IIa. Übersicht auf den hauptsächlichen geologischen Bestand der zentralen Bogdo- Ola-Gruppe. Nordabhang. Maßstab 1: 200,000. Maßstab 1:200,000. ”„ Skizze des Sees Sayopu und seiner Umrandung. 1—5. Fossile Fischreste aus der Bogdo-Ola. Lichtdruck. Erklärung auf S. 307. VII 1 Tafel. 1 Tafel. IeTafelk En ' 0 s Er, Pe | Zur. F u . DÜRR ten 9) Te I& 4 ER Einleitung. Die Bogdo-Ola-Kette ist von den über die Schneegrenze aufragenden Ketten des Tian- Schan- oder Himmelsgebirges die östlichste; ihr zentraler und höchster Teil erhebt sich im Mittel unter 43° 45° N.Br. und 88° 30° Ö.L. bei einer durchschnittlichen Kammerhebung von ungefähr 5500 m und mit Gipfelhöhen von 6400 m bis über 6500 m. Es erscheint nötig besonders darauf hinzuweisen, daß die meisten der bekannten geographischen Karten für die gesamte Gebirgsmasse, die sich von Urumtschi im Westen hin nach Osten bis zum Meridian von Chami, also über 6 Längengrade erstreckt, den Namen „Bogdo-Ola* führen, welcher jedoch, wie später dargelegt werden soll, dem Sinne dieses Namens nach (heiliger Berg) nur dem höchsten, nahe von Urumtschi sich erhebenden Gebirgsteil zukommen kann. Im übertragenden Sinne könnte man dann das ganze Gebirge in der oben angeführten Begrenzung als Bogdo-Ola-Kette bezeichnen.!) Ich verwende daher speziell für den Gebirgs- teil, der in dieser Abhandlung zur Beschreibung gelangt, um jede irrige Auffassung zu ver- meiden, ausschließlich die Bezeichnung „Bogdo-Ola-Gruppe“ und nicht „Kette“. Die Erforschung dieser Gebirgsgruppe gehörte zu den wichtigsten Aufgaben meiner in den Jahren 1907 und 1908 ausgeführven zweiten großen Forschungsreise im Tian- Schan. Nachdem ich mich auf der in den Jahren 1902 und 1903 ausgeführten Expedition hauptsächlich dem Studium des zentralen Tian-Schan und speziell seiner höchsten und ver- gletscherten Teile gewidmet hatte, sowie die noch unbekannten Teile seines Südabhanges aufzuklären suchte,°) wandte ich mich im Jahre 1907 den geographisch bis dahin noch 1) Die Karte zu M. Friederichsen Morphologie des Tian-Schan, Berlin 1899 ist die einzige der Tian-Schan-Karten, welche diesen Unterschied deutlich zum Ausdruck bringt. 2) G. Merzbacher, Vorläufiger Bericht über eine Forschungsreise in den zentralen Tian-Schan. Peterm. Mitteil., Ergänzungsheft 149. Derselbe, The Central Tian Shan Montains. London 1905. - Der Tian-Schan oder das Himmelsgebirge. Zeitschrift D.-Ö. Alpenverein 1906. = Forschungsreise im Tian-Schan. Sitz.-Ber. der math.-phys. Klasse der K. Bayer. Akad. der Wissensch., Bd. XXXIV, 1909, Heft III. A. Albert, Die Erforschung der Hochregionen des Tian-Schan durch Dr. @.M. Deutsche Rund- schau für Geographie und Statistik, Bd. XXVIII, 1906, 8. 1f und Westerm. Monats- hefte, Jahrg. 1906. Aus den wissenschaftlichen Ergebnissen der Merzbacherschen Tian-Schan- Expedition: Keidel und Richarz, Ein Profil durch den nördlichen zentralen Tian-Schan. Abhandlungen der K. Bayer. Akad. der Wissensch., II. Kl., Bd. XXXIII, 1906. Kleinschmidt und Limbröck, Die Gesteine des Profils durch das südliche Musarttal. Ebenda 1906. Abh. d. math.-phys. Kl. XX VII, 5. Abh. 1 2 wenig, zum Teil sogar noch gar nicht erforschten Ketten zu, die vom Musartpasse sich weiter gegen O. hin erstrecken und deren Komplex unter der Bezeichnung Chalyk-tau zusammengefaßt werden kann.!) Der ca. 3500 m hohe Musartpaß mit den von ihm ausgehenden, nach N. wie nach S. tief in die hier nahezu am höchsten ansteigende Gebirgsmasse eingreifenden Tiefenlinien kann im orographischen Sinne als geeignetste östliche Grenze des zentralen Tian-Schan angenommen werden, wenn diese auch mit solchen wesentlichen tektonischen oder struk- turellen Merkmalen nicht zusammenfällt, die eine wissenschaftlich vollkommen befriedigende Abgrenzung gestatten würden. Auf ausschließlich geologisch-tektonischer Grundlage würde sich aber eine scharfe Gliederung des über 2000 km langen Kettengebirges überhaupt nicht durch- führen lassen wegen seiner aufungeheure Erstreckung nahezu gleichartigen geologischen Zusam- mensetzung und bei dem Mangel an deutlich im Bau hervortretender Scheidung der Gesteins- gruppen in einzelne Zonen, endlich wegen der Gleichartigkeit der tektonischen Kräfte, die auf das Gesamtgebirge eingewirkt haben. Infolge der engen Geschlossenheit des Gebirges, die ein Er- gebnis starken tangentialen Zusammenschubes ist, reichen sogar die oroplastischen Merkmale zu einer Abgrenzung nur an wenigen Stellen aus. Auch einzelne hervortretende orographische Richtungslinien, wie sie Friederichsen?) zu einer horizontalen Gliederung in kleinere Gruppen benützt hat, genügen doch nicht zur Zerlegung des langen Kettengebirges in orographisch und geologisch besonders charakterisierte, deutlich voneinander unterscheidbare große Teile. Die Hauptarbeit galt im Jahre 1907 der Erforschung der Flußsysteme des Agias und des Kok-su, der größten Ströme, welche den N.-Abhang dieses Teiles des großen Ketten- gebirges entwässern, sowie dem Studium der Gletscher ihrer komplizierten Quellgebiete, endlich der Untersuchung des verwickelten Baus der großartig vereisten Ursprungsgebiete des großen Musartflusses.°) Paul Gröber, Karbon und Karbontossilien aus dem nördlichen zentralen Tian-Schan. Ebenda Bd. XXIV, 1909. H. Keidel, Geologische Untersuchungen im südlichen Tian-Schan ete. Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie, Beilage Bd. XXII. Stuttgart 1906. Paul Gröber, Über die Faunen des unterkarbon. Transgressionsmeeres des zentralen Tian-Schan. Ebenda Beilage Bd. XXVI, 1908. 1) Diesen Namen, der nun einmal nahezu allgemein in der geographischen Literatur und in den Karten Aufnahme gefunden hat, will auch ich beibehalten, wiewohl er einer mißverständlichen Auffassung russ. Topographenoffiziere seine Entstehung verdankt. Der richtige Name wäre Karlyk-tau — Schneegebirge (türkisch), eine Bezeichnung, die wie fast alle türkischen geographischen und Ortsnamen eigentlich nur eine Umschreibung ist und sich in den meisten zentralasiatischen Gebirgen wiederholt vorfindet, deren Fuß von türkisch sprechenden Volksstimmen bewohnt oder deren Inneres von ihnen durchwandert wird. 2) Morphologie des Tian-Schan. Berlin 1899, S.23f. Der Mangel an Gliederung kommt in der Seltenheit benützbarer, ja in dem Fehlen leichter, niedriger Übergänge über das Gebirge zum Ausdruck, so daß dieses als ein Völker scheidendes Bollwerk bezeichnet werden darf. 3) Merzbacher, Petermanns Mitteilungen 1908, Heft IV; 1909, Heft I. £ Journ. Royal Geogr. Soc., vol. 31 pp. 395f.; vol. 33, pp. 278 £. = Zeitschr. Gesellsch. f. Erdkunde. Berlin 1910, S. 225 £. und 303 f. 3 Mitteil. Geograph. Gesellsch. München, Bd. V, 1910, S. 347. z Mitteil. Verein f. Erdkunde. Leipzig 1909, S. 51f. s Iswestiya, Kais. Russ. Geograph. Gesellsch., Tom. XLV, 1909, S.1 ff. Aus den wissenschaftlichen Ergebnissen der Merzbacherschen Tian-Schan- Expedition: 3 Im Jahre 1908 wandte ich mich noch weiter nach O. zur Untersuchung der Um- randungen der großen, durch Längsbrüche entstandenen Täler Kunges, Kasch, Groß- und Klein-Yuldus, welche für Bau und Entwicklungsgeschichte des östlichen Tian-Schan die bestimmenden Leitlinien darbieten. Nach Querung der alle diese Paralleltäler umrandenden Ketten in beiläufiger Richtung von N. nach S. gelangte meine Expedition an den S.-Rand und zwar zum großen Randsee Bagratsch-kul und folgte von dort dem Gebirgsrande nach O. hin bis zur Oase Kutscha.!) Von dort aus unternahm ich dann zur Gewinnung eines vollständigen Querprofils die schwierige S-N.Durchquerung der gesamten Ketten des öst- lichen Tian-Schan beiläufig im Meridiane von Manas, durch die bisher unbekannten Quell- gebiete des gleichnamigen Flusses. Diese Durchquerung fand also gerade an derjenigen Stelle statt, wo der östliche Tian-Schan seine größte Breitenausdehnung annimmt, bevor er schon wenig weiter im O., unter beiläufig 87° 10‘ Ö.L. eine merkwürdige Verzweigung in isolierte Ketten, gewissermaßen eine völlige Auflösung seines Komplexes in strahlen- förmig auseinander tretende Züge erleidet. Es wird späterhin näher auf diese eigenartige, höchst auffällige Erscheinung eingegangen werden, die darin besteht, daß hier in der west- lichen Umrandung des tiefen Einbruchbeckens von Turfan, der tiefsten Senke des zentral- asiatischen Kontinents, (— 169 m),?) die bisher beiläufig OW. streichenden und hoch über die Schneegrenze, stellenweise bis über 6000 m aufragenden Kettenzüge, im O. der Yuldus- täler nicht nur plötzlich divergieren, sondern auch, sich auflösend, in ein tiefes Niveau absinken. (Paß Ta-dawan 2156 m, Djan-Jan-schi, tiefste Einsattlung des Dun-Schan-Gebirges 1370 m, See Sayopu 1148 m, Paß Dawan-tschin 1053 m), mittlere Kammhöhe des Dschar- göß-T. 3000 m, des Tschol-T. 1500 m, des Kuruk-T. 1200 m. Kurt Leuchs, Geolog. Untersuchungen im Chalyk-tau ete. Abhandl. K. Bayer. Akad. d. Wiss., II. Kl., Bd. XXV, 1912. Merzbacher, Die Physiographie des Tian-Schan. Hettners Geograph. Zeitschr., Jahrg. 19, Heft 1. Weitere Veröffentlichungen bevorstehend. !) Pelliot (Annales de Geographie, T. XIX, 1910, S. 275) wendet sich gegen die Richtigkeit der bisher in den meisten, besonders auch in den russ. Karten angewendeten Schreibweise Kutscha und will nur Kutschar als richtig gelten lassen. Dies widerspricht indessen der chines. Schreibweise Kiu-tschi, Kou-tse und Kou-tsche, welche schon ‘der alte, chinesische Reisende Hiouen-Tsang in seinem bekannten Reisewerk für diese Stadt anwendet. (Französ. Ausgabe von Stanislaus Julien, Paris 1857, T. I, S. 265.) Ungeachtet der Kompetenz, welche dem verdienten Sinologen P. sonst unleugbar zukommt, bleibe ich - in diesem Falle der alten Schreibweise getreu. ?) Hinsichtlich der durch Roborowsky's mehrjährige barometrische Beobachtungen (Ergebnisse der Expedition nach Zentralasien ausgeführt, 1893 —95, Teil III, Wissenschaftl. Resultate, St. Petersburg 1399, russ.) festgestellten negativen Meereshöhe von Luktschun (— 169 m) ist hervorzuheben, daß diese Cote eben nur die heute noch feststellbare tiefste Stelle der Senke betrifftt. Unzweifelhaft ist aber die ehemalige Tiefe dieses Grabens eine sehr viel bedeutendere. Man muß den ungeheuren Betrag des Gebirgsschuttes in Betracht ziehen, welcher, den Gebirgsmassen der hohen Grabenränder entstammend, in die gewaltige Furche hinabgeführt wurde und sie aufgefüllt hat, ein Umstand, auf welchen schon Sueß (Antl. d. Erde III/I, S. 216) hingewiesen hat. Ferner ist das fast 70 km lange, durchschnittlich 30 km breite Becken des heute bis auf einen verhältnismäßig geringen Rest aufgefüllten und versumpften Bodschante-Sees zu berücksichtigen, der sich zwischen Toksun und Luktschun dehnt und zweifellos einst eine bedeutende Tiefe besessen hat. Diese Umstände berechtigen uns mit Sicherheit anzunehmen, daß die ursprüngliche Tiefe des Grabens nach seiner Entstehung um mindestens mehrere hundert Meter größer war als die heutige. + Am Schluß der Note 3 auf dieser Seite ist nach den beiden angeführten Schriften von Leuchs und Merzbacher anzufügen: - Erich Krenkel, Faunen aus dem Unterkarbon des südlichen und östlichen Tian-Schan, Abhandl. K. Bayer. Akad. d. Wissensch. II. Kl. Bd. XXVI 8. Abhandl. 1913. Ein großer Längsbruch, oder nach Bogdanowitsch eine Flexurdurchbiegung,!) nach Obrutschew ein Staffelbruch,?) dem die Entstehung der großen Turfansenke zunächst zu verdanken ist, wird nach meiner Beurteilung der sich hier im Gebirgsbau äußernden Er- scheinungen durch mehr oder weniger schief hiezu verlaufende Querbrüche geschnitten, an welchen das gesamte Gebirge abgesunken ist. Dies hat zur Folge, daß der Hochgebirgs- charakter, den der Tian-Schan bisher fast in seinem ganzen Verlaufe von W. nach O. auf einer Länge von ca. 1500 km bewahrt, im Meridian von Urumtschi nahezu völlig ver- schwindet. Die gesamte dort an 200 km breite Gebirgsmasse wird, wie eben erwähnt, in radialförmig auseinander strebende Züge aufgelöst. Nur die äußersten Ränder im N. und im S. sind als schmale Ketten im Zusammenhang erhalten geblieben. Der Nordrand erfährt dort, wo er in seinem Laufe von NW. nach SO. plötzlich scharf nach NO. um- biegt (siehe Karte la), im Süden der Stadt Urumtschi, deren geschützte Lage dieser Knickung zu verdanken ist, seine tiefste Einsenkung in den niedern Zügen des Dun-Schan-Gebirges. Dieses (Taf. 15d) stellt überhaupt die tiefste Lücke (mittlere Höhe ca. 1600 m) des in seinem bisherigen latitudinalen Verlaufe so sehr geschlossenen Tian-Schanischen Gebirgssystems dar. Gerade auf ihr beruht aber in diesem Teile Asiens die seltene Möglichkeit. den großen Austausch von Gütern und Menschen zwischen N. und S., zwischen dem Tarymbecken und Tibet im S. und der Dsungarei (Tarbagatai, Saissangebiet, Westmongolei) im N., also auch zwischen den hohen Gebirgsketten des Kuen-lün im S. und denen des Altai im N. m leichter und sicherer Weise zu vermitteln. Die Depression bei Urumtschi ist demnach ein Tor, das beiderseits den Zutritt zur großen Völker- und Handelsstraße eröffnet.?) Erst östlich von dieser tiefen Lücke nimmt das vorher als breite Masse in hohen Parallelketten entwickelte Gebiressystem des Tian-Schan — nunmehr in der Hauptwasser- scheide auf eine einzige schmale Kette reduziert — in dieser allein wiederum Hochgebirgs- charakter an und schwingt sich ganz plötzlich ein letztes Mal zu gewaltigen Gipfeln von über 6000 m an, wie wir sie sonst nur in den zentralen Teilen des Tian-Schanischen Systems antreffen. Diese Gipfel bilden die Bogdo-Ola-Gruppe.*) Da unsere Kenntnis von diesem Teile des Tian-Schan bisher eine sehr geringe war und weil er sich als eine so !) Bogdanowitsch in Bd. 1I von Pjewtzows Trudi Tibetzkoi Ekspedizij 1892. St. Petersburg 1892, russ., 8. 38. ?) Nach W. A. Obrutschew in Hettners Geograph. Zeitschrift, Bd. I, 1885, 8. 376 stellt das Süd- gehänge dieses Teiles des Tian-Schan-Gebirges „einen Staffelbruch oder Staffelflexur“, die Einsenkung selbst „eine ebenso große Grabensenkung“ dar. Obrutschew möchte sie als „Grabensenkung des Tian-Schan“ bezeichnen, was mir in Hinsicht auf die vielen Grabensenkungen im Tian-Schan nicht gerade zweckmäßig erscheint. Weit entsprechender würde ich die andere, ebenfalls von Obrutschew vorgeschlagene Bezeichnung „Zentralasiatische Grabensenkung® halten. Siehe hierüber auch die Aus- fübrungen des gleichen Autors in Iswestiya, Kais. Russ. Geograph. Gesellsch., Tom. XXXI, 1895, S. 289, russisch. °) Siehe hierüber auch Richthofen, China I, S. 41 Anm. u. S. 217. *) Regel nimmt in der Schilderung seiner Reise „Turfan“ in Peterm. Mitteil., Bd. XXVI, 1880, S. 208 an, daß ganz allgemein die Darstellung der Karten, „als läge die Bogdo-Ola-Kette in der Haupt- kette des Tian-Schan“, falsch sei. Diese Annahme beruht insofern auf einem erklärlichen Irrtum, als er das Hochgebirge nur aus weiter Ferne und von allzu tiefem Standpunkt, aus der Senke von Turfan beobachten konnte. Er sah damals die NO. streichende, niedrige und im Meridian von Gutschen sich der Hauptkette anschließende Dschargöß-Kette als die eigentliche Fortsetzung des Tian-Schan-Haupt- kammes an, die von ihm Iran-Chabirga genannt wird. Da er aber den Lauf des Flusses „Dabandschan‘“, B) ganz eigenartiges Glied im Bau dieses großen Gebirges darstellt, hielt ich es für geboten, seine Erforschung als eine wesentliche Aufgabe in das Programm meiner Reisen aufzu- nehmen. Die Ergebnisse meiner Bemühungen, bei denen ich in dankenswerter Weise von meinem Reisebegleiter, Herrn Dr. P. Gröber, unterstützt war, sowie von meinem be- währten Gehilfen, dem Tiroler Bergführer Franz Wenter aus Tiers, sind in den folgenden Kapiteln niedergelegt. Nachdem die obenerwähnte (S. 3) mit großen Schwierigkeiten verbundene Durchquerung des Gebirgskomplexes von S. nach N. durchgeführt war, wurde der Nordrand des Gebirges in der Nähe der Stadt Manas erreicht. Diesem Rande nach O. hin folgend, gelangten wir zur großen Handelsstadt Urumtschi, welche der Sitz der zentralen Regierung der großen, westlichsten Provinz des Chinesischen Reiches, der Provinz Hsin-kiang ist und somit Hauptsitz der Administration jener weiten Gebiete, welche man unter der Be- zeichnung Ost- oder Chinesisch-Turkestan zusammenfaßt. Über diese wichtige Stadt, die bisher von noch nicht sehr vielen europäischen Reisenden besucht worden ist, findet sich in der westeuropäischen geographischen Literatur, besonders der deutschen, bis jetzt nur wenig und noch weniger Zutreffiendes. Darum er- scheint es gerechtfertigt, wenn ich das Wichtigste hierüber, da es auch von wesentlichem geographischen Interesse ist, hier mitteile. l. Urumtschi: seine geographische Lage, Bedeutung und Bevölkerung. Urumtschi liegt unter 43° 47‘ 22” N. Br. und 87° 35'3“ Ö.L. nach Pjewtzow,t) nach Roborowsky?) unter 43° 47‘ 22“ N. Br. und 87°36°0“ Ö.L. Nach einer neuen Bestimmung von Cecil Clementi?) 43° 48‘ 32 N. Br. und 87° 46‘ 7 Ö.L. Letztere Werte sind etwas höher als die der beiden russischen Reisenden, was auch bei Ölementis Bestimmung der Position anderer Örtlichkeiten der Fall ist, z. B. von Kurla und Karaschar, die so- wohl von Pjewtzow als von Clementi bestimmt wurden.*) Da die Unterschiede aber nicht konstante Werte ergeben, so kann auch nicht auf eine regelmäßige Fehlerquelle geschlossen werden. Vielmehr scheint mir die Abweichung zwischen den Werten der drei Reisenden hauptsächlich auf der Verschiedenheit ihres Beobachtungsstandpunktes zu beruhen. Pjewtzow hat seine Standpunkte in seinen Listen mit mathematischer Genauigkeit festgelegt, mit etwas geringerer Genauigkeit Roborowsky. Clementis Standpunkte hingegen lassen einer Feststellung noch ziemlichen Spielraum zu, so z. B. bei Urumtschi: „just outside the south wall of the city“.°) recte Dawan-dschin in seiner Karte ganz richtig darstellt, „welcher von der im N. vereinzelt daliegenden Kette Bogdo-Ola herkommt“, hätte er eigentlich über die Kette, welcher die Rolle der Hauptwasser- scheide zukommt, nicht im Zweifel sein können. Siebe hierüber übrigens auch Peterm. Mitteil., Bd. 27, 1881, S. 393 und Friederichsen, Morphologie, ]. c., 8. 33. !) M. W. Pjewtzow, Ergebnisse der Tibetischen Expedition von 1889/90, Bd.I. St. Petersburg 1895, russisch, S. 398. ?) W. J. Roborowsky, Ergebnisse der Expedition nach Zentralasien, Bd. III, russisch, S. 40 und im gleichen Band $.7 ete. sowie Bd. I, S. 585. ®) Positions determined by Mr. Cecil Clementi on his journey from Kashgar to Hongkong. Geograph. Journal, vol. XL, 1912, S. 624 f. #) Siehe ebendort. Ältere Bestimmungen in Ritters Erdkunde, Teil II, Buch II, Asien, Bd. 1, 8. 383. °) 1. c., S. 626. Der Begleiter der Mission Pelliot (Nachweis in Note l, 8.9), Dr. Vaillant, der die In Petermanns Mitteilungen findet sich (Bd. XXVI, 1880, S. 467) das nicht un- interessante Ergebnis der geographischen Ortsbestimmungen veröffentlicht, welche von den portugiesischen Jesuitenpatres d’Espinha und d’Acocha, speziell was Urumtschi betrifft, von letzterem gemacht wurden. Diese, soweit bekannt, die ersten europäischen Reisenden, welche diese entlegenen Gegenden besucht hatten, waren im Jahre 1756 auf Befehl des Kaisers Khien-Long aus Peking gekommen mit einer chinesischen Militärabteilung, welche zum Tligebiet aufgebrochen war, um dort die aufständigen Oelöten niederzuwerfen und zu ver- nichten. Diese Positionsbestimmung für Urumtschi (von den Chinesen damals nach mon- golischen Quellen auch Ouloumotsi, auch ÖOromtschi genannt) ergibt 43° 27° N. Br. und 27°57' W.L. von Peking (= 88° 31‘ von Greenwich), wozu ich aber bemerken muß, daß die damalige Stadt Urumtschi beiläufig 21/, km nordwestlich von der heutigen gelegen war, worüber Näheres später folgt. Berücksichtigt man dies, so ist diese Bestimmung für die Verhältnisse, unter welchen sie gemacht wurde, in Anbetracht ihrer Ausführung durch bei- gegebene chinesische Astronomen und mit jedenfalls ziemlich unvollkommenen Instrumenten, eigentlich nicht schlecht und die Kritik in der erwähnten Mitteilung (l. c., S. 468), sie habe „keinen geographischen Wert“, erachte ich in Anbetracht der erwähnten damaligen Verhältnisse für zu weit gehend. Die Höhe von Urumtschi wurde von Pjewtzow barometrisch auf 948 m berechnet,!) von Roborowsky?) auf 2789' = 851 m, von Grum Grschimailo?) auf 3015° = 937 m, von Ölementi (l. c., S. 626) auf 2736,7° = 834 m. In der russischen 40 W.-Karte®) ist sie mit 2850 = 869 m angegeben. Die Quelle dieser Bestimmung vermochte ich nicht zu ermitteln. Der Durchschnittswert aus 12 von mir gemachten Aneroidbeobachtungen und 4 Hypsometerbestimmungen ergibt nach den Berechnungen des Herrn F. Lex (hievon später mehr) den Wert von 910 m. Eine neue und sehr verlässige barometrische Berechnung liegt aber in einer mir vor kurzem zugegangenen kleinen Schrift von Strokowsky vor, auf welche ich später näher eingehen werde; ihr zufolge ist die Höhe 912 m. Dieser Wert, der also dem Mittelwert meiner auf die nächstliegenden ständigen meteorologischen Stationen reduzierten Ergebnisse sehr nahe kommt, dürfte somit eine große Annäherung an die Richtigkeit besitzen und wird meinerseits daher an Stelle des von mir ermittelten angenommen. geodätischen und topographischen Arbeiten auf dieser Reise ausgeführt hat, deren Ergebnisse er in: L’Annee Cartographique, Supplement annuel A toutes les publications de Geographie et de Cartographie, redige par F. Schrader, Vingtieme Annee, Paris, Hachette, 1910 Itinerarkarten veröffentlicht, über welche ich an anderer Stelle referieren werde. In dem begleitenden Text sind auch einige von Vaillants Ortsbestim- mungen enthalten, darunter: Urumtschi 430 46‘ 9° N. Br., 850 14‘ 25° Ö.L. von Paris, also 870 34‘ 39‘ von Green. Da auch die dort veröffentlichte Positionsbestimmung Vaillant's von Karaschar nicht un- wesentlich von derjenigen Pjewtzows abweicht (die Breite um den wesentlichen Betrag von 20‘), so teile ich obige Werte lediglich des Vergleiches wegen hier mit. 1) 1. c., 8. 404, 409. 2) SC @INS585; III, S. 40: 3) Grum Grschimailo, G. E. Beschreibung einer Reise nach dem westlichen China, Tom. III, 1907, russisch, S. 340. *) Karte der südlichen Grenzgebiete des asiatischen Rußlands. Blatt XXI (Chami) der vom Kaiıs. Russ. Großen Generalstab herausgegebenen Aufnahmen des westlichen Teiles von China im Maßstab von 40 Werst:1 Zoll — 1: 1680000. Die Stadt Urumtschi liegt, wie schon hervorgehoben (S. 4), da die Gebirgsachse hier nach S. eingeknickt ist, wohlgeschützt in einer tiefen, nur gegen N. offenen Einbuchtung und zwar am rechten Ufer des Archotu-Flusses (Langsan der Chinesen, auch Chubala und Ulan-be genannt). Dieser Strom entspringt etwa S0 km im SW. der Stadt am Nord- abhang des Kara-Usen-Tagh, einem der S. 3 erwähnten radialen Gebirgsäste, mit welchen das Tian-Schan-Gebirge gegen die tiefe Senke des zentralasiatischen Graben abdacht. Zuerst in nordöstlicher Richtung dahinfließend, nimmt der Fluß dann N.-Richtung an und durch- bricht einige km im N. der Stadt (siehe Karte Ia u. b) die niederen, aus Gesteinen der Jura- formation bestehenden, latitudinalen äußeren Randketten. Der äußerste dieser kahlfelsigen, nach N. wie nach S. sehr steil geböschten, gipfellosen Hügelzüge, an dessen Nordfuß sich unmittelbar die weite schwachgewellte Lehm- und Kiessteppe — ihrem Charakter nach eine Halbwüste — anlehnt und weiterhin in die Wüste Saosti-Elisun ausläuft, schließt also die beckenförmige Ebene, in welcher die Stadt sich breitet, gegen N. nahezu ab. Nur in Form einer etwa 100 m breiten torförmigen Bresche ist der felsige Wall geöffnet, vom Archo-tu-Fluß durchbrochen. Rechts und links umranden den Durchbruch senkrechte Ab- stürze: kahle, klippenartig bis über 150 m sich erhebende Felsmauern, die aus dicken Bänken graugrüner Sandsteine, lichtgrauer Kalke und dunkelbrauner Konglomerate auf- gebaut sind.!) Diese Gesteine, welche der Juraformation angehören, (siehe später mehr hierüber) bilden hier in gleichmäßiger Kammlinie abgetragene, durchschnittlich 250 m hohen, schroff abfallenden, kahlen Rücken eine Antiklinale mit annäherndem O.W. Streichen und einem Schichtfallen nach S. im < 40°. Auf dem Scheitel jedes dieser beiden Rücken erhebt sich ein schlanker, etwa 20 m hoher Obelisk. Beide Bauten von unbekanntem Alters bilden ein Wahrzeichen von Urumtschi; im Aberglauben der Chinesen kommt ihnen eine besondere mystische, schützende Bedeutung für das Wohl der Stadt zu. Darum sind auch auf dem Scheitel der östlichen Kuppe taoistische, verschiedenen göttlichen Personifika- tionen geweihte, umfangreiche Tempelanlagen errichtet, die mit solchen von noch bedeu- tenderer Ausdehnung am Fuße durch Terassen und einem dem Steilhang in Serpentinen abgewonnenen Weg in Verbindung stehen (Taf. 15c.) Der Fluß selbst hat bei seinem Durchbruch eine normale Breite von etwa 40 m und ist außer der Zeit der Schneeschmelze nicht sehr wasserreich. Das Wasser ist klar, wohlschmeckend und, weil meist durch Gebirge und mit bedeutendem Gefälle dahinfließend, sogar zur heißesten Sommerszeit ziemlich kühl. Das Hochwasserbett des Flusses erreicht im S. des Durchbruchs die fünf- bis sechsfache Breite und ist von Massen groben Gerölles, vermichst mit enorm großen Blöcken, angefüllt, einem Zeichen der außerordentlichen Transportkraft des Flusses im Frühling, zur Zeit der Schneeschmelze im Gebirge. Eine für chinesische Verhältnisse überraschend solide, stattliche, zehnjochige Holzbrücke ver- mittelt den Verkehr über das Flußbett. Ein abzweigender Kanal bringt Trinkwasser zur Nähe der Stadt und einige andere Kanäle dienen der Bewässerung der Kulturen in der Umgebung und zahlreicher Gärten in der Stadt. Kommt man von N., W. oder O. so kann man erst nach Passieren der beschriebenen torförmigen Öffnung in der steilfelsigen Randkette Ausblick auf die Stadt gewinnen; sie 1) Siehe hierüber W. A. Obrutschew, Zentralasien, Nördliches China und Nan-Schan. St. Peters- burg 1901, russisch, Tom II, S. 650 £. 8 liegt in einem unregelmäßig geformten, flachen Becken, dessen Grund eine nach allen Seiten sich weitende, gleichförmig sanft gegen das Gebirge im S. ansteigende Alluvialebene bildet aus meist von Flußschottern bedecktem und mit solchen vermischtem hartem Lehmboden, der aus später zu erörternden Gründen nur zum geringen Teil für Feld und Gartenbau benützt werden kann. Im nordwestlichen Teil des Beckens dehnen sich, einen malerischen Anblick gewährend, die hohen mit Wallsängen, zierlichen Türmcehen und schmucken Torpavillons versehenen, von tiefen, 6 m breiten Gräben umzogenen Lehmmauern der Chinesenstadt. Die Umwallung ist im Vauban’schen Style angelegt mit sechs Fronten und ebenso vielen Toren, mit Bastionen und Reduits (Taf. 15). Da aber die Ebene, wie erwähnt, auf allen Seiten von mäßig überragenden Hügelketten umschlossen wird, ist diese Befestigung von 4'!/; km Umfang, an welche sich im N.O. und N.W. noch quadratische Forts anlehnen, strategisch zwecklos. Dennoch legen ihr die Chinesen in ihren eigentümlichen militärischen Begriffen auch heute noch großen Wert bei und halten sie in sehr sorgfältigem und ungewöhnlich sauberem Zustande. An diese Militärstadt, welche auch alle Regierungsbehörden beherbergt, schließt sich im N. die Zivilstadt an mit großen Basaren, Theatern, dunganischen Moscheen und chinesischen Tempeln. Die Bevölkerung dort besteht aus chinesischen, der Mehrzahl nach aber aus dunganischen Kaufleuten, Gewerbetreibenden und Arbeitern. Die Bauart der Häuser, Basare und ihrer Läden ist in der Zivilstadt stattlich, an einzelnen Stellen sogar nicht ohne Eleganz. Das Leben und Treiben in den Straßen ist überaus lebhaft, voll des bunten malerischen Reizes chinesischer Handelsstädte, der aber hier im W. durch den Einschlag von Tracht, Sitte und Bauweise der muhamedanischen Bevölkerung noch be- deutend erhöht wird. Die Stadt, von den Chinesen Ti-chua-tschou genannt, (Urumtschi ist die mongolische Bezeichnung siehe S. 6) steht erst seit Niederwerfung des Dunganenauf- standes, also erst seit den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, an ihrer heutigen Stelle. Vorher lag sie, wie 8. 6 erwähnt, etwa 2!/ km entfernt hievon im N.W. am Fuße des so- genannten „Roten Berges“ (Chung-tschan-tsui), der von einem berühmten Tempel gekrönt war (Hung-miao-tse), nach welchem später auch die damalige Stadt selbst benannt war.) Man hört letzteren Namen sogar von vielen Chinesen noch auf die heutige Stadt anwenden. Die alte Stadt war einstige Residenz der Uiguren-Khane, aber ihre alte Geschichte ist ziemlich wenig geklärt. Ob Bisch-balyk (Fünf-Städte in Osttürkisch) wirklich identisch mit dem alten Urumtschi ist, wie Manche annehmen, erscheint noch immer ziemlich zweifel- haft.?2) Erst seit der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts, seit der erneuten Invaison !) Regel befindet sich im Irrtum, wenn er (Peterm. Mitteil., Bd. 27, 1880, S. 393) bezweifelt, daß die Stadt früher eine andere Lage hatte. 2) Siehe E. Bretschneider, Mediaeval Researches from eastern Asiatie sources, II, S. 30, An- merkung 801. Geschichtliche Überlieferungen hierüber ebenda und bei Grum Grschimailo, 1. e, ]I, S. 121£., sowie 217#. und II, 8. 274, 275. Siehe auch Galkin, Statistische Übersicht der Provinz Hsin- kiang (russisch, nicht im Buchhandel) S.66f. und Pjewtzow, 1. c., Bd.I, S.359f.; aber besonders wichtige Nachweise und Quellen älterer Literatur finden sich in Ritters Erdkunde, 1. Teil, II. Buch, Asien, Bd. I, S. 380f., wo namentlich hinsichtlich Bisch-balyk Geschichtliches und Anderes mitgeteilt wird. Auch im Bd. III, S. 273, findet sich manches Wissenswerte. Richthofen erwähnt (China ], S. 462) für U. den unter der Han-Dynastie gebräuchlichen Namen Wu-tu-ko, den er der Bearbeitung der Han- Annalen durch de Guignes entnimmt. Die Identität beider Namen bedarf jedoch noch weiterer Be- gründung. Siehe auch ibidem Anmerkung S. 41 und S. 202. 8) der Chinesen, die mit der Vernichtung und zum geringeren Teile auch mit der Ver- treibung der in dieser Gegend auf eine Million geschätzten ehemaligen dschungarischen Bevölkerung (Oelöten) endete, sind uns die Nachrichten in ununterbrochener Folge erhalten. Land und Stadt wurden nach diesem großen Massacre mit eingewanderten Chinesen und wenigen Mandschus (Solonen) besiedelt, hauptsächlich aber mit aus dem Inneren Chinas gekommenen Dunganen. Es soll gleich hier hervorgehoben werden, daß dieser in der europäischen Literatur allgemein gebräuchliche Name nur eine europäische Bezeichnung für die muhamedanischen, aus Kan-su und Schen-si stammenden Chinesen ist. Von den Chinesen werden sie Huei-Huei genannt; sie bezeichnen sich selbst aber als Siao-kiao. Unter diesen, als treffliche Ackerbauer und Kaufleute hervorragenden, in religiöser Hinsicht unge- mein fanatischen Ansiedlern gelangte Urumtschi rasch zu großer Blüte und Reichtum. In dem bekannten furchtbaren, aus religiösen Gründen gegen die chinesische Herrschaft ausgebrochenen Dunganenaufstand der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde nach anfänglichen Erfolgen diese Bevölkerung der Stadt und der Gegend in weitem Umkreis, auch weiterhin nach W. bis ins ferne Jligebiet nahezu gänzlich vernichtet.!) Die Stadt wurde dann an der heutigen Stelle neu aufgebaut;?) doch ist sie erst seit 1885 Residenz des Lu-tsin-tan, des höchsten Gouverneurs der großen Provinz Hsin-kiang und seines zahl- reichen Beamtenstabes geworden. Außerdem beherbergt sie seitdem auch eine starke Garnison: a. 1908 beiläufig 2000 modern ausgebildete und 3000 Soldaten älterer Art von allen Waffengattungen. Auch eine Hochschule (Kao-teng-hiue-tang) und ein Kadettenkorps (Lu-kiun-hiue-tang) befinden sich dort. Da die ungeheuer ausgedehnte Provinz Hsin-kiang (fast 24000 geographische Quadr.-Kmeter) sich vom Fuße des Altai im N. bis zum Abfall des Kuen-lun im S., von Pamir und von der russischen Grenze am Jli im W. bis über die Barkul-Berge zum Pe-schan im ©. hinaus dehnt, könnte die Lage der Stadt in ungefähr gleicher Entfernung von allen diesen Grenzen und wie schon $8. 4 geschildert, an der niedersten und leichtest überschreitbaren Stelle des Tian-Schan-Gebirges gelegen, als Sitz der Pro- vinzialregierung nicht besser gewählt sein. Da zudem der Handelsweg von Karaschar über Toksun nach Urumtschi die südliche Kaiserstraße (Tian-schan-Nan-lu) mit der nördlichen 1) Siehe Näheres hierüber aus chinesischen Quellen in: Description de la Chine oceidentale par un voyageur. Traduit du Chinois par M. Guelmy, Missionaire, Extrait du Museon. Louvain 1887. Sodann besonders bei Grum Grschimailo, l. c., Bd. I, S. 131f., 217ff., wo auch Nachrichten über die frühere Stadt zu finden sind. W.S. Williams, The middle Kingdom. London 1883. Richthofen (China II, S. 676—681) gibt eine allgemeine Darstellung der muhamedanischen Bewegung im chinesischen Reiche. Auch in Futterer, Durch Asien, Bd.I, 1901 ist eine gute Schilderung des Dunganenaufstandes ent- halten und in M. Hartmann, Chines. Turkestan „Angewandte Geographie“, Ill. Reihe, Bd. 4, finden sich Angaben; auch in: La Mission Pelliot, Annales de la Soc. d. Geograph. commereiale (Section Indo- Chinoise). Hanoi 1909, Fasc. 4; besonders Wertvolles im trefflichen Buche: E. Schuyler, Turkistan II, S. 175— 182. 2) Über das frühere Urumtschi findet man eine anschauliche Schilderung in: Ritters Erdkunde, Teil II, Buch II, Asien, Bd. I, S.3380f. Statschkow erstattete über die heutige Stadt in einer Sitzung der Kais. Russ. Geograph. Gesellsch. vom 19. Oktober 1864 einen Bericht, welcher in Peterm. Mitteil. 1865, S. 34 wiedergegeben ist. Angeblich hatte U. damals 150000 Einwohner und sei das Hauptzentrum des innerasiatischen Handels, habe 140 Handelsagenturen, 65 chinesische Banken etc.; es sei dort beständige Messe usw. Diese Schilderung war jedoch stark übertrieben. In Iswestyia der Kais. Russ. Geograph. Gesellsch., Bd. VIII, 1872/73 ist ein verläßigerer, sehr interessanter Bericht über das alte U. aus den Memoiren eines exilierten chinesischen Beamten enthalten. Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 2 10 Kaiserstraße (Tian-schan-Peü-lu) verbindet, erscheint die Lage auch für militärische sowohl als administrative und für Handelszwecke gleich gut gewählt.!) Urumtschi wurde seit langen Zeiten von der chinesischen Zentralregierung als Ver- bannungsort für hochgestellte Persönlichkeiten benützt, die sich politisch oder sonstwie kompromittiert hatten. Nicht wenige geistig hochstehende, um ihr Vaterland verdiente Männer haben hier ihr Leben in erzwungener Untätigkeit unrühmlich beschließen müssen. Zur Zeit lebt dort der in der chinesischen Armee ehemals eine bedeutende Stelle ein- nehmende Marschall Sou und der Bruder des Boxerprinzen, der gleichfalls im Boxeraufstand beteiligt gewesene Herzog Lan. Die heutige Gesamtbevölkerung von Urumtschi wird auf 30 bis 35000 Einwohner geschätzt, der Mehrzahl nach Chinesen (inklusive Garnison und Beamte), sodann haupt- sächlich Dunganen (ca. 12000) und 2—3000 Tschantu. So wird die muhamedanisch- sartische Bevölkerung bezeichnet, die sich in Turfan, Toksun und überhaupt am Südabhang des östlichen Tian-Schan ansässig gemacht hat, und vor etwa 150 Jahren aus Kaschgar und Yarkend eingewandert ist. Die Zahl der Dunganen vermehrt sich fortgesetzt durch Zuzug aus dem Innern Chinas, aus den Provinzen Schen-si und Kan-su. Außerdem lebt in der Oase bei U. als Ackerbauer noch eine Bevölkerung von etwa 18000 Seelen, bestehend aus 15000 Dunganen und 3000 Chimesen und Tschantu. Der angebaute Boden in der Ebene von Urumtschi ist aber nicht sehr ausgedehnt (Taf.15b), da, wie S.7 erwähnt, der Archotu-Fluß im Sommer nur wenig Wasser zu liefern vermag und daher auch das meiste zum Ackerbau sonst geeignete Land nur in jährlichem Wechsel bestellt werden kann. Auch die Härten des hier zu voller Herrschaft gelangenden Kontinentalklimas — extreme Hitze und Trockenheit im Sommer und starke Kälte im Winter — gestatten nur in sehr geringem Maße den Anbau vieler Kulturpflanzen, verhindern aber besonders Gartenbau und Obstkultur. Für die starke Bevölkerung muß deshalb ein großer Teil der Lebensmittel, besonders Weizen, Mais, Gerste, Reis, Melonen etc. aus der durch Klima und reiche Bewässerung überaus gesegneten Oase Manas herbeigebracht werden, das Obst aber — Weintrauben (als Handelsartikel sehr viel Rosinen), Äpfel, Aprikosen, Pfirsiche, auch Melonen — wird hauptsächlich aus Turfan, Toksun und Fukan, in geringen Mengen auch aus Gutschen geliefert. Die Lebensmittel sind daher in Urumtschi sehr hoch im Preise. Wo Wasser hingeleitet werden kann, ist Getreidebau überaus lohnend. Gerste bringt den zehnfachen, Weizen den fünfzehnfachen, Hirse den dreißigfachen Ertrag der Aussaat. Der Futterbau (Luzerne) lohnt gut; auch Weizen und Hülsenfrüchte werden in nicht unerheblichen Mengen produziert. Der Handel ist bedeutend, was die Einfuhr aus China betrifft, die vorzugsweise aus Tee, Baumwollwaren, Seidenstoffen, Stickereien, Porzellan, Tabak, Kleinmetallwaren, Papier und Papierwaren etc. besteht. Aus Rußland kommen Moskauer Baumwoll- und Wollwaren, Stabeisen, Bandeisen und Kleineisenwaren, Geschirre, Leder und Lederwaren, Zucker, Kerzen, Petroleum und Zündhölzer. Nach Rußland werden ausgeführt getrocknete Weintrauben und Baumwolle, die beide hauptsächlich aus Turfan kommen, dann Ziegen-, Schaf- und Lammfelle, Wolle, Ziegen- und Kameelhaar, sowie Pelzfelle und Filzdecken. 1) Man beachte auch die Mitteilungen von $S. Matussowsky in „Geographische Übersicht des Chinesischen Kaiserreichs“. St. Petersburg 1898, S. 221f., russisch. kl Die russischen Händler wohnen in der Nähe des russischen Konsulates in einer eigenen, sehr sauberen Straße, die „Faktorei“ genannt. Die Kaufleute (ca. 50 Firmen) sind aber keine Nationalrussen, sondern Tataren aus Semipalatinsk, Sarten aus dem Andischaner Kreise und Tarantschi aus dem Jligebiet. Der russische Handel ist jedoch in Urumtschi bei weitem nicht von gleicher Bedeutung wie in Tschugutschak in Tarbagatai, weil der Warenaustausch von und nach der Mongolei hauptsächlich von dort aus, zum geringeren Teil auch über Gutschen betrieben wird. Die Industrie von Urumtschi ist gering, etwas Gerberei, Färberei und Töpferei, sowie Herstellung von Baumwollstoffen aus von Turfan eingeführter Baumwolle, Fertigung von Kleidern und Betrieb einiger primitiver Eisen- gießereien, die ihr Rohmaterial, ebenso wie Steinkohlen aus dem nahen Gebirge!) beziehen, und endlich Schnapsbrennerei (chinesischer Reisschnaps). Von großer Bedeutung sind die im Frühling und Herbst stattfindenden kirgisischen Schafmärkte und auch der im Herbst abgehaltene Pferdemarkt, dessen vorzüglichste Produkte aus Karaschar kommen.?) Die große chinesische Telegraphenlinie, aus Kansu abzweigend, verbindet Urumtschi mit Tschu- gutschak in Turbagatai und Kobdo in der Mongolei, sowie mit den größeren Plätzen im Osten und im Kaschgarbecken und lligebiet im W, wo Anschlüsse an die russischen Linien zwar ermöglicht wären, aus gegenseitigem Mißtrauen der Regierungen jedoch bisher nicht ausgeführt wurden. Die Bodenschätze im W. der Stadt, welche die nahen Hügelketten der Juraformation enthalten, werden nur wenig ausgebeutet. Gute Steinkohle ist in be- deutender Mächtigkeit vorhanden und wird an mehreren Stellen, zum Teil auch in Tagebau in sehr primitiver Weise gewonnen. (Siehe Fußnote 1.) Da es, wie ebenda hervorgehoben, auch an Eisenstein nicht mangelt, wäre es wohl möglich, den großen Bedarf an Eisen durch örtliche Fabrikation zu decken. Die primitiven chinesischen Arbeitsmethoden führen aber nur zur Herstellung von großen Kesseln, während aller sonstiger Eisenbedarf aus Rußland auf dem ungeheuer weiten Weg von Semipalatinsk durch Kameelkarawanen hiehergebracht wird. Ich begegnete einer solchen ausschließlich mit Stab- und Bandeisen beladenen Karawane von über tausend Kameelen. Petroleum wurde ebenfalls an einigen, wie es scheint sehr ergiebigen Fundstellen des Juragebirges festgestellt, bisher aber nicht verwertet. Kupfer wird an zwei Orten in denkbar ursprünglichster Art ergraben und geschmolzen und dann in der Stadt gleich zu den bekannten durchlöcherten chinesischen Scheidemünzen verarbeitet. 1) Im NW., wenige Kilometer von der Stadt entfernt, finden sich in den jurassischen Ablagerungen (Angaragesteine) ziemlich reiche Kohlenflöze, die zum Teil in Tagebau in primitiver Weise ausgebeutet werden. In den gleichen Schichten hat man etwas weiter entfernt Toneisensteine gefunden. In früher ausgebeuteten Kohlengruben wütet seit vielen Jahrzehnten das Feuer; der zutage tretende Rauch gab manchen Reisenden Veranlassung, das Bestehen tätiger Vulkane anzunehmen (Humboldt). Richthofen erwähnt auf Grund ihm zugekommener chinesischer Berichte Solfataren in der Umgebung von U. als „Überreste vulkanischer Tätigkeit‘. China I, S. 220, 462, 560. Siebe hierüber auch Ritters Erdkunde a. a. 0., S. 386f. 2) Weitere Auskünfte über Urumtschi sind zu finden in Pjewtzow, |. c., Bd.I, 8. 357f., dann in Grum Grschimailo,]l. c., Bd.1, S.126f. N. M. Galkin, ].c., $. 118f., ferner in N. Krotkow: Der Konsulatsbezirk Urumtschi und der russische Handel im Jahre 1906. leswetiya, Kais. Russ. Geograph. Gesellsch., Bd. 44, 1908, S. 361f. (russisch). M. S. Bell, The great Central Asian Trade Route from Peking to Kashgaria. Proceed. R. G. Soc., Bd. XII, 1890, 8.79, 81. La Mission Pelliot, Annales de la Soe. de Geographie Commerciale (Section Indo-Chinoise), Fasc. 4. Hanoi 1909, 8.13 ff. und in Revue frangaise de l’Etranger etc. Tom. XXXV Nr. 373. 9% a 12 Il. Das Klima von Urumtschi und seine Beziehung zur Bogdo-Ola. Was die klimatischen Verhältnisse der Bogdo-Ola und die von Urumtschi betrifft, so verweise ich auf die Ergebnisse einiger meiner Beobachtungen, wie sie in Anlage Kap. XXII durch Herrn F. Lex bearbeitet erscheinen. Inzwischen ist auch die S. 6 schon erwähnte Schrift von Strokowsky erschienen,!) die zum ersten Male über die interessanten meteoro- logisch-klimatischen Verhältnisse der Stadt Urumtschi auf Grund dreijähriger systematischer Beobachtungen Aufschluß gibt. Ich halte es daher für nützlich, aus dieser der euro- päischen Wissenschaft nicht allgemein zugänglichen Veröffentlichung einiges mitzuteilen, womit ich einzelnes aus meinen eigenen Beobachtungen gleich verflechte. Die kleine Abhandlung beruht auf wissenschaftlich genau geführten Listen, die St. als Arzt des russischen Konsulates auf der von ihm errichteten und geleiteten meteorologischen Station von Mitte April 1907 angefangen drei Jahre lang geführt hat. Außer den spärlichen Angaben Grum Grschimailos?) und Roborowskys?) besitzen wir bisher keinerlei beglaubigte meteorologisch-klimatische Daten aus dieser Gegend, d. h. vom Nordabhange des Gebirges, weshalb dem Inhalte der Strokowskyschen Schrift ganz be- sondere. Bedeutung zukommt. Die vom Südabhang bekannt gewordenen, durch General Tillo bearbeiteten, ziffermäßigen Ergebnisse der Expedition Roborowsky nach Zentralasien entstammen der von diesem verdienten Reisenden errichteten und nahezu 2 Jahre lang unterhaltenen meteorologischen Station von Luktschun, die 60 m unter Meeresniveau in der bekannten von hohen Gebirgen umrahmten Grabensenke lag (siehe S. 3) und gestatten deshalb keine recht zulässigen Vergleiche mit den Verhältnissen des 912 m hoch am Nordfuße des Gebirges frei gelegenen, also anderen klimatischen Einflüssen ausgesetzten Urumtschi.*) Die weiteren von General Tillo veröffentlichten Daten und Erläuterungen über die Ergebnisse der von Roborowsky auf den Etappen seiner Reise gemachten meteorologischen Beobachtungen®) bieten aber, da der Reisende an den einzelnen Stationen nur wenige Tage verweilen konnte, ebenfalls kein ausreichendes Vergleichsmaterial.e. Wir wissen aber aus den Berichten von Regel,®) von Öbrutschew,’) auch durch Wojekows Abhandlung über das Klima von Luktschun,°) ferner durch Elsworth Huntington,°) durch Futterer,!°) endlich I) W.A.Strokowsky, Abriß des Klimas von Urumtschi. Iswestiya der Kais. Akad. der Wissensch St. Petersburg 1902 (russisch). Der Verfasser war Arzt des Kais. Russ. Konsulates in Urumtschi und hat in dieser Funktion eine meteorologische Station unterhalten, wozu ihm die Instrumente vom Kais. Zentral- observatorium in St. Petersburg zur Verfügung gestellt wurden. Dorten hat er auch die nötigen An- leitungen erhalten und gab sich seinen Beobachtungen mit äußerster Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit hin. 2) 1. c. I, S.341 und Bd. III, S. 339. ®) 1. e. I, S.586f. Den Angaben Pjewtzows, |. ce. I, S. 360 über Veränderung der klimatischen Verhältnisse kann keine wissenschaftliche Bedeutung beigemessen werden. *) Siehe hierüber auch besonders Obrutschew in Hettners Geograph. Zeitschrift I, 1895, S. 277£. 5) ]. c., Bd. II, S. 40£. 6) ]. c., S. 205 £. ?) A. a. O. S. 270f. und besonders S. 277f. $) Meteorolog. Zeitschrift 1904 und in Hann’s Handbuch der Klimatologie, 3. Aufl., Bd. III, S. 245 und 313f. 9) Geograph. Journal, vol. XXX, 1907, S. 256f. und The Pulse of Asia, 1. c., S. 299. 10) ]. ce, Bd. III, Meteorologie, S. 33f. und 80—84. 13 durch Grum Grschimailo!) und Pjewtzow,?) daß aus den schon erwähnten Gründen das Klima im Becken von Turfan überhaupt als ein ganz eigenartiges anzusehen ist und mit dem eines hart am Rande des Gebirges gelegenen Ortes nicht in Parallele gestellt werden kann. Nichtsdestoweniger finden sich gerade bei Prüfung der Beobachtungen Roborowskys und bei ihrem Vergleich mit denen Strokowskys doch auch mancherlei Analogien, die, wenn auch nur höchst selten in den korrespondierenden absoluten Werten, so doch in deren Verhältnis zueinander zum Ausdruck gelangen. Am auffälligsten äußert sich die regelmäßige Analogie der Verhältniswerte hinsichtlich des monatlichen Temperaturverlaufes in Roborowsky-Tillos Tabellen IV und VI (l. e., 8. 16), und in Bezug auf die Luftdruck- schwankungen in Tillo-Roborowskys Tabelle I (l. c., S. 13) bei ihrem Vergleich mit den bezüglichen Ergebnissen, welche Strokowsky für Urumtschi ermittelt hat. Wir entnehmen der wertvollen Schrift Strokowskys, daß die durchschnittliche jährliche Sonnenscheindauer in Urumtschi in Prozenten der gesamten Tagesdauer ausgedrückt 65,2°/o beträgt; sie erreicht ihr Maximum im September (79°/o), ihr Minimum im Dezember (54°/o), dem sich der Juni mit 58°/o nähert, welchem überhaupt das Minimum von Tagen mit unbewölktem Himmel zukommt (9). Die durchschnittliche Jahreszahl vollkommen klarer Tage ist 146, die solcher mit bedecktem Himmel 40, die übrigen Tage sind schwach bewölkt. Die Richtung, aus welcher die Wolken heranziehen, ist nahezu konstant von NW., nur im Sommer einige Male von W. und WSW. Niemals kommt Gewölk aus anderer Richtung, was eine sehr beachtenswerte Tatsache ist. Der Wert der mittleren Jahrestemperatur in den Strokowskyschen drei Beobachtungs- jahren ist um mehr als einen Grad schwankend, ein Verhältnis, das übrigens fast allent- halben in den Stationen Zentralasiens bisher beobachtet wurde. Der Mittelwert für Urumtschi berechnet sich auf 5,1°C, während die theoretische mittlere Jahrestemperatur — in Ab- hängigkeit von geographischer Breite und Höhenlage nach der Spitalerschen Tabelle be- rechnet — 6,4° betragen würde. Die thermische Anomalie ist also — 1,3° und die auf Meeresniveau bezogene faktische mittlere Jahrestemperatur — nach den Wildschen Normen — 9,3%, welche Zahl demnach als wahre Isotherme von Urumtschi anzusehen ist. Die höchste Temperatur wird im Juli erreicht (19. Juli 1909, 36,6 °), die niederste im Januar (Januar 1909 — 34,5°). Die normale Tagesamplitüde wurde auf 13,1° berechnet; sie ist am kleinsten im Oktober und November (10,6° und 10,4°) und erreicht ihr Maximum (14,7°) im Juli, August und Mai.°) Die Jahresamplitüde der Temperatur, also die Differenz zwischen der höchsten Sommertemperatur und der niedersten Wintertemperatur schwankt um 39°C. (In Luktschun nach Tillo-Roborowsky, 1. c., 8. 17 in den Jahren 1894/95 68,3 °.) 1) 1. e., Bd. I, S. 251f., 299£., 500f. und 506f.; Bd. III, S. 232f., 292. 2]. c., Bd. I, S. 350f. und 410f. ®) Wegen der großen Seltenheit von meteorologischem Material aus diesem Teile Asiens dürfte es von Interesse sein, vergleichsweise auf Beobachtungen in der Stadt Saissan hinzuweisen, die allerdings um vier Breitengrade nördlicher als Urumtschi liegt. Dort wurden nach den Veröffentlichungen von A.N. Sedelnikow (Der Saissan-See, Sapiski der Westsibir. Abteil. der Kais. Russ. Geograph. Gesellsch., Bd. XXXV, Omsk 1910, russisch, S. 118) gerade im August und September die niedrigsten, im Oktober, November und Dezember die höchsten Temperatur-Amplitüden beobachtet. Die betreffenden Werte sind: 18,50, 22,7°, 31,80, 34,8°, 31,10. Wir erfahren aus dieser Schrift ferner, daß dort die vor- herrschenden Sommerwinde aus WSW. wehen, weniger aus SW. und NW. und daß erstere die regen- bringenden sind. 14 Man kann demnach das Klima von Urumtschi als extrem kontinental bezeichnen, wie dies bei seiner nahezu dem Zentrum Innerasiens entsprechenden Lage erklärlich ist. Dennoch ist merkwürdigerweise eine Anomalie vorhanden, die sonst nur dem maritimen Klima zu eigen ist, nämlich das weitaus überwiegende Eintreten des Maximums der Tages- temperatur gegen Mittag und zwar gerade vorzugsweise an klaren, windstillen Tagen. Es hat dies jedoch eine lokale Ursache und hängt mehr mit dem Verhältnis der Lage des Ortes zum nahen Hochgebirge zusammen, welches überhaupt auch für manche andere hier herrschende klimatische Faktoren verantwortlich zu machen ist, besonders für regelmäßig auftretende lokale Winde. (Siehe hierüber die Angaben von F. Lex, Anhang Kap. XXI.) Es findet Wechselwirkung zwischen erhitzten Tiefen und erkalteten Höhen statt. Dem- entsprechend tritt das Minimum im Winter schon abends und nicht morgens ein, da im Winter und bei bedecktem Himmel die thermalen Gegensätze zwischen Höhen und Tiefen sich mildern. Zur Charakterisierung des Winters ist anzuführen, dak im Januar nie Tauwetter eintritt, im Februar sehr selten, hingegen im Dezember bis zu 10°/o, im November 35 °/o, im Oktober 46 °/o. Die Nachtfröste beginnen im Oktober und enden erst im April, kommen aber vereinzelt noch im Mai vor. Vergleichweise möchte ich auf die in Taschkent er- mittelten Werte hinweisen und teile hievon mit, daß die Fröste dort von Ende Oktober bis Mitte März dauern. Der schneereichste Monat ist in Urumtschi bereits der Oktober (41,5 mm). Eine ständige zusammenhängende Schneedecke stellt sich in der zweiten Hälfte des Oktober ein und verschwindet erst in der zweiten Hälfte des März. In Taschkent ist die Dauer laut Gedeonow!) von Mitte November bis Mitte Februar. Auch im Mai treten dort noch vereinzelte Schneefälle ein. Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt, ungeachtet der geringen Entfernung (ca. 50 km) der stark vergletscherten zentralen Bogdo-Ola-Gruppe und trotz des gebir- gigen Charakters der Gegend durchschnittlich nur 241!/, mm (in Taschkent 345 mm), worin die Einwirkung der ungeheuren Ausdehnung des im N. angrenzenden Dsungarischen Wüstenbeckens zur Geltung kommt. Das Maximum der Niederschläge innerhalb der drei Beobachtungsjahre trat im dritten Jahre ein und zwar am 22. Juni 1907 mit 42,2 mm. April, Juni und Oktober sind die niederschlagsreichsten, Februar und März die niederschlags- ärmsten Monate. Die mittlere wahrscheinliche Niederschlagsmenge, in Prozenten der Anzahl der Tage ausgedrückt, ist pro Jahr 19!/a und zwar am größten im Dezember und Januar (28 °/o), am geringsten im September (11°/o), was mit den beobachteten Verhältnissen der Bewölkung und der Sonnenscheinsdauer gut übereinstimmt. Nebel kommen nicht vor. Wohl aber ist nach heftigen Winden die Atmosphäre noch Tage lang durch Staub getrübt. Gewitter finden nie statt. Man sieht sie aber sich in der Ferne im Gebirge entladen. Die Verteilung des Luftdrucks wird dadurch gekennzeichnet, daß er im November und Dezember am höchsten ist (im Dezember durcbschnittlich 691,5 mm). Schon im Februar sinkt er um 10 mm, steigt im März wieder um 6 mm und fällt dann allmählich bis zum Juni-Minimum (679,7 mm), steigt dann wieder bis zum Winter-Maximum gleichmäßig an,?) !) D. D. Gedeonow, Einiges über die Klimatologie von Turkestan. Iswestiya der turkestanischen Abteilung der Kais. Russ. Geograph. Gesellsch., russisch, Bd. I, 1898, S. 70. 2) Siehe die annähernd ähnlichen Verhältnisse des Verlaufs für Luktschun in Tillo-Roborowkys Tabelle I, 1. e., S. 13 und für Taschkent vergleiche Gedeonow, 1. c., 8. 64, 69, 70. 15 so daß die mittlere Jahresschwankung 11,3 mm beträgt. Der durchschnittliche jährliche Druck ist 636 mm. Der beständigste Monat ist Dezember (Schwankung in den einzelnen Jahren nur 0,2 mm), die unbeständigsten sind März und Mai (Schwankung bis zu 3,2 mm). Die normale tägliche Amplitüde des Luftdrucks stellt sich nur für die Monate August bis November als eine ziemlich konstante Größe dar, schwankt dagegen in den übrigen Monaten von !/z bis Imm. Im Laufe des Jahres ändert sich die Tagesamplitüde von 0,5 mm im November — was dem höchsten Barometerstand entspricht — bis zu 1,3 mm im Juni, was dagegen mit dem tiefsten Minimum nicht ganz zusammenfällt. Die Veränderlichkeit des Luftdrucks von Tag zu Tag beläuft sich im Jahresdurchschnitt auf 2,3 mm, schwankt aber in den verschiedenen Jahren bis zu 1,2mm. Die größte Veränderlichkeit (3,0 mm) tritt gerade in den Monaten Oktober und Dezember ein, wo im allgemeinen der höchste Luftdruck herrscht, und die Tagesamplitüde verhältnismäßig gering ist. Die geringste Ver- änderlichkeit aber (1,5 mm) tritt im August auf, gerade bei niederem Barometerstand und relativ großen Tagesschwankungen. Der Feuchtigkeitsgehalt der Luft ist im Jahresmittel 4,5 mm und dieses Verhältnis wird charakterisiert durch ein Wintermaximum (4 Monate) und ein ebenso langes Sommer- minimum der relativen Feuchtigkeit. Der trockenste Monat ist Mai (44 °/o relativ), der feuchteste Januar (83 °/o relativ). Die absolute Feuchtigkeit steht hierzu im Gegensatz, denn sie ist am geringsten (1,3 mm) in den Monaten Januar und Februar, am größten im Juli (8,7 mm). Die durehschnittliche monatliche Amplitüde der täglichen Schwankungen der relativen Feuchtigkeit ändert sich in den Sommermonaten nur wenig, in den Winter- monaten stärker, während sich dies bei der absoluten Feuchtigkeit in der Form von sehr regelmäßigen Kurven ausdrückt mit Ausnahme des Monats Mai. Eine auffällige Erscheinung ist, daß die Verteilung windstiller und windiger Tage im Jahresmittel sehr unregelmäßig ist und mit dem Gange des Luftdruckes keine Analogie zeigt. Die Zahl der windstillen Tage ist am größten im Juli und August, am kleinsten im kältesten Monat. Das Tagesverhältnis ist: Windstille in der Abendzeit, schwache Be- wegung am Morgen und stärkste in der Mittagszeit. Die mittlere Beweglichkeit der Atmo- sphäre wird durch den Wert von 2 m pro Sekunde ausgedrückt. Die stärkste Bewegung der Atmosphäre findet im September und April statt, die schwächste im Juli und Dezember. Am häufigsten wehen NNW. (16,8 °/0) und NW. (11,7 °/o) Winde. Sodann kommen N.-Winde (7,5 °/0), SSO. (7,4 °/o), SO. (6,4 °/o) und SSW. (6,1 %/o), wobei zu beachten ist, daß alle aus Ö. wehenden Winde die größten Stärken besitzen; ihre mittlere Stärke beträgt 8,2—9,7 m, steigt aber in einzelnen Fällen bis 15 und 20 m, während -die W.-Winde durchschnittlich nur 2,0— 2,3 m Stärke erreichen, in Maximum 3—4 m. Hierzu möchte ich aber bemerken, daß hinsichtlich der Winde der Platz Urumtschi keineswegs als typisch für diesen Teil Ost-Turkestans angesehen werden kann, wo sonst die aus N. und NO. wehenden Winde in weit größerem Prozentsatze überwiegen; daß vielmehr die zu Beginn dieses klimatischen Abrisses und im vorigen Kapitel gekennzeichnete eigenartig geschützte Lage der Stadt hier wesentliche Abweichungen von den normalen ostturkestanischen Verhältnissen zur Folge hat. Ist die Stadt doch rings von mäßigen Höhen umgeben, im SO. aber von dem nahen Riesenwall der Bogdo-Ola überragt. Der Höhenkranz hält die Winde ab oder lenkt sie aus ihrer Richtung. Hingegen hat die Lage der Stadt in einer trichterförmigen Bucht (siehe Karte Ia), ebenso wie die im NW. der Stadt sich öffnende, erwähnte torförmige 16 Bresche (siehe S. 4 und 7) zur Folge, daß die aus dieser und verwandter Richtung zu- strömenden Winde freien Zutritt haben und die vorbeistreichenden werden infolge der außerhalb herrschenden, hoken Temperatur z. T. in die Lücke hineingepreßt. Diese lokalen Abweichungen werden durch die vertikale Gliederung des umgebenden Bergkranzes noch weiter beeinflußt. Die ungeheure Höhe der im SSO. von Urumtschi aufragenden Bogdo- Ola-Gruppe, welche die Sohle des Beckens von Urumtschi um etwa 5600 m überragt, hat die Ausbildung besonderer lokaler Windströmungen zur Folge, worauf schon bei Erörterung der Temperaturverhältnisse hingewiesen wurde. Wir haben es hier wie in anderen Teilen der Erde, wo große Becken von hohen Gebirgen umschlossen sind, mit periodischen Berg- und Talwinden zu tun, die nach ganz bestimmten, der Tageszeit und der Jahreszeit folgenden Gesetzen ausgebildet werden und natürlich in der warmen Jahreszeit wegen der verschärften thermalen Gegensätze größere Bedeutung erlangen, als in der kalten. Außerdem kommen nicht selten Störungen thermischen Charakters vor, begünstigt durch die im Süden der Stadt gelegene tiefe Depression des Gebirges, dem Dun-Schan-Sattel, von dem schon 8. 4 und 9 als Zugangsstelle für den Handelsverkehr, die Rede war. Im S. dieser breiten, in Form einer Hochmulde gedehnten Lücke des Gebirges liegt die 8. 3 besprochene, unter Meeresniveau abfallende Senke von Turfan, welche einer außerordentlichen Insolation ausgesetzt ist.!) Die dort aufgelockerten Luftschichten werden zeitweise in ihrem raschen Aufstieg zu den Höhen, wenn sie gerade in der Richtung nach NW., also zu der er- wähnten Lücke hin wehen, gebläseartig und mit Staub, Sand und kleinen Kieseln beladen durch die Depression hindurch in den weiten Kessel von Urumtschi hineingetrieben,?) wo der Luftstrom divergierend sich verteilt und von den umwallenden Felswänden zurückgeworfen, Staubstürme erzeugt, die von sehr unregelmäßigen, manchmal arge Verwüstungen anrich- tenden Erscheinungen begleitet sind.?) Sogar ein richtiger Föhn wird in Urumtschi des öfteren beobachtet, wenn nämlich den in der glühend heißen Turfansenke aufgelockerten Luftschichten im Norden des Gebirges entlang ziehende zyklonale Bildungen entsprechen und daher die Luft des Südens durch die Lücken des Gebirges, ja sogar über die höchsten Kämme der Bogdo-Ola hinweg zu den nördlichen Abhängen des Gebirges hinüber geleitet wird. Leider haben wir bis jetzt aus diesen weiten Gebieten Asiens außer den schon aufgeführten Quellen noch keinerlei meteorologisches Beobachtungsmaterial und sind daher hinsichtlich des Vorkommens zyklonaler und antizyklonaler Bildungen am Nord- und am Südfuße des östlichen Tian-Schan auf theoretische Erwägungen angewiesen. Indessen spricht schon Wojekow*) davon, daß im Kessel von Luktschun im Frühling Zyklone nicht selten sind. Strokowsky äußert sich dahin, ‚daß der starke und typisch ausgeprägte Föhn“ in Urumtschi meist im Frühjahr auftritt, seltener im Herbst und daß er über die Gebirgsdepression in das Becken von Urumtschi eindringe. Dagegen habe ich selbst ihn in meinem Hochlager am Fuße des höchsten Teils der Bogdo-Ola-Gruppe und zwar im Hochsommer (4. bis 1) Siehe die tabellarischen meteorologischen Beobachtungen im Orte Luktschun bei Roborowsky, 1. c, Bd. III, S. 1—19. 2) Siehe hierüber auch Pjewtzow, 1. c., Bd.1I, S. 354. 3) Es ist in hohem Maße interessant, was in Ritters Erdkunde, Teil III, Buch I, Asien, Bd. II, S. 379 f., über die sommerlichen Stürme im Hochgebirge mitgeteilt wird und über die durch sie ver- ursachten wichtigen geschichtlichen Ereignisse, welche sich in diesen Gegenden abgespielt haben. %) Das Klima von Luktschun, 1. c., S. 125. 17 6. August 1908) in typischer Ausbildung beobachten können und weise auf die Bearbeitung meiner des Interesses nicht entbehrenden Beobachtungen durch Herrn F. Lex hin, die als Kap. XXII diesem Werke angefügt sind. Diese zeitweise auftretenden Föhnwinde erreichen nach Strokowsky in Urumtschi eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 9,7 m mit Maxima bis über 20 m und wehen vorwiegend aus SO.; sie dauern zwei bis dreimal 24 Stunden und sind von starker Steigerung der Temperatur begleitet, so daß ein solcher Föhn, wenn er im Winter eintritt, bei seiner großen Trockenheit eine übrigens rasch vorübergehende Schneeschmelze zur Folge hat. Der Himmel ist dabei wolkenlos und der Barometer zeigt fortgesetzt rasches Fallen, bis endlich bei dessen ebenso raschem Wiederansteigen eine etwas schwächere NNW.-, N.- oder NW.-Luftströmung einsetzt, die wesentlich kühler ist. Dann beginnt der Luftdruck rasch wieder anzusteigen, der Himmel bedeckt sich nach einiger Zeit und Regen setzt ein oder im Winter Schneefall. Dieses zweite Stadium der Entwicklung. dauert mehrere Tage, wor- auf dann stets eine längere Periode klaren, ruhigen Wetters folgt. Diese Föhnwinde sind, wie schon hervorgehoben, von großer Trockenheit (bis zu einem Minimum der rela- tiven Feuchtigkeit von 5 °/o), da sie allen Feuchtigkeitsgehalt an den vereisten Kämmen abgegeben haben. Dafür bringen sie schwebende Staubteilchen in großer Menge mit, die noch tagelang nach Aufhören des Föhns als Schleier die Luft verdichten. Erst nach einiger Dauer des kühlen feuchten Wetters verschwindet auch die Trübung. Es kommt vor, besonders in den Wintermonaten, daß dieser Zyklus der Erscheinung nur teilweise zur Durchführung gelangt. Es tritt auch der Fall ein, daß Föhnwinde, ohne den Boden des Beckens von Urumtschi zu berühren, über den abschließenden Wall im N. hinaus- streichen. Man hört dann bei verhältnismäßig ruhigem Zustand der Atmosphäre tagelang das außerordentliche Geräusch des Sturmes, man sieht die als Sturmstreifen niedrig dahin- ziehenden Wolken, die dann auch manchmal in einem Teile des Beckens entweder rechts oder links des Flusses zur Tiefe gelangen, ohne die jenseitige Flußseite zu berühren. Diese klimatischen Angaben, welche hier nur auszugsweise in Verbindung mit eigenen Beobachtungen wiedergegeben werden konnten, gewinnen ein ganz besonderes Interesse, wenn man sie mit den Daten über die klimatischen Verhältnisse im westlichen Turkestan vergleicht, wie sie in der schon zitierten bedeutsamen Zusammenstellung!) Gedeonows über die Klimatologie von Turkestan niedergelest sind und mit H. von Fickers wert- voller Abhandlung.?2) Über das Verhältnis der klimatischen Bedingungen Urumtschis zu den im Hochgebirge von mir gewonnenen meteorologischen Daten folgen später noch einige Mitteilungen. Ill. Bedeutung der Bogdo-Ola als Landmarke der Provinz Hsin-kiang. In Urumtschi, dem Ausgangspunkte für die Erforschung der Bogdo-Ola wurde meine durch die bisherigen langen und beschwerlichen Gebirgsreisen (8. 3 und 5) ziemlich des- organisierte Expedition aufs neue ausgerüstet und zusammengestellt. Während dieser heißen, sonnigen Arbeitstage leuchteten die hohen Schneedome der zentralen Bogdo-Ola-Gruppe !) Iswestiya der turkestanischen Abteilung der Kais. Russ. Geograph. Gesellsch., Tom. I, 1898. ?) Zur Meteorologie von West-Turkestan von H. von Ficker. Denkschriften der K.K. Akad. d. Wiss,, mathem. naturwiss. Kl., Bd. LXXXI, 1907. Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 3 18 durch alle gegen O. und NO. sich dehnenden Straßen auf das bewegte Leben der großen Handelsstadt herein (s. Taf. 15.) Diese Tatsache bildete für mich damals in gewisser Hinsicht eine Überraschung; denn nach den bisherigen kartographischen Darstellungen der Gruppe und ihrer Lage hätte es eigentlich unmöglich sein müssen, sie von der Stadt aus im N. zu erblicken. Eine solche Wahrnehmung konnte nur anregend auf mein Vorhaben wirken, die bisher mangelhafte Kenntnis von diesem prächtigen Gebirge zu erweitern, das schon hinsichtlich seiner außerordentlichen, den ganzen östlichen Tian-Schan so mächtig überragenden Höhe und seiner — ungeachtet der weit nach O. vorgeschobenen Lage, — starken Vereisung mancherlei Rätsel barg. Zunächst fällt es auf, daß gerade dort, wo der östliche Tian-Schan, insoweit er Hochgebirgscharakter besitzt — im N. der tiefen Turfansenke und des östlich daran grenzenden Wüstenbeckens — zu seiner geringsten Breitenausdehnung zusammengeschnürt ist!) und nachdem er überdies bei U. auch die tiefste Absenkung (1370 m) in seinem ganzen bisherigen Verlauf erfahren hat (S. 4), nun ganz plötzlich wieder ein Ansteigen zu Höhen zeigt, wie wir sie nur in den höchsten Teilen des zentralen Tian-Schan wieder finden. Diese auffällige horizontale und vertikale Veränderung im orographischen Bild des Gebirges ließ auf besondere, kaum bekannte tektonische Einwirkungen schließen, die aufzuklären ich mir zur Aufgabe gemacht hatte. Der außerordentliche Eindruck des relativen Höhenunter- schieds zwischen der Bogdo-Ola-Gruppe und ihrer Umgebung tritt umso stärker hervor, als sie den wasserscheidenden Wall zwischen zwei tiefen Senken bildet: dem flachen Becken der Dsungarischen Wüste im N. — für deren südlichen, also dem Tian-Schan-Gebirge zunächst gelegenen Teil (Saosti-Elisun), berechnet sich die mittlere Erhebung auf 630 m — und der öfters erwähnten, bis unter Meeresniveau fallenden zentralasiatischen Grabensenkung?) im S. Dies erklärt, daß die hochgetürmten, gletscherreichen Zinnen der zentralen Bogdo- Ola mit ihren nach N. wie nach S. jäh abfallenden eisblinkenden Steilflächen als eine Landmarke für diesen Teil Zentralasiens erscheinen. Von Alters her machte ein solch gewaltiges Naturmonument tiefen Eindruck auf alle die Gegend bewohnenden oder sie be- reisenden Menschen, sowohl auf die der Karawanen, welche auf der nördlichen Kaiserstraße (S. 10) entlang zogen, als auf die aus der Tiefe von Turfan im S. über das Gebirge nach Urumtschi heraufwandernden und beschäftigte ihre Fantasie auf das lebhafteste. Die un- geheure, den Menschen unerreichbar scheinende Höhe jener Berggipfel, um welche sich häufig Wolkengebilde scharen, aus denen Segen oder Verheerung für die Tiefen an ihrem Fuße entsteht, mußte den Glauben an dort thronende göttliche oder dämonische Gewalten erwecken, je nachdem die vereisten Gipfel sich im Morgen- oder Abendsonnenglanz von magischen Lichtern umspielt zeigen oder zu anderen Zeiten durch düsteres, von Blitzen durchzucktes Gewölk eingehüllt werden. Hinzu kommt der außerordentliche, eigenartige Gegensatz, in welchem die in ewigen Schnee und Eis prangenden oder in tieferer Lage dicht bewaldeten Höhen zu den kahlen, sonnendurchglühten Wüstenlandschaften der Umrandung stehen. So hat denn schon seit den frühesten Zeiten diese Gebirgsgruppe in den Sagen der umwohnenden Völker eine besondere Rolle gespielt und wird auch in den Berichten aller 1) Auf ca. 30 km gegenüber 200 km Breite in einer Entfernung von 100km westlich von Urumtschi und 100 km Breite in abermaliger Entfernung von 100 km östlich hievon. ?2) Der leichteren Verständlichkeit halber behalte ich in der Folge diese Bezeichnung bei. Siehe Anmerkung 2 S. 4. 1 europäischen Reisenden, welche diese Gegend besucht haben, als die auffälligste Erscheinung im Landschaftsbilde erwähnt.!) Die Fruchtbarkeit der Oasen am Fuße des Gebirges steht durchaus in Abhängigkeit von den Gewässern, welche von diesem abfließen. Diese Wasserläufe werden aber auch öfters zu furchtbaren Strömen, die große Zerstörungen anrichten. In den Vorstellungen der primitiven Völker mußten daher die auf den Bergen waltenden Naturkräfte, je nach ihren Wirkungen göttliche oder dämonische Verkörperung annehmen und so hat sich im Laufe der Zeiten ein reicher Sagenschatz an die Gipfel der Bogdo-Ola geknüpft, verschieden- artig ausgestaltet, entsprechend den besonderen religiösen Vorstellungen jener Volksstämme. Sowohl von der mongolischen als von der chinesischen Bevölkerung wurden die Bogdo- Ola-Gipfel als der Eispalast der Gottheit, als ein Schauplatz göttlicher Emanationen ange- sehen; sie gelten als heilig und hierauf deutet der mongolische Name Bogdo-Ola — Heiliger Berg,*) der jedoch, wie S. 1 betont wurde, nur allein den extremen Höhen der zentralen Gruppe zukommt und keineswegs für die weiter nach O. sich erstreckende Fortsetzung des Gebirges mit Berechtigung Anwendung finden kann, wie dies nach den irrig angebrachten Bezeichnungen in manchen Karten angenommen werden muß. Es sei hier besonders hervorgehoben, daß der Name Bogdo-Ola, auch Bogdo-Ula und Bogdo-Baga etc. ein in Innerasien weit verbreiteter ist und gerade für solche Gebirge oder Berge Verwendung fand, an deren Fuße mongolische Stämme seßhaft sind oder waren.?) Diese Tatsache erklärt sich durch den Höhenkultus, dem bekanntlich in den religiösen Anschau- ungen und Gebräuchen der lamaistischen Mongolen eine große Bedeutung zukommt. Häufig werden von mongolischen Stämmen religiöse Festlichkeiten auf Höhen abgehalten, wo man der Gottheit näher zu sein glaubt. Auf hochgelegenen Punkten und Paßübergängen im Gebirge werden sogenannte Obo errichtet.‘) Beim Überschreiten einer Gebirgskette auf dem Wege zum Ziele bringt man an diesen Stellen fromme Gaben dar, um eine glück- liche Reise durch alle Fährlichkeiten des Hochgebirges zu erbitten; beim Rückwege ge- schieht das gleiche als Ausdruck des Dankes für den göttlichen Schutz. Überall in Zentral- !) M. S. Bell, The great Central Asiatie Trade Route from Pecking to Kashgaria. Proceedings R. G. S. XII, 1890, S. 58 ff. und besonders S. 81. Younghusband, A Journey across Central Asia etc. Proceed. R. G. $S. 1888, 8. 485—518 und The Heart of a Continent. London 1897. Carey and Dalgleish, In Chinese Turkestan and Northern Tibet ete. Royal Geogr. Soc. Supplement Pap., vol. III, part I, 1890. Dieselben, A Journey round Chinese Turkestan etc. Proceed. Roy. Geogr., vol. IX, No. 12, 1887. D. Caruthers, Exploration in Northwest Mongolia and Dsungaria. The Geogr. Journal vol. 39, 1912 und Derselbe, Unknown Mongolia. London 1914. 2) Ritters Erdkunde, Teil II, Buch II, Asien, Bd. I, S. 337. ®) Pallas, Reisen durch verschiedene Provinzen des Russ. Reiches. Petersburg 1772/73, Bd. III S. 666 f., 677. Stielers Hand-Atlas, Auflage IX, Bl. 49, 58, 62, 65. *) Steinhaufen mit darin befestigten Stangen, an welchen als Zeichen göttlicher Verehrung oder als Votivgaben Abschnitte von bunten Stoffen, Ziegenhaare, Yakschweife, aus Lhaasa stammende Druck- blätter mit Gebeten, Bhudda-Statuetten, Pferdeabbildungen aus Ton etc. befestigt werden und an deren Fuße Tierschädel und Gehörne, sowie andere Gaben niedergelegt werden. Siehe auch Ritters Erd- kunde, a. a. O., S. 337. 3* 20 asien, wo man auf solchen Höhen diese Obo findet — und sie sind ungemein verbreitet — können sie als ein Kennzeichen dafür gelten, daß Mongolen dort häufig durchwandern oder in der Nähe seßhaft sind. Die Chinesen bezeichnen die Bogdo-Ola mit einer synonymen Bezeichnung: Lin-schan —, die wundertätigen Berge — oder auch Fu-sheu-shan (Berge des Glücks) und wie wir später sehen werden, ist bei der chinesischen Bevölkerung dieser Gegend der Glaube an die Heiligkeit dieses Gebirges allgemein verbreitet, so daß sie dort in einem Hochtal am Nordfuß des Gebirges eine Anzahl Klöster und Tempel errichtet haben.') Auch die muhamedanischen Turkstämme der Gegend leben in dem Glauben, daß auf diesen Bergen teils gute, teils schlimme Geister wohnen, deren Wirken den Menschen nützlich oder schädlich sein könne und deren Wohnsitz sich zu nähern man vermeiden soll. Auf gewissen Höhen am Abhange des Gebirges sollen ihrem Glauben nach zahlreiche heilige Männer gelebt haben?) und deshalb verwenden die türkisch sprechenden Stämme für die gesamte Berggruppe den Namen Topotar-Aulie, d. h. Berg der vielen Heiligen. Bei ihnen scheint aber mehr das Gefühl der Furcht vor den auf den höchsten Gipfeln hausenden schlimmen Geistern vorzuherrschen, so zwar, daß es mir sehr schwer wurde, die Abneigung der in meinem Dienst stehenden, muhamedanischen Pferdeführer zu über- winden, mich in die Bogdo-Ola-Gruppe zu begleiten. Als wir einmal in einem der Hoch- lager am Fuße der höchsten Teile des Gebirges eine stürmische Nacht erlebten, in welcher zahlreiche Lawinen von den firnbedeckten Hängen herabdonnerten, wurden die Leute durch dieses nächtliche Getöse der „bösen Geister“, denen sie diese Geräusche zuschrieben, so eingeschüchtert, daß ich sie kaum von Desertion zurückzuhalten vermochte; sie fürchteten samt ihren Pferden von den erzürnten Geistern, in deren Reich wir frevelhafterweise ein- sedrungen seien, vernichtet zu werden. Die Bezeichnung Turpanat-tagh, welche meines Wissens Obrutschew zuerst eingeführt hat,?) und in seinem Reisewerke (l. c., Bd. II, S. 640f.) sowohl, als im bei- gegebenen Marschroutenblatte Nr. 14 für die Hauptgruppe neben der Benennung Bogdo- Ola, auch für eine von ihm angenommene südliche Vorkette verwendet, mag vielleicht bei der türkischen Bevölkerung im Turfanbecken üblich sein. Ich selbst habe diesen Namen nirgendwo vernommen und auch von keinem der anderen russischen Forschungsreisenden wird er erwähnt. Die Bedeutung dieses Namens vermochte ich nicht festzustellen, ver- 1) In Ritters Erdkunde, Teil VII, Ba. III, Berlin 1837, S. 453 ist im Gegensatz zu den früher zitierten Mitteilungen auf Grund von Nachrichten indischer Mekkapilger von einem „Berg Pukhithapan“ die Rede und weiter wird hierüber berichtet, er liege in Urumtschi, habe drei Gipfel, „steht isoliert und ist außer- ordentlich hoch; sein Eis und Schnee haben. Kristallglanz; er reicht in den Himmel, Sonne und Mond verdeckend‘. Dieser Beschreibung nach kann zwar nur die Bogdo-Ola gemeint sein; dennoch glaubt Ritter in einem aus gleicher Quelle bekannt gewordenen „Berg Mulithu in Karaschar“ das Bogdo-Ola- Gebirge zu erkennen. Siehe auch Ritters Erdkunde, Teil II, Buch II, Asien, Bd.I, S. 357 und ebenda S. 390, wo Alexander von Humboldt zitiert wird: „Vielleicht ist der dreigipfelige Koloß Bogdola ein Trachytberg wie der Chimborazo.“ 2) Ebenda S. 353 findet sich eine ähnliche Sage, aber auf eine andere Örtlichkeit dieser Gegend angewendet. °) Iswestiya, Kais. Russ. Geograph. Gesellsch. 1895, S. 289. Pr 21 mute aber, daß Turpan nur eine harte Betonung von Turfan darstellt und der Name ein- fach „Gebirge von Turfan“ bedeutet. Ich werde mit der Reisebeschreibung noch weitere auf Namen und Sagen bezügliche Mitteilungen verflechten. IV. Erforschungsgeschichte und Literatur hierüber. Für die geographische Wissenschaft blieb die Bogdo-Ola-Gruppe bis in die neueste Zeit hinein eine terra incognita. Die Erforschung des Tian-Schan überhaupt wurde in überwiegender Weise durch die von der Kais. Russ. Geographischen Gesellschaft ausge- schiekten oder von ihr unterstützten Expeditionen gefördert, die im Jahre 1856 begannen und systematisch und stetig von W. nach O. vorschritten, so daß die Wege der Forschungs- reisenden im Tian-Schan in einzelnen Teilen des Gebirges bereits ein ziemlich engmaschiges Netz bilden.!) Freilich die Hochgebirgsforschung im eigentlichen Sinne war bisher bei allen diesen Expeditionen nur verhältnismäßig selten Gegenstand des Unternehmens und namentlich die Bogdo-Ola-Gruppe blieb noch lange Zeit ein unbetretenes Gebiet. In die Nähe der Gruppe gelangte 1879 auf seinem Wege nach Turfan zuerst der Arzt und Botaniker A. Regel. Das eigentliche Hochgebirge hat er allerdings nur an einzelnen Stellen berührt, denn seine Expeditionen hatten hauptsächlich allgemein geographische Erkundungen und botanische Untersuchungen zum Ziel. In erfolgreicher Weise querte Regel bis dahin von Europäern unbetretene Teile des östlichen Tian-Schan, so das Kasch- Tal, die Yuldus-Täler und Teile ihrer Umrandung, sowie die im O. hievon gelegenen Pässe und gelangte zur Stadt Turfan.?) Zum Rückwege benützte der Reisende von Turfan aus die große Karawanenstraße, welche über die mehrfach erwähnte niedrige Depression im W. der Bogdo-Ola, über den Dun-Schan-Sattel nach Urumtschi führt. (Siehe vorher S. 4, 9.) Die auf diesen, in weitem Bogen z. T. um die Bogdo-Ola herumführenden Wegen gemachten Beobachtungen liegen den Mitteilungen des Reisenden über das Bogdo-Ola-Gebiet zu Grunde. Da er demnach dieses Gebirge selbst nur aus größerer Entfernung und von niedrigen Standpunkten aus beobachten konnte, so ist es begreiflich, daß seine Angaben über Lage, Höhe und Eis- bedeckung der Genauigkeit entbehren. So z. B. wenn er berichtet:°) „der Hauptgebirgszug ist die weiter im N. aufsteigende Bogdo-Kette, welche in ihrem Dreispitzknotenpunkte Bogdo-Ola eine Höhe von 12—1400 Fuß erreicht.) Hinsichtlich der Kompaßpeilungen, die Regel von Turfan und von benachbarten Punkten aus zur Bestimmung der genauen Lage der Gruppe unternahm und über deren Ergebnisse er schreibt?) sie bringen „diesen prächtigen Kegel südlicher und näher an Turfan, als bisher in allen Karten angegeben ist“, ist zu bemerken, daß im Gegenteil die wirkliche Lage der Bogdo-Ola noch weiter gegen N. hinausgeschoben ist, als sie auf den meisten Karten angegeben erscheint. (Siehe 8.18.) Regels irrtümliche Wahrnehmung beruht darauf, daß von den erwähnten Punkten im Süden aus die !) Siehe hierüber in Friederichsen, Morphologie des Tian-Schan, S. 11f., sowie die Reisewege auf der beigegebenen Karte mit Tektur. ?) Petermanns Mitteilungen, Bd. XXVI, S. 70, 116, 205f.; Bd. XXVII, 8. 380 f. und Bull. de la Soe. des Nat. de Moscou, Jahrg. 1882, S. 140f.; 1883, S. 227 f.; 1885, S. 194f. ®) Petermanns Mitteilungen XXVII, S. 390 £. *) Im gleichen Berichte S. 393 schätzt er übrigens die Höhe auf 14—16000 Fuß. 5) Ebenda S. 393. 22 zentralen und höchsten Teile der Bogdo-Ola-Gruppe, wie aus meinen sorgfältigen topogra- phischen Aufnahmen hervorgeht, überhaupt nicht erblickt werden kann, sondern nur ihre nach O. und 8. ziehenden Verzweigungen. Die Konturen des auf Regels Karte!) aufge- tragenen kleinen Profils „von Dabantschan aus“ zeigen in unwiderleglicher Weise (vergleiche auch Panorama von der S.-Seite, Tafel 3), daß dort nur der gegen das Chigo-Tal abfallende Seitenast abgebildet ist. Hinsichtlich eines anderen wichtigen Irrtums in den Beobachtungen Regels habe ich schon in der Anmerkung auf S. 4 das Wesentliche mitgeteilt. Die von M. W. Pjewtzow 1889 geleitete Tibet-Expedition, an welcher als Geologe K. J. Bogdanowitsch teilnahm, schlug auf ihrem Wege von Toksun nach Urumtschi am W.-Rande der Turfansenke eine Richtung ein, welche in ihrem südlichen Teile süd- westlich von der großen Karawanenstraße verläuft und erst im N. des Sees Aidin-kul (Sayopu) die große, über die viel erwähnte Einsenkung des Dun-Schan führende Karawanen- straße wieder erreicht. Pjewtzow gibt in seinem Reisewerke?) wohl eine Beschreibung seines Weges, gedenkt jedoch darin mit keinem Worte der Bogdo-Ola. Bogdanowitsch als geologischer Teilnehmer dieser Forschungsreise bringt in seinem Berichte?) zum ersten Male ein wichtiges geologisches Querprofil des von ihm überschrittenen Gebirgsteiles, macht jedoch in dem begleitenden Text ebenfalls keinerlei Erwähnung des Bogdo-Ola-Gebirges. W. J. Roborowsky kam auf seiner großen zentralasiatischen Expedition 1893/94 wohl auch in diese Gegend (siehe S. 3 u. 5) und überschritt auf seinem Wege von Urumtschi nach Turfan das Gebirge ebenfalls über dem oft erwähnten niedrigen Sattel im SW. der Bogdo-Ola, ohne daß indes auch in seiner Reisebeschreibung von der Bogdo-Ola eingehend die Rede ist. Er erwähnt nur,*) daß er die Höhe der Bogdo-Ola von Luktschun aus durch Winkelbestimmungen ermittelte, welche später von General Bonsdorf berechnet wurden.) Das Ergebnis dieser Beobachtungen ist eine Cote von 22692 Fuß = 6910 m, welche, wie ich später zeigen werde, um einige hundert Meter zu hoch gegriffen ist.®) Im Jahre 1895 kam W. A. Obrutschew auf seinem Rückwege aus dem Nan-Schau und Bei-Schan nach Hami und gelangte von dort, am S.-Abhang des Tian-Schan entlang reisend, nach Turfan, von wo er, ebenfalls mit Benützung der vielfach erwähnten Karawanen- straße, Urumtschi erreichte und von dort aus seinen Weg nach W. fortsetzte.”) Den Mit- teilungen über die orographischen Züge der Bogdo-Ola, welcher dieser sorgfältige Beob- achter in seinem Werke niedergelegt hat,®) kommt indes nicht ganz der gleiche Wert zu, wie seinen geologischen Beobachtungen, da es ihm nicht beschieden war, sich der Gruppe genügend zu nähern oder sich von hochgelegenen Standpunkten aus einen Überblick über sie zu beschaffen. Besonders die Vorstellung, die er sich von der Gliederung des Hoch- !) Petermanns Mitteilungen XXVII, S. 393. 2)nlec, Bd2l. 873527 3) Trudi Tibetzkoi Ekspedizi, Bd. II, 8. 38. 4) ]. c., Bd. I, S. 106. 5) Trudi Tibetzkoi Ekspedizi, Bd. III, Abt. B, S.9. 6) Die Kote, welche Futterer in: Durch Asien ], S. 159 anführt, scheint dieser Bestimmung entnommen zu sein. ?) Zentralasien etc., 1. c., Bd. II, S. 601f. und Croquis, Taf. XIV. 8) 1. c., Bd. II, S. 640, 643—645. 23 gebirges und dessen allerdings von tiefgelegenen Standorten aus nicht zu entschleiernden Zügen gebildet hat, entspricht der Wirklichkeit nicht, wenn seinem geschulten Auge auch nicht wie seinen Vorgängern entgangen ist, daß aus dem Hauptkamme noch eine um nur weniges niedrigere, südöstliche Abzweigung von etwas veränderter Streichrichtung heraus- tritt und schon im Landschaftsbilde zum deutlichen Ausdruck gelangt. (Weiteres hierüber im folgenden Kapitel.) Auch die kurze Schilderung, die OÖ. von der Bogdo-Ola-Gruppe in Hettners Zeitschrift entwirft,!) wird, wenn sie auch in manchen Punkten der Wirklichkeit sich nähert, doch den orographischen Zügen der Gruppe nicht gerecht. Von anderen Reisen ist noch zu erwähnen die des Generalstabsoffiziers N. M. Galkin, der 1890 im Auftrag der Militärverwaltung eine ausschließlich nach militärischen Gesichts- punkten eingerichtete Erkundungsreise ausführte und hiebei auch Urumtschi berührte. .(Siehe vorher Note S. 8.) In seinem im Verlage des militärgeographischen Bureaus im großen Generalstabe herausgegebenen, nicht allgemein zugänglichen Berichte und in einem etwas ausführlicheren Reisetagebuch?) sind Mitteilungen von geographischem Werte über die eingeschlagene Route und die durchreisten Gebiete niedergelegt, des Bogdo-Ola-Gebirges aber wird keine Erwähnung gemacht. Der englische Reisende M. S. Bell gelangte (vgl. S. 11 u. 19) auf seiner Reise von Peking nach Kaschgar 1888 ebenfalls nach Urumtschi,?) machte aber gleichfalls in seinem Berichte vom Bogdo-Ola-Gebirge wenig mehr als eine flüchtige Erwähnung. Ebensowenig wird in der Beschreibung der von Carey und Dalgleisch 1885) unternommenen offi- ziellen Erkundungsreise eine Mitteilung über das Bogdo-Ola-Gebirge vorgebracht. Auch eine ausschließlich zum Zwecke der Jagd im Jahre 1898 unternommene Reise von P. W. Church, auf welcher Urumtschi berührt und von dort ein Jagdausflug in die Dschargöß-Kette unternommen wurde („in das Ta-seng-kou-Valley“), worauf man über Toksun den Weg in westlicher Richtung nahm, hat keine irgendwie in geographischer Hin - sicht bemerkenswerten Ergebnisse, besonders nicht über unser Gebiet gefördert.’) Die fran- zösische archäologische Mission unter P. Pelliot und Dr. L. Vaillant wurde schon (8. 6, 9, 11) kurz erwähnt; sie hielt sich längere Zeit in Urumtschi und Turfan auf, querte auch die Hauptkette über den Julgun Terek-Paß (im O. von Urumtschi) von San-tai im N. nach Turfan; doch findet sich außer einer ganz kurzen Notiz über diesen Übergang‘) nirgendwo in den Veröffentlichungen der beiden Reisenden über die geographischen Ergebnisse eine Erwähnung der Bogdo-Ola. Endlich wäre noch der in den Jahren 1903/04 von dem bekannten amerikanischen Geographen Elsworth Huntington unternommenen Forschungsreise zu gedenken, deren Schwerpunkt auf klimatologisch morphologischem Gebiete liest. Huntington gelangte eben- 1. ec, Bd.], S.27# ) Sammlung (Sbornik) der Materialien über Asien (russisch), Heft XX VII. 3), ]. c., S. 79 und 81. #) Journey of Carey and Dalgleisch in Chinese Turkestan and Northern Tibet. Supplementary papers of Royal Geogr. Soc., vol. III, part I, 1890 and in Proceedings. R. G. S., vol. IX, 1887, S. 31 ff. 5) P. W. Church, Chinese Turkestan with Caravan and Rifle. London 1901. 6) L’Annde Cartographigque 1. c. Siehe außer der bereits zitierten Literatur auch in Revue francaise de l’Etranger et des Colonies, Tom. XXXV, No. 373, Januar 1910 und Bulletins et Mem. Soc. d’Anthropologie. Paris 6, Serie I, 1910. 24 falls in die zentralasiatische Grabensenkung und von Turfan aus auf seinem Rückwege auf der oft erwähnten Karawanenstraße nach Urumtschi. Das über diese Reise von ihm ver- öffentlichte Buch) enthält indes keinerlei nähere Angabe über die Bogdo-Ola-Gruppe. Ebensowenig findet man Nachrichten hierüber in den über seine Reise von Huntington veröffentlichten kleineren Schriften, deren Titel man im unten zitierten Buche (S. XII) vor- getragen findet. Hiermit ist erschöpft — mit Ausnahme einer und zwar der wichtigsten Reise, von der sogleich die Rede sein wird —, was uns bisher über die Bogdo-Ola-Gruppe durch Reisende übermittelt wurde, sowie alles das, was von geographischen Reisen be- kannt wurde, die sich bis in jene entlegene Gegend ausdehnten. Die wichtigste und bahnbrechende Forschungsreise in die eigentliche Bogdo-Ola-Gruppe war die von der Kais. Russ. Geograph. Gesellschaft organisierte und von Großfürst Nikolai Michailowitsch unterstützte der Brüder @. E. und M. E. Grum Grschimailo vom Jahre 1889; ihr verdanken wir unser erstes genaueres Wissen von diesem Gebirge,?) speziell von seinen orographischen Hauptlinien und von dem Aufbau des Nordabhanges, sowie wichtige Angaben über Pflanzen und Tierleben, endlich die ersten wohlgelungenen photographischen Abbhil- dungen einiger seiner Teile. Die beiden Forschungsreisenden durchquerten auf ihrem Wege von Urumtschi nach ©. die von der westlichen Fortsetzung des Bogdo-Ola-Hauptkammes nach N. vorspringenden Verzweigungen auf einer Strecke von ca. 140 km, erreichten den Nordfuß der zentralen Bogdo-Ola-Gruppe und suchten von dort aus die Höhe eines von ihr nach NW. vorspringenden Seitenastes zu erklimmen. In mühsamem Anstieg ge- langten sie auf ein kleines Plateau, dessen Höhe durch Siedethermometerbeobachtung auf 12080 ‘ = 3683 m bestimmt wurde.”) Von diesem Punkte aus erschien ihnen die bisher so imponierend hoch sich präsentierende Gruppe „nur mehr verhältnismäßig unbedeutend‘. Es erklärt sich dies aus dem Umstand, daß sie dem Abfall der Steilwände schon zu nahe gerückt waren, ohne jedoch eine solche Höhe erreicht zu haben, die Überblick und eine richtige Schätzung der Höhenverhältnisse vermitteln konnte. Infolge ausbrechenden Un- wetters waren die Reisenden gezwungen, schon bald den Rückweg anzutreten, und da die Anforderungen ihres überreichen Reiseprogramms ihnen keine weitere Zeit zu einem neuen Vorstoß mehr ließen, setzten sie ihre Reise nach O. fort. In der dem Band I der Grum Grschimailoschen Werkes angefügten Übersichtskarte des östlichen Tian-Schan (siehe im folg. Kap. S. 26), findet sich die eben erwähnte Cote 12080‘ nun in solcher Art einge- tragen, daß man sie auf einen der Hauptgipfel der Gruppe selbst beziehen könnte, und dies wurde auch wirklich irrtümlicherweise von einigen Geographen so aufgefaßt. Für die höchsten Erhebungen der Gruppe findet sich indes auch in der dem später erschienenen Band III des Reisewerkes beigegebenen, in größerem Ma&stabe gehaltenen und detaillierteren Karte (Bl. I) eine Cote nicht angegeben. Außer den schon erwähnten Ergebnissen wird uns durch das Reisewerk Grum Grschi- mailos auch eine bildliche Darstellung und eine fesselnde Schilderung des wundervollen Gebirgssees übermittelt, der am Fuße der zentralen Bogdo-Ola, im Oberlaufe des Da-tun-gu- Tales sich dehnt und dessen zauberhafte Schönheit erst durch diese russische Expedition der Welt bekannt wurde. Um Verwirrung zu verhüten, sei bemerkt, daß Gr. Gr. für das !) Elsworth Huntington. The Pulse of Asia. London 1907. 2) Grum Grschimailo, l. c., Tom. I, 1896, S. 150—168 und Karte in T. III. 3) ]. c, Tom.I, S. 167. 25 erwähnte Tal in seiner Karte sowohl als im Reiseberichte den Namen Chaidadschan auf- genommen hat. Da mir bei den auf meiner Reise eingezogenen Erkundigungen jedoch von meinen Gewährsmännern die Richtigkeit dieses Namens nicht bestätigt werden konnte, zog ich vor, mich an den von mir ermittelten zu halten. (Mehr hierüber siehe im folgenden Kapitel.) Grum Grschimailo erkannte zuerst, daß der erwähnte Alpensee seine Entstehung der Ab- dämmung durch eine alte Stirnmoräne verdankt. Über die sonstige große Verbreitung alter Glazialablagerungen in diesem Gebiete konnten die Reisenden schon wegen der Flüchtigkeit ihres Aufenthaltes eingehendere Beobachtungen nicht wohl anstellen, weshalb die in ihrem Reisewerke enthaltenen kurzen Mitteilungen über diesen Punkt sehr der Ergänzung bedürfen. Auch hinsichtlich Verteilung, Art und Ausdehnung der jetzigen Vergletscherung des Gebirges ist im Reiseberichte Grum Gschrimailos sonstiges Beobachtungsmaterial nicht enthalten. Ebensowenig wurde unser Wissen von der Tektonik und den Besonder- heiten des geologischen Baus des Gebirges durch die Grum Grschimailo’sche Expedition wesentlich bereichert. Immerhin wird in dem Berichte von den Gesteinsarten, welche das Gebirge zusammensetzen, eine Anzahl aufgeführt und in zutreffender Weise besonders der große Anteil erwähnt, den metamorphe Schiefer und Kalksilikathornfelse an seinem Baue haben. Der Grum Grschimailo’schen Expedition waren überhaupt außer allgemein geo- graphischen und speziell topographischen Arbeiten vorzugsweise zoologische und ethno- logische Forschungen als Aufgaben zugewiesen worden; es ist daher begreiflich, daß sie nicht gleichzeitig auch geologische Ziele eingehender verfolgen konnte. Und gar für Forschungen im vereisten Hochgebirge war sie überhaupt weder bestimmt noch ausgerüstet. Es sei nochmals besonders betont, daß das der Expedition zugewiesene Forschungsgebiet in Zentralasien eine so ungeheure Ausdehnung hat, daß es ihr kaum möglich gewesen wäre, sich in einer einzelnen Gebirgsgruppe lange genug aufzuhalten, um sie in erfolg- reicher Weise zum Gegenstand genauerer Untersuchungen zu machen. Mehr als allgemeine Aufklärungsarbeit zu leisten war ihr nicht möglich und diesen Zweck hat sie, wie aus dem Reiseberichte!) hervorgeht, auch mit bestem Erfolge erfüllt. Es ist das große Verdienst der Grum Grschimailo’schen Expedition, daß wir durch sie wenigstens eine allgemeine Kenntnis von der Beschaffenheit des Gebirges und von den Zugängen zu ihm gewonnen haben. Da aber unser Wissen von den genaueren oroplastischen und orographischen Zügen des Bogdo-Ola-Gebirges, von seinem geologischen Bau und seiner heutigen und ehemaligen Ver- eisung bisher noch immer ein mangelhaftes blieb, wurde es, wie bereits hervorgehoben, im Plane meiner letzten Forschungsreise aufgenommen, diese Lücke nach Möglichkeit aus- zufüllen. Freilich war es auch mir nicht beschieden, in dieser Hinsicht Erschöpfendes zu leisten. Dazu war auch mein Foaschungsgebiet ein viel zu ausgedehntes. Ich hätte statt weniger Wochen den ganzen Sommer dieser Gebirgsgruppe widmen müssen, um Voll- ständiges hierüber übermitteln zu können. Möge deshalb die Unvollkommenheit des von mir gebotenen wissenschaftlichen Beobachtungsmaterials nachsichtig beurteilt werden. 1) ]. e., Bd. I, S. 150—168. Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 4 26 V. Würdigung des bisherigen Kartenmaterials. Zunächst scheint es mir geboten, einen Blick auf das Kartenmaterial zu werfen, auf das unsere bisherigen Vorstellungen von Lage, orographischer Anordnung und Gliederung des Gebirges gegründet sind. Die wichtigsten dieser Karten sind zweifellos die bereits erwähnten des Grum Grschimailo’schen Reisewerkes, da sie das Ergebnis des Vorstoßes jener Expedition in unsere Gebirgsgruppe zur Darstellung bringen. Dem Band I liegt (siehe $. 24) eine allgemeine Übersichtskarte über den östlichen Tian-Schan bei, die von Kuldscha im W. bis wenig über Hami im OÖ. hinausreicht; ihr russischer Titel lautet in Übersetzung: Karte des östlichen Tian-Schan, auf Grund der neuesten Erkundungen, Routencroquis und astronomischen Bestimmungen, ausgeführt im Jahre 1889/90 von den Brüdern Grum Grschimailo. Der Maßstab ist 40 Werst:1 Zoll = 1:1680000. Ohne mich auf eine Besprechung des Gesamtinhaltes der Karte einzulassen, deren Grundlage die vom russischen Generalstab herausgegebene 40 Werst-Karte bildet (wovon sogleich mehr), will ich nur dasjenige hervorheben, was speziell die Bogdo-Ola-Gruppe betrifft. Die Darstellung des Kammverlaufes schließt sich ziemlich enge an die der offiziellen 40 Werst-Karte an. Das hydrographische Netz ist sogar noch etwas weniger vollständig ausgeführt als dorten. Insbesondere ist es auffällig, daß keines der von Hauptkamm der Bogdo-Ola nach S. herab- ziehenden Täler, nicht einmal das große eingezeichnet ist, in dessen Ursprungsgebiet eine tiefe Kammdepression die Gruppe in eine östliche und eine westliche Hälfte zerteilt. Auch die nördlichen Täler finden nur insoweit eine richtige Darstellung, als sie, wie oben er- wähnt wurde (S. 24), auf der Reise von Urumtschi dem Nordfuße des Gebirges entlang, von den Mitgliedern der Expedition gequert wurden. Hingegen erscheinen die östlich hievon nach N. hinausziehenden Täler, also diejenigen des Gebietes östlich von Foukon, in ihrem Verlaufe nicht ganz zutreffend wiedergegeben. Die Verteilung der Gletscher ist, wie über- haupt für alle in dieser Karte dargestellten Gebirge, so auch für unsere Gruppe, nur ganz allgemein und schematisch angedeutet. An Coten finden sich nur verschwindend wenige (siehe S. 24.) Eine zutrefiende Darstellung der Geländeformen des Gebirges zu liefern, konnte überhaupt nicht angestrebt werden, da man, wie früher hervorgehoben, nicht ge- nügend Einblick in das System der Verzweigung der Kämme zu gewinnen vermochte. Die Lage der zentralen Bogdo-Ola ist wie auf allen anderen Karten auch auf dieser nicht richtig dargestellt (siehe S. 18), indem sie nicht weit genug nach N. hinaufgerückt wurde. Es handelt sich demnach in dieser Karte mit Bezug auf die Bogdo-Ola-Gruppe hauptsächlich auch wieder um eine nur ganz beiläufige Darstellung. In der gleichfalls schon flüchtig erwähnten (S. 24), dem Band III beigegebenen detail- lierteren „Karte der Expedition der Brüder Grum Grschimailo nach dem westlichen China“, Blatt I im Maßstab von 20 Werst:1Zoll=1:3840000 erscheinen die während der Reise aufgenommenen Routenblätter verwertet und die Darstellung geht mehr ins Detail; sie ist in Schummerung mit seitlicher Beleuchtung des Kammgerippes durchgeführt und enthält keine Gradeinteilung. Da ferner die Route der Reisenden im Gebirge nur in den Bereich des Nordabhangs der Bogdo-Ola führte und dann außerhalb desselben auf der großen Karawanenstraße nach Gutschen sich fortsetzte, so ist in der Karte auch nur die nörd- liche Abdachung des Gebirges bis zum wasserscheidenden Kamm zur Darstellung gelangt und das Kartenbild der Gruppe ist daher ein unvollkommenes. Zudem genügt auch diese 27 Darstellung nicht den Anforderungen an eine getreue Wiedergabe der Terrainformen und besonders das Wenige, was in ihr über die Vergletscherung des Gebirges zum Ausdruck gelangt, entspricht den tatsächlichen Verhältnissen in keiner Weise. Über die Eintragung der nach N. fließenden Wasserläufe ist dasselbe zu sagen, was bereits bei Besprechung der ersten Karte erwähnt wurde und ebenso verhält es sich hinsichtlich Lage der Haupt- gruppe, die auch hier sich als zu weit nach S. gezogen erweist; überhaupt ist die Achse des Hauptkammes in Wirklichkeit anders gerichtet als in der Karte angegeben. Höhen- zahlen sind darin nicht eingetragen. Hinsichtlich der Schreibweise der geographischen Namen fehlt in beiden Karten öfters die Übereinstimmung, so daß man im Zweifel darüber bleibt, an welche Benennung man sich halten soll. Auf einzelne andere Punkte des Karten- inhaltes, die mit den auf meinem Reisewege gemachten Beobachtungen nicht überein- stimmen, werde ich bei Beschreibung meines Weges noch zurückkommen. Von sonstigen wichtigen Karten kommt zunächst in Betracht: das 1899 erschienene Blatt XXI (Hami) der im Maßstabe von 40 Werst: 1 Zoll — 1:1680000 herausgegebenen russischen Generalstabskarte („Karte der südlichen Grenzgebiete des asiatischen Ruß- lands“), die zum großen Teile nach den auf S. S und 23 erwähnten Erkundungsreisen Galkins und anderer Generalstabsoffiziere, sowie unter Benützung der Aufnahmen Pjewtzows und Roborowskys hergestellt wurde. In dieser Karte, wie in der Grum Grschimailo’schen, ist wohl der Verlauf der Gebirgsketten in ihren allgemeinen Zügen richtig zum Ausdruck gebracht, allein in der genaueren Darstellung der Richtung einzelner Kämme und besonders hinsichtlich der Bogdo-Ola-Gruppe ist auch in dieser Karte manches verfehlt, weil damals die politischen Verhältnisse den russischen Militärtopographen sorgfältig vorbereitete und auf das Einzelne abzielende, genau durchgeführte topographische Aufnahmsreisen nicht gestatteten. Bedenkt man aber, unter welch schwierigen Verhältnissen die russischen Offiziere ihre Arbeiten in diesem unwirtlichen Lande ausführen mußten, ferner daß sie den größten Teil des Gebirges überhaupt nicht begehen konnten, so darf man mit lobender Anerkennung ihrer Leistungen nicht zurückhalten. Es wird Aufgabe entweder entsprechend vorgebildeter chinesischer Topographen oder etwa unter günstigeren politischen Umständen zugelassener russischer sein, von dem verwickelten Bau dieser Gebirgsländer auf Grundlage der bisherigen russischen Karte eine in jeglicher Hinsicht zutreffende und mehr ins einzelne gehende Darstellung zu liefern. Die jetzige konnte unter den obwaltenden Verhältnissen kaum eine wesentlich bessere als die nunmehr vorliegende werden. Was speziell die Darstellung unserer Gruppe in dieser Karte betrifft, so erscheint ihre Lage ebenfalls zu weit nach S. gerückt und die Hervorhebung der Gliederung im einzelnen ist so ausgefallen, wie man es eben erwarten kann, wenn der komplizierte Bau eines Hoch- gebirges nur von tief gelegenen Standpunkten und aus weiter Entfernung aufgenommen wird. Ein wesentlicher Mangel besteht auch hier darin, daß die nach S. hinabziehenden Flußtäler fehlen, so daß nicht einmal das größte Quertal (Gurban-bogdo) und die tiefe Depression, an welcher es entspringt, eingetragen ist, wie ich dies schon bei Besprechung der Grum Grschimailo’schen Karte (S. 26) erwähnte. Die Wiedergabe der Eisbedeckung des Gebirges besteht hauptsächlich in schematischer Eintragung von Firn auf dem Kamm der Hauptwasserscheide und einiger ihrer Verzweigungen; sie ist eben nur das Ergebnis desjenigen, was der Beobachter aus weiter Entfernung zu sehen glaubte. Immerhin ist es ein Vorzug dieser Karte, daß sie wenigstens die westlichen und östlichen Abzweigungen 4* 28 der zentralen Bogdo-Ola als vergletscherte Gebirge wiedergibt, was in früheren Karten nicht zum Ausdruck gelangte. Die erst vor kurzer Zeit erschienenen Karten zu dem bereits im Jahre 1900 ver- öffentlichten Bd. I von Roborowskys Reisewerk!) Blatt I, II und IV, welche das Routen- netz von Koslow und Roborowsky enthalten, lehnen sich ziemlich genau an die Darstellung des Gebirges an, wie sie in der eben besprochenen 40 Werst-Generalstabskarte gegeben ist. Nur in der Schreibweise der Ortnamen findet manchmal eine wesentliche Abweichung statt. Solche toponomastische Unterschiede treten am zahlreichsten beim Vergleiche mit den Grum Grschimailo’schen Karten hervor, welche, wie ich schon hervorgehoben habe, in dieser Hin- sicht unter sich ebenfalls keine Übereinstimmung zeigen. Bei Benützung des besprochenen Kartenmaterials bereitet dieser Umstand dem Reisenden mancherlei Schwierigkeiten. Ich möchte bei diesem Anlaß auch hervorheben, daß die östliche Fortsetzung der Bogdo-Ola- Gruppe in sämtlichen bis jetzt besprochenen Karten den Namen Dschuwan-terek-basch führt. Ich konnte jedoch ungeachtet der von mir eingezogenen Erkundigungen weder von der kirgisischen noch von der sartischen im Gebirge nomadisierenden Bevölkerung und eben- sowenig von den Chinesen eine Bestätigung für diesen offenbar türkischen Namen erhalten. Nur ein Paß wird von den Bewohnern von Turfan und Toksun so genannt. (Hievon später mehr.) Das im Roborowsky’schen Werke Bd. III enthaltene kleine Detailkärtehen der zentralasiatischen Grabensenke von Luktschun (Karta Luktschunskoi Kotlowini) gibt zwar eine gut ausgeführte und sehr lehrreiche Darstellung der Terrainformen dieser merk- würdigen Hohlform; die Zeichnung ihrer Umrandung reicht aber im N. nicht bis zu unserer Gruppe hinauf. In einer Anzahl anderer Karten, die späteren russischen Reisewerken beigegeben sind, zeigt sich eine wesentlich ungenauere Darstellung der Gebirge, als sie in den bisher be- sprochenen zum Ausdruck gelangte. Die Ursache ist darin zu suchen, daß als Grundlage für ihre Konstruktion die veraltete Generalstabskarte „100 Werst-Karte des asiatischen Ru&- lands und der angrenzenden Gebiete“ vom Jahre 1883 benützt wurde, sowie die noch ältere und fehlerhaftere, ebenfalls im Maßstab von 40 Werst :1 Zoll gehaltene „Karte des Turkestanischen Militärbezirks“ vom Jahre 1877. Von einer Besprechung dieser beiden Karten glaube ich daher absehen zu dürfen. Die Karte zum Bericht über die geologischen Beobachtungen des Teilnehmers der Pjewtzow’schen Tibet-Expedition K. J. Bogdanowitsch?) trägt den Charakter einer bloß allgemeinen Übersicht des durchreisten Gebietes (Maßstab von 100 Werst : 1 Zoll = 1:4200000) und enthält also keine detaillierte Darstellung der Gebirgszüge, insbesondere nicht unserer Gruppe. Doch ist es ein Vorzug dieser Karte, daß sie wenigstens das hydro- graphische Netz des Südabhanges der Bogdo-Ola, wenn auch nicht in völlig zutreffender Weise, andeutet. Auch ist hervorzuheben, daß für die östliche Fortsetzung der Bogdo-Ola- Gruppe sich in dieser Karte und in keiner von allen sonstigen, die mir vorlagen, der Name Edemek-daba eingetragen findet, über dessen Herkunft und Berechtigung ich mir keine 1) 1. c., Titel der Karte: Obsornaja Karta Puteu, W. J. Roborowskawo und P. K. Koslowo, w. 1893/94/95 godach. (Übersichtskarte der Wege von W.J. Roborowsky und P. K. Koslow in den Jahren 1893/94/95.) 2) Ergebnisse der Tibet-Expedition 1889/90. Teil II. Geologische Untersuchungen im Östlichen Turkestan. St. Petersburg 1892, russisch. 2,9 Autklärung verschaffen konnte. Endlich finden sich in dieser Karte am Südabhang der Bogdo-Ola mehr Seen eingezeichnet, als tatsächlich vorhanden sind. In der dem Band I des Reisewerkes von Pjewtzowt) beigegebenen, von ihm selbst redigierten Karte (Karte des östlichen Turkestan und der nördlichen Bezirke des Tibetischen Hochlandes) im Maßstabe von 60 Werst : 1 Zoll — 1:2520000 ist eigentlich nur dem allgemeinen Verlaufe der hauptsächlichsten Gebirgszüge und zwar in sehr schematischer Darstellung Rechnung getragen, wobei die zentrale Bogdo-Ola-Gruppe eigentümlicherweise in eine südliche Knickung der Hauptwasserscheide verlegt wurde, statt in deren nördlichen Ausbiegung; auch fehlt es an allem Eingehen auf die Gliederung der Gruppe. Das große Reisewerk von Obrutschew?) enthält keine besondere kartographische Dar- stellung unseres Gebietes; wohl aber wird unter den dem Bd. II beigelegten Marschrouten- blättern auf Blatt XIV (Chami-Urumtschi) eine freilich nur beiläufige Skizze dieses östlichen Teiles des Tian-Schan geboten, in welcher auch der Versuch gemacht wird, die Gliederung der Bogdo-Ola-Gruppe zur Darstellung zu bringen. Das Gebirge findet sich dort in Form zweier latitudinalen, parallel verlaufenden Ketten eingetragen, welche durch ein Längstal getrennt werden, wie dies Obrutschew auch im Text seines Werkes (Bd. II, 1. c., S. 640, 644, 645) näher erläutert. Neben den drei Gipfeln der höchsten Gruppe erscheint in der nörd- licheren dieser Ketten ein Konusgipfel (Pik Konus), ein Steilspitz (Pik Krutoi), an denen sich im S. ein Dreizackberg (Pik Tresubetz) und an diesen gegen O. eine Gruppe von Süd- gipfeln (Juschni Piki) angliedert. Zwischen diesen und dem „Pik Konus“ ist dann gerade im zentralsten Teile noch ein Grat eingetragen und eigentümlicherweise als Westgipfel (Sapatni Piki) bezeichnet, wo es doch richtiger Zentralgipfel heißen müßte. Im NO. dieser Westgipfel sieht man dann noch einen Ostgrat (Wostotschni Piki) angefügt und über diesem im N. figuriert als hauptsächlichster Gipfel einer, der die Bezeichnung Bogdo-Ula trägt. Der gleiche Name wird in der fraglichen Darstellung über den ganzen nördlichen Gebirgsteil gezogen, über den südlichen aber die Bezeichnung Turpanat-tagh (siehe hierüber S. 20). Diese Darstellung erscheint demnach z. T. verfehlt; es geht zwar aus ihr hervor, daß dem geschulten Auge eines so scharfen Beobachters, wie Obrutschew es ist, die be- deutenderen Gipfel der Gruppe keineswegs entgangen sind, daß er jedoch über ihre Lage zueinander sich keine genauere Rechenschaft zu verschaffen vermochte, da auch er keinen Punkt erreichte, der ihm einen richtigen Überblick über das Hochgebirge ermöglichen konnte. Die von ihm durch umschreibende Benennungen gekennzeichneten Gipfel sind wohl alle vorhanden; jedoch ist ihre gegenseitige Stellung eine ganz andere, als sie in der fraglichen Skizze angegeben erscheint. Auch sah Obrutschew wohl, daß im Herzen der Gruppe eine Trennung durch ein großes Tal stattfindet, konnte aber dessen Verlauf nicht genauer verfolgen, so daß er irrtümlicherweise für ein von OÖ. nach W. verlaufendes Längstal hielt, was tatsächlich das mit verschiedenen Knickungen, doch im allgemeinen in NS.-Richtung verlaufende Quertal Gurban-bogdo ist. Dieser Irrtum erklärt sich aus dem Umstand, daß O. bei der Überschreitung des Dun-Schan-Sattels südlich von Urumtschi (siehe a. a. O., Bd. II, S. 645) ein Längstal, das bei dem Karawanserail vom Dschi-dschi-su aus dem Gebirge gegen SW. herabzieht, in Zusammenhang mit dem Einschnitt des wirk- lichen Gurban-bogdo-Tales brachte und auf solche Weise durch Kombination zur Annahme I)7a73..0: 2) a. a. 0. 30 von zwei Parallelketten gelangte. Das dort erwähnte Längstal ist ein unbedeutendes Trockental, das nur periodisch Wasser führt und mündet zudem keineswegs, wie es auf der Obrutschew’schen Skizze dargestellt ist, in den Archo-tu. Auch die Gliederung der niederen westlichen Fortsetzung der zentralen Bogdo-Ola-Gruppe — des Dun-Schan-Gebirges — in drei Parallelketten, wie sie in Obrutschews Skizze erscheint, entspricht nicht den Tatsachen. Von diesen drei Höhenzügen nennt Obrutschew die nördlichste gegen Urumtschi abdachende „Gelbe.Kette* (Scholtni-Grada), die südliche „Niedere Kette“ (Niskia Gradi), während die dazwischen sich erstreckende mittlere Dun-Schan benannt wird. In der Grum ' Grschimailo’schen Karte wird dieser ganze Gebirgskomplex richtiger als nur schwach ge- gliedert dargestellt und das Ganze unter dem Namen Dun-Schan zusammengefaßt. Nach meinen eigenen Beobachtungen handelt es sich um zwei schon bald miteinander ver- schmelzende Höhenzüge (Taf. 15 Fig. 3.) Auf weiteren Inhalt von Obrutschews Routen- blatt, so z. B. wegen Benennung der drei Seen im Süden der Bogdo-Ola werde ich im Verlaufe einer Reisebeschreibung noch zu sprechen kommen. Als ein besonderes Ver- dienst der Obrutschew’schen Kartenskizze muß es bezeichnet werden, daß hier zum ersten Male wieder seit der Regel’schen Darstellung (siehe Note S. 5) richtig eingetragen ist, wie die vom Südabhang der zentralen Bogdo-Ola-Gruppe abfließenden Gewässer sich konver- gierend in einen einzigen Wasserlauf vereinigen, der dann quer die Längskette des Dschargöß- Tau durchbricht und gegen Toksun hinabfließt. Dieser wichtigen Tatsache ist in keiner der anderen von mir bereits besprochenen Karten Rechnung getragen worden. Die große Karte des Ohinesischen Reiches, welche dem schon 8. 10 zitierten Matus- sowsky’'schen China-Werke beiliegt: Karte des Chinesischen Kaiserreichs, entworfen nach gemeinschaftlichen Erkundungen von Matussowsky und Nikitin im Maßstabe von 125 Werst zu 1 Zoll— 1:5250000 zeigt infolge ihres kleinen Maßstabes hinsichtlich des Verlaufs der Gebirgskämme an und für sich schon wenig Genauigkeit und da das Terrain überdies auf Grundlage veralteten topographischen Materials dargestellt ist, so liegt der Wert der Karte hauptsächlich nur in der genauen administrativen Einteilung des Chinesischen Reiches und in der Eintragung aller wichtigen Plätze. Die ebenfalls in sehr kleinem Maßstabe gehaltene, nach verschiedenen Quellen kom- pilierte Karte, welche der Reisebeschreibung von Bell beigegeben ist!) (1 Zoll — 100 Meilen), kann auch keinen Anspruch auf geographische Bedeutung erheben. Immerhin ist dort zu- treffend der wasserscheidende Kamm mit der Hauptgruppe der Bogdo-Ola mehr nach N. hinaufgezogen, als es sonst auf den früher besprochenen Karten der Fall ist. Auch die dem Bericht über die Reise von Carey und Dalgleish (siehe Note S. 23) angefügten Karten enthalten von unserem Gebiet kaunı mehr als allgemeine Umrißlinien. Ebenso kömmt der Karte, welche dem Reisebericht von Younghusband über seine Querung Zentral- asiens?) beigegeben ist (Maßstab 1 Zoll — 86 Meilen), aus ähnlichen Gründen für unser Gebiet kaum eine Bedeutung zu. Die Lage der Bogdo-Ola ist dort übrigens in gleicher Weise wie in der Bell’schen Karte eingetragen. In der dem Werke von Sir T. D. Forsyth®) beigegebenen Karte*) im Maßstab von 1) ]. e., S. 128. 2) Proceed., l. c., S. 612 u. The Heart of a Continent, 1. c., S. 168. 3) Report of a Mission to Yarkund in 1873. Calcutta 1875. 4) Premilinary Map of Eastern Turkestan. sl 1:2534400 ist eine rohe Darstellung der östlichen Züge des Tian-Schan genau der Karte von Ney Elias: Map of Western Mongolia,!) 1:4320000 entnommen. In beiden Karten ist zwar die tiefe Bucht des Gebirges bei Urumtschi besser als in anderen Karten jener Zeit dargestellt, die Hinaufbiegung des Bogdo-Ola-Kammes nach N. aber übertrieben und Urumtschi ist in zu großer Entfernung vom Gebirge gelegt, übrigens um fast zwei Längen- grade zu weit nach Osten und um ca. !/» Breitengrad zu weit nördlich eingetragen. Auch für die Karte zu Prschewalski's Reisen in Innerasien 1373—77,?) 1: 7500000, scheint man, was die Darstellung des östlichen Tian-Schan betrifft, aus den gleichen Quellen geschöpft zu haben, denn die Fehler sind dort die gleichen, wie bei den beiden eben be- sprochenen Karten. Für die östliche Fortsetzung der Bogdo-Ola findet sich dort die sonst. nirgendwo vorkommende Bezeichnung Kongor-adzingan-Oola. Von der Karte zu Regels „Turfan“, entworfen von Hassenstein®) (1:1500000), war schon vorher (S. 5 und 21) die Rede. Meine dortigen Ausführungen sind noch dahin zu ergänzen, daß die Bogdo-Ola-Gruppe nicht nur zu weit nach S. sondern auch zu weit nach O. gerückt erscheint, indem man zwischen Urumtschi und der zentralen Bogdo-Ola irrtümlicherweise noch eine 55 km lange „Bogdo-Kette“ eingeschoben hat. Mit Recht ist hingegen in jener Karte die Hauptgruppe stark vergletschert dargestellt; doch steht dies in Widerspruch zu Regels außerordentlicher Unterschätzung ihrer Höhe (siehe vorher 8. 21), welche kaum die untere Schneegrenze überragen würde. In zutreffender Weise wird die Lage der Gruppe in eine Aufbiegung des Hauptkammes — wenn auch nicht weit genug — nach N. gelegt. Allerdings ist dies aber schwer in Einklang zu bringen mit der Äußerung des Reisenden‘) bei Erklärung seiner Karte, „der gewaltige, altberühmte Drei- spitzberg der Bogdo-Ola.... hat als eine etwas abgesonderte, imposante Bergsruppe, ca. 14000‘, seine natürlichere, um !/s Grad südlichere Lage in der Längsachse des Iran- Chabirga erhalten“. Hingegen ist besonders anzuerkennen, daß Regel der erste Beobachter war, der in seiner Karte das die zentrale Bogdo-Ola teilende südliche Quertal Gurban- bogdo richtig gesehen und mit seinen Verzweigungen, wenigstens ungefähr zutreffend, eingetragen hat. Er nennt es aber irrtümlicherweise Dawan-Schan.°) Auch hinsichtlich der anderen von der Bogdo-Ola nach Süden abfließenden Gewässer entspricht die Darstellung in Regels Karte der Wirklichkeit mehr als jene in späteren Karten, ja sogar der in der schon besprochenen Generalstabskarte im Maßstabe von 40 Werst. Als irrtümlich zu er- wähnen ist noch, daß die Regel’sche Karte an Stelle der drei tatsächlich vorhandenen Seen im Süden von Urumtschi deren fünf enthält. Sämtliche in Regels Karte eingetragenen Höheneoten beruhen lediglich auf Schätzung und können, wie schon erwähnt, nicht einmal einen Anspruch auf annähernde Richtigkeit erheben. Eine Karte Zentralasiens, welche die Bogdo-Ola-Gruppe einschließt, findet sich auch in den Acti Horti Petropolitani, Bd. VII, 1880; sie ist nach den Reiserouten der rus- sischen Reisenden Regel, Fedtschenko, Kaulbars, Kuropatkin, Osten-Sacken, Prschewalsky Journal of the Roy. Geogr. Soc., vol. XLIII, 1873. Petermanns Mitteilungen, Ergänzungsheft Nr. 53, 1878. Petermanns Mitteilungen, Bd. XXVII, 1881. a. a. O., Bd. XXVII, S. 392. °) a. a. O., 8.208. Möglicherweise entnahm Regel oder Hassenstein diese Darstellung über- haupt der Klapproth’schen Karte, wovon später mehr. 1) 2) s) 4) 32 und Sewerzow im Maßstabe von 1:3000000 hergestellt. Zum Zwecke einer Übersicht der Florengebiete ist sie mit farbigen Höhenschichten in Abständen von 3000‘ versehen; als solche besitzt sie besonderen Wert für die Pflanzengeographie, bietet aber im übrigen für die Darstellung unserer Gruppe keinerlei geographisches Interesse. In Petermanns Mit- teilungen, Bd. XXVII, 1881 ist eine Karte der „Nordwestlichen Mongolei“ nach Aufnahmen von Potanin und Rafailow im Ma&stabe von 1:3500000 enthalten, in welcher auch der Verlauf des Tian-Schan im O. von Urumtschi eingetragen ist. Der Hauptkamm beschreibt dort einen ungemein steilen Bogen nach N., wodurch die Bogdo-Ola irrtümlicherweise ebensoviel zu weit nach N. hinausgeschoben ist, wie auf den meisten übrigen Karten nach S. Diese Karte scheint übrigens nur ein wenig veränderter Nachdruck der dem Potanin’schen Reisewerke!) beigegebenen zu sein. Es ist auffällig, daß auch in dieser ziemlich alten Karte die Gewässer des Südabhanges sich mit einer, wenn auch nur annähernden Richtigkeit eingetragen finden und sogar mit Bezeichnung von Namen versehen sind, ein Inhalt, der in keiner der später erschienenen Karten mehr verwertet wurde. Da Potanin die Bogdo- Ola-Gruppe nicht selbst bereist hat, so scheinen diese Angaben seiner Karte auf älteren chinesischen Quellen zu beruhen, die festzustellen mir nicht möglich war. Wahrscheinlich wurde die Klapproth'sche Karte benützt. (Hievon später.) Dem vorher (S. 24) zitierten Werke von Elsworth Huntington liegt eine Karte an „Map of the Lop-basin and neighboring parts of Inner Asia“ im Maßstab von 1:5643000; sie beruht auf gänzlich veralteten Quellen und es kommt ihr daher für unser Gebiet, wie- wohl es darin enthalten ist, keine weitere Bedeutung zu. Das Buch von Percy W. Church (vorher S. 23) enthält zwar ebenfalls eine Karte, die sich durch merkwürdige Ungenauigkeit auszeichnet, und namentlich hinsichtlich unserer Gruppe völlig irreführend ist. Der Verfasser nennt die von ihm auf seiner Reise mitge- führten Karten (a. a. O., S. 161) „a pitch of geographical Inacuracy“. Da diese vermutlich als Quellen bei Herstellung der eigenen Karte gedient haben, wird ihre Mangelhaftigkeit erklärlich. Von den Karten, welche den verschiedenen Veröffentlichungen über die Mission Pelliot beigegeben sind (Literaturnachweis auf S. 6, 9, 23), erhebt sogar auch die im „Annde Cartographique* enthaltene nicht irgendwelchen Anspruch auf genaue Gebirgs- zeichnung und ist für Darstellung unserer Gruppe von geringer Bedeutung. Nebenbei sei erwähnt, daß der Inhalt der Karten, welche den einzelnen Publikationen beigegeben sind, untereinander nicht übereinstimmt. Von der Karte, welche der trefflichen Morphologie des Tian-Schan von M. Friede- richsen anliegt (1: 3000000), war schon S.1 und 21 die Rede. Es soll hier noch hervor- gehoben werden, daß sie als Übersichtskarte des gesamten Tian-Schan-Systems besonders wertvoll ist, und daß alles bis zur Zeit ihrer Herstellung (1899) verfügbare Forschungs- material darin verwendet wurde, natürlich mit seinen Unvollkommenheiten. Darum erscheint auch die Bogdo-Ola-Gruppe darin nur in ihren ganz allgemeinen Zügen richtig, sonst aber als schematische Darstellung. Von älteren Karten wären noch zu erwähnen: Die der französischen Übersetzung der Berichte des Hiuen-tsang?) beigegebenen. Die in TeilI dieses Werkes hat den Titel: G. N. Potanin, Übersicht der nordwestlichen Mongolei, Bd.I, 1881 (russisch). Memoires sur les Contrees occidentales par Hiouen Tsang traduit par N. Stanislas Julien. Paris 1857. 33 L’Asie centrale et l’Inde au septieme siecle de notre re par Vivien de St. Martin; sie enthält wohl in der Gebirgszeichnung in der bogenförmig nach N. gezogenen Hauptwasserscheide eine Andeutung der Bogdo-Ola, aber sonst keine Einzelheiten hierüber.!) Die dem Band II anliegende aus japanischen Quellen stammende Karte enthält keine Gebirgszeichnung, sondern nur ein überdies recht ungenügendes Routen- und Flußnetz. Ferner ist zu nennen: Die Karte des Schweden Joh. Gustav Renat, der von 1716 bis 1733 als Gefangener des Kalmückenkans Ingenieurdienste leistete und während dieser Zeit eine Karte von Zentralasien entwarf.) Der schwedische Titel der Karte lautet: Songarjske Kalmukje hwarunder Kottonerne höra. Copiered af J. A. Benzelstjerna, 1738. Der Maßstab ist in schwedischen Meilen (5 Meilen : 1‘‘). Die Gradeinteilung geht vom 98. Längengrad bis zum 107. im O. und von 39045‘ bis 45° 15° N.Br. Von welchem Meridian aus die Längengrade gerechnet sind, fand ich nicht heraus. Die aus der Karte erkennbaren geographischen Positionen erscheinen meistens um 1!/,° zu weit nach 9. ge- rückt und im Sinne der geographischen Länge sind alle Positionen zu sehr aneinander geschoben. Die zentralasiatische Grabensenke erscheint als leerer Fleck, in welchem nur die drei Seen (Sayo-pu etc.) eingetragen sind. Die Stelle, wo Uruntschi hingehört, ist durch die Abbildung eines Zeltes bezeichnet. Der Gebirgskamm dort ist richtig als einfacher Wall dargestellt, jedoch die Bogdo-Ola nicht besonders hervorgehoben. Eine besonders interessante Karte Zentralasiens ist die von M. J. Klaproth: Carte de l’Asie centrale, dressee d’apres les Cartes, levees par ordre de l’Empereur Khian-Loung par les Missionnaires de Peking et d’apres un grand nombre des notions extraites et traduites de livres chinois par M. J. Klaproth, Paris 1836. In diesem wundervoll ausgeführten Karten- werk in vier Blättern ist in detaillierter Darstellung das ganze Wissen der damaligen Zeit über die Ländergebiete zwischen Samarkand und Peking, zwischen Kaschmir im 8. und dem Baikal-See im N. zum Niederschlag gelangt. Die Bogdo-Ola-Gruppe ist in ziemlich genau richtiger Lage eingetragen unter der Bezeichnung M. Bokda und die ganze Darstellung zeigt, daß die Chinesen zu jener Zeit doch schon eine nicht zu unterschätzende Kenntnis jener Gebirgsgegend besaßen. Insbesondere ist die Hinaufbiegung der Hauptwasser- scheide gegen N. zum Ausdruck gebracht und das Flußnetz des Südabhanges der Bogdo-Ola mit erstaunlicher annähernder Richtigkeit zur Darstellung gelangt, namentlich der Zusammen- Auß jener Quellflüsse, die in einen einzigen Wasserlauf vereinigt die Dschargöß (Djerkhis)-Kette durchbrechen und nach Toksoun fließen. Sogar einzelne Flußnamen wie Naitak, Gourban, Narat sind zutreffend. Kurz, diese alte Karte ist in vielen Punkten besser, als die meisten später entstandenen, wiewohl von ihren Verfassern offenbar die Klaproth’sche zu Rate ge- gezogen und mehrfach auch verwertet wurde. (Siehe vorher S. 31f.) Insbesondere ist dies der Fall bei der in Petermanns Mitteilungen, Band 18, 1872 veröffentlichten Karte 1) Band II des gleichen Wertes enthält ein M&moire analytique dieser Karte aus der Feder Vivien de Saint-Martins, in welchem die Bogd-Ola aber nicht erwähnt wird. 2) Genaues über die merkwürdigen Schicksale dieses Mannes, der es zum Fürsten und General- feldmarschall der Kalmücken brachte, ist zu finden in einem Aufsatze von A. Makscheyew in Sapiski der K.R.G.G., Bd. II, 1888, S. 105—145 (russisch); ebenso wie eine genaue Beschreibung und Würdigung des Inhaltes der Karte. In lateinischer Sprache ist der Lebenslauf Renats in den Comment. Acad. Scien- tiam Imper. Petropolitanae, Tom. VI, S. 326 f. zu finden und in deutscher Sprache bei Lachsmann: Sibirische Briefe in G. F. Müller’s Sammlung russischer Geschichte, Bd. IV. Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 5 34 der Westlichen Mongolei, in welcher auch der Kamm des östlichen Tian-Schan mit der Bogo-Ola noch Aufnahme fand, im wesentlichen nach der Darstellung Klaproths. Auch in ihren anderen Teilen zeigen Terraindarstellung und Flußnetz dieser Karte häufig enge Anlehnung an Klaproths Karte. Der von A. Petermann bearbeiteten Karte liegt auch eine in Iswestiya der Kais. Russ. Geograph. Gesellsch., T. VII, 1871 veröffentlichte Karte Wenjukow’s zu Grunde, welche nur ein Routen- und ein noch dazu unvollständiges hydro- graphisches Netz enthält. Zur Vervollständigung und Darstellung der oroplastischen Züge wurde von Petermann außer der bekannten Karte Ostsibiriens von L. Schwarz (1864) hauptsächlich Klaproths schönes Werk benutzt. Dann ist noch zu erwähnen die 1818 erschienene Arrowsmith’sche Karte von Asien: Map of Asia. To Colonel Alexander Allan M. P. ete. this map is inscribed by ete. A. Arrowsmith. Diese Karte, in welcher, allerdings in weit weniger zutreffiender Weise, die Bogdo-Ola-Gruppe auch schon zur Darstellung gelangt ist, enthält auch sonst manche wichtige Angaben über die Handelswege und die Lage der Städte, in letzter Hinsicht jedoch auch manches Irrtümliche. So ist der Name „Bischbalik“!) auf Barkul angewendet. Hingegen ist Urumischi als Olug Yelduz (Groß-Yuldus-Tal) or Oramchi aufgeführt. Die „Bogdo Mountains“ beginnen nach dieser Karte schon unmittelbar westlich von Manas und werden auch weit über das richtige Maß nach Osten gezogen. Der Lauf mancher Flüsse wie Tekes, Kunges, Ili ist hingegen einigermaßen zutreffend eingezeichnet. Für ihre Zeit kann man diese Darstellung so entlegener und damals wenig erforschter Gebiete immerhin als eine wertvolle Leistung bezeichnen. VI. Die wichtigsten orographischen und tektonischen Züge der Bogdo-Ola-Gruppe. Bevor ich mich dem Gange der Forschungsreise und den hiebei gemachten Beobach- tungen zuwende, erscheint es notwendig, einen Blick auf die allgemeinen orographischen Züge der Bogdo-Ola-Gruppe zu werfen, sowie auf die tektonischen Grundlinien, jedoch auf diese nur insoweit, als sie im oroplastischen Bilde zum Ausdruck gelangen, weil in der angefügten geologischen Beschreibung Gröbers (Kap. XX) dieses gemäß Vereinbarung ihm vorbehaltene Thema genauer behandelt wird. Wie schon aus den vorangegangenen Aus- führungen hervorgeht, stehen mir zu dieser orographischen Skizze weder aus den Berichten bisheriger Reisender noch aus dem Kartenmaterial genügend zuverlässige Angaben zur Ver- fügung. Aber auch mein eigenes Material, das ich im Laufe meiner Expedition sammeln konnte, ist noch dürftig genug, wie dies erklärlich ist, wenn man bedenkt, daß mir bei den umfassenden Aufgaben, die mir im Laufe eines kurzen Sommers oblagen, nur wenige Wochen Zeit blieben (siehe S. 25), um ein nahezu unbekanntes und nur unter den schwie- rigsten Verhältnissen zugängliches Gebirge von kompliziertem Bau zu bereisen. Es konnte mir und meinen Gefährten lediglich unter den größten Anstrengungen und Entbehrungen und mit Einsatz aller physischen und moralischen Kraft gelingen, die wesentlichen Kennt- nisse von seinen hauptsächlichen Zügen, seinem Bau und seinen morphologischen Verhält- 1) Da Bisch-balyk soviel wie fünf Städte bedeutet und manche Autoren unter diesem sehr unsicheren und dehnbaren Begriff (siehe Ritters Erdkunde, Asien, Buch II, Bd. I, S. 382f.), die heutigen Plätze Kutscha, Karaschar, Urumtschi, Hami und Barkul zusammenfassen wollen, mit welcher Berechtigung kann hier nicht erörtert werden, so ist die Benennung vielleicht hiemit zu erklären (siehe S. 8 Anm. 2). 35 nissen zu gewinnen. Ich bin mir daher wohl bewußt, wie lückenhaft das von mir als Ergebnis meiner Untersuchungen hier Gebotene ist und daß es bestenfalls als eine Skizze angesehen werden kann, als eine erste Grundlage, die allenfallsisen Nachfolgern, welche Zeit, Mittel und Kräfte haben, sich einer solchen Spezialaufgabe zu widmen, es erleichtern kann, durch eingehendere Bereisung und gründlichere Studien in dieser entlegenen Gebirgs- gruppe das hier Niedergeleste zu ergänzen. Zum besseren Verständnis alles nun Folgenden will ich, den späteren orotektonischen Ausführungen vorausgreifend, schon hier wenigstens in ganz allgemeinen Zügen hervor- heben, daß der Hauptkamm des östlichen Tian-Schan im O. von Urumtschi, also das Bogdo- Ola-Gebirge, sich als ein Faltenbau darstellt, aus mehreren Mulden und Sätteln bestehend. Der zentralste und höchste Teil, die eigentliche Bogdo-Ola-Gruppe zeigt den Charakter einer steilschenkligen Antiklinale mit nach S. schwach überschobenem Sattel. (Siehe Profile Fig. II u. [V auf Tafel 17.) Über die geographische Lage der Gruppe wurde bereits (siehe vorher 8.1, 3, 5, 18) Allgemeines mitgeteilt. Eine ganz genaue orographische Abgrenzung der Bogdo- Ola-Gruppe zu geben, stößt auf einige Schwierigkeit, besonders was die östliche Grenze anbetrifft. Ich rekapituliere, daß als allgemeine Begrenzung im N. die Senke des südlichen Dsungarischen Beckens in seinem Verlaufe zwischen Urumtschi und Gutschen angenommen werden kann, deren Durchschnittsniveau nach dem bisher von dort stammenden dürftigen Cotenmaterial auf ca. 630 m zu veranschlagen ist (siehe 8. 18.) Die allgemeine südliche Grenze ist durch die zentralasiatische Grabensenke als gegeben zu erachten, die wie schon erwähnt bis zu 169 m unter Meeresniveau hinabreicht. (Siehe hiezu Anmerkung 2 auf 8.3.) Nun wird aber der unmittelbare Nordrand dieser Senke von der Dschargöß-Kette gebildet, einer aus dem Westrande dieser Hohlform abzweigenden und in beiläufigem N-O.Verlauf sich etwa im Meridian von Turfan dem Tian-Schan-Hauptkamme angliedernden Nebenkette von steilfelsigem Bau, mit wenig gebrochener Kammlinie und einer durchschnittlichen Erhebung von 3500 m. Da der Zusammenhang zwischen der breiten, sich in Einzelzüge auflösenden Masse des Tian-Schan im W. von Urumtschi (siehe S. 3 u. 7) und seiner Fortsetzung im Ö. hievon, der Bogdo-Ola-Kette, durch die Depression bei Urumtschi (Dun-Schan-Sattel 8. 4, 9, 15) nahezu aufgehoben ist, stellt die Dschargöß-Kette allein noch eine verbindende Brücke zwischen den beiden getrennten Teilen dar. Zwischen dieser demnach in der orogra- phischen Gliederung eine wichtige Rolle spielenden Nebenkette und dem Hauptkamme der Bogdo-Ola ist aber ein anderes tiefes, langgezogenes, von Wüsten und Wüstensteppen eingenommenes wannenförmiges Senkungsbecken eingetieft von etwa 100 km 'Länge, durchschnittlich 20 km Breite und einer mittleren Tiefe von 12—1300 m, welches ich daher als Südgrenze der Gruppe im engeren Sinne annehmen werde. Als westliche Grenze kommt die vielerwähnte Depression des Dun-Schan-Sattels in Betracht, über welche die Karawanenstraße von Turfan im $., nach Urumtschi im N. führt, und welche den Hauptkamm in einer Höhe von durchschnittlich 1600 m (niederste Stelle 1370 m) über- schreitet. Es erübrigt nun eine Grenze im O. zu ziehen. Da ich jedoch über den zen- tralen Teil der Gruppe hinaus nach O. nicht gekommen bin, so vermag ich die östliche Fortsetzung des Gebirges nur nach den Ausblicken, die ich von hochgelegenen Punkten aus gewonnen habe und nach den von dort gemachten photographischen Aufnahmen zu beurteilen. Nach diesen zu schließen, wechselt dort in jenem noch nicht von Forschungs- 5* 36 reisenden betretenem Hochgebirge aus Ursachen, für deren Erklärung bis jetzt noch keine geologische Grundlage vorhanden ist, vermutlich aber entweder wegen anderer geologischer Zusammensetzung des Gebirges, oder infolge besonderer tektonischer Verhältnisse, oder endlich aus morphologischen Ursachen, der Charakter des Gebirges in einer auffälligen Weise. An Stelle des zu außerordentlicher Höhe ansteigenden schroffen und zerissenen Kammgerüstes der zentralen Bogdo-Ola treten als Fortsetzung des Kammes nach O. eine Reihe von breiten, stumpfen Gipfeln von dom- und zeltförmiger Gestalt (siehe Taf. 1 u. Fig. 1 auf Taf. 4), die sich zwar noch wesentlich über die dort hochliegende Schneegrenze erheben und sogar auf ihren Südabhängen noch kleine Firnfelder tragen, aber immerhin um 800—1000 m unter die durehschnittliche Erhebung der zentralen Gipfelgruppe herabsinken. Auch findet dort plötzlich eine scharfe Biegung im Streichen des Hauptkammes statt, der aus der im zentralen Gebiet vorherrschenden ONO.-Riehtung, gleich im O. der kulminierenden Gipfel zunächst in WO.- und dann in SO.-Richtung übergeht. Diese letztgenannte Änderung findet gerade an jener Stelle statt, wo die Quellgebiete des nach N. fließenden Narat-Flusses und des nach 8. fließenden Naitak-su in ihrer nach rückwärts einschneidenden Tätigkeit sich in der Haupt- wasserscheide schon sehr nahe gekommen sind und an deren Abtragung kräftig arbeiten. Mangels geeigneter Merkmale könnte man die durch diese Talfurchen bezeichnete Tiefen- linie als Ostgrenze der Bogdo-Ola im engeren Sinne annehmen, wiewohl die Depression im Hauptkamme dort nach genauer Schätzung kaum unter 4000 m herabgehen dürfte. Die Bogdo-Ola-Gruppe würde demnach, wenn wir dem Verlauf des Hauptkammes folgen, eine Ausdehnung von W. nach O. von SO km haben. Die Breitenausdehnung von N. nach S. beträgt annähernd 50 km, wenn man vom Beginne der ersten Höhenzüge 10 km im 8. von Foukan am Nordabhang bis zum Fuße der letzten südlichen Vorketten unterhalb der Kupferschmelze im Gurban-Bogdo-Tale rechnet (siehe Karte II.) Wollte man indes den Hauptkamm, soweit er noch ausgeprägt Hochgebirgscharakter trägt, weiter im O. mit zur Gruppe hinzurechnen, so würde sich als Östgrenze eine Tiefen- linie ergeben, welche den Furchen des nach Norden abfließenden Dschimisar-Flusses und des seinen Lauf nach Süden gegen Turfan nehmenden Yar-Flußes folst, da im Zusammen- treffen der Quellgebiete beider Wasserläufe in der Kammwasserscheide sich überhaupt die tiefste Depression dieses Gebirgsabschnittes findet. Es ist dies ein Paß, der, wenn er auch nur bis zu ca. 3800 m absinkt, doch im Sommer häufig von Kirgisen aus dem Norden mit ihren Herden überschritten wird, um die Weideplätze des Gebirges im S. aufzusuchen. Dieser Paß wird Yulgun-terek, auch Dschuwan-terek (s. S. 28) benannt.!) Die Länge der ganzen‘Gruppe würde sich in diesem Falle auf annähernd 120 km berechnen. Ein Blick auf das Nordpanorama (Taf. 2) scheint zu zeigen, daß der zentrale Teil der Bogdo-Ola-Gruppe von seiner überragenden Höhe sowohl gegen O. als gegen W. hin in außerordentlichem Maße absinkt, was jedoch nur für den westlichen Teil zutrifft, für den öst- lichen Abfall aber auf täuschenden Verhältnissen beruht, von denen sogleich mehr die Rede !) Dieser Übergang, sowohl Weg als Paßeinschnitt, ist weder in der russ. 40 Werst-Karte (Blatt Hami siehe S.27) noch in den beiden besprochenen Karten Grum Grschimailos, nochin den Roborowsky’schen Karten eingetragen, wohl aber findet sich in allen Karten dort der Name „Berg Dschuwan-terek-basch“ ver- zeichnet. In der Vaillant’schen Karte in: L’Annde Cartographique l. c. findet er sich, da er von der Pelliot’schen Expedition überschritten wurde (siehe S. 23), ferner von der Grünwedel’schen archäologischen Expedition 1906, und endlich von Baron Mannerheim, 1907. 37 sein wird. Der in drei scharf charakterisierten, prächtigen Gipfelerhebungen kulminierende zentralste Teil hat eine mittlere Kammhöhe von 6000 m, über welche die drei Haupt- sipfel nicht mehr gerade bedeutend emporragen, und zwar erreicht der W.-Gipfel eine Höhe von 6397 m, der Mittelgipfel eine solche von 6501 m, der O.-Gipfel 6512 m.!) Der W.-Gipfel sinkt gegen W. hin in ungeheuren Steilwänden nahezu 3000 m tief zu einer breiten Kamm- depression ab, welche die zentrale Hauptgruppe von der wesentlich niedrigeren westlichen Fortsetzung der Kette abtrennt (siehe Panor. Taf. 2 u. 4 Fig. 1 und hypsometrisches Längs- profil Taf. 16 Fig. 1.) Es ist dies der Gurban-bogdo-Paß mit einer Höhe von 3645 m. Eine ähnliche tiefe Schartung ist in den Hochgebirgen der Erde eine seltene Erscheinung. Ich werde auf diesen wichtigen, eigenartigen Zug im Gebirgsbau später noch eingehend zurückkommen. Jenseits dieser tiefen Kammdepression schwingt die Kette im W. sich nochmals zu bedeutender Höhe auf und kulminiert dort in einem breitmassigen, allseits reich ver- gletscherten, prächtigen Berge von beiläufig 5600 m, den ich zu Ehren meines geschätzten Freundes, Generals J. M. Schokalsky, des ersten Vizepräsidenten der Kais. Russ. Geograph. Gesellschaft „Pik Schokalsky“ benenne. Wenn man in der Steppe entlang dem Nordfuße der Kette von Urumtschi nach O. wandert, fällt längere Zeit vom Hochgebirge fast nur dieser Gipfel ins Gesichtsfeld und beherrscht es, wobei man tiefen Einblick in die ihn umrandenden, ver- gletscherten Talschlüsse gewinnt. Es ist dies die erste der Überraschungen, welche ich bei meiner Annäherung von N. zur Bogdo-Ola erlebte, da ich mir mangels jeglicher Nach- richten hierüber dort noch keine stark vereisten Gebirgsteile erwartete. Sogar weiter nach W. bin sinkt der Hauptkamm in seinem dort scharf südwestlichen Streichen auf mehr als 12 km seines Verlaufes im Mittel noch nicht unter 4500 m durchschnittlicher Höhe ab und kulminiert in einer Reihe von fünf mit reichem Firn- und Eismantel bedeckten beiläufig 4800 m hohen Gipfeln. (Siehe Panorama Taf. 2.) Der Kamm senkt sich dann, weiterhin die gleiche Streichrichtung beibehaltend, ganz allmählich, zunächst noch auf eine Länge von weiteren 10 km, eine mittlere Kammerhebung von 3800—4000 m bewahrend, mit Gipfel- erhebungen bis ca. 4200 m, die dennoch den Schmuck kleiner Firnfelder nicht entbehren. Dann erst nimmt die Höhe stärker ab, die Hauptwasserscheide erscheint nun als fast gipfel- loser Wall, der bis zum Quellgebiet des Lou-sa-gu immerhin noch eine mittlere Kammhöhe von 3400 m zeigt. Die weitere Abdachung des Gebirges von da an bis zur tiefen Senke des Dun-Schan-Sattels südlich von Urumtschi (ca. 1600 m, tiefste Stelle 1370 m) ist eine rapide. (Siehe das hypsometrische Längsprofil Taf. 16 Fig. 1.) Es findet also ein konsequentes Absinken der ganzen Gebirgsmasse gegen W. hin statt gegen den großen Querbruch des Dun-Schan-Sattels hin. Naht man sich der Bogdo-Ola von N. her, z. B. von Foukan aus, so fällt stets nur die zentrale dreigegipfelte Riesenwand ins Gesichtsfeld und man gewinnt, wie erwähnt, den Eindruck, als falle sie gegen OÖ. wie gegen W. hin gleich tief und jäh ab. (Siehe Taf. 4 Fig. 5.) Selbst die Darstellung auf den Panoramen des Norbadanges (Taf. 2 u. 4 Fig. 1) läßt kaum eine andere Beurteilung zu. Und doch ist dies eine Täuschung, welche ihren Grund in der bereits S.4 u. 7 erwähnten Knickung der Hauptkammachse hat. Während nämlich die Achsenrichtung der zentralen Hauptgruppe nach NO. geht, zeigt ihre östliche !) Über die Ermittlung dieser Werte siehe Näheres in Kapitel XXIX. 38 Fortsetzung eine solche von W. nach OÖ. Dies hat zur Folge, daß bei Betrachtung des Gebirges von irgendwelchem Standpunkt im N. für das Auge die unmittelbare, noch immer sehr hohe Fortsetzung des Hauptkammes durch die kolossalen Steilwände der zen- tralen Gruppe verdeckt wird, so daß im Vordergrund nur die sich von ihr abspaltenden, niedrigeren Züge ins Gesichtsfeld treten. Auf solche Weise wird die Täuschung einer Kamm- depression im OÖ. hervorgerufen, welche der wirklichen im W. kaum nachzustehen scheint. Ganz anders ist der Eindruck, wenn man das Hochgebirge von einem hohen Standpunkt am S.-Abhange betrachtet. (Siehe Südpanorama Taf. 3.) Es war für mich eine nicht minder große Überraschung, als ich mich dort von der Unrichtigkeit meiner ersten Auffassung überzeugen mußte. Die zentrale Hauptgruppe erscheint von S. gesehen infolge der hohen, pylonenförmig aus ihr herausstrebenden Verzweigungen teilweise verdeckt und infolge ihrer NO.-Achsenrichtung zusammengeschoben, während ihre latitudinale Fortsetzung sich dem Blick als ein gewaltiger kühn geformter Steilwall frei entfaltet, dessen mittlere Kamm- erhebung auf beiläufig 5 km Länge nicht unter 6000 m herabsinkt und ebenfalls in drei kuppenförmigen Erhebungen kulminiert, welche die durchschnittliche Kammhöhe um min- destens 300 m überragen und das oberste Einzugsgebiet des größten Gletschers der ganzen Gruppe, des Chigo-Gletschers, umstehen. Die Fortsetzung des Hauptkammes wird erst weiterhin nach OÖ. durch eine Reihe von stumpf pyramidalen oder zeltförmigen Gipfeln gebildet (S. 36); soweit ich Überblick ge- winnen konnte, scheinen sie mir nicht wesentlich in ihrer Höhe von einander abzuweichen, welche etwa 5500 m nach meiner Schätzung betragen dürfte. Vom weiteren Verlauf des Hauptkammes gegen OÖ. wird späterhin noch die Rede sein. In ähnlicher Weise also, wie dem Blick von N. aus hauptsächlich nur das Gerüste des zentralsten Teils entschleiert wird, welches die hohe, östliche Fortsetzung des Hauptkammes verdeckt, so hat die eigenartige Achsenkniekung, verbunden mit der Massigkeit der aus dem zentralen Teile gegen S. vor- springenden Felspfeiler zur Folge, daß man im S. schon nach kurzer Entfernung von der Hauptwasserscheide die zentralste und höchste Gruppe nicht mehr gewahren kann. Die- jenigen vereisten Hochgipfel, welche dort noch ins Gesichtsfeld fallen, gehören vielmehr schon ihrer östlichen Verlängerung an, was ein Vergleich des von Norden aufgenommenen Panoramas mit dem Südpanorama überzeugend dartut, und überdies durch Peilungen in unanfechtbarer Art festgestellt wurde. Auf den Irrtum Regels, der bei Turfan im Aufblick gegen N. und am Paß Dawantschin die zentrale Bogdo-Ola-Gruppe zu sehen glaubte, habe ich schon S. 21 hingewiesen. Aus der gleichen Fehlerquelle entspringt die irreführende Darstellung, welche Obrutschew!) von der „Ansicht der Bogdo-Ola“ aus Süden gibt. (Siehe S. 29.) Nur von hohen Standorten aus ist es also möglich, den Kammverlauf richtig zu beurteilen und hiemit erklären sich die unrichtigen Darstellungen in allen bisherigen Karten (siehe Kap. VI.) Wie aus den panoramatischen Ansichten und aus den geologischen Profilen auf Taf. 17 ersichtlich wird, ist es ein besonders scharf hervortretendes Merkmal in den orographischen Zügen der Bogdo-Ola, daß bei ihrem Charakter als Faltengerüste (siehe S. 35) ein Ansteigen des Gebirges von N. nach S. bis zur höchsten Erhebung in drei deutlich unterscheidbaren Stufen stattfindet, welche der geologischen Zusammensetzung und tektonischen Gliederung 1) 1. c., Bd. II, S. 640. 39 entsprechen. Nach S. hingegen findet ein schroffer Abfall und eine Auflösung des Baues in Einzelzüge statt. Die erste und niedrigste Stufe im N. besteht aus leicht verwitternden, weichen, jurassischen Bildungen, Sandsteinen, Konglomeraten, Schiefern, Mergeln und Tonen mit den sie durchbrechenden jungen Laven. Diese wegen ihrer Verwandtschaft mit ähnlichen Bildungen Innerasiens als „Angaraserie* zu bezeichnende Gesteinsfolge ist stark abgetragen und an einer Längsverwerfung teilweise abgesunken, welche sie von den älteren Gesteinen der zweiten Stufe trennt. Es ist dies eine Schichtenfolge mehr oder weniger stark umge- wandelter Tonschiefer, quarzitischer Sandsteine, Grauwacken, Breccien, Kalksilikathorn- felse und umgewandelter Eruptivgesteine etc., ein Gesteinsmaterial, das der Verwitterung und Abtragung weit größeren Widerstand entgegensetzen konnte. Infolge Mangels an organischen Einschlüssen kann das Alter dieses Schichtenkomplexes nicht mit Sicherheit bestimmt werden; doch sprechen verschiedene Gründe für Zugehörigkeit zum Paläozoikum. (Näheres hierüber in Kap. IX). Wie aus obiger Aufzählung der Schichtenglieder ersichtlich ist, fehlt hier im Bau der Bogdo-Ola der Granit, dem sonst im ganzen Tian-Schan von seinem westlichen Beginne an bis weit nach Osten in Zusammensetzung und Tektonik des Gebirges eine so wichtige Rolle zukommt. Es kann aber, wie in einem folgenden Kapitel nachgewiesen wird, mit Sicherheit auf sein Vorhandensein in geringer Tiefe ge- schlossen werden; er ist also hier nicht gehoben. Der Nordschenkel der großen Sattelfalte, als welche — ungeachtet mancherlei Knickungen und Unregelmäßigkeiten — der Gebirgsbau der zentralen Bogdo-Ola sich charakterisiert, erhebt sich schon mit Beginn der härteren, alten Gesteinsserien allmählich zu beträchtlicheren Höhen. Dort aber, wo diese Gesteine am intensivsten und mannig- faltigsten, sei es durch verborgene Tiefengesteine, sei es durch die das Massiv durch- schwärmenden Effusivgesteine, beeinflußt sind, steigt die Sattelfalte in steilem Winkel zur höchsten Stufe des Gebirges an, und bildet die kulminierende zentrale Gipfel- gruppe- Ä Die erste Stufe (a) hat (siehe das schematische Querprofil Taf. 16 Fig. 2) eine wech- selnde Breite von 15—17 km und eine durchschnittliche Erhebung von 800—1200 m; die zweite Stufe (b) zeigt eine Breitenausdehnung von 15—17 km bei einer Erhebung von 1200 m bis zum Maximum von 2900 m; die dritte und höchste Stufe (ec) endlich hat nur eine Breiten- ausdehnung von 9—11 km und schwillt von ca. 3200 m bis zur ungeheuren Maximal- erhebung (d) von über 6500 m an. Jede Stufe zeigt im großen ganzen eine trotz vielfacher Zerschneidung auffällige, gleichmäßig schwach geneigte Oberfläche (siehe Taf. 6 Fig. 1 u. 2, Taf. 7 Fig. 1 u. Taf. 9 Fig. 4), die gegen die nächste Stufe in kurzem Steilfall abbricht. Das mittlere Oberflächen- niveau der untersten Stufe (a) ist 1000 m, das der zweiten Stufe (b) 2500 m; bei der dritten Stufe (ec) ist zu berücksichtigen, daß sie aus zwei Gliedern besteht: dem schwach geneigten Plateau mit einer mittleren Erhebung von 3200 m, anschwellend bis zu einem Maximum von 3600 m, auf welches die fast 3000 m hohe Riesenwand der zentralen Gipfelgruppe jäh abstürzt. Man erkennt aber die auffälligen, in Stufen übereinanderliegenden Hochflächen mit der sie krönenden, wie aufgesetzt erscheinenden, obersten Steilwand in ausgezeichneter Weise aus einer von der Steppe im N. aus aufgenommenen Telephotographie des Gebirges (Abbildung 5 auf Taf. 4). 40 Läßt sich dieser Stufenbau des Gebirges teils durch die Beschaffenheit der einzelnen. Gesteinszonen und teils durch endogene Wirkungen erklären, so drängt die gleichmäßig flächenhafte obere Begrenzung jeder einzelnen Stufe zur Aufwerfung der Frage, ob nicht außerdem exogene Einflüsse, wenn solche vielleicht auch in enger Abhängigkeit von den geologischen Faktoren stehen, daran Anteil haben? Der Gedanke an jugendliche Krusten- bewegungen liegt nahe und die Vorstellung von spät gehobenen Verebnungsflächen gewinnt an Wahrscheinlichkeit. In der Tat liefert nicht nur die ganze Gestalt des Gebirgsreliefs (siehe die oben erwähnten Abbildungen, sowie Taf. 6 Fig. 1 u. Taf. 7 Fig. 2) Anhalts- punkte hiefür, sondern auch eine Reihe von Beobachtungen, die auf dem Reisewege gemacht wurden. Ich begnüge mich aber für jetzt mit diesem vorläufigen Hinweis, da es zweck- mäßig erscheint, erst bei Beschreibung des Reiseweges die einzelnen Erscheinungen näher zu erörtern, wonach ihre Zusammenfassung die schon im allgemeinen Bild deutlich zutage tretenden Wirkungen orodynamischer und morphologischer Art bestätigen wird. Die auffallend geringe Breite der obersten Stufe und das rasche Absinken ihres höchsten Randes nach S. beruht auf tiefgreifende Längsbruchwirkungen an der südlichen Basis des Gebirges, d. h. sie hängt mit dem Entstehen der öfters erwähnten tiefen zentralasiatischen Grabensenke (siehe besonders S. 3, 12 ete.) auf das engste zusammen. Man kann den Bau des S.-Abhanges als eine Auflösung des Gebirges in Längsschollen bezeichnen, von welchen bei Beschreibung des von der Expedition eingeschlagenen Weges ausführlicher die Rede sein wird. Wie die Schichtenfolge der Gesteine des Südschenkels der zentralen Falte, was aus der petrographischen Beschreibung im Kap. XXI ersichtlich ist — in Übereinstimmung mit dem inneren Bau des Gebirges -— der des N.-Abhanges entspricht, so sind auch die Gesteine selbst annähernd gleichen Charakters und unterscheiden sich von ihnen nur durch einen stärkeren Grad von Umwandlung, wobei sich aber die einzelnen Elemente im S. in einem weit tieferen Niveau finden. Der Unterschied beträgt gegenüber dem entsprechenden Ni- veau im N. ca. S00—1000 m; hiefür gibt es keine andere Erklärung, als eben das allge- meine Absinken des Faltenbaus um diesen Betrag in der Richtung nach jener tiefen Grabensenke hin. Wenn hiebei auch zu beachten ist und schon durch den äußeren Befund der Gesteine des S.-Abhanges erwiesen wird, daß die Gesteinszerstörung unter den von stärkeren thermalen Gegensätzen beherrschten klimatischen Verhältnissen des S.-Abhanges eine viel tiefgreifendere ist, als im N. und daher auch die Abtragung am Südschenkel des Faltenbaus ein bedeutenderes Ausmaß erreichen mußte als am nördlichen, so könnten solche Einwirkungen allein doch den starken Unterschied zwischen den beiderseitigen Böschungswinkeln (siehe Profil IV auf Taf. 17 und schemat. Querprofil Fig. 2 auf Taf. 16) nicht zur Genüge erklären. Man könnte ja auch an ungleiche Hebung denken; allein alle anderen Erscheinungen, von denen später die Rede sein wird, sprechen zu deutlich für Bruchbewegungen. Die ungeheure Höhe der obersten Kammregion (d) sinkt rasch bis zu 4400 m mitt- lerer Höhe ab, welche aber auch nur auf eine schmale Zone (e) (etwa 8 km) des Gebirgs- abfalles beschränkt bleibt. Nach weiteren 7 km seiner Breitenerstreckung (f) ist die Höhe schon auf 3900 m, nach weiteren 7 km (g) auf 2400 m, nach abermaligen 8 km (h) auf 1500 km abgesunken und dann verschwindet das alte Gebirge mehr und mehr unter den jungen Ablagerungen der spättertiären Gobisedimente, der noch jüngeren Flußablagerungen und Wüstenbildungen, welche insgesamt ein Relief von geringer, durchschnittlich nur wenige 41 hundert Meter betragenden Höhe bilden. Der breite Gürtel der Bildungen der Angaraserie des Nordens fehlt also am Südfuße mit Ausnahme einzelner, kleiner, verstreuter Schollen, die bei Bildung der großen Grabensenke von Luktschun, in verschiedene Niveaus gehoben oder gesunken, erhalten geblieben sind. Im östlichen Teil dieser Senke, aber viel weiter im S., scheinen sie noch vorzukommen. Wenigstens deuten hierauf die Angaben Futterers in der geologischen Karte III von „Durch Asien® (Band II/I), wo mesozoische Gesteine eingetragen sind, die in den niederen Hügelketten des Tuyuk-tagh im S. und OÖ. von Turfan zwischen Astüna und Pitchan am Rande der Wüste zutage treten.!) Jedenfalls aber ist die Hauptmasse der Angara-Ablagerungen in dem großen südlichen Längsbruch verschwunden. Den tiefgreifenden Einfluß, den dieser Grabeneinbruch auf den gesamten Gebirgsbau des östlichen Turkestan ausübte, konnte Obrutschew?) bis nach Chami im O. hin verfolgen. Ich habe schon früher (S. £) darauf hingewiesen, daß auch die im OÖ. von Urumtschi statt- findende Reduzierung des Tian-Schan auf eine einzige Kette von Hochgebirgscharakter im wesentlichen diesem Einfluß zuzuschreiben ist. Jenseits (südlich) der großen Grabensenke, in welcher die große Masse des Gebirges verschwunden ist, sehen wir von ihm nur mehr zwei nach SO. ausstrahlende Randketten, den Tschol-Tagh und Kuruk-Tagh, welehe aber beide nur mehr geringe, mittlere Kammhöhen, ersterer von 1500, letzterer von 1200 m erreichen und mit ihren östlichen Enden sich mit den Zügen des Beu-Schan verknüpfen. Genauere Untersuchung ihrer geologischen Zusammensetzung und Tektonik, eine dankbare Aufgabe für künftige Forschungsreisende, würde wichtige Schlüsse auf die verschwundenen Gebirgsteile zulassen, denn zweifellos sind diese Ketten als erhalten gebliebene Schollen (Horste) der niedergegangenen Gebirgsmasse anzusehen.°) Dafür, daß der ganze Südrand des Tian-Schan von Längsbrüchen begrenzt wird, fehlt es auch sonst nicht an Beweisen. Futterer erwähnt bei Beschreibung seines Weges durch die weiter im W. gelegenen südlichen Vorketten*) des Tian-Schan (Strecke Kara-Yulgun bis Bai) als Charakteristikum des Baus ein Absinken in Staffelbrüchen von bedeutendem Ausmaße. Auch auf dem Weiterwege nach O. bis Kurla stellt er die am Gebirgsrande ent- lang laufender Brüche fest. Meine eigenen auf dem gleichen Wege gewonnenen Beobach- tungen decken sich mit denen Futterers, wogegen seine nur auf Analogieschluß beruhenden !) In der Beschreibung des Weges findet sich allerdings weder in diesem Band noch in Bd.I eine Angabe zum Belege dieses Juravorkommens. Möglicherweise hat der Bearbeiter des II. Bandes Dr. F. Nötling die Eintragung in jene Karte auf Grund von Angabeu Obrutschews vorgenommen (?), der (l. e., Bd. II, S.614) an einer Stelle der genannten Kette in steinkobleführenden Schichten eine gut charakterisierte, jurassische Flora auffand und auch an anderen Stellen seines Weges durch diese Gegend (a. a. O., S. 609f., 615, 619, 625) des Vorkommens von Juragesteinen Erwähnung macht, wenn sie auch der Beschreibung nach, mit Ausnahme des Vorkommens von Phoenicopsis, keine Ähnlichkeit mit den jurassischen Bildungen des Nordens zu zeigen scheinen. 2) Hettners Zeitschrift I, S.275f. Süß, Antlitz der Erde III, S. 213£. 3) Siehe Futterer in Verh. VII. Intern. Geogr. Kongreß, Bd. II, S. 788, 789 und besonders in Bd I. Die sich an Futterers Vortrag knüpfende Diskusion, in welcher Obrutschew bemerkte, „daß die Tertiärschichten am Südfuße des östlichen Tian-Schan nicht nur gefaltet, sondern auch gebrochen sind. Wenn stellenweise auch Faltungen vorkommen, so seien dies sekundäre Erscheinungen: Bruch und Ab- senkung sind die leitenden Momente der Tektonik dieses Landes‘. Siehe ferner: Durch Asien, 1. c., II/I, S. 114 u. 210. 4) Ebenda S. 114. Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 6 42 Angaben in Bezug auf die nächsten, weiter im N. dieses Weges aufragenden Ketten, weil sie von ihm nicht selbst untersucht wurden, in mancher Hinsicht der Richtigstellung be- dürfen.!) Das langgestreckte weite Becken von Karaschar, das einst ganz von einem See ausgefüllt war, dessen, ungeachtet seiner noch immer bedeutenden Ausdehnung, gering zu nennender Rest der große See Bagratsch-kul ist, stellt sich als Einbruchsbecken dar, in welches der Längsbruch des großen Yuldus-Tales ausläuft. (Siehe Anmerkung 1, S. 57.) Im Norden und Osten von Bai wurden die Staffelbrüche von Keidel und mir ebenfalls fest- gestellt.?) In dieser Arbeit erwähnt Keidel auch den Abfall des Gebirges in Staffelbrüchen®) am Rande des Terek-Tales. Auch die Schilderung der Verhältnisse am Südrande beim Kum- aryk, wie sie Keidel entwirft?) läßt deutlich ein Absinken des Gebirges an einem Längsbruch erkennen. Wenn die Staffeln dieses Bruches dort nicht deutlich hervortreten, so liegt dies nur an der außerordentlichen Zerstörung der hier das Gebirge zusammensetzenden weichen Tonschiefer und Phyllite und der infolge hievon eingetretenen außerordentlich starken Ver- hüllung durch Schutt, die an manchen Orten nahe bis zu 2000 m ansteigt. Auch bei Utsch-Turfan wird von Keidel das Vorhandensein von Brüchen erwähnt°) und die großen Staffelbrüche, welche das geologische und Landschaftsbild im Kok-schal-Tale beherrschen, werden in der gleichen Arbeit ausführlich geschildert.) Der Richtung dieser Brüche folgt das Kok-schal-Tal entlang dem Südrande. Wenn im W. von der Öffnung des südlichen Musarttales, wo sie noch vorhanden sind, am Südrand die mesozoischen Angarabildungen, die im O. von diesem Tale so ungeheuere Mächtigkeit aufweisen, fehlen, so läßt sich dies damit erklären, daß sie in dem ein sehr bedeutendes Ausmaß erreichenden Graben- bruch versunken sind. Südlich der Furche des Kok-schal-Tales setzen sich die Staffel- brüche weiter fort, wie wir durch die Gröber’schen Untersuchungen wissen,’) der diese Brüche nach SW. bis nach Kaschgar und nach OÖ. bis in die Gegend von Kutscha ver- folgte. Wir wissen aber auch aus den anläßlich des großen Erdbebens von Andischan durch die von den russischen Geologen Tschernischew, Bronnikow, Weber und Faas ange- stellten Untersuchungen am Nordrand des Kaschgarbeckens,°) daß diese seismischen Be- wegungen späte Fortwirkungen jener alten Dislokationen sind, welche in Form von großen Randbrüchen dem Südrand des Tian-Schan entlang laufen. Das staffelförmige Absinken des südlichen Tian-Schan an Längsbrüchen kann nahezu überall am Rande festgestellt werden und widerspricht der früher weit verbreiteten, irrtümlichen Ansicht vom mauer- gleichen Abbruch des südlichen Tian-Schan gegen das Tarymbecken, worauf ich schon früher hingewiesen habe.°) 1) Näheres hierüber in einer vorbereiteten Arbeit über meine Querung des östlichen Tian-Schan. 2) Geologische Untersuchungen im südlichen Tian-Schan ete., 1. e., 8. 353. 3) Ebenda S. 350 und Profil S. 349. 4) Ebenda S. 341 f. 5) Ebenda $. 302 und Profil Fig. 11. 6) Ebenda S. 284, 289 f., 291, 293, 294 f., 297 f., 298, 341 f., 357. ?) Vorläufiger Bericht über tektonische Ergebnisse einer Forschungsreise im südlichen Tian-Schan. Zentralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie, Nr. 10 u. 11, 1910. Separatabdruck, S. 14f. und Kärtchen. $) Memoires du Comite Geologique, nouv. Serie No. 54 (russisch), referiert von mir in Mitteil. der Geograph. Gesellsch. München, Bd. VI, 1911, S. 433 £. 9) Petermanns Mitteilungen, Ergänzungsheft 149, S. 50, siehe auch Keidel, a.a. O., S. 304. u: Ze ee u u ee 43 Weniger bekannt ist, daß auch der Nordrand durchweg an Brüchen abgesunken ist. Es wurde bereits Hüchtig erwähnt (S 39), daß im N. der Bogdo-Ola eine Verwerfung in beiläufig paralleler Richtung mit der Achse der Hauptwasserscheide streicht und den Komplex der alten Gesteine von den Ablagerungen der zum Jura®zu stellenden Serie der Angaraschichten trennt. Diese Verwerfung dürfte sich zweifellos am Nordfuße des Ge- birges entlang überall nachweisen lassen. Da jedoch bisher der Nordrand des östlichen Tian-Schan nur an wenigen Stellen von Geologen untersucht worden ist, so liegen noch keine genügend beglaubigten Angaben hiefür bis jetzt vor. Auf meiner letzten Forschungs- reise konnte der Verlauf dieser Verwerfungen außer am Nordrand der eigentlichen Bogdo- Ola-Gruppe an mehreren anderen Punkten weiter im W. festgestellt werden: und zwar zuerst, nachdem wir das alte Gebirge von S. her gequert hatten (s. S. 3), bei unserem Austritt nach N. im SW. von Manaß und später wieder im S. von Sügoschur am Ausgang des großen Quertales Dschirgaltö, wo Dr. Gröber die Verwerfung zwischen den alten Gesteinen und der Angaraserie genauer untersucht hat. Diese große Verwerfung verläuft den Bie- gungen der Hauptwasserscheide lange Zeit parallel (siehe Karte I), wie denn auch die Hauptstreichrichtung der Gesteine der Angaraserie im großen Ganzen im Einklang mit der jeweiligen Richtung der Verwerfung steht. Diese mesozoischen Bildungen fallen nach N. stetig ab und verschwinden allmählig in der langgestreckten Depression des Dsungarischen Beckens, welches die Ketten des Tian-Schan von denen des Dsungarischen Ala-Tau (zunächst Maili-Dschair-Urkaschar-Ketten) trennt.!) 1) Das Dsungarische Becken kann deshalb als natürliche Grenze zwischen Tian-Schan und den Ketten des Dsungarischen Ala-Tau angesehen werden. Von dieser langgestreckten Senke hebt schon A. Wojekow hervor (Klima von Luktschun, Meteorol. Zeitschr., Mai 1900, S. 203), daß das Gebiet zwischen Tian-Schan im S. und Altai und Sayan im N., wie es den Einfall der Nomaden aus Zentralasien begünstigte, auch ebenso leicht den Abfluß der Luft aus der winterlichen Antizyklone Zentralasiens förderte. (Siehe auch ebenda S. 204f.) Der Komplex der die Grenze bildenden Senken ist nur an einer Stelle, im NO. von Kuldscha durch eine schmale, niedere Landschwelle von 1500 m mittlerer Höhe (Paß Zitertö 1472 m) unterbrochen. Es drängt sich somit die Frage auf, ob eine solche markante, bedeutungsvolle oroplastische Erscheinung wie diese nicht auch die selbstverständliche Grenze zwischen den großen zentralasiatischen Gebirgssystemen des Tian-Schan und des Altai zu gelten hat? Mit der Frage einer solchen Abgrenzung hat sich K. Leuchs im Aprilheft 1914 von Petermanns Mitteilungen (S. 209) beschäftigt und spricht sich, was den westlichen Altai betrifft, für eine, wie mir scheint, geographisch-morphologisch keineswegs mit genügender Klarheit im Bodenrelief wie im Kartenbild in die Erscheinung tretende Abgrenzung aus. Dies aber muß meines Erachtens vom Standpunkt der physikalischen Geographie aus verlangt werden, wobei systematisch-theoretische Erwägungen über Gebirgsbildung, wie Leuchs sie auf Grund der An- schauungen von E. Suess vertritt, nicht als entscheidendes Moment herangezogen werden dürfen, wenn solche nicht auch im Relief des Landes deutlich zum Ausdruck gelangen und dies ist hier nicht der Fall. Nach meiner Auffassung würde man allen Schwierigkeiten aus dem Wege gehen, wenn man den Komplex der Ketten des Dsungarischen Ala-Tau im orographischen Sinn vom Tian-Schan abtrennen, diesen wieder vom Tarbagatai scheiden und letzteren vom Gebirgssystem des Altai, wobei man in Bezug auf deutliche orographische Grenzen nicht in Verlegenheit käme. Eine ganz brauchbare Begrenzung annähernd in meinem Sinn findet man bei Sakırschewsky: Kurzer Abriß des N.-Abhanges des Dsunga- rischen Ala-Tau. Sapiski der Westsibirischen Abteilung der Kais. Russ. Geograph. Gesellsch., Bd. XV, Heft J, 1893, russisch, S.2f. Solche Trennung, die auch durch klimatische, faunistische und botanische Verhältnisse gerechtfertigt wäre, verhindert keineswegs die systematischen, geologisch-tektonischen Be- ziehungen und Zusammenhänge der einzelnen Gebirgskomplexe zueinander in das richtige Licht zu stellen. Es kann im Rahmen dieser Abhandlung natürlich auf die Frage nicht näher eingegangen werden. (Siehe folgende Seite und Anmerkung S. 98.) Bezüglich der Grenze im O. siehe Anmerkung auf 8. 46 f. 6* 44 In gleicher Weise senken sich dort die Ketten der südlichen Dsungarei nach S. ab, wie der Erforscher jener Gebiete, W. A. Obrutschew besonders hervorhebt:!) „Im tektonischen Bau dieses Gebietes spielen Staffelbrüche die ausschlaggebende Rolle.“ Es geht auch aus den Darlegungen von O. hervor, daß das große Becken des Ebi-nor in ähnlicher Weise als ein früher völlig mit Wasser angefülltes Senkungsbecken anzusehen ist, wie ich dies bereits vom Becken des Bagratsch-kul (S. 42) im S. hervorgehoben habe. Der heutige See Ebi-nor ist nur ein geringer Rest einer riesigen früheren Wasseransammlung. In einem ausführ- lichen Werke über diese Reise hat Obrutschew eingehenden Bericht über seine Unter- suchung der mesozoischen Ablagerungen am Nordrand des großen Beckens im Unterlauf des Manas-Flusses gegeben,?) aus denen deutlich zu erkennen ist, wie auch von N. her diese Gesteine nach Süden mehr und mehr an Mächtigkeit abnehmen und allmählich in der Senke des Dsungarischen Beckens verschwinden. Das größte Ausmaß erreicht diese Senke in einer tiefen, sich eng an den Sockel des Tian-Schan anschmiegenden Rinne, die jetzt zum großen Teil von ausgedehnten Sümpfen®) erfüllt wird, in welchen von Gutschen im O. bis nach Schicho im W. die meisten der vom Nordfuß des Tian-Schan abfließenden Gewässer verschwinden. Die Unzugänglichkeit der von ungeheuren Schilfbeständen ein- genommenen Sumpfstrecken gestattet nicht ein Niveau des allertiefsten Teiles der Senke zu geben. Nur zwei Coten aus dem Sumpfgürtel sind bekannt geworden durch Robo- rowsky,?) der ihn im N. von Manas gequert hat, nämlich die Örtlichkeiten Jan-sun-fu 343 m und Dun-dun-sa 345 m. Doch zieht die „nördliche Kaiserstraße“ (siehe S. 9 und Anmerkung auf S. 95) hart am Rande der Sümpfe in ganz geringer Erhebung über ihn entlang; aus den aus verschiedenen Quellen?) stammenden und z. T. aus meinen eigenen barometrischen Höhenbestimmungen entnommenen Werten ergibt sich eine durchschnittlich zwischen 400 und 600 m schwankende Tiefe dieser Rinne. Von W. nach O. gehend finden wir Dschincho 385 m, Kui-lutun 399 m, Kur-tu 466 m, Sügoschar 610 m, Schicho 414 m, Kuilun 398 m, Sando-cho 405 m, Manas 481 m, Tuchu-lu 559 m, Chutubeu 512 m, Foukan 560 m.) Am Ebi-nor und seiner Umrandung sinkt die Tiefe des Beckens noch wesentlich ab, wie wir aus der dem letztangeführten Obrutschew’schen Werke beigegebenen Karte entnehmen können, nämlich für den Seespiegel 243 m, für Höhen nahe seinem Ost- rande 274 m und 310 m, am Nordrande 326 m und steigt dann nach N. zu rasch wieder an. Weiter im W. begrenzt das große Einbruchsbecken des Jli den Nordfuß des Tian- Schan, dessen nördlichste Kette, der Temurlyk-Tau nach Prinz”) ein Horst ist, der in 1) W. A. Obrutschew, Expedition nach Barlyk und Tarbagatai im Jahre 1905. Vorläufiger Be- richt. Tomsk 1907 (russisch). 2) W. A. Obrutschew, Das Grenzgebiet der Dsungarei. T. I, Abteil. I: Reisebeobachtungen. Tomsk 1912, S. 401 f. (russisch). 3) Auch von einigen kleinen Seen (Telli-nor 290 m), Airan-nor und etlichen Salzseen (Dabasun-nor ete. ca. 300 m). %) Kärtchen der Umgebung von Manas in: Ergebnisse der Reise nach Zentralasien, 1. c., Bd. 1, S. 596. 5) Katalog der Höhen des asiatischen Russlands etc. von Hikisch. Sapiski, Kais. Russ. Geograph. Gesellsch., Bd. 31 (1901), russ. 6) Die Coten von Schicho, Urumtschi, Ebi-nor und einige andere in Stielers Handatlas Bl. 62 differieren wesentlich mit den meinigen. Welches die Quellen für die Coten in jenem Kartenwerk sind, ist mir nicht bekannt; jedenfalls entsprechen sie nicht den neueren Ermittlungen. ?) C. Prinz, Beiträge zur Morphologie des Kuldschaer Nan-Schan. Mitteil. K. K. Geograph. Gesellsch. Wien, Bd. 53, 1910, S. 184 £. 45 Staffelbrüchen zum Jli-Becken abfällt. Noch weiter westlich erhebt sich als Nordrand des Gebirges die Kette des Transilenischen Ala-Tau, von der wir schon durch die Beobach- tungen J. W. Muschketows!) wissen, daß ihrem ganzen Nordrande entlang Verwerfungen laufen, welche später nach dem letzten großen Erdbeben von Wjernoe (1911) von der zur Untersuchung berufenen Kommission unter Leitung von K. Bogdanowitsch, von ihm, D. J. Muschketow und S. Kark noch eingehender studiert wurden.?) Die ausgedehnteste der Nordketten des westlichen Tian-Schan, die Alexander-Kette, fällt, wie wir auf Grund der Be- obachtungen von J. W. Muschketow (a. a. O0.) und Romanowsky°) sagen können, in Rand- brüchen gegen die weiten Steppengebiete von Semiretschensk ab.*) Endlich haben wir in neuester Zeit durch Machatschek°) auch aus den westlichsten Teilen des Tian-Schan Kenntnis davon erhalten, daß auch dieser Teil des großen Kettengebirges im N. durch einen Längsbruch begrenzt wird. Mithin erscheint es hinlänglich begründet, zu sagen, daß das ganze Tian-Schan-Gebirge an seinem N.- wie seinem 8.-Rande von tiefgreifenden Ver- werfungen begrenzt wird. Daß auch die innere Struktur des großen Kettengebirges viel- fach durch Längsbrüche beherrscht wird, ist hauptsächlich durch ‚Keidels, Friedrichsens und meine eigenen Veröffentlichungen zur Genüge bekannt geworden. Ohne den ins Einzelne gehenden tektonischen Ausführungen meines Reisegefährten Dr. Gröber vorgreifen zu wollen, wie sie im Kap. XX dieser Abhandlung niedergelegt sind, und welche er allein zu vertreten hat, erscheint es mir doch zum Verständnis aller meiner folgenden Ausführungen unerläßlieh, wenigstens gewisse tektonische Vorgänge, die mit den auffälligsten oroplastischen Zügen des Gebirges auf das innigste verknüpft sind, hier zu erörtern. Im großen Ganzen stellt sich, entsprechend meinen vorausgegangenen ‚Darlegungen (siehe besonders S. 35 und 38f, sowie Gröbers Profile II und IV auf Taf. 17), der Bau der Bogdo-Ola, insoweit er aus den Serien der alten paläozoischen Gesteine besteht, also insoweit er Hochgebirgscharakter trägt, als ein Faltenbau dar, der in den ersten Sattel- und Muldenbiegungen nur eine mäßige Höhe erreicht (siehe Profil IV auf Taf. 17 und schematisches Querprofil Taf. 16) und dann ganz plötzlich zu einer schmalen, unge- mein steilen Sattelfalte von ungeheurer Höhe emporgehoben ist, die nach $. leicht über- kippt erscheint. Der S.-Schenkel zeigt in seinen höchsten Teilen den gleich steilen Bau und geht, nachdem er komplizierte Störungen erfahren hat (S. 40), in etwas flachere Mulden- form über. In Form einiger weiterer Falten fällt das Gebirge nach $. rasch ab. Innerhalb dieses großen Faltenbaus liegen eine größere Anzahl sekundärer Falten und Knicke, welche !) Turkestan I, auch Sapiski, Kais. Russ. Geograph. Gesellsch 1879, und besonders Sapiski, Kais. Russ. Mineral. Gesellsch., Bd. XII, 1877, S. 186—188. Turkestan II, Kap. II, III u. IV. Derselbe, Das Erdbeben von Wjernoe am 28. Mai 1887. Me&moires du Comite Ge&ologique, vol. X, No. 1, 1890. ®) Bulletins du Comite Geologique, Tom. XXX, No. 189, 1911, eingehend referiert von mir in Mitteil. Geograph. Gesellsch. München, 1. c., S. 437 £. °) G.D. Romanowsky, Iswestiya, K. R. G. G. 1879 und besonders Geolog. Abriß des Alexander- " Gebirges in Sapiski der Kais. Russ. Mineral. Gesellsch. SerieIl, Bd. 24 (russisch), 1888, 8. 234- 240. Derselbe, Materialien zur Geologie Turkestans, Bd. I. *) Siehe hiezu P. J. Preobraschenski, Die Gesteine des Kandyk-Tas. Bulletins du Comite Geologique, Tom. XXIX, No. 172, S. 163 £., wo das Absinken in Staffelbrüchen zur Tschu-Ebene auch hin- sichtlich des Gebirges nördlich der Alexander-Kette geschildert wird. 5) Petermanns Mitteil., Ergzh. Nr. 176, F. Machatschek, Der westliche Tian-Schan, 8. 13 u. 14. 46 im Gurban-bogdo-Tal durch Brüche und Verwerfungen von geringerem Ausmaß, die dem durehschnittlichen, allgemeinen Streichen der Gesteine (W.-O. 20 N.) mehr oder weniger entgegengesetzt sind, sehr komplizierte Formen angenommen haben. Auf dieses bemerkens- werte Faktum werde ich später zurückkommen. Betrachten wir nun im Anschluß an meine schon früher (S. 37) über die Höhenverhältnisse des Hauptkammes gebotene kurze Übersicht den Verlauf des die Hauptwasserscheide bildenden zentralen Kammes genauer (siehe das hypsometrische Längsprofil Taf. 16), ausgehend vom Dun-Schan-Sattel im S. von Urumtschi, wo er eine durchschnittliche Erhebung von 1600 m (tiefste Einsattlung 1370 m) aufweist, so zeigt sich, daß er dann allmählich bis zu 2000 m anschwillt, weiter rasch bis zu 5500 m und nach abermaligem Einsinken bis 3645 m etwa 60 km im ©. von Urumtschi sich nahezu plötzlich zu der ungeheuren Höhe von über 6500 m aufschwingt, ein Hoch- gebirge bildend von so eindrucksvollen, gewaltigen Formen, wie sie nur im zentralen Teil des Tian-Schan ihresgleichen finden. Eine so bedeutend überragende Höhe behält dieser Teil des Tian-Schan-Hauptkammes jedoch nur auf der kurzen Strecke von S—10 km bei und sinkt dann in seinem Laufe nach OÖ. wieder rasch (siehe S. 36) um 800 bis 1000 m ab. Den Charakter eines wenn auch nicht mehr erheblich, so doch noch an vielen Stellen vereisten Hochgebirges trägt er noch weiterhin auf einer Strecke von annähernd 50 km zur Schau mit einer durchschnittlichen Kammerhebung, die beiläufig 4000 m erreicht und mit Gipfeln, die bis zu 4800 m und darüber ansteigen. Bei dem schon erwähnten Passe Yulgun-terek (siehe S. 36) sinkt das zentrale Kammgerüste zu 3500 m ab, erhebt sich aber bald wieder zu einer durchschnittlichen Kammhöhe von 4300 m mit einzelnen Gipfelhöhen, welche sogar bis über 5500 m erreichen. Erst 94 km im O. des Yulgun-terek-Paßes, beim Buüluk-Paß sinkt der Hauptkamm wesentlich ab bis zu 3165 m und von dort an nimmt die Erniedrigung noch bedeutend zu. Von 3500 m erniedrigt sich die Kammlinie zu 3000 und 2500 m; 66 km im O. des!Buüluk-Passes, beim Passe Ulan-su, auch Gotschan-Paß genannt, erreicht sie als Hauptwasserscheide nur mehr eine Höhe von 2213 m.!) Nach weiteren 40 km endlich gelangt sie in ihr niedrigstes Niveau und verliert fast den Charakter eines Gebirges in der weitgedehnten, flachen Senke von Otun-kosa mit einem durchschnittlichen Niveau von ca. 720 m.?) Für das mehrfach hervorgehobene, besonders auffällige Verhältnis der plötzlich zu überragender Höhe emporgetürmten Gebirgsmasse der Bogdo-Ola und der weiten Hinaus- biegung des Kammgerüstes nach N. bietet dessen Verlauf von W. nach O. einigen Auf- schluß. Wir sehen (siehe Karte I), wie das Gebirge, von Manas im W. angefangen, mehr 1) Die hier angegebenen Längen der einzelnen Abteilungen des Hauptkammes entsprechen jenen in der 40 W.-Karte (l. c.) und sind auch in Übereinstimmung mit denen von Roborowskys Karte, Bl. IV. Anders sind sie in den beiden Karten Grum Grschimailos eingetragen, welche in dieser Hinsicht aber untereinander große Unterschiede aufweisen. Beispielsweise beträgt die Entfernung von der zen- tralen B.-O.-Erhebung bis zum Buüluk-Paß nach der 40 W.-Karte 136 Werst, nach der Detailkarte Grum Grschimailos 122 Werst und nach dessen Übersichtskarte 174 Werst. Die Entfernung vom Paß Buüluk zum Paß Ulan-su (Gotschan) beträgt in der 40 Werst-Karte 62 Werst, in Detailkarte Gr. Gr. 35 Werst und in dessen Übersichtskarte 40 Werst. Da ich diesen Gebirgsteil nicht selbst bereist habe, vermag ich nicht zu entscheiden, welcher Karte die größere Genauigkeit beizumessen ist. ?) Nach Caruthers’ Karte in Geograph. Journal, vol. XLI, 1913, Nr. 4 3000' = 915 m, nach Grum Grschimailo aber 723 m. Wegen der tiefen Absenkung des Gebirges in Form breiter, abgeflachter Rücken und wegen seiner hier mit Salzsümpfen erfüllten Umrandung, sowie wegen des dort beobachteten plötz- 47 und mehr eine vorherrschende Streichrichtung nach SO. annimmt, dann vor Urumtschi in die W-O.-Richtung übergeht bis hin zu seiner tiefsten Einsenkung, dem Dun-Schan-Sattel, der in der Fortsetzung der Achse einer schief zur Richtung des Hauptkammes verlaufenden, großen Querverwerfung liegt, an welcher der Komplex der Ketten des östlichen Tian-Schan völlig abgesunken und strahlenförmig aufgelöst erscheint, wie dies auf 8.3, 7 und 35 schon hervorgehoben wurde. Im ©. von Urumtschi nimmt der Hauptkamm schon ein entschiedenes ONO. Streichen an, verbunden mit raschem Ansteigen der Gebirgsmasse, die aber dann im höchsten Teile wieder in eine W-O.-Richtung übergeht, worauf dann weiter im O., am er- wähnten Narat-Naitak-Sattel (8. 36), die SO.-Richtung vorherrschend wird mit gleichzeitigem allmählichen Absinken des Kammgerüstes. Weiter gegen O. hin wiederholt sich in bei- läufig ähnlichen Entfernungen fortgesetzt dieser Wechsel im Streichen der Hauptwasser- scheide, verbunden mit entsprechender Änderung im Streichen der Gesteine, wie dies für die östlichen Teile durch Obrutschews (a. a. O., Bd. II, S. 291, 576) und Futterers Beobachtungen (a. a. O., Bd. II, S. 243 £.) ermittelt wurde, bis endlich in der Senke von Otun-kosa, „einem Gebiete der größten Störungen und Unregelmäßigkeiten* (nach Obru- tschew) infolge sich schneidender Längs- und Querbrüche ein noch tieferes Absinken des Gebirges stattfindet, als das am Dun-Schan-Sattel festgestellte. Es scheint also aus allen diesen Beobachtungen, sowie auch auf Grund der von mir in den höheren Teilen des Gebirges gemachten Wahrnehmungen hervorzugehen, daß im allgemeinen gute Überein- stimmung zwischen tektonischem und orographischem Streichen in der ganzen Kette besteht mit Ausnahme einiger Abweichungen in der höchsten zentralen Kammregion, die wohl auf sehr späte tektonische Vorgänge zurückzuführen sein dürften. Hier weicht auch die nördliche Randverwerfung, welche sonst der Richtung des Hauptkammes folgt (S. 43), von dieser Richtung ab. Gröber erklärt den auffällig geknickten Verlauf der Hauptkammrichtung und die Herausbildung des ungeheuren Kammgerüstes der Bogdo-Ola im tektonischen Teil dieser Arbeit (Kap. XX) mit Interferenz zweier sich kreuzender Faltungsachsen und diese Hypo- these hätte außer anderen Gründen schon dann eine gewisse Berechtigung, wenn das Analogon im südwestlichen Tian-Schan zutrifft, wo nach der bisherigen, neuerdings aber angezweifelten Annahme zwei sich schneidende Faltungsrichtungen, die sogenannte Alai- und die Ferghana-Richtung, bestimmend für den Bau des Gebirges geworden sind.!) Auch lichen Wechsels in Vegetation und Tierleben, in welchen schon die Altaiischen Formen vorherrschen, will Grum Grschimailo hier die Grenze zwischen Tian-Schan und Altai System ziehen (l. e., Bd. I, S. 491 £.), eine Annahme, der Obrutschew von geologischen Gesichtspunkten ausgehend, wie mir scheint mit Berech- tigung, entgegentritt. (Jswestiya, Kais. Russ. Geograph. Gesellsch., Bd. XXI, 1895, S. 290 f. und Hettners Zeitschrift, Bd. I, S.274f.) Hingegen pflichtet Caruthers, a.a. O., S. 348f. der Ansicht Grum Gschri- mailos insoferne bei, als er, wenn er auch im orographischen Sinne keine Trennungsmerkmale findet, so doch insoferne, als er diese Senke als „definite dividing line between two faunistic and floristic regions, namely the Tian-Shan and the Altai“ anerkennt. Siehe übrigens hierüber auch Richthofens Ansicht in China I, S. 221/222 und Friedrichsen, Morphologie, S. 29, 31 und besonders S. 32f., sowie Futterer in: Verhandlungen VII. Internationaler Geographen-Kongreß, S. 792. Suess, l. ce. I, 8. 598. !) D. J. Muschketow, Der geologische Bau des östlichen Ferghana in Trudi der St. Petersburger Gesellschaft der Naturforscher, Bd. 43, Heft I, 1912, S. 198 f. Derselbe, Vorläufiger Bericht über tektonische Ergebnisse der letzten Forschungen in Ost- 48 Bogdanowitsch (a.a. O., S. 70) spricht von ähnlichen Wahrnehmungen am Südabhang der Dschargöß-Kette, also im Süden der Bogdo-Ola. In der gleichen Gegend, nur noch südlicher im Tschol-Tagh (S. 41), hat Futterer verschiedene sich einander schneidende Streich- und Klüftungsrichtungen festgestellt.) Gröber hat seine Anschauungen über diese Interferenz, welche er als bestimmenden Zug in der Tektonik des Tian-Schan auffaßt, auch in der S. 42, Anm. 7 zitierten Schrift niedergelegt, welche indes nur ein Vorläufer einer größeren Arbeit über die Ergebnisse seiner Forschungsreise vom Jahre 1909 ist. Ich enthalte mich, zu den Gröber’schen Beobachtungsergebnissen Stellung zu nehmen und möchte nur die Auffassung zur Geltung bringen, daß vielleicht auch schon die allge- meinen und am häufigsten bei Gebirgsbildung in Betracht kommenden Kräfte, nämlich tangentialer Zusammenschub und radiale Kontraktion, zur Erklärung der eigenartigen Aus- bildung dieses Teiles des Tian-Schan genügen würden. Wir sehen solche Wirkungen auch im Tian-Schan mancherorten zutage treten, worauf ich hier leider nicht näher eingehen kann. Man könnte sich ganz gut vorstellen, daß schon die tiefgreifenden Bodenbewegungen, die zu verschiedenen geologischen Zeiten den ganzen Tian-Schan ergriffen hatten, sich hier im B.-O.-Gebiet jedoch noch schärfer in dem ungemein bedeutenden Ausmaß von Längs- brüchen im N., besonders aber im 8. des Gebirges äußern und hier geschnitten wurden von derart gewaltigen Querbrüchen, daß unmittelbar im S. von Urumtschi, wie weiterhin in der Senke von Otun-kosa die Absenkung der Gebirgsmasse so außerordentliche Beträge erreichen konnte, auch horizontale Verschiebungen, Schrägstellungen einzelner Blöcke und also Knickungen der Hauptachse stattfanden?) Wir können wohl annehmen, und wie in späteren Kapiteln dargelegt wird, scheint die Annahme nicht unberechtigt, daß nach der postjurassischen Gebirgsbewegung, welche die jungen und alten Gesteine betraf, noch lange keine Zeit der Ruhe für diesen Gebirgsteil eintrat. Es können möglicherweise schon gleich- zeitig mit der großen von N. nach S. gerichteten Faltungsbewegung, wahrscheinlich aber erst nachher, in entgegengesetzter Richtung tätige Kräfte zusammenschiebend auf die Achsen- richtung der Gebirgsmasse eingewirkt haben. Zumal in Verbindung mit den großen ter- tiären Längsbruchbewegungen mag hier auch eine Erneuerung der großen, jedenfalls älteren Transversalbrüche eingesetzt haben und infolge hievon ein Zusammenpressen und Heraus- heben der zwischen den bedeutendsten dieser Bruchzonen, den beiden tiefen Senkungen im OÖ. und W. gelegenen Gebirgsmasse. Es scheint, daß infolge des Einsinkens des unge- heueren Gebirgskomplexes nach Westen (S. 4) eine stärkere Druckbewegung durch Rück- stauung von dieser Seite her gewirkt hat als von OÖ. Das Einsinken an den beiden Flanken mag das Emporpressen und starkes Aufbiegen der Gebirgsmasse im Zentrum der zusammengeschobenen Zone, also im Meridian der Bogdo-Ola, verursacht haben, was die Kniekungen der Achse und das bogenförmige Hinausdrücken der Gebirgsmasse nach N. woh erklärlich machen könnte. Zu diesen zweifellos sehr jungen Krustenbewegungen mag wohl auch ein schwaches Heben des verborgenen granitischen Kerns (S. 39) mit beigetragen haben. Ferghana. Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie, Jahrg. 1914, Ba.I, 8. 25—42. Machatschek, 1. c., S. 46, 47, 48, 49a, 50, 51, 52. 1) 1. ec. II/L, 8.208, 211. 2) Über die außerordentlichen Störungen im Schichtenbau der Bruchzonen, in der Dun-Schan-Ein- 49 Es ist natürlich nach einer so Hüchtigen Reise, welche Spezialuntersuchungen nicht gestattete, schwer zu sagen, in welcher Zeit diese jungen Bewegungen erfolgten; doch weisen einige Anzeichen darauf hin, daß sie vielleicht analog den großen Hebungsbewe- gungen im Himalaya, von denen uns die indischen Geologen übereinstimmend berichten,?) ins späte und ausgehende Tertiär, ja vielleicht noch in das beginnende Quartär fallen. Bekanntlich setzt Bailey Willis?) das letzte Emporwachsen der Gebirge in China in die Fönho-Epoche, welcher er ein quartäres Alter beimißt. Dieser Forscher hält auch die hauptsächlichen vertikalen Bewegungen in Zentralasien für quartären Alters und stimmt hierin mit Pumpelly®) überein. Wenn sonst, wie ich kurz vorher bemerkt habe (siehe auch Karte I), die nördliche Randverwerfung dem Laufe der Hauptsache folgt, so zeigt die geologische Tektur zu Karte II, daß gerade im Norden des zentralen und höchsten Teiles der Gruppe die Richtung der Verwerfung am Nordrand nicht die bedeutenden Knickungen und Schwankungen des Verlaufes der zentralen Achse mitmacht. Die Gesteine der mesozoischen Bildungen und die Gesteinsfolgen der alten Serie zeigen Konkordanz der Faltung, wie bereits hervorgehoben wurde, wiewohl sie durch eine Verwerfung voneinander getrennt sind. Die Verwerfung muß also jünger sein als die Faltung. Da sie aber von den Knickungen der Hauptachse nicht beeinflußt wird, müssen die Bewegungen, welche die Deformation der Hauptachse verursachten, noch jünger sein. Das von fast allen neueren Forschern, die sich mit der Untersuchung des Tian- Schan befaßt haben, die letzte große Gebirgsbewegung in diesem Kettengebirge ins mittlere Tertiär verlegt wird oder in eine noch spätere Zeit, so kann wohl auch die Krusten- bewegung, welcher die Auffaltung der mesozoischen und älteren Gesteine der Bogdo-Ola zu danken ist, dieser Zeit zugeschrieben werden. Aus allen geologischen Schilderungen des Tian-Schan, sowie anderer Teile Innerasiens ist ferner bekannt geworden, daß auch die tertiären Ablagerungen an vielen Orten von späten Bewegungen in nicht unbedeu- tendem Ausmaße ergriffen wurden, welche zum Teil in eine posttertiäre Zeit fallen*) und in manchen Teilen des Tian-Schan und anderer innerasiatischer Gebirge heute noch fort- dauern.’) In eine sehr junge Zeit fallen jedenfalls die Bewegungen, welche die Verwerfungen sattlung siehe Obrutschew II, S. 645—648 und über die Störungen und Unregelmäßigkeiten in der tieferen östlichen Senke, ibidem, S. 575 £. 1) C.S. Middlemiss, Memoirs of the Geology of India, vol. XXIV, part 2, 1890. Derselbe, Ibidem, vol. XXVI, 1896. Geology of Hazara and Black Mountains, p. 285. Medlicott and Blanford, A Manual of the Geology of India, 2. Edition, p. 479, 486. R. D. Oldham, Records Geolog. Survey of India, vol. XXI, 1888, p. 157. Burrard ard Hayden, Geography and Geolosy of Himalaya Mountains. Caleutta 1907/08, p- 192, 204 f., 258, 260—262. Geograph. Journal, vol. XXIII, 1904, S.722ff. Vortrag Krapotkins (Dissication of Asia), Diskussion hierüber von Holdich, Conway und ganz besonders Evans und Seeley. K. Oestreich, Die Täler des nordwestlichen Himalaya. Petermanns Mitteilungen, Ergän- zungsheft Nr. 155, 1906, Einleitung S.2 und 3. 2) Bailey Willis, Research in China. Washington 1907—13, Bd. I, 8.256, 261; Bd.II, S. 96 f., 99 f. °) RE. Pumpelly, Explorations in Turkestan. Washington 1908, Bd. II, S. 287 £. *) Obrutschew nimmt an, daß die große Flexur- und Bruchbewegung sich „nach Ablagerung der Hanhaischichten vollzogen hat, also keiner entfernten Zeit angehört“. Hettners Geograph. Zeitschr. I, S. 276. 5) Siehe auch die $.42 u. 45 aufgeführte Literatur und Anmerkung 1 auf folgender Seite. Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 7 50 zwischen den mesozoischen und älteren Bildungen hervorgerufen haben und also in eine noch jüngere Zeit jene, welche den großen zentralasiatischen Grabenbruch verursacht hat, als deren Folge ich die Verbiegung und Heraushebung der höchsten Bogdo-Ola-Achse anzusehen geneigt bin, sowie die Vertiefung und weitere Ausbildung der Brüche an ihrem Fuße. (Siehe S. 41 f.) Da im Bau der Sattelfalte der alten Gesteine der zentralen Bogdo-Ola, wie mehr- fach erwähnt (S. 39 u. 45), kleinere sekundäre Falten, starke Knicke und Brüche auftreten und zwar gerade dort, am N.-Abhang, wo die Stufenbildung so auffällig in Erscheinung tritt (S. 38 f, 40) — sie müssen also wohl als in ursächlichem Zusammenhang mit der Bildung der Stufen stehend angesehen werden —, wird man auch diesen Störungen das gleiche jugendliche Alter, wie der Deformation der Hauptachse beizumessen haben. Selbständige kleinere Verwerfungen treten auch innerhalb des Baues der mesozoischen Bildungen auf; für ihre Entstehung dürfte wohl ebenfalls daher jene Serie, sehr später Krustenbewegungen verantwortlich zu machen sein, welchen überhaupt für die Ausge- staltung dieses Teiles des Tian-Schan eine so wichtige Rolle zukommt. Um schlüssige Beweise für das genaue Alter aller dieser Bewegungsvorgänge zu geben, reicht wohl die heutige Kenntnis von der Tektonik Zentralasiens noch nicht aus. Allein mehr und mehr neigen neuere Forscher zur Ansicht von posttertiären Vorgängen.!) Die hier gegebene Schilderung des Baus zeigt, wie außerordentlich sich das Bild dieses östlichsten Teiles des großen Kettengebirges von dem der Ketten unterscheidet, welche den zentralen Tian-Schan bilden und auch gegenüber denen, die sich östlich hie- von bis zum Meridian von Urumtschi hin erstrecken. Die wesentlichen Unterschiede will ich in allgemeinen Zügen in folgendem Kapitel hervorheben. VII. Vergleich zwischen dem Bau der Bogdo-Ola und dem des zentralen Tian-Schan. Durch die bereits angeführten tektonisch-geologischen Schriften bekannterer russi- scher Geologen, dann besonders derjenigen meiner beiden Mitarbeiter Keidel und Leuchs (a. a. O0.) ist uns ein zutreffendes Bild vom Bau und geologischen Bestand des zentralsten und östlichen zentralen Tian-Schan übermittelt worden. Über den Bau des eigentlichen 1) Auch W. Weber, Geologische Untersuchungen in Ferghana in den Jahren 1909—1910, Bull. Comite Geologique XXIX, Nr. 170, 1910, russisch mit franz. Resume, S.691 nimmt für die Tektonik der Kreidebildungen ein wahrscheinlich posttertiäres Alter an. E. Suess schreibt in „Antlitz der Erde“, Bd.I, 8.602: Was nun das Alter des Tian-Schan-Gebirges anbelangt, so sind die massiven NO.-Züge älter als die übrigen, doch reicht ihre Bildungszeit wohl kaum weiter zurück als bis zum Trias; die jüngsten NW.-Züge sind wahrscheinlich erst nach Ablauf der Tertiär- periode entstanden, gleichzeitig mit einem bedeutenden Wachstum der schon vorhandenen Erhebungen, da, wie oben bereits erwähnt, tertiäre Ablagerungen auf sehr bedeutenden Höhen vorkommen. Seine endgültige Gestaltung hat also der Tian-Schan erst nach dem Tertiär erhalten und es gibt einige An- zeichen dafür, daß eine Erhebung noch gegenwärtig stattfindet; diese Anzeichen sind jedoch nur indirekte und nicht über allen Zweifel erhaben. Machatschek, |. c., S. 132—134 und S. 141 ist geneigt, zur Erklärung des Wechsels in den Erosionsperioden der Flüsse des westlichen Tian-Schan quartäre Niveauveränderungen verantwortlich zu machen, „epirogenetische Bewegungen‘, läßt es jedoch unentschieden, ob es sich „um Senkung des Vorlandes oder fortwährende Hebung des Gebirges“ handelt. . 5l östlichen Tian-Schan habe ich bis jetzt nur kurze summarische Mitteilungen veröffentlicht,!) welchen nach Fertigstellung der Karten dieser Gebiete ausführlichere folgen werden. Es kann nach allen diesen Veröffentlichungen kaum einem Zweifel unterliegen, daß, wie sehr auch der Bau des ganzen Tian-Schan-Gebirges, so wie er uns heute mit dem charakteristischen, beherr- scehenden Zug seiner großen Längstäler vor Augen tritt, hauptsächlich durch Brüche beein- Außt wurde und wenn schon besonders der östliche Tian-Schan (Kasch,?) Kunges, Yuldus- Gebiet) seine eigenartige Gestalt hauptsächlich großen Brüchen und Absenkungen verdankt, vermöge deren wir ihn im eigentlichen Sinne als ein Bruchschollengebirge bezeichnen können, daß dennoch diese außerordentliche Einwirkung von Brüchen in keinem Teile des Siehe auch Fritz Frech: Geologische Entwicklung Chinas in Mitteilungen des F. von Richt- hofen-Tages 1911, S. 50, 52, 53, 54. Griesbach: Field Notes from Afghanistan. Records Geolog. Survey of India XIX 1886. 1) Petermanns Mitteilungen 1909, S. 34 f., Verhandlungen des 18. Deutschen Geographentages, S. 36 f.; Physiographie des Tian-Schan, Hettners Geographische Zeitschrift, Bd. I, S. 1f. und Zeitschrift der Ge- sellschaft für Erdkunde, Berlin 1911, S. 225 f. 2) Nach Abschluß dieser Abhandlung erst erschien die S.48 als bevorstebend erwähnte neue Arbeit Dr. Gröbers (Der südliche Tian-Schan, Pencks Geogr. Abhandlung, Bd. X, Heft 1) — zu spät, als daß ich sie noch hätte berücksichtigen können. Nur auf einen Punkt in Gröbers neuen Ausführungen möchte ich hier eingehen. Es kann dies leider nur flüchtig geschehen, weil umfangreiche Einschaltungen während der Korrektur nicht statthaft sind. Gröber vertritt (S. 62 u. 67 seiner Abhandlung) eine Auffassung von der Tek- tonik des Kasch-Tals (als frühere Peneplain), die mit der meinigen nieht in Übereinstimmung steht, der zufolge auch das Kasch-Tal zu den großen Tian-Schanischen Längstälern zählt, die annähernd O.-W. verlaufenden Brüchen ihre heutige Gestalt verdanken. Allerdings liegen im Kasch-Tal die Verhältnisse weit weniger ein- fach, als in den nach S. hin folgenden Paralleltälern Kunges, Tekes, Zanma, Yuldus, wo die Entstehung oder doch wesentliche Ausgestaltung durch Grabenbruch leicht festzustellen war. Die tektonischen Verhältnisse im Kasch-Tal sind sehr kompliziert; die dort gemachten geologischen Beobachtungen lassen verschiedene Deu- tungen zu, wie Gröber selbst bei mündlichen Erörterungen während der Reise gerne zugab. Meines Er- achtens kann man zu einer richtigen Beurteilung der verwickelten Tektonik des Kasch-Tals nur kommen, wenn man auch die höchst eigenartigen morphologischen Verhältnisse berücksichtigt, die sich besonders in mehr- faeher Ablenkung des heutigen Flußlaufes aus seiner früheren Bahn kundgeben. Das Kasch-Tal zerfällt in morphologischer Hinsicht in vier Abteilungen, deren jede einzelne sich von der anderen sehr auffällig unter- scheidet. Die Grenzen dieser einzelnen Teile fallen nahezu zusammen mit den Linien alter Querbrüche (Ztsch. Ges. f. Erd. 1. c. S. 321) von annäherndem N.-S.-Verlauf — eine solche Störung verläuft auch bei der Mündung des von Gröber erwähnten Nebentals Mungatü —, deren Entstehung, nach verschiedenen Anhaltspunkten zu schließen, älter ist als die tertiären Gebirgsbewegungen. Diese Querbrüche hatten im Kasch-Tal Blockversehiebungen und Schrägstellung zur Folge, welche sich komplizierten als während der tertiären Gebirgsbewegung die vorherrschend in Richtung O.-W. wirkenden Längsbrüche die älteren Querbrüche schnitten. Ungleiche Senkungen und Hebungen waren die Folge, die in Zusammenhang mit noch später einwirkenden, wenn auch weniger intensiven jüngeren Bewegungen (abgesunkene Schollen wurden nochmals zerschnitten und auch sehr junge Ablagerungen noch von der Zerschneidung betroffen) eine merkwürdige Verschiedenheit in den morphologischen Zügen der einzelnen Teile des Kasch-Tals veranlaßten, von denen ich eine Serie sehr lehrreicher photographischer Aufnahmen gemacht habe. Ich möchte auch auf die Grenze zwischen Kalk und Granit im Laufe des Kasch-Flusses kein so großes Gewicht legen, wie mein Reisegefährte, weil das Verhältnis des Granites zum Kalk in verschiedenen Teilen des Tals wechselt; seine intrusive Natur ist aber außer allem Zweifel, da in Granit Kalkschollen stecken und da der Granit wie z. B. bei der Mündung des Borgora-Tals, das Haupttal übersetzt, also vom Fluß durchbrochen wird. Ich bedauere lebhaft, daß ich auf die interessanten Verhältnisse im Kasch-Tale hier nicht näher eingehen kann. Ich habe gerade dort, angeregt durch die höchst auffälligen morphologischen Verhältnisse, mich bemüht, ihren Zusammenhang mit den tektonischen zu ergründen und werde hierüber, unterstützt durch ein reiches photographisches Material, an anderer Stelle berichten. ITRE 52 Gebirges so stark, wenn auch in ganz anderer Weise, hervortritt, als im Bau des öst- lichsten Tian-Schan, im Bogdo-Ola-Gebiet. Somit bildet dieses schon in Anbetracht solcher Umstände und mit Bezug auf die im vorigen Kapitel dargelegte, ebenfalls Brüchen zu ver- dankende, gute orographische, in keinem anderen Teile des riesig ausgedehnten Gebirges so stark hervortretende scharfe Begrenzung durch tiefe Senken ein ganz besonderes, genau charakterisiertes und unterscheidbares Glied des ungeheuren Kettengebirges. Aber auch in seinem geologischen Bestande treten große Unterschiede gegenüber anderen Teilen des Tian-Schan klar zutage. Werfen wir, um dies zu zeigen, einen ganz kurzen rekapitulierenden Rückblick auf die in den Veröffentlichungen über die wissenschaftliehen Ergebnisse meiner Expeditionen!) enthaltenen Darlegungen, soweit sie den Bau der weiter im W. gelegenen Teile des Tian- Schan, speziell des zentralen betreffen und denjenigen Teil des östlichen, der bis zum Meridian von Urumtschi sich dehnt, so finden wir auf emer Erstreckung von wenigstens 800 km kaum wesentlich unterbrochen als am höchsten ragende und innerste Zone des Gebirges die unterkarbonischen Kalke, die häufig zu Marmor umgewandelt sind. Diesen Kalken sind Massen von Quarzporphyren und verwandten Effusivgesteinen einge- schaltet, durch deren Durchbruch sie in ihrem weitaus überwiesendem Bestande starke Umwandlung erfahren haben. Hieraus erklärt sich, daß es im Laufe meiner weit aus- gedehnten Reisen von W. nach OÖ. durch das Gebirge nur an verhältnismäßig wenigen Stellen gelang und zwar nur dort, wo die Effusivgesteine fehlen oder doch nur in schwacher Entwicklung auftreten, eine Ausbeute von Organismenresten einzusammeln, die gestatteten, diesen Kalken mit Sicherheit ein unterkarbonisches Alter anzuweisen. Die Quarzporphyre und andere porphyrische Gesteine finden sich nicht allein in vereinzelten größeren und kleineren Durchbrüchen innerhalb der Kalkzone, sondern sie treten auch auf großen Strecken und in mannigfaltiger petrographischer Entwicklung sowohl entlang der Kalke als weiter außen, innerhalb der alten Schiefer, welche das folgende geologische Glied im Gebirgsbau bilden, als Zonen von wechselnder, aber meistens bedeutender Breite auf. Die ältesten Gesteine, welche den Tian-Schan aufbauen, sind aber Phyllite und ver- wandte tonige Schiefer, sowie quarzitische Gesteine, zu denen der Kalk sich in trans- gredierender Lagerung verhält. Diese Schieferzone, über deren Alter wir infolge Fehlens bestimmbarer Organismenreste bis jetzt nichts Sicheres sagen können, haben aber jeden- falls ein sehr hohes, vermutlich früh-paläozoisches Alter, da sie im Norden wie im Süden der zentralen Kalkzone, doch im weitaus größerem Maße im Norden von Granitmassen durchbrochen werden, für deren einen Teil ein präkarbonisches Alter angenommen werden kann, weil er von unterkarbonischen Kalken transgredierend überlagert wird. Es ist dies der sogenannte „äußere Granit“ Keidels, während der „innere Granit“ auch die unter- karbonischen Kalke an vielen Stellen durchbricht und deshalb jünger sein muß als diese. Beide Granitmassen treten sowohl als getrennte größere oder kleinere Massive als auch in langgestreckten Zonen auf, manchmal selbständige Ketten bildend, oft den allgemeinen Lauf der Ketten begleitend. Die Granitintrusionen haben eine stark metamorpkosierende Wirkung sowohl auf die Schiefer als auf die Kalke ausgeübt, ein Umstand, dem die Mannigfaltigkeit der Kon- 1) Siehe die Titel auf S. 1f. ar er 59 taktgesteine im Tian-Schan zu verdanken ist. Daß sowohl die Intrusion der Granite als der Austritt der Effusivgesteine stets mit gebirgsbildenden Bewegungen, hauptsächlich mit Faltung verknüpft war, unterliegt für mich keinem Zweifel. Wie sehr diese älteren gebirgsbildenden Prozesse unter starker Zusammenpressung, also unter sehr großem tangentialem Druck statt- gefunden haben, sehen wir sowohl an der nahezu im ganzen Verlaufe des Gebirges zu beob- achtenden steilen Aufrichtung der Gesteine als auch an dem meistenteils geschlossenen, gedrängten Bau des ganzen Gebirges (siehe S. 2). Hiezu bemerke ich, daß die steile Aufrichtung der Schichten jedoch nicht gerade als ein mit dem Austritt der Quarz- porphyre gleichzeitiger Vorgang aufgefaßt zu werden braucht, weil sie sich auch in ein- zelnen Teilen des Gebirges zeigt, wo Effusivgesteine in nennenswerter Menge nicht auftreten. Immerhin wird das Auftreten der Effusivgesteine aber als eine Folge dieser Bewegungen oder als mit ihnen verknüpft anzusehen sein. (Siehe später $. 58.) Ich habe vorher betont, daß im zentralsten Tian-Schan in seiner ganzen Erstreckung der umgewandelte unterkarbonische Kalk die höchst erhobenen Teile, den Kern der Ge- birgsmasse bildet. In diesem Verhältnis tritt wenig östlich vom Musart-Paß (S. 2) eine Ver- änderung insoferne ein, als nun die höchsten Erhebungen nicht mehr im Innern, im Kern der Gebirgsmasse liegen, sondern gegen N.- und S.-Rand vorgeschoben sind, wiewohl sie auch hier aus unterkarbonischem Kalk bestehen. Im Süden erscheinen Chalyk-Tau und Kok-tepe-Kette als Träger der höchsten Erhebungen und darum auch der bedeutendsten Vereisung, im Norden zeigen das gleiche Verhältnis jene mächtigen Ketten, die man bisher unter der Bezeichnung Iren-Chabirgan (richtiger Iran - Charbut) zusammengefaßt hat,!) die sich vom 83. bis fast zum 87. Längengrad erstrecken. Von den zahlreichen Ketten, welche sich innerhalb dieser hohen N.- und S.-Ränder annähernd parallel mit ihnen erstrecken, kann keine in vertikaler Entwicklung auch nur beiläufig hiemit rivali- sieren, so daß wir im östlichen Tian-Schan im oroplastischen Sinne ein im Innern ein- gesunkenes, gegen Osten sich auflösendes Gebirgsland sehen.”) Die in den vorhergehenden Kapiteln vielfach erwähnten longitudinalen und transversalen Bruchbewegungen, welche die Gebirgsmasse betroffen haben, machen diese physiographische Erschemung erklärlich. Ich möchte bei dieser Gelegenheit hervorheben, wenn ich auch hiemit in einen ge- wissen Gegensatz zu manch anderer Auffassung trete, daß meiner Ansicht nach —, wenn auch nur in geringem Maße — mit den neueren (tertiären) gebirgsbildenden Vorgängen, denen der Tian-Schan hauptsächlich seine heutige Gestalt verdankt, die sich überwiegend ein vrtikalen Verschiebungen, Brüchen, Hebungen und Senkungen äußerten, so doch bei den vorangegangenen Prozessen der Gebirgsbildung, Faltungsbewegungen eine nicht unwichtige Rolle spielten. Zu dieser Annahme werde ich gedrängt, nicht nur durch vielfach gemachte Wahrnehmungen von Faltungserscheinungen in den Serien der älteren !) Ich spreche von Ketten, weil auch diese Randketten im N. und S. keine im orographischen Sinne einheitlichen Gebilde, sondern gespalten sind und jenen Parallelismus zeigen, auf den ich häufig in meinen Veröffentlichungen hinsichtlich der Hauptwasserscheiden im Tian-Schan hingewiesen habe. Bald ist es eine Aneinanderreihung von Höhen im Innern, welche die Wasserscheide bildet und strecken- weise wieder die äußerste Randanschwellung. Die Wasserscheide greift also bald auf die eine bald auf die andere Seite über. ?) Siehe auch meine Bemerkungen hinsichtlich der Wasserscheide zwischen Kasch und Kunges in Zeitschrift Berliner Gesellschaft für Erdkunde, 1. c., 8. 233. 54 Gesteine des zentralsten Gebietes und ebenso von deutlich bemerkbarer Querfaltung, De- formierung und Zerknitterung älterer Faltenbildungen in diesen Formationen, sondern auch durch die sowohl von mir als auch von meinen Reisegefährten beobachtete und in ihren Schriften des öfteren bestätigte Tatsache!) eines vorherrschenden Nordfallens der Schichten am N.-Abhang und des Südfallens am S.-Abhang, sowie im Zusammenhange hiemit eines im allgemeinen flachen Lagerns der Schichten in den äußeren Gebirgsteilen und einer steilen Stellung in den inneren.?) Und die Bogdo-Ola selbst stellt sich uns ja als alter Faltenbau dar; dieser ist uns als Riesendokument älterer Faltungsprozesse er- halten geblieben. Können wir annehmen, daß solcher Faltungsvorgang gerade nur auf diesen speziellen Gebirgsteil des Tian-Schan beschränkt blieb? Müssen wir nicht vielmehr zur Annahme gelangen, daß spätere Bewegungen in anderen Teilen des Tian-Schan dort die Spuren der alten Faltung mehr oder weniger verwischt haben, so daß sie nur schwer mehr erkannt werden können, daß sie aber im Bogdo-Ola-Gebiet infolge besonderer, noch zu erörternder Umstände ausnahmsweise erhalten geblieben sind? Außer den erwähnten Serien altpaläozoischer Gesteine treten im westlichen und im zentralen Tian-Schan und zwar nur auf der Südseite auch marine Sedimente einer jüngeren geologischen Periode auf: Oberkarbon. Auf beiden Abhängen aber finden sich auch nicht marine mesozoische Bildungen, die Gesteine der sogenannten Angaraserie, die, wie sich aus den späteren Ausführungen ergeben wird, zum Jura zu stellen sind. Diesen folgt nach außen die breite Zone spättertiärer Bildungen, die sogenannten Hanhai- und noch jüngeren Gobi- Sedimente. In den sehr verschiedenartigen Bestand der ersteren hat man allerdings öfters auch solche Bildungen mit einbezogen — und zwar an vielerlei Örtlichkeiten vorkommende — deren Absatz in geschlossenen Becken im Innern des Gebirges, sowie in großen Flußtälern und vor deren Mündungen stattgefunden hat und die zufolge ihrer besonderen Art und Zusammensetzung, nach meinen vielfachen Beobachtungen, deutlich als Flußablagerungen - einer weit feuchtigkeitsreicheren, also noch nicht sehr weit zurückliegenden Epoche der geo- logischen Geschichte Innerasiens erkennbar sind, so daß diese jedenfalls nicht als „Hanhai- Ablagerungen“ bezeichnet werden sollten. Im Sinne Richthofens, des Ersten, der diese Bezeichnung eingeführt hat, ist hiemit doch etwas ganz anderes gemeint. Von den neueren Erforschern des Tian-Schan wurden öfters Hanhai- und Gobi-Sedimente als gemeinsame Gebilde zusammengefaßt. Die gemeinsame Verwendung dieser Ausdrücke kann aber zu Erweckung irrtümlicher Vorstellungen Anlaß geben. Ich habe dies schon früher (Zeit- schrift Gesellschaft für Erdkunde, Berlin 1910, S. 233) betont und werde im Laufe dieser Abhandlung noch weiter darauf zurückkommen. Wegen der unbedeutenden Rolle, welche Bildungen der Kreideformatıon im Bau des Tian-Schan spielen, können diese bei einer solehen summarischen Übersicht ganz außer Betracht bleiben. I) Siehe z. B. Leuchs, Geologische Untersuchungen etc., S. 60, 86, 88. 2) Ich verweise bei dieser Gelegenheit auch auf meine schon vor langer Zeit geäußerte Ansicht zur Erklärung der isolierten, die ganze Umgebung überragenden Stellung des Khan Tengri, den ich als den erhalten gebliebenen Rest des Kernes einer durch Längsbrüche zerstörten Antiklinale ansehe. Petermanns Mitteilungen, Ergänzungsheft Nr. 149, S. 75. Dorten $S.81 habe ich auch auf Reste 'eines Faltenbaus in den ältesten Sedimenten des Koi-kaf-Tales hingewiesen, der diskordant von gefalteten unterkarbonischen Kalken überlagert wird (Überschiebung). 55 An den N.-Abhängen der erwähnten Gebirgsabschnitte fehlt zwar, wie hervorgehoben, das Oberkarbon, aber an vielen Stellen finden sich die „Angarabildungen“ und besonders das Tertiär ist fast überall mit Ablagerungen von bedeutender Mächtigkeit vertreten, haupt- sächlich grobklastischen Bildungen, die sowohl am äußeren Rande des Gebirges, als in mehreren seiner inneren Becken auftreten und nach Entstehung und Zusammensetzung analog denen mancher Ablagerungen des S.-Randes erscheinen. Weiter möchte ich hier nicht auf geologischen Bestand und tektonische Geschichte des zentralen und östlichen Tian-Schan eingehen, weil dies nicht den Gegenstand dieser Abhandlung bilden soll. Die elementaren, wichtigsten Züge, wie ich sie hier in Zusammen- fassung dem Leser vorgeführt habe, sind ausreichend für meinen Zweck, den Unterschied zwischen dem Bau der Bogdo-Öla und dem der westlicheren Teile des Tian-Schan klar zu machen. Wenn diese westlichen Abschnitte des Tian-Schan uns in der geschilderten Weise vor Augen treten, so stellt sich das Bogdo-Ola-Gebiet in jeder Beziehung als in scharfem Gegensatz hiezu stehend dar. Schon in seiner oroplastischen Erscheinung, wie ich sie in Kap. VI geschildert habe, erscheint es uns, als markanter Ausdruck seines inneren Baus, sehr verschieden von den benachbarten Gebirgsteilen. Das hier gut charakterisierte Falten- gerüste besteht aus ungemein stark umgewandelten alten Gesteinen, Sand- und Tongesteinen, Grauwacken, Quarziten ete. (Näheres im folgenden Kapitel), ohne daß hier irgendwo Tiefen- gesteine zutage treten, wie Granite, welche sonst im Bau des übrigen Tian-Schan eine so be- deutende Rolle spielen (siehe S. 39, 52) oder auch größere Mengen von Effusivgesteinen, inso- ferne sie als besondere, zusammenhängende Zonen auftreten. Dennoch haben alle Sedimente des Bogdo-Ola-Gebietes eine viel stärkere und namentlich gleichmäßiger verbreitete, tiefer eingreifende Veränderung erfahren, als die mit Tiefen- und Effusivgesteinen in so nahe Berührung getretenen Sedimente der westlicheren Teile des Tian-Schan. Wie auch aus der petrographischen Bearbeitung Dr. Glunglers hervorgeht (Kap. XXT), ist als Ursache dieser starken Umwandlung der mächtigen Schichtenfolgen des Bogdo- Ola-Faltenbaus ihre Beeinflussung durch nicht gehobene Tiefengesteine, vermutlich Granit, zu suchen, dessen Vorhandensein in nicht großer Tiefe angenommen werden darf. Hiefür spricht sowohl die besondere Art der Umwandlung aller Gesteinsserien als der hohe Grad ihrer Veränderung. Wir haben uns demnach in der Bogdo-Ola in gewissem Sinne ein Gebilde von der Art eines ungeheuren Lakkolithen vorzustellen. Denn die Tiefen- gesteine, wie Granit, treten im W. erst in mehreren 100 km Entfernung wieder auf, im Ö. erst nach etwa 300 km. In den Barkul-Bergen, im Tschoglu-tschai-Gebirge und noch weiter östlich im Karlyk-tagh gelangt der granitische Kern wieder zur Oberfläche, wie wir aus den Berichten von Obrutschew,!) Grum Grschimailo,?2) Futterer,?) Caruthers*) wissen. Allerdings ist die Möglichkeit seines Vorkommens auch an einzelnen Stellen der dazwischen liegenden Gebirgsstrecke nicht völlig ausgeschlossen, da diese, wie schon früher (S. 36) erwähnt, zu den unbekanntesten Teilen des gesamten Tian-Schan gehört. 2n17e212 375337 21232. 22.0: 1,8. 431. ®) a. a. 0. 11/I, S. 243, 253, 268f. und Verhandlungen des Internationalen Geographenkongresses Berlin S. 792. Futterer beobachtete übrigens auch im Tschol-tagh ($8. 41), einer niederen südlichen Randkette etwa 150 km im S. der Bogdo-Ola, Granitvorkomnmen. 4) Geogr. Journ. Bd. 39, S. 543. SU = Modifiziert wird das Faltengerüste durch die in seinem Nordschenkel liegenden großen Stufen, von denen bereits (8. 39 f.) die Rede war. Ich habe in dieser Hinsicht als auf- fällige Erscheinung schon hervorgehoben (S. 49 f.), daß gerade an der Basis jeder Stufe sich im Faltengerüste ganz auffällig geknickte kleinere Falten und andere Unregelmäßig- keiten in der großen Antiklinale des zentralsten Gebietes zeigen. Da die geologische Zu- sammensetzung des Baues, die Homogenität des Gesteinsmaterials, wie im folgenden Kapitel gezeigt wird, eine sehr gleichartige ist und da zu genauerer Untersuchung dieser Verhält- nisse die notwendige Zeit nicht gegeben war, da mir überdies erst beim Fortschreiten der Reise verwandte Erscheinungen vor Augen traten, die meine Aufmerksamkeit mehr auf diese eigenartigen Vezhältnisse hinlenkten, und da endlich bei späterem Überdenken des niedergeschriebenen Beobachtungsmaterials erst mir ihre ganze Bedeutung zum Be- wußtsein kam, so wurden leider nicht sofort der Wichtigkeit des Vorkommens ent- sprechende, eingehendere Untersuchungen hierüber angestellt. Es ist aber immerhin fraglich, ob sie zu ganz sicheren Schlüssen geführt hätten, da es sich hier weniger um Brüche als um Verbiegungen handelt. Ich habe bereits angedeutet (S. 40), daß auf den einzelnen Stufen die Reste hochgelegener alter Verebnungsflächen erhalten sind, überlebende Reste einer alten Gebirgsentwicklung. Im beschreibenden Teil dieser Abhandlung werde ich die beobachteten Tatsachen im Einzelnen mitteilen. Jedenfalls handelt es sich bei diesen Stufen um eine Gegeneinanderbewegung benachbarter Massen; aber es ist schwer zu entscheiden, ob ein Emporheben gegen die zentrale Partie stattgefunden hat, woran der verborgene Granitkern denken ließe oder ein stufenförmiges Absinken von ihr. Wahrscheinlich ist, daß mit der im vorigen Kapitel erörterten jungen Heraushebung der zentralen Bogdo- Ola zu ihrer überragenden Höhe jene eigenartigen Knickungen und Verbiegungen ver- bunden waren, daß aber die Gebirgsmasse schon vorher stark abgetragen und durch Erosion zerschnitten war, deren Linien auch die spätere Entwässerung im großen Ganzen gefolgt ist, wie im Kapitel XII dargelegt werden soll. Die späteren Wirkungen auf die Stufen- flächen, Überschüttung der unteren Stufen mit dem von den darüber gelegenen Gebirgsteilen gelieferten Destruktionsmaterial und mit Glazialschutt, hat ihre Ausbildung vollendet. Am Südabhang tritt wegen der dort, wie geschildert, für den Gebirgsbau vorherr- schenden Bruchbewegung eine Stufung, wenigstens bis zu einem gewissen Grade, nur im obersten Teil unter dem höchsten Kamm in die Erscheinung. (Siehe S. 40 und Profil IV, Taf. 18.) Einem so scharfen Beobachter, wie Obrutschew, der die Bogo-Ola aus großer Entfernung von einem mäßig hochgelegenen Punkte im S. erblickte, konnte dies nicht entgehen; er schreibt!) „von der Riesengruppe des Bogdo-Ola, einer steilen, zackigen, etwas abgestumpften Pyramide, welche auf einem ziemlich ebenen Kamm aufgesetzt ist“. So ergibt sich denn aus der Tektonik zusammen mit den Einwirkungen exogener Kräfte, die schon infolge besonderer klimatischer Zustände sehr ausgiebig sein mukten, ein physiographisches Bild der Bogdo-Ola, das von jedem anderer Teile des Tian-Schan sich sehr wesentlich unterscheidet. Verschärft wird dieser Unterschied durch das Ent- wässerungssystem: die Erosion kommt in der Bogdo-Ola, entsprechend dem geschlossenen 1) Hettners Zeitschrift I, 1. e., 8. 274. Siehe auch in: Zentralasien ete. 1. c. II, S. 651, wo er bei Beschreibung des Anblicks der Bogdo-Ola aus der Steppe von N. aus, ebenfalls von einer auf einen langen achgezackten Kamm aufgesetzten Gipfelgruppe spricht. 57 einfachen Faltenbau, nur in Form von Quertalbildungen zum Ausdruck, entgegengesetzt zu fast allen anderen Teilen des Tian-Schan, die von dem auffälligen Zug der Längstal- bildung beherrscht werden. Wenn man nach Ursachen sucht, welche das alte Faltengerüste der Bogdo-Ola vor ähnlichen umformenden tektonischen Bewegungen bewahrt haben, wie sie für die heutige Gestalt der weiter im W. gelegenen Teile des Tian-Schan bestimmend geworden sind, so dürfte hiefür in erster Linie der große, viel erwähnte Transversalbruch im Meridian von Urumtschi in Betracht kommen, da dieser Komplex von Brüchen die Bogdo-Ola-Kette und ihre Fortsetzung nach OÖ. von den westlicheren Gebirgsteilen abgetrennt und nahezu isoliert hat. Nach der Tatsache zu schließen (siehe S. 49), daß die mesozoischen Bildungen der Angaraserie östlich und westlich von diesem großen Bruch identische Faltungsrichtungen zeigen, wie dies aus Gröbers Beobachtungen (siehe Kap. XX) hervorgeht, darf man an- nehmen, daß dieser Querbruch gleichwie andere transversale Brüche!) des östlichen Tian- Schan älter ist (S. 48), als die Auffaltung der mesozoischen Schichten, die erste Anlage hiezu vielleicht sogar älter als deren Entstehung. Hierauf deuten die Verhältnisse im Kunges- Tal und mit besonderer Deutlichkeit die im Kasch-Tal hin, wo der Verlauf von Störungen in den älteren Gesteinen, verglichen mit denen in der Angaraserie, erweist, daß dort die Zerlegung der Gebirgsmasse durch N.-S.-Brüche?) in einzelne Blöcke, welche dann unregel- mäßig verschoben wurden, also die Bruchbewegung in Richtung N.-S. älter sein muß, als jene Bewegungen in Richtung O.-W., denen die heutige Gestalt der genannten Täler, so- wie der Yuldus-Täler etc. hauptsächlich zu verdanken ist. Es sind auch genügend An- zeichen dafür vorhanden, daß reihenweise angeordnete, weite Senken dort, vermutlich in Form von Einbruchskesseln — entstanden unter gleichzeitiger Eruption porphyritischer und melaphyrischer Gesteine?) — schon in oder vor der Jurazeit vorhanden gewesen sein dürften (was ich ebenda S. 235 schon angedeutet habe), in denen die Süßwasser der Agarazeit ihre Absätze zurückgelassen haben. Die tertiären und späteren Bewegungen haben dann die auf solche Weise schon vorgezeichneten O.-W.-Brüche in besonders ergiebiger Weise weiter ausgebildet. Alle neueren und neuesten Krustenbewegungen, denen die vielfach wiederholten Erdbeben in Zentralasien zu danken sind, haben, wie durch die reiche russische 1) Ich verweise hier als Analogon zu den Transversalbrüchen im S. von Urumtschi auf die Ver. hältnisse im großen Kotyl-Tal im N. von Karaschar, wo wir bei unserer Durchwanderung außerordentliche, nur dureh Brüche zu erklärende Störungen der Lagerungsverhältnisse vorfanden. (Auch diese Verhältnisse werden in der vorbereiteten Arbeit über den östlichen Tian-Schan näher dargestellt werden.) Zweifellos ist hier am S.-Rande des Gebirges der große Längsgraben, durch welchen die Hanptmasse des Gebirges von der niedrigen Randkette des Kuruk-Tagh getrennt wurde, die den S.-Rand des großen Längsbruches bildet, durch einen Transversalbruch geschnitten, dessen Achse im Kotyl-Tale verläuft. Infolge dieses Verhältnisses trat hier das Gebirge weit auseinander und gab Anlaß zur Entstehung des weiten tiefen Beckens von Karaschar (siehe S. 42.) Durch diesen Einbruch wurde das große Yuldus-Tal geöffnet und der Abfluß seiner Gewässer, des Chaidik-gol, zum Becken des Bagrasch-kul ermöglicht. Die Verhältnisse im Tale des Abflusses des Sees, im Kontsche-daria-Tal, wie wir sie durch Futterers Schilderung kennen (I1/1, S. 168 ff. und Profil III, Taf. Iund durch Bogdanowitsch (a. a. O., S. 99 f.) lassen darauf schließen, daß dort die südliche Fortsetzung des Kotyl-Querbruches zu sehen ist. 2) Siehe Anmerkung 1 auf S.51 und meine Ausführungen in der Zeitschrift Gesellschaft für Erdkunde, Berlin 1910, S. 233/34 £. *) Im unteren und mittleren Kungestal treten regelmäßig an der Basis der die Talränder bildenden quarzitischen Gesteine melaphyre und porphyrartige Gesteine in Gängen auf. Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 8 58 Literatur hierüber nachgewiesen ist, stets wieder die Richtung der alten Störungs- linien eingehalten. (S. 42, 49.) Es fällt nicht in den Rahmen dieser Abhandlung, hierauf weiter einzugehen, weil diese Verhältnisse in einer späteren Arbeit über den öst- lichen Tian-Schan genauer erläutert werden sollen. Ich hebe nur die Tatsachen hervor, daß in tieferen Lagen des Tekes-Beckens porphyritische Ergüsse stattgefunden haben und daß im Kasch- und Kiukönik-Tale Angaraablagerungen diskordant auf Quarzporphyren liegen, daß dort wie im Kunges-Tal (siehe vorige Seite), im Turfan-Beeken!) und an anderen Orten porphyritische, melaphyre und andere Effusivgesteine gerade hauptsächlich an solchen Orten in größeren Mengen auftreten, wo die transversalen und longitudinalen Verwerfungen sich schneiden, daß in einer durch sich schneidende Brüche gebildeten kesselförmigen Senke des Kiukönik-Tales (im N. von Kutscha) gefaltete Angaraschichten diskordant zu den umge- benden paläozoischen Kalken liegen. Auf alle diese Verhältnisse werde ich aber erst in meiner dieser folgenden Arbeit über den östlichen Tian-Schan näher eingehen. Der Austritt dazitischer Laven innerhalb des Faltenbaus der mesozoischen Serie, wie ihn Gröber für die jungen Bogdo-Ola-Gesteine in Kap. XX nachweist und wie er sich auch besonders entwickelt in den Angaraschichten des Kasch-Tales und seiner Nebentäler zeigt, weist aber auf einen frühen Beginn der Auffaltung dieser Schichten hin, wenn nicht auf einen ins Vortertiär, so doch mindestens in ein ziemlich frühes Tertiär fallenden Beginn jener Faltungsbewegungen. Da die dem Oberkarbon angehörigen Pflanzenreste Obrutschews?) aus dem Dun-Schan- Sattel in einer Zone stärkster Störungen, im Transversalbruchgebiet im S. von Urumtschi, gefunden wurden, kann diese Querverwerfung nicht später als in der Zeit zwischen Ober- karbon und Jura entstanden sein und dies bekräftigt mich in der Anschauung, daß die den Dun-Schan-Sattel schneidende tiefgreifende transversale Bruchspalte es verhindert hat, daß ein Teil der späteren Krustenbewegungen, so besonders die großen, während der mitt- leren und späteren Tertiärzeit den ganzen Tian-Schan umformenden longitudinalen und vertikalen Verschiebungen, in gleicher Weise auch auf den nördlichen Teil des Gebirges im O. der Bruchzone übergreifen konnten. Die Bewegung der Längsverwerfungen wurde zum Teil abgelenkt, was schon durch den radialen Verlauf der einzelnen Höhenzüge im Kartenbild®) sehr deutlich in die Erscheinung tritt. Die Bodenbewegungen jener Zeit mußten sich also im Gebiete der Bogdo-Ola in anderer Weise äußern, wobei ich auf Grund der heutigen Gestalt dieses Gebirgsteiles hauptsächlich an eine starke Heraushebung der zentralen Masse des vermutlich schon vorher in langsamer Hebung befindlichen Baues infolge tiefen Einsinkens der beiden Flügel (siehe auch S.48) und an besonders tiefgehende Längs- brüche an seinen Randzonen denke. 1) Zentralasien etec., 1. c. II, S. 622, 636, 638, 639. 2) Zentralasien ete., 1. ec. II, S. 646. °) Siehe Blatt Hami der 40W.-K. und besonders Grum Grschimailos, sehr klare Übersichtskarte des östlichen Tian-Schan, ]. c. (siehe S. 26). 59 VIll. Das Gesteinsmaterial der Bogdo-Ola und sein mutmassliches Alter. Es ist nicht meine Absicht, in diesem Kapitel den gründlichen petrographischen Unter- suchungen, die Dr. Glungler in Kap. XXI niedergelegt hat, vorzugreifen und von den Ergebnissen seines wertvollen Beitrages zu dieser Abhandlung etwas vorweg zu nehmen. Nur insoweit als das petrographische Material der Bogdo-Ola in enger Beziehung zu den bereits erörterten geologisch-tektonischen Verhältnissen steht und zu deren Ergänzung für die Orientierung des Lesers über den Gebirgsbau zu dienen hat, werde ich das Nötigste über den Bestand an Gesteinen hier mitteilen. Im geologischen Bestande der Bogdo-Ola fehlen, wie aus den vorhergehenden Aus- führungen sich ergibt, sowohl die in normalen Zustand erhaltenen, als die zu Marmor umgewandelten paläozoischen Kalke, die sonst überall im Tian-Schan die höchsten Teile des Gebirges bilden (S 52). Die Kalke sind vielmehr hauptsächlich zu Kalksilikathornfelsen und verwandten Gesteinen umgewandelt, treten aber bezeichnenderweise auch hier gerade in den höchsten und zentralsten Teilen des Faltenbaus auf, allerdings neben stark umge- wandelten Effusivmassen. Neben ihnen herrschen mächtige Serien von Sandsteinen und Tongesteinen vor, welche in den alten Serien anderer Teile des Tian-Schan nur eine verhältnismäßig untergeordnete Rolle spielen. Zu diesen Sandsteinen, welche häufig den Typus der Arkose tragen, gesellen sich noch die ihnen verwandten Grauwacken in mächtigen Serien, eine bemerkenswerte Tat- sache, wenn wir bedenken, das solche Gesteine gewöhnlich dem Unterkarbon sehr nahestehen und daß dieses in den westlicheren Teilen des Tian-Schan transgredierend auf älteren Forma- tionen liegt. Die genannten Gesteinsserien werden durchbrochen von Erguß- und Gang- gesteinen und zwar von solchen teils überwiegend basischer, teils saurer Art. Die älteren hievon haben allgemein die Faltung mitgemacht, da sie mit den Sedimenten wechsellagern und bilden nun einen integrierenden Teil der Schichten des Faltenbaus; sie stehen mit den Sedimenten in so engem Zusammenhang, daß sie mit ihnen die stärksten Merkmale gemein- samer Umwandlung teilen. Man kann die Auffassung nicht von der Hand weisen, daß der Austritt eines großen Teiles dieser Effusivgesteine innerhalb der Periode der mit Faltung verbundenen gebirgsbildenden Bewegungen stattgefunden hat (siehe S. 53), wenn nicht ein Teil von ihnen sogar schon zu einer Zeit ausgetreten ist, als die Sedimentation noch nicht beendet war. Besonders der Umstand, daß den Effusivgesteinen verschiedenerlei Alter zu- kommt und daß sie mit Sedimenten wechsellagern, läßt an untermeerische Ergüsse denken und an fortdauernden Wechsel von faltender Gebirgsbildung mit Austritt von Effusivmassen. Wir haben es also im Bau der Bogdo-Ola mit einer ungemein mächtigen konkordanten Schichtenfolge von ausnahmslos so stark umgewandelten Gesteinen zu tun, daß eine Gliederung in einzelne Horizonte (s. S. 55) nicht mehr möglich ist. Im Bestande dieser Schichten treten Gesteine auf, die zum Teil große Verwandtschaft mit denen der westlichen Teile des Tian- Schan aufweisen, aber auch wesentliche Merkmale besitzen, die sie von ihnen deutlich unterscheidbar machen, jedenfalls infolge stärkerer und mehrmals wiederholter Umwandlung. Wie Dr. Glungler in seiner Bearbeitung des petrographischen Materials (Kap. XXI) nach- weist, ist hier nicht allein Kontakt — sondern auch Dynanıometamorphose im Spiele ge- wesen. Auf welche Schwierigkeiten aber der Versuch einer Trennung in einzelne Horizonte stößt, geht schon daraus hervor, daß auch die Gesteine des Südschenkels des Faltenbaus 8* 60 der Bogdo-Ola einer Parallelisierung mit denen des Nordschenkels infolge ihrer stärkeren Umwandlung Hindernisse entgegenstellen. (Siehe S. 40 u. 55.) In den nördlichen Teilen des Faltenbaus nahe der großen Längsverwerfung zeigen die Gesteine, besonders die Tongesteine, den verhältnismäßig geringsten Grad der Um- wandlung, wiewohl auch dorten schon die Merkmale sowohl effusiver als gebirgsbildender Einwirkungen sich im Auftreten fein- und grobklastischer Gesteinselemente von eigen- artiger Zusammensetzung bemerkbar machen. Mit dem Fortschreiten nach Süden nimmt der Grad der Umwandlung zu. Im zentralen und höchsten Teile des Faltenbaus aber treten die Kennzeichen der Umwandlung aller Gesteinsserien am meisten zutage, und ge- rade die höchsten Gipfel sind aus stark umgewandelten, der Diabasreihe angehörigen Effusiv- gesteinen gebildet. Der Südschenkel des Faltenbaus ist gekennzeichnet durch ein noch weit mannigfaltigeres Durchdringen mit jüngeren Erguß- und Ganggesteinen (Diabasporphyre), welche sich sowohl in Deckenform als in Gängen zwischen den älteren Serien finden. Die infolge Bildung der tiefen Grabensenke von Turfan hervorgerufene stärkere Zerrüttung des Faltenbaus macht (siehe besonders S. 4 und 41.) den vermehrten Austritt magmatischen Materials erklärlich. Diese jüngeren Effusivmassen haben die alten bereits umgewandelten Sedimente und Eruptivgesteine neuerdings so stark verändert, daß sie nur mit Schwierigkeit als Äquivalente der Gesteinsserie des N.-Schenkels zu erkennen sind. (Siehe vorige Seite.) Daß bei einer solchen Vergangenheit in den alten Sedimenten keine Organismenreste erhalten geblieben sein können, welche ihre Altersbestimmung ermöglichen könnten, ist obne weiteres klar. Ich kann aber nach allem, was ich von den orographischen, tekto- nischen und geologischen Verhältnissen des ganzen Tian-Schan-Gebirges kennen gelernt habe, keinen Grund finden, den kalkigen Sedimenten dieses Faltenbaus ein anderes Alter zuzuweisen, als jenen der westlicheren Teile des Tian-Schan, die zum überwiegenden Teile, soweit sie uns bekannt geworden sind, zum Unterkarbon zu stellen sind und dieser Grund ist um so stichhaltiger, als durch Untersuchungen russischer Geologen (Obrutschew, Bogdanowitsch, siehe die zitierte Literatur), sowie Futterers Beobachtungen auch in den weiter östlich gelegenen Gebirgsteilen, soweit diese überhaupt schon bereist wurden, für die dort vorkommenden Kalke ebenfalls das unterkarbonische Alter festgestellt werden konnte. Auch das Auftreten von Grauwackengesteinen im Bau der Bogdo-Ola deutet, wie ich bereits S. 59 hervorgehoben habe, mit einiger Wahrscheinlichkeit auf unterkarbonisches Alter, wenigstens eines Teiles dieser Sedimente hin. Nach der ganzen Lage der Verhält- nisse ist also auch für die stärker als im zentralen Tian-Schan umgewandelten, alten, kalkigen, Sedimente der Bogdo-Ola mit einer an Wahrscheinlichkeit grenzenden Vermutung das gleiche Alter anzunehmen. Der Umstand, daß die Achse des höchsten Sattels der Bogdo-Ola-Erhebung im Streichen (W. 20 8.) auf den niedrigen Gebirgsrücken (Dun-Schan) im S. und O. von Urumtschi trifft, den ich mehrfach als die tiefste Einsattlung des gesamten Tian-Schan in seinem bisherigen Verlauf nach O. bezeichnet habe, gibt Dr. Gröber Veranlassung zur Annahme eines vermutlich oberkarbonischen Alters (siehe Kap. XX.) für die alten Sedimente der Bogdo-Ola, weil Obrutschewt) dorten beim Karawanserail von Dschi-dschi-su (Taf. 15 Fig. 4) in grünlichbraunen, ziemlich groben, kalkig tonigen Sandsteinen, die zwischen ll) a. a. O., 8. 645. 61 Schichten von grauem, an der Oberfläche graugrünem, härterem Sandstein lagern, Pflanzen- abdrücke gefunden hat (s. S. 58), die von F. Krasser als Lepidodendron conf. Heidingeri Ettingsh. und Cordaides conf. prineipalis (Germ.) Geinitz bestimmt wurden.!) Wie sehr ich auch sonst die Berechtigung der Schlüsse meines scharf beobachtenden Reisegefährten würdige, so vermag ich mich doch in diesem Punkte seiner Ansicht nicht anzuschließen und zwar außer den schon obenerwähnten, auch aus folgenden Gründen: Der niedrige Zug des Dun-Schan-Gebirges (mittlere Höhe 1600 m) liegt zwar in der Fortsetzung der Achse des westlichen Flügels der Bogdo-Ola-Gruppe, allein er fällt durchaus in die Zone der tiefgreifendsten Krustenbewegungen, von welchen hier schon mehrfach eingehend die Rede gewesen ist, nämlich Schneiden von Querverwerfungen mit Längsverwerfungen,, welche hier das außerordentlich tiefe Absinken der ganzen Gebirgsmasse des Tian-Schan und seine Auflösung in radiale Einzelzüge zur Folge hatten. (Siehe S. 4, 35, 47, 48.) Der Dun-Schan-Gebirgszug bildet somit nur eine schmale niedere Landbrücke zwischen der Bogdo-Ola-Gruppe und der breiten, mächtig entfalteten Masse des Tian-Scan-Systems im W. von ihr. Der Höhenunterschied zwischen Dun-Schan-Sattel und der zentralen Bogo- Ola-Gruppe beträgt nicht weniger als ca. 5000 m. (Siehe 8. 37 und hypsometr. Längsprofil, Taf. 16.) Wie stark sich in dieser Niederung die Beeinflussung durch die erwähnten außer- ordentlichen Störungen zeigt, geht besonders aus den mehrfach zitierten Beobachtungen Obrutschews hervor, wo von unausgesetztem, plötzlichem starken Wechsel sowohl im Streichen und Fallen, als in der Richtung der Klüftung der Gesteine die Rede ist, eines Umstandes, den ich durch Augenschein bestätigt fand, obwohl meine Beobachtungen, da wir jenen Gebirgssattel zum großen Teil in der Nacht überqueren mußten, nicht so ein- gehend sind, als jene Obrutschews.?) Ich konnte aber doch bei den dprt sich bietenden ausgezeichneten Aufschlüssen oft auf alle 5—10 Schritte Entfernung auffälligen Wechsel des Streichens und Fallens feststellen. Aus den Mitteilungen Obrutschews geht aber auch sehr deutlich hervor, daß der ganze Gesteinsbestand dieser Landbrücke keinerlei wesentliche Ähnlichkeit mit dem des Faltenbaus der zentralen Bogdo-Ola, wie er hier beschrieben wurde (siehe auch Kap. XX), aufweist und wie er aller Wahrscheinlichkeit nach auch den Bau des Hochgebirges zwischen Gurban-bogdo-Pa&ß und jener niederen Landbrücke zu bilden scheint, wenigstens soweit ich dies verfolgen konnte. Allerdings liegen für jenen Teil, der näher an den Dun-Schan- Sattel herantritt, noch keine geologischen Untersuchungen vor, so daß die östliche Grenze der Dun-Schan-Gesteine und die westliche der Bogdo-Ola-Gesteine noch nicht festgestellt ist. Eine solche Untersuchung könnte vielleicht noch zu bemerkenswerten Ergebnissen führen. Die Gesteinsfolge, wie Obrutschew sie anführt: „harte Sandsteine und Mergel, 1) Bei der etwas südlich hievon gelegenen Station Jen-tsche-dun fand Obrutschew „zwischen Bänken von harten, feinkörnigen Sandsteinen, die stark kalkreich sind und sich dem Mergel nähern, so- wie grauen, graubraunen und ‚grünlichgrauen tuffähnlichen Gesteinen mit Schichten von grauen und dunkelgrünen harten Tonen, Korallenkalksteine“, ohne jedoch nähere Angaben über diesen Fund und seine Natur zu machen. 2) Wie stark zerrüttet dieses ganze von Verwerfungen durchzogene Gebiet auch noch weiter nach S. hin ist, zeigt das Profil durch den Tschol-tagh (S. 41, 48, 54) in Futterer II/I, S. 208. Aus den daran geknüpften Erörterungen S. 209 f. ist ersichtlich, daß diesen Verwerfungen zum Teil ein hohes Alter zukommt. 62 kalkreiche Sandsteine und Mergel, tuffähnliche Gesteine mit Zwischenschichten von hartem Ton, sandhaltige Mergel mit undeutlichen Pflanzenresten, kalk- und sandhaltige Tone wechsellagernd mit braunen Mergeln und endlich felsitporphyrisches Konglomerat“ können doch wohl kaum als Äquivalente der Gesteine des alten Gebirges der Bogdo-Ola ange- sehen werden, wie sie im petrographischen Teil (Kap. XXI) beschrieben sind und berech- tigen also meines Erachtens nicht, sie mit Gröber als „völlig mit den Gesteinen des alten Gebirges der Bogdo-Ola übereinstimmend“ zu bezeichnen, wobei ich allerdings be- sonders erwähnen muß, daß Gröber ausdrücklich hervorhebt, sie seien nicht umgewandelt weil die Eruptivgesteine fehlen. Auch die schematische Gesteinstabelle, welche Bogdanowitsch zum Profil von Toksun nach Urumtschi gibt,!) steht mit dem Befund von Öbrutschew in guter Übereinstimmung, wenn auch der mehr schematisiert dargestellte Faltenbau des Profils die vorwaltenden komplizierten Verhältnisse nicht genau erkennen läßt. Gröber gibt jedoch auch die Möglichkeit zu, daß die Dun-Schan-Schichten einen etwas höheren Horizont der Serien darstellen, die in der Bogdo-Ola entwickelt sind. In diesem Falle müßten wir also an eine tief abgesunkene und darum hier erhaltene jüngere Bedeckung des Gebirges denken, die in der gehobenen Hauptgruppe längst entfernt ist. Es ist aber auch von besonderem Interesse und von großer Bedeutung, daß hier das Oberkarbon, von dem wir wissen, daß es am N.-Abhang des zentralen und östlichen Tian- Schan bisher nicht nachgewiesen ist, sondern nur am S.-Abhang,?) wo es übrigens nicht sehr weit in die Gebirgsmasse hineingreift, an dieser Stelle auf dem Scheitel des Gebirges, auf der Hauptwasserscheide angetroffen wird. Allerdings findet es sich auf einem tief abgesunkenen Gebirgsteil, reicht aber doch so weit nach N. hinauf, wie bisber an keiner anderen Stelle des Tian-Schan-Gebirges nachgewiesen werden konnte. Ich erinnere hier daran, daß wir auf dem Wege von Karaschar nach Bai am $.-Rande das Fehlen des Oberkarbons feststellen konnten, wo es vermutlich infolge Absinkens auf einer Querverwerfung verschwunden ist,®) während es sonst auf der Strecke von Kaschgar bis Bai in weiter Verbreitung angetroffen wird. Es scheint aber, daß dieser geologischen Periode angehörige Gesteine weiter gegen Osten hin wieder auftreten, worauf besonders die von Futterer im Tschukur-Gebirge beobachteten Orinoiden-Kalke hinweisen.*) Andererseits aber erwähnen weder Obrutschew noch Bogdanowitsch des Vorkommens oberkar- bonischer Kalke aus den von ihnen bereisten östlichen Teilen des Tian-Schan. Das Hauptgewicht bei diesem wichtigen paläontologischen Funde am Dun-Schan-Sattel ist aber meines Erachtens darauf zu legen, daß es sich hier um Pflanzenreste handelt, also nicht um marines Oberkarbon, während, soviel wir bisher wissen, die karbonischen Gesteine jedes Alters im ganzen Verlauf des Tian-Schan nur durch marine Bildungen vertreten sind. Man darf daher von den hauptsächlich in Kalksilikathornfels®) umgewandelten kalkigen !) a. a. O., Taf. V, Profil 9 und „Vergleichende Tabelle des geologischen Bestandes von Kum-lun und Tian-Schan‘. ?) K. Leuchs, Zusammenfassung der „Ergebnisse neuer geologischer Forschung im Tian-Schan‘. Geologische Rundschau, Bd. IV, 1913, Heft I, S. 40. ®) Zeitschrift Gesellschaft für Erdkunde, Berlin 1910, S. 244 und Petermanns Mitteilungen 1909. %) a. a. O. II/I, S. 176, 197, 209, sowie Profil 4 auf Taf. I und geologische Karte Nr. II. 5) Es scheint mir nicht belanglos darau fhinzuweisen, daß Futterer schon von weiter im W. bei 63 Gesteinen des Faltenbaus der Bogdo-Ola wohl ebenfalls eine marine Entstehung annehmen und es bedürfte wohl noch anderer Beweise, um sie zu den Funden am Dun-Schan-Rücken in Beziehung zu bringen. Der Fund Obrutschews kommt nach meiner Ansicht für die Altersbestimmung der Sedimente der zentralen Bogdo-Ola aus allen angeführten Gründen nicht in Betracht, und bis nicht überzeugendere neue Tatsachen zu unserer Kenntnis gelangen, halte ich es für richtig, auch von den umgewandelten kalkigen Sedimenten der Bogdo-Ola das gleiche unterkarbonische Alter anzunehmen, das ihnen in den anderen Teilen des Tian-Schan auf Grund von paläontologischen und stratigraphischen Tatsachen zugewiesen wird. IX. Über das Alter der Gesteine der Angaraserie in den Vorketten der Bogdo-Dla.') Unter den Verhältnissen, die zu einem so großen Unterschiede in den oroplastischen Zügen des Baues der Bogdo-Ola im Vergleich zu dem der westlicher gelegenen Teile des Tian-Schan beigetragen haben, muß ganz besonders hervorgehoben werden, daß im west- lichen und zentralen Tian-Schan wenigstens im überwiegenden Teile seiner Ausdehnung nach den paläozoischen Sedimenten bis in das Tertiär hinein nur an wenigen Stellen jüngere Geteine zur Ablagerung kamen oder doch bis heute erhalten geblieben sind, während gerade am N.-Abhang der Bogdo-Ola solche in so bedeutender Mächtigkeit auftreten, daß sie dort, wie früher erwähnt (S. 39), in einer Zone von über 15 km das Vorland des Gebirges und die erste und unterste Stufe seines Treppenbaus bilden. Wir sehen diese Ablagerung bei der Querung des Gebirges von N. nach S. in einer Reihe von Ketten auf treten, die eine mittlere Höhe von 1400 zu 1600 m erreichen und welche schon infolge ihrer komplizierten tektonischen Geschichte, die Dr. Gröber in einem eigenen Kapitel geschildert wird (siehe Kap. XX), sich in ganz besonderer Weise von den übrigen Teilen des Gebirges unter- scheiden. Aber auch infolge der Einwirkungen der in einer vergangenen, weit feuchtigkeits- reicheren Epoche der klimatischen Geschichte Zentralasiens viel kräftiger als heute gewesenen Erosion des fließenden Wassers, mußten diese wenig widerstandsfähigen Mergel, Tongesteine, Sandsteine und Konglomerate weit mannigfaltigere Formen annehmen als der aus harten Eruptivgesteinen und umgewandelten Sedimenten zusammengesetzte geschlossene Bau des alten Gebirges. (S. 39, 54.) Wie sehr auch die exogenen Kräfte des in der letzten Epoche der geologischen Geschichte dieses Teiles von Asien zur unumschränkten Herrschaft ge- langten Kontinentalklimas: Vernichtung der Pflanzendecke, außerordentliche Gesteinszer- störung infolge überaus starker thermaler Gegensätze und abtragende Wirkung des Windes, auf das Relief dieser weichen Gesteine eingewirkt haben, ist aus dem hier abgebildeten Panorama ersichtlich. (Taf. 4, Fig. 4.) Ihrem landschaftlichen Charakter nach steht diese Zone demnach sowohl infolge des großen Höhenunterschiedes zwischen ihr und der in der Richtung nach S. zu nächstfolgenden Gebirgsstufe, als durch auffällige Armut an Vegetation und endlich durch die grellbunte Kutscha am S.-Rand im Kok-tepe-Gebirge, das ein wesentliches Glied des Gebirgskomplexes bildet, Kalk- silikathornfelse anführt. (a. a. O. II/I, S. 165.) 1) Dieses Kapitel habe ich schon in der zur Feier des siebenzigsten Geburtstages von Professor D. Anutschin in Moskau herausgegebenen Festschrift veröffentlicht; doch hat es nun in einzelnen Stellen eine Umgestaltung und überdies einige wichtige Zusätze erfahren. 64 Färbung der Gesteine in einem starken Gegensatz zur zweiten Stufe, welche in ziemlich gleichmäßig hintereinander ansteigenden Ketten harter, quarzitischer und anderer älterer Gesteine gegliedert und infolge ihres Aufragens in feuchtigkeitsreiche Luftschichten mit Alpenwiesen und Koniferenwäldern reich bekleidet ist. In solcher Weise bilden die Ketten dieser jüngeren, dem Mesozoikum angehörigen Ablagerungen 'mit scharfer Begrenzung gegen das alte paläozoische Gebirge und diesem entlang laufend, ihrem ganzen Charakter nach ein scharf von ihm getrenntes Glied. Trotz- dem stehen beide hinsichtlich der Lagerung in einem Konkordanzverhältnis, d. h. insoferne in tektonischer Konkordanz (S. 43, 47 u. 49), als altes Gebirge und junges bei den für den Tian-Schan wichtigen postjurassischen großen Gebirgsbewegungen von in gleicher Richtung wirkenden, umformenden Kräften getroffen und erst durch die letzten, im späten Mittel- tertiär neu belebten tektonischen Kräfte infolge von Verwerfungen voneinander getrennt wurden. (8. 39, 43, 49.) Die Gesteine dieses jüngeren Gebirges gehören einer petrographischen Gruppe an, welche, wenigstens unter dem besonderen Namen „Angaraserie“, meines Wissens zuerst von Suesst) in die Literatur eingeführt wurde und bald am N.- bald am S.-Rande des östlichen Tian-Schan auf weitgedehnten Strecken das alte Gebirge begleitet, sich aber auch in einzelnen Becken und Längstälern (Kiukönik-Tal, Kasch-Gebiet, Kotyl-Tal, im Westen Ferghana etc., S. 56) im Innern des Gebirges findet. Es sind Schichtenfolgen (S. 38) von dunklen, braunen oder schwarzblauen, harten oder weichen Tonschiefern, schieferigen Tonen, kalkigem Sandstein, und ziegelrot, weinrot, lichtgrün, ockergelb, schwefelgelb und orangegelb gefärbten Mergeln, Mergelschiefern, roten, grauen, gelben und weißen Sandsteinen und Konglomeraten, die von jüngeren Ergußgesteinen durchbrochen und von ihnen und den sie begleitenden Tuffen auch zum Teil überdeckt wurden. Mannigfache Umwandlungen hat diese Gesteinsserie gerade durch diese jungen Effusivgesteine erfahren. Die Schichten enthalten häufig Gips, namentlich aber schließen sie auf weiter Ausdehnung mächtige Kohlenflöze ein, teils Braunkohle teils hochwertige Kohle von anthrazitähnlichem Charakter; auch Naphtalager und Kupfererze enthalten sie. (S. 11.) Man kennt die Pflanzenreste und Kohle führenden, außerordentlich verbreiteten Bil- dungen der Angaraserie des nördlichen und nordöstlichen Asien, aus der Mongolei und Mandschurei, aus Transbaikalien, Persien, Afghanistan, Szetschuan, Yünan etc., ja bis weit im O. nach Tonking, teils aus der russischen Literatur, welche in zusammenfassenden Darstellungen in Band III von Suess’ „Antlitz der Erde“ (S. 26, 27, 29, 31, 34, 158 £., 258, 346, 372, 392 etc.) verwertet wurde, teils aus Richthofens „China“ und von Loczys Veröffentlichungen der „Ergebnisse der Szöchöny-Expedition“, insbesondere aus den Ver- öffentlichungen der Untersuchungen von Muschketow, Bogdanowitsch, Obrutschew, Jatschewsky, Romanowsky, Bailey Willis, Zeiller, Krasser, Seward und An- deren, auf welche ich noch zurückgreife. Es sei aber gleich im vorhinein bemerkt, daß bei weitem nicht alle diese kontinentalen Ablagerungen — ganz abgesehen von denen des indischen Gondwanalandes, welches schon infolge der ehemaligen Trennung dieses Gebietes vom zentralasiatischen Festland durch einen Meeresarm?) — in völlige Parallele mit den 1) „Antlitz der Erde“ III/I, S. 26. ®) Eine Verwandtschaft beider Florengebiete wird neuerdings durch M.D. Zalessky (Sur le Cordaites aequalis Göppert sp. de Siberie et sur son identite avec la Noesgerathiopsis Hislopi Bunbury sp. de 65 zentral- und nordasiatischen Angaraschichten zu bringen sind und also nicht durchaus als analoge Bildungen angesehen werden dürfen. In den verschiedenen Gebieten ihres Vorkommens stimmen sie nicht ganz hinsichtlich ihrer Zusammensetzung überein und unterscheiden sich ebenso in Bezug auf ihre organischen Einschlüsse und endlich auch anscheinend ihrem Alter nach. Insbesondere aber zeigt sich ein wesentlicher Unterschied zwischen der Entwicklung der meisten anderen asiatischen, als „Angaraschichten“ bekannten Ablagerungen und denen des Tian-Schan, wenn gleich sie alle auf gleiche Weise gebildet wurden und in der Gliederung, dem Gesteinscharakter und auch dem Alter nach offenbar, wenigstens bis zu einem gewissen Grade miteinander verwandt sind. Während auf Grund von Pflanzenfunden den verschiedenen Vorkomm- nissen in anderen Gegenden Asiens ein geologisches Alter zugebilligt wird, das teilweise bis hinab ins Perm und wieder hinauf bis in die mittlere Kreidezeit zu reichen scheint, kann für die betreffenden Gesteine aus dem Tian-Schan, soweit nach den bisherigen Funden von ÖOrganismenresten ein Urteil schon möglich ist, nur ein Schwanken des Alters vom Rhät bis hinauf zum Dogger in Frage kommen. Aber auch hierüber besteht bis jetzt noch keine absolute Sicherheit. Aus dem Tian-Schan sind diese Gesteine zuerst durch Musch- ketow!) und Romanowsky?) bekannt geworden. In den schiefrigen, tonigen und sandigen Schichten dieser Serie am N.-Abhang, im Becken von Kuldscha, aber auch noch weiter im W., so in Ferghana und anderen Teilen des westlichen Tian-Schan, auch im Kara-tau und im Syr-daria-Gebiet wurden von ihnen, dann auch durch Mischenkow im Serafschan-Gebiet®) Pflanzenabdrücke und Versteinerungen gefunden, die nach Roma- nowsky verschiedenen Alters sind und von ihm zum größten Teil dem Lias und Rhät, allerdings zum Teil auch dem Keuper zugestellt wurden, während Muschketow®) sie auf Grund der „schönen Kollektion von Pflanzenabdrücken“ nach den Bestimmungen von Miloschewitsch°) dem unteren Jura zuzählt. Muschketow spricht sich in der zuletzt zitierten Schrift dahin aus, daß Trias nur in der Nähe von Kuldscha und südlich von Chodschent in Ferghana in Frage komme, daß aber die pflanzenführenden Schichten des Kuldschaer Beckens dem unteren Jura angehören, während er ihnen später‘) kein be- stimmtes Alter mehr zuweist, wohl aber hervorhebt, daß es sich um zwei verschieden- alterige Gesteinssuiten handelt. Jedenfalls schließen diese Altersbestimmungen, wenn man den neueren phytopalä- la flore du Gondwana. M&m. Comite Geolog., Nouv. ser., Livr. 86, Petersburg 1912) nachgewiesen. Es wird angenommen, daß ein Zusammenhang durch Landzungen oder Inseln zwischen dem indischen Gondwanaland und Sibirien bis zum Beginne der mesozoischen Epoche bestanden hat und daß dann erst die vollständige Trennung durch einen Meeresarm der Tethys eintrat. Die Annahme scheint eine Stütze zu finden durch die in der später (S. 67) zitierten Schrift Krassers (S. 602) enthaltenen Beschreibung eines Fundes, den L. v. Loczy am Südabhang der mongolischen Steppen machte, und durch Krasser als Schizoneura gondwanensis bestimmt wurde. 1) Sapiski, Kais. Russ. Mineral. Gesellsch. 1877, S. 164f., 178£. und Turkestan I. 2) Materialien zur Geologie von Turkestan, Bd. I, S. 40 ff. 3) Sapiski, Kais. Russ. Geol. Gesellsch., Bd. 1871, S. 281 f. *) Sapiski der Kais. Russ. Mineral. Gesellsch. 1877, Bd. XIII, S. 164. >) Iswestyia, Obschtschestwa Ljubit. Estestwosn. Antrop. i Etnogr., T. III. 6) Turkestan, Bd. II, 8. 11f. Abh. d.math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 9 66 ontologischen Arbeiten Beachtung schenkt,!) nicht aus, daß auch jene Funde Muschketows aus dem westlichen Tian-Schan in eine jüngere Epoche zu verweisen sind, als er seiner- zeit annahm. Seward hebt in der letztangeführten Abhandlung besonders hervor: „Die merkwürdige Ähnlichkeit zwischen der rhätischen und jurassischen Flora in Bezug auf die allgemeine Fazies macht es ungemein schwierig, nach nur kleinen Kollektionen diesen ein bestimmtes Alter zuzuweisen. Es scheint sicher, daß gewisse Typen, im Rhät beginnend, sogar eher bis zum Ober- als bis zum mittleren Jura durchhalten.“ Keidel, dem allerdings keine paläontologischen Funde aus diesen Schichten vorlagen, nimmt für die mächtigen Ablagerungen am S.-Rand zwischen Musarttäl und Bai ganz allge- mein für die unteren Lagen ein „wahrscheinlich“ paläozoisches Alter an, für die oberen Hori- zonte ein mesozoisches.?) Nach Richthofen®) hängen die Steinkohle führenden Schichten des südwestlichen China sowohl mit der indischen Gondwanastufe als mit ähnlichen Ab- lagerungen des nordöstlichen Asien zusammen und ihr Alter reicht von der oberen Trias bis zum mittleren Jura. Die verwandten Schichten der Tatsau-Gruppe zählt er?) dem Rhät zu, die von Ta-tung-fu°) und von Tumulu®) dem unteren Jura. In der Übersichts- tabelle der Sedimentgesteine der Provinz Szötschuan‘) aber läßt Richthofen die Frage des Alters ziemlich unentschieden und zieht ebenso wie an anderer Stelle®) die Grenzen vom Lias bis zum Dogger. Doch sind von ihm wenigstens die pflanzenführenden Glieder dieser Gesteine (Beckenschiehten) früher schon?) als „wahrscheinlich dem unteren Jura“ zuge- hörig aufgeführt worden. Auch den verwandten Schichten von Schan-si und von Tschili billigt Richthofen!®) das Alter von Lias oder unterem Jura zu, während die höchsten Niveaus der pflanzenführenden Ablagerungen von Schan-si und Tschili von ihm zum oberen Jura gestellt werden.!!) Jedenfalls aber hebt Richthofen die große Unsicherheit besonders hervor,!?) welche infolge der bis jetzt noch völlig unzureichenden Funde von Organismen- resten — trotz deren an vielen Fundstätten erwiesenen Reichhaltigkeit wurde bisher noch nicht genügend und besonders noch nicht systematisch gesammelt — über das Alter dieser Schichten noch immer besteht. Ähnlich weiten Spielraum vom Rhät bis zur Kreide lassen auch die Funde Futterers'®) zu, welche von Potoni& beschrieben wurden.) Auf andere Funde Futterers, die von Noetling für jurassisch gehalten werden, habe ich bereits (S. 40 Anm. 1 hingewiesen. Die Forschungsergebnisse der Reise des Grafen Szöchöny, die von L. von Loczy ver- öffentlicht wurden, enthalten vieles über die Angaraablagerungen und die darin gemachten Funde, besonders in Bd. I, S. 439 f., 676, 679, 685 f., 736 bis 739, 799; II, S. 415; 1) A. C. Seward, Jurassie Plants from Caucasus and Turkestan, 1907. Me&em. Com. Geol. Neue Serie, Nr. 38. Derselbe, Jurassice Plants from the Balagansk Distriet, 1911, ibidem Nr. 73. Derselbe, Jurassic Plants from Chinese Dzungaria, 1911, ibidem Nr. 75. 2) Neues Jahrbuch f. Mineral., Geolog., Paläontol., Beilage Bd. XXII, $. 352, 356. 3) China III, S. 156. *) China I, S. 303, 320. 5) China II, S. 357, 381. 6) China I, S. 352, 381. 7) China III, S. 162. 8) China II, 8. 184. 9) China II, S. 603, 729. 10) China II, S. 646. 11) China Il, S. 729. 12) China III, S. 124f., 142f., 154f., 184. 15) Durch Asien II/I, S:. 170 und Profil, S. 256. 14) Ibidem IIT, $. 115, 124. 67 S. 310 bis 318, 324. Allein auch nach seinen Angaben bleibt ihr Alter zwischen Perm und oberem Jura schwankend. Was die Ergebnisse der Funde auf den Reisen von Th. Lorenz!) betrifft, die in diesen Schichten gesammelt wurden, so deuten sie — aber ebenfalls unsicher — auf unteren Jura hin. Auch in den Berichten von Dr. K. Vogelsang”) über seine Reise im nördlichen und mittleren China ist verschiedentlich von Ablagerungen mit Kohlenflözen die Rede, deren Beschreibung mir allerdings einige Ähnlichkeit zu zeigen scheint mit den chinesischen Angaravorkommnissen, wie sie von Richthofen geschildert werden. Doch macht dieser Reisende im erstangeführten der beiden Berichte des Vorkommens von Mesozoikum über- haupt keine Erwähnung, da nach seinen Angaben zu schließen die von ihm untersuchten kohlenführenden Schichten dem Karbon anzugehören scheinen; auch in der beigegebenen Karte findet sich daher Mesozoikum nicht verzeichnet. Im zweitgenannten Berichte aber sind die kohlenführenden Ablagerungen zwar gleichfalls zum Karbon gestellt; doch werden gewisse rote Sandsteine und Konglomerate als „gleich denjenigen des Roten Beckens von Szötschuan als Mesozoikum* bezeichnet und auch in der dem Berichte beiliegenden Karte als „vermutlich mesozoisch“ aufgeführt. Obrutschew berichtet in seinem Werke®) häufig über Ablagerungen dieser Art, wie- wohl er sie niemals unter der Bezeichnung „Angara“ aufführt. So vergleicht er seine eigenen Funde und Beobachtungen®) mit denen von Richthofen und von Loczy und kommt hinsichtlich der Altersbestimmung zum Ergebnis, daß obere Trias bis Mittel- und Oberjura in Frage komme. Die Sandsteine von Neü-schuü-tsian hält er — jedoch nur auf Grund von Lagerungsverhältnissen®) — für permotriassisch und eine Anzahl fossiler Pflanzen, die er in kohlenführenden Schichten am Fuße des Sürküp-tagh®) und in der Gegend von Tasch- Kösö?’) sammelte, werden auf Grund der Bestimmungen F. Krassers®) zum braunen Jura gestellt. Auf andere Funde Obrutschews, welche von ihm ganz allgemein als zum Jura gehörig erwähnt werden, habe ich bereits (Anmerkung 1 S. 40) aufmerksam gemacht.°) Rote und grüne Sandsteine und Konglomerate, die am äußersten Nordrand des östlichen Tian-Schan, welcher das Dsungarische Becken im S. begrenzt, sehr weit verbreitet sind, werden von diesem Forscher — jedoch ohne paläontologische Unterlage — als jurassisch ganz allgemein bezeichnet. In seinem neuen Reisewerke!®) beschreibt Obrutschew aus mehreren Teilen des südl. dsungarischen Ala-Tau Bildungen, die ihrer Zusammensetzung und ihrem Charakter nach mit den Angarabildungen große Ähnlichkeit aufweisen, besonders (siehe S. 44) jene aus dem Unterlauf des Manas-Tales,!!) die wenigstens teilweise sehr große Ähnlichkeit mit jenen auf meiner Reise im gleichen Gebiete, aber weiter im Süden, 1) Beiträge zur Geologie und Paläontologie von Ostasien, 1905, T.1. 2) Petermanns Mitteilungen 1911, S. 241f., 278f., sowie 1904, S. 11. °) Zentralasien, Nordchina und Nan-Schan. *) Ibidem II, S. 301. 5) Ibidem II, S. 308. 6) Ibidem II, S. 614. 7) Ibidem II, S. 555. 8) Denkschriften mathemat. naturwissenschaftl. Klasse d. K. K. Akadem. d. Wissensch., Bd. LXX, Wien 1900, III, S. 126 £. 9) Zentralasien, 1. c. II, S. 650, 651, 655, 664, 666. 10), Das dsungarische Grenzgebiet, 1. c. 11) Ibidem Kap. XX, S. 401—425. 9% 68 am Rande des alten Gebirges in mächtigen Serien aufgefundenen, zweifellos jurassischen Bildungen haben (S. 43) und von Gröber in Kap. XX beschrieben werden. Obrutschew führt für den ganzen Komplex dieser Ablagerungen kein bestimmtes Alter an und die geologische Karte des bereisten Gebietes wird wohl erst dem demnächst erscheinenden zweiten Bande seines Werkes angefüct werden; er faßt sie nur als mesozoisch zusammen. Die gefundenen Pflanzenreste!) sind von Seward als Podozamites lanceolatus bestimmt worden,?) was keine engere Begrenzung als allgemein jurassisch zuläßt. Ferner hat Obrutschew in der Kette des Tuyuk-dash im Südosten von Turfan in Steinkohlenbildungen eine gut charakterisierte jurassische Flora gefunden und Juragesteine von weiteren Punkten dieser Kette erwähnt.°) Den Beschreibungen nach scheinen diese jurassischen Bildungen jedoch mit Ausnahme des Vorkommens von Phoenicopsis keine Ähnlichkeit mit den Jurabildungen des Nordens zu haben. Auch R. Pumpelly erwähnt die pflanzenführenden Ablagerungen in seinem Berichte,®) ohne ihnen ein bestimmtes Alter zuzuweisen; doch wurden die von ihm heimgebrachten Pflanzenfunde aus dem Kui-tschou-Horizont von Dr. Newberry als nahestehend gewissen obertriassischen Schichten von Virginia und Nord-Karolina und ebenso als verwandt mit gewissen europäischen Liasformen erklärt. Elsworth Huntington faßt in „Exploration in Turkestan“ °) die mesozoischen Ab- lagerungen mit einem Teil des Tertiärs als „Mesozoic-Tertiary Series“ zusammen und hebt hievon gewisse Horizonte heraus, von denen er sagt, sie lägen diskordant auf dem Paläo- zoikum und gingen konkordant in eine Serie fossilienführender Kalke und Mergel über, welchen er ein kretazisches oder frühtertiäres Alter beimißt. Es werden jedoch in diesem Bericht keinerlei Fossilienfunde erwähnt, auf Grund deren die Einreihung in das Mesozoikum, der Kreide usw. geschieht, weshalb auch diese Mitteilungen Anhaltspunkte zu genauer Altersbestimmung der Angaraserie nicht bieten. Durch die Bestimmung von Zeiller‘®) von pflanzenführenden Schichten aus dem Altai, deren Altersbestimmung längere Zeit strittig war,?) scheint mit ziemlicher Wahrschein- lichkeit festgestellt, daß sie dem Perman gehören, wiewohl auch Zeiller ausdrücklich diese Entscheidung keineswegs als definitiv ausgeben will. In Bailey Willis Reisewerk®) unterzieht David White die bisherigen kontradikto- rischen Bestimmungen von pflanzenführenden Schichten des Kui-tschou-Beckens (siehe oben) einer vergleichenden, kritischen Untersuchung und kommt zum Ergebnis, sie hätten ein mesozoisches Alter, „wahrscheinlich nicht älter als Rhät und nicht jünger als Oolith“. Im gleichen Werke (S. 317) erklärt E. Blackwelder die Serie der Schi-tsüan-Sandsteine — jedoch lediglich auf Befund der Lagerungsverhältnisse — als mesozoisch und zwar für älter als „Unterer Jura oder als die von Richthofen zum Trias gestellten Sandsteine‘“. t) Ibidem 1. c., S. 408, 410. 2) Jurassie Plants from Chinese Dsungaria. 1. c., S. 52. 3) Zentralasien, 1. c. II, S. 614, 615, 619, 625. *) Geological Researches in China etc. Bd. I, Washington 1907, S. 119 f., 278. 5) Part IA: Geologie and Physiographie Reconnaissance in Central Turkestan, S. 163. 6) Bull. Soc. Geol. France, vol. XXIV, p. 466—497. ?) Siehe Romanowsky |. ce., I., S. 136 f. 8) Research in China l. e., I, S. 280—283. 69 In Band II des gleichen Werkes (S. SO bis S3 ff.) bietet Bailey Willis lediglich eine Zu- sammenfassung der Beobachtungen von Richthofen und Loczy über die Stratigraphie der Angaraschichten in China, da ihm selbst, wie er mitteilt, Gelegenheit zu eigenen Beobach- tungen nur wenig geboten war. Wir können also auch aus diesen Ausführungen nichts Entscheidendes für das Alter der Angaragesteine entnehmen. Hingegen hebt auch Bailey Willis, wie dies E. Huntington für ähnliche Bildungen aus Turkestan tat (siehe oben), von den Kuen-Yuan-hien-Konglomeraten und -Sandsteinen, die auf pflanzenführenden Horizonten liegen, besonders hervor, sie seien jünger als diese und stellt sie, und zwar aus petro- graphischen Gründen, zum Mittel- oder Oberjura. Von F. Krasser liegt!) auch eine Bearbeitung der Pflanzen vor, welche durch ver- schiedene Forscher (Obrutschew, Bronnikow, Potanin etc.) in Transbaikalien, in der Mongolei und Mandschurei gesammelt wurden. In der Übersicht über die Ergebnisse der Unter- suchung heißt es (S. 633): „alle Arten deuten auf die Juraperiode“. Eine besondere Stufe wird nur bei der „Lokalflora® angegeben, von der gesagt wird (S. 630), daß sie „wohl dem braunen Jura angehöre“. So ist denn aus allen diesen Berichten der namhaftesten Chinaforscher für eine genaue Altersbestimmung der Angaraserie und mithin für die Zeit des Beginnes einer Festlands- periode sowohl im eigentlichen China, als für die westlich hievon gelegenen Gebiete, also auch für den Tian-Schan, bisher kein verlässiger Anhalt zu gewinnen. F. Frech setzte auf Grund einer Zusammenfassung der in Band Ill von Richthofens China-Werk enthaltenen Angaben den Beginn der bis zum heutigen Tage andauernden Festlandsperiode in die Zeit des Rhät oder in den Anfang der Juraperiode,?) und mehr läßt sich allerdings auf Grund des bis jetzt vorliegenden Fossilienmaterials nicht sagen, wenn auch gewisse Horizonte im eigentlichen China schon mit ziemlicher Sicherheit als triassisch bezeichnet zu werden verdienen. Daß die Zeit, während der die Angaraablagerungen zustande kamen, eine solche völliger Ruhe war, wird fast allgemein angenommen; allerdings legen auch einzelne Geologen gerade in den Beginn der mesozoischen Epoche eine große Faltungsbewegung, welche Tian- Schan, Kuen-lun und Tsin-ling-Schan aufgerichtet habe.°) Nach meiner eigenen Auffassung von der Tektonik des Tian-Schan dürfte diese alte gebirgsbildende Bewegung jedoch nicht später als ins späte Paläozoikum gesetzt werden, denn die Angarabildungen finden sich vielfach zwischen paläozoischen Gebirgsketten in beckenartigen Senken abgelagert (siehe oben) und bedecken dort öfters die bei vorher- gegangenen Bewegungen ausgetretenen mächtigen Massen von Quarzporphyren, wofür ich an anderer Stelle Beobachtungen anführte. (S. 57, 58, 59.) Auch hat Keidel?) nach- gewiesen, daß vor Beginn der Ablagerung von Angaraschichten das Gebirge bereits auf- gerichtet war und das Meer sich zurückgezogen hatte. Ferner ist als feststehend anzu- nehmen, daß in allen diesen Bildungen, mag man sie nun zum Trias oder zum Jura 1) Denkschrift der mathemat. naturwissenschaftl. Klasse d. K. K. Akadem. d. Wissensch., Bd. LXXV, 1905, S. 589 £. 2) Mitteilungen des Ferd. von Richthofentages 1911, $. 39 und 45. %) Bailey Willis, 1. e., Bd. II, S. 89. *) Geolog. Untersuchungen im südl. Tian-Schan. N. Jahrbuch f. Mineral., Geolog. ete., Beilage Bd. XXII, S. 357. 70 zählen, Organismenreste mariner Entstehung bisher nicht gefunden wurden. Richthofen, der sich hierin!) auf eine als unsicher zu bezeichnende Angabe Stolizkas stützt, ist geneigt, eine Meeresbedeckung der Trias im Tian-Schan anzunehmen. Diese Annahme hat aber von keinem der späteren Tian-Schan-Forscher Bestätigung erfahren. Nur Bogdanowitsch nimmt für gewisse mesozoische Ablagerungen im Kuen-lun (Kuserab) und Tian-Schan (Dschargöß-Kette, dann solche bei Kurla und bei Su-baschi) marine Entstehung an und hält ihre Lagerung für ingressiv. Nähere Angaben hierüber sind in seinem Berichte nicht enthalten.?) Anders scheint dies für weiter nordöstlich gelegene Teile Chinas der Fall zu sein, wo nach E. Blackwelder°) in der Wu-Schan-Formation Fossilien gefunden wurden, die seiner Ansicht nach auf marine Trias schließen lassen. Aber diese Funde sind, wie Blackwelder selbst hervorhebt, in sehr schlechtem Erhaltungszustand, so daß die Spezies, von denen er eine Liste anführt, nicht mit Sicherheit bestimmt: werden konnten. Marine triassische Ablagerungen sind somit auch für China bisher nicht in völlig einwandfreier Weise nachgewiesen worden. Es ist aber zu berücksichtigen, daß dort noch weite Gebiete der genauen geologischen Untersuchung harren und noch mehr ist dies hinsichtlich eines großen Teils von Tibet der Fall. Die Möglichkeit, in jenen Teilen des asiatischen Kontinents noch marine triassische Ablagerungen festzustellen, darf daher durchaus nicht als aus- geschlossen erachtet werden. Jedenfalls aber sind in den zur Angaraformation zu zählenden Bildungen des Tian- Schan, die von Chami im Osten bis nach Ferghana im Westen in vielen Teilen des Gebirges über den älteren Formationen liegen, aber nirgendwo eine ähnlich ausgedehnte Entwicklung zeigen, als gerade im Norden des alten Gebirges der Bogdo-Ola, weder Organismenreste mariner Entstehung gefunden worden, noch bisher solche kontinentaler Entstehung, die eine ganz sichere Altersbestimmung für diese Bildungen ermöglichen. Von den Aufsammlungen Regels an Pflanzenversteinerungen scheint leider nichts erhalten geblieben zu sein? Regel erwähnt,*) er habe auf der Reise nach Turfan von seinem Wege aus „eine Sammlung von Pflanzenversteinerungen, darunter Farrenabdrücke* nach Kuldscha zurückgeschickt. Eine Beschreibung dieser und anderer paläontologischer Funde Regels, von denen in seinen Schriften mehrfach die Rede ist, konnte ich nirgendwo entdecken. Ebenda erwähnt Regel auch das Vorkommen ganzer Baumstämme in hartem Sandstein. Schon früher), von einer vorherigen Reise in das Kasch-Tal, erwähnt er solche fossile Hölzer und bei Turfan hat er, seiner Reiseschilderung °) nach, Schiefer mit Pflanzen- abdrücken gesammelt, endlich auch in der Nähe des Ebi-nor ’) bei einem kleinen, von den Torgouten für heilig verehrten See Kuku-nor fand er schwarze Kohlenschiefer mit Pflanzen- abdrücken. Es ist schade, daß wir keinerlei weitere Kenntnis von diesen wichtigen Funden besitzen. 1) China II, S. 743. ?) Trudi Tibetzkoi Expeditzii 1. c. Il, S.64f. und Profil, Taf. V. nr 3) Research in China, 1. c. I, S. 276. *) Petermanns Mitteilungen, Bd. 27, 1881, 1. c., S. 386. 5) Petermanns Mitteilungen, Bd. 25, 1879, 1. c., S. 412. 6) Petermanns Mitteilungen, Bd. 25, 1880, ]. e., S. 206. ?) Petermanns Mitteilungen, Bd. 27, 1881, 1. e., S. 384. zeit In den Angaraschichten sind nun schon auf meiner Expediton im Jahre 1902/03 fossile Pflanzen gefunden worden.!) Erst auf meiner letzten Reise aber im Jahre 1907/08 wurden im östlichen Tian-Schan, besonders am Nordabhang der Bogdo-Ola, durch Dr. Gröber eine Anzahl gut erhaltener Fossilien gesammelt. Diese neue Sammlung wurde durch Dr. J. Schuster untersucht und ist im Kap. XXIII dieser Monographie beschrieben. Dieser Bestimmung zufolge müssen die pflanzenführenden Schichten zum Dogger ge- stellt werden. Es gelang aber Dr. Gröber, in den gleichen Horizonten auch Fischreste zu sammeln, Funde, die deshalb von hoher Wichtigkeit sind, weil bisher derartige Orga- nismenreste in dieser Formation noch nicht gefunden wurden. Die gesammelten Bruch- stücke wurden teils von Professor Le Riche in Brüssel teils von Dr. M. Reiss in München bestimmt. (Siehe Kap. XXIII.) Da diese beiden Paläontologen aber auch nicht zu völlig übereinstimmenden Ergebnissen gelangten, habe ich Beiden Gelegenheit zur Äußerung ihrer Anschauungen gegeben. Wenn die Urteile beider Autoritäten sich auch nicht gänzlich decken, so ergibt sich doch aus ihren nicht weit auseinandergehenden Ansichten im Zu- sammenhang mit dem Ergebnis der Pflanzenbestimmung, daß die Schichten des Angaragebirges der Bogdo-Ola mit hoher Wahrscheinlichkeit dem unteren Jura zuzurechnen sind, daß sie als Süßwasserbildungen, und zwar als limnische oder als Sumpfbildungen angesehen werden müssen. Auch Seward?) spricht sich dahin aus, daß die Ablagerungen auf dem Boden großer Täler stattfanden und nur dort heute in größeren Höhen angetroffen werden, wo sie durch spätere Faltung hingebracht wurden. Wo sie sonst im Gebirge getroffen werden, ist es nur am Rande und an Stellen, welche wahrscheinlich die Lage von Buchten oder Rändern eines mesozoischen See’s anzeigen. Auch Richthofen?) hält die Jurabildungen für Süßwassersedimente. Es wurden wegen meiner Expedition häufig, besonders im Kasch-Gebiet und im Süden von Dschincho und Sügoschur (S. 43) in Sandsteinen zahlreiche Baumstämme gesehen, deren Durchmesser von 15 bis über 50 cm wechselt; sie sind so fest eingebettet, daß sie sich nicht aus ihrem Verband entfernen ließen. Was an Fragmenten solcher fossilen Hölzer eingesammelt werden konnte, ist eben wegen seiner Umwandlung zu Sandstein leider unbe- stimmbar gewesen. Es muß aber als besonders charakteristisch hervorgehoben werden, daß gerade in den Sandsteinbänken eine weit größere Menge von Pflanzenresten und be- sonders Bäumen eingebettet ist, als in den Tonen und Mergeln. Dies deutet auf eine rasch zunehmende Verlandung hin, auf ein Vordringen des Wüstensandes in die versumpften Ränder der Süßwasserbecken, mithin auf eine einschneidende Klimaveränderung. Hierauf deuten auch die Mitteilungen Richthofens*) hin, der diese Pflanzenablagerungen im Süden des Tsing-ling-Gebirges im Unterschied zu den nördlich hievon gelegenen Fundstellen in sandigen Schichten, in roten Sandsteinen fand, welche tiefe Becken zwischen Gebirgen von anderer Zusammensetzung erfüllen. Überhaupt nimmt Riehthofen für diese Zeit°) mehr- fachen Wechsel von trocknem Steppenklima und feuchtem „peripherischen Erosionsklima* an. Auch aus den Beobachtungen anderer Forschungsreisender ließen sich noch ähnliche Beispiele anführen; doch würde ihre Mitteilung den Umfang dieses Kapitels allzu sehr 1) Merzbacher, Vorläufiger Bericht S. 46/47. Keidel, Südl. Tian-Schan, S. 347 f. 2) Jurassie Plants from Chinese Dsungaria, 1. e., S. 31. 3) China. Bd. II, S. 743. 4, China III, S. 180. 5) Ibidem II, S. 744/45, 755/56. 72 vergrößern. Die weite Verbreitung solcher Verhältnisse gestattet aber meines Erachtens auch nicht die Einbettung der Baumflora in Sand am Rande der Becken etwa ganz all- gemein als Erscheinung in Flußdeltas aufzufassen, zumal ich nur an wenigen Stellen Kreuzschichtung oder andere für Deltabildung sprechende Erscheinungen in den Sand- steinen wahrnehmen konnte. Ich fühle mich indes verpflichtet, die Auffassung meines Reisegefährten Dr. Gröber über die Ablagerung der Gesteine der Angaraserie hier mitzuteilen, weil ihr eine gewisse Berechtigung nicht abzusprechen ist und weil gerade er sich besonders eingehend mit der Untersuchung dieser Ablagerungen beschäftigt hat. Gröber nimmt an, daß diese Gesteine einstens den ganzen, vorher stark abgetragenen und erst später zu seiner jetzigen Höhe gehobenen Tian-Schan als zusammenhängende Decke eingehüllt haben und entweder abgetragen oder, durch die tertiären Gebirgs- bewegungen zerstückelt, teils am Nordrand teils am Südrand abgeschoben wurden, teils auch bei der Hebung zwischen Schollen des alten Gebirges eingeklemmt wurden, wie dies durch unsere Funde im Dunde-kelde-Tale erwiesen scheint.) Da aber der paläontologische Befund für Kontinentalbildungen und insbesondere hinsichtlich der meisten Pflanzenarten für an Rändern von Süßwasserbecken vorkommende Landflora spricht und da überdies aus der Art des Vorkommens hervorgeht, daß die Ablagerung in tiefen Niveaus vor sich ging und weil ferner die Mächtiskeit dieser Schichten an manchen Stellen eine ganz außer- ordentliche ist, so z. B. zwischen der Mündung des südlichen Musarttales und Bai (8. 42), nach Keidel?) etwa 1500 bis 2000 m, im nördlichen Bogdo-Ola-Gebiet nicht weniger, so müßte dieser Annahme zufolge einst eine Vegetationsdecke von ungeheurer Ausdehnung und Mächtigkeit mit kleineren und größeren Seen die damals noch nicht sehr gehobene oder auch bis zur unteren Denudationsgrenze eingeebnete alte Gebirgsmasse des Tian-Schan bedeckt haben. Die Möglichkeit einer solchen Tatsache wird von mir durchaus nicht in Abrede gestellt, wie sie auch von Bogdanowitsch geteilt zu werden scheint, der?) von einem einstigen Zusammenhang aller Kohle führenden jurassischen Ablagerungen spricht. Ähnlich drückt sich auch Romanowsky *) hinsichtlich der Flöze des Syr-daria-Gebietes aus. Auch Richthofen, wiewohl er wiederholt der Ansicht Ausdruck gibt, daß diese Bildungen oft weite Becken erfüllen, betrachtet sie doch auch für manche Gebiete®) als Reste von Decken, die auf höheren Teilen des Grundbaus liegen. Man kann auch die Ansicht von Bailey Willis®) im Gröber’schen Sinne deuten, -daß nämlich diese Bildungen ihre jetzige tiefe Lage und Erhaltung einer Verwerfung verdanken, durch welche diese weichen jungen Schichten in eine gegen die metamorphosierten paläo- zoischen verhältnismäßig tiefe Lage gerieten. Es müßte in diesem Falle allerdings an eine bei der großen mitteltertiären Gebirgserhebung entstandene größere Anzahl von Verwer- fungen gedacht werden. Persönlich neige ich jedoch der Annahme zu, daß schon damals gerade an den Ge- birgsrändern, wie auch in einzelnen inneren Hohlformen des Gebirges sehr ausgedehnte und auch kleinere Süßwasserbecken bestanden haben. Hiezu veranlaßt mich vor allem die 1) Siehe Zeitschrift für Erdkunde 1910, S. 308, 315 und Petermanns Mitteilungen 1909, Heftl, S. 37. 2) a. a. 0, SE347 3) a. a. O., S.64f. NER AO, ABS eh 5) China III, S. 180. S)21: in S. 316 und II, S. 88. 75 Tatsache, daß die Gesteine der Angaraserie oder Reste hievon sich in den innersten und höchsten Teilen, in den weiten Becken und Längstälern, der Hauptmasse des westlichen und zentralen Tian-Schan überhaupt nicht finden, sondern nur in vereinzelten randlichen Becken. (S. 57, 58, 68.) Man sollte aber denken, sie müßten sich bei Annahme einer allge- meinen Decke im Innern des Gebirges als häufig auftretendes Glied des Faltenbaus finden, während ich sie auf zahlreichen Kreuz- und Querwanderungen innerhalb des Bestandes der alten Gesteine nur an einer Stelle, wie schon erwähnt im Dunde-kelde-Tale mitgefaltet angetroffen habe. Zur Stütze der Hypothese von einer allgemeinen Bedeckung wäre es wohl unerläßlich, daß man bei so vielfachen Wanderungen hie und da auf Reste, auf lappenförmige Stücke der alten Decke u. dgl. stoßen müßte, welche die isolierten einzelnen Ablagerungen an den Rändern quer über das Gebirge wenn auch nicht verbinden, so doch die Rekonstruktion einer Verbindung gestatten würden. Auch das häufige Auftreten fossiler Baumbestände an verschiedenen weit voneinander entfernten Örtlichkeiten deutet weit eher auf eine litorale Waldflora, die sich an einzelnen flachen Wasserbassins ange- siedelt hatte und später, bei eingetretener Klimaveränderung, wie schon oben erwähnt, in Sand begraben wurde. Jedenfalls geht aus alledem hervor, daß, wenn auch die Angarabildungen im hohen Norden des asiatischen Erdteils, dann in Afghanistan oder Persien nach den spärlichen Nachrichten, die wir bisher von letzteren besitzen,!) auf Transgression eines flachen Meeres zurückzuführen sein mögen, sich doch andererseits in den für den Tian-Schan in Betracht kommenden und als „Angaraserie“ gewöhnlich bezeichneten Ablagerungen keinerlei Reste mariner Entstehung nachweisen lassen. Da aber selbst brakische Bildungen innerhalb des Schiehtenkomplexes gänzlich fehlen, kann auch nicht einmal an einstigen Zusammenhang der Angaragewässer mit dem ehemaligen Aralo-Kaspischen Meere gedacht werden. Man könnte nun die ganze Schichtenfolge auch als Bildung wechselreicher fluviatiler Anschwemmungsprozesse ansehen, welche in Überschwemmungsgebieten großer Flüsse zu- stande kamen und solche Flüsse haben wohl ehemals den stark abgetragenen Rumpf des Tian-Schan in einer langen Kontinentalperiode entwässert. Die Angaraflora wäre in diesem Falle an den Ufern großer Flüsse und auf Flußauen angesiedelt gewesen, ähnlich wie dies Blanford und Medlicott für die Gondwanaflora annehmen.?) Es geht aber schon aus der Schichtenfolge, wie sie Gröber (Kap. XX) aufführt, hervor, daß keineswegs mächtige Konglo- merate, wie in diesem Falle zu erwarten wäre, die Kohlenflöze regelmäßig überdecken. Man müßte aber annehmen, daß die in den Flußebenen entstandene Vegetation bei erneuter starker fluviatiler Akkumulation von mächtigen Geröllmassen überdeckt worden wären. Gröber führt jedoch als „Grenzschichten“ hauptsächlich feinkörnige Bildungen an. Zudem müßte sich große Differenzierung in der Korngröße der klastischen Gebilde auf weiten Gebieten bemerkbar machen, weil die alten Flüsse, je weiter ihr Lauf sich erstreekte, immer mehr von den gröberen Elementen zurückgelassen haben müßten, während sie die feineren weiter transportierten. Solche Verhältnisse machen sich wenig oder nicht bemerkbar. Auch tritt hier die rote Färbung, welche sonst subaerischen Gebilden meist eigen ist, 1) Burrard and Hayden, Geography and Geology of Himalaya etc., 8. 248, 254. Griesbach, Records Geolog. Surv. of India, Tom. XX, S. 97 £. 2) A Manual of the Geology of India, 1. e. I, 8.98 und E. W. Voldenburg, A Summary of the Geology of India, 1910, S. 50 ff. Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 10 74 durchaus gegenüber anderen Färbungen der Gesteine zurück. Hauptsächlich aber deutet das überwiegende Vorkommen in Becken am Gebirgsrande, wie geschildert, und der ganze Charakter der Ablagerungen eher auf lakustre Entstehung, die allerdings nicht ohne Mit- wirkung von Flüssen zu denken ist. Meiner Auffassung nach handelt es sich um große und kleinere Landseen, welche in Verbindung mit Flüssen in bedeutender Zahl über den ganzen, damals stark abgetragenen Tian-Schan verbreitet waren. Diese Seen lagen in Senken, welche teils als Reste eines alten Reliefs noch bestanden haben mögen, teils mit dem allmählichen Beginn neuer Ge- birgsbewegung sich erst gebildet haben, einer Bewegung, die mit Austritt von porphyri- tischen Gesteinen erbunden war. (S. 57, 58, 68.) Hiefür spricht, wie schon früher hervor- gehoben wurde, der Umstand, daß nach den vielfachen Berichten der Asienforscher, die alle hier aufzuführen nicht angeht, die Angaraschichten sowohl häufig in diskordanter, als in konkordanter Lage auf den paläozoischen Gesteinen gefunden werden, nicht selten auch in diskordanter Lage auf Quarzporphyren, die den örtlichen Verhältnissen nach jünger als alle paläozoischen Ablagerungen sein müssen.!) Hiefür spricht auch der Umstand, daß das Liegende der Angaraschichten, wie aus den Berichten der meisten Asienforscher her- vorgeht, häufig Konglomerate sind, deren Material aus Gesteinen der näheren Umgebung der Becken stammt. Wenn sich ferner die Angaraablagerungen in vielen heutigen Becken des zentralen Tian-Schan nicht finden, so beweist dies nur, daß zur Zeit, als jene Bildungen entstunden, dort eben noch keine Becken vorhanden waren oder daß, wenn solche vielleicht in einzelnen eng begrenzten Senken bestanden haben mögen, die allenfalls dort abgelagerten Angarabildungen zur Zeit der Ausbildung der großen, für die heutige Gestalt des Tian- Schan entscheidenden Längsbrüche, also im Mitteltertiär und später, abgesunken sind (S. 42). So ist es beispielsweise bezeichnend, daß sie in der großen Senke des Tekes- Beckens im zentralen Tian-Schan fehlen; nur wenig im N. hievon jedoch, in der Randkette des Temurlyk-Tau vorhanden sind; sie fehlen in den zentral gelegenen weiten Becken des Yuldus und Kunges, finden sich aber, wie früher mehrfach erwähnt, in dem nördlichen Randbecken des Kasch und in dem südlichen des Kiu-könik. Ich fasse meine Ansicht dahin zusammen, daß die Ablagerungen der Angaraserie zu einer Zeit entstunden, als nach Ablauf der paläozoischen Epoche und der folgenden Zeiträume in einer langen Kontinental- und Trockenperiode der ganze Tian-Schan stark abgetragen war — ob bis zum untersten Denudationsniveau, wie Manche anzunehmen bereit sind, wage ich wegen Mangel an Anhaltspunkten hiefür nicht zu entscheiden. Nach Ablauf dieser Periode großer Trockenheit, sei es in der späten Trias oder in der frühen Juraperiode, muß für jene Gegenden infolge von Niveauschwankungen, welche im Zu- sammenhang mit damals stattfindenden Veränderungen in Verteilung von Meer und Fest- land stehen, über die wir aber nur mangelhaft unterriehtet sind, vielleicht auch infolge von physikalischen Verhältnissen, über welche wir noch weniger wissen, für Zentralasien eine Zeit großer Feuchtigkeit hereingebrochen sein. Damals bestunden teils an den Rändern teils inmitten der großen Tian-Schanischen Denudationsebene oder auch Peneplain — wenn !) Über diese wichtigen Verhältnisse, wie sie mir besonders im Kasch- und Kunges-Tal vor Augen traten, werde ich mich in einer später erscheinenden, z. T. schon vorbereiteten Arbeit über die Ergeb- nisse meiner Forschungen im östlichen Tian-Schan eingehender äußern. 75 diese Bezeichnung Manchen entsprechender erscheinen sollte — noch Senken von größerer oder sehr großer Ausdehnung und von verschiedener Tiefe (S. 57); andere begannen sich auszubilden mit dem allmählichen Erwachen neuer gebirgsbildender Tätigkeit. In diese Senken hat die stark erodierende Wirkung damals sehr wasserreicher Flüsse zuerst Gerölle hineingetragen und dann abwechselnd tonige, sandige Schichten abgesetzt und wieder Gerölle hineingetragen, wie dies eben den Zeiten größeren oder geringeren Wasserreichtums ent- sprach. Eine dichte Vegetation mag damals Teile des Landes bedeckt haben, war aber haupt- sächlich an den Rändern der Seebecken angesiedelt. Mit Ablauf der feuchten Periode und mit Eintritt einer starken Klimaverschlechterung verlandeten die Seen allmählich; zunächst bildeten sich Sümpfe, in denen eine besondere Flora gedieh. Nach längeren Zeiten aber, als das Klima immer trockner wurde und das Land im Begriffe war, zur Wüste zu werden, rückte der Sand immer mehr gegen die Becken vor, begrub auch die höhere Vegetation und füllte allmählich die alten Becken ein. Mit dem Eintritt der großen Gebirgsbewegungen im Tertiär, mit der Bildung oder Vertiefung der großen Längsbrüche und der sie schnei- denden Transversalbrüche verbanden sich beträchtliche und ungleichartige Hebungen des Landes. Es wurden einzelne Schollen der alten Landmasse, die mit Ablagerungen jener Kontinentalperiode bedeckt waren, in verschiedene Höhen gebracht, wo wir sie heute finden; andere sind in tiefere Niveaus abgesunken oder ganz verschwunden. Mit diesen Bewegungen waren aber auch Faltungsbewegungen verbunden, für welche die jungen weichen Kontinental- bildungen weit empfindlicher gewesen sein mögen, als die starre Masse der alten Gesteine, von welchen sie später durch Längsbrüche abgetrennt wurden. Dieses weitere Schicksal der Angaraschichten aber zu beschreiben, speziell was diese Ablagerungen in der Bogdo-Ola betrifft, ist verabredungsgemäß Sache meines Reisegefährten Dr. Gröber, dem ich hiefür Raum in dieser Arbeit zur Verfügung gestellt habe (Kap. XX). X. Die tertiären Ablagerungen. Die tertiären Ablagerungen haben am inneren Bau der Bogdo-Ola nur einen geringen Anteil, weil, wie aus dem Inhalt der vorhergehenden Kapitel zu entnehmen ist, die großen durch Grabenbrüche entstandenen Längstäler der westlicheren Teile des Tian-Schan mit ihren tektonischen beckenförmigen Weitungen von bedeutendem Ausmaße hier fehlen, während in den in der Bogdo-Ola vorherrschenden, hauptsächlich durch Erosion geschaffenen Quertälern (S. 56f) von geringer Breite zwar ebenfalls einige beckenförmige Erweiterungen vorkommen, jedoch nur solche von nicht annähernd so bedeutenden Dimensionen. Auch in diesen Becken finden sich hauptsächlich in Form von Konglomeraten und Sandsteinen junge Ablagerungen, die durch Flüsse hineingetragen wurden, in manchen auch tonige Seeabsätze. Der weitaus größte Teil dieser nicht sehr mächtigen Niederschläge wurde jedoch durch spätere Erosion wieder entfernt. Ich halte es für zweckmäßig, auf diese besonderen Ver- hältnisse erst bei Beschreibung des Reiseweges näher einzugehen. In zusammenhängenden Beständen begegnet man jungen zur Gobi-Serie gehörigen Ablagerungen, also solchen aus dem ausgehenden Tertiär und noch späterer Zeit nur am N.- und S.-Rande der Gebirgsgruppe. Am N.-Rande erscheinen sie nur als eine schmale Zone unbedeutender Hügel, die da und dort aus der lehmig-kiesigen Decke des Aufschüttungs- bodens der Steppe herausragen. Wo sie dort dem Rande des Angaragebirges sich anschließen, 10* 76 scheinen sie überall konkordant ihm angelagert zu sein; doch ist genauere Untersuchung wegen der starken Lößbedeckung und bei der Flüchtigkeit der Reise nicht möglich gewesen. Erwähnt muß hiezu jedoch werden, daß beim Eintritt in das Gebirge, in den zunächst am Rand noch niederen, die Quertäler begrenzenden Ketten bemerkbar wird, daß die Schichten der mesozoischen Bildungen, soweit sie nicht von Schutt und Löß bedeckt sind, also dort, wo die Aufschlüsse deutlicher werden, Südfallen zu zeigen scheinen, was auf Diskordanz gegen die jüngeren Bilduugen der Steppe schließen ließe. Diese ist jedoch nur scheinbar und erklärt sich daraus, daß der Nordflügel des ersten Sattels der Angaragesteine teils im Schutt begraben liegt, teils durch starke Lößbedeckung schwer erkennbar gemacht wird. Was in den tertiären Hügelbildungen gesehen werden konnte, war eine Schichtenfolge von bald ziegelroten bald dunkelroten grobkörnigen Konglomeraten, ziemlich dickbankig mit dünnen Zwischenlagen etwas feinkörnigerer Konglomerate von hellerer, ins Grau gehender Farbe wechselnd. Bemerkenswert schien mir das im Verhältnis zur Menge der Gesteinsfragmente geringe Quantum des Bindemittels in diesen Konglomeraten und ihr nicht sehr festes Gefüge, ebenso das konstante Einfallen gegen N. in Winkeln von beiläufig 20 Grad, das sich überall in den nach N. hin zusehends niedriger werdenden Erhebungen und Resten von solchen beobachten läßt. Öfters zeigten sich diese Bildungen diskordant überlagert von einer wenig mächtigen Decke eines meist sehr grobkörnigen, doch auch mit feineren Elementen gemischten, sehr festen, viel lehmiges und sandiges Bindemittel ent- haltendem Konglomerates, ähnlich dem, das ich früher auf solchen Tertiärbildungen weiter im W. beobachtet hatte. An einzelnen Orten war diese Decke abgewittert und Schollen hievon lagen in der Steppe zerstreut. Wenn ich zu diesen dürftigen Beobachtungen noch hinzufüge, daß die Gesteinselemente der liegenden roten Konglomerate ausschließlich den mesozoischen Bildungen entstammen und verhältnismäßig nur wenig gerolltes Material enthalten, während die diskordant darüber liegende Decke auch stark abgerolltes Material aus dem alten Gebirge enthält, so scheinen sie zu folgenden Schlüssen zu berechtigen: Eigentliche Hanhai-Ablagerungen fehlen am Nordrand des Gebirges, sei es, daß sie nie vorhanden waren, oder daß sie bei den großen späteren Bodenbewegungen, d. h. bei dem Absinken des Gebirgsrandes in Staffelbrüchen (S. 43 f.) verschwunden sind, oder endlich, daß sie unter den mächtigen Aufschüttungsmassen der Steppe begraben liegen. Den beschriebenen roten, grobklastischen Bildungen kann höchstens pleistozänes Alter zukommen; sie sind durch Schuttmassen entstanden, welche dem mesozoischen Gebirge entstammen und in einer der letzten oder vielleicht der letzten größeren Trockenperiode dieses Gebietes aus den Quertälern heraus und von den Abhängen des Gebirges herabgekommen sind, wo sie sich am Rande zu einem Gürtel zusammen- geschlossen haben. Ob ihr Gefällsverhältnis das ursprüngliche ist, oder durch sehr junge Bewegungen vielleicht noch verschärft wurde, ist schwer zu sagen. Die diskordant darüber liegende schwache Decke mehr gefestigten Materials dürfte als eine junge fluviatile Auf- schüttung der späten Diluvialzeit anzusehen sein. Am Südrande der Bogdo-Ola begegnete ich spättertiären und quartären Bildungen an der Ausmündung des großen Quertales Gurban-bogdo in die weite wannenförmige Senke, welche zwischen dem Abfall der Bogdo-Ola im engeren Sinne und der Dschargöß-Kette eingetieft ist. (Siehe Kap. VI, 8.35.) Auch diese Ablagerungen werde ich später ım Verlaufe der eigentlichen Reisebeschreibung schildern, weil ihre besondere Art nur im il Zusammenhang mit den geologischen und morphologischen Verhältnissen ihrer Umgebung verständlich gemacht werden kann. Soviel sei indes im vorhinein gesagt, daß es sich auch bei diesen Bildungen um fluviatile und ähnliche Absätze handelt, also nicht um solche pliozäne oder noch jüngere Gebilde, welche man im Richthofen’schen Sinne als „Hanhai- Schichten* zu bezeichnen berechtigt ist. Hierüber möchte ich nun zur Begründung meiner früher (S. 54) nur füchtig kundgegebenen prinzipiellen Anschauung über die grobklastischen jungen Ablagerungen in Tian-Schan folgendes hervorheben: Gleichviel, ob man unter der längs dem S.-Rande des Tian-Schan und weiter im O. einst vorhanden gewesenen großen Wasseransammlung, die jene Räume einnahm, wo sich heute die als „Gobi“ bezeichneten Wüstenstrecken dehnen, mit Richthofen ein seichtes, allmählich austrocknendes Meer versteht, oder eine Anzahl größerer abflußloser, verdunstender Süß- wasserseen, wie meines Erachtens mit mehr Recht, jetzt die meisten Forscher annehmen, stets kann man logischerweise unter „Hanhai-Sedimente“ nur solche Absätze verstehen, welche in jenen als „Hanhai“ bezeichneten Wasserbecken niedergeschlagen wurden oder an ihren Rändern entstunden, allenfalls auch solche, welche zu gleicher Zeit in Becken ab- gesetzt wurden, die sich damals auch im Innern des Gebirges befunden haben mögen. Keidel setzt für das Alter der Hanhai-Schichten daher mit Recht eine Grenze vom obersten Mesozoikum, was vielleicht etwas weit zurückgegriffen ist, bis ins Pliozän. Nach dem Ver- schwinden dieses Meeres oder dieser Süßwasseransammlungen entstund an ihrer Stelle die große „Wüste Gobi*. Das Wort Gobi bedeutet im Mongolischen Wüste; der geographische Name ist also nur eine Umschreibung. Folgerichtig kann man demnach als „Gobi-Bildungen“ nur die in jenen Räumen, welche heute von der Gobi eingenommen werden oder benachbart von ihr liegen, nach Ablauf der Hanhai-Periode entstandenen Gebilde verstehen, und zwar diejenigen, welche als Wüstenbildungen ohne weiters erkennbar sind sowohl, als jene Sedi- mente, welche von fließenden Gewässern am Rande der Wüste abgesetzt oder in einzelne in den Wüstenstrecken erhalten gebliebene, von Wassern erfüllte Senken geschafft wurden. Im übertragenen Sinne läßt sich der Ausdruck „Gobi-Sedimente“ allenfalls auf gleichalterige grobklastische Bildungen, die in den der Wüste nahen Gebirgsteilen zur Ablagerung ge- kommen sind, anwenden. „Gobi-Sedimente“ sind aber unter allen Umständen jüngere Bildungen als „Hanhai-Schichten‘. Dies muß festgehalten werden. Sind wir auch heute noch nicht so weit, beide Schichtenkomplexe nach Alter und Beschaffenheit überall genau voneinander zu trennen, so sollte man dies meines Erachtens, wo es möglich ist, wenigstens versuchen. Es läßt sich auch nicht in Abrede stellen, daß, wenn in diesen Bildungen einstens, noch mehr als bisher, Organismenreste gefunden werden — woran nicht zu zweifeln ist —, und wenn auf Grund eingehenderer Studien der einzelnen Schiehtenglieder gewisse durchgehende Ubereinstimmungen und Unterschiede darin fest- gelegt werden können, sowie endlich, wenn die Art und der Grad ihrer Dislokation be- rücksichtigt wird, es eines Tages wohl gelingen kann, eine stratigraphische Gliederung in alle die tertiären und posttertiären grobklastischen Bildungen zu bringen. Zweifellos ist dies eine schwierige Aufgabe, schon deshalb, weil scharf hervortretende Grenzen zwischen den einzelnen Horizonten nach der Natur dieser Ablagerungen und wegen der während der Zeit ihrer Entstehung ununterbrochen, fortdauernden Kontinentalität nur unter aus- nahmsweisen Verhältnissen erwartet werden können. Es findet vielmehr allgemein ein allmählicher Übergang von den älteren zu den jüngeren Serien statt. Immerhin ist die Zeile 13 von oben ist nach den Worten: „bis ins Pliozän“ einzuschalten: Auch Schlosser kommt bezüglich der auf meiner Tian-Schan-Reise im Jahre 1903 von H. Keidel im Tertiär von Karkara aufgefundenen Planorbis und Limnaeus Fauna zum Ergebnis, daß ihr mit hoher Wahrscheinlichkeit mittel- oder oberpliocänes Alter zukomme (Max Schlosser: Über fossile Land- und Süßwassergastropoden aus Zentralasien und China, Annales Musei Nationalis Hungarici IV 1906). 78 Aufgabe auf Grund weit genauerer Untersuchungen, als sie bisher stattgefunden haben, eine Gliederung durchzuführen, eine für künftige Tian-Schan-Forscher sehr dankbare. Das starke Vorwalten von mergeligen, tonigen und kalkigen Schichtgliedern, das Auftreten von Gips und Salzeinschaltungen in der Gesteinszone dürfte solche wohl als ältere unterscheidbar machen. Besonders auf Art und Grad der Dislokationen möchte ich aber hiebei besonderes Gewicht legen, sowie auf die Niveaus, in welchen diese Gesteinsserien heute gefunden werden. Bei der lang anhaltenden Dauer und dem nicht unbedeutenden Betrage der spättertiären und noch späteren Krustenbewegungen müssen die Hanhai-Schichten wohl ausnahmslos stärker betroffen worden sein, als die jüngeren Gobi-Sedimente. In diesen, soweit ich sie als jüngere Ablagerungen zu erkennen vermochte, traf ich in manchen Teilen des Gebirges sogar auf wenig oder gar nicht gestörte Partien. In ein- zelnen Fällen traten mir Erscheinungen vor Augen, welche nur beim ersten Anblick die Vorstellung von einer Dislokation erweckten, was sich aber bei näherer Untersuchung als irrig erwies. Ich möchte in dieser Hinsicht als bemerkenswert erwähnen, daß im mittleren Kaündü-Tal in einem Komplex von Konglomeraten und Sandsteinen die Schichten im Winkel von etwa 20 Grad gegen die Talsohle einfallen. Es zeigte sich aber, daß dies nicht auf Dislokation beruht, indem die Schichtenneigung in Wirklichkeit nur der früheren ursprünglichen Neigung des Talbodens gleichsinnig ist. Das Gefälle des Tales hat sich verändert durch allmähliches Hereinwachsen der jungen Flußschotter von der Mündung in das Innere infolge des Überwiegens der Akkumulation über die abnehmende Erosionskraft des Flusses.!) Störungen sind dennoch auch in jungen und jüngsten, sogar in Alluvialablagerungen am S.-Rande des Tian-Schan schon festgestellt worden. Über diese Verhältnisse werde ich noch an anderer Stelle Gelegenheit haben mich zu äußern. Vorläufig wende ich mich nur gegen die von Manchen in das Schrifttum über Zentralasien eingeführte Zusammenfassung von Hanhai-Schichten mit dem Komplexe der Gobi-Sedimente. Als zu letzteren gehörig, als postpleistozän oder noch jünger wird meines Erachtens der größte Teil der in den geschlossenen Becken und in den Flußtälern des Gebirges zur Ablagerung gelangten grobklastischen und Sandsteinserien anzusehen sein. Nur in einer sehr feuchtigkeitsreichen Periode der jungen geologischen Geschichte Zentralasiens haben die Flüsse so außerordentliche Wassermassen geführt, dab die Ablagerung von ungeheuren Mengen solcher Bildungen im Innern des Gebirges?) oder an den Ausmündungen der großen Flußtäler, besonders am S.-Abhang erklärlich wird, wo die einzelnen Schuttfächer sich zu Gürteln von außerordentlicher Mächtigkeit zusammengeschlossen haben. Diese feuchtigkeits- reiche Epoche muß der Zeit der diluvialen Vereisung des Gebirges kurz vorhergegangen sein, wie aus der Lagerung der alten Moränen allenthalben erkennbar ist. Von den meisten 1) Siehe meine Abhandlung über die Physiographie des Tian-Schan ete., 1. c., S. 14 und bei Burrard und Hayden, l. e., S. 261. 2) Leuchs schätzt die Mächtigkeit dieser Beckenabsätze — von ihm in dem oben von mir be- gründetem Sinne nicht zutreffend als Hanhai-Schichten bezeichnet — im oberen Kok-su-Gebiet auf 4 bis 500 m, eine bei weitem zu niedrige Schätzung. (Geolog. Untersuchungen ete., 1. c., 8. 31.) Zur Zeit, als Leuchs diese Arbeit abschloß, stund ihm das Ergebnis meiner Beobachtungen aus dem Kok-su-Quell- gebiet noch nicht zu Gebote, auf Grund welcher die Mächtigkeit dieser Ablagerungen von Trümmergesteinen auf über 1200 m angenommen werden muß. 79 Tian-Schan-Forschern wurden diese Gebilde als fuviatile erkannt. Schon Muschketow, nach ihm Kraßnow, Ignatiew und viele andere betonen dies. Muschketow legt besonderes Gewicht auf den Umstand, daß in Ferghana die Konglomerate mit der Entfernung vom Gebirgsrande immer feinkörniger werden. Ich habe das gleiche Verhältnis am 8.-Rande vielerorten feststellen können und auch in Gebirgstälern, wo meistens die Korngröße talaus- wärts wesentlich abnimmt. Überdies zeigt der Bestand des Gesteinsmaterials der Konglo- merate am S.-Rand allenthalben auf Herkunft aus den nahe dahinter liegenden Gebirgsteilen. Die Ablagerung in Becken ist aus allen Teilen des Tian-Schan bekannt geworden!) und auch aus anderen asiatischen Gebirgen, wie wir dies aus dem westlichen China durch Bailey Willis,?) aus dem Himalaya durch Burrard und Hayden?) wissen und aus vielen Teilen Chinas durch zahlreiche Mitteilungen in Richthofens China-Werk. Es ist aber eine wenig bekannte Tatsache — wenigstens ist sie meines Wissens in den Berichten bisheriger Tian-Schan-Reisender nicht genügend betont worden —, daß überhaupt diese jungen klastischen Gesteinsserien am S.-Rande des Tian-Schan, besonders im Kaschgar-Becken und von Aksu beginnend bis weit nach O., eine viel bedeutendere Entwicklung nehmen als am N.-Abhang. Im Zusammenhange mit der weiteren Tatsache, daß die südlichen Quertäler im allgemeinen tiefer eingeschnitten sind als die nördlichen, daß überhaupt, wie schon ein Blick auf die Karten lehrt, die Durchtalung des heute so trocknen, südlichen Abhanges fast reichlicher ist als die des noch gegenwärtig ziemlich feuchten N.-Abhanges, so daß wir im S. tiefe und typisch ausgebildete, durch Erosion entstandene Quertäler finden,?) in denen heute nur mehr wenige Wochen im Jahre ein schwaches Bächlein fließt, so führt uns dies zu besonderen Schlüssen: Alles weist mit eindringlicher Deutlichkeit darauf hin, daß dem S.-Abhang in einer nicht weit zurückliegenden Epoche ein ebenso feuchtes, wenn nicht feuchteres Klima zu eigen war, als dem N.-Abhang und daß daher die Klimaver- änderung von feucht zu trocken im S. von weit bedeutenderem Ausmaß gewesen ist als im N. Ich habe hierauf mehrfach in meinen Reiseberichten etc. hingewiesen und werde auf diese Verhältnisse auch im Laufe dieser Abhandlung noch wiederholt zurückkommen müssen.’) Im S. der Bogdo-Ola sind solche Bildungen, welche nach ihrer Zusammensetzung und nach dem Grad ihrer Dislozierung als ältere Hanhai-Ablagerungen angesehen werden können, 1) Aus den westlichsten Teilen des Tian-Schan erwähnt sie auch Machatschek, |. c., S. 46. 2) ]. c. I, S. 97. 3) 1. e., 8. 260 f. 4) Siehe in „Vorläufiger Bericht“ Petermanns Mitteilungen, 1. c., S. 41, meine Mitteilungen über das Apatalkan-Tal. °) Von ganz besonderem Interesse ist es für mich gewesen zu erfahren, daß in den südamerika- nischen Kordilleren ganz ähnliche Verhältnisse bestehen, wie ich den wertvollen Ausführungen Keidels entnehmen konnte. (H. Keidel, Über den Bau der Argentinischen Anden. Sitzungsberichte K. K. Akad. d. Wissensch. Wien, mathem.-naturwissenschaftl. Klasse, Bd. CXVI, 1907). Keidel, der gemeinsam mit mir das Tertiär im Tian-Schan kennen gelernt hat, hebt hervor, daß auch in der Argentinischen Kordillere die Ablagerung solcher grobklastischen Bildungen ‚in zeitweilig geschlossenen Becken der großen Längstäler“ stattfand und weist auf die überraschende Übereinstimmung mit zentralasiatischen Verhältnissen hin. Auf Grund von Keidels Schilderung halte ich sie für identisch mit „Gobischichten*. Auch in der Kordillere sind diese jungen Ablagerungen nach Keidels Bericht ganz wie im Tian-Schan durch sehr junge Bewegungen stark gestört worden oder mit Keidels Worten zu sprechen: „es läßt darauf schließen, daß hier sehr späte Bewegungen der Masse des Gebirges in vertikaler Richtung vor- gegangen sind“. Auch Keidel stellt sich diese Bewegungen als allmähliche Hebung der Gebirgsmasse und Senkung am Rand vor. Keidel hält diese jungen Bildungen in der Kordillere für fluviatile, die nur 80 von Obrutschew beschrieben worden.!) Es sind braungelbe, lockere, unregelmäßig ge- schichtete Sandsteine mit auskeilenden, kohleführenden Partien und ebensolchen konglo- meratischen Zwischenlagen mit hartem, kalkig tonigem Zement und mit dicken, kalkig tonigen Bänken. Ich selbst habe in der Umgebung des Sees Aidin-kul (Sayo-pu) ebenfalls ältere Bildungen getroffen, welche teils als Seeabsätze deutlich erkennbar waren, zum Teil ihrer Beschaffenheit nach andeuten, daß sie als Trockenschutt an den gebirgigen Rändern des Sees abgelagert und erst später durch einbrechende Gewässer verfestigt wurden. (Siehe Spezialkärtchen.) Über alle diese Ablagerungen werde ich in der Beschreibung dieses Beckens in Kap. XVII Näheres berichten. Xl. Die heutige Vergletscherung der zentralen Bogdo-Ola-Gruppe. Nimmt man für die zentralste Bogdo-Ola-Gruppe als Westgrenze eine der tiefen Furche des Tales Da-tun-gu (Sangun) folgende Linie für den N.-Abhang an und für den S.-Abhang eine solche Tiefenlinie, die dem unbenannten Quertal entspricht, das wenig westlich vom Gurban-bogdo-Tal diesem parallel verläuft, nimmt man als O.-Grenze dann im Norden den Narat (Jun-tschan-toü)-Graben an und im Süden das gletschererfüllte Chigo-Tal (siehe Karte I), so ergibt sich als Grundfläche der gesamten zentralen Gebirgs- gruppe eine Gesamtfläche von 1207,80 qkm, von welcher nur etwa 70,72 qkm, also etwa über !/s des vergletscherten Gebietes der Montblanc-Gruppe, heute noch mit Firn und Gletscher bedeckt sind. Entsprechend den klimatischen Einflüssen, wie sie früher (in Kap. II) geschildert wurden, hat der N.-Abhang der Gruppe hieran einen größeren Anteil, nämlich 38,80 qkm, der S.-Abhang aber nur 31,92 qkm. Nichtsdestoweniger trägt der Südabhang längere Gletscher als der Nordabhang. Dies ist aber nur in den durch periodische Ströme von ganz kurzem Lauf abgelagert wurden und nimmt an, daß die gleichen Vorgänge heute noch andauern. Im Gegensatz hiezu geht aus der Zusammensetzung solcher Bildungen im Tian-Schan, aus ihren Lagerungsverhältnissen und den heutigen klimatischen Bedingungen hervor, daß sie nur von großen Flüssen einer früheren feuchtigkeitsreicheren Zeit verfrachtet wurden. Auch Hauthal (Rudolf Hauthal, Reisen in Bolivien und Peru, Leipzig 1911, 8. 8£.) ist solchen jungen grobklastischen Bildungen in den großen Flußbecken begegnet, hält sie aber im Widerspruch zu Keidels Ansicht für fluvioglazialer Entstehung und sieht die starke Entwicklung „dieser gleichartigen Ablagerungen als ein Anzeichen dafür an, daß die riesigen Eismassen der ersten Vergletscherung plötzlich zum Schmelzen gebracht wurden, so daß gewaltige Wassermengen zu Tale stürzten, die imstande waren, auch die größeren Blöcke aus den Moränen mit sich fortzureißen‘. Diese Annahme einer ziemlich raschen Klimaänderung nähert sich so ziemlich derjenigen, welche ich für den Südabhang des Tian-Schan angenommen und mehrfach zum Ausdruck gebracht habe Hauthal hebt auch weiterhin hervor, wie sehr sich die klimatischen Verhältnisse in der Kordillere geändert haben, in ziemlich analoger Weise, wie dies meiner Ansicht nach im südlichen Tian-Schan der Fall war; er meint ($S. 11), „daß größere Wassermassen in den jetzt so trockenen Tälern des Hochplateaus und auch auf ihm früher wirksam waren, dafür finden sich noch mehr Beweise‘. Sogar die Überlagerung dieser grobklastischen Ablage- rungen mit einer dünnen jüngeren Decke von feinkörniger Zusammensetzung, wie sie Hauthal schildert, ist in Übereinstimmung mit den Verhältnissen, die ich aus dem Tian-Schan kennen lernte. Kurz der Übereinstimmungen sind es überraschend viele. Übrigens gibt Keidel selbst zu, daß es außer den von ihm für fluviatil angesprochenen Sedimenten in der Kordillere wohl auch solche geben könne, die glazialen und fiuvioglazialen Ursprungs seien, wie dies außer von Hauthal schon früher durch Boden- bender und Steinmann angenommen wurde. 2) 1. c. II, S. 640—643. sl orographischen Verhältnissen, von denen später mehr die Rede sein wird, begründet und beweist wieder einmal, wie sehr deren Beschaffenheit ungeachtet wesentlicher, der Ver- eisung ungünstiger klimatischer Einflüsse bestimmend auf die Entwicklung von Glet- schern einwirkt. | Der ungeheure Wandabsturz von zirka 3000 m Höhe, mit dem die N.-Seite der zentralsten Gruppe gegen eine im Mittel etwa 3300 m hohe, weit gedehnte, schwach ge- neigte Stufe (siehe S. 39, 50, 56) als Rückwand eines großen Zirkustales jäh absinkt, ist in ein dichtes Firnkleid gehüllt, das lediglich an den steilsten und zerrissensten Fels- rippen der Riesenwand nicht zu haften vermag. Die in den hochmuldenförmig ausge- bildeten, zwischen den drei Hauptgipfelerhebungen und zu seiten von ihnen eingetieften weiten Wandnischen (siehe Taf. 1 u. 2) angesammelten großen Firnmengen fließen zwischen schroffen Felsgraten herab und bilden Hängegletscher von. selten wahrzunehmender Pracht, welche wegen ihrer außerordentlichen Steilheit beständig von Lawinen bestrichen werden. Die aus diesen schroff geböschten Nischen des Wandabsturzes vorbrechenden Eismassen vereinigen sich in prächtigem Schwunge konzentrisch am Fuße der Wand und breiten sich dort über die unregelmäßige Oberfläche des Plateaus nach allen Richtungen aus in Form eines großen kuchenförmigen Eisfeldes (siehe Taf. 4 Panorama 1), das seinen Abfluß in einige in die Hochfläche einschneidende Talfurchen findet. Der Gegensatz zwischen den wundervoll zerklüfteten Formen des beiläufis 3000 m hohen hängenden Firns, wie ich ihn von gleicher Schönheit und Mannigfaltigkeit der Gestaltung kaum großartiger in irgend einem andern Gebirge begegnet bin und der ruhigen und geschlossenen Form der an seiner Basis sich ausbreitenden Eismassen könnte nicht wirkungsvoller gedacht werden. Ich benenne diesen schönen Gletscher mit dem Namen des verdienten ersten Erforschers der Bogdo-Ola-Gruppe als „Grum-Grschimailo-Gletscher“. Eine dieses große Gletscherfeld teilende Mittelmoräne verdankt ihre Entstehung zweierlei besonderen Ursachen, zunächst der Umfließung eines vorspringenden Felsastes durch den in der östlichsten Wandnische entspringenden und nach W. fließenden Eis- strom, der den von dort stammenden Gehängeschutt mitführt; außerdem und hauptsächlich aber dem besonderen Umstand, daß die Strömungsrichtung des Firneises, welches aus der anderen, von den absinkenden Felsgraten des West- und Mittelgipfels begrenzten Nische hervorbricht, mit der Richtung der aus der Bucht zwischen Mittel- und Ostgipfel ab- fließenden Eismassen einen Winkel von beiläufig‘ 40° bildet. Hiedurch wird der vom westlichen Eisstrom transportierte und emporgeschobene Grundmoränenschutt am Rande des östlichen Eisstromes aufgestaut und von diesem weitergeschleppt. (Am Panorama Taf. 2 sind diese Verhältnisse gut erkennbar). Diese Mittelmoräne teilt das breite Eis- feld in zwei nahezu gleich große Eisfelder, welche sich erst nahe am Westende des Gletschers wieder zu einem einheitlichen Eiskörper vereinen. Es handelt sich hier also um eine ganz besondere Art der Bildung von Mittelmoränen, die sonst aus den Seiten- moränen zweier zusammenfließender Gletscher zu entstehen pflegen. Die Hauptmasse des Gletschereises umfließt den Fuß der gewaltigen Wand in Bogen- lauf, wendet sich der tief eingeschnittenen Lücke des Gurban-bogdo-Passes zu (siehe früher 5. 37) und nimmt seitwärts von diesem ihren Lauf nach $., da einer weiteren Aus- breitung nach NW. hin sich ein wesentliches Hindernis entgegenstellt. Es ist dies ein etwas nördlich von der zentralen Hauptgruppe aus der östlichen Umwallung des großen Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 1l 82 Gletscherzirkus sich abspaltender, annähernd in der Streichrichtung des Hauptkammes ver- laufender, ihm vorgelagerter, mehrere Kilometer langer und in seiner Kammlinie abgeflachter Felsriegel, der den Zirkusboden durchschnittlich um 300—400 m überragt, aber doch gegen W. allmählich abdacht und erst wenig westlich des Gurban-bogdo-Paßeinschnittes, sich immer _ mehr erniedrigend, allmählich in die Hochfläche ausläuft. (Siehe Panorama Taf. 1.) Von diesem eigenartigen Glied des Reliefs der Bogdo-Ola wird später eingehender die Rede sein. Mit der zunehmenden Absenkung des großen Eisfeldes gegen die Furche des vom Passe nach S. ziehenden Hochtales verengt sich die weite kuchenförmige Eismasse mehr und mehr und bildet endlich eine fast °/ı km breite hochaufgewölbte Zunge aus, deren Westseite mit einem walzenförmig konvexen Steilabbruch von durchschnittlich 45 m Höhe auf dunklen Grundmoränenschutt absetzt. Soweit dieser Eiskörper als Zunge bezeichnet werden kann, nimmt er einen 2—3 km langen Verlauf und zeigt in seiner ziemlich schuttfreien Beschaffen- heit regelmäßige Blätterstruktur; mit sogenannter „Löwentatzenform“ sinkt er auf ein breites Feld dunklen Grundmoränenschuttes jäh ab in einer Höhe von 3533 m (Hypsometer). Unter dem Grundmoränenschutt am Zungenende bemerkte ich an mehreren Stellen totes Eis; wie weit es hinabreicht, vermochte ich nicht festzustellen. Diese Erscheinung toten Eises findet man häufig im östlichen Tian-Schan an stark der Sonnenbestrahlung ausge- setzten Gletscherenden.!) Die Eishöhe am Zungenabbruch beträgt zirka 30 m, mithin kann die durehschnittliche Eismächtigkeit der Endzunge auf mindestens 40—50 m angenommen werden. Das Gesamtareal des Grum-Grschrimailo-Gletschers bedeckt 16 qkm. Berücksichtigt man den Bogenlauf des Gletschers (siehe Karte III), so erhält man eine mittlere Länge von 6 km bei einer mittleren Breite von 1!/a km, wobei die in die nord-östlichen Seitentäler hinabreichenden Eislappen nicht mit einbezogen sind. In den oberen Teilen des Eisfeldes sind infolge ungleichartigen Druckes der einzelnen Komponenten aufeinander Spalten zahl- reich und von komplizierter Anordnung. Der auf mehr gleichmäßig ebener Unterlage dahinfließende untere Teil dagegen zeigt eine fast geschlossene Decke. Die Schmelzwasser entströmen nicht dem Zungenende, sondern etwas oberhalb in mehreren Armen dem gegen W. gerichteten, also vermöge seiner Exposition der Abschmelzung am meisten ausgesetzten Steilabfall der Zunge und vereinigen sich später in einer Senke des weiten Grundmoränen- schuttfeldes zu einem starken nach S. strömenden Bach. Auf solche Weise werden die Schmelzwasser eines großen Teiles der festen Nieder- schläge des Nordens, ähnlich wie in manchen anderen Teilen des Tian-Schan, heute haupt- sächlich dem Südabhang des Gebirges zugeführt. Dieses Verhältnis ist jedoch offenbar erst entstanden, als für die Bogdo-Ola-Gruppe bereits das Ende ihrer eiszeitlichen Klimaperiode gekommen war. Früher, als die Eismassen dort noch so bedeutende Mächtigkeit hatten, daß sie den obenerwähnten, jetzt den Grum-Grschimailo-Gletscher gegen N. begrenzenden Fels- riegel überfluteten — wovon seine Form deutliches Zeugnis abgibt — (siehe Panorama Taf. 1) haben sie vereinigt mit dem von den westlichen Gipfeln des Hauptkammes ab- fließenden Firneis ihren Lauf zum überwiegenden Teil nach N. genommen, wofür die eine so große Mächtigkeit aufweisenden alten Glazialablagerungen am N.-Abhange auf das deutlichste sprechen. Ich verweise in dieser Hinsicht jetzt nur flüchtig auf die ungeheure !) Besonders umfangreich ausgebildet fand ich die Erscheinung in den Tälern Khaptn-su (Kok-su- Gebiet) und Chustai (Manas-Gebiet), auch an einem der Gletscher des Aigas-Gebietes. 83 Stirnmoräne, die in zirka 2000 m Meereshöhe den prächtigen Bogdo-Ola-See aufgestaut hat. Von diesen älteren Glazialablagerungen wird im Zusammenhang mit der Beschreibung des Sees in einem späteren Kapitel eingehender berichtet werden. Auch auf die charak- teristischen Züge, welche die Glazialzeit der heutigen Gestalt des nach N. ziehenden Da-tun-gu-Tales aufgeprägt hat, sei einstweilen hingewiesen sowie auf die ausgedehnten Ablagerungen der Eiszeit, welche in tiefen Niveaus dieses und der benachbarten Parallel- täler eine in solcher geographischer Lage unerwartete Erscheinung für den Beobachter bilden. Diese Verhältnisse werden ebenfalls in einem der folgenden Kapitel eingehender dargelegt werden. Vorausgreifend bemerke ich nur, daß erhalten gebliebene alte See- becken am N.-Rande (siehe Karte II) erweisen, daß am Ende des Diluviums auch sogar Randseen dorten nicht fehlten. In seinem östlichen Teile spaltet sich das breite Eisfeld des Grum-Grschimailo-Glet- schers, wie aus Pan. 1 auf Taf. 4 und aus Karte II ersichtlich wird, in drei Arme, die den von N. in die Hochstufe einschneidenden Quertälern Dön-chon-dse und zwei Quelltälern des Du-dun-dse zufließen, aber im Vergleiche zur westlichen Hauptzunge nur Zungen von geringem Ausmaße entwickeln, die schon nach kurzem Laufe abbrechen. Die Höhe dieser Zungenenden habe ich nur schätzen können. Immerhin dürfte, da meine Schätzung durch Visierung von hochgelegenen Standpunkten aus unterstützt wurde, diesen Werten ein ziemlicher Grad von Genauigkeit beizumessen sein, die in der Reihenfolge von O. nach W. hier aufgeführt werden: 3250 m, 3300 m, 3200 m. Aus dem vorstehenden ergibt sich die bemerkenswerte Tatsache, daß der Grum- Grschimailo-Gletscher seine Wasser z. T. nach Süden, dem abflußlosem Tarimbecken, zum anderen Teil dem gleichfalls abflußlosen Dsungarischen Becken im Norden abliefert. Aus dem reichen Firnmantel, der den jenseits der Lücke des Gurban-bogdo-Passes sich zunächst erhebenden mächtigen Doppelgipfel Pik-Schokalsky (siehe S. 37) einhüllt, ziehen infolge der mannigfachen Gliederung der Abhhänge dieses gewaltigen Berges (siehe Taf. 1 und 2) nach allen Seiten hin schöne Gletscher herab, von denen ebenfalls nur die kleineren nach N. drainieren, der größte jedoch seinen Abfluß gleichfalls nach 8. in das Gurban-bogdo-Tal nimmt. Ein weites fast zusammenhängendes Firnkleid deckt die breiten N.-, NW.- und NO.-Flanken des Berges und bildet in seiner Vielförmigkeit und vollkommen schuttfreien blendenden Reinheit eine besonders prächtige Erscheinung. Aus seiner Hauptmasse entwickelt sich ähnlich wie aus dem Eisfeld der zentralen Haupt- gruppe eine lappenförmige, etwa !/s km breite hochaufgewölbte Eiszunge, die aber schon bald ohne Ausbildung eines Talgletschers bei ca. 3530 m Höhe (Hypsometer) als gänzlich schuttfreier und nur wenig zerklüfteter Eiskörper in ihrer ganzen Breitenausdehnung wie abgeschnitten ohne Endmoräne neuer Entstehung (hievon später mehr) auf einem mit dunklem Grundmoränenschutt bedeckten Hange absetzt. Die schon etwas oberhalb des Abbruches, dessen Eismächtigkeit ca. 25 m beträgt, zu beiden Seiten der Gletscherzunge entspringenden zwei wasserreichen Bäche fließen dem aus dem Grum-Grschimailo-Gletscher entströmenden Bache zu. Dieser hiedurch sehr bedeutend gewordene Wasserlauf verzweigt sich bald in wüsten Trümmerfeldern der flachen Stufen, die den Südlauf des sich nur all- mählich verengenden Paßtales unterbrechen. Es sind Massen großer Blöcke der alten Grund- moräne, welche dort zurückblieben, während die kleineren Bestandteile von den Wassern zur Tiefe geschafft werden konnten. Am Abbruch der unteren dieser Stufen sammeln sich nis 84 die Wasser zu einem etwa 270 m unter der Paßhöhe liegenden See, eingeschloßen zwischen schroffen, vom Eise in schönen Rundhöckerformen abgeschliffenen Felsmauern des sich nun stark verengenden Tales. (Siehe Taf. 10, Fig. 4, Taf. 14, Fig. 3.) Die Wassermenge in diesem Felsbecken ist zwar, wie die ca. 50 m über dem heutigen Seespiegel erhaltenen alten Wasserstandslinien anzeigen, schon erheblich geschwunden und das Becken ist, be- sonders am N.-Rande bereits stark mit Detritus aufgefüllt, doch zeigt die Wasserfläche noch immer eine Länge von ca. 800 m bei einer Durchschnittsbreite von 300 m. Dieses Felsbecken ist zweifellos, schon nach seiner bedeutenden Tiefe und nach den Steilufern des W.- und O.-Randes zu schließen, durch die erodierende Tätigkeit konzentrisch ein- mündender Gletscher nicht unwesentlich vertieft worden; seine Abdämmung gegen $S. aber, am Rande einer folgenden Steilstufe, ist einem beim Rückzuge des Hauptgletschers dort zurückgelassenen Endmoränenwall zu danken, dessen Masse aber, entsprechend dem früher mindestens um 50 m höheren Wasserstand gleichfalls (siehe oben), bedeutend höher als heute gewesen sein muß. Von den alten Ufermoränen sind Reste erhalten (Taf. 14 Fig. 3), welche heute noch eine Höhe von mehr als 50 m erreichen. Die starke Zufuhr feinster ausgespülter Bestandteile aus den höher oben liegenden Mengen von Grundmoränenschutt hat eine braungelbe Färbung des Seewassers zur Folge. Der für glazial ausgestaltete Täler charakteristische Stufenbau setzt sich auch weiter nach S. fort, was in folgendem Kapitel eingehender geschildert wird. Von den gegen OÖ. und SO. gerichteten Teilen des Firnmantels des Pik-Schokalsky sinkt ein ungemein steiler und wilder Hängegletscher herab, genährt von Firnmaterial- seines höher oben sich breitenden Einzugsgebietes, aus welchem ihm solches reichlich durch mehrere Couloire zufließt. (Siehe auf Taf. 10 Fig. 5.) Diese von Firnschnee gänzlich enthlößte Eiswand stürzt unmittelbar in die Gewässer des beschriebenen Sees ab. Die Eismassen bröckeln mfolge des bei der großen Steilheit sich geltend machenden außer- ordentlichen Druckes der oberen Teile und infolge der eigenen Schwerkraft, sowie durch die abradierende Einwirkung des Wassers beständig ab und schwimmen als zahlreiche kleine Eisberge im See umher. Der Seespiegel liegt in beiläufigem Niveau von 3370 m; somit erreicht das Ende dieses Hängegletschers eine wesentlich bedeutendere Tiefe als das des Hauptgletschers. Auch der Firnmantel dieses Berges entwässert also teils nach S., teils nach Norden. Auf den Pik-Schokalsky folgen im Verlaufe des Hauptkammes gegen WSW., wie aus Panorama Taf. 2 entnommen werden kann, noch mindestens fünf Gipfel, die ungeachtet ihrer im Verhältnis zur Hauptgruppe nicht mehr sehr bedeutenden Höhe — sie erreichen meiner Schätzung nach zwischen 4600 und 4800 m — eine für diese geographische Breite überraschend reiche Vergletscherung aufweisen. (Siehe S. 37.) Auch die aus diesem Teile des Hauptkammes nach NNW. vortretenden Seitenäste tragen in ihren Wurzel- gebieten noch eine Anzahl kleiner Kargletscher. Wie tief diese Vergletscherung der Kamm- region des Westzweiges der Bogdo-Ola in die betreffenden Taleinschnitte hinabreicht, vermochte ich nicht genauer festzustellen, da ich in diese Täler nicht eingedrungen bin. Man darf aber bei der verhältnismäßig nicht bedeutenden vertikalen Entwicklung des Einzugsgebietes und bei den hohen Sommertemperaturen der Täler jener Gegend an- nehmen, daß aus den Firnfeldern sich kaum andere als kurze Hängegletscher entwickeln. (Siehe weiterhin.) Immerhin ist auch die Ausdehnung der Firndecke dieses Gebirgsteiles in 85 Anbetracht dieser und anderer einwirkender klimatischer Faktoren noch überraschend eroß, besonders wenn man hiemit die geringe Vereisung des Westendes des Tian-Schan vergleicht,!) der doch immerhin unter klimatischen Einflüssen steht, welche eine Firn- bildung miehr begünstigen könnten. Ich glaube nicht fehl zu gehen in der Annahme, daß solche Entwicklung hier im O. weniger auf Rechnung starker Winterschneefälle zu setzen ist, als auf die Häufigkeit der sommerlichen Niederschläge, die als Folge bereits erwähnter und später noch weiter zu schildernder Gegensätze anzusehen sind. Zwischen den überhitzten Tiefen zu Füßen beider Abhänge und den stark erkälteten, gewaltigen Höhen des Gebirges finden die Temperaturverhältnisse ihren Ausgleich stets in heftigen Stürmen, welche gerade in den Sommermonaten eintreten und starke Niederschläge in den Hochregionen zur Folge haben. Diese fallen nach meiner Erfahrung schon in Höhen von über 3800 m stets in fester Form. Auch die enge Geschlossenheit des Gebirges mag einen gewissen Einfluß auf die Bildung von Firndecken ausüben. Von der Fortsetzung der zentralen Gruppe gegen O. wurde bereits S. 36 hervor- ‘gehoben, daß sie aus Gipfeln von konusförmiger Gestalt besteht (siehe Panoramen Taf. 1 und 4, Fig. 1), welche, trotzdem sie um S00 bis 1000 m unter der Höhe der zentralen Gruppe kulminieren, doch noch in ihren höheren Teilen überraschend geschlossen befirnt sind, und sogar noch auf ihren Südgehängen als Reste einer ehemaligen totalen Vereisung sehr ansehnliche Firnfelder tragen. Genaue Feststellungen, wie weit die heutige Verglet- scherung in die nördlichen Täler der östlichen Fortsetzung der zentralen Gruppe herab- reicht, kann ich nicht geben, da ich diese Täler, ebensowenig wie die westlichen, selbst begehen konnte. Eine annähernde Schätzung dieser Werte hingegen, sowohl für die öst- lichen als die westlichen Täler, erlauben die folgenden Verhältnisse: Mein Hauptlager am N.-Abhang (Taf. 4 Fig. 3) befand sich in einer Seehöhe von 3435 m auf einem weiten, rings vom Eisgebirge umschlossenen, nur nach NNW. geöffneten Talboden (hierüber Näheres in Kap. XVI) von durchschnittlich 21), km Breite, der vom Fuße des Steilabsturzes der zentralen Gruppe an in geringer Neigung gegen NW. zur tiefen Längstalfurche des obersten Da-tun-gu-Tales hin abdacht. (Siehe Karte II.) Zu beiden Seiten ist dieses in unregelmäßiger Weise durch Glazialablagerungen aufgefüllte Plateau von Gebirgskämmen umrandet, die aus der zentralen Gruppe in Richtung NW. abzweigen, wie dies in Panorama 1 auf Taf. 4 anschaulich gemacht ist. Gemäß der allgemeinen Abdachung des Gebirges nach dieser Richtung sinken diese Seitenkämme von über 4000 m in ihrem Wurzelgebiet rasch bis zu 3000 m und darunter ab. Die aus der flächenhaften Scheitelregion dieser hohen Ränder aufragenden Gipfel zeigen mehr oder weniger regel- mäßige, flach pyramidale Gestalt und tragen dichte, in den obersten Teilen fast lückenlose Firnhauben, von denen breite Eislappen an den gegen das Hochplateau abfallenden, wenig steilen Bergflanken herabhängen. (Siehe auch Fig. 3, Taf. 4.) Der nahezu horizontale Verlauf, welchen eine die Enden aller dieser Gletscher verbindende Linie beschreibt, ruft den Eindruck hervor, als hätte man die Eiszungen in gleicher Höhe abgeschnitten. Überall kann ihr früheres, weit bedeutenderes Hinabreichen an der Form des dunklen Gesteins- schuttes ihrer vom Eise noch nicht lange verlassenen Grundmoränen deutlich erkannt !) Siehe F. Machatschek, 1. c., S. 80 ff. 36 werden. Es scheint, als wenn das Firneis, sobald es in ein Tiefenniveau gelangt, wo die mittlere Sommertemperatur eine gewisse Höhe erreicht, dem Abschmelzen nicht ent- gehen kann, falls die Eiszungen nicht durch besondere orographische Verhältnisse geschützt werden, was eben an den Seitenrändern dieses weiten Zirkus nirgends der Fall ist. Auf solche Weise mußten die Riszungen hier an der gleichen Grenze enden. Natürlich ist aber diese untere Grenze an den beiden gegeneinander gerichteten Abhängen der Seiten- ketten nicht die gleiche wegen ihrer Exposition gegen die Sonne. Die gegen O0. ge- breiteten Eislappen des westlichen Bergzuges reichen wesentlich weiter herab als die dem Boden des großen Zirkus zugewendeten des östlichen Zuges, dessen Flanken gegen W. gerichtet sind. Durch Peilungen wurden die Eisenden des westlichen Bergzuges auf durchschnittlich 3450 m festgestellt, die des östlichen aber auf 3600 m. Es besteht nun kein Grund anzunehmen, daß in den anderen Hochtälern, die noch dazu in ihren Quell- gebieten, soweit ich von hochgelegenen Punkten aus Einblick darin gewinnen konnte, sehr beträchtlich weniger ausgeweitet und offen sind als die uns als Lagerplatz dienende Talstufe über dem Da-tun-gu-Tal, hievon stark abweichende Verhältnisse vorherrschen sollten. Eher dürfte man bei der allgemeinen Verengung der Talschlüsse die eben an- geführten Zahlen um etwa 100 m erniedrigen. Auch der Böschungswinkel des Gehänges scheint überall annähernd der gleiche zu sein. Man wird demnach für das untere Ende aller dieser Eiszungen im Mittel einen Wert von 3500 m annehmen dürfen. Zur Erklärung der für die Zungenenden im Osten unseres Nordlagers (S. 83) angeführten weit niedrigeren Werte ist darauf hinzuweisen, daß diese in engen Talschlüssen gegen NO. gerichtet sind, während die anderen NW.-Exposition haben und daß dort die Firngebiete höher liegen und darum ausgedehnter sind. Wir werden uns dieser Zahlen bei den späteren Erörterungen über das Verhältnis der heutigen Schneegrenze zur diluvialen zu erinnern haben. Alle diese Gletscher tragen wie die schon beschriebenen die unverkennbaren Zeichen starken und andauernden Schwindens an sich. In ihrer heutigen Ausdehnung erscheinen sie nur als ärmliche Reste, wenn man beachtet, daß, gleichviel wohin im Gebirge der Blick sich wendet, allenthalben dem Gelände der Charakter eines ehemals total vereisten Gebietes aufgeprägt ist. Die der jetzigen Vergletscherungsperiode des Gebirges angehörigen kleinen Endmoränen mancher Seitengletscher, durch welche deren von längeren Pausen unter- brochener Rückzug ersichtlich wird, sind zum Teil noch wohl erhalten und liegen auf älterem Grundmoränenboden, wovon später mehr die Rede sein wird. Jedenfalls ging der allerletzte Rückzug so rapid vor sich, daß neue Endmoränen sich nicht bilden konnten. Betrachten wir nun den Südabhang des Hauptkammes, wie er sich in Panorama Taf. 3 darstellt, das auf einer Höhe von 4530 m aufgenommen wurde, so finden wir be- stätigt, was schon früher hervorgehoben wurde, daß im Süden die gesamte von Firn und Eis bedeckte Fläche geringer ist als im Norden. Wir sehen entsprechend der beiläufigen Exposition gegen Süden eine weit geringere Vergletscherung der Bergflanken als im Norden, aber im Gegensatz hiezu doch eine bedeutendere Ausbildung einzelner Talgletscher, was nur auf begünstigende orographische Bedingungen zurückgeführt werden kann. (Siehe vorher S. SOf.) Infolge der tieferen Lage der Erosionsbasis im S., die sich aus den in Kap. VI geschilderten tektonischen Verhältnissen ergibt, und da allen Anzeichen nach Senkungsbewegungen an der Basis des Gebirges und Hebungsprozesse in der zentralen Kammregion noch bis in unsere Zeit hinein nicht abgeschlossen sind (siehe S. 49 f.), konnten 87 die Flüsse des Südabhanges ihren Lauf noch weniger ausgleichen als jene des Nordens; sie haben aber zu einer Zeit, als auch der S. noch unter der Herrschaft einer weit feuchteren Klimaperiode stand, bedeutendere und tiefere Talfurchen geschaffen als die nördlichen. Bei den kräftigeren thermalen Gegensätzen des Südens wurde auch eine viel stärkere Gesteinszerstörung hervorgerufen (siehe S. 40) und es konnte sich daher im Gebirgsgerüste des Südabhanges ein mannigfacherer und reicherer Formenschatz ausbilden als im Norden. Eine größere Anzahl von weit zurückgreifenden Karnischen oder verwandter Bildungen und eine mannigfaltigere Verzweigung der Talwurzeln fällt schon beim Vergleiche des Pano- ramas vom S.-Abhang mit einem der den N.-Abhang darstellenden sofort auf. In diesen Wandvertiefungen vermochten sich große Mengen Firns dauernd anzusammeln, aus deren Zusammenfluß dann überraschend lange Gletscherzungen, wie die des Chigo-Gletschers und die weniger bedeutende des „Südgletschers“ sich entwickeln konnten (Taf. 12, Fig. 1 und 2.) Die Gletscherzunge des Chigo-Gletschers liest zudem in einem tektonisch ver- anlagten, zweifellos schon durch präglaziale Erosion ausgestalteten, grabenartigen Engtale, dessen ungeheuer hohe und steile Talränder sich gegenseitig beschatten und dadurch der Ausbildung und Erhaltung von Gletschereis günstige Bedingungen schaffen. Der Chigo- Gletscher zeigt bei einer durchschnittlichen Breite von 1 km eine größte Länge von seinem Ursprung bis zum Ende von mehr als 12 km, also etwa entsprechend der Länge des Hochjochferners; der Südgletscher von seinen äußersten Wurzeln bis zum Zungenende eine solche von fast 5 km. Der Gesamtflächengehalt des Chigo-Gletschers beträgt 128000 qm, also etwa ähnlich dem des Mandron-Ferners. Dieses sind Verhältnisse, welche an und für sich nicht gerade recht bedeutend zu nennen sind, aber im Hinblick auf einen schmalen und mitten aus dem aridesten Klima aufsteigenden Gebirgszug, der so weit nach O. vor- geschoben ist, dennoch beachtenswerte Größen darstellen. Auch der Chigo-Gletscher dankt einer Konvergenz der Strömungsrichtungen des Firn- eises im Einzugsgebiet und dem Umstande, daß dieses einen mächtigen Felsast umfließt, eine der ganzen Länge der Zunge!) folgende Mittelmoräne. (Siehe Taf. 3 und 12.) Es sind deren ursprünglich zwei in geringen Zwischenräumen voneinander entstehende, die einige Kilometer nebeneinander herlaufen und dann sich vereinen. Die Eisdecke der Gletscherzunge ist stark gewölbt, hat im unteren Teile nur geringe Neigung — was auf ihren verhältnismäßig stabilen Zustand zweifellos von Einfluß ist — und erweist sich wie alle Gletscher dieses Gebirges nahezu schuttfrei. Drei Stufen von Ufermoränenwällen begleiten den Lauf der Eiszunge. Die zwei unteren sind verhältnis- mäßig jung, denn sie sind unbewachsen und deuten also die jüngsten, vielleicht doch nicht rezenten Rückzugsstadien des Gletschers an. Soviel ich von meinem hohen Standpunkt 1) Ich möchte hinsichtlich der Bildung von Mittelmoränen bei dieser Gelegenheit besonders betonen, daß solche ihre Entstehung sehr verschiedenerlei Ursachen verdanken können. Ist es auch zweifellos, daß sie häufig denı Aufquellen von Grundmoränenschutt und dem Zusammenfließen der Seitenmoränen zweier sich vereinender Gletscher ihr Dasein verdanken, so habe ich doch $. 81 bereits andere Ent- stehungsursachen erwähnt. Die Entstehung infolge des Umfließens eines vorspringenden Felsastes durch einen Gletscher, der ihm beständig Gesteinsmaterial entführt, konnte ich an mehreren andern Gletschern des Tian-Schan feststellen und habe hierauf schon früher hinsichtlich der Mittelmoränen des Inyltschek- Gletschers hingewiesen (Petermanns Mitteilungen, Ergänzungsheft 149, S. 72), wo die strenge Sonderung der Gesteine, welche die einzelnen Mittelmoränen führen, keinen Zweifel über deren Ursprung zuläßt. 88 (zirka 1000 m über dem mittleren Eisniveau der Zunge auf einer Höhe des westlichen Talrandes) aus mit einiger Wahrscheinlichkeit zu schätzen vermochte, dürfte die unterste und niederste Moränenstufe etwa 5—6 m Höhe haben, die darüber und dahinter liegende etwa 10 m mehr. Über diesen beiden und dahinter begleitet den Lauf der Uferwände streckenweise ein viel höherer, dicht mit Vegetation bedeckter, also älterer Ufermoränenwall; seine Höhe ist von so hohem Standpunkt aus schwer genau zu schätzen gewesen, dürfte jedoch nach meiner Annahme ca. 20—30 m über der zunächst darunter gelegenen jüngeren Moräne sich erheben. Auch die breite, flache Bekrönung dieses grünen Walles spricht für sein hohes Alter. Eine Anzahl noch heute nicht unbedeutender Eiszungen ziehen besonders von der östlichen Umwallung des Gletschertales herab — diese ist durchschnittlich um 800 m höher, als die westliche und daher reicher überfirnt — und mündeten ehemals in den Hauptgletscher ein, erreichen aber sein heutiges Niveau nicht mehr, während dies offen- bar in einem verhältnismäßig nicht sehr weit zurückliegenden Stadium der Vereisung des Gebirges noch der Fall gewesen sein muß, wie man aus der Beschaffenheit der auch im Panorama Taf. 3 erkennbaren, vom Eise verlassenen Hochtälern zu schließen vermag. Das zwischen den Zungenenden der Nebengletscher und der ältesten Ufermoräne befind- liche Gehänge ist ebenso wie diese an vielen Stellen mit gleichartigem Pflanzenwuchs bedeckt, woraus entnommen werden kann, daß das vorletzte Stadium einer bedeutenden Vereisung dieses Gebirges ın die Zeit der Entstehung jenes Moränenwalles fällt. Von meinem sehr hohen Standpunkt (siehe vorher) am gegenüberliegenden Ufer beobachtete ich an der östlichen Talwand über den geschilderten Ufermoränen zwei über- einander liegenden Linien von Schliffkehlen, die sich streckenweise deutlich verfolgen lassen (Taf. 12, Fig. 1). Die untere hievon ist am besten erhalten; ihr Niveau mag nach roher Schätzung etwa 70—S0 m über dem erwähnten höchsten Moränenwall liegen; die etwas weniger gut erhaltene obere ebensoviel oder etwas mehr über der unteren. Es ist schade, daß mir nicht Gelegenheit gegeben war, den Chigo-Gletscher talauswärts zu begehen, um nach Resten von alten Endmoränen zu forschen, welche einem durch diese Schliffkehlen angedeuteten Vereisungsstadium entsprechen. Es würden, wenn spätere Beobachtungen meine bisherigen ergänzen, diese Schliffkehlen einen früheren Hochstand diluvialer Vereisung anzeigen, der in mehreren Stadien sich zurückzog, wenn man nicht so weit gehen will, sie als Zeugen einer älteren Eiszeit anzusehen. In diesem Falle würden die beschriebenen drei Ufermoränenwälle als zusammengehörig drei Phasen des Rückganges einer späteren, der jetzigen vorangegangenen Gebirgsvereisung andeuten. Man könnte auch für die höchste Moräne wegen ihrer so wesentlich die beiden unteren überragenden Höhe und wegen des durch die Vegetationsdecke erwiesenen höheren Alters ein besonderes Stadium annehmen. Schon der Umstand, daß im Chigo-Tal alle die wohlausgebildeten Seitentäler, durch welche die Nebengletscher herabflossen, hängend geworden sind (siehe Taf. 3), deutet auf einen früheren sehr hohen Stand des Gletschereises in diesem Tale, da an eine bedeutende spätglaziale Übertiefung des Haupttales in diesem Falle doch wohl kaum gedacht werden kann. Von diesen Seitengletschern erreichen einige (siehe Karte und Pan. 3) noch immer ansehnliche Längen; an den Enden von einigen von ihnen sind hinter alten Stirnmoränen kleine Seen abgedämmt. Der Chigo-Gletscher zeigt übrigens, was schon aus den oben 89 angeführten Gründen verständlich wird, aber auch aus der großen Länge und verhältnis- mäßig geringen Neigung seines Tallaufes sich erklärt, weit weniger starke Anzeichen des Rückzuges oder der Abschmelzung als ein anderer bedeutender Gletscher des Südabhanges, den ich mangels eines mir bekannt gewordenen oder passend scheinenden Namens kurz mit „Südgletscher“ bezeichne. Dieser „Südgletscher* hat wie der Chigo-Gletscher ein vielfach verzweigtes, mit tiefen Nischen oder Quelltrichtern in die höchsten Teile der Kammregion eingreifendes Einzugs- gebiet, das ihm reichliche Firnzufuhr bringt. Aber nur einer seiner größeren Wurzel- äste, die man (siehe Taf. 3 u. 12) ebensowenig wie die höchsten Quellgebiete des Chigo- Gletschers als eigentliche Kare bezeichnen kann (hierüber im beschreibenden Teile Ein- gehenderes), greift in den Hauptkamm ein. Von den anderen beiden reicht einer in die Wände des aus dem Hauptkamm pylonenförmig nach S. heraustretenden gewaltigen Vorberges hinauf und der andere wurzelt in einem gleichfalls vom Hauptkamm vor- springenden südlichen Querzug. Der Firn der Quellarme strömt in einer sehr eigenartigen kesselförmigen Senke zusammen, aus welcher eine heute noch über 2 km lange Eiszunge abfließt. Dadurch, daß sie in einem flachen nach $S. und W. sich breit öffnenden Tale liegt, ist sie der Abschmelzung besonders stark ausgesetzt, so daß dieser Gletscher wohl in einer nicht fernen Zeit seine jetzt noch bedeutende, aber die Zeichen der Sehwindsucht in hohem Grade zur Schau tragende Zunge ebenso verlieren wird, wie die meisten anderen Gletscher dieses Gebirges (S. S3f.). Im Jahre 1908 bestimmte ich sein Ende durch Siede- thermometer-Beobachtung auf 3620 m. Infolge der steilen Böschung der Zuflüsse, wegen der vielfachen Verästelung des Einzugsgebietes und entsprechend dem konzentrischen Zusammenfließens der Firnarme, verbunden mit starkem Druck der oberen Firnlager auf die unten angesammelte Masse und jedenfalls auch wegen Unregelmäßigkeit des unter- liegenden Felsbodens, zeigt dieser Eiskörper außerordentliche Zerknitterung, Verwerfung und Zerreißung des geschichteten Eises. (Mehr hierüber in Kap. XVII.) Die Endzunge des Chigo-Gletschers habe ich, wie erwähnt, nicht betreten. Ich kann ihre Höhe nur auf Grund der Höhenverhältnisse des parallelen Gurban-bogdo-Tales schätzen und komme auf einen Wert von wenig über oder unter 3000 m. Um den auffälligen Unterschied in der heutigen Gletscherführung zwischen diesen beiden parallelen Haupttälern zu erklären, ist auf folgende Umstände hinzuweisen: Während das Gurban-bogdo-Tal an einer tiefen Depression (3645 m) des wasserscheidenden Kammes schon nahe der heutigen unteren Schneegrenze entspringt und daher von dem im Norden abgelagerten Firneis wohl die Schmelzwasser, aber nur mehr wenig von dem festen Material der Vergletscherung empfängt, nimmt das Chigo-Tal seinen Ursprung gerade in der höchstragenden und daher am stärksten überfirnten Kammregion, aus welcher seine weit ausgreifenden Quelläste ihm ständig bedeutende Zufuhr an Firn und Eis sichern. Zudem begünstigen die ungemein hohen und steilen Ränder des nicht sehr geweiteten Tales durch gegenseitige Beschattung (siehe S. 87), die Erhaltung der Gletscherzunge. Was die aus der zentralen Gebirgsgruppe nach Süden abzweigenden beiden Hauptäste betrifft, welche die Ränder des Gurban-bogdo-Tales bilden, so tragen ihre Abhänge hin- sichtlich ihrer heutigen Vereisung noch mehr als die bisher geschilderten Gebirgsteile den Charakter eines erst vor kurzer Zeit vom Eise verlassenen Reliefs, auf dem nur noch zerstreute ' kleine Reste der ehemals unverhältnismäßig bedeutenderen Eisdecke erhalten Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 12 ei) geblieben sind. Das linke Ende des S.-Panoramas (Taf. 3) veranschaulicht die westliche Talumwallung und Abbildung Taf. 13 die östliche, und da zeigt sich die auffällige Er- scheinung, daß trotzdem die W.-Kette mit einer durchschnittlichen Kammerhebung von 4500 m die östliche um etwa 150 m an Höhe überragt, und obwohl ihre Exposition eine östliche ist, ihre Eisbedeckung dennoch stärkeren Rückgang zeigt, als diejenige des nach W. gerichteten Abhanges der O.-Kette. Der Grund hiefür liegt auch hier wieder in den orographischen Bedingungen (S. 80f, 86) und zwar in der weit tiefer eingreifenden Zertalung der O.-Kette. Breite, in ihrer Achse etwas nach N. abweichende Taleinschnitte sind darin tief eingesenkt und nehmen ihre Entstehung in weit ausgeformten karähnlichen Nischen oder in Quelltrichtern, den Einzugsgebieten nicht unbedeutender Firnmengen, aus denen einige ziemlich ansehnliche Zungen gegen das Gurban-bogdo-Tal herabziehen, die jetzt aber schon in weniger als halber Höhe der Talwände enden. Das Zungenende des längsten hievon be- stimmte ich durch Peilung auf ca. 3500 m. Ein weiterer Grund für die wesentlich be- deutendere Überfirnung der O.-Umwallung ist darin zu sehen, daß ihr nach W. gerichtetes Gehänge dem Anpralle der Regen spendenden Sturmwinde ausgesetzt ist, welche aus NW. über den dort stark abdachenden Hauptkamm heranzuwehen vermögen, während die regen- ärmeren N.-Winde von dem enorm hohen Wall der zentralen Hauptgruppe abgefangen werden. (Siehe S. 15 f£.) Die meisten Eiszungen des O.-Walles enden meiner Schätzung nach schon in einer Höhe von 3700 m mit der Maßgabe, daß den im nördlichen Teil entspringenden eine etwas geringere Höhe zukommt, den südlichen eine etwas größere, so dal entsprechend den orographischen und klimatischen Verhältnissen mit dem Laufe des Gurban-bogdo- Tales gegen S. die untere Gletschergrenze ansteigt. Auf dem westlichen Talwalle hin- gegen enden meiner Schätzung nach die lappenförmig herabhängenden Eiskörper durch- schnittlich schon bei 3800 m Höhe. Nur in einem der tief eingeschnittenen, sehr geschützten Seitentäler dieser Kette fand ich (siehe Route auf Karte II) eine etwas tiefer, bis zu etwa 3500 m herabreichende Eis- zunge. Dieses damals betretene Nebental gabelt schon in einer Entfernung von wenigen Kilometern von seiner Mündung in drei Äste, in deren jedem ein stark im Rückzug befindlicher Gletscher liegt, von denen aber nur der im mittleren Tale lagernde jetzt noch eine kurze Zunge entwickelt. Nach dem Moränenbefunde ist der Rückzug dieser drei Gletscher verhältnismäßig jungen Datums und noch immer im Weiterschreiten begriffen. Zur Eiszeit hatten sich die drei Arme zu einem bedeutenden Gletscher vereinigt, wie man aus der Umgestaltung der Umrandung des Tales und nach der Beschaffenheit des Talbodens im Unterlaufe zu erkennen vermag. Reste einiger hintereinander liegender, nicht sehr alter Endmoränen, die Rückzugsphasen des einstigen Nebengletschers bezeichnend, finden sich auf seinem Talboden (siehe später) und bei der Mündung dieses Tales in das Haupttal stößt eine sehr mächtige, alte diluviale Endmoräne des Nebengletschers an eine wohl gleich- alterige hohe Stirnmoräne aus einer der letzten Stillstandsperioden in der Rückzugsgeschichte des Hauptgletschers (siehe Karte II), in welche sich der Fluß eine junge Schlucht einge- schnitten hat. An diese beiden, temporäre Hochstände der Vereisung anzeigende, demnach gleichalterige Anhäufungen werden wir uns später zu erinnern haben. Das Gurban-hogdo-Tal, das, wie früher mehrfach hervorgehoben wurde, entsprechend dem ganzen Gebirgsbau schroff nach S. absinkt (S. 40, 56), z. B. von Lager 6 zu 91 Lager 7 auf einer Strecke von 11!/ km um 1230 m, also pro Kilometer beiläufig um 107 m, und gegen die überhitzte Tiefe am Fuße des Gebirges weit geöffnet ist, verliert daher schon bald in klimatischer Hinsicht seinen alpinen Charakter, was sich sowohl in der rasch ansteigenden Temperatur, wie in dem Eindringen der Trockensteppenvegetation (hievon mehr in Kap. XIII) und in der intensiven Gesteinszerstörung (S. 40, 55, 87) der Umwallung kundgibt. Nur einige der höchsten Berge dort zeigen in ihren obersten Teilen typisch ausgebildete Rare — eine überhaupt verhältnismäßig seltene Erscheinung in diesem Ge- birge —, in denen Firnfelder und kleine Gletscher eingebettet sind. (Siehe Taf. 3 und 13.) Immerhin schmückt sogar einen der am weitesten nach $. vorgeschobenen Hochgipfel des Gurban-bogdo-Tales der ca. 10 km im Süden vom Lager 6 (siehe Karte Il) aufragt, noch eine ansehnliche Firndecke, weil gerade dort nochmals eine erhebliche Anschwellung des westlichen Talwalles stattfindet. Noch lange bildete beim Abstieg dieser prächtige Fels- gipfel mit seinem blinkenden Firnfeld, wenn man aus der ariden Landschaft zum Gebirge zurückblickte, eine Zierde der Gegend und bringt einen eigenartigen Zug des Gegensatzes in das Landschaftsbild. Ungeachtet der mehrfach hervorgehobenen starken Gesteinszerstörung sind jedoch auch in diesem südlichen Tale die Spuren der mächtigen ehemaligen Vereisung an vielen Stellen in Form von schön ausgebildeten Rundhöckern an den Talwänden erhalten ge- blieben. Geradezu erstaunlich ist auch die Mächtigkeit der in der Talsohle selbst auf- gehäuften Moränenablagerungen, welche Zeugnis ablegen für den einstigen außerordentlich hohen Eisstand und für die ungemein großen Mengen von Firneis, welche der diluviale Grum-Grschimailo-Gletscher, wiewohl er (siehe S. S1f.), damals noch seinen Hauptabfluß nach N. hatte, auch durch das südliche Tal hinabschickte. Schon nach dem hohen Hinauf- reichen der Rundhöcker an den Felswänden im Quellgebiet des Tales (siehe Taf. 11) schätze ich die diluviale Eismächtiskeit auf wesentlich mehr als 400 m. Alte Grundmoräne füllt den Talboden mächtig auf und ist überlagert von den Resten dreier breit ausgedehnter, jetzt mehr oder weniger stark deformierter Endmoränenwälle, die der Hauptgletscher, sei es bei seinem letzten ruckweisen Rückzug oder bei stadialen Vorstößen in verschiedenen Niveaus des Tales aufgeschüttet hat und an welche auch, wie bereits erwähnt, gleichaltrige End- moränen einzelner Nebengletscher sich anschlossen. Auf solche Weise entstand im Tal- boden ein wahres Moränengebirge, welches meiner Karawane beim Marsche talauswärts mancherlei Schwierigkeiten bereitete. An einzelnen Stellen war es möglich, die Mächtigkeit der alten Moränenablagerungen, in welche der Fluß stets tief, öfters in Form einer Schlucht jugendlicher Entstehung, eingeschnitten ist, etwa auf 150 m zu bestimmen. Stellenweise hat der Flu& dort in den Moränenablagerungen zwei übereinanderliegende Längsterrassen (Tal- stufen) zurückgelassen, die, auch weiterhin talabwärts auf großen Strecken gut erhalten, ver- folgt werden konnten und Kunde von Stillstandsperioden in der postglazialen Erosions- erneuerung des fließenden Wassers, also von Erosionsperioden, geben, wenn man nicht so weit gehen will, Zyklen anzunehmen. Bis in das Niveau von ca. 2000 m hinab sind alte Moränenablagerungen vorzüglich erhalten. Von da ab konnte ich sie auf meinem Wege in dem sich bedeutend erweiternden Tale nicht immer verfolgen, da sie dort oft an die mehr und mehr auseinandertretenden Talränder gebunden sind. Hingegen ist die weite Talbucht dort von außerordentlich mächtigen Schottermassen zweifellos fluvioglazialer Ent- stehung angefüllt, in welche sich der Fluß bis zu 100 m tief eingeschnitten hat, ohne 12* 92 den Felsgrund zu erreichen, weshalb ihre ganze Mächtigkeit nicht bestimmt werden konnte. Zwischen diesen Schotteranhäufungen, die eine stark wechselnde Zusammensetzung und eigenartige Lagerungsverhältnisse zeigen, und den alten Moränen bestehen zweifellos gewisse Beziehungen, auf welche ich indes erst bei Beschreibung des Reiseweges zurückkommen werde. Die in den jüngeren Moränen höher oben im Tale liegenden Terrassenstufen setzen. sich auch in den Schottern fort, was als ein weiterer Beweis des jugendlichen Alters dieser Erosion angesehen werden muß. Wie aber aus der bedeutenden Anlage der Gurban-bogdo- Talrinne schon im Öberlaufe zu entnehmen ist (siehe Taf. 11), kann diese nur auf alte Entstehung zurückzuführen sein; ich nehme gleichwie für das Chigo-Tal (S. 87) auch für das Gurban-bogdo-Tal präglazialen Ursprungfan. Es besteht ferner, meiner Ansicht nach, viel Wahrscheinlichkeit dafür, daß unter den fluvioglazialen Schottern alte Grundmoräne zu finden sein dürfte, die in einem früheren Stadium der Vereisung des Gebirges ab- gelagert wurde. Flache, in den Moränen wie in diesen Schottern gelegene wannenartige Aus- kolkungen begleiten den Flußlauf streckenweise. Auch an den auf meinem Wege ge- legenen Mündungen der meisten Quertäler zeigten sich Glazialablagerungen (Grund- und Endmoränen) von Seitengletschern, die zum Teil noch in später Zeit vorgestoßen waren, wie man an Äufstauungen gegen Moränen des Haupttales an mehreren Nebentalmündungen zu erkennen vermochte. So trägt auch dieses südliche Tal — übrigens das einzige mir bekannte in der Bogdo-Ola-Gruppe, welches eine wohlausgebildete Trogform (Taf. 11, Taf. 14, Fig. 2 u. 3) zur Schau trägt — fast an jeder Stelle seines Laufes die typischen Kennzeichen des außerordentlichen Ausmaßes der ehemaligen Vereisung des Bogdo-Ola- Gebirges und gibt Kunde von den einst durch diese Rinnen bis in sehr bedeutende Tiefe abgeflossenen diluvialen Gletschern, welche bis nahe zur Zone — oder vielleicht noch in diese hinein — reichten, die heute unter der Herrschaft strengen Wüstenklimas steht. Auch Randseen sind hier, ebenso wie in anderen stark vergletscherten Gebirgen, am Ende der Diluvialzeit am Südrande wie am Nordrande (siehe S. 83) vorhanden gewesen, was auch die dort verbreiteten Seeablagerungen (siehe S. 80, 83 und Karte I und II) erweisen. Hievon später mehr. Hingegen konnte ich auf dem Wege südlich von einer verlassenen chinesischen Kupfer- schmelze (siehe Karte I und II), an der dort in felsigen Steilwänden mit ziemlich eben- mäßigen Kammlinien in das Gesichtsfeld tretenden Kette des Dschargöß-Tau, ungeachtet ihrer durchschnittlichen Kammhöhe von 3000 m, sogar auf ihrem Nordabfall nur mehr ganz vereinzelte Schneefelder, aber keine Gletscher beobachten. Bei dem Umstand, daß dieses Gebirge von wissenschaftlichen Reisenden — abgesehen von der Querung des Dawantschin-Passes an seinem Ostende (S. 4, 22) — noch nie bereist wurde, überhaupt bisher in seinem Innern von Europäern meines Wissens nur einen einzigen Besuch erhielt,?) ist es nicht bekannt geworden, ob nicht Spuren ehemaliger Vereisung in seinen inneren Tälern dennoch vorhanden sind, wofür Anzeichen sprechen. Jedenfalls wäre es nach allen geschilderten Verhältnissen bei längerem Aufenthalt und eingehender Untersuchung möglich, im Gurban-bogdo-Tal ein Profil durch die glazialen Ablagerungen zu gewinnen, das typisch für den ganzen Südabhang des Bogdo-Ola-Gebietes und benachbarter Gebirgsstrecken sein könnte. Mir fehlte leider die Zeit hiezu. 1) P. W. Church, l. e., S. 162—165. 93 Von der Bogdo-Ola-Gruppe aber läßt sich schon auf Grund der auf dieser Reise von mir gemachten Beobachtungen sagen, daß das ganze Gebirge einstens und zwar lange Zeiträume hindurch in eine geschlossene Eisdecke gehüllt war. Schon ein Blick auf die in den Panoramen dargestellten Kämme mit ihren reihenweisen karähnlichen Nischen lehrt gies in überzeugender Weise. Die Endzungen haben, nach den bis heute erhaltenen Moränen- ablagerungen zu schließen, in ein überraschend tiefes Niveau hinabgereicht, so daß die Höhenunterschiede zwischen der heutigen und der diluvialen Vereisung sehr bedeutende Werte ergeben. Hiebei darf außerdem ein Umstand nicht unbeachtet bleiben, auf den ich schon früher hingewiesen habe,!) daß in den heute einem ariden Klima ausgesetzten äußeren Ketten und Ebenen am S.-Fuße des Tian-Schan, wie übrigens auch im östlichen Tian-Schan am N.-Fuße, infolge der außerordentlichen Einwirkung zerstörender, abräumender und einebnender Kräfte die Zeugen diluvialer Vereisung nicht erhalten bleiben konnten. Die außerordentliche Wirkung der Strahlung auf das nackte Gebirgsgehänge mußte die Spuren der einstigen Vereisung zum größten Teil vernichten. Zudem liegt zweifellos Vieles von den alten Glazialablagerungen heute unter den eine große Mächtigkeit er- reichenden jugendlichen Aufschüttungen begraben. Von diesen Verhältnissen wird in der Folge noch mehr die Rede sein. Von dem Charakter der heutigen Gletscher des Gebietes möchte ich am Schlusse dieses Kapitels noch einen Zug hervorheben. Sowohl am N.- als am S.-Abhang ist es eine überraschende Erscheinung, daß die Firn- und Eisdecken eine blendende Reinheit zeigen, was beiläufig schon (S. 83, 87) erwähnt wurde. Die Oberflächen weisen nahezu schutt- freien Zustand auf. Dies steht in merkwürdigem Gegensatz zur Beschaffenheit der Gletscher im zentralen Tian-Schan, auf deren außerordentlich mächtige und weit verbreitete Schutt- bedeckung ich in meinen Reiseberichten häufig hingewiesen habe. Die bei den klimatischen Verhältnissen im weiteren Osten zu erwartende, noch intensivere Gesteinszerstörung ließ nun auf mindestens ähnliche Verhältnisse schließen. Die Erklärung der gegenteiligen Tatsache ist meines Erachtens darin zu suchen, daß die Zusammensetzung des Gebirgs- gerüstes hauptsächlich aus stark umgewandelten Eruptivgesteinen von großer Härte und die Eigenart ihrer Klüftung, in den höheren Lagen des Gebirges vorzugsweise Blockverwitterung mit geringer Schuttführung, außerdem auch subglaziale Absonderung begünstigen. Rezente Blockmoränen, fast frei von feinerem Material, begleiten öfters den Lauf der Gletscher. Alle feinen Bestandteile wurden durch subglaziale Wasserläufe aus der Grundmoräne ausgespült und seitlich von den schroffen Wänden der Eiszungen zwischen diesen und den Blockwällen der Ufermoränen gesondert abgelagert, wofür ich späterhin Beispiele anführen werde. Auch wird auf den Oberflächen der Eiskörper durch die in den hohen Tagesstunden ungemein heftige Bestrahlung, eine außerordentlich starke Abspülung begünstigt, welche alles feine Material mit- nimmt und über die steilen seitlichen Abhänge der Eiszungen hinabführt. Wesentlicher Ein- Zuß muß auch dem Umtand beigemessen werden, daß die frühsommerliche Abschmelzperiode in diesen Gegenden sich auf einen sehr kurzen Zeitraum beschränkt, innerhalb welchem sie sich mit außerordentlicher Energie vollzieht. Der ganze Schmelzproze&ß, der in Gebirgsländern mit gemäßigtem, maritimem Klima sich auf Monate verteilt, findet hier innerhalb weniger Wochen statt, wobei ungeheure Mengen von Schmelzwasser in katastrophaler Weise die !) Petermanns Mitteilungen, Ergänzungsheft 149, S. 35. 94 Moränenablagerungen durchspülen und fast alles feinere Material, ja auch gröberes, in die Tiefe führen, nur die größten Blöcke‘ zurücklassend (S. 83). Insoferne als Vergletscherung des Gebirges mit der Gestalt und Ausbildung der heutigen Täler in engem kausalen Zu- sammenhang steht, wird im folgenden Kapitel noch mancherlei Ergänzendes zu den hier mitgeteilten allgemeinen Zügen vorgebracht werden. Mehr ins einzelne gehende Angaben sind der Beschreibung des Reiseweges in Kap. XVI und XVII zu entnehmen. Ali. Entwässerungssystem und Talbildung. Dem einfachen stufenförmigen Aufbau und der verhältnismäßig geringen Gliederung der Bogdo-Ola-Gruppe ist auch ihr Entwässerungssystem und ihre Durchtalung eng an- gepaßt, steht aber auch, wie nicht anders zu erwarten, in enger Abhängigkeit von der einstigen feuchteren klimatischen Vergangenheit dieser Gegend und trägt dabei deutlich die Zeichen der veränderten klimatischen Einflüsse, von denen das Gebirge heute beherrscht wird, zur Schau. Der herrschende Zug der Talbildung ist die Ausschließlichkeit der Quer- täler (S. 57). Am Nordabhang sehen wir, wie ein Blick auf Karte II lehrt, daß in unmittelbarem Anschluß an die total vergletscherte Front des zentralen Hauptkammes eine größere Anzahl Wasserläufe entsteht, welche die oberste plateauartige Stufe, am Fuße der vereisten, von der kulminierenden Kammhöhe sich absenkenden Wände, unregelmäßig durchfurcht und in verschiedenen Winkeln zum Verlaufe der Hauptwasserscheide nach NW. strömt. Am Rande des Steilabsturzes dieser im beiläufigen Niveau von 3000 m abbrechenden Stufe sammeln sich alle diese Wasseradern in vier größeren Kanälen, welche in ebenso vielen Quertalfurchen zunächst die harten Gesteine des alten Gebirges und dann die jüngeren der weichen Angarabildungen durchbrechen und dem Rande des Dsungarischen Beckens zu- strömen. In dieser zum N.-Rand des Gebirges parallel verlaufenden rinnenartigen Senke (siehe S. 43 und 44f) verlieren sie sich ähnlich wie die Flüsse weiter im W.!) in Sümpfen, soweit ihre Gewässer nicht schon vorher von den am Fuße des Gebirges in den inmitten von Trockensteppe und Wüste zerstreuten Oasen lebenden dunganischen und chinesischen Ackerbauern für ihre Kulturen aufgebraucht werden. Nur an solchen Stellen der ausge- dürsteten Lehmsteppe am Gebirgsrande, wo Wasser hingelangen kann, ist Ansiedlung und Anbau möglich. Diese vier wasserführenden bedeutenden Quertäler sind in der Reihenfolge von W. nach O. die Täler: Schimo-gu, Sangun, welches im Mittel- und Oberlaufe Da-tun-gu ge- nannt wird, Dön-chon-dse, auch Chan-go-dse genannt, und Du-dun-dse. Zwischen den 1) In diesen Schilfsümpfen, die den N.-Rand des Gebirges auf Hunderte von Kilometern begleiten, infolge des Trockenklimas aber niemals in Moore, sondern an manchen Stellen zu typischen Salzsümpfen (Dabas-san-nor, Chak, Umu-chak usw.), in anderen ihrer Teile sogar schon zu Salzpfannen umgewandelt erscheinen, haben wir die Reste ehemaliger Landseen von ungeheurer Ausdehnung zu sehen, welche die große Senke zwischen dem S.-Rande des Altai im N. und dem N.-Rande des Tian-Schan im S. einstens ausgefüllt haben. Nach der Darstellung der 40 Werst-Karte erscheint es, als ob diese streckenweise mehr als Schilfseen, denn als Sümpfe anzusehenden Gebilde sich nur im N. der „großen Kaiserstraße“ zwischen An-dzchi-chai und Manas und darüber hinaus fänden, während sie sich in Wirklichkeit oft auch im S. hievon ausdehnen. Die Straße führt dann mitten durch dieses unsichere Gelände auf Prügelstegen hin- durch. In der Grum Grschimailo’schen 40 Werst-Karte ist die Erstreckung der Schilfsümpfe richtiger dargestellt. (Siehe S. 44.) 95 beiden letztgenannten liegt die breite Furche eines Trockentales, Ogun-dschan-dse, welches nur zur Frühjahrsschneeschmelze Wasser führt, weil es seinen Ursprung nicht wie die anderen Täler im niederschlagsreichen zentralen Gebiet, sondern auf der zweiten Stufe nimmt. Die hier angeführten und die anderen in meinen Karten aufgenommenen Flußnamen entsprechen nur zum geringsten Teile denjenigen der beiden Karten von Grum Grschimailo und jenen, welche man in der russischen 40 Werst-Karte findet. Ich kann aber versichern, daß sie das Ergebnis vielfacher und sehr sorgfältiger Erkundigungen sind. Auf die großen Schwierigkeiten, welche sich in diesem Teile der Welt der Feststellung der geographischen Ortsnamen entgegensetzen, habe ich in meinen Schriften stets hingewiesen. Solche Schwierig- keiten sind nicht zu unterschätzen in Gebirgsgebieten wie dieses, welche nicht ständig be- wohnt, sondern zumeist nur von Nomaden und noch dazu von solchen verschiedener Stämme und mit verschiedenerlei Sprachen besucht werden und wo auch die wenig zahlreiche, am Gebirgsfuße seßhafte Bevölkerung mehreren Völkerschaften angehört, und sich deshalb auch verschiedenerlei Sprachen bedient. Es liegt mir daher durchaus fern, die Namen der er- wähnten Karten als falsch zu bezeichnen. Da ich aber ihre Quellen nicht kenne und auch nicht weiß, mit welchem Grade kritischer Vorsicht diese benutzt wurden, da ich selbst aber bei der Erkundung und Aufnahme von Namen die größte Sorgfalt walten ließ, so halte ich mich für berechtigt, für meine Namen Geltung zu beanspruchen. Man wird leicht an ihnen erkennen, daß sie verschiedenen Sprachen angehören, der chinesischen, mongolischen und türkischen — entsprechend den Gewährsmännern, denen ich sie verdanke. Jede Karte dieser Gegend, gleichviel welcher Entstehung sie sein mag, trägt diese toponomastische Mehrsprachigkeit zur Schau. Ich muß besonders hervorheben, daß nur drei dieser nördlichen Quertäler von meiner Expedition durchwandert wurden, wobei ihr Lauf durch Croquierung festgelegt wurde. Der Lauf des Schimo-gu konnte indessen zum größten Teile durch Peilungen von hoch- gelegenen Punkten aus festgestellt werden. Als Ergebnis dieser Arbeiten zeigen sich nun wesentliche Abweichungen von dem hydrographischen Netz und dem Talverlauf der vorher erwähnten Karten, denen wohl weniger detaillierte Aufnahmen zu Grunde liegen mögen, als die meinigen, für die ich einstehen kann, insoweit sie auf Karte II mit durchgezogenen Linien eingetragen sind. Alles, was nicht mit voller Sicherheit festgelegt werden konnte, sondern nur auf Kombinierung eingesehener einzelner Strecken von Flußverläufen beruht, ist ın die Karte nur mit gestrichelten Linien eingetragen. Der Verlauf solcher Täler be- darf daher noch der Ergänzung. Auch ist es nicht ausgeschlossen, daß wenigstens kleinere Wasserläufe, welche in meinen Karten überhaupt nicht aufgenommen werden konnten, vorhanden sein mögen, sicherlich aber auch nicht wenige alte Trockenbetten, deren Verlauf deshalb nicht festzustellen war, weil an ihren Ufern jetzt keine Vegetation mehr ange- siedelt ist. Gerade diese an die Flußläufe gebundenen Vegetationsgürtel aber geben überall, von hohen Punkten aus gesehen, mit ihrem dunklen Grün das Mittel an die Hand, Existenz und Verlauf der Wasseradern inmitten der sonst braungrauen, kahlen Landschaft mit Sicherheit festzustellen und zu verfolgen. Im beschreibenden Teil dieser Abhandlung muß naturgemäß viel von den besonderen Eigentümlichkeiten der Täler, durch welche die Reise führte, die Rede sein. In diesem Kapitel sollen daher nur die allgemeinen, dem ganzen Gebirge gemeinsamen Grundlagen im Entwicklungszustande der Erosion hervorgehoben werden. 96 Die Art der Talbildung des N.-Abhanges ist, wie gesagt wesentlich beeinflußt durch dessen stufenförmigen Autbau (8. 3Sf und 56f). Da die Entstehung der Stufen, wie über- haupt die Heraushebung der Hauptachse der Bogdo-Ola zu ihrer überragenden Höhe meines Erachtens sehr jungen und ungleichen Krustenbewegungen zu danken sein dürfte, wie ich mehrfach betont habe (ebenda und 8. 49f u. 86), und da wohl dieser Zyklus langsamer Hebungsprozesse, ähnlich wie dies sowohl vom Himalaya angenommen wird!) als auch für andere Teile Zentralasiens, bis in die Gegenwart hinein noch nicht abgeschlossen scheint, andererseits aber das Gebirge vor seinem Aufsteigen bis zum heutigen Relief schon zertalt war und da die heutige Entwässerung im großen ganzen den alten Erosionslinien folgt (S. 56), also epigenetische Talbildung vorhanden ist, so erklärt sich der auffällig unausgeglichene Charakter des Laufs dieser Flüsse. Es wechseln Strecken, welche die Zeichen der Reife zur Schau tragen, mit solchen, welche das Bild eines jugendlichen Stadiums zeigen. Im Verlaufe der aufeinanderfolgenden Erosionszyklen konnte sich noch kein Gleichgewichts- zustand herausbilden und dies um so weniger, als die erosive Kraft der Gewässer infolge Trocknerwerden des Klimas abgenommen hat. Betrachten wir zunächst weiter die Verhältnisse des Nordabhangs: Auf der obersten Stufe des Gebirges, die, wie bereits besprochen (S. 56 f), und wie noch näher erörtert wird, als alte, spät gehobene Verebnungsfläche aufzufassen ist, zeigen die Wasserläufe einen nur sehr schwach erodierenden Charakter; sie verzweigen sich in den sehr mächtigen, dort abge- lagerten und aufgebreiteten, ungeheuren Mengen junger Destruktions- und Glazialschutt- massen, mäandern weithin und durchtränken diese lockeren Bildungen, indem sie große Strecken bis zur Unwegsamkeit versumpfen. Dieser Teil des Flußgebietes ruft somit den Eindruck des Alters hervor; da das vielverzweigte Wassernetz aber am Rande der Stufe in Gestalt nur einzelner starker Bäche heraustritt, so darf angenommen werden, daß die in der Aufschüttungsmasse versickernden Wasser sich unter ihr schließlich in präexistenten Rinnen wieder sammeln. Es folgt nun der erste Gefällsbruch und wir sehen dort, wie auf steilem Gehänge (siehe Taf. 7 Fig. 2) die Wasseradern zu den gleichfalls eingeebneten Teilen der zweiten Stufe hinabstürzen. Dort strömen sie in felsigen Betten dahin, die von Mengen groben Blockmaterials stark aufgefüllt und zum Teil gesperrt sind (Taf. 14 Fig. 4). Hiebei muß ich auf einen besonderen Charakterzug in dem von der Expedition zum Aufstieg benützten Quellarm des Da-tun-gu-Tales hinweisen (siehe Karte II), welcher den anderen Tälern nicht zu eigen ist. Dieser Talast zieht ausnahmsweise, vermutlich aus tektonischen Gründen, auf mehr als die Hälfte seines Laufes in Längstalrichtung und da zeigt es sich, daß sobald der Fluß aus der Quertalrichtung des Quellgebietes, wo sein Lauf, wie erwähnt, den Typus des Reifestadiums trägt, in die Richtung des Streichens der Gesteine umbiegt, also in die Längstalrichtung, alle Anzeichen der Jugendlichkeit ihm und seinem Bette auf- geprägt sind. (Näheres in Kap. XV.) Dieses, das bedeutendste Quelltal des Da-tun-gu-Tales. mündet dann rechtwinklig in das Haupttal ein, welches wieder deutlich die Merkmale einer reifen, antezedenten Talfurche aufweist. Solche Verhältnisse können nur durch lokale junge Krustenbewegungen erklärlich werden. 1) Siehe Literaturliste in Anmerkung S. 49f und Middlemis, Hazara and Black Mountains. Mem. Geol. Surv. of India, vol. XXIV, 1890, S. 273, 285. R. D. Oldham, Journ. Manchest. Geogr. Soc., vol. IX, 1893, S. 112. Burrard and Hayden, Geology of the Himalayas, 1. c., S. 258 ff. 87 Bei Verfolgung des weiteren Nordlaufes der Quertalflüsse bemerkt man, daß auch am Abfall von der zweiten zur dritten Flachstufe das Gefälle der Bäche fast ebenso be- deutend wie beim ersten Gefällsbruch ist, und sogar auf dem Boden der zweiten Gebirgs- stufe selbst, bleibt infolge von jugendlichen Niveauveränderungen an ihrem Rande, der Lauf ein unausgeglichener. Talstrecken der Akkumulation wechseln also mit solchen der Erosion. In diesem ungleichartigen Lauf ist das durchschnittliche Gefälle jedoch ziemlich bedeutend. Im Sangun-Tale (Unterlauf) bis hinaus nach Fukan beträgt es z. B. 23m pro Kilometer und zieht man in Betracht, daß außen in der Steppe das Gefälle ein außer- ordentlich geringes ist, so ergibt sich für die Talsohle innerhalb des Gebirges sogar ein Wert von 26 m pro Kilometer. Im Mittellaufe fließen die Gewässer manchmal in ziemlich weiten Becken, die durch enge Schluchten verbunden sind, jugendlichen Erosionsrinnen, über deren Steilufern hoch oben die Schluchtränder weit auseinander treten, so daß Reste eines älteren Talbodens mit terrassierten Stufen sichtbar werden. (Da-tun-gu, Schimo-gu.) Auch im Unterlaufe sehen wir die Flüsse in Tälern, die mehrfachen Wechsel schlucht- artiger Verengung und beckenförmiger Weitung (S. 75) zeigen, wohin die höher oben wirksamen denudierenden und transportierenden Kräfte, insbesondere im Diluvium, Massen jugendlicher Sedimente gebracht haben, in welchen die heutigen Bäche sich einschnitten, wonach sie aber auch den größten Teil der jungen Ablagerungen wieder ausräumten. Von diesen heute zu Konglomeraten und Sandstein verfestisten Bildungen wird späterhin noch die Rede sein. Solche Beschaffenheit dieser Quertäler deutet also auf mehrere Stadien der Tal- vertiefung, auf eine wechselvolle Geschichte antezedenter Flüsse, deren ehemals reife Täler infolge von jungen Gebirgsbewegungen und dadurch hervorgerufener Erneuerung oder Wiederbelebung der Erosion ihre heutige mannigfaltige Gliederung angenommen haben, wo die der Reife sich einigermaßen nähernden Strecken, die zum überwiegenden Teil in den weichen Gesteinen des Unterlaufs liegen, sich an solche des Oberlaufs anschließen, die bei ihrer Erosion in hartem Gestein sich zum Teil fast noch das Ansehen eines Jugend- stadiums bewahrt haben, wobei aber für das (siehe oben) als reif bezeichnete Gebiet des Quelllaufes eine Ausnahme zu machen ist. Daß den heutigen Tälern höchstens ein jungtertiäres Alter zukommt, geht daraus hervor, daß sie in den Angaragesteinen eingetieft sind, welche, wie ich 8. 74f darlegte, erst im Mitteltertiär in ihre heutige Lage geraten sind. Jedenfalls aber stellen sich die Talfurchen, soweit sie in den weichen Angaraschichten liegen, als konsequente Fort- setzung der in den älteren, härteren Gesteinen eingetieften Rinnen dar. Ob aber alle diese als Neubildungen anzusehen sind, die erst nach der großen tertiären Gebirgserhebung ent- stunden, oder sich — was wahrscheinlicher ist (siehe vorige Seite) — an ein präexistentes älteres Talnetz mehr oder weniger eng anschließen, dies mit unzweifelhafter Sicherheit zu beweisen, reichen meine Beobachtungen allerdings nicht völlig hin. Ich glaube aber aus allen bisher dargelegten Verhältnissen über die Eigenart der Talfurchen und ihren Zusammenhang mit jungen Krustenbewegungen, die Ansicht vertreten zu können, daß die alten Erosionsfurchen bei Veränderung des Reliefs zum großen Teil wieder aufgesucht wurden und daß die Erosion mit der allmählichen Hebung des Reliefs (8. 57) gleichen Schritt hielt d. h. ich halte die heutige Erosion für glazial und postglazial, die Täler selbst aber für präglazial angelegt (S. 87 u. 92). Um diese Fragen einer vollkommeneren Lösung Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 13 98 zuzuführen, hätte mein Aufenthalt im Gebirge ein vielfach längerer sein müssen, als er es war; auch hätten sich meine Untersuchungen auf weitere Teile des Gebirges ausdehnen müssen. Genauere Beobachtungen konnte ich hauptsächlich im Sangun-(Da-tun-gu-)Tal machen. Im Gebiete dieses Flußlaufes und seiner Nebenflüsse vermochte ich festzustellen, daß so- wohl im alten Gebirge wie im jungen infolge der mehr erwähnten, bis in jugendliche Zeit fortdauernden Gebirgsbewegungen und endlich durch die Ablagerungen der großen Vereisung auch späte Veränderungen des Laufes der Gewässer stellenweise eingetreten sind, worauf ich bei Beschreibung des Verlaufes der Reise näher eingehen werde. Als wichtigste und auffälligste Tatsache im Entwässerungssystem der Gruppe ist hervorzuheben, daß die vereinigten Quellflüsse des Da-tun-gu im Mittellauf des Tales durch späte Moränenbildung aufgestaut wurden. Eine außerordentlich mächtige End- moräne hat in beiläufig 2000 m Meereshöhe das Tal in seiner ganzen Breite abgesperrt und so Veranlassung zur Entstehung des herrlichen Bogdo-Ola-Sees gegeben (siehe S. 83), dessen erste Bereisung und Beschreibung ein Verdienst der Expedition der Brüder Grum Grschimailo ist.!) Ich kann diesen verdienstvollen Reisenden nur beipflichten, wenn sie zum Preise dieses prächtigen Gebirgssees betonen, „daß es wohl in ganz Zentralasien keine geheimnisvollere, malerischere und majestätischere Örtlichkeit gibt als diese“. Die Entstehung des Sees befindet sich im engsten Zusammenhang mit der Geschichte der letzten Vereisung des Tian-Schan, und da sie als ein sinnfälliger, wichtiger und kaum widerleglicher Beweis für das bedeutende Ausmaß dieser klimatischen Phase in der Ge- schichte des Tian-Schan-Gebirges und Zentralasiens gelten kann, werde ich bei Schilderung der Reise auf diese Erscheinung besonders genau eingehen. Eine bedeutende Schwankung in der jüngeren klimatischen Geschichte des Gebirges wird auch durch den Umstand erwiesen, daß im Mittel- und Unterlaufe des Da-tun-gu- Tales, sowie in denen der anderen Quertäler die Betten der meisten Nebenflüsse heute teils gänzlich teils nahezu wasserlos geworden sind, während sie nach ihrer Gestalt als reine Erosionsrinnen erscheinen (siehe Taf. S) und dem tiefen Niveau ibrer Mündungen nach, in noch nicht sehr weit zurückliegender Zeit ansehnliche Wassermengen den heutigen Haupttälern zugeführt haben müssen. Es ergiebt sich hieraus, daß ihr damaliger Zustand zwar einem früheren, aber immerhin ziemlich jungen Erosionszyklus angehört, der, wie ich später nachweisen werde, mit dem vorletzten Stadium in der Vereisung des Gebirges zusammenhängt. Im Gegensatz zum Zustand der meisten Nebenflüsse ist jedoch die Wassermenge der Hauptbäche noch immer sehr ansehnlich. Noch zu Anfang August, also in der heißesten Jahreszeit, als ich das Gebirge bereiste, war dies der Fall. Es macht sich hiebei eine Erscheinung geltend, auf die ich schon öfters als auf eine Eigenart gewisser Tian-Schan- Täler hingewiesen habe,?) daß nämlich die Wassermenge in den Flüssen zunimmt, je mehr man sich vom Gebirgsrand talaufwärts begibt. Da ich die Ursachen dieses eigenartigen Verhältnisses dort eingehender zu erklären versucht habe (siehe auch S. 78), so beschränke ich mich auf den Hinweis, daß bei den nördlichen Bogdo-Ola-Tälern als verschärfende 1) 1. c. I, S. 160f£. ?) Siehe u. a. Hettners Geographische Zeitschrift, Bd. XXI, S. 14. 99 Umstände noch hinzutreten: neben sehr starker Verdunstung, die eine Folge des im Unter- laufe ziemlich ungemildert herrschenden ariden Klimas ist, hauptsächlich aber auch Ver- siekerung in den dort ungemein mächtigen, lockeren Aufschüttungsmassen. Mit dem all- mählichen Anstieg zu dem in den harten Gesteinen des alten Gebirges eingeschnittenen Mittel- und Oberlauf der Flüsse werden aber diese beiden Faktoren mehr und mehr aus- geschaltet, während anderseits die seitlichen Zuflüsse, soweit sie unmittelbar in peren- nierenden Schneefeldern und kleinen Gletschern ihren Ursprung nehmen, die in reihen- weise angeordneten karähnlichen Nischen und ähnlichen Hohlformen liegen (siehe Karte II), dem Hauptlaufe noch immer nicht unbeträchtliche Wassermengen abliefern. Wie ansehnlich aber auch noch immer, wenigstens am N.-Abhang, die ständige Wasserführung der Flüsse ist und wenn wir auch keineswegs außer Acht lassen dürfen, daß zur Zeit der alljährigen Frühjahrsschneeschmelze in den Quellgebieten während mehrerer Wochen hindurch diese Mengen verdreifacht und vervierfacht werden, so kann die Aus- bildung so bedeutender Erosionstäler mit Wänden, die Hunderte von Metern an Höhe er- reichen, wie sie uns hier vor Augen treten (Taf. 11, 13, 14), doch nicht mit der heutigen Erosionsfähigkeit der Flüsse befriedigend erklärt werden. Wir müssen vielmehr zur Er- klärung solcher Verhältnisse eine die heutige vielfach übertreffiende Wasserführung an- nehmen, die zum Teil schon in präglazialer Zeit mächtig an der Ausgestaltung der Täler arbeitete (S. S7, 92, 96), anderseits aber auch mit der im vorigen Kapitel in ihren all- gemeinen Zügen besprochenen diluvialen Eisbedeckung des Gebirges zusammenhängt, welche die jetzige Vergletscherung um das Vielfache übertroffen hat. Zwischen der Wasser- führung der Flüsse und dem Ausmaße der Vereisung des Gebirges, d.h. dem periodischen Sinken oder Ansteigen der Schneegrenze hat natürlicherweise stets ein enger Zusammen- hang bestanden und dies ist in der ausgesprochen ariden Klimaperiode, unter deren Einfluß das Gebirge jetzt steht, noch mehr als früher der Fall. Es entsprechen beispielsweise die obenerwähnten, noch nicht lange ausgetrockneten Betten einmündender Nebentäler zweifel- los dem völligen Schwinden der Firneislager in ihren Quellgebieten und die verminderte Wasserführung anderer, dem starken jetzigen Rückzug von Nebengletschern, von denen (siehe S. 88£.) schon erwähnt wurde, daß sie das Niveau der Haupttäler jetzt nicht mehr erreichen, deren ältere Grund- und Endmoränen aber andeuten, daß dies vor nicht sehr langer Zeit noch der Fall war, während das Fehlen von Stirnmoränen an den meisten heutigen Gletscherenden den jetzigen rapiden Eisrückzug bekundet (8. 83, 86). Solche Erscheinungen bezeichnen daher ein der allerjüngsten Vergangenheit angehöriges Stadium der Erosionsgeschichte der Bogdo-Ola und sind beweiskräftig für eine noch bis in die neue Zeit hinein anhaltende Verschlechterung der klimatischen Bedingungen. Die rasche Zunahme dieser Verschlechterung hat den Flüssen nicht mehr Zeit zu erheblicher Arbeit gelassen, wie aus dem geringen Ausmaße rezenter Erosion hervorgeht, welche ich in ver- schiedenen Tälern beobachten konnte. Beispiele hiefür werde ich später anführen. Bei der außerordentlichen Schwankung in der Wasserführung aller Bogdo-Ola-Flüsse, die, wie hervorgehoben (S. 93£.), zu Zeiten von nicht genau bestimmbarer Durchschnittsdauer un- geheure Wassermengen der Hochgebirgsschneedecke zu Tal führen, zu anderen Zeiten aber (wenigstens einige von ihnen) nahezu austrocknen, ist es natürlich ganz unmöglich, auch nur annähernde Durchschnittswerte für mittlere monatliche oder tägliche Wasser- führung zu berechnen. Die Periodizität der Wasserführung ist ja überhaupt ein Merkmal 13* 100 arider Gebiete. Diese hier geschilderten Verhältnisse sind natürlich in den dem Da-tun-gu- Tal parallel verlaufenden Nachbartälern annähernd dieselben, wie ich auch aus dem mir von Dr. Gröber erstatteten Berichte über die Täler Dön-chon-dse und Du-dun-dse, die er allein durchwanderte, entnehmen konnte. Auf den Lauf des Schimo-gu, dessen Tal ich nicht bereiste, vermochte ich aber Einblicke von beherrschendem Standpunkt zu gewinnen. In allen diesen Tälern werden Erosionsperioden oder Zyklen durch Terrassen bezeichnet, welche Kunde mehrfachen Wechsels von Seiten- und Tiefenerosion erbrinen, deren Ende der heutige Minimalstand der Wasserführung ist. Verschlechterung des Klimas, dadurch herbeigeführter Rückzug des Eises im Gebirge, d. h. Ansteigen der Schneegrenze und Abnahme der Wasserzufuhr in die Flüsse sind die bezeichnenden Merkmale. Andererseits beweist die jetzige Unausgeglichenheit der Talfurchen, wie mehrfach betont wurde, eine späte Erneuerung der Erosion. Die Ursache ist in andauernder Senkung des Gebirgs- randes im N. zu suchen oder auch in fortdauernder Hebung des Gebirges, worauf in dem vorhergehenden Kapitel und in diesem wiederholt hingewiesen wurde. Ein Anzeichen für junge Senkung des Vorlandes konnte ich besonders bei unserer Einbruchsstation ins Ge- birge, bei dem Städtchen Foukan, beobachten, wovon im Kapitel XV die Rede sein wird. Auffällige Gegensätze treten in der Ausgestaltung von einzelnen Teilen der Talfurchen hervor: Während in den äußeren Teilen der nördlichen Täler, wo die Einwirkung des ariden Klimas noch wenig gemildert ist (S. 97), hauptsächlich dieser Umstand im Charakter und Ausformung der Talränder zum Ausdruck gelangt, wirkte auf die Form der inneren und höchsten Teile die frühere und jetzige Vergletscherung mächtig ein. Eiswirkung und Wüstenbildung sind also in diesen nördlichen Tälern die ausgestaltenden Agentien. Betrachten wir nun die Entwässerung des Südabhanges der zentralen Gruppe, so finden wir dort eine noch größere Einfachheit der Verhältnisse, welche auf den weit gleich- mäßigeren und schrofferen Abfall des Baus (S. 40, 89) gegen die tiefe Längsfurche des großen zentralasiatischen Grabenbruches zurückzuführen ist (siehe S. 3, 12, 40f.). Von der auch auf ihrer S.-Seite stark vereisten Hauptwasserscheide ziehen eine Anzahl Quer- täler herab, die rasch zu bedeutender Tiefe absinken (S. 90). Von ihnen habe ich nur zwei kennen gelernt und zwar das Tal Gurban-bogdo und das Chigo-Tal, was immerhin schon einen Fortschritt bedeutet gegenüber unseren bisherigen rein negativen Kenntnissen von diesen Verhältnissen in der zentralen Bogdo-Ola. Ich habe in Kap. VI hervor- gehoben, daß gerade auch in den wichtigsten neueren Karten russischer Herkunft für_den S.-Abhang der Wasserscheide überhaupt keine Flußtäler eingetragen sind. Wir finden zwar weiter im S. für die Gegend um Turfan, Kendyk, Tok-sun ete. in der 40 Werst-Karte und den auf ihr beruhenden Routenkarten Roborowskys (siehe S. 28) Wasserläufe einge- zeichnet; es ist aber nicht ersichtlich gemacht, wo sie im Gebirge ihren Ursprung nehmen. Die auf den Flanken des Hochgebirges liegenden Quellgebiete jener Flüsse konnten von den rekognoszierenden russischen Topographen nicht eingesehen werden, weshalb sie es unterließen, in die 40 Werst-Karte auch nur eine Andeutung von der Entwässerung des S.-Abhanges zu geben, während wir sie schon in der alten Klaproth’schen Karte (siehe S. 33) nach alten chinesischen Quellen, wenigstens mit annähernder Richtigkeit, wie ich mich überzeugen konnte, dargestellt finden. Am meisten Detail in dieser Hinsicht findet sich noch in der ebenfalls schon erwähnten (S. 28) und übrigens auch sonst verlässigen Kartenskizze, welche Roborowsky von der 101 Luktschun-Senke entworfen hat.!) Die Zuflüsse werden dort als in einer Vorkette, Karlyk- tagh, entspringend oder sie durchbrechend dargestellt. Dieser Karlyk-tagh findet sich aber in keiner anderen Karte und dürfte wohl mit der Kette des Dschargöß-Tau identisch sein. Jedenfalls blieb es erst meiner Expedition vorbehalten, die hauptsächlichsten Entwässerungs- adern des S.-Abhanges festzulegen und nachzuweisen, daß von der wichtigsten Depression im Hauptkamme (siehe S. 37 und S1f.) dem Gurban-bogdo-Paß (3645 m) ein tief ein- geschnittenes Tal nach S. zieht, auf welches ich daher in Ermanglung einer andern Be- zeichnung den Namen des Passes übertrug. Nur dieses Tal vermittelt — wenigstens in der kurzen Sommerszeit — einen Übergang über das zentrale Gebirge, der, wenn er auch mit nicht unerheblichen Schwierigkeiten verbunden ist, doch öfters von Lasttieren und Herden begangen wird. Kirgisen des Sayan-Gebietes (siehe später), die mit ihren Herden, allerdings nur für —6 Wochen im Jahre, die entlegeneren Täler des Gebirges aufsuchen, pflegen öfters diesen Übergang zu benützen. Da überdies die Chinesen an einer Stelle im Mittellauf des Tales seit langer Zeit Kupfer abbauen und verschmelzen (siehe $. 92), wo sie früher Hunderte von Arbeitern beschäftigt haben, mag es rätselhaft erscheinen, daß auch nirgendwo in der Literatur von diesem Tale oder diesem Passe etwas zu finden ist. Wiewohl ich die wesentlichen orographischen Züge des obersten Laufes des Paßtales bereits im vorigen Kapitel im Zusammenhang mit der Eisbedeckung geschildert habe, empfiehlt es sich, sie kurz rekapitulierend vom Gesichtspunkte der Erosionsgeschichte nochmals zu betrachten. Der höchste Teil, das Ursprungsgebiet des Gurban-bogdo-Tales, liegt noch in der Gletscherregion. Unmittelbar unter dem Passe mündet die an Mächtigkeit nur mehr ein Minimum ihres einstigen Bestandes darstellende Endzunge des großen N.-Gletschers, des Grum-Grschimailo-Gletschers in ein Trogtal ein, welches von ihr früher bis nahe zu seinem Unterlaufe ausgefüllt war. Jetzt reicht sie nur mehr wenige Kilometer hinab und bedeckt die in diesem Teile schwach geböschte und nur einige hundert Meter breite Talmulde nahe- zu, welche überdies ganz wesentlich durch hohe Moränenwälle eingeengt und weiterhin von den Abwassern dieses Gletschers, vereint mit denen der Gletscher des im W. des Passes ragenden Pik Schokalsky durchflossen wird. Die so beschaffene Rinne mündet aber schon nach etwa 50—60 m steilen Laufes auf eine Stufe aus, ein großes, von felsigen Uferwänden und davor gelagerten Moränenanhäufungen eingeschlossenes flaches Becken, das ehemals von einem See eingenommen wurde (Taf. 10, Fig. 1), dessen Boden nun zum größten Teil trocken, von Blöcken und Trümmern aufgefüllt ist (S. 83). In diesem Trümmermeer verteilen sich die herabstürzenden Gewässer zu vielen flachen Tümpeln, sammeln sich aber am südlichen Ende dieser Talstufe in einer Rinne und stürzen nun in kurzen Stufen bis zu etwa 270 m unter der Paßhöhe ab, wo das Gefälle durch eine mehr als 1 km lange, nahezu ebenso breite, nur unbedeutend nach S. geneigte Talstufe von beckenförmiger Gestalt gebrochen wird. Diese Hohlform wird größtenteils (S. 84) von einem durch Moränen abgedämmten See eingenommen. (Taf. 10, Fig. 4 und Taf. 14, Fig. 3). Das Tal wird hier bald durch schroffe Felsmauern eingeschnürt, die in ihrer ganzen, mehrere hundert Meter betragenden Höhe bis zum First von Gletschereis in typischer Rundhöckerform geschliffen ‘) Zwischen ihr und der Darstellung dieses Gebietes in der 40 Werst-Karte zeigen sich wesentliche Unterschiede sowohl in der Darstellung des Terrains als im Laufe der Flüsse und ganz besonders auch in der Namengebung. 102 sind. (S. 84, 91.) Nur so weit wurde der Stufenbau im vorigen Kapitel schon erörtert; es setzt sich auch weiterhin fort: Der Abfluß des Sees stürzt über 4—5 kleinere Steil- absätze (siehe Taf. 11) von insgesamt 30 m Höhe zu einer dritten ähnlichen, etwas kleineren Terrassenstufe ab, in welcher sich als Reste eines ehemaligen, auch durch eine Stirnmoräne abgedämmt gewesenen Sees nur mehr kleine, rasch der Auffüllung entgegen- sehende Wasserpfützen befinden. Nach weiteren 25 m Steilabsturz folgt abermals Gefällsbruch, den der mit feinerem Material aufgefüllte flache Boden eines ausgeflossenen Moränensees einnimmt und nun stürzt der Gletscherbach nochmals über vom Eis verlassenen, typisch erhaltenen Rund- höckern ab (siehe Taf. 10, Fig. 3) und erreicht eine über 1!/a km in Länge bei mehr als !/, km Breite messende, nach S. ziemlich geneigte Talstufe, die ehemals von einem durch eine Stirnmoräne des Rückzugsstadiums abgedämmten großen See eingenommen war. Als ansehnlicher Rest hievon hat sich in einem Felsbecken bis heute ein etwa 1/2 km langer und 400 m breiter flacher See erhalten (Taf. 10, Fig. 2), dessen Ausfluß einen weiter tal- wärts liegenden, um über die Hälfte kleineren speist. Dieser in etwa 3000 m Höhe liegenden Wasserfläche erst entströmt der Gurban-bogdo-Fluß und fließt nun durch ein etwa !/a km breites Tal in steilem Gefälle weiter nach $S. Das Talgefälle wird dann nach etwa 100 m noch einmal durch eine kleinere Stufe gebrochen und sinkt erst weiterhin gleichsinnig in einem etwa 12 km langen, ziemlich ausgeglichenen Laufe gegen S. ab mit einer Neigung von ungefähr 90 m pro Kilometer. (Siehe auch S. 56, 91.) Ein solch viel- facher Stufenbau des Oberlaufes, auf den ich später noch näher eingehen werde, sowie die typische Trogform, wie sie aus den Abbildungen Taf. 14, Fig. 2 und 3 ersichtlich ist, sprechen allerdings auf das deutlichste für die glaziale Vergangenheit dieses Tales, lassen sich aber meines Erachtens durch sie allein doch nicht befriedigend erklären.!) Die präglaziale erste Anlage dürfte wohl zweifellos sein (Taf. 3 und 13); doch nur junge Hebung des zentralen Kammes, verbunden mit Absinken des Gebirgsfußes, mögen dieses vielgebrochene Talprofil geschaffen haben ehe die glaziale Tätigkeit eingriff, welche so- dann mit der des fließenden Wassers mehrfach gewechselt hat. Die zahlreichen, noch immer erhaltenen Felsstufen beweisen aber jedenfalls, daß die Menge des heute darüber hinfließenden Wassers nicht mehr imstande ist, eine regelmäßige Gefällskurve herzustellen und sind daher ein Denkmal der Klimaverschlechterung. Die Umwallung des Gurban-bogdo-Tales ist ungemein steil; vollständig kahle Fels- wände mit einer durchschnittlichen Erhebung von 900—1000 m über der Sohle und mit nur wenig zurücktretenden oberen Rändern begleiten den annähernd nach S. gerichteten Lauf. Die Breite des Tales ist wechselnd von !/» bis zu 1 km und übersteigt in seinem langen Laufe den Betrag von 1 km nur in zwei verhältnismäßig geringfügigen Weitungen von beckenförmiger Gestalt. Seinem allgemeinen Charakter nach ist das Tal daher eher als Schlucht zu bezeichnen, die, wie erwähnt, namentlich in ihrem Oberlaufe die typische glaziale Trogform zeigt. Der wasserreiche Fluß ist in der überwiegenden Strecke seines Laufes in Moränen- schutt eingeschnitten von solcher Mächtigkeit, daß er, soweit meine Beobachtungen 1) Es bieten sich eben keine Anzeichen, welche auf Konfuenzstufenbildung hinweisen oder andere, die sonst bei alpinen Stufentälern festgestellt wurden. Vielleicht kommen Unterschiede in der Härte des Gesteins in Frage? Erwiesen konnten auch diese nicht werden. 105 reichen, nur an zwei Stellen (S. 91f.) den anstehenden Fels berührt. Zwei Stufen von Terrassen übereinander liegen in diesem Glazialschutt, tiefer talwärts aber schon zum Teil in fluvioglazialem Schotter, und begleiten, zum Teil am rechten, zum Teil am linken Ufer gut erhalten, den Lauf des Flusses. Die Terrassenflächen sind zum Teil gut er- halten, auf langen Strecken in entsprechend gleichen Niveaus zu verfolgen. Nach etwa 14 km seines Laufes durchbricht der Fluß eine besonders mächtige An- häufung von Moränenmaterial, wodurch sein Lauf scharf nach SO. abgelenkt wird, so daß er steilgestellte alte Tonschiefer in einer engen, sehr jungen Schlucht durchbrochen hat. Diese auch tektonisch interessante Stelle wird in Kapitel XVII näher beschrieben. Nachdem der Fluß diese mehrere Kilometer lange Einschnürung verlassen hat, verlieren die Talränder ihren bisherigen, ziemlich ausgeglichenen Charakter und nehmen sehr unregelmäßige Form an, hervorgerufen durch Auftreten lokalbegrenzter Störungen im Gebirgsbau, die mit der Entstehung der öfter erwähnten zentralasiatischen Grabensenke zusammenhängen. Der bisher geschlossene Faltenbau des Gebirges ist hier durch kleinere Längsbrüche in einzelne Schollen zerlegt, die zum Teil überkippt oder verbogen und seitlich verschoben sind. Einzelne von ihnen sind zwar aus ihrem Zusammenhang gelöst, aber nur wenig aus ihrer ursprünglichen Lage gebracht. Diese unregelmäßige Anord- nung des Ufergebirges verleiht auch der Talgestalt rasch wechselnde Formen. Die ein- mündenden Quertäler auf der linken Uferseite, folgen den Längsbrüchen, welche jedoch gegen das rechte Ufer des Haupttales abstoßen. Es zeigen sich zwischen den östlichen und westlichen Uferwänden wesentliche Anomalien im Streichen der Schichten. Diese Er- scheinungen können als sicherer Beweis dafür angesehen werden, daß das Haupttal zum mindesten auf dieser Strecke — und nach anderen Anzeichen zu schließen, auch schon höher oben — einem (Querbruche folgt (hievon später mehr). Erst in einem tieferen Niveau sieht man die Verwerfung auch auf das rechte Ufer übergreifen. Die Richtung des Flußlaufes wird innerhalb der Störungszone mehrfach abgelenkt, geht jedoch außerhalb dieses Bereichs weiter im S. im beiläufigen Niveau von 2300 m. wo das Tal sich zu einem über 1!/s km breiten Becken erweitert, allmählich wieder in die beiläufige meridionale Richtung über. Hier nehmen nun die bisher sehr steilen und kaum unter 300 m absinkenden Talränder rasch an Höhe ab und erheben sich bald nur mehr wenig über 400 m über das Niveau der Talsohle, da der ganze Komplex des Gebirges jetzt energischer gegen die Tiefe des großen Bruches im S. absinkt. Das Gefälle der Talsohle aber beträgt im Gegensatz hiezu hier nur mehr 45 m pro Kilometer, weil die Tiefenerosion des Flusses infolge der außerordentlichen Akkumulation von Schutt- material in der Talweitung nicht mehr mit der gleichen Energie nach der Tiefe arbeitete, sondern mehr in Schwingungen nach den Seiten. Das Tal ist dort mit Schottern fluvio- glazialer Entstehun gaufgefüllt, die eine Mächtigkeit von wohl 150 m haben (8. 91f), worin der Fluß sich durchschnittlich nur bis zu einer Tiefe von 80—100 m eingeschnitten hat bei einer Wasserbreite von beiläufig 25 m und bei Ausbildung eines Bettes von 150 bis 200 m Breite. Die allmählich niedriger werdenden Ufergebirge sind in Längsbruchschollen von NO.- bis SW.-Verlauf aufgelöst, wodurch jetzt dem Fluß und seinem Tal eine südwestliche Richtung aufgedrängt wird. Bald nach einer verlassenen chinesischen Kupferschmelze (5. 92, 100 und Taf. 14, Fig. 1) sind vom alten Gebirge nur mehr niedrige Ketten zu 104 sehen; es ist nahezu versunken oder in auseinandertretende kurze Züge von WSW.- und OSO.-Richtung aufgelöst, während der Talboden von einer weiten Ebene (beiläufiges Niveau beim Austritt aus dem Gebirge 1350 m) von Wüstensteppencharakter gebildet wird. Mit einem durchschnittlichen Gefälle von etwa 30 m pro Kilometer dacht diese Ebene gegen S. ab, wo sie ebenso wie die Gebirgsränder mehr und mehr zum Schauplatz kaum mehr gemäßigter Einwirkung der atmosphärischen Kräfte des Trockenklimas wird. Das lockere Aufschüttungsmaterial, Sand und Staub, sind dort in steter Bewegung und verschütten mehr und mehr die kahlen, abgetragenen, gleichmäßig auslaufenden Ketten. Man sieht, wie Ablagerung von Löß auf den weit zurückliegenden Talrändern bei jeder heftigen Bewegung des Luftmeeres stattfindet, was übrigens auch am N.-Rand der Fall ist (S. 76). Was van der Tätigkeit der eiszeitlichen Vergletscherung in diesen tiefen Teilen des Tales einstens vorhanden gewesen sein mag, ist natürlich längst der Zerstörung anheimgefallen (S. 93). Als unmittelbare Umrandung des breiten Flußbettes erscheinen jetzt fast söhlig gelagerte, junge Bildungen, Sandsteine und feinkörnige, stark tonige Konglomerate (8. 76 f., 80), die mit 15—20 m hohen Steilwänden zum Flußbett abfallen; ihr Hangendes ist eine nach allen Richtungen gleichmäßig sich erstreckende Tondecke von etwa 1 m Mächtigkeit und wechselnd feinsandiger oder nur toniger Beschaffenheit, die aber in unregelmäßiger Weise von gröberem und feinerem, überwiegend kantigem, weniger mit abgerolltem Gebirgsschutt überdeckt ist. Zwei hintereinander ansteigende Terrassenstufen (s. vor. S.) machen sich auch in diesen Ablagerungen bemerkbar, wovon im Kapitel XVII mehr berichtet wird. In größerer Ent- fernung vom Fluß zeigen sich im SO. flache Bänke schlammigen, lehmigen Materials, ver- mischt mit meist feinkörnigen Gesteinsfragmenten; die Beschaffenheit dieser Ablagerungen läßt sie unzweifelhaft als Seeablagerungen erkennen. Der Flußlauf nimmt hier sehr un- regelmäßige Formen an; in den großen Mengen lockeren Aufbreitungsmaterials versickern seine Wasser mehr und mehr, während sie an anderen Stellen wieder zutage treten und aufgestaut erscheinen. Dies mag eine Folge von Auskolkungen sein, die bei Hochwasser entstehen. Bei dem hohen Betrag der Verdunstung in dieser überhitzten Tiefe nimmt die Wassermenge aber schon sehr bedeutend ab, und bald entschwand der Fluß im 8. meinem Blick, da mein Weg (siehe Karte I) mich nunmehr gegen SW. von ihm hinweg- führte. Aus eingezogenen Erkundigungen, die aus verschiedenen Quellen stammen, aber übereinstimmend lauten, und die mit den Angaben, die — auf verschiedenen, namentlich älteren Karten zerstreut — von mir gesammelt wurden, im Einklang sind, scheint es aber festzustehen, daß der Gurban-bogdo-Fluß in einem beiläufig nach S. gerichteten Lauf sich am N.-Fuße des Dschargöß-Gebirges (siehe S. 30 und 33) mit den zwei anderen, den S.-Abhang der zentralen Bogdo-Ola entwässernden größeren Wasserläufen, dem Chigo und dem Naitak-su vereint. Die Gewässer der durch ihre Vereinigung an Erosionskraft ver- stärkten Flüsse durchbrechen die felsige Dschargöß-Kette nahe der Stelle ihrer niedrigsten Einsattlung, dem Dawan-tschin-Paß (1063 m), in einer tief eingesägten Engschlucht und fließen der tiefen Senke des zentralasiatischen Grabens zu.!) In der Nähe der Stadt I) Obrutschew, Zentralasien, 1. c. II, S. 640, 641. Dieser Durchbruch gehört übrigens einem früheren Frosionszyklus an. Der heutige Fluß hätte ihn nicht zustande gebracht; die Entstehung der Bresche fällt noch in die feuchtigkeitsreichere Vergangenheit Zentralasiens. 105 Toksun verzweigt sich aber dieser Wasserlauf wieder in mehrere Arme, die in dem großen Sumpfsee Bodschante-kul (siehe Anmerkung $S. 3) verschwinden. Schon vor dem Durehbruch aber tritt zur Zeit des Hochwasserstandes der vereinigten Flüsse, — wie stets bei Flüssen, die auf reich vergletscherten Hochgebirgen entspringen und mit starkem Gefälle unmittelbar in überhitzte, von arıdem Klima beherrschte Ebenen ausmünden, nimmt auch die Wasserführung dieses Flusses leicht einen katastrophalen Charakter an, (S. 93f.) — das Überwasser aus, versumpft das umgebende Niederland und hinterläßt in ihm periodische Wasserläufe. Ein solcher fließt von der Durchbruchsstelle nach NW. und speist dort Sumpfseen, von denen in Kap. XVII Näheres berichtet wird. Auf Grund dieser Beobachtungen wurde der Verlauf des Flusses in den Karten dar- gestellt. Wie schon aus dem Kartenbild zu entnehmen ist, hat hier am Gebirgsrande in einer durch Einbruch entstandenen Hohlform von 12—1300 m mittlerem Niveau des Bodens, von etwa 100 km Länge und durchschnittlich 20 km Breite, welche die typischen Züge einer Wanne des Trockengebietes zeigt, ein See gestanden, von dessen Ablagerungen schon mehrfach berichtet wurde (S. 50, 92). Die Ränder dieser Hohlform werden gebildet von Steilmauern der Dschargöß-Kette im S. und O., vom Südabfall des Bogdo-Ola-Gebirges im N. und von den ausstrahlenden Zügen des östlichen Tian-Schan im W. und schloßen ein flaches Wasserbecken ein, wie sie während der sogenannten Hanhai-Periode (siehe Kap. X),!) am Südfuße des Tian-Schan entlang zahlreich vorhanden gewesen sind. Nach dem Befund der Ablagerungen zu schließen, scheint aber dieser See auch noch bis in die Diluvialzeit hinein und darüber hinaus bestanden zu haben; zu jener Zeit war ja der ganze heute so trockene Südabhang des Tian-Schan noch von einem wesentlich feuchteren Klima begünstigt (S. 78, 90£.). Damals haben sich aus den umrandenden Gebirgen zahlreiche Wasserläufe in dieses Becken ergossen, wie die tiefen, jetzt trockene Schluchten in den Felsrändern erweisen, während der Abfluß durch die erwähnte tiefe Lücke im südlichen Beckenrand, dem Dawan- tschin-Paß (siehe vorige Seite) nach dem weit tiefer gelegenen und ausgedehnteren alten Seebecken von Turfan stattfand. Von allen graphischen Darstellungen der zentralasiatischen Grabensenke finde ich nur in dem schon rühmend erwähnten Kärtchen Roborowskys (S. 100 f.) die Richtung dieses alten Wasserlaufes, wenn auch nur skizzenhaft, eingetragen. Nur verhältnismäßig wenige Zuflüsse erhält das Gurban-bogdo-Tal auf seinem langen Laufe. Von denen des Öberlaufes wurde schon früher das Wichtigste mitgeteilt; sie führen, weil sie aus den Gletschern ihres Quellgebietes noch immer ziemlich kräftige Ernährung erfahren, ihre Gewässer in gleichsohligen Mündungen dem Hauptflusse zu. Hin- gegen sind die meisten kleineren Seitentäler des Mittellaufes, sogar auch die, in deren Hinter- grund noch immerhin nicht unansehnliche Nebengletscher herabziehen (siehe $S. 88, 90), wie ein Blick auf die Abbildungen Taf. 3 und 13 zeigt, hängend geworden und eine Anzahl anderer Rinnen, welche die Talwände zerteilen, sind nun ebenso, wie ich dies von den Seitentälern des Da-tun-gu-Tales im Norden hervorgehoben habe (S. 98), heute wasserlos. Aus dem Umstande, daß durch das Haupttal von den großen, wenn auch schon ungemein stark geschwundenen Gletschern seines Ursprungs noch immer ziemlich ansehnliche Wassermengen herabgeliefert werden, welche noch einigermaßen einschneiden, während !) Siehe meine Darlegungen in Hettners Geograpbischer Zeitschrift, 1. e., 8. 17. Abh. d. math.-phys. Kl XXVIT, 5. Abh. 14 106 die den Nebengletschern entströmenden kleineren Bäche kaum noch eine in Betracht kom- mende erodierende Kraft entwickeln, wäre die fortschreitende Übertiefung des Haupttales allein schon zu erklären. Auf die Frage aber, ob an dem sichtbar bedeutenden Betrag der Übertiefung des Haupttales mehr die glaziale oder die postglaziale Arbeit Anteil hat, will ich in diesem Fall nicht weiter eingehen. Ich müßte die viel umstrittene Frage der Übertiefung der Alpentäler berühren, halte es aber für richtiger, einen Bericht über Beobachtungen auf einer Forschungsreise, soweit als es vermieden werden kann, nicht mit allgemein theoretischen Auseinandersetzungen über diese und verwandte Fragen zu beschweren. Speziell im Falle des Gurban-bogdo-Tales mag als ein die Übertiefung fördernder Umstand andauerndes langsames Sinken der Erosionsbasis am Rande oder fort- schreitende Hebung im Zentralgebiet mit Anteil haben, was in Übereinstimmung stehen würde mit der von mir als wahrscheinlich angenommenen Fortdauer von Krustenbewegungen bis in unsere Zeit hinein. Zur Zeit des Endes der letzten Hauptvereisung des Gebirges mündeten die Neben- täler des Gurban-bogdo-Tales noch gleichsohlig zum Haupttale ein, da die aus jener Zeit stammenden Endmoränen einiger Nebentäler sich an entsprechende Stirnmoränen der Rück- zugsperioden des Hauptgletschers aufgestaut haben. Ich habe eine hierauf bezügliche Beob- achtung bereits mitgeteilt (S. 90) und werde von einer weiteren ähnlichen im Kap. XVII be- richten. Auch im Gurban-bogdo-Tal war daher, ganz ähnlich wie ich es für den Nord- abhang vom Da-tun-gu-Tale (S. 98) angenommen habe, mit dem Ende der letzten Vereisung die Erosion in den Nebentälern nahezu zum Stillstand gelangt. Die Klimaveränderung trat rasch ein und war endgiltigs. Die Betten der Nebentäler haben aber jedenfalls schon zu jener Zeit geringere Tiefe besessen wie das des Haupttales, da der Hauptgletscher mit seiner enormen Eismasse viel kräftiger auf seinen Untergrund eingewirkt hat, als die Neben- gletscher auf ihre Unterlage. Ein Teil der heutigen Höhenunterschiede zwischen den Böden von Haupttal und Nebentälern darf also wohl auf Rechnung dieses Umstandes gesetzt, ein anderer Teil aber auch der postglazialen Übertiefung durch fließendes Wasser zugeschrieben werden. Nach den Terrassen in den Glazialablagerungen des Haupttales zu schließen (S. 92, 103), darf für die Wasserführung des Flusses nach dem Ende der letzten Hauptvereisung noch eine starke Erosionskraft angenommen werden. Aber die Ver- schlechterung des Klimas, der Rückzug des Eises sogar in den höheren Lagen des Gebirges muß sich doch, wie ich aus der ausgezeichneten Erhaltung der Rundhöcker auf der Tal- sohle des Oberlaufes glaube schließen zu dürfen, verhältnismäßig rasch vollzogen haben (S. 99 u. Taf. 10 Fig. 2 u. 3). In der hierauf folgenden Klimaperiode war die erosive Leistung des Wassers nur mehr gering; das vom heutigen Fluß in die vom Eise geschliffenen Felsen des Talgrundes eingetiefte Bett ist unbedeutend (S. 102), eine schwache Rinne in einem breiten Tal (siehe Taf. 11). Daß in anderen Teilen des Tian-Schan auch bedeutende, durch Wassererosion her- vorgerufene postglaziale Übertiefung manches Haupttales zustande kam, darauf habe ich, soweit das Bayumkol-Tal in Betracht kommt, früher schon hingewiesen!) und vermöchte noch eine Anzahl weiterer Beispiele hiefür anzuführen. Im S. des Lagers g der Karte Il, wo der Fluß laut vorhergegangener Schilderung oO mehr nach der Breite als in die Tiefe erodiert, zeigen sich im rechten Talrande einige 1) Vorläufiger Bericht in Petermanns Mitteilungen, Ergänzungsheft 149, 1. e., 8. 12f. 107 Trockenbetten von bedeutendem Ausmaße, die nur mehr periodisch, dann aber noch immer bedeutende Wassermengen führen dürften, da sie sich auch jetzt dem Haupttale in Flach- mündungen vereinen. Von den anderen Quertälern des S.-Randes habe ich nur das Chigo-Tal genauer kennen gelernt. Ich schilderte bereits auf S. 87, daß sein Oberlauf, ein grabenartiges Engtal, von dem längsten der Bogdo-Ola-Gletscher ausgefüllt wird, sowie dessen nähere Verhältnisse. Soweit ich das Tal von einem dreimal erstiegenen, vergletscherten Gipfel (4530 m) an seinem W.-Rande und von anderen Punkten im gleichen Kamme aus über- blicken konnte, entspricht, abgesehen von den Verzweigungen seines höchsten Ursprungs- gebietes (siehe Panorama Taf. 3), die Gestalt des Oberlaufes beiläufig jener des Gurban-bogdo- Tales, d. h. es zeigt wie dieses in seinem Ursprungsgebiet und obersten Lauf jähen, doch gestuften Abfall der Sohle, wonach zunächst noch ziemlich steiler, aber fast ausgeglichener Lauf anhebt, während im Unterlauf die Neigung nur mehr gemäßigt ist. Natürlich kann die Stufengliederung, weil sie noch unter einer mächtigen Eisdecke begraben liegt, nicht in gleicher Weise hervortreten und überhaupt kann das Relief daher nicht so vielgestaltig und scharf herausgearbeitet erscheinen, wie in der schon lange vom Eise verlassenen und der Einwirkung der Atmosphärilien und des Wassers ausgesetzten Sohle des Gurban-bogdo- Tales, ist aber immerhin selbst in der Gletscherdecke erkennbar (Taf. 12 Fig. 1.) Das Stufen- relief der Sohle im Oberlauf beider Täler könnte einem Wechsel von normaler mit glazialer Erosion zuzuschreiben sein, der schon stattfand bevor letzte Verhüllung durch die diluviale Vereisung eintrat (S. 102). Der westliche Talrand des Chigo-Tales sinkt von ca. 6000 m in seinem Ursprungs- gebiet mehrfach tief geschartet, aber im ganzen mit ziemlich gleichmäßiger Kammlinie bis zu dem von mir erstiegenen Gipfel (4530 m), von dort an aber auf eine Länge von 8 km, soweit ich ihn überblicken konnte, mit bedeutenden Anschwellungen, unterbrochen von Depressionen, noch bis zu ca. 3800 m ab. Der östliche Talrand dagegen (siehe Panorama Taf. 3) ist durchschnittlich um S00 m höher (S. 88). Für den gegenüber meinem hohen Standpunkt (siehe Karte III) ragenden höchsten Teil des formenreichen Kammes konnte ich eine Höhe, die 6000 m noch übersteigt, durch Peilung feststellen. Es findet dann zunächst ein jähes Absinken bis 5000 m statt, weiterhin aber erniedrigt sich dieser Rand bis über das Gletscherende hinaus kaum mehr bis unter 4000 m. Schon im Oberlauf (S. 90) und besonders im Unterlauf (S. 103) wesentlich niedriger sind ja die beiden Randketten des Gurban-bogdo-Tales; dies hängt mit dem mehrfach erörterten, allmählichen Einsinken der ganzen Gebirgsmasse gegen W. hin zusammen. (Siehe Kap. VII.) Die mittlere Höhe der Talsohle, soweit sie von Gletschereis bedeckt ist, vermochte ich nur von einem 4255 m hohen Sattel (siehe Karte III) im Westwall aus zu schätzen. Ich nehme hiefür einen Wert von ca. 3300 m an, während die mittleren Werte für die Kammhöhe an der Westseite auf 4000 m, für den Ostrand auf 4800 m zu veranschlagen sind. Demnach hat das obere Chigo- Tal die Form einer ca. 1200 m tief eingeschnittenen Schlucht. Der sehr hohe und überdies nur verhältnismäßig wenig Gliederung zeigende Abfall der Talränder und das nicht be- trächtliche Zurücktreten ihrer obersten Teile spricht neben den schon erörterten anderen Merkmalen für eine tektonische Anlage dieser Talfurche, vermutlich durch Bruch, und läßt sie daher als eine Bildung älterer Entstehung erscheinen (S. 87, 92). Den Unterlauf des Tales sowie die Ebene an seinem Ausgange habe ich nicht betreten (S. 88); doch kann ihre 14* 108 durchschnittliche Höhe kaum wesentlich von der am Ausgang (S. 104) des parallelen Gurban- bogdo-Tales differieren, also etwa 1400 m betragen. Dies ergibt einen mittleren Wert des Gefälles für den Mittel- und Unterlauf von etwa 85 m pro Kilometer, was sich den früher (S. 90f., 102, 103, 104) für das Gurban-bogdo-Tal mitgeteilten Werten nähert. Daß auch im Chigo-Tal fast analog mit den für das parallele Gurban-bogdo-Tal eben geschilderten Verhältnissen die glazialen Seitentäler hängend geworden sind, darüber habe ich (8. 58, 90, 106) bereits das Wichtigste mitgeteilt. Außerhalb seines Gletscherlaufes konnte ich, wie erwähnt, das Tal nicht mehr verfolgen. Die Richtung des Unterlaufes des Chigo-Flusses, wie sie in den Karten sich eingezeichnet findet, ist (siehe 8. 105) das Ergebnis von Peilungen und sorgfältigen Erkundigungen. Auch hinsichtlich der Darstellung der anderen Talfurchen des Südabhanges in den beiden Karten muß betont werden, daß sie Ergebnisse des Überblicks und der Peilung von hoch- gelegenen Punkten aus sind, zum Teil aber auch auf Erkundigung beruhen. Als bemerkens- wert führe ich noch an, daß ich auf meinem Wege von der mehrerwähnten Kupferschmelze im Gurban-bogdo-Tale bis zum See Sayopu (siehe Spezialkärtchen) außer dem einen in der Karte eingetragenen keine weiteren Wasserläufe oder Trockenbetten von solchen gequert habe. Man kann aber an den Furchen im Abfall des Gebirgsrandes erkennen, daß solche vorhanden waren (8. 105), die einstens in den jetzt ausgetrockneten See mündeten; ihre Rinnen, soweit sie in der Ebene lagen, sind aber unter der einen ungeheuren Betrag er- reichenden Aufschüttung verborgen. Werfen wir nun einen vergleichenden Rückblick auf die Entwässerung der beiden Abhänge der Bogdo-Ola-Gruppe, soweit ich sie kennen gelernt und hier geschildert habe, so kann man die besondere Form der nördlichen Täler auf alte Anlage in einer stark abge- tragenen und erst mäßig gehobenen Gebirgsmasse zurückführen, welche nachher späte und unleichmäßige Hebung und bedeutende Aufbiesung der zentralen Teile erfuhr, verbunden mit gleichzeitigen oder späteren Spezialbewegungen, welchen die Stufen zu verdanken sind (8. 38f., 40f., 49f. 56) und mit nur geringer Absenkung am Gebirgsrande. Die Bildung der südlichen Täler hingegen beruht zwar ebenfalls auf alter Talbildung, welche aber z. T. Bruchlinien folgt und ist hauptsächlich durch tiefes Absinken des äußersten Gebirgsrandes verursacht, womit langsame und andauernde Hebung (S. 40, 49, 56) der inneren Teile ver- knüpft war. Im ersten Falle haben wir unausgeglichene Täler, wo Strecken reifer und jugend- licher Erosion mehrfach miteinander wechseln. Im letzteren Falle sehen wir eine nur im Ober- lauf unreife, im übrigen in ihrem Gefälle schon nahezu ausgeglichene Talbildung, welche dennoch steilsohlig ist und zum großen Teil schluchtartigen Charakter trägt. Im Norden ist einerseits der Wechsel von harten und weichen Gesteinen, andererseits die glaziale Auf- schüttung oben und die fluviatile Akkumulation unten von Einfluß auf die heutige Talgestalt gewesen neben Verminderung der Wasserführung der Flüsse durch allmähliche Klima- verschlechterung. Im Süden hat das Einbrechen des Tian-Schan-Grabens zwar die Erosions- basis erniedrigt und hiedurch die Erosion neu belebt, welche damals, nach der reichen Durchtalung des Südabhanges und dem tieferen Einschneiden der südlichen Flüsse zu schließen, sehr wirksam gewesen sein muß. Bevor aber ein Zustand der Reife sich aus- bilden konnte, trat eine Verschlechterung des Klimas ein und der dadurch hervorgerufene Rückgang der allgemeinen Vereisung hatte bald eine wesentliche Abnahme der Wasser- führung zur Folge. Die Raschheit der eingetretenen klimatischen Änderung hat den Neben- 109 Hüssen nicht mehr Zeit gelassen, an der Böschungsverminderung der Talränder und an deren Abtragung energischer zu arbeiten, während das langsame Ansteigen des zentralsten Kernes und dessen hiedurch noch immer gesicherte Vereisung dem Hauptstrom auch weiterhin genügend Wasser für eine fortschreitende, allerdings nicht mehr sehr kräftige Tiefenerosion lieferte, aber doch nicht genügend zur Seitenerosion. Die heutigen nördlichen Täler sind wenigstens in einzelnen ihrer Teile, die südlichen aber durchaus von präglazialer Entstehung, aber beide in ganz hervorragendem Maße glazial ausgestaltet und in der Art ihrer jetzigen unausgeglichenen Gefällsverhältnisse gibt sich unzweifelhaft die eigenartige Wirkung einer nur schwachen postglazialen Erosion kund. Glaziale Ablagerungen sind auf beiden Seiten sehr bedeutend und wurden durch späte Flußtätigkeit stark beeinflußt. Die Oberlaufstrecken tragen auf beiden Abhängen hochalpinen Charakter; in den Unterläufen aber kommt der austrocknende Hauch der Wüsten der Randgebiete zur Geltung in außerordentlicher Gesteins- zerstörung und Verschüttung mit Sand und Löß. Eine Trümmerzone, welche als ein Charak- teristikum des Mittellaufes in den Tälern des zentralen Tian-Schan bekannt ist, fehlt hier, wahrscheinlich wegen der geringen Transportkraft der heutigen Flüsse. Die nördlichen ebenso wie die südlichen Täler weisen also im Charakter ihrer verschiedenen Teile auf tektonische Anlage, auf Eistätigkeit und schließlich auf Einwirkung eines zunehmend arider werdenden Klimas als bestimmende Agentien hin. Der Vegetationscharakter an beiden Ab- hängen ist aber sehr verschieden. Hierüber soll das Wesentliche im folgenden Kapitel mitgeteilt werden. Xlll. Die Vegetationsdecke. Die große botanische Sammlung, die ich im Laufe meiner Tian-Schan-Reisen an- gelegt habe, einschließlich der in der Bogdo-Ola gemachten Aufsammlung, wurde von mir dem Kais. Russ. Botan. Garten Peters des Großen in St. Petersburg überlassen, wo sich der um die Erforschung der Pflanzenwelt Zentralasiens hochverdiente erste Botaniker dieses Instituts, Herr B. A. Fedtschenko, der Mühe ihrer systematischen Bearbeitung unterzieht. Da diese umfangreiche Arbeit noch nicht abgeschlossen ist und somit auch für die Bogdo-Ola noch kein eingehender Bericht vorliegt, so muß ich mich hier auf allgemeine Hinweise beschränken. Diesen liegen allerdings vorläufige Bestimmungen einer Anzahl der in der Bogdo-Ola gesammelten Pflanzentypen zu Grunde, welche Herr Fedt- schenko in dankenswerter Weise mir einstweilen zur Verfügung gestellt hat. Danach zu schließen scheint die Flora des Bogdo-Ola-Gebietes etwas mehr Ver- wandtschaft mit derjenigen der Dsungarischen Gebirge (Tarbagatai und Dsungarischer Alatau) zu zeigen als die des zentralen Tian-Schan; sie weist auch im Verhältnis zu dieser letzteren mehr Altaische Formen auf, dafür aber weniger Himalayensische. An Arten ist sie nicht gerade reich. Die Produktion von Individuen dagegen, besonders in der Hochgebirgszone, ist auffallend groß für diese geographische Lage. Entsprechend dem außerordentlich ariden Klina, das schon am N.-Rande des Ge- birges zur Herrschaft gelangt, in noch schärferem Grade aber am Südrande, macht sich eine Erscheinung geltend, die man schon im zentralen Tian-Schan — dort besonders in den sehr breiten Längstälern, wie Tekes, Sary-dschaß, Inyltschek, Kaündü ete. — beob- achten kann, worauf ich schon früher hinwies,!) nämlich das Eindringen von Steppen- 1) Hettners Geographische Zeitschrift XIX, S. 20. 110 formen in das Gebirge und zwar an solchen Stellen, die einer besonders heftigen und lang andauernden täglichen Insolation ausgesetzt sind und überdies eine nur geringe Be- wässerung des Untergrundes erfahren. Es sind dies also alle beiläufig nach S. uni SW. gerichteten Gehänge der Ränder breiter Täler im allgemeinen, und namentlich dann, wenn sie nicht durch hochliegende Schneefelder auch im Sommer in ihrem Untergrunde beständige Zufuhr von Feuchtigkeit erfahren. Der gleiche Fall tritt ein, wenn aus den hochgelegenen Feuchtigkeitsquellen der Abfluß in tief eingerissenen felsigen Rinnsalen stattfindet und daher ohne Nutzen für die Umrandung sich vollzieht. Man kann dann die auffällige Beobachtung machen, wie auf einer Seite des Talgehänges eine schüttere, lückenhafte, hochwüchsige Pflanzendecke sich ansiedelte, hauptsächlich aus den charakteristischen Pfriem- gräsern und verwandten Arten bestehend, in deren Schutz eine richtige Hochsteppenflora ihre Existenz findet. Dieser sind zwar auch alpine Formen beigemischt, jedoch nur solche, welche mit geringer Feuchtigkeit auszukommen vermögen und besonders ausdauernd und widerstandsfähig gegen die ungemein großen täglichen Schwankungen der Bodentemperatur sind. Solche Gehänge, sowie die Decken der Terrassen in den Talrändern zeigen dann die graugrünen und graubläulichen, matten Farbentöne, wenn auch in etwas gemildertem Grade, welche der tiefer gelegenen Steppe im allgemeinen zu eigen sind. In auffälligstem Gegensatz hiezu prangen die gegenüberliegenden, klimatisch be- günstigteren Gehänge im sattesten, saftigsten Grün eines dicht geschlossenen alpinen Gras- bodens, auf dem eine wundervolle Alpenflora in leuchtenden Farben unter der Gunst zentral- asiatischer Sonne üppig emporsprießt, herrlicher sogar als man sie in unseren europäischen Alpen sehen kann. Hier ist es die größere Durchlässigkeit der weit feuchtigkeitsärmeren Luft für die Lichtstrahlen, welche diese besondere Kraft der Blütenfärbung begünstigt, während der aus den ausgedehnten Schnee- und Firnlagern der Hochregion stets befeuch- tete Untergrund des lockeren, stark zersetzten, akkumulativen Bodens ausgezeichnete Standorte für die meisten Arten der eigentlichen Hochalpenflora bietet. Nirgendwo, auch in den floristisch berühmtesten Gegenden unserer europäischen Alpen, sind mir auf meinen ausgedehnten Wanderungen floristische Bilder entgegengetreten, die sich in Bezug auf Eigenart ihrer Farbenpracht und in der üppigen Entwicklung der Individuen mit solchen Verhältnissen in der Bogdo-Ola-Gruppe messen können. Die Täler der Bogdo-Ola sind zwar bei weitem nicht so breit als die eben erwähnten Längstäler des zentralen Tian-Schan, weshalb die geschilderten, starken Gegensätze zwischen besonnten und beschatteten Gebirgsgehängen uns hier nicht in gleich scharfer Ausbildung wie dort vor Augen treten. Die extremen Einwirkungen werden eben auch bei un- günstig exponierten Talflanken überall dort gemäßigt oder nahezu aufgehoben, wo die ge- ıinge Breite des Tales gestattet, daß wenigstens für längere Zeit im Tage gegenseitige Beschattung durch ausspringende Kulissen der gegenüberliegenden Talseite eintritt. Außer- dem ist die Durchtalung der Bogdo-Ola (siehe S. 57, 94) annähernd meridional orien- tiert und die Talgehänge entbehren schon aus diesem Grunde der scharfen klimatischen Gegensätze, welche diejenigen der O.-W. gesichteten großen Längstäler des zentralen Tian-Schan mit nach N. oder S. exponierten Hängen auszeichnen. Hingegen macht sich als ungünstiger Faktor geltend, daß der Tian-Schan, je weiter seine Ketten nach O. hin sich ausdehnen, immer mehr unter verschärfte klimatische Einwirkungen des Kontinentalklimas gerät: größere Trockenheit und Durchlässigkeit der Luft, längere Dauer und größere Stärke er der Bestrahlung. Hiezu gesellen sich noch jahreszeitlich weniger ausgedehnte Niederschlags- perioden, also im allgemeinen geringere und obendrein ungleich verteilte Feuchtigkeits- zufuhr bei ungemein starker Verdunstung und extremen täglichen und jahreszeitlichen thermalen Schwankungen. Aus solchen Einwirkungen ergeben sich denn oft, auf engem Raume zusammengedrängt, außerordentlich verschiedenartige Bedingungen für die Ent- wicklung des Pflanzenlebens, d. h. die auffälligsten floristischen und phänologischen Unter- schiede in unmittelbarer Nebeneinanderstellung. In den eigentlichen alpinen Lagen des Gebirges, also für den Bogdo-Ola-Nord- abhang von etwa 2200 m aufwärts, erfährt der Boden, der infolge starker akkumulativer Gesteinszerstörung und ungemein mächtiger Glazialablagerung ein lockerer Aufschüttungs- boden von besonderer Tiefe ist, bei dem beträchtlichen Hineinragen der höchsten Kämme in die Schneeregion andauernd eine sehr reiche Bewässerung, welche eine zusammen- hängende Vegetationsdecke und namentlich dichte Rasenbildung begünstigt. Diese be- deutende Mächtigkeit eines lockeren Aufschüttungsbodens auf den Gehängen hat aber auch zur Folge, daß die von den Gebirgskämmen abfließenden Gewässer häufig schon hoch oben einsickern und, unterirdisch hinabfließend, die begraste Bodendecke wie einen Schwamm durchtränken. Überall, wo die Oberfläche gleichmäßige Böschung, d. h. kein sonderlich ausgeprägtes Relief zeigt, ist in der oberen Schichte die Durchtränkung nur ver- hältnismäßig gering und gleichmäßig verteilt. Dorten entfaltet sich die für das Gebiet normale Alpenflora in der geschilderten, prächtig bunten Erscheinung und in gleichartiger Mischung der Arten. Die überaus kräftige Insolation und die heftigen Winde haben aber zur Folge, daß an anderen Stellen und zwar dort, wo das Bodenrelief auch nur mäßig anschwillt, schon eine sehr starke Austrocknung stattfindet, so daß die günstigen Bedingungen für die Ausbildung alpiner (polarer) Pflanzenformen nicht mehr gegeben sind. An solchen Plätzen entwickeln sich gewisse Steppenformen, die aus tiefen Niveaus emporgewandert sind; sie zeigen aber nicht mehr den gleichen Habitus wie unten, wo alle Lebenselemente für sie in günstigster Art vorhanden sind. Hier oben, wo Nachtfröste und sogar im Sommer plötzlich hereinbrechende Schneestürme nichts Seltenes sind, werden sie in ihrem Wachstum gehemmt; sie müssen sich zum Teil veränderten klimatischen Verhältnissen an- passen. Demgemäß entstehen Zwergformen, am Boden hinkriechende, auch stark behaarte Varietäten der Steppenflora. Manche Formen, die unten einjährig sind, werden hier oben zweijährig, da ihre Entwicklung häufig Unterbrechung erleidet. Auf diese Weise werden mitten aus dem Meere der alpinen Pflanzendecke sich heraushebende Inseln einer Steppen- flora geschaffen, wo bestimmte Compositen, wie Artemisienarten, Leontopodium, Echinops, Saussuraea, Carduus, Senecio, dann Cruciferen, wie Chorispora, Parrya, Malcolmia, Lepi- dium, sowie einige Liliaceaen, und die besonderen Gramineaen der Steppe: Stipa, Triticum, Poa, Bromus, Festuca, Elymus vorherrschen. In dem smaragdenen Grün und der leuch- tenden Farbenpracht der Alpenwiesen fallen diese zerstreuten, graugrünen, mattfarbigen Inseln dem Blick des Reisenden als besondere Erscheinung schon von weitem auf. Diese Steppenformen bleiben aber nicht gerade auf die Region der Alpenwiesen beschränkt; sie steigen auch höher hinauf, bevölkern die trockenen Hänge alter Moränenwälle bis an den Rand des Gletschereises und erreichen sogar öfter die Bergkämme, wo sie sich, wenn sonst die ihnen günstigen Bedingungen des Bodens, der Trockenheit und Besonnung vorhanden sind, zu einer eigenartigen Gratflora ausbilden. Es sind hier zu erwähnen: Oxytropis humifusa, 112 Dragocephalum, Chorispora exscapa, Cerastium lithospermifolium, einige Pedieularisarten, Euphorbien, Mulgedium, Acanthalimon ete. In der alpinen Zone aber erscheinen neben diesen Steppeninseln noch solche anderer Art: Ebenso wie die Anschwellungen des Bodens aus verschiedenen Gründen seine Austrocknung zur Folge haben, so ergibt sich bei der “ sehr starken unterirdischen Wasserzirkulation überall dort, wo Hohlformen im Auf- schüttungsboden entstanden sind, sofort eine übermäßige Zufuhr von Feuchtigkeit, die zur Sumpfbildung führt, oder zur Entstehung von stagnierenden Wasserflächen und Tümpeln. Ohnedem begünstigt schon die reiche Bedeckung der Alpenböden und Terrassen mit alter Grundmoräne die Entstehung von Wannen und Sümpfen. Überall an jenen zahlreichen Stellen aber, wo der Alpenboden versumpft ist, fehlen ebenfalls die natürlichen Bedingungen zur Entfaltung der normalen alpinen Pflanzenformen und eine eigenartige Sumpffllora entsteht, deren Typen ebenfalls größtenteils aus tieferen Regionen des Gebirges stammen und sich hier, wo sie förderliche Lebensbedingungen finden, angesiedelt haben. Auch sie zeigen aber, ebenso wie die Arten der eben geschilderten Steppeninseln, Ver- änderungen in ihrer Entwicklung als Anpassung an die besonderen klimatischen Verhält- nisse der Hochregion. Wir finden hier in dichten Beständen Riedgräser, wie Juncus, Carex, Seirpus und andere Oyperaceaen, dann Phragmites, gewisse Arten von Typha, Alisme, Caly- stegia, Alliumarten, Pedicularis uliginosa, und P. rhinantoides,- Parnassia palustris, Gentiana algida, Ranuneulus sulphureus Alb. Rgl., R. gelidas, R. amoenus etc. Die Florenzone der Alpenwiesen und Matten erscheint im Bogdo-Ola-Gebiet demnach sowohl von zahlreichen floristischen Sumpf- als Steppeninseln durchsetzt, die in so auffälliger Weise hervortreten, daß man zu sagen berechtigt ist, es bestehe hier eine Kombination von Sumpf-, Steppen- und alpiner Flora in enger Abhängigkeit von dem Betrage unterirdischer Feuchtigkeit, die bestimmten Stellen zugeführt wird. Hiemit ist jedoch die Eigenart der floristischen Entfaltung in der Alpenzone der Bogdo-Ola noch nicht erschöpft. Es komnit hinzu, daß bei der außerordentlichen Schärfe der klimatischen Beeinflussung auch kleinere Schwankungen der Exposition und dadurch hervorgerufene Variationen in der einwirkenden Bestrahlungsenergie, sowie die Stellung gegen die vorherrschenden Winde, dann kleine Modifikationen im Böschungswinkel des Bodens und Unterschiede in seiner chemischen Zusammensetzung schon genügen, um an gewissen Stellen die ausschließliche Entwicklung bestimmter Alpenpflanzen zu begünstigen und diejenige anderer hintanzuhalten. Also je nach Dauer von Beschattung oder Besonnung, je nach dem Grad der Befeuchtung und der Neigung des Gehänges, je nach Stärke der Inso- lation und nach Tiefe und Zusammensetzung des Bodens findet Anhäufung ganz bestimmter Pflanzenformen an einer Stelle statt. Es gesellen sich einzelne Arten der Tian-Schanischen Alpenflora zu zerstreuten inselförmigen Ansiedlungen, die man öfters nur an solch be- stimmten Standorten und dann oft auf Kilometer weit nicht mehr antrifft. Dieses selektive gesellige Zusammenleben mehrerer Formen unter Ausschluß von anderen ist ein be- sonderer Charakterzug in der Vegetationsdecke vieler Teile des Tian-Schan. Namentlich im Tekes-Tal und seinen Nebentälern, besonders im Agiastal, dann auch im Kaündütal u. a. fand ich diese Erscheinung sehr ausgebildet, jedoch nirgendwo im gleichen Maße, wie in der Bogdo-Ola. Obgleich, wie schon zu Beginn dieses Kapitels hervorgehoben wurde, die botanische Bearbeitung meiner Ausbeute noch nicht abgeschlossen ist, will ich doch die die Alpen- 113 zone der Bogdo-Ola am meisten bevölkernden Pflanzenfamilien hier anführen: Campa- nulaceaen, Umbelliferen, Alsinen, Cruciferen, Compositeaen, Boragineaen, Labiateaen, Liliaceaen, Serophularien, Polygonaceaen, Dipsaceaen, Saxifragen, Sileneaen, Primulaceaen, Gentianeaen, Cyperaceaen und Gramineaen. Von den für die Alpenzone charakteristischen seien nur folgende Arten hervorgehoben: Campanula glomerata L., Anemone nareissiflora, Aquilegia glandulosa, Pedieularis cheilanthifolia Schr., Delphinium dasyanthemum Kar. et Kir., Parnassia ovata Ldb. und hievon eine weit lebhafter gelbe sehr hochstenglige Art, dann Geranium collinum glandulosum Ldb., Myosotis sylvatica Hoffm., eine besonders üppige Arnebia, Dianthus superbus, ein dunkel orange blühendes Doronicum (D. turkestanicum?), Sedum Ewersii Ld. und S. aizoon L., Erigeron pulchellus, Dragocephalum imberbe Be. und D. nutans L., Mulgedium azureum D. (C., eine sehr hochstenglige Fritillaria und teils blau, teils violett blühende Alliumarten. An Gentianen herrscht ein großer Reichtum sowohl an Arten, wie an Exemplaren. Wir finden @. prostrata Hänke, G. barbata Froel., G. aurea L., G. umbellata M. B., G. Walujewii Rgl. et Schm. Mehrere Senecio Arten: S. tianschanicus und Senecio nemorensis, gesellen sich häufig zu Gnaphalium Leontopodium und Galium verum, sowie in höheren Lagen G. boreale. Ein intensiv orangefarbiger Trollius (wohl T. altaicus?) ist sehr verbreitet, ebenso Saussurea amara D. C. und in der Nähe der Gletscher die fantastische Saussurea (Aplotaxis) involucrata Kar. et Kir., sowie einige andere Vertreter dieser eigenartig schönen Composite. Achillea millefolium L. und Aconitum Napellus, sowie ein anderes Aconitum (wohl Altaicum?) treten zahlreich in Kolonien auf. Von blühenden Gräsern erwähne ich nur einige hohe Festucaarten. Häufig ist Cadonopsis ovata Benth. und an allen Trockenstellen sehr verbreitet in Höhen und Tiefen ein bisher nicht bekanntes wunderschönes Chrysanthemum (Chr. Merzbacheri B. A. Fedtschenko). In den höchsten Kammregionen sind besonders gern angesiedelt: Gentiana sibirica und aurea, sowie G. straminaea und die zierliche @. humilis, Sedum Ewersii Ld. und $. aizoon, auch S. Kirilowii Rgl., Galium boreale, ein Chrysoplenium, mehrere Drabaarten, zwerghafte Formen von ÖOxytropis in verschiedenfarbiger Blüte, verkümmerte Ranunculusarten, deren Blütenköpfe kaum dem Boden entragen. Oft begegnet man auf den Kammhöhen flach am Boden aus- gebreiteten Vertretern von Parrya, einer rosa und einer violett blühenden Form. Auch mehrere verschiedene Arten von Öerastium finden sich dort, darunter ©. trigynum Pall. und ein Taphrospermum (vielleicht T. altaicum?). Ferner sind häufig verschiedene Saxifragen und eine winzige Beketowia, Chorispora und ein Sisymbrium in Zwergform. Endlich ver- vollständigt das Bild die seltsame, krautkopfförmige Saussurea involucrata Kar. et Kir., die eigentümlicher Weise nur im Bogdo-Ola-Gebiet so sehr verbreitet ist, daß man ihr in der Hochregion überall unter gut beschatteten Felsen begegnet, wo sie in trockenem Schutt ihre ungemein verzweigten Saugwurzeln eintieft. Auf der Südseite des Hauptkammes ist das floristische Bild der alpinen Zone, wenn auch nicht schon in unmittelbarster Nähe der Kammregion, so doch bald stark verändert, da der austrocknende Odem der Turfan-Senke auch bis zu den höheren Lagen empordringt und weil am Südgehänge die Insolation kräftiger einwirkt, als auf der Nordseite. Wir begegnen daher mehreren der oben angeführten Arten im S. nicht mehr, während dort andere mehr an Trockenheit gewohnte Formen noch günstige Lebensbedingungen finden. Es sind dies: Sazifraga hirculus, eine verkrüppelte Oxytropis (O. lapponica?), polsterförmige Alsinen, auch A. verna Wahlbg., in winziger Form Saussurea pygmaea D. O., Gentiana algida Pal. Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 15 114 und 6. sibirica, Thalyetrum, Sedum aizoon, Cancrinia, Pedicularis cheilanthifolia Schr., Potentilla nivaea, ein zierlicherAstragalus (nov. sp.), eine seltsame Zizyphora u. a. m. Eine auffallende Erscheinung ist, daß Pflanzen, die, wo immer ich sie am N.-Abhang sammelte, keinen oder nur sehr schwachen Geruch hatten, hier am S.-Hang kräftiges Aroma exhalierten z. B. Gentiana algida und Myosotis. Es ist dies wohl der kräftigen Anregung der Be- sonnung auf die Gefäße zuzuschreiben. Tiefer, schon an der unteren Grenze der Alpen- zone stellen sich häufig ein: Cirsium (C. elodes M. B.?), Inula (Schmalhauseni?), Iris Gülden- stedtiana, Zygophyllum macropterum, Suaeda physophora, Zizyphora canescens, Galium, Thalyctrum isopyroides. Stellaria sp. (?), Centaurea (ruthenica?), Dianthus sp. (gelb blühend), Astragalus, Tanacetum tenuifolium Jaquem., Lepidium latifolium, Diptichocarpus strietus und verschiedene Artemisien, Pfriemgräser etc. Ferner ist zu bemerken, daß, während am N.-Abhang der in Kap. VI geschilderte Stufenbau des Gebirges mit seinen, wenn auch vielfach zerschnittenen Hochflächen (Taf. 9 Fig. 2 u. 4) die Bildung ausgedehnter Alpenwiesen begünstigt, am S.-Abhang der mehr- fach erörterte Steilabfall eher die Ausbildung weite Räume einnehmender Schuttströme zur Folge hat. Auch die im S. intensivere Gesteinszerstörung mußte die andauernde Überschüttung der Gebirgshänge mit dem vom Felsenbau der Kämme herabgelieferten Sehutt besonders fördern. Aus solchen Gründen konnte sich am S.-Abhang eine umfang- reiche, zusammenhängende Decke von Alpenmatten nicht ausbilden. Wir finden solche, jedoch von geringer Ausdehnung, nur an besonders begünstigten Hängen. Erst unter- halb der eigentlichen Zone alpiner Wiesen in beiläufiger Höhe von 2200 m, wo die Abdachung sanfter wird (siehe S. 40, 102, 103), sehen wir eine geschlossene Pflanzendecke von größerem Umfang sich breiten, welche jedoch infolge der im Süden schärferen klimatischen Einwirkungen schon weniger den Charakter von Alpenwiese, als vielmehr den der alpinen Hochsteppe trägt. Hinsichtlich der Florenlisten habe ich zu bemerken, daß die oben angeführten Formen fast alle in Blüte gesammelt wurden und daß die Sammelperiode in die Zeit vom Juli bis August fällt. Da ich in diesem Kapitel der Spezialarbeit Fedtschenkos nichts im voraus nehmen will und da meine Mitteilungen nur den Zweck haben, allgemeine Orientierung: über den Charakter der Vegetation des Gebietes zu bieten, so muß ich hieran interessierte Fachmänner ersuchen, auf das Erscheinen der Arbeit Fedtschenkos vertrösten. Im großen ganzen müssen, was die eigenartige Ausbildung des floristischen Bildes betrifft, nicht nur die klimatischen Zustände, sondern auch die geschilderten geologischen und orographischen Verhältnisse berücksichtigt werden. Angepaßt an die große Ein- fachheit und Gleichförmigkeit dieser Verhältnisse, sowie entsprechend der in langen Zeit- räumen nicht mehr wesentlich veränderten geologischen Entwicklung entfaltete sich das organische Leben dieser Gegend nach ganz bestimmter Richtung und wurde zuletzt aus- schließlich beeinflußt von den großen, späten klimatischen Umwälzungen, auf welche ich zu wiederholten Malen hingewiesen habe. Im Laufe der Zeiten ist sicherlich eine Verarmung an Arten in der alpinen Zone im ganzen Tian-Schan eingetreten; im westlichen und zentralen Tian-Schan ist die alpine Flora jedoch noch immer ziemlich reich. Je weiter aber die Ketten nach O. hin sich in das Herz des Kontinentes hineindehnen, wo das Kontinentalklima zu immer mehr sich verschärfender Herrschaft gelangt (siehe S. 110), desto mehr mußten aus den eigentlich 115 hochalpinen Regionen, wo das Klima dem polaren einigermassen ähnlich ist, solche Pflanzen verschwinden, welche ihre Knospen nur langsam füllen. Hingegen wurden Arten, welche gegen hohe Wärmegrade bei Tag und gegen bedeutende Abkühlung in der Nacht gleich wenig empfindlich sind, immer mehr vorherrschend. Aus diesen Gründen mußte gegen O. hin eine Verarmung des floristischen Bestandes eintreten. Ein zusammenfassendes Werk über die Pflanzenverbreitung in Zentralasien nach geographischen und klimatischen Gesichtspunkten ist ja bis jetzt nicht geschrieben worden; daran dürfte wohl überhaupt nicht gedacht werden, bevor das verdienstvolle Bemühen von ©. A. und B. A. Fedtschenko, alle in Zentralasien auftretenden Pflanzenformen systematisch zu registrieren, völlig durchgeführt sein wird. Bisher sind als Frucht dieser Arbeiten vier Teile des Conspectus florae Turkestanicae (Petersburg und Jurijew 1906—1911) erschienen. Ein wertvoller Beitrag zu einer übersichtlichen Geschichte der Entwicklung des Pflanzenlebens in den zentralasiatischen Gebirgen liegt in der Ab- handlung A. N. Krassnows vor: „Versuch zu einer Geschichte der Entwicklung der Flora der südlichen Teile des östlichen Tian-Schan“,!) wobei ich bemerken muß, daß die Worte des Titels „südliche Teile des östlichen Tian-Schan“ einigermaßen irreführend sind. In Wirklichkeit erstreckt sich das Gebiet der botanischen Forschungen Krassnows, wie schon aus der dem Werke beigegebenen Karte zu ersehen ist, nach OÖ. nur bis zum Meridian des Issykul-Sees. Es müßte also richtiger zentraler statt östlicher Tian-Schan heißen. Dem Erscheinen dieses Werkes ging aus der Feder des gleichen Autors eine kürzere Abhandlung voraus: „Vorläufiger Bericht über geobotanische Untersuchungen im östlichen Tian-Schan und seinen Vor- ketten“, unternommen im Sommer 1886 von A. N. Krassnow.?) Auch hier hätte statt östlicher Tian-Schan zentraler gesetzt werden sollen. Schon vor Krassnow hat der vielgewanderte Botaniker A. Regel den Versuch einer Zusammenstellung der Verbreitung der Pflanzenarten in Ost-Turkestan gemacht und eine tabellarische Zusammenstellung hierüber geliefert.?) Dort wurde auch die systematische Bearbeitung eines Teiles der umfangreichen Regel’schen Sammlungen ver- öffentlicht: DescriptionesPlantarum novarum etminuscognitarum, fasciculus VIII. Listen anderer Teile dieser Sammlungen sind zerstreut in früheren Bänden (I—IX) der gleichen Fachschrift veröffentlicht. Eine geobotanische, von klimatischen und geographischen Gesichtspunkten ausgehende Entwicklungsgeschichte der zentralasiatischen Florengebiete könnte merkwürdige Auf- * schlüsse fördern über das Verhältnis des Pflanzenlebens zu den klimatischen Extremen, wie ich sie im Vorhergehenden nur flüchtig zu skizzieren vermochte. Schon mit” dem Ansteigen zu den Höhen macht sich eine Verarmung an Arten geltend, und trotzdem besondere Formen der Steppe, wie geschildert, unter bestimmten Bedingungen sogar bis in die hochalpine Zone vordringen und dort heimisch werden, so darf doch aus der schönen Entwicklung der eigentlich alpinen (polaren) Flora gschlossen werden, daß die weniger widerstandsfähigen Formen aus den Hochregionen bereits verschwunden sind. Was 1) Sapiski der Kais. Russ. Geol. Gesellsch., Tom. XIX, 1888, russisch. 2) Iswestiya, Kais. Russ. Geograph. Gesellsch., Tom. XXIII, russisch. ®) Acta Horti Petropolitani, Tom. VII, 1880, S. 684 f. 116 wir also heute dort noch finden, ist als der feste, sich gegenwärtig nur wenig mehr ver- ändernde Bestand anzusehen. Wir müssen aus solchen Verhältnissen schließen, daß der eigenartigste Charakter der heutigen Tian-Schan-Flora am reinsten und unverfälschtesten einerseits in der hohen Alpenwiesenzone und in den dem ewigen Schnee naheliegenden Felsengebieten zutage tritt, sowie anderseits im Unterlauf der Täler und in den am Fuße des Gebirges sich breitenden Steppen und Wüstensteppen, wo ebenfalls extreme Härte des Klimas Pflanzen der gemäßigten Zone ausschließt, und jene des ariden Klimas in großer Mannigfaltigkeit und Eigenart zur Ausbildung bringt. In den höchsten Regionen also, wie in den tiefsten sind die originellsten Pflanzenformen anzutreffen und darunter sehr viele endemische. Was zwischen diesen beiden Pflanzengürteln liegt, ist mehr oder weniger als Übergangsgebiet anzusehen, in welchem je nach den besonderen Boden-, Bewässerungs- und Bestrahlungsverhältnissen ein Hinauf- oder Hinabwandern der Arten erfolst. Bevor ich einen beiläufigen Überblick über die Verhältnisse werfe, wie sie mir am Fuße der beiden Abhänge der Bogdo-Ola vor Augen traten, möchte ich als Ergänzung des Vegetationsbildes der alpinen Zone noch hervorheben, daß am N.-Abhang die untere Grenze der geschlossenen Zone der Alpenwiesen mit alpiner Flora auf etwa 2100 m an- zusetzen ist. Gegenüber den gleichen Verhältnissen wie ich sie am N.-Abhang des zentralen Tian-Schan beobachten konnte, bedeutet dies ein Hinaufrücken um höchstens 250m. Dem ist aber anzufügen, daß genaue ziffermäßige Ergebnisse systematischer Beobachtungen in dieser Hinsicht für den zentralen Tian-Schan meines Wissens bisher überhaupt noch nicht vorliegen, sogar von den speziell zu botanischen Forschungen dort umhergereisten Gelehrten nicht geliefert wurden. Ich selbst habe bei der Fülle anderer Aufgaben auf meinen weitgedehnten Wanderungen systematische Aufzeichnungen nach dieser Richtung nicht machen können, wohl aber vielfache Einzelbeobachtungen, die in enger Verbindung mit anderen wissenschaftlichen, wichtigen Verhältnissen gemacht werden, so daß aus ihrer Zusammenfassung sich immerhin ein der Wahrheit sehr annähernder Schätzungswert ergeben dürfte. Für die Zone vom 78. bis 83.° Ö.L. ist als Ergebnis für den N.-Abhang des zentralen Tian-Schan ein Mittelwert von 1850 m als untere Grenze der Alpenwiesen anzunehmen. Für den S.-Abhang stellt sich ein Mittelwert von 2250 m heraus, wobei besonders darauf hingewiesen sei, daß es mit großen Schwierigkeiten ver- bunden ist, für den S.-Abhang einen richtigen Durchschnittswert zu ermitteln, weil dort die Bewässerungsverhältnisse in den einzelnen Gebieten eine ganz außerordentliche Ver- schiedenartigkeit aufweisen. Für den S.-Abhang der Bogdo-Ola kann ich, soweit meine Beobachtungen reichen, als untere Grenze für geschlossenen Wiesenboden von echt alpinem Charakter — insoferne solcher in nennenswertem Umfang überhaupt vorhanden ist (S. 114) — die Höhe von 2500 m annehmen. Die obere Grenze der alpinen Wiesenzone am N.-Abhang der Bogdo-Ola, die dort vielfach die Waldbestände, wovon gleich mehr die Rede sein wird, durchbricht und noch um 250 bis 300 m über deren obere Durchschnittsgrenze hinaufreicht, ist auf 3100 bis 3200 m anzunehmen. Für den S.-Abhang ergab sich mir als Schätzungswert auf meinen Wanderungen zur Schneeregion, allerdings in einem eng begrenzten Gebiete, der Betrag von 3350 m als obere Alpenwiesengrenze. Ob diesem Werte durchschnittliche Geltung zukommt, ver- mag ich nicht zu sagen; es ist aber wahrscheinlich. Es ergibt sich auf Grund dieser Zahlen, daß die Breite der alpinen Wiesenzone am N.-Abhang etwa 1000 m, am S.-Abhang 1617 nur S00O m beträgt, wobei ich jedoch für diesen nochmals auf meine Bemerkung in Betreff seines weniger geschlossenen Bestandes hinweise. Der ganze Charakter der alpinen Zone des N.-Abhanges bietet dem Reisenden, der aus dem ausgedürsteten, unter der drückenden Glut der östlichen Sonne liegenden Rand- gebiete kommend, zum Gebirge emporwandert, mehr als einen unerwarteten Anblick — eine wunderbare Überraschung. In der geschlossenen Dichte, sowie in dem wundervoll leuch- tenden Grün des alpinen Grasbodens und in der Farbenpracht der Flora steht sie auch den bevorzugtesten Hochtälern des zentralen Tian-Schan nicht nach!) und wetteifert an Schönheit sogar mit manchen berühmten europäischen Alpengebieten. (S. 110.) Zur Vervollständigung des Charakterbildes der Alpenzone der Bogdo-Ola ist noch anzufügen, daß auch hier das Krummholz nahezu gänzlich fehlt. Nur an ganz vereinzelten Stellen finden sich die für den Tian-Schan typischen kreisrunden, scharf umgrenzten Kolonien von knorrigem, verkrüppeltem, am Boden hinkriechendem Juniperus Sabina. Auch das gänzliche Fehlen von Vaccinium, Rhododendron, Azaleen, Rubus und Empetrum, von Farnen und Flechten im Gebiete der Bogdo-Ola ist eine auffällige Erscheinung. Mehr jedoch als alles dies überraschte mich das schwer erklärbare Fehlen der Caragana, die sonst in den verschiedenen Arten ihrer Aus- bildung in allen Teilen und Höhen des Tian-Schan von W. nach O., am N.- und $.-Abhang so verbreitet ist, daß man sie als die eigentliche Charakterpflanze des Tian-Schan bezeichnen kann. Noch in geringer Entfernung im W., in den Quelltälern des Manasflusses fand ich sie in mehreren Arten sehr verbreitet. Welches mögen die Ursachen sein, die sie aus dem Grebiete der Bogdo-Ola, sowohl aus dem hohen als aus dem niederen Vegetations- gürtel ausschließen? Mit der Lösung dieses Rätsels würde sich vielleicht auch der Schlüssel zu manch anderer ökologischer oder pflanzengeographischer Frage ergeben. Gehen wir von der Vegetationsdecke der Höhen zu jener der Tiefen über, so möchte ich gleich im Vorhinein bemerken, daß ich es nicht als meine Aufgabe ansehe, eine systematische. Schilderung der in den Trockensteppen am Fuße des Tlan-Schan auftretenden Vegetation zu geben. Gerade hierüber besteht eine reiche Literatur, aus welcher ich auf die schon zitierten Werke Krassnows, Regels und Fedtschenkos hinweise, außerdem auf das bekannte Werk: Sertum Tianschanicum von Baron OÖsten-Sacken und Rupprecht,?) auf Sewerzows Erforschung des Tian-Schan,®) P. P. Semenows Reise von der Festung Wjernoe über den Paß Suyok-tepe etc.*) Die genauesten Hinweise auf die die zentral- asiatische Steppenflora betreffende, sehr reiche Literatur sind am besten dem schon gerühmten Conspectus Fedtschenko’s, wie einem anderen Werke des gleichen Verfassers „Flora des westlichen Tian-Schan“ (I/II russ.)’) zu entnehmen, wo bei jeder aufgeführten Pflanzenform auch die auf sie treffenden Literaturnachweise zu finden sind. Für mich handelt es sich hier nur darum, das in den vorigen Kapiteln gezeichnete geographische Charakterbild auch durch besonders ins Auge fallende, eigenartige Züge des Pflanzenkleides zu vervollständigen. Als Ergebnis der von mir am N.-Abhang des östlichen Tian-Schan und insbesondere 1) Siehe auch Grum Grschimailo, ]l. c. Bd.I, S. 155 f., 159. 2) Mem. Akad. Imp. des Sciences de St. Petersburg. VII. Ser., Tom. XIV, 1870. °) Petermanns Mitteilungen, Ergänzungsheft 142 und 143. 4) Sapiski, Kais. Russ. Geol. Gesellsch. Tom. I, 1867. 5) St. Petersburg 1904/05. 118 in der Zone der Halbwüste oder Wüstensteppe zwischen Urumtschi und Foükan gemachten Beobachtungen sei das Vorherrschen folgender typischen Pflanzenformen erwähnt: Zunächst fällt das Vorkommen des Saxauls (Haloxylon ammodendron) auf, der zwar charakteristisch für solche Trockengebiete ist, aber durchaus nicht überall am N.-Fuße des Tian-Schan auftritt. In der Dsungarei verbreitet er sich strichweise nach N. bis zum Nordufer des Saissan-Sees. Weitere besondere Charakterpflanzen des Gebietes sind: Atraphaxis frutescens C. Koch = A. lanceolata, und besonders die in dieser Gegend massenhaft verbreitete Eurotia ceratoides, die mit ihren feinen rosafarbigen Blüten eine Zierde der grauen mattfarbigen Landschaft bildet. Dem sonst tot erscheinenden, höchst lückenhaften Vegetationskleid verleihen einiges Leben auch die inselartig zerstreuten Gruppen des, in der grellen Sonne und vom Winde bewegt, metallisch glänzenden Bandgrases Lasiogrostis splendens, das oft “eine Höhe von mehr als 5 m erreicht. Dazwischen erscheinen fleckenweise verteilt haupt- sächlich Peganum harmala, Zygophyllum macropterum und xanthoxylon, Calligonum murex und stachlige Kugeln von Xanthium spinosum, Alhagi camelorum, verschiedenen Astragalus- formen, sowie Büsche von Glycyrhizaarten, sowie endlich Ceratocarpus araenarius. Dort, wo an tieferen Stellen, besonders auf dem schattenreichen Grunde von 5—8 m tief ein- gerissenen Trockenbetten mit steilen Rändern sich ein wenig Feuchtigkeit erhalten kann, erscheinen dem Auge oft ganz unerwartet als grüne Oasen in kleinen Gruppen die hohen rosablühenden Stengel von Tamarix, dann Neogaya mucronata Schrenk, sowie Lepidium lati- folium, Medicago falcata, (var. desertorum?) auch Stellaria sp. (?) und einige andere Arten. Die oberen Ränder solcher Gräben und tiefen grünen Mulden, die dem schonungslosen Anprall der Sonnenstrahlen ausgesetzt sind, sehen gefleckt aus von den am Boden klebenden, verdorrten, buntfarbigen Blattrosetten von Scorodosma und Rheum. Der Boden der Trockensteppe ist, soweit ich den N.-Rand kennen gelernt habe, in überwiegendem Maße mehr lehmig als sandig und auf weiten Strecken mit kleinem Gerölle und Kies bedeckt. Dazwischen finden sich tischebene Flächen von hartem Tonboden (Takyr) mit tief eingerissenen Trockenbetten. Alles dies gibt Kunde von ausgedehnter Überflutung und kurze Zeit stehendem, seichtem Wasser zur Zeit der Frühjahrsschneeschmelze im Gebirge. Strecken mit Salzausblühungen nehmen im Verhältnis nur geringen Raum ein. An solchen, nicht sehr häufigen Orten finden wir angesiedelt: Suaeda physophora, Mulgedium tartaricum, Lepidium- obtusum, Cerastium vulgatum und verschiedene Salsolaarten, die im schwachen Schatten verkrüppelter Saxaulbäume mit Vorliebe wachsen, deren zum Teil über den Boden wirr sich breitendes Wurzelwerk einen fantastischen Anblick gewährt. Auf den festesten Bodenstellen sieht man hauptsächlich hohe Doldengewächse, Ferulaarten (F. canescens Rgl.?) und Scorodosma; dazwischen zerstreut dichte Kugeln von Astragalus. Auch Lyeiumbüsche (L. ruthenicum Murr.) sind häufig und besonders verschiedene Arten von Artemisien (A. song- harica, fragrans und maritima). Dazwischen winden sich am Boden hin meterlange Stengel von Convolvula lineata mit außerordentlich zahlreichen zart rosafarbigen Glockenblumen und verstreut treten auf Ceratocarpus und Kochia prostrata in Kolonien, sowie Salsolaceaen. Mit der Annäherung zum Gebirge nimmt zwar der lehmige Gehalt des Bodens zu; ist aber von völlig humusfreier Beschaffenheit. Der ihm bisher in beträchtlicher Menge beigemischte Sand nimmt jedoch zusehends ab und der sanft ansteigende, nur mit feinem Geröll bedeckte Lehmboden begünstigt mehr und mehr die Entwicklung einer Wermut- steppe von schütterer Beschaffenheit. Papilionaceaen, Compositeaen, Chenopodiaceaen werden 119 zerstreut häufiger angetroffen; besonders fallen auf Diptichocarpus strietus Trautv. und ein wunderschönes Chrysanthenum (Chr. Merzbacheri B. Fedtschenko nov. sp.), das überall die trockenen Stellen auch weit taleinwärts, bis hinauf zu 2000 m in großen Mengen schmückt. Der Saxaul dringt nicht mit in das Gebirge ein. Das Vorwalten gewisser Gramineaen, wie Festuca ovina, Triticum, Elymus, Poa, Stipa Lessingiana, Bromus, Aleuropus und anderer Gräser täuscht, aus gewisser Entfernung gesehen, eine fast geschlossene Vegetationsdecke vor, die in Wirklichkeit jedoch nur ein großmaschiges Gitter ist. Die Frühjahrsblüter, wie Liliaceaen, Iris u. a. waren mit Aus- nahme von Iris halophyla Pall. zur Zeit meiner Bereisung der Gegend längst verblüht. Hingegen sah man noch einige hübsch blühende Astragaleaen (A. altaicus?), dann Alyssum und Echinospermum (patulus?). Den erfreulichsten Anblick bietet auch bier stets der wirre, fast weiße Zweigaufbau der Eurotia ceratoides im überreichen Schmuck der feinen rosa Blüten und bleibt uns bis zum Eingang in die aus dem Gebirge herabziehenden Quertäler getreu. Diese Büsche, ebenso wie eine Malcolmia drängen sich auch in die geschlossenen Dickichte der Salsola-Arten hinein. Überhaupt erweist sich diese Vegetations- zone sehr reich an Arten aus der Familie der Papilionaceaen, Compositeaen, Gramineaen, Cruciferen, Boragineaen und Salsolaceaen ete. In dieser flüchtigen Skizze vermag ich jedoch nicht näher auf diese Verhältnisse einzugehen und hebe nur hervor, daß gerade diese Zone den größten Reichtum an endemischen, dem Tian-Schan eigenen Formen zeigt, welche solchen der Dsungarei und des Altai nahe stehen oder mit ihnen identisch sind, während himalayensische Formen, soweit mir bekannt, nur wenig hervortreten. Werfen wir nun beim Eintritt in eines der Quertäler einen Blick zurück auf die abdachende, sonnendurchglühte Ebene, so fallen uns in der weiten, im Ganzen hellbraungrau erscheinenden Fläche einzelne dunkle Streifen auf, welche sie teils in gewundenen, teils in schnurgeraden Linien durchziehen. Es sind dies bald breitere, bald schmälere Gürtel von Bäumen und Kulturen, welche den Lauf der dem Gebirge entströmenden, wasserreichen, kleinen Flüsse und der aus ihnen abgeleiteten Kanäle begleiten (S. 95). Die hauptsäch- liehsten Kulturgewächse sind Gerste, Weizen, Mais und Hirse (Panicum italicum erythros- permum), Melonen und Gemüsearten, dann die wichtige Futterpflanze Medicago sativa var. Turkestanica, der sogenannte Klewer der Russen. Mit dem Eintritt in das Gebirge gelangen wir in das Gebiet der Gesteine der Angaraserie, deren niedere Ketten, wie in Kap. XI geschildert, keinerlei Vegetationsdecke tragen. Kahle, ruinenhaft verwitterte, bunt gefärbte Mauern umgeben uns; sie sind nahezu wasserlos; doch zeigen sich rechts und links Trockenbetten, die im Frühjahr kurze Zeit Wasser führen. Die stark abgetragenen Kämme dieser weichen Gesteine reichen, da sie nur bis zu 1200 m ansteigen (S. 39), nicht mehr in die Schneeregion hinein, und stehen daher noch unter der vollen Herrschaft des ariden Klimas der Steppe. Nur auf den Sohlen der Haupttäler, die von dem auf den Eishöhen des Hochgebirges gebornen Wasserreichtum durchströmt werden, entwickelt sich Vegetation. In den geweiteten Talstrecken, nahe den Mündungen zur Steppe, ist der Boden noch immer tonig, hart und mit Kies überschüttet; er trägt keine Humusschichte und bietet daher, abgesehen von etwas mehr Beschattung durch die Bergwände, für Vegetation noch immer fast die gleichen ungünstigen Bedingungen wie die Steppe am Rand des Gebirges. Die Pflanzenformen der Wermutsteppe herrschen hier vor und Pfriemgräser, sowie andere steife Gräser durchsetzen die Artemisienbestände; 120 selbst Lasiogrostis splendens dringt noch weit ins Tal hinein. Zu den schon früher an- geführten Gramineaen tritt hier noch hinzu Koeleria cristata, sowie neue, abweichende Formen von Triticum, Elymus, Festuca. Niedrig wachsende Kolonien von Statice speciosa, Chorispora (sibirica?), Sisymbrium, Trigonella, Euelidium und andere ergänzen den Bestand dieser Trockenvegetation. Auch Salsolabüsche treten noch häufig auf. Die niedere Vegetation war zur Zeit meiner Reise infolge der starken Erhitzung des Bodens schon vielfach ver- dorrt und vertrocknet, gelbgrau und braun. Doch besonders Medicago falcata zeigte noch die gelben Blütenbehänge und Thalyetrum isopyroides sowie Suaeda physophora Pall. belebten mit ihren feinen Farben die sonstige Einförmigkeit des Pflanzenbildes. Erst mit dem Anstiege zu größerer Höhe beginnt sich im Schatten der Bergwände auf den Schuttkegeln und unmittelbar an ihrem Fuße eine mäßig hohe Strauchvegetation zu verbreiten, hauptsächlich aus den eigenartigen Atraphaxisarten (A. pungens und A. lan- ceolata), dann aus Büschen von Berberis, Cotoneaster, etwas Pappeln (Populus hybrida M. B.?), aus Weidenarten und besonders sehr vielen Wildrosen zusammengesetzt. Die Büsche sind vielfach von den Schlingnetzen der Atragene sibirica überzogen, von deren Gewirr weißer Blütenglöckchen sie wie mit Schleiern überdeckt erscheinen. Auch Ulmen treten vereinzelt als Büsche, bald aber auch in Baumform auf. Wo zunächst weiter einwärts der feste Boden beginnt humöse Verwitterung zu zeigen, finden sich Spuren ehemaliger Kulturen insoferne, als verwildertes Getreide (Gerste und Hirse) sich in ziemlicher Menge dem Gramineaenbestande der Steppe beimischt und Kolonien hochwachsender Nesseln undurchdringliche Dickichte bilden. Auch zerstreute Mauerreste deuten darauf hin, daß hier ehemalige Ansiedlungen gestanden haben müssen, die ver- mutlich wegen der zur Zeit der Frühjahrsschneeschmelze verheerend auftretenden Über- schwemmungen verlassen wurden, oder auch infolge feindlicher Überfälle zur Zeit des Dunganenkrieges untergingen. Auch das Auftreten von humex und Thlapsi arvensae, sowie von Polygonum und Avena, die offenbar von Menschen in dieses Tal gebracht wurden, deutet auf frühere Besiedlung hin. Eine bis zur Höhe von mehr als 2!/a m wachsende Distelart (Echinops sphaeroc£phalus?) bildet wahre Wälder. Steht es nun im Zusammenhang mit dieser ehemaligen Besiedlung, daß taleinwärts Baumbestände von Ulmen bei prächtiger Entwicklung der einzelnen Individuen sich immer mehr und besonders in den beckenartigen Weitungen des Sangun-Tales an beiden Flußufern zu wundervollen Auenwäldern ausbreiten? Schon in der Wüstensteppe hier und weiter im Westen war es mir aufgefallen, daß öfters Kolonien dieses Baumes vorkommen und zwar meistens an Orten, wo ich auch An- zeichen ehemaliger Besiedlung in Form von Mauerresten bemerken konnte. Bei den durch Jahrhunderte andauernden schweren Kämpfen der Chinesen mit den Ujiguren und bei den unmenschlichen Vernichtungskämpfen, welche Chinesen und Dunganen vor (siehe 8. 8 f.) erst etwas über 40 Jahren gegen einander führten, wobei weite Strecken blühenden Kulturlandes zur Wüste verwandelt wurden, ist es sehr erklärlich, daß man in gewissen Teilen Zentralasiens, besonders am N.-Fuße des Tian-Schan, keine Meile zurücklegen kann, ohne auf mehr oder weniger gut erhaltene Reste früherer menschlicher Niederlassungen, auf Ruinen, Begräbnisplätze, alte Kanäle u. dgl. zu stoßen. Ich habe nun häufig beim unerwarteten Anblick mitten im ariden Gebiet sich er- hebender herrlicher Ulmenbestände die Frage erwogen, ob sie nicht als verknüpft mit 121 verlassener Besiedlung anzusehen sind, oder ob nicht etwa stark verminderte der Wasser- zufuhr aus dem Gebirge und die hiedurch geschwundene Möglichkeit der Irrigation gewisser Gebiete, also eine Klimaverschlechterung, die Ursache solcher Erscheinungen sei? Indessen konnte ich verlässige Aufschlüsse über derartige Naturveränderungen nirgendwo erlangen. Auf ein besonderes Vorkommnis, wo eine ehemals unter Kultur liegende Bodenstrecke infolge tieferen Einschneidens des Flusses zur Wüste wurde, habe ich a. a. O. hingewiesen.!) Dorten traf ich aber keine Bäume. Möglicherweise war manchmal veränderte Richtung der Flüsse oder ihres Gefälles Ursache für die Umwandlung von Kulturgebieten in Wüste. Ich ver- mag mir auf alle Fälle nicht vorzustellen, daß die so vielfach auftretenden, zerstreuten Kolo- nien herrlich entwickelter Ulmenbestände, die sich manchmal sogar zu weit ausgedehnten, schütteren Wäldern verdichten, mitten in der völlig trockenen und sonst baumleeren, stellen- weise sogar schwach salzigen Kiessteppe durch Samenverwehung oder ähnliche natürliche Ursachen entstanden wären, also sich selbst weiter verbreitet haben könnten. Derselben Ansicht neigt auch Grum Grschimailo zu.°) Ich möchte die Frage dem Studium der Botaniker, Pflanzengeographen und Agronomen ganz besonders empfehlen: Ist es möglich, daß mitten in der lehmreichen, zum Teil sandigen, kiesbedeckten, von keinerlei sichtbaren Wasserläufen befeuchteten Trockensteppe, die ganz und gar den größten Härten des Kon- tinentalklimas ausgesetzt ist und sogar manchmal auf etwas salzhaltigem Boden die Ulme, und zwar nur dieser Baum, sogar mit Ausschluß von Busch und Strauch, von selbst, d.h. infolge äolischer Samenübertragung, sich seßhaft machen konnte? Berücksichtigt man die prächtige Entwicklung dieses Baumes in der Trockensteppe, so möchte man allerdings geneigt sein anzunehmen, daß Bodenverhältnisse und klimatische Bedingungen dieser Gegend auch seiner Niederlassung nicht ungünstig sein können. Im Gebirge bildet die Ulme, wenn auch sehr selten, doch wenigstens in vereinzelten Tälern des Tian-Schan richtige Wälder. Sicherlich ist sie an solchen Orten endemisch und wurde von dort ausgehend zum vielverbreiteten und mannigfaltig entwickelten Kulturbaum Turkestans. Nirgendwo sah ich jedoch diesen Baum in so großen, zusammenhängenden Beständen, als in den nördlichen Tälern der Bogdo-Ola, wo der Ulmenwald bis 1600 m ansteigt. Es ist hier immer die gleiche kleinblättrige Art, während die im Flachlande weit verbreiteten Kulturbäume sehr verschiedenartige Blattform zeigen und unterschiedlichen Wuchs. Jedenfalls ist in ganz Russisch Turkestan, in Ferghana®) und Chinesisch Turkestan die Schwarzulme, der Karagatsch der türkisch sprechenden Bevölkerung (Kara = schwarz, Agatsch = Holz, Baum) der beliebteste Kulturbaum; in den erstgenannten beiden Ge- bieten neben Pappeln und Weiden. In Chinesisch Turkestan und zwar am Nord- wie am Südfuße des Tian-Schan ist der Karagatsch überall wild und zwar auch in der Trocken- steppe ungemein verbreitet, sowohl in Baum- als in Strauchform, so daß man ihn als den 1) Petermanns Mitteilungen, Ergänzungsheft 149, 1. c., S. 52. 2) 1. e. I, 8. 53 und 172f. Auch Regel, Turfan, 1. e., S. 209 macht Angaben über schöne Ulmen- bestände bei den Ruinen der uralten Stadt Sandschi. Im Borochodsur-Tal fand er ebenfalls sehr alte Ulmenwaldungen. (Reisen im Jahre 1876—79, 1. c., S. 416.) ®) In der Stadt Taschkent und in einigen anderen russisch-turkestanischen Städten wird der Karagatsch in der besonderen kugelförmigen Ausbildung seiner Laubkronen, die für das Licht nahezu undurchdringlich sind, vorzugsweise als Alleebaum verwendet und bildet eine wahre Zierde und einen wohltätigen Schattenspender jener Städte. Es ist dort Ulmus campestre var. umbraculifera Trautv. Abh. d.math.-pbys. Kl. XXVII, 5. Abh. 16 122 eigentlichen Charakterbaum und zugleich als Zierde der Landschaft dieser Ländergebiete bezeichnen kann. Wachstum und Formenentwicklung dieses Baumes ist aber allenthalben ungemein mannigfaltig. Bald sieht man ihn in der erwähnten regelmäßigen Kugelform seiner tief dunklen und erstaunlich umfangreichen Blattkrone, bald wieder ist die Krone ebenfalls in äußerst gleichmäßigem Wachstum zu einem weit ausladenden, hochgewölbten dichten Dache gespannt; an anderen Plätzen hingegen erscheint die Baumkrone pinienartig zu einem flachen dünnen Schirm entwickelt. Wieder an anderen Orten zeigt der Baum sehr unregelmäßiges Wachstum und sendet nur einzelne mißgestaltete, blätterarme Äste bis zu riesiger Höhe in die Lüfte, wahrhaft fantastische Silhouetten in den weiten, klaren Horizont der Steppe zeichnend. In anderen Gegenden trifft man die Ulmen häufig von so knorrigem, viel verästeltem. Wachstum, daß man auf den ersten Blick glaubt, alte Eichbäume vor sich zu haben. Bald gesellen sich die Bäume nur zu vereinzelten kleinen Gruppen, bald zu größeren Kolonien, oder gar zu weit gedehnten Wäldern. An anderen Orten wieder be- gegnet man dem Karagatsch als Buschwald, als welcher er sich häufig zu undurchdringlichen, niederen Dickichten zusammenschließt. Stellung der Äste und ihres Gezweiges, Form und Größe der Blätter der Ulmen sind so verschiedenartig, daß ich mir nicht denken kann, dies alles sei nur eine Folge besonderer Beschaffenheit des Bodens oder Ergebnis der Besonnung, der Windwirkung und anderer klimatischer Faktoren. Es dürfte sich meines Erachtens um botanisch verschiedene Spezies dieses Baumes handeln.!) Ich bin indessen nirgends in der botanischen Literatur auf eine genaue Klassifikation und Beschreibung der turke- stanischen Ulme gestoßen. (Siehe weiterhin.) Wiewohl schon 4—5 km taleinwärts im Sangun-Tal der Fluß an Wasserreichtum zunimmt, da dort keine Kanäle mehr abzweigen, trägt doch der Boden noch immer einen fast takyrähnlichen Charakter, nur daß die Gerölldecke allmählich dichter wird und auch größere Blöcke von Konglomeraten und Sandsteinen sich darin einstellen. Der Pflanzen- bestand ist daher noch immer derjenige der Trockensteppe mit den bekannten Pfriemgräsern und anderen Formen des ariden Klimas. Nur unter dem Schutze der Baumkronen ent- wiekeln sich an den Flußufern schmale Streifen richtigen Rasenbestandes (Taf. 5 Fig. 1). Erst im Niveau von über S00 m ändert sich die Beschaffenheit des Bodens: eine zuerst nur dünne, mit dem Ansteigen der Talsohle aber immer mächtiger werdende Humus- schichte kommt dort allmählich zur Ausbildung und erreicht in einem Niveau von etwa 1400 m eine Mächtigkeit von 2 m. Diese stark tonige Schichte ist mit Geröllen vermischt, die zum größten Teile aus den alten Gesteinen der höheren Gebirgslagen stammen. Zum überwiegenden Teile ist das Material jedenfalls aus den Verwitterungsprodukten der höher oben auf weiten Räumen verbreiteten, alten Grundmoräne herabgeführt und nur zum geringen Teile verdankt es sein Dasein der humösen Verwitterung im Walde selbst. In einer vom Trockenklima beherrschten Gegend wie diese wird humöse Art von Verwitterung immerhin durch die Dichte des Waldes erklärlich, der hier noch dazu in Form dichter Laub- dächer sich wölbt, welche den Luftzutritt nahezu abschließen. Wir sehen im Sangun-Tal und den ihm parallelen Tälern daher im Niveau von über 800 m schon überall einen ziemlich !) Schon Middendorf (Einblicke in das Ferghana-Tal, Petersburg 1881) drückt S. 303 Zweifel über die systematische Stellung des Karagatsch aus, wiewobl er zwei Typen anerkennt, die seiner Ansicht nach durch viele Übergänge miteinander verbunden sind. 123 guten Grasboden, der allerdings ziemlich locker gefüst ist und infolge seiner Durchsetzung mit hochwüchsigen Steppengräsern sich wesentlich von der geschlossenen alpinen Gras- narbe unterscheidet, die erst bei 13500 m beginnt, sich aber erst bei 2100 m (siehe $. 116) zum richtigen Alpenwiesengürtel zusammenschließt. Der Ulmenwald nimmt schon im mittleren Teile des Tales eine wundervolle Entwicklung an und bedeckt die ganze Sohlenbreite. Infolge des dem Baume eigenartigen Wachstums: starke säulenartige Stämme, weit ausladende ebenmäßige Verzweigung, bilaterale Ein- teilung der Äste, die vom Stamme weg steil hoch aufstreben und sich dann im Bogen herab- neigen, sowie infolge der dichten und sehr dunklen Belaubung erscheint dieser Teil des Tales wie durch majestätische, düstere, lebende Hallenwölbungen nach oben abgeschlossen, durch welche selbst die Gewalt der zentralasiatischen Sonne keinen Zutritt zum Boden findet. Diese dunkle Pracht steht in einem sonderbaren Gegensatz zu den als Talränder aufragenden, kahlen, in bunten Farben leuchtenden, zerrissenen Mauern der stark ver- witterten Angaragesteine (S. 119). Im lockeren Humusboden aber entwickelt sich dort, vom Waldesschatten begünstigt, ein reiches Pflanzenleben von merkwürdiger Mischung. Nicht nur, daß die Steppe noch einige Arten bis hier herauf sendet, kommen auch von der sub- alpinen Zone einzelne Formen herab. Neben zarten Gewächsen wie Moeringhia umbrosa, Carex, Phlomis, Asperula humifusa, Stellaria graminaea, Orobus erheben sich hohe Dolden und Schirme von Ferula, Tanacetum und Galium, Aegopodium alpestre Led., sowie Thalyetrum isopiroides.. Eremurus robustus erreicht mit seinen gelben Kolben besondere Höhe, auch Solidago und Epilobium zeigen sehr hohes Wachstum. Juncus und Statice bilden Bestände, in welche sich mehrere sonst nur in der alpinen Zone vorkommende Arten von Geranium, Erigeron und Ranunculus mischen. Polygonum viviparum, Mul- gedium, Myosotis, Zizyphora, Sedum und eine weiß blühende Libanotis (Chorispora Bun- geana) sind die vorwiegenden Formen. In den am Fuße der Talwände wachsenden Gebüschen nimmt der Steppenstrauch Atraphaxis neben der Wildrose noch immer den größten Raum ein; es ist eine sehr kleinblättrige, zierliche, rosa blühende Art (A. Musch- ketowii). Hinzugetreten sind noch Populus, Lonicera, Nitraria Schoberi und Ribesstauden (R. heterotrichum)? Unmittelbar am Fluß finden sich Kolonien von Weidensträuchern und Hippophaen angesiedelt. Im Niveau von 1100 m nimmt die Weide als hochstämmiger Baum, (S. retusa ?) Anteil am Bestand des Waldes und noch etwas höher gesellen sich hiezu noch zwei andere Baumarten, Sorbus aucuparia var. tianschanica Ruppr. und Pappeln, von ungemein knor- riger Entwicklung (P. hybrida?). Diese Veränderung tritt gerade dort ein, wo die Gesteine der Angaraserie verlassen werden und das Tal durch die harten Tonschiefer und quarzitischen Gesteine des alten Gebirges bricht; die Verwitterungsprodukte dieser Felsen bilden offenbar einen reicheren Pflanzenboden. Der Wald nimmt dort sehr dichte Beschaffenheit an, wobei jedoch die Ulme mehr und mehr auf Kosten der beiden anderen Arten verdrängt wird, während auf den nahen scharfen Felskämmen bereits die ersten Fichten (Picea Schrenkeana) als neues Charakterzeichen in. das Gesiehtsfeld ragen. Schwerlich kann sich Jemand vorstellen, wie auf den Tian-Schan- Forscher, der nach langen Wanderungen in der vernichtenden sommerlichen Glut der Steppe ins Gebirge eindringt, dieser lang entbehrte Anblick wirkt. In mir erweckte er urplötzlich köstliche Erinnerungen an den Aufenthalt inmitten der Pracht Tian-Schanischer 16* 124 Waldtäler und war zugleich von verheißender Bedeutung für die Erneuerung solches Glückes. Verleiht doch die Tian-Schan-Fichte, eine der schönsten Koniferen der Erde, den Tälern, in denen sie auftritt, einen unbeschreiblichen Zauber, der wohl in der Erinnerung keines Reisenden jemals verblassen kann. Im Niveau von 1500 m wird der Charakter des Laubwaldes im Da-tun-gu-Tal ein fast urwaldlicher in der mannigfachen Mischung und Dichte der Bestände. Die Ulme ist nun bis auf einzelne Exemplare ganz verschwunden. Ob dies mit dem Gesteinswechsel, oder mit dem Einflusse des Höhenklimas, oder mit der besseren Eignung beider für andere Baumarten zusammenhängt, welche die von der Tiefe gekommenen Arten verdrängen, ist schwer zu sagen. Als einzeln stehender Baum tritt die Ulme sogar weit höher oben noch auf. Bei 2000 m sogar begegnete ich ihr auf der alten Moräne am Ufer des herrlichen Bogdo-Ola-Sees, wo sie in besonders mächtiger und schöner Entwicklung erscheint. Jedenfalls aber muß es mit der Veränderung der das Gebirge aufbauenden Gesteine zusammenhängen, vielleicht mit dem Vorwalten von Eruptivgesteinen, daß die das Tal begrenzenden Fels- wände, welche, solange der Fluß die Angaragesteine durchbricht, fast nackt und kahl sind, nunmehr im alten Gebirge von den Schutthalden am Fuße bis zu bedeutender Höhe hin- auf mit einem undurchdringlichen Mantel von Strauchwerk verhüllt werden. Darin bilden Rosen noch immer den Hauptbestand; Cotoneaster, Berberis und Lonicera sind eingesprengt und eine Prunus-Art tritt hinzu (P. padus?). Diese Unfruchtbarkeit der Angaragesteine ist eine besonders auffällige Erscheinung, die mir überall auf meinen Wanderungen im Tian-Schan gleichermaßen vor Augen trat, also nicht etwa mit den in der Bogdo-Ola-Kette herrschenden, besonderen klimatischen Be- dingungen zusammenhängen kann. Sowohl im S. von Manas, als südlich von Dschincho, im Kasch-Tal oder am S.-Rand, im N. von Kutscha, kurz überall, wo diese Gesteine verbreitet sind und geschlossene Gebirgszüge bilden, zeigen sie sich in der leuchtenden Pracht ihrer vielfarbigen Gesteinsschichten stets stark verwittert, aber dennoch nahezu vegetationslos. Als neue Erscheinung im Waldbild tritt bei ungefähr 1700 m die Espe hinzu (Populus tremula). Da dieser Baum sonst in Zentralasien sehr wenig verbreitet ist — im Tarbagatai und im Dsungarischen Alatau kommt er in vereinzelten Beständen vor — und ich ihn bisher in den Tälern des Tian-Schan auf allen meinen Kreuz- und Querzügen nirgendwo be- gegnet hatte,,so bildete dies für mich eine Überraschung. Mit seinem Auftreten verschwindet die andere Pappelart und bald auch die Weide aus dem Bestand der Laubbäume, der sich nunmehr nur aus Ebereschen und Espen zusammensetzt. Schon bei etwa 1500 m kann die unterste Grenze des Vorkommens der Fichten wahrgenommen werden; sie nehmen mit steigender Höhe auch schon im Tale an Zahl bedeutend zu, wenn sie auch noch immer nur als Einsprenglinge im Walde erscheinen. Erst bei 1750 m wird der Wald stärker mit Koniferen durchsetzt; wenig höher aber schon bilden sie den Hauptbestand und dulden nur mehr die Espe unter sich. Diese steigt zwar noch bis 1950 m im Fichtenwald empor, aber die Grenze für den geschlossenen Laubwald am N.-Abhang der Bogdo-Ola darf nach meinen Beobachtungen nicht höher als auf 1800 m angenommen werden. Daß dieser Wert ein zutreffender ist, läßt sich auch deutlich aus Grum Grschimailos Mitteilungen!) — wenn diese auch nicht von ihm in Ziffern ausgedrückt wurden — entnehmen, welche er betreffs 1) 1. c. I, S.156—-161 u. 172. 125 seines Weges quer über die Täler Schi-mo-gu, Schou-gu und Sacho-gu veröffentlichte. Aus alledem geht hervor, daß die Ulme als Waldbestand von 900—1500 m, die Weide von 1050—1750 m, die Pappel von 1100—1700 m, die Espe aber nur von 1700—1950 m verbreitet ist. Daß die unterste Grenze des Auftretens von Picea Schrenkeana fast schon etwas unter 1500 m liegt, für geschlossene Bestände dieser Konifere aber selbst so weit im ©. bei 1750 m,!) war für mich um so mehr eine weitere überraschende Feststellung im Vegetations- bilde der Bogdo-Ola, als auch in vielen Teilen des zentralen Tian-Schan diese untere Grenze nicht tiefer liegt. In den zum Tekes-Tal einmündenden Quertälern z. B., dann im Terskei-Alatau (Nordabhang), liest sie sogar um 200 m höher. In den westlichen Ketten des zentralen Tian-Tchan (Nordabhang der Alexander-Kette, Kungeu-Alatau) liegt sie aller- dings um 400 m niedriger. Dorten sind aber ganz andere klimatische Verhältnisse vor- herrschend. Man kann sagen, daß durchschnittlich vom Issyk-kul gegen OÖ. hin nur an sehr vereinzelten Stellen des N.-Abhangs, wo ganz besonders günstige Bedingungen vor- walten, die untere Nadelholzgrenze unter 1800 m hoch liegt.?) Auch Gestalt und Höhe der Picea Schrenkeana stehen in ihrer Entfaltung den be- treffenden Verhältnissen in den zentralen Gebieten nicht nach. Als obere Grenze für das Auftreten der Fichte am N.-Abhang der Bogdo-Ola fand ich eine Höhe von 3000 m — nur stellenweise geht sie darüber hinaus —, was ungefähr dem Niveau gleichkommt, wie ich es in den Tälern der östlichen Teile des zentralen Tian-Schan festszutellen vermochte. Der geschlossene Bestand des Fichtenwaldes aber geht an günstig exponierten Berglehnen im Bogdo-Ola-Gebiet bis zu 2600 m hinauf, also wesentlich hinaus über die Werte, welche von Semenow für den Sailenischen Alatau (2300 m) und von Kraßnow für den Kungeu- Alatau (2450 m) festgestellt wurden, und bleibt nur wenig hinter dem von Sewerzow für den Terskeu-Alatau (2750 m) angenommenen Wert zurück. Was nun die Breite des Koniferenwaldgürtels betrifit, so bewegt sich der von mir für die Bogdo-Ola ermittelte Wert von 850 m innerhalb der Grenzen, die ich für die Quertäler der N.-Seite des öst- lichen zentralen Tian-Schan herausgefunden habe. Hieraus ergibt sich, daß ungeachtet des weiten Hineinragens des Bogdo-Ola-Gebirges ins Herz des asiatischen Kontinentes, die Wirkungen des Kontinentalklimas das Wachstum der Konifere weniger beeinträchtigen, als das mancher anderer Pflanzenarten.) Die ungemein bedeutende Höhe der zentralen !) Grum Grschimailo I], ]l. c., S.44 gibt für das Tal Chaidatschan (identisch mit dem Sangun- Datungu meiner Karte) eine untere Grenze von 6300'=1921 m an, was gegenüber meiner Feststellung erheblich zu hoch ist. ?) Semenow nimmt für den Dsungarischen Alatau als untere Nadelwaldgrenze 1300 m, als obere 2470 m an. (Petermanns Mitteilungen, 1. e., S. 353.) Friedrichsen (Forschungsreise in d. zentr. Tian- Schan, Hamburg 1904) veröffentlichte (S. 307) für das gleiche Gebirge zwei Beobachtungen, deren Mittel- wert für obere Grenze bei Ostexposition 2566 m beträgt; für untere Grenze fehlt Angabe. Ebenda (S. 301) sind einige Werte der oberen Grenze für den Terskei-Alatau N.-Abhang angegeben: Dschity-ogus-Tal 3056 m, Barskoun-Tal (nach Pjewtzow) 3023 m und untere Grenze (nach Pjewtzow) im gleichen Tale 1981 m. Für den zentralen Tian-Schan finden sich in gleicher Liste (S. 303) als obere Grenze zwei Werte: Kapkak-Tal 3245 m und Bayum-kol-Tal 2860 m. Letztere Ziffer muß ich auf Grund eigener Beobachtungen um etwa 200 m zu niedrig ansehen. %) Regel schätzte in „Reisen im Jahre 1876—79*, 1. c., S. 416 die Tannengrenze (richtiger Fichten) im oberen Kasch-Tal auf 3048 m (10000‘) und ebenso hoch im oberen Kunges-Tal. (Reisen nach Turfan, 1. c., 1236 Kammregion mit ihrer starken Vereisung und daraus hervorgehender steten Befeuchtung der tiefer liegenden Regionen, sowie die Orientierung der Täler gegen N. mögen die Hauptursache dieser auffälligen Erscheinung sein. Bei der hier wirkenden außerordent- lichen Strahlungsenergie ist jedoch fast noch mehr als in den westlicher gelegenen Ketten des Tian-Schan die Entwicklung des Waldes von der Stellung des Gehänges gegen die Sonne ab- hängig. Aus Abbildung Taf. 7 und Taf. 9, Fig. 2 u. 4 läßt sich dies sehr deutlich entnehmen. Nur die im Halbkreis von Norden bis Westen gerichteten Gehänge tragen Wald; es sei denn, daß es sich, worauf ich bereits früher hingewiesen habe, um enge Täler handelt, wo gegenseitige Beschattung der Talränder sich geltend macht. Während an den Tal- wänden und auf den Kämmen die Fichte allein herrscht, wird sie im Talgrunde, wie schon erwähnt, an den Flußufern vielfach von der Pappel (P. hybrida ? und P. diversifolia) verdrängt. An beschatteten Gehängen kann die reiche Bewässerung des Untergrundes, welche den hochgelegenen Schneefeldern zu danken und eine Grundbedingung der Wald- erhaltung ist, der Gewalt der Sonne nicht zum Opfer fallen und in den engen Tälern vermag auch die austrocknende Tätigkeit des Windes nicht zur Geltung zu kommen. Dennoch zeigt es sich, daß auch in dieser Gegend, wie in vielen andern Teilen des Tian-Schan, der Wald seine Existenz nur mit Mühe behaupte. Wo die Bedingungen hiefür nur im geringsten gestört werden, geht er zu Grunde. Darum sind überall im Tian-Schan sowohl das Abholzen größerer Bestände, als der Brand überaus gefährlich. Namentlich das Feuer ist in diesen unbewohnten Gegenden der größte Feind. Zudem hat die außerordentliche Heftigkeit temporärer Regengüsse und die große Energie der Gewässer zur Zeit der Frühjahrsschneeschmelze, die sich in wenigen Wochen abspielt (S. 93f., 99), an zerstörten Stellen die Abschwemmung des Waldgrundes zur Folge, sowie die Un- möglichkeit natürlicher Neubesiedelung, — von künstlicher, an die in diesen Wildnissen niemand denkt, ganz zu schweigen. Daß auch andere mir rätselhaft gebliebene Feinde des Fichtenwaldes noch vorhanden sind, entnehme ich gewissen befremdenden Vor- kommnissen: In sehr entlegenen, schwer zugänglichen Tälern des östlichen zentralen Tian-Schan traf ich inmitten des geschlossenen Waldbestandes Stellen, wo die abgestor- benen Bäume, in sich zusammengestürzt, zu Hunderten hoch gehäuft übereinander lagen, ohne daß hier nach allen gegebenen Verhältnissen Menschenhand, Feuer, Schneelawinen oder Felsstürze als Ursache in Betracht kommen könnten. In der Umgebung des Bogdo-Ola-Sees sind alle Täler und ihre Nebentäler von S. 389.) Es handelt sich hier um Örtlichkeiten, die man schon zum östlichen Tian-Schan zählen kann. Die Zahlenwerte übersteigen den für Bogdo-Ola-Nordabhang ermittelten Wert nur um ca.50m. Pjewtzow hat (ich kann mir nicht vorstellen, auf welche Weise, da er das Bogdo-Ola-Gebiet nicht bereiste) für die obere Grenze des Nadelholzes am Nordabhang der Bogdo-Ola einen Wert von 2890 m ermittelt. (Siehe Friederichsen, Morphologie, 1. c., S. 69.) InPrschewalsky, „Reisen in Tibet“, (übersetzt von Stein-Nord- heim, Jena 1884, S. 39) ist ebenfalls auf Grund von Pjewtzows angeblichen Beobachtungen 2830 m als obere, 1650 m als untere Nadelholzgrenze für den Bogdo-Ola-Nordabhang angeführt. Für die Gegend weiter im SO. hat Prschewalsky (ebenda) am Zaidam-See als obere Grenze 2400 m, als untere 1800 m ermittelt. Prschewalsky gibt für östliche Gebirge folgende Werte als untere Nadelholzgrenze an: Bayan-chu 1529 m und ebensoviel für die Berge bei Chami, als durchschnittliche obere Grenze 2744 m. Grum Grschimailo veröffentlichte (l. ec. I., S.44) 6 Werte für die obere Grenze im Nan-Schan; der Durchschnitt ergibt 2835 m. Dort handelt es sich jedoch um Picea obovata. Untere Grenzen gibt er nicht an. 127 herrlichem Fichtenwald erfüllt. Vieles hievon wurde indessen schon durch Feuer zer- stört und daß dieses furchtbare Wüten noch immer große Bestände vernichtet, davon werde ich später ein merkwürdiges Beispiel erzählen. Mit dem Schmuck des wunder- vollen Fichtenwaldes entschwindet dann auch, was ihn so ungemein anziehend macht, sein in weit reicherer Ausbildung als im europäischen alpinen Bergwald vorhandener Bestand an prächtigen Sträuchern, Büschen, Gräsern und Blumen. Die Sträucherflora in den Nadelwäldern der Bogdo-Ola ist jedoch nicht so reich wie weiter im W.; sie setzt sich hauptsächlich aus verschiedenen Arten von Wildrosen, Berberis, Lonicera, Ribes, Spireaen, Sorbus, Cornus und Xylosteum zusammen. Um so reicher ist aber der Bestand an Kräutern, Blumen und Gräsern, wovon ich nur ganz beiläufig folgende Arten erwähne: Ligularia, Thymus, Ferula, Veratrum, Linum, Aegopodium, Bupleurum, Scandix, Aquilegia, Allium, Barbaraea, Ranunculus, Myosotis, Cerastium, Aconitum, Plantago, Erigeron, Solidago, Geranium, Potentilla, Zyziphora, Anemone, Pedicularis, Parnassia und von Disteln besonders Alfredia und Carduus; die Höhe und Schönheit der Gräser aber ist das Besondere im Fichtenwald und in den von ihm umschlossenen Wiesenstellen. Auch in dieser Flora macht sich hauptsächlich nahe Verwandtschaft mit den Dsungarischen und Altaischen Formen bemerkbar. Die am höchsten hinaufreichenden Fichten traf ich noch in mächtigen, doch schon sehr alten und ersichtlich absterbenden Exemplaren im Niveau von über 3000 m auf Hochflächen. Die obere Grenze des Nadelholzes scheint also, ähnlich wie wir dies in unseren heimischen Alpen beobachten können, auch hier zurückzuschreiten. Dorten, und nur an solchen Stellen, findet sich auch Krummholz und zwar (siehe S. 117) Juniperus sabina in zerstreuten, regelmäßigen, kreisrunden Kolonien von knorriger, am Boden hinkriechender Beschaffenheit. Auf den Südabhang steigt die Fichte nicht hinab; sogar in den Höhenlagen von 2000 bis 3000 m, wo sich ihr stellenweise noch günstige Lebensbedingungen böten, fehlt sie. Es ist dies um so auffälliger, als sie in anderen Quertälern der 8.-Seite des Tian-Schan, so in den südlichen Tälern des Chalyk-tau und der Kok-tepe-Kette, im südlichen Musartgebiet, am Südabhang des Terskei-Alatau, im Sabawtschö-Gebiet von mir angetroffen wurde und in den besonders geschützten Lagen dort sogar schöne Waldbestände bildet. Auch andere Bäume fehlen der alpinen Zone des Südabhangs der Bogdo-Ola, soweit ich ihn kennen gelernt habe, gänzlich und ebenso Busch- und Strauchwerk. Dieses beginnt erst wieder im bei- läufigen Niveau von 2500 m und abwärts, wo es in schattigen Seitenschluchten an den Bachufern Bestände bildet, hauptsächlich aus Weiden und Pappeln zusammengesetzt. Im annähernden Niveau von 2300 m an abwärts im Gurban-bogdo-Tal, wo die Talverbreite- rung, verbunden mit schwächer werdendem Gefälle der Sohle (siehe S. 91, 103), die Ablagerung feinen Materials und daher die Bildung eines Pflanzenbodens begünstigt, stellt sich auch Baumwuchs ein. In dieser etwa 3—4 km des Tallaufes einnehmenden Zone haben auf ziemlich ebenem Wiesenboden sehr hoch entwickelte Espen- und Weiden- bäume geeigneten Standort gefunden, ohne sich jedoch zu Wald zu verdichten. Bald unter 1900 m wird die ganze Breite des Gurban-bogdo-Tales von Geröllmassen (Auvioglaziale Schottern S. 91, 103f.) eingenommen, so daß nur unmittelbar an den Ufern des tief in sie eingerissenen Stroms ein schmaler Vegetationsgürtel vorhanden ist. Bei etwa 1600 m beginnend, hat sich in dem hier bedeutend weiter werdenden Tal an beiden 128 Ufern des nun in mehrere flache Arme verzweigten, sehr wasserreichen Flusses auf dem aus stark versumpftem Wiesenland bestehenden Inundationsgebiet ein Auenwald von ansehn- licher Breite angesiedelt. Er besteht aus ziemlich dichten Beständen von Weiden (S. tenu- julus? und purpurea), Pappeln mit schmalen, lanzettförmigen Blättern und besonders zu stattlicher Baumform entwickeltem Eleagnus. Die Weidenkronen sind häufig netzartig von einer Clematis (Atragene sibirica) umsponnen, deren massenhafte federige Fruchtbällchen sich wie zu riesigen, flaumigen Perücken über den Wipfeln zusammenschließen. Das Strauch- werk, in welchem Lonicera (L. Alberti Rgl.?), sowie Berberis und Wildrosen als Haupt- elemente auftreten, bildet wahre Dickichte. Streckenweise ist der Graswuchs dort sehr reich und zeigt eine Flora, deren hauptsächliche Vertreter ich bereits auf 8. 113f. genannt habe. Im weiteren Verlaufe nach S. schneidet sich der Fluß wieder tiefer in Schottermassen ein, so tief, daß der hier zu einer geräumigen Ebene sich weitende Talboden keine ständige Befeuchtung mehr erfährt und den Charakter der Wüstensteppe annimmt. (Siehe 8. 91f., 104.) In noch etwas tieferem Niveau wird diese häufig von Strecken Takyrbodens unterbrochen und zwar dort, wo zur Zeit der Frühjahrsschneeschmelze und auch bei Gele- genheit plötzlich hereinbrechender, sommerlicher Hochwasser, wofür ich später ein Beispiel anführen werde, die mächtig überflutenden Gewässer eine Zeitlang stagnieren und ihren starken Gehalt an schwebenden Tonteilchen absetzen. Wir befinden uns nun außerhalb der Talmündung in der weiten, wannenförmigen, flachen Senke, die sich dem Südfuß des Gebirges entlang bis zum weitgestreckten gleichförmigen Wall des Dschargöß-Tau im 8. hinzieht. (Siehe S. 35, 76, 92, 105.) Dieses Gebiet (genauere Beschreibung in einen der folgenden Kapitel) fast wüstenhaften, bald kiesigen, bald sandigen, bald von gröberem Geröll bedeckten, ebenen Tonbodens, der streckenweise zum richtigen Takyrboden wird, steht völlig unter der Einwirkung des Trockenklimas. Je nachdem der Untergrund imstande ist, etwas Feuchtigkeit zurückzuhalten oder nicht, treten die charakteristischen Vegetationsformen der Trockensteppe oder Halbwüste auf: Stipa capillata, Lasiogrostis splendens, Koeleria cristata, Bromus und andere Steppengräser, dann Salsola, Dodortia orientalis, Suaeda physophora, Lepidium obtusum, Zygophyllum Rosowii, Mulgedium tarta- ricum, Capparis, Atraphaxis lanceolata, Kochia prostrata, Peganum harmala, Glycyrhiza sp.?, Echinops sphaerocephalus, Inula, Lycium, Dracocephalum, große Mengen verschiedener Artemisien und Astragaleaen-Arten. Das Pflanzenleben entwickelt sich hier in Form zer- streuter kleiner Gruppen, schwächer auf dem kiesigen Lehmboden als auf den Flächen reinen Takyrbodens. Diese hellgraugelben, tischebenen Flächen, von tiefen und breiten Trocken- rissen netzartig durchzogen, dehnen sich in weite Ferne schutzlos unter den unbarm- herzigen Strahlen der südlichen Sonne und die Pflanzen nehmen daher einen knäulartigen, fast kugelförmigen Wuchs an, oft von sehr bedeutendem Umfang. Dort, wo sich die ein- zelnen Knäuel mehr aneinander drängen, täuscht eine solche Anhäufung von weitem gesehen, die graugrünen Wogen eines großen Sees vor. Nur dort wo die Wasser der sommerlichen Hochgewitter des Gebirges tiefe grabenartige Einbrüche in diese Tonfläche gerissen haben und daher die Feuchtigkeit durch Beschattung zurückgehalten wird, siedelt sich auch etwas reichere Vegetation an. (Myricaria alopecurooides Schrenk., Capparis, Populus, Calligonum, Zygophyllum.) Aber als Gesamteindruck dieser sich am Südrand des Gebirges dehnenden Landschaft bleibt dennoch der einer trostlosen Öde und Verlassenheit. 129 Das mittlere Niveau des nach S. abdachenden Bodens ist 1200—1300 m. (Siehe Spezial- kärtchen.) Erst wenn wir uns dem Südrande der Senke nähern, oder, wie dies auf meiner Reise der Fall war, dem SW.-Rande, wo aus der spärlichen Aufspeicherung der schroff abfallenden Felswände des Dschargöß-Tau dem Boden des Beckens, allerdings nur unter- irdisch, dauernd etwas Feuchtigkeit zugeführt wird, dann noch mehr an den Ufern des Sees Sayo-pu (1140 m) bessern sich die Bedingungen für das Pflanzenkleid und auch menschliche Besiedelung wird wieder möglich. Der uns zugekehrte zerklüftete Nordabsturz der Dschargöß-Kette, der beim ersten Anblick völlig kahle, wüstenhafte Denudations- verhältnisse zeigt, überrascht bei näherer Betrachtung nicht wenig dadurch, daß in den ein- gerissenen Engschluchten des hellen Gemäuers dunkle Fichten sichtbar werden, die dort an den begrenzenden Steilmauern bis zur Höhe der Kämme emporstreben. Danach zu schließen, dürfte dieses zwischen zwei Wüstenbecken aufragende Gebirge nicht ganz so wasserarm sein, als es beim ersten Anblick erscheint. In der Tat scheint der Sayo-pu-See unterirdischen Zufluß aus der Dschargöß-Kette zu erhalten und auch dem Untergrund seines Uferlandes dürfte reichlich solcher zukommen, was aus folgendem hervorgeht: Der den See umgebende Gürtel nutzbarer Vegetation er- streckt sich nur an dessen O.- und N.-Ufer und hat auch dort keine sehr bedeutende Aus- dehnung, so daß nur einer kleinen Anzahl, in einer von Lehmmauern umgebenen Festung lebender chinesischer Militärkolonisten und sartischer, sowie einiger dunganischer Acker- bauer Gelegenheit zur Bodenkultur gegeben ist. Mit ihren Familien können es etwa 150 Seelen sein, die ich dort mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigt fand. Es muß aber betont werden, daß bei künstlicher Bewässerung, die sehr wohl möglich ist, weit größere Strecken Landes unter Kultur genommen werden könnten. Die zusammenhängende dichte Rasendecke in der Umgebung des Sees wird durch aus dem Boden hervortretende starke Quellen sehr reinen Wassers begünstigt, sogar stellenweise versumpft und bietet ungeachtet der starken Insolation noch einigen subalpinen Pflanzen- formen geeigneten Standort: Thalietrum isopyroides, Saussureae amara D. C., Sedum Ewersi, Carduus seirame, Gentiana barbata, Ziziphora canescens, Mulgedium tartaricum, Oxytropis lapponica, Thymus, Pedicularis ete. Von Sträuchern finden sich dort: Lycium ruthenicum, Berberis integerrima, Lonicera Alberti Rgl., Atraphaxis lanceolata, Eleagnus, Salıx, Nitraria Schoberi und Karagatschgebüsche, welche, über der grünen Ebene verteilt, hochwachsende Gruppen bilden. Auch einzelne Karagatschbäume, sehr hochragend, aber mit spärlich ent- wickeltem, unregelmäßigem, phantastisch abstehendem Geäste sieht man in der Oase zer- streut (s. S. 122). Schon wenige Kilometer im NW. des Sees geht der Grasboden allmählich in eine Artemisiensteppe über, die sich auf hartem, kiesbedeckten Tonboden entwickelt und eine bald in niederen kugeligen oder höheren knäuelförmigen Formen, bald als sehr hoch- wachsende Sträucher auftretende xerophyte Flora von seltener Üppigkeit und Schönheit hervorbringt. Obwohl die einzelnen Individuen durch fast meterweite und noch größere Zwischenräume voneinander getrennt sind, wird beim Überblick auf die sanft ansteigende Ebene der Eindruck einer geschlossenen Vegetationsdecke vorgetäuscht. Von den haupt- sächlichsten Formen führe ich an: Peganum harmala, Oxytropis coerulea, Zygophyllum macropterum, Xanthium spinosum, Haplophyllum latifolium, Calligonum, Salsola arbuscula, Suaeda physophora Bg., Dodortia orientalis, Astragalus (cf. Palassii, A. hypogaeus?), Cerato- Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 17 130 carpus arenarius, Alhagi camelorum, Atraphaxis spinosa und lanceolata, Capparis, Sophora alopeeuroides, Kochia prostrata, Nitraria Schoberi, Artemisia maritima, A. Siewersiana und A. scoparia W. und K., sowie Diptichocarpus strietus. Die üppige Entwicklung dieser Pflanzenformen war geradezu überraschend. Ich habe die Trockensteppenflora selten in solch schöner Entfaltung gesehen wie hier. Am meisten fielen riesige dunkelgrüne Kugeln von Anabasis und Büsche von Ephedra monosperma auf. die bis zu 3!/a, m Höhe und 6 m Umfang erreichen. Die Zweige dieser Pflanze waren ungemein saftreich‘ und entwickelten ein starkes, angenehmes Aroma. Dieser Charakter der Pflanzendecke setzt sich wohl noch ca. 25 km gegen N. und SW. auf der weiten sanft ansteigenden Ebene fort, ohne daß irgendwo Wasserläufe sichtbar werden, denen man die Entstehung dieses Wachstums zuschreiben könnte. Nirgendwo konnte ich offen fließendes Wasser bemerken; auch nicht als wir uns schon dem Fuße des alten Gebirges der Bogdo-Ola, den niederen Zügen des Dun-Schan-Gebirges genähert hatten, dort wo es am tiefsten eingesunken ist (siehe S. 30, 46, 57f£., 60), und wo seine niedrigste Ein- sattlung durch die große Karawanenstraße von Turfan nach Urumtschi gequert wird (Taf. 15 Fig. 4). Dennoch kann eine so reiche Entfaltung selbst von xerophyter Flora, wie sie mir ähnlich in unbewässertem Steppengebiet weder am Nord- noch am Südfuß in anderen Teilen des Tian-Schan irgendwo vor Augen getreten ist, nur durch eine. in geringer Tiefe befindliche unterirdische Wasserzirkulation erklärt werden. In der Tat wurde ich auf dem Wege durch dieses sonst wasserlose Gebiet einige Male dadurch überrascht, daß sich an nur wenig eingesunkenen Stellen des Bodens plötzlich ausgedehnte flache Wasserpfützen verbreiteten, also Druckwasser. Offenbar entstammt diese Feuchtigkeit, in ähnlicher Weise wie die erwähnten Quellen am Sayo-pu-See vom hohen Südrande des Beckens, dem Dschar- göß-tau, unterirdisch gespeist werden, dem nördlichen Gebirgsrande, dem Dun-Schan-Gebirge. Die dort niedergeschlagene Feuchtigkeit zirkuliert jedenfalls auf einer in geringer Tiefe liegenden Tontafel unter der Kiesdecke, auf einem undurchlässigen Tonboden, der als Niederschlag eines früher dieses ganze zwischen den mehrgenannten Ketten eingetiefte Becken ausfüllenden flachen Sees anzusehen ist, worauf ich bereits in Kap. XI und XII S. 80, 92, 105 hingewiesen habe und worüber ich in Kap. XVII noch Näheres mitteilen werde. XIV. Bevölkerung und Tierleben. Nur ganz allgemeine Mitteilungen vermag ich über diese Materien zu machen. Aus dem Inhalt des vorigen Kapitels ist erkennbar, daß die Täler der Bogdo-Ola durchaus nicht der Bedingungen entbehren, welche wenigstens einer mäßigen Anzahl von Viehzüchtern und Ackerbauern Existenz sichern würden. Dennoch ist das Gebirge gänzlich unbewohnt, mit Ausnahme einiger klösterlicher Siedelungen, welche sich auf hohen Uferterrassen des öfters genannten prächtigen Bergsees befinden. Hier stehen teils am W.- teils am O.-Ufer des Sees acht größere und einige kleinere laoistische und buddhistische Tempel und die dazu gehörigen Höfe und Wohngebäude, in welchen 14—15 chinesische Mönche und ihre Diener ein beschauliches Dasein bei geringer Arbeit führen. (Hievon später mehr.) Nur etwas Gemüse und ein wenig Getreide (Gerste) werden von ihnen angebaut; außerdem halten sie auf den reichen, die Tempel umgebenden Alpenwiesen eine kleine Anzahl von Rindern, Schafen und Pferden. Sonstige ständige Niederlassungen gibt es nirgendwo im Gebirge. Der reiche Graswuchs der Alpenzone wird nicht ausgenützt; es wird kein Heu 131 gemacht. In den Sommermonaten, etwa Mitte Juli, kommen russische Kirgisen aus dem fernen Saiyangebiet, um mit ihren großen Herden von Schafen und Pferden, sowie wenigen Rindern die Alpenzone der Bogdo-Ola aufzusuchen (S. 37, S1, bes. 101). Diese Nomaden haben einen Weg von mehr als 700 km zurückzulegen, müssen die hohen Ketten des Tarbagatai und des Dschair-Gebirges, sowie die dazwischen und im $. hievon sich dehnenden Steppen queren, um die allerdings sehr guten Weideplätze zu erreichen. Schon um Mitte August kehren sie den gleichen langen und mühevollen Weg wieder zurück. Ob und welche Vorteile indes eine so lange Wanderung ihnen gewähren kann, ist mir zweifelhaft geblieben. Vielleicht ist hier alte Stammestradition, an welchen die Nomaden- völker allenthalben in Zentralasien zähe festhalten, mächtiger als ein berechnendes Handeln. Auch konnte ich nicht ermitteln, warum die chinesische Regierung gerade diesen weit entfernt wohnenden und obendrein nicht dem chinesischen Staatsverband angehörigen Nomaden das Recht der Benützung des Bogdo-Ola-Gebietes eingeräumt hat, während dieses den weit näher wohnenden chinesischen Mongolen (Torgouten) des Karaschar- und Yuldus- gebietes, den Mongolen des Sairam-nor-Gebietes (Tschacharen), ebenso wie den benach- barten Kirgisen des Kunges-Tales verschlossen ist? Den sartischen Ackerbauern am N.-Fuße scheint gleichfalls ein Recht zuzustehen, im Sommer Schafherden auf bestimmte Weideplätze des Bogdo-Ola-Gebirges zu senden. Wenigstens stieß ich auf meiner Wanderung auf sartische Hirten, deren ihnen anvertraute Schafherden, wie sie sagten, Eigentum von Landwirten in Foukan sind. Die Chinesen der Provinz Hsin-kiang bekunden allgemein große Abneigung gegen das Gebirge und siedeln sich nirgends dauernd in seinen innern Tälern an. Auch die sartischen Ackerbauern (Tarantschi) bevorzugen die Ebene und sind nur äußerst selten im Gebirge zu treffen. Kirgisen aber sind Nomaden und suchen hochgelegene Weidegründe nur für kurze Zeit alljährlich auf, ohne ständige Niederlassungen dort zu gründen. Daß übrigens früher im Unterlaufe der nördlichen Quertäler einige feste, nun längst verlassene Ansiedelungen bestanden haben, erwähnte ich schon im vorigen Kapitel (8. 121£.). Am S.-Abhang stieß ich im Gurban-bogdo-Tale wohl auf vereinzelte eingezäunte Über- winterungsplätze; ob sie aber von mongolischen oder von kirgisischen Nomaden aufgesucht werden, vermochte ich nicht zu ermitteln. Feste Ansiedelungen im 8. finden sich erst wieder am See Sayo-pu (S. 129), da die mehrfach erwähnte Kupferschmelze im Gurban-bogdo-Tale jetzt zerstört und verlassen ist. Das Bogdo-Ola-Gebirge kann somit als fast unbewohnt bezeichnet werden und die in seinen Alpenwiesen und Wäldern, sowie in dem kulturfähigen Boden der Täler liegenden wirtschaftlichen Werte werden so gut wie gar nicht ausgenützt. Kann die geringe Wegsamkeit des Gebirges, der Mangel an leicht überschreitbaren Pässen auch als Grund hiefür angesehen werden, so vermag er doch eine solche auffällige Er- scheinung nicht völlig zu erklären, in einem Lande, wo die Existenzbedingungen für die Bevölkerung der Randgebiete des Gebirges infolge Wassermangels so schwierige sind, daß man meinen sollte, sie müßten sich die Erträgnisse, wenigstens der leichter erreichbaren Gebirgsteile zunutze machen. Was das Tierleben der Bogdo-Ola anbelangt, so ist sein Charakter der gleiche paläoarktische, der die Fauna der anderen Teile des Tian-Schan, sowie auch das übrige orga- nische Leben dort kennzeichnet. Ich hatte im Bogdo-Ola-Gebirge weit weniger Gelegenheit große Säugetiere zu sehen, als in den vorher von mir bereisten westlich hievon sich dehnenden alfa 132 Ketten, trotzdem ich mich auch in der Bogdo-Ola längere Zeit in den einsamen Hochregionen aufhielt. Der Reichtum an solchen Tieren scheint somit ein weit geringerer zu sein, als im zentralen und westlichen Tian-Schan, was ich schon aus dem Umstand schließen darf, daß man Jägern hier sehr selten begegnet. Von größeren Säugetieren traten mir auch hier hauptsächlich Steinböcke und Wildschafe entgegen und zwar sowohl am N.-Abhang als am südlichen; das Wildschaf sogar zahlreicher am südlichen, weil es die trockenen Höhen bevorzugt. Beide Tierarten scheinen aber von etwas anderer Entwicklung, als die in den weiter im W. gelegenen Ketten lebenden. Die Steinböcke sind kleiner und ihr Gehörne ist schwächer, das Haarkleid heller, was auch durch die Beobachtung meines Tiroler Begleiters Wenter bestätigt wird, der ein Rudel von 50 Steinböcken im mittleren Gurban-bogdo-Tale nahe am Fluß aus einer Entfernung von nur 80 Schritt lange beobachten konnte. Die Gehörne der Wildschafe sind kürzer und gedrungener, aber stärker an der Wurzel wie die der weiter im W. vorkommenden und zeigen, soweit mir solche als Findlige vor Augen kamen, nur eine Windung, nähern sich also weit mehr dem Typus von Ovis Karelini als dem von Ovis polii, die im zentralen Tian-Schan beide verbreitet sind.!) Die Verhältnisse während meiner Bereisung der Bogdo-Ola gestatteten mir leider nicht, meine große, aus den verschiedensten Teilen des Tian-Schan heimgebrachte Sammlung von Wildschafgehörnen auch durch solche aus dem Bogdo-Ola-Gebiet zu vermehren, weshalb ich die Möglichkeit nicht hatte, deren Typus genauer feststellen zu lassen. Am Südabhang, im Mittellauf des Gurban-bogdo-Tales, wo ich sechs lebende Arkare (Wildschafe) in geringer Entfernung sah, fand ich auch einige Arkargeweihe, welche sich von denen des zentralen Tian-Schan durch eine kürzere und mehr gedrungene, mehr dem Ovis ammon ähnelnde Form unterscheiden. Besonders an der Basis sind sie sehr stark; eines hatte einen Basis- umfang von 38 cm. Das Wildschaf des Altai spricht Prinz E. Demidow?) als genus Ovis ammon an. Sollte sich das Bogdo-Ola-Schaf gleichfalls als Ovis ammon erweisen, so wäre auch in einem Teil der Säugetierfauna eine nahe Verwandtschaft zu den Altaischen Formen festgestellt. Auch der Umstand, daß ich auf meinen Wanderungen in der Bogdo-Ola nur selten Abwurfgehörnen oder Schädeln verunglückter Tiere begegnete, welche im zentralen und östlichen Tian-Schan so häufig vorkommen, spricht dafür, daß der Wildreichtum des Gebirges lange nicht so groß sein kann, als weiter im Westen. Ob der Maralhirsch (Cervus eustephanus Blanford), der noch im Quellgebiete des Manas-(Chustai-)Flusses, also nicht sehr weit entfernt im W. so ungemein zahlreich und prächtig entwickelt auftritt, fast noch zahlreicher als im zentralen Tian-Schan, auch im Bogdo-Ola-Gebiet anzutreffen ist, vermag ich nicht zu sagen. Ich bin wenigstens dorten nirgendwo auf seine Fährten gestoßen, noch begegnete ich mongolischen Jägern, welche um des von den Chinesen so sehr begehrten Geweihes halber diesem Tiere sonst allenthalben im Gebirge nachstellen, wo es heimisch ist. Im Basar von Urumtschi fand ich bei den Händlern viele prachtvolle Bastgeweihe des Maral; nach den mir gewordenen übereinstimmenden Aus- künften kamen sie aber alle ausschließlich aus dem Manasgebiet. Ich zweifle daher, daß wenigstens größere Bestände dieses Tieres in der Bogdo-Ola zu finden sind. Grum Grschi- 1) Hierauf deuten auch die Angaben von P. W. Church, Across Turkestan with Camera and Rifle, l. e., S. 160; nur meint Church, die Form gleiche dem von Ovis ammon. 2) After wild sheep in te Altai and Mongolia. London 1900. 133 mailo allerdings erwähnt in seiner Reisebeschreibung,!) daß er den Ruf des Marals ver- nommen habe. Auch vom Vorkommen des Rehes (Cervus capreolus pygargus Gray) schreibt dieser Reisende. Weder ich selbst noch die scharfäugigen Kirgisen und Kosaken meiner Be- gleitung haben es indes irgendwo wahrgenommen. Es dürfte also auf alle Fälle ziemlich selten sein, während man es im zentralen und westlichen Tian-Schan so ungemein häufig trifft. Vom Nordrande des Gebirges erwähnt der gleiche Reisende, ebenso auch Church?) des Vorkommens der Saiga-Antilope (Saiga tartarica L.) und Pjewtzow®) hat sie auch am Süd- rande gesehen. Auch der Wildesel (Equs hemionus Pall.) wurde von Grum Grschimailo am Nordabhang gesehen. Ich selbst habe beide Tiere in den nördlichen Steppen ebenfalls wahrgenommen, aber viel weiter im W., in der Gegend von Manas und noch weiter westlich. Von Raubtieren begegnete ich am meisten in den Hochtälern und zwar sowohl am Nord- als am Südabhang bis zu Höhen von über 4000 m den Spuren des Bären, viel tiefer unten denen des Wolfes und Fuchses, sowie denen kleinerer Raubtiere (Marder und Wiesel), diesen aber bei weitem nicht so häufig, wie in den anderen von mir bereisten Teilen des Tian-Schan. Hingegen fand ich von dem dort so häufig auftretenden Schneeleopard (Felis nivalis) oder Irbis weder Fährten, noch konnte ich in Erfahrung bringen, ob er im Gebiete der Bogdo-Ola angetroffen wurde. Ebensowenig stieß ich auf Fährten des im übrigen Tian- Schan sonst weit verbreiteten Wildschweins. Nach Aussagen der Saissanischen Kirgisen sollen Wildkatzen und Luchse im Gebirge vorkommen; ich selbst habe aber keine Fährten dieser Tiere, noch Reste von gefallenen gesehen. Eine besonders auffällige Erfahrung war es aber für mich, daß ich dem allenthalben im ganzen Tian-Schan in so ungemein großer Zahl vorkommendem Murmeltier nirgendwo im Bogdo-Ola-Gebiet begegnete. Noch in den Quellgebieten des Manasflusses und des Ulan-ussu tritt es so zahlreich auf, daß die mon- golischen Maraljäger, mit denen ich dort zusammentraf, sich wochenlang ausschließlich von seinem Fleische ernährten und Hunderte von Fellen frisch erlegter Tiere an ihren Lager- plätzen verwahrt hatten. Da ich auch keine Baue von Murmeltieren antraf, so ist es in der Bogdo-Ola jedenfalls, wenn es nicht etwa ganz fehlen sollte, ein seltenes Tier. Welches die Gründe für diese Seltenheit sein mögen, wo doch die sonstigen Lebens- bedingungen für das Tier die gleichen zu sein scheinen, wie im übrigen Teil des Tian- Schan, ist mir ein Rätsel. In manchen Reiseberichten und anderen geographischen Werken über Zentralasien begegnet man öfters der Angabe, daß im Bogdo-Ola-Gebiet auch das Moschustier und das Wildpferd (Equs Prschewalskii) vorkommen. Diese Annahme beruht auf Irrtum. Hin- sichtlich sonstiger Arten des Tierreiches verweise ich auf die Mitteilungen Grum Grschi- mailos, der besonders in Band I seines Reisewerkes (S. 157£.) über das Vogelleben wichtige Angaben macht und im Anhang des gleichen Bandes eine Liste der gesammelten Vögel und Schmetterlinge bringt. Ich selbst habe von Schmetterlingen im Bogdo-Ola-Gebiet weit weniger gesehen als in anderen Teilen des Tian-Schan, obwohl ich es zur Zeit der vollen Entwicklung der Alpenflora bereiste. Wenn nun auch meine Beobachtungen über das Tierleben als sehr lückenhaft und un- genügend angesehen werden müssen, so geht aus ihnen wenigstens so viel mit Sicherheit hervor, daß es in der Bogdo-Ola ärmer ist, als in anderen Teilen des Tian-Schan. Welches die 1 Te], S. 163. 2) er 3:2101. S)UL. 20.18.1380. 134 Ursachen dieser auffälligen Erscheinung sind, bleibt vorläufig eine offene Frage. Des Menschen Einwirkung auf die Tierwelt ist jedenfalls in diesem Gebirge noch weit weniger zu spüren, als in den meisten der von mir bereisten Teile des großen Kettengebirges, kann also nicht die Ursache sein. Ob klimatische Einflüsse hiefür maßgebend sein mögen, ist auch nicht so ohne weiteres anzunehmen, weil das Klima doch nicht so sehr verschieden von dem der benachbarten Teile des Gebirges ist. Ich möchte eher der Ansicht Raum geben, daß die geringe Breitenentwicklung des Gebirges, sein Ansteigen als isolierte Kette zwischen zwei tiefen Senken und besonders die scharfe Trennung von den Hochgebirgen im W. durch den oft erwähnten niederen verkehrsreichen Sattel von Urumtschi vielleicht der maßgebende Faktor sein könnte. Indessen muß ich es berufenen Zoologen überlassen, das entscheidende Wort in dieser Frage zu sprechen. Zum Schlusse möchte ich noch besonders darauf hinweisen, daß auch in diesem weit nach O. vorgeschobenen Teile des großen Gebirges keine Be- rührungspunkte mit der Himalayensischen Fauna wahrnehmbar sind, namentlich auch im ornithologischen Bestande nicht. So wie aus den im vorigen Kapitel geschilderten Ver- hältnissen des Pflanzenlebens hervorgeht, daß im Florenbestande des Bogdo-Ola nahe Ver- wandtschaft mit dem Dsungarischen und Altaischen Formenkreis besteht, so ist dies auch hinsichtlich der Fauna, soweit sie bis jetzt erforscht wurde, der Fall. XV. Von Urumtschi zum Bogdo-Dla-See. In diesem und in den folgenden Kapiteln sollen nur die wichtigsten der auf der Reise beobachteten Erscheinungen besprochen werden, insoweit als sie zur Vervollständigung und näheren Erklärung des allgemeinen Bildes des Gebirgsabschnittes dienen können, welches ich hievon in den vorhergehenden Kapiteln entworfen habe. Man kann wohl verschiedener Meinung darüber sein, ob es zweckmäßig und gerecht- fertigt ist, so zu verfahren, wie ich es, entgegen dem hergebrachten Schema, in dieser Abhandlung wage: zunächst den Leser in zusammenfassenden Ausführungen mit allen wesentlichen Zügen der Natur dieser Gegend bekannt zu machen und ihm Darlegungen zu bieten, aus denen implieite schon ein großer Teil der Reiseergebnisse spricht, ehe ich mit dem Reisebericht selbst hervortrete. Allein ich habe mich häufig genug über die Zersplitterung und Weitschweifigkeit mancher Reiseberichte geärgert, durch welche das Aufnahmevermögen des Lesers angestrengt wird und deren Inhalt je nach dem wissen- schaftlichen Spezialgebiet, welches der Leser pflegt, für ihn nicht von besonderer Bedeutung ist, ehe er endlich erfährt, was ihm hauptsächlich wissenswert ist, daß ich einmal einen Versuch mit der umgekehrten Methode machen will. Ist der Leser durch den Inhalt der vorhergehenden Kapitel erst vertraut geworden mit der besonderen Wesensart dieses ihm bisher, ebenso wie dem größten Teil der Fachgenossen völlig unbekannt gebliebenen Gebirges und überblickt er die allgemeinen Verhältnisse sozusagen von vornherein voll- ständig, so vermag er, wie ich annehme, der Beschreibung des Weges, den ich durch- messen habe, mit besserem Verständnis zu folgen und wird mir vielleicht Dank wissen dafür, daß ich über den Verlauf der Forschungsreise und den dabei gemachten Wahr- nehmungen in chronologischer Folge berichte, ohne meine Darlegungen durch ausführliche Hinweise heterogener Art auf verschiedenerlei Naturverhältnisse, die ich nun als bekannt voraussetzen darf, häufig unterbrechen zu müssen. 135 Freilich setze ich mich dabei der Gefahr einer ungünstigen Beurteilung meiner Tätigkeit insoferne aus, als der Leser nun leicht herausfinden wird, an welchen Punkten meine Beobachtungen unzureichend waren. Ich gebe auch gerne zu, daß, wenn mir bei Antritt meines Weges alles das über mein Reisegebiet schon bekannt gewesen wäre, was ich in den vorhergehenden Kapiteln mitgeteilt habe, ich gewiß manches auf dem Wege anders und gründlicher gemacht haben würde, als es ohne vorherige Kenntnis der dargelegten Ver- hältnisse und der technischen Schwierigkeiten, sowie des Zeitaufwandes der Reise geschehen mußte und leider geschehen ist. (Siehe S. 35 und 56). Wenn ich nunmehr in den folgenden Kapiteln das meiste über die Natur meines Forschungsgebietes bereits Mitgeteilte nicht mehr berühre oder nur durch ganz kurzen Hinweis erledige, so läßt es sich wegen des logischen Zusammenhangs der Schilderung oder um einzelne Tatsachen eingehender zu erklären dennoch nicht ganz vermeiden, hie und da auf einige besondere Verhältnisse nochmals zurückzugreifen. Wir verließen am 31. Juli 1908 die Stadt Urumtschi in der Richtung nach N. Man tritt aus dem Nordtore der Stadt nach dieser Richtung unmittelbar in eine wüstenartige Lehmsteppe hinaus. Obwohl es, als wir abreisten, schon später Nachmittag geworden war, brütete noch eine dumpfe Hitze über der ungeheuren graubraunen Ebene. In dieser Jahreszeit ist es für Mensch und Tier unmöglich, während der Höhe des Tages eine derartige Gegend zu durchwandern. Ein Teil der Nacht muß hiefür verwendet werden, obgleich ihre Schatten den Reisenden mancherlei Beobachtungsmöglichkeiten berauben. Diesen Übelstand konnte ich aber um so leichter in den Kauf nehmen, als es sich für mich doch in erster Linie darum handelte, das nahe Hochgebirge zu durchforschen und die Expedition in möglichst guter Verfassung in ihr eigentliches Arbeitsgebiet zu bringen. Schon in unmittelbarer Umgebung von Urumtschi fehlen in der Richtung nach N. und 0. die Kulturen vollständig. Man sieht zwar, daß einzelne Strecken des lockeren, mit spärlichem, feinkörnigem Gerölle vermischten Lehm-Lößbodens zeitweise bebaut werden; allein zu jener Zeit lagen auch diese Strecken brach, da der hier vom Rande der Stadt auf Kilometer nach N. hin noch ziemlich ansteigende Boden vom Flusse aus nicht be- wässert werden kann. Die Kultur hängt in diesem Teil der Ebene also ausschließlich vom hegenfall ab und im Jahre 1908 war seit Monat März dort kein Regen mehr gefallen im Gegensatz zu normalen Jahren, wo Sommerregen häufig sind (s. S. 8, 10 u. 14f.). Wir kreuzten auf unserem Wege langgestreckte Züge niederer, kahler, stumpfer Rücken mit schwach gebrochenen Kammlinien. In Abständen von mehreren hundert Metern durchziehen sie als nördlichste Wellen des jungen Gebirges der Angaragesteine die Ebene in Richtung NO.—SW. Die Höhe dieser ausklingenden Anschwellungen des Jura-Gebirges wechselt von 20 zu 40 m; sie sind völlig mit Löß bedeckt, aus dem wechselnde Lagen von Konglomeraten und Sandsteinen von kaum gestörter Lagerung zutage treten (s. 8.7). Die gebotene Eile, da bei Tageslicht noch eine möglichst große Strecke des Weges durch- messen werden sollte, verhinderte nähere Untersuchung. Von Zeit zu Zeit wurde auf den abgeflachten gelbgrauen Kämmen ein alter, halb verfallener Wartturm aus Lehm sicht- bar, der sich von seiner gleichfarbig toten Umgebung nur durch die gegen den Horizont scharf umrissene Silhouette abhob. In der Ferne, im Norden fand der Blick über die Ebene keine Grenzen in der schwach flimmernden, durch Rückstrahlung des Bodens auf- gelockerten Luft. Die Vegetation der von uns durchreisten Halbwüste habe ich in Kap. XIII charak- terisiert und gehe daher nicht weiter darauf ein. Die Route, welche wir benützten, wird — allerdings euphemistisch — als „Nördliche Tian-Schanische Kaiserstraße“ (Tian-Schan- Peu-lu) bezeichnet (S. 9f., 44, 94); sie kann aber keinen Anspruch auf diesen irreführenden stolzen Namen erheben, überhaupt nicht auf die Bezeichnung Straße, da sie kaum mehr als ein durch die Spuren von Karawanen und Karren kenntlich gemachter breiter Streifen in der unabsehbar gedehnten, graugelben Fläche der Halbwüste ist. Nach etwa 7 km beginnt das Terrain auf unserem Wege nach N. in der Richtung gegen die Furche des Flusses Loü-sa-gu (siehe Karte I) allmählich abzusinken, welcher aus S., aus dem westlichen Zweige des Bogdo-Ola-Gebirges herabfließt und hier, in die Westrichtung übergehend, dem Nordlauf des Chorcho-tö zueilt. Mit der Annäherung zum Flusse stellt sich Baumwuchs (Karagatsch) ein und eine gut bebaute Gegend öffnet sich, von Kanälen bewässert, die aus dem genannten Flusse — natürlich schon weit höher oben von seinem Laufe — abgezweigt sind. Indessen drängen sich noch immer Wüstenstrecken zwischen die Kulturen, weil das Wasser nicht ausreichend zu sein scheint. Sobald wir den Einschnitt des Flusses, der klares, salzfreies Wasser führt, gequert und am anderen Ufer wieder einige Höhe gewonnen haben, zeigte der Charakter der Gegend für die nächste etwa 15 km lange Strecke unseres Weges den gleichen Wechsel von Kultur, Wüste und abermals Kultur, wenn wir wiederum allmählich hinab zu einer zweiten Talsenke gelangen. Es ist die des noch tiefer in den Lehmlöß der Halbwüste eingeschnittenen Flusses Sa-cho-gu. Da dieser Fluß, von dessen Ursprung und Lauf das gleiche zu sagen ist wie von dem vorigen, jedoch die doppelte Wassermenge führt, so ist die seine beiden Ufer umsäumende Kulturzone entsprechend umfangreicher und der Baumwuchs an den von ihm abgezweigten Kanälen ein sehr reicher und dichter. In später Nacht langten wir im ärmlichen Serail von Gumüdü an (630 m). Wir hatten somit auf unserem Wege von Urumtschi fast 300 m an Höhe verloren. Abgesehen von der Tiefe des Flußeinschnittes fällt also das ganze Terrain nach N. mehr und mehr gegen die erwähnte (S. 19, 43, 44, 94), dem Gebirgsfuße entlang laufende, grabenartige Längsfurche ab. In der Senke von Gumüdü herrschte eine fast unerträgliche, beklemmende Schwüle. Diese und die Stechfliegen machten den Aufenthalt dort höchst unangenehm. Gegen Mitter- nacht erhob sich ein ungemein heftiger Staubsturm von NW., der den Hof des Serails mit einem Gemisch von Lößstaub und feinstem Sand überschüttete. Es war wieder einmal ein lebendiger Beweis — bedürfte es noch eines solchen — für heute noch andauernde Löß- ablagerung an den Gebirgsrändern Zentralasiens. Der Sturm dauerte fast bis Tages- anbruch; doch fiel kein Regen und der kommende Morgen (1. August) war drückend heiß bei einer von Staub stets getrübten Atmosphäre. (Lufttemperatur um 6h tr. 21,8° f. 16,7 ° rel. Feuchtiekeit 58°/o absol. 11,2). Von Gumüdü führt die „Kaiserstraße“ weiter in N.-Richtung durch ein dem vorher geschilderten ähnliches Gelände. Mit der Annäherung zum Einschnitte des nächsten vom westlichen Bogdo-Ola-Gebirge herabströmenden Flusses, des Schoü-gu, wird die Öde der Halbwüste abermals durch Kulturstrecken unterbrochen: Große Flächen sind dort mit Mais bebaut, Gehöfte weit umher zerstreut und zahlreiche Kanäle mit den an sie gebundenen dichten Gürteln von Bäumen durchziehen den gelbgrauen Lehmlößboden. Dieser Fluß ist noch wasserreicher als der Sa-cho-gu, da sein Ursprungsgebiet im Süden, in dem nach 137 Osten hin zu immer bedeutenderer Höhe ansteigenden und darum entsprechend reicher ver- gletscherten Hauptkamme liegt. Eine zusammenhängende Häusergruppe an seinem Ufer, unter Baumgruppen fast versteckt, trägt den Namen Che-goü-dschü, und ist auf den Karten nicht verzeichnet. Alle bisher passierten Niederlassungen werden fast ausschließ- lieh von chinesischen Ackerbauern bewohnt. Schon bald nach Verlassen der an die Uferzone des Schoü-gu gebundenen Kultur- zone biegt die Straße scharf nach ONO. um. Hier wurde uns zum ersten Male in dem von der sonnenbestrahlten Lehmsteppe aufsteigenden schleierartigen Dunste der volle, wenn auch in den Umrißlinien etwas verschwommene Anblick des vereisten Nordabsturzes der zentralen Bogdo-Ola-Gruppe zuteil. Die Form dieser glänzenden Erscheinung bestätigte übrigens die schon von Urumtschi aus gemachte Wahrnehmung (siehe S. 18 und 37 f.), daß die Darstellung der Richtungsachse des Hauptkammes in den Karten nicht zutreffend eingetragen sei. Man konnte infolge des bei der weiten Entfernung unseres Standpunktes ungehinderten Über- blicks hier deutlich wahrnehmen, daß die eigentliche höchste Kammerhebung, östlich von der dreigipfligen Zentralgruppe sich nach O. und SO. fortsetzend, hinter der vorderen, nach N. vorgeschobenen Gipfelreihe, die offenbar irrtümlich stets als Hauptwasserscheide aufgefaßt wurde, noch wesentlich hinausragt. Auch die von der Zentralgruppe nach WSW. ab- zweigende Kette gab schon, von hier aus gesehen, hinsichtlich ihrer Höhe und des Betrages ihrer Vereisung ein ganz anderes Bild, als es sich nach den Karten erwarten ließ. Man gewann guten Einblick in einige der vereisten zirkusförmigen Talschlüsse der nördlichen Quertäler, und besonders der gewaltig überragende prächtige Pik Schokalsky (S. 37, 83f., 101) nahm allmählich so bedeutende Formen an, daß ich fast geneigt war, ihn für einen ebenbürtigen Rivalen der Gipfel der zentralen Gruppe zu halten. Meine Erwartung, wiederum längere Zeit über öden Wüstensteppenboden mit dürftiger Strauchvegetation wandern zu müssen, wurde bald angenehm enttäuscht durch das Auftreten ausgedehnter Bestände hoher Karagatschbäume von prächtiger Entwicklung, deren Laub- dächer sich über dichtes Gestrüppe 1!/'„—2 m hoher Sträucher von Wildrosen, Weiden, Coto- neaster, Ephedra, Nesseln und Karagatsch wölbten. Ein weitmaschiges Netz von Kanälen, schon fern im Osten bei der knieförmigen Umbiegung des Schoü-gu abgezweigt, durchfurcht hier die Ebene und die Kulturen sind daher weit verbreitet. Die Gerste war bereits ab- gemäht (2. August) und die Ernte wurde in den von uns passierten zerstreuten Gehöften eben gedroschen. Man rollte zu diesem Zwecke lange achteckige Walzen aus sehr hartem, fein- körnigem, hellem Sandstein, die von daran gespannten Ochsen gezogen wurden, über das aus- gebreitete Getreide hinweg. Es ließ sich auf dem Weiterweg ins Gebirge feststellen, daß dieser harte Sandstein aus dem ersten Schichtenkomplex des alten Gebirges stammt, wo die Sandsteine durch Kontakt mit dazitischen Ausbrüchen einen großen Härtegrad angenommen haben. Weitgedehnte Maiskulturen standen noch unreif auf dem Halme und bildeten große Flächen, die sich aus dem gelbgrauen Wüstensteppenboden mit ihrem tiefen dunklen Grün lebhaft heraushoben. Zahlreiche Ruinen von Gehöften sind über die Ebene zerstreut und geben Kunde von den schrecklichen Vernichtungskämpfen (siehe S. 9£., 120), die sich infolge von hassen- und Religionshaß auf diesem blutgetränkten Boden die Völker einander geliefert haben. Durch Lücken in der dichten Baumzone dunkler Karagatschbäume blinken im S., im Sonnenglanz aufleuchtend, schon die kahlen vielfarbigen Mauern der ersten Höhenzüge des Angaragebirges (Kap. IX) in die Landschaft herein. Im N. sah man in ziemlich be- Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 18 138 deutender Entfernung einen anscheinend völlig ebenmäßigen, niederen Rücken sich in langem Laufe von W. nach OÖ. erstreeken, ohne daß das Auge die im Sonnendunst des Tages sich verlierenden Enden dieser Landschwelle zu erreichen vermochte. Dies war eine auffällige Erscheinung da die Karten bis auf mehr als 150 km nach N. hin keine Gebirgszüge auf- weisen; man hätte sich hiedurch leicht täuschen lassen und einen Fehler in der Darstellung des Terrains vermuten können. Offenbar erblickte man aber nur den allmählichen Abfall der niedrigen untersten Bruchstufe des nördlichen, dem Gebirge entlang laufenden Graben- bruches (siehe S. 43f.), dessen höhere Stufe sich, als Wüstenebene Saosti-elussun (S. 7) nach N. ansteigend, zu den treppenförmig hintereinander aufragenden Dsungarischen Vorketten hin fortsetzt, welche höhere Glieder des nördlichen Randes des Grabenbruches darstellen. Für die sich aufwölbenden Teile der von uns durchwanderten weiten Ebene reicht die Bewässerung nicht mehr hin. Wo dorten unser Weg zeitweise über ausgedürsteten, völlig harten Lehmboden mit verdörrten niedrigen Artemesienbeständen führte, mußte er oft in weiten Kurven 6—10 m tief eingerissene, steilwandige Trockenbetten umgehen, welche bekunden, daß zur Zeit der Frühjahrsschneeschmelze außerordentlich heftig strömende Wasser (S. 93f., 99) für kurze Zeit auch hierher gelangen. Auf dem Grunde solcher Gräben entwickelt sich ein ziemlich reiches Pflanzenleben, wie es früher (8. 118) be- schrieben wurde. Tamarix (Myricaria alopecuroides Schrenk ?) bildete hier in der Tiefe den Hauptbestand in überaus prächtiger Entwicklung der leuchtend rosafarbigen Blüten- ähren, während die sonnenbestrahlten Ränder durch die zahlreichen, flachen, rostbraunen, gelben oder orangefarbigen Scheiben ausgedörrter riesiger Blattrosetten von Rheum und Scorodosma merkwürdig bunt erschienen. Sonst war auf der weiten Fläche, über welche unerträglich heiße Luft stagnierte, keinerlei organisches Leben mehr sichtbar oder hörbar. Absolute Stille herrschte in dieser Hölle von Lößstaub und Sonnenglut. Und dennoch fehlte auch in solcher, ein Bild traurigster, trostloser Öde zeigenden Gegend menschliche Niederlassung nicht gänzlich. Wir passierten eine Kolonie armseliger, niederer Lehmhütten, die wegen ihrer, der (les Bodens gleichen Färbung kaum zu bemerken waren. Es war das chinesische Dörfchen Ga-toü-fu, das in den Karten nicht verzeichnet ist. Bei Menschen, die in solcher Um- sebung sich dauernd niederlassen, muß man das höchste Maß von Genügsamkeit oder einen völlig abgestumpften Sinn voraussetzen. Kulturland, das ihnen Unterhalt gewähren könnte, war von der Ebene aus nicht sichtbar; es scheint in einigen solcher tiefen Gräben oder Einrissen, wie sie eben erwähnt wurden, verborgen zu sein. Außer derartigen Hohl- formen zeigten sich auch einige flachrandige, muldenförmige Vertiefungen von 50—100 m Breite und etwa 12—15 m Tiefe, die das nach N. abfallende Gelände durchfurchen. Solche Formen entstehen im Gegensatz zu den steilwandigen grabenartigen Einrissen durch Auskolkungstätigkeit breiter, mit ruhiger Gewalt wirkender, im Frühjahr dem Gebirge entströmender Schmelzwasserfluten. Darauf deutet schon das auf dem Boden solcher Wannen massenhaft zurückgebliebene, gerollte Schuttmaterial. Wo der gegen das Gebirge kräftiger ansteigende Lehmlößboden in Einrissen der Untersuchung erschlossen war, zeigte er in körnigen Zwischenlagerungen ganz die Beschaffenheit einer im mehrfachen Wechsel teils auf subärische Weise teils durch Anschwemmung zustande gekommenen Ablagerung, die Obrutschew mit Proluvrium bezeichnet.!) Es finden sich in solchem 1) Siehe Merzbacher in Petermanns Mitteilungen 1913, 8. 73. 139 schmitzenartig auslaufendem, meist grobkörnigem Material fast ebensoviel scharfkantige als abgerollte Fragmente und zwar entstammen erstere, wie erklärlich, ausschließlich den Gesteinen des unmittelbaren Gebirgsrandes. Hieraus geht auch hervor, daß hier im Wüstensteppenvorland des Gebirges eine be-- ständige Erhöhung des Bodens stattfindet; dies kann nicht anders sein, denn die Über- Autungen wiederholen sich und auch der Transport des trockenen Schuttes aus dem Gebirge heraus setzt nie aus. Die äolische Abtragung hält hier solcher Aufschüttung nicht die Wage; im Gegenteil: es findet sogar wegen der vorherrschenden N.-W.-Lutströmung noch Anwehung statt. Da nun auch die aus dem Gebirge strömenden Flüsse besonders bei Hoch- wasser außerordentliche Mengen von Schutt heraus verfrachten und ihr Bett erhöhen, haben sie gerade genug Arbeit, wenn sie ihren Erosionsstand nur erhalten wollen, dies um so mehr, als ihnen, und zwar wohl schon seit unvordenklichen Zeiten, stets Wasser zur Kulturarbeit abgeleitet wurde; denn die Besiedlung dieser Gegend ist sehr alt (Literatur in Anm. 8. 8 und 9). Schätzt man aber die Erosionskraft der Flüsse zur Zeit der Schneeschmelze auch noch so hoch ein, so darf man anderseits doch nicht vergessen, daß sie gerade zu jener Zeit nicht selten ıhre alten Betten verlassen, sich andere graben und sich in mehrere Arme ver- teilen, alte Rinnen aufsuchend oder neue schaffend. Von einem zunehmenden Einschneiden dieser Flüsse ist also nichts zu bemerken, höchstens daß die Erosion mit dem Ansteigen des Bodens gleichen Schritt hält und auch dies wäre wohl nicht denkbar, wenn man nicht eine Fortdauer der genetischen Kräfte annimmt, welchen die Ausbildung des heutigen Gebirges zu danken ist: Ununterbrochene langsame Hebung der Gebirgsmasse oder zunehmende Ver- tiefung der an ihrem Rande entlang laufenden Grabensenke (S. 43 f., 100). Aus alledem erklärt sich der Charakter dieser Steppenflüsse und ihrer Täler, welche sehr breite flache Furchen im Steppenboden bilden mit allmählich ansteigenden Rändern. Die schmale Rinne, welche der normale Flußlauf darin bewahrt, bietet kein Anzeichen einer fortschreitenden Tiefenerosion. Salzausblühungen zeigen sich selten auf diesem Alluvialboden; dies verhindert sein An- steigen gegen den Gebirgsrand, wodurch sowohl stetige unterirdische als zeitweise subärische Wasserzirkulation verursacht wird. Wo solche Bildungen vorkommen, sind sie niemals von bedeutender Ausdehnung und treten überdies nur in flachen Senken auf, wo temporäre stagnierende Wasseransammlungen den ohnedem nicht reichen Salzgebalt an die Oberfläche bringen können. Wir passierten einen kleinen chinesischen Wachtposten, dessen Bewohnern ein ca. 30 m tiefer Ziehbrunnen das Wasser liefert; es war frisch und klar und hatte nur ganz unbedeutenden Salzgeschmack. In der Nähe dieses aus Lehm erbauten Forts sah man sehr viele Ruinen und nahebei Begräbnisstätten der hingemordeten ehemaligen Be- wohner der Gegend (siehe S. 9f., 120). Jedes einzelne Grab war sorgfältig mit rohen Blöcken in Kopfgröße und darüber umrandet, viele hievon aus harten Tongesteinen be- stehend, mit lebhaft gefärbten Vitriol-Efflloreszenzen und Kupferlasur. Am Nordabhange vermochte ich diese Gesteine auf meinen Wegen nicht aufzufinden, während sie am Süd- abhang in der alten Formation (siehe Kap. XXI) eine große Verbreitung haben. Da ich aber kaum annehmen kann, daß man sie so weit transportiert und über das hohe Gebirge mit Aufwand außerordentlicher Mühe herübergeschafft habe, müssen sie doch auch irgend- wo auf der Nordseite vorkommen. Die in Kap. XIII geschilderte Strauchvegetation zeigte auf den höheren An- schwellungen des Bodens öfters große Mannigfaltigkeit der in ziemlichen Abständen von- 18* 140 einander stehenden, aber sehr breit entfalteten Individuen. Man konnte daher manchmal aus einiger Entfernung beim Rückblick den täuschenden Eindruck gewinnen, es breite sich eine dichte, dunkelgrüne Decke über die sanft abdachende Ebene. In weiter Ferne schien sie als kobaltblaues Band mit scharfer Grenzlinie am blassen Blau des Firmamentes ab- zuschneiden. Im Süden entfaltete sich nun immer deutlicher und lehrreicher der herrliche Riesenbau der zentralen Bogdo-Ola und seine eisgepanzerten Abstürze leuchteten mit un- beschreiblichem Glanze in die unbegrenzte Horizontalität der Halbwüste verheißungsvoll für mich herein. Hier zum ersten Male trat mir seine Architektur als regelmäßiger Stufen- bau (siehe S. 38f., 50, 56) mit großer Deutlichkeit vor Augen und schärfte von nun an meine Aufmerksamkeit, bei der weiteren Wanderung diesem interessanten Zuge nach- zugehen. Von hier aus wurde auch die lehrreiche Telephotographie aufgenommen, die in Taf. 4 Fig. 5 wiedergegeben ist. Auf dem Weiterwege gegen O. sinkt der Boden allmählich wiederum ab zum breiten flachen Tale des Schimo-gu-Flusses. Da dessen Quellgebiet in den höchsten und am stärksten vergletscherten Regionen der westlichen Abzweigung liegt (S. S4, 94), ist er sehr wasserreich. Das klare Wasser wird durch eine größere Anzahl von Kanälen in dem weiten Talboden verteilt und verleiht ihm große Fruchtbarkeit. Die Chinesen haben sich daher hier in der kleinen Stadt Foü-kan angesiedelt. Wir wanderten zwischen ausgedehnten Weizen-, Mais- und Hirsekulturen (letztere überwiegen), auch Melonenfeldern dahin, welche häufig mit dichten Hecken von Wildrosen, Karagatsch oder Weidensträuchern umsäumt sind. Öfters geht der Weg auch durch Wiesenland und zieht sich endlich unter schatten- reichen Alleen schöner Karagatschbäume gegen die malerischen, krenelierten und mit Bastionen versehenen Ringmauern des Städtchens. Den kriegerischen Formen entspricht das Material (sonnengetrockneter Lehm), aus dem sie gebildet sind, nicht recht. Die in der bekannten landesüblich zierlichen Form über den Toren errichteten Holzpavillons bilden einen besonderen Schmuck der Umwallung. Wie alle chinesischen befestigten Städte der Provinz Hsin-kiang besteht auch diese aus zwei Abteilungen, der eigentlichen Festung, in welcher nur Chinesen wohnen dürfen, und der hieran anschließenden Basarstraße mit ab- zweigenden Quersträßchen, wo die muhamedanische (sartische und dunganische) Bevölkerung, Gewerbe und Handel treibt. Der umwallte, für die Chinesen reservierte Raum trägt nur zur Hälfte Gebäude. Die andere Hälfte ist ein Schutt- und Trümmerfeld, dieht von Unkraut überwuchert. Auch der überbaute Teil bietet keinen erfreulichen Anblick; er ist ärmlich und schmutzig und es wimmelt dort von ekelhaften, alle Wege versperrenden Hunden, ganz Ähnlich wie früher in Konstantinopel. Man hat die Wälle der Stadt weiter gezogen, als Bedarf für Niederlassung von Chinesen vorhanden war. Es wird eben in diesem Teile Chinas nicht selten so verfahren, daß zuerst die Umfassungsmauern einer neu zu grün- denden Stadt fix und fertig gebaut werden, worauf man Zuzug aus dem Innern Chinas zur Besiedlung und Errichtung von Häusern veranlaßt. Bleibt dieser Zuzug aber aus irgendwelchen Gründen aus, dann verfallen die Umwallungen der projektierten Stadt wieder und werden zu Schutthaufen. Die Gesamtbevölkerung von Foü-kan schätze ich auf 4—5000. Ein militärischer Unterbefehlshaber (Yamun) hat hier seinen Sitz. Die Garnison bestand aus den be- kannten, nichts weniger als kriegerisch anmutenden chinesischen Soldaten älterer Ordnung. Gewerbetätigkeit scheint nicht sonderlich und nur für den lokalen Bedarf entwickelt. 141 Der fruchtbare Boden der Umgebung weist die Bevölkerung hauptsächlich auf den land- wirtschaftlichen Betrieb hin, dessen Produkte in Urumtschi einen guten Markt finden. Unmittelbar im S. des Städtchens bemerkt man eine gegen das Gebirge hin sich dehnende wannenartige Senke, welche offenbar am Ende des Diluviums von einem Randsee (siehe S. 83, 92) ausgefüllt war und heute wasserlos ist. Es bietet sich infolge dieser Ein- senkung vom erhöhten Nordrand der Stadt, der entlang der Basarstraße läuft, ein höchst eigenartiger Überblick über die gesamten Baulichkeiten der Stadt mit den sie um- schließenden malerischen Ringmauern, hinter welchen die wunderlich erodierten Formen des ungemein buntfarbigen Angaragebirges unmittelbar anzusteigen scheinen. Den Ab- schluß des Bildes bilden die mächtig überragenden, gewaltigen, vergletscherten Wände der Bosdo-Ola-Kette. Die Nähe des Gebirges machte sich hier stark fühlbar durch bedeutende nächtliche Erniedrigung der Temperatur (Minimum + 6,3%); doch schon am frühen Morgen des nächsten Tages war die Insolation bei wolkenlosem Himmel ungemein kräftig (Luft- temperatur + 23,6°). Die Sonne brannte niederdrückend, als wir uns von Foü-kan, zuerst in der Steppe nach O., dann nach SSO. wandten. Das Gelände steigt nicht allmählich, sondern in parallel aufeinanderfolgenden Schwellen zum Gebirge hin an, ein Kenn- zeichen der dem Gebirgsrand entlang laufenden Bruchzone, über deren Natur ich bereits mehrfach eingehende Mitteilungen gemacht habe. Dem im S. dem Gebirge entströmenden Sangun-Fluß sind eine Anzahl größerer und kleinerer Kanäle abgezweigt, deren kristall- klares Wasser in starkem Gefälle nach verschiedenen Richtungen die Lehmsteppe durch- strömt, so daß hier ziemlich ausgedehnte Kulturkomplexe im Schatten prächtiger Kara- gatschbestäinde — untermischt mit vielem Strauchwerk (Weiden, Karagatsch und Wild- rosen) — über die Ebene bis an den Fuß des Gebirges hin verstreut sind. Auf den Fluß selbst trafen wir erst bei der unmittelbaren Annäherung an die Mündung des Sangun-Tales. Er floß damals in einem etwa 15 m breiten, ziemlich seichten Geröllbette mit viel geringerer Wassermenge dahin, als sie einzelne der vorher überschrittenen, von ihm abgezweigten Kanäle führen. Auch die flachen Talränder an beiden Ufern sind stark mit Geröll über- schüttet, worunter viele große Blöcke vorkommen, was auf die bedeutende Transport- kraft des Flusses in den alljährlichen Hochwasserstandsperioden hinweist. Unmittelbar bevor man zum Gebirgsrande gelangt, sieht man die in Kap. X beschriebenen Tertiär- ablagerungen, in unregelmäßigen Gruppen niederer Hügel aus dem Steppenboden auf- ragend, ein unbedeutendes Relief bilden (8. 75£.). Bald nach dem Eintritte durch die weite Öffnung des Sangun-Tales, hinsichtlich dessen allgemeinem Charakter ich auf die Beschreibung in Kap. XII und XIII hinweise, schließen sich die aus WNW. und ONO. in vielfachen Biegungen als Umrandung der Ebene herantretenden Höhenzüge zu etwa 50—60 m hohen steilen Mauern zusammen und bilden die Umwallung eines nunmehr durchschnittlich 150 m breiten Tales. Als Gestein treten steilgestellte, graubraune und grünliche Mergelschiefer und dunkelbraune, Kohle führende Tonsandsteine auf. Der Komplex zeigt ONO.-Streichen und -Fallen nach SSO., wechselnd zwischen 30 und 60 Grad. Bis zu 100 m und darüber ansteigende höhere Züge werden dahinter sichtbar. Weiter taleinwärts nehmen die Sandsteine an Mächtigkeit sehr zu und wechsellagern mit dickeren Bänken hellgelbgrauer, weicher Tonschiefer und bunten Mergeln, in welchen Bänder kohliger Einlagerungen auftreten. Die Schichten legen sich 142 allmählich in eine flache Mulde um (siehe Taf. 5 Fig. 1), die weiterhin wieder zu einem breiten Sattel sich umbiegt. In solcher Weise ist schwache Faltung das Charakteristikum des Komplexes, der von einer stark erodierten, durchschnittlich 5 m mächtigen Lößbank über- lagert wird, deren Struktur auf Herbeischaffung des Materials durch vorherrschende NW.- Winde hinweist. Die Sandsteine werden taleinwärts grobkörniger, fast konglomeratisch. Da die geologischen Beobachtungen indes von Dr. Gröber in Kap. XX geschildert und zusammengefaßt sind, kann ich mich in dieser Beschreibung des Reiseweges begnügen, nur insoweit hierauf einzugehen, als sich dies für die Darlegung der von mir gemachten morphologischen Beobachtungen als nötig erweist. Zudem bietet Gröbers Profil V auf Tafel 18 alle nötigen Aufschlüsse über Gesteinsfolge und deren Lagerungsverhältnisse. Ich gebe somit in den folgenden Darlegungen nur die äußeren Merkmale dieser Ge- steinszonen wieder. Der ganze Komplex dieser Ablagerungen bietet in seinen überaus mannigfach in den buntesten Farben aufeinanderfolgenden, meist dünnbankigen Schichten und in seinem infolge Einwirkung des Wüstenklimas vorgeschrittenen Zustand der Zerstörung höchst eigen- artige Landschaftsbilder. Die Farben wechseln von dunkelbraun zu leuchtend hellgrün, schwefelgelb, orangefarbig, weinrot, violett, ziegelrot und fast schwarz. Es ist unmöglich, sich eine buntere Landschaft vorzustellen, deren Farbenpracht, da die Gesteine (siehe $. 119) jeder Pflanzendecke entbehren, in keiner Weise gemildert wird und daher in starkem Gegensatze zu der die Talsohle füllenden tiefdunklen Baumvegetation steht. Der Umstand, daß die in weite Mulden und Sättel gelegten weichen Gesteinsfolgen in außerordentlichem Maße abgetragen sind, hat zur Folge, daß sie sich, wie aus Profil V hervorgeht, in den niedern Talumwallungen meist in steilen Stellungen darbieten mit überaus unregelmäßigen, durch die Erosion häufig bizarr gezahnten Kammlinien. Die Lücken sieht man öfters mit Löß erfüllt. Was in der Ebene so überaus großartig in das Gesichtsfeld trat, die ver- gletscherten Riesenmauern der zentralen Bogdo-Ola, scheidet beim weiteren Eindringen in das Sangun-Tal mehr und mehr aus dem Bilde, da die Talachse des unteren und mittleren Tales bei ihrem nahezu südsüdwestlich gerichteten Verlaufe dem Blicke nur die westliche Gruppe erschließt und deren vergletscherte Talschlüsse, sowie den in seinem breitmassigen, stark überfirnten Bau ungemein großartig erscheinenden Pik Schokalsky. Schon nach etwa 2!/a km tritt das bunte Talgemäuer auseinander und weitet sich zu einem kleinen, fast kreisrunden Becken von etwa 1!/a km Durchmesser (Becken I), dessen völlig geebneter Boden von dem nunmehr durch keinerlei Abzapfungen mehr geschwächten, daher hier sehr wasserreichen Flusse in pendelndem Laufe durchflossen wird, während er sowohl höher oben als tiefer unten ein ziemlich starkes Gefälle (S. 97) aufweist. Die fast senkrechte unmittelbare Umwallung des flachbodigen abgeschlossenen Kessels, die hier schon etwa 120—150 m Höhe erreicht, verleiht in ihrer eben geschil- derten, bunten Farbenpracht dieser Örtlichkeit den Charakter eines höchst eigenartigen, natürlichen Riesensaals. Die Gewässer waren im Diluvium oder wohl auch später noch hier zu einem kleinen See aufgestaut; doch haben sich infolge der leichten Zerstörbarkeit der umrandenden Gesteine nur mehr undeutliche Strandlinien des alten Wasserstandes darin erhalten, während solche, sowie Reste von zwei übereinanderliegenden Schotterterrassen in einem benachbarten, weit umfangreicheren, zwischen den Tälern Sangun und Dön-chon-dse eingetieften Becken (siehe Karte II) nach den Angaben Gröbers ziemlich gut erhalten sind. 145 Da ihn sein Weg hoch über den Südrand des Beckens führte, konnte er diese Verhältnisse gut überblicken. Diese jüngeren, am Fuße von Steilwänden abgelagerten Bildungen, in welchen die Terrassen liegen, ist Gröber geneigt, für glazial oder fluvioglazial zu halten. Da er aber in das Becken nicht hinabstieg, vermochte er sich völlige Sicherheit hierüber nicht zu verschaffen; zudem sind die Ablagerungen stark mit Löß überschüttet. Aus- gezeichnet konserviert sind solche Terrassen besonders in dem alten weiten Trockentale westlich vom Sangun-Tale, zwischen diesem und dem Tale des Schimo-gu (siehe Karte II). Von einer erstiegenen Höhe im W. des Bogdo-Ola-Sees aus konnten Gröber und ich deren in zwei Etagen übereinander verlaufenden Formen deutlich verfolgen. Im Becken I zeigte sich als eine besonders auffällige Erscheinung und zwar an den Rändern des Beckens das Auftreten von unregelmäßigen Trümmern und Blöcken — zum Teil ‘sehr großen Umfanges — eines Konglomerates, das nicht nur wesentlich verschieden von dem der unmittelbaren Umrandung ist, sondern auch nach Größe und Form dieser Riesenblöcke kaum vom Wasser oder wenigstens nur aus kurzer Entfernung hierher transportiert sein kann, sondern als Reste einer zerstörten Ablagerung anzusehen ist. Es sind darin aller- dings meist Gesteinsfragmente aus dem petrographischen Bestand der Angaraserie ent- halten, aber auch nicht wenige aus der kristallinen Schichtenfolge des alten Gebirges. Das Material ist teilweise mittelgroß, teilweise sehr groß und kaum etwas gerundet. Es ist verkittet durch einen grauen, nicht sehr festen tonigen Zement. Die ganze Art dieser Bildung deutet auf junge Entstehung hin. Wenn sie nicht als durch stagnierendes kalk- haltiges Wasser gefestigte Moräne anzusprechen ist, was nicht ungerechtfertigt sein dürfte, aber nur bei einer sorgfältigeren Untersuchung entschieden werden könnte, als sie mir er- möglicht war, ist sie jedenfalls fluvioglazialer Entstehung und kann nur aus wenig ent- fernten Moränenablagerungen herstammen; schon ca. 6 km höher oben im Tale finden diese sich in solcher Menge, daß sie dort dem Flusse seinen Lauf verlegten und ihn — vermutlich am Ende des Diluviums — zwangen, sich neu einzuschneiden, worüber sogleich Näheres folgt. Man verläßt das Becken I durch eine gewundene, spaltenartige Enge, die in härteren Gesteinsfolgen (Sandsteine und rote Mergel etc.) eingeschnitten ist und gelangt dann in ein anderes Becken (Becken Il) von nur wenig kleinerem Umfange, doch ähnlicher Gestalt wie das erste. Auch dieses zweite liegt wieder in einer weicheren Gesteinsfolge: mürbe Sandsteine und blättrige Mergel. Die Umwallung ist daher noch stärker abgetragen und etwas niedriger als die des Beckens I. Die Kammlinien sind trotz der Steilstellung der Schichten weniger zackig. Der Ausgang talaufwärts führt wiederum durch härteres Gestein: harte Tonschiefer, Toneisensteine, grüne Sandsteine, in welchen das gewundene Tal mit durchschnittlich 60—70 m Breite eingeschnitten ist. Im Becken II, dessen Boden mit besonders prächtigem Ulmenbestand geziert ist (siehe S. 120), finden sich an mehreren Stellen des Talrandes, aber besonders gut erhalten bei der Mündung eines kleinen Trockentales, sowie am oberen Ausgang des Tales wiederum Reste eines ziemlich weichen Konglomerates, dessen teils kantiges teils gerundetes Material meist aus graugrünem Tonschiefer, quar- zitischem Schiefer und etwas dunklem Eruptivgestein (hornfelsartiges Gestein, Keratophyr?), sowie wenig Sandstein besteht. Die Fragmente sind von sehr verschiedener Größe, von Erbsengröße bis zu Kopfgröße und darüber, alles ganz unregelmäßig gemischt und wenig kantengerundet. Auch ist es auffallend, daß in den tieferen Lagen grobes Material vor- herrscht, in den höheren feineres. Ich hatte leider zu große Eile, um nach geschrammten 144 Fragmenten suchen zu können. Das Bindemittel überwiegt in diesem Konglomerat und ist von leuchtend gelber Farbe vorwiegend tonig, stellenweise auch tonig-sandig. Anzeichen von Schichtung sind nur schwer zu erkennen; unregelmäßig verteilte, rötlich gefärbte, dünne, lettenartige Einlagerungen finden sich darin. Die Beschaffenheit dieses Konglomerates, das sich auch noch in die Talverengung hinein fortsetzt, weist mit mehr Deutlichkeit auf glaziale Entstehung hin; es machte ganz den Eindruck von umgelagerter, verfestigter Moräne, worauf auch die losen, im Humus des Talbodens enthaltenen Gerölle schließen lassen (siehe S. 122). Es kann sich hier möglicherweise um Einspülung aus dem nahe tal- auf abgelagerten Moränenmaterial in das Becken handeln, wo es nur an geschützten Stellen der Ränder erhalten blieb. Der Zusammenhang dieser Ablagerung ist bei der weichen Beschaffenheit des Materials nahezu zerstört und der größte Teil von den diluvialen oder späteren Gewässern wieder ausgeräumt worden (S. 97), so daß aus den erhalten gebliebenen Resten ganz zuverlässige Rückschlüsse auf die ursprüngliche Bildung nicht gemacht werden können. Sind diese grobklastischen Bildungen fluvioglazialer Natur, so können sie, da sie, wie gleich gezeigt wird, auch unter jüngere Grundmoräne hinabtauchen, auch einer etwaigen Interstadialzeit angehören, jedenfalls einem Rückzugsstadium der Vereisung. Ob man bei den besonderen Verhältnissen in diesem Gebirge eine Interglazialzeit annehmen darf, scheint mir nicht ohne weiteres schlüssig. Hat hier doch niemals eine sehr ausgedehnte zusam- menhängende, weites Land einhüllende HEisdecke bestanden, sondern nur eine Vereisung von Hochketten, die noch dazu eine sehr geringe Breitenausdehnung besitzen. Schon nach kurzem Laufe der Talverengung treten wir in ein drittes Becken von ovaler Form und bedeutend größerem Umfang, wo der lockere, stark mit echt glazialem Geröll vermischte Lehmboden eine Humusschichte trägt, welche die Bildung einer zusam- menhängenden Grasdecke und einer überaus prächtigen Entwicklung des Baumbestandes begünstigt (S. 123). An den Talrändern steigt dieser ausgesprochen fett lehmige Boden etwas an und aus ihm aufragend erheben sich am Fuße von dunklen Wänden steilgestellter Tonschieferbänke wieder junge Konglomerate von ähnlicher Beschaffenheit wie die vorhin geschilderten, nur etwas intensiver gelb und rot gefärbt, in denen kaum Anzeichen von Schichtung erkennbar ist und welche etwas mehr gerundete, aber in der Größe überaus verschiedene Fragmente enthalten. Einzelne Partien darin nähern sich einem stark tonigen Sandstein. Diese Konglomeratmassen sind stark abgetragen und zerstört, überdies reich mit Buschwerk bedeckt. Zwischen ihnen und dem lehmigen Untergrund treten mehrere starke Quellen kristallklaren Wassers zutage und strömen dem Hauptflusse zu, der fast 2m in Lehm und Schotter eingeschnitten ist und sehr ansehnliche Mengen klaren Wassers zu Tale führt. Die Beschaffenheit des Talbodens läßt alle Merkmale des Geschiebelehms erkennen und Streublöcke verschiedener Größe und aus verschiedenartigem Material des alten Gebirges bestehend, liegen auf ihm. Es kann kein Zweifel darüber aufkommen, daß wir es hier mit Grundmoräne zu tun haben; doch war bei der gebotenen Eile des Marsches, um noch rechtzeitig einen geeigneten Lagerplatz ausfindig zu machen, auch hier ganz genaue Untersuchung nicht möglich. Über das Verhältnis des Grundmoränenbodens zum Konglomerat läßt sich nur sagen, daß dieses vermutlich einem älteren Stadium der Ver- eisung angehören dürfte als jener, gleichviel ob man es als fluvioglazial oder glazial an- sehen will. Ich bin jedoch geneigt, es seiner ganzen Beschaffenheit nach für eine glaziale Bildung zu halten. Das mittlere Niveau der Sohle dieses Beckens III beträgt ca. 940 m. 145 Wir durchschreiten nun, indem wir es verlassen, ein 150—1S0 m breites Tal, ein- geschnitten zuerst in harte Tonschiefer und Sandsteine, das sich aber bald auf 75—90 m verengt. Schottermassen, die von unserem Wege auf der Talsohle aus gesehen Moränen- schutt glichen, möglicherweise aber auch fluvioglazialer Entstehung sein können, bedecken in diesem Teile des Tallaufes die flächenhaft abgeschnittenen Schichtenköpfe der steil- gestellten Gesteine der Talränder. Eine starke Lößdecke breitet sich darüber (siehe Taf. 18 Profil V). Zahlreiche große, aus dem alten Gebirge stammende Blöcke liegen auch hier am lettigen Talboden zerstreut, meistens aus Tonschiefer, quarzitischem Schiefer, Kera- tophyr und porphyrischen Konglomeraten bestehend. Indem wir nun aus dem Schichtenkomplex der Angaragesteine in denjenigen der härteren Gesteine des alten Gebirges eintreten: harte, dunkle Tonschiefer, quarzitische Schiefer und Sandsteine, Quarzkeratophyre und porphyrische Konglomerate, sowie harte, feinkörnige Sandsteine, alles sehr steil gestellt und schwach nach N. einfallend, erhebt sich die Talsohle rapid und das Tal verengt sich. Wir haben bereits die Verwerfung zwischen altem und jungem Gebirge überschritten, was sich nicht nur in der steileren Neigung des Talbodens sondern auch hauptsächlich durch eine verdreifachte Höhe seiner Ränder bemerk- bar macht (Taf. 16 Fig. 2), sowie auch durch gleich näher zu schildernde besondere Verhältnisse. Die Talverengung ist nur zum Teil eine Folge des nahen Zusammentretens der felsigen eigentlichen Ränder; zum anderen Teil wird sie dadurch hervorgerufen, daß an beiden Steil- ufern, mehr jedoch am orographisch rechten, sich große Massen von terrassiertem Moränen- schutt mit sehr steiler Böschung hoch an die fast saiger gestellten Tonschieferbänke anlehnen. Der glaziale Schutt reicht aber nur so weit hinauf, als es die zunehmende Steilheit der Fels- wände erlaubt. Höher oben zeigt sich das abradierte Schichtengerüste von Moräne, die eine Mächtigkeit von etwa 25 m oder mehr erreicht, überlagert (siehe Taf. 5 Fig. 2). In der Talsehblucht ist das überaus steil geböschte Gehänge des dort abgelagerten Moränenschuttes hoch hinan mit einem fast undurchdringlichen Dickicht von Cotoneaster, Berberis und Weiden, und hauptsächlich stachligem Wildrosenbestand (siehe S. 120) derart überwachsen, daß ich mich nur mit größter Anstrengung zu einer beherrschenden Höhe hindurcharbeiten konnte, um den Charakter dieser Ablagerung zu prüfen und wenigstens einigermaßen Einblick in die merkwürdigen Verhältnisse des schwer zu überblickenden Engtales zu gewinnen, sowie um einige photographische Aufnahmen von den interessanten Vorkommnissen zu machen. Da die Eigenart des Terrains einen vollkommenen Überblick hier nicht gestattete, konnten die Beobachtungen erst durch solche an höheren Stellen bei Fortsetzung des Weges gemachten ergänzt werden. Es ließ sich zunächst in den Glazialschuttgehängen an beiden Rändern der Talschlucht eine durchlaufende terrassenartige Längsstufe von geringer Breite 40 m über der Talsohle feststellen, welche offenbar eine längere Hochstandsphase des heutigen Flußlaufes bezeichnet. Eine zweite ähnliche Terrassenstufe, ca. 30 m höher oben, kann auch noch ziemlich deutlich wahrgenommen und streckenweise bald am rechten, bald am linken Ufer verfolgt werden. Über den Schutthalden steigen, wie bereits gesagt, die fast senkrechten Tonschieferwände noch ca. 40 m an und auf deren flächenhaft abgeschnittenen Schichtenköpfen liegt dann die erwähnte Moränendecke, offenbar Grundmoränenschutt, welcher an den beiden Talrändern des von uns durchschrittenen Engtales, weil vegetationsfrei als solcher gut erkennbar ist (siehe die Abbildung). Diese überraschende Wahrnehmung führt zu dem Schluß, daß hier hoch über dem von uns durchschrittenen, offenbar jungen Tal Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 19 146 ein älteres vom Flusse verlassenes liest, dessen Boden mit mächtiger Grundmoräne aufgefüllt ist. Die Breite dieses alten Tales wechselt von ®/ı—1!/ı km. Ich konnte seinen Lauf schon von einer Höhe unterhalb Lager 2 (siehe Karte II) einige Kilometer weit auf- und ab- wärts verfolgen, gewann aber erst im weiteren Verlauf des Marsches immer mehr Überblick und stellte fest, dafs dieses alte, auf einer höheren Stufe des Gebirges laufende Tal das jüngere, tiefer gelegene in mehr oder weniger parallelem Laufe begleitet und in seinem untersten Teile von dessen Schlucht angeschnitten wurde. Tags darauf fand ich auch seinen Ursprung in einem von alten Moränenablagerungen erfüllten, karförmig geweiteten, sehr geräumigen Hochkessel, der im W. des Nordendes des Bogdo-Ola-Sees hoch über diesem gelegen ist. Wir durchschritten später diesen mit prächtigem Fichtenwald bestandenen, mit bemoosten erratischen Riesenblöcken, alten, kleinen Seevertiefungen und durch reiche Flora geschmückten, drumlinähnlichen Schuttrücken, überhaupt mit allen Kennzeichen einer ehemals von Gletschereis erfüllten Hohlform ausgestatteten Zirkus, als wir vom See zum oberen Kloster emporstiegen (Näheres hierüber später). Ich konnte damals feststellen, daß in diesem Zirkus, abgesperrt durch einen seine ganze Breite nach N. hin querenden, alten Moränenwall, der jetzt reich mit altem Fichtenwald bewachsen ist, einstens auch ein nicht unbedeutender See eingeschlossen war. Die Entwässerung fand aber nicht nach N. hin statt, sondern durch den O.-Rand des Zirkus, durch den die Gewässer sich eine Bresche geschaffen und in das Tal des heutigen Bogdo-Ola-Sees hinab ergossen hatten, wie man am Trockenbette des alten Baches noch deutlich zu erkennen vermag. In diesem Zirkus lag der Ursprung des alten Tales, welches somit bis zur Ver- werfungsstufe zwischen altem und jungem Gebirge (siehe Karte II) eine Länge von ca. 12km hat. Als seine Fortsetzung ist der etwa 13 km lange, beckenförmige alte Tal- und Seeboden anzusehen, wie er in der Karte dargestellt ist und besonders deut- lich auf dem Bilde: „Blick vom Signalberg“ (Taf. 16A) und aus (Fig. 4 Taf. 9) er- sichtlich wird. Es ist namentlich beachtenswert, daß die Verwerfung zwischen altem und jungem Gebirge gerade mit der Grenze zwischen den Oberlauf des alten Tales und dem darunter liegenden großen Seebecken zusammenfällt. Ersterer gehört somit noch zur mitt- leren Stufe des Gebirgsbaus, letzteres zur unteren. Zwei wohlausgebildete Terrassenstufen liegen (siehe S. 143) in den Rändern dieses bis auf einige kleine Seen und schwache Bäche jetzt wasserlosen Beckens, wie Gröber und ich vom „Signalgipfel“ aus deutlich unterscheiden konnten; diese Terrassen deuten wohl, analog den gleichen Erscheinungen in fast allen nördlichen Quertälern, Stillstandsperioden in einem bestimmten Erosionszyklus an (S. 100). In dieses zur damaligen Zeit vermutlich noch in etwas höherem Niveau gelegene große Becken mündete der den alten Talboden durchströmende Fluß, bevor er, wie noch weiters dargelegt werden soll, seinen Lauf änderte, um der Rinne des heutigen Sangun-Unter- laufs zu folgen. Der jetzt nahezu ausgetrocknete weite Tal- und Seeboden stand damals wohl noch im Zusammenhang mit der Senke im S. von Foükan, von der ich erwähnte (S. 141), daß sie am Ende des Diluviums einen See enthielt. Auch in den zurücktretenden, nach meiner Schätzung ca. 150 m hohen, wenig steilen, begrünten Rändern des hochgelegenen alten Talbodens sieht man zwei deutlich ausgeprägte Terrassenstufen entlang laufen, besonders gut erhalten am W.-Rande. Da diese Terrassen aber, wenigstens soweit ich sie zu 147 überblicken vermochte, einen annähernd horizontalen Verlauf zeigen,!) bin ich eher geneigt sie für Seeterrassen als für Auviatile zu halten. Trifft dies zu, so müßte auch in diesem alten Tale ein See aufgestaut gewesen sein, der sich in das erwähnte untere Becken entleert hat. Dies könnte aber wohl nur vor einem letzten Eisvorstoß der Fall gewesen sein, denn der jetzige Talboden zeigt in auffälliger Weise glaziale Ausstattung durch typische Formen der Grundmoränenlandschaft, welche der Decke ein sehr unregelmäßiges Ansehen verleihen. War ehemals hier ein See vorhanden, so müßte er also dem Ende eines früheren Stadiums der Gebirgsvereisung angehört haben, der jetzige Grundmoränenboden aber einem späteren. Auf alle Fälle ist auch dieser Talboden älter als der um eine Stufe (ca. 140 m) tiefer gelegene jetzige Boden des schluchtförmigen Sangun-Tales, weil in dessen vorhin beschriebenen Moränenablagerungen sich der heutige Fluß eingeschnitten und zwei Terrassenstufen darin hinterlassen hat. Das von ihm geschaffene canonförmige Tal trägt alle Kennzeichen der Jugendlichkeit an sich, nicht minder wie seine Fortsetzung nach N., welche, wie be- schrieben, gekennzeichnet ist durch wechselndes Gefälle und caüonförmige Einschnitte in harten Gesteinen, welche beckenförmige Weitungen verbinden, die vom Flusse in weicheren Gesteinsserien geschaffen wurden (S. 75, 97). Anderseits trägt das darüber liegende alte Tal mit seinem breiten Boden von geringem, ausgeglichenem Gefälle und den flachen Rändern die Kennzeichen vorgeschrittener Reife an sich. Wir haben also zweifellos im hochgelegenen Trockentale die alte Rinne des heute in einem jüngeren Bette dahinfließenden Sangun zu sehen; der Fluß, welcher einstens das alte Tal durchströmte, floß von einem diluvialen Gletscher ab, dessen Ablagerungen auf einer Hochstufe des Gebirges westlich vom heutigen Bogdo-Ola-See wir im weiteren Verlaufe der Reise durchwanderten. (Hievon später mehr. Siehe auch Taf. 6 Fig. 1, Taf. 9 Fig. 2, 3, 4.) Dieser diluviale Gletscher, der, nach dem Grundmoränenboden des alten Tallaufes zu schließen, über dieses hinaus wohl noch bis in das große äußere Becken hinabreichte, nahm seinen Ur- sprung in der der zentralen Gebirgsgruppe an Höhe um fast 2000 m nachstehenden westlichen Fortsetzung; er dürfte also schon lange geschwunden gewesen sein, als von den im hohen Zentralgebiet entspringenden Gletschern durch das Bogdo-Ola-Seetal noch immer gewaltige Eismassen nach N. hinausgeschoben wurden und somit durch einen späteren Zyklus oder ein späteres Stadium der Gebirgsvereisung hindurch vertiefend fortwirkten. Man ist also wohl berechtigt anzunehmen, daß dieser Gletscher sein ursprünglich im gleichen Niveau mit dem alten Tal gelegenes Bett schon selbst übertiefte, daß aber hauptsächlich postglazial durch die bei seinem Rückzug von ihm abfließenden bedeutenden Wassermassen eine starke Erosion stattfand. Durch die auf solche Weise zunehmende Tieferlegung des heutigen Sangun-Tales wurde das nur mehr von geringen Wassermengen alimentierte alte Paralleltal in seinem Unterlaufe angeschnitten und entleert (S. 100).?) 1) Auch Gröber, der gleich mir von einem hohen Punkt im W. des Bogdo-Ola-Sees den alten Boden überblickte, hatte den gleichen Eindruck. 2) Dem vorletzten Stadium der Vereisung wie das trocken gewordene Hochtal gehören meines Erachtens auch die Flüsse der heute trocken oder wasserarm gewordenen Nebentäler des Da-tun-gu- Tales an, von denen S.98f. die Rede war. Mit dem Verschwinden der Gletscherdecke, die auf der Hochstufe unter dem höchsten Kamme zu beiden Seiten des Bogdo-Ola-Sees gelegen war (siehe auch Taf. 7 Fig. 1) und die, wie oben betont, einer früheren Phase der eiszeitlichen Geschichte dieses Gebirges angehört, wurde diesen Nebentälern ihre Alimentierung entzogen. 19% 148 Diese postglaziale fluviatile Übertiefung des Sangun-Tales wurde aber jedenfalls be- günstigt durch die saigere Stellung der Schichten der Talränder, mehr aber noch durch all- mähliches Absinken des Gebirgsrandes im N., also durch Tieferlegung der Erosionsbasis — worauf ich wiederholt hingewiesen habe —, sowie möglicherweise durch gleichzeitige an- dauernde, langsame Hebung der zentralen Gebirgsmasse. Auf solche Weise entstand endlich in der Furche eines früheren Tals, das einstens vermutlich die gleichen Zeichen der Reife an sich trug, wie das heutige alte Trockental, ein junges Tal — das heutige Sangun-Tal. Ein neuer und wohl letzter Eisvorstoß hat in dieses junge Tal die Moränenmassen gebracht, von welchen ich eine Schilderung entwarf. Diese hatten die junge Talschlucht nahezu verstopft, und erst nach dem endgültigen Rückzug des Eises schnitten sich dann die Gewässer, welche zum großen Teil der heutigen, am S.-Ende des Bogdo-Ola-Sees aufgestauten Stirn- moräne entströmten, in die jungen Glazialablagerungen des Sangun-Tales ein und bildeten als Zeugen periodisch wechselnder Erosionskraft oder erneuter "Tieferlegung der Erosions- basis darin die erwähnten zwei Terrassen aus. Ein beiläufiges Bild von der bewegten glazialen Geschichte des Gebirges und der Erosionszyklen der Flüsse läßt sich aus dem Wechsel dieser Erscheinungen entwerfen. Zwei größere Phasen der Vereisung, wenn nicht drei, die durch Rückzugsperioden voneinander getrennt waren, sind hieraus nachweisbar und diese stehen auch in Übereinstimmung mit den Erscheinungen im Chigo- und im Gurban-bogdo-Tal am Südabhang, wie ich sie in Kap. XI und XII in großen Zügen dargelegt habe, sowie mit solchen Beobachtungen, die auf dem Weiterwege durch das Gebirge gemacht wurden. Die in den durchwanderten Becken des Unterlaufs vorgefundenen Reste von konglomeratisch verfestigten glazialen oder fluvio- glazialen Ablagerungen (S. 143f.) dürfen mit Wahrscheinlichkeit der vorletzten Vereisungs- phase des Tales angehören. Die außerordentliche Gewalt der beim Rückzug des Eises diese schluchtartigen Engen durchsprudelnden Wassermassen erklärt wohl zur Genüge ihre Bildung und Ablagerung in den Becken, sowie ihre spätere Ausräumung und darum bin ich geneigt, auch die nach dem Verlassen des dritten Beckens im Sangun-Tal auf den Talrändern beobachteten glazialen oder fluvioglazialen Schuttablagerungen (S. 145 und Taf. 18 Profil V) zu diesem Stadium zu rechnen oder für gleichaltrig mit der Grundmoräne des alten Trockentales zu halten. Volles Licht in alle diese verwickelten Verhältnisse zu bringen, war mir bei einer flüchtigen Durchwanderung, wie sie durch die schwierigen Umstände der Reise vor- geschrieben war, nicht möglich. Ich hätte mich zu diesem Zwecke dreimal so lang in diesem Teile des Gebirges aufhalten müssen, um nach den gleichen Gesichtspunkten hin mindestens drei oder vier der parallelen Quertäler des Sangun gründlich zu untersuchen. Dr. Gröber, der einige dieser Täler durchwandert hat, mußte seine ganze Zeit und Aufmerksamkeit dem Studium der komplizierten Tektonik der Gesteine des Angaragebirges, der Herstellung von Profilen etc. zuwenden, so daß ihm für glazialgeologische Unter- suchungen nicht genügende Zeit übrig blieb. Es ist für einen Reisenden, der ein noch gänzlich unerforschtes Hochgebirge, wo noch Alles zu tun ist, zum ersten Male besucht, wo die am Wege zu erwartenden Schwierigkeiten und Hindernisse unbekannte Größen darstellen und wo daher nicht ermessen werden kann, wieviel Zeit die schon unter allen Umständen durchzuführenden Erkundungen und Festlegungen der allgemeinen Züge des Gebietes kosten werden, um so weniger möglich, solche zeitraubende Untersuchungen 149 anzustellen, als der mitgeführte Proviant nur für eine im Voraus bestimmte Zeit ausreicht, welehe demnach nicht überschritten werden darf. Hätte ich mir damals über die aus den hier mitgeteilten Beobachtungen abzuleitenden Ergebnisse schon volle Rechenschaft geben und auch die Art der Überwindung mancher technischer Schwierigkeiten beurteilen können, so hätte ich wohl auch, was ich schon früher mehrmals (8. 35, 56, 98, 135) betonen mußte, noch gar mancherlei für die Klärung dieser höchst interessanten, glazialgeschichtlichen Vorgänge wichtiges Material sammeln, vielleicht auch Entscheidendes zur Parallelisierung dieser Erscheinungen mit europäischen Verhältnissen beitragen können. Indes wird viel- leicht ein Forscher, der späterhin meinen Spuren folgen sollte, durch die Anregung, die aus meinen Beobachtungen und den hieraus gezogenen Folgerungen sich ergibt, darauf hingewiesen werden, wo er mit seinen Untersuchungen einzusetzen hat. Ich kann hier weiters nur hervorheben, daß die in diesen Regionen vorgefundenen Verhältnisse auch in annähernder Übereinstimmung mit jenen im zentralen und östlichen Tian-Schan stehen, wo ich genügendes Beobachtungsmaterial sammeln konnte für zum mindesten zwei deutlich voneinander getrennte größere Eiszeitperioden oder Phasen. Für die Frage nach dem Betrage der diluvialen Vereisung in Zentralasien und ihres Verhältnisses zur heutigen ist es jedenfalls von gewisser Bedeutung festzustellen, bis zu welchem Niveau hinab sich in der Bogdo-Ola-Gruppe die Spuren ehemaliger Vereisung erhalten haben. Ich führe die auf das Sanguntal bezüglichen Zahlen hier an und werde dann bei der Zusammen- fassung meiner Beobachtungen darauf zurückgreifen. Im BeckenlI im Sangun-Tal und dem östlich benachbarten größeren Becken reichen fluvioglaziale oder glaziale Ablagerungen . . bis zu ca. 760 m. Im Becken II reichen fluvioglaziale oder glaziale Ablagerungen . . bis zu ca. 830 m. Im Becken Ill reichen sicher als glaziale anzusehende Ablagerungen . bis zu ca. 940 m. Wir setzten von der interessanten Stelle ab unseren Weg talaufwärts fort, wo das Tal bald sich bei seinem Einschneiden in sehr harte quarzitische Sandsteine und dicke Tonschieferbänke, sowie Kalksilikathornfelse immer mehr verengt; es nimmt mit seinen zu- sammentretenden Steilwänden schließlich den Charakter einer wahren Schlucht an. Dabei wird die Sohle allmählich steiler und der Fluß windet sich wild dahinstürzend durch diese Enge. In dem Komplex der schwarzgrünen bis hellgrünen, sehr dichten und harten Tonschiefer und unter dem Hammer metallisch klingender, überaus harter, feinkörniger Sandsteine, in welchem sich noch immer der weit angelegte Faltenbau erkennen läßt, machen sich jedoch hier sehr auffällige Störungen bemerkbar: Das Streichen wechselt rasch von OÖ. nach ONO. und sogar bis annähernd NO. In der Störungszone zieht eine ungeheure Schutthalde, das Tal völlig verengend, von den Steilwänden herab. Dies deutet auf sehr junge Eingriffe in das Faltengerüste. Bei der fast senkrechten Böschung der Tal- wände bei der Enge des Tales und der nun einen urwäldlichen Charakter annehmenden Vegetation des Talgrundes (siehe S. 123 f.), sowie infolge Verhinderung durch den ungemein reißenden Bergstrom konnte indes nur ein ungenügender Überblick auf diese Verhältnisse gewonnen werden. Es scheint sich aber wohl um lokale Schichtenverbiegungen zu handeln, die mit ungleichen jungen Hebungsvorgängen in Verbindung stehen, auf welche wiederholt hingewiesen wurde (S. 40, 45£., 50, 56). In einer Höhe von 1370 m, wo wir auf einer Uferterrasse an der Mündung eines orographisch linken Seitentales ein Lager hatten, war, soweit das Auge hinaufreichte, alles 150 Gehänge mit einem undurchdringlichen Dickicht von Wildrosen überzogen. Der Hauptfluß ist hier etwa 5 m tief in Grundmoränenablagerung eingeschnitten und die Ufer sind voll- ständig versumpft. Noch etwa 5 m höher liegt über einem Steilwändchen die Mündung eines Seitentales, welchem ein nur ganz schwacher Bach entströmt. Dieses Nebental ist also neuerdings gegen das sich rasch weiter vertiefende Haupttal hängend geworden, was auf anhaltende Neigung des Klimas zum Trocknerwerden hindeutet (siehe S. 98). Ähnliche Erscheinungen zeigen sich an einigen anderen auf unserem Wege talaufwärts passierten Nebentalmündungen. Einige von ihnen führten überhaupt damals kein Wasser mehr. Das Haupttal verengt sich weiter auf S—10 m Breite und wird dort, wo aus einer einmündenden, von senkrechten Wänden umstandenen Schlucht ein starker Bach hervor- stürzt, ganz ungangbar. Hier haben die Chinesen, um einen Zugang zu den hoch oben am See gelegenen Klöstern zu ermöglichen, mit großem Aufwand an Mühe und Geschick einen kunstvollen Steig in der orographisch rechten Schluchtwand angelegt, der SO m über dem Flußbett entlang führt; sie haben hiezu einen auffälligen Knick in den Steil- mauern benützt, der meines Erachtens mit einer Schliffgrenze des einstens hier eingepreßten Gletschereises zusammenfallen dürfte, da infolge Steilstellung der Schichten eine Gesteins- grenze als Ursache ausgeschlossen ist. Dort, wo die Klamm sich wieder etwas erweitert und ihr Boden wieder gangbar wird, leitet dieser Weg allmählich zu ihm hinab. In einer weiteren Strecke der Verengung dieses jungen Tales zeigen die umschließenden Fels- wände auch ungemein großartige Ausspülungserscheinungen, die an denen berühmter Klammen unserer Alpen erinnern. Es sind hier Dokumente, von den mit ungeheurer Gewalt durchströmenden Wassermengen hinterlassen, die nach dem letzten Eisrückzug hier ihren Ausweg fanden (S. 148). Darum konnte jedenfalls, soweit die Wassererosion hinanreicht, von Glazialspuren nichts erhalten bleiben. Die Schlucht ist vielfach gewunden ; mehrere enge Seitentälchen, die am orographisch rechten Ufer einmünden, zeigen ebenfalls schluchtartigen Charakter und geben hiedurch Kunde von einer in nicht weit zurück- liegender Zeit dort noch wirksam gewesenen, kräftigen Erosionstätigkeit, während sie zur Zeit meiner Wanderung gänzlich wasserlos waren. Bei einer Krümmung der Talachse, wo durch seitliche Ausspülung die Felswand des rechten Ufers auf einer Erstreckung von 60—70 m nischenförmig vertieft war, stieß ich auf eine außerordentliche Anhäufung graugelben Lehms, der vom Flusse in 4—-5 m hoher Steilwand angeschnitten war. Durch Wespen oder Wildbienen war sie siebartig durchlöchert. Zu meiner Überraschung traf ich dort auf eine höchst primitive Anlage von Ziegelfabrikation. Es stellte sich später heraus, daß die chinesischen Mönche der oben am See liegenden Bergklöster hier Ziegel bereiten und auf mühevollem Wege hinauf- schaffen lassen, damit sie zur Wiederherstellung der ruinös gewordenen Klosterbauten ver- wendet werden können. Grum Grschimailo hatte an einer anderen Stelle in der Schlucht des Tales Han-gu, eines Nebentales des Schoü-gu, ähnliche Lehmablagerungen getroffen, wo ebenfalls Ziegel für die Bergklöster hergestellt wurden.) Es geht aus Grum Grschimailos Bericht, soweit er auf orographische Details überhaupt eingeht, hervor, daß die Oberläufe der Flüsse Loü-sa-gu, Sa-cho-gu und Schoü-gu, die er auf seiner Reise querte, in gleicher Weise wie der des Da-tun-gu als gewundene, schluchtartige Engen tief in steilgestellte Da EcHS2158: 151 Schichtgesteine eingesägt sind. Der von mir untersuchte Lehm enthielt zwar zahlreiche, doch nur sehr kleine Geschiebefragmente; meistens war er gänzlich frei hievon und nur stellenweise mit Sand vermischt. Deshalb halte ich ihn auch nicht für Geschiebelehm der Grundmoräne, die am Talboden lag und etwa von der Ausräumung durch den Fluß an dieser geschützten Stelle verschont blieb. Es scheint mir hier vielmehr eine fluvio- glaziale Bildung vorzuliegen und zwar ist seine Entstehung als Ausspülungsprodukt aus Moräne mit mehr Wahrscheinlichkeit anzunehmen, da die ungeheure Moränenmasse, welche den heutigen Bogdo-Ola-See absperrt, bis zur Talsohle herabreicht und schon in kurzer Entfernung talaufwärts von der Ablagerungsstelle des Lehms anhebt. Die Wasser des Sees, zwei unterirdisch durchbrechende Bäche, durchspülen sie, treten am Fuße der Moränenanhäufung zutage, und bilden, indem sie sich vereinigen, den heutigen Da- tun-gu-Fluß. Nach meiner Ansicht haben am Ende des Diluviums die damals mit un- geheurer Wasserfülle arbeitenden Bäche den größten Teil des feinen Materials der großen Moräne auf solche Weise weggeführt und in den durch Strudelung entstandenen Talnischen, wo sie ruhige Tümpel bildeten, die feinsten ihrer schwebenden Bestandteile abgesetzt. Für solche Ausspülungsvorgänge zeugt schon der Umstand, daß der tiefere Teil der Moräne ein reiner Blockwall ist. Wenig oberhalb dieser bemerkenswerten Stelle steigt das prachtvoll bewaldete (siehe S. 124.) Gehänge dieser riesigen Moräne bei 1760 m an und unser Weg führt nun steil in großen Windungen daran hinauf, bis wir auf ihrer Oberfläche stehen (Taf. 9 Fig. 2), einem halb kreisrunden, unregelmäßig gewellten, begrünten Plateau, auf dem viele große Glazial- blöeke umherliegen, hauptsächlich aus Quarzporphyr, Keratophyr und Kalksilikathornfels bestehend. Die W.- und O.-Ränder dieser von unregelmäßigen Bodenwellen durchzogenen Schwelle werden von niederen, dicht bewaldeten Rücken, den Vorstufen der den See un- mittelbar umrandenden Höhenzüge gebildet und ihr Südrand von einer weiteren, ebenfalls begrünten Moränenstufe von nicht bedeutender Höhe. Unmittelbar nach Überwindung des gegen das Da-tun-gu-Tal abfallenden hohen Steilhanges der alten Stirnmoräne be- treten wir einen Boden, der alle Kennzeichen der Grundmoräne an sich trägt und sahen vor uns im S. in geringer Entfernung die nächst höhere Stufe des Stirnmoränenwalls ansteigen, welche sich bis zum Nordufer des Sees hin erstreckt, und das von diesem eingenommene Tal in seiner ganzen Breite absperrt. Offenbar wurde also bei einem erneuten Gletschervorstoß auf die ältere Endmoräne wiederum Grundmoräne abgelagert und erst beim endgültigen Rückzug des Gletschers hat er durch seine Stirnmoräne die Absperrung der heute im See angesammelten Gewässer vollendet. Die in der Richtung von N. nach S. nicht sehr bedeutende Ausdehnung (!/ km) dieser höheren Moränenstufe und ihre nicht große Mächtigkeit führt jedoch zur Annahme, daß es sich in diesem Fall nur um eine kleine Phase in den Gletscherschwankungen der letzten Vereisung handeln kann. Als wir diese vor uns liegende oberste Stufe betreten hatten, befanden wir uns auf dem weitgedehnten, höchst unregelmäßig gestalteten, mit dichter Vegetation bedeckten Scheitel der alten Stirnmoräne (siehe Taf. 8), wo sich der Blick über den lichtblauen kristallenen Spiegel eines der schönsten Alpenseen eröffnete, die ich kenne (8. 98). Pracht- volle, dunkle Wälder der Picea Schrenkeana und leuchtend grüne, mit prächtiger Flora geschmückte Alpenmatten umkleiden die formenreichen, parallelen, doch in ihren Kamm- linien auffällig gleichmäßig abgeschnittenen Bergzüge der Umrandung, über welche als 152 höchste Stufe das großartige Eisgebirge der zentralen Bogdo-Ola-Gruppe, im Sonnenglanze in unbeschreiblicher Schönheit erstrahlend, noch gewaltig hinausragte (Taf. 6 und 7). Die außerordentliche Zerschluchtung des prächtigen Waldgebirges der tieferen Stufe in scharf- gratige, schmale Ketten, welche durch unzugängliche Engtäler (Taf. 9 Fig. 2 und 4) voneinander getrennt werden, ist ein Werk des Wassers, von dem nur verhältnismäßig wenig sich bis heute erhalten hat. Auch in die die unmittelbare Umrandung des See- beckens bildende Gebirgsstufe (siehe Taf. S) wurde auf beiden Ufern durch Erosion eine Anzahl wohlausgebildeter, steilwandiger Engtäler eingeschnitten; sie führen aber heute kein Wasser mehr oder doch nur periodisch. Ganz allgemein betrachtet stund ich also hier in einer Landschaft, geschmückt mit herrlichen Wäldern und einer prächtigen Alpenflora, vor einem wundervollen Bergsee, um- geben von allen den wechselreichen anmutigen Formen, welche der Moränenlandschaft zu eigen sind, kurz in einer reizvollen Gegend, die das Werk von Eis und Wasser ist, Agentien, deren heutige Kraft aber unfähig wäre, sie zu schaffen. Nur durch eine kurze Entfernung von kaum mehr als 30 km in Luftlinie wird dieses alpine Paradies von der ariden Ebene getrennt, deren heutiges Relief von Sonne und Wind geschaffen wurde. Die merkwürdigen Gegensätze zwischen einer im Herzen Asiens geheimnisvoll verborgenen, mit allen Reizen der alpinen Region geschmückten Landschaft und der trostlosen Wüstensteppe an ihrem Rande üben, nicht zum wenigsten durch die rasche, unmittelbare Aufeinanderfolge, wie sie dem Wanderer vor Augen treten, einen unbeschreiblichen Zauber auf ihn aus. Mir ließ schon der erste Anblick des prächtigen Sees keinen Zweifel an der Tatsache und den Morphologen wird in gleicher Weise ein Blick auf die angeführten Abbildungen davon überzeugen, daß die in die Umrandung eingeschnittenen Seitentäler, in welchen die Ge- wässer des Sees buchtartig eingreifen, darauf hinweisen, daß es sich hier um einen ertrunkenen Talabschnitt handelt. Die mächtigen Moränenablagerungen, die das zurück- weichende Eis am Nordrand des Sees zurückgelassen hat, haben den Schmelzwassern der Sletscher am Ende des Diluviums keinen Ausweg mehr gelassen und haben sie gezwungen, diesen Teil des Da-tun-gu-Tales auszufüllen. Heute findet der Abfluß, wie bereits erwähnt, unterirdisch statt, indem sich zwei Bäche im Innern der kolossalen Moränenanhäufung Durchlaß geschaffen haben. Als ich den Zauber des ersten Eindruckes der großartigen Landschaft überwunden hatte und von einem etwas höher gelegenen Punkte Überblick auf sie zu gewinnen suchte, wurde meine Aufmerksamkeit zunächst durch einen bereits angedeuteten, eigenartig hervor- tretenden Zug in ihrem Bau gefesselt: Der wechselvolle Verlauf der höchsten, vereisten Region des Gebirges mit ihren vielgebrochenen, durch ungewöhnliche Höhenunterschiede charakterisierten Kammlinien steht in auffälligem Gegensatz zu den Ketten an ihrem Fuße, die bei aller Mannigfaltigkeit ihrer vielfachen erosiven Zerlegung doch mit ihren kul- minierenden Firsten in einer auffälligen Ebene abschneiden. Diese Ebene stellt sich als obere Stufe des riesigen Treppenbaus dar, von dem ich mehrfach früher (8. 38f., 50, 56, 140) ausführlich gesprochen habe (siehe Taf. 4 Fig. 5). Der erste Anblick schon schien für die Annahme einer weit verbreiteten gehobenen Landfläche zu sprechen, für einen über- lebenden Rest einer früheren Gebirgsentwicklung. Ein abgetragener und spät gehobener, dann abermals abgetragener durch junge Erosion zerschnittener Gebirgssockel lag vor mir (Taf. 17 Profil IV), eine Rumpfebene, oder wenn man diesem Terminus den Vorzug ein- 153 räumen will, eine Peneplain, jedenfalls eine zerstückelte Ebene, die über einen großen Teil des Faltenbaus dieses Gebirges gleichmäßig hinwegzieht. Alle späteren auf den von der Expedition eingeschlagenen Wegen gemachten Beobachtungen bestätigten diese Annahme. Das Vorkommen der mehrfach erwähnten auffälligen und zwar nur vereinzelt auftretenden starken Störungen, sowie die in dem großen Faltenbau öfters erscheinenden kleinen Spezial- falten (S. 42, 44a, 141 etc.) bilden eine wichtige Stütze für die Vorstellung einer späten und ungleichmäßigen Hebung, verbunden mit stufenförmigen Aufbiegungen. Da nun alle bisherigen Ergebnisse geologisch-tektonischer Forschung im Tian-Schan übereinstimmend zum Schlusse führen, daß dort der Beginn der letzten großen Gebirgs- bewegungen in das Mitteltertiär fällt, so muß auch, wenigstens der Anfang des großen Hebungsvorgangs im Gerüste des Bogdo-Ola-Gebirges in diese Zeit fallen und sich während der folgenden Perioden fortgesetzt haben. Während aber im zentralen Tian-Schan die Hebung zu Brüchen, zur Zerstückelung des Gebirges führte, äußerte sie sich im Gerüste der Bogdo-Ola nur in Hebungsvorgängen aus Gründen, die in Kap. VII näher dargelegt wurden. Jedenfalls hat sich diese Bewegung so langsam und allmählich vollzogen, daß die wiederbelebte Erosion gleichen Schritt mit ihr hielt (S. 97). Das Bild des Gebirges, wie es uns vor Augen tritt, wie ich es wiederholt geschildert habe, und wie es sich in so charak- teristischer Weise gerade in der Umgebung des Bogdo-Ola-Sees äußert, wäre sonst nicht denkbar. Eine solche Beschaffenheit des Reliefs ist auch geeignet meine öfters im Laufe dieser Abhandlung geäußerte Anschauung von einer großen Klimaveränderung in dieser Gegend zu stützen: Wenn es auch in der Wasserführung der Flüsse, die so große Wirkungen hervorbrachten, zu periodischem Wechsel gekommen sein mag, die den Schwankungen der damaligen Klimaperioden entsprechen, so muß doch unter allen Um- ständen der Anblick eines so außerordentlich zerschluchteten Gebirgslandes — die durch- schnittliche Tiefe der Talböden unter der mittleren Kammlinie im alten Gebirge, soweit es die Vorstufe des vereisten Hochgebirges bildet, läßt sich auf etwa 2700 m schätzen — die Vorstellung hervorrufen, daß durch längere Zeiträume ein bedeutend feuchteres Klima hier geherrscht hat als das heutige. Der heutigen Wasserführung der Flüsse wäre auch in langen geologischen Zeiträumen eine solche Leistung nicht möglich gewesen. Diese Vorstellung wird wesentlich bekräftigt durch den Umstand, daß die heute in das Talbecken des Bogdo-Ola-Sees unmittelbar einmündenden, wohl ausgebildeten, in die Umrandung eingeschnittenen Nebentäler ausnahmslos Trockentäler sind. Auch hierin finde ich wieder eine Bestätigung für meine mehrfach geäußerte Über- zeugung, daß die Zeit des ausgehenden Tertiärs und auch noch die darauffolgende Zeit im Tian- Schan eine Periode großer Feuchtigkeit gewesen sein muß, was ich besonders in Kap. X durch die Art und das Vorkommen der grobklastischen jungen Bildungen und die Besonderheit ihrer Verbreitung im Gebirge darzulegen versuchte. Welcher Anteil am Betrage der starken Erosion in diesem Gebirge der Zeit des Diluviums zukommt, kann nach dem jetzigen Stand unserer Kenntnis von den Glazialwirkungen im Tian-Schan noch nicht mit Sicherheit ent- schieden werden. Ein auffälliger Unstand ist aber auf alle Fälle, daß es in so vielen Teilen des riesig ausgedehnten Kettengebirges und zwar gerade in jenen, welche heute unter der strengsten Herrschaft des ariden Klimas stehen — ein Verhältnis, auf den ich des öfteren in meinen Schriften hingewiesen habe —, zu keiner richtigen Ausbildung von bedeutenden Tälern mehr gekommen ist. Es hat dort hauptsächlich eine Zerschluchtung der Gebirgs- Abh. d.math.-phys. Kl. XXVI, 5. Abh. 20 154 masse stattgefunden, so mit wenigen Ausnahmen in fast allen von mir besuchten Tälern, die südlich von der großen Längstalfurche des Inyltschek liegen, sowie in den im Süd- abhang des Chalyk-tau eingetieften Quertälern und so auch hier im Bogdo-Ola-Gebiet. Bei der durch Beobachtungen in den meisten Gebirgsabschnitten gestützten Tatsache von der ehemals außerordentlich ausgedehnten und mächtigen Eisbedeckung des Gebirges wird man notwendigerweise zu dem Schlusse geführt, daß schon bald nach Beendigung der Eiszeit eine schnell hereingebrochene Klimaveränderung in vielen Teilen des Gebirges den erosiven Faktoren die Mittel zu ergiebiger Talbildung entzogen hat, so daß es nur in den auch heute noch klimatisch begünstigten Teilen des Gebirgslandes zur Ausformung großer Flußtäler kam (Tekes, Ili, Sarydschaß ete.). Wie sehr meine Annahme von der über alle Erwartung großen Bedeutung der dilu- vialen Vereisung des Tian-Schan berechtigt ist, zeigt uns die Tatsache, daß sogar in einer verhältnismäßig schmalen, fast isolierten Gebirgskette wie die Bogdo-Ola, die zwei heute zu den aridesten der Erde zählenden Landgebiete trennt, das Gletschereis so gewaltige Wirkungen hervorrufen konnte, wie sie aus der Geschichte des Bogdo-Ola-Sees zu uns sprechen. Betrachten wir, um dies zu beleuchten, die schon früher (S. 83, 98, 151f.) in Bezug auf einige Eigentümlichkeiten ihres Baus erwähnte große Moränenablagerung am N.-Rand des Sees (siehe Taf. 17 Prof. II u. IV und Taf. 8 u. 9 Fig. 2) näher, so finden wir, daß sie das alte Tal von OÖ. nach W. in einer Breite von 2 km absperrt. Die Feststellung: ihrer Mächtigkeit ermöglicht sich dadurch, daß die Stelle der Sohle des Da-tun-gu-Tales, wo die Moräne absetzt, im Niveau von 1760 m liegt, das mittlere Niveau der Moränendecke aber bei 2020 m. Somit besitzt die Moräne eine Mächtigkeit von etwa 260 m. Man wird zugeben müssen, daß diese Zahlen Verhältnissen entsprechen, wie sie sonst nur bei diluvialen alpinen Gletschern von sehr bedeutender Länge sich zeigen, während der Lauf des ehemaligen Bogdo-Ola-Gletschers zur Zeit als er diese Moräne anhäufte, in Luftlinie nur eine Länge von etwa 25 km gehabt haben kann. Bei dieser Entfernung zwischen Moränenende und wasserscheidendem Hauptkamm ergibt sich, wenn man für dessen höchsten Teil eine durch- schnittliche Erhebung von 6400 m annimmt, eine Niveaudifferenz von 4400 m. Legt man aber den Ursprung des Gletschers auf den Kamm der westlichen Fortsetzung, also sogar um 1600 m tiefer, so bleibt, auf so kurze Entfernung verteilt, das mittlere Gefälle noch immer außerordentlich bedeutend. Als Voraussetzung zur Bildung derartig mächtiger Moränenmassen kann außer dem starken Gefälle auch noch der Umstand in Betracht gezogen werden, daß in das Da-tun-gu-Tal, weil der ganze Gebirgskomplex nach W. stark eingesunken ist (S. 4, 37, 46, 48), ein Zuströmen der Eismassen von der Ostseite des total vereisten Gebirges stattfand, welche auch große Schuttmassen mit hinabführten. Aber eine solche Mächtigkeit der Stirnmoräne deutet doch auch auf lange Zeit währenden stationären Eisstand. Immerhin bliebe noch zu erwägen, ob man auch berechtigt ist, eine Mächtigkeit von 260 m für die Endmoräne anzunehmen. Es wäre nicht ausgeschlossen, daß unter den Moränenmassen ein Gefällsknick der Talsohle verborgen sein könnte, was bei der totalen Verhüllung des Terrains durch die Glazialablagerung und bei dem dichten Vegetationskleid, mit dem diese bedeckt ist (S. 124f., 151), nicht mit völliger Sicherheit erkennbar ist und nur durch Bohrungen festgestellt werden könnte. Nach den Verhältnissen in den benachbarten Paralleltälern zu schließen, neige ich jedoch zur Anschauung, daß ein solcher Gefällsbruch 155 im Innern der Moräne nicht vorhanden ist. Außerdem bieten sich aber schon in der Nähe Anzeichen für einen außerordentlich hohen Stand des diluvialen Gletschereises. Das Bild Taf. 5 Fig. 3 zeigt eine große tiefe Bucht am O.-Rande des Sees, zu welcher ich mich auf einem äußerst primitiven Floß durch die Mönche des oberen Klosters übersetzen ließ; am Fuße einer Steilwand, deren Beschaffenheit jeden Gedanken an Schuttkegelbildung aus- schließt, lagern gewaltige Anhäufungen von Glazialschutt in zwei Terrassen. Die erste Terrasse liegt etwa 130—150 m über dem Seespiegel, die zweite S0—90 m über der ersten. Auf der unteren Terrasse stehen die Tempelbauten eines großen Klosters mit ausgedehnten Gerstenfeldern, den Wohngebäuden der Mönche, Vorratspeichern und kleineren Bauten, die den Arbeitern dienen. Diese Stufe hat eine mittlere Ausdehnung von 4—500 m und eine durchschnittliche Breite von 250 m. Auch auf der darüberliegenden Terrasse, deren Aus- dehnung um etwa die Hälfte geringer ist, erheben sich, ziemlich voneinander entfernt, einige Tempelbauten. Diese Ablagerungen scheinen mir Reste einer alten Ufermoräne zu sein, welche dadurch, daß sie im Schutze einer tiefen Bucht liegen, der Zerstörung durch die Fluten entgingen. Es kann nun sein, daß diese Bildung eine einheitliche gewesen ist, welche nur durch zwei stationäre Perioden des Seewasserspiegels in zwei Stufen zerlegt wurde, daß es sich also um HReste einer Ufermoräne von gewaltigen Dimensionen handelt. Ebensogut ist es aber auch möglich, daß hier die Reste von zwei hinter- und übereinanderliegenden Ufermoränenwällen erhalten geblieben sind. Wenn mir die Mittel, sowie Zeit und Gelegen- heit zur Verfügung gestanden hätten, auch den Hintergrund der anderen Seebuchten zu untersuchen, hätten sich dort vielleicht Überbleibsel von ähnlichen Bildungen auffinden lassen, deren Beschaffenheit gestattet hätte, größere Klarheit über den Zusammenhang dieser wichtigen Verhältnisse zu gewinnen. Die eben beschriebene Erscheinung genügt indessen schon, um die Annahme eines hohen Eisstandes des durch das Seetal gezogenen diluvialen Gletschers zu rechtfertigen. Eine gründliche Untersuchung des ertrunkenen Seetales, besonders eine Auslotung des Seegrundes, müßte zweifellos zu interessanten Ergebnissen führen. Nimmt man den vermuteten, vorher erwähnten Gefällsbruch unter der Endmoräne am N.-Rand als nicht vorhanden an, so müßte sich für den vom See eingenommenen Talboden folgendes Gefälle ergeben: Südende des Sees 1985 m, Nordfuß der absperrenden Moräne 1760 m, mithin ein Höhenunterschied von 225 m, verteilt auf eine Länge von 4 km, also ein Gefälle von ca. 55 m pro Kilometer für den alten Talboden, während das zunächst in O.-Richtung verlaufende, von uns zum Aufstieg benützte Quelltal vom Südende des Sees aufwärts nach meinen Ermittlungen im Laufe der ersten 5 km ein Gefälle von fast 60 m pro Kilometer aufweist, das in dem eine südöstliche Richtung annehmenden Oberlaufe sogar um kaum weniger als den nochmaligen Betrag steigt. Hieraus ergibt sich, daß die größte Tiefe des Sees an seinem Nordende sein müßte und dies scheint auch der Fall zu sein, denn die Moräne fällt dort mit großer Steilheit zum See ab. Die Festlegung des jetzigen Reliefs des Seebodens könnte nun zeigen, wie hier die Erosion des mächtigen diluvialen Gletschers auf den ertrunkenen Talboden eingewirkt hat. Die Länge des Sees ist etwas mehr als 4 km, seine durchschnittliche Breite 1 km. Das Wasser ist von heller Azurfarbe, dabei außerordentlich klar und kalt. (Gemessene Temperaturen in einiger Entfernung vom Ufer + 11° und + 10°C.) Die starke Beschattung durch die kulissenartig gegeneinander vortretenden Bergwände läßt der Sonne nur wenig 20* 156 Gelegenheit zur Einwirkung; den Zufluß aber bilden ausschließlich Gletscherwasser von verhältnismäßig kurzem Laufe. Auch glaube ich, daß der Umstand, daß die Achse des Sees südnördlich gerichtet ist, einen erkältenden Einfluß ausübt, wie dies auch schon von anderen, ihrer Lage nach ähnlich orientierten Seen angenommen worden ist. Fische ent- hält der See nicht, was schon durch den unterirdischen Abfluß über hoher Stufe erklärlich wird. Von bedeutendem wissenschaftlichen Interesse müßte unter solchen Umständen jedenfalls eine Untersuchung der anderen Fauna des Sees und besonders seiner Mikrofauna sein. Die Eintiefung des Seespiegels zwischen den Randhöhen (Hochflächen) schätze ich im Mittel auf 700 m. Der Abfall des Ufergebirges gegen den See ist sehr steil, meiner Schätzung nach nicht unter 40 Grad. Von den Klöstern will ich kurz nur das Nötigste erwähnen, da ich diese schon sehr umfangreichen morphologischen Darlegungen nicht auch noch mit ethnographischen Schilde- rungen belasten will, wie großes Interesse solche auch beanspruchen dürften. Beim Betreten des Scheitels der Moräne, die durch ein herrliches Vegetationskleid von Alpenmatten mit reizender Flora und reichen Buschbeständen, sowie prachtvollen Ulmen und Fichten- gruppen geziert ist (S. 126f.), erblicken wir zwei inmitten der Wiesen sich erhebende einfache Tempelbauten, von denen der kleinere, dem Konfuzius geweihte, wie alle diesem Moralphilosophen gewidmeten Verehrungsstätten, sehr einfach gehalten ist, hauptsächlich außer seinem aus Holz geschnitzten, bunt gezierten Standbild nur mit Inschriften (Sprüchen) geschmückt erscheint. Die Vorhalle trägt auf ihren Wänden künstlerische Sepia-Dar- stellungen von Baumgruppen. Etwas abseits hievon erhebt sich ein etwas größeres Bauwerk inmitten eines von Mauern umschlossenen großen Hofes. Dieses ist ein laotistischer Tempel, dessen äußere Architektur einfach und ziemlich roh ist. Im Innern zeigen die in der Hauptnische befindliche, bunt bemalte, überlebensgroße Holzfigur des Lao-tze und die zu seinen Seiten stehenden symbolischen Figuren zwar von einer wirksamen, derben Realistik, aber doch einen ziemlich rohen Geschmack. Hingegen sind die durchbrochenen Holzschnitzereien, welche die Altarnische umrahmen, von vorzüglicher Ausführung. Das ganze Bauwerk ist wegen seiner gegen das Hochgebirgsklima wenig widerstandsfähigen Wände aus un- gebrannten Lehmziegeln in einem Zustande des Verfalles. Etwa 300 m im SW. von diesem Tempel und durch sanft ansteigendes alpines Wiesenland von ihm getrennt, sind auf der höchsten Anschwellung der Moränendecke und unmittelbar umschlossen von prachtvollen Wealdbeständen der Picea Schrenkeana die Bauten des ersten, unteren, Klosters angelegt (siehe Taf. 9 Fig. 1). Durch ein monu- mentales Tor tritt man in einen länglichen Hofraum, der rings von niederen Baulich- keiten umschlossen wird; sie enthalten die Wohnräume der hier ansässigen 4 Mönche und ihrer Dienerschaft, auch reinliche Empfangs- und Gasträume, die mir in liebens- würdiger Bereitwilligkeit zum Aufenthalte angeboten wurden. Außerdem befinden sich innerhalb dieses Hofes noch zwei kleinere Tempel ohne besonderen Wert, einer hievon konfuzistisch, ein anderer buddhistisch. Im Hofraume selbst sind die in China allent- halben üblichen Attribute des Gottesdienstes, ein großer Gong, eine riesige Trommel, eine sehr große bronzene Glocke, eine große Gebetmühle und einige mit kleinen Nischen versehene oktogonale, schlanke Opferaltärchen aufgestellt. An diesen Baukomplex stoßen zwei schöne geräumige aber niedere Tempel an, von denen einer, der Haupttempel, in 157 drei getrennten Nischen die bemalten und reich geschmückten, überlebensgroßen Statuen des Buddha, des Con-fu-tze und des Lao-tze enthält, die sich hinter mit hübschen Messinggefäßen gezierten Opfertischen erheben. Die Ausführung der aus Holz geschnitzten Statuen gibt Kunde von gutem künstlerischen Geschmack. Besonders aber der durch- brochene, holzgeschnittene Fries, welcher über den Altarnischen entlang läuft, zeigt zierliche Formen von vortrefflicher Arbeit. Der danebenliegende, etwas kleinere Tempel ist dem Lao-tze gewidmet und bietet nichts besonders Erwähnenswertes. Auf einer höheren Etage des Ufergebirges, 425 m über dem unteren Kloster, erhebt sich auf alter Grundmoränendecke in einer den ganzen See und die umragenden Gebirge beherrschenden, prachtvollen Lage, ein von schönen Fichtengrwppen umgebenes anderes Kloster, etwas weniger geräumig als das untere und weniger reich ausgestattet (Taf. 9 Fig. 3). Von seinen Tempeln ist der größte und schönste ebenfalls dem Lao-tze geweiht und enthält seine überlebensgroße, reich und bunt, aber nicht sehr künstlerisch geschmückte hölzerne Statue, umgeben von höchst drastisch wirkenden Figuren aus dem reichen symbolistischen Vorstellungskreis dieser Religion: Krieg, Frieden, Weisheit, Genius des Guten, des Bösen usw. Von besonderem künstlerischem Werte sind auch hier hauptsächlich nur die prachtvollen Holzschnitzereien, welche die Altarnischen umgeben. Ein zweiter Tempel ist Buddha geweiht. Es muß besonders hervorgehoben werden, daß Buddha in all den Bogdo-Ola-Klöstern in einer besonderen Inkarnation als Ta-mo-fu verehrt wird; er ist der eigentliche Genius loci dieses Gebirges. Der Stil aller dieser Tempelbauten unterscheidet sich kaum wesentlich von dem- jenigen, den man allenthalben bei gewöhnlichen Tempeln in China begegnet. Die Bogdo- Ola-Tempel sind aber nicht im entferntesten, weder in Bezug auf ihre Dimensionen noch hinsichtlich der Pracht ihrer inneren Ausschmückung mit denjenigen der torgoütischen Lamaklöster im zentralen und östlichen Tian-Schan zu vergleichen. Die gänzlich im Banne der Lamas stehenden Torgoüten opfern willenlos alles für ihre Geistlichkeit und ihre Kultusstätten, während der in religiösen Dingen fast indifferente Chinese in dieser Hinsicht sehr zurückhaltend ist. Am wenigsten Kunstwert besitzen die zwei Tempel- anlagen auf den Moränenhöhen am Ostufer des Sees, von denen schon früher die Rede war; sie sind ausschließlich dem buddhistischen Kultus vorbehalten. Bei der leichten, nachlässigen Bauweise, ohne genügende Fundamentierung, wie die Chinesen sie allenthalben in dieser Gegend üben, ist es erklärlich, daß alle die zahlreichen und umfangreichen Bauten dieser drei Klosteranlagen schon deshalb bald in einen Zustand starken Verfalles geraten mußten, weil solche Bauweise und das verwendete Material den besonderen Unbilden des Hochgebirgswinters nur geringen Widerstand entgegensetzen konnten. In arg heruntergekommenem Zustand befanden sie sich noch bis vor etwa 10 Jahren. Da erstand ihnen ein Retter und Helfer. in der Person des nach Urumtschi verbannten kaiserlichen Prinzen Gan-jah, Herzogs von Lan, der nach Ablauf des Boxer- aufstandes, obwohl weniger schuldig hieran, das Schicksal seines Bruders, des Hauptanstifters und Führers der Bewegung, des Boxerprinzen Tuan teilen mußte (S. 10). Dem Prinzen Gan-jah wurde Urumtschi zum Aufenthalte angewiesen; er lebt nun dort, seine Zeit haupt- sächlich photographischen Arbeiten widınend, worin er Meister geworden ist; auch mit historischen Studien und mit Gartenkunst beschäftigt er sich. Dieser Fürst hörte von den Bergklöstern, die sich um den weltentlegenen, reizenden und geheimnisvollen Bergsee 158 gruppieren, welcher seit undenklichen Zeiten sowohl für Mongolen als Chinesen auf Grund uralter Überlieferung mit dem Nimbus der Heiligkeit umwoben ist und als in engen Be- ziehungen zum Eispalast der Gottheit stehend gilt, den hohen mit Eis gepanzerten Zinnen der Bogdo-Ola (siehe S. 18f.). Nach dem Glauben der Chinesen liegen tausend Heilige in dem einsamen Gebirgssee begraben; er gilt als ein Lieblingsbesitz der Gottheit, ebenso auch seine ganze Umgebung und alle die geheimnisvollen Waldtäler zwischen den ihn umrandenden Bergketten. Keinerlei Ausnützung der Alpenwiesen und prachtvollen Wälder ist gestattet, als nur für den Dienst der Klöster selbst. Zweifellos handelt es sich hier um die traditionelle Pflege eines uralten Naturkultes, der mit den später aufgetretenen religiösen Vorstellungen und Systemen verknüpft wurde. Trotz des heiligen Rufes, dessen sich der See bei ihnen erfreut, wird er nur selten von Chinesen aufgesucht, teils wegen einer gewissen heiligen Scheu, aber auch deshalb, weil die Mehrzahl der Chinesen, als Volk der großen Ebenen, dem Hochgebirge starke Abneigung entgegenbringt (S. 131). Der verbannte Prinz indessen besuchte die Örtlichkeit schon bald nach seiner Ankunft in Urumtschi und war von dem Zauber dieser Hochgebirgsidylle, welcher Sage und Religion noch eine besondere Verklärung verleihen, von ihrem weihevollen, stillen Frieden so ent- zückt, daß er nun öfter dahim pilgerte, für sich einige Gemächer im unteren Kloster herrichten ließ und die Mittel stiftete, um die zerfallenden Bauten nach und nach in neuem Glanze erstehen zu lassen. Hieran wird nun seit Jahren gearbeitet und hiezu werden die Ziegel verwendet, von deren Gewinnung ich früher Erwähnung gemacht habe (8. 150£.). 14—15 Mönche sind mit ihren dazugehörigen Dienstleuten in den drei Klöstern ver- teilt. Einige von ihnen haben sich mir als gastfreie, gefällige und recht verständige Leute erwiesen; sie waren reinlich — mehr als es sonst viele Chinesen sind — und ordnungs- liebend und gaben sich mit besonderer Vorliebe der Blumen- und Gemüsezucht hin. Andere hingegen waren gänzlich dem Opiumgenuß verfallen und daher sowohl an Körper als im Charakter sehr heruntergekommen; sie führten ein träges Leben und zeigten sich von fanatischem Aberglauben erfüllt. Der Verkehr mit ihnen war für mich nicht ohne eigen- artige Schwierigkeiten: Mir war zur Fortsetzung meiner Forschungsreise in das unbe- wohnte Hochgebirge die Versorgung mit Fleisch unentbehrlich. Die höchten Behörden in Urumtschi hatten mir zugesichert, daß ich von den Mönchen alles Nötige geliefert bekommen würde. Diese weigerten sich jedoch, sogar gegen gute Bezahlung, mir von den auf den Wiesen vor dem oberen Kloster weidenden Jungvieh auch nur ein Stück abzutreten unter dem Vorwand, daß die ganze Gegend mit allem, was darauf lebt, dem Gotte Ta-mo-fu gehöre und geheiligt sei; sie hätten daher kein Recht irgend etwas hier- von abzutreten. Es gelang mir erst nach großen Schwierigkeiten und durch eigenartige diplomatische Künste das Gewünschte zu erhalten. Einer von ihnen, der als Einsiedler am Ostufer auf einer weit in den See vorspringenden, sehr schmalen, mit dichtestem Wald bewachsenen Landzunge lebt, fischt sich für seinen Bedarf das Treibholz mühevoll aus dem See heraus, weil er meint, dies schicke ihm die Gottheit zu, während er kein Recht habe, sich an dem den Göttern geweihten Walde selbst zu vergreifen. Für die Denkungsweise der Mönche ist folgender Zug besonders erwähnenswert: Schon als wir noch im Lager im unteren Da-tun-gu-Tale waren, machte sich gegen Abend eine eigenartige Trübung des Firmamentes bemerkbar sowie ein beklemmender Dunst und starker Rauchgeruch. Des Nachts war der Himmel im S. von glutrotem, bald schwächer 159 bald stärker werdendem Scheine erhellt, der an emen Waldbrand denken ließ. Als wir am folgenden Tage die Höhe der Moräne am See erreicht hatten, sah man aus mehreren der spaltenförmigen, in die Hochfläche eingeschnittenen, von Fichtenwald erfüllten Engtäler (S. 126, 152) dieke Rauchschwaden emporsteigen, die vom Wind über den See getrieben wurden, so daß kein Zweifel mehr an dem Wüten eines Brandes in diesen prachtvollen Wäldern bestehen konnte. Mehrere Täler waren hiervon bereits ergriffen. Von meinem den See und seine Umgebung beherrschenden Hochlager aus bot sich des Nachts stets ein schauerlich großartiger Anblick. Aus mehreren Taleinschnitten stieg die „wabernde Lohe* empor zu den Felskämmen, ergriff die sie krönenden Reihen herrlicher Fichten und, sie verzehrend, sprang sie auf die entgegenliesenden Talseiten über. Die Hochstämme stürzten reihenweise ineinander unter Entwicklung von wirbelndem Funkensprühen und eines lodernden Flammenmeeres, das sich immer tiefer in die dicht bewaldeten Flanken der Bergwände einfraß. Mit unheimlicher Schnelligkeit, Kamm um Kamm übersteigend, Alles verzehrend, schien sich das lohende Ungeheuer dem heiligen See unaufhaltsam zu nähern. Das Fir- mament war in Glutschein getaucht, welcher auch die bleiche Herrlichkeit der in ziemlicher Entfernung hinter dem Schauplatz dieses Ereignisses aufragenden überfirnten Hochzinnen ergriff und mit prächtig rotem aber unheimlichem Schimmer umwob. Die beweglichen Fluten des Sees glichen flüssigem Gold. Es war ein Schauspiel, das zwar die Seele mit Bewunderung erfüllte, das man aber nur mit Schaudern verfolgen konnte. Stumm und apathisch sahen die Mönche der ungeheuren Verwüstung durch das entfesselte Element zu, dessen Schauplatz bald nur mehr durch zwei Paralleltäler vom Tale des Sees getrennt war. Griff es aut dieses über, so waren auch die Klöster auf das höchste gefährdet. Ich forderte die Mönche auf, Eilboten nach Urumtschi zu entsenden, um militärische Hilfe zu erbitten; sie lehnten dies rundweg ab und meinten, ein solches Ereignis liege im Willen des Gottes Ta-mo-fu; er werde selbst dem Elemente Einhalt gebieten, sobald er es für gut finde. Und so geschah auch wirklich! — Noch in der gleichen Nacht brach ein wolkenbruchartiger Regen aus, der unausgesetzt 50 Stunden dauerte und den Brand löschte. Als ich tags darauf bei auf- klärendem Wetter die Mönche wiedersah, deuteten sie triumphierend bald auf die Stätten des erloschenen Brandes, bald zum Himmel empor. Die Gottheit habe geholfen und ihr Heilistum vor Zerstörung bewahrt. Ta-mo-fu hat den Glauben seiner Anbeter nicht zu Schanden werden lassen. Warum aber ließ er den Brand überhaupt zu? — Um vom unteren Kloster zum oberen zu gelangen, hat man eine Höhendifferenz von 425 m zu überwinden. Man übersteigt zunächst einen etwa 150 m hohen, mit dichtestem Fichtenwald bestandenen alten Stirnmoränenwall und gelangt auf dessen ückseite hinab in einen weiten grünen Kessel, einem ehemals von einem See erfüllten karähnlichen Zirkus, von welchem bereits S. 146 die Rede war. Die gegen den See gerichtete Seitenwand des Kessels ist durchgebrochen und ein schluchtartiges Tälchen zieht hier steil zum großen See hinab, offenbar der Kanal, durch welchen einst ein hier eingeschlossen gewesener See sich entleert hatte. Bemooste Riesenblöcke liegen auf dem eine höchst unregelmäßige Oberfläche zeigenden, reich begrünten, alten Moränenboden. Eine Anzahl tiefer Tümpel sind über ihn zerstreut. Steil erhebt sich die mehr als 300 m hohe Rückwand, über welche durch wundervolle Bestände eines alten Fichtenwaldes der Weg in vielen Windungen emporführt zu einer Vorstufe der hochgelegenen Rumpffläche (Taf. 7 und 9), wo das obere Kloster sich erhebt. Weitbin zeigt dort der dicht bewachsene, wellenförmige Boden 160 die Kennzeichen seiner einstigen Eisbedeckung: alle Formen sind weich und gerundet; Generationen von abgestorbenen Pflanzen bilden eine mächtige Polsterhülle über der alten Grundmoränendecke. Eine große Anzahl von Tümpeln mit braunem, doch sehr klarem und kaltem Wasser sind darin eingetieft, aber kein fließendes Wasser ist sichtbar, da es wohl von den hochgelegenen Rändern herabgelangt, aber bald in den kolossalen Aufbreitungs- massen versinkt und unterirdisch auf der Lehmschichte der Grundmoräne sich verzweigt. Ich befand mich schließlich auf einer in Richtung SO.-NW. sanft abdachenden Rumpf- fläche, Teil der großen Hochfläche, von welcher 8. 152f. die Rede war. Ein großer Gletscher hat hier seine Ablagerungen hinterlassen. Gleichzeitig mit dem Eisstrom, der das damals wohl noch nicht bis zu seinem heutigen Niveau eingetiefte Seetal durchzog, flossen auf dieser heute durchschnittlich um etwa 650—700 m höheren Stufe große Eismassen dahin und erstreekten sich durch das schon beschriebene alte Tal (S. 146f.) hinaus in das zwischen Sangun und Schimo-gu- liegende große Becken (Zungenbecken), bis nach dem letzten Eisrückzuge der Unterlauf dieses alten Tales von dem jungen Lauf des Sangun wie geschildert angeschnitten und abgezapft wurde. Die Hochfläche steigt vom Kloster, wo mein Lager stund (2505 m), bis zum Südende des Sees, also auf 4 km zu ca. 2680 m, mithin mit einer durchschnittlichen Böschung von 36 m pro Kilometer an, während ihr Abfall gegen den See, wie schon früher hervorgehoben wurde und wie aus den Bildern ersichtlich ist, schroff geböscht erscheint. Jugendliche Talrinnen durchfurchen die Hochfläche, was besonders lehrreich in den Bildern Taf. 9 Fig. 2 und 4 hervortritt. Die im Schutze des Talschattens angesiedelten dichten Wälder reichen meistens nur gerade bis zur Scheitelfläche hinauf, wo sie infolge einer starken und langen täglichen Insolation und weil dort auf der Höhe auch heftige Winde ihr Wachstum ver- hindern, sich nicht mehr weit verbreiten konnten. Nur im Schatten einzelner, die all- gemeine Aufschüttungsdecke durchbrechender Felsgruppen, sowie in Mulden kommt geselliger Baumwuchs vor (siehe Kap. XIII S. 126 £.). Diese engen Furchen wurden also nieht mehr zu richtigen Tälern ausgebildet. Im Gegensatze hiezu sind die am Rande der Hochfläche zum Seetal hinabziehenden Täler weit reifer ausgeformt, von ansehnlicher Breite, aber ihr Boden ist sehr steil geböscht, und, wie früher (S. 152) erwähnt wurde, jetzt wasserlos.. Da diese Verhältnisse zu beiden Seiten des Sees, was schon durch die Abbildungen erwiesen wird, gleichartig sind, könnte man wohl an eine Entstehung des Seetales durch tektonische Vorgänge, Einbruch oder dergleichen denken. Aber für eine solche Annahme liegen keinerlei Anzeichen oder gar Beweise vor, während die Züge des Erosionsbildes deutlich für andere Ursachen sprechen; sie berechtigen mit ziemlicher Sicherheit zur Annahme eines hohen Alters für das Seetal, für seine präglaziale Anlage, also als ein Produkt eines älteren Erosionszyklus. Die Kräfte der Vereisung haben es in gleicher Weise, wie die es umgebenden Gebirgsteile getroffen, aber aus den S. 147 erörterten Gründen länger auf dieses Tal eingewirkt. Die in den Hochflächen der Umrandung eingetieften Engtäler gehören hingegen einem jüngeren Erosions- zyklus an, welcher mit dem allmählichen Schwinden der von den niedrigeren Teilen des großen Kammgerüstes abfließenden Eismassen seinen Abschluß fand. Zu diesen durch die oro- graphischen Verhältnisse gegebenen Bedingungen gesellten sich die Wandlungen, in welchen sich der allgemeine Verlauf der diluvialen Eiszeit abspielte. Ich habe eine beiläufige Skizze der vermutlichen Vorgänge auf S. 148 gegeben. Genauer festzustellen, in welchem Ver- 161 hältnis die Phasen der Erosion zu denen der Vergletscherung stehen, oder vielleicht besser, in welchem Abhängigkeitsverhältnis von ihr, vermag ich nach dem bisherigen Stand der Beobachtungen noch nicht, schon deshalb, weil Kräfte anderer Art wohl noch dazu bei- getragen haben mögen, um solche ungemein bedeutende Unterschiede in der Führung der Tallinien und in deren Umgestaltung hervorzubringen. Es scheint mir wahrscheinlich und mit den anderen geschilderten Verhältnissen gut übereinstimmend, daß Hebungsprozesse von Einfluß waren, mit denen die Erosion des Haupttales infolge andauernd reicher Wasser- zufuhr durch die in den höchsten Regionen wurzelnden Gletscher gleichen Schritt halten konnte, während sie in den anderen weniger gehobenen Teilen wegen Schwindens ihrer Gletscher früher erlosch und erst bei fortgesetzter Hebung wieder einsetzte, zu spät, um noch große Wirkungen zu erzielen. XVl. Vom See zum Nordfusse der zentralen, höchsten Bogdo-Ola-Gruppe. Mein Weg zum Hochgebirge führte zunächst in südöstlicher Richtung über die eben beschriebene Hochfläche am westlichen Seerand hinweg; ihr Ansteigen ‚gegen SO. ist wie hervorgehoben nicht beträchtlich, alle Formen sind weich und gerundet, da der Formen- schatz der Grundmoränenlandschaft durch ein dichtes Pflanzenkleid verhüllt wird. Man überschreitet einen sehr weichen, elastischen, an vielen Stellen stark versumpften Boden mit abwechslungsreicher, sehr interessanter Vegetationsdecke, die den Höhen und Tiefen des Reliefs sich anpaßt, wie dies in Kap. XIII S. 111f. geschildert wurde. Keinerlei fließendes Wasser ist bemerkbar, aber sehr viele Tümpel mit klarem, doch meistens braungefärbtem Wasser. Durch die aus Generationen abgestorbener Gräser bestehende dicke, zum Teil schon in Torf verwandelte Hülle und die darunter liegende mächtige Schichte von Aufbreitungs- material versinkt alles Wasser bis zum Geschiebelehm der Grundmoräne hinab und nimmt dann seinen Verlauf unterirdisch. Bei der Wanderung über die Hochfläche gewinnt man freien Blick nach beiden Seiten; nach O. hinab in das Seetal, nach W. auf die tief ein- geschnittene Furche des Tales Schimo-gu. Einzelne bizarr erodierte und zum Teil be- waldete Felsklippen von selten mehr als 100 bis 150 m Höhe durchbrechen die grünen Wellen der Hochfläche. Wie sich zeigte, sind es sehr harte Eruptivgesteine: Porphyre und Porphyrbreccien in Wechsellagerung mit Kalksilikathornfelsen. Das Streichen ist 0. 35° bis 45° N. Diese Bildungen gehören zu einer flachen Mulde, in welcher auch das Seetal liegt (siehe Profil Taf. 17 Fig. I u. IV), und sind Härtlinge, welche der allgemeinen Ab- tragung entgingen, während der Bestand der dazwischen gelegenen weicheren Schichten entfernt wurde. Solche Felszüge treten zunächst nur vereinzelt, weit voneinander getrennt auf. Mit dem Fortschreiten unseres Weges gegen das S.-Ende des Sees aber erscheinen sie in Form zusammenhängender, schmaler Ketten, welche über die ganze Breite der Hoch- fläche streichen, so daß unser Weg über sie hinweg führen muß. Dies geschieht durch enge Scharten in den Kämmen des klippigen, mit knorrigem Thujagestrüpp bewachsenen Gesteins, was für die beladenen Tiere und besonders für das Gepäck öfters gefährlich wurde. Steil geht es an einer Seite des Wandgeschröfes empor und auf der anderen ebenso hinab in schmale grüne Mulden, welche demnach der Auswitterung und nicht der Erosion des Wassers ihr Dasein verdanken. In öfterer Wiederholung wird dieser nicht unbedenkliche Weg fortgesetzt, bis die Karawane endlich im SW. des Seeendes auf ein vor- Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 21 162 springendes, grünes Alpenplateau hinaustrat (2795 m). Hier wurde der Blick frei gegen den nach SW. streichenden Zweig des vergletscherten Hochgebirges und über das vor- gelagerte, nicht bis zur Schneegrenze ansteigende, begrünte Hochland sowie auf die aus ihm berabziehenden Quertäler, welche als breite, reife Rinnen eingetieft sind. Wie reich gegliedert und zerlegt durch die Erosion dieses Vorland auch erscheint, welches aus stark gestörten (siehe S. 96) Tonschiefern und Quarziten besteht, die sich hier zu einem flachen Sattel zu erheben beginnen, so ist der ehemalige Zusammenhang der den Faltenbau ab- schneidenden Hochfläche an dem vor dem Beschauer ausgebreiteten Relief doch erkennbar: Die breiten, reich mit Alpenmatten, zum Teil mit Wäldern bedeckten, stumpfen Kämme lassen sich unschwer zu einer Tafel verbinden, die sanft gegen den schroffen Abfall des Hochgebirges im S. hinanzieht, welches in einer gewaltigen Steilstufe überragt. Selbst dort, wo die stumpfen Kämme des zerlegten Vorlandes durch klippig aufragende Schichtenköpfe gebrochen sind, macht sich keine Neigung zu tieferer Schartung oder zur Gipfelbildung bemerkbar. Alle diese Erscheinungen fügen sich vorzüglich in den Rahmen der bisherigen Beobachtungen und die daran geknüpften theoretischen Erwägungen über Entstehung des Stufenbaus des Gebirges durch reif zerschnittene, spät gehobene Rumpfflächen. Die nach Norden und Osten gerichteten Gehänge des Gebirges und die tieferen Ein- buchtungen der Talwände sind reich mit Fichtenwald bedeckt, von dem leider auch hier große Komplexe schon durch Feuer zerstört sind. Bei der Seltenheit ‘von Gewittern in dieser Gegend muß man annehmen, daß es Leichtsinn von Hirten oder Jägern ist, welcher diese bedauerlichen und nie wieder ersetzbaren Verluste (S. 126) am schönsten Schmuck des Gebirges verursacht. Auf dem mit reichen Älpenmatten bedeckten Plateau trafen wir sartische Hirten mit einer großen Schafherde. Die Tiere gehörten reichen Kaufleuten in Foükan, die sie hier übersommern ließen bis zur kühlen Jahreszeit, wo die berühmten Schafmärkte ın Urumtschi stattfinden. Da man mir versicherte, wir würden auf unserem Weiterweg noch Kirgisen antreffen, verzichtete ich darauf, mich schon hier für längere Zeit mit den un- entbehrlichen Fleischtieren zu versorgen. Von diesem hochgelegenen Punkte aus gewann man auch einen überaus lehrreichen Überblick über den ganzen Bogdo-Ola-See und seine Umrandung (Taf. 9 Fig. 2 u. 4) mit dem Nordende und dem absperrenden Moränenwall. Gegen O. gewendet blickte man in den tiefen, dunklen Spalt einer waldigen Schlucht, bis zu deren Grund das Auge nicht hinab- zutauchen vermochte. Die Hirten sagten mir, durch diese Enge zwänge sich der Fluß, der den Bogdo-Ola-See speist. Man vermochte aber noch drei andere, bedeutend breitere Talfurchen zu unterscheiden, die, aus verschiedenen Richtungen herbeiziehend, in die Schlucht einzumünden schienen. Welches dieser Täler als das Haupttal des oberen Da- tun-gu anzusehen sei, ließ sich schwer sagen und auch die Hirten wußten keinen Bescheid hierüber zu geben. Leider vermochten sie mir auch keine Aufklärung darüber zu er- teilen, durch welches der Täler man am besten zum Fuße des zentralen Teiles des Eisgebirges gelangen könne; hingegen versicherten sie, daß die Sayanschen Kirgisen (siehe Kap. XIV S. 30f.), auf welche ich in der Schlucht selbst oder nicht weit oberhalb von ihr treffen müsse, die Gegend gut kennen. In der Tat war mehrere Tage vorher ein Mollah dieser Kirgisen, welcher Stammesgenossen im Tale Schimo-gu aufgesucht hatte, bei mir im Hochlager am oberen Kloster gewesen und aus seinen Mitteilungen war zu 163 schließen, daß seine Herden sich noch für kurze Zeit auf Sommerweide am Fuße des Hochgebirges befinden müßten. Unter diesen Umständen blieb mir nichts anderes übrig, als von der ragenden Alpenhöhe wieder hinabzusteigen in die Tiefe zu unseren Füßen, in die gähnende Schlucht. Bei der ungemein steilen Böschung des Gehänges schien das Unter- nehmen für die Lasttiere nicht unbedenklich. Es zeigte sich aber, daß die Kirgisen, welche alljährlich im Hochsommer für 4—6 Wochen mit großen Herden von Pferden und Schafen und nur wenigem Hornvieh durch diese Hochtäler wandern, einen allerdings etwas primitiven Serpentinenweg angelegt hatten. Diesen benutzend, gelangte die schwer beladene Karawane fast stets durch dichten Fichtenwald, seltener über steilgeböschte Alpenmatten wandernd, ohne Unfall in die Tiefe. Der Grund dieser Schlucht, 60—70 m breit, war ganz und gar von dem Bette eines tosenden Baches eingenommen, mit milchig getrübtem Wasser. Ein Chaos von meist großen Felsblöcken und entwurzelten Baumstämmen, bedeckt mit Sand, Schlamm und Sträuchern gab Kunde von der Gewalt der von Gletschern genährten Fluten. Wir befanden uns dort, wo der Bach erreicht wurde, in einer Seehöhe von 2210 m, hatten also in kurzer Wanderung von kaum viel mehr als einer Stunde 585 m an Höhe verloren. Überraschend war der Umstand, daß es beim Abstieg in die wasserdurchtoste Enge, zu der kein Sonnenstrahl dringt, statt kühler, wie man erwarten hätte sollen, sogar außer Verhältnis wärmer wurde. Die Lufttemperatur war auf der verlassenen Höhe 10,7°C, unten am Flusse 20,1°. Es war dort beklemmend schwül. Dies kam auch im Aus- sehen der Vegetationsdecke zur Geltung. Das Gras der Alpenwiesen verlor im Abstieg mehr und mehr an Frische und in den unteren Teilen des Gehänges hatte es bräunlichen, welken Anflug. Diese Verhältnisse erinnerten mich auffällig an die im Koi-kaf-Tal an- getroffenen.‘) Gegen W., gegen den See hinaus, von dessen Südende man wenig mehr als 1 km entfernt war, verengt sich die Schlucht zusehends und schien bald zur ungang- baren Enge zu werden. Dies bestätigten auch die Kirgisen, auf die wir später trafen. Unser Weg talaufwärts war ungemein beschwerlich; er führte bald durch das Block- gewirre des Flußbettes, die wilden Fluten querend, bald durch den begleitenden, sehr dichten Uferwald, in dessen herrlichen Fichtenbeständen sich auch zahlreiche Pappeln mischen. Das Gestrüppe des Unterholzes und der Hyppophäendickichte, umherliegende zahlreiche erratische Blöcke von großen Dimensionen, sowie versumpfte Stellen im Walde verwehrten der Karawane oft das Vordringen. Ein nicht hoher, schwellenartiger Knick des Gefälles, der quer über die nun wesentlich zunehmende Breite des Tales läuft, wurde erstiegen und auf eine daran anschließende, rechtsseitige, etwa 20 m über Flußniveau liegende Uferterrasse übergetreten. Das Tal zeigte durchaus den Charakter einer unreifen, jungen Erosionsfurche, deren stadiale Entwicklung durch zwei wohlausgebildete Terrassen charakterisiert ist, von denen die obere um mehr als das Doppelte höher über Flußniveau liegt, während sich in sehr beträchtlicher Höhe weiter im Hintergrund des Tales noch der Verlauf einer dem Beginne des Erosionsprozesses angehörigen, sehr alten Talstufe in ihren erhalten gebliebenen Fragmenten verfolgen läßt, gegen die der Oberlauf des Tales mit bedeutender Steilheit emporzieht. Der nach unten sich wesentlich verringernde Abstand zwischen den einzelnen Terrassenstufen deutet auf größere Fülle der Wasserführung und ihrer längeren Dauer in den älteren Stadien der Erosion, und auf zunehmende Ver- T) Vorläufiger Bericht etc. 1. ce. S. 82. 272 164 minderung beider in den jüngeren. Die drei Stadien, welchen diese drei Terrassen ent- sprechen, würden in die Vorstellung vom Verlaufe der Glazialgeschichte, wie ich sie (S. 148) skizzierte, gut hineinpassen. Bei der Wanderung talaufwärts wurde schon bald nach Betreten der Schlucht- - sohle die Einmündungsstelle eines sehr viel Wasser führenden Seitenbaches passiert, der, aus SO. kommend, in einem breiteren Tale dahinfloß, offenbar einer der großen Zuflüsse, deren Furchen ich von der Kuppe aus beobachtet hatte. Da sich später kein weiterer be- deutender Nebenfluß von dieser Seite mehr zugesellt, so war es nun klar, daß der andere von oben gesehene Wasserlauf sich mit diesem schon vor der Einmündung in den Haupt- bach verbunden hatte, und durch diesen Umstand wurde ich darüber in meiner Unsicher- heit einigermassen beruhigt, ob ich mich tatsächlich in demjenigen Tale, das von der zentralen Gletschergruppe herabführt, befände und somit auf dem richtigen Wege zu ihr. Eine vergleichsmäßige Feststellung der Wasserstandsverhältnisse in den anderen Quellflüssen des Da-tun-gu, die mir Gewißheit in dieser Frage hätte verschaffen können, war nicht möglich und die einzige Karte des Gebietes, die von Grum Grschimailo (S. 26f.) gibt auch nicht eine annähernde Vorstellung von den obwaltenden topographischen Verhältnissen. Der Überblick von der Alpenhöhe hatte mir aber gezeigt, daß die westlicheren Quelltäler den Charakter vorgeschrittener Reife an sich tragen, im Gegenhalt zur Jugendlichkeit der Erosionsrinne desjenigen, in welchem ich mich befand. Auf dieses Verhältnis habe ich schon (Kap. XII S. 96) kurz hingewiesen und brachte es in Beziehung zu lokalen, jungen Hebungen und zum Umstande, daß dieser Tallauf dem Streichen der Gesteine folgt, im Gegen- halt zu den andern Quelltälern, welche quer hiezu laufen. (Hierüber gleich Näheres.) Es wurde mir aber auch klar, daß diese letzteren wohl nur auf dem niedrigeren und daher schwächer vereisten Westkamme ihren Ursprung haben könnten, da sich in ihnen keine sehr kräftige Erosion mehr wirksam zeigte, während das von uns betretene Tal mit seinem be- deutend erodierenden, starken Fluß nur in der höchsten Kammregion entspringen könne. Der Fortschritt talaufwärts war bei der Unwegsamkeit des Terrains — die Terrassen sind oft tief zerschnitten — für meine Karawane so schwierig, daß es mir kaum begreiflich schien, wie die Kirgisen durch diese Wildnis ein Durchkommen mit ihren Herden finden konnten. Gerade als deshalb von neuem Zweifel in mir aufstiegen, ob ich mich im rich- tigen Tale befände, sah ich plötzlich, als ich aus der Wildnis des Flußbettes wieder hinauf auf die Terrassenstufe gelangt war, die Jurten der Kirgisen vor mir. Hier in einer Höhe von 2210 m wurde ein Lager bezogen. Ich traf den Mollah an, der mich, wie erwähnt, schon einige Tage vorher in meinem Lager am Seekloster aufgesucht hatte; er bezeichnete sich als Sary-Mollah, ein Titel, der einen höheren geist- lichen Rang bei diesen Kirgisen bedeutet. Solchem Range entsprechend war auch das in unangenehmer Weise zur Schauge tragene Selbstbewußtsein dieses Mannes. Der Verkehr mit ihm, auf dessen Hilfe ich zur Erlangung von Auskunft über die Verhältnisse beim Weiterweg ins Hochgebirge rechnen mußte, sowie zur Bereitstellung eines wegkundigen Mannes, zur Lieferung von Schafen u. a. m., gestaltete sich daher zunächst recht schwierig. Es be- durfte abwechselnd des Schmeichelns seiner Eitelkeit, der Zusicherung hoher Bezahlung und anderer guter Mittel, schließlich aber auch für den Weigerungsfall der Drohungen mit den Behörden, bis ich endlich meinen Zweck erreichte und mir den ebenso überhebenden, wie habgierigen Mann gefügig machte. Da er bei Versagung seiner Hilfe doch eine schwere 165 Verantwortung auf sich zu laden fürchtete, willigte er ein, mich selbst bis zur obersten Stufe, zum Fuße des eigentlichen Hochgebirges zu geleiten. Solches Einlenken war für mich von besonderem Werte, da dieser Mann seit mehr als 40 Jahren die Hochtäler der Bogdo-Ola besucht, und daher die Ausnützung seiner Ortskenntnis und Erfahrung für den Erfolg meines Unternehmens entscheidend sein konnte; zumal bei der Schwierigkeit des weiters im Aufstiege zu überschreitenden Terrains, von dem schon die zurückgelegte kurze Strecke einen Vorgeschmack gegeben hatte. Wo mein Lager hoch am Uferrande über dem tiefeingeschnittenen reißenden Strom stund, hat das Tal ein gutes Stück auf und ab eine wechselnde Breite von 150—180 m und da seine Achse hier annähernd von O. nach W. gerichtet ist, kommt die Kraft der Insolation am südlichen Gehänge zu voller Wirkung. Die Alpenwiesen erschienen dort gelb und ausgedörrt, die Sträucher und Büsche vertrocknet. Da auch der sonst schöne Fichten- wald des andern, nördlichen Talgehänges streckenweise durch Feuer zerstört war (siehe vor- her), bot diese Landschaft keinen erfreulichen Anblick, besonders das Südgehänge. Der Unterschied beider Ufergehänge war auch morphologisch besonders auffällig. Der dem 8. zugewendete Talwall mit seinem schwachen, lückenhaften Vegetationskleid zeigt in den felsigen Teilen außerordentliche Zerstörung und Anhäufung des Schuttes in situ. Die trans- portierenden Kräfte fehlen. Die stark abgetragene Kammregion hat stumpfe Formen ange- nommen. Die nach N. gerichteten Talwände hingegen, durch reichere Pflanzenhülle geschützt, waren von den abtragenden und einebnenden Faktoren weit weniger berührt und hatten scharfe Gratformen bewahrt. Solche Unterschiede kommen in den meisten Längstälern des Tian-Schan zu mehr oder weniger deutlichem Ausdruck, worauf ich des öfteren in meinen Schriften hingewiesen habe. Erfreulicher war der Blick gegen den schroff ansteigenden Talschluß, wo beide Gehänge wieder im Schmucke prächtiger Alpenmatten und reichen Hoch- waldes prangten, eine echt alpine Landschaft, wie ich sie hier nicht mehr erwartet hatte. Allenthalben ergab die Untersuchung des Talgrundes, wo er nicht durch die Tätigkeit des heutigen Flusses ausgeräumt oder mit Geröllen verschüttet war, einen Bestand aus Grundmoräne von sehr bedeutender Mächtigkeit. Auch die beiden unteren Terrassen- stufen erwiesen sich als in Moränenablagerungen eingeschnitten; sie sind am linken Ufer bedeutend schmäler als am rechten wegen der Konvexität des linken Talrandes. Die Mo- ränennatur der Terrassen erweist sich allerdings an den Rändern oft stark mit Flußgeröllen vermischt, während darüber stellenweise der Gehängeschutt so dicht gehäuft ist, daß erst beim Überblick von günstiger gelegenen höheren Punkten aus die Verfolgung des Zu- sammenhangs der Terrassen möglich wurde. Am orographisch rechten Ufer vermochte man sogar streckenweise die Überbleibsel einer hohen alten Ufermoräne deutlich zu erkennen. Der weitere Weg von diesem Lager talauf gestaltete sich dadurch besonders schwierig, daß der Uferwald von undurchdringlichem Unterholz gesperrt wird, so daß man öfters über das Steilufer mit der Karawane in das Flußbett hinab mußte und sich zwischen einem Chaos von großen Blöcken, durch das die ungestümen Fluten des Bergstromes dahinstürzen, den Weiterweg zu bahnen hatte, wobei es für die beladenen Tiere zu gefährlichen Situationen kam. Bei der Untersuchung des Blockmaterials im Flußbette ließ sich bereits erkennen, daß man höher oben in Bezug auf die geologische Zusammen- setzung des Gebirges keine großen Überraschungen zu erwarten hatte. Was man hier unten sah, waren durchweg die gleichen Gesteine, deren Serien wir bisher schon durch- 166 wandert hatten; nur daß mehr Eruptivgesteine verschiedenartiger Ausbildung (Porphyre, Keratophyre, Diabase etc.) sich zugesellt hatten. Ich komme hier auf den Umstand zurück, daß dieses Tal ein Längstal ist; es folst, wie schon vorher und weiterhin, solange es in W.-O.-Richtung verläuft, dem Streichen der Gesteine und zugleich der Achse einer flachen Mulde des großen Faltenbaus, welche gegen 0. zu kräftig ansteigt, ein abermaliges Zeichen später lokaler und ungleicher Hebungen im schon gefalteten Gebirgsbau (siehe S. 40, 50, 96 ete.). Hauptsächlich diese tektonische Ursache ist für die große Steilheit dieser Oberlaufsstrecke des Tales, auf die ich bereits S. 155 hingewiesen habe, verantwortlich zu machen. Die Talsohle steigt mit der Muldenachse nach Osten an. Der Fluß hat sich als tiefe enge Rinne in die Schichten eingeschnitten. Das Gehänge zu beiden Seiten ist sehr schroff geböscht und wird von wasserreichen Seitenbächen durchfurcht, die steil in den Hauptbach einmünden, alles An- zeichen einer unreifen Talbildung. Das reiche Pflanzenkleid, welches beide Talwände bedeckt, läßt nur in den obersten Teilen einige geologische Orientierung zu, welche Gelegenheit gibt, wahrzunehmen, daß dort, wo die Gesteine aus der Muldenachse sich gegen S. wieder umbiegen, die für die junge Entstehung des Gebirges charakteristischen, öfters erwähnten, heftigen Knickungen und Zerrungen (siehe S. 45f., 50, 149 etc.) auf- treten, verbunden mit starker Gesteinszerstörung, deren massenhafter Schutt die Verfolgung der Lagerungsverhältnisse sehr erschwert. Die Klüftung aber, die sehr deutlich ausgeprägt erscheint, ist nahezu vertikal gerichtet. Das Gefälle des Flußbettes nimmt an Steilheit nach oben immer mehr zu bis die Tal- furche bei der Annäherung an die Störungszone plötzlich aus der WO.-Richtung, also aus dem Streichen der Muldenachse (Längstalrichtung) talaufwärts betrachtet, beiläufig in die SO.-Richtung (Quertalrichtung) übergeht (siehe Karte II). Unmittelbar an dieser Stelle beginnt auch das Gefälle des Flußbettes sofort abzunehmen, und wird rasch ein sanfteres, wobei die Breite des Tales zugleich wesentlich wächst. Auf Taf. 7 Fig. 2 sind diese Ver- hältnisse einigermaßen erkennbar; der Bruch des Gefälles, wo die Verschiebung der Talachse beginnt, ist aus dem schematischen Höhenprofil in Taf. 16 Fig. 2 zum Ausdruck gebracht. Die Zusammenfassung dieser Erscheinungen mit früher erwähnten spricht für lokale junge Hebung und Verbiegung. Man darf annehmen, daß durch die erwähnten ungleich- artigen Hebungsbewegungen der alte Fluß in seiner früheren Richtung unterbrochen und in eine andere dem Bau der Mulde folgende abgelenkt wurde, so daß eine spät einsetzende junge Erosion jetzt den Schichtenbau in schiefer Richtung schneidet, wodurch anch die Ver- änderung des Gefällwinkels erklärlich wird. Je höher wir ansteigen, desto flacher wird das Gefälle, desto mehr nimmt die Breite des Tales zu und seine Tiefe ab, desto stumpfer werden die Ränder, also auffällige Veränderung gegenüber dem schluchtartigen Charakter des jungen, tektonischen Talabschnittes, eine Deformation der ursprünglichen Talanlage andeutend, wobei der oberste Talabschnitt wohl schon in dem gehobenen — möglicher- weise noch immer in langsamer Hebung begriffenen — Schollenteil eingetieft gewesen ist, also einer antezedenten Flußrinne entspricht, die vom Wasser wieder aufgesucht wurde. Auch im Landschaftsbild tritt der Unterschied beider Talabschnitte sehr deutlich her- vor: Soweit der schluchtförmig verengte Längstallauf geht, hat die gegenseitige Beschattung der Talränder zur Folge, daß beide Steilgehänge mit überaus prächtigen alpinen Matten bekleidet sind, auf denen eine schöne Flora in Blüte war, von vorherrschend violetter 167 Färbung (Geranium, Delphinium, Aconitum ete.), mit Buschwerk von Wildrosen, Weiden und Berberis, deren helles Grün in schönem Gegensatz zu dem Dunkel der noch immer sehr ansehnlichen Fichtengruppen stand. Sobald man jedoch in der breiten, im Sinne des Aufstiegs nach SO. gerichteten Talrinne eingebogen ist, verschwindet der Baumwuchs plötzlich, das Alpengras wird kurz, an Stelle der schönen Flora breiten sich niedere, am Boden kriechende Thujakolonien. Flacher und breiter wird das Tal, felsige Berge treten beiderseits in das Gesichtsfeld und allmählich landen wir auf einem sanft gegen $. an- steigenden, aber tief und unregelmäßig gewellten, weiten grünen Boden. Wir erblicken zunächst nur die firnumhüllten Gipfel des Westzweiges der Bogdo-Ola, während uns die höchste Gruppe durch den früher (S. S2) beschriebenen vorgelagerten Querzug noch ver- deckt wird. Somit haben wir die auf dem schematischen Höhenprofil Taf. 16 Fig. 2 dar- gestellte höchste Schwelle der dritten Gebirgsstufe betreten, die ich in Kap. XI (8. S1£.) schon so eingehend beschrieben habe, daß ich mich hier auf Anführung einiger ergän- zender Beobachtungen beschränken kann. Der weite Zirkusboden — als solchen kann man diese große Hohlform mit Recht bezeichnen — hat eine mittlere Höhe von 3300 m und die ihn rechts und links im O. und W. begrenzenden Ränder überragen ihn durchschnittlich um 600 m; sie sind in eine Anzahl stumpfpyramidaler Gipfel zerlegt, deren Höhe mit der Annäherung zu der die Hohl- form im S. abschließenden ungeheuren Steilwand der zentralen Bogdo-Ola (siehe Taf. 4 Fig. 1) immer mehr zunimmt (S. 85), welche ihrerseits um mehr als 3000 m überthront. Breite Firnhauben krönen alle Gipfel der Seitenränder. Die gegen den Zirkusboden gewen- deten Steilabstürze dieser Ränder lassen hier im zentralsten Gebiete in Übereinstimmung mit der Achsenrichtung des Hauptkamms ONO.-Streichen der Schichten erkennen. Im geo- logischen Bau (siehe Taf. 17 Profil IV) zeigt sich die allmähliche Umbiegung der Schichten aus flacher Muldenanlage zu einem Sattel mit Einfallen nach N., das zuerst schwach, aber mit Fortschreiten gegen S. hin zusehends steiler wird, bis der Schichtenbau in der höchsten dreigipfeligen Riesenwand der Bogdo-Ola nahezu senkrecht, ja etwas überkippt erscheint (S. 39). Gerade dort sind die Verhältnisse jedoch teils infolge der starken Einhüllung mit Firn und Eis, andernteils wegen der starken Zerschluchtung der Wand- abstürze und nicht weniger durch die Mengen kriechenden Schuttes in der Störungszone, vor allem auch durch Akkumulation außerordentlich mächtiger Glazialablagerungen leider wenig übersichtlich. Man kann aber doch auch hier an einzelnen Stellen wieder heftige Störungen im allgemeinen Bau, Knickungen, Knitterungen, Stauchungen gewahren, sowie ein Durchdringen der alten, bereits umgewandelten Eruptivgesteine, welche Glieder des Faltenbaus bilden, durch noch jüngeres magmatisches Material. Solche Verhältnisse und das plötzliche Ansteigen zur höchsten Sattelfalte stehen im guten Einklang mit der An- nahme später Niveauverschiebungen, wie ich sie des öfteren in den vorhergehenden Kapiteln vertreten habe. Indessen will ich diese Aneinanderreihung tatsächlicher Beobachtungen nicht mehr, als zur Erweisung ihres Zusammenhangs nötig ist, mit theoretischen Er- örterungen belasten und verweise in dieser Hinsicht nochmal auf Gröbers Ansichten, die er in Kap. XVIII niedergelegt hat und auf die petrographische Beschreibung des gesammelten Materials durch Glungler in Kap. XIX. Die Umgebung, in der wir uns befanden, erweckt, wie schon gesagt, den Eindruck eines riesigen Zirkus, in dessen Ränder sich zahlreiche Hohlformen jüngerer Entstehung 168 sowie von verschiedenartiger Ausbildung eingetieft finden und von mehr oder weniger kar- ähnlicher Gestalt (siehe die Panoramen). Der mächtigste der diluvialen Bogdo-Ola-Gletscher nahm ebenso wie der heutige am Südrande dieses großen Zirkus seinen Ursprung; die anderen heutigen Gletscher wurzeln in kleinen, nicht sehr tiefen Hochmulden in dem öst- lichen und westlichen Rand. Die Erstreckung des Bodens der großen Hohlform von N. nach S. beträgt bis zum Fuße des mehrerwähnten, dem zentralen Wandabsturze vorge- lagerten Querzuges, also so weit der Boden heute unvergletschert ist, ca. 5 km, seine durch- schnittliche Breite 2!/g km; er steigt von 3200 m bei der Gefällsknickung am nördlichen Rande bis zu 3600 m an, ist jedoch von außerordentlicher Unregelmäßigkeit, was durch seine glaziale Vergangenheit erklärlich wird. Man kann ihn als ein Schulbeispiel alter Grundmoränenlandschaft bezeichnen. Von den zu einer solchen gehörigen Erscheinungen fehlt wohl keine: Drumlins, Riesenblöcke etc., auch die kleinen Seen nicht. Alles weist darauf hin, daß die Mächtigkeit der Grundmoränenablagerungen eine außerordentliche ist, wenngleich es an Gelegenheit mangelt, ihren Betrag festzustellen, da die jetzigen aus den nicht unbedeutenden Gletschern der Umrandung abfließenden Wasserläufe (siehe $. 96) in dieser Akkumulation lockeren Aufbreitungsmaterials nur flache Rinnen von unregelmäßigem, wechselndem Verlauf eintieften und der größere Teil der Schmelzwasser versickernd, diese Glazialschuttdecke durchtränkt und total versumpft hat. Es ist anzunehmen, daß die Ge- wässer am N.-Rande des Zirkusbodens sich in präexistenten Rinnen sammeln und die sehr starken Bäche dort alimentieren, worauf ich bereits früher wiederholt hingewiesen habe. Der Boden dieser Riesennische ist mit einem lockeren Vegetationskleide bedeckt, hauptsächlich und besonders an allen tiefer gelegenen Stellen aus Gräsern und Pflanzen- formen der Sumpfflora zusammengesetzt, wie dies in Kap. XIII näher geschildert wurde. Die Versumpfung der Oberfläche ist so stark, daß es für meine Karawane ungemein schwierig war, sich einen Weg darüber zu bahnen und nicht weniger schwierig, einen trockenen Lagerplatz ausfindig zu machen. Es ging hiebei auch nicht ohne Unfall ab. Nur die höchsten Anschwellungen des Bodens, die Decken der Drumlins bieten hiezu trockene, aber sehr unregelmäßig geformte Stellen. Auf einer solchen wurde das Hochlager in 3435 m Meereshöhe aufgeschlagen. Es ist bezeichnend für die hier stattfindende außerordentliche Akkumulation und Aufbreitung von feinem lockeren Glazialmaterial, das zum Teil wohl auch aus der Ausspülung der am Fuß der Umrandung einen Gürtel bildenden Moränenzüge herstammt, daß in diese Decke das daraufliegende Blockmaterial häufig tief eingesunken ist und wo es eine bestimmte reihenweise Richtung einhält, folgen solchen eingesunkenen Blockbetten auch die Wasserläufe, indem sie meistens unter den Blöcken dahinfließen. Begeht man die Unvorsichtigkeit, um ein leichteres Fortkommen auf dem widerstands- schwachen Boden zu finden, solche Blöcke zu betreten, so sinkt man samt den Fels- trümmern bis zum Knie und darüber ein. Nach allen Seiten verzweigen sich diese unterirdischen Wasseradern und sammeln sich allmählich, dem allgemeinen Gefälle folgend, in eine Nordrichtung. Nirgendwo sah ich auf einer zusammenhängenden Grundmoränendecke eine ähnliche Mannigfaltigkeit der Anhäufung von kleineren Stirn- und Ufermoränenwällen der alten Seitengletscher, teils völlig, teils nur in einzelnen ihrer Teile erhalten; sie wurden nach dem Zurücktreten des mächtigen, den Zirkusboden einst völlig verhüllenden, großen Gletschers und nach seiner Ablenkung durch den querenden Riegel (8. 82) von den einmündenden 169 kleineren Gletschern der Umrandung bei ihren letzten Vorstößen gebildet und auf dem alten Grundmoränenboden abgelagert. Dies verleiht dem Bodenrelief der großartigen Hohl- form eine besondere Unregelmäßigkeit. Von einzelnen der heute weit zurückgegangenen Seitengletscher (siehe S. 86) sind als Zeugen von eingeschalteten längeren Pausen in der Periode des Rückzuges mehrere hintereinanderliegende Stirnmoränen erhalten geblieben. Durch solch unwegsames Terrain von versumpften, aus Glazialschutt gebildeten Bodenanschwellungen und dazwischen liegenden stagnierenden Wasseransammlungen ver- mochte ich mir nur in früher Morgenstunde, so lang alles fest gefroren war, den Weg zu bahnen, um zur Wasserscheide, zum Passe Gurban-bogdo zu gelangen, der für den Über- gang nach S. geprüft werden sollte. Ich hatte angenommen, die wasserscheidende Linie ziehe über den außerordentlich tiefen Einschnitt im Kammgerüste, der die zentrale Bogdo-Ola- Wand von der westlichen Fortsetzung der Kette trennt (siehe S. 37, 89, 101), jener tiefen Depression, die in allen hier beigegebenen Panoramen besonders gut ausgeprägt erscheint. So erwartete ich also eine Kammwasserscheide, genauer gesagt einen Schartenpaß zu finden. Mein Erstaunen war daher nicht gering als ich, eine Moränenwelle um die andere überschreitend, mich plötzlich auf einer besonders hohen dieser Glazialschuttanhäufungen befand, die durch das Zusammenstoßen einer älteren Ufermoräne des Grum Grschimailo- Gletschers mit der alten Stirnmoräne eines von einem Gipfel im W.-Rande abfließenden Gletschers entstanden war und hier wahrnehmen konnte, daß ich mich nun schon auf der Höhe der Wasserscheide befand. Der Kammeinschnitt aber lag noch weiter im $. vor mir und schon unter meinem Standpunkt. Ich hatte es also mit einer sehr jugendlichen Wasserscheide zu tun, einer sekundären Bildung, die lediglich der Akkumulation von Glazialschutt ihre Entstehung verdankt, einem „glazialen Aufschüttungspaß oder aufge- schütteten Eisrandpaß“ im Sinne der Sölchschen Klassifikation.) Eine in ihrem unaus- geglichenen Stufenlauf alle Kennzeichen der Jugendlichkeit an sich tragende, auf S. 82f. und 101 f. eingehend beschriebene Talrinne von zur Schau getragener glazialer Einwirkung führt zwischen Grum Grschimailo-Gletscher und dem Hauptgletscher des Pik Schokalsky, unmittelbar anschließend an die Moränenhöhe, hinab zur tiefen Depression des Haupt- kammes (siehe Karte II u. III), der im übrigen in seinem ganzen Lauf die Rolle der Haupt- wasserscheide bewahrt. Dieser hohe sattelförmige Moränenwall tritt in enge Verbindung mit jenem, dem Grum Grschimailo-Gletscher im N. vorgelagerten felsigen Querzug (siehe S. 82f., 167) und sperrt auf solche Weise den Zirkusboden in seiner ganzen Breite derart gegen S. ab, daß einerseits alle Gewässer von hier ab teils oberirdisch, teils unterirdisch nach Norden fließen und anderseits nur, was aus den Gletschern am Südabhang dieses Querzuges entströmt, der Südseite zu Gute kommt. Dieser verbauende Moränendamm ist wenigstens teilweise auf den Abbildungen Taf. 1 und Taf. 7 Fig. 9 sichtbar. Die Wasser- scheide befindet sich demnach in beträchtlicher Entfernung nördlich vom eigentlichen Hauptkamme und liegt sogar noch etwas hinter dem Querriegel; sie kann aber nach meinen früheren Ausführungen (S. 82f.) erst nach dem letzten und endgültigen Eisrückzug entstanden sein. Es ist eine immerhin bemerkenswerte Tatsache, daß die einzige Möglichkeit, das !) J. Sölech, Studien über Gebirgspässe in Forschungen zur Deutschen Landes- und Volkskunde. Stuttgart 1908, S. 249, 261, 264. Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 22 170 zentrale Bogdo-Ola-Gebiet zu überschreiten (siehe S. 101), durch einen so jugendlichen glazialen Aufschüttungspaß geboten wird. Ich habe früher (S. 82 f.) darauf hingewiesen, daß zur Zeit des Hochstandes der diluvialen Vereisung der größte Bogdo-Ola-Gletscher, von dem der heutige Grum Grschimailo-Gletscher nur ein geringes Überbleibsel ist, über den hohen N.-Rand seines heutigen Bettes, dem vorgelagerten felsigen Querzug hinweg, nach N. doß, was natürlich durch einen langen Zeitraum angedauert haben muß, weil sonst die außerordentliche Mächtigkeit der den Bogdo-Ola-See abdämmenden Stirnmoräne nicht er- klärlich wäre (8. 154 f.), ebensowenig wie andere bereits beleuchtete glaziale Züge im morphologischen Charakter und im Landschaftsbilde des Nordabhangs. Zu jener Zeit als der größere Teil der Eismassen des Nordabhangs über dem Querriegel hinweg noch einen nördlichen Abfluß nahm, ein anderer Teil einen südlichen, muß also die Wasserscheide auf dem Eise selbst gelegen haben, das über den Riegel hinweg eine Wölbung bildete. Erst nach dem endgültigen Schwinden des Eishochstandes, also nach dem Ablauf der diluvialen Vereisung, bildete sich infolge später Schwankungen des Eisstandes der erwähnten Seiten- gletscher eine neue glaziale Schuttakkumulation auf der Decke der diluvialen Grundmoräne und verursachte so die heutige Wasserscheide. Der Paß gehört demnach einer sehr jungen Vergangenheit an. Als feststehend kann also angenommen werden, daß während der Dauer des diluvialen Eishochstandes ein beträchtlicher Teil der ungeheuren, am N.-Rand gebildeten Eismassen durch die große, öfters besprochene tiefste Lücke, welche das höchste Kamm- gerüste zerteilt, nach S. abgeflossen ist. (Transfluenz im Sinne Pencks.)!) Sowohl die Gestalt dieser Lücke, als die der steilen Talränder des nach $. hinabziehenden Gurban- bogdo-Tales, wie ich es S. S2f. und S 101 f. beschrieben habe, die Trogform dieses Tales, die totale Abschleifung seiner Ränder in Rundhöckerform vom Fuße bis zur Scheitelhöhe (siehe Taf. 10 und 11), die Stufen, Seen, Nischen weisen mit Sicherheit auf den großen Anteil hin, den Gletschertätigkeit an der Ausgestaltung dieser Talfurche hat, sowie an der Vertiefung der Lücke selbst. Nach dem orographischen Bilde des Gebirges kann ein sehr großer Teil dieses Gletschereises nur von dem Nordabfall der höchsten zentralen Wand- erhebung herabgekommen sein. Man muß bei Betrachtung dıeser Verhältnisse nun die Frage aufwerfen, auf welche Weise die außerordentlich tiefe Schartung im höchsten Kammgerüste der Bodgo-Ola zu- stande kam, der breschenförmige Einschnitt, wie er sowohl im schematischen Profil der ver- tikalen Gliederung (Taf. 16 Fig. 1) ausgedrückt ist, als aus den Panoramen ersichtlich wird. Es handelt sich hier um ein plötzliches Absinken der Kammlinie von 6500 zu 3645 m. Da die letztgenannte Cote sich aber nur auf die heutige, in jugendlichen Aufschüttungen liegende Paßhöhe bezieht, wie dies eben erörtert wurde, und der Kammeinschnitt in dem Felsgerüste noch ca. 200 m tiefer liegt, so kommt hier sogar ein Wert der Kammdepression von über 3000 m in Betracht. Wie bedeutend man nun auch die Kraft glazialer Erosion einschätzen mag, eine Frage, auf deren theoretische Erörterung ich mich in diesem Berichte nicht einlassen will, so wird man doch selbst in dem Falle, daß man der Erosion des Gletschereises die Entstehung gewisser Kammdepressionen zuschreibt (Glaziale Destruktions- pässe nach Sölch)?), eine Erscheinung von dem selten vorkommenden Ausmaße des Gurban- bogdo-Passes — im weiteren Sinne auf die eigentliche Kammlücke ausgedehnt — kaum 1) Alpen im Eiszeitalter, S. 812. 2).1..0., S: 194. 171 auf solche Ursachen zurückzuführen geneigt sein. AÄnderseits muß man aber zweifellos so bedeutenden Eismassen, wie sie durch diese Lücke sich hindurchbewegt haben, ein tiefes Einschneiden in ein stark zugeschärftes Kammstück schon zutrauen und glazialer Tätigkeit wenigstens einen großen Anteil an ihrer Ausgestaltung unbedenklich zubilligen können, unter der Voraussetzung, daß präglaziale Eintiefung an jener Stelle vorhanden war oder leicht zerstörbares Gestein die erodierende glaziale Tätigkeit erleichterte. Alle diese Faktoren, erodierende und abtragende Kräfte, reichen aber meines Erachtens doch nicht aus, um eine Kammdepression im Betrage von mehr als 3000 m erklärlich zu machen, wenn wir uns den diluvialen Hochstand des Eises nicht in einer aller Wahrscheinlichkeit widersprechenden Höhe vorstellen wollten. Scharfer Wechsel in den Gesteinsschichten und infolge hievon Herauswittern 'und Ausräumen der zwischen härteren Gesteinspartien eingeschlossenen besonders weichen, oder etwa Zertrümmerung spröder Einschlüsse kann bei dem homogenen, geschlossenen, von N. nach S. gefalteten Bau des Gebirges, wie er in Kap. VI und XX!) geschildert wurde, ebenfalls kaum in Betracht kommen, um die Entstehung einer so gewaltigen Bresche zu erklären. Als weit wahrscheinlicher darf die Möglichkeit gelten, daß durch Druckvorgänge bei sehr jugendlichen Hebungsprozessen einzelne Gesteinszonen bis zu feinster Schiefer- struktur verpreßt wurden —, wofür ich einige lehrreiche Beispiele aus der Hochregion an- führen werde — und unter besonderen Bedingungen später in sich zusammengestürzt sind und ausgeräumt wurden. Senkrechtes Einschneiden in den Gipfelbau, erleichtert infolge ver- tikaler Klüftung, kann deshalb nicht als Ursache für die Bildung der Gurban-bogdo-Lücke herangezogen werden, weil gerade in der höchsten Kammregion, wo die Schichtenstellung ohnedem eine nahezu saigere ist, die Klüftung kaum ausgeprägt erscheint und somit Zer- störung und Abtragung nicht unterstützen konnte. Ebenso können tektonische Ursachen, wie Verwerfung, beim Auffaltungsprozeß insoferne nicht mit Sicherheit verantwortlich für diese Bildung gemacht werden, als im allgemeinen in den das eigentliche Paßtal begren- zenden beiden Steilrändern einseitige Unterschiede des geologischen Baues nicht erkennbar sind. Es ist aber dennoch nicht als ausgeschlossen anzusehen, daß es infolge sehr junger Bewegungen und Verschiebungen gegeneinander in der höchsten Kammregion dort zu tief- greifender Gesteinszerrüttung kam und es wäre wohl auch anzunehmen, daß eine Einsenkung von schartenartiger Form schon früher entstanden sei (siehe oben) und durch die spätesten Krustenbewegungen wesentlich vertieft, endlich durch starkes Eingreifen großer Eismassen weiter ausgestaltet wurde. Als ein wichtiges Merkmal hiefür ist die auffällige, stufenförmige Zerschneidung der unteren Teile der gewaltigen Westwand des westlichsten der drei Hauptgipfel zu erwähnen, dessen Wandabsturz zur östlichen Umwallung des Paßtales gehört. Dieser stufenförmige Abfall ist deutlich in Taf. 4 Fig. 2, auch einigermaßen in Panorama Taf. 2 zum Ausdruck gekommen. Ich habe diese Stelle an der Westflanke des zentralen Massivs mehrmals um- gangen und in die von nahezu senkrechten Wänden begrenzten ungeheuren spaltenartigen !) Wie im Verlaufe des Lesens der Korrekturen leider erst jetzt festgestellt wurde, hatte sich in der Numerierung der Kapitel ein Irrtum eingeschlichen. Infolgedessen wurde bisher auf dem geologisch- tektonischen Beitrag von Dr. Gröber als Kap. XVIII verwiesen, während es Kap. XX heißen sollte. Ebenso wurde auf dem petrographischen Beitrag Dr. Glunglers als Kap. XIX verwiesen, während es Kap. XXI heißen sollte. 22* 172 Lücken hineingeblickt, durch welche die einzelnen Riesenklippen des Westabfalles der zen- tralen Gruppe voneinander getrennt werden, wobei ich keine Anzeichen dafür finden konnte, daß diese, so bedeutende Dimensionen annehmende Zerschneidung der Felsmassen durch Erosion des Wassers entstanden sein könnte. Wenn die Homogenität der Gesteinsmassen und die saigere Schichtenstellung einen direkten tektonischen Nachweis auch nicht gestatten, so ist der Gedanke an späte Bruchbewegungen oder Erneuerung von solchen verbunden mit Absinken als Ursache für die Entstehung der tiefen Paßlücke schon deshalb nicht von der Hand zu weisen, weil ja bereits nachgewiesen wurde (S. 103), daß der untere Teil des Gurban-bogdo-Tales einem Querbruch folgt, dessen Achse in der Richtung gegen die tiefe Schartung liegt. Auch trägt der Oberlauf des Tales, also gerade der vom Paß nach S. hinab- ziehende Teil, wie dies aus den früheren Schilderungen hervorgeht, alle Kennzeichen einer sehr jugendlichen Bildung an sich, die man berechtigt ist, in enge Beziehung zu jungen Niveauveränderungen in der zentralen Kammregion zu bringen. Ich muß mich begnügen auf alle diese Möglichkeiten hinzuweisen, ohne eine vollgültig beweisende Erklärung für eine so seltene Erscheinung, wie sie uns in dieser ungewöhnlich tiefen Bresche vor Augen tritt, geben zu können. Entsprechend der wichtigen Rolle, welche dem Gurban-bogdo-Paß in der Gliederung dieses Gebirges zukommt, vermittelt er Übergänge nach mehreren Seiten; allerdings keine solchen, welche leicht genug sind, um ihre Ausbildung zu Verkehrswegen zu ermöglichen. Der mich begleitende kirgisische Mollah machte mir hierüber eingehende Mitteilungen (siehe Karte II). Diesen zufolge kann man durch einen Einschnitt in dem den obersten Talboden im W. begrenzenden Gebirgsrand schwierig auf die hochgelegene oberste Stufe eines Nebentales des Da-tun-gu und von dort, ohne weiteren besonderen Terrainhinder- nissen zu begegnen, über begrünte, sanfte Kämme in das Tal Schimo-gu, sowie durch dieses nach Urumtschi oder Foükan gelangen. Ebenfalls von der Hochstufe unterhalb des Passes gelangt man in der Richtung nach O., dann SO. über den wasserscheidenden Kamm in das obere Dön-chon-dse, dieses querend zu dem Ausläufer eines felsigen Rückens, der es von einem Nebentale des Du-dun-dse-Tales trennt. Über diesen Scheiderücken soll ein schwieriger Übergang in den letztgenannten Talzweig führen; weiter in der Richtung nach SO. gelangt man nach Übersteigung eines anderen hohen Zwischenkammes in das Tal Er-dao-cho. Diesem abwärts, über seine Mündung hinaus folgend, erreicht man die nördliche Kaiserstraße, welche zur Stadt Gutschen führt. Leichter und ratsamer, sagte mir der Mollah, sei aber ein Übergang in das Dön-chon-dse-Tal, wenn man weit mehr im N., schon unterhalb des Nordrandes der obersten Talstufe, dem Laufe eines von 0. ein- mündenden Seitentales des Da-tun-gu einige Kilometer weit auf sehr steilem Terrain auf- wärts folge, und dann einen der allerdings nicht sehr leicht passierbaren, aber doch auch für Lasttiere geeigneten Paßeinschnitte über die trennende Zwischenkette wähle. Für diesen Weg, dessen Verlauf in Karte II eingetragen wurde, entschied sich Gröber, als er sich mit einem Teil der Leute und Pferde am 10. August von mir trennte, um die Erforschung der Täler des Angaragebirges fortzusetzen. Der dritte Übergang ist der nach S. in das Tal Gurban-bogdo, von dem ich schon in Kap. XI und XII eingehend berichtet habe. Auch über die botanischen Beobachtungen auf diesem Wege wurde in Kap. XIII das Wichtigste mitgeteilt, weshalb ich mich nun darauf beschränken kann, weitere morphologische Er- scheinungen, die sich in der Hochregion boten, näher zu erörtern. 173 Während mein Reisegefährte seinen geologischen Untersuchungen im tiefer gelegenen Vorlande nachging, war es meine Aufgabe, die höchsten Regionen insbesondere ihre heutige Eisbedeckung und die Ausdehnung der früheren zu erkunden, sowie das Material für die topographische Festlegung des Hochgebirges zu gewinnen. Allerdings wurde auch mein alpiner Ehrgeiz angesichts der großartigen Formen der zentralen Gruppe mächtig . angeregt, einen Versuch zur Bezwingung eines ihrer höchsten Gipfel zu unternehmen. Bei näherem und sorgfältigem Studium der Wandabstürze und der zur kulminierenden Region hinziehenden Kämme aber, die mir hinsichtlich der Steilheit und Zerklüftung des Firnes und besonders über die außerordentliche Lawinengefährlichkeit der Firnhänge (S. 81) keinen Zweifel ließ, kam ich auf Grund meiner reichen alpinen Erfahrung zu dem Ergebnis, daß ein solches Unternehmen ein Wagnis sei, das wenig Aussicht auf Erfolg biete; wenigstens insoweit es sich um einen Angriff auf die N.-Wände, sowie auf den westlichen oder östlichen Abfall des Zentralmassivs handelt. Ob dessen Süd- seite günstigere Möglichkeiten biete, ließ sich damals noch nicht feststellen. Immerhin möchte ich dieses ungünstige Urteil nicht in jeglichem Sinne aufrecht erhalten. Ich will es durchaus nicht als ausgeschlossen ansehen, daß es einigen Auserwählten aus den Besten der Bergsteigergilde gelingen würde, auch diese wundervollen Hochgipfel zu bezwingen, wenn sie die ohnehin hier recht kurze Dauer des Hochgebirgssommers aus- schließlich dazu benützen könnten, alle verschiedene Möglichkeiten auszuprobieren, um einen Zugang zu dem krönenden Hochkamm ausfindig zu machen. Auf diesem selbst scheinen sich keine besonderen Hindernisse mebr zu bieten. Voraussetzung für ein der- artiges Unternehmen bliebe aber die Sicherung der Verproviantierung auf etwa sechs Wochen für die Bergsteiger und für ihre Begleitmannschaft. Wie aber dieses Problem zu lösen sei, vermöchte ich nach den von mir gemachten Erfahrungen nicht anzugeben, da mir ein Aufenthalt von kaum der Hälfte dieser Zeit in der Hochgebirgszone-in Bezug hierauf schon nicht geringe Schwierigkeiten bereitete. Nachdem ich durch solche Feststellungen mein alpines Gewissen beruhigt hatte, handelte es sich für mich darum, andere weniger hoch gelegene und nicht zu schwer erreichbare Punkte ausfindig zu machen, die lehrreichen Einblick in den Bau des Gebirges und den besten Überblick über die Formen der zentralen Gruppe sowie Ausblick auf ihre Fortsetzungen nach O. und W. bieten könnten. Ein besonders auffälliges Glied im Relief der Hochregion, der dem zentralen Wand- absturz vorgelagerte eigentümliche Querzug, auf dessen besondere Rolle in der Glazial- geschichte der Bogdo-Ola ich mehrmals hinzuweisen hatte und dessen Form besonders an- schaulich im Panorama Taf. 1 erscheint, war natürlich in erster Linie Gegenstand meiner Untersuchung. Da er sich (siehe Karte II) als eine Abzweigung der östlichen Umrandung des großen Zirkus erweist, die sich ihrerseits nahe dem Ostabfall des zentralen Gipfel- gerüstes von diesem abspaltet, mußte dort, wo die Scharung der drei Züge stattfindet, die lehrreichste Übersicht zu erwarten sein, um so mehr, als der östliche Zirkusrand dort auch seine höchste Höhe erreicht (S. 85, 167). Man durfte voraussetzen, dorten auch das zu Füßen des zentralen Wandabsturzes gebreitete große Gletscherfeld, den Grum Grschimailo- Gletscher (S. 81 f.), in seiner ganzen Ausdehnung und mit allen seinen Verzweigungen über- blicken zu können, was schon wenig im N. hievon durch den Querzug selber noch verwehrt wird. Die Ersteigung einer der in der Scharungszone aufragenden, stumpf pyramidenfömigen, 174 vergletscherten Kammanschwellungen, deren Erreichung keine sonderlichen Schwierigkeiten . im Wege zu stehen schienen, wurde daher von mir zunächst geplant. Da im steilfelsigen Absturz des östlichen Zirkusrandes, wie S. 167 hervorgehoben, die Umbiegung des Schichtenkomplexes zur höchsten Sattelfalte gut erschlossen ist, mußte ein Aufstieg über ihn durch den ganzen Komplex der Schichtenfolge führen und Gelegenheit geben, eine vollständige Sammlung von Handstücken aus ihr zu schlagen (siehe Kap. XX). Ich beschloß daher über diese Felswand emporzusteigen, um so die Kammhöhe zu ge- winnen, ihr alsdann so weit als möglich nach S. zu folgen, wobei ich schließlich, da der Schichtenbau sich je mehr nach dieser Richtung desto steiler aufrichtet, in die Zone der ausstreichenden Schichtenglieder gelangen und über ihre Köpfe hinwegschreiten mußte. Diesen Vorsatz führte ich am 13. August durch, ohne auf meinem Wege bedeutende Hindernisse zu finden. Die Folge von Gesteinsproben wurde geschlagen, der Kamm erreicht und gegen S. und dann in Richtung SSO. begangen. Gerade dort aber, wo sich besonders interessante Aufschlüsse erwarten ließen, mit ansteigender Höhe im $., breitete sich eine immer dichter werdende Firndecke über die flächenartig verebnete Kammhöhe und verdeckte die ausstreichenden Schichtenköpfe.. Da die Firndecke aber weit mehr aut das gegen N. und O. gerichtete Gehänge beschränkt bleibt (siehe Taf. 4 Fig. 1), so glückte es mir durch Ausweichen gegen das westliche Gehänge wenigstens auf. einige Aufschlüsse von besonderem Werte zu stoßen. In feinste Schieferform gepreßtes und ineinander geschobenes Eruptivgestein. Hier traf ich auf eine ausstreichende Zone von etwa 100 m Mächtigkeit, bestehend aus dunklen, fast schwarzen Schiefern, welche ich auf den ersten Blick für dynamo- metamorphe Tonschiefer zu halten geneigt war. Die Schieferung war so fein, daß die Lamellen oft nur die Stärke des feinsten Papiers erreichten; sie erschienen bündelweise kreuz und quer ineinander geschoben, wie dies in nebenstehender Zeichnung angedeutet ist. An manchen Stellen waren die Lamellen auch durch senkrecht zur Schieferung gehende Klüftung in feinste Nädelchen zerlegt. In Panorama Taf. 1 sieht man links am Abhang des überfirnten Plateaus ähnliche Bildungen den Firnschnee durchbrechen. Bei der petro- graphischen Untersuchung dieser gebrechlichen Gebilde stellte es sich heraus, daß es sich hier nicht um Tonschiefer handelt, sondern um eingeschaltete Ergußgesteine, die durch den Gebirgsdruck in der beschriebenen eigenartigen Weise verpreßt waren. Es scheint sich um Gänge zu handeln, welche in verhältnismäßig junger Zeit die schon umgewan- delten Glieder des alten, durch Störungen aufs neue zerrütteten Schichtenbaus durch- 175 drungen haben (S. 167), demnach wohl zur Zeit der letzten Phasen größerer Gebirgs- bewegungen, welchen die heutige Gestalt der Bogdo-Ola zu verdanken ist. Hiebei mag aus verschiedenen Richtungen gekommener Druck, wie in Kapitel VI (S. 48) auseinander- gesetzt wurde, stark verpressend auf das aufgestiegene aber schon erstarrte Magma gewirkt haben. Ich bin auf solche eigenartige Gebilde nur in diesem nördlichen Teile der Kamm- region gestoßen. In den südlicheren Teilen traf ich sie nicht mehr, trotzdem gerade dort an der Zusammensetzung der höchsten Teile des Gebirges jüngere Erguß- und Ganggesteine den größten Anteil haben (siehe Kap. VIII S. 59, sowie Kap. XXN)}). Die letzten Bewegungs- vorgänge scheinen demnach im Norden besonders kompliziert gewesen zu sein, worauf schon die öfters erwähnten Verbiegungen an den Stufen hindeuten (8. 39f., 56, 96, 166). Der Umstand, daß das Auftreten einer mächtigen Zone von Ganggesteinen, die so außerordentliche Zeichen der Verpressung, Umwandlung und Zerstörung zeigen, auf diesen Teil des Gebirges beschränkt bleibt, legte den Gedanken nahe, daß die zum sonstigen orographischen Bau des Gebirges so wenig passende Erscheinung des zu meinen Füßen gelegenen longitudinalen Gletschertales, das zwischen dem hohen nördlichen Wandabsturz der zentralen Gruppe und dem ihr vorgelagerten, quer über den großen Zirkusboden streichenden Riegel eingetieft ist, hiemit in Zusammenhang gebracht werden könne. Ich wurde in dieser Ansicht bestärkt durch den Umstand, daß die Erstreckungsrichtung dieses Riegels annähernd dem allgemeinen Streichen der Schichten folgt und daß er aus einer Zone äußerst dichter, der Verwitterung besonderen Widerstand leistender Gesteine (Kalksilikathorn- felsen ete. besteht (siehe Kap. XXJ), während der ihm südlich gegenüberliegende Absturz der zentralen Bogdo-Ola-Erhebung aus nicht weniger harten Gesteinen der Diabas-Reihe aufgebaut ist. Es besteht demnach ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit dafür, daß zwischen diesen beiden Gliedern harter Gesteine, der allgemeinen Streichrichtung folgend, jene Zone verpreßter und zerstörter Ergußgesteine, welche ich in der Kammregion noch in ihrem Bestande vorfand, sich fortgesetzt hat, also auch dort eingeschaltet war, und durch zer- störende und ausräumende Kräfte vielleicht schon in präglazialer Zeit entfernt wurde, jeden- falls aber bei Eintritt der großen Vereisung der glazialen Erosion vollends zum Opfer fiel. Mit anderen Worten: Ich halte das Tal, in welchem sich heute der größte nördliche Bogdo- Ola-Gletscher, der Grum Grschimailo-Gletscher erstreckt, für ein präglazial augelegtes, zum überwiegenden Teile durch glaziale Erosion ausgestaltetes Längstal. Mag man auch im allgemeinen nicht geneigt sein, der Erosionskraft des Gletschereises so bedeutende Wir- kungen zuzubilligen, wenn nicht besondere Umstände sie begünstigen, so scheint mir doch in diesem Falle, wo ein so leicht zerstörbares Gestein: zwischen sehr harten Zonen lag, die Annahme einer solehen Wirkung vollkommen gerechtfertigt, zumal eine andere und bessere Erklärung für die Entstehung dieser im Bau des Bogdo-Ola-Gebirges einzigartigen Er- scheinung nicht leicht zu finden wäre. Von derartigen Auswitterungserscheinungen von etwas weniger bedeutendem Ausmaß, welche ähnlichen geologischen Verhältnissen ihr Ent- stehen verdanken, habe ich übrigens schon früher (S. 161£.) berichtet. Auf den mehrfach hervorgehobenen wichtigen Umstand, daß dieser jetzt den Nord- rand des Grum Grschimailo-Gletschertales bildende Riegel zur Zeit des Hochstandes der diluvialen Vereisung vom Eise überflutet war, das damals in seinem überwiegenden Teile 1) Siehe Anmerkung 8. 171. 176 nach Norden abfloß, sei nochmals hingewiesen. Schon die abgeschliffenen Formen jenes Gebirgszuges, wie sie in Taf. 1 uns vor Augen treten, lassen keinen Zweifel darüber, wie sehr die Bearbeitung durch Gletschereis die Gestalt seiner Kammlinie und seines Nord- abhanges beeinflußt hat. Auch der südliche, dem Gletscher zugewendete Abhang ist bis zur, Kammlinie hinauf abgeschliffen, zeigt aber auch die Stadien des Eisrückzuges in undeutlich erhaltenen Fragmenten von zwei etagenweise übereinanderliegenden Schliffkehlen. Auf meinem Weiterwege zur Gipfelregion gelangte ich über die firnbedeckte, plateau- artige, aber durch starke Einsenkungen gebrochene Kammerhebung zunächst zu einer kuppelförmigen Anschwellung (3915 m), die mir bereits einen guten Einblick in die Gestalt des Gebirges vermittelte und die Aufnahme von Panorama 1 gestattete. Ein gleichmäßiger, seiner Unterlage entsprechend, wellenförmig eingesunkener Firnmantel hüllt, beginnend von einer Höhe von etwa 3800 m an, das ganze Gebiet ein: die stumpfkonischen Gipfel und die dazwischen liegenden Depressionen von geringer Tiefe. Lappenförmige Eiszungen hängen über die Steilwände gegen die Taleinschnitte zu beiden Seiten hinab, etwas tiefer am Ostabhang gegen das Tal Dön-chon-dse, weniger tief nach W. gegen den weiten Zirkus- boden. Da ich im wesentlichen die Eigenart der heutigen Gletscherbedeckung dieses Ge- birgsteiles bereits in Kap. XI geschildert habe, will ich hier nur noch einige ergänzende Beobachtungen anfügen: Aus der das Kammplateau verhüllenden allgemeinen Firndecke zieht eine kleine Eiszunge auch nach NW. in ein Seitental hinab, das 1!/s km unterhalb meines Hochlagers in den die weite Fläche des höchsten Talbodens durchfurchenden Haupt- bach einmündet. Das Zungenende hat dort meiner Schätzung nach etwa 3500 m und ein unbedeutender, durch eine kleine Stirnmoräne des Rückzuges abgedämmter See liegt wenig unterhalb der Zunge. Auf der östlichen Seite des Beckenrandes ist dies der am tiefsten herabreichende Gletscher. Dem breiten Eislappen, der von dem östlichen Teil des Grum Grschimailo-Gletschers in das Tal Dön-chon-dse absinkt, ist ein bedeutend umfangreicherer, durch eine vor dem rezenten Rückzug angehäufte, auffällig große Stirnmoräne abgedämmter See vorgelagert. Der Umfang dieser Moräne ist eine ausnahmsweise Erscheinung; ihre Mächtigkeit mag mit der reinen N.-Exposition und der bedeutenden Ausdehnung des Einzugs- gebietes zusammenhängen. An sämtlichen Eiszungen des Gebietes lassen sich im übrigen die Anzeichen gegenwärtigen raschen Schwindens beobachten, so daß nur wenigen von ihnen Zeit blieb, junge Stirnmoränen aufzuwerfen (S. 86). Besonders ist dies bei den annähernd nach S. und W. gerichteten Gletscherenden der Fall und daher auch sogar bei dem Südende des Grum Grschimailo-Gletschers, wenngleich dort das Eis nicht so ganz plötzlich, fast zungenlos abschneidet, wie dies bei dem Hauptgletscher des Pik Schokalsky (siehe S. 83) der Fall ist. Der Grum Grschimailo-Gletscher füllt heute nicht einmal.mehr die ganze Breite seines jetzigen Bettes aus und kann überhaupt nur als ein ärmlicher Rest seines diluvialen Vorfahrers angesehen werden. Bei seiner Begehung, die ich einige Tage nach dieser Besteigung ausführte, fand ich fünf mehr oder weniger erhaltene Ufermoränen auf der orographisch rechten Seite: vier jüngere und eine, diese an Höhe wesentlich übersteigende, weit ältere (70—S0 m hoch), die dem Laufe des nördlichen Felsrandes folgt, von ihm aber noch durch einen Graben getrennt ist, durch welchen einst zur Zeit hohen Eisstandes die großen Wassermengen der seitlichen Abflüsse des Gletschers herabgeleitet wurden. Dieser älteste erhaltene Ufermoränenwall liegt vom heutigen Eisrand etwa 75 m entfernt und lo) innerhalb dieses Zwischenraumes ziehen, treppenförmig niedriger werdend, die erwähnten vier jüngeren Ufermoränen entlang, welche zusammengehören und die Etappen des letzten zum Teil schon rezenten Schwindens des Gletschereises andeuten; ihre Höhen fallen von 15—18 m außen zu 4—6 m durchschnittlicher Höhe innen ab. Die beträchtlich höhere äußere Moräne gehört jedoch einem älteren Zyklus an. Es lassen sich also auch hier drei größere Stadien oder Phasen der diluvialen Vereisung erkennen, wie sie aus meinen früheren Dar- legungen ($. 148, 163) hervortreten und dieses Verhältnis steht in annähernd guter Überein- stimmung mit dem am Chigogletscher beobachteten verwandten Erscheinungen (Kap. XI und XII). Auch die innerste und niedrigste Seitenmoräne tritt nicht ganz an den Eisrand heran, was als weiteres Zeichen raschen Schwindens anzusehen ist. Zwischen beiden breitet sich viel- mehr eine etwas aufgewölbte Schuttfläche, unter welcher sich noch totes Eis befindet. Der nördliche Seitenrand des Gletschers zeigt durchaus jenen walzenförmig gerundeten. Steil- abbruch,. wie ich ihn schon bei Beschreibung der Endzunge geschildert habe (S. 82). Im Eis der Abbruchwände sieht man ungemein komplizierte und unregelmäßig verpreßte Schich- tungsverhältnisse, die sich aus dem starken, aber ungleichmäßigen Druck erklären, den die aus den Nischen des großen Wandabsturzes vorbrechenden Firnmassen auf die darunter gelegene Eisanhäufung ausüben. Die Höhe des seitlichen Eisabbruches schätzte ich im mittleren Teil des Eisfeldes auf ca. 40—50 m. Doch konnte ich wegen der Konvexität der Abbruchswand den höchsten Teil der Decke vom Fuße aus nicht sehen, so daß hier die Eismächtigkeit wohl nicht unwesentlich mehr betragen dürfte. Da die Wölbung des Eises sich allmählich gegen die Mitte des sehr ausgedehnten kuchenförmigen Eisfeldes hin fortsetzt, wo der Scheitel liegt, so darf man die gesamte Eismächtigkeit im Durchschnitt auf nicht unwesentlich mehr als 100 m veranschlagen. Die eigenartig konvexe Form der Seitenwände des Eiskörpers beruht meines Erachtens auf Wärmerückstrahlung aus der dem Eisrand entlang laufenden dunklen, fast schwarzen Schuttdecke der Grundmoräne, welche daher besonders aufnahmsfähig für die starke Insolation ist. Infolge der Rückstrahlung wird die Abschmelzung gerade in den unteren Teilen der Eiswand außerordentlich be- günstigt. Es findet also dort eine Unterschneidung statt. Am oberen Rand des Eiskörpers wird aber außer durch direkte Bestrahlung hauptsächlich durch die abfließenden Schmelz- wasser eine Abrundung hervorgerufen, während die in halber Höhe liegenden Teile der Eis- mauer von beiden Faktoren weniger zu leiden haben und daher stark gewölbt erscheinen. Ich habe ähnliche Vorkommnisse auch an einigen anderen Tian-Schan-Gletschern wahr- genommen, wenn auch nirgends so stark ausgebildet wie an diesem, weil hier im O. die klimatischen Faktoren noch energischer einwirken, als in weiter westlich gelegenen Teilen des Tian-Schan-Gebirges. Eine andere eigenartige Erscheinung, die zu erwähnen ist, besteht darin, daß die jüngeren Ufermoränen in dem Maße, als sie gegen das Gletscherende hin vorrücken, sich einander mehr und mehr nähern und endlich in einen einzigen allmählich abdachenden und eine ansehnliche Breite erreichenden Wall verschmelzen, der zunehmend mehr an den Seitenrand des Eises herantritt und sich ihm endlich nahezu anschließt. Dies ist nach meiner Ansicht nur auf die zunehmende Verengung des Gletschertales zurückzuführen. Dort kann man auch die besondere Erscheinung beobachten, daß im Gegensatz zur Zu- sammensetzung des Moränenwalles im Oberlauf des Gletschertales, wo er aus grobem Block- material gebildet ist, sein Ende hier überwiegend aus feinerem Material besteht, ja teilweise Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 23 178 aus großen Mengen sandigen Lehms und lehmgemischtenı Sande, mit feinen Gesteins- fragmenten durchsetzt. Nur zum geringeren Teil kann dies auf Auswaschung der in Spalten des Eises angehäuften feinen Bestandteile und auf normale subglaziale Ausspü- lung der Grundmoräne zurückzuführen sein, deren feineres Material in solcher Weise am Gletscherende akkumuliert wurde. Es ist vielmehr anzunehmen, daß Zermalmungsprodukte im Moränenmaterjal in großen Mengen mitgeführt werden, den verpreßten Gesteinspartien entstammend, die, wie früher (S. 174) gezeigt wurde, an der Zusammensetzung des Bodens dieses Gletschertales wesentlichen Anteil haben. Im Zusammenhange hiemit halte ich es für erwähnenswert, daß sich auch in den alten Ufermoränen der zurückgetretenen Gletscher am Westrande des Zirkus auffällig mächtige Anhäufung von Sand bemerkbar macht. Die hiezu gehörigen lehmigen Bestandteile sind wegen der größeren Neigung des Gehänges jedenfalls, wenigstens an der Oberfläche der Moränen, durch Regengüsse und Schneeschmelze entfernt worden. Auch dieses Vorkommnis kann nur auf vollständige Zermalmung einge- schlossener, verpreßter Gesteinspartien durch das Gletschereis zuürckgeführt werden. Sehr starke Abspülung der Gletscherdecke, besonders gewaltig zur Zeit der Frühjahrsschnee- schmelze wirkend, findet aber zweifellos am Grum Grschimailo-Gletscher statt und macht hier wie bei allen Gletschern dieses Gebietes neben anderen Gründen die Reinheit der Oberfläche erklärlich, wofür ich eingehendere Erklärung schon früher (S. 93) gegeben habe. Ein aus sehr grobem Blockmaterial bestehender alter Ufermoränenwall ist noch bis einige hundert Meter über das heutige Zungenende hinaus in seiner Form wohl erhalten, weiterhin aber zerstört und zu einer unregelmäßigen Blockanhäufung umgewandelt, die eine bedeutende Ausdehnung erreicht, bei etwa 25—30 m Höhe. Aus dieser verhältnismäßig geringen Höhe läßt sich jedoch keineswegs ein Schluß auf die Eismächtigkeit zur Zeit des letzten großen Rückzugsstadiums ziehen, weil hier die hoch aufgeworfenen alten Stirn- moränen eines großen Gletschers des Pik Schokalsky in nahezu rechtem Winkel gegen die alten Ufermoränen des Grum Grschimailo-Gletschers aufstießen, sie zerstörten und mit ihnen verschmolzen. Hingegen finden wir, sobald wir aus dem engen Oberlauf des Pa&ß- tales in den nach S. sich erweiternden Teil gelangen, am linken Rande eine alte Ufermoräne am Fuße des hohen schroffen Talrandes teilweise gut erhalten, besonders unversehrt beim oberen Moränensee (S. S4 und siehe Taf. 14 Fig. 3). Wir sehen dort einen gewaltigen Blockwall von großer Breitenausdehnung, der heute noch mehr als 80 m Höhe erreicht. Beim Abstiege nach S. hatten wir uns mühsam den Weg über seinen Scheitel hinweg zu bahnen, ehe wir nahe dem S.-Ufer des Sees wieder auf gangbareren Boden hinab gelangen konnten. Steile Schuttkegel, welche aus Schluchten der begrenzenden Bergwände herab- kommen, setzen auf diese Moräne ab; in den tieferen Lagen wird sie von Bergschutt nahezu völlig eingehüllt. Der große Moränensee, welchen ich früher beschrieben habe, reichte einst hoch an diese Seitenmoräne hinan, wie man an der Bedeckung des unteren Teiles des Blockwalles mit feinen Seeablagerungen, welche in scharfer Horizontallinie nach oben abschneiden, deutlich erkennen kann. Auf den Verlauf meiner Höhenwanderung über den östlichen Zirkusrand zurückkommend, erwähne ich noch, daß ich die zuerst erreichte Höhe bald wieder verließ und sodann dem auf- und abwogenden Kammplateau längere Zeit weiter nach S. hin folgte, bis ich endlich eine kuppenförmige Anschwellung (4045 m) gewann, unmittelbar vor einer noch mehr nach S. vorgeschobenen aufragend, bei welcher sich der vielbesprochene Querriegel dem Ostrande 179 des Zirkus angliedert, was auf Taf. 4 Fig. 1 links gut in die Erscheinung tritt. Der be- tretene Gipfel besteht aus einer chaotischen Anhäufung lose übereinanderliegender, großer, dunkelgrüner und grauer Blöcke von Kalksilikathornfels und Keratophyrgesteinen, welche bei ihrer großen Härte trotz der Angriffe ungemein starker Temperaturgegensätze nur zur Blockverwitterung neigen (S. 93). Der Gipfelbau bietet das Bild vollständiger Zerstörung; er ist als Ruine eines Berges zu bezeichnen. Nur an den Flanken sieht man anstehendes Gestein zutage treten. Ich gewann hier sowohl vollkommenen Einblick in das Tal des Grum Grschimailo- Gletschers, als Ausblick auf die Fortsetzung der Kette gegen O. und W. Der 3000 m hohe Steilabsturz der zentralen Bogdo-Ola gewährte, von dem im Gletschereise wurzelnden Fuße bis zur Firsthöhe entschleiert, in seiner überfirnten Formenpracht einen unbeschreiblich großartigen Anblick (Taf. 4 Fig. 1). Die Ausschau nach O. bestätigte meine früher von anderen Punkten gemachte, bereits in Kap. VI niedergeleste Wahrnehmung, daß sich vom Hauptkamm schon unmittelbar im O. des höchsten Zentralmassivs ein Kamm abspaltet, aus welchem höhere und schroffer gebaute Gipfel aufragen, als die der östlichen Fortsetzung des Hauptkammes angehörigen. In letzterem ist die vorherrschende Gipfelform eine stumpf- pyramidale mit sanfteren Böschungen an den Nordflanken als an den südlichen, was sich aus der nach S. etwas überkippten höchsten Sattelfalte der zentralen Zone erklärt (S. 39 und 167). Die übrigens ziemlich starke Überfirnung ist hauptsächlich auf die Nord- und Ostabhänge beschränkt, wiewohl kleinere von Firn erfüllte Hochmulden auch in den Süd- Gehängen zu bemerken sind (S. 36). Mein Standpunkt war besonders günstig für den Ausblick nach $., wo der Blick, der Furche des Gurban-bogdo-Tales folgend, bis in die weite Wüstensteppe drang, ehe er an der langgezogenen Mauer des Dschargös-Tau mit seiner nur schwach gebrochenen Kanımlinie eine Schranke fand. Nach W. hin bildete die herrliche Bergform des Pik Schokalsky mit ihrem reichen, vielgestaltigen Firnmantel (S. 37, 83) den Hauptschmuck des Panoramas. Die Möglichkeit der Ersteigung dieses Gipfels scheint mir gegeben, dürfte jedoch bei der großen Ausdehnung und starken Zerrissenheit aller Kämme sehr viel Zeit erfordern und nicht ohne bedeutendere Schwierigkeiten sein. Den Weg über den NW.-Grat möchte ich auf Grund sorgfältiger Beobachtung als den ratsamsten bezeichnen. Meine bisherigen Beobachtungen hinsichtlich der im Verhältnis zu ihrer Höhe reichen Befirnung der westlichen Fortsetzung der Kette fand ich auch von hier aus bestätigt. In Kap. XI habe ich indessen diese Verhältnisse bereits eingehend gewürdigt. Infolge des raschen Absinkens des ganzen Faltenbaus nach dieser Richtung (S. 37, 48) konnte man jedoch die Kammregion nur auf verhältnismäßig kurzer Strecke verfolgen. Sehr belehrend war der Blick nach N. über die durch eine Hochfläche abgeschnittene obere Stufe des alten Gebirges (S. 40, 56, 96 etc. und Taf. 6) und bestätigte auch in dieser Hinsicht in unwider- leglicher Weise alle bisherigen von anderen Punkten aus gemachten Wahrnehmungen, sowie die hieraus gefolgerten Schlüsse über die jungen Hebungen in diesem Gebiet und über seine wechselreiche Erosionsgeschichte. Hinweg über die alte, jugendlich erodierte Denudationsebene, dem überlebenden Rest einer alten Gebirgsbildung, traf das Auge auf die reich zertalten Ketten der Angaragesteine und ihre beckenförmigen Weitungen, sowie noch darüber ‘hinaus auf die im Sonnenglast brütende, ausgedürstete Ebene, welche hier der Welt des ewigen Eises so nahe gerückt ist, daß der Gegensatz an sich schon einen 23* 150 besonderen Reiz ausübt (S. 123). Die nicht häufig gebotene Möglichkeit, auf einer eis- gepanzerten Hochwarte zwischen zwei großen Wüstengebieten zu stehen, regt den Natur- forscher zu besonderen, in unmeßbare Zeiträume sich verlierende Vorstellungen an von den Einwirkungen und Wandlungen, welche das vor ihm ausgebreitete Relief erfahren hat, bis aus grundverschiedenen Elementen sich das gegenwärtige, seltsam gegensätzliche Naturbild gestalten mußte. Aber auch Ausblicke eröffnen sich auf die wechelvolle fernere Zukunft, der dieses in seinem Bau wie in allen Naturverhältnissen an den schroffsten Gegensätzen reiche Stück unserer Erdkruste entgegengehen muß, bis sich sein letztes Schicksal erfüllt — der Aus- gleich alles Gegensätzlichen und hiemit das Erlöschen alles Lebens. Wohl nur an wenigen Stellen der Erde begegnet der Reisende ähnlicher Aneinanderreihung von Ungleichartigkeiten, welche seine Gedanken mit zwingender Notwendigkeit in solche Richtung leiten muß. Es war für mich auch besonders wertvoll einen vollständigen Überblick auf die Be- firnung der O.- und W.-Ränder des großen Zirkus zu gewinnen und sie im Bilde festzu- halten, wie dies im kleinen Panorama Taf. 4 Fig. 1 geschehen ist. Das größere dort auf- genommene Panorama (Taf. 1) ist auch in klimatischer Hinsicht ein interessantes Doku- ment, weil es deutlich wiedergibt, wie Massen von Strato-Cumulus-Gewölk aus S. aufstiegen und sich gegen SW. und W. hin in Alto-Stratus umwandelten. Es ist dies verhältnismäßig selten der Fall; meistens kommen in dieser Gegend die wolkenbildenden Winde aus NW. (siehe Kap. II S. 15). Um meinen Einblick in den Gebirgsbau zu vervollständigen und besonders um die Vereisung des nach SW. gerichteten Teiles der Hauptwasserscheide richtig schätzen zu lernen, was vom ÖOstgipfel (siehe oben) nur unvollkommen möglich war, sowie um das Kartenbild durch weitere Peilungen und photographische Aufnahmen zu sichern, erstieg ich wenige Tage später auch einen Gipfel in der W.-Umrandung der großen Talstufe (siehe Karte II). Der Aufstieg gab mir Gelegenheit festzustellen, daß der Schichtenbau des W.- Randes dem des östlichen völlig entspricht, wenngleich er dort nicht in so vollkommener Weise erschlossen erscheint, weil die Überschüttung des Gehänges mit Moränenschutt weit bedeutender ist. Dies liegt wohl zum Teil an der Ostexposition der Gletscher, aber auch daran, daß manche Moränen, wie vorher erwähnt, in ihren unteren Teilen aus überraschend feinem, lockerem Material (Sand und Kies) bestehen, welches sich ausbreitet und am Ge- hänge hinabkriecht. Aus der Kongruenz des Baues beider Talränder kann geschlossen werden, daß Verwerfungen kein Anteil an der Entstehung dieser großen Hohlform zukommt. Der Aufstieg am W.-Rand erfolgte mühsam, teils über alte Grund- und Ufermoränen und nach Erreichung des Gletschers etwas leichter über diesen, da er nur von wenigen Spalten durchzogen ist, und die durchschnittliche Neigung des Eises kaum 28 Grad über- steigt. Die erreichte Kammregion zeigte die gleiche plateauförmige Ausbildung wie die bereits beschriebene des O.-Randes. Ich bewegte mich auch hier über eine wellenförmis; eingesunkene Firndecke zunächst in S.-Richtung, dann nach SO. und erreichte auf solchem Wege eine kuppenförmige Erhebung (3985 m), welche einen vorzüglichen Blick auf die zentrale Hauptgruppe, auf Pik Schokalsky und eine beherrschende Aussicht auf die Fort- setzung der Kette nach W. eröffnete; sie bildete somit eine willkommene Ergänzung der am O.-Gipfel gebotenen und wurde in einem umfassenden Panorama (Taf. 2) festgehalten. Dieses ausdrucksvolle und lehrreiche Bild enthebt mich der Aufgabe von Ausbreitung und 181 Charakter der Vergletscherung des Gebirges weitere Mitteilungen zu machen, um so mehr als das Wesentlichste hierüber schon in Kap. XI hervorgehoben wurde. Der Gipfel besteht, ebenso wie die früher erstiegene Kuppe des O.-Randes, aus einer chaotischen Anhäufung von Blöcken der öfters genannten Eruptivgesteine (S. 178). In ihnen herrschte eisenhaltiges Gestein in solcher Menge vor, daß die Peilungsarbeiten ungemein gestört wurden. Die Ablenkung der Magnetnadel nach verschiedenen Richtungen war derart, daß ich nach vielfachen Versuchen meinen Standpunkt verändern und eine mit dichtem, isolierendem Firn bedeckte Erhebung des Kammes aufsuchen mußte. Es scheint hier besonders Keratophyrgestein stark vorzuwalten, das (siehe Kap. XXI) einen reichen Magnetitgehalt besitzt, „welcher in zahllosen Individuen von mikrolithischen Dimensionen in sehr guter Kristallform das Gestein durchschwärmt“. Da mir nach beendigter Arbeit noch genügend Zeit blieb, machte ich den Versuch auch die noch weiter nach S. gerückte, unmittelbar vor Pık Schokalsky aufragende Kuppe zu erreichen, deren Erhebung ich etwa um 150 m höher schätzte, als den von mir ver- lassenen höchsten Standpunkt. Ich überschritt das weite Firnfeld, das im Vordergrund des großen Panoramas Taf. 2 breiten Raum einnimmt und im Panorama Taf. 4 Fig. 1 etwas westlich vom Pik Schokalsky erscheint. Bei der außerordentlichen Klarheit der Luft an jenem Tage unterschätzte ich jedoch die Entfernung und mußte, um nicht von der Nacht überrascht zu werden, schon vor Erreichung meines Zieles den Abstieg antreten, der dann auf einem anderen Wege als der Aufstieg erfolgte. Ich gewann hiebei einen vorzüglichen Einblick in den Schichtenbau der bereits südlich vom Paßeinschnitt das Gurban- bogdo-Tal umrandenden Steilwände und konnte mit Sicherheit dort das steilere Abfallen der Schichten nach S. im Vergleiche zum nördlichen Sattelflügel feststellen. Nachdem ich die wichtigsten Arbeiten am N.-Fuße des zentralen Kammgerüstes in ziemlich ausreichender Weise erledigt hatte und da wegen der mit nur wenig Unterbrechung herrschenden heftigen und kalten Nordwinde meine an Kälte nicht gewöhnte sartische Be- gleitmannschaft gegen längeren Aufenthalt protestierte — das Tagesmaximum hatte in den letzten Tagen niemals 9 Grad überstiegen und die Temperatur sank schon am Spätnach- mittag stets unter 0 Grad —, so entschloß ich mich am 16. August zum Übergang nach S. ohne einen Versuch zu unternehmen, in der Kammregion noch etwas weiter nach W. zu gelangen. Ich empfand später Reue hierüber, weil die Folge zeigte, daß der Schlüssel zur Lösung noch bestehender Zweifel in den tektonisch-geologischen Verhältnissen, besonders über das Verhältnis der Dun-schan-Gesteine zu den die zentrale Gebirgsgruppe zusammen- setzenden (siehe S. 61 f.) gerade in der westlichen Kette zu finden sein muß. . Wenn meine der Unbilden der Witterung müde Begleitmannschaft nach Süden drängte, wo sie bessere Witterungsverhältnisse zu finden hoffte, so mag, den Ereignissen vorgreifend, gleich hier erwähnt werden, daß diese Hoffnung sich nicht erfüllte. Die außerordentlichen thermalen Gegensätze zwischen den überhitzten Ebenen im N. wie im S. und den so ungemein bedeu- tenden, darum stark erkalteten Höhen des Gebirges führen eben an beiden Abhängen allzu häufig, ja fast regelmäßig stürmische Ausgleichsprozesse herbei. Diese erwiesen sich ent- sprechend den am S.-Abhang noch gesteigerten Gegensätzen dort sogar noch heftiger als im N. Es kam in meinem Hochlager nahezu täglich zu wilden Gewitterstürmen, die von starken Temperaturrückschlägen gefolgt waren. Die Beobachtungen und wissenschaftlichen Unternehmungen in den Hochregionen wurden hiedurch auch weiterhin sehr erschwert. 182 XVIl. Der Südabhang der Zentralgruppe. Der Übergang zur 8.-Seite gestaltete sich an einigen Punkten für die Lastpferde schwierig und gefährlich, besonders bei Querung des auf der ersten Stufe unterhalb des Passes liegenden, durch Blöcke aufgefüllten Seebeckens (S. 83, 101) und dann wieder bei Überschreitung der hohen Blockmoräne ($. 84, 178) zu Seiten des um zwei Stufen tiefer liegenden großen Moränensees. Auch die noch tiefer unten den Talboden bildende, wellen- förmige, grundlos versumpfte, begrünte Grundmoräne erwies sich als tückisch für die Last- pferde und gefährlich für das Gepäck. ; Über die morphologisch wichtigen Erscheinungen, welche sich sonst auf diesem Wege bieten, habe ich in den Kap. XI und XII das Wesentlichste mitgeteilt. Ich verweise hier daher nur nochmals auf die den Weg kennzeichnenden Abbildungen Taf. 10, 13, 14, welche mehr als eine Beschreibung darzutun geeignet sind, daß dieser Teil des Talbodens und seiner Umrandung alle typischen Merkmale der vom Gletschereise einst völlig eingehüllten Landschaft an sich trägt. Es ist sozusagen kein Fußbreit des ganzen Reliefs, der dies nicht erwiese. Dieser Charakter ist dem Boden und den Steilrändern des Gurban-bogdo- Tales selbst in seinem Unterlaufe allenthalben, ja sogar, wenn auch in etwas gemilderter Form, bis nahe an seinem Ausgange in die große südliche Ebene immerhin noch scharf genug ausgeprägt, daß selbst die außerordentlichen Einwirkungen des ariden Klimas, das in dem tiefen Niveau zur unumschränkten Herrschaft gelangt, ihn auch dort nicht ganz zu verwischen vermochten. Auf untergeordnete Störungen, die sich in den Bau der großen Sattelfalte einschieben, habe ich des öfteren hingewiesen (S. 39, 45 f., 50, 149, 166 etc.). Beim Abstiege vom Passe zeigen sie sich an beiden Talrändern in Form von Stauchungen und kleinen sekun- dären Falten. In Taf. 11 tritt eine solche auf der rechten Bildseite deutlich in die Er- scheinung. Es handelt sich offenbar um Hinaufbiegung einzelner Schollen beim Absenken größerer Massen. In dem gleichen Bilde macht sich auch der scharfe Gegensatz zwischen der gesamten Talanlage und der jetzigen Flußrinne sehr bemerkbar. Wir sehen hier ein: breites, wohlausgebildetes, typisches, glaziales Erosionstal, in welchem eine verhältnismäßig schmale, jugendliche Rinne eingesenkt ist, deren unausgeglichener Lauf nur mit junger Hebung des Gebirges einerseits und in Verbindung hiemit stehendem stufenförmigen Ab- sinken der Gebirgsmasse nach S., sowie mit der infolge dauernder Klimaverschlechterung weit geringeren jetzigen Wasserführung, also mit ihrer abnehmender Erosionskraft, in be- friedigender Weise erklärt werden kann (S. 106, 108). Ich schlug mein Lager nicht weit vom breit geöffneten Eingange des ersten oro- graphisch linken Seitentales in einer Seehöhe von 3270 m auf, auf alter Grundmoräne unter dem gewaltigen Felsabsturz eines vorspringenden Sporns des westlichsten Gipfels der Zentralgruppe; es stand am Fuße auskeilender, zum Teil begrünter, alter Ufermoränen- wälle (siehe Taf. 14 Fig. 2), hinter welchem zwei höhere und ältere Ufermoränenzüge in staffelförmiger Erhebung parallel verlaufen. Meine Absicht war, im Hintergrunde dieses Tales zu beherrschenden Höhen emporzusteigen, um einen guten Einblick auch in den Bau des Süd-Abfalles der Zentralgruppe zu gewinnen, von welchem bislang noch nicht das mindeste bekannt geworden war. 183 Das Relief des Tales, an dessen Eingang ich lagerte, gibt Kunde von so starker Einwirkung einer totalen diluvialen Vereisung, im Gegensatz zu den heute vorhandenen spärlichen Resten, daß eine geuauere Beschreibung geboten ist. Infolge der auf seinem Boden angehäuften jungen Ablagerungen bietet es auf den ersten Blick ein recht ver- worrennes Bild. Klarheit hierüber konnte ich erst gewinnen, als mir von verschiedenen hochgelegenen Punkten aus ein Überblick ermöglicht war. Eine so vielfache Ineinander- schiebung und Vermischung verschiedenartiger Moränenzüge mit ungeheuren Mengen von Verwitterungsschutt und Bergsturztrümmern ist mir selten vor Augen getreten. Die ge- birgszerstörenden Agentien haben hier am S.-Abhang noch weit intensiver in den Bau ein- gegriffen als am N.-Rande, ohne jedoch den einstigen Zusammenhang der Glazialbildungen völlig verschleiern zu können. Bei seiner Mündung in das Gurban-bogdo-Haupttal hat dieses Nebental schon eine Breite von über 1 km. Es verbreitert sich aber nach hinten trichter- förmig bis zu einer durchschnittlichen Tiefe von etwa 4!/ km bei einer mittleren Achsen- richtung von ONO. nach WSW., so daß sein Hintergrund die Gestalt eines weiten Zirkus von mehr als # km Durchmesser annimmt. Der den Talschluß bildende Bogenwall, zu welchem heraustretende Glieder des S.-Abfalles der hohen zentralen Gipfelgruppe gehören, greift weit von W. über O. nach S. einerseits, nach WSW. andererseits aus. Gegen O. bildet er den Scheidewall gegen ein anderes großes, mit dem Gurban-bogdo parallel verlaufendes Quertal, das Chigo-Tal, von dem noch mehr die Rede sein wird. In seinem weiteren Südlauf spaltet sich dieser Scheidewall in zwei Ketten, von denen jede eine Anzahl 4000 m über- ragender, befirnter Gipfel trägt. Die westliche hievon ist der als O.-Rand des Gurban- bogdo-Tales erscheinende Hochgebirgszug, dessen Bau und morphologischen Charakter ich bereits in Kap. VI und XI eingehend gewürdigt habe. Nur im untersten Teil des Seitentales ist die Sohle ziemlich gleichmäßig geböscht und wird dort von einer mächtigen Decke von Grundmoräne eingenommen, die in reich begrünten, eine schöne und eigenartige Alpenflora tragenden, gerundeten, unregelmäßigen Bodenwellen rasch ansteigt. Zahlreiche Quellen treten aus dieser Ablagerung aus und ver- sumpfen den Boden an vielen Stellen. Ein starker Bach durchschneidet diese alte Moränen- anhäufung, deren reiche Pflanzendecke nach oben allmählich in ein Blockmeer ausläuft, das augenscheinlich von einem nicht alten Bergsturze herrührt, sowohl nach Beschaffenheit der Felstrümmer zu schließen, als nach dem plötzlich steiler werdenden Böschungs- winkel des Gehänges. Die Neigung wird von hier an bald so steil (über 40 Grad), daß wir beim Aufstiege es ratsam fanden, die tief eingeschnittene Rinne eines kleinen Baches zu benützen, weil die in dessen Bett liegenden großen Blöcke gute Dienste als Stufen leisteten. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß ein Gefällsknick des Talbodens die Ur- sache seiner plötzlichen Versteilung ist, was jedoch bei der vollständigen Verschüttung sowohl des Bodens als der unmittelbaren Umrandung mit ungeheuren Mengen von Ge- birgsschutt und Trümmern kaum festgestellt werden konnte. Immerhin lassen mehr- malige Veränderung der Streichrichtung und Schichtenstörungen, die in einem der das Tal teilenden hohen Felszüge sich zeigen, wovon gleich die Rede sein wird, mit großer Wahrscheinlichkeit hierauf schließen. Erst sobald man sich etwa um 350 m erhoben hat, gewahrt man, daß dieses weite Talbecken dreifach gegliedert ist; doch erst auf einer noch weit bedeutenderen Höhe läßt sich vollkommen überblicken, daß es aus drei Talzweigen zusammengesetzt ist, von denen jeder 184 in einer besonderen Nische des den allgemeinen Talschluß bildenden Gebirgswalles wurzelt (siehe die Skizze Taf. 16 Fig. 3). Der am meisten gegen S. zu gelegene Talast entspringt in der Südecke des allgemeinen Beckenrandes in einer weiten Hohlform, welche — eine seltene Erscheinung in diesem Gebirge — als wohl ausgebildete Karnische bezeichnet werden darf und zwischen reich befirnten Gipfeln von 4400—4500 m Höhe eingetieft ist. Während die Karwände im überwiegenden Teil eisfrei sind, ziehen einige Gehängegletscher von der Kammhöhe zum Karboden (ca. 4100 m) herab und nähren ein Firnfeld, welches die ganze Breite des trogförmigen Talastes einnimmt und in seinem oberen Teile z. T. von großen Mengen jungen Gehängeschuttes überdeckt wird. Erst im Mittellaufe wird das sehr steil geböschte Eisfeld völlig frei hievon und zieht in blendender Reinheit zu Tale, wo es bei ca. 3700 m als breiter Eislappen auf Grundmoränengehänge ausläuft, ohne eine Endmoräne zu bilden, was ebenfalls wieder auf raschem, noch immer andauerndem Rückzug hinweist. Der mittlere Talast ist von etwas geringerer Breite und nimmt seinen Ursprung in den tiefen Nischen, welche durch das spitzwinklige Schneiden der seitlichen Wälle mit dem talschließenden, schroffen Felswall entstehen. Dieser ist in der Mitte eingesunken zu einem breiten, flachen Sattel von 4255 m Höhe. Die tiefste Einsenkung des Sattels ist trotz der bedeutenden Höhe firnfrei; ebenso wie die darunter absetzende Wand. Nur von dem ihn im S. überragenden Gipfel zieht ein schmales Firnfeld tief herab, während sein Nordflügel von dem ungeheuren, mehr als 1000 m hohen Wandabsturz eines von der zentralen Haupt- gruppe gegen S. kapartig vorspringenden, pyramidenförmigen Felsgerüstes (siehe Taf. 3) mit außerordentlicher Steilheit überragt wird, so daß dort Firnanhäufung, übrigens auch schon wegen voller Südexposition, ausgeschlossen ist. Im übrigen zeigen alle Talwände die starken Einwirkungen ehemaliger totaler Vereisung. Der ganze weite Boden dieses jetzt vom Gletschereise völlig verlassenen mittleren Talzweiges wird von chaotischen Trümmer- massen eingenommen, welche ein schwer entwirrbares Gemisch von Moränenmaterial, Berg- sturztrünmern und Verwitterungsschutt darstellen. Viel Moränenschutt wird noch immer aus einem weit über 200 m hohen, alten Ufermoränenwall zur Linken (Südrand) des Tal- astes heruntergeführt, worüber gleich näheres folgt. Nach den Dimensionen dieser Glazial- ablagerung und nach der außerordentlichen Auffüllung mit alter Grundmoräne zu schließen, welche wir in den tieferen Teilen dieses Talbodens antreffen, läßt sich mit Sicherheit auf einen besonderen Hochstand des nun völlig entschwundenen diluvialen Gletschers schließen. Der dritte und nördlichste Talast endlich wurzelt in einer weiten, mehrfach geglie- derten, tiefen Nische des Zirkus, in welcher ein großer Gletscher, der „Südgletscher“ (siehe S. 89 f.) seinen Ursprung nimmt. Dieser eigenartige, blendend weiße Eisstrom, der in einer ziemlich tiefen Furche des dritten (nördlichsten) Astes des gemeinsamen Tales ab- fließt, von den ihn umgebenden dunklen Moränenmassen scharf abgegrenzt, stellt einen ganz merkwürdigen Typus dar (Taf. 3 und Taf. 12 Fig. 2), für welchen ich in unseren europäischen Gebirgen kein Analogon wüßte. Dies veranlaßt mich, meinen früheren An- gaben hierüber noch einiges nachzutragen: Das Nährgebiet des schönen, aber stark an Schwindsucht leidenden Eisstromes ist ziemlich kompliziert: Fünf große und einige kleinere Firnschluchten führen aus hoch über dem Sammelbassin hängenden Gebirgsnischen, welchen man keine Ähnlichkeit mit Karen zusprechen kann, das Firnmaterial herab, aus welchem er ernährt wird. Von den bedeutendsten dieser Firnrinnen ist eine in einem abspaltenden Kamme des westlichsten der drei Zentralgipfel eingetieft, zwei andere Arme 185 greifen in die höchste befirnte Region dieses Gipfels selbst ein und ein vierter, und wohl der das meiste Firnmaterial beibringende, liegt in einer tiefen Nische zwischen dem eben erwähnten, nach S. heraustretenden, pyramidenförmigen Felsgerüste und dem großen west- liehen Hauptgipfel. Infolge der bedeutenden Höhe der Umrandung erreichen einige dieser Zuflüsse Längen von mehr als 2000 m. Etliche Hängegletscher vermehren zwar noch durch fallendes Material die große Firnmenge, die sich in einem kesselförmigen Becken sammelt, dennoch wird man nach der Konstanz der hauptsächlich ernährenden Zuflüsse kaum be- rechtigt sein, hier von einem regenerierten Gletscher zu sprechen. Das Sammelbecken ist als ein Kessel zu bezeichnen, offenbar entstanden durch die korradierende Tätigkeit der konvergierend gegeneinander wirkenden steilen Zuflüsse. Es sind verhältnismäßig junge Furchen, in denen diese liegen; sie scheinen erst stärker in das Berggerüst eingetieft worden zu sein, als die Maximalvereisung des Gebirges schon entschwunden war. Hierauf läßt mich wenigstens die stark gerundete Form der zwischen den einzelnen Firnkanälen sich heraushebenden Felssporen schließen (Taf. 12 Fig. 2). Wie aus der Skizze Taf. 16 Fig. 3 ersichtlich ist, haben die bedeutenderen Zuflußrinnen südliche oder südwestliche Ex- position. Wenn sie nichtsdestoweniger immer noch reiches Material herabführen, kann man dies wohl mit Grund auf schützende Beschattung durch die fast rechtwinklig gegen- einanderstoßenden, die Umrahmung dieses Talzweiges bildenden Felswände zurückführen. Aus diesem Sammelkessel entwickelt sich die etwas über 2 km lange Talzunge des „Südgletschers*, deren Eiskörper teils infolge starken und ungleichmäßigen Druckes der steilen und aus verschiedenen Richtungen kommenden Zuflüsse, teils auch infolge Stufung des Untergrundes ein Bild merkwürdiger Zerrissenheit und Verpressungen bietet. Die Eis- klippen, in welche die Masse aufgelöst erscheint, sind öfter derartig gegeneinander verworfen, da& in jedem einzelnen der einander benachbarten Eiskegel die Schichtung nach anderer Riehtung geht. Dazu kommen noch die tausendfach wiederholten Ausschmelzungsuneben- heiten (Kegel, Taschen ete.), welche der außerordentlich starken, direkten Bestrahlung und der kräftigen Rückstrahlung aus dem fast schwarzen umgebenden Schuttgürtel ihr Ent- stehen verdanken. Nach der steilfelsigen Umrahmung, nach deren vorwiegenden Exposittion gegen S. und SW., endlich nach der ganzen Art der Ernährung dieses Gletschers sollte man eine reiche Schuttbedeckung seiner Oberfläche erwarten; es ist daher um so erstaun- licher, daß sie völlig frei hievon ist, wie alle anderen Bogdo-Ola-Gletscher. Dies kann also nur auf Ursachen zurückgeführt werden, die für das ganze Gebiet gleichartig wirksam sind, wie ich sie 8. 93 f. erklärt habe. Die Entstehung einer solch eigenartigen Gletscher- physiognomie, wie sie besonders in Taf. 12 Fig. 2 gut zum Ausdruck gelangt,!) kann nach meiner Auffassung nur auf eine intensive, der Vereisung besonders ungünstige andauernde Klimaveränderung zurückzuführen sein. Am orographisch rechten Ufer der Zunge gewahrt man, nur stellenweise erhalten, drei hintereinander sich erhebende Ufermoränen, als deren Fortsetzung die bereits er- 1) Leider ließ sich kein Standpunkt für die Aufnahme des Gletschers gewinnen, wo die volle Entwick- lung besonders der Zunge zum Ausdruck kommt. Infolge des nach den verschiedensten Richtungen ausgreifen- den Nährgebietes kann von jedem Standpunkt aus immer nur ein Teil in das Bild gebracht werden und die merkwürdige, ziemlich breite Eiszunge erscheint in diesem Bilde nur als ein schmaler Wulst. Nur wenn ich Zeit gefunden hätte, die Kammhöhe am Ausgange des Nordrandes zu ersteigen, wäre es möglich gewesen, eine vollkommenere Wiedergabe dieses ebenso schönen als eigenartigen Gletschers aufzunehmen. Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 24 186 wähnten (S. 182), tief bei der Ausmündung des Tales in das Haupttal anhebendeu und dorten keilförmig auslaufenden Moränenzüge anzusehen sind; der jüngste wird dort im Mündungs- bereiche von dem nächstfolgenden um beiläufig 20 m überragt, und dieser von dem ältesten etwa um den gleichen Betrag oder mehr. Der älteste, höchste und unmittelbar am Talrande liegende ist aber stellenweise durch Gehängeschuttkegel deformiert, während eigentümlicher- weise gerade nur der zweite stark durch Wassererosion zerschnitten, der dritte und jüngste, jedoch keineswegs rezente, sehr gut erhalten ist. Den orographisch linken Zungenrand hingegen begleiten, allerdings nur auf ein Stück seines Laufes, neben einer rezenten eben- falls noch zwei ältere Ufermoränen; sie liegen in Entfernungen von 100 bis zu 150 m auseinander und sind stark zerschnitten. Auch aus diesen Erscheinungen könnte man auf mindestens zwei, vielleicht drei Beharrungsstadien in der Rückzugsgeschichte des diluvialen Eismantels schließen. Die früher erwähnten großen Endmoränengruppen des alten Gurban- bogdo-Gletschers im Haupttale (Kap. XI und XI), von welchen auch später noch die Rede sein wird, würden hiemit in guter Übereinstimmung stehen. Es muß aber nochmals betont werden, daß alle älteren Moränenzüge dieses Nebentales nur bruchstückweise und unvollkommen erhalten geblieben sind, am besten im Unterlaufe des Tales. Höher oben, wo sie oft durch Gehängeschutt oder Bergsturzkegel überschüttet oder zerstört wurden, ist es schwer sich größere Teile hievon zu rekonstruieren. Wo es gelingt, kommt man zur Feststellung von Höhen für diese alten Ufermoränenbildungen, die ‘zwischen 50 und 100 m und darüber schwanken. Ungleich bedeutendere Verhältnisse lassen sich an einem mächtigen Moränenwall fest- stellen, der nahe der Begrenzung zwischen dem mittleren und südlichen Talast sich erhebt. Es ist dies ein sehr breiter Wall von einer mitteren Höhe von 200—250 m. Diese ge- waltige Anhäufung von Glazialschutt entstand aus den Seitenmoränen der in den beiden einander benachbarten parallelen Talästen herabziehenden, das ganze Relief einhüllenden, diluvialen Gletscher. Bei näherer Untersuchung zeigte es sich, daß dieser Moränenrücken als Kern einen Zug anstehenden Gesteins enthält, der im obersten Teile der großen Schutt- anhäufung in Form eines scharf gezackten, schmalen Felskammes durchbricht. Es haben somit die beiden alten Gletscher ihre Ufermoränen an einen sie trennenden niederen Felszug emporgeschoben. Beispiele solcher Art, wo ein zwischen zwei parallelen Gletschern ver- laufender Felsrücken durch Moränenschutt nahezu verhüllt wird, habe ich im Tian-Schan mehrmals, so z. B. im nördlichen Kiukönik-Tal und am S.-Rand des großen Yuldus-Tales beobachten können. Eine eigenartige Erscheinung ist die auffallend grüne Färbung im Schutte dieses hohen Moränenwalles; sie hebt sich lebhaft von der zum Teil violetten, teils rotbraunen Verwitterungsfärbung der Felsen des südlichen Talrandes ab. Offenbar stammt der überwiegende Teil des Materials dieser großen Ufermoräne aus der Umwallung des Talschlusses, wo grünes Epidositgestein verschiedener Ausbildung an der Zusammen- setzung des Gebirges beteiligt ist (Kap. XXI). Ich habe diese Gesteine dort im Schiehtenbau der Kammregion angetroffen, wo sie in Form mächtiger Bänke, begleitet von Breccien, und von Gängen jüngeren Eruptivums durchschwärmt, auftreten. Infolge des Gebirgsdruckes und stark ausgebildeter Klüftung zeigt dieses Gestein öfter, wenn auch nicht in gleichem Grade, wie gewisse Gesteine des Nordabhangs,!) sehr feine Schieferung und ist daher .den !) Siehe meine Ausführungen über die tiefe Kammdepression am Gurban-bogdo-Pass, S. 170 f., 174. 137 zerstörenden und abtragenden Kräften mehr ausgesetzt als die es umgebenden Felspartien. Es läßt sich überhaupt in diesem Teile der Kammregion überall dort, wo die Einschartungen besonders tief sind, noch mit Sicherheit feststellen, daß solche Gesteine ausgewittert sind. Da der feste Kern des Moränenwalles als zackiger Felszug aus dem Schutt herausragt, was nicht nur in seinen höchsten sondern auch in den tiefsten Teilen der Fall ist, wo er durch Ab- räumung des Schuttes stellenweise freigelegt wurde, konnte man in diesem Zwischenzug wesentliches Abweichen der Streichrichtung gegenüber der in der allgemeinen Zirkus- umwallung vorherrschenden normalen erkennen. Während diese im allgemeinen W.-0. geht oder doch nur schwach hievon abgelenkt ist, zeigt sich hier entschiedenes N.-O.- Streichen und ein um 20 Grad steileres Einfallen als in der Umgebung und zwar nach ver- schiedenen Richtungen. Offenbar hat eine Verschiebung dieser Scholle aus der normalen Lage stattgefunden, verbunden mit Schrägstellung und Absinken; es kann mithin angenommen werden, daß für die ursprüngliche Anlage dieses Talkomplexes eine tektonische Störung, Verbiegung oder lokal begrenzte Verwerfung verantwortlich zu machen ist, was ich schon früher (S. 183) angedeutet habe. Alle anderen von mir am Südabhang in nahe gelegenen Örtliehkeiten gemachten Beobachtungen, z. B. die stufenförmige Zerschneidung der tieferen Teile des Westgipfels bei der Mündung dieses Nebentales im Haupttal (8. 171£.), die be- deutenden Verwerfungen im Haupttale selbst (S. 103), die Anlage des Chigo-Tales (S. 87, 107) stehen in guter Übereinstimmung mit diesem Vorkommnis. Es sind kleinere ergänzende Züge zu dem tektonischen Bilde, dessen Hauptlinien in Kap. VI entworfen wurden. Wenn die Dreigliederung der großen Hohlform dieses Nebentales somit unbedenklich als auf tektonischen Störungen beruhend anzusehen ist, so sind die Reste anderer ab- gesunkener Gesteinsschollen, welche hiefür Zeugnis geben könnten, zweifellos unter der ungeheuren Anhäufung alten Glazialschuttes begraben. Diese aber sind ein Beweis für die außerordentliche Mächtigkeit der durch dieses Nebental abgeflossenen frühdiluvialen Eismassen, welcher sich gut in das Bild der großen diluvialen Vereisung des Haupttales fügt, das ich in Kap. XI u. XII entworfen habe. Der mit weit über 400 m angenommene diluviale Hochstand der Vereisung, der im vorigen Kapitel für den Nordabhang geschätzt wurde, findet hiedurch entsprechende Bestätigung auch für den Südabhang. Leider lassen sich für ziffermäßig genauere Feststellungen wegen Fehlens irgend welcher topographischer Unterlage und bei der außerordentlichen Zerstörung der Felsumrandung hier kaum feste Anhalts- punkte gewinnen; es sei denn bei längerer Untersuchungszeit, als sie mir zu Gebote stand. Wenn es mir gelang, trotz der verwirrenden Vermischung von Glazial- und Ver- witterungsschutt die Gliederung und die morphologischen Züge dieses interessanten Neben- tales einigermaßen festzulegen, so danke ich dies gerade der Unbeständigkeit der Witterungs- verhältnisse (S. 181), die mich zwang, zu der seinen Hintergrund beherrschenden Kamm- region viermal emporzusteigen (S. 107), bis ich dort meine Arbeiten auf den überfirnten Höhen zum Abschluß bringen konnte. Verließ ich bei vollkommen klarem Himmel in aller Frühe das Lager, so war nach Stunden, als ich gegen Mittag die Kammregion erreicht hatte, schon schweres Strato-Cumulus-Gewölk aus N. herangezogen (S. 180), das sich an den Hochkämmen unbeweglich festlegte. Wiewohl ich dann bis in die späten Nachmittags- stunden unter den schwierigsten Verhältnissen auf schmaler Firnschneide aushielt, wurde mir erst beim dritten Aufstiege das Glück zu Teil, die Befreiung der Höhen von den Dunstmassen abwarten zu können. An den anderen Tagen kam es erst nach Sonnen- 24* 188 untergang zur völligen Aufklärung. Es traf sich auch, daß ich schon auf halbem Wege zu meinem hohen Ziele durch plötzlich ausbrechenden Schneesturm zurückgetrieben wurde. Als ich das erste Mal den Sattel betrat, welcher in die den mittleren Talast abschließende Umwallung eingetieft ist (S. 184), wartete meiner dort eine Überraschung. Zum ersten Male traten mir die außerordentlich kühn gebauten, firngekrönten Felsgipfel vor Augen, welche den von der zentralen Hauptgruppe sich abspaltenden Ast krönen; wundervoll ragten sie mit ihren ausdrucksvollen Konturen in den klaren Abendhimmel. Keine Karte, keine Nachricht ließ ahnen, daß sich hier eine Folge wundervoller Berge erhebt, welche den drei kulminierenden Erhebungen der zentralen Gruppe an Höhe nahezu ebenbürtig sind, an Kühnheit des Aufbaus ihnen kaum nachstehen (siehe Taf. 3). Zwischen diesem Hochgebirgswall und meinem Standpunkt auf dem Sattel war das bedeutende Tal einge- furcht, in dessen Tiefe sich mir nun der große, nach S. hinausfließende Gletscher entschleierte, der Chigo-Gletscher, von dessen Dasein vor meinem Besuche des Gebietes nichts bekannt war, wiewohl er der größte Bogdo-Ola-Gletscher ist. Ich habe von diesem schönen Eis- strom in früheren Darlegungen (S. S7 f.) und hinsichtlich seiner Umrandung dorten und S. 107 f. bereits alle. wesentlichen Merkmale hervorgehoben, so daß ich mich nun auf Mit- teilung einiger ergänzender Beobachtungen und daraus abgeleiteter Gedanken beschränken kann. Auch das Einzugsgebiet dieses Gletschers greift tief ins Gerüste der höchsten Teile des Gebirges ein bis nahe zur Firsthöhe des Ostgipfels, des Kulminationspunktes der ganzen Gruppe. Die einzelnen Zuflußrinnen erreichen daher Längen bis zu 2500 m. Außerdem empfängt der Gletscher noch bedeutende Zuflüsse aus der mächtigen Firndecke, welche auf der Kammregion des von diesem sich abspaltenden Gebirgsastes liegt (Taf. 12 Fig. 1). Auch hier ist ähnlich wie beim „Südgletscher* der große Gegensatz zwischen der Steilheit und der bedeutenden Höhe der Zuflüsse zur verhältnismäßig geringen Neigung der unmittelbar sich aus ihnen entwickelnden Eiszunge sehr auffällig. Eine solche Übersteilung des Ein- zugsgebietes ist ein merkwürdiges Gegenbild zum Typus unserer alpinen Gletscher. Es entsteht auch hier im Vereinigungspunkt der aus verschiedenen Richtungen und von großen Höhen herabkommenden Firnströme eine eher als Kessel denn als Trog oder Mulde zu bezeichnende Hohlform als Sammelbecken, aus dessen Abfluß die Gletscherzunge ernährt wird. Auch von den Gletscherformen des zentralen Tian-Schan unterscheiden sich die in dieser Arbeit vorgeführten Gletscher durch sehr wesentliche Merkmale, schon vor allem durch den Mangel eines Firnbeckens im üblichen Sinne, so daß man einen eigenen Namen zu ihrer Charakterisierung prägen sollte. Vielleicht könnte man für solche Bildungen die Bezeichnung „Bogdo-Ola-Typus“ in die Wissenschaft einführen. Dieser Typus ist aber, wie ich schon betont habe (S. 185), ein jugendlicher, ent- standen durch die nicht lange nach Ablauf der Maximalvereisung eingetretene tief eingreifende Klimaveränderung. Von meinem hohen Standpunkte aus (4530 m), wo die morphologischen Zeichen der alten Maximalvereisung, wie ich sie früher geschildert habe, sich in ihrem Zu- sammenhang überblicken ließen, suchte ich mir den Hochstand des eiszeitlichen Chigo-Gletschers zu rekonstruieren (siehe auch S. 88) und komme auf Grund aller früher mitgeteilten Merkmale zur Annahme eines hier mindestens um etwa 500 m über der heutigen Eisdecke gelegenen Niveaus, wobei ich betonen muß, daß es sich auch in diesem Falle, da eine Begehung des Terrains nicht stattgefunden hat und jegliche topographische Unterlage fehlt, nur um Schätzung, um einen ganz rohen Annäherungswert handeln kann. Denkt man sich nun den 189 Eisstand um +00 bis 500 m höher an die Umrandung hinanreichend, gleichzeitig auch die Überfirnung der Ränder entsprechend, so ergibt sich ein Bild, das mehr Ähnlichkeit mit der ehemaligen Vereisung kleiner alpiner Quertäler zeigt, weil dann die Randformen selbst nicht so wesentlich verschieden voneinander sind. Die Umwandlung zum jetzigen Typus ist dem extremen Einfluß des heute herrschenden ariden Klimas zuzuschreiben. Für die Durchführung einer Ersteigung der zentralen Hauptgipfel würde dieser Gletscher als Zugangsweg zweifellos mehr Aussicht auf Erfolg bieten als die von mir früher erwähnten Zugänge von der Nordseite (8. 173). Ich habe die in Betracht kom- menden Verhältnisse von verschiedenen hohen Standpunkten aus geprüft und fand, daß die Überschreitung der Zunge einem unternehmenden Alpinisten kaum Schwierigkeiten bieten würde und jedenfalls auch den Zugang zur Hochregion vermitteln kann. Ob aber hiebei ein gänzlicher Erfolg in Aussicht steht, dürfte in erster Linie von der Beschaffenheit des Firneises der außerordentlich steilen oberen Firnzuflüsse abhängen, welche zur Kammregion des östlichen Hauptgipfels der Zentralgruppe emporführen. Die Beschaffenheit der Firn- decke wechselt aber in solch extrem kontinentalem Gebiet, wie ich mich überzeugen konnte, in sehr wesentlicher Weise schon von einem Tage zum anderen. Die Veränderung war eine so überraschende und alle meine in dieser Hinsicht im zentralen Tian-Schan ge- sammelten Erfahrungen derart übertreffende, daß ich sie für wichtig genug halte, auch über diese Verhältnisse hier das Wesentliche zu berichten. Als ich zum ersten Male die Hochregion des Südabhanges betrat, hatten vorher starke Schneefälle stattgefunden und alles vergletscherte Gelände erschien mir, weil mit einem dichten, fast gleichmäßigen Schnee- mantel bedeckt, unschwer überschreitbar.') Am folgenden Tage herrschte heftiger Sturm- wind sogar in den Tälern. Vom Tale aus sah man, wie der Wind den Schnee von den Hochkämmen entführte, wie er ihn beständig zu fahnenartig flackernden Wölkchen formte, die sich nach oben auflösten. Als ich dann am nächsten Tage wiederum die Hochregion aufsuchte, war ich von dem veränderten Aussehen des Firneisgebietes geradezu überrascht. Allenthalben trat gelbgrünliches Eis zutage, besonders an den Aufwölbungen; nur in muldenförmigen Vertiefungen lagen noch Schneeanhäufungen. Die infolge des Klimas nie gebundene, stets pulvrig trockene Beschaffenheit des Schnees erleichtert es dem Wind sehr, ihn von seiner Unterlage zu entfernen. Bei einem Aufstiege müßte man daher darauf gefaßt sein, Tausende von Stufen in blankes Eis schlagen zu müssen, eine langwierige Arbeit, in deren Bewältigung sich mindestens drei erprobte Eismänner zu teilen hätten, da sie rasch vor sich gehen muß. Es handelt sich hier um Bezwingung ca. 1500 — 2000 m hoher steiler Eishänge. Schon auf einem kaum über 200 m hohen steilen Gehänge, welches ich zu 1) Diese Auflagerung findet immerhin nur an Gehängen statt, die.eine Neigung von weniger als 60 Grad haben. An den steileren Flanken rutscht der trockene Pulverschnee stets ab. Nach einem von lang andauerndem Schneefall gefolgten Gewitter sah ich, als ich bei aufklärendem Wetter abends aus dem Zelte trat, wie alle reich beschneiten Steilwände, welche meinen Lagerplatz umschlossen, Schauplatz einer merkwürdigen Bewegung waren. Was auch in unseren Alpen nach heftigen Schneefällen an einzelnen Stellen vorkommt, daß in Steilschluchten und besonders schroffen Gehängestellen der lockere Neuschnee in Kaskaden abfließt, war in der Bogdo-Ola eine ganz allgemeine Erscheinung. Von allen Wänden herab in ihrer ganzen Breite und Höhe ergossen sich die Schneelawinen von einem Steilabsatz zum andern und sammelten sich endlich am Fuße zu hohen Wällen. Es war ein merkwürdiges Schau- spiel, das stundenlang währte, dessen Ende ich nicht abwarten konnte, da mich die Nacht ins Zelt zurücktrieb. 190 überwinden hatte, um auf einem der Gipfel am Schluß des mittleren Talastes zu gelangen, war lange Stufenarbeit vonnöten. Bei alledem sind die oberen Teile des Chigo-Gletschers infolge bedeutender Gefällsbrüche im Felsbette sehr zerklüftet, so daß man außer einer Anzahl Spaltengruppen auch einige breite Schründe zu überschreiten hätte. Ein ab- schließendes Urteil über die Möglichkeit der Erreichung der höchsten Gipfel der Zentral- gruppe auf dem Wege über den Chigo-Gletscher wage ich somit nicht auszusprechen. Von dem mehrfach erwähnten breiten Sattel im Hintergrunde des mittleren Talastes (4255 m) stieg ich zunächst über zu Trümmern verwitterte Gratpartien, dann über sehr steilen Firn in Richtung SSO. an und erreichte nicht ohne Schwierigkeiten den fein zu- gespitzten Gipfel eines Firnkegels von ca. 4400 m Höhe. Dorten mußte ich die Wahr- nehmung machen, daß der Überblick über den Verlauf der Kämme gegen N. durch den ins Gesichtsfeld scharf heraustretenden, kolossalen Wandabsturz des allzu nah gelegenen, pyramidenförmigen Vorgipfels (S. 184) sehr gehindert war und andererseits den Ausblick nach S. ein annähernd um 150 m meinen Standpunkt überragender schlanker Firngipfel verwehrte, von dem mich eine etwa 70 m tief eingesenkte Scharte noch trennte. Um eine umfassende Aufnahme des Südabfalles der Bogdo-Ola machen zu können, blieb es mir daher nicht erspart, den etwas heiklen Abstieg über einen schmalen, zerrissenen, klippigen Grat hinab in diese Scharte zu wagen, sowie den Aufstieg über den mir zugekehrten, völlig überfirnten Steilschenkel des nächsten Gipfels. Eine nur dünne und ungleichmäßige Schnee- schicht lag dem Firneis auf. Dank der ausgezeichneten Stufenarbeit des mich begleitenden Tirolers Wenter vollzog sich jedoch alles glatt und wir erreichten die Gipfelhöhe (4530 m). Noch waren die Hochkämme frei, als ich das runde, kaum für zwei Mann und einen großen photographischen Panoramenapparat Platz gewährende Gipfelplateau betrat. Allein von N. drängte schon bedenklich dichtes Gewölk heran. Die Aufstellung eines solchen Ap- parates, besonders auf überfirntem Terrain, wo er gegen ungleiches Einsinken zu schützen ist, gestaltet sich stets zu einer schwierigen und zeitraubenden Arbeit. Hier mußte zudem wegen des ungenügenden Raumes Wenter erst in dem etwa 60 Grad geneigten, nach W. gerichteten Eishang des Gipfels einen zur Arbeit gesicherten Standpunkt für sich aus- schlagen, für mich einen amı entgegengesetzten Abhang, um mir die Bedienung des Ob- jektivs zu ermöglichen. Es bedurfte auch sonst der Aufbietung besonderer Vorsicht, um Gefahr für uns und den Apparat abzuwenden und diesen endlich für die schwierige Auf- nahme bereit zu machen. Von den vielen Panoramenaufahmen, die ich auf hohen Berg- gipfeln machte, war dies wohl die schwierigste. So verging denn eine geraume Zeit, bis alle für die Exposition nötigen Vorarbeiten erledigt waren. Inzwischen waren aber auch die herrlichen Formen der Gipfelregion bereits durch weiße Wolkenbänke verhüllt und erschienen wie geköpft. Stunde auf Stunde harrte ich nun mit meinem Begleiter auf der schmalen, windumtosten, eisigen Höhe aus, in der Hoffnung, daß die Macht der Sonne oder des Windes den neidischen Dunstmassen Herr würde. Aber die Qual dieses Ausharrens unter schwierigen Verhältnissen sollte nicht belohnt werden. Wagnis und Mühe wurden zu einem vergeblichen Opfer. Enttäuscht und verstimmt traten wir den schwierigen Rück- weg an, ehe ihn die einbrechende Dunkelheit besonders gefährlich machen konnte. Noch ein zweites und ein drittes Mal (S. 107, 187) mußte dieser Leidensweg durchmessen werden, ehe das Werk endlich gelang. Auch beim dritten Male, wiewohl wir des Weges schon gewohnt und mit seinen Tücken vertraut, bereits um 10?/, Uhr vormittags die Gipfelhöhe 191 erreicht hatten, fanden wir die Bergfirste durch von N. hereinbrechende Dunstmassen schon verhüllt, ehe der Apparat aufnahmsfähig war. Wiederum hieß es unter qualvollen Umständen bei scharfer Kälte warten in einer durch die Enge und Gefährlichkeit des Standpunktes erzwungenen Unbeweglichkeit. Dabei gestaltete die Zweifelhaftigkeit des Ausgangs das Warten zu einer noch schwerer zu tragenden Seelenfolter. Von Zweifeln und Sorgen beunruhigt, den Körper von eisigen Windstößen durchschauert, harrte ich auf diesem Orte meines Miß- vergnügens wiederum nahezu fünf Stunden aus, die mir so lange wie Tage erschienen. Schon ließ mich das träge Beharren der Wolkenschichten auf den Kämmen befürchten, daß auch dieses letzte Zeitopter, das ich zur Erlangung des begehrenswerten Lichtbildes noch bringen konnte, vergeblich sein würde, da erhob sich schließlich, als ich es kaum mehr zu hoffen durfte, doch noch ein Kampf von Wind und Sonne mit den Dunstmassen, den ich in äußerster Spannung verfolgte. Die Peripetien erfüllten mich bald mit freudiger Zu- versicht bald mit entsagender Niedergeschlagenheit. Erst einer sehr kräftigen, plötzlich aus N. hereinbrechenden atmosphärischen Strömung gelang es, die stagnierenden Wolken- schichten zu lockern und nun wurde das Licht bald Herr über die Trübung. Die Dunst- gebilde färbten sich rosig; sie wurden durchsichtig und lösten sich endlich nach oben völlig auf. Wie durch Zaubergewalt waren sie endlich entschwunden und ein tiefblauer Himmel wölbte sich über das großartige Hochgebirge. Die hohen Kämme dehnten sich in strahlender Reinheit und ihre herrlichen Konturen schnitten scharf vom dunklen Firmament ab. Un- gestört konnte nun die Arbeit zu Ende geführt werden. Als ihr Ergebnis entstand ein geographisches Dokument: das Panorama des Südabhanges, Taf. 3. Die kristallene Klarheit der Luft gestattete an jenem Tage besonders weiten Ausblick nach S. Man vermochte der Furche des vom Chigo-Gletscher abfließenden Baches durch die äußersten Züge des Berglandes zu folgen und erblickte jenseits des langen gleich- mäßigen Walles des Dschargöß-Tau die großen Ansiedelungen von Turfan und Toksun inmitten des unregelmäßig verteilten dunklen Grüns reicher Kulturen sich in der licht- grauen, sonnenbeglänzten Ebene der Halbwüste breiten. Zwischen diesen beiden Oasen, noch tiefer im S. aus der Senke von Luktschun glänzte der Spiegel des großen Sumpfsees Bodschante-kul auf (S.13 und 105). Der Unterlauf des Chigo-Tales erschien nun als breites grünes Alpental. Es erweckte mein Erstaunen, daß selbst so nahe dem Gluthauch der Wüstensteppe die Einwirkung des Gebirgsklimas sich noch kräftig zu behaupten ver- mag!). Wie weit hinaus diese alpine Vegetationsdecke reicht, vermochte ich von meinem Standpunkte aus leider nicht genauer festzustellen. Jedenfalls aber war schon im Mittel- lauf des Tales kein Wald mehr sichtbar, weder am Talboden noch an den Gehängen, was übrigens auch den später im parallelen Gurban-bogdo-Tale gefundenen Verhältnissen ent- spricht (S. 127 £.). Den Abfluß des Chigo-Gletschers sah ich als starken Bach zuerst nach O., dann nach SO., endlich energisch wieder nach SW. umbiegen. Der seinen Lauf begleitende dunkle Vegetationsgürtel gestattete jede Kurve auf der hellen Steppenfläche zu unter- scheiden (S. 105, 108). Hinter den letzten Terrainwellen entschwand er meinem Blicke. Die Karten geben keinerlei Aufschluß über seinen Lauf (S. 33). Ich konnte aber später, 1) Jeh verweise auf meine Schilderung des Sabawtschö-Tales (Vorläuf. Bericht 1. e. S. 54 £.). wo ähnliche, wenn auch nicht ganz so scharfe Gegensätze wie hier, sich geltend machen. 192 als ich auf dem Wege vom unteren Gurban-bogdo-Tale in die große Ebene austrat, das leuchtende Band eines Flusses beobachten, der zu den östlicheren der beiden im SO. des Sayopu-Sees sich dehnenden Seen träge durch sumpfigen Boden heranmäandert und in ihn einmündet. Ich schließe hieraus, daß zur Zeit eines Hochwasserstandes der vereinigten drei Flüsse, welche die Kette des Dschargöß-Tau durchbrechen (S. 104f.), ein Teil des über- flutenden Wassers, dem natürlichen Gefälle des Bodens der wannenförmigen Senke am Fuße des Dschargöß-Tau nach W. folgend, periodisch den östlichsten dieser Relikten eines großen tertiären Sees erreicht. Noch lange hingen meine Blicke wie gebannt an dem Aufbau der bewundernswert reich geformten Gipfelkuppen des gewaltigen Ostrandes des Chigo-Tales und an seinem Riesenabsturz von ca. 3000 m Höhe. Aus einem Netz von Wandschluchten und Rissen des dunklen Gesteins leuchtet noch immer das blendende Weiß, welches aus der reichen Firndecke des Kammes ernährt wird. Aber alle diese und die Firnfelder, welche noch heute in Hochmulden liegen, sind die verschwindenden Reste einer einst geschlossenen diluvialen Firndecke, welche sich unschwer aus deren sehr deutlich vor Augen tretenden einstigen Zusammenhang rekonstruieren läßt. Schon ein Blick auf das Panorama (Taf. 3) würde genügen, um die Überzeugung von einer tiefgreifenden und dauernden Klima- veränderung zu bekräftigen, von der diese Gegend betroffen wurde; nur einer solchen kann ein derartiger Wandel in so hoher Lage zu danken sein! Die Vorstellung, daß eine Er- niedrigung der mittleren Jahrestemperatur dieser heißen und trockenen Gegend um wenige Grade genügen könne, um den alten Eismantel, der dieses Gebirge einst völlig einhüllte, wieder erstehen zu lassen, wird angesichts eines derartigen Bildes kaum überzeugend wirken. Zum erstenmal sah ich von dieser hohen Warte aus auch die Art der Überfirnung der höchsten Teile in der östlichen Fortsetzung des Hauptkammes deutlicher, da infolge von dessen energischer Umbiegung nach OSO. und dann nach SO. (Kap. VI) hinter den sich erniedrigenden Ausläufern der Chigo-Talkette und durch ihre tieferen Einschartungen hindurch nun die hohen vergletscherten Gipfel, welche dem Hauptkamme angehören, noch in das Rundbild hereinragten. Als ich im Rückwege den Sattel wieder erreichte, konnte ich wahrnehmen, daß die beiläufig 600 m hohe Böschung des Gehänges bis hinab zum Gletscherboden keine derart steile ist, daß man nicht ohne besondere Schwierigkeiten dort hinab hätte gelangen können. Mit dieser Feststellung mußte ich mich jedoch begnügen, ohne einen Versuch zur Überschreitung des großen Eisstromes zu unternehmen, weil die täglich zunehmende Unbeständigkeit der Witterung befürchten ließ, daß ich auch bei längerem Verweilen in dieser Hochregion dennoch ihre weitere Durchforschung nicht hätte abschließen können, dabei aber die Lösung dringenderer Probleme wegen der Kürze der noch zu Gebote stehenden Sommerzeit gefährden würde. Es herrschte während meines dortigen Aufenthaltes fast stets in den tieferen Lagen unter Tags Südwind, während er in den hohen Regionen meist aus N. wehte. Der aus den über- hitzten Tiefen am Nordfuße aufsteigende Luftstrom, der begreiflicherweise einen größeren Feuchtigkeitsgehalt hat als der südliche, nahm im allgemeinen, doch nicht immer, auch eine bedeutendere Stärke an als dieser. Es kam vor, daß im Lager (3270 m Seehöhe) starker Südsturm herrschte verbunden mit Schneetreiben, während 400 m höher im Tale nur schwache Luftbewegung ohne Niederschläge beobachtet wurde. Einmal (23. August) brach im Tale 193 ein ungemein heftiges Gewitter los, begleitet von Hagel und Schneetreiben, während die Höhen über 5000 m hievon völlig verschont blieben. Die Spannungsunterschiede zwischen überhitzten Tiefen und erkalteten Höhen kommen meistens schon in den Lagen zwischen 3000 und 5000 m zum Ausgleich. Während jener Gewitterkatastrohe z. B. wurde alles Terrain innerhalb der erwähnten Höhengrenzen in ein dichtes, nach oben scharf abschnei- dendes Schneekleid gehüllt. Infolge der in den Abendstunden verstärkten Abkühlung der extremen Höhen fällt aber der Nordwind um diese Zeit herab, so daß im Tale bald nach sinkender Sonne böige Nord- und Nordwestwinde auftraten, verbunden mit leichtem Schnee- fall. Nachts gegen 10 Uhr legte sich aber gewöhnlich der Wind völlig und es wurde meistens sternenklar. Im übrigen verweise ich in Bezug auf einige Besonderheiten der Witterung im Hochgebirge auf Kap. II und XXI. Die Tage, an denen die Witterungsverhältnisse Arbeiten in den Hochregionen nicht gestatteten, verwendete ich zur Orientierung in den tiefer gelegenen Gebirgsteilen, wobei besonders die Ränder des Gurban-bogdo-Tales eingehend untersucht wurden. Da dort, wie mehrmals hervorgehoben, die Felswände von der Talsohle bis zur Kammhöhe vom Eise geglättet sind, die ehemalige Firn- und Eisbedeckung aber nahezu entfernt ist, tritt der geologische Bau besonders deutlich in die Erscheinung. Es boten sich aber, außer den bereits in Kap. VI und weiterhin mitgeteilten, keine besonders erwähnenswerten neuen Tat- sachen. Wiederholt zeigten sich im Südschenkel der großen Sattelfalte jene öfters erwähnten sekundären, kleinen Fältelungen und Schichtenverbiegungen, die jedoch das bekannte geo- logische Gesamtbild nicht wesentlich zu alterieren vermögen. Von anderen im Unterlaufe sich häufenden bedeutenderen Störungen und Unregelmäßigkeiten war S. 103 schon die Rede und Weiteres wird noch berichtet werden. Infolge des schon geschilderten Stufenbaus (S. 83f., 101f.) im steilen Oberlaufe des Tales (Taltreppe) führen die periodisch herabstürzenden Hochwasser außerordentlich große Mengen von Schutt zu Tale, so daß dort, wo die Talsohle eine sanftere Böschung anzu- nehmen beginnt, die alten Glazialablagerungen mehr und mehr durch junges Alluvium überdeckt werden und die auf den Stufen gebildeten Seen (siehe früher), schon jetzt stark aufgefüllt, ihrer völligen Zuschüttung entgegen sehen. In den tieferen Lagen des Gurban-bogdo-Tales, wo das Gefälle ein gleichmäßigeres ist, zeigen sich die alten, wenn auch vielleicht nicht die ältesten Glazialablagerungen in ihrem überwiegenden Bestande frei- gelegt und sind auch so ziemlich in ihrer ursprünglichen Gestalt besonders in den Tal- weitungen erhalten geblieben. Namentlich ist dies der Fall bei der Mündung eines auch heute noch durch ansehnliche Vergletscherung ausgezeichneten, von W. einmündenden Seitentales, über welches ich schon (S. 90) das Wichtigste hervorgehoben habe. Die aus seiner Mündung austretende Stirnmoräne eines alten Nebengletschers hatte sich dort an eine offenbar zur gleichen Zeit aufgeworfene alte Endmoräne, welche einen längeren Still- stand im Rückzuge des Hauptgletschers bezeichnet, aufgestaut.!) Die Mächtigkeit und !) Aus dem Umstande, daß diese Gruppe von Glazialablagerungen, wie aus Karte II ersichtlich wird, schon unterhalb der im Oberlauf abgelagerten, also jüngsten Gruppe der großen Endmoränen- anhäufungen des Tales gelegen ist, darf man schließen, daß sie einem Rückzugsstadium der diluvialen Vereisung angehört, welches dem letzten unmittelbar woranging. Gerade dieser Phase der diluvialen Geschichte scheint aber, wie aus meiner Schilderung der Verknüpfung der Moränen auf S. 90 hervorgeht, wieder eine stärkere Gletscherentwieklung vorhergegangen zu sein. Dies steht in Übereinstimmung mit den Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 25 194 Ausdehnung des Glazialschuttes ist daher dort recht bedeutend und die Formen des Boden- reliefs sind sehr unruhig; es hat sich dort ein Schuttgebirge in der Talsohle gebildet, das mit reichen Alpenwiesen und Strauchwerk bedeckt ist. Der Fluß hat sich mehr als 80 m tief darin eingeschnitten und zeigt in den zwei darin hinterlassenen Terrassenstufen (S. 92, 103) Stillstandsperioden im Verlaufe der Entwicklung oder zyklische Veränderungen seiner Erosions- tätigkeit an (S. 99). Hinter dieser, einer der größten Stirnmoränen des Haupteletschers, befinden sich zwar noch zwei bedeutend kleinere, von denen jede etwa 100—150 m hinter der anderen zurückliegt; sie zeigen jedoch nur kleinere Phasen in der letzten Rückzugs- geschichte des Eises an, welche man vielleicht berechtigt ist, in Beziehung zu einer der Flußterrassen zu bringen, d. h. als gleichaltrig anzusehen. Auf die weiter talabwärts liegenden Stirnmoränen komme ich gleich zu sprechen. Festgestellt konnte werden, daß aus allen in den beiden Talrändern eingeschnittenen Nebentälern, selbst in solchen, in deren Hintergrund nur mehr in Hochmulden Firnlager verbunden mit kleinen Gehänge- gletschern auftreten (Taf. 13), bedeutende Mengen Moränenschuttes in das Haupttal hinausgefrachtet wurden. Da diese, im Haupttale sich ausbreitend, wenn sie nahe bei- einander lagen, miteinander verschmolzen und gegen Moränenablagerungen des Haupt- gletschers aufgestaut wurden, ja manchmal wulstförmig über die Grundmoräne hinüber- geschoben sind, so entstund fast im ganzen Mittellaufe des Tales ein Moränengebirge von sehr manniefaltigen Formen, dessen Überschreitung meiner Karawane "öfters recht un- bequem wurde. Auch für diese Zeugen eines großen Eisvorstoßes in der Bogdo-Ola darf das gleiche Alter angenommen werden, wie für die eben erwähnten Bildungen; sie gehören dem vorletzten Vereisungsstadium an. Auf den begrünten Decken dieser Moränenwälle und auf den breiten Terrassen- stufen, welche darin liegen, werden öfters Umzäunungen von Winterniederlassungen der Kirgisen oder Torgouten bemerkbar (8. 131). Ein breiter, alter Bergsturzkegel am rechts- seitigen Talrande hat die Moränenanhäufungen auf einer langen Strecke überschüttet und vermehrt noch die Unregelmäßigkeit des Reliefs. Zahlreiche Quellen treten dort aus dem Gehänge heraus; da sie in den Geschiebelehm der Grundmoräne nicht erodieren können, versumpfen sie die Alpenböden auf weiten Strecken. Im Bett des tief eingeschnittenen Hauptflusses zeigen sich Anhäufungen von Blöcken, von denen jedoch nur wenige gerollt erscheinen; die meisten sind nur kantengerundet oder gar scharfkantig, da sie in über- wiegender Menge der Grundmoräne entstammen und demnach nur einen verhältnismäßig kurzen Transport im Flußbett erlitten haben. Mit der normalen Erosionskraft des heutigen Flusses sind selbst derartige Blockbetten nicht wohl zu erklären; vielleicht aber auf periodisch vermehrte Wasserführung zurückzuführen. In ähnlicher Weise liegen die Verhältnisse auf einer Strecke von 6—7 km vom Lager abwärts. Im Niveau von ca. 2450 m werden die Moränenanhäufungen wieder besonders mächtig. Es ließ sich erkennen, schon aus der vorgeschrittenen Zersetzung der Gesteine und aus der starken Lehmbildung in den höheren Teilen daß hier die Stirnmoräne eines weit älteren Eishochstandes dem Anscheine nach während des Rückzuges abgelagert Verhältnissen der Erosion am Nordabhang, welehe ich auf 8. 98 zum gleichen Stadium gezogen habe und schließt sich auf das beste an die Entwicklungsgeschichte der Vereisung des Nordabhanges an, wie ich sie S. 147, 148, 160 darlegte. 195 wurde. Die Talrinne wurde hiedurch derart aufgefüllt, daß der Fluß etwas nach SO. ab- gelenkt und nun in einer jugendlichen Engschlucht steilgestellte schiefrige Gesteine durch- bricht (S. 103), welche von Dr. Glungler als Quarzitschiefer bestimmt wurden (siehe Kap. XXD). Ich habe von diesem Teile des Tales in Kap. XI (S. 91f.) und XII (S. 102 bis 106) die wichtigsten morphologischen Erscheinungen hervorgehoben. Des verständlichen Zusammenhangs halber kann ich in den folgenden Ausführungen wenigstens einige Wieder- holungen nicht ganz vermeiden. Alle diese Moränenanhäufungen, welche den ganzen Bestand der Gesteine des Gebirges enthalten, haben zwar durch spätere Erosion sehr unregelmäßige Formen angenommen; doch ließ sich beim Überblick von einem hohen Rücken des linken Ufers, welchen ich über- steigen mußte, um der Flußverengung auszuweichen, erkennen, daß es sich, wie erwähnt, hier um Reste einer sehr alten Stirnmoräne von ungemein großer Ausdehnung handelt; sie füllt die Talsohle auf eine Länge von mehr als 2km aus und breitet sich abwärts, wo das Tal beträchtlich auseinandertritt (ca. 2300 m), auf einer Längserstreckung von beiläufig 1 km auch infolge von Auswaschung fächerförmig aus. In der Verengungsstelle schätze ich ihre Mächtigkeit auf etwa 150—200 m. Etwas oberhalb von der Stelle, wo ich von der Ausweichstelle durch ein Nebental (siehe Karte II) wieder in das Haupttal eintrat, schneidet der Fluß tief in diese Ablagerung ein, so daß ihre Zusammensetzung einigermassen erkenn- bar war. Ich konnte aber nicht wahrnehmen, daß der Fluß den Felsgrund erreicht. Zwei Terrassenstufen liegen dort, wie auch weiter talaufwärts, im orographisch rechten Gehänge übereinander und ziehen talauswärts (S. 91, 103), Stillstandsperioden oder Veränderung in der inter- und postglazialen Flußerosion bezeichnend. Ganz sicher ist es nicht festzu- stellen gewesen, ob in dieser Endmoränenanhäufung Zeugen einer Phase des Rückzugs nach dem maximalen Hochstand des diluvialen Gurban-bogdo-Gletschers zu sehen sind oder Kennzeichen eines erneuten Eisvorstoßes nach Ablauf der Maximalvereisungsperiode. Auch in den geweiteten Mündungen der Nebentäler zu beiden Seiten sieht man hier be- trächtliche Anhäufungen von Glazialschutt: teils Reste von Stirnmoränen teils von Grund- moränen der früheren Nebengletscher. So fand ich das Seitental, durch welches ich unter- halb der Blockierungsstelle des Haupttales wieder in dieses austrat, von solchem offenbar sehr altem Glazialschutt stark aufgefüllt. Zahlreiche Quellen treten dort aus dem lehmigen Untergrund zutage und eine reiche Strauchvegetation, besonders sehr hohe Weidensträucher und Espenbäume haben sich darauf angesiedelt. Mein Tiroler Begleiter Wenter hatte, um der Enge auszuweichen, verführt durch den Umstand, daß das Terrain am rechten Ufer für die Lasttiere leichteres Überschreiten versprach, mit der Karawane einen anderen Weg ein- geschlagen, der aber einen mehrere Stunden erfordernden Umweg bedeutete; die Richtung ging seitwärts nach W. über eine buchtförmig in die hohen Talränder eingreifende, höchst eigenartige, niedere Vorstufe mit sehr unregelmäßiger, durch Verwitterung streckenweise in ein Blockmeer verwandelter, von verschiedenen höheren Kuppen mannigfach durchsetzter Oberfläche, so daß er an der Peripherie dieser in Karte II erkennbaren Schwelle, entlang dem Steilufer eines umrandenden Flußtales die Hindernisse umgehen mußte.!) Über einen !) Diese eigenartige Oberflächenform, mitten in einem ganz anders gearteten Relief, besitzt die Gestalt eines niedrigen Sockels von 3 km Breite und 2 km Länge, rings umgeben von weit überragenden Gebirgs- rücken. Da ich das Gelände nicht selbst überschritten habe, konnte ich von seiner Zusammensetzung und seinem Bau nur das Stück des Ostrandes sehen, der zur Schlucht des Gurban-bogdo-Flusses abfällt. Danach 25* 196 kleinen Paß 120 m über der Talsohle gelangte er sodann in das Quellgebiet eines entgegen- gesetzten umrandenden Nebentales und an dessen Steilrand entlang, hernach in der Tal- sohle selbst marschierend, erreichte er wieder das Haupttal. Wenter fand an beiden Mündungen der Nebentäler alte begrünte und bewachsene Moränen, also ganz ähnliche Verhältnisse, wie ich ihnen auf meinem Wege an der anderen Talseite begegnete. Aus dem Komplexe aller dieser Moränenanhäufungen haben sich mächtige Schotter- massen weit hinaus im Tal verbreitet (S. 92, 103), in welchen sich die in den Glazial- ablagerungen des Mittel- und Oberlaufes liegenden zwei Terrassenstufen fortsetzen. Demnach sind sie im ganzen Tallaufe eine konstante Erscheinung als Zeugen von Schwankungen in der spät- und postglazialen Wasserführung und Talvertiefung. Die Tiefenerosion des heutigen Flusses, der nur eine verhältnismäßig enge Furche in der glazialen Akkumulationsmasse des Mittel- und Unterlaufes, nur eine schmale Rinne im Felsenbett des Oberlaufes (S. 102) zustande gebracht hat, überhaupt die höchst unregelmäßige Gefällskurve des Gurban-bogdo-Tales deuten zusammen mit den andauernden, z. T. rapiden Rückzug (S. 90, 99) der Gletscher darauf hin, daß wenigstens zur Zeit die Klimaverschlechterung noch im Fortschreiten begriffen ist. Daß die Verhältnisse am Nordabhang nicht viel anders liegen, wurde bereits nachgewiesen. In solcher Weise traten mir auf der Wanderung durch das Gurban-bogdo-Tal die Zeugen des wechselreichen Verlaufs der letzten diluvialen Vereisung und ihr Zusammenhang mit einer rasch eingetretenen (S. S0, 99, 106) und rasch fortschreitenden Klimaverschlechterung deutlich vor Augen. Ich habe aber schon früher nachgewiesen, daß die ganze Anlage der Täler, besonders des Südabhanges (S. 87, 92, 97, 99£.) nur mit der Wirksamkeit ehemaliger weit bedeutenderer Flüsse!) erklärt werden kann. Die große Vereisung fand fertige in einer feuchtigkeitsreicheren Zeit entstandene und ausgebildete Täler vor, in welche sie ihre Spuren eingrub, ihre Ablagerungen hinterließ. Es ist aber wahrscheinlich, daß unter diesen -sich noch Reste alter Flußablagerungen finden, die vom Eise nicht ausgeräumt wurden, und möglicherweise unter diesen noch Ablagerungen der frühesten Vereisung? (S. 92).?) Da zu schließen besteht er aus den gleichen steilgestellten Quarzitschiefern, wie die ganze Umrandung der Schlucht. Man kann sich die Entstehung dieser von hoben Steilrändern umgürteten Stufe nur als durch einen polygonalen Einbruch entstanden erklären, der in engem genetischen Zusammenhang steht mit den tektonischen Störungen, welchen, wie auf S.103f., 171f., 187 berichtet wurde, die Richtung und Gestalt eines großen Teiles des Gurban-bogdo-Tales beeinflußt haben(siehe auch S. 41, 56). Mit der tief- greifenden Wirkung, die das Absinken im Süden, in den zentralasiatischen Graben, auf das ganze Gebirge ausübte, stehen solche kleinere Niveauverschiebungen wohl im Einklang. Aus dem Umstand, daß die Decke des Sockels über die Köpfe steilgestellter verschieden harter Schichten hinwegläuft, erklärt sich ihre höchst unregelmäßige Ausbildung. Den gegen das höhere Gebirge abstoßenden Bruchrändern folgt im OÖ. der Gurban-bogdo-Fluß, im Norden und Süden die Seitentäler, wie sie in Karte II eingetragen sind, an deren Rändern, entlang (siehe oben) der Wenter’'sche Weg führte. !) Siehe auch Note S. 80. ?) Im Zusammenhang mit dem noch fortschreitenden Absinken am Südfuße des Tian-Schan, den ehemals kräftigen, klimatischen Schwankungen und der Mächtigkeit und auffälligen Ungleichartigkeit der Schotter im Gurban-bogdo-Tal (Genaueres hierüber später) würden diese Verhältnisse sich mit der Hypothese gut vereinbaren, die OÖ. Ampferer (Über einige Grundfragen der Glazialgeologie, Verhandlg. d. K. K. Geolog. Reichsanstalt 1912, Nr. 9) hinsichtlich des Inngletschers und anderer diluvialer Alpengletscher vertritt. In verwandtem Sinne faßt einen solchen Wechsel der Ereignisse bezüglich des Arkansas-Tales Stephen R. Capps auf (Pleistocene Geology of the Leadville Quadrangle, Colorado. Bull. 386 of U. S. Geolog. Survey 1909, S. 15f.), kommt jedoch zu etwas anderen Ergebnissen als Ampferer. Die Unabhängigkeit 197 aber, wenigstens soweit meine Beobachtungen gehen, die Tiefenerosion der heutigen Flüsse die Moränen und fluvioglazialen Ablagerungen nicht bis zum Grunde durchschnitten hat (S. 91, 103f.), so kann ich in dieser Hinsicht nur einer Vermutung Ausdruck geben. Mehr als 15 km talabwärts von der beschriebenen letzten großen Endmoränenab- lagerung reichen diese Schotter; ihr Zusammenhang ist durch zahlreiche Einbrüche periodischer Wasserläufe und durch einige ständige Flußläufe öfters gestört. Die Terrassenstufen sind breiter am rechten als am linken Ufer, was durch den nach W. im großen ganzen eine kon- kave Linie beschreibenden Lauf des Hauptflusses erklärt wird. Die Decken der Hochterrassen sind fast horizontal und sehr gefestigt, manchmal tischeben und mit Kies und lockerem Geröll bedeckt; ihr ausgebrannter Boden erscheint durch weit auseinanderstehende Wüsten- sträucher von Kugelform wie gesprenkelt. Nur sehr allmählich dacht diese ungeheure Schotteranhäufung gegen S. und SW. ab. Noch einige Kilometer unterhalb der großen Endmoräne ist der sehr reißende Fluß beiläufig 100 m tief darin eingeschnitten; weiter talabwärts nur mehr 70—80 m, ohne daß ich irgendwo anstehendes Gestein in seinem Bett bemerken konnte. Der Betrag postglazialer Erosion reicht also nicht zu solcher Tiefe hinab. Die Abbruchwände gegen den Fluß sind meist nahezu senkrecht. Im Niveau von etwa 1500 m treten die Ufer weit auseinander, das Gefälle nimmt stark ab. Der Fluß verläuft in engen Mäandern und verzweigt sich dann bald in mehrere Arme. Dort dehnen sich reich mit Weiden, Pappeln und Espenbäumen, sowie mit vielem Buschwerk bestandene, flache, sumpfige Auen (Kapitel XIII, S. 127f.), deren dunkles Grün einen an- genehmen Gegensatz zu den wüstenhaften, steinigen Böden der Terrassen bildet, über welche mein Weg meistens dahinführte. Auch dort, wo ich in die Auen hinabstieg, vermochte ich anstehenden Fels im Flusse nicht zu ermitteln und konnte deshalb nirgends den vollen Betrag der Schotteranhäufung mit Sicherheit feststellen. Jedenfalls entspricht ihre außerordentliche Mächtigkeit und Ausdehnung durchaus dem Ausmaße und der Be- deutung der Glazialwirkungen, welche dem ganzen Öberlaufe des Tales sein eigentliches Gepräge verleihen. Daß aber der diluviale Gletscher noch weiter hinabreichte, dafür zeugen beträchtliche, unregelmäßige Anhäufungen von Moränenresten, welche ich in einem 1?/, km oberhalb einer verfallenen chinesischen Kupferschmelze (S. 92, 101 etc.) von rechts ein- mündenden, heute nur periodisch Wasser führenden Tale antraf und noch weit größere Moränenablagerungen, die in unmittelbarer Nähe dieser alten Werkanlage, wenn auch vielfach zerschnitten, erhalten geblieben sind, anscheinend geschützt durch die Buchtform der Talränder (Seehöhe 1725 m). Die Gesteinsfragmente, auch große Blöcke dieser Glazial- bildung zeigen besonders in den äußeren Teilen der Ablagerung einen noch viel stärkeren Zersetzungsgrad, wie die der vorher beschriebenen Moränen; viele sind bis ins Innere zermürbt. Ein hieraus entstandener brauner Lehm bedeckt ringsum das Gelände, das stark versumpft ist. Auch unter Berücksichtigung der zweifellos stärkeren Einwirkung klimatischer Kräfte in solch tiefer Lage kann man dieser Glazialablagerung jedenfalls ein sehr hohes Alter zusprechen. Auf Grund des Hochstandes des diluvialen Eises in diesem Tale, dessen Mächtigkeit nach der Höhe der Gletscherschliffe in den Talwänden zu schließen (S. 84, 91, 188f., 193), mit 400—450 m vielleicht noch wesentlich zu gering eingeschätzt ist, der Schotterdecken von den Endmoränen vertreten neuerdings auch E. Moesch. Die große Eiszeit in der Nordschweiz (Beiträge z. geolog. Karte d. Schweiz, Lief. 31, 1911) und F. Nußbaum (vergleiche Zeitschrift f. Erdkunde, Berlin 1914, S. 761f.), sowie andere Schweizer Glazialgeologen. 198 kann es keinem Zweifel unterliegen, daß der diluviale Eisstrom noch viel weiter hinaus, sicherlich noch in die Ebene gereicht haben muß (S. 92, 93, 104). In diesem Gebiete aber läßt sich nicht erwarten, daß die Ablagerungsspuren der Eiszeit heute noch sichtbar erhalten geblieben sind.!) Der besondere Eigentümlichkeiten zeigende Charakter der fluvioglazialen Schotter verdient einige Betrachtung: Zusammensetzung und Beschaffenheit ist eine sehr ungleich- artige; besonders in den nahe der Endmoräne liegenden Teilen läßt sich infolge des Vorwaltens großer, wenig gerundeter Blöcke und vielen Lehms die Ablagerung nur schwer von wirklicher Moräne unterscheiden. Gerundete und nahezu kantige Blöcke erscheinen dort fast in gleicher Menge und es ist bezeichnend, daß gerade diese moränenartigen Teile ein steileres Gefälle zeigen, als benachbarte feinkörnigere, mehr schotterähnliche Partien, so daß man hier wohl von einer Verknüpfung von eigentlicher Moräne mit Schottern sprechen dart. Da ich aber auch etwas weiter talauswärts an einigen Stellen ähnliche Verhältnisse, wenn auch in wesentlich kleinerem Maße beobachten konnte, erkläre ich mir diese Vorkommnisse durch kleinere Schwankungen, also späte kürzere Eisvorstöße während der Rückzugsperiode, wo dann mit Moränenschutt stark belastete Eisteile ab- getrennt und als totes Eis zurückgeblieben waren, nach dessen Vernichtung die Moränen- überlagerung in situ verblieb. Anderseits kommen aber auch an manchen Stellen Anhäufungen kiesartig feinen Gerölles mit Sand und Lehm vor, Ablagerungen, welche ich allerdings nur in der Nähe von Mündungen einiger Nebentäler beobachtet habe. Dieses feinere Material scheint mir daher in buchtartigen Erweiterungen der Talränder niedergeschlagen zu sein. Im großen ganzen ist es bei aller Unregelmäßigkeit der Mischung nach Größe des Materials sowohl, als nach Bestand aus gerundeten und fast noch kantigen Geschieben doch unverkennbar, daß nach außen, also talabwärts, die Korngröße abnimmt und nur dort, wo aus Neben- tälern eine starke Zufuhr von Material stattfand, dieses Verhältnis unterbrochen wurde. Auch zeigt sich nur in den höchsten Lagen vorherrschend feines Korn, während in den mittleren manchmal ganz plötzlich wieder grobkörnige Partien auftreten. Auch der Grad der Verfestigung dieser Schuttmassen ist in den einzelnen Teilen verschiedenartig. Lockere Partien wechseln mit mehr verfestigten, was wohl, da solche verfestigte Schichten nicht durchhalten, nur auf besondere lokale Anhäufung kalkhaltiger Gesteinstrümmer (Kalksilikathornfelse) zurückzuführen sein mag. Ausgesprochen konglo- meratisch verfestigte oder Nagelfluhbänke sah ich aber nicht. Diese große Unregelmäßigkeit in Beschaffenheit und in der Lagerung läßt auf mannigfachen Wechsel der Wasserführung während der Rückzugsperioden des Eises schließen, der späten klimatischen Schwankungen entsprechen dürfte, welche auch mit späten Vorstößen einzelner Nebengletscher verbunden gewesen sein mögen. Nur eingehendere Untersuchung, wozu mir zumal bei der schweren Zugänglichkeit der Einschnitte nicht genügend Zeit zu Gebote stand, könnte mehr Klarheit und Sicherheit in die Beurteilung dieser verwickelten Verhältnisse bringen und vielleicht zu einer ganz genauen chronologischen Gliederung der glazialen und fluvioglazialen Bildungen dieser 1) Vorläufige Ergebnisse etc. Petermanns Mitteilungen, Ergänzungsheft 149, S. 35, 37, 41, 42, 52, 98. Zeitschrift Berliner Gesellschaft für Erdkunde, Jahrgang 1910, S. 236, 305, 313. Hettners Geographische Zeitschrift 1912, S. 8, 9, 16, 17. 199 Gegend führen, denen ein ziemlich ungleichartiges Alter zuzukommen scheint. Auch die Flußerosion, deren Wirkung die beiden Terrassenstufen zu danken ist, kann zwar als jugend- lich angesehen werden, weil diese Stufen gleichsinnig in dem Schotter wie in der Moräne liegen (S. 91f., 103), aber allen Anzeichen nach entspricht jede Stufe einer besonderen Klimaschwankung des ablaufenden Diluviums. In dieser Hinsicht ist zu erwähnen, daß ich im Oberlaufe des Tales auf der ebenen Decke der oberen Terrassenstufe, die in Moräne liegt, Reste von jüngerer Moräne aufliegen fand, was natürlich nur durch einen späteren nochmaligen Vorstoß des Eises, vermutlich von einem Nebengletscher kommend, erklärt werden kann. Bezüglich der im Unterlaufe des Tales obwaltenden geologischen Verhältnisse habe ich die wichtigsten Tatsachen bereits in früheren Kapiteln hervorgehoben. Nur über die Störungszone sind noch einige ergänzende Einzelheiten nachzutragen. Aufwärts von der Stelle, wo die Obstruktion des Haupttales durch Glazialschutt stattfindet (S. 194 f.) und wo der beschriebene polygonale Einbruch, sowie die Ablenkung des Flußlaufes stattfindet, ist das allgemeine Streichen der Gesteine noch nahezu unverändert W.—O. mit geringer Abweichung nach N. und bis dahin reicht auch die große Sattelfalte, wie aus Taf. 17, Profil IV zu ersehen ist. Innerhalb ihres Baues liegen hier nur Schichtenknickungen und Verbiegungen. Es folgen nun talabwärts die schon beschriebenen kleineren Verwerfungen in beiläufiger Richtung NO.—SW. und zwar nur in der linken Umwallung, die gegen das rechte Ufer abstoßen (S. 187). Es ist nun sehr bezeichnend, daß alle die auffälligen Störungen, der Einbruch und die gleich näher zu beschreibenden kleinen Längsbrüche alle innerhalb der Zone liegen, wo die Sattelfalte in eine ziemlich enge Mulde umbiegt und daß mit dem abermaligen Umbiegen des Schichtenkomplexes zu einem Sattel die Verhältnisse beginnen wieder normal zu werden. Unmittelbar bei der Stelle, wo mich mein Weg aus dem Nebental — dort Streichen W.—0O. schwach nach S. abgelenkt, und Fallen 70 Grad S. — wieder in das Haupttal führte, beginnt ein energisches Absinken des Gebirgskomplexes nach S. und gleichzeitig wird ein völlig verändertes, höchst unruhiges geologisches Bild entschleiert. In einem unmittelbar folgenden linken Nebental von Richtung NO.—SW., das einer Verwerfung folgt, sind die Schichten auf den Kopf gestellt, fallen nach N. und S. weg und sind schief zur ursprünglichen Streichrichtung verschoben, so daß das Streichen bald OSO. bald WNW. geht. Ähnliche seltsame geologische Bilder machen sich auch noch eine kurze Strecke weiter talabwärts innerhalb dieser Störungszone bemerkbar, wo in den umgekippten Schollen mehr N.-Fallen überwiegt, bis dann eine neue Sattelfalte mit regel- mäßigem N.-Fallen anhebt, die aber im Vergleich zur großen Hauptfalte weit geringeres Ausmaß aufweist. Auch die folgenden Falten werden in Richtung nach $S. zunehmend enger bei stetig abnehmender Höhe der Talränder, wobei es für das Absinken nach S8. bezeichnend ist, daß die Südschenkel der Falten stets kürzer und steiler sind als die Nordschenkel. Die Gesteinsfolge entspricht sehr annähernd derjenigen im N.; doch finden sich die Äquivalente der Gesteine des Nordens im $. infolge des starken Absinkens des ganzen Baues in einem etwa 800 m tieferen Niveau als dorten (8. 40, 60). Dabei ist die Um- wandlung der einzelnen Glieder des Schichtenbaus, beeinflußt durch Dynamometamorphose sowohl, als durch Kontaktwirkung (siehe Kap. XXI), eine viel weiter gehende. Auch die Zersetzung der Gesteine des Südens ist eine wesentlich tiefer greifende, schon wegen der 200 stärkeren klimatischen Einwirkung, welche durch die Zerrüttung in der Bruchzone be- günstigt wurde. Nichtsdestoweniger war es ermöglicht, die Parallelisierung der einzelnen Glieder der nördlichen mit der südlichen Folge zu sichern. Es sind nur vereinzelte im S. auftretende Elemente des Gesamtbaues, welche am Nordabhang nicht oder doch nur wenig vertreten sind. Zu den ersteren zählen haupt- sächlich die Quarzkeratophyre (Kap. XXI) und zu den letzteren die kupferhaltigen Gesteine (Epidotskarn), welchen wir am Nordabhang (siehe 8. 139) zwar als Grabschmuck in An- siedelungen am Fuße des Gebirges begegnet waren, die wir aber auf unserem Wege durch das Gebirge nicht anstehend finden konnten, woraus auf eine geringe Verbreitung geschlossen werden darf. Am Südabhang traf ich solche unmittelbar unter der höchsten Kamm- region und zwar dort, wo Gänge eines Eruptivums sich verzweigen, das von Dr. Glungler als Cordieritliparit beschrieben wird. Die dort geschlagenen Stücke haben aber bei Weitem nicht den hohen Kupfergehalt, den ähnliche Gesteine aufweisen, welche tiefer unten in einem linken Nebentale in der Nähe von Lager g anstehend in Verbindung mit Quarz- keratophyr angetroffen wurden, besonders aber solches Material, welches noch unverhüttet in großen Haufen bei einem Schmelzwerke lag. Wie mir später von den Bewohnern der kleinen Festung (S. 129) am Sayopu-See mitgeteilt wurde, stammt dieses aus einem oro- graphisch rechten Seitental, das wenige Kilometer oberhalb der verfallenen Bauten einer schon mehrfach erwähnten großen chinesischen Kupferschmelze einmündet. Dieses Gestein (siehe Kap. XX]) mit starkem Anflug von Malachit oder auch von Kupferlasur hat einen sehr hohen Kupfergehalt, so daß bei einigermaßen sachgemäßer Verhüttung solche als sehr lohnend sich erweisen müßte. Allein bei den unglaublich primitiven Methoden der Chinesen, wie ich sie auch in verschiedenen weit auseinander gelegenen anderen Teilen des Tian-Schan antraf (Kiukönik-Tal, Muis-Tal, Tugarak-dan etc.) scheint auch die Verarbeitung so reicher Erze wie die des Gurban-bogdo-Tales nicht nutzbringend zu sein. Wenigstens waren die nahe am Ausgang des Tales errichteten ausgedehnten Bauten dieser Kupferschmelze (Taf. 14 Fig. 1) in mehr oder weniger starkem Zustande des Verfalles und wir fanden sie gänzlich von Menschen verlassen. Berge von schwarzen, glasigen Schlacken mit grünlichem Malachit- überzug umgeben die in einem trostlosem Zustande befindlichen umfangreichen Bauten. Auf einigen isolierten Kuppen, den durch Wassererosion getrennten Teilen eines alten Endmoränenzuges (S. 197 £.) sah man kleine zierliche Tempelchen, welche für die ehemals zahlreiche chinesische Arbeiterbevölkerung und die Beamten errichtet waren, nunmehr aber das Schicksal des Verfalles der Werkbauten teilen. Man hatte mir am Nordabhang versichert, das Werk sei noch im Betrieb und mehrere hundert chinesische Arbeiter seien dort beschäftigt. In der Veste Sayopu be- haupteten die Leute, es sei erst im Laufe des Jahres durch Hochwasser zerstört und dann verlassen worden. Der Zustand der Bauten und die Ansiedelung von Pflanzenkolonien auf den meisten Schlackenanhäufungen sprachen gegen eine solche Annahme. Allein das ausgedehnte Innudationsgebiet des Flusses und die Umstände, unter welchen ich es an-- traf, deuten wenigstens darauf hin, daß durch Hochwasser häufig Beschädigungen vor- gekommen sein müssen und daß hiedurch verursachte wiederholte Unterbrechungen des Betriebes vielleicht einen Grund für das Verlassen des Werkes gegeben haben können. Zweifellos verursachen schon die wilden sommerlichen Stürme im Hochgebirge, von denen ich wiederholt berichtet habe (S. 105, 126, 128, 159, 193), — ganz abgesehen von den 201 alljährlich zur Zeit der großen Gletscherschmelze (S. 93f., 99) katastrophal herabstürzenden Fluten des Hauptflusses — die als Folge der besonderen hier obwaltenden extremen klimatischen Verhältnisse häufig in den Sommermonaten sich einstellen, öfters plötzliches, außerordentlich starkes Anschwellen des Flusses, der dann, seine Ufer überschreitend, die Auen seiner Umrandung mit verheerender Gewalt überflutet. Das 100—120 m breite Flußbett bot zur Zeit, als ich die Örtlichkeit besuchte, ein Bild grauenhafter Verwüstung. Es war erfüllt von einem Chaos von Felsblöcken und Trümmern, teilweise von außerordentlicher Größe, von Anhäufungen entwurzelter Baum- stämme, Sträuchern, Wurzelwerk und Schlamm. Das Aussehen eines großen Teiles der angeschwemmten Bäume deutete darauf hin, daß sie schon längere Zeit hier lagen, also vielleicht während der letzten Frühjahrsschneeschmelze oder noch früher herbeigefrachtet wurden. Andere aber erwiesen durch den noch erhaltenen grünen Schmuck des blätter- tragenden Gezweiges, daß sie erst vor ganz kurzer Zeit hierher geschwemmt waren, von Hochwassern, deren Entstehung offenbar mit den von mir im Gebirge erlebten Stürmen zusammenhing. Die Gewalt der herabgestürzten Gewässer muß eine furchtbare gewesen sein; darauf deuteten auch auf meinem Wege weiterhin zum Sayopu-See die noch wenig konsistenten, weil noch nicht völlig trockenen, tischebenen Tonflächen (S. 128), welche dort ein weites Gebiet bedeckten und in der anschaulichsten Weise die Entstehung des Takyrbodens durch den Schlamm solcher Schichtfluten lehren. Angesichts dieser sogar in der gegenwärtigen ariden Klimaperiode noch bestehenden Verhältnisse kann jedenfalls die besondere Mächtigkeit und Ausdehnung fluvioglazialer Schotter in dieser Gegend nicht überraschen. Solche sind auch in der Nähe der Kupferschmelze am Fuße der Talränder in zwei hohen Stufen ausgebildet, wie aus Taf. 14, Fig. 1 ersichtlich ist. Daneben sind aber, wie ich eben (S. 197 f.) hervorgehoben habe, auch unzweifelhafte Moränen hier erhalten geblieben, aus deren Lage und Verbreitung sich der am tiefsten herabreichende, wenigstens teilweise erhaltene Endmoränenwall ın seiner ursprünglichen Gestalt trotz seiner argen Deformierung durch Erosion dennoch unschwer rekonstruieren ließe. Da das Niveau, in welchem die Moräne angetroffen wurde, wie erwähnt 1725 m be- trägt, würde sich für den diluvialen Gurban-bogdo-Gletscher eine Länge in Luftlinie von etwa 25 km ergeben. Aus meinen früheren Ausführungen (S. 92, 93, 104, 197) geht aber her- vor, daß auf noch weit tieferes Hinabreichen der alten Gletscher geschlossen werden darf. Für das Vorhandensein von Grundmoräne bei der Kupferschmelze spricht die starke Versumpfung in der dichten Vegetationsdecke selbst höher gelegener Uferteile durch kleine Bäche, deren Wasser auf der Lehmschichte des Moränenbodens sich nach allen Richtungen verzweigt, ebenso die reiche Besiedelung der Flußumrandung mit prächtig entwickelten, tief wurzelnden Bäumen (Weiden, Pappeln, Espen und Eleagnus), welche zusammen mit Buschwerk wahre Dickichte bilden (S. 128, 197). Daß auch die Moränen- bildungen, welche nahe den Mündungen eines unweit im W. parallel ziehenden großen Quertales beobachtet wurden (siehe Karte II), dem gleichen Altersstadium angehören, wie die schon beschriebenen (S. 197) von der Kupferschmelze, ist ihrer Beschaffenheit nach wahrscheinlich. Indessen konnte wegen Mangel an Zeit nicht tiefer in das Tal eingedrungen werden, um festzustellen, wie ihr Verhältnis zu etwa dort vorhandenen Terrassenbildungen sej, was einen Schluß aut ihre Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stadium der Vereisung erlaubt hätte. Es ist zu beachten, daß beide Moränengruppen in reifen Tälern liegen, Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 26 202 die demnach schon fertig ausgebildet waren zur Zeit, als die Gletscher bis in diese Tiefen herab stießen (S. 92). Der Verlauf des erwähnten Paralleltales wurde, da wir es nur an seiner Mündung betraten, in die Karte nur gestrichelt eingetragen. Ich sah durch die breite Lücke seiner Mündung bis hinauf zu den Bergen seines Ursprungsgebietes, welche ungeachtet des dort schon tief abgesunkenen Hauptkammes, auch auf ihrer Südflanke noch reichen Firnschmuck zeigen. Weiter talauswärts tritt nun das die Ränder des Gurban-bogdo-Tales bildende Gebirge breit auseinander und ist in einzelne Schollen zerlest, die gegen S. an Höhe all- mählich verlieren; sie gruppieren sich zu einem weit gedehnten Bogen, der eine große abdachende Ebene von wüstenhaften Charakter umschließt. Der Faltenbau ist auch in diesen absinkenden Ketten noch erkennbar (siehe S. 104). Die fluvioglazialen Schotter- terrassen verbreitern sich, sind mehr und mehr zerstört und verlieren sich endlich unter jüngeren Aufschüttungen. Hier treten nun am Fuße der niederen auslaufenden Gebirgs- ketten, die aus kalkigem Schieferton, Tonschiefer und Quarzitschiefer bestehen, Konglomerate auf (siehe S. 76f., 104), die fast ausschließlich von ziemlich feinkörnigem und kantigem Material gebildet werden, das durch ein stark toniges, etwas sandiges Bindemittel verkittet ist; stellenweise überwiegt der Quantität nach das Bindemittel die Einschlüsse und bildet überhaupt mit wenig Geröllen die obere Decke. Das Material entstammt dem Schichten- bau der erwähnten dahinter aufragenden niederen Ketten und hat jedenfalls keinen weiten Transport erlitten; nur wenig hievon kam aus den höheren Gebirgsteilen; solche Fragmente, die gewöhnlich auch etwas größer sind, haben aber meist gerollte Form. Der Härtegrad dieses Konglomerates ist ziemlich beträchtlich, seine Färbung meist gelblichgrau bis bräunlich. Die Schichtung ist an vielen Stellen deutlich und fast durchweg beiläufig horizontal. Kreuzschichtung kommt, soweit ich sehen konnte, nicht vor, ebensowenig waren andere Unregelmäßigkeiten bemerkbar, welche an Deltabildung erinnern könnten. Auch Anzeichen von späteren Störungen der Lagerungsverhältnisse sind nicht vorhanden. Das Zurück- treten von Sand und Rollkies schließt auch den Gedanken an Seeablagerung aus. Ungefähr 4 km führte mich mein Weg entlang dieser Bildungen, worauf ich nach SW. abschwenken mußte. Soweit sich im unerträglichen Sonnenglast der Wüstensteppe die Terrainformen ringsum überblicken ließen, scheinen sich aber diese Konglomeratbänke noch weiterhin fortzusetzen. Durch Erosion junger Nebenflüsse, deren Betten heute trocken sind, vermutlich aber periodisch noch Wasser führen, sind sie stark zerschnitten. So überschritt ich auf meinem Wege ein ca. 100 m breites Trockenbett. Die Flüsse sind demnach jünger als die Konglomerate. Die gesamte Mächtigkeit dieser Bildung läßt sich bei ihrer fast horizontalen Schichtung nicht wohl feststellen, weil wir nicht wissen können, wie tief sie in der Aufbreitungsdecke des Wannenbodens hinabtaucht, von dessen Zusam- mensetzung später die Rede sein wird. Es ist aber berechtigt, eine bedeutende Mächtigkeit für die den Wannenboden auffüllenden Seeablagerungen anzunehmen und infolgedessen auch ein tiefes Hinabreichen der Konglomerate. Alle Umstände scheinen mir dafür zu sprechen, daß diese Gebilde in einer Trockenperiode abgelagert und später in schwach bewegtem oder stagnierendem Wasser verfestigt wurden. Nach meiner schon früher geäußerten Auffassung (siehe S. 92, 105, 128 f.) war einstens die ganze wannenförmige Senke zwischen dem Südfuß der Bogdo-Ola-Kette und dem Nordfuß des Dschargöß-Tau am Ende der Glazialzeit, aber auch schon früher, von einem flachen See erfüllt, dessen 203 geringe Reste der Sayopu- und die ihm benachbarten Seen darstellen. Die Konglomerate ind meines Erachtens als Schuttbildungen einer dem Diluvium vorangegangenen trockenen 2 J Zwischenzeit anzusehen, wo Gebirgsschutt langsam aus den Talmündungen herauswuchs und sich am Gebirgsrand zu einem Gürtel zusammenschlo&ß, der später zeitweise stark mit Löß bedeckt wurde Mit dem Herannahen der feuchtigkeitsreichen Diluvialepoche sind diese Ablagerungen durch die aus den mit Schutt aufgefüllten Tälern mit nur schwacher Bewegung austretenden Gewässer konglomeratisch verfestigt worden. Von dem in der Wanne nach und nach sich bildenden und ebenso allmählich zurücktretenden See wurden Terrassen als stadiale Hochwasserstandslinien hinterlassen; sie fallen in Steil- wänden zum Boden der Wanne ab.!) Die Brandungsintensität eines großen flachen Sees hat die Steilufer geschaffen. Rasches Sinken des Wasserspiegels infolge klimatischer Einflüsse (S. 106) mag als Ursache der guten Erhaltung der Uferränder anzusehen sein. Nach allem, was über die Tektonik des Bogdo-Ola-Gebirges in den vorhergehenden Kapiteln, besonders in Kap. VI mitgeteilt wurde, unterliegt es keinem Zweifel, daß diese große zwischen der Hauptkette und dem Nordfuß der Dschargöß-Kette liegende Furche als eine Grabenbildung anzusehen ist, deren Entstehung mit dem am Südfuße der Dschargöß-Kette eingebrochenen weit tieferen „zentralasiatischen Graben“ in engem Zu- sammenhang steht und wohl gleichzeitig mit diesem gebildet wurde. Wollte man diese wannenförmige Längsfurche als Schichtenmulde auffassen, so stehen dem die Mitteilungen Obrutschews?) über Bau und Zusammensetzung des Dschargößtau und des „Tals der Seen“ (siehe auch S. 104, 129), ebenso wie die Darstellung im Profil von Bogdano- witsch®) entgegen. Auch für alle anderen Möglichkeiten, denen sonst Wannen ihre Entstehung verdanken, fehlen hier die Kennzeichen. Hingegen deutet die ganze Form dieser Zwischenrinne, besonders ihres Bodens, sowie die Beschaffenheit ihrer Ränder ganz entschieden auf Grabensenkung hin. Zu welcher Zeit die Wanne sich zuerst mit Wasser gefüllt hat, ist mit Sicherheit schwer zu entscheiden. Man kann jedoch annehmen, daß schon bald nach ihrer Bildung die umgebenden hohen Ränder ihre Gewässer in diese Hohlform ablieferten, daß also schon frühe ein See hier stund (Hanhaiperiode! S. 54, 76£.), der seinen Abfluß nach S. in das Turfanbecken durch die Lücke des Dawantschin-Passes nahm (S. 104f., 192), und unter Einwirkung wiederholter klimatischer Schwankungen zurückging, sich erneuerte und wiederum schwand. Die Ablagerungen, welche Obrutschew*) bei seiner Querung des Beckens nahe am Südrande fand, (siehe S. 80): bis 300 m hohe Hügelketten aus grobem Konglomerat, wechsellagernd mit feinem, dann wieder Konglomerate, in welchen gerundete Fragmente von Kopfgröße vorkommen, ferner Sandsteine mit konglomeratischen Zwischenlagen und kohligen Partien, in den oberen Horizonten kalkig tonige Bänke und dünne Tonschichten wechselnd mit Konglomeraten und sandigen Tonen mit Pflanzenresten, können meines Erachtens nur als im Seebecken eingespülte Flußablagerungen einer frühen, also spättertiären !) Obrutschew, der sie aus großer Entfernung von seinem Wege aus sah, beschreibt sie folgendermaßen (Zentralasien ete. 1. c. 1I, 8. 644): ‚niedrige, aus grauem Geröll bestehende Rücken mit gelben Steillächen (Gobisedimente?), Züge, welche bis an den Fuß der Berge reichen‘. 2) 1. ec. II, S. 639 £. ®) Trudi Tibetzkoi Expedizi, 1. c., Bd. II, Tafel V. #) 1. c. 1, S. 641. 204 Periode (Hanhai) angesehen werden, wiewohl kein Fund gemacht wurde, der eine genauere Altersbestimmung ermöglichen könnte. Obrutschew erwähnt besonders, daß in den Sand- steinen die Schichtung sehr unregelmäßig sei und die konglomeratischen Bänke und kohligen Partien sich auskeilen und zwar nach verschiedenen Richtungen auseinandergehen, was meines Erachtens wohl auf Deltabildung hinweist. Es ist vielleicht ihre starke Dislozierung (N. Fallen 50—60 Grad), welche Obrutschew geneigt machte, diese Ablagerungen für „älter als Gobisedimente*, für mesozoisch zu halten. Mir will es jedoch nach der ganzen Schilderung scheinen, welche er von der Zusammensetzung dieser Bildungen gibt, daß sie wenig Gemeinsames mit den sonst in den Bildungen der Angaraserie auftretenden Besonder- heiten aufweisten. Vielmehr halte ich ihre Entstehung, wie gesagt und wie gleich noch weiter erwiesen werden soll, als Ergebnis der Einspülung von Flüssen in das Becken für höchst wahrscheinlich. Obrutschew fand auf diesen Bildungen in diskordanter flacher Lagerung „alte Alluvialschichten“: graugelbe, sandige, feine Gerölle und über diesen graue Kon- glomerate. Von einer wenig weiter nördlich gelegenen, also vom Rande entfernteren Stelle des Beckens, nahe dem südöstlichsten der drei Seen (siehe auch S. 104, 129) beschreibt Obrutschew!) ähnliche Bildungen, deren untersten Horizont er lediglich auf Grund der Färbung geneigt ist, zum Jura zu stellen, während er die obere diskordant darauf lagernde Serie als Gobischichten anerkennt. In diesem ganzen Komplex ist bezeichnender Weise das Fallen nach N. nur mehr bis 30 Grad. Da ich aber in einer aus ganz ähnlichen Bildungen bestehenden Hügelkette links (südöstlich) von meinem Wege zum Sayopu-See,?) also nahe am N.-Rande des Beckens Einfallen nach S. beobachtet habe, scheint mir genügender Grund dafür gegeben, alle diese von Obrutschew erwähnten Bildungen als von Flüssen in den durch kurze Trockenperioden unterbrochenen, feuchtigkeitsreichen Zeiten des späten Tertiärs in dieses Becken hineingespült anzusehen, in gleicher Weise, wie ich dies auch in anderen Teilen des Tian-Schan zu beobachten Gelegenheit hatte. ‘Ich erinnere hier z. B. nur an die unvergleichlich mächtigeren und großartigeren Bildungen des Karagai-tasch-Beckens (oberes Kok-su-Gebiet), denen die oben geschilderten Ablagerungen ihrer Zusammensetzung nach sehr ähneln.°) In diesem Becken mag wohl während einer später eingetretenen längeren Trockenperiode der größte Teil solcher Bildungen zerstört und abgetragen worden sein; mit mehr Wahrscheinlichkeit aber kann angenommen werden, daß sie durch spätere Erosion der während der einzelnen Phasen der Eiszeit sehr reißend gewordenen Flüsse ausgeräumt wurden. Jedenfalls sind aber die von mir oben erwähnten und beschriebenen, feinen, jungen Konglomeratbildungen am Nordrande des Beckens jünger als die von Obrutschew und mir beobachteten gröberen Ablagerungen. Wir sehen auch aus allen diesen Vorkommnissen wieder, wie verschieden, ihrem Alter und ihrem Entstehen nach, vielenorts jene Bildungen sein können, welche bisher unter dem Sammelnamen „@obi Sedimente“ in der Literatur aufgeführt werden. Ich verweise im Zusammenhang hiemit auf meine früheren Aus- führungen (S. 54, 76 £.). Die Zerschneidung der Konglomerate am Nordufer, von welcher ich gesprochen habe, ist den postglazialen Flüssen zuzuschreiben sowie den späteren in deren Betten l) 1. ce. S. 642. 2) Von hier gefundenen eigentlichen charakteristischen Seeablagerungen, schlammig sandigen Bildungen, habe ich schon S. 104 gesprochen. 3) Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde, Berlin 1910, S. 231. 205 herabgelangten periodischen Wasserläufen. Überhaupt deutet die vielfache, tiefe Zer- schneidung der mächtigen fluvioglazialen Schottermassen darauf hin, daß auch zu Beginn des Postdiluviums der Wasserreichtum noch bedeutend war, dann aber (S. 106) rasch und dauernd abnahm. Solche Verhältnisse, welche ich in einem früheren Kapitel geschildert habe, erweisen deutlich, wie wechselvoll das Schicksal des in der Wanne angesammelten Sees sich gestaltet hat und zwar in enger Abhängigkeit von den klimatischen Wellen der sich einander ablösenden kürzeren Trocken- und Feuchtigkeitsperioden, über welche wir keine präzisen Feststellungen zu machen vermögen. Selbst die jüngste Geschichte des Beckens ist zweifellos von solchen, wenn auch noch kleineren Pulsationen beeinflußt gewesen, wie aus den spärlichen und leider nur bis zu einer Tiefe von 4—5 m reichenden Aufschlüssen in den rezenten Niederschlägen des Wannen- bodens geschlossen werden darf. Hier treten Dokumente der in den letzten kleinen Wellen ausklingenden, der endgültigen Austrocknung vorangehenden klimatischen Schwingungen zu Tage. Wo immer sich auf meinem Wege Aufschlüsse zeigten (S. 105, 128), sah ich als tiefsten Horizont ungeschichtetes grobes Gerölle, — bezeichnender Weise einzelne Fragmente hievon mit dunkler Schutzkruste überzogen; darüber sieht man wechsellagernde horizontale Schichten von feinerem Gerölle und Sand, welches von der den größten Teil des heutigen Wannenbodens — soweit ich ihn überblicken konnte — bildenden Takyrdecke überlagert wird. Es ist anzunehmen, daß auch in bedeutender Tiefe noch eine ausgedehnte zusammenhängende, mächtige Tonschichte liegt, worauf die starken, aus dem Boden sprudelnden Quellen schließen lassen, die ich beim See Sayopu antraf (siehe S. 129), sowie die zahlreicheren, welche Obrutschew an verschiedenen Stellen dieses Wüstensteppen- gebietes hervortreten sab, wo ihnen sowohl die Bildung kleiner Oasen in der sonst trostlos arıden Ebene zu danken ist, als auch versumpfte Strecken mit höckerigen Salzsümpfen.!) Soweit meine Beobachtungen: reichen, und auch nach den Berichten Obrutschew’'s zu schließen, treten auf dem weiten Wannenboden keine bedeutend ausgedehnten Salz- flächen auf — nur kleinere in der Nähe der Seen werden von Obrutschew erwähnt. Dieser Umstand erklärt sich daraus, daß bei der steilen Neigung des Bodens (S. 104) das Wasser im Becken nie stagniert, anderseits stets frische Zuflüsse aus dem Gebirge empfängt und in seinem Abfluß, der nach dem Turfanbecken durch die öfters erwähnte Lücke des Dschargöß-Tau beim Dawantschin-Paß hindurchführt, nicht behindert war. Unter anderen Umständen bätte sich in diesem Klima sonst Salzschlamm in erheblicher Menge bilden müssen, aus welchen ausgedehnte Salzablagerungen entstanden wären. Als ich mit meiner Karawane talauswärts zog,?) lagen erhitzte, zitternde Luft- schichten über dem von einem weitausgreifenden Kranz blauender, kahler, niederer Berg- züge umfaßten weiten Wannenboden, so daß die Umrisse der Landschaft verschwommen erschienen. Die Gewalt der Sonnenstrahlen war niederdrückend, kaum zu ertragen. Der Gegensatz zwischen den durch oft unangenehm empfundene niedere Morgen- und Abend- temperaturen ausgezeichneten, erkalteten Höhen hinter mir und den hohen Wärmegraden des vor mir liegenden Trockengebietes kam in eigenartiger Weise zum Ausdruck: In der weiten Landschaft war kein Laut vernehmbar, keines Vogels Fittig kreuzte das brütende 1) ]. ce. I, 8.641, 642, 643. 2) Die Gegend, wo die weite Talmündung allmählich in die Ebene ausläuft, liegt im Niveau von 1350 m (S. 104). 206 Luftmeer, nichts Lebendes war zu sehen, keine Spur menschlicher Einwirkung auf die trostlos öde Monotonie der Natur wahrnehmbar. Da erhob sich plötzlich ein starkes Brausen und bald ertönten stoßweise wie der Atem eines Riesen in kurzen Intervallen, dumpfen Schüssen zu vergleichen, laute Detonationen. Die kühle von den vereisten Bergeshöhen herabfallende Luft, durch die Furchen der steil nach S. geneigten Quertäler gepreßt und hiedurch stark komprimiert, verursachte, nach nur kurzem Lauf beim Austritt in die überhitzte Ebene sich plötzlich ausdehnend, diese eigenartigen, heftigen Geräusche. Der Rückblick zu den strahlend rein am Dunkelblau des Firmamentes sich ab- hebenden vergletscherten Kämmen des vielgestaltigen Hochgebirges bot einen merkwürdigen Gegensatz zur Formenarmut des vor mir in horizontaler Linie sich scheinbar ins Unbegrenzte dehnenden Reliefs der Niederung.!) Mit Gefühlen tiefen Bedauerns schritt ich dazu, das wenn auch rauhe und stürmische, so doch kräftigende Höhenklima wieder mit der er- schlaffenden Hitze der Tiefen zu vertauschen. Ein im Sonnenglast blinkendes Firnfeld auf einem besonders hohen pyramidenförmigen Gipfel der westlichen Randkette, der sich weit nach S. hinausschiebt (S. 91), bildete noch lange eine eigenartige Zier der ariden Land- schaft. Es ist der letzte jähe Aufschwung des Gebirges vor seinem Abfall zur Wüsten- ebene, eine als ein Wahrzeichen über alle Höhen des halbkreisförmig weitgezogenen Beckenrandes beherrschend hinausragende Berggestalt (Abbildung Tafel 3 links im Bilde). Die sonstige traurige Monotonie dieser Landschaft mit ihren stumpfen Formen und fahlen Farben wurde erst weiter im S. durch zarte Lichttöne belebt. Die horizontalen Linien der endlos scheinenden Ebene finden in weiter Ferne im $., in den zuerst duftig wie Schemen auftauchenden feinen, zackigen Konturen des Kammes des Dschargöß-Tau schließlich ihre Begrenzung. Vom See Sayopu sah man auf unserem Wege dahin wegen des von seinem verdunstenden Spiegel in der heißen Mittagszeit aufsteigenden Wasserdampfes nur ganz ver- schwommene Umrisse. Man konnte ihn nur vermuten dort, wo sich ein großer, schleier- hafter, grauer Fleck dehnte, innerhalb der bald blaßviolett bald zartgrün angehauchten sanften Wellen des weit gedehnten hellen Steppenbodens, über welchem die dunkel- violetten Schatten kleiner, ziehender Wolken als bewegliche Figuren dahin huschten. Weit entfernt im W. tauchten hie und da schemenhaft einzelne Bergformen auf mit blinkenden Firnfeldern; sie gehören den wenig bekannten Ketten im Quellgebiet des Archo-tu-Flusses an (S. 7), welche zum Teil bis über 4500 m ansteigen. Als ich den eigentlichen Wannenboden betrat, machte ich sogleich unangenehme Bekanntschaft mit tischebenen Tonflächen, von denen schon erwähnt wurde (8. 128, 201), daß sie noch nicht völlig trocken und konsistent geworden waren; ihre Über- schreitung mit den schwer beladenen Lasttieren konnte daher auch nicht ohne Fährlich- keiten durchgeführt werden. Die oberste, aus hellgrauem Ton mit beigemischtem feinem !) Man sah von hier aus wegen der öfter besprochenen eigenartigen Knickung der Hauptkamm- achse (siehe S. 4, 21f.) nur die im Oberlaufe des Chigo-Gletschers sich erhebende Ostgruppe mit ihren kühnen Gipfelbildungen, von der zentralen Hauptgruppe aber nur die nach S. heraustretenden Vorgipfel. Überhaupt wurde meine Erwartung durch Fernaufnahme ein Gesamtbild des zentralen Hochgebirges aus den Niederungen des Südens gewinnen zu können, enttäuscht. Die breite Entfaltung der allzu nahen, stumpfen, aber doch noch immer beträchtliche Höhe erreichenden südlichen Randketten stellt sich als monotone Kulisse vor die Formenpracht des vereisten Hochgebirges, deren höchste Kammteile nur wenig überragend im Bilde erscheinen. 207 Sand bestehende Tafel, eine Schichtflutablagerung, deren Entstehung den erst vor kurzem im Gebirge niedergegangenen schweren Unwettern zuzuschreiben war, stund also im engen Zusammenhang mit den geschilderten, höher oben im Tale bei der Kupfersehmelze beob- achteten schlimmen Verwüstungen (8. 201). Auf beträchtliche Entfernung dehnte sich diese jugendliche Tafel nach allen Richtungen vom Fuße des Gebirges hinaus in die Ebene, bis sie auf meinem Wege auf einer ähn- lichen älteren, stark verhärteten Schichte allmählich absetzte. Schon der Umstand, daß ihre Oberfläche noch gänzlich frei von Geröll war, sprach für die Neuheit ihrer Ent- stehung, ebenso die eigenartige Erscheinung, daß die auf der darunter liegenden Schichte angesiedelten, knäuelförmigen Wüstenpflanzen (Peganum, Astragalus, Lycium, Ephedra etc.) nur mit ihren oberen Teilen aus der Schlammkruste herausragten, zum Teil auch nahezu oder ganz hievon bedeckt waren. Hingegen fand sich auf dem älteren, schon befestigten Takyıboden, der bald darauf betreten wurde, bereits eine dünne Schichte Kies in Ver- mischung mit Geröllen, von deren Fragmenten viele schon begannen sich mit einer schwachen, dunklen Schutzkruste zu überziehen. Die alte Tonfläche, aber auch schon die junge, waren von einem Netz tiefer breiter Trockenrisse durchzogen, was besonders auf der jungen Fläche für den Marsch der Karawane nicht unbedenklich war. Hier folgte allerdings der Verlauf der Risse dem System der darunter liegenden älteren Spalten, allein nicht alle Teile der Tondecke waren schon von diesem mit Zerreissung verbundenen Trocknungsprozesse ergriffen. Zum Teil überdeckte das neue lockere Tonaggregat geschlossen das ältere Spaltennetz, ähnlich wie auf einem zerklüfteten Gletscher nach einem ergiebigen Neuschneefall durch die frische Schnee- decke die alten Spalten dem Blicke entzogen werden. Betraten die Pferde solche Stellen, so brachen sie durch die frische Tondecke tief in die früheren Spalten ein und konnten nur mit Aufwand großer Mühe wieder herausgebracht werden. Man mußte daher bei Über- schreitung dieser Strecke in ähnlicher Weise zu Werke gehen, wie bei der Qerung eines spaltenreichen Firnfeldes und große Umwege waren unvermeidlich, um den gefahrdrohenden Stellen auszuweichen. Auf dem älteren Tonboden machte zudem das dort angesiedelte hohe kugelförmige Strauchwerk streckenweise das Gelände sehr unübersichtlich (siehe 8. 128f.). Der Boden fällt auf unserem sich in Richtung WSW. bewegendem Wege ganz all- mählich ab, etwa 23—30 m pro Kilometer gegen den Seenkomplex hin, der in einer langen, flachen, die große Senke in Richtung NW. bis SO. durchfurchenden Rinne liegt (siehe Karte I und Spezialkärtehen). Diese stellt demnach den niedrigsten Teil der ganzen Depression dar und in ihr ist das Niveau des Sayopu-Seespiegels mit 1140 m der tiefste gemessene Punkt. Von dort gegen den Nordrand des Dschargöß-Tau steigt der Boden, wenn auch nur wenig, so doch konstant wieder an. Mit wachsender Annäherung zum See Sayopu gelangten wir aus dem Takyrgebiet mehr und mehr auf geröllbedeckte Flächen, die allmählich in eine lehmige Kieswüste übergehen, wo nur die größeren Gesteinsfragmente gerollt und mit einer schwachen dunklen Schutzkruste überzogen sind; sie entstammen den Konglomeraten der beschriebenen (S. 203£.), aus alten Flußablagerungen bestehenden Hügel- ketten. In flachen Einsenkungen dieses Bodens war gewöhnlich seine Beschaffenheit mehr sandig, an aufgewölbten Stellen mehr lehmig, was wohl auf Windwirkung zurückzuführen ist. Die Sonne stand schon ziemlich tief, als wir uns dem See näherten und die Schleier der Luft über der weiten, wüstenhaften Ebene wurden zunehmend durchsichtiger, so daß 208 man nun die in geringer Entfernung zum S.-Ufer des Sees schroff abfallenden und zerrissenen Mauern des Dschargöß-Tau hinter dem Wasserspiegel aufragen sah. In den Darstellungen der russischen Militärkarten, denen auch Obrutschew in seinem Routen- blatt XIV folgte, erscheint das Gebirge zu weit vom Südufer des Sees Sayopu entfernt und nähert sich mehr den beiden anderen südöstlich hievon gelegenen Seen. Das Gegenteil hievon ist richtig. Gerade am Sayopu-See tritt der Abfall des Dschargöß-Tau am weitesten nach N. vor, worauf die Kette eine schwach südöstliche Richtung annimmt und sich demnach von den beiden anderen Seen mehr und mehr entfernt. Erst jenseits der bedeutenden Kammdepression des Dawantschin-Passes (1063 m) ändert sich der Verlauf des Dschargöß- Gebirges; in eine scharfe NO.-Richtung eintretend, strebt es nun der Bogdo-Ola-Haupt- kette zu, der es sich im Meridian von Turfan anschaart (siehe S. 33, 104f.). Die große Senke nimmt also gerade am Dawantschin-Passe, da dort ihr Rand am stärksten nach S. zurückweicht, eine buchtartige Form an und so vermochte der alte See gerade an dieser Stelle, wie mehrfach erwähnt, sich seinen Abfluß nach S. zu erodieren. Überhaupt ist gerade das Seengebiet in allen mir vorliegenden Karten recht ungenau dargestellt. Dieses Gelände wurde schon von der Expedition Pjewtzows durchzogen (5. 22, 29), in dessen Karte ein großer und zwei unverhältnismäßig klein ausgefallene Seen eingetragen sind. Die gleiche Darstellung fand auch Aufnahme in Grum Grschimailos Übersichtskarte (8. 26). Von der Karte Regels wurde schon hervorgehoben, daß sie statt drei Seen deren fünf enthält (S. 31). Roborowsky nahm in seiner Karte nur zwei Seen auf (S. 28); Bogdanowitsch in der seinigen dagegen vier (8. 29). Die Obrutschew’sche Darstellung (S 29f.) in seinem Routenblatt XIV ist verhältnismäßig noch die beste; nur hat er die Größenverhältnisse der einzelnen Seen nicht zutreffend wiedergegeben. Der Sayopu-See sollte bedeutend größer und der südöstlichste See wesentlich kleiner dargestellt sein. Auch übernimmt Obrutschew aus der Pjewtzow’schen Karte einen aus SW. kommenden großen Zufluß des Sayopu-Sees, sowie eine Darstellung, nach welcher die drei Seen durch Wasserläufe mit einander verbunden wären,!) wiewohl Obrutschew selbst, dem Wortlaute seiner Beschreibung nach,?) nur wahrgenommen hat, daß ein Bach sich in den südöstlichsten See ergießt. Dieser wohl nur periodische Wasserlauf wurde übrigens auch von mir als hell leuchtendes, durch die graue Ebene ziehendes Band wahrgenommen (S. 104 und 191). Auch hinsichtlich der Namensbezeichnung für die drei Seen herrscht in der Literatur beträchtliche Verwirrung. Obrutschew bezeichnet den östlichsten mit dem Namen Aidin-kul, den mittleren und westlichsten nennt er beide Sayopu. Pjewtzow hin- gegen benennt den westlichsten Aidin-kul und den anderen gibt er in der Reihenfolge nach Osten die Namen Tudun-kul (überfließender See) und Tuslyk-kul (salziger See), Namen, welche den Eigenschaften jener Seen durchaus entsprechen und auch mit den von mir ermittelten Bezeichnungen übereinstimmen. Nur ist hervorzuheben, daß die am west- lichsten See angesiedelten Bewohner (S. 129) hiefür neben den Namen Aidin-kul?) auch noch die Bezeichnung Sayopu anwenden, nach der kleinen gleichnamigen Ortschaft, ın 1) Im Texte des Pjewtzow'schen Werkes (l. e. I, S. 336) ist bei der Beschreibung des Seengebietes von diesen Wasserläufen übrigens nichts erwähnt. 2 ECHIL, 8.6437. 3) Die Bezeichnung Aidin-kul scheint mir eine Korumpierung von Aiin-kul zu sein, was so viel als Quellensee bedeuten würde. 209 welcher sie leben. In der russischen 40 Werstkarte (S. 27 und 105) ist der westlichste See Ainak-kul (also wiederum Quellensee) und der mittlere Aidin-kul oder Sayopu benannt. Übrigens ist in jener Karte auch Form und Lage der drei Seen nicht der Wirklichkeit entsprechend eingetragen und die Karawanenstraße wird dort irrtümlich mitten durch die beiden kleineren Seen hindurchgeführt. Nach meinen Beobachtungen ist der westlichste, also der Etliche Aidin-kul, der bei Weitem umfangreichste (siehe Spezialkärtchen). Bei einer größten Länge von 8 km besitzt er eine durchschnittliche Breite von 3 km, hat aber eine sehr unregelmäßige Gestalt, an seinem O.-Ende schmal zulaufend, am W.-Ende breit gedehnt und in der Mitte die größte Breite er- reichend. Die Ufer sind Nach; nur im mittleren Teile des südlichen Seeufers tritt, wie bereits erwähnt, der schroff abfallende Nordfuß des Dschargöß-Tau nahe heran. Vom Fuße der Steil- wände sieht man eine sehr flache, sanft geneigte, felsige Vorstufe, die bei oberflächlichem Hinsehen leicht mit einem Schuttkegel verwechselt werden könnte, als schiefe Ebene zum Wasserspiegel herabziehen und darin verschwinden. Offenbar handelt es sich um eine über eine abgesunkene Scholle hinweglaufende Brandungsfläche des alten großen Sees, dessen Gewässer einstens hoch an die Felsmauern des Dschargöß-Tau hinangereicht haben dürften. !) Der das Südufer des Sees begrenzende Gebirgszug ist nur eine Vorkette und wird durch ein Längstal von dem in gleicher Richtung streichenden höheren Gebirge getrennt, was in allen bisherigen Darstellungen des Gebirgs nur bei Öbrutschew richtig wiedergegeben ist. Obrutschew benennt die Vorkette Sayopu-tagh, das höhere Gebirge dahinter Dschargöß-Kette. Durch die Längstalfurche läßt er den schon erwähnten, aber in Wirklichkeit nicht bestehenden Zufluß des Sees laufen. Vom Nordufer gesehen bildeten die stark zerschluchteten, den See um etwa S00 m überragenden, kahlen Felsmauern der ersten Kette damals in ihrer schleierhaft zarten, rosavioletten Färbung einen reizvollen Abschluß der Wasserfläche. Daß der anscheinend kahle Zustand des Gebirges nur auf Täuschung beruht und daß ansehnliche Fichtenbestände (Picea Schrenkeana) in vielen seiner Schluchten sich finden und bis zur Scheitelhöhe des Gebirges hinaufreichen, wurde schon (S. 129) erwähnt. Diese Wahrnehmung bildete für mich aber damals eine Überraschung, da ich in einem so ariden Gebiete das Auftreten von Koniferen als ausgeschlossen erachtet hatte. Man geht wohl nicht fehl, wenn man diese Bestände als die letzten Vertreter einer basalalpinen Flora ansieht, die in einer feuchtigkeitsreicheren Phase der klimatischen Geschichte dieser Gegend ihr ganzes Relief umhüllte, das heute nur noch mit einem dürftigen, lückenhaften Kleide von Xerophyten bedeckt ist. Mit zunehmender Austrocknung des Landes ist die basalalpine Flora verschwunden und ihre letzten Überlebenden, die Koniferenbestände, haben sich hier in den feucht schattigen Schluchten des Gebirges erhalten. Auch an einer Stelle des nördlichen Seeufers zeigt das Relief des Bodens noch einige Plastik. Es sind Hügelzüge von 70—80 m Höhe, die dort nahe an das Ufer herantreten; sie bestehen aus jenen früher (S. 204) beschriebenen, teils sandig tonigen, teils konglo- meratischen Ablagerungen, welche ich ebenfalls für Restbestände von Einspülungen großer Flüsse in den ehemaligen See halte. Im übrigen sind die Ufer zwar ringsum ganz flach, aber dennoch nur in geringem Betrage versumpft. Am Nordufer reichen Wiesen mit dichtem 1) Bei näherer Untersuchung müßten sich in diesen Mauern wohl die alten stadialen Niveaus des Sees nachweisen lassen. Zu solchen Untersuchungen konnte ich keine Zeit gewinnen. Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 27 210 x und hohem Graswuchs, sowie Kulturen von mäßiger Ausdehnung — meistens Haferfelder, deren Ernte gerade (Mitte August) eingebracht wurde — bis nahe zum Wasser heran. Nur ein schmaler Gürtel, teils aus Strauchwerk (siehe $S. 129), teilweise aus niederem Schilf bestehend, trennt den Wasserrand von der Kulturzone. Einzeln stehende Karagatsch- bäume, die über die weiten Wiesenflächen zerstreut sind, zeigen, da sie schutzlos den stärksten Einwirkungen von Sonne und Wind ausgesetzt sind, ungemein fantastische Formen. Der für mich eine Überraschung bildende Reichtum an geschlossenem Graswuchs in dieser der Insolation so sehr ausgesetzten Gegend scheint weniger dem Druckwasser des Sees, als den vielen aus dem Boden tretenden Quellen (siehe S. 105, 129) zuzuschreiben sein. Aber auch die bei jedem heftigen Winde stattfindende Absetzung von düngendem Lößstaub (S. 127, 136), welcher durch die Pflanzendecke festgehalten wird, mag für das Gedeihen dieser Oase von besonderem Einflusse sein. Es findet also hier durch Einwehung, an andern Stellen des Beckens durch Anschwemmung (S. 128, 201, 206f.) fortgesetzt Erhöhung des Bodens statt, wodurch sich die außergewöhnliche Wurzellänge der Wüstensträucher erklärt. Sand- dünen hingegen gibt es in diesem Becken, soweit ich es kennen gelernt habe, keine. Die Bedingungen für künstliche Bewässerung sind hier am See so günstige, daß die geringe Ausdehnung des Kulturlandes wundernehmen muß (S. 129). Das Wasser des Sees hat nur einen ganz schwachen Salzgeschmack; es ist etwas trüb, graubräunlich und hatte, als ich es am 24. August um 5 Uhr morgens am Nordufer untersuchte, eine Temperatur von 15,7 Grad. Die vorhergehende Nacht war in unserem Lager sehr frisch, fast allzu kühl (Minimum + 8,7°), wiewohl die Hitze des Tages vor- her und des folgenden Tages bei ungehinderter, heftiger Insolation außerordentlich belästigend war (+ 31°). An jenem Morgen wurde der Seespiegel von einem aus SO. wehenden Winde stark bewegt und die Brandung am flachen Strande war erheblich. Es handelt sich hier, wie ich aus den Angaben der Seeanwohner entnehmen konnte, um eine im Sommer regelmäßig des Morgens eintretende Erscheinung: Die in der Nacht auf den Höhen des Dschargöß-Tau stark erkaltete Luft fällt am frühen Morgen zur Tiefe herab und verursacht ein stürmisches Auf- wiühlen des Sees; in der kühleren Jahreszeit soll der See meistens ruhig und klar sein. Zahlreiches Wildgeflügel, hauptsächlich Enten und Gänse, bevölkert ihn; von den spärlichen Uferbewohnern nicht belästigt, führt es hier ein idyllisches Dasein. Es gibt nicht ein einziges Fahrzeug am See, da er, so viel mir berichtet wurde, keine Fische enthält, welche die Anwohner zur Schiffahrt auf ihm veranlassen könnten. Durch das Fehlen oberirdischer Zu- und Abflüsse wird die Abwesenheit von Fischen genügend erklärt. Ich habe schon früher (S. 208) betont, daß die Darstellungen der russischen Karten in dieser Hinsicht irreführend sind. Ich konnte keinerlei Zuflüsse wahrnehmen, außer einigen sich aus den Quellen bildenden kleinen Bächen, die bald versinken, auch nicht irgend einen Abfluß gewahren. Übrigens versicherten mir auch die Bewohner des Örtchens Sayopu, daß solche nicht vorhanden seien, daß der See aber von zahlreichen unterirdischen Quellen gespeist werde; diese dürften wohl den dolinenartigen Verlauf nehmenden Abwassern des nahen Dschargöß-Tau zu verdanken sein, ebenso wie die erwähnten zutage tretenden Quellen des nördlichen Uferlandes.!) Nach dem außerordentlich geringen Salzgehalt zu schließen, dürfte aber ein ständiger Wechsel des Wassers stattfinden; es muß demnach ein unterirdischer Abfluß !) Auch Obrutschew stellte sowohl an diesem See (siehe S. 208) als an anderen Stellen des Beckens in der Nähe der beiden östlicheren Seen zahlreiche Quellen fest. 1. c. Il, S. 642, 643. 211 vorhanden sein; doch vermochte ich nicht festzustellen wohin er führen mag. Die Quellen in der Nähe des Sees speisen einige Bäche, die mehrere Meter tief steilufrig in den lehmigen Grund eingeschnitten sind und, ihre Umgebung versumpfend, wieder verschwinden; ihr Wasser ist süß und wohlschmeckend. Bei solchem Reichtum an gutem Wasser erscheint es merkwürdig, daß außer der kleinen Niederlassung Sayopu keinerlei Ansiedelung am See vorhanden ist. Die chinesischen Befestigungen der Provinz Hsin-kiang machen ja ganz allgemein auf den europäischen Reisenden mehr oder weniger den Eindruck von Spielerei oder eines oft ans Lächerliche grenzenden Anachronismus, da ihre ganze Anlage, sowie das Material, aus dem sie gebaut sind, kaum einer Kriegsführung widerstehen könnte, wie sie vor 300 Jahren in Europa geübt wurde. Die primitive, aus Lehm hergestellte Umwallung von Sayopu aber ist wohl das Naivste, was man in dieser Hinsicht sehen kann. Über der krenelierten Brust- wehr des Walles erheben sich von S zu Sm Holzpfosten, die durch Strieke miteinander verflochten sind, um eine Erstürmung des Walles abzuhalten. An jedem dieser Pfosten ist eine kleine farbige Fahne befestigt. Um diese Embleme aber zu schonen, sind sie mit Stroh umwickelt, da sie jedenfalls nur bei festlichen Gelegenheiten, bei Inspektionen und der- gleichen paradieren sollen. Unter jedem Pfosten liegt ein Haufen zur Verteidigung bestimmter Steine. Die Besatzung besteht, wie in den meisten kleinen befestigten Orten dieser Gegend, aus alten chinesischen Milizmännern, die kaum die Bezeichnung Soldaten verdienen und absolut nichts Kriegerisches an sich haben; sie befassen sich mit Feldbau und Viehzucht. Außer ihnen wohnt noch eine kleine Anzahl von Sarten und Dunganen hier, welche an dem Karawanenbetrieb von Turfan nach Urumtschi beteiligt sind. Der Ort macht, wie seine Bewohner, einen sehr ärmlichen Eindruck und der innerhalb der Umwallung angehäufte Schmutz, sowie der herrschende üble Geruch waren derart, daß sie mich veranlaßten, mein Lager auf einer Wiese außerhalb der Mauern aufzuschlagen. Von den beiden anderen Seen, die ich nicht selbst aufsuchen konnte, berichtet OÖbrutschew, daß der östlichste stark salzhaltiges Wasser führe, worauf übrigens auch sein Name Tuslyk-kul = Salzsee hinweist; streckenweise soll er sogar aus Salzsumpf bestehen. Der mittlere See wird an seinem W.-Ende von starken Quellen gespeist und führt daher dort offenes süßes Wasser; an anderen Stellen aber soll er nach Obrutschew salzhaltig sein und stark versumpfen. Die Ufer sind besonders flach und veranlassen daher häufiges Aus- treten des Wassers und Versumpfung der Umrandung, weshalb der Name Dudun-kul = über- fließender See, diesen Umständen entspricht. Nach allen diesen Verhältnissen will es mir scheinen, daß man von einer noch jetzt fortschreitenden Austrocknung der ehemals so wasser- reichen Wannensenke zwischen Bogdo-Ola und Dschargöß-Tau mit einiger Wahrscheinlichkeit sprechen kann und daß hiemit wohl auch eine zunehmende Entsüßung der dort noch vor- handenen größeren Wasseransammlungen verbunden sein wird. Mit dem vermutlich sich fort- setzenden allmählichen Zurücktreten der auf den Hochkämmen der Bogdo-Ola jetzt noch auf- gespeicherten Firnvorräte, deren Abflüsse jetzt hauptsächlich diese Senke speisen, müßte dieser Prozeß auch wohl noch weiter fortschreiten. Daß die Gletscher der Bogdo-Ola wenigstens zur Zeit meiner Reise sich in einem Zustand des Schwindens befanden, ist zwar sicher, weniger jedoch ob diese rückschreitende Bewegung nicht etwa nur vorübergehend ist. Nur wieder- holte und systematische Beobachtungen könnten hierüber Aufschluß geben, werden aber in diesem entfernten, schwer zugänglichen Gebiet kaum durchführbar sein. Bei dem vollständigen 27* 212 Mangel an meteorologischem Beobachtungsmaterial aus der Gegend am Südfuße der Bogdo- Ola — die Station von Luktschun ($. 12) besteht leider längst nicht mehr — vermögen wir auch nicht mit Sicherheit festzustellen, nach welcher Richtung gegenwärtig das Klima oszilliert. So sind wir auch nicht in der Lage zu sagen, ob der Höhepunkt einer Klimaverschlechterung schon erreicht ist oder ob etwa der Beginn einer Periode der Besserung sich ankündet, ähnlich wie dies für die Nordseite des Tian-Schan neuerdings angenommen wird.*) Man könnte, wenigstens für diese Gegend, vielleicht auf Grund der Armut an permanent fließenden Gewässern und wegen der abnehmenden erodierenden Kraft der vorhandenen, sodann wegen des zweifellos bestehenden, wenn auch bis jetzt noch schwachen Salzgehaltes der stehenden Gewässer, geneigt sein, eine zunehmende Austrocknung anzunehmen, die zum völligen Schwinden jeglicher Feuchtigkeit führen muß, so wie es von Elsworth Huntington geschieht. ?) Für den vorsichtigen Beobachter dürfte es indessen gewagt erscheinen, sich hierüber ein feststehendes Urteil zu bilden.?) Maßgebend für eine solche allgemeine Folgerung könnten vor allem die Ergebnisse regelmäßig fortgesetzter, systematischer Untersuchungen des Salz- gehaltes aller stehenden Gewässer dieser Gegend sein, dann längere Beobachtungen über die Dauer der Wasserführung zeitweise trockner Flußbetten, sowie über die jahreszeitlichen Schwankungen im Wasserquantum der ständigen Flüsse. Mit welchen ungeheuren Sch wierig- keiten solche Beobachtungen aber in einer derartigen Gegend verbunden wären, braucht nicht erst erläutert zu werden. Ich kann mich jedoch nur der Überzeugung von H. H. Hayden anschließen, welche er hinsichtlich ähnlicher Verhältnisse in Tibet äußert,*) daß ohne solche Untersuchungen jede sichere Basis für die Beurteilung fehlt. Mit der Erreichung des Sayopu-Sees kann ich den Bericht über die Bereisung der Bogdo-Ola-Gruppe schließen, da alles wissenschaftlich Bemerkenswerte von den Beobach- tungen, welche bei der Fortsetzung der Reise zum Dun-schan-Sattel und bei dessen Über- schreitung, sowie auf dem Wege zurück nach Urumtschi gemacht wurden, schon in den Inhalt der vorhergehenden Kapitel, besonders VI, VII, VIII, IX und XIII, verflochten wurde. XVII. Über einige Ergebnisse meiner Beobachtungen. In den vorhergehenden Kapiteln habe ich den hauptsächlichen Gehalt meiner in der Bogdo-Ola-Gruppe gemachten Beobachtungen niedergelegt. Es ist eine einfache Aneinander- reihung von Tatsachen, verbunden mit Beschreibung von besonders charakteristischen Erscheinungen, wie sie ähnlich nur in einem von den stärksten Gegensätzen beherrschten Landgebiete zutage treten. Das Bedeutungsvollste suchte ich, soweit es die oft recht widerlichen Naturverhältnisse zuließen, in photographischen Aufnahmen festzuhalten. Die hievon reproduzierten, in dieser Abhandlung nur z. T. veröffentlichten Lichtbilder dürfen wohl Geltung als Naturdokumente beanspruchen, die meinen Mitteilungen als Belege dienen, ja vielleicht öfters mehr als meine Darlegungen beweiskräftig erscheinen. 1) L. S. Berg, Semlewedenie, Jahrg. 18/1911 russ., S. 23—119. Derselbe. Das Problem der Klimaänderung in geschichtlicher Zeit. Geogr. Abhälg., Bd. X, Heft 2. Leipzig 1914. 2) The Rivers of Chinese Turkestan and the Dissication of Asia. The Geogr. Journ., vol. 28, p- 352f. The Depression of Turfan. Ibidem, vol. 30, S. 254f. und The Pulse of Asia, 1. e., p. 299 £. °) Merzbacher. Ergebnisse der Forschungen Aurel Steins in Hochasien. Petermann’s Mitteilungen, Jahrg. 1915/Il, S. 349 £. *) Burrard and Hayden, |. ce., S. 204f. 213 Ich war bestrebt bei Schilderung der durchreisten Landschaften und bei Hervor- hebung der sie charakterisierenden geographischen und morphologischen Züge mich einer Ausdrucksweise zu bedienen, die auch ohne ausschließliche Anwendung gewisser neu in die Beschreibung der Landformen eingeführter, wenn auch noch nicht ganz allgemein anerkannter Bezeichnungen — von denen mir einige noch dazu, wenigstens in der deutschen Übersetzung, nicht dem ursprünglich in sie hineingelegten Sinne völlig zu entsprechen scheinen — den Besonderheiten des Bodenreliefs gerecht wird, und wie ich glaube auch allgemein verständlich ist. In dem Bewußtsein, daß eine einmalige flüchtige Bereisung eines so komplizierten Gebirgsgebietes, die sich nicht einmal auf alle seine Teile erstreckt hat, nicht genügen kann, um Irrtümer in den Beobachtungsreihen auszuschließen, muß ich es mir versagen, alle Einzelheiten des mitgeteilten Tatsachenmaterials zu gruppieren und daraus weit- gehende, generalisierende, theoretische Folgerungen zu ziehen. Befinden sich doch in der Kette meiner Beobachtungen mancherlei Lücken, welche mir erst bei Sichtung und Ver- arbeitung des gewonnenen Materials so recht vor Augen getreten sind. Um für die Mehrzahl meiner Beobachtungen den Anspruch auf Gültigkeit auch für die weiter östlich gelegenen Teile des Tian-Schan zu erheben, hätte ich meine Forschungen, wie ich dies früher hervorgehoben habe, von den gleichen Gesichtspunkten ausgehend, viel weiter gegen O. hin ausdehnen müssen. Erst hiebei würde es sich herausgestellt haben, ob eine Anzahl der von mir bisher festgestellten, eigenartigen geographischen, geologischen und geomorpho- logischen Verhältnisse Bestätigung und Geltung auch im weiteren Sinne zu beanspruchen haben. Für die Möglichkeit einer solchen ergänzenden Forschungsreise in diesem entlegenen Gebiet besteht allerdings für die nächste Zukunft leider wenig Aussicht. Ich möchte aber nicht in den Fehler verfallen, aus einer verhältnismäßig geringen Anzahl in einem eng begrenzten Gebiet gemachten Beobachtungen ein theoretisches Lehrgebäude aufzustellen, welchem auch Geltung für ausgedehntere Räume zukommen soll. Nur einzelne Gruppen der von mir beobachteten Erscheinungen halte ich daher für geeignet, daraus weitergehende Schlüsse zu ziehen. Namentlich zur Bestimmung der aus der gegenwärtig vorhandenen Vereisung des Gebirges sich ergebenden Lage der heutigen Schneegrenze scheint mir das Beobachtungsmaterial auszureichen. Ich greife hieraus zunächst eine gewisse Anzahl von Daten heraus, die sich, ohne den Dingen Gewalt anzutun, so gruppieren lassen, daß verlässige Schlußfolgerungen hieraus gezogen werden können. Am besten scheinen mir hiezu geeignet die Beobachtungen aus der Umgebung des Gurban-bogdo-Passes und zwar, aus den von dort nach N. und nach 8. ausstrahlenden parallelen Kämmen, welche einerseits die Umwallung der höchsten Talstufe des Da-tun-gu- Tales im N. und die des Gurban-bogdo-Tales im S. bilden (S. 79f., 85, 163, 174 £.), da diese besonders auffällige orographische Gleichartigkeit aufweisen. In großen Zügen meine bisherigen ausführlicheren Mitteilungen rekapitulierend, sei hervorgehoben, daß bei Betrachtung der Talränder des obersten Bodens des Da-tun-gu- Tales sich ergibt (siehe Karte II und Taf. 4, Fig. 1),!) daß sie von einer Höhe von un- !) Nor der orographisch linke Zug ist in dieser Abbildung wiedergegeben, von dem rechten nur der erste Gipfel und ein Teil des folgenden. 214 gefähr 4000 m in ihrem Wurzelgebiete, in einem Lauf von beiläufig 6 km nach N. mit nur wenig gebrochener Kammlinie bis zu 3000 m absinken. Die herausragenden Gipfel zeigen ziemlich regelmäßige, wenig steile Konusformen, zwischen welchen Mulden eingetieft sind, die den aus der geschlossenen flächenhaften Firndecke der Kammregion abfließenden Firn aufnehmen, was zur Bildung kleiner Muldengletscher Anlaß gibt. Als breite Eislappen hängen deren Enden an gleichmäßig sanft geböschten Gehängen der beiden Gebirgszüge herab und enden jetzt in einer nahezu horizontal verlaufenden Linie, die nach N. hin unbedeutend absinkt, während die Zeugen der ehemaligen weit bedeutenderen Ausdehnung als Grund-, Seiten- und Endmoränen am Gehänge sichtbar sind (siehe auch Taf. #, Fig. 3). Die Gleichheit der orographischen Bedingungen dokumentiert sich in dem gleichmäßigen Verlauf der Gletscherenden, welcher beweist, wie schon früher hervorgehoben wurde (S. S6), daß das Firneis, sobald es in ein gewisses Tiefenniveau gelangt, wo die mittlere Sommertemperatur eine bestimmte Höhe erreicht, dem völligen Abschmelzen nicht ent- gehen kann, falls nicht besondere orographische Verhältnisse einen Schutz dagegen bieten. Man kann diese Linie demnach als eine Grenze des Gleichgewichts zwischen Zufuhr und Abschmelzung bezeichnen. \ Die beiden einander gegenüberliegenden Ketten gleichen sich sowohl in ihrem orographischen Bau, als in der Art ihrer Firnbedeckung und den sich aus ihr ent- wickelnden Gletschern nahezu vollkommen. Der einzige Unterschied in dieser Hinsicht besteht darin, daß bei vollkommen freier Exposition der orographisch linke Gebirgszug (Talrand) dieser weiten Talstufe mit seiner dagegen gerichteten Abdachung annähernd nach Ö. gerichtet, also hinsichtlich Beschattung etwas begünstigt ist gegenüber dem orographisch rechten Gebirgszug der beiläufig nach W. sich richtet. Da aber außerdem, wie früher geschildert wurde (S. 83), auch die Höhen der Enden der gegen O., gegen die Täler Dön- chon-dse und Du-dun-dse abfließenden kleinen Gletscherzungen bestimmt wurden, so dürften diese beiden hohen Ränder der obersten Talstufe als ganz vorzüglich geeignet für eine Bestimmung der heutigen Schneegrenze auf Grund der Höfer’schen Methode erachtet werden. Es ist dies um so mehr der Fall, als die Beobachtungen in vorgerückter Sommerszeit, Mitte August, gemacht wurden, was eine große Annäherung an den höchsten Stand anzunehmen erlaubt. Es geht aus meinen früheren Darlegungen hervor (S. S4f.), daß die so gewonnenen Werte auch Gültigkeit für den Nordabhang der nach W. und O. sich fortsetzenden Haupt- wasserscheide beanspruchen dürfen, weil schon der Überblick über die orographischen Formen dieser Ketten, als auch die klimatische Einwirkung auf sie keine abweichenden Verhältnisse hinsichtlich der Firnablagerung erwarten läßt. Die für die Gletscherzungenenden erhaltenen Werte, die, wie früher erörtert wurde (S. 85 f.), in Bezug auf die Bedingungen ihrer Gewinnung allen Voraussetzungen entsprechen, welche man an die Verwertung der Höfer’'schen Methode zur Berechnung der klimatischen Schneegrenze stellen kann, sind die folgenden: Für die orographisch linke (westliche) Talrand- kette ergab sich ein Mittelwert von 3450 m. Die mittlere Höhe der Firnumrahmung der vier von mir zur Bestimmung in Betracht gezogenen Gletscherzungen konnte ich von meinem 3985 m hohen Standpunkt in dieser Kette, der einen beherrschenden Überblick gewährt, gemeinsam mit meinem Tiroler Begleiter Wenter mit Hilfe von Peilungen und nach genauer Prüfung aller Verhältnisse mit einer so annähernden Genauigkeit schätzen, daß die Fehlermöglichkeit kaum + — 25 m überschreiten kann. Das Ergebnis ist ein Mittelwert von 3750 m. Das 215 arithmetische Mittel aus beiden Werten ist demnach 3605 m. Für die orographisch rechte (östliche) Talrandkette stellt sich der Betrag für die mittlere Höhe der Gletscher- zungenenden (siehe S. S6) auf 3600 m und der von einem vorzüglich hiezu geeigneten Stand- punkt in 4045 m Höhe ermittelte Wert der Firnumrahmung aller zur Berechnung herbei- gezogenen Gehängegletscher auf 3800 m. Das arithmetische Mittel für den nach W. gerichteten Hang ergibt also 3700 m und die mittlere Zahl aus den für beide Hänge festgestellten Werten (3605 und 3700 m) wäre demnach 3652 m für den Nordabhang. Diese Zahl dürfte für dieses Gebiet um so mehr der wahren heutigen Schneegrenze sehr nahe kommen, als ich hiebei sehr vorsichtig zu Werke ging und sogar die für benachbarte Täler mitgeteilten, etwas tieferen Werte der Gletscherzungenenden (S. 83) außer Berücksichtigung ließ. Die für den Südabhang in Betracht kommenden beiden Ketten, welche die Ränder des Gurban-bogdo-Tales bilden, zeigen, wie sich schon bei Betrachtung der Abbildungen Taf. 3 und 13 ergibt, ebenfalls recht geeignete Verhältnisse für die Berechnung nach der Höfer’schen Methode. Hier ist jedoch aus Gründen, welche früher (S. 90) dargelest wurden, der gegen W. gerichtete Hang der für die Firnbildung begünstigtere. Auch dort konnten die Umrahmungen der Firnbecken in beiden Ketten von sehr hohen Stand- punkten aus völlig überblickt werden, so daß deren Höhenwert, auch diesmal unterstützt durch Peilungen, mit ähnlich annähernder Genauigkeit festgestellt wurde. Die mittlere Höhe der Gletscherzungen der westlichen Randkette, also mit östlicher Exposition, ergab, wie früher (S. 90) mitgeteilt wurde, einen Wert von 3800 m. Die mittlere Höhe der Firnumrandung wurde auf 4200 m geschätzt, was für die Schneegrenze der Westkette zu einem arıthmetischen Mittel von 4000 m führt. Für die Ostkette (mit West- exposition) ergab sich ein mittlerer Zungenendenwert von 3700 m und die Schätzung der Höhe der Firnumrandung führte zu einer Annahme von 4050 m. Mithin ist hier das für die Schneegrenze in Betracht kommende arithmetische Mittel 3875 m. Der Durchschnitt der Werte für die Ost- und Westseite ergibt nun die Zahl 3937 als Betrag der wirklichen Schneegrenze des Südabhanges. Hiezu muß bemerkt werden, daß zur Ermittlung dieses Betrages ebenso wie am Nordrande nur die kleinen Muldengletscher an den Gehängen herangezogen wurden und die tief herabhängenden großen Gletscher im Ober- laufe des Tales außer Betracht geblieben sind. Bei dieser angewendeten Vorsicht dürfte das geförderte Zahlenmaterial wohl Anspruch auf Geltung erheben, insoweit als bei solcher Berechnungsmethode, ohne Unterstützung einer genauen topographischen Karte, sowie bei nicht mehrjährig wiederholten Beobachtungen, überhaupt verlässige Ergebnisse möglich sind. Die gewonnenen Werte können meines Erachtens wie alle in derartiger Weise ermittelten Zahlen nur Anspruch als Schätzungen erheben. Da wir aber aus den das innerste Asien durchziehenden Gebirgsketten überhaupt noch sehr wenig methodisch er- mittelte zahlenmäßige Werte von Beobachtungen über jetzige oder klimatische Schnee- grenzen besitzen, dürfte dem von mir zutage geförderten Zahlenmaterial immerhin einige Bedeutung zugebilligt werden. Die heutige Schneegrenze für den Nordabhang der Bogdo-Ola wäre demnach auf 3652 m, für den Südabhang auf 3937 m an- zusetzen.!) Der bedeutende Unterschied von 285 m zwischen Nord- und Südabhang 1) Es verdient hervorgehoben zu werden, daß die Nadelwaldgrenze für den Nordabhang der Bogdo- Ola, deren obere Grenze ich (8. 125) mit 2600 m für geschlossenen Bestand und mit 3000 m für Einzel- 216 kann nur mit der höheren Sommertemperatur des Südabhanges und mit seiner größeren Trockenheit erklärt werden, was ja auch im Vegetationsbild der beiden Abhänge, wie ich es in Kap. XIII geschildert habe, deutlich zum Ausdrucke kommt. Ziehe ich im Vergleich zu diesen Zahlen die am tiefsten herabreichenden Ab- lagerungen der früheren Vereisung, wie ich sie auf S. 140 dieses Berichtes für den Nord- abhang zusammengestellt habe, und verzichte ich darauf, die wahrscheinlich aber nicht sicher als glazial anzusprechenden Funde als Beweismaterial vorzuführen, und nehme ich daher als tiefste Stelle, wo am Nordabhang unzweifelhaft glaziales Material festgestellt wurde, die Höhe von 940 m an, so bedeutet dies, daß die alten Moränen am Nordabhang 2712 m unter dem Niveau der heutigen Schneegrenze liegen, ein Wert, der den be- deutendsten diesbezüglichen Größen des europäischen Alpengebietes mindestens ebenbürtig ist. Ich möchte bei dieser Gelegenheit jedoch nochmals darauf hinweisen, daß das um einige hundert Meter tiefer liegende alte Seebecken zwischen Sangun und Schimo-gu (siehe Karte II) mit hoher Wahrscheinlichkeit als Zungenbecken eines großen diluvialen Gletschers anzusehen ist. Für den Südabhang findet sich eine Beschreibung der am tiefsten hinabreichenden alten | Glazialablagerungen auf S. 194—201. Dorten sind wohl wegen der von mir oft betonten starken klimatischen Einwirkungen die alten Moränen in den tiefen Lagen mehr der Zerstörung ausgesetzt gewesen und daher vielfach nicht mehr erhalten oder doch nicht mehr erkennbar. Ich lasse auch hier alle zweifelhaften Funde außer Berechnung und nehme als die am tiefsten herabreichende Moräne die bei der verlassenen Kupferschmelze an, welche sich im Niveau von 1725 m befindet. Gegenüber der für den Südabhang festgestellten heutigen Schnee- grenze von 3937 m bedeutet dies einen Höhenunterschied von 2212 m, der demnach eben- falls alpinen Verhältnissen entspricht. Hiebei möchte ich nochmals darauf hinweisen, wie es im Laufe dieser Abhandlung mehrmals geschehen ist, daß auf einer so schmalen, im N. und S. isolierten Gebirgskette wie die Bogdo-Ola es ist, selbstverständlich sich keine Eismassen von gleicher Mächtigkeit bilden und entwickeln konnten, wie in den auch horizontal gewaltig nach der Breite ausgedehnten Teilen des zentralen und östlichen zentralen Tian-Schan. Es wäre nun von hervorragendem Interesse festzustellen, welche Höhe die eiszeitliche Schneegrenze in diesem Gebiete erreichte und wie bedeutend somit die Depression zwischen dem heutigen und dem diluvialen Niveau anzusetzen ist. Ich muß aber hier das Bekenntnis ablegen, daß wenn mir schon die bisher angewendeten Methoden zur Ermittlung der klima- tischen Schneegrenze noch manches an Zuverlässigkeit und Genauigkeit zu wünschen übrig zu lassen scheinen, so ist dies in noch weit höherem Maße der Fall bei allen bisher an- gewendeten Methoden zur Ermittlung der diluvialen Schneegrenze. Ich will jedoch ohne weiteres zugeben, daß die zur Schätzung der diluvialen Schneegrenze in den europäischen Gebirgen mit Vorliebe verwendete Kurowsky’sche Methode dorten vielfach zur Ermittlung von annähernd richtigen Werten geführt haben mag, weil für die in Untersuchung gezogenen Gebiete verlässige, alle die als Faktoren zu berücksichtigenden Oberflächenformen wieder- gebende topographische Karten vorhanden sind und benützt werden konnten und weil auch bäume ermittelt habe, im Verhältnis zur ermittelten Schneegrenze des Nordabhanges ein Verhältnis ergibt, welches sich nicht sehr von dem in den europäischen Alpen ermittelten entfernt. Siehe auch die in Kap. XIII (S. 116) niedergelegten Zahlenwerte für die Alpenwiesengürtel. 217 die untersuchten Gebirgsabschnitte in allen Einzelheiten ihres Baus und besonders in Bezug auf alle aus der Glazialzeit hinterlassenen Spuren und Ablagerungen genau bekannt sind, da sie von verschiedenen kompetenten Forschern wiederholt eingehend untersucht wurden. Es können also die besonders in den europäischen Alpen mit Hilfe der Kurowsky’schen Berechnungsmethode gewonnenen Größen wohl als der Wahrheit sich sehr wesentlich nähernde Werte angesehen werden. Ganz anders liegen aber die Verhältnisse in fremden, noch wenig erforschten Gebieten, für welche entweder noch gar keine oder nur in mehr oder weniger beschränktem Grade als verlässig anzunehmende topographische Aufnahmen vorhanden sind, und welche überdies bisher von Forschungsreisenden nur ganz flüchtig untersucht werden konnten. Meines Erachtens kann solchen Feststellungen auch sogar austopographisch mehr im Detail aufgenommenen und wenig- stens einigermaßen erforschten Gebieten, wie z. B. das kaukasische Hochgebirge, nur mit ge- wissem Vorbehalt ein wissenschaftlicher Wert beigelegt werden, da die topographischen Karten mancher Teile dieses Gebirges für solche Berechnungen nicht die genügende Genauigkeit besitzen und da überdies der Wert der einzelnen Blätter ein recht ungleichartiger ist. In nicht wenigen Einzelfällen müßte demnach eine Anzahl von nicht ziffermäßig zu fassender Faktoren in Betracht gezogen werden, welche die Ergebnisse sehr wesentlich beeinflussen können. Vollends bei den zentralasiatischen Gebirgen kann ich die bisherige Grundlage bei weitem nicht als ausreichend zur Erlangung von Werten halten, welche einer strengen wissen- schaftlichen Prüfung standhalten, und auf welche sich weittragende Hypothesen aufbauen lassen. Schon der Zahl nach sind diese Beobachtungen höchst unzulänglich; die von den einzelnen Beobachtern angewendeten Methoden sind uns meist nicht bekannt, die Messungen sind oft nur vereinzelte, die Schätzungen nicht immer von Willkürlichkeit frei, so daß ein großer Teil des gewonnenen Materials als ein rein zufälliges anzusehen ist, dem allgemein gültige Bedeutung nicht beigelegt werden kann. Es kann den für zentralasiatische Gebirge vielfach in die Literatur aufgenommenen Zahlengrößen auch schon deshalb kein besonderer Wert beigelegt werden, weil — ich habe hierauf wiederholt und auch in dieser Schrift mehrfach hingewiesen (8. 93, 104) — am Saume der zentralasiatischen Gebirge, infolge der zerstörenden Einwirkung des ariden Klimas auf die Gesteine, die meisten Zeugen diluvialer Vereisung an den felsigen Talrändern sowohl, als auch in den Schuttanhäufungen besonders in den tieferen Niveaus nicht erhalten geblieben sind. Ein beträchtlicher Teil der alten Glazialablagerungen ist dort auch zweifellos unter den eine ungeheure Mächtigkeit erreichenden jugendlichen Ausschüttungen, welche ganze Gebirgszüge begraben haben, verborgen. Schon für den Himalaya, der doch infolge maritimer Luftzufuhr weit weniger den starken zerstörenden klimatischen Gegensätzen ausgesetzt ist als die Innerasiatischen Gebirge, nimmt Lydekker an,!) daß dort „the athmospheric erosive agencies have acted with a much greater degree of rapidity and energy, than they have ever done in the Alps and have thus obliterated to a far greater extend the evidence of a former more extensive glaciation ete.‘“. Auch Östreich?) hebt hervor, wie sehr zerstörende klimatische Kräfte die Eiszeit- spuren im Himalaya beseitigt haben. Daß solche Vernichtungsarbeit in Zentralasien, wo 1) Memoires Geolog. Sury. of India, vol. XXII, 8. 40£. ?) Petermanns Mitteilungen, Ergänzungsheft 155. Die Täler des östlichen Himalaya, S. 52, 71. Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 28 218 die Härten des Kontinentalklimas das Naturbild in so hervorragendem Maße beeinflussen, wo besonders die Tiefen der Schauplatz ungemilderten Wirkens atmosphärischer Kräfte sind, eine noch viel weiter gehende gewesen sein muß, leuchtet ohne weiteres ein. Ebenso betont Granö!) diesen Umstand; nachdem er von einer Anzahl Bildungen berichtet hat, die möglicherweise bei sorgfältigerer Prüfung sich als glazial erweisen könnten und sich in wesentlich tieferen Niveaus finden, als die bisher als zweifellos glazial angegebenen und in Betracht gezogenen, fährt er fort: „Wie dem auch sei, verdient die Frage eine gründliche Untersuchung. Indem trockenen Klima sind die Spuren jener möglichen älteren Eiszeit durch Verwitterung und Stauberdebedeckung dem Blick des schnell vorbeiwandernden Reisenden entzogen worden.“ Diese Beispiele ließen sich um viele andere vermehren. Es fehlen somit die unerläßlichen Voraussetzungen, um die Grenzen feststellen zu können, bis zu welchen namentlich die aus dem Hintergrund der großen Tian-Schan-Täler in die Ebenen hinausgeflossenen diluvialen Gletscher sich ausgedehnt haben. Zudem haben sich bisher noch höchst selten Forschungsreisende überhaupt der Aufgabe unterzogen, die Ablagerungen am Außenrand des Gebirges auf das Vorhandensein von Glazialspuren genauer zu untersuchen. Ein solches Bemühen könnte immerhin wenigstens dort, wo besonders günstige Verhältnisse für deren Erhaltung obwalten, nicht ergebnislos sein, wie die Vorkommnisse in der Ebene im S. des südlichen Musarttales beweisen, von welchen ich früher berichtet habe.?) Dort war allerdings die diluviale Vereisung, wie die ungeheuren in verschiedenen Teilen dieses großen Tales angehäuften Moränenzüge erweisen, ®) besonders mächtig und es geht schon aus den zahlreichen, hoch in den Talwänden des südlichen Musarttales hinter- lassenen Glazialspuren, die eine beiläufige Rekonstruktion des diluvialen Eisstriches gestatten, hervor, daß diese diluvialen Gletscher weit in die Ebene hinausgereicht haben müssen, so daß die von mir in einer Entfernung von ca. 50 km vom Gebirgsrande im Niveau von etwa 1250 m aufgefundenen Granitblöcke vielleicht noch nicht einmal die tiefste Grenze des diluvialen Eises in jener Gegend bezeichnen. Von dem hohen Hinaufreichen von glazialen Einwirkungen an den Rändern verschiedener Talzüge, hinsichtlich des Überflutens von Gebirgskämmen durch die diluvialen Eisströme, sowie über glaziale Ablagerungen außerhalb der Mündungen mancher Täler habe ich eine größere Anzahl von Beobachtungen in meinen Reiseberichten niedergelegt.*) Ich hatte beabsichtigt auf Grund der mit Zahlen belegten ausführlicheren Erörterung aller dieser Beobachtungen und unter Benützung einer Reihe anderer, bisher noch nicht veröffentlichter, von mir gesammelter Daten über glaziale Vorkommnisse an der Hand meines Kartenwerkes über die Gletscher des zentralen Tian-Schan eine annähernde graphische Rekonstruktion der großen diluvialen Tian-Schan-Gletscher herzustellen, aus welcher sich auch ein beiläufiger Schluß über deren Ausdehnung außerhalb ihres Tallaufes hätte ziehen lassen, so daß mancherlei Belege zur Frage über die Höhe der diluvialen Schneegrenze sich hieraus ergeben könnten und somit auch für die eiszeitliche Depression. Leider ist die Fertig- 1) J. G. Granö, Beiträge zur Kenntnis der Eiszeit in der nordwestlichen Mongolei. Helsing- fors 1910, S. 92. 2) Vorläufiger Bericht, ]. c., S. 35, 48, 98. Zeitschr. Ges. f. Erdk., Berlin 1910, S. 237£. 3) Ibidem, 8. 34f. 4) Jbidem, S. 22, 29, 30, 34f., 48, 58, 61, 77, 81, 84f., 86, 87, 88f., 91, 93, 94. Zeitschr. Ges. f. Erdk. Berlin, 1. e., S. 232, 233, 308, 313. Mitteil. Geogr. Ges. München, Bd. V, 1910, Abb. Taf. 22, 23. 219 stellung dieses Kartenwerkes, das, wie ich bereits angekündigt habe,!) bald erscheinen sollte, durch den Krieg verzögert worden, weil die daran beschäftigten Zeichner zum Heeresdienst abgerufen wurden. Ein vorläufiger Überblick über das in dem Kartenwerk enthaltene reiche Material läßt mich aber doch schon jetzt die Tatsache erkennen, daß die eiszeitliche Depression der Schneegrenze im zentralen Tian-Schan kaum hinter derjenigen in den europäischen Alpen zurückstehen dürfte. Ich gerate durch diese Feststellung aller- dingsin Widerspruch zu den Anschauungen von Professor Machatschek, wie sie dieser scharf beobachtende Forscher in mehreren seiner Veröffentlichungen niedergelegt hat,?) in denen er als Betrag der eiszeitlichen Depression für den zentralen Tian-Schan den Wert von 700 m, für den westlichen Tian-Schan 600 m, für die Ferghana-Kette S—900 m errechnete. Es liegt mir selbstverständlich durchaus ferne, die von Professor Machatschek für den westlichsten Teil des Tian-Schan auf Grund seiner eigenen, sorgfältigen und jedenfalls gewissenhaften Beobachtungen veröffentlichten Ergebnisse anzuzweifeln. Höchstens möchte ich auch bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, daß eben der wichtige Umstand nicht berücksichtigt ist, daß Glazialspuren wohl auch in tieferen Niveaus der untersuchten Gebiete vorhanden gewesen sein könnten. Hingegen vermag ich das zur Ermittlung der veröffentlichten Werte für den zentralen Tian-Schan benützte Material nach meinen. viel- fachen Erfahrungen nicht als ausreichende Stütze für weitgehende Schlüsse anzuerkennen — Machatschek gibt übrigens die Unzulänglichkeit der Grundlage selbst zu — und zwar aus folgenden Gründen: Machatschek legt seiner Schätzung der Schneegrenze im zentralen Tian-Schan einige Angaben von Professor Friederichsen zu Grunde®) und zwar nimmt er als Wert, welchen Friederichsen für die Enden der diluvialen Gletscher am Nordabhang des Terskeu-Ala-Tau feststellte, die Höhe von 2600 m an.*) Dieser Wert würde aber nur für eines der von Friederichsen besuchten Täler, für das Turgen-Ak-su-Tal zutreffen und auch hier nur, wenn außer Berücksichtigung bleibt, daß er auch in tieferen Niveaus dieses Tales noch Ablagerungen antraf, deren glaziale Entstehung sehr wahrscheinlich ist, um so wahr- scheinlicher, als er in dem, benachbarten, parallelen Ak-su-Tal in viel tieferem Niveau eine alte Endmoräne antraf und deren Höhe mit 1923 m bestimmte.’) Da die Berge des Terskeu-Ala-Tau im Hintergrund des Ak-su-Tales sogar um ein geringes niedriger sind als in dem des Turgen-Ak-su, die sonstigen orographischen Bedingungen aber die gleichen, wäre eigentlich nicht einzusehen warum im letzteren die alten Gletscher um 700 m höher geendet haben sollten als im Ak-su-Tal. Außerdem hat Friederichsen auch bei der Mündung des nicht weit entfernten, gleichfalls parallelen Barskauntals nahe am Issyk-kul- Seeufer, also in einem Niveau von beiläufig 1700 m Schuttablagerungen gefunden, ®) welche er zwar aus Mangel an Zeit nicht näher untersuchen konnte, für welche er aber die 1) Physiographie des Tian-Schan, 1. e., S. 8. 2) Zeitschr. f. Gletscherk., Bd. VIII, 1913, S. 114£., 122. Der westliche Tian-Schan, |. c., S. 97f. Gletscher- und Eiszeitstudien im westlichen Tian-Schan. Verhandl. d. 18. Deutsch. Geograph.-Tages 1912, S. 69f. Über einige Ergebnisse neuer geographischer Forschungen im Tian-Schan. Deutsche Rundschau für Geographie, Jahrgang XXXIV, S.6f. Zur physiographischen Entwicklung Zentralasiens in der Quartärperiode. Hettners Geogr. Zeitschr., Bd. XX, S. 368. *) Forschungsreise in den zentralen Tian-Schan, 1. c. *) Zeitschr. f. Gletscherkunde, ]. c., S. 114. Der westliche Tian-Schan, 1. c., 8. 97. 5) Forschungsreise in den zentralen Tian-Schan, 1. ce., S. 64. 6) Ebenda, S. 55. 28* 220 Möglichkeit, daß es glaziale Ablagerungen seien, nieht in Abrede stellt. Ähnlich spricht er sich hinsichtlich der an den Mündungen anderer Paralleltäler gefundenen jungen Schutt- ablagerungen aus.!) Ich selbst bin bei einer Querung der Kette von S. nach N. durch eines dieser Paralleltäler, das Soukatal,?) vom Passe abwärts ununterbrochen über mächtige Glazialablagerungen gewandert und habe einen sehr bedeutenden Endmoränenwall, welcher offenbar sogar einem Rückzugsstadium angehört, noch im Niveau von etwas unter 2000 m gefunden. Auch D. Muschketow°) nimmt an, daß die diluvialen Gletscher des Terskeu- Ala-Tau sich in das diesem Gebirge vorgelagerte Becken Ala-basch-Konurlen erstreckt hätten, also bis zum Niveau von durchschnittlich 1800 m. Fassen wir nun die Verhältnisse im Ak-su-Tale, weil es das bestbekannte der großen, nach N. herabziehenden Quertäler des Terskeu-Ala-Tau ist, näher ins Auge, so finden wir, daß die Berge in seinem Quellgebiete die Höhe von etwa 4200 m erreichen. Die heutigen Gletscher sind dort nur von geringer Ausdehnung. Wenn ich den Isohypsen der 2 Werst- Karte Blatt N 12 Vertrauen schenken darf, enden die jetzigen Gletscher dort durchschnittlich in einer Höhe von wenig unter 1800 Saschen — ca. 3840 m. Auch in der näheren Fort- setzung dieser Kette nach O. sind den Angaben der 2 Werst-Karte zufolge die Verhältnisse . die gleichen. Man gelangt also bei Schätzung der heutigen Schneegrenze im Quellgebiete des Ak-su nach der Höfer’schen Methode zu einem beiläufigen Wert von etwa 4000 m. Wollte man die gleiche Methode auch zur Schätzung der diluvialen Schneegrenze als statthaft anerkennen, so würde man, wenn man — und zwar mit voller Berechtigung — die Tiefe des Herabreichens der diluvialen Gletscher des Terskeu-Ala-Tau nach N. auf mindestens 1900 m annimmt, zu einer diluvialen Schneegrenze gering geschätzt im Werte von etwa 3050 m gelangen und somit zu einer eiszeitlichen Depression von etwa 1000 m, also um 400 m mehr als Machatschek annimmt. Meines Erachtens kann nicht wohl bezweifelt werden, daß die diluvialen Gletscher der Maximalvereisung bis in das Issyk-kul- Becken hinabreichten. Sogar in den dem Terskeu-Ala-Tau an Höhe weit nachstehenden Gebirgszügen im N. des Issyk-kul, in den Ketten des Kungeu-Ala-Tau und Transilenischen Ala-Tau ist das Ver- hältnis kein wesentlich anderes. J. W. Muschketow führt?) Moränenbildungen am Nordufer des Issyk-kul an, von denen er (auf Tafel N) eine „oserähnliche Bildung“ wiedergibt. Demnach hätten sich im N. die diluvialen Gletscher trotz ihrer südlichen Exposition bis nahe zum Ufer des Sees erstreckt, was übrigens auch Bogdanowitsch?°) annimmt. W. M. Davis‘) sah bei Tschoktal am Nordufer des Sees Moränen in Höhe von 6700‘ = 2040 m, also ebenfalls nahe am Seeufer. Für den Nordabhang des Transilenischen Ala-Tau besitzen wir eine wertvolle Unter- suchung von J. E. Dimitriew.?) Dieser Forscher fand im Tal der kleinen Almatinka 1) Ebenda, S. 71. 2) Semenow schätzte die Schneelinie im Hintergrund dieses Tals auf 3485 m. Hingegen beträgt die Schätzung der Schneelinie für die ganze Kette durch Sewerzow 12000‘ = 3658 m, offenbar etwas zu hoch. 3) Von Prschewalsk nach Ferghana. Iswestyia K. R. G. G., Tom. XXXI, 1912, S. 56. *) Turkestan II, S. 78. 5) Ergebnisse der Pjewtzowschen Tibet-Expedition, 1. c. II, S. 2. 6) Exploration in Turkestan, Bd. I, S. 86. 7?) Die Gletscher im Quellgebiet der kleinen Almatinka. Iswestyia Turkestan, Abteil. K. R. G. @., Tom. VI, 1897 russ. 221 (Tuyuk-su) eine große bewaldete Moräne im Niveau von 1700 m. Dimitriew gibt nun auf Grund seiner weiteren Untersuchungen die heutige Firnlinie im Quellgebiet des genannten Flusses auf 3650 m an. Nach Blatt L 15 der 2 Werst-Karte kann ich die durchschnitt- liche Höhe im Rande des Ursprungsgebietes auf 3800 m annehmen. Bringt man dies mit der Höhe der alten Moräne von 1700 m in Beziehung und wollte man nach der gleichen rohen Methode die diluviale Schneegrenze schätzen, so käme man auch hier auf einen Wert von etwa 2700 m und somit auf eine diluviale Depression zwischen 900 und 1000 m. Was nun die von Machatschek angeführten Beobachtungen von G. Prinz!) anbetrifft, die er über die Gletscher im Stromgebiet des Bayumkol-Flusses veröffentlicht, so muß ich gestehen, daß manches in den Prinz’schen Ausführungen, wie in seinen graphischen Darstellungen sich so wenig im Einklang mit meinen eigenen Beobachtungen, sowie mit meinen topographischen und photographischen Aufnahmen bringen läßt und daß übrigens auch die von Prinz verwendeten geographischen Namen gegenüber den von mir ermittelten teilweise so verschieden sind, daß ich vor der Schwierigkeit zurückschrecke, die Prinz'- schen Ausführungen im einzelnen einer Besprechung zu unterziehen und den Versuch aufgab, sie in Parallele mit meinen eigenen Ergebnissen zu bringen. Bekanntlich hat meine Expedition in zwei aufeinanderfolgenden Jahren das Bayumkol- Gebiet dreimal besucht und jedesmal mehrere Wochen der Untersuchung seiner Hoch- region gewidmet. Die Gletscher des Haupttales wurden von meinem Mitarbeiter H. Pfann photogrammetrisch aufgenommen. Die Höhen der sie umrahmenden hauptsächlichen Gipfel wurden von einer Basis im Westzweige des Talschlusses aus, trigonometrisch ermittelt. Als Ergebnis dieser Arbeiten ist nun eine sehr detaillierte Karte des Bayumkol-Gletscher- gebietes im Maßstabe von 1:25000 entstanden, welche ein Blatt meines früher erwähnten großen Kartenwerkes über die Gletscher des zentralen Tian-Schan bilden wird. Wiewohl ich nur ungern aus den Ergebnissen dieser Arbeit schon jetzt Näheres veröffentliche, will ich zur Stütze dieser Ausführungen in Bezug auf das Bayumkol-Gebiet eine Ausnahme machen. Auf Grund der in Höhenschichten von 50 m Abstand angelegten Spezialkarte kann die Firnlinie im ausgedehnten Gletschergebiet des Bayumkol-Talschlusses auf 3800 m festgelegt werden, während für die Höhen der Umrandung sich ein Mittelwert von 5200 m errechnet, das Gletscherende des Mittelgletschers aber bei 3150 m liegt. Lasse ich nun vollständig außer Betracht, daß sich im Tekes-Tale Ablagerungen finden, die dem Glazialbestand des Bayumkol-Tales entstammen und auch sogar den Umstand, daß die Randketten gegen das Tekes-Tal vom diluvialen Bayumkol-Gletscher überflutet waren?) und schätze ich nach der mehrfach angewendeten rohen Methode die diluviale Schnee- grenze auf Grund des in meiner Karte niedergelesten hypsometrischen Materials, das in einigen Seitentälern des Bayumkol-Tales gewonnen wurde, so gelange ich zu einem Wert von 2635 m, mithin zu einer Depression von 1165 m, welche ganz sicherlich als ein Minimalwert anzusehen ist. Es läßt sich aber schon jetzt sagen, daß für die größeren Gletscher des zentralen Tian-Schan sich noch höhere Werte ergeben werden, ganz besonders große für jene des Südabhanges. Ich will jedoch meinen späteren Veröffentlichungen hierüber nicht weiter vorgreifen. !) Mitteilungen der K. K. Geograph. Ges., Wien 1909, 8. 10 £. 2) Vorl. Ber., 1. c., 8.8. 222 Übrigens hat auch Friederichsen wiederholt hervorgehoben, !) daß die Syrtflächen einst unter Eis gelegen haben — was in Übereinstimmung mit meinen eigenen Beob- achtungen steht?) — und daß in ihren Abhängen glazial ausgestaltete Täler eingetieft sind, Umstände, woraus ebenfalls auf eine starke eiszeitliche Depression geschlossen werden darf. Diese Ergebnisse stehen in gutem Einvernehmen mit den Berichten über andere neuere Forschungen in Zentralasien. Bisher lagen für nur recht wenige zentralasiatische Gebirge einigermaßen verlässige, ziffermäßige Nachweise für die Grenzen des Herab- reichens diluvialer Gletscher vor. In neuerer Zeit sind aber durch berufene Forscher, welche speziell ihre Aufmerksamkeit diesen Verhältnissen zuwandten, einige wichtige Beobachtungen gemacht worden. Das Ergebnis ist nicht geeignet, die Annahmen Machatscheks und das von ihm hiefür angeführte Zahlenmaterial zu bestätigen. So be- richtet Granö,°) daß die alten Moränen im Katun-Tale in einer Meereshöhe von 300—350 m liegen, die der Tschuliman-Biya-Gletscher in 400 m und faßt seine Feststellungen dahin zusammen, daß die eiszeitliche Depression im östlichen Altai 12—1300 m betrage.*) R. von Klebelsberg berichtet?) über seine glazialgeologischen Beobachtungen in den Gebirgen Bocharas und erwähnt (S. 238), daß „die eiszeitliche Vergletscherung in diesem Teile Zentralasiens ungleich größer und ausgedehnter war, als bisher angenommen wurde“. Aus dem Hissar-Gebirge ragten die Gletscher bis in die Niederung (etwa 900 m) herab, womit auch das letzte Bedenken gegen die Annahme einer lokalen Vergletscherung an der Nordseite des Kim-kutan bei Samarkand schwindet. Im Wachsch-Tale sprechen die Befunde dafür, daß nicht nur die hochgelegenen Seitentäler, sondern das Haupttal selbst vergletschert war. In der Kette Peter des Großen fand von Klebelsberg am Schuruk- Gletscher die Firnlinie im Niveau von 3800—3900 m und stellte einen um ca. 1000 m tieferen junghistorischen Gletscherstand fest. Dieser Reisende hebt hervor (8. 287), daß ein letztes Maximum ähnlich dem alpinen um die Mitte des 19. Jahrhunderts „bei fast allen Gletschern deutlich in Erscheinung tritt“ und fügt hinzu: „Ungleich weiter an den Hängen und in die Täler hinab reichen die Spuren des eiszeitlichen Höchststandes der Vergletscherung. Es ist nicht zweifelhaft, daß in diesem Teil Zentralasiens die eiszeitliche Vergletscherung in ihren Beziehungen zur heutigen den alpinen Verhältnissen nicht nachgab“, ferner: „zahlreiche kleine alte Gletschermulden ließen berechnen, daß die Depression der eis- zeitlichen Firnlinie gegenüber der heutigen zum mindesten einen ähnlichen Betrag aus- macht wie in den Alpen“. Von den übrigen mir bekannt gewordenen Stützen einer solchen Annahme erwähne ich nur die Beobachtungen von Obrutschew®) in dem weit nach Westen vorgeschobenen Dschaiir-Gebirge, dessen Maximalerhebung kaum wesentlich über 2000 m beträgt, so daß !) Forschungsreise etc., l. c., 8. 123, 130, 164f. 2) Physiographie des Tian-Schan, 1. c., S. 5. 8) Morphologische Forschungen im östlichen Altai. Zeitschr. Ges. f. Erdk., Berlin 1914, S. 329£., besonders S. 340 f. #) Bei dieser Gelegenheit möchte ich zur Ergänzung der Mitteilungen von F. Machatschek in Zeitschr. f. Gletscherk. VIII, 1913, S. 117 noch hervorheben, daß Granö (Beiträge zur Kenntnis der Eis- zeit ete., 1. c., S. 88) den Betrag der eiszeitlichen Depression im östlichen Gebiet des Chinesischen Altai auf 1100—1200 m schätzt und an den Quellen des Kran auf mindestens 1400 m. 5) Mitteil. Deutsch. und Österr. Alpen-Ver. 1913. 6) Das Dschungar. Grenzgebiet ete., 1. c., S. 400. 223 von ihm nicht anzunehmen ist, daß es eine im Vergleich zu den eigentlichen Hochgebirgen Zentralasiens stehende ausgedehnte Vereisung jemals getragen habe. Dennoch finden sich auch dort die alten Glazialablagerungen in tiefem Niveau. Obrutschew bestimmte im Tale Boto-Mainak die Höhe einer Moränenkuppe mit 1029 m und das Ende der Moränen am Fuße der Karabtschuk-Berge sogar auf 977 m. Für die Ketten der größten Hochgebirge Innerasiens liegen, abgesehen von den bereits erwähnten, aus neuerer Zeit bis heute nur vereinzelte Beobachtungen vor, aus denen sich keine Folgerungen für verlässige Bestimmung der eiszeitlichen Depression der Schneegrenze ziehen läßt.!) Von Feststellungen aus der letzten Zeit sind die von Aurel Stein?) für das Kuen-lun-Gebirge zu erwähnen, wenn es auch nur wenige sind. : Die heutige Schnee- grenze für die das Jurun-kasch-Quellgebiet begleitenden Ketten, die eine durchschnittliche Kammhöhe von 6300 m erreichen mit Gipfeln bis über 7000 m, wird von Stein für die Nordseite auf 5350 m, für die Südabhänge auf wenig unter 6000 m geschätzt, was also ein Mittel von 5675 m ergibt,®) wobei zu bedenken ist, daß die Beobachtungszeit Ende August war, eine für diese Gegend nahezu schon winterliche Jahreszeit. Die obwohl geschlossen überfirnte höchste Kammregion bildet jetzt dennoch nur kurze Gehängegletscher aus. Nur am Nordabhang des Pik K 5 (Mus-tagh) und besonders im Quellgebiet des Nissa- flusses scheinen größere Talgletscher vorzukommen. Von diesen reichen der Kasch-kul- Gletscher und der Otragh-kul bis zu etwa 4000 m herab, also um 1675 m unter die heutige Schneegrenze. Stein fand aber alte Moränen noch 5 km unter den heutigen Gletscherenden. Für ihre Höhenlagen finden sich leider im Reisebericht keine Angaben. Meines Erachtens dürften aber auch im Kuen-lun ebenso wie in anderen innerasiatischen Gebirgen morphologisch geschulte Beobachter Beweise für ein tiefes Herabreichen der diluvialen Gletscher aufzufinden imstande sein. Die Frage, ob analogisch mit der eiszeitlichen Geschichte Europas auch im Tian-Schan die diluviale Eiszeit sich in mehrere Eiszeitsperioden glie- derte, ist noch nicht spruchreiff. Nach dem bisher geförderten Material kann eine bestimmte Ansicht darüber nicht geäußert werden, ob die allerdings in unzweifelhafter Weise erwiesenen Oszillationen der diluvialen Eisdecke nach Dauer und Intensität als wirkliche Perioden aufzufassen sind, insoferne als der Verlauf der diluvialen Vereisung durch Interglazialzeiten unterbrochen wurde, oder ob in einer als einheitlich zu betrachtenden Ver- eisungszeit nur stadiale Rückzugsbewegungen mit erneuten Vorstößen wechselten. Auch meine in dieser Abhandlung niedergelegten Beobachtungen über die ehemalige Vereisung der Bogdo- Ola reichen zur Klärung dieser Frage nicht aus. Es kann dies um so weniger der Fall sein, als für die diluviale Eisbedeckung dieses Gebirges ganz besondere Verhältnisse maß- gebend sind, die von denen des gesamten übrigen Tian-Schan stark abweichen. 1) In der Abhandlung von Viktor Paschinger, Die Schneegrenzen in verschiedenen Klimaten, Petermanns Mitteilungen, Ergänzungsheft Nr. 173 findet sich das bisher bekannt gewordene, lückenhafte und in Bezug auf Verlässigkeit und Verwendbarkeit sehr ungleichwertige Material zusammengestellt (siehe S. 22—29) über Schneegrenzen in Innerasiatischen Gebirgen, wobei jedoch nichts über eiszeitliche Verhältnisse erwähnt wird. 2) Ruins of Desert Cathay. Exploration in Central Asia and westernmost China by Aurel Stein, 2. Bd. London 1912. ?) Siehe dagegen die Daten in Paschinger, l. c., 8. 25f. Siehe auch K. Östreich, Himalaya- Studien. Zeitschr. f. Erdk., Berlin 1914, S. 417f. 224 Im Gegensatz zur gewaltigen Breitenentwicklung des zentralen und östlichen Tian- Schan türmt sich die Bogdo-Ola als verhältnismäßig schmaler und jäh abfallender Wall zwischen zwei tiefen Senken auf (siehe Kap. VI, S. 35£., 40f.).. Wenn daher auch in den zentralen Teilen des Gebirges infolge ihres besonders hohen Hinausragens über die da- malige klimatische Schneegrenze die Entwicklung einer Eisdecke sehr begünstigt war, so konnte diese doch nicht durch namhafte Zuflüsse aus großen Seitentälern und Neben- ketten vermehrt werden. Da also das Gebirge von seiner extremen zentralen Höhe rasch zu niedrigen Niveaus absinkt, mußten auch die vom Zentrum nach N. und S. an den Abhängen hinabgleitenden Eisströme schon bald an Mächtigkeit verlieren. Trotz dieses eigenartigen Verhältnisses läßt sich von der Bogdo-Ola sagen, daß die von der Eiszeit dort zurückgelassenen Spuren und Ablagerungen auf gesonderte Phasen der Entwicklung hindeuten, und zwar in der Art, daß im großen ganzen von einer einstigen Maximalvereisung ausgehend eine Entwicklung in absteigender Linie stattfand, welche jedoch durch Wellenbewegungen er- neuter Eisanschwellung nach Ablauf von Abschmelzperioden gebrochen wurde. Die Mächtigkeit der Eisdecke verminderte und vermehrte sich entsprechend ab- und ansteigenden klimatischen Wellen einige male mit der Besonderheit, daß jedem Anschwellen eine gesteigerte Abnahme folgte, die zuletzt infolge entscheidender Klimaveränderung einen rapiden Verlauf dem Ende zu nahm (siehe S. 99, 106, 109, auch Anmerkung, S. 80). Ich habe bereits früher mehrfach (besonders S. 148) darauf hingewiesen, daß zwei, wahrscheinlich drei größere Phasen im Verlaufe der Vereisung der Bogdo-Ola festgestellt werden können. Um dies zu erhärten, ist es nötig, die wichtigsten Beobachtungen an beiden Abhängen miteinander in Parallele zu bringen, wobei ich jedoch gleich auf eine besondere Schwierigkeit hinweisen muß, die sich der genauen zeitlichen Parallelisierung der vorgefundenen Verhältnisse in den Weg stellt. Diese liest in dem ungemein großen Höhenunterschied begründet, der zwischen den einzelnen Teilen dieses Gebirges obwaltet, wie er öfters in diesen Abhandlungen betont wurde und besonders aus Kap. VI und aus Profil Taf. 16, Fig. 1 sich ergibt. Ein solch erheblicher Unterschied in der vertikalen Ent- wicklung mußte zur Folge haben, daß in einem bestimmten Zeitabschnitt des ablaufenden Diluviums von denjenigen Teilen des Zentralkammes, die nicht viel über 4000 m sich erheben, keine nennenswerten Firnmengen mehr nach den Tiefen abflossen, als von der über 6000 m kulminierenden Gipfelgruppe immer noch mächtige Eisströme in gewisse Täler hinabgezogen sind. Diese warfen daher, sei es im Stadium des Rückzuges, sei es bei ihrer längeren Stabilität, noch Moränen auf zu einer Zeit, als in anderen Tälern die glaziale Einwirkung schon längst erloschen war (S. 147 f., 160f.). Aus diesem Grunde mußte ich bei Auswahl der Daten, welche einander gegenübergestellt werden dürfen, um eine Gliederung in dem Verlaufe der diluvialen Vereisung zu erweisen, mit besonderer Vorsicht zu Werke gehen. Als erwiesen kann gelten, daß in der Zeit der diluvialen Maximal- vereisung das ganze Gebirge unter einer geschlossenen Firn- und Eisdecke gelegen hat. Den Charakter eines vom Eise verlassenen Reliefs bekunden die meisten der dieser Abhandlung beigegebenen photographischen Aufnahmen, besonders die Panoramen. Von den vielen für eine totale Vereisung sprechenden, von mir angeführten Tatsachen hebe ich nur einige der wichtigsten hervor: so die Überflutung des felsigen Querzuges, 225 welcher der zentralen Gipfelgruppe im N. vorgelagert ist, durch Eismassen, welche in dieser Richtung abflossen (S. S2f£., 169 £,, 173, 175f.), dann das Hinaufreichen der Rund- höckerformen und anderer Zeichen von Abschleifung bis empor zu den Kämmen (8. 90 £., 92 f., 106, 170, 182, 183 f., 157 £., 197), ferner die mit charakteristischen Knicken (Taf. 14, Fig. 2) wohl ausgebildete Trogform des Gurban-bogdo-Tales (S. 92, 102, 170), sowie das mächtige Kar im dreiteiligen Lagertal am Südrand (S. 183 f.), den Knick in der Steilwand des Da-tun-gu-Tals (S. 150) und viele andere Anzeichen, die ich nicht weiter registriere. Die Schätzungen der durchschnittlichen Mächtigkeit der Eisdecke, wie ich sie an ver- schiedenen Stellen dieser Abhandlung verzeichnet habe (S. 91, 187, 188, 197), bewegen sich zwischen 400 und 500 m, doch sind die Grundlagen hiefür einigermaßen schwankend. Zu den Dokumenten dieser ersten und Hauptvereisung können wohl noch gerechnet werden: der große alte Moränenwall im dreiteiligen Lagertal (S. 184, 186) und die stark zersetzten alten Moränenablagerungen bei der Kupferschmelze im Gurban-bogdo-Tal (S. 197 f., 201f.). Ein hohes Alter dürfte auch den mächtigen Moränenschuttmassen zugebilligt werden, welche den alten Lauf des G@urban-bogdo-Flusses verlegt und ihn gezwungen haben, sich einen seitlichen Durchbruch in der beschriebenen jugendlichen, doch immerhin schon wohl ausgebildeten Schlucht zu schaffen (S. 103, 195f. und Karte II), sowie den in den an- schließenden Nebentälern durch Wenter beobachteten, gleichfalls die Kennzeichen bedeu- tenden Alters tragenden Moränen. Gleichwohl ist es nicht völlig ausgeschlossen, daß diese Bildungen doch schon dem Beginne eines neuen Eisvorstoßes in der folgenden Phase der Glazialentwicklung angehören könnten. Auf die Wahrscheinlichkeit, daß unter den mächtigen fluvioglazialen Schottermassen des Gurban-bogdo-Tales alte Grundmoräne zu finden sei, die der ältesten Vereisung ent- stammt, habe ich vermutungsweise hingewiesen (S. 92, 196), sowie auch auf Anzeichen, welche für eine, ebenfalls dieser ältesten Zeit angehörende Vergletscherung des Dschargöß- Tau sprechen (S. 92, 105, 108, 129). Die Entstehung der Randseen am Nordrande des Gebirges (8. 85, 142 f., 146f.) und am Südrande (S. 80, 83, 104f., 129, 202—207) mit ihren Ablagerungen und Terrassen dürfte ebenso wie die Ausbildung des Durchbruchs der vereinigten Flüsse am Dawantschin- Passe (S. 31, 33, 104, 105) mit der großen Schmelzperiode am Ende der Maximalvereisung in Verbindung gebracht werden. Völlig Sicheres über den Abschluß dieser ersten Periode ließe sich jedoch nur sagen, wenn bei eingehenderer Untersuchung die unter den fluvio- glazialen Schottern vermutete Grundmoräne wirklich festgestellt werden könnte und wenn auch außerhalb des Gebirges glaziale Ablagerungen noch erhalten geblieben wären, was jedoch aus mehrfach hervorgehobenen Gründen kaum der Fall sein kann (S. 92, 93, 104, 198, 201). Mit größerer Sicherheit aber darf behauptet werden, daß viele andere Glazialbildungen, von denen in dieser Schrift berichtet wurde, nach ihrer Beschaffenheit sowohl, als nach ihrer Höhenlage, wie auch nach der Art ihrer Lagerung und Zusammensetzung und endlich nach dem Grade ihrer Verwitterung als einem späteren Entwicklungsabschnitt der eiszeitlichen Geschichte angehörig zu erkennen sind. Für mancherlei Schwankungen, die auch im späteren Verlauf der diluvialen Vereisung stattgefunden haben, habe ich ohnedem eine größere Anzahl von Beobachtungen in dieser Abhandlung niedergelegt (siehe Kap. XI und XII, dann besonders S. 145—155, 169 £., 176—178, 185 £., 196 bis 198). Abh. d. math.-phys. Kl. XXVIJ, 5. Abh. 29 226 Auch in diesen jüngeren Bildungen ist es möglich gewesen, mit größter Deutlichkeit zwei verschiedene Altersstadien zu unterscheiden. Zu den einem älteren, also dem zweiten Vereisungsstadium angehörenden Bildungen und Erscheinungen sind zu zählen am Nordabhang: Die Moränen- ablagerungen im Becken III des Sangun-Tals (S. 144) und die zweifellos gleichalterigen Ablagerungen auf der Höhe der Ränder dieses Tals (S. 145, 148); die Moränenanhäufungen auf der den Bogdo-Ola-See begleitenden Hochfläche (S. 160f.), über welche ein großer Gletscher hinwegfloß und sich hinab durch das große Durchgangskar (S. 146—159 f.) ergoß, vor welchem er die zwischen oberem und unterem Kloster liegende, hohe, jetzt bewaldete Moräne aufwarf (8.159) und dann durch das alte, später angeschnittene und entleerte Tal (S. 146) weiter hinaus nach N. zog, wo er seine Ablagerungen hinterließ und in das große Tal- und Seebecken zwischen Sangun und Schimo-gu hinabreichte (S. 85, 146, 147). Zum gleichen Stadium der Vereisung gehören auch die Überbleibsel einer hohen alten Ufermoräne im Quelltal des Da-tun-gu (S. 165), durch welches unser Aufstieg zum Hochgebirge führte, dann der älteste, 70—80 m hohe Ufermoränenwall des Grum Grschimailo-Gletschers (S. 176 £.) sowie der alte Blockwall (Ufermoräne), der über das heutige Ende dieses Gletschers hinaus- reicht (S. 178). Ob die beiden Schliffkehlen in der Südwand des absperrenden Querriegels einen längeren Beharrungszustand dieses Stadiums anzeigen oder einen Hochstand der folgenden Vereisungsphase, kann nicht mit Sicherheit entschieden werden. Hingegen sind mit annähernder Sicherheit ebenfalls dem der Maximalvereisung folgenden Stadium die großen Moränenanhäufungen zuzuschreiben, welche das Entstehen des Bogdo- Ola-Sees veranlaßt haben. Es geht aus meiner Beschreibung dieser mächtigen Glazial- ablagerung (S. 151, 154f.) hervor, daß sie keine ganz einheitliche ist. Die folgende Ansicht, die ich mir hierüber und über ihr Alter gebildet habe, fügt sich aber gut in die Reihe der Beobachtungen über den Verlauf der Glazialgeschichte ein, wie ich ihn dargestellt habe, während es anderseits auf Schwierigkeiten stoßen würde, eine mit den übrigen Tatsachen sich deckende Erklärung zu finden. Ich nehme an, daß nach dem Rück- zug der Eisdecke am Ende der Maximalvereisung und nach Ablauf der großen, hiemit verbundenen Schmelzperiode, erneutes mächtiges Anschwellen der Eisdecke stattfand, die, wenn sie auch nicht mehr die Dicke der früheren erreichte, doch noch mächtig genug war, den vor der Zentralgruppe liegenden Querriegel (S. 81 f., 173, 175f£.) zu überfluten und im Da-tun-gu-Tal ihre Moränen abzuladen. Auch die bedeutenden Überbleibsel hoher alter Ufermoränen in der Östbucht des Sees (S. 155) gehören zu diesem neuen großen Eisvorstoß. Man ist berechtigt, wenn auch nicht mit aller Sicherheit, so doch mit voller Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß die absperrende Seemoräne schon dem Rückzugs- stadium dieser Vereisung angehört, weil nur eine lange Stabilität des Eises an dieser Stelle ihre besondere Mächtigkeit (S. 154f.) erklärlich macht und weil diese Stabilität infolge Alimentierung durch lange andauernden Zufluß von der in außerordentlicher Höhe kulminierenden Zentralgruppe gesichert war. Die über die Decke der großen Moräne geschobene, eine besondere Stufe bildende kleinere Moräne könnte wohl durch eine mit nochmaligem schwachen Vorstoß verbundene ÖOszillation in diesem zweiten Stadium der Vereisung erklärt werden. Es ist aber anderseits auch nicht als ausgeschlossen anzu- sehen, daß in dem folgenden und jüngsten Stadium der diluvialen Entwieklungsgeschichte noch ein letzter Eisvorstoß bis in das Da-tun-gu-Tal (Sangun) hinabreichte, wofür besonders 227 die als jung erkannten Glazialablagerungen (S. 148) in der engen Talfurche des jetzigen schluchtförmigen Mittellaufes sprechen würden. Am Südabhang lassen sich in das zweite Stadium folgende Erscheinungen eingliedern: Die große Seitenmoräne am oberen Moränensee (S. 84, 178, 181) unter dem Gurban-bogdo-Paß, die zwei älteren hohen Ufermoränen beim Lager im dreiteiligen Tal (S. 182, 185), sowie die Gruppe mächtiger Glazialablagerungen an der Mündung eines von rechts in das Gurban-bogdo-Tal einmündenden Seitentals und die dazu gehörigen, wenig weiter talabwärts angehäuften (S. 90, 193 f.). Die Linien der beiden Schliffkehlen, welche in der Felswand des Ostufers des Chigo-Gletschers erscheinen (8. 88) können ebenfalls diesem Stadium zugerechnet werden, wenngleich es auch nicht als völlig ausgeschlossen zu erachten ist, daß die höhere von beiden, welche nach meiner Schätzung mehr als 250 m über der heutigen Eisdecke liegt, einem der Periode des Schwindens der Maximalvereisung ein- geschalteten Beharrungszustand angehören könnte. Ob der älteste und höchste, der begrünte der dort entlang ziehenden Ufermoränenwälle (S. 88) auch noch mit zu diesem Stadium zu ziehen ist, oder zum Beginn des folgenden, läßt sich schwer entscheiden. Immerhin spricht für letztere Annahme der Umstand, daß die jetzt hängend gewordenen Nebengletscher ehemals im Niveau dieser alten Randmoräne einmündeten. Gleichfalls als unentschieden muß ich es hinstellen, ob einige der an den Mündungen von Nebentälern des Gurban- bogdo und innerhalb dieser Täler aufgestauten mächtigen Moränenanhäufungen (S. 91, 92, 106, 194, :195 f.), die allerdings den Eindruck hohen Alters machen, diesem Vereisungs- stadium oder dem nächstfolgenden angehören. Daß aber auf den großen Eisvorstoß, den ich als zweites Stadium bezeichnete, wieder eine Abschmelzperiode folgte, beweisen eine Anzahl Terrassen, welche ihrer Lage nach nur vor Beginn einer dritten und letzten Phase der Vereisung vom Wasser geschaffen sein können. Hieher gehören: Die Terrassen in den Rändern des alten entleerten, über dem heutigen Da-tun-gu-Tal (Sangun) liegenden Tales (S. 146, 147), sowie die zwei Stufen in den Rändern des großen nördlichen Talbodens und Seebeckens (S. 143, 146) und die in dem kleineren Becken zwischen Sangun und Dön-chon-dse (S. 142f.), endlich auch die Terrassen im Tale Schimo-gu (S. 100), weil in dieses Tal, das nur durch den Abfluß der wesentlich niedrigeren Westkette alimentiert wird, am Ende des Diluviums wohl keine so bedeutenden Eis- und Wassermassen abgeflossen sein können, wie sie zur Erklärung dieser bedeutenden Erosionsbildungen genügen würden. Auch das Entstehen der in den kleinen Becken I und II des Sangun-Tals angehäuft gewesenen, zu Konglomeraten verfestigten Schotter (S. 148) schreibe ich dem Wasserreichtum dieses Zeitabschnittes zu. Die Eigenart der Zusammensetzung der fluvioglazialen Schotter im Gurban-bogdo-Tale und ihre Ver- knüpfung mit echten Moränen (8. 198), sowie ihre große Mächtigkeit lassen darauf schließen, daß sie zum überwiegenden Teil aus den außerordentlich bedeutenden Moränen- ablagerungen des zweiten Stadiums der diluvialen Vereisung entstanden sind,. also in einer Abschmelzperiode vor Eintritt der letzten und wesentlich schwächeren Vereisungs- phase. Hiemit steht auch die wechselvolle Geschichte des Randsees im S. im Einklang (5. 202—207). Was das Alter der beiden großen Terrassenstufen anbetrifft, die im Gurban-bogdo-Tale sowohl in den Moränen als in fluvioglazialen und gemischten Schottern liegen (S. 91f., 103, 194—196) sowie der im Oberlauf des Da-tun-gu-Tals beobachteten (S. 165), so ist die untere hievon zweifellos erst beim Ablauf der letzten Vereisung ent- 29% 228 standen. Hinsichtlich der oberen sprechen hingegen mancherlei Anzeichen dafür, daß sie der Zeit vor dem Beginne dieses letzten Eisvorstoßes, also der Abschmelzperiode des zweiten Stadiums angehören dürfte. Insbesonders zeigt hiefür auch die Feststellung von junger Moräne auf der Decke der oberen Terrasse im Oberlauf des Gurban-bogdo-Tals (S. 199). Auf die Wahrscheinlichkeit, daß die Rinnen, durch welche dem „Südgletscher“ sein Firnmaterial zugeführt wird, erst nach der Entblößung des Scheitels und der Abhänge des Gebirges vom Eis eingetieft wurden (S. 185), sei im Zusammenhang mit den eben hervorgehobenen Tatsachen nochmals hingewiesen. Nach alledem dürfte die Annahme genügend gestützt sein, daß eine Abschmelzperiode der Zeit unmittelbar voranging, welcher die nun aufzuzählenden, mit Sicherheit als jünger erkenn- baren glazialen Erscheinungen angehören. Als solche sind anzusehen am Nordabhang: Die mächtigen Moränenbildungen, welche in der schluchtartigen Verengung des Da-tun-gu- (Sangun-) Tales unter dem Niveau des angeschnittenen alten Tals abgelagert wurden (S. 148 f.), dann die Grund- und Rand- moränen im Quelltal des Da-tun-gu (S. 165), sowie die in der Weitung der obersten Talstufe auf die Grundmoräne aufgeschobenen Seiten- und Endmoränenwälle der Neben- gletscher (S. 86, 168 f.), ferner die vier jüngeren Randmoränenwälle des Grum Grschimailo- Gletschers (S. 176 f.) und endlich die Moränenanhäufungen, auf welchen der Gurban-bogdo- Paß liest (S. 169, 170). : Dem gleichen Stadium gehörenan am Südabhang: die Seen und die sie absperren- den Moränenwälle auf den Stufen der Seentreppe im ÖOberlaufe des Gurban-bogdo-Tals (S. 101 £.); die jüngeren Ufermoränenwälle am Lagerplatz im dreiteiligen Tal (S. 182, 185), sowie die hinzugehörigen des „Südgletschers“ (S. 185, 186), ferner ein Teil der in den Neben- tälern des Gurban-bogdo-Tals an den Mündungen aufgestauten Moränen (S. 91f., 106, 194 £.), welche offenbar den durch späte Klimaschwankungen veranlaßten Eisvorstößen zu danken sind, endlich die tiefer gelegenen Ufermoränen des Chigo-Gletschers (S. 87, 188 f.). Dieser letzten größeren Wandlung in der Diluvialgeschichte des Tian-Schan kann, wie schon aus dem Umfang und der geringeren Mächtigkeit der von ihr hinterlassenen Ab- lagerungen zu schließen ist, keine sehr lange Dauer mehr beschieden gewesen sein. Nach meiner Überzeugung ist die entscheidende und dauernde Klimaveränderung infolge endgültiger und völliger Absperrung der maritimen Luftzufuhr durch den allmählich immer höher an- gestiegenen Himalayawall rasch hereingebrochen!) (S. 99, 106, 108f., 182, 196, 205). Während infolgedessen den meisten Nebentälern bald die aus den geschwundenen Firnlagern ihres Hintergrundes zugeführte Wasserlieferung entzogen wurde (S. 98 f., 105, 152 £., 160), blieb den im Alimentierungsbereich der höchsten Zentralgruppe gelegenen Haupttälern am Ende des letzten Eisvorstoßes der Diluvialzeit noch inımer durch die Schmelzwasser der von dort herstammenden mächtigen Eismassen für längere Zeit eine bedeutende Wasserführung gesichert. Hieraus ergaben sich die starken Erosionswirkungen in den Glazialablagerungen und Schottern des Gurban-bogdo-Tals (S. 91, 103, 194—196), sowie die, welche sich im Ober- laufe des Da-tun-gu-Tals (S. 163, 165) und in dessen Mittellauf (S. 145, 148) bemerkbar machen. Zusammenfassung. Das mangelhafte Bild, das aus der hier vorgeführten Grup- pierung des auf meiner Reise zustande gebrachten Beobachtungsmaterials sich entwerfen !) Siehe auch Fußnote auf S. SO dieser Abhandlung. 229 läßt, ist nicht deutlich genug, um hieraus Züge erkennen zu lassen, welche für eine sichere Teilung des Verlaufes der diluvialen Vereisung dieses Gebirges in mehrere Riszeiten zeugen, wie sie der Glazialzeitsteilung in den europäischen Alpen entsprechen würden. Im Gegenteil spricht manches dafür, daß schon die geschilderten Unterschiede in Bau, Lage und Gestalt der Bogdo-Ola, wie sie gegenüber der Gesamtmasse des übrigen Tian-Schan hervortreten, nicht einmal eine völlige Übereinstimmung des Verlaufes der diluvialen Ver- eisungsgeschichte mit der des zentralen und östlichen Tian-Schan erwarten lassen, geschweige denn einen der diluvialen Entwicklungsgeschichte der europäischen Alpen parallelen Gang. Schon der von mir mehrfach als besonders wichtig bezeichnete Umstand der eigentümlichen Lage und des ungeheuren Höhenunterschiedes in den vertikalen Verhältnissen der einzelnen Teile des Gebirges mußte einen weitgehenden Einfluß auf die Art der Vereisung und auf ihren Verlauf ausüben (S. 224). Nichtsdestoweniger lassen doch die angeführten Tatsachen den sicheren Schluß zu, daß einstens ein geschlossener Eismantel von sehr beträchtlicher Mächtigkeit das ganze Gebirge einhüllte und daß diese Eishülle, nachdem sie an Aus- dehnung und Dicke stark vermindert und zurückgeschoben war, von neuem anwuchs und nach vorwärts rückte, ohne jedoch ihre ursprüngliche Stärke und Ausbreitung wieder zu erreichen, daß endlich dieser Wellenbewegung dann noch eine dritte von verminderter Größe und Bedeutung folgte. Wenn wir also nicht behaupten können, daß diese Oszillationen der Eisdecke nach dem Grade ihrer Ausdehnung und Dauer, sowie nach ihrer Intensität die Annahme mehrerer Eiszeiten recht- fertigen, schon deshalb nicht, weil Bildungen einer Interglazialzeit nicht beobachtet wurden, so stützt das vorgeführte Material immerhin die Annahme dreier deutlich von- einander geschiedener Stadien oder Phasen der Vereisung, die auch in den Wirkungsverhältnissen des strömenden Wassers jener Zeiten deutlich zutage treten, also in der wechselvollen Erosionsgeschichte sich spiegeln, wie ich sie geschildert habe (Kap. XII und S. 152 f., 160, 196 f. etc.). Der Ausgang des Diluviums aber war in diesem Gebirge jedenfalls grundverschieden von dem in den europäischen Alpen. Dorten waren die in der Postelazialzeit eingetretenen Veränderungen die Folge einer nicht einmal sehr starken Klimaschwankung; hier aber das Ergebnis von fundamentaler Klimaveränderung, welche als Nachwirkung von tektonischen Vorgängen eintrat. Dieses Verhältnis tritt nicht nur in der Bogdo-Ola, sondern im Antlitz des gesamten Tian-Schan deutlich hervor. Um den außerordentlichen Betrag dieser Klimaveränderung voll zu würdigen, muß der heute in einem der aridesten Klimate der Erde wurzelnde Südabhang des Gebirges betrachtet werden.!) In fast allen seinen Teilen sind, ungeachtet der Eingriffe des jetzt herrschenden extremen Trockenklimas, die Züge noch unverwischt, welche ihm die Erosionstätigkeit des fließenden Wassers in einer feuchtigkeitsreichen Periode seiner Geschichte aufgeprägt haben. !) Kaschgar mittlere Jahrestemperatur + 12,40; mittlere Niederschlagsmenge 46. Luktschun $„ a ; + 13,39; 4 e 2 so gering, daß kaum meßbar. Yarkend R - # + 12,39; n 5 a 133 Siehe übrigens Hann, Handbuch der Klimatologie, 3. Aufl., Bd. III, über zentralasiatische Klima- verhältnisse, S. 314 £. [86] [SB =) Die gegenwärtigen Mengen des fließenden Wassers hätten auch in mehrfacher Poten- zierung nicht die Wirkungen zustande bringen können, wie wir sie zwar allenthalben im Tian-Schan — man beachte die reiche Durchtalung des ganzen Gebirges!) — nirgendwo aber in so ausgeprägter Weise als an seinem Südabhang beobachten können. Die Eiszeit, gewiß auch schon die ausgehende Tertiärzeit?2) war nach meiner Überzeugung auch eine Zeit größerer Feuchtigkeit und die von namhaften Glazialgeologen gepflegte Hypothese, daß ein Sinken der mittleren Jahrestemperatur um 3—4 Grad schon genüge,°) um die Eiszeitverhält- nisse im allgemeinen und im besonderen die in Zentralasien und im Tian-Schan hiemit zu begründen, würde meines Erachtens zu einer ausreichenden Erklärung der dort in so auf- fälliger Weise zutage tretenden Gegensätze in der jungen Ausgestaltung des Gebirges nicht führen. Meine Auffassung vom Wesen der Eiszeit ist vielmehr überwiegend die, daß — abgesehen von anderen hier nicht zu erörternden Faktoren — eine Temperaturerniedrigung allein ohne gleichzeitige oder intermittierende Perioden größerer Feuchtigkeitszufuhr nicht genügen könne, um ein bedeutendes Ausmaß der Vergletscherung von Gebirgen über- haupt verständlich zu machen. Das ganze Problem der Eiszeit in dieser Schrift aufzurollen ist natürlich nicht am Platze. Die Literatur hierüber ist als bekannt vorauszusetzen.*) Wenn schon eine kritische Prüfung der darin enthaltenen Erklärungsversuche und Hypothesen mich in meiner eben ausgesprochenen Ansicht bestärkt, so tragen nicht weniger meine in verschiedenen Klimaten, in verschiedenen Teilen unserer Erde, besonders aber in Zentralasien gemachten zahlreichen eigenen Beobachtungen hiezu bei. Ausnahmslos habe ich gefunden, daß die den feuchtigkeitsreichen Winden ausgesetzten Bergflanken auch die verhältnismäßig reichere Befirnung tragen, ja daß diese Erscheinung auch dort zutage tritt, z. B. an Südabhängen von Gebirgen, wo die mittlere Jahrestemperatur höher ist, als an den entsprechenden, von trockenen Winden bestrichenen, aber kälteren Nordabhängen. Hiemit im Einklang steht auch die als allgemein gültig anerkannte Erscheinung, daß die Höhe der klimatischen Schneegrenze vom Rande der Kontinente (insonderheit vom westlichen) nach ihrem Innern ansteigt, also vom ozeanischen, d. i. feuchten und warmen Klima der Küsten landeinwärts nach dem trockenen, wenn auch häufig gleichzeitig kälteren Innern hin, höher liegt. Es ist also das Übergewicht des Niederschlags, wie es sich in diesen Verhältnissen ausdrückt, für die Vermehrung des Firns und der Vereisung verantwortlich zu machen. Was uns die Literatur an Beobachtungen auf Forschungsreisen in vergletscherten Gebirgen gebracht hat, liefert in weitaus überwiegendem Teile Beiträge für die Richtigkeit dieser Anschauung. Anderseits zeigt uns die Armut oder Abwesenheit von Vergletscherung, z. B. in den sibirischen Gebirgszügen, wie wenig niedrige Temperatur bei Mangel an Zufuhr feuchtig- 1) Ein Vergleich von Übersichtskarten, wie die zu Friederichsen’s Morphologie ete., 1. c. oder zu Merzbacher, Vorläufiger Bericht, 1. e., mit Karten europäischer Gebirge ist in dieser Hinsicht lehrreich. 2) Siehe Kap. X. Die tertiären Ablagerungen. >) F. Machatschek, Der westliche Tian-Schan, 1. c., S. 100f. Physiographische Entwicklung Zentral- asiens, 1. c., S. 372, 376, 382. Gletscher- und Eiszeitstudien, 1. c., S.68f. Vorläufige Mitteilungen über Ergebnisse einer Studienreise im westlichen Tian-Schan. Mitteil. K.K. Geogr. Ges., Wien 1910, S. 121. Zeitschr. f. Gletscherk. VIII, 1. c., S. 123 £. *) Von neueren Veröffentlichungen hierüber scheint mir besonders wertvoll und gerade auch für die früheren Verhältnisse im Tian-Schan sehr beachtenswert: W. W. Lamansky, Das Absterben der Gletscher und die Eiszeit. Zeitschr. f. Gletscherk. VIII, 1913, S. 175—194. 231 keitsreicher Luft eine Vergletscherung herzustellen vermag. Wenn nun solche klimatische Ver- hältnisse heute für den Betrag der Firnbildung in Gebirgen maßgebend sind, warum sollten wir nicht annehmen, daß ihr Einfluß auch in der Vergangenheit ausschlaggebend war? Über die mir auf meinen Reisen am Südabhang des Tian-Schan vor Augen getretenen unwiderleglichen Beweise eines einstens dort herrschend gewesenen feuchten Klimas habe ich an vielen Stellen dieser Abhandlung, besonders auch S. 78—80, 105, 196, 198 eine Reihe von Tatsachen angeführt. Es würde über Rahmen und Zweck dieser Schrift wesentlich hinauswachsen, wollte ich eine vollständige Aufzählung und Schilderung solcher Vorkomm- nisse geben, wie sie mir auf meinen Reisen so zahlreich vor Augen getreten sind. Ich muß auf meine in früheren Veröffentlichungen aufgeführten Beobachtungen und die dort beigegebenen Bilder verweisen;!) ich werde übrigens eine größere Anzahl photographischer Aufnahmen, die als unwiderlegliche geographische Dokumente zur Erhärtung dieser Ver- hältnisse gelten können, in einer anderen Abhandlung veröffentlichen. Nur einige besonders bedeutsame Tatsachen möchte ich hier noch hervorheben: Fast alle Quertäler, die den Südabhang des Tian-Schan durchfurchen, sind wohlausgebildete Erosionstäler und zum großen Teile sogar tiefer eingeschnitten, als die Täler des Nord- abhangs. Viele von ihnen sind heute fast wasserlos, andere wasserarm und bei nur sehr wenigen steht ihre heutige Wasserführung einigermaßen im Verhältnis zu ihrer Gestalt und Entstehung. Es tritt uns vielmehr allenthalben ein Mißverhältnis vor Augen zwischen der Geringfügigkeit der heutigen Wassermengen und den groß ausgestalteten Formen der Gefäße (Täler, Becken ete.), in welchen sie enthalten sind. In dieser Schrift selbst habe ich, was die Verhältnisse in der Bogdo-Ola betrifft, häufig hierauf hingewiesen. In beckenförmigen Weitungen, welche viele der südlichen Tian-Schan-Täler auf- weisen, sind mächtige Anhäufungen zum großen Teil jungtertiärer, ihrer ganzen Beschaffen- heit nach fluviatiler und zu Konglomeraten, untergeordnet zu grobkörnigen Sandsteinen verfestigter Schottermassen, teilweise auch solche diluvialer Entstehung abgelagert worden, in welche sich die heutigen Flüsse enge, zum Teil canonförmig junge Rinnen eingeschnitten haben. Ich nenne hier aus der Reihe meiner hierauf bezüglichen Beobachtungen in der Reihenfolge von W. nach O. die Täler: Kissyl-su (Kaschgar), Argu, Tangitar, Tegermen, Kurumduk, Apatalkan, Bedel, Kendagül-bulak, Kukurtuk, Kaündü, Terek, Tilpitschek, Kepek-tschai, Kungei-kok-su, Kiukönik, Groß-Yuldus, Karagai-tasch, Kotyl u. a. m. Diese Ablagerungen zeigen vielenorts im allgemeinen, wenn auch mit Unterbrechungen, welche in Zusammenhang mit kurzen Klimaschwankungen stehen, in ihren unteren Lagen gröberes, nach oben an Größe abnehmendes Korn, entsprechend der mehr und mehr abnehmenden Transportkraft der alten Flüsse. Zusammensetzung und Beschaffenheit ihres Materials deutet meistens auf Transport aus dem Innern des Gebirges. In manchen dieser, auch in anderen Tälern, haben die ehemals sehr wasserreichen Flüsse in älteren Ablagerungen, auch in harten Schiefergesteinen, im Kotyl-Tal sogar in Granit regelmäßig ausgebildete Längs- terrassen geschaffen. Diese in vielen bedeutenden Nebentälern des zentralen Tian-Schan aus- gebildeten Talstufen ließen sich, soweit sie verfolgt werden konnten, stets in Übereinstimmung bringen, sowohl mit ähnlichen Vorkommnissen in den großen Haupttälern, in welche die Nebentäler ausmünden, sowie mit denen in den eigenen Seitentälern und sprechen überall 1) Siehe besonders Physiographie des Tian-Schan, 1. e., 8. 14—16. 232 eine überzeugende Sprache von dem Zusammenwirken des einstigen großen Wasserreichtums; von seinen Schwankungen und von dem präglazialen Alter der Talbildung.!) Fast noch mehr ist dies der Fall bei den zahlreichen, im Innern des Gebirges vor- handen gewesenen großen Seen, die, nach den wohlerhaltenen Terrassen zu schließen, eine oft staunenswerte Spiegelhöhe erreicht hatten (z. B. Buchten des alten Tekes-Sees im äußeren Kok-su und unteren Kapsalyan-Gebiet, Mittellauf des Agias, hochgelegene Becken im Oberlauf des Kaldschat-Flusses ete.). Sind manche dieser zentralen, im Innern des Gebirges gelegenen Becken auch zweifellos durch tektonische Vorgänge von geringem Ausmaß entleert worden, so waren solche Vorgänge jedoch rein lokaler Natur und stunden auch, soweit erkennbar, zeitlich in keinem Zusammenhang miteinander; Bildung und Ver- schwinden dieser stehenden Gewässer kann nicht in Beziehung zu allgemeinen tektonischen Veränderungen gebracht werden. Fluviatile Ablagerungen habe ich in den Talwänden mancher Flüsse, öfters auf kleinen Terrassenresten in mehr als SO m Höhe über heutigem Flußniveau erhalten gefunden. Die Aufzählung aller solcher, den hohen Betrag einstiger Wasserführung bekundender Beobachtungen ist hier nicht möglich. Die außerordentlichen Mengen des von den Flüssen aus dem Innern des Gebirges herausgetragenen Schotters, der, wo nicht durch späte Erosion weggeräumt, an allen Mündungen der heute so wasserarmen Täler angehäuft ist und dort sich zu Gürteln von großer Ausdehnung und sehr bedeutender Mächtigkeit zusammenschließt, ist eine der auffälligsten Escheinungen, welche fast alle dem Südabhang entlang reisenden Beobachter hervorgehoben haben. Ganze Gebirgszüge sind in diesen Anhäufungen begraben oder, wie Futterer?) sagt, um den ungeheuren Betrag der Aufschüttungen der aus dem Gebirge kommenden Flüsse zu kennzeichnen: „das Gebirge steckt bis zum Hals darin“. Von ihm, wie von anderen Beobachtern, besonders Muschketow, Bogdanowitsch, Obrutschew etc. wurden diese Vorkommnisse eingehend beschrieben. Diese grobklastischen Bildungen wurden, soweit sie jungtertiär sind, meistens zu Konglo- meraten verfestigt, die öfters, wie z.B. am Südrande des Chalyk-tau, zwischen Kissalyk und Suchun mauerförmige Gebirgszüge bilden, deren Material aber nicht etwa aus dem Schutt der nahe am Gebirgsrande anstehenden Angaragesteine stammt, sondern in reicherem Maße die Gesteine aus den inneren Tälern enthält, die aber auch außerdem leicht als fluvioglaziale oder fluviatile Bildungen erkennbar sind. Über verwandte Erscheinungen könnte ich von anderen Talmündungen des Südrandes berichten und sie durch viele photographische Aufnahmen belegen. Aber auch jüngere Aufschüttungsmassen, diejenigen diluvialen und selbst späteren Ursprungs haben vielenorts, je nach Gehalt des Wassers an kalkigen Bestandteilen, mehr oder weniger verfestigten Zustand erlangt und sind teilweise durch die jungen, am Süd- rande des Tian-Schan noch immer nieht zum Abschluß gebrachten tektonischen Bewegungen °) disloziert worden. Auch begegnet man öfters jungen, gleichfalls verfestigten Flußschottern, die in Decken von mehr oder weniger bedeutender Mächtigkeit diskordant über älteren grobklastischen Bildungen liegen. Solche vom Gebirgsfuße nach auswärts sanft abdachende Bildungen wurden von mir zwischen Tugarak-dan und Dschurga sowie nahe bei Bugur 1) Nicht früher als ins Miocän kann ihr Beginn verlegt werden. 2) Durch Asien II, 1. c., S. 177. 3) Siehe u. a. Futterer, a. a. O., S. 147, 149. 233 beobachtet. Futterer bespricht!) ein solehes Vorkommnis bei Su-baschi im S. von Toksun, wo dislozierte, pleistozäne und altdiluviale Ablagerungen diskordant von mächtigen jung- diluvialen Terrassenschottern überlagert werden. Der gleiche Reisende betont in seiner ausführlichen Schilderung der mächtigen Aufschüttungsmassen am westlichen Rand des Kaschgar-Beckens,°) daß ihre unteren Lagen stets grobklastisch sind und mit Unter- brechungen, die auf kleinere Klimaschwankungen hinweisen, nach oben feiner werden, daß sie aber auch vom Gebirgsrand nach außen zum Tarym-Becken zusehends feineres Korn annehmen und daß ihr Material „aus den uralten Umrandungs-Gebirgen des west- lichen Tarym-Beckens“ stamme. Nach seiner Ansicht haben in der damals viel feuchtig- keitsreicheren Zeit diluviale und spätere Flüsse diese außerordentlichen Schuttmengen aus dem Gebirge herausgefrachtet. Ich habe diese Ablagerungen auch im östlichen Teil des Kaschgar-Beckens kennen gelernt, wo die Verhältnisse ähnlich sind. Die Mächtigkeit dieser jungen klastischen Bildungen ist dort aber noch wesentlich bedeutender als im W. und sie sind auch, weil die Flüsse den dort zum großen Teil aus Kalk bestehenden Gebirgen entstammen, mehr konglomeratisch verfestigt. Die jüngeren Gewässer haben ein Wirrsal steilwandiger Eug- sehluchten in diese ausgedehnten Ablagerungen eingeschnitten, welche ihre Zusammensetzung und Lagerungsverhältnisse gut erschließen. Das allmähliche Kleinerwerden «des Kornes tritt auch hier als eine allgemeine Erscheinung vor Augen, wenn man aus dem Gebirge zur Ebene abwärts wandert, so z. B. besonders auffällig auf dem Wege von Sugun-Karaul nach Kaldy- Jailak. Alle diese Ablagerungen zeigen ihrer Beschaffenheit nach so sehr ihre fluviatile Entstehung an, daß ihre Bildung keine andere Deutung zuläßt. Die hier angeführten Vor- kommnisse könnten noch beliebig vermehrt werden, scheinen mir aber ausreichend. Nach alledem dürfte es feststehen, daß gewaltige Wassermassen im späten Tertiär sowohl, als im Diluvium noch das Gebirge erodiert und ihre Gerölle an die Ränder hinaus- getragen, teilweise auch in die damals noch zahlreich vorhandenen großen randlichen Seebecken hinein verfrachtet haben. Wenn auch das sogenannte Hanhaimeer oder der Gürtel der den Südfuß des Tian- Schan noch im spätesten Tertiär umgebenden großen flachen Seen?) wegen des fort- gesetzten Ansteigens der Gebirge im S. immer mehr schrumpfte und infolge abnehmender Zufuhr trotz Abflußlosigkeit bereits nahezu eingetrocknet war, so waren doch im Diluvium die damals von den, wenn auch schon zurücktretenden Gletschern des Hochgebirges genährten, sehr wasserreichen Flüsse noch immer imstande, eine Anzahl Randseen von ungemein großer Ausdehnung zu alimentieren. Was heute hievon noch erhalten ist, sind teils verhältnismäßig unbedeutende Reste, teils Salzsümpfe, wie der Schor-köl im NO. von Kaschgar. Von dem im Diluvium noch sehr wasserreichen Becken am Südfuße der Bogdo-Ola habe ich in dieser Abhandlung eine eingehende Schilderung entworfen (8. 203£.). Auch von dem ehemaligen großen, jetzt zum Teil versumpften, zum Teil vertrockneten See Bodschante-kul im S. von Turfan habe ich mehrfach berichtet*) (8. 3, 105). Es sei hier weiters an das ungeheure 1) Verhandl. VII. Intern. Geogr.-Kongr., 1. c., S. 792. Durch Asien II, 1. e,, 8. 202f. und siehe hinsichtlich eines anderen ähnlichen Vorkommnisses ebenda, S. 124. 2) Ibidem, 1. c., S. 20—70. %) Siehe auch Futterer, Verhandl. d. VII. Intern. Geogr.-Kongr., ]. c., S. 790. %) Siehe auch Roborowsky, Zentralasien ete., 1. e. I, S. 104 f., 334f. und Karte in Bd. III. Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 30 234 Becken im S. von Kutscha und Bugur erinnert, von dessen ehemaligem Wasserbestand nur noch unbedeutende Reste (der See Sary-kamysch und die Sümpfe bei Schah-Jar) vorhanden sind. Der große Randsee Bagratsch-kul bei Karaschar, wie bedeutend sein Umfang auch heute noch ist, da ihm der ein riesig ausgedehntes Gebiet vergletscherten Hochgebirges ent- wässernde Fluß Chaidik-gol noch immer große Wassermengen zuführt, nimmt doch jetzt nur mehr ein Viertel des Beckens ein, das er ehemals ausgefüllt hat.!) Auf dem Boden dieses ungeheuren Beckens waren schon vor dem Diluvium im späten Tertiär tonig mergelig sandige Bildungen niedergeschlagen worden, die heute nur mehr in zerstreuten Überbleibseln vorhanden sind, da sie von den in der Diluvialzeit ungemein reißend gewordenen Flüssen zum größten Teile wieder entfernt wurden. Jetzt sieht man bei der Durchwanderung des Beckens, soweit es trocken geworden und zugänglich ist, vorherrschend diluviale Ablagerungen. Im S. von Chami liegt gleichfalls ein ungemein ausgedehntes Seebecken am Rande des Gebirges, von welchem sich als letzter Bestand noch der See Toli erhalten hat. Ich muß mich für die Begründung meiner Schlüsse auf die Aufführung dieser Erscheinungen beschränken, da es im Rahmen dieser Schrift nicht meine Aufgabe sein kann, von allen ehemaligen diluvialen Randseen zu berichten, deren es ja auch am Nordrande des Tian-Schan so viele sind und die besonders zahlreich in anderen zentralasiatischen Gebirgen, namentlich im Altai auftreten. Die Altaiischen, teilweise heute noch ziemlich umfangreichen und sehr zahlreichen Seen sind immerhin nur verhältnismäßig geringe Überbleibsel von ihren weit ausgedehnteren Vorgängern, welche in der feuchtigkeitsreicheren Eiszeit dort viele Depressionen innerhalb des Gebirges und an seinem Rande ausfüllten, wovon wir durch die Ergebnisse aller neueren Forschungsreisen in diesem Gebiete unterrichtet wurden.) Es sei im Zusammenhang hiemit nochmals darauf hingewiesen, daß, wie früher hervorgehoben, die großen Gletscher des heute ausgetrockneten Tian-Schan-Südhangs ein tieferes Niveau erreicht haben als am heute feuchtigkeitsreicheren Nordabhang. Diese Seenbildungen standen zweifellos in unmittelbarer und engster Beziehung zur Vergletscherung und zum Niederschlagsreichtum der hinter ihnen ansteigenden Gebirge, können also nicht in Analogie mit den Verhältnissen der bekannten großen ehemaligen amerikanischen Landseen und solcher anderer Erdteile gebracht werden. Wir können nach alledem nicht daran zweifeln, daß im späten Tertiär und zur Eiszeit der Tian-Schan und Zentralasien überhaupt unter dem Ein- fluß eines viel feuchteren Klimas gestanden haben, als es das heutige ist. Dieses Verhältnis ist ja nach vielfach vorherrschender Auffassung als eine allgemeine Erscheinung in der eiszeitlichen Geschichte von Gebirgsländern anzusehen. Als ausschlag- gebend wird aber doch von manchen Glazialforschern lediglich eine Erniedrigung der mittleren Jahrestemperatur angesehen. Nur unter Voraussetzung einer gleichzeitigen stärkeren Feuchtig- keitszufuhr pflichte auch ich einer solchen Anschauung bei mit der Modifikation jedoch, daß meines Erachtens bei dieser Annahme auch schon eine geringe Erniedrigung der Sommer- temperatur genügen würde. da für das Wachstum der Gletscher bei reichlicher Feuchtigkeitszufuhr die Verminderung der Abschmelzung das Maßgebende ist, welche ohnedem bei vorherrschender sommerlicher Bewölkung stark unterbunden wird. Wolken- und Nebelbildung aber, welche die Wirkung der Sonnenstrahlen abschwächen und die Häufigkeit von Schneefällen begünstigen, !) Siehe auch Roborowsky-Pjewtzow, Trudi Tibetzkoi Exped. l. e., III, S. 78f. und ebenda Kosslow, S. 103£. ?) Von den vielfachen neueren Veröffentlichungen sei nur erwähnt: Granö. Beiträge ete., 1. c., S. 91, 124. 235 sind mit dem feuchtigkeitsreichen Klima gemäßigter Zonen stets enge verbunden und waren jedenfalls in jener ehemaligen feuchten Klimaperiode Zentralasiens dort vorherrschend. Denken wir uns aber als allein maßgebend eine Erniedrigung der heutigen mittleren Jahrestemperatur des westlichen Tarym-Beckens (siehe die meteorologischen Angaben in An- merkung S. 229) sogar um 4 Grad, so würde sie noch immer bei weitem keinen den Wärme- verhältnissen in der europäischen und amerikanischen Eiszeit entsprechenden Tiefstand erreichen. Außerdem würde sogar eine äbnliche, wie für die Diluvialzeit jener Erdteile vermutete Vermehrung des Niederschlags gegenüber dem heutigen Stand nicht einmal genügen, um am Nordrande des Tarym-Beckens wieder eine Eiszeit hervorzurufen. Man könntesogar wohl der Auffassung zustimmen, daß eine Klimaschwankung von solchem Ausmaß, auf deren Begründung durch die viel erörterten klimatischen, terrestrischen, kos- mischen, geologischen und astrophysikalischen Hypothesen hier übrigens nicht eingegangen werden kann, den Unterschied zwischen den meteorologischen Verhältnissen in der Eiszeit und den heutigen, sowie die hieraus entstandenen Einwirkungen auf das Relief der Land- oberfläche für die meisten der hievon betroffenen Länder genügend zu erklären vermöchte. Demgegenüber ist jedoch das Ausmaß solcher Veränderungen und die Gegensätzlichkeit zwischen den in der Gegenwart auf das Relief des Landes einwirkenden Kräften im Ver- hältnis zu jenen in der Eiszeit vorwaltenden für Zentralasien im allgemeinen, namentlich aber für den Tian-Schan und ganz besonders für dessen Südabhang so bedeutend und so ganz außer Vergleich mit den Verhältnissen in anderen Gegenden, daß wir berechtigt sind, anzunehmen, es könnten hier außer den überhaupt für die Eiszeit allgemein gültigen, noch besondere verschärfende Ursachen vorhanden gewesen sein. Als eine solche erachte ich hauptsächlich die im Tertiär begonnenen, bis ins Quartär andauernden und nach der Ansicht mancher Himalayaforscher bis heute noch nicht zum völligen Abschluß gekommenen Hebungsvorgänge im S. des asiatischen Kontinents, welche das Ansteigen des Himalaya zur Folge hatten, bis zu seiner Erreichung der an Kamm- und Gipfelhöhe alle anderen Gebirge der Erde übertreffenden heutigen Vertikalverhältnisse. Daß solche späte Hebungen von bedeutendem Ausmaße ausgedehnte Teile unserer Erdkruste betroffen haben, kann wohl heute als allgemein anerkannte Erscheinung gelten und die Zeugnisse hiefür mehren sich fortwährend.!) Speziell für den Himalaya erscheint die Annahme einer solchen späten Hebung durch Zeugnisse der meisten angloindischen Geologen gesichert. Ich verweise !) Aus der neueren geographischen Literatur sei hier nur angeführt: Jos. Bowman (Bull. Amer. Geogr. Soc. 1914, S. 161—183), der aus seiner letzten Reise in die zentralen Anden Gebiete beschreibt, die im Tertiär und älteren Diluvium um mindestens 1500—2000 m geboben wurden. Tarr & Martin (Recent change of level. in Alaska. Journ. R. G. G. Soc., Bd. XXIX, 1906, S. 30—42), wo die Verfasser auch die Ansicht vertreten, daß die Mt. Elias-Kette eine sehr junge Erhebung sei. Tarr & Buttler (The Yakutat Bay Region, Washington 1909, ref. in Zeitschr. Ges. f. Erdk., Berlin 1914, S. 181£.), wo von den dortigen rezenten Niveauveränderungen berichtet wird, deren Ausmaß für ein einziges Jahr schon erstaunlich groß ist. Joh. Elbert, Die Sunda-Expedition des Vereins für Geographie und Statistik. Frank- furt a.M. Festschrift zur Feier des 75jährigen Bestehens des Vereins. Frankfurt a. M. 1911/12 (ref. in Petermanns Mitteilungen 1913/II, S. 27f.). Exploration in Turkestan, 1. e., Part II/II, S. 259 hinsichlich Pamir, S. 264, hinsichtlich Alai-Tal. Von der Fülle älterer Literatur hierüber führe ich, da das Register zu umfangreich würde, als klassischen Zeugen nur an: Richthofen, China II, S. 756, wo der berühmte Forscher das Eintreten der Steppenperiode im Innern Nordehinas dem Umstande zuschreibt, daß der Zutritt feuchter Seewinde ins Innere durch hohes Ansteigen von Gebirgszügen im SO. verhindert wurde. 30* 236 in dieser Hinsicht auf die in dieser Schrift (S. 49—51) angeführte reiche Literatur.!) Wenn wir nun diese Annahme als feststehend erachten, so handelt es sich jetzt darum, die mit Notwendigkeit sich hieraus ergebenden Folgen anzuerkennen und sie in Beziehung zu der in die gleiche Periode fallende, so ungemein scharfe, keineswegs zyklische, sondern im gleichen Sinne fortschreitende Klimawandlung im Tian-Schan zu bringen. Eine solche Koinzidenz schließt jede Zufälligkeit aus; sie bietet daher eine ausreichende Erklärung für Verhältnisse, die wir auf andere Weise schwer oder gar nicht zu deuten vermöchten. Es kann wohl nicht bezweifelt werden, daß Länder, die von der Zufuhr maritimer Feuchtigkeit abgeschnitten werden, ohne weiteres der Austrocknung anheimfallen müssen. Dieser Prozeß mußte aber infolge Ansteigens des Himalaya-Gebirges durch die allmähliche Verminderung und schließlich gänzliche Abschneidung des Zuflusses der vom Meere her nach dem Innern des Kontinents fließenden diehteren Luft potenziert werden, weil die in Verbindung mit starker Erwärmung des zentralasiatischen Bodens zur Ausbildung einer ausgedehnten Region verminderten Luftdrucks führte. Die Bedingungen der atmo- sphärischen Zirkulation wurden hiedurch für diese Gegenden völlig verändert: Es mußten im Sommer die kalten trockenen Winde (vorherrschend aus Richtung NO., N. und ©.) herbeigezogen werden.?) Hiemit begann der Austrocknungsprozeß. In Verbindung mit.der in der Post- glazialzeit in der nördlichen Hemisphäre ohnedem stattgefundenen allgemeinen Temperatur- steigerung wurden große Landstrecken Zentralasiens unter dem Einfluß verminderter Bewölkung und größerer Durchlässigkeit der Luft für die Sonnenstrahlen außerordentlich erwärmt. Mit der steigenden Erwärmung trat dann auch eine Verschärfung in der Bildung von Luftdruckminima ein. Auf solche Weise und da in der Richtung der von N., NO. und NW. kommenden Luftströmungen keine bedeutenden Hindernisse in Gestalt von Bodenerhebungen im Wege liegen, wurden im Sommer aus den Polargegenden ständig Winde herbeigezogen, die keinen Wasserdampf mehr abzugeben hatten, sondern im Gegenteil aus der Oberfläche Turkestans noch Feuchtigkeit aufsaugten, also zu einem außerordentlich hohen Betrag der Verdunstung führten. Mit der hiedurch hervorgerufenen zunehmenden Vernichtung der früher vorhanden gewesenen zusammenhängenden Pflanzendecke, besonders des Waldes, mit der fortschreitenden Verminderung der in Seen, Flüssen etc. vorhandenen Wasser- mengen, also aller Feuchtigkeit aufspeichernden und produzierenden Elemente, hat dem- nach der Austrocknungsprozeß progressiv zunehmen müssen. Aus solchen Gründen hat die Koinzidenz der erreichten Maximalerhebung des Himalaya mit dem Ablauf der dilu- vialen Periode bewirkt, daß der Gang der Ereignisse in der Postglazialzeit, wie ich des öfteren hervorgehoben habe, in Zentralasien sich anders abspielen mußte, als in Europa und Nordamerika, wenn ihr Verlauf in der Eiszeit selbst auch offenbar ein annähernd paralleler !) Außerdem seien noch angeführt: E. W. Vredenburg, A Summary of the Geology of India II. Ed. London 1910. K. Östreich in Verhandlungen Deutschen Geographentags, Nürnberg 1907. Be- trachtungen über die Hochgebirgsnatur des Himalaya. Derselbe, Himalaya-Studien, l.c., 8. 418, 425. Auch F. Machatschek, Neuere Arbeiten zur Morphologie Zentralasiens (Hettners Geogr. Zeitschr. 1914, S. 261 f.), pflichtet der Annahme quartärer Hebung des Himalaya bei. 2) Natürlich will und kann ich in dieser Schrift im Hinblick auf meine Schlußfolgerungen diese Verhältnisse nur in ihren allgemeinsten, magistralen Zügen hervorheben ohne Rücksicht auf die mancherlei Modifikationen, welchen dieses unanfechtbare klimatische Gesetz im einzelnen und besonders für bestimmte Gegenden ohne Zweifel unterliegt. 257 gewesen sein mag,!) was ich gerade auch für die Verhältnisse in der Bogdo-Ola früher eingehend erörtert habe.°) Um die am schärfsten hervortretenden Veränderungen, diejenigen am Südabhang des Tian-Schan, erklärlich zu machen, deren außerordentlicher Betrag einigermaßen gewürdigt wurde, bietet die Ausbildung der Landmassen Südasiens zu den höchsten Gebirgsketten der Erde die am meisten einleuchtende Begründung: Zur Zeit als die Zufuhr feuchter Winde vom süd- lichen Ozean den Tian-Schan noch erreichte, vermochte gerade sein Südabhang den größten Anteil ihres Feuchtigkeitsgehaltes abzufangen. Dies erklärt die damals dort vorherrschende Neigung zur Bildung großer Gletscher, sowie deren Hinabreichen in noch tiefere Niveaus als ihn die Eisströme des Nordabhanges erreichten. Diese starke Feuchtigkeitszufuhr konnte auch den bedeutenden Wasserreichtum der Flüsse schaffen und lange Zeit erhalten, welche die bedeutenden Erosionstäler ausgebildet haben und erstaunliche Mengen von Gesteinschutt in deren Weitungen, sowie vor dem Gebirgsfuße ablagerten. Als aber den feuchten Winden der Zutritt zum Südabhang immer mehr behindert und zuletzt ganz abgeschnitten wurde, mußte gerade dieser die Wirkung einer solchen Veränderung früher, schneller und einschneidender erleiden als der Nordabhang, weil auf letzteren noch gewisse Verhältnisse mildernd einwirken konnten, welche am Südabhang nicht zur Geltung kamen. Hier kommt in Betracht die höhere Breite, der Umstand, daß das Vorherrschen der großen Längstäler den Zutritt der relativ feuchtigkeitsreicheren Westwinde, welche auch die stärksten sind, in das Herz des Gebirges begünstigte und endlich die Stellung der ein- zelnen Randketten gegen die Richtung der jeweils herrschenden Winde. Auch ist zu berücksichtigen, daß die feuchtigkeitsreichen Westwinde des Frühlings und Sommerbeginns ausschließlich den Ketten des Nordabhangs zugute kommen und ebenso verhält es sich mit den zyklonalen Luftströmungen, die in jenen Jahreszeiten in verteilten Zentren Nordasiens entstehen und den Zufluß feuchter Winde zum Tian-Schan-Nordabhang im Gefolge haben. Anderseits schützen die äußerst hohen randlichen Längsketten im Norden die inneren Täler vor dem Zutritt austrocknender NO.-Winde und begünstigen auf solche Weise die Erhaltung der Gletscher und großen Flüsse des Nordabhangs, deren Überschuß ihn bewässert und befruchtet. Die hiedurch hervorgerufene und erhaltene Vegetationsdecke gewährt Schutz gegen die Zerstörung des Bodens durch thermale Gegensätze und durch die gewaltige Einwirkung des Windes, umwandelnde Kräfte, deren Spiel der Südabhang mit seinen vorherrschenden Quertälern schutzlos preisgegeben ist. Ich glaube nach alledem nicht, daß man, um die großen Veränderungen in den zentralasiatischen Gebirgen und besonders im Tian-Schan zu erklären, die seit der Eiszeit eingetreten sind, das Ansteigen der Landmassen im S. als mitentscheidenden Faktor ausschließen kann. Wenn es richtig ist, was W.M. Davis betont?): „Eine Theorie kann so lange als richtig angesehen werden, als sie allen bekannten Tatsachen gerecht wird, die wir beobachtet haben, oder auf Grund von geologischen und biologischen Prinzipien gefolgert haben“, so muß die Bedeutung der von mir begründeten Folgerungen anerkannt werden. !) Siehe meine Ausführungen in Physiographie des Tian-Schan, 1. c., S. 17f. 2) Kap. XIII, besonders S. 114, 115 £. ®) Zeitschr. Ges. f. Erdk., Berlin 1915, S. 126. 238 XIX. Bemerkungen zu den Karten. Als Grundlage für die dieser Abhandlung beiliegenden topographischen Darstellungen des Bogdo-Ola-Gebirges hatte ich, wie aus Kap. V hervorgeht, fast keinerlei fremdes Material zur Verfügung, als die dort nach Wert und Bedeutung geschilderten Grum Grschimailo’schen Karten. Zur Herstellung der Karten dienten meine Itineraraufnahmen, welche, wie während des ganzen Verlaufes meiner vierjährigen Reisen im Tian-Schan beständig, so auch für die Zeit der Bereisung der Bogdo-Ola regelmäßig durchgeführt wurden. Da als Ausgangspunkte der Itinerarstrecken durch das Tian-Schan-Gebirge Örtlichkeiten mit bekannten geographischen Koordinaten dienten und einige solcher auch auf meinen Wegen geschnitten wurden, und da hiezu noch eine Anzahl selbst ausgeführter Breitenbestimmungen trat, so erhielt das Itinerarnetz ein großes Maß von Festigkeit. Auf die eigentliche zentrale Bogdo-Ola-Gruppe (Blatt II) treffen 18 Blätter meiner Itinerar- (Krokier-) Aufnahmen im Format von 21:28 cm, die auf Papier mit vorgedrucktem Formular und einem quadratierten Netz ausgeführt wurden, dessen einzelne Quadrate !/s cm messen. Zur Arbeit wurden benützt zwei von W. Sedlbauer in München für meine Reisen eigens konstruierten Bussolen von 8 cm Durchmesser, festgemacht in rechteckigen starken Aluminiumdosen von 12% S!/s cm Ausmaß, deren dicke Wände und kräftiger Boden auch bei starkem Druck nicht verbiegbar sind und demnach verlässiges Visieren ermöglichen. Die hochkantig stehenden Nadeln dieser Instrumente mit schneidenförmigen Enden ruhen auf fein geschliffenen Pinnen; die Sperrvorrichtung besteht aus einem starken, durch Druck bequem ausschaltbaren Messinghebel. In dem Bussolenkessel ist eine sehr empfindliche runde Libelle von 2 cm Durchmesser eingeschliffen. In dem unveränderlich im rechten Winkel zu den Dosenwänden ruhenden Springdeckel der Aluminiumdose befindet sich ein mit Fadenkreuz versehenes kleines Diopterfernrohr von 7!/s cm Länge eingefügt, dessen Mitte sich um eine Achse bewegt, an der befestigt ein unverbiegbarer Zeiger über eine mit großer Gradeinteilung versehenen Peilscheibe aus Aluminium gleitet, so daß die Ablesung des Winkels auch noch zu beliebiger Zeit nach erfolgter Visierung und nach Entfernung des Fernrohrs vom Auge in bequemer und sicherer Weise erfolgen kann. Die Beschaffenheit dieser Bussolen ermöglichte es, bei der Itineraraufnahme mit besonderer Sorgfalt und Genauigkeit zu arbeiten. Die Deklination der Magnetnadel wurde im Observatorium in Taschkent vor der Abreise von dort nochmals geprüft und festgestellt. Da bei der mehrjährigen Dauer der Reise eine Nachprüfung im folgenden Jahre nicht möglich war, so wurde allgemein für alle Ablesungen während der Jahre 1907 und 1908 die östliche Deklination von Taschkent zu Grunde gelegt: für 1907 -—- 6°12°3“, für 1908 —- 6° 12° 15‘ und nach Osten übertragen auf die verschiedenen geographischen Längen nach einer im Taschkenter Observatorium angefertigten Tabelle, welche nach der Heimkehr bei Überprüfung durch Professor Biedlingmaier in München für die Aufnahmezeit im Bogdo-Ola-Gebiet eine durchschnitt- liche östliche Deklination von —- 7° anzunehmen erlaubte. Die Wegelängen ergaben sich nach der aufgewendeten Zeit und zwar mit Hilfe von 3 ganz gleichen Uhren von Paul D. Nardin in Locle Nr. 10539/40/41, die im Observatorium von Neufchätel für die ver- schiedensten Lagen, Temperaturen und andere Verhältnisse geprüft waren, überdies 239 während der Reise in bestimmten Zeiträumen nach Kulminationsbestimmungen mit dem Theodoliten verglichen und gestellt wurden. Die Dauer jeder Pause des Marsches wurde sorgfältigst in die betreffenden Krokierblattrubriken eingetragen. Das Reisen vollzog sich vorzugsweise, mit selbstverständlicher Ausnahme der Berg- besteigungen, zu Pferde. Da aber bei Gebirgsreisen, die in einem bestimmten Zeit- abschnitte zurückgelesten Wegelängen je nach Beschaffenheit und Neigung des Geländes sehr verschiedenartig sind, wurde des öfteren an Lagerplätzen durch Ausmessen einer Basis von 100 m Länge ermittelt, wie lange ein bestimmtes Pferd auf ebener Strecke, auf wenig steilem oder steilem Gelände von mehr ‘oder weniger großen Schwierigkeiten zurückzulegen vermag und zwar für leichtes Gelände auch in verschiedenen Gang- arten des Pferdes. Aus allen diesen Beobachtungen konnten dann Mittelwerte gezogen werden, die nur ganz unbedeutend von der Wirklichkeit abweichen können. Obendrein wurde die Vorsicht angewendet, daß der jeweils Krokierende (auf der Reise durch die Bogdo-Ola-Gruppe meist F. Wenter) stets das gleiche erprobte und sichere Pferd ritt. Gangart des Pferdes und Beschaffenheit der Geländestrecken sind mit gewissen an- genommenen Bezeichnungen für den Grad der Schwierigkeit und der Steilheit des Weges in die Krokierblätter sorgfältig eingetragen worden. Für den Ausgangspunkt jeder täglichen Wegstrecke und für ihren Endpunkt liegen die Höhenwerte der Lagerstationen vor, wo alltäglich abends S Uhr und morgens 6 Uhr Ablesungen an 3 Bohne’schen Aneroiden von 10 cm Durchmesser gemacht wurden, sowie Beobachtungen mit einem Assmann’schen Aspirations-Psychrometer und einem Minimum- und Maximum-Thermometer. Diese Ablesungen wurden kontrolliert durch Siedethermometer- Beobachtungen, welche auf dem Marsche an jedem zweiten Tage erfolgten und überdies an Stationen mit mehrtägigem Aufenthalt durch die auf einem Naudet’schen Barographen gewonnenen Diagramme.!) Während des Marsches selbst wurden für die wichtigeren Punkte Höhenwerte durch Aneroid- und Schleuderthermometer (feucht und trocken) und an besonders wichtigen Punkten durch Siedethermometer-Beobachtungen gewonnen. Alle diese Beobachtungen finden sich an den betreffenden Stellen in die Rubriken der Krokier- blätter eingetragen. Bei Aufnahme des Weges wurde selbst bei ungünstigen Witterungsverhältnissen keine Mühe gescheut, um bei jeder wesentlichen Wegskrümmung Richtungsablesungen zu machen; welche demnach äußerst zahlreich sind. Um aber den Wegaufnahmen möglichst viel Halt zu geben, wurde stets eine Anzahl hervorragender Punkte, von denen manche während mehrerer Marschtage im Gesichtsfelde blieben, so oft als nur immer möglich angepeilt und führte der Weg über solche Punkte hinweg, so wurde von ihnen aus stets zurückgepeilt. Insbesondere aber waren wir bemüht, von den erstiegenen Berggipfeln aus zahlreiche Peilungen sowohl auf vorher schon angepeilte Punkte als auch auf andere, namentlich auf die wichtigsten der in der Rundschau sich bietenden Berge auszuführen. Da nun die weit überragenden Höhen der Hauptgipfel zum Teil schon aus der Ebene im N. und S. sichtbar sind, und selbstverständlich auch von allen von uns erstiegenen !) Ich unterlasse hier, um dieses Kapitel nicht zu umfangreich zu machen, eine genaue Anführung der verwendeten Instrumente, ihrer Nummern, ihrer Prüfungs- und Korrektionslisten, weil diese wichtigen Einzelheiten im Anschluß an die Veröffentlichung der Ergebnisse des gesamten, in 4 Reisejahren ge- wonnenen meteorologisch klimatischen Beobachtungsmaterials erfolgen werden. 240 hochgelegenen Punkten aus, so gelang es, deren genaue Lage mit großer Sicherheit aus dem Mittel der Schnittpunkte der in ungemein großer Anzahl vorgenommenen Peilungs- linien zu bestimmen, ganz abgesehen von der Ermittlung ihrer Lage auf trigonometrischem Wege von einer in Urumtschi abgemessenen Basis aus. (Hievon später mehr.) Zu den von den erstiegenen Hochgipfeln aus vorgenommenen Peilungen wurde außer dem schon ° beschriebenen Peilkompaß auch noch ein L. Casella’sches Taschenaltazimut Nr. 374 an- gewendet. Im übrigen mußte man sich für die Bestimmung von Entfernungen mit Schätzungen begnügen, für welche man indes auf längeren Reisen nach einiger Zeit eine ziemlich große Sicherheit gewinnt. Wie sich besonders aus der Prüfung einer großen Anzahl von Peilungen von verschiedenen Seiten aus nach den gleichen Punkten hin ergab, kam das Mittel der geschätzten Entfernungen der Wirklichkeit sehr nahe. Überhaupt hatte die sorgfältige und häufige Durchführung der Peilungen zur Folge, daß Fehler in den Schätzungen, die hauptsächlich bei unsichtigem Wetter vorkommen, leicht berichtigt werden konnten, so daß das ganze Kartenbild eine besondere Konstanz gewann. Die Geländeformen zu beiden Seiten des Weges wurden teils durch Schummerung teils durch Schraffen in ihren charakteristischen Zügen festzuhalten gesucht, überdies die Bergformen durch Profilzeicehnungen und Photographien gesichert. Höhe und Tiefe der in unmittelbarer Nähe ober- und unterhalb der Wege liegenden Geländeformen, sowie Tiefe und Breite der Flußbetten, Betrag der Böschungswinkel etc. wurden geschätzt und diese Schätzungen stets sogleich in die Krokierblätter eingetragen. Für die Darstellung des den Weg begleitenden Reliefs diente der Braunstift, für die Gewässer der Blaustift, für die Wege der Rotstift, so daß ungeachtet der vielen eingetragenen Einzelheiten die Itinerarblätter recht klare Bilder ergaben, um so mehr als, wenn irgend möglich, noch am Abend eines jeden Marschtages oder doch am folgenden Morgen die während des Weges ermittelten und nur flüchtig eingetragenen Einzelheiten in sorgfältigster Weise ergänzt wurden. Das wichtigste Material zur Herstellung einer genauen Geländezeichnung lieferten aber die photographischen Apparate. Von solchen hatte jeder der Reiseteilnehmer einen oder gar mehrere stets bei sich und machte fleißigen Gebrauch hievon. Insbesonders versäumte man nicht, wenn die Verhältnisse es irgendwie erlaubten, an jedem wichtigen Itinerarpunkt photographische Aufnahmen der Umgebung verbunden mit Peilungen zu machen. Von größter Bedeutung in dieser Hinsicht aber erwiesen sich die auf den erstiegenen Berggipfeln ausgeführten panoramatischen Aufnahmen. Für diese Aufnahmen bediente ich mich einer großen Roß-Camera von Roß & Co. Ld. in London mit mehreren verschiedenen Roß-Görz-Objektiven (Doppelanastigmat und Weitwinkel). Diese ausgezeichnete Camera besitzt besondere Vorrichtungen für die Rundbilderaufnahmen. Die Plattengröße ist 8!/2:10 engl. Zoll, also 21'/2 : 25%/2 cm. Anfangs- und Endpunkt eines jeden Einzelblattes der Rundbilder wurden angepeilt und überdies auch die bedeutendsten der in das Einzelblatt fallenden Berggipfel. Da die Standpunkte des Aufnahmeapparates durch Peilungen aus verschiedenen Richtungen und Rückpeilungen mit annähernder Sicherheit festgestellt waren, so lieferten diese Rundbilder ein besonders wertvolles Hilfsmittel sowohl bei Konstruktion der Karten wie bei der Wiedergabe der Geländeformen, der Vergletscherung usw. Freilich war die Verbringung eines solch großen. schweren Apparates und aller seiner Zubehör auf hohe vereiste Berg- 241 gipfel mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Das hiedurch gewonnene wichtige topo- graphische Material bildet indes eine entsprechende Kompensation solcher Art, daß für die in Karte II und III in genauer Zeichnung — einer Kombinierung von Schummerung und Schraffen — wiedergegebenen Bergformen Anspruch auf erhebliche Naturtreue geltend gemacht werden darf. Andere Teile des Kartenbildes, deren Geländeformen nicht topo- graphisch im einzelnen gesichert werden konnten, sondern nach Ausblicken und Photo- graphien von Übersichtspunkten aus ermittelt sind, haben in der Karte eine Darstellung durch Kurvenlinien gefunden, welche keineswegs wirkliche Isohypsen veranschaulichen sollen, aber doch als geeignet zu erachten sind, den Verlauf der Kämme, die allgemeinen Bergformen, die Böschungsverhältnisse, den Charakter des Geländes usw. mit einigermaßen annähernder Richtigkeit wiederzugeben. Die durch topographische Aufnahme festgelegten Flußläufe sind in den Karten durch ausgezogene blaue Linien gekennzeichnet worden; hingegen diejenigen, deren Verlauf nur — allerdings mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit — angenommen wurde, finden sich durch gestrichelte Linien angedeutet. Die in die Karten eingetragenen Koten unterscheiden sich in hypsometrisch von mir ermittelte, welche durch Zahlen ohne weitere Beigabe bezeichnet sind und solchen, welche auf Grund sorgfältiger Visierungen geschätzt wurden; diese Höhenzahlen stehen in Klammern. Außerdem ist einer kleinen Anzahl solcher die Bezeichnung c? angefügt, womit eine beiläufige Schätzung angedeutet wird, welcher bei Bergketten ein mittlerer Kamm- erhebungswert zukommt. Die Berechnung der Höhen aus den mit den oben aufgeführten Instrumenten gemachten Beobachtungen, soweit sie die Bogdo-Ola-Gruppe betreffen, hatte der ehemalige Assistent am hiesigen Geographischen Institut, jetziger Reallehrer in Nürnberg, F. Lex, über- nommen.!) Da es für dieses Gebiet an genügend nahe gelegenen Basisstationen zur Reduktion der Barometerstände auf Meeresniveau fehlt, so mußte sich der Berechner eine eigene Methode für die Lösung seiner Aufgabe zurechtlegen. In allgemeinen Umrissen beruht diese auf der Annahme, daß die barometrischen Verhältnisse in Urumtschi, das als Basisstation für die letzten drei Tage vor der Ausreise diente, für welche Zeit sie auf Grund der festgestellten mittleren, korrigierten Barometer- und Temperaturstände ermittelt wurden und zwar unter Berücksichtigung der als nötig erachteten Interpolationen und unter gleichzeitiger Benützung der aus den dreijährigen Strokowsky’schen Beobachtungen (siehe Kap. H)?) als notwendig abzuleitenden Korrektionen, noch einen weiteren Tag nahezu die gleichen konstanten mittleren Werte lieferten, d. i. am folgenden Tage, wo die ersten Beobachtungen auf der Reise selbst gemacht wurden. Da die Höhe von Urumtschi mit !) Ich kann im Rahmen dieses Kapitels die von Herın Lex in Betracht gezogenen besonderen Eigenschaften der einzelnen Instrumente, wie 'sie sich auf mehrjährigen Reisen herausgestellt hatten, nicht ausführlich mitteilen, ebensowenig die von ihm nach mehrfachen Versuchen schließlich als geeignet befundene und angewendete Berechnungsmethode im einzelnen darlegen. Dies gehört ebenso, wie die Einzelheiten über die Instrumente selbst, wie früher erwähnt, in eine besondere Abhandlung über die Ergebnisse meiner klimatisch-meteorologischen Beobachtungen auf vierjährigen Reisen im Tian-Schan. 2) Die Listen der täglichen Beobachtungen, die auf der Station Urumtschi während der ganzen Dauer meiner Reise in der Bogdo-Ola gemacht wurden, sind mir auf meinen Wunsch in liebenswürdiger Weise durch Direktor Stelling vom Petersburger Zentralobservatorium zur Verfügung gestellt worden, wofür ich an dieser Stelle meinen wärmsten Dank zum Ausdruck bringe. Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 5.Abh. al 242 912 m (siehe S. 6) in solcher Weise als Basis angenommen wurde, so hatte unter Berück- sichtigung einer weiteren eintägigen barometrischen Konstanz in der Ausgangsstation und mit dem, wie oben angegeben, korrigierten dortigen Barometerstand als Grundlage, für den folgenden Beobachtungspunkt auf der Reise die Höhendifferenz zu Urumtschi berechnet zu werden. In dieser Weise wurde dann von einem Beobachtungspunkt zum folgenden weiter- geschritten, indem immer die an den betreffenden Lagerstationen zu bestimmten Terminen gemachten Morgen- und Abendablesungen der Instrumente der Berechnung zu Grunde gelegt, der entsprechende Wert der während des Tages auf dem Marsche gemachten Ablesungen aber durch Interpolation gefunden wurden. Die tägliche Periode des Luftdruckverlaufes konnte bei diesem System als Fehlerquelle deshalb ausgeschaltet werden, weil es sich für dieses Stück der Reise um einen Zeitraum von nur wenig über einen Monat handelte, und zwar gerade für den Monat August, wo, wie wir wissen (siehe 8. 15), die normale tägliche Amplitude des Luftdrucks in Urumtschi eine ziemlich konstante Größe darstellt und überhaupt die geringste Veränderlichkeit im ganzen Jahreslaufe aufweist. Es kann daher angenommen werden, daß die tägliche Periode des Luftdrucks in den Mittelwerten kurzer Beobachtungs- reihen zum Ausdruck kommt, und die Annahme erscheint berechtigt, daß die Größe der errechneten Höhenunterschiede durch den täglichen Gang des Luftdrucks stets im gleichen Sinne beeinflußt wurde. Einige besonders zu diesem Zweck vorgenommenen Kontroll- berechnungen haben dies außerdem auch bestätigt. Die Zuverlässigkeit der für die erstiegenen Berggipfel ermittelten Höhenwerte wird da- durch wesentlich erhöht, daß während dieser Ausflüge zwei Kontrollaneroide im Hauptlager zurückblieben und überdies die Diagramme des jeweils dort aufgestellten Barographen den Tageslauf des Luftdrucks dokumentieren. Endlich ist als ein für die Vertrauens- würdigkeit der Beobachtungsreihe nicht zu unterschätzender Umstand anzusehen, daß bei der Reise durch die Bogdo-Ola die Expedition sich von Urumtschi allmählich entfernte und auf einem anderen Wege dahin zurückkehrte, wo sie dann noch eine Woche lang blieb; während dieser Zeit konnten die Beobachtungen mit den gleichen Instrumenten fortgesetzt und ihr Gang kontrolliert werden. Zu den Höhenberechnungen wurden die Jordan’schen Tafeln verwendet. Um Höhe und Lage der zentralen Gipfelgruppe auf trigonometrischem Wege zu ermitteln, war außerhalb Urumtschi und zwar im W. der Stadt, nahe am Archo-tu- Fluß, eine Basis abgesteckt worden. Die Basisvermessung wurde, wie alle derartigen Arbeiten auf meiner Expedition, mit einem Hildebrand’schen „Kleinen Universal- Theodolith* ausgeführt und mit einem Invardraht von besonderer Güte, der von Guilleaume in Paris etaloniert, von Dr. Gasser durch einen Mikroskopkomparator nachetaloniert und noch mit eigenen, 40 mm langen, auf dem Drahte selbst unter der Teilmarchise aufgetragenen Teilungen versehen ist. Die Gesamtlänge der Basis beträgt 791,377 m, ihre Höhe über Urumtschi 23 m. Für die Festlegung der Basis wurde die Pjewtzow’sche Bestimmung der Lage von Urumtschi (siehe S. 5) 43° 47‘ 22“ N. Br., 87° 35' 3“ Ö.L. als Ausgangspunkt angenommen. Auf solche Weise konnte die genaue geographische Lage der Hauptgipfel ermittelt werden, was für den Halt des aus den Itineraraufnahmen hergestellten Kartenbildes von besonderer Wichtigkeit ist. Die Berechnungen hat Diplom-Ingenieur R. Hesselbarth, Assistent am Geodätischen Institut der Technischen Hochschule in München ausgeführt; er nimmt für die ermittelten 243 Höhen — Ostgipfel 6512 m, Mittelgipfel 6501 m, Westgipfel 6397 m — eine Genauigkeit von + 30m an.!) Die Umzeichnung der Krokierblätter erfolgte im Maßstab von 1:100000 durch einen topographischen Zeichner des Topographischen Bureaus im K. Bayerischen General- stab unter Benützung meiner Tagebucheinträge, Profilzeichnungen, photographischen Bilder, sowie sämtlicher Einzelangaben der Itinerarblätter. Von diesen vielen Einzel- heiten mußte allerdings beim Entwerfen der definitiven Karte im Maßstabe von 1: 200000 durch Dr. @röber leider vieles weggelassen werden, um die Klarheit des Kartenbildes nicht zu beeinträchtigen. Indessen konnte hievon mancherlei in der Beschreibung des Reiseweges (Kap. XV—XVIH) zur Verwertung gelangen, wenn auch gewisse Angaben, wie z. B. die jeweilige Breite von Flußbetten, ihre Tiefe unterhalb des Weges, die Winkel der Böschungen, die Breite von Terrassen, das Ausmaß der Moränenanhäufungen, die für die plastische Vorstellung des Geländes nicht ohne Bedeutung sind, wegfallen mußten. Um ein für die Reproduktion der Karten ungeeignetes Format zu vermeiden, war es geboten, den See Sayo-pu und seine Umrandung, sammt den durch die Senke am Südfuß des Gebirges führenden Teil des Itinerars, der ohnedem sehr wenig topographisch fest- zuhaltende Formen bietet, abzutrennen, um sie in einem eigenen Kärtchen darzustellen. Eine besondere Wiedergabe des Weges vom See Sayo-pu zurück nach Urumtschi erschien deshalb als unnötig, weil er sich in einigen der in Kap. V angeführten russischen Karten schon im ganzen annähernd zutreffend dargestellt findet mit Ausnahme der von mir im einzelnen schon berichtigten Ungenauigkeiten (siehe 8. 29 f. und besonders S$. 208 f.) Ich konnte mich somit für diesen bereisten Abschnitt darauf beschränken, ihn in der Übersichtskarte (I) in einem kleineren Ma&stabe (1:1000000) zur Anschauung zu bringen. Als Grundlage für diese Übersichtskarte dienten ebenfalls zunächst die Itinerar- aufnahmen der Expedition, insbesondere für den Gebietsteil aber, der zwischen der Stadt Manas im W. und der Station Zchan-tschü im 0. sich erstreckt, konnten die Grum Grschimailo’sche Übersichtskarte, die russische 40 W.-K., sowie das Kärtchen Robo- rowskys der Umgebung von Manas?) zum Teil, jedoch mit nicht unwesentlichen Modi- fikationen, besonders auch was die Nomenklatur betrifft, benützt werden. Bei Darstellung des Dawantschi-Passes und der ihm benachbarten Gebiete bin ich der nach meinen eigenen Erfahrungen als allein richtig anzusehenden Darstellung Obrutschews (siehe $. 30) gefolgt. Für alle übrigen Teile der Karte war das selbst gewonnene topographische Material maß- gebend. Hinsichtlich der Darstellungsweise topographisch festgestellter und anderer, nur vermuteter Flußläufe, sowie bei Eintragung der selbstbestimmten und anderweitig ermittelten Koten gilt das schon für Karte II früher Hervorgehobene. Für die Einpassung der Karte in das Gradnetz, welche ebenfalls durch Herrn Hesselbarth besorgt wurde, stunden zur Verfügung: a) die in einem unserer Lager im Chosutai- (Manas-) Tal ausgeführte Ortsbestimmung, deren Ergebnis eine Breite von 43° 47' 58! ist; !) Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch nachtragen, daß ich die in Kap. XI, S. 80 über die Ver- gletscherung angeführten Grundflächenmaße ebenfalls den Bemühungen von Diplom-Ingenieur Hessel- barth verdanke, der sie mit einem Ott’schen Pelarplanimeter Nr. 7176 im Geodätischen Institut der Technischen Hochschule ausführte. 2) Siehe Kap. VI, S.45, wo ich auch über dieses Gebiet und über einen Teil des in meine Karte aufgenommenen Kotenmaterials nähere Mitteilungen gemacht habe. Be 244 b) die schon angeführte geographische Lage von Urumtschi (siehe S. 5 und 242); c) die von Urumtschi aus trigonometrisch ermittelte Lage der Bogdo-Ola-Haupt- gipfel (siehe oben); d) die geographische Lage von Toksun!) nach Roborowsky (l. e., Bd. I, S.101; Bd. II, S. 3 und 7) mit 420 46' 52" N. Br., 88° 40' 21” Ö. L.; e) die geographische Lage von Luktschun nach Roborowsky (l. c., Bd. I, S. 106; Bd. III, S. 3 und 7) mit 420 41‘ 57" N. Br., 899 42’ 28" Ö. L. Demnach war eine mehr als genügende Anzahl geographischer Positionsbestimmungen für die Konstruktion der Karte vorhanden. Es ist nun sehr erfreulich für mich gewesen, daß sich die Einpassung des Itinerars in das Netz dieser Positionen ohne Schwierigkeiten vollzog und daß sich hiebei fast durchweg eine gute Übereinstimmung mit den russischen Karten ergeben hat, immer ausgenommen, — und zwar aus den in Kap. V und VI hervorgehobenen Gründen — Darstellung und Lage des eigentlichen Hochgebirges. Leichte Zusammenschiebungen von einzelnen Routenstrecken und geringe Dehnung anderer mußten zwar vorgenommen werden, doch sind deren Beträge von nur geringem Ausmaße. Als Ergebnis dieser Einpassung des Itinerars zwischen die geographisch festgestellten Positionen stellte es sich z. B. heraus, daß die Lage von Manas nur um 0° 1’ mehr nach O. zu rücken ist, aber um 0° 5‘ weiter nach S. gegenüber den Angaben der 40 W.-K. Es steht dies aber fast in voller Übereinstimmung mit dem von mir öfters gerühmten Kärtchen des Manas-Gebietes von Roborowsky (siehe oben), aus welchem sich als Breite von Manas 44° 13' 30‘ ergibt, während sie nach meiner Karte I mit 44° 14' 30‘ beträgt, nach anderen russischen Karten aber mit 44° 20° N. Br. Dementsprechend waren auch die Stationen der „Kaiserstraße“ (siehe S. 44) zwischen Manas und Urumtschi um ein weniges nach S. zu verschieben und der Lauf dieser Straße erfährt eine unbeträchtliche Veränderung gegenüber den Angaben der russischen Karten (siehe auch S. 9 u. 94). Eine bedeutendere Verschiebung erfährt hingegen die Länge von Foükan, die nach der 40 W.-K. 88° 0' 30‘, nach Grum Grschimailos Übersichtskarte 88° 4’, nach meinem Itinerar aber 88° 7' 30" Ö.L. beträgt. Noch bedeutender ist jedoch die Verschiedenheit der Breite, nämlich nach der 40 W.-K. 44° 0‘, nach Karte Grum Grschimailo 44°5’, nach meinem Itinerar aber 44° 11‘ N.Br. Eine nochmalige Überprüfung aller Verhältnisse, die für den Marsch meiner Expedition von Foükan bis zum Bogdo-Ola-See in Betracht kommen, ergab aber, daß die von mir ermittelte Breite zuverlässig ist und daß Foükan auf den russischen Karten zu nahe ans Gebirge gerückt erscheint. Demnach ist auch die Veränderung in der Richtung der Straße von Urumtschi nach Foükan erheblich, steht aber wieder fast in Übereinstimmung mit der mehrerwähnten Spezialkarte Grum Grschimailos. Nicht unbeträchtlich ist ferner in meiner Darstellung gegenüber allen russischen Karten der Unterschied im Verlaufe einer größeren Anzahl von Flüssen. Ich glaube aber hierin für meine Angaben Geltung in Anspruch nehmen zu dürfen. Was die Nomenklatur anbetrifft, so habe ich sie sowohl für Blatt I, wie für Blatt II in sorgfältigster Weise zu ermitteln gesucht. Erst nach mehrfacher Einziehung von 1) Nach Pjewtzow, l.c., Bd. I, 8.398 420 46’ 9“ N. Br., 880 40‘ 0“ Ö.L. Ebenda, S.392 wird die Breite mit 420 46' 47,4" angegeben. 245 Erkundigungen und nach kritischer Prüfung aller Auskünfte entschloß ich mich zur Aufnahme eines Namens. Ich kann mich hier damit begnügen, auf meine diesbezüglichen früheren Ausführungen (S. 95) hinzuweisen. Die Benennung der Flüsse, welche dem Nordabhang des östlichen Tian-Schan entströmen, verdanke ich hauptsächlich, ebenso wie mancherlei andere Nachrichten hierüber, der eingehenden Auskunft eines hohen torgoutischen geist- lichen Würdenträgers, dem das Vertrauensamt eines Kurators und Erziehers des jüngeren, dem geistlichen Stand bestimmten Sohnes der Torgoutenfürstin im Großen Yuldus-Tal anvertraut war, wo ich mich längere Zeit aufhielt. Dieser für einen Mongolen sehr gebildete Mann, der auch einige Kenntnis des Chinesischen, Türkischen und Russischen besitzt, zeigte auffallend genaues Wissen von den von seinen Stammesgenossen regel- mäßig durchwanderten Gebieten. Er stellte an der Hand der russischen Karten, die ich mit ihm durchnahm und für welche er lebhaftes Verständnis zeigte, eine Anzahl der dort angeführten unzutreffenden Benennungen richtig; seine Angaben schienen mir durchaus vertrauenswürdig. Es muß hier außerdem hervorgehoben werden, daß es mit geographischen Benennungen in diesem Teile der Welt überhaupt sehr spärlich bestellt ist. Gerade für das unbewohnte Hochgebirge, weil es auch für die Bevölkerung an seinem Fuße keinerlei materielles Interesse bietet, fehlen eingeführte, allgemein bekannte geographische Namen fast gänzlich, was bei der Beschreibung und Schilderung solcher Gebiete oft recht unbequem wird und zu gewissen wiederholten Umschreibungen nötigt. Wenn ich dennoch mit Ausnahme von zwei Fällen (S. 37, S1), die mir gerechtfertigt scheinen, mich enthalten habe, die Land- karte eines im Herzen Asiens gelegenen Gebietes mit weiteren europäischen Namen zu versehen, so entspricht dies einem von mir auch in vorher unbetretenen Teilen der Alpen, des Kaukasus usw. stets befolsten Grundsatze, die geographischen Karten, wenn nicht ganz besondere Gründe es rechtfertigen, nicht durch Aufnahme von ortsfremden, willkürlich herbeigezogenen Personennamen zu bereichern, es sei denn, daß die Verdienste der Träger dieser Namen um die geographische Wissenschaft im allgemeinen oder im besonderen um das in Betracht kommende Gebiet eine solche Ehrung fast geboten erscheinen lassen. Ich kann Benennungen wie Humboldt-Kette, Marco-Polo-Gebirge, Suess-, Semenow- etc. Kette nur zustimmen, halte auch etwa solche Benennungen wie Kette Peters des Großen, Alexanders des III. aus anderen Gründen für wohl gerechtfertigt, erachte es aber gerade in Bezug auf die Kartographie Zentralasiens nicht für ratsam, darin sonstige Namen von West- europäern aufzunehmen, auch schon deshalb nicht, weil sie von der hier als maßgebend in Betracht kommenden offiziellen russischen Kartographie sicher nicht angenommen und auch von der einheimischen Bevölkerung nicht verstanden würden. Zwar verkenne ich keines- wegs den Nutzen solcher Benennungen für die beschreibende Darstellungsweise, möchte aber dennoch davon abmahnen, fremde, vorzüglich asiatische Sprachgebiete mit zahlreichen europäischen Benennungen zu durchsetzen, zumal mit solchen Namen, die nur in einem sehr beschränkten Teile der Welt bekannt sind oder Geltung besitzen. Was die Schreibweise fremder geographischer Namen anbetrifft, so habe ich mich stets zu dem Grundsatze bekannt, daß sie auf phonetischer Grundlage mit Hilfe unserer deutschen Schriftzeichen allein sehr wohl durchführbar ist, und daß man hiezu nicht deutsche Buchstaben mit besonderen Betonungszeichen beschweren sollte, denen in der deutschen Aussprache kein entsprechender Laut zukommt. Mögen die Philologen in ihren sprach- 246 wissenschaftlichen Abhandlungen ein &, €, &, ö, S, Z, ü, sowie a. m. für nötig erachten, so will ich hierüber nicht rechten. Hingegen sollte die Ausdrucksweise des Geographen von solchen Betonungszeichen, die selbst dem Manne von Bildung nicht geläufig oder verständlich sind, und von denen doch hauptsächlich nur die Philologen den richtigen Gebrauch zu machen verstehen, verschont bleiben. Ebenso verwerfe ich eine verzwickte Schreibweise wie z. B. Qysıl für Kysil, Qumarygq für Kum-aryk, Azarbeidjan für Aser- beidschan, Qiblä für Kiblah, Aghyz für Agüss, Bakhty für Bachty, Ag-su für Ak-su, Siräz für Schiras, Bachdäd oder gar Bardaäd für Bagdad u. a. m. Zu widerraten ist meines Erachtens ebenso die Wiedergabe eines weichen sch mit j — man könnte allenfalls hiefür noch sh anwenden —, noch weit mehr die Wiedergabe eines weichen s durch z usw. Ich bin der Ansicht, daß sich mit den normalen deutschen Lautzeichen oder einer besonderen Kombination von solchen die bei den Völkern Zentral- und Vorderasiens ein- gebürgerten Benennungen und deren Aussprache besser wiedergeben lassen als mit den in obigen Beispielen gekennzeichneten Bemühungen. Ich habe immer „Tian-Schan“ geschrieben und gesprochen, wie es auch Russen, Engländer und Franzosen ausnahmslos tun, habe diesem Namen auch von Angehörigen der Turkstämme, sowie von Mongolen und Chinesen allgemein nur so aussprechen hören. Mag in der Aussprache einzelner Chinesen das a auch einen etwas näselnden für unser Ohr an das e anklingenden Ton verraten, so scheint es mir doch nicht gerechtfertigt, es mit & wiederzugeben, ein Schriftzeichen, für das wir im Deutschen keinen entsprechenden Laut haben.!) Ohnedem wird es uns ebenso- wenig gelingen, die reiche Modulation der chinesischen Aussprache und die außerordentliche Mannigfaltigkeit der chinesischen Silben- und Wortschrift ganz äquivalent mit unserer deutschen phonetischen Schrift wiederzugeben, wie die große Anzahl harter Kehl- und Zungenlaute, welche zahlreichen türkischen Dialekten eigen sind und deren feineren Tonschattierungen. In geographischen Abhandlungen und Karten sollte man nach meinem Dafürhalter die nur verwirrend wirkenden Verkünstlungen bei Wiedergabe fremder Namen beiseite lassen und sich mit der auch in der deutschen Schrift, für geographische Zwecke wenigstens, genügend vorhandenen Möglichkeit annähernd genauer Wiedergabe begnügen. Mit richtiger Verwendung unseres Alphabetes oder einer Kombination unserer Buch- staben läßt sich, wie ich glaube, auch der Klang schwieriger fremder Namen phonetisch annähernd richtig und gut verständlich wiedergeben. Die von der Royal Geographical Society für die englische Schreibweise fremder geographischer Namen herausgegebenen Regeln scheinen mir ganz das Richtige zu treffen. Es wäre eine ebenso dringende wie dankbare Aufgabe für den „Deutschen Geögraphen-Tag“ sich neuerdings mit dieser wichtigen Frage wieder einmal zu befassen, um eine verwirrend verschiedenartige Schreib- weise der gleichen geographischen Namen in Karten, Reisewerken etc. hintanzuhalten. 1) Wollte man sich schon mit a oder e nicht begnügen, warum nicht das gut deutsche ä anwenden ? 247 XX. Geologischer Teil von P. Gröber S mit S geologischen Profilen (Taf. 17 und 18) und 1 Ansichtszeichnung (Taf. 16A) sowie 1 Panorama (Taf. 4, Fig. &). Die Zeit, die mir für die geologische Untersuchung der Bogdo-Ola zur Verfügung stand, verwandte ich zur eingehenden Aufnahme des aus Angaraschichten aufgebauten, dem hohen Hauptgebirge im N. vorgelagerten, niedrigen Berglandes. Seine große Armut an Vegetation und seine, infolge geringer Höhe große Übersichtlichkeit, ließen erwarten, daß man in kürzerer Zeit zu greifbaren und wertvollen Ergebnissen gelangen würde, als in dem hohen, schwer gangbaren Hauptgebirge.e Dazu kam, daß ich beim Marsche von Foükan zum oberen, am Bogdo-Ola-See gelegenen Kloster bereits feststellen konnte, daß im Vorlande, d.h. in der Angaraserie eine Reihe leicht unterscheidbarer Schichtkomplexe und Leithorizonte vorhanden seien, während das Hauptgebirge aus einer sehr mächtigen und einförmigen Schichtenfolge besteht, in der die Auffindung einzelner Etagen in der zur Verfügung stehenden kurzen Zeit kaum möglich gewesen wäre. Ich habe mich daher genauer nur mit dem Vorlande befaßt, während im Haupt- gebirge nur ziemlich kursorische Begehungen ausgeführt wurden. I. Profil II (Taf. 17) und V (Taf. 18) Sangun-Tal. Die mitgeteilten Beobachtungen beziehen sich auf die Wände der rechten Talseite. Auf der linken Talseite herrschen die gleichen Verhältnisse, die Aufschlüsse sind dort aber etwas weniger gut. Beim Eintritt in das Tal stehen zunächst in einiger Entfernung vom Wege graugrüne, stellenweise Kohle und rotes Gestein enthaltende Mergel an, die nicht näher untersucht wurden; sie fallen zunächst steil nach $8. ein unter ca. 60-70 Grad. Je weiter man nach S. fortschreitet, desto flacher wird das Fallen; es beträgt nach ca. 10 Min. noch 30—40 Grad S. Hier stellen sich graue Sandsteine, die zum Teil schwach konglo- meratisch sind, und tonige harte Mergelschiefer mit schlechten Pflanzenresten ein. Auf diese legen sich großlöcherige hellgraue, von eisenreichen Partien durchzogene (Tigersandsteine), zum Teil grobe Sandsteine und mächtige grüne Mergelschiefer mit Sandsteinbänken , in dem in Profil V dargestellten gegenseitigen Mächtiskeitsverhältnis. Diese Schichten biegen in einer Mulde aus dem 30—40 Grad S.-Fallen in ca. 1—2 Grad N.-Fallen um und begleiten weiterhin nahezu horizontal gelagert (schwach nach 8. ansteigend) ca. !/, Stunde den Weg. Bis hieher fasse ich die tektonischen Verhältnisse unter Sattel I zusammen, von dem mir nur der Südwestschenkel bekannt ist. Bei der Einmündung eines Seitentales von orogr. rechts tauchen die grünen Mergel und Sandsteine, dann rasch niedergebogen, steil S. fallend unter jüngere Schichten unter. An der Grenze beider liegen: oben: 15—20 m gelbe gefrittete (ursprünglich blaugraue) rot verwitternde Klingtone mit Pflanzenresten, andesitische Lavaströme mit prächtig erhaltenen Gekröse-Oberflächen, Kohlenflöz (Steinkohle), roter Sandstein. N 3 3 MH (00 unten: 3 248 Merkwürdigerweise liegen die einen Hügel bildenden gefritteten Tone dem obersten Lavastrom auf und sie enthalten weder dünne Lavalagen noch werden sie von einer solehen bedeckt. Da das Gekröse der Lavabank auf den nach S. geneigten und nach S$. blickenden Flächen sitzt, so kann die Deutung gar nicht in Frage kommen, daß diese Schichten in überkippter Lagerung sich befinden. Es ist vielmehr wahrscheinlich, daß über den gefritteten Tonen noch eine Lavabank gelegen hat, die vor Ablagerung der nun folgenden Kohlenserie wieder weggeräumt worden ist. Ich glaube kaum an die Mög- lichkeit, daß die Tone auf der noch heißen Lava des obersten Stromes sich abgesetzt haben und hiebei gefrittet worden sind. Denn — ganz abgesehen von der schweren Vorstellbarkeit eines solchen Vorganges — unser oberster Lavastrom besitzt nur eine Dicke von 3m; er dürfte kaum so lange eine hinreichende Hitze .behalten haben können, bis die Sedimentation der ca. 20 m mächtigen, nunmehr gefritteten Tone ab- geschlossen war. Die auffallend gefärbten, zinnoberroten und schwefelgelben gefritteten Klingtone bilden einen markanten Leithorizont — wenigstens für das Profil des Sangun-Tals. Wie deutlich sie hervortreten, kann aus dem Profil V (Taf. 18) ersehen werden, das die Gesteine in ihrer natürlichen Farbe und soweit sie anstehend beobachtet wurden, wiedergibt. Auf die Klingtone folgen graugrüne Mergelschiefer (weich), eine braune Toneisen- steinbank und reichliche Steinkohlenflöze von zum Teil beträchtlicher Mächtigkeit (1 m bis 1,5 m); das Fallen wird allmählich immer flacher S. und die Kohlen treten nach oben zu immer mehr zurück, so daß im Hangenden die hellen Mergel vorwiegen. Darauf folgt eine schön aufgeschlossene, muldenförmige Biegung der Schichten (Mulde I), die nunmehr steiler nach N. fallen (ca. 50 Grad), und nach S. zu kommen die tieferen, an Kohle reichen Horizonte der „Kohleserie“ wieder heraus; nach 10—12 Min., von den Klingtonen ab gerechnet, treffen wir abermals auf die auffälligen Grenzschichten der Sandstein- und Kohlenserie. Hier ist jedoch die Mächtigkeit der Klingtone bedeutend geringer (5—6 m), in ihrem Liegenden befindet sich nur mehr ein ganz schmächtiger Lavastrom (50 cm) und das Eruptivum ist hauptsächlich durch 2—3 m mächtigen Tuff vertreten, der große Bruchstücke von Baumstämmen von sehr schlechter Erhaltung führt. Auch das Kohlenflöz, hier von 5—6 m Mächtigkeit, und die rote Sandsteinbank finden sich im Liegenden der Grenzschichten wieder. Unter diesen kommt in einem ziemlich regelmäßigen Sattel (Sattel II) die Sandstein- und grüne Mergelserie heraus. Den Kern des Sattels bilden die obersten Horizonte der bereits beim Eingang des Tales vor- gefundenen Schichtenfolge, die hier durch Kohle, grüne Letten und braune Toneisen- Sandsteine gebildet wird; in letzteren habe ich Fischreste gefunden, die ersten, bisher aus dem Tian-Schan bekannt gewordenen. Außerdem fanden sich Equiseten und Podozamites lanceolatus mit dem Fisch (vgl. Romanowski I, 1. c., S. 40 f. und 126 £.). Diese Befunde beweisen das unterliassische, möglicherweise ein noch höheres Alter dieser Schichten und wir können sie — was schon aus dem ganzen petrographischen Charakter klar war — als Angaraschichten und als ungefähr gleichaltrig mit der kohleführenden Etage des Ili-Beckens und des Kara-tau betrachten. Die Sandsteine des Hangenden sind zum Teil sehr grobkonglomeratisch — ich habe abgerollte Blöcke von 60—70 m Durchmesser gesehen — und enthalten mächtige Reste von sehr schlecht erhaltenen Baumstämmen. 249 Auf die Sandstein- und grüne Mergelserie lest sich wieder die Kohlenserie; auch die Grenzschichten treten wieder auf und zwar abermals in der Mächtigkeit reduziert und zwar in folgender Reihenfolge: oben: Lava, gelbe und rote gefrittete Tone, Kohle, unten: rote Sandsteine. Hier liegt diesmal die Lava auf den gefritteten Tonen und zeigt normales Verhalten. Die oben geäußerte Anschauung, daß die gelben und roten Klingtone, die ich weiter abwärts im Tale angetroffen habe, von Lava bedeckt und gefrittet worden sind und daß die Lava vor Ablagerung der Kohlenserie abgetragen worden sei, erfährt nun durch das Vorkommen von Lava über den gefritteten Tonen eine Stütze. Die hangende Kohlenserie fällt 45—50 Grad nach S. ein und ist ganz ähnlich ent- wickelt wie in der ersten Mulde; nach oben zu treten üie Kohlen zurück, und in den obersten Partien habe ich keine Flöze mehr gesehen. Höher folgen: helle, gelblich-graue, zum Teil recht derbe Konglomerate, die rote Mergellager enthalten, darüber grüne und rote Mergelschiefer. Diese erleiden eine muldenförmige Umbiegung (Mulde II), die besonders schön auf der linken Talseite aufgeschlossen ist (vgl. Profil V, Taf. 18 u. Fig. Va). Der Süd- schenkel der Mulde steigt flach nach S. an und es treten wieder die gelblichen Konglo- merate und roten lettigeu Partien auf. Etwas abseits, östlich vom Wege (das Tal erleidet eine Ausweitung) ist ein Sattel (Sattel III) aufgeschlossen, in dessen Kern die obersten Horizonte der Kohlenserie, rote und grüne schwachkohlige Letten, graue kohlige Sandsteine etc. liegen; auf diese legen sich im steilen Südschenkel des Sattels wieder die gelblichen Konglomerate, dann die sehr reduzierten roten und grünen Mergelschiefer. Schließlich folgen auf diese eine Serie bisher noch nicht angetroffener, harter, diekbankiger Tonschiefer und Sandsteine von blaugrauer bis bräunlichgrauer Farbe; sie setzen die südliche Hälfte der Ostumwallung der schon erwähnten etwas über 1 km langen Aussackung des Sangun-Tales zusammen. Oberhalb der Aussackung verengt sich das Tal bedeutend; die harten Tonschiefer und Sandsteine bilden auf eine längere Strecke (ca. 2 km) die Talflanken, in dem sie dauernd steil südlich fallen (50 bis 60°); auf ihnen liegen dünne, Posidonienschiefern ähnliche, schwarze Papier- tonschiefer, die zum Teil Gips und rote Lagen enthalten, und höchst bituminös sind. Ich denke sie als Sumpfablagerungen. Wenig oberhalb Lager b gehen sie mulden- förmig (Mulde III) gebogen in sehr flaches Nordfallen über, und unter ihnen tauchen wieder die harten Tonschiefer empor, die ca. 31/, km vom Lager b talaufwärts die Tal- Hanken bilden. Von der Verengung des Tales ab bis hieher sind die harten und weichen Ton- schiefer von einer Terrasse zu beiden Seiten des Tales horizontal abgeschnitten, die mit Löß und harten Schottern bedeckt ist. Diese Terrasse, auf die später noch genauer ein- gegangen werden soll, ist am unteren Ende ca. 15 bis 18 m in der Mitte ca. 30 m und am oberen Ende 50 bis 60 m über dem heutigen Flußbett gelegen. Wie gesagt, erreichen die harten Tonschiefer, die der obersten Abteilung der im Sangun-Tal vertretenen Glieder der Angaraserie angehören, ca. 3!/a km oberhalb Lager b ihr Ende; sie stoßen hier gegen Quarzite, schwarzblaue Tonschiefer und Grauwacken, die sogleich ein höheres Gebirgsland bilden, an einer Verwerfung ab. Über dieses ältere Gebirge soll weiter unten gesprochen werden. Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 32 250 Ich fasse die Angaraserie des Sangun-Tales, wie folgt, zusammen: . D2 Blauschwarze, zum Teil gipsführende und rote Tone enthaltende, bituminöse D | Papiertonschiefer, 300 m bekannt. | D1 Dickbankige, blaugraue Tonschiefer und graugelbe harte Sandsteine gegen das Liegende zu ca. 2000 m. C4 Grüne zum Teil rote Mergelschiefer, 200 m. | C3 Gelblichgraubraune Konglomerate mit roten Mergellagern, 300 m. © C2 Grüne Tonschiefer, Mergelschiefer, braune Toneisensteine, weißliche Sand- | steine, wenig bis keine Kohle, aber häufig kohlige Partien enthaltend, 500 m. C1 Desgleichen, doch mit reichlichen Kohlenflözen, 500 m. Ca Grenzschichten: gefrittete, rote und gelbe Tone mit Lava, Kohle, rote Sand- steinbank. B Sandsteine und grüne Mergel; die Sandsteine als feinkörnige, konglomeratische, auch als Tigersandsteine entwickelt, mit Baumstämmen, 400—500 m. A Toneisensandsteine mit Kohle und grünem Mergel, bekannt bis 100—120 m. Die durchschnittliche Streichrichtung der Angaraschichten zu beiden Seiten des Sangun-Tales ist SW.— NO. Ziemlich genau an diese Richtung halten sich steilstehende Schiehten und die Sattel- resp. Muldenachsen. Flacher geneigte Schichten dagegen weichen immer etwas von dieser Richtung ab. Fallen sie z. B. flacher nach S. so werden sie nach ONO. bis W.—0O. streichen, bei Nordfallen in NNO.-Streichen abgelenkt. Hierüber später mehr. II. Döü-chonü-dse-Tal. Die Aufschlüsse sind hier bei weitem weniger gut, als im Sangun-Tal, wenigstens was die rechte Talseite anbelangt; die linke Talseite ist gut aufgeschlossen. In dem Übersichtsprofil Nr. III (Taf. 17) ist von der linken Talseite her einiges übertragen. Ferner sind die Verhältnisse hier auch etwas komplizierter. Beim Austritt des Tales in die Wüste treffen wir zuerst auf der rechten Talseite auf graue Mergel, wenig Sandsteine und reichlich Kohle, die zunächst steiler, dann flacher nach Süd fallen; nach etwa 10 Minuten treten in einer hervorragenden Kuppe rote und gelbe Schichten mit Lava auf, deren Fallen nicht festzustellen ist. Der Komplex reicht aber nicht bis zur Talsohle, an der schlecht aufgeschlossene Kohle und Mergel sich finden. Diese auf der rechten Talseite gelegenen Verhältnisse habe ich nur vom linken Ufer aus gesehen. Die linke Talseite gibt klaren Aufschluß über die Lagerungsverhältnisse. Auch auf dieser stehen beim Ausgang des Tales in die Wüste Mergel an, die braun gefärbt sind; sie fallen 10 bis 15° S. Auf ihnen liegt ein 3 m dickes Kohlenflöz und auf diesem rote und gelbe gefrittete Klingtone, die Lava enthalten. Auf die Lava folgt die B.-Serie der hellen Sandsteine und grünem Mergel. Diese Gesteine sind muldenförmig gebogen, so daß die gefritteten Gesteine und Laven in dem kleinen auf Profil VIa (Taf. 18) sichtbaren und hinter dem rot bekuppten Berg herumziehenden Seitentale bis auf den Talboden hinab- tauchen; darauf steigen die Gesteine steiler (ca. 25 bis 30°) nach Nord fallend wieder an. Diese Mulde liegt gerade in der streichenden Fortsetzung der roten Kuppe der rechten Talseite, deren Gesteine, wie gesagt, die Talsohle des Dön-chon-dse-Flusses nicht erreichen. 251 Die Kuppe stellt also den im Muldenkern erhalten gebliebenen Rest der gefritteten Gesteine dar; nach Süden zu steigt die Serie der grauen und braunen Mergel, Sandsteine und Kohlenflöze, steil nach Nord fallend, wieder auf. Die Schichten, um die es sich hier handelt, gehören der A-Serie an. Ich habe einige Komplikationen im Bau beobachtet, die von Wichtigkeit sind: Wie man in Profil-Ansicht VIb sieht (Orientierung in der Erläuterung ‘zum Profil), fallen auf der linken Talseite die Schichten unter 30 bis 45° und mehr nach W. ein. Denken wir uns nun z. B. die roten gefritteten Gesteine des Muldenkernes über das Tal hinüber nach O. zu in gleichem Winkel ansteigend, so würden sie weit höher zu liegen kommen, als sie in dem Tal auf der rechten Talseite in der erwähnten roten Kuppe liegen. Es müssen also die Gesteine der A-Serie nach O. zu wieder etwas niedergebogen werden. Dies ist auch tatsächlich der Fall; im untersten Teile des kleinen,. begangenen (rote Route auf der topographischen Karte), beim Ausgang des Dön-chon-dse in die Wüste ausmündenden Tales, sind die Gesteine der niedrigen, 5 bis 10 m hohen Gratausläufer steil nach O. zu niedergebogen, was sich auch entlang dem Fuße der linken Talumwallung feststellen ließ. Auf Profil VIb tritt dies deutlich hervor. Hier ist das auf der linken Talseite des Ansicht-Profils liegende, als Profil dargestellte Stück etwa entlang der Achse des auf die Mulde südlich folgenden Sattels gezogen und man erkennt an schönem Aufschluß, daß die Niederbiegung so stark ist, daß die roten und gelben Gesteine hier im Bereich des Sattels tiefer zu liegen kommen, als im Kern der Mulde auf der rechten Talseite. Es dürfte also abermals ein Ansteigen nach O. zu im Bereich der Talfurche vorhanden sein. Dieser Bau weist auf heftige Faltung hin, deren Streichrichtung dem linken Talrand etwa parallel geht und SO.-Streichen besitzt. Wie sich von einem erhöhten Standpunkt aus erkennen ließ, steigen die Gesteine östlich des Dön-choü-dse-Tales nicht mehr nach O. zu an, sondern liegen flach — abgesehen natürlich von den ONO. streichenden Falten. Von diesem erhöhten Standpunkt aus (Endpunkt der roten Routenlinie durch das kleine Tal und Standpunkt bei Aufnahme des Panoramas) sieht man nach SW. und W. zum Sangun-Tal blickend, daß die Sandsteine des Hangenden der besprochenen Mergel-, Kohlen- und Eruptivum-Serie (A) mit den B-Sand- steinen des Sangun-Tales sich vereinigen. Hierdurch wird die Deutung der Mergel-, Kohlen- und Eruptivum-Serie als A-Serie sicher gestellt. Von Wichtigkeit ist, daß im Sangun-Tal in der A-Serie kein Eruptivum sicher beobachtet worden ist, wenn nicht die roten Lagen beim Talende (vgl. S. 247) als solche zu denken sind; diese kommen aber tiefer vor. Der Standpunkt befindet sich da, wo die Sandsteine durch die NO. streichende Faltung in horizontaler Lagerung belassen worden sind (vgl. Profil III und V); sie fallen jedoch unter 5 bis 10° nach SW. ein, und zwar ununterbrochen bis zum Sangun-Tal. Nahe am Dön-chon-dse-Tal steigen sie steiler, zu 30 bis 40° SW. fallend, an, um dann hart am linken Talrand steil nach O. zu fallen. Es ist dies der gleiche Sattel der auf Profil VIb zu sehen ist und dessen Achse deutlich ca. 4 bis 5 km nach SO. verfolgt werden kann; er streicht, wie gesagt, S. 40 bis 45° O., genau auf den Hauptgipfel der Bogdo-Ola los. Hierüber später mehr. Im Profil des Sangun-Tales (Taf. 18 Fig. V) sahen wir, daß auf die flache Lagerung der Sandsteine eine Mulde, (Mulde I) in der die Kohlenserie © 1—2 entwickelt ist, sich anschließt. Es ist nicht zweifelhaft, daß die Mulde, in deren Kern auf der rechten Talseite 32* 252 des Dön-chon-dse die Kuppe aus roten gefritteten Gesteinen sitzt und die im Profil VIa dargestellt ist, die Fortsetzung der Mulde I bildet; ihr Verlauf ist vom Standpunkt der Panoramaaufnahme (siehe vor. Seite) gut zu übersehen. Der südlich anschließende Sattel ist leider im Dön-chon-dse-Tal auf der rechten Talseite schlecht aufgeschlossen. Was zu sehen ist, ist im Profil VI zur Darstellung gebracht. Auf der linken Talseite konnte die im Sattelkern liegende A-Serie nicht genauer untersucht werden. Vor allem war es nicht möglich, Fossilien zu finden, die nach den lohnenden Funden im Sangun-Tal zu erwarten gewesen wären. Soweit sich erkennen ließ, treten zu den Toneisensteinen und braunen Mergeln keine neuen Gesteins- arten hinzu. Auf der rechten Talseite tritt der südliche Sattelschenkel in einem herausragendem, von harten roten, gefritteten Tonen gebildetem und gekröntem Hügel deutlich heraus. Bei Lager e legen sich auf die B-Sandsteine und grünen Mergel die Gesteine der C1 Kohlenserie; an der Grenze beider Serien liegen die aus dem Sangun-Tal häufig erwähnten Grenzschichten: rote gefrittete Klingtone, Lava und Kohle. Über C1 folgt C2 in gleicher Entwicklung wie im Sangun-Tal. Ersteigen wir den westlich von Lager e von diesen Schichten gebildeten Grat, der etwa NO.—SW.-Richtung hat (die Seitenroute über das Bergland führt über ihn hinweg), so sehen wir, nach W. blickend, folgendes Bild: In einer Entfernung von 3 km liegt die breite Furche des bereits wohlbekannten Sangun-Tales und wir erkennen deutlich auf seiner linken Seite die Mulde II (wie sie im Profil Va dargestellt ist). Die Schichten, auf denen wir stehen, streichen in flach nach S. konkaven Bogen nach WSW. und vereinigen sich mit den Gesteinen der C1 und C2- Serie des Nordschenkels von Mulde II des Sangun-Tales. Die Muldenachse streicht etwas links (südlich) von unserm Standpunkt vorbei. : Beim Sangun-Tal bilden die roten und grünen Mergelschiefer C4 den Muldenkern; nach O. zu spitzt die C4-Serie sich mehr und mehr aus, indem sich die Schichten von Nord- und Südschenkel, in einer Kurve über die Achse hinwegstreichend, vereinigen. Etwa lkm im O. des Sangun-Tales treten an ihre Stelle, im Muldenkern unter ihnen empor- tauchend, die braungelben Konglomerate mit roten Mergellinsen (C3), die bis nahe zu unserm Standpunkt heranziehen. Das Gelände dacht sich vom Grat allmählich zum Sangun-Tal ab. Da nun im Bereich der Muldenachse gegen O. hin immer ältere Schichten zutage treten, so muß die Muldenachse nach O. zu schärfer ansteigen als das Gelände. Es wurde bereits festgestellt, daß auch die Achse der Mulde I sowie des Sattels II nach OÖ. zu vom Sangun-Tal her unter 5 bis 10° Neigung ansteigen. Auf Taf. 16A, die die Aussicht vom „Signalberg“ beim oberen Kloster am Bogdo-Ola-See wiedergibt, kann man dieses Ansteigen nach OÖ. sehr gut sehen; es hält ungefähr genau bis zu dem Grat an. Östlich des Grates herrscht scharf ausgeprägtes Ostfallen der Muldenachse. Die Achse des Sattels, der die in ONO. bis NO. streichenden Falten gelegte Landschaft emporgehoben hat, liest genau in der Fortsetzung der Achse des bereits beim Ausgang des Dön-chon-dse-Tales in die Wüste und bei Sattel II festgestellten Sattels von S., 40 bis 45° O.-Streichen. Die Interferenz des SO. streichenden Sattels und der Mulden und Sättel von NO.- Richtung bringen einen unübersehbaren Wechsel und eine Fülle der Streichrichtungen 253 zustande, die sich im einzelnen gar nicht aufzählen lassen; sie sind besonders ausgeprägt im Bereich des steilen, zum Teil fast saigeren Stückes des Ostschenkels des SO. streichenden Sattel. Wo die Schichten der Angara-Serie von der NO.-Faltung nur schwach betroffen worden sind, wie z. B. im Nordschenkel von Mulde I und in ihrem Kern, ließ sich 8. 30 bis 40° O.-Streichen der Gesteine feststellen. Welche Erscheinungen durch zwei sich kreuzende Faltensysteme zustande kommen, habe ich bereits bei Gelegenheit des vorläufigen Berichtes über meine Reise im südlichen Tian-Schan erörtert,!) so daß ich hier davon absehen kann. Die Erkenntnis, daß die mannigfachen Änderungen der Streichrichtung durch zwei sich kreuzende Faltungen und nicht durch Brüche hervorgerufen worden ist, bewahrte mich vor einem erheblichen Irrtum: Bei der Beschreibung des Profils durch das Sangun-Tal bin ich mit Stillschweigen hierüber hinweggegangen. Ich habe S. 249 davon gesprochen, daß das Sangun-Tal eine Aussackung 2 km nördlich von Lager a besitzt?); auf dem Südschenkel von Sattel III treten zunächst Sandsteine und harte Tonschiefer (D1) auf. Diese streichen nun nicht nach NO., wie die Gesteine bisher zumeist, sondern nach 8. 55° bis 60° O. und fallen unter 80° steil nach SW. ein. Nur wenig südlich der 3% 10% erreichten Ecke streichen die gleichen Gesteine wieder NO. und fallen ca. 30 bis 40° nach SO. ein, wie auch die nörd- lich des 3® 01” erreichten, SO. streichenden Komplexes von Schichten. Dieser Wechsel in der Streichrichtung hatte mich bei der ersten Begehung des Sangun-Tales veranlaßt, nördlich und südlich von dem abnorm streichendem Schichtenkomplexe Brüche anzunehmen. Die Beob- achtungen im Dön-chon-dse-Tal brachten mich jedoch auf den Gedanken, daß die Schichten doch zusammenhängen und nicht durch Brüche getrennt seien, und daß die abweichende Streiehrichtung durch eine Niederbiegung der Schichten nach W. zu, zustande gekommen sei. Ich unternahm deshalb vom Dön-choü-dse-Tal zum Sangun-Tal eine Seitenexkursion, die mir außerdem den Anschluß an die Route durch das Sangun-Tal brachte, (was auch für die topogr. Karte von Wert war); es stellte sich hiebei in der Tat heraus, daß hier keine Brüche vorhanden sind. Würde ich die Brüche hier belassen haben, so hätte ich die harten und weichen Tonschiefer D1 und D2 als oberstes Glied der den höheren Teil der Bogdo-Ola zusammensetzenden Gesteinsserie ansehen müssen, da besonders die D 1-Gesteine den südlich folgenden Tonschiefern ete. des „alten Gebirges* sehr ähnlich sind, während sie in der Tat die obersten hier entwickelten Teile der Angara-Serie darstellen. Zu erwähnen ist noch, daß die grünen und roten Mergelschiefer (O4), deren Mächtigkeit auf dem Nordschenkel von Sattel III stark reduziert war, südlich des Grates, im Nordschenkel (von Mulde II beim Dön-chon-dse-Tal) gänzlich fehlen. Auf den hellen Konglomeraten (C3), die bereits reduziert erscheinen, folgen direkt Sandsteine von grau- bis gelbbrauner Farbe, in denen ich nicht genau bestimmbare Baumstämme®) gefunden habe. Ob diese Schichten als D1 oder C4 zu deuten sind, darüber später mehr. Auf der rechten Talseite stehen gegenüber dem Lager e blaue harte Tonschiefer an, die denen von D1 völlig gleichen; sie fallen sehr steil nach $. ein und finden sich an 1) Zentralbl. d. n. Jahrb. f. Min. Geol. Pal. 1910. Während diese Abhandlung sich im Druck befand, ist auch schon die ausführlichere Arbeit über diesen Gegenstand erschienen: P. Gröber. Der Südliche Tian-Schan, Geographische Abhandlungen, herausgegeben von A. Penck, Bd. X, Ser. I, 1914. (Vgl. hiezu meine Anmerkung S. 51) G. M. : 2) Vgl. hiezu Profil V. °%) Vgl. Kap. IX S. 71. 254 einer Stelle, wo man die Kohlenserie erwarten sollte, die noch gut auf der linken Talseite entwickelt ist, hier aber zu fehlen scheint. Beim Marsch talaufwärts von Lager e steigt man vom Talboden auf eine ca. 50 m über dem Fluß liegende Terrasse empor, die leicht gewellt und von Löß bedeckt ist. Der Aufstieg vollzieht sich in einer schmalen Schlucht, die in S. fallende Sandsteine und Tonschiefer (zurücktretend) eingeschnitten ist. Von der Terrasse aus sieht man auf dem gegenüberliegenden Teil der rechten Talflanke Südfallen, das alsbald in Nordfallen übergeht. Wir haben also eine Mulde vor uns und zwar ist dies die Mulde II,') deren Achse unsern Weg etwa bei der Gabelungsstelle mit dem Wege talaufwärts und des Weges zum Sangun-Tal kreuzen dürfte. Etwa gegenüber der Mitte der Terrasse sehen wir auf dem rechten Ufer einen schön aufgeschlossenen, flachen Sattel, der unzweifelhaft aus rötlichen Sandsteinen besteht. Es ist dies die Fortsetzung des Sattels, den wir, vom gleichen Standpunkt aus nach W. bliekend, mit aller Deutlichkeit beobachten können. Hier jedoch ist er sehr steilschenkelig. Ich halte diesen Sattel für die Fortsetzung von Sattel III des Sangun-Tal-Profils. An diesen Sattel schließt sich eine Mulde, die außerordentlich flach ist und in deren breiten Kern die Schiefer D2 des Sangun-Tales auftreten. Die weitgehende Überein- stimmung im Bau der Mulde im Sangun-Tal und Döh-choü-dse zeigt sich aus den Profilen. Es ließ sich bis jetzt also feststellen, daß die Falten, die wir im Sangun-Tal angetroffen haben, in nahezu gleicher Beschaffenheit zum Dön-chon-dse reichen, und daß auf der linken Talflanke die Achse eines fast genau SO. streichenden Sattels mit flacherem und langem West- und sehr steilem aber kurzem Ostschenkel entlangzieht, der an vielen Stellen Biegungen des normalen NO.- bis ONO.-Streichens hervorgerufen hat. An ihn schließt sich östlich eine schmale, wohl steilschenkelige Mulde an von gleichem Streichen. Bei Lager dI stoßen die D2- und obersten D1-Schichten gegen dunkelrote und graugrüne Sandsteine und Grauwacken an einer Verwerfung ab; es ist dies die gleiche, die wir bereits im Sangun-Tal vorgefunden haben. Ogun-schan-dse und Folgerungen. Die Schilderung des Profils durch dieses Quertal beginnt am besten gleichfalls beim Austritt des Tales in die Wüste. Das Tal ıst trocken; nur im untersten Teil rieselt ein dürftiges Rinnsal, dessen Wasser einer Quelle (vgl. Karte u. S. 95) entstammt. Betrachten wir die rechte Talseite: Entlang den ersten 1'!/x km vom Gebirgsrand ab, stehen Sandsteine und grüne Letten an; sie sind von kleinen Spezialfaltungen und Knickungen betroffen worden. Im allgemeinen bilden sie eine Mulde. In den tiefen Teilen treten (so am Taleingang) bituminöse Schiefer und etwas Kohle, sowie Toneisensteine auf. Das Tal hat zunächst beiläufig SO.-Verlauf; wo es in die SN.-Richtung umbiegt, tauchen unter den Sand- steinen und grünen Mergeln zunächst rote und gelbe gefrittete Tone mit Pflanzenresten, direkt unter diesen Kohlenflöze, tiefbraune eisenschüssige Sandsteine und Toneisensteine. Diese Bildungen sind in einen Sattel gelegt, der besonders gut auf der linken Talseite 1) Beim Aufstieg auf die Terrasse und etwas weiter im N. enthält ihr Nordschenkel einen kleinen Spezialsattel, der mich bei der Aufnahme sehr gestört hat, aber nicht von Wichtigkeit ist; er ist auf Profil III und VI angedeutet. 255 aufgeschlossen ist, wo der Kamm eines Berges von den roten, auffallenden Schichten, die zu einem Sattel gebogen sind, gebildet wird. Kurz vor der erneuten Ausbiegung des Tals in eine mehr östliche Richtung stellen sich wieder die Sandsteine und grünen Mergel ein. Diese Schichten sind unzweifelhaft der B-Serie, den unter den roten und gelben Klingtonen gelegenen Schichten der A-Serie des Sangun- und Dön-chon-dse-Tales, parallel. Wo das Tal in die SO.-Richtung umbiegt, legen sich auf die B-Gesteine dunkelrote und graue Sandsteine mit Kreuzschichtung und schlechten Pflanzenresten, die etwa genau bis zur Mitte des Weges von hier bis zum Lager c anhalten; sie fallen sehr flach unter wechselnden Winkeln, aber nie mehr als S bis 10° (meist flacher) nach Süden ein. Auf sie legen sich die blauen, harten, diekbankigen Tonschiefer (D1) und die Papier- tonschiefer (D2), die uns bereits wohl bekannt sind, in flacher Mulde; bei Lager c stoßen diese Gesteine gegen rote und graue Sandsteine sowie graugrünen Grauwacken an einer Verwerfung ab. Die Streichrichtung ist zu beiden Seiten des Tales fast genau OW. und verbinden wir die Achse von Sattel II im Dön-chon-dse und ım Ogun-schaü-dse mit einander, so sehen wir, daß sie zwischen beiden Tälern 0.—W. gerichtet ist. Von Wichtigkeit ist in diesem Profil, daß hier die Gesteine der Ü-Serie, wenigstens wie wir sie aus dem Sangun-Tal kennen gelernt haben, gänzlich fehlen; auf die wohl erkennbaren B-Sandsteine und Mergelschiefer legen sich harte Sandsteine, die denen des Sattels III des Dön-chon-dse und des Sangun-Tales, (Südschenkel des Sattels) völlig gleichen. Diese Verhältnisse lassen sich auf zweierlei Art erklären: entweder die C-Serie ändert sich faziell nach O. und SO. zu, oder aber die C-Serie ist nur im Sangun-Tal erhalten, im Gebiet des Dön-chon-dse und mehr noch im Gebiet des Ogun-schah-dse vor Ablagerung der Sandsteine und Tonschiefer abgetragen worden, so daß also die D1-Serie diskordant aufgelagert wäre. Strikte Beweise paläontologischer Natur für die eine oder andere Deutung fehlen. Es muß erwogen werden, welche die wahrscheinlichere ist. Ich neige für die zweite und zwar aus folgenden Gründen: 1. Es ist die petrographische Beschaffenheit der Sandsteme des Ogun-schan-dse völlig gleich der in der unteren Hälfte des D1-Horizontes der im Sangun-Tal liegenden Sandsteine; in letzterem scheinen allerdings häufiger Tonschieferbänke vorzukommen als im Ogun-schah-dse, allein es ist auch möglich, daß sie dort meinen Blicken ent- gangen sind. 2. Es liegen im Sangun-Tal im Südschenkel von Sattel II die D1-Gesteine fast un- mittelbar auf den C3-Konglomeraten auf; die C4 grünen und roten Mergelschiefer, die in Mulde II eine nicht unerhebliche Mächtigkeit von mindestens 200 m gehabt hatten, sind bis auf wenige Meter reduziert. Beim oben häufig erwähnten Grate bei Lager e im Dön-chon-dse liegen die Sandsteine direkt den Konglomeraten C3 auf, die ihrerseits stark reduziert sind. Die Entfernung dieser Punkte von den noch mehr oder weniger gut erhaltenen C4-Gesteinen beträgt im Sangun-Tal 2 km, bis zum Grat bei Lager e kaum 3 km. Es ist ganz unwahrscheinlich, daß auf eine so kurze Entfernung hin ein so vollkommener Fazies-Wechsel von bunten Mergeln zu Sandsteinen hin stattfinden kann, wobei auch von Übergangsbildungen, die eine zwischen Sandstein und Mergelschiefern stehende Ausbildung besitzen, keine Spur vorhanden ist, zumal auf der rechten Seite des Dön-chon-dse, 256 höchstens 1 km östlich vom Grate, auch noch die C1—2-Schichten durch Sandsteine und Tonschiefer ersetzt worden sein müßten. Noch wahrscheinlicher wird die Richtigkeit der Annahme einer Transgression dadurch, daß 3. im Ogun-schan-dse die Kohlenserie C1 und C2, sowie die Konglomerate C3 von zusammen 700 bis 800 m Mächtigkeit fehlen, und die den D1-Sandsteinen des Sangun-Tales völlig gleichenden Sandsteine des Ogun-schan-dse der B-Serie, die auch nicht mehr ganz die sonstige Mächtigkeit erreicht, unmittelbar auflagern. Man gewinnt also den Eindruck, als ob gegen OÖ. hin die D1-Sandsteine sukzessive über immer ältere Schichten zu liegen kommen, daß also mit anderen Worten die D1-Schichten transgredieren. Gestützt wird diese Anschauung 4. dadurch, daß der D1-Komplex nach OÖ. zu nicht oder nur unbedeutend an Mächtigkeit zunimmt. Wenn die in 800 bis 1000 m Mächtigkeit bekannten Gesteine der C-Serie in der Tat faziell nach OÖ. zu durch Sandsteine ersetzt würden, so müßten diese erheblich anschwellen. Ich habe an keiner Stelle deutlich gesehen, daß an der Auflagerungsfläche der Sand- steine eine Diskordanz sich findet. Es scheint überall Konkordanz zu herrschen. Nur im Ogun-schan-dse ist Diskordanz wohl allein erkennbar. Dies kann aber nicht als Argument gegen die Annahme einer diskordanten Auflagerung angesehen werden; da die Diskordanz sehr fach sein kann und nicht im einzelnen Aufschluß mit Händen greifbar zu sein braucht. Zu bemerken ist, daß diese Diskordanz innerhalb der Angara-Serie liegt, und daß die D1-Sandsteine nicht etwa als Gobi-Sedimente aufzufassen sind; dies zeigt sich schon aus dem Funde von Baumstämmen (siehe S. 253) in D1 bei Lager e im Dön-choä-dse. Auch spricht der ganze Charakter der Sandsteine sowie der höher folgenden dick- bankigen Tonschiefer gegen Gobi-Sedimente, und der Gips, der stellenweise in den Papier- schiefern vorkommt, beweist nichts gegen das Angara-Alter dieser Schichten. In allen drei Profilen, im Sangun-, Dön-chon-dse- und Ogun-schaä-dse-Tal fanden wir, daß die Angara-Serie durch einen Bruch vom alten Gebirge getrennt ist. Es bedarf wohl keiner Auseinandersetzung, daß es sich hierbei jedesmal um denselben Bruch handelt, der an verschiedenen Stellen überschritten wurde. In dem Gebiet zwischen Dön-chon-dse und Ogun-schan-dse bin ich auf dem Bruche entlang gezogen. Der Weg, auf dem man von Dön-chon-dse (vom Lager dl) zum Ogun-schan-dse (Lager c) zieht, folgt genau der Bruchlinie (siehe Karte Il u. Ila). Dies hat seinen guten Grund; denn alle Tälchen, die zwischen Döß-choü-dse und Ogun-schan-dse nach N. ziehen, nehmen ihren Ursprung in den unmittelbar südlich der Bruchlinie steil aufsteigenden, wall- oder mauerartigen Kamm und sind in die harten Gesteine nur wenig tief eingeschnitten. Im Bereich der Angara- Serie sind die Täler bedeutend tiefer eingeschnitten und haben einen breiteren, allmählich ansteigenden Boden. Man mußte also hier fortwährend steil auf- und absteigen, aus einem Tälchen, über einen Rücken, in das andere. Bei der Verwerfung steigen die Talböden steil nach S. auf und, wo sie die Durchschnittshöhe der Angara-Kämme überqueren, läuft der Weg. Dies muß naturgemäß dort der Fall sein, wo über die Angara-Kämme hinaus sich das stehengebliebene ältere Gebirge erhebt — also entlang der Verwerfung. (Vgl. S. 39, 94, 99, 145£. u. Taf. 16, Fig. 2.) Die Richtung der Verwerfung ist hier ©. 20° N.; nach WSW. streicht sie gerade auf die Stelle los, wo wir im Sangun-Tal die Verwerfung lokalisiert haben. 257 "Nach ©. zu habe ich sie noch ca. 6 km weit verfolgt. Vom Lager e aus führt nach O. eine allmählich ansteigende, breite Rinne empor zu einem Paß, von dem aus man in das Dudun-dse-Tal hinabblickt (vgl. Karte II). Im Süden der Rinne bildet über Lager ce ein Kamm von ca. 300 bis 400 m Höhe, der aus Grauwacken und Sandsteinen besteht, die Umwallung; im N. wird sie von dem an einen mauerartigen Abfall ausstreichenden Sehichtkopfe vom oberen D1 gebildet. Im Boden der Rinne kommen häufig stark zer- rüttete Gesteine heraus, weshalb anzunehmen ist, daß sie genau dem Bruche folgt; ihre Richtung ist hier O. 10° bis 5° N., und zwar biegt der Bruch, je mehr man nach 0. kommt, desto mehr in die O.-Richtung um. Östlich von zum Dudun-dse führenden Passe ist sie fast genau O.—W. gerichtet. Von einem gegen das Dudun-dse-Tal vorgeschobenen, kanzelartig endenden Grat läßt sich der Verlauf des Bruches auf der anderen Seite dieses Tales schön übersehen, wie man aus Taf. 17, Profil IV zu erkennen vermag. Wo die Verwerfung aufgeschlossen ist, sieht man, daß sie steil nach N. fällt. Westlich vom Sangun-Tale hat die Verwerfung ziemlich annähernd SW.—NO.-Richtung. Wir können also konstatieren, daß sie in einem gegen N. etwas konvexem Bogen verläuft. Einen ganz ähnlichen Verlauf wie die Verwerfung nehmen die Streichlinien der Gesteine der Angaraserie: westlich vom Sangun-Tale und zwischen Sangun-Tal und Döh-choü-dse SW.—NO., zwischen Dön-chon-dse und Ogun-schan-dse OW.-Richtung. Auf dieses wichtige Faktum werde ich noch später zurückzukommen haben. Ferner haben wir gesehen, daß die in NO.- resp. OW.-Falten gelegte Angaraserie von W. her bis zum Dön-choü-dse emporgehoben wird; östlich vom Dön-chon-dse aber scheint die Faltung, die den SO.-Sattel gebildet hat, kaum eingewirkt zu haben, da die Gesteine des Kernes von Sattel II sowohl im Dön-choü-dse als im Ogun-schaü-dse in gleicher Höhe liegen. Nach den bereits zitierten Ausführungen in meinem vorläufigen Bericht!) haben wir anzunehmen, daß hier, wo die kreuzende Faltung sich nicht bemerkbar macht, die ursprüngliche Streichrichtung der Längsfaltung der Bogdo-Ola feststellbar ist: sie ist (und war) nahezu OW. mit leichter Ablenkung nach NO. Wir dürften also nicht fehl- gehen, wenn wir annehmen, daß die NO.-Richtung, die in dem Gebirgsstück zwischen Sangun-Tal und Dön-chon-dse herrscht, dadurch zustande gekommen ist, daß die ursprünglich ONO. streichenden Falten nach O. zu emporgehoben worden sind. Westlich vom Sangun-Tale läßt sich leichtes Ansteigen nach W. beobachten, das etwa bis zu dem ÖOstrande des alten auf Taf. 16A und Taf. 9, Fig. 4 gut sichtbaren Tal- bodens reicht. Von da ab sinken die Falten nach W. zu ein und verschwinden alsbald unter Lößaufschüttung (vgl. Panorama Taf. 4, Fig. 4). Betrachtet und vergleicht man die Profile II bis IV (Taf. 17), so fällt auf, daß die Falten, die wir im Sangun-Tale festgestellt haben, sich auch noch im Dön-choäü-dse in etwa gleicher Ausbildung wiederfinden, daß dagegen im Ogun-schaü-dse Mulde II und Sattel IL in Wegfall gekommen sind. Man könnte den Grund hiefür darin suchen, daß die D-Schichten, wie Mulde III zeigt, schwächer gefaltet worden sind, als die Gesteine der Serien A—(, und dab diese vor der diskordanten Auflagerung der D-Serie bereits gefaltet gewesen sind. Jedoch ist im Dön-chon-dse-Tal Sattel III auch innerhalb der D-Serie sehr I) ]. c., 8. 253. Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 33 258 deutlich ausgeprägt, während er weiter östlich verschwunden ist. Mulde II und Sattel II sind also als Brachysinklinale und Antiklinale aufzufassen. Wohlgemerkt handelt es sich bei dem Aufsteigen des NO. gefalteten Angara- Schichten-Bündels vom Sangun-Tal zum Dön-chon-dse und seiner sehr steilen und raschen Niederbiegung beim Dön-chon-dse und seinem Flachliegen bis zum Ogun-schan-dse keines- wegs um Brachyantiklinale oder Synklinalen, sondern um Interferenz zweier Faltungen. Das „junge Gebirge“ von Urumtschi. Im NW. von Urumtschi wird Kohle abgebaut, die bei den Gruben verkokt werden; viel kostbares Gas entflieht hiebei ungenutzt. Der Koks wird in Urumtschi verbraucht. Die Kohlengruben liegen am Nordfuß des Kysyl-Tau = roten Berg von Urumtschi (vgl. 8. 8), nach dem die alte Stadt ihren chinesischen Namen erhalten hat: „Chum-Miao-Tse“ — rote, heilige (Tempel-) Stadt. Zu den Gruben reitet man von der heutigen Stadt, an den Ruinen der alten vorüber und dann ein weites, flaches, ungefähr OW. gerichtetes Tal langsam ansteigend, hinauf (vgl. Profil I, Taf. 17). Die Kohlenserie ist schlecht aufgeschlossen und unter den Lößaufschüttungen des Tales verborgen. Im Südwall des Tales sehen wir, daß unmittelbar über dem nach Norden fallenden obersten Kohlenflöz rote und schwefelgelbe, gefrittete Klingtone und Lava liegen; dann folgen nach S., an beiden Seiten eines kleinen Quertales, löcherige, feinkörnige Sandsteine, die zum Teil getigert sind und mächtige Partien grüner Letten enthalten; — ich zweifle nicht daran, daß sie der B-Serie des Sangun-Tales parallel sind und daß die Kohlenserie — der A-Serie ist. Auf die Sandsteine folgen gelbe und rote Letten, untergeordnet Sandstein ; etwas höher kommt auch Lava vor, und über ihr rote, konglomeratische und lettige Sandsteine; dann weißer Sandstein, darüber schließlich rote und gelbgraue Mergel in flacher Mulde (Nordflügel flach, Südflügel steiler). Diese hat Obrutschew weiter östlich entlang dem Wege nach Manas angetroffen; er ist geneigt, sie als Gobi- sedimente zu deuten, was ich nicht anzuerkennen vermag. Diese Gesteine sind nicht genau mit denen der nördlichen Bogdo-Ola vergleichbar; ihre Mächtigkeit dürfte (von der B-Serie ab) ca. 500 m betragen; die B-Serie hat etwa 200 m Mächtigkeit. Beim Kohlen- bergwerk streichen die Schichten OÖ. 5° bis 10° S. gegen O. hin; beim Rückweg nach Urumtschi konstatierte ich, daß sie sich allmählich mit einigen Schwankungen nach O.-W. drehen. Bei dem im N. von Urumtschi im Rücken einer großen Tempelanlage und bei der großen Brücke aufragenden Felswand (vgl. S.7 u. Taf. 15, Fig. 2) ist die Schwankung des Streichens bereits bis ONO. gediehen.!) Weiter im N. habe ich beim Marsch nach Urumtschi bei einer eben aufgeschlossenen Kohlengrube bereits ©. 25° N.-Streichen vor- gefunden. Die Angaraserie beschreibt bei Urumtschi also einen nach N. konkaven Bogen. Von diesem Tempelberg aus zeigt sich, daß der „Rote Berg* einem Sattel entspricht, dessen Nordschenkel steil, dessen Südschenkel flacher ist und der sehr weit auslädt. Auf seinem Südschenkel, am Südfuß des „Roten Berges“ sieht man die gefritteten gelben und roten Tone der A-Serie leuchten, die auch im O. des Osttores von Urumtschi anstehen. Der Berg verdankt seinen Namen jedenfalls den rötlichen Konglomeraten und Sandsteinen, die unter der A-Serie als tiefste Horizonte der Angaraschichten liegen. Im Kerne des Sattels I) Vgl. Obrutschew, 1. c., S. 650. 259 kommen, wie schon durch Obrutschew festgestellt wurde, mit leichter Diskordanz unter der Angaraserie liegende oberkarbonische Tonschiefer mit Kalken heraus. Diese Gesteine stehen auch in einigen kleinen Hügeln an, die bei der Basis (siehe S. 242) auf dem linken Ufer des Archotu-Flusses liegen. Diese Schichten sind leicht gefaltet; der Tempelberg wird von einem steileren Sattel dieser Gesteine gebildet, der genau auf die Mitte des „Roten Berges“ losstreicht; ob er jedoch in der Tat den Kern des großen Sattels des „Roten Berges“ bildet, ist mir nicht bekannt. Von großem Interesse ist aber, daß hier die untersten Angaraschichten und ihre Auflagerung bekannt werden, wozu die Aufschlüsse des nördlichen Bogdo-Ola-Gebietes keine Möglichkeit boten. Es wäre von Interesse zu wissen, mit welchem der Sättel des Sangun-Tales der Sattel des „Roten Berges“ in Verbindung steht. Mir will es scheinen, als bilde er nicht die Fortsetzung eines dieser Sättel, da er viel breiter ist, als einer von ihnen und auch viel höher emporsteigt, so daß die tiefsten Horizonte herauskommen. Es kann sein, daß seine Achse im Meridian des Sangun-Tales, — wenn er nicht eine Brachyantiklinale ist — ungefähr 2—3 km nördlich vom Gebirgsrande vorüberstreicht und daß der Rest von Sattel I, den wir im Sangun-Tal vorgefunden haben, ein Stück seines Südschenkels ist. Aus Profil II, III und IV (Taf. 17) ist zu sehen, daß der gesamte Faltenbau schief gestellt und nach S., gegen die Verwerfung geneigt ist, so daß man gegen das Gebirge hin immer jüngere Schichten antrifft; es ist also möglich, daß die Angarascholle beim Niedergehen eine Neigung gegen die Verwerfung erhalten hat. Die gleichen Verhältnisse herrschen auch bei Urumtschi; im 8. liegen oberkarbonische Gesteine, gegen welche die Angaraschichten an einem Bruche abstoßen, wie aus den Beob- achtungen Obrutschews!) zu entnehmen ist und wie ich auch selbst gesehen habe. Das „alte Gebirge“. Südlich von der oft erwähnten Verwerfung liegt eine zu gewaltiger Höhe aufragende Gesteinsfolge, die aus eng zusammengehörigen, konkordant übereinanderliegenden Schichten besteht und die das Gebirge bis zu seinem Südrand in seiner ganzen Breite aufbaut. Etwas genauer ist mir die petrographische Beschaffenheit der Gesteine dieser Serie bis zum Bogdo-Ola-See bekannt geworden. Ferner liegen mir die Gesteinsstücke vor, die Merzbacher bei der Besteigung sowohl des nördlich als des südlich von den Bogdo-Ola- Hauptgipfeln aufragenden Panorama-Berges (siehe S. 173 f., 180 f. u. 186) geschlagen hat. In der Umgegend des Ak-kul?) habe ich auch selbst etwas genauer gearbeitet. Nur kur- sorisch ist hingegen die Aufnahme im oberen Dön-chon-dse, im oberen Ogun-schaü-dse, im Da-tun-gu,°) und im Gurban-bogdo gewesen. Die tektonische Übersicht, die in diesem ganzen Gebiete gewonnen wurde, ist jedoch ziemlich vollständig. Beginnen wir mit dem Da-tun-gu-Tal (vgl. Taf. 17, Profil I): Nach Überschreitung des Bruches stehen zu beiden Seiten des plötzlich zur Schlucht gewordenen Tales (vgl. S. 145) harte schwarze und blaugraue Tonschiefer in ziemlich dicken Bänken, braune bis dunkelgrüne Quarzite, dunkle, feinkörnige, feldspatreiche, feingebänderte Grauwacken in wirrer Folge 1) ]. e., S. 648. 2) Linker Nebenfluß des oberen Dön-chon-dse. ®) Der vom Bogdo-Ola-See hinabfließende Bach heißt vom See bis zur Verwerfung Da-tun-gu, von der Verwerfung bis zur Wüste Sangun (vgl. S. 94). 335 260 an; es läßt sich jedoch feststellen, daß die Tonschiefer im Hangenden vorwiegen, in den obersten Partien fast allein vorhanden sind, aber gegen die tiefen Horizonte hin den anderen Gesteinen gegenüber mehr und mehr zurücktreten. Diese fallen zunächst ca. 20—25° nach N. ein und streichen O0. 35° N. Je weiter man talaufwärts schreitet, desto steiler wird die Neigung der Schichten und ca. 7 km in Luftlinie im S. von der Verwerfung sind sie steil aufgebogen und bilden einen Sattel. Hier bestehen die Talgehänge aus Quarziten roter Farbe und hellgrünlich-grauen Kalksilikathornfelsen;!) diese Gesteine halten etwa bis Lager 2 an (vgl. Karte Il u. Ila). Dann stellen sich in steilschenkeliger, etwas nach N. überkippter Mulde Tonschiefer ein. Bei einer kleinen Schlucht, durch die der Sangun-Bach bricht und die kurz oberhalb des Tonschiefers liegt, stellen sich | stehende, weiter flußaufwärts zu 50—55° N.-Fallen übergehende, vorwiegend hellgrüne, weißgesprenkelte (Feldspate), feinkörnige, grauwacken- artige Konglomerate ein. Es kommen auch grobkonglomeratische Gesteine vor, die aus Geröllen von Kalksilikathornfelsen, diabasischen Porphyren und abgerollten einzelnen Mineralien zusammengesetzt sind. Diese Gesteine machen den Eindruck, als seien sie kurz nach oder während einer Eruptionsperiode entstanden und sehen zum Teil wie Porphyrbreccien aus. Die Serie dieser Gesteine, die alle wohlgeschichtet erscheinen (nirgends fand sich Eruptivgestein), spitzt beim unteren Ende der großen, den Bogdo-Ola-See abstauen- den alten Moräne zu einer kleinen Mulde ein, und beim Nordende des Sees beginnt sie in flacheres N.-Fallen überzugehen. Zu beiden Seiten des Sees legen sich die Schichten immer flacher und fallen am Südende des Sees flach ea. 10° nach S. ein; weiter südlich biegen sie sich jedoch wieder zu N.-Fallen auf. Diese Mulde ist sehr flach. Die Streich- richtung ist nach wie vor O. 35° bis 45° N. Vom Südende des Sees ab sind wir in ein großes, von der zentralen Bogdo-Ola herab- ziehendes Seitental eingetreten und nach NO. zu hinaufgestiegen. Der Unterlauf des Tales liegt genau im Streichen und folgt fast genau der Mulde. Die zu beiden Seiten des Tales ausstreichenden Schichten steigen allmählich gegen OÖ. zu an. Es handelt sich hierbei nicht etwa darum, daß man z. B. NO. streichende und N. fallende Schichten in einem Tal von OW.-Richtung quert und so den Eindruck gewinnt, als stiegen die Schichten im Streichen an, obgleich man bloß weiter zur Sattelachse vordringt, sondern es findet ein zweifelloses Ansteigen auf der Muldenachse nach O. zu statt (vgl. S. 166). Bevor ich die geologischen Verhältnisse dieses Tales weiter hinauf verfolge, will ich kurz die Beobachtungen im „alten Gebirge des Dön-choü-dse“ besprechen. Im Dön-chon-dse folgen südlich vom Bruche rote und grüne Sandsteine, Quarzite und Grauwacken, hin und wieder mit Tonschiefern. Diese Gesteine sind in einen steilen Sattel gelegt, dessen nördlicher Schenkel von der Verwerfung zur Zeit abgeschnitten wird. An ihn schließt sich eine nach N. überkippte steilschenkelige Mulde schwarzen festen Tonschiefers an; darauf steigen die Schichten wieder steil (bei Lager dII), zunächst senk- recht stehend, dann immer flacher N. fallend gelagert an und bilden einen flachen Sattel, auf den weiter südlich eine flache Mulde folgt, deren Achse etwa durch das Tal geht, in dem ich zu den Pässen zwischen Da-tun-gu und Dön-choü-dse aufgestiegen bin, und die die Fortsetzung der flachen Mulde bildet, die bereits beim unteren Da-tun-gu-Tal erwähnt !) Wegen genauerer Gesteinsbeschreibung siehe Kap. XXI. 261 worden ist. Beim Vergleich der Profile II, II und IV erkennt man die Übereinstimmung im Bau des „alten Gebirges* im Da-tun-gu und Dön-chon-dse. Von Interesse ist, daß der erste Sattel des „alten Gebirges“, der im Da-tun-gu-Tal 5 km von der Verwerfung entfernt ist, im Dön-choü-dse hart an diese herantritt; seine Achse muß also schärfer NO. streichen, als die Verwerfung, von der der größte Teil des Nordschenkels des Sattels spitzwinkelig abgeschnitten ist. Dementsprechend nähern sich der Verwerfung gegen O. hin die Tonschiefermulde und der steile Nordschenkel des weiten flachen, südlich an- schließenden Sattels. Kehren wir zu dem großen Seitental zurück, das wir beim Abzweigen meiner Route zum Dön-chon-dse (siehe Karte II) verlassen haben. Die Schichten steigen allmählich nach Süden zu an; beim Passe Gurban-Bogdo wird das Fallen steiler und erreicht 45° N.; ein Stück weiter südlich verdeckt der mächtige Grum-Grschimailo-Gletscher das Anstehende. In der Westflanke der steil und ungeheuer hoch aufsteigenden Hauptgipfel des Gebirges läßt sich der Bau nicht genau verfolgen; nur einige heftig geknickte Falten sind an einigen Stellen sichtbar. Östlich vom Gurban-Bogdo-Passe hat Merzbacher, wie bereits erwähnt, beim Aufstieg auf den ersten nördlichen Panoramaberg (vgl. S. 173 f.) eine Gesteinsserie geschlagen, in der grob- und mittelkörnige Diabase und hellgrüne Kalksilikathornfelse fast allein herrschen (beim Gipfel fand sich auch verpreßtes, tonschieferähnliches Gestein, vgl. Profil IV); die Hauptgipfel bestehen aus ähnlichen Gesteinen. Südlich von den Hauptgipfeln liegt eine breite Tallücke; jen- seits derselben erhebt sich ein hoher Kamm, in dessen Westflanke ich flacheres Westfallen glaube gesehen zu haben. Ich mußte hier leider eilen, um die Hauptkarawane, von deren Auf- enthalt ich keine Kenntnis hatte, auf dem Rückwege nach Urumtschi einzuholen oder zu suchen. Merzbacher hat beim Aufstieg auf den südlichen Panoramagipfel (siehe S. 186) eine Gesteinsserie geschlagen, die im wesentlichen aus Diabas, stark umgewandelten Effusiv- gesteinen, dann Kalksilikathornfelsen und veränderten Grauwacken und Konglomeraten besteht. Von großer Wichtigkeit aber ist, daß am Gipfel und auch tiefer schön ausgebildeter blasiger Diabasporphyr auftritt.) Hierdurch wird mit einem Schlage klar, daß nicht etwa die Diabase während der Faltung des Gebirges in die Grauwacken etc. eingedrungen sind, sondern daß sie bei der Ablagerung dieser Schichten empordrangen. Hierauf weist auch der Umstand hin, daß dieses dem Diabasporphyr ähnliche Gestein in Geröllen in den Konglomeraten sich findet, die ich nördlich von der den Bogdo-Ola-See abstauenden Moräne gefunden habe. Eine Parallelisierung von Schichten in der Serie der „alten Gesteine* begegnet großen Schwierigkeiten, da die umgewandelten Gesteine der zentralen Zone und des Südabhangs in nicht oder doch wenig umgewandelten Gesteinen des Nordabhangs ihre Äquivalente haben können, was sogar wahrscheinlicher ist, als die Ansicht, daß die umgewandelten Gesteine älter seien. Immerhin glaube ich, daß die Gesteine nördlich vom ersten Sattel im „alten Gebirge“ des Da-tun-gu-Tales und die des unteren Gurban-bogdo-Tales gleichalterig und die jüngsten sind. Ich glaube auch, daß die bei den aus dem großen Seitental zum Dön-chon-dse führenden Pässen anstehenden Tonschiefer und Grauwacken mit diesen gleich zu setzen sind, und es ist wohl möglich, daß diese Bildungen gegen den Hauptgipfel hin und am Südabhang von Umwandlungen getroffen worden sind. !) Wegen der besonderen Umbildung der Diabasgesteine siehe Kap. XXI. 262 Links von der Schlucht, durch die der Gurban-bogdo-Fluß bricht, habe ich steil nord- fallende Grauwacken, bei Lager g ebenso fallende Tonschiefer vorgefunden, die den Gesteinen im Sangun-Tal zwischen Bruch und ersten Sattel völlig gleichen und mit ihnen gleichzusetzen sein dürften. Die Streichrichtung ist hier ONO. bis OW.; nach 8. schließt sich ein steilschenkeliger, aber flachfirstiger Sattel an; an diesen eine flache Mulde aus den gleichen Gesteinen. Der Sattel streicht O. 5° S., die Gesteine der Mulde nähern sich, je weiter man nach $. kommt, einem O. 10° S.-Streichen. Ich möchte, bevor ich auf die tektonischen Verhältnisse im Überblick eingehe, die Frage erörtern, welches Alter die Gesteine des „alten Gebirges“ haben können. Diese Frage ist nicht nur für die Bogdo-Ola von einigem Interesse, sondern vor allem für den- jenigen Teil des östlichen Tian-Schan, den wir 1908 vor und nach der Bogdo-Ola-Reise besucht haben, wo petrographisch sehr ähnliche Gesteine in großer Mächtigkeit auftreten. Fossilien fanden sich in der Bogdo-Ola in ihnen nicht. Vergleichen wir auf Profil IV die Faltung der Angaraserie mit der des „alten Gebirges“, so fällt auf, daß beide den gleichen Faltungscharakter tragen: im allgemeinen regelmäßige Mulden und Sättel von weitem Ausmaß und geringer Steilheit. Im Sangun-Tal sahen wir, daß die D2 und DI-Schichten gegen die Verwerfung hin anfangs flach, dann etwas steiler nach S. aus Mulde III heraus ansteigen; die Gesteine des „alten Gebirges“ nehmen dieses Ansteigen südlich der Verwerfung ihrerseits auf und führen es bis zum ersten Sattel in gleichem Sinne weiter. Ganz ähnlich ist das Bild in Dön-chon-dse. Wir erhalten somit den Eindruck, als seien Angaraserie und „altes Gebirge“ von der gleichen Faltung betroffen worden und daß wir durch den Bruch in die Lage gesetzt sind zu sehen, daß die Faltung sowohl in den jüngeren Schichten wie in den früher tiefer gelegenen alten in gleicher Weise gewirkt hat. Es wird somit wahrscheinlich, daß Angaraserie und „altes Gebirge“ in stratigraphischem Konkordanzverhältnis oder nahezu in solchem stehen, da sie sich in tektonischer Konkordanz befinden. Das „alte Gebirge“ ist also keinesfalls älter als oberstes Unterkarbon, da der ganze übrige Tian-Schan allent- halben vor dieser Zeit energisch gefaltet worden ist. Wir sind also in der Lage, unsere Gesteine (da die Angaraserie alt- oder mitteljurassisch ist, siehe Kap. IX) entweder dem Ober- karbon, Perm oder der Trias zuzuweisen — ein immerhin recht unerfreulich großer Spielraum. Die Bogdo-Ola bildet, wie sich aus Profil IV leicht ersehen läßt, einen gewaltigen Sattel, der Spezialfalten besitzt; die Achse des Sattels geht durch die Hauptgipfel und folgt dem Kamm; sie zieht W. 20° S. nach Westen hin und streicht gerade auf die Mitte des niedrigen Gebirgsrückens los, der die Bogdo-Ola mit dem östlichen Tian- Schan verbindet (Dun-Schan, vgl. Karte I u. Ia). Nun hat Öbrutschew!) an der Hand ungemein zahlreicher Beobachtungen festgestellt, daß dieser Rücken einen Sattel bildet. Er besteht aus harten Sandsteinen und Mergeln mit eingeschalteten Korallenkalkbänken, tiefer aus dunkelgrünen, dunkelgrauen, tuffähnlichen Gesteinen (vgl. die Grauwacken zwischen Schlucht und Moräne des Bogdo-Ola-Sees im Da-tun-gu-Tal), grauen und dunkelgrünen Tonschiefern ete. ete. Diese Gesteine sind nicht umgewandelt, Eruptivgesteine fehlen; sie stimmen völlig mit den Gesteinen des „alten Gebirges“ der Bogdo-Ola überein und stehen mit ihnen im Streichen in Verbindung; sie 1) Zentralnaia Asiia, sjewernüü Kitai, i Nan-schan, 1. c., Bd. II, S. 645 ff. 265 gehören zweifellos der gleichen Serie an, möglicherweise bilden sie etwas höhere Horizonte dieser Serie, als die, welche in der Bogdo-Ola entwickelt sind. Nun bat Obrutschew den ungemein wichtigen Fund von Lepidodendron, cf. Haidingeri und Cordaites, cf. principalis gemacht, was beweist, daß unser „altes Gebirge“ aus oberkarbonischen Gesteinen besteht. Es wurde bereits hervorgehoben, daß die Bogdo-Ola einen gewaltigen Sattel mit Spezialfalten bildet; die Achse dieses Sattels streicht vom Dun-Schan!) her ©. 20° N., bis zu den Hauptgipfeln dem Kamme folgend; östlich von den Hauptgipfeln erfolgt eine plötzliche Biegung der Kammlinie und der Sattelachse in die OW.-Richtung, die sich noch ca. 8 km nach OÖ. zu verfolgen läßt (vgl. S. 36 u. 37 f.). Diese Biegung liegt gerade dort, wo die Verlängerung des im Dön-choü-dse fest- gestellten, SO. streichenden Sattels den Kamm trifft. Es entsprechen sich also das NO. streichende Stück der Falten der Angaraserie, des Bruches und des Kammes, sowie ihr OW. streichendes Stück (siehe Karte Ia u. IIa). Es ist jedoch hervorzuheben, daß die Richtung des Kammes gegen W., zum Meridian von Urumtschi hin, ungefähr immer die gleiche W. 20° S. bis 0. 20° N. bleibt, während die Angaraschichten und der Bruch, je weiter man nach W. komnt, sich desto schärfer einem SW.-Streichen und sogar der SSW.-Richtung nähern. Südlich von der Sattelachse, aber westlich von der Verlängerung der Achse des südöstlich streichenden Quersattels herrscht OW. und leichtes OSO.-Streichen, während nördlich von der Kammlinie sich scharfes NO.-Streichen findet. Die Streichrichtungen divergieren also nach O. Die Kammlinie nimmt nach W. hin allmählich an Höhe wesentlich ab und die Sattelachse des großen Bogdo-Ola-Sattels sinkt nach W. ein (siehe Kap. VI u. Profil Taf. 16, Fig. 1). Es wurde oben dargelegt, daß auch die Angaraserie nach W. zu einsinkt. Auch nach O. zu nimmt von den Hauptgipfeln ab der Kamm an Höhe etwas ab; gleichzeitig dreht sich dieser etwas nach OSO. Aus Karte la (übrigens auch aus der von Grum Grschimailo)?) ist dies deutlich erkennbar; man sieht hier auch, daß die Angaraserie nach SO. dreht, nachdem sie etwa bis zum Er-dao-cho eine OW.-Richtung gehabt hat. Es ist aus solchem Verhalten klar, daß dieser Bau durch Interferenz zweier Falten- systeme zustande gekommen ist, und zwar wurde einmal der gewaltige Sattel der Bogdo- Ola gebildet, der ursprünglich dem OW.-Streichen stark genähertes ONO.-Streichen besessen hat; diesen kreuzte dann ein SO. streichender Sattel, der nicht minder gewaltig ist. Er steigt von dem niedrigen Dun-schan-Rücken nach O. zu bis zur höchsten Bogdo- Ola empor, hat dort einen flachen First und sinkt dann nach O. wieder ein. Die Haupt- gipfel der Bogdo-Ola liegen gerade da, wo sich die Achse des OW.-Sattels und des scharf gefalteten westlichen Firststückes des SO.-Sattels schneiden. Die Senke von Urumtschi und der niedrige Dun-schan-Rücken kamen so zustande, daß hier den Sattel eine Mulde kreuzt. Die zahllosen Streichrichtungsänderungen, die Obrutschew festgestellt hat, lassen die Interferenz der Faltungssysteme deutlich werden. Nach O. hin steigt dann die Sattel- achse wieder hoch hinauf an. Wäre der Sattel ein regelmäßig stehender, so müßte man erwarten, daß die Achse unbeirrt in ihrem ganzen Verlauf ONO. oder OW. streiche, trotzdem sie durch einen kreuzenden Sattel emporgehoben und wieder niedergebogen wird (vgl. meine Ausführungen im vorläufigen Bericht über meine Reise im südlichen Tian-Schan, 1. e.). Nun beschreibt aber !) Bezeichnung Obrutschews für die niedere Schwelle zwischen Urumtschi und Sayo-pu. 2) Es sind dort Kohlengruben angegeben. 264 die Sattelachse einen flach nach N. konvexen Bogen, und zwar streicht sie ONO. solange die Heraushebung nach O. zu anhält; OW. aber streicht sie, wo sie der flache First des SO.- Sattels quert, und wird beim Absteigen gegen O., nach OSO. abgebogen. Dies läßt ver- muten, daß der O.—W.-Sattel nach S. zu übergelegt ist (vgl. vorläufigen Bericht, 1. c., Fig. 4a und 4b) und würde auch dem allgemeinen Faltungsbild entsprechen, da die Faltung im Tian-Schan, wie Suess bereits erkannt hat und wie ich es im südlichen Tian- Schan bestätigt gefunden habe, (südgerichtete Überschiebungen) von N. nach 8. gewirkt hat. Es fragt sich nun, in welcher Reihenfolge die Faltungen erfolgten? Ich habe im südlichen Tian-Schan festgestellt, daß zuerst die O.—W.-, dann die NNO.—SSO.-Faltung auftrat. Dies ist wohl auch hier der Fall; denn die durch die O.—W.-Faltung angelegten Sättel und Mulden springen kräftiger hervor und bestimmen das Relief mehr als die SO.-Falten; ferner scheinen diese nicht durch O.—W.-Falten aus ihrem normalen Verlauf abgelenkt zu sein, während dies bei den O.—W.-Falten der Fall ist. Wann die Verwerfung entstanden ist, läßt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Wenn man annehmen will, daß sie ursprünglich geradlinig verlaufen ist, so kann man glauben, daß sie ihren nach N. konvexen Verlauf durch Einwirkung der SO. streichenden Faltung erhalten hat, zumal sie nach N. einfällt; denn wenn eine Verwerfung nach N. geneigt ist und die Gesteinserien, die sie trennt, gemeinsam nach O. zu gehoben sind, so kommen in die horizontale nach OÖ. zu immer tiefer gelegene und nach N. vorgeschobene Teile auf die Höhe einer horizontalen Ebene. In dieser Annahme werde ich dadurch bestärkt, daß sie westlich von Urumtschi, wo der Westschenkel der durch den Dun-schan gehenden SO.-Mulde wieder ansteigt, nach WNW. zu streicht, sowie in der Bogdo-Ola die Biegung der Streichrichtungen der Gesteine nach O. zu mitmacht (siehe Anmerkung auf S. 265). In der Bogdo-Ola haben wir keine Möglichkeit, das Alter dieser beiden Faltungen genau zu fixieren; wir können nur sagen, daß sie postjurassisch waren. Nach Analogie mit dem südlichen Tian-Schan halte ich sie für tertiär. Das Angara-Gebirge südlich von Manas. Anschließend an die Beschreibung der in der Bogdo-Ola gemachten Beobachtungen will ich noch kurz mitteilen, was ich im Süden von Manas gesehen habe; denn die hier vor- gefundenen Verhältnisse stehen in enger Verbindung mit denen in der nördlichen Bogdo-Ola. Ich habe das Gebirgsland südlich von Manas an zwei Querprofilen kennen gelernt, von denen das eine bei der Reise vom Yuldus-Tal nach Schicho-dse (Ende Juli 1908), das andere auf dem Wege von Manas nach Jangule-bazar, während die Hauptkarawane Anfang September nach Dschincho zog, aufgenommen wurde. Die Routen finden sich auf der beigegebenen Karte I eingetragen. Ich bespreche zunächst die wenigen Beobachtungen auf der Route Manas-Jangule-bazar. Beim Austritt des Tales Schü-gu-lan stehen orographisch rechts graue (im Liegenden grüne) dann rote Mergel an, steil S. fallend und den Südflügel eines nicht mehr ganz erhaltenen Sattels bildend. Das Streichen ist O.—W., wie überall in diesem ganzen von der Route berührten Gebiet. Das Fallen wird dann flacher und es treten zunächst rote Steinmergel mit Gips, dann in bunter Folge gelbe, rote und grüne Mergel auf. Die Aufschlüsse halten jedoch nur etwa 1!/, bis 2km weit nach Süden an; weiter südlich ist alles von Löß verbüllt, der von den höheren Teilen der niedrigen, das Flußtal begleitenden Berge vom 265 Regen herabgewaschen wird und auf den Talgehängen kleben geblieben ist. Diese niedrigen Berge bilden eine 5—6 km breite Zone; sie erheben sich am Eingang des Tales 100 m über dem Talboden und nehmen nach S. an relativer Höhe etwas (bis etwa 250 m) zu. Diese Hügelzone fällt orographisch rechts (or. links ließ sich das Terrain nicht überblicken) zu einer Ebene ab, die terrassenartig 50—60 m zum Flußbett abstürzt. Auf eine Strecke von 20 km ritten wir ohne Aufschluß zu sehen an ihrem Abfall entlang, bis wir wieder auf diesmal flach N. fallende rote und grüne Mergel trafen, die an einigen Stellen aus dem Terrassenhang stoßen. Der Weg verläßt sodann das Flußtal; ca. 2 km oberhalb stehen braune Sandsteine an. Man steigt auf den terrassenartigen Absturz hinauf und gelangt in das Bereich einer schwachwelligen Ebene.!) Dort sieht man, daß links vom Flusse Schü-gu-lan die Hügel- zone bedeutend weiter nach S. reicht, als auf dem rechten Ufer (vgl. Karte) und daß die Ebene auf der linken Seite nur etwa 5—6 km breit ist. Bis zum Bazar sind die Aufschlüsse sehr schlecht, südlich hievon findet man eine mächtige Sandsteinserie mit mehr oder weniger steilem Nordfallen und mit kohligen Partien, manchmal Pflanzenreste enthaltend. 8 km im 8. von Jangule-bazar stoßen diese Gesteine, die unverkennbar als zur Angaraserie gehörig anzusehen sind, gegen altes Gebirge an einer Verwerfung ab. Beim Rückweg nach Manas wurde wieder der 5—6 km breite Wüstenstreifen gequert und dann in die Westfortsetzung der Hügelzone eingetreten; beide lassen sich weit nach W. zu verfolgen. Von Aufschlüssen ist nichts zu sehen, nur westlich vom Bazar erkennt man, daß auf den Sandsteinen bunte, N. fallende Mergel aufliegen, die fraglos mit denen zusammenhängen, die man ebenso nördlich vom Aufstiege aus dem Schü-gu-lan-Tal auf die Terrasse anstehen sieht. Dann trifft man erst wieder ganz draußen im nördlichsten Teile der Hügelzone auf bunte, steil N. fallende Mergel, welche die streichende Fortsetzung derjenigen bilden, die im unteren Schü-gu-lan-Tal vorgefunden wurden. Ob dies Angaraschichten oder Gobisedimente sind, weiß ich nicht; ich halte sie eher für Angaraschichten. Auf dem Wege von Manas nach Schicho-dse kann man im 8. der nördlichen Kaiser- straße die Hügelzone nach W. zu verfolgen. Gequert habe ich sie, von S. kommend, auf dem Wege Yuldus-Schicho-dse; sie wird auch aus vorwiegend roten Mergeln, die N. fallen, gebildet. Die Gehänge sind aber dort von Löß stark überwachsen, so daß nur schlechte Aufschlüsse vorhanden sind. Die Hügelzone ist etwa 9 km breit. Südlich hie- von folgt eine 5—6 km breite Ebene, die die Fortsetzung der im O. angetroffenen Ebene darstellt (siehe oben). Im S. wird diese Ebene von einem vielgestaltigen Hügelland abgeschlossen, dessen Fuß in ziemlich gerader, O. 5 Grad S. gerichteter Linie verläuft. Vom Basar Se-dschön-ga kommt ein breites Tal her, das wir in SN.-Richtung durchschritten haben; die Schilderung der geologischen Verhältnisse möge der Einheit- lichkeit wegen in der Richtung taleinwärts gegeben werden (siehe Profil VII, Taf. 18). 1) Der Sinn dieses Satzes ist nicht ganz klar; doch wagte ich die Fassung nicht zu ändern aus Furcht, den gemeinten Sinn zu verfehlen. Wegen Abwesenheit Dr. Gröbers in Argentinien, wo während des Krieges jede Verbindung mit ihm abgeschnitten ist, hatte ich die Korrektur seines Beitrages zu dieser Arbeit selbst zu übernehmen (siehe auch S. 264). G. M. Abh. d. math.-phys. Kl. XXVIIJ, 5. Abh. 34 266 Zunächst trifft man auf gelbliche und rötliche Schichten, die 20 Grad N. fallen und O0. 5—10 Grad S. streichen. Tiefer folgen rote Mergel und weiterhin grüne und violette, zurück- tretend rote Mergel, die steiler nach N. zu fallen scheinen. Weiter südlich treffen wir auf einen breiteren Komplex roter Mergel, die steil stehen und kaum merklich nach 8. geneigt sind. Wenig weiter südlich folgen grüne Sandsteine, die steil nach S. fallen und die Süd- hälfte eines Sattels darzustellen scheinen (vgl. Profil VII). Dann finden sich mächtige weiße Sandsteine, die nördlich und südlich vom Dorfe Se-dschön-ga anstehen und vielleicht eine Mulde bilden. Südlich vom Dorfe kommen unter ihnen 45 Grad S. fallende graugelb- braune Sandsteine heraus; diese werden in einem flachen Paß überschritten. Dort wo der Weg in ein kleines Tal hinabsteigt, finden sich in diesen Pflanzenreste (vgl. Kap. XXIV). Schon 5 km weiter im 8. erhebt sich das „alte Gebirge“, das in einer späteren Arbeit behandelt werden solle In dem Zwischenstück sind die Aufschlüsse schlecht; hin und wieder sieht man rote Schichten. In der Nähe des Dorfes Se-dschön-ga findet sich Kohle. Die ganze Gesteinsserie gehört der Angaraserie an und es ist mir nicht zweifelhaft, daß die Angara- serie auch hier gegen das südlich liegende Gebirge an einer Verwerfung abgesunken ist. Genaue Beobachtungen, vor allem über den Faltenbau der Angaraserie habe ich wegen der Hast der Reise dort nicht machen können. Die Luftsättel im Profil und der dort angenommene Zusammenhang der einzelnen Komplexe ist ganz hypothetisch. Ich kann auch nicht wagen, die hier vorgefundenen Schichten mit irgend einer der’in der nörd- lichen Bogdo-Ola unterschiedenen Stufen zu parallelisieren. Ich zweifle jedoch nicht, daß die graubraunen Sandsteine im Streichen mit den gleichen Gesteinen zusammenhängen, die wir weiter östlich bei Jangule-bazar gefunden haben, indem sie auf weite Erstreckung hin O. 5—10 Grad S. streichen, was sich auch von erhöhtem Punkte aus feststellen ließ. Die Verwerfung südlich von Se-dschön-gu und Jangule-bazar zwischen altem Gebirge und Angaraserie sind Teile ein und desselben großen Bruches und es ist mir nicht zweifel- haft, daß dieser die Fortsetzung der in der nördlichen Bogdo-Ola und südlich von Urumtschi vorgefundenen Verwerfung darstellt, die sich somit auf eine Erstreckung von 250 km ver- folgen läßt, und die dem nördlichen Teil des östlichen Tian-Schan ein Hügelvorland von Angaraschichten gegeben hat. Ich möchte nur kurz erwähnen, daß diese Verwerfung noch über 100 km weiter nach W. reicht; sie ist mir bis zum Kloster Zagan-ussun im SW. von Schicho, bei Sügoschur (vgl. Kap. VI, S. 43) bekannt geworden. Die Verwerfung liegt südlich von Manas in annähernd gleicher Breite wie in der nördlichen Bogdo-Ola; sie muß also, wie aus Karte Ta hervorgeht, westlich von Urumtschi wieder nach NW. streichen, um den Anschluß an das Stück südlich von Manas zu erreichen. Auch die Angaraschichten müssen westlich von Urumtschi nach NW. streichen, was wir ja auch tatsächlich ein Stück weit beobachten konnten. Dieser Bau bildet das Gegenstück zu denSW.— NO. streichenden Angaraschichten und zu der Verwerfung östlich von Urumtschi. Die Erniedrigung des Gebirges im S. von Urumtschi und sein Ansteigen nach W. hin haben wir oben als Folgeerscheinung der Interferenz eines O.—W.-Sattels mit einer SO.—NW.-Mulde hingestellt; die Verhältnisse westlich von Urumtschi fügen sich gut in dieses Bild ein. Berichtigung: S. 248 Zeile 7 von unten ist statt „unterliassische‘‘ zu lesen: „mitteljurassische‘, in gleicher Zeile ist einzureihen nach den Wörtern „dieser Schichten“: (vgl. S. 71.) n » 267 XXl. Petrographischer Teil von Georg Glungler mit 2 Tafeln Dünnschliffe. Die Gesteine der Bogdo-Ola-Gruppe beanspruchen aus mehr als einem Grund das leb- hafteste Interesse des Petrographen und des Geologen. Auf einem verhältnismäßig beschränkten Raum ist hier eine Reihe von wohl charakterisierten Gesteinstypen vereinigt, deren ein- zelne Vertreter bei aller Schärfe der Ausprägung des gemeinsamen Grundcharakters doch die mannigfachsten Modifikationen in Bestand und Struktur aufweisen. Die Tiefengesteine scheinen allerdings vollständig zu fehlen; sie geben aber ihre Gegenwart im Untergrund wenigstens durch die Beeinflussung der Oberflächengesteine deutlich genug zu erkennen. Schon die zahllosen Quarzadern, welche diese nach allen Riehtungen netzartig durch- trümern, müssen als die letzten Ausläufer aplitischer und pegmatitischer Gänge aufge- faßt werden. Die Kontakterscheinungen aber vollends, wie sie sich in den Gesteinen über Tage zeigen, setzen die Anwesenheit metamorphosierender Magmen unter Tage not- wendig voraus. Frittungen etwa, wie sie im Kontakt mit'den Effusivformen der Eruptiv- gesteine sich finden, fehlen zwar auch in diesem Gebirgsteil nicht; aber sie sind ganz lokale Phänomene. Im allgemeinen sind die metamorphen Wirkungen ganz von der Art, wie sie am Kontakt mit Tiefengesteinen aufzutreten pflegen. Muschketow, Roma- nowsky, Ignatiew, Sewerzow, Friederichsen, Keidel, Richarz, Kleinschmidt, Limbrock, Leuchs, Gröber und Merzbacher haben für verschiedene Teile des Tian- Schan verschiedene Tiefengesteine nachgewiesen und beschrieben. Kurt Leuchs bezeichnet in seinen geologischen Untersuchungen im Chalyk-tau, Temurlyk-tau und Dsungarischen Alatau (l. e.) die weite Verbreitung von Graniten und dementsprechend die große Aus- dehnung des von ihnen beeinflußten Gebietes geradezu als Charakteristikum für den Tian- Schan. Gewiß schlummert auch innerhalb der Bogdo-Ola-Gruppe der eine oder der andere Tiefengesteins-Lakkolith im Schoße der Erde. Ja, die Entfernung des vulkanischen Herdes von der Erdoberfläche kann gar nicht groß sein. Nach Beckes Regel ist Pyroxen bei hoher Temperatur stabil, Amphibol bei niederer. In den normalen Kontaktgesteinen kommt also jener wesentlich in der inneren, letzterer in der äußeren Kontaktzone vor. Ist das Zurücktreten der einen und die Zunahme der anderen Mineralgattung proportional der Entfernung von dem Zentrum der metamorpho- sierenden Agentien, so ist der Vergleich der lokalen Verbreitung der beiden Vorkomm- nisse ein zuverlässiger Wegweiser zum Sitz des Eruptivherdes. In den Kontaktbildungen des Bogdo-Ola-Gebirges behauptet ein diopsidischer Pyroxen die unbestrittene Vorherr- schaft. Die Kontaktgesteine gehören also vorzugsweise dem Bereich des inneren Kontakt- hofes an. Die Hauptmasse der Gesteine der Bogdo-Ola-Gruppe setzt sich aus Sedimenten zusammen, welche zu den Kategorien der Sandsteine, Tongesteine und Kalksteine gehören und namentlich am Südabhang starke metamorphe Beeinflussung widerspiegeln. Durch- brochen und zum Teil auch überlagert werden diese Schichten aber von Erguß- und Gang- gesteinen, welche chemisch und mineralogisch polare Gegensätze darstellen. Unter den Sandsteinen ziehen besonders die Grauwacken durch ihre Einschlüsse von Fragmenten 34* 268 der verschiedensten präexistenten Gesteine die Aufmerksamkeit auf sich. Unter den Ton- gesteinen finden sich auch solche, deren Material unverschwemmt zu sein scheint. Die Kalksilikathornfelse liefern treffliche Beispiele für den Antagonismus der Kohlen- und Kieselsäure und deren Gleichgewicht, wie es sich in der gleichzeitigen Anwesenheit von Karbonaten und freier Kieselsäure nach der Formel CaCO, + 810, T CasSi0, +C0, Ausdruck verleiht. Zugleich geben sie ausgezeichnete Belegstücke für einzelne der von Dr. V. M. Goldschmidt in seinem höchst instruktiven Werk über die Kontaktmetamor- phose im Kristiania-Gebiet aufgestellten Klassen der Kontaktgesteine. In den Effusiv- bildungen liegen Spaltprodukte vor, in denen die liparitischen Quarzkeratophyre den sauern, die feldspatärmeren Diabase den basischen Pol vertreten; dazwischen liegen Ergußgesteins- formen dazitischen Charakters. Eine bezeichnende Eigentümlichkeit aller Gesteinstypen ist der Reichtum an Natron und die Armut an Kieselsäure, die Fülle an farblosen oder schwach gefärbten und der Mangel an farbenkräftigen Gemengteilen. Unter den Alkalifeldspaten genießt allerwärts der Albit den Vorrang. In den Ton- und Sandsteinen findet sich ein unverhältnismäßig hoher Betrag von klastischem Feldspat-Detritus. Braune Maenesiaglimmer und kräftig gefärbte primäre Hornblende treten allenthalben bis zum Verschwinden zurück. Die Identifizierung der einzelnen Gesteine begegnet indes vielfach nicht geringen Schwierigkeiten. Vor allem ist die geologische Erscheinungsform der verschiedenen Gesteins- körper, oft das einzige Kriterium zur Entscheidung der Frage, ob ein Gang- oder Erguß- gestein, ja ob eine Eruptivbildung oder ein Sediment vorliegt, nicht immer mit ausreichender Sicherheit festgestellt. Auf Bergen, deren Gipfel mit Firn, deren Einmuldungen mit Gletschereis und deren Wände mit Gehängeschutt in reichem Maße bedeckt sind, ist die Ausbreitung der einzelnen Felsarten auf weitere Entfernungen überaus schwer zu verfolgen. Man muß daher den Forschern, welche auf pfadlosen Höhen von 4000-5000 m ein verhältnismäßig reiches Gesteinsmaterial gesammelt haben, Dank wissen, auch wenn manche Frage noch nicht genügend geklärt erscheint. Sodann ist die Untersuchung durch die außerordentliche Feinheit des Gesteinskornes sehr erschwert. Die Mehrzahl der Proben ist für Auge und Lupe kryptomer. Nicht selten sinkt die Korngröße bis zu trichitischer Zartheit herab. In den Kalksilikathornfelsen sind Dimensionen von 0,005 bis zu 0,03 mm nicht Ausnahme, sondern Regel. In der dazitischen Lava ist ein Feldspat von 0,2 mm in seiner Hauptentwicklungszone schon ein Riese in seinem Geschlecht. Überdies haben Gesteinsverwitterung im innigen Verein mit Gesteinszersetzung die tief- greifendsten Umbildungen hervorgerufen. Die Prozesse der Saussuritisierung, Uralitisierung, Chloritisierung und Serizitisierung haben nicht selten die einzelnen Vorkommnisse bis zur Unkenntlichkeit metamorphosiert. Endlich liegt auch keinerlei petrographische Literatur über dieses Gebiet vor. Vor der Merzbacher’schen Expedition war es, besonders in seinen höheren Teilen, nicht einmal betreten, viel weniger untersucht. „Auf den Schultern anderer stehen und weiter sehen“ ist hier also ausgeschlossen. Unter solchen Verhältnissen kann die Aufgabe dieser Abhandlung nicht sowohl in der Unterstützung oder Bekämpfung irgend einer petrographischen Theorie bestehen, als in der erstmaligen, wenn auch nicht Grund legenden Vermittlung eines Überblickes über die Verhältnisse der Gesteine jenes entlegenen Gebirgsabschnittes. Beschreibung der Gesteine. Psephite und Psammite. Unter den Sedimenten, welche in hervorragendem Maße an dem Aufbau der Bogdo- Ola-Gruppe sich beteiligen, spielen Psephite und Psammite eine nicht geringe Rolle. Man kann verschiedene Spezies der weit verbreiteten Gesteinsfamilie unterscheiden. Arkosen, Grauwacken und Konglomerate bilden wohl charakterisierte Gruppen mit mannigfaltig abgestuften Varietäten. Arkose. Wo das Sangun-Tal übergeht in das Da-tun-gu-Tal, kurz nach der Verwerfung und unfern vom ersten Sattel, wechsellagern helle Sandsteine und dunkle Tonschiefer. Hier findet man ein Gestein, welches seinem äußeren Habitus nach sehr viel Ähnlichkeit mit dem Taviglianaz-Sandstein des schweizerischen Eozän zeigt. Es ist ein dichtes, dunkel- graues Gestein mit Stich ins Bläuliche. Unter dem Mikroskop zeigt sich als herrschende Mineralkombination Orthoklas mit zwillingslamelliertem Plagioklas und Quarz. Sehr reich- lich ist auch Kalzit, teils als Verwitterungsprodukt der Feldspate teils als authigener Gemengteil vertreten. Selten ist ein grünlicher Biotit und ebenso vereinzelt farbloser Muskovit. Etwas häufiger dagegen erscheinen Schüppchen von dunkelgrünem Chlorit und winzige Prismen von dunkelgrüner Hornblende mit starker Absorption parallel der Haupt- entwicklungszone. Zirkon ist spärlich, Magnetit reichlich in dem Gestein verteilt. Letzterer stellt sich nicht bloß in unregelmäßigen Körnern und Fetzen sondern auch in ausge- zeichneter kristallographischer Umgrenzung dar. Die kleinen Oktaöder bilden einen Schmuck des Mineralbestandes. Man kann dieses Gestein um seines Reichtums an Feldspaten willen mit Fug als Arkose bezeichnen. Arkoseartig erscheinen auch verschiedene Varietäten der Grauwacke. So zeigt eine feinkörnige Grauwacke südlich von der Schlucht des Da-tun-gu- Tals und eine nahezu dichte aus dem Ogun-schan-dse-Tal sehr auffallend die Charaktere des regenerierten Granits. Da sie aber nicht bloß Einschlüsse von Mineral- sondern auch von Gesteinsfragmenten führen, so sollen sie doch unter die Grauwacken subsumiert und mit diesen interpretiert werden. Grauwacke (Taf. I, 2). Die Grauwacke ist weit verbreitet; sie bildet einen erheblichen Bruchteil des Gebirgs- ganzen. Man findet sie im Da-tun-gu- wie im Dön-choü-dse- und im Ogun-schan-dse-Tal. Ebenso steht sie südlich vom Hauptgipfel auf der linken Talseite bei der Schlucht an, durch die der Gurban-bogdo-Bach bricht. Die verschiedenen Proben bekunden große Mannigfaltigkeit in ihrer Entwicklung und Ausbildung. Allen gemeinsam ist die Mineral- Assoziation: Alkalifeldspat, Quarz, Chlorit, Kalzit und Eisenerz. Vielfach beobachtet man auch Zirkon, Apatit, Epidot und Muskovit. In der Verteilung der einzelnen Gesteins- elemente sowie in deren relativem Mengenverhältnis offenbart aber jede der vorliegenden Gesteinsproben ihre besondere Eigenart. 270 Arkoseartig ist die grünlichgraue, feinkörnige Grauwacke im Tal des den Bogdo- Ola-See entwässernden Baches, südlich von der Schlucht mit der Brücke. Unter den Alkali- feldspaten ist Albit durch Messungen 1 a und c als herrschender Gemengteil sicherge- stellt. Daneben erscheint auch Albit-Oligoklas oder aber auch Andesm. Die Feldspate sind zwar vielfach durch gute kristallographische Formengestaltung ausgezeichnet, aber nicht selten teils zu glimmerigen Substanzen teils zu Kalzit zersetzt. Der Quarz ist nicht häufig, tritt jedoch in verhältnismäßig großen Körnern auf. Das Eisenerz ist durch seine Leukoxenbildung als titanhaltig erwiesen. Apatit und Zirkon erscheinen nur in ganz ver- einzelten Individuen, etwas häufiger dagegen der Titanit. Die Rolle des die einzelnen Gesteinskomponenten verkittenden Zements spielt vorzugsweise der reichlich vorhandene Chlorit, meist in schuppenförmiger, zuweilen aber auch in faseriger Ausbildung. Er füllt die Zwickel zwischen den großen Kristallfragmenten aus, umgibt flaserig die einzelnen Mineralkörner und setzt in gewundenen Zügen durch das ganze Gestein. Manchmal bildet er auch eisblumenähnliche Aggregate. In den Chlorit ist nicht selten der Epidot mit guter kristallographischer Umgrenzung eingebettet. Charakteristisch ist neben der reich- lichen Entwicklung des Bindemittels das geringe Maß der Abnutzung des Gesteinsmaterials, ein Zeichen, daß dasselbe keinen weiten Transport erfahren hat. Die Einreihung dieses Gesteinstypus in die Grauwackenspezies muß durch den Einschluß eines Gesteinsfragmentes als gerechtfertigt gelten, welches große Ähnlichkeit mit der Grundmasse eines Keratophyrs aufweist. Noch feineres Korn zeigt die bräunlichgraue, im ersten Sattel des Ogun-schan-dse-Tals geschlagene Grauwacke. Der rotgefärbte Orthoklas ist vielfach perthitisch mit Albit ver- wachsen. Unter den Plagioklasen nimmt auch hier der reine Natronfeldspat die domi- nierende Stellung ein; aber auch Labrador konnte nachgewiesen werden. Im Unterschied vom erstgenannten Gestein kommen hier neben Chlorit auch Biotit und Muskovit zur Geltung. Ebenso ist Zirkon sehr häufig in das Gesteinsgewebe eingestreut. Ein vorzüglich erhaltener Kristall mit ausgezeichneter Endausbildung mißt 0,073 mm. Einen weiteren Unterschied begründet das Auftreten von Pyrit und Anatas, die öfters beobachtete Zwillings- lamellierung des Kalzits und die Bildung des Bindemittels durch Tonschiefermaterial, wo nicht die einzelnen Gesteinselemente unmittelbar aneinander grenzen. Gemeinsam aber ist beiden Gesteinsproben die Führung von Quarz, Apatit und Magnetit, sowie der Charakter der Gesteinseinschlüsse. Ja, man beobachtet hier an verschiedenen Stellen das Auftreten von eng gescharten, leistenförmigen, mehr oder minder parallel geordneten, sauren Feld- spaten, welche in ihrer Erscheinung ganz der trachytoiden Grundmasse der Keratophyre gleichen. Diese Ähnlichkeit wird in dem letzteren Gestein noch durch die Verwebung zahlreicher Eisenerzkörnchen mit den leistenförmigen Feldspaten erhöht. Der Art, aber nicht dem Mengenverhältnis der einzelnen Gesteinseinschlüsse nach steht die dunkelfarbige Grauwacke aus dem Da-tun-gu-Tal südlich von der Brücke, aus deren dichtem Untergrund nur vereinzelte Gemengteile sich einsprenglingsartig hervorheben, mit dem vorigen Gestein auf gleicher Stufe. Unter dem Mikroskop erscheint diese Varietät in ihren einzelnen Partien als ein eruptives, in ihrer Gesamtheit als ein klastisches Gebilde. Während in den oben behandelten Proben nur einzelne Gesteinsbruchstücke zwischen das übrige klastische Material eingewoben sind, besteht hier die Hauptmasse aus solchen Gesteinsbrocken. Einzelne größere Mineralkörner verleugnen auch hier ihre klastische 271 Natur nicht. Neben ihnen aber finden sich auch andere, welche sich durch ihren hohen Grad von Idiomorphismus als echte Einsprenglinge darstellen. Identifiziert konnten Albit- Oligoklas und Andesin werden. Aus einer vielfach unauflöslichen Grundmasse leuchten leistenförmige Feldspatmikrolithe heraus. Daß es sich hier tatsächlich um eine Grund- masse handelt, wird durch die sphärolithische Ausbildung gewährleistet. Sind die Feld- spatsphärolithe auch nur von geringem Durchmesser, so zeigen sie doch ein seltenes Maß von Vollkommenheit. Das dunkle Achsenkreuz auf lichtem Grunde hebt sich wie eine zierliche Medaille von seiner Umgebung ab. Wieder eine andere Partie im Gestein ist aus feinkörnigen Quarz-Feldspat-Aggregaten -gebildet, die offenbar von einem anderen Muttergestein sich herleiten. Charakteristisch ist die Umwandlung der Feldspate in Kalzit, die zuweilen so weit geht, daß nur noch schwache Spuren des ursprünglichen Minerales übrig geblieben sind, sowie die weitgehende Chloritisierung, die nicht bloß die Einspreng- linge ergriffen hat sondern auch der Grundmasse einen grünen Farbenton verleiht. Es liegen hier wohl die Überreste, teils eines keratophyrischen, teils eines liparitischen Ge- steins vor. Man könnte in diesem Gestein wohl auch ein Eruptivgebilde vermuten, das Material aus dem Nebengestein in sich aufgenommen; aber die weitgehende Abrundung einzelner einsprenglingsartiger Kristallindividuen, sowie der geologische Zusammenhang deuten auf Grauwacke. An dem nämlichen Fundort tritt auch ein Trümmergestein auf, im welchem zwei sehr charakteristische, weit voneinander abweichende effusive Gesteinsformen verkittet zu sein scheinen. Es ist ein grünlich graues Gestein, in welchem aus. einer dichten Grund- masse von grünlicher Färbung zahlreiche helle Feldspatmineralien porphyrartig sich her- vorheben. In der einen Partie sieht man Albiteinsprenglinge, öfters mit doppeltem Lamellen- system, von ansehnlicher Größe, welche in einer Grundmasse schwimmen, in der man noch eine zweite Feldspatgeneration in Verbindung mit winzigen Quarzkörnern unterscheiden kann. Dazu kommen Chloritschüppchen, Apatit, Zirkon und Ilmenit mit starker Titanit- umrandung. Auch Titanit in Form von Insekteneiern ist sehr häufig, Kalzit dagegen trifft man nur in Spuren an. Erzhäufehen mögen die letzten Überreste resorbierter Biotite oder Hornblenden sein. In einem anderen Teil des Schliffes findet man eine Partie, in welcher lauter kleine, leistenförmige, nach allen Richtungen sich kreuzende Feldspate stark veränderte Pyroxene durchschneiden oder einschließen. Wir haben es hier wohl mit emer Verbindung von quarzarmem Keratophyr mit einem Diabasfragment zu tun. Aus dem Dön-chon-dse-Tal liegen zwei Grauwackenproben vor, welche einander insofern sehr nahe stehen, als das eine Gestein einen Einschluß in sich birgt, welcher der Gesamtmasse des anderen sehr ähnelt. Jenes ist dem ersten Sattel, dieses dem Gebirge zwischen dem ersten Sattel und der Verwerfung entnommen. Das erstere ist ein rötlich braunes, feinkörniges Gestein mit tongallenartigem Einschlu£. Unter den Feldspaten herrscht Albit, wie überhaupt die nach dem Albitgesetz lamel- lierten Plagioklase einen wesentlichen Bestandteil des ganzen Gesteines bilden. Außer- dem nehmen an dessen Konstitution Quarz in großen gerundeten Körnern und Kalazit, teils in einheitlichen und regelmäßigen Individuen teils in einzelnen Lappen teil. Auch Chlorit ist nicht selten. Das Zement trägt die Art feinkörnigen Tonschiefers; doch sind die einzelnen Gemengteile desselben gar nicht mehr mit Sicherheit zu bestimmen. Das Eisenerz ist reichlich vorhanden. Ein Zirkon mit Dimensionen von 0,104 und 0,054 mm ist durch seinen guten Er- haltungszustand ausgezeichnet. Einzelne Gemengteile aber sind so stark mit kohligen Massen oder feinen Erzpartikeln bestäubt, daß die Diagnose sehr erschwert ist. Die ton- gallenförmigen Einschlüsse stellen sich unter dem Mikroskop als Quarz-Feldspat-Aggregate mit sehr reichlichem Eisenerz dar. Unter den Feldspaten kommt auch hier dem Albit die unbedingte Vorherrschaft zu. Die Ähnlichkeit des Gesteins vor dem Sattel mit diesen Einschlüssen des Gesteins aus dem Sattel ist überraschend. Es ist ein dichtes, flachmuschelig brechendes, grau- braunes Gestein, charakterisiert durch die Kombination von Orthoklas und zwillingslamel- liertem Plagioklas mit Quarz, etwas Chlorit und Magnetit. Es ist ebenso wie jener Gesteinseinschluß mit die Pigmentierung bedingendem Rost überzogen und mit einer Masse ausgestattet, welche auf das polarisierte Licht nicht mehr wirkt. Was an diesem Gestein aber besonders auffällt, das ist ein Einsprengling, der nach Licht- und Doppel- brechung, sowie nach der optischen Orientierung als Diopsid angesprochen werden muß und die durchschnittliche Größe der übrigen Gemengteile um mehr als das Sechs- fache übertrifft. Die Gegenwart dieses Einsprenglings rechtfertigt die Annahme, daß sich uns hier in der Hauptsache die Grundmasse eines porphyrischen Gesteins von liparitischem Charakter präsentiert. Polymiktes Konglomerat. Seiner Zusammensetzung nach mit den Grauwacken verwandt, aber durch seine Korn- größe von ihnen verschieden, ist ein Gestein, welches in dem Da-tun-gu-Tal südlich von der Schlucht mit der Brücke gefunden worden ist. Es enthält Gemengteile, welche 15 mm im Durchmesser halten und nimmt deshalb den übrigen Grauwacken gegenüber eine Sonder- stellung ein. Unter dem Mikroskop stellt das Gestein das reinste, aus den verschiedensten Typen zusammengesetzte Mosaik dar. Feldspate, unter denen wiederum der Albit den Vorrang hat, vielfach in zwei Generationen, Kalzit in einzelnen großen Individuen und kleinen langgezogenen Körnern, Chlorit in Blättern und faserigen Aggregaten, die häufig von Titansäuremineralien eingefaßt sind, seltener Zirkon und etwas häufigerer Magnetit, Titanit in der Insekteneierform und Anatas, Pyrit mit ausgezeichneter kristallographischer Formenentwicklung, Ilmenit mit Leukoxenrand und Mineralien der Amphibolreihe bilden den Mineralbestand. Diese Gesteinskomponenten sind aber nicht gleichmäßig auf das ganze Gestein verteilt, sondern bilden die verschiedensten Gruppierungen. Hier beobachtet man idiomorphe Feldspateinsprenglinge von ansehnlichen Dimensionen, eingebettet in einer an Sphärolithen überaus reichen Grundmasse; dort durchschneiden wohl umgrenzte Feldspat- leisten eine offenbar aus Pyroxenen hervorgegangene Chloritmasse. An einer dritten Stelle sieht man ein überaus feinkörniges Aggregat aus vielfach chloritisierten Amphibolprismen und Plagioklasen mit viel Titansäuremineralien. Zusammengehalten aber werden die ver- schiedenen Gesteinsbruchstücke durch Chlorit, der die einzelnen Gesteinselemente flaserig umzieht und vielfach auch in ansehnlichen Schuppen in das Gesteinsgewebe eingeflochten ist. Die einzelnen Teilstücke sind aber so typisch, daß man in ihnen unschwer die Über- reste liparitischer und diabasischer Gesteine sowie von Kalksilikathornfels erkennt. So wenig Interesse nun auch psephitische und psammitische Bildungen, wie sie in den Arkosen, Grauwacken und Konglomeraten der oben geschilderten Art vorliegen, dem Petro- 273 graphen abgewinnen können, so wichtig und bedeutsam können sie für den Geologen werden. Mag immerhin die Bildung der verschiedenen Teilstücke der konglomeratischen Massen zeitlich nicht weit auseinander liegen, so kommt doch den Muttergesteinen gegenüber den Derivaten zweifellos die Priorität zu. Es wird notwendig sein, in den Schlußfolgerungen auf die dargelesten Erscheinungen zurückzukommen. Tongesteine. Die Tongesteine breiten sich sowohl im Norden wie im Süden des Haupteipfels aus; sie stehen im unteren Da-tun-gu- und Döü-choü-dse- wie im unteren Gurban-bogdo-Tal an, finden sich aber auch an den Pässen, welche vom Da-tun-gu- zum Dön-chon-dse-Tal hinüber- führen und werden vom Gipfel des nördlichen Panoramaberges angegeben. Es tritt aber zwischen den Gesteinen im Norden und denen im Süden des Hauptgipfels ein unverkenn- barer Unterschied hervor, ein Unterschied, der sich nicht bloß auf die metasomatische Periode der Gesteinsgeschichte, sondern auch auf die Genese erstreckt. Die Gesteine des Südens haben nicht nur infolge stärkerer Dislokationen eine tiefer greifende metamorpho- sierende Beeinflussung erfahren, sondern auch teilweise eine abweichende Entwicklungs- geschichte durchlaufen. Es korrespondieren wohl die Tongesteine in der nach Norden überkippten ersten Mulde im Da-tun-gu- und Dön-chon-dse-Tal; es differieren aber diese Felsarten gar sehr von denen des Südabhanges (vgl. S. 40, 55, 60, 199). Schieferton. Aus dem ersten Sattel im Da-tun-gu-Tal liegt eine Probe vor, welche sich als ein dichtes, flachmuschelig brechendes Gestein von rotbrauner Farbe darstellt. Es ist in der Hauptsache aus Feldspat und Quarz zusammengesetzt. Die Feldspate gehören sehr ver- schiedenen Arten an. Die Mischungsreihe reicht vom Albit über Andesin bis zum Labrador- Bytownit. Der Quarz zeigt noch deutlich seine klastisch-allothigene Herkunft. Sehr spärlich sind Chlorit und Epidot; etwas häufiger Magnetit. Letzterer bildet sogar ansehnliche Körner. Kalkspat endlich ist in Lappen von geringen Dimensionen ohne alle kristallo- graphische Umgrenzung über das ganze Gestein verteilt. Der Gesteinskörper scheint geschiefert zu sein. Das Handstück wenigstens ist auf einer Seite von einer Art Struktur- ebene begrenzt, welche einen mattglänzenden Schimmer zeigt. Im Dünnschliff aber ist von Teilbarkeit des Gesteines nach einer Schicht- oder Schieferungstläche nichts zu bemerken. Organische Substanz dürfte kaum vorhanden sein. Die staubfein verteilten, starkglänzenden Partikelchen gleichen weniger dem Graphit als dem Magnetit, der im Gestein in größeren Exemplaren reichlich vertreten und durch alle Übergänge mit dem feinen Staub verbunden ist; seine Pigmentierung erhält das Gestein vielmehr durch die Gruppe der Eisenoxyde. Ganz ähnlich gefärbt, nur mit Stich ins Violette, ist ein Gestein, welches am Südabhang der Bogdo-Ola-Gruppe geschlagen wurde. Aber sowohl makroskopisch wie mikroskopisch trägt es Besonderheiten an sich, welche eine Abtrennung vom Schieferton erheischen; es dürfte Basaltton sein. Basaltton. Am Südabhang der Bogdo-Ola-Gruppe treten in rascher Aufeinanderfolge sehr ver- schiedenartige Gesteine auf. In ansehnlicher Höhe des südlichen Panoramaberges erscheint eine Felsart, welche man als Keratophyr bezeichnen muß. Weiter abwärts steht ein sehr Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 35 274 weitgehend metamorphosierter Diabas an. Dazwischen findet sich das Gestein, welches als Basaltton zu charakterisieren ist; es bildet das Hangende des stark zersetzten Diabases. Als ein hartes, im Großen flachmuschelig, im Kleinen splitterig brechendes, rötlichviolettes Gestein, ist es für Auge und Lupe völlig dicht. Nur einzelne Schwefelkieskristalle, zum Teil mit vorzüglicher Formengestaltung, heben sich scharf von dem dichten Untergrund ab. Der mikroskopischen Untersuchung stellt diese Probe durch die reichliche Pigmentent- wicklung, die auch hier vorzugsweise durch Eisenoxyd gebildet wird, große Schwierigkeiten entgegen. In Verbindung mit ihr trüben auch zahllose winzige Oktaäderchen von Magnetit das Bild erheblich. Stellenweise sind langleistenförmige Feldspatindividuen zu Aggregaten gehäuft, während an anderen Punkten mehr isometrische Kristalle auftreten. Sehr häufig sind die einzelnen Glieder der Epidotgruppe; sie sind aber nicht gleichmäßig über das ganze Gestein verteilt, sondern bilden an verschiedenen Stellen förmliche Haufwerke, die den Eindruck eines Produktes der Saussuritisierung großer Feldspateinsprenglinge hervor- rufen. Die einzelnen Mineralindividuen halten nur etwa 0,004 mm im Durchmesser. Zuweilen ist auch Chlorit in die Feldspate eingedrungen, Muskovit findet sich selten. Dagegen zeigt der Kalkspat hin und wieder eine starke Häufung. Am auffallendsten aber ist der Reichtum an Pyrit. Einzelne schmale Gänge, Sprünge und Klüfte sind ganz durch Epidot und Kalkspat ausgeheilt. Das Gesteinsmaterial scheint unverschwemmt zu sein, aber intensive Prozesse der Verwitterung, der Saussuritisierung und Chloritisierung haben hier zusammengewirkt, um ein Gebilde hervorzubringen, das sich als Basaltton kennzeichnet. Es soll indes durch diese Benennung keineswegs ein Präjudiz hinsichtlich der ursprüng- lichen Muttersubstanz geschaffen werden. Der Name wird nur gebraucht, weil er in der petrographischen Nomenklatur nun einmal Bürgerrecht genießt. Die Vermutung liegt nahe, daß das Gesteinsmaterial der Hauptsache nach sich von Diabas ableitet. Eine ähnliche Bewandtnis dürfte es mit einer Felsart haben, deren Heimstätte dem höchsten Gebirgskamm nahe liest. Tonschiefer. An dem Gehänge des nördlichen Panoramaberges findet sich ein Gestein, das makro- skopisch ganz den Habitus eines Tonschiefers an sich trägt (vgl. S. 174f.). Es ist von schwärzlichgrauer Farbe, besitzt große Härte und ist deutlich geschiefert. Die Strukturebene ist zwar glanzlos, aber doch so scharf und eben geschnitten, als wenn sie abgehobelt wäre. Auch das Abspringen einzelner Bruchstücke beim Hammerschlag läßt leicht die druck- schieferige Gesteinsbeschaffenheit erkennen. Nach dem Albitgesetz zwillingslamellierte Feld- spate, verschiedene Glieder der Epidotgruppe und Chlorit bilden den wesentlichen Mineral- ‘ bestand. Magnetit und Pyrit sind in feinster Verteilung über das ganze Gestein zerstreut- Dagegen ist Quarz nicht mit voller Sicherheit nachzuweisen. Wenn diese Probe als Ton- schiefer bezeichnet wird, so geschieht es mehr wegen des geologischen Zusammenhanges und der äußeren Erscheinungsform, als wegen des mikroskopischen Befundes. Unter dem Mikroskop sieht das Gestein einem intensiv zersetzten Diabas zum Verwechseln ähnlich. Kristallinische Schiefer. Die kristallinischen Schiefer sind in diesem Gebiet augensichtlich nichts anderes als höher kristallin entwickelte Sand- oder Tongesteine; ihr sedimentärer Charakter dürfte außer Frage sein. Man findet sie sowohl im Norden wie im Süden des Hauptgebirgs- 275 kammes; aber auch bei ihnen tritt der Unterschied der Intensität der metamorphosierenden Agentien sehr deutlich hervor. Die Gesteine des Südens haben nicht bloß eine normale Metamorphose sondern eine mehr oder minder tief gehende metasomatische Pneumatolyse erfahren (vgl. S. 273). Die Umbildung reicht oft so weit, daß man aus dem Charakter der Gesteinsstücke deren Lagerstätte mit ziemlicher Sicherheit a priori ermitteln kann. Zwei Arten von kristallinischen Schiefern sind zu unterscheiden: Kalkphyllit und Quarzitschiefer. Kalkphyllit (Taf. I, 3). Im Da-tun-gu- wie im Ogun-schaü-dse-Tal steht diese Gebirgsart an. Hier wie dort ist es der erste Sattel nach der Verwerfung innerhalb des alten Gebirges, in dem sie auftritt. Es ist ein dunkelfarbiges, grünlichgraues, deutlich geschichtetes Gestein. Schon makroskopisch beobachtet man die oft wiederholte Wechsellagerung von helleren und dunkleren Lamellen. Unter dem Mikroskop erkennt man, daß die ersteren von allotrio- morphkörnigen Kalkspatindividuen, die letzteren von Quarzteldspat-Aggregaten mit wech- selndem Chloritgehalt gebildet werden. Muskovit und Biotit erscheinen verhältnismäßig selten. Dagegen ist der Zirkon ein häufiger Nebengemengteil. Apatit und Pyrit treten nur ganz vereinzelt auf. Opake Erzkörnchen sind allenthalben in das Gesteinsgewebe ein- geflochten. Der Feldspat wurde durch Messungen in Schnitten senkrecht zur ersten und zweiten Mittellinie als Albit erwiesen. Der klastische Charakter des Gesteinsmaterials wird mit unzweifelhafter Sicherheit an dem schlechten Erhaltungszustand des Zirkons erkannt. Dieses Mineral erscheint nicht nur ohne Endausbildung sondern auch mit starker Kanten- rundung der kurzen, abgebrochenen Säulchen, so daß es mehr oder weniger Körnerform an sich trägt. Der besonders im Da-tun-gu-Tal sich zeigende grüne Farbenton ist natür- lich durch das reichlichere Auftreten chloritischen Pigments verursacht. Quarzitschiefer. Der kristallinische Quarzit ist am Südabhang der Bogdo-Ola-Gruppe verbreitet (vgl. S. 103). Es ist eine hellfarbige, sehr feinkörnige, nahezu dichte Felsart. Nur stellenweise beobachtet man fettglänzende Quarzkörnchen und dünne Häutchen hellen Glimmers. Auffallend ist auch makroskopisch schon die starke Imprägnation mit Schwefelkies. Das Mikroskop bestätigt den unbestrittenen Prinzipat des Quarzes, dessen einzelne Individuen sich vielfach in geradlinigen Konturen berühren und häufig parallel laufende Stengel bilden. Umflasert sind die Quarzkristalle oft von glimmerartigen Häutchen, welche als Muskovit beziehungs- weise Serizit anzusprechen sind. Der Feldspat ist ein seltener Gast; er stellt sich zuweilen in polysynthetischen Zwillingskristallen dar, deren einzelne Lamellen von außerordentlicher Zartheit sind. Überaus häufig ist der Schwefelkies, zeigt jedoch vielfach eine so weit gehende Zersetzung, daß nur noch im Kern ein unversehrter Bruchteil des ursprünglichen Kristalles vorhanden ist. Ein nicht minder häufiger Gemengteil ist der Epidot, der mit grüngelber Farbe durchsichtig wird und zwischen gekreuzten Nicols die bezeichnende Bunt- farbigkeit der so verschieden zusammengesetzten Glieder der Familie zu erkennen gibt. Die Strukturformen sind im Dünnschliff sehr scharf ausgeprägt. Die deutlich hervor- tretende Parallelordnung der Glimmerzüge ist der Ausdruck einer ausgesprochenen Schicht- struktur. Daneben ist die Pflasterstruktur in sehr typischer Weise entwickelt. Greifen auch einzelne Quarzkörner oft zickzackförmig ineinander ein und sind sie auch manch- 35* 276 mal so eng miteinander verzahnt, daß man versucht sein könnte, die Grenzlinien nur für Sprünge emes einzigen Individuums zu halten, so gleicht doch im allgemeinen das Gefüge dem aus ebenflächigen Würfeln zusammengesetzten Straßenpflaster in sehr auffälliger Art. Es liegt ein intensiv metamorphosierter Quarzitschiefer vor, dessen reichliches Zement zu holokristalliner Entwicklung in der Weise gelangt ist, daß die tonigen und kalkigen Substanzen teils in Feldspat und Glimmer teils in Epidot einge- gangen sind, während der Eisengehalt bei der Epidotbildung allein völlig aufgebraucht zu sein scheint. Kalksteine., Unter der Rubrik der Kalksteine sollen alle die Felsarten aufgeführt und behandelt werden, welche einen erheblichen Prozentsatz an Kalk führen, gleichviel ob dieser Kalk- gehalt an Karbonate, Silikate, Phosphate oder anderweitig gebunden ist. Reine Kalk- steine sind in diesem Gebiet nicht vorhanden. Die vorliegenden Proben enthalten alle ein größeres oder geringeres Maß an tonigen Substanzen. Eine fast lückenlose Reihe führt von kalkhaltigen Tongesteinen durch die Mergel zu den Kalksilikathornfelsen hinüber. In der Mehrzahl der Fälle zeigen alle diese Vorkommnisse eine: weitgehende metamorphe Beeinflussung. Auch solche Bildungen, welche neben dem Tongehalt lediglich Karbonate führen, tragen vielfach hornfelsartigen Charakter. Die schieferige ‘Struktur ist dabei zuweilen selbst bei tiefgreifender Umwandlung noch deutlich erhalten; beı den hochent- wickelten Kalksilikathornfelsen dagegen ist sie mehr oder minder vollständig verwischt. Mergel. In dem Sangun-Tal steht nahe bei der Verwerfung ein schmutzig grünes, hornfelsartiges Gestein an. Feldspat, Quarz und Chlorit bilden die Hauptgemengteile. Dazwischen aber ist nicht allzu selten Kalkspat eingestreut. Titanit ist in feiner Verteilung reichlich, Zirkon spärlich, Epidot nur in ganz geringer Menge vorhanden, ebenso Serizit und Eisenerz. Unter den Feldspaten herrscht der zwillingslamellierte Albit vor, ohne jedoch einen erheb- lichen Grad von Idiomorphismus zu erreichen; neben ihm erscheint Anorthoklas in gleicher Ausbildung. Der Chlorit behauptet der Menge nach vor allen anderen Gesteinselementen den Vorrang; er tritt in einzelnen Schuppen auf, bildet aber auch vielfach lappige Aggregate. Der grünliche Farbenton ist fast ausschließlich durch ihn hervorgerufen, da der Epidot neben ihm kaum zur Geltung kommt. Der Kalkspat entbehrt der regelmäßigen Umgrenzung völlig; er ist über das ganze Gestein verteilt, aber nur in Partien von geringen Dimensionen. Von einer Schieferung oder Schichtung ist zwar in dem Gestein nichts mehr zu bemerken; es dürfte aber dennoch aus Tonschiefer hervorgegangen sein. An dem Nordschenkel des ersten Sattels tritt im Da-tun-gu-Tal ein Gestein zu Tage, welches schon erheblich reicher an Kalk ist; es baut sich im wesentlichen aus Albit mit Quarz und hellem Glimmer, sowie Chlorit auf, führt Zirkon als Nebengemengteil und Pyrit, Granat und Kalzit als Übergemengteil. Unter den Feldspaten dominiert wieder der zwillingslamellierte Albit. Der reichlich vorhandene Pyrit zeigt allenthalben die Tendenz nach kristallographischer Formenent- 277 wicklung. Die ganz vereinzelt auftretenden Zirkonsäulchen verraten durch ihre starke Abnützung während des Transportes, abgesehen von allem anderen, recht deutlich den klastischen Charakter des Gesteins. Besonders charakteristisch ist die nach allen Richtungen verlaufende Durchtrümerung des Probestückes. Quarz, aplitisches Material und besonders Kalkspat füllen die Gänge. Ist der Kalzit auch auf das ganze Gestein verteilt, so sammelt er sich doch vorzugsweise in diesen Spalten an, wie auch das Auftreten des Pyrits und Granats in der Hauptsache an diese Sprünge und Klüfte gebunden ist. Der Quarz erreicht in diesen Spaltenfüllungen eine solche Vollkommenheit der Formengestaltung, daß die Injektionsadern pegmatitischen Charakter gewinnen. Auch dieses Gestein dürfte aus kalkreichem Tonschiefer hervor- gegangen sein, und es unterliegt keinem Zweifel, daß an seiner kontakmetamorphen Umbildung gerade jene Injektionen hervorragenden Anteil genommen haben. In seiner chemischen und mineralischen Zusammensetzung steht dieser Felsart ein Gestein sehr nahe, welches im Da-tun-gu-Tal kurz vor dem ersten Lager geschlagen wurde; es stellt sich makroskopisch als ein dunkelgraues, dichtes, im Großen flach- muschelig, im Kleinen splitterig brechendes Gestein dar, das von zahlreichen, haarfeinen Kalkspatadern durchzogen ist. Neben Quarz in Verbindung mit Feldspaten, unter denen gleichfalls Albit den Reigen führt, erscheint hier aber als Hauptgesteinskomponent das Karbonat; es durchschwärmt in zahlreichen Kristallen gleichmäßig diese Felsart. Was an demselben sofort auffällt, das ist der hohe Grad des Idiomorphismus; es sind vielfach formvollendete Rhombo&der, in denen es erscheint. Der Mangel au Zwillingslamellen in Verbindung mit dieser idealen Formenentwicklung läßt Dolomit vermuten (Taf. I, 1). Chlorit tritt bis zum Verschwinden zurück. Pyrit fehlt. An seiner Stelle erfüllt opakes Eisenerz, welches zumeist Magnetit ist, die Klüfte und dringt in das Gesteinsgewebe ein. Kalksilikathornfels (Taf. I, 4). Die Kalksilikathornfelse sind vorzugsweise in dem zentralen Teil der Bogdo-Ola- Gruppe zu finden; sie stehen am Hauptgipfel an, sind in dessen Moräne verbreitet, treten an den Gehängen des nördlichen Panoramaberges zutage und erscheinen auch noch am Sidabhang des Gebirges. Zumeist tragen sie sehr typischen Charakter; es sind fast durchweg dichte Gesteine von grünlich grauer Farbe; nicht selten zeigen sie eine vor- züglich entwickelte Bänderung, indem helle und dunklere Lagen wechseln. Die Mächtig- keit der einzelnen Schichten schwankt in ziemlich weiten Grenzen: sind einzelne Lamellen nur ein paar Millimeter dick, so erreicht in anderen der senkrechte Abstand der Begren- zungsflächen 4 cm und darüber. Stellenweise bilden diese Bandhornfelse eine sehr auf- fallende und charakteristische Erscheinung. Hin und wieder beobachtet man äußerst zier- liche Dendriten; ihre braunrötliche Farbe charakterisiert sie als Ausscheidungen von Eisen- oxydhydrat auf engen Schichtenfugen des Gesteins. Unter dem Mikroskop stellen sich die Kalksilikathornfelse in der Hauptsache als ein Gemenge von Plagioklas mit Pyroxen oder Hornblende dar. Eisenerze und Titansäure- mineralien sind allenthalben in ziemlich reichlicher Menge vertreten. Desgleichen spielen die einzelnen Glieder der Epidotgruppe eine wichtige Rolle. Quarz tritt sehr zurück. Wollastonit, Granat und Skapolith sind vereinzelte Erscheinungen. Kalzit und Muskovit sind spärlich, etwas häufiger dagegen der Chlorit. 278 Nach Messungen senkrecht zur ersten und zweiten Mittellinie überwiegt unter den Feldspaten auch in diesen Kontaktbildungen der Albit; neben ihm war Labrador nachzu- weisen. Manchmal übertrifft der Feldspat die übrigen Gesteinselemente durch seine Größen- verhältnisse so, daß er eine porphyrartige Struktur hervorruft; es fehlt ihm jedoch allezeit die kristallographische Formvollendung. Unter den wesentlichen farbigen Gemensteilen hat der Diopsid die Vorherrschaft; er bildet kurze Prismen von hellgrüner Farbe mit schwachem Pleochroismus und seine Dimensionen sind in der Regel überaus gering: bei einer Längenausdehnung von 0,02 bis 0,03 mm erreicht seine Breite zuweilen kaum 0,005 mm und seine Auslöschungsschiefe weicht in gut meßbaren Kristallen nicht viel von 45 Grad ab. Der diopsidische Pyroxen ist derjenige Gemengteil, welcher den tiefen Farbenton in den dunklen Bändern hervorruft; es sind diese Gesteinspartien in der Hauptsache nichts anderes als ein aus Pyroxen gebildeter Mikrolithenfilz. Die Hornblende zeigt einen mehr satt- grünen Farbenton und starke Absorption in der Hauptentwicklungszone. Der Wallastonit ist ausreichend gekennzeichnet durch die Lage der Achsenebene senkrecht zur Spaltbarkeit, sowie durch seine Stengeligkeit nach der Querachse. Unter den Eisenerzen ist weitaus am meisten der Ilmenit, in der Regel mit einem Titanitrand umgeben, vertreten; neben ihm stellt sich der Magnetit in ziemlich ansehnlichen Individuen ein. In einzelnen Vorkomm- nissen ist der Pyrit lokal mit ausgezeichneter Kristallform stark verbreitet. Der Granat bildet nur in einem Probestücke einen sehr charakteristischen Gemengteil. Der Chlorit ist manchmal zu putzenförmigen Aggregaten gehäuft und der Muskovit erscheint zuweilen in ansehnlichen Kristallen. Im allgemeinen repräsentieren diese Kalksilikathornfelse Kalkgesteine mit einem mehr oder minder erheblichen Gehalt an tonigen Substanzen. Im einzelnen seien noch folgende Bemerkungen beigefügt: In einem Seitentälchen des Gurban-bogdo-Tales wurde ein Probestück geschlagen (vgl. S. 195 f.), welches eine gewisse Sonderstellung einnimmt; es ist ein schmutziggrünliches, hornfelsartiges Gestein, welches noch deutlich die ursprüngliche Schichtung des klastischen Materials bewahrt hat. Der farbige Gemengteil ist neben Chlorit, besonders grüne Hornblende. Die Vorherrschaft dieses Minerals läßt erkennen, daß der Fundort des Gesteins schon nicht mehr im Bereich des inneren, sondern des äußeren Kontakthofes gelegen ist. Der eruptive Herd mul offenbar dem Hauptgipfel näher gerückt sein. Als eine weitere Eigentüm- lichkeit dieses Vorkommens ist der Reichtum an Kalkspat zu erwähnen: während das Kalkkarbonat in den sonstigen Hornfelsen bis zum Verschwinden zurücktritt, ist es hier sehr reichlich vorhanden. Charakteristisch ist endlich auch die skelettartige Ausbildung des Titaneisenerzes. Die an den Gehängen des nördlichen Panoramaberges von Professor Dr. Merz- bacher gesammelten Kalksilikathornfelse (vgl. S. 173 f.) vertreten den reinsten Typus; sie gleichen den Plagioklas-Diopsidhornfelsen desKristianiagebietes, welcheDr. V.M.Goldschmidt in die siebte Klasse der Hornfelse gestellt hat und unterscheiden sich von diesen lediglich dadurch, daß sie nicht bloß biotitarm, sondern biotitfrei sind. Wenn brauner Glimmer überhaupt vorhanden war, so hat er offenbar eine Spaltung in der Weise erlitten, daß die Tonerde in den Plagioklas einging, Magnesia und Eisenoxydul in den diopsidischen Pyroxen. Einen abweichenden Charakter zeigen die von Dr. Gröber in der Moräne des Hauptgipfels geschlagenen Kalksilikathornfelse; ein im Grossen flachmuschelig, im Kleinen 279 splitterig brechendes, dichtes Gestein steht den bisher geschilderten noch am nächsten; die bräunlichviolette Färbung aber, sowie das Auftreten vereinzelter, tafelförmiger, einspreng- lingsartiger Feldspate verleiht ihnen makroskopisch ein eigenartiges Gepräge. Unter dem Mikroskop fällt neben der reichlichen Vertretung der Titansäuremineralien der Mangel an Titaneisenerz auf; auch der farbige Gemengteil besitzt seine Besonderheiten. Vielleicht steht er dem Omphazit nahe. Von den beiden anderen Proben macht die eine im Handstück den Eindruck einer Brekzie, zusammengesetzt aus verschiedenartigen, auch ungleich gefärbten, eckigen Brocken. Auch im Dünnschliff bekundet dieses Gestein keinen einheitlichen Charakter; in einem fein- körnigen Quarzfeldspataggregat, in welchem der Quarz die Vorherrschaft führt, treten unzählige Mikrolithe aus der Epidotgruppe auf. Daneben erscheint auch vielfach Chlorit in kleinen Fetzen. Innerhalb des feinkörnigen Gemenges aber finden sich Putzen von Adern von gröberkörnigen Aggregaten, die sich meist aus Zoisit, Epidot, Chlorit und Quarz aufbauen. Der herrschende Gemengteil ist hier entschieden der eisenreiche Epidot. Die Quarzdurchschnitte bilden vielfach sechsseitige Tafeln. Der Chlorit mit seinem starken Pleo- chroismus ist oft zu büschelförmigen Gebilden aggregiert; der Pyrit, in zahllosen Körnchen in das Gesteinsgewebe eingeflochten, entwickelt nicht selten auch scharfe Kristallformen. Von Kalzit ist keine Spur zu finden. Der Reichtum an Kalktonerdesilikaten mag die Bezeichnung dieser Felsart als eines Kalksilikathornfelses rechtfertigen. Die dritte Gesteinsprobe stellt sich als ein grünliches, dichtes Gestein dar, aufgebaut aus Epidot, Zoisit und Muskovit als herrschenden Gemengteilen; neben ihnen erscheint spärlicher auch Feldspat. Der Epidot nimmt zuweilen wie der Zoisit recht gute kristallo- graphische Umgrenzung an; Quarz und Titanit sind ziemlich selten. Was dieser Felsart aber ihre besondere Eigenart verleiht, das ist das Auftreten von Granat und Skapolith. Der Granat bildet rundliche Körper, welche zahlreich über das Gestein verteilt sind. Der Skapolith, dem Quarz gegenüber durch den negativen Charakter der Doppelbrechung scharf gekennzeichnet, erscheint in ansehnlichen Individuen oder gehäuften Aggregaten. Es liest also hier ein Kalksilikathornfels vor, welcher der achten Klasse Dr. Gold- schmidts entspricht und überleitet zu den Epidositen. Epidosit. Auf bedeutender Höhe des südlichen Panoramaberges findet sich eine Felsart, welche offenbar eine reiche Geschichte hinter sich hat; es ist ein deutlich geschiefertes, grünlich- gelbes, durch dunkle Putzen stark geflecktes Gestein. Der Grundton der Farbe (vgl. $. 186) gibt schon dem unbewaffneten Auge zu erkennen, daß es sich um eine sehr epidotreiche Bildung handelt. Die mikroskopische Untersuchung bestätigt den makroskopischen Befund durchaus. Die verschiedenen Glieder der Epidotgruppe haben die unbedingte Vorherrschaft und in dieser Mischungsreihe ist es wieder gerade der eisenreiche Epidot, der an Häufigkeit alle anderen Varietäten weit überragt; neben dem Epidot ist aber der Chlorit auch ungemein verbreitet. Wie es scheint, ist auch Sprödglimmer vertreten. Feldspat und Quarz sind nicht allzu selten. Auch Titanit ist ein häufiger Gemengteil. Dagegen ist Muskovit und Serizit nur stellenweise etwas reichlicher angehäuft. Der Epidot bildet mit seinen Körneraggregaten ansehnliche Nester und Putzen im 00 oO Gestein, zieht sich in breiten Strängen durch den Schliff, füllt im Verein mit anderen 280 Gemengteilen die Gänge und Spalten aus und beteiligt sich in feiner Verteilung an der Pigmentierung grundmasseartiger Partien im Gestein. Mit ihm ist aufs engste der Chlorit verknüpft, welcher teils in lang gezogenen Lappen teils in gerundeten Körnern und feinen Schüppchen über das ganze Gestein verteilt ist. Feldspat tritt in ansehnlichen Individuen mit guter Umgrenzung, sowie auch in feinen Körnern auf. Nachgewiesen konnte nur Albit und Anorthoklas werden; sie erscheinen zuweilen mit einem schmalen Kranz von Epidot- mineralien umgeben, während sie im Kern stark serizitisiert sind. Mit Feldspat verbunden, zeigt der Quarz ganz ähnliche Entwicklungsformen. Der Titanit kommt nur in ganz unregelmäßigen Partikeln vor. Muskovit und Serizit dürften lediglich Zersetzungsprodukte der Feldspate sein. Das Gestein ist von Gängen, Spalten und Klüften reichlich durchzogen, in denen die auskleidenden Mineralien, namentlich Epidot und Feldspat, senkrecht zu den Kluftwänden angeschossen sind und eine ausgeprägte Parallelordnung einhalten. Der starken Gesteins- zerklüftung entspricht auch der Zustand der größeren einsprenglingsartigen Gesteinskom- ponenten. Die Quarz- und Feldspateinsprenglinge haben zwar ihre idiomorphe Formen- gestaltung bewahrt, sind aber innerlich in ein Gemenge von lauter kleinen unregelmäßigen Körnern zerdrückt. Einzelne Feldspatindividuen haben auch eine Streckung erlitten und sind von kleinen Körneraggregaten eingehüllt, so daß eine Art Mörtelstruktur entstanden ist. Die Spuren sehr starker Kataklase treten allerwege sehr deutlich zutage, wenn auch die bezeichnende undulierende Auslöschung nur in sehr geringem Maße wahrzunehmen ist. Die Bezeichnung dieser Bildung als Epidosit ist durch den Reichtum an Epidot- mineralien in Verbindung mit den geschilderten Erscheinungen wohl begründet. Aus welchen Muttergestein aber diese Felsart hervorgegangen ist, läßt sich schwer entscheiden. Feld- spat und Quarz sind öfters in eine überaus feine Grundmasse eingebettet, welche sich hin und wieder als ein Gemenge von Chlorit und Epidot, sowie von Quarz und Feldspat- mikrolithen darstellt. Diese Gesteinspartien tragen augensichtlich porphyrischen Charakter. Der Natur der Feldspateinsprenglinge nach, soweit diese festgestellt werden konnte, kann aber nicht etwa, wie sonst so häufig, ein basisches, sondern nur ein saures Eruptivgestein als ursprüngliches Substrat vorliegen. Ausgeschlossen ist aber die Möglichkeit nicht, daß einzelne Kristalle in vulkanischer Asche eingebettet sind. Zwischen diesen Partien hin- durch ziehen sich die Bänder der Epidotaggregate in Verknüpfung mit lang gezogenen serizitisierten Feldspaten und vereinzelten Chloritlappen. Vielleicht haben wir es mit einem durch Kontaktmetamorphose sehr weitgehend beeinflußten Quarzkeratophyr, vielleicht aber nur mit einem Tuff dieser Gesteinssorte zu tun. Viel klarer liegen die genetischen Beziehungen bei einem Epidotgestein zutage. welches zwar auch am südlichen Panoramaberg, aber viel weiter abwärts, schon nahe der Talsohle auftritt. Nach seiner geologischen Erscheinungsform stellt es sich als eine Gang- füllung dar; nach seiner mineralischen Konstitution ist es im wesentlichen ein Gemenge der verschiedenen Glieder der Epidotgruppe, unter denen der eisenreiche Epidot augen- sichtlich vorwaltet. Als Hauptbegleitmineral ist der Quarz zu nennen. Nicht selten sind auch Titansäuremineralien in Verbindung mit Apatit; sehr spärlich dagegen ist der Feldspat vertreten. Der Epidot bildet häufig Zwillinge und zeigt die Buntscheckigkeit der Interferenz- farben in sehr charakteristischer Weise. Die Formengestaltung erreicht .bei ihm sehr oft 281 ein hohes Maß von Vollkommenheit. Ebenso ist aber auch der Quarz durch seinen Idio- morphismus ausgezeichnet. Von den Titansäuremineralien ist der Grothit sowohl durch seine rötlichbraune Färbung wie durch den rhombischen Durchschnitt zur Genüge gekenn- zeichnet. Übrigens ist auch der Anatas durch den verhältnismäßig niederen Grad der Doppelbrechung sicher gestellt. Der Apatit ist in langnadeligen Kristallen ausgebildet. Von den spärlichen Feldspaten konnte nur Andesin identifiziert werden. Was die in dieser Felsart auftretenden Strukturformen anbelangt, so ist neben der idiomorphen Umgrenzung der Hauptgemengteile die typische Entwicklung der Pflaster- struktur zu nennen. Die Geradlinigkeit der Konturen der einzelnen Gesteinselemente ist geradezu überraschend. Bezüglich der Gesteinsbildung ist der Gedanke an thermale Pro- zesse nicht von der Hand zu weisen. Dagegen liegen beim Epidotskarn die Wirkungen der metasomatischen Pneumatolyse vor. Epidotskarn. In der Nähe der Kupferschmelze (siehe S. 200 f.) tritt eine Gebirgsart auf, welche ganz die Charaktere des Epidotskarns an sich trägt (vgl. auch 8. 139). Daß dieses Gestein reich an Kupfer ist, lehrt der Augenschein, daß es sehr viel eisenreichen Epidot sowie Eisenerz enthält, die mikroskopische Untersuchung. Ein Handstück zeigt an verschiedenen Stellen den grünen Anflug des Malachits und an anderen den blauen von Kupferlasur. Überdies ist das Gestein so reichlich mit Kupferkies imprägniert, daß der Kupfergehalt sofort in die Augen springt. Im Dünnschliff erscheinen die verschiedenen Epidotvarietäten als weitaus herrschende Gemengteile. Daneben beteiligen sich an dem Aufbau des Gesteins’ Quarz, Titan- säuremineralien, Kalzit und Feldspat. Unter den Titansäuremineralien steht der Anatas oben an, durch seine Zugehörigkeit zu den optisch einachsigen Kristallsystemen und die Niedrigkeit der Doppelbreehung vom Titanit deutlich unterschieden. Kalzit und Feldspat spielen nur eine geringe Rolle. Sehr auffallend dagegen ist der Reichtum an Erz. Die oxydischen Erze sind ja wohl selten, die sulfidischen dagegen überaus stark vertreten. Kupferkies und Eisenkies mögen in gleichem Mengenverhältnis vorhanden sein; im ganzen aber überwiegt der Eisengehalt. Ist doch eine erhebliche Menge von Eisen in den Epidot eingegangen. Vielfach ist das Eisenerz zu Eisenoxydhydrat verwittert. Ganze Schlieren ziehen in mannig- fachen Windungen durch das Gestein, die nur aus Rost bestehen. Im Kern jedoch ist das Erz vielfach noch völlig intakt. Über die Bildungsgeschichte des Epidotskarns gibt die Reihenfolge der Mineralaus- scheidungen ziemlich zuverlässigen Aufschluß. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Imprägnation mit‘ den sulfidischen Erzen erst der Bildung des Eisensilikates folgte. Erscheint doch nicht selten der eisenreiche Epidot als Einschluß des Erzes. Der Epidot- kristallisation dürfte eine Zufuhr von Eisen aus einem Tiefengestein zu dem kalkreichen Sediment vorausgegangen sein, wobei die Reaktion etwa nach dem Schema verlaufen sein mag: 2FeCl, +3CaC0,=Fe0,+3CaCl,+3C0,. Der Reichtum an Quarz dürfte sich auf eine Zufuhr von Kieselsäure teils in der Form eines Siliciumhalogenids teils in Form einer wässerigen Lösung gründen. Die Füllung von Adern mit Quarz scheint auf die letztere Art der Genese zu deuten. Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 36 282 Ergussgesteine. Bei den Ergußgesteinen des Bogdo-Ola-Gebietes sind sehr heterogene Bildungen aufs Innigste vereinigt. Wie oftmals in ein und demselben Gesteinskörper neben basischen Konkretionen saure Schlieren sich als natürliche Begleiterscheinung finden, so sind auch Effusivformen von sehr basischem mit solchen von sehr saurem Charakter enge verknüpft. Die häufig beobachtete Begleitung der Diabase von Quarzkeratophyren ist auch hier zu konstatieren. Als vermittelnde Zwischenglieder aber sind mit den beiden Extremen, Erguß- gesteine mit keratophyrischem und dazitischem Charakter vergesellschaftet. Quarzkeratophyr (Taf. I, 5 und 6). Die Quarzkeratophyre treten am Südabhang der Bogdo-Ola-Gruppe auf. Die sieben vorliegenden Probestücke sind alle an dem Gehänge des südlichen Panoramaberges geschlagen. Nördlich von den Hauptgipfeln tritt zwar in Verbindung mit Diabas ein Keratophyr, aber nicht ein Quarzkeratophyr zutage. Sämtliche Proben zeigen eine sehr typische Ausbildung. Alle enthalten in einer feinkörnigen bis dichten Grundmasse von teils dunkelgrauer, teils gelblichgrüner, teils rötlichbrauner Farbe mit Stich ins Violette, Einsprenglinge von zahlreichen Alkalifeldspaten, seltenen Kalkuatronfeldspaten und noch selteneren farbigen Gemengteilen der Glimmer-Pyroxen- und Amphibolgruppe; sie führen Zirkon, Apatit und Eisenerze als Nebengemengteile und Titanit, Anatas, Zoisit und Epidot als Übergemeng- teile, welche innerhalb der Grundmasse neben meist reichlichem Quarz in einer zweiten Generation mit wechselnden Mengenverhältnissen wieder erscheinen. Unter den Feldspaten übernimmt der Albit die Führung; neben ihm treten zuweilen auch Anorthoklas und Oligoklas-Andesin auf. Die Zwillingslamellierung erfolgt in der Regel nach dem Albit-, hin und wieder aber auch nach dem Periklingesetz und manche Vorkommnisse sind mit einem doppelten Lamellensystem ausgerüstet. In der Mehrzahl der Fälle geht die Lamellierung übrigens nicht sehr weit; manchmal ist nur eine einzige schmale Lamelle eingeschaltet und oft erscheint der Albit in einfachen Hälblingen. Während die Einsprenglinge tafelförmig nach M entwickelt sind, tragen die Grundmasse- feldspate vielfach Leistenform. Meist zeigen sie einen sehr guten Erhaltungszustand ; zuweilen jedoch sind sie auch zu glimmerigen Bildungen stark zersetzt. Chlorit und Epidot haben sich lokal sogar ziemlich reichlich in ihnen angesiedelt. Der Quarz bildet zwar stellenweise ansehnliche Individuen, aber immer ohne jede regelmäßige Umgrenzung. So ausgezeichnet der Idiomorphismus der Feldspateinsprenglinge ist, so wenig bekundet der Quarz die Neigung nach kristallographischer Ausgestaltung; er scheint durchweg nur einer Entwicklungsperiode anzugehören und häufig genug offenbart er auch unter den Bil- dungen der Effusionsperiode seinen Charakter als letzte Ausfüllungsmasse. Die farbigen Gemengteile sind, wie auch in den sonstigen Vorkommen der Quarzkeratophyre, eine sehr seltene Erscheinung. Noch am häufigsten tritt der Chlorit unter den Einsprenglingen wie in der Grundmasse auf; wahrscheinlich ist er Umwandlungsprodukt von Biotit oder aber auch von Diopsid. In einem Vorkommnis konnte der Pyroxen in Spuren unter den Ein- sprenglingen sowohl, wie in der Grundmasse nachgewiesen werden, immer aber mit einer so weitgehenden Chloritisierung, daß der Diopsid nur noch einen schmalen Rahmen um den Chlorit bildet. Sehr verbreitet ist dagegen stellenweise eine grüne Hornblende mit 233 starkem Pleochroismus, geringer Auslöschungsschiefe und hoher Licht- und Doppelbrechung; sie ist in langen nadelförmigen Kristallen entwickelt. Es sind jedoch nur zwei Vor- kommnisse, innerhalb deren sie die starke Verbreitung hat. Von den Nebengemensteilen erscheint der Zirkon nur in sehr kleinen Säulchen, der Apatit dagegen bildet lange sechsseitige Prismen. Beide Komponenten aber treten stark hinter dem Eisenerz zurück; letzteres gehört teilweise zum Ilmenit, zumeist aber zum Magnetit. Das Magneteisen, vielfach mit vorzüglicher Kristallform geschmückt, ist überaus häufig; nicht selten aber erweist es sich als stark titanhaltig. Titanit und Anatas sind häufige Übergemengteile. In einem Vorkommnis ist das letztere Mineral in geradezu überraschender Art gehäuft; es ist dasselbe Probestück, in welehem auch der Chlorit so reichlich entwickelt ist. Man geht wohl in der Annahme nicht fehl, daß bei der Umbildung des Biotites vielfach Anatas ausgeschieden worden ist. Zoisit und Epidot mit graugelblicher, beziehungsweise grüngelblicher Farbe durchsichtig, füllt gern Spalten und Klüfte aus, herbergt in manchen Feldspaten und bildet zuweilen auch zahllose Körnchen im Gesteinsgewebe. Die Struktur der Quarzkeratophyre ist meist auch schon makroskopisch deutlich porphyrisch. Die tafelförmigen Feldspateinsprenglinge mit glasigem Habitus leuchten aus dem dunklen Untergrund recht auffällig hervor, aber auch die schmutziggrünen, leisten- artigen Bildungen heben sich von der dichten Verwitterungsoberfläche scharf ab. Unter dem Mikroskop vollends ist der Gegensatz zwischen Einsprenglingen und Grundmasse allent- halben sehr gut ausgeprägt. Die Grundmasse selbst zeigt in der Regel allotriomorph- körniges Gefüge; doch ist zuweilen auch die mikrogranitische Struktur recht deutlich entwickelt. In einem der Vorkommnisse endlich ist auch die sphärische Anordnung der Gemengteile in sehr schöner Weise ausgebildet; vorwiegend strahlen in den Feldspat- sphärolithen die nadeligen Gebilde von einem gemeinsamen Zentrum aus, zuweilen aber vergabeln sich die einzelnen Strahlen, so daß förmliche Büschel entstehen. Manche Strahlen übertreffen die übrigen bedeutend an Länge, so daß diese sphärischen Gebilde viel Ähn- lichkeit mit dem zierlichen Kieselgerüst mancher Radiolarien gewinnen (Taf. I, 5). Als eine besondere Eigenart der Quarzkeratophyre ist schließlich der Reichtum der Durchaderung mit begleitenden Bestandmassen hervorzuheben. Da sie im geschieferten Gebirge auftreten, haben diese Felsarten naturgemäß viele Risse, Sprünge und Spalten erhalten; alle aber sind ausgeheilt mit mehr oder minder fremdartigem Gesteinsmaterial. Es sind dies vorzugsweise Quarz, Chlorit, Zoisit und Epidot, oft auch Granat, welche vielfach mit aus- gezeichneter Formenentwicklung die Klüfte ausfüllen. In den vorliegenden Proben wechselt die Mächtigkeit dieser Bildungen in ziemlich weiten Grenzen: ziehen in manchen Vor- kommnissen diese Injektionen in haarfeinen Adern durch das Gestein, so erreichen sie in anderen eine Breite von 15 mm. Im Gebirge selbst sollen diese Klüfte als eine charak- teristische Eigentümlichkeit oft schon in weiter Entfernung sichtbar sein (Taf. I, 6). Cordieritliparit (Taf. II, 7). Sehr nahe verwandt mit den Quarzkeratophyren ist ein Cordieritliparit, der auch am südlichen Panoramaberg geschlagen wurde; er läßt aber doch so weitgehende Unterschiede erkennen, daß er eine gesonderte Behandlung beanspruchen darf. Schon für das unbe- waffnete Auge heben sich neben zahlreichen glasigen Feldspateinsprenglingen kaum minder 36* 284 häufige Einsprenglinge von fettglänzendem Quarz hervor. Unter dem Mikroskop zeigt das letztere Mineral hochgradigen Idiomorphismus; es erscheint in Dihexaöderform mit Prisma. Eeken und Kanten sind stark gerundet. Tiefe Einstülpungen der Grundmasse geben Zeugnis von der erfolgreichen Wirksamkeit der magmatischen Resorption. Einsprenglingsartig tritt auch ein Tonerdesilikat auf, welches nach Licht- und Doppelbrechung, sowie nach der optischen Orientierung als Cordierit zu betrachten ist. Am Rande und auf den Spalt- rissen setzt die Umwandlung in grünlichen Chlorit ein; es hat dieselbe jedoch nur sehr geringe Fortschritte gemacht. Biotit oder sonstige farbige Gemengteile sind nicht nach- zuweisen. Vielleicht ist der stark verbreitete, sich gern an das Eisenerz anheftende und vielfach von Anatas oder Titanit begleitete Chlorit Umwandlungsprodukt. Sichere Anhalts- punkte für eine derartige Umgestaltung von erdalkalischen Komponenten sind jedoch nicht gegeben. Reichlich vorhanden ist der Magnetit, der auch hier gerne die Klüfte füllt, jedoch auch in ansehnlichen Körnern mit guter kristallographischer Umgrenzung in das Gesteinsgewebe eingeflochten ist. Auch die Titansäuremineralien sind stark vertreten. In der Grundmasse kehren die Einsprenglinge in einer zweiten Generation wieder; in ihr aber ist der Chlorit in feiner Verteilung so häufig, daß der Farbenton einen Stich ins Grünliche erhält. Wenn dieses Gestein als Cordieritliparit bezeichnet wird und nicht etwa als Quarz- porphyr, so ist dies lediglich in dem guten Erhaltungszustand begründet, welcher so vollkommen ist, daß er geradezu auffallend erscheint; er kann freilich nicht etwa in dem Mangel einer weitgehenden Oxydation des Eisengehaltes, wie man sie bei Quarzporphyren so häufig antrifft, gefunden werden. Natronreiche und kaliarme Gesteine werden nicht rot. Der ausgezeichnete Erhaltungszustand offenbart sich vielmehr in dem glasigen Habitus der Feldspate und in der Unversehrtheit des Cordierits. Vergleicht man das vorliegende Gestein mit den Pinitporphyren des ostbayrischen Grenzgebirges, so erscheint der Unter- schied frappant. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß man es hier mit einer Bildung jugendlichen Alters zu tun hat. Keratophyr (Taf. II, S und 9). Die Keratophyre stehen am Nord- und am Südabhang des Gebirges an (vgl. S. 282). Das Vorkommen am nördlichen Panoramaberg ist ein grünlich graues, im allgemeinen völlig dichtes, hornfelsartiges Gestein, in welchem jedoch auch mit freiem Auge schon einzelne Ein- sprenglinge zu erkennen sind. Unter dem Mikroskop trägt diese Felsart ganz den Charakter eines porphyrischen Gesteins. In eine sehr feinkörnige, zum Teil schlechterdings unauf- lösliche Grundmasse sind Einsprenglinge von Albitkristallen eingebettet. Niemals findet sich unter ihnen Quarz. Nur in der Grundmasse erscheinen neben dem Feldspat auch winzige Quarzkörnchen; sie treten indes hinter dem Feldspat sehr zurück. Häufig ist der Epidot, selten der Chlorit. Das stark vertretene Eisenerz gehört dem Masnetit an, welcher in zahllosen Individuen von mikrolithischen Dimensionen in sehr guter Kritallform das Gestein durchschwärmt (vgl. S. 180). Aber auch größere Körner zeigen die Tendenz nach kristallo- graphischer Entwicklung. Neben dem Magneteisen erscheinen auch rote Blättehen mit scharfer Umgrenzung; sie sind wohl als Eisenoxyd anzusprechen. Das ganze Gestein ist reichlich von Gängen und Klüften durchsetzt, welche mit Aplitmaterial gefüllt sind; oft ist jedoch auch Epidot in Verbindung mit dem Eisenerz in die Spalten eingedrungen. 285 In dieser Verbindung nimmt das letztere die Form des Opazits an, so daß es an kohlige Substanzen erinnert; aber die mannigfachen Zwischenglieder zwischen den kleinsten und größten Kriställchen lassen keinen Zweifel über deren Natur aufkommen (Taf. II, 8). Noch charakteristischer als dieses Gestein ist das Vorkommen am südlichen Pano- ramaberg. Den hornfelsartigen Habitus haben beide gemeinsam; es unterscheidet sich aber das letztere von dem ersteren durch den rötlich violetten Farbenton (vgl. S. 186). Bei mikroskopischer Untersuchung stellt es sich als ein typischer Keratophyr mit ausge- sprochenem trachytischen Charakter dar (Taf. II, 9). Die Albiteinsprenglinge, welche vielfach als einfache Hälblinge erscheinen, sind durch hochgradig idiomorphe Formengestaltung ausgezeichnet. Einsprenglinge von Quarz oder farbigen Gemengteilen sind nicht vorhanden. Als Einsprengling hat der Albit Tafelform, als Grundmassebestandteil Leistenform. Quarz ist nur sehr spärlich in die Grundmasse eingestreut. Ob noch eine Glasbasis vorhanden ist, läßt sich kaum erkennen, schon infolge der überaus starken Imprägnation mit Eisenerz, das sowohl in größeren Körnern, als in staubfeinen Partikeln über das ganze Gestein zerstreut ist. Die Feldspate sind intensiv saussuritisiert. Unter den Umwandlungsprodukten erkennt man neben den verschiedenen Gliedern der Epidotgruppe auch Glimmer und etwas Quarz. Sehr scharf ausgeprägt ist in diesem Vorkommen die fluidale Anordnung der Feld- spatmikrolithe in der Grundmasse, die sich in gewundenen Zügen mehr oder minder parallel‘ durch die einzelnen Einsprenglinge hindurch ziehen. Charakteristisch ist endlich die An- häufung von Feldspat zu putzenartigen Gebilden, welche den Sanidiniten in den Trachyten und den Olivinfelseinschlüssen in den Basalten auffallend gleichen. Dazit (Lava). Im Sangun-Tal sind an der nördlichsten roten Kuppe (vgl. S. 247 f.) dazitische Lava- massen ausgebreitet. Es sind stark poröse Gebilde von im frischen Bruch schmutzig grau- gelblicher, auf der Verwitterungsoberfläche eisengrauer, stellenweise rotbraun gefleckter Farbe. Die kugeligen, ovalen, oft auch stark in die Länge gezogenen Hohlräume sind glattwandig und zeigen nicht selten starken Glanz. Meist sind die Höhlungen leer, hin und wieder jedoch auch von Mineralneubildungen ausgekleidet. Die Porosität tut der Verbandsfestigkeit wenig Eintrag; die blasigschlackigen Massen teilen vielmehr mit manchen Kalktuffen die Eigentümlichkeit, daß sie gerade durch die Verbindung jener beiden Merkmale einen guten Baustein liefern. Für Auge und Lupe erscheint das Gebilde schlechthin homogen; unter den Mikroskop aber stellt es sich als ein glasdurchtränkter Mikrolithenfilz dar, der im wesentlichen aus einem Gemenge von Kalknatronfeldspaten und Pyroxenmineralien mit Quarz besteht. Als Nebengemengteile erscheinen Zirkon und Eisenerz. Die Kalknatronfeldspate gehören in der Hauptsache dem Andesin an; aber auch saurere Mischungen sind vorhanden. So konnte Oligoklas nachgewiesen werden. Die Plagio- klase zeigen allenthalben die Zwillingsstreifung nach dem Albitgesetz, wobei die einzelnen Lamellen immer das ganze Mineral durchsetzen und in der Regel gleiche Breitenausdeh- nung besitzen. Die sonst so weit verbreitete isomorphe Schichtung tritt fast völlig zurück. Zwar beobachtet man zuweilen eine Art Zonarstruktur, aber die äußere Umhüllung bildet nur einen dünnen Saum um den Kern. Nach der Längsachse prismatische Mikrolithe sind nicht selten; die leistenförmigen Durchschnitte wechseln häufig mit den kurz rektangulären. 286 Viele Feldspatindividuen sind gar nicht lamelliert; es erscheint daher die Vermutung nicht unbegründet, daß sie zum Orthoklas zu zählen sind. Durchweg bekunden die Feld- spate recht frischen Habitus. Die Pyroxene liefern die einzigen farbigen Gemengteile. Biotit und Hornblende, welche man auf Grund des sauren Charakters der Feldspate ver- muten könnte, scheinen von vornherein gar nicht vorhanden gewesen zu sein. Zwar findet man lokal eine Häufung von rotbraunen Partikeln, welche den Gedanken an eine magmatische Resorption nahelegen könnte, aber die Quantität der Eisenerze ist doch überaus gering. Es liegt offenbar eine Ausscheidung aus reinem pyroxen-dazitischen Magma vor. Die auftretenden Pyroxene aber gehören verschiedenen Familien an. Die gerade aus- löschenden Kristallindividuen erinnern an Hypersthen; aber auch die monoklinen Pyroxene sind verschiedener Art. Zeigen doch die äußeren Zonen öfters eine von dem Kern abwei- chende Auslöschungsschiefe. Alle sind pleochroitisch. Bei der Winzigkeit dieser Pyroxen- mikrolithe aber ist eine genaue Bestimmung ausgeschlossen. Der Zirkon ist nicht gar selten; dagegen sind die Eisenerze überaus spärlich. Außer den bereits erwähnten roten Täfelehen, welche dem Eisenoxyd angehören, konnte in einem Schliff nur ein einziges Magnetitkorn aufgefunden werden. Der Quarz aber ist so häufig in das Gesteinsgewebe eingestreut, daß diese Felsart nicht etwa zu den Andesiten und Porphyriten, sondern zu den Daziten gezählt werden mub. Die Struktur ist echt hyalopilitisch. Von einem Gegensatz zwischen intratellurischen und Effusionsgebilden kann kaum die Rede sein. Auch die größten Mineralindividuen besitzen in ihrer Hauptentwicklungszone nur Dimensionen bis zu höchstens 0,334 mm; im allgemeinen gehen die Durchmesser über 0,02 bis 0,03 mm nicht hinaus. Nichtsdesto- weniger aber schmückt die Kristallmikrolithe in der Regel eine recht gute Umgrenzung. Selbst der Quarz ist nicht xenomorph, sondern automorph; überhaupt teilen die Mineral- ausbildungsformen ganz den Charakter des Panidiomorphismus, wie er etwa in den aplitischen Ganggesteinen entwickelt ist. Der Erhaltungszustand des Gesanıtgesteines ist ein vorzüglicher. Weder atmosphärische Verwitterung noch postvulkanische Prozesse haben eine tiefgreifende Umbildung hervor- gerufen. Wie die Feldspate kaum Spuren von Zersetzung erkennen lassen, so beobachtet man auch in den Augitmikrolithen keine Andeutung einer Chloritisierung oder Serpentini- sierung. Das Gestein macht den Eindruck einer neovulkanischen Bildung. Dazit-Bombe. Einen noch höheren Grad der Porosität als die Lava erreicht die Bombe von der nörd- lichen roten Kuppe im Sangun-Tal (S. 247 f.). Das blasige, stellenweise geradezu schaumige Gestein mit rotbrauner Farbe und geringem Eigengewicht baut sich im allgemeinen aus denselben Elementen wie die Lava auf; es ist wie jene im wesentlichen durch die Kom- bination von Kalknatronfeldspat mit rhombischen und monoklinen Pyroxenen charakterisiert. In einer durch allerlei mikrolithische und kristallitische Gebilde stark entglasten Gesteins- basis findet man neben zahlreichen polysynthetischen Feldspatzwillingen auch einfache Hälblinge. Die Pyroxene treten hinter den feldspatigen Gemengteilen zurück, doch sind auch sie noch ziemlich reichlich vertreten. Gar nicht selten ist der Quarz. Alle die ın das Gesteinsglas eingebetteten Mikrolithe zeigen große Neigung zu kristallographischer 287 Umgrenzung und bekunden einen recht guten Erhaltungszustand. Die Mandelräume sind teils mit gelbgrünlichen Häuten von Delesit teils mit Kalkspat überzogen und ausgepolstert. Der Delesit ist mit kräftig grüner Farbe durchsichtig und zeigt ziemlich hohe Interferenz- farben; es scheint in ihm ein eisenreicher Ripidolith vorzuliegen. Dazit-Tuff. Der Dazittuff ist ein verhältnismäßig kompaktes, feinkörniges, dunkelgraues Gestein; seine mineralogische Konstitution ist etwas abweichend von der der Lava und der Bombe. An Alkaliteldspaten konnten Mikroklin und Albit nachgewiesen werden; herrschend sind „jedoch auch hier die Kalknatronfeldspate, welche hin und wieder als Kern in den sauren Individuen liegen. Alle Feldspate sind stark zersetzt mit Ausnahme des Mikroklin, welcher auch hier seine starke Widerstandskraft gegen die Einwirkung der Atmosphärilien bewährt. An farbigen Gemengteilen sind offenbar Hornblende oder wenigstens Pyroxene vorhanden gewesen. Eisenerzanhäufungen, welche den Resorptionshöfen anderer derartiger Gesteine ungemein ähneln, lassen die ursprüngliche Kristallform einer Hornblende noch gut erkennen und von den Pyroxenen sind noch schwache Überreste vorhanden, welche an die Mutter- substanz erinnern. Der Quarz ist reichlich vertreten und zeigt zuweilen kataklastische Erscheinungen; er tritt in scharfeckigen Splittern und gerundeten Körnern auf. Einzelne Zirkonsäulchen sind durch treffliche Formenentwicklung ausgezeichnet. Es liegt hier ein Kristalltuff vor, welcher Ähnlichkeit mit einem sehr einsprenglingsreichen Porphyr hat, sich aber von einem solchen durch den geringeren Grad des Idiomorphismus der Gemengteile erheblich unterscheidet. Diabas (Taf. U, 10—12). Unter allen effusiven Gesteinsformen des Bogdo-Ola-Gebietes ist der Diabas am meisten verbreitet; er tritt an den Hauptgipfeln auf und erscheint an den nördlichen und südlichen Vorbergen; er setzt den Gipfel des nördlichen Panoramaberges zusammen, tritt an dessen Gehängen zutage und steht auch an der Talsohle an. Der Kalksilikathornfels, welcher in diesem Gebirgsteil reich entwickelt ist, wird von dem Ergußgestein des Diabases an den verschiedensten Stellen durchbrochen. Ebenso bildet diese Felsart den Gipfelgrat des west- lichen Hauptgipfels, von welchem Wenter bei einem Besteigungsversuch eine Probe mit- nahm. Auch auf der Höhe des südlichen Panoramaberges ist Diabas ausgebreitet; besondere Faziesbildungen finden sich an dessen Wänden. Endlich stößt man auf Diabas auch noch südlich von einem rechten Seitentälchen des Gurban-bogdo-Tales. Der Diabas bildet sowohl Decken als auch Gänge. Die weitgehendsten Modifikationen in Färbung, Korngröße, Bestand und Struktur sind gerade an diesem Gesteinstypus ent- wickelt. Die feldspatreichen Bildungen zeigen sehr lichte Färbung; im allgemeinen aber herrscht dunkelgrauer Farbenton vor. Einzelne Vorkommnisse tragen auch ausgesprochenen Grünsteinhabitus. Die Korngröße wechselt von mittelkörniger bis zur feinkörnigen und dichten. Neben feldspatreichen begegnet man auch feldspatarmen Varietäten und was das Gefüge anlangt, so läßt auch schon die makroskopische Betrachtung verschiedene Arten der Strukturordnung erkennen. Unter dem Mikroskop haben alle Vertreter dieser Felsart die Kombination eines mehr oder minder basischen Kalknatronfeldspates mit Augit gemein. Von den Nebengemeng- 288 teilen ist Ilmenit am weitesten verbreitet; nur in einer Gesteinsprobe scheint er völlig zu fehlen. Dagegen ist Apatit, ebenso wie Zirkon nur sporadisch verteilt. Auch das Magneteisen reicht nicht an die Menge des Titaneisens heran. Von Übergemengteilen sind Chlorit, Uralit, Epidot, Zoisit, Muskovit, Titanit, Magnetkies und Pyrit, Quarz und Kalzit zu nennen. Die Feldspate gehören den verschiedensten Mischungsverhältnissen an: vom Albit bis zum Anorthit sind alle Plagioklase vertreten; meist sind sie tafelförmig nach M, viel- fach jedoch auch gestreckt nach der Kante P/M und in einzelnen Fällen auch von iso- metrischem Habitus. Der zonare Aufbau ist in einzelnen Vorkommnissen ungemein häufig, während er in anderen sehr zurücktritt. Wo die Zonarstruktur zur Geltung kommt, setzen. die einzelnen isomorphen Schichten in der Regel scharf gegen einander ab, gehen aber zuweilen auch ohne feste Grenzlinien allmählich ineinander über. Die Zwillingslamellierung folgt meist dem Albitgesetz, doch trifft man eng gescharte Lamellensysteme nur bei den sauren Varietäten. Manchmal ist eine Zwillingsstreifung überhaupt nicht zu beobachten. Anderseits gehört das gleichzeitige Auftreten eines doppelten Lamellensystems nicht gerade zu den Seltenheiten. Vielfach bekundet der Feldspat noch unversehrte Frische; in der Mehrzahl der Fälle dagegen ist die glasige Erscheinungsweise infolge starker Zersetzung völlig verschwunden. Vielfach ist Chlorit von den Rändern und Spaltrissen her einge- wandert, meist aber hat die Saussuritisierung zu einem Gemenge von Zoisit, Epidot, Mus- kovit und Quarz geführt und nur noch schwache Spuren des Mutterminerals zurückgelassen. Der Pyroxen wird mit grüner Farbe von geringer Intensität und schwachem Pleo- chroismus durchsichtig; in einem Vorkommnis aber zeigt er braunvioletten Farbenton mit kräftigem Farbenwechsel. Rhombische Pyroxene waren in keinem Probestück nach- zuweisen; dagegen ist in einem Gestein der Pyroxen mit kleinen Achsenwinkeln gar nicht selten. Die Zwillingsbildung nach der Querfläche ist eine überaus häufige Erscheinung. Neben den eigentlichen Juxtapositionszwillingen beobachtet man auch Kristallindividuen mit einer einzigen eingeschalteten schmalen Zwillingslamelle, die häufig genug die Spalt- barkeit unter schiefem Winkel kreuzt. Exakte Auslöschung ist die Regel, Ausnahmen fehlen jedoch keineswegs. Chloritisierung und Uralitisierung haben von dem Augit oft wenig übrig gelassen. So kommt es, dafs Ohlorit und grüne Hornblende oft einen wesent- lichen Anteil an dem Aufbau des Gesteines nehmen und die bekannte Grünfärbung ver- ursachen. Als Nebenprodukte erscheinen bei diesem Prozeß gerne Epidotmineralien oder auch Kalzit. Der überaus verbreitete Ilmenit zeigt häufig vollkommene Spaltbarkeit und Zwillings- bildung. An den Rändern setzt die Leukoxenentwicklung ein, und gar zierlich schaut zwischen gekreuzten Nikols das dunkle Auge des Erzkorns aus der leuchtenden Titanit- aureole heraus. Auch Sagenitbildung ist nicht allzu selten. An das Eisenerz heften sich gerne die farbigen Gemengteile. Apatit und Zirkon, Pyrit und Magnetkies geben zu keinerlei Bemerkung Anlaß. Der Quarz, der gar nicht selten ist, füllt gern die Interstitien zwischen den Feldspaten aus. Biotit kommt nur in einer einzigen Probe vereinzelt vor. Kalzit offenbart allewege seine Natur als Sekundärprodukt. Hinsichtlich der Strukturordnungen sind so ziemlich, alle Möglichkeiten erschöpft. Ein Vorkommen zeigt in seinem Gefüge rein gabbroiden Charakter. Die Feldspate sind dick tafelförmig oder geradezu isometrisch. Die Pyroxene fügen sich selten mit guter 289 Umgrenzung in das Gewebe. In anderen Fällen dagegen ist die porphyrische Struktur auch makroskopisch schon scharf ausgeprägt. Feldspate und zum Teil Augite erscheinen in zwei Generationen. Einsprenglinge, die im Durchmesser 10—15 mm halten, liegen in einer dichten Grundmasse eingebettet; und auch, wo der Gegensatz zwischen Einspreng- lingen und Grundmasse nicht so in die Augen springt, ist er bei der mikroskopischen Untersuchung noch sehr gut wahrnehmbar. Zwischen diesen beiden extremen Struktur- formen bewegen sich solche, welche das bezeichnende ophitische Gefüge in höherem oder uiederem Grade aufweisen. Intersertale Strukturordnung ist keine Seltenheit, und es ist uamentlich der Quarz, welcher dabei eine Art Zwischenklemmungsmasse bildet. Als ein Beispiel für gabbroides, hypidiomorphkörniges Gefüge kann das Gipfelgestein des nördlichen Panoramaberges angeführt werden; es ist sehr feldspatreich. Oligoklas- Andesin, Andesin, Labrador-Bytownit und Bytownit sind vertreten. Zonarstruktur ist ver- breitet, Doppellamellierung vereinzelt. Die Verwitterung setzt im Kern ein, die Ein- wanderung von Chlorit erfolgt von außen her. Die Saussuritisierung hat geringe Fort- schritte gemacht, die Uralitisierung ist weiter gediehen. Der grün durchsichtige Augit mit schwachem Pleochroismus von grün zu gelblichgrün, mit selten zonarem Aufbau und häufiger Zwillingsbildung nach der Querfläche, mit mangelhaftem Idiomorphismus und guter Spaltbarkeit nach dem Prisma, mit gedrungen prismatischer Entwicklung und wenig ansehnlicher Korngröße ist gar nicht selten von Spaltrissen aus und vom Rande her in grüne Hornblende umgewandelt. Die Identität des reichlichen Eisenerzes mit Ilmenit ist nicht bloß durch Leukoxenumrandung und Spaltbarkeit, sondern auch durch die Zuge- hörigkeit zum hexagonalen Kristallsystem sicher gestellt. Gitter- und netzförmige Sagenit- bildung zeigt schwache Ansätze. Als ein Vorzug dieses Gesteins kann endlich sein Apatit- gehalt gelten (Taf. II, 10). Die porphyrische Struktur wird am besten durch das gangartig auftretende Gestein des südlichen Panoramaberges illustriert, das in einer dichten, aus Feldspat-Epidot- und Augit-Mikrolithen gebildeten Grundmasse zahlreiche Einsprenglinge von vorherrschend tafel- förmigem Labrador enthält, sehr viel Magnetit, teils in kleinen Oktaödern, teils in der staubfeinen Verteilung des Opazits führt und eine weitgehende Zersetzung der Feldspate za Albit, Zoisit, Epidot, Muskovit und Quarz erlitten hat. Dieses Gestein ist wohl als Zwischenglied, zwischen den Daziten und Porphyriten einerseits und den Diabasporphyriten anderseits, zu betrachten. Die ophitische Strukturordnung hat eine höchst typische Ausbildung in dem Gestein von der Talsohle des nördlichen Panoramaberges gefunden. Die von Feldspatleisten zer- schnittenen, großen Augitkörner mit ihrer mangelhaften kristallographischen Umgrenzung zeigen auf weite Entfernung hin die gleiche optische Orientierung, und die Primogenitur des Feldspates ist über allen Zweifel erhaben. Als eine besondere Eigentümlichkeit gerade dieser Felsart mag das Auftreten von winzigen Zirkonsäulchen mit pleochroitischen Höfen in dem nicht allzu seltenen Chlorit genannt sein (Taf. II, 11). Der Grünsteinhabitus ist besonders an Wenters Gipfelgestein entwickelt (siehe S. 287). Es ist eine graulichgrüne Bildung, deren porphyrische Struktur auch makroskopisch schon deutlich hervortritt. Der Wechsel von helleren und dunkleren Bestandteilen ist besonders auf der Schieferungsfläche in die Augen springend. Unter dem Mikroskop sind zwar noch einzelne Überreste von Feldspaten als Zeugen vergangener Zeiten und verschwundener Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 37 290 Verhältnisse zu erkennen; im allgemeinen aber sind die Feldspate zu Saussurit zersetzt und die Pyroxene zu Chlorit umgewandelt. Ziemlich reichlicher Quarz erscheint sekundär zugeführt und als Neubildung tritt Pyrit auf. Besondere Erwähnung verdient die ausgezeichnete Entwicklung der Fluidal- und der Pflasterstruktur. Die Feldspatmikrolithe zeigen nicht bloß vorzügliche Parallelordnung, sondern auch die gleiche optische Orientierung, und einzelne Vertreter der Epidotgruppe bilden lokal ein Mosaik wie es typischer kaum gefunden werden kann. Lavaartigen Charakter mit blasiger Struktur trägt das Gipfelgestein des südlichen Panoramaberges zur Schau, das sich auch durch seinen verhältnismäßig reichen Gehalt an Kalzit von den übrigen Vertretern dieser Familie unterscheidet (Taf. II, 12). Durch ansehnlichen Quarzgehalt und intersertales Gefüge ıst das Vorkommen an den Gehängen des nördlichen Panoramaberges ausgezeichnet. Als besonderes Charakteristikum sei an diesem sehr feinkörnigen Gestein der saure Charakter der Feldspate angeführt. Besondere Beachtung endlich verdienen noch die Vorkommnisse im Gurban-bogdo-Tal, südlich vom rechten Seitentälchen. Dort erreicht die Basizität der Feldspate den höchsten Grad; die Mischungsreihe der feldspatigen Gemengteile geht von Oligoklas-Andesin bis zum Anorthit. In diesen mittel- bis feinkörnigen Gesteinen von grauer Farbe mit echt diabasisch-körniger Struktur und glasigem Habitus findet sich auch der Pyroxen mit kleinem Achsenwinkel und der Augit mit der seltenen braunvioletten Färbung. Schließlich lassen sich an ihnen auch am besten die Prozesse der Uralitisierung und Chloritisierung mit der Ausscheidung der bezeichnenden Nebenprodukte verfolgen. Wenn alle diese Felsarten als Diabase bezeichnet werden, so soll durch diese Namen- gebung der Frage der Altersbeziehungen wieder in keiner Weise präjudiziert werden. Der Name wird nicht im Sinn einer Beschränkung auf vorkarbonische Gesteine gebraucht; er wird vielmehr nur als Bezeichnung für olivinfreie Ergußformen gabhroider Magmen mit der charakteristischen Eigentümlichkeit, wie sie im geschieferten Gebirg mit seltener Regelmäßigkeit auftritt, benützt. Aus der kurzen Schilderung der einzelnen Vorkomm- nisse ist wohl ersichtlich, daß sowohl Trapp und Melaphyr wie Diabas im Sinne Wein- schenks vertreten sind. Wenn gleichwohl diesen verschiedenen Typen nicht eine gesonderte Behandlung gewidmet wurde, so erscheint dies darin begründet, daß es sich bei ihnen doch nur um strukturelle Modifikationen, beziehungsweise um Verschiedenheiten in dem Erbal- tungszustand einzelner, dem eigentlichen Basalt gegenüber gut abgegrenzter, aber unter sich sehr ähnlicher Felsarten handelt. Schluss. Die Bogdo-Ola-Gruppe bildet innerhalb des Gebirgsganzen ein eigenartiges Gebirgs- glied, das nicht bloß in orographischer sondern auch in petrographischer Beziehung, infolge seiner Besonderheiten, abweichenden Charakter trägt; sie besteht aus einem Hauptmassiv mit niedrigeren Vorbergen, welche sich nach Norden und Süden in verschiedenen Falten- systemen gegen die vorgelagerten Ebenen verflachen. Im Norden durchbrechen die Da-tun- gu-, Dön-choü-dse- und Ogun-schan-dse-Talungen in unter sich parallelen Richtungen die Schichten. Im Süden hat der Gurban-bogdo-Fluß sein tiefes Bett gegraben (siehe Karte Ila). In den nördlichen Quertälern entsprechen die den gleichen Sätteln und Mulden ange- hörigen Felsarten einander augenscheinlich. Außerdem dürften aber auch die Gesteine des Südens in Korrespondenz mit denen des Nordens stehen. Es sind nur die ersteren ent- 291 sprechend den weiter reichenden Dislokationen, viel stärker durch die metamorphosierenden Agentien beeinflußt worden als die letzteren (vgl. S. 59 f.). Ein Vergleich des Kalkphyllits im Norden mit dem Quarzitschiefer im Süden, der mergelartigen Gesteine im Da-tun-gu-Tal mit denen bei der Kupferschmelze, des nördlichen Schiefertones mit dem südlichen Basalt- ton kann dafür die Bestätigung liefern. Dynamo- und Kontaktmetamorphose haben dabei offenbar intensiv zusammengewirkt (siehe 8. 59, 199 f., 273). Schieferton und Basaltton haben natürlich auch eine verschiedene Entwicklungsgeschichte durchlaufen. Die Tiefengesteine schlummern noch im Schoß der Erde und haben nur durch ihre Wirkungen Kunde von ihrer Anwesenheit gegeben. Die kalkreichen Sedimente breiten sich vorzugsweise in der zentralen Zone aus. Hier sind hauptsächlich die Lagerstätten der Kalksilikathornfelse (vgl. S. 62 f.). Gegen die Peripherie hin treten Konglomerate, Tongesteine, Grauwacken und Sandsteine in den Vordergrund. Eine genaue geographische Abgrenzung der einzelnen Kategorien innerhalb der sedimentären Schichten ist nicht möglich. Es sind ja nicht bloß die kalkreichen Absätze mit mehr oder weniger tonigen Substanzen durchsetzt, sondern es treten auch verschiedene Gesteins- typen zuweilen in Wechsellagerung miteinander auf. Die kristallinen Schiefer sind lediglich als höher kristallin entwickelte Sedimente zu betrachten. Für die Bestimmung des geologischen Alters dieser Schichten liegen nur sehr dürftige Anhaltspunkte vor. Im Bogdo-Ola-Gebiet selbst wurden naturgemäß keine Fossilien ange- troffen. Fossilfunde in dem benachbarten Grenzgebiet, welche Obrutschew geglückt sind, deuten wohl auf Oberkarbon. Gröber glaubt daher die Bogdo-Ola-Schichten denselben oder etwas höheren Horizonten zuweisen zu dürfen (vgl. S. 60—63, 262 f.). An der Unsicherheit der Altersbestimmung für die Sedimente partizipiert selbstver- ständlich auch die Beurteilung der Altersbeziehungen der Eruptivgesteine, welche jene durchbrochen haben. Vom Standpunkt der Petrographie aus kann man bei besonnenem Ver- fahren kaum mehr als Vermutungen aussprechen. Die Gesteinsfragmente, welche in den Grau- wacken eingeschlossen sind, zeigen eine überraschende Ähnlichkeit mit einzelnen Familien der Eruptivbildungen, wie sie hier vorliegen: es sind besonders Diabas und Keratophyr, die ihre Repräsentanten in dem klastischen Material haben. Die Ähnlichkeit zwischen den Sedi- menteinschlüssen und den vorliegenden Eruptivgesteinen ist so auffallend, daß die Vermutung enger genetischer Beziehungen nahe liest. Wenigstens ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß die Bildungsperioden der beiden Gesteinsarten einander so nahe stehen, daß die eruptiven Felstypen ihr Material noch mit den sedimentären Schichten mischen konnten. Andererseits sind die Ergußgesteine selbst wieder einer sehr weitgehenden Zersetzung anheim gefallen. Die Mineralneubildungen, welche dabei auftraten, gehören vorzugsweise den spezifisch schweren Gliedern der Epidotgruppe an. Der Reichtum an jenen Kalkton- erdesilikaten ist geradezu ein bezeichnendes Charakteristikum jener effusiven Gesteinsformen. Bei dieser Sachlage dürfte die Annahme nicht unbegründet erscheinen, daß die metamor- phosierenden Prozesse in Verbindung mit dem Druck einer Gebirgsbildung standen (vgl. 8. 59). Die Schichtenfaltung mag zu neuen Eruptionen Anlaß gegeben und diesen die Wege ge- öffnet haben, so daß an den bereits bestehenden Bildungen tiefgreifende Umbildungen stattäinden konnten. 37* 292 Eine auffallende Intaktheit zeigt der Cordierit-Liparit; er dürfte wohl zu den jüngsten Bildungen gehören und anläßlich der letzten Aufwölbung zutage getreten sein. Im übrigen muß die gestellte Aufgabe als gelöst gelten, wenn es gelungen ist, von der tatsächlichen Wirklichkeit, wie sie in der Merzbacher’schen Gesteinssammlung vor Augen liegt, ein anschauliches, naturgetreues Bild zu liefern. XXll. Meteorologisches aus der Bogdo-Ola von Fr. Lex. Von @. Merzbachers Expedition wurden nahezu vier Wochen des August 1908 in der Bogdo-Ola zugebracht und während dieser Zeit zum ersten Male in diesem Gebirge meteorologische Beobachtungen von längerer Zeitdauer vorgenommen. Hiebei ist es als günstig zu bezeichnen, daß sich die angestellten Beobachtungen hauptsächlich auf drei Stellen verteilen. so daß von diesen mehrtägige Beobachtungsreihen zustande kamen. . Im Lager am oberen Tempel über dem Bogdo-Ola-See weilte die Expedition vom Abend des 3. August bis zum Morgen des 10. August, im Lager nördlich vom Gurban- bogdo-Paß vom Abend des 11. August bis zum Morgen des 16. August und im Lager südlich vom Paß vom Abend des 16. August bis zum Morgen des 22. August. Das erstgenannte Lager befand sich in einer Höhe von 2505 m, das zweite in einer Höhe von 3435 m und das dritte in einer Höhe von 3270 m. Als ein weiterer günstiger Umstand muß es bezeichnet werden, daß 1908 in Urumtschi am Nordfuß der Bogdo-Ola von Strokowsky (siehe 8. 12 f.) meteorologische Beobachtungen angestellt wurden. Diese waren erhältlich und boten wertvolles Ver- gleichsmaterial. Regelmäßige Beobachtungen wurden während der Reise in der Bogdo-Ola zweimal im Tag vorgenommen, um 6a und um 7p. Zu diesen Zeiten wurden die Ablesungen von 5 Aneroiden und eines Aspirations-Psychrometers gemacht, ferner Notizen über die Be- wölkung und die allgemeine Witterung. Auch ein Naudet’scher Barograph wurde verwendet. Von Zeit zu Zeit wurden dann noch Siedethermometerbestimmungen angestellt und Maximum- und Minimumthermometer benutzt (siehe hierüber Näheres S. 239). Das barometrische Material wurde noch von Professor Messerschmitt (1912 7) bearbeitet, der Rest der meteorologischen Beobachtungen vom Verfasser. Die folgenden Tabellen enthalten in Rubrik 1 den Namen der Örtlichkeiten, in 2 die Seehöhe derselben, in 3 das Datum, in 4 die Beobachtungszeit, in 5 den Luftdruck- wert, gewonnen als Mittel der drei reduzierten Aneroidablesungen, in 6 die Lufttemperatur, in 7 die Temperaturextreme der Nacht und des Tages, in 8 die Feuchtigkeitsverhältnisse der Luft, in 9 die Bewölkungsverhältnisse und in 10 allgemeine Bemerkungen über die tägliche Witterung. Außerdem sind noch Diagramme beigegeben, welche die annähernd gleichzeitigen Luftdruck- und Temperaturverhältnisse in den Bogdo-Ola-Lagern und in Urumtschi illustrieren sollen. Was nämlich die Beobachtungstermine in Urumtschi anlangt, so sei erwähnt, daß die Morgenbeobachtungen erst um 7 Uhr und die Abendbeobachtungen erst um 9 Uhr angestellt wurden. Tabelle Ia. 295 FT Tree en 1 | 3 4 | S 9 10 = | 8 E | SE: > en = | as Ssleasase 5 |< Ort |Höhe| Datum Se BE 5 = Se 8 Bemerkungen | a3 Bass] Bil = R-| | “| = o° al sl | tags 0/0 > 3 RER E | | 1908 Ä Gumüdü | 1.Aug. 6a 57 | — Cu. Heißer Morgen. Lästige Schwü- | le. Gegen Abend Firmament frei, | Nachlassen der Schwüle. Schwa- | che Böen aus SE. Nacht kühl. Foükan DE 6a 704.8 |2 51 — 10. 8.| Gegen 10a Cu. über d. Hoch- | imSE. ‘| kämmen d. Bogdo-Ola, nachmitt. | starkes Ausbreiten, gegen Abend Lager im Da-tun-gu 222 7p 6411 5 — [Ci.S8. Herabsinken u. Verschwinden. Im (Sanguntal) | sleichm. ‚S. Rauch von einem ungeheuren | gertzild| | Waldbrand. san 6a I Ci. 8. Schon Früh sehr warm; dieLuft | | empfindl. trocken. Luft durch Lager oberhalb Se 7p . 565.7 61| — = Rauch stark getrübt. Gegen Mittag des Bogdo-Ola- | auf dem Hochplateau wolkenlos, Sees beim zwei- windstille, Rauchsäulen gerade ten Kloster | empor, schwach nach SE. abge- | bogen. Abend alles klar. A:lz 6a 565.3 | 2 | — = ‘ Sonniger Morgen. Abends >> s | ıTrübung; bei Anbruch der odo- - 0 Be par | Di ea Ole ll aozn) 2 Nacht heftiger Regen; dau- Lager wie oben RE 7p |564.5 62 |NNE.| Cu. ert die ganze Nacht. Ess 6a |565.4 100) _— Ni. Morgens wolkenbruchart. | | | Regen, hält den ganzen Tag DR, 7p 100 | — Ni. u. die folgende Nacht an. 6 6a 100| — Ni. Regendauertan, wirdschwä- | cher, setzt gegen Mittag aus. Be, 7p 98 | SE. Cu. Langsam. Aufklaren. Berge in | ‚starke Neuschneedecke ge- | hüllt. Abend völlises Aufklaren. | Nachts wolkenlos. br ba 66 |WSW. A.St. Morgen sonnig. Nachmitt. emp- | findl. Hitze, bei Beginn d. Däm- TORE 7p 74| — Cu. merung sehr empfindl. Tempera- | turfall bei völlig klarem Himmel. I 6a rs |, = Schöner Morgen. Mittelstark. | Wind aus NNW., mittags schwä- 35% 7p 9 | 8 Cu. 3 ‚cher, nachmitt. Aussetzen. Che 6a 6 | — — {0} Witterungscharakter wie ge- 9. „| &5 SW. | Cu. |.2 |stern: 10. „ 62 73|sw.| ı. 4—4*%5a leicht. Regen. Morgen trüb, regendrohend; später klarer; Lager im oberen 1037, 7p 67, SW. |Cu.N nachmitt. Aufklaren 2—3 Stund; Da-tun-gu | später Trübung. Abend schwacher | | Regen von 8—11?’p. 11.,. | 6a 5 76 | SW. Ci. S !) Ein Aneroid. Tabelle IIa. PB [1 8 10 | Höhe Datum m Beob- ‚achtungszeit Temper. Minimum Temper. Maximum Wolkenzug Wolkenform Bemerkungen Siehe auch S. 180, 181. || | Lager nördlich ' 3435 11. Aug. vom Gurban-bogdo- Paß Lager südlich vom Paß z | 1908 13. 14. 14. 16. 6a 7p 502.4 503.4 [0] {er} 4.2 3.4 3.8 4.6 4.4 4.6 Ni. 71 WSW.|Cu. Ni. NW. | Cu. NNW.|S. Cu. sw. | Cu. 79 | SW. |Cu.Ni.| NE. ‚Cu. Ni.) 10 [9 10 [0] Seit 4p Regen mit Hagel. Berge leicht beschneit. Kalt; Sonnenklarer Morgen. ‚gegen 9a von S. hinter dem Hauptkamm massenhafte Cu- muli, in Stratus übergehend. Trübung den ganzen Tag. Nachm. drei in kurzen Pausen folgende Gewitter, eisiger Wind und Schneetreiben, heftiger Schneefall den ganz. Abend, die Nacht durch bis Tages- janbruch. | .3 cm Schnee. | Aufklaren am Morgen. 9a wol- | kenlos, kühl. : 3—4p leichtes |Schneegestöber von NW,, abends trüb und kühl. ‚ Nachts leichter Schneefall; tags Himmel dicht bewölkt, hef- \tiger Wind von N. sich ver- stärkend: 2p sehr heftig bei Temperatur von 9°; Temperatur abnehmend 6p schon — 1°, Boden | gefroren. | Nacht kalt, ohne Niederschlag. \ Morgens Himmel bedeckt, gegen ‘7a Aufklaren; Wind noch immer heftig von N., Nachlassen gegen lla, gegen Mittag Berge frei; >2p neue -Trübung, erneuter hef- ‚tiger Nordwind. Aufsteigen |von Cumuli aus S., gegen 5p diehtes Gewölk um die höchsten Kämme. Abends legt sich der ı Wind. Temperatur steigt. Nachts | neuer heftiger Wind. 2a leichter Regen. Morgens |Sturmwind aus S., gegen 9a \Nachlassen. 5p heftiges Ge- witter mit starken Regen- güssen und Hagel. [} De) [Sl 1 2 3 er Dale 7 S 9 10 ee sell E ‚| ‚er =] Des un/[85 SPS Abs lmsEH | SS | % i a |S&| Luft E35: 3582388 5 ei Nas Bemerkungen Sure zum De SE druck | & E Ste [23 <= ei S = |“ Siehe auch $. 187—193. | = ae o m | IS | C.0 | nachts! tags | mm | 9/0 > = 1—10| EAOFEN, = } | | | | | | 1908 | | | | Laser südlich vom | 3270 |17.Aug.| 6a |514.6 | 42 °— | — |35[/56 | SW. | Ni. | 6 Morgen trüb, ziemlicher Wind — Paß | | | | von S. Mit Zunahme des Tages Abnahme des Windes. Nachmittag | klar und sonnig; Abends trüb, | | heftiger Wind aus NW. | | | 1837, 622:515:2310 Slam u | —E1.2:81 0474 2 — = 0 Die ganze Nacht sehr heftiger | | | Sturm aus NW., auch Morgens, | | | | | dabei Himmel wolkenlos, gegen IS zp 565 | 47 ı — | — | 43167 | S. Ni. | 7 Mittag Nachlassen des Windes. | | | Trübung, schwacher Regen. | | | Wind stoßweise heftig aus N. | | und NW.; 1/29p Windstille und | | Schneefall. Ende 1/210 stern- | | klar und ruhig. — | 3,6) 60 |SSW.|Ci.S.| 3 Morgens schwacher Wind aus | | | N. Zunahme der Bewölkung. | 1/27a Auflaren. l1la Wolken- 195% 6a |516.7 | 3.7 | — | 19. „ Ip ls | 5ı|l — | —-|50| | — | Ni. | 7 |bänke aus N., bis das ganze | | Gebirge bedeckt ist. Abend Auf- | | klaren. | | 20. , (| 68| 8 [Ci St. | 10 Morgens aus NW. schweres Gewölk gegen die hohen Kämme, | | gegen 7a lichter; 1030 wieder 20. „ | 7p 5184| 7.1) — | — |46| 61 |WSW. Cu. | 3 | Wolkenbänke. Nachmittags Auf- | klaren. Abend windstill. 3 | Morgens klar; 8a zunehmende Trübung, heftiger kalter Wind mit scharfem Hagel, gegen 11a furcht- 10 |barer Hagelsturm, Schnee und Regen, 5-600 m höher | windstill, klar und sonnig. 130» | Gewitter, Hagel, Schnee, Regen, Donner, Blitz. 630p Wind von unerhörter Heftigkeit; dann Auf- | | klaren. Die Aneroide ihren Stand | | | | nicht verändert. 212% 6a 15184 | 5.3 | — | — | 431) 65.| SW. | Cu. Allee, 7p |518.7.| &1| — | —.|49| 81 | SW. ICu.Ni. 22. 6a 5187| 55 — — 4058| SW. | Cu. | 5 | Sehon morgens von N. massen- | | \ haftes Gewölk, kalter Wind. 10a | | | Graupeln. Später Aufklaren. An Lager im südlichen | 2040 22. „ 7p 5984 |17.8 | — | — 79/52 SW. | Cu. | 5 ‚den Hochkämmen lebhaft ziehende Gurban-bogdo-Tal | | | | | dichte Wolken. 3p im Gebirge | Gewitter mit Hagel. 296 Tabelle Ih. Lager am oberen Tempel 3-10.Aug.1908 (@e505m) 3m 4 un ea 273 8 3 10V 7p er 6a 7p Ga 70 6a a I 6a Th Tp 7 pp 6a IM) Dur . T T fi Zugd.Wolkenfoewind: | | | | 32 NW = NNO — — = SOWM = — 5 ZW AR Bm m wenn Dun dm n u =luftdruck —— — Temperatur ° =Regen Urumtsechi (912m) I Ta 9p 7a 9p Ta 9 Ta 9p Ta 9p Te Hp 7a | Bu] fe 586,-. . | (| | elle u || 124 585, DER NA E23 (E22 684-, | 21,- 20;- 683,- 19 1 18- 632- 17. 16, 681,- 15- 14- 680-| | A | (al 13; Wanda ® | | 12% WNW, Stile St. NO, NNW, St. St. St. NNO,S50, $, SSW, St. St. Bewölkung: 09410710,.210:10 76.7407 107737 %0:,.2°10 en 7 0 0000%%% 0% on Niederschlag: 38° — _ _ = Absol. Feucht. 90 98 88 27 98 11,2 108 108 Relar. Feucht 52% 56% 32% 71% 95% Tabelle IIb. Lager sdi.vomGurban bogdopaß 3270n 16.- 22.Aug.1908 yulızı 1a Ra 202223 ?p ba 7p 6a 7p 6a 62 I 6a Y) ba 7, 7p 7 7 519, o 5 | 2- 6.- o N 5- — 4_ sı6._ en 2 o 515.-| 1 514- 5132 122 ee ER EB | MEER | BERN | Urumtschi (912m) 9p 7a 9p 7a 9p 7a pa Ta 9p 7a 9p 7a 686.=7 685... 124. nl 23% 684... 22. Zune 683- 20._ 19% 682- 18°. o l 4m 1- | \| uf 3 681.-| 7 I am au in or na # | r N ya m = i \ ii al = I 6 N ei 13= 297 Die Witterungsverhältnisse im Lager am oberen Tempel vom 3, bis 10. August. Das Charakteristischste in dieser Witterungsperiode war, wie sich aus einem Ver- gleich der Beobachtungen im Lager mit denen in Urumtschi ergibt, die Ausbildung einer Föhnwetterlage. Zeigte der Barometer in Urumtschi am 4. früh noch 682.2 mm, so war er am Abend auf 679.6 mm gefallen; gleichzeitig war die Temperatur von 20.2° auf 25.2° gestiegen, (9p!) und die relative Feuchtigkeit von 56°/o auf 32°%o gesunken; auch in der Bergstation hatte der Luftdruck abgenommen (0.8 mm), aber auch die Temperatur, während die relative Feuchtigkeit sich nicht geändert hatte. Am Abend meldete dann die Bergstation Trübung und bei Anbruch der Nacht heftigen Regen, der die ganze Nacht andauerte und am nächsten Morgen sogar als wolkenbruchartig bezeichnet wurde. Auch der Beobachter in Urumtschi berichtete von der Verschlechterung des Wetters; am Morgen des 5. maß er 0.7 mm Niederschlag. Das schlechte Wetter hielt in der Berg- station bis zum Mittag des 6. an; in Urumtschi konnte am 6. früh sogar 33.8 mm Niederschlag gemessen werden (das in Urumtschi in den Jahren 1907, 08 und 09 von Strokowski beobachtete Niederschlagsmaximum betrug 42.2 mm am 22. Juni 1907. Vel. S. 14). Gleichwie vorher schönes und trockenes Wetter mit fallendem Barometer verbunden war, so war das Regenwetter mit steigendem Barometer in Zusammenhang und zugleich mit Abnahme der Temperatur. Im Lager stieg der Luftdruck vom 4. abends bis 6. früh um 2.9 mm, in Urumtschi um 6.7 mm; die Temperatur sank in der gleichen Zeit im Lager von 11.2° auf 3.9°, in Urumtschi von 25.2° auf 13.6°. Was die Windverhältnisse anlangt, so verzeichnete Urumtschi am 5. früh zwar NE.,, Abends aber NNW.ı, den typischen Regenwind nach Föhn neben NW. und N. (Strokowski). Vom 6. August berichtete dann Merzbacher, daß der Regen gegen Mittag aus- setzte, daß es langsam aufzuklaren begann und die Berge sich in starke Neuschneedecke gehüllt zeigten. Abends trat völliges Aufklaren ein; die Nacht war wolkenlos. Die Verbesserung des Wetters war wieder mit einem Fallen des Barometers und mit einem Steigen des Thermometers verbunden (siehe Diagramme!). Der geschilderte Witterungsverlauf erinnert an ähnliche Verhältnisse im Vorland der Alpen bei Südföhn und nachfolgenden W.- und NW.-Windniederschlägen. Die Föhnwetterlage rief in der Beobachtungszeit relativ große Luftdruckschwan- kungen hervor: War der Luftdruck in Urumtschi vom 4. früh bis Abends um 2.6 mm gefallen, so stieg er bis zum 6. früh wieder um 6.7 mm; hernach fiel er bis zum 8. Abends um 5.8 mm, und stieg dann langsam wieder an. Ähnlich waren die Luftdruckschwankungen im Lager: vom 4. früh bis Abends fiel der Luftdruck hier um 0.8 mm, stieg dann bis zum 6. früh um 2.9 mm, fiel dann bis zum 7. Abends wieder um 3.8 mm, während die nächsten Beobachtungstermine wieder steigenden Luftdruck zeigten. Was die Temperaturverhältnisse während der Föhnwetterlage anbelangt, so wurden sie in ihrem Zusammenhang mit den anderen Witterungsfaktoren schon oben angeführt. Die Temperaturverhältnisse in den nachfolgenden Schönwettertagen vom 7. bis 9. August sind dadurch charakteristisch, daß in der 2505 m hohen Lagerstation die Morgen- Abh. d.math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 38 298 temperaturen höher sind als die Abendtemperaturen; in dem 912 m nolaen Urumtschi ist dies wenigstens im Mittel der Fall. Auch die- Feuchtigkeitsverhältnisse der Luft während des Föhn- und nach- folgenden Regenwetters wurden oben in Zusammenhang mit der Wetterlage gekennzeichnet. Vom zweiten Schönwetterteil der Beobachtungszeit (7. bis 9. August) sei angeführt, daß im Lager, im Gegensatz zu den Temperaturverhältnissen, am Abend Dampfspannung und relative Feuchtigkeit größer waren als am Morgen; im Mittel betrug die Dampfspannung am Morgen 6.9 mm, am Abend 7.3 mm, die relative Feuchtigkeit 69°/o und S4°lo. In Urumtschi war das gleiche der Fall, wenigstens im Mittel; die Werte sind 8.1 mm und 9.4 mm und 49°/, und 60°/o. Was schließlich die Windverhältnisse anbelangt, so sei nur angeführt, daß während der Schlechtwetterperiode Urumtschi wie Lagerstation Winde mit nördlicher Komponente, hauptsächlich NW. aufwiesen, während der Schönwetterperiode aber vorwiegend Winde mit südlicher Komponente. Die Witterungsverhältnisse in den Hochlagern nördlich und südlich vom Gurban-bogdo-Pass in 3435 m und 3270 m Höhe vom 11. bis 22. August. Das Hauptcharakteristikum der Witterung in beiden Lagern waren die häufigen Regen- und Schneefälle, manchmal mit Gewittern verbunden. Diese traten in der Regel in den Nachmittagsstunden auf und waren häufig von heftigen Hagelfällen begleitet. Regen- und Schneefall dauerten zuweilen längere Zeit an; sie fanden außer am Nach- mittag auch noch in der Nacht statt. Der Vormittag dagegen war meist durch Auf- klaren gekennzeichnet. Der Hauptwolkenbringer war der NW. im nördlichen wie im südlichen Lager; dabei zeichnete er sich durch eine besondere Heftigkeit aus. Die Luftdruckschwankungen zeigten in den Hochlagern nicht das Ausmaß, wie im ersten Lager während der Föhnperiode. Die Differenzen zwischen den Morgen- und Abendwerten überschritten nur an 2 Tagen I mm (1.3 mm). Ähnliches war in Urumtschi der Fall. Dort betrug die Differenz ebenfalls nur zweimal über I mm (1.4 und 2.2 mm). Was den Verlauf des Luftdrucks in der ganzen Zeit vom 11. bis 16. August (Lager nördlich vom Paß) betrifft, so hat hier, mit einer Unterbrechung am 13., eine stetige Abnahme des Luftdrucks stattgefunden: Am 11. Abends betrug der Luftdruck 504.5 mm, am 16. früh nur 501.4 mm. Im Lager südlich vom Paß konnte dagegen vom 16. bis 20. ein ständiges Steigen des Luftdrucks festgestellt werden, von 513.3 mm bis 518.6 mm. Das Gleiche war in Urumtschi der Fall: dort stieg der Barometer von 681.3 mm auf 685.6 mm. Vom 20. ab fand dann an beiden Stationen wieder ein Fallen statt. Hinsichtlich der Temperaturverhältnisse sei angeführt, daß in beiden Hochlagern das Mittel der Abendwerte etwas größer war als das der Morgenwerte, nämlich im Nord- lager 2.0° gegen 1.1° und im etwas niedrigen Südlager 5.1° gegen 4.0°. In Urumtschi war das Umgekehrte der Fall. Dort waren wieder die Morgenwerte etwas höher als die Abendwerte, nämlich in der Zeit vom 11. bis 16. August 19.4° gegen 18° und in der Zeit vom 16. bis 22. August 19.3° gegen 17.5°. Das Diagramm von der letzten Periode zeigt deutlich den Unterschied der Morgen- und Abendwerte an beiden Stationen. 299 Was die Feuchtigkeitsverhältnisse anbetrifft, so gaben die Abendbeobachtungen, entsprechend der täglichen Verschlechterung der Witterung vom Nachmittag an, im Durchschnitt höhere Werte als die Morgenbeobachtungen. Die absolute Feuchtigkeit betrug im Mittel im Nordlager am Morgen 4.0 mm, am Abend 4.7 mm, die relative Feuchtigkeit 76°/o gegen. 82/0. Im Südlager sind die Werte 3.6 mm gegen 4.7 mm und 58% gegen 71°/o. Im Urumtschi ergaben die Abendbeobachtungen zwar auch einen größeren Wert, aber hinsichtlich der absoluten Feuchtigkeit nur um 0.1 mm, sowohl in der Zeit vom 11. bis 16., als in der Zeit vom 16. bis 22. August. Die Zahlen der relativen Feuchtigkeit sind 55°/o gegen 64°/o und 55°/o gegen 66°Jo. XXlll. Fossile Pflanzen aus dem Tian-Schan, gesammelt während der Merzbacher’schen Forschungsreisen, bestimmt von J. Schuster. Mit 2 Tafeln (A und B). Die hier zu besprechenden Pflanzenversteinerungen sind weniger das Ergebnis systematischer Aufsammlungen als vielmehr charakteristische Stichproben reicher Pflanzen- ablagerungen aus dem östlichen und zentralen Tian-Schan. Wenn auch das Material im einzelnen spärlich und im allgemeinen weder sehr gut noch vollständig erhalten ist, so kommt ihm doch ein außergewöhnliches Interesse zu; einmal aus dem Grunde, weil von sämtlichen Fundplätzen Pflanzenfossilien bisher nicht bekannt waren und zweitens, weil dadurch die bisher noch offene Lücke in der fossilen Flora von Asien, welche durch die Funde in Turkestan, Zentral-Sibirien, China und Indien begrenzt wurde, wenigstens teil- weise und vorläufig ausgefüllt werden kann. Übersicht der Fundorte und Pflanzenarten. A. I. Bogdo-Ola. I. Sangun-Tal (siehe Taf. 18, Profil V). 1. Aus Horizont A mit Fisch (Taf. A, 11) im ersten Sattel des Sangun-Tales: Equisetites af. ferghanensis Seward Me&m. Com. G6ol. nouv. ser. 38, 1907, S.17; Taf. A, 4 und 7 und B, 12—14. 2. Erste rote Schichten über Lavastrom: Cladophlebis denticulata Brongn. Hist. veg. foss. 1828, S. 301; Baiera angustiloba Heer Fl. foss. arct. V, 2, 1878, 8. 24; Phoenicopsis angustifolia Heer 1. c. IV, 2, 1876, S. 51; Pityophyllum longifolium (Nath.) Moell. K. Sv. Akad. Handl. XXXVI, 6, 1903, S. 40; Podozamites lanceolatus (L. et H.) Heer var. latifolia Heer 1. c. IV, 2, 1876, S. 109. 3. Bogdo-Ola-Seetal = Sangun-Tal (siehe Profile auf Taf. 17): a) Erste Klingtone (vgl. 8. 247 £.): Baiera angustiloba; Phoenicopsis angustifolia. 38 300 b) Kurz nach den ersten Klingtonen im Hangenden des untersten Kohlenflözes: Cladophlebis denticulata; Baiera angustiloba ; Phoenicopsis angustifolia. c) Zweite Klingtone: Phoenicopsis angustifolia. A. II. Ogun-schaä-dse-Tal (siehe Profile in Taf. 17 und 18). 1. Erster Lavaberg: Baiera angustiloba ; Phoenicopsis angustifolia. 2. Dön-chon-dse-Tal: (Sandsteine von D 1, Profil ID: Equisetites colummaris Brongn. Prodr. Hist. foss. veg. 1828, 8. 37. 3. Dudun-dse-Tal (Profil III): Phoenicopsis angustifolia. 4. Im Norden des Koi-aschu-Passes am Gebirgsrand: Equisetites n. sp.? B. Aus dem Gebiet des Kaschflusses. I. Mittleres Kasch-Tal. 1. Im Hangenden des Karbonkalkes auf beiden Seiten des 4—5 km breiten Tales und in den Nebentälern; Lavaserie nahe dem Lager des „blaubeknopften Sangha“. a) Nördlicher Aufschluß: Equisetites columnaris; Cladophlebis denticulata (Taf. A, 1—5); Baiera angustiloba (Taf. B, 1); Phoenicopsis angustifolia ; Pityophyllum longifolium (Taf. B, 3—4); Podozamites lanceolatus typ. (Taf. B, 6) und var. latifolius (Taf. B, D) b) Südlicher Aufschluß: Equisetites aff. ferghanensis (Taf. A, 5—6 und B, 15). 2. In der Nähe des Lama-Klosters Bogdan-kurö und zwar im Norden hievon, gleichfalls im Hangenden der Karbonkalke und Quarzporphyre auftretenden, von jüngeren Laven durchbrochenen Angaraserie: Equisetites columnaris ; Cladophlebis denticulata ; Phoenicopsis angustifolia ; Steinkohle mit Sphärolithen („Pila“).*) 3. Temurlyk-Tal. a) Orographisch linkes Seitental des Kasch-Tales und zwar des oberen Mittellaufes, höher als „blauknöpfiger Sangha* und Bogdan-kurö (aus den Sandsteinen und Konglomeraten): Equisetites columnaris (Taf. B, 11); Cladophlebis denticulata ; Phoenicopsis angustifolia ; Podozamites lanceolatus var. latifolius. 1) Vergl. über diese Kohle J. Schuster, Zur Mikrostruktur der Kohle, N. Jahrb. f. Min. 1912, II, S. 39. 301 b) Am Weg von Karkara nach Temurlyk (Kukuluk-tau) gekauft: Tylodendron scythicum (Roman.) Schuster. 4. Im Hangenden des Karbonkalkes des Borogobosun-Tales, das orographisch rechts in das untere Kasch-Tal mündet (Kasch-Serie, Horizont b und e): Tylodendron seythicum (Taf. B, 8). . Tasch-malyk-Tal im Süden von Kaschgar am Nordabhang des Alai-Pamir, Süd- rand des Kaschgar-Beckens: a) 25 km talaufwärts von Tasch-malyk, linke Seite des Geß-Tales; pflanzen- führende Schiefer und Sandsteine mit Kohle: Equisetites n. sp.? (Taf. B, 9); Phyllotheca Ammoni Schuster n. sp. (Taf. A, 9); Pityophyllum longifolium (Taf. B, 2 und 5); Cyelopitys HeeriSchmalh.Mem. Acad. sc. Petersb. XXVIL, 4,1879,8.88(Taf. A, S). b) Westlich von Tasch-malyk, ungefähr 35 km im Südwesten von Kaschgar: Equisetites n. sp.? (Taf. B, 10); Pityophyllum longifolium ; Cyelopitys Heeri Schmalh. C. Im Süden von Utsch-Turfan, östlich vom Gräberfeld (Kok-schal-Gebiet): Chondhrites cf. affinis Heer (Taf. A, 10). [a1 Die fossile Flora des Tian-Schan. Die folgende Tabelle soll einen vollen Überblick über das gesamte Material bilden, soweit dieses eine Bestimmung zuließ. Algen. 1. Chondrites cf. affınis Heer (Taf. A, 10). Schachtelhalme. 2. Equisetites columnaris Brongniart (Taf. B, 11). 3. Equisetites aff. ferghanensis Seward (Taf. A, 4—7 und B, 12—15). Farne. 4. Equisetites n. sp.? (Taf. B, 9—10). 5. Phyllotheca Ammoni Schuster n. sp. (Taf. A, 9). 6. Cladophlebis denticulata Brongniart (Taf. A, 1—3). Gingko. ! 7. Baiera angustiloba Heer (Taf. B, 1). ? Cordaiten. 8. Phoenicopsis angustifolia Heer. Nadelhölzer. 9. Pityophyllum longifolium (Nathorst) Möller (Taf. B, 2—5). 10. Cyelopitys Heeri Schmalhausen (Taf. A, 8). 11. Podozamites lanceolatus typ. (Taf. B, 6) und var. latifolius Heer (Taf. B, 7). 12. Tylodendron seythieum (Romanowski) Schuster (Taf. B, 8); Abdrücke und Steinkerne. Brennstoffe. 13. Steinkohle mit Sphärolithen („Pia“). 14. Braunkohle („Torf“), erdig-mulmig, aus undeutlichen Cuticulafetzen bestehend. Charakter der Flora und ihr geologisches Alter. 1. Paläozoikum. Unter den angeführten Resten ist mir in erster Linie das eigentümliche Fossil auf- gefallen, das aus dem Borogobosun-Tal teils als Abdruck teils als Steinkern vorliegt. Der letztere erinnert äußerlich etwas an Lepidodendron-Arten, wie z. B. Lep. fusiforme im sogenannten Bergeria-Erhaltungszustand, und in der Tat wurden übereinstimmende Fossilien von Romanowski mit Lepidodendron verglichen. Die genauere Betrachtung der Felder zeigt aber, daß diese nichts mit Lepidodendron gemein haben, sondern die Abdrücke der Markoberfläche von wahrscheinlich Araucarien-ähnlichen Nadelhölzern darstellen, wie sie namentlich aus dem Perm des Rheingebietes unter dem Namen ZT’ylodendron bekannt sind. Nun kommen ähnliche Markkörper von anderen Koniferen auch in der Trias, z. B. im Keuper vor; hier ist aber doch die Form der Felder der Markoberfläche, soweit bekannt, eine etwas andere als bei den vorliegenden Exemplaren (Taf. B, 8). Ich kann diese um so eher dem Permokarbon zuweisen, als auch der geologische und zoopaläontologische Befund (Spirifer glaber) mit Sicherheit das gleiche Alter erweist. Leider sind sonst keinerlei Pflanzeneinschlüsse vorhanden, so daß es ungewiß ist, ob, wie es bei T’ylodendron am wahr- scheinlichsten wäre, Perm vorliegt oder oberstes Karbon (obere Ottweiler Schichten), da aus jüngeren Karbonablagerungen, soweit mir bekannt, typische T’ylodendron-Markkörper nicht bekannt sind. Es ist mir demnach sehr wahrscheinlich, daß die Karbonserie um ' das Borogobosun-Tal dem obersten Karbon bezw. einer hierher gehörigen Gondwana- Facies angehört. Ein identischer Markkörper wurde am Weg von Karkara nach Temurlyk (Kukuluk-tau) gekauft, woraus wenigstens vermutet werden darf, daß auch in dieser Gegend derartiges Karbon ansteht. 2. Mesozoikum. Der weitaus größte Anteil entfällt auf das Mesozoikum, dem 10 bestimmbare Typen zugewiesen werden müssen. Besonders reich sind Reste von Schachtelhalmen vertreten, allerdings meist fragmentarisch erhalten, so daß eine spezifische Bestimmung nur teil- weise möglich ist. So finden sich in der Bogdo-Ola, im Sangun-Tal, sehr zierliche Diaphragmen (Taf. A, 4 und B, 13—14) eines Schachtelhalmes, auch ausgebreitete Blattscheiden (Taf. B, 12), aber so gut wie nichts von den Stämmen bzw. Internodien, weshalb eine definitive Bestimmung nicht gegeben werden kann. Auf der anderen Seite sind gerade Diaphragmen von dieser charakteristischen Form schon Romanowski aufgefallen, der sie als Asterocyelites beschrieb, und die von Seward als Equisetites ferghanensis!) bezeichneten Reste aus dem Jura von Ferghana stimmen mit den vorliegenden so gut als möglich überein, so daß ich sie un- bedenklich damit identifizieren würde, könnte ich Stammreste zum Vergleiche heraus- ziehen. So kann man nur auf einen sehr eleganten Typ schließen, welcher auch dem jurassischen Equisetites lateralis nicht unähnlich gewesen sein dürfte, während in der Trias 1) Hier ist überall die Schreibweise ferghanensis durchgeführt, welche dem Genius des turke- stanischen Sprache gemäßer ist. 305 entsprechend zarte Formen kaum vorkommen. Ich spreche mich also, wenn auch mit Vorbehalt, schon aus dem Grunde für Jura aus, weil entsprechende Diaphragmen (Taf. A, 5—6 und B, 15) sowie feine Stengelreste (Taf. A, 7) vom südlichen Aufschluß des mittleren Kaschtales vorliegen, wo eine typisch jurassische Florengesellschaft gesammelt wurde. Ein Licht auf die Frage könnte vielleicht der Ganoidfisch werfen, der mit den Schachtel- halmresten zusammen im Sangun-Tal gefunden wurde (Taf. A, 11). Ein liassisches Alter wäre hier nicht ganz ausgeschlossen, aber der botanische Befund spricht, wie gesagt, mehr für die gleiche Juraablagerung, der auch die übrigen Pflanzenreste angehören. Ein zweiter Schachtelhalm, der mehrfach und besser erhalten ist, dürfte einer neuen Art angehören. Er würde durch seine Form an sich mehr für Trias sprechen, würde nicht die Begleitflora eine solche Annahme als unzutreffend erweisen. Dagegen ist es nicht unwahrscheinlich, daß ältere Angaben von Egquisetum arenaceum, aus dessen Be- stimmung Muschketow auf Rhät schloß, gleichfalls auf Jura sich beziehen. Das vorliegende Material wenigstens hat für die auf dem karbonischen Kalk liegenden Schichten stets Jura ergeben. Der hier zu beschreibende Schachtelhalm von Tasch-malyk und dem Nordabhang des Koi-aschu-Passes ist von Funden der zuerst genannten Lokalität auf Taf. B, 9 und 10 dargestellt.) Jedenfalls wird es gestattet sein, derartige Formen, solange unsere Kenntnisse nur auf Abdrücken basieren, im Anschluß an Seward zu Equisetites zu stellen, besonders wenn, wie im vorliegenden Falle, die Blüten unbekannt sind. Andere Reste sind namentlich durch die Form und Dimension der Blattscheide ausgezeichnet (Taf. A, 9), welche etwas an indische Phyllotheca-Arten erinnert. ?) Die übrigen Pflanzenreste bieten zu systematischen Bemerkungen kaum einen Anlaß, dagegen dürften einige Bemerkungen über die Verbreitung schon mit Rücksicht auf die Altersfrage nicht ohne Interesse sein. Sehen wir von den als neu angenommenen Schachtelhalmen ab, so kommen 8 Arten in Betracht. An turkestanische Vorkommnisse schließen sich an: Equisetites ferghanensis und columnaris, Cladophlebis dentieulata, Pityophyllum longifolium, Phoenicopsis angustifolia, Podozamites lanceolatus. Die beiden letzteren sind ferner aus der Mandschurei bzw. Mongolei bekannt, Baiera angustiloba auch aus China, Oyelopitys Heeri aus Rußland (brauner Jura). Durch die vorliegenden Bestimmungen ist die Lücke in der einheitlichen fossilen Flora vom Kaukasus, Turkestan, Mandschurei, Mongolei, China und Korea durch ein passendes Äquivalent im Tian-Schan ausgefüllt. Aber auch Japan, Sibirien, Bornholm, England weisen die gleichen Typen auf. So kann die Frage nach dem geologischen Alter nur auf den Jura und zwar.auf den Dogger entfallen. Dies setzt eine Transgression über Trias voraus; letztere Formation ist aber im Tian-Schan bis jetzt nicht nachgewiesen, falls man nicht etwa den Fund im Sangun-Tal mit Fisch und Schachtelhalm dafür in Anspruch nehmen will, was mir indes nicht sehr wahrscheinlich ist. Wäre die Flora liassisch (etwa homolog Gresten oder Steierdorf), so würde die Zu- !) Equisetites n. sp.? (Taf. B, 9 und 10): Internodien ungefähr doppelt so lang als breit, Rippen schmal. 2) Phyllotheca Ammoni Schuster n. sp. (Taf. A, 9): Zähne der Blattscheiden derb, bis 3 mm breit, am Grunde breit, scheibenförmig verwachsen; ziemlich große Form, charakteristischer Begleiter jurassischer Typen im Tasch-malyk. — Benannt nach Oberbergdirektor Professor Dr. L. v. Ammon, dem der Expeditionsleiter für frühere Bearbeitung von Material, der Verfasser für ständige Förderung seiner phytopaläontologischen Arbeiten zu Dank verpflichtet ist. 304 sammensetzung sicher eine andere sein; für den Fischfund soll indes die Möglichkeit nicht geleugnet werden, während in allen anderen Fällen die Zusammensetzung der Flora nur für Jura spricht. Wir können daher die Gesamtheit dieser Schichten, die Angara- schichten, in den Dogger stellen und gleichaltrige Ablagerungen derselben in ver- schiedenen Teilen des östlichen und zentralen Tian-Schan auf Grund der Pflanzenfossilien feststellen.'!) Dies beweist, daß zu jener Zeit keine allgemeine Transgression (Angarameer) im Tian-Schan herrschte, sondern zahlreiche einzelne Süßwasserbecken von einer gleich- artigen Uferflora bestanden waren, von der jetzt wenigstens die Haupttypen bekannt sind; daß die bisher klaffende Lücke zwischen Turkestan und der Mongolei dadurch einheitlich überbrückt ist, dürfte als das Hauptergebnis der fossilen Pflanzenaufsammlungen zu betrachten sein. 3. Kanäozoikum. Bei Utsch-Turfan wurde zusammen mit Häcksel das auf Taf. A, 10 abgebildete Fossil gefunden, welches oberflächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit einer schlecht er- haltenen Daiera besitzt, jedoch bei näherer Betrachtung wohl nur bei C'hondrites unter- gebracht werden kann, wo das bekannte Flysch-Fossil Chondrites affınis das ähnlichste Vergleichsmaterial bildet. Chondriten kommen allerdings auch schon im Apt vor, allein diese Formen sind hinsichtlich der Verzweigung verschieden und so möchte ich wenigstens andeuten, daß hier möglicherweise eine eozäne Ablagerung vorliegt. Leider läßt sich aus den Häckseln nichts entnehmen; doch sind sie anders als die aus Phoenicopsis, Baiera- und Equisetiten-Fetzen bestehenden aus dem Jura. Schließlich ist hier noch eine in kleinen Schmitzen auftretende und von Kalkspatadern durchzogene erdig-mulmige Braunkohle zu erwähnen, die sich in den Hanhai-Schichten fand und keine mikroskopisch bestimmbaren Bestandteile mehr erkennen ließ; sie dürfte dem Pliozän angehören. Schlussbemerkung. Von einer speziellen Literaturliste?) kann hier abgesehen werden, da eine solche erst von Seward in seinen Jurassic plants from Caucasia and Turkistan (M&m. Com. Geol. nouv. ser. 38, 1907, S. 45 bis 48) aufgestellt wurde. Als Ergänzung sei nur noch auf die von O. M. Reis in seiner Binnenfauna der Fischschiefer in Transbaikalien (Rech. Geol. et minieres le long du chemin de fer de Siberie, livr. 29, 1909, 8. 53 bis 62) beschriebenen Pflanzen aus dem Turga-Schiefer von Witim hingewiesen, welche jung- jurassisch-altkretazisch sein dürften; jedenfalls besteht zu den Jurapflanzen des Tian-Schan keinerlei Beziehung. 1). Eine Bestimmung der verschiedenen Stufen innerhalb des Schichtenkomplexes läßt sich auf Grund unserer bisherigen Kenntnis hier wie auch bei den übrigen mesozoischen Floren Asiens nicht gewinnen; dazu wird es noch vieler Aufsammlungen und Untersuchungen bedürfen. 2) Einen vollen Überblick über die mesozoischen Floren Asiens gibt Seward, Mesozoic plants from Afghanistan and Afghan-Turkistan in Palaentologia Indica IV, 4, new ser., Calcutta 1912, S. 47; die Einsichtnahme dieser Publikation verdanke ich Herrn Geh.-Rat A. Engler. (Anmerkung während des Drucks.) MERZBACHER-SCHUSTER, Fossile Pflanzen aus dem östlichen Tian-Schan. Carl Kuhn, München. Abh. d. math.-phys. Kl. XXVI], 5 Abh. 4 EuuLES Di we hr ie MERZBACHER-SCHUSTER, Fossile Pflanzen aus dem östlichen Tian-Schan. ÜTTTNEFTEN. Fe 10 Carl Kuhn, München. Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 5 Abh. ww an 10 vo m 305 Tafelerklärung. A. Oladophlebis denticuluta Brongniart. Equisetites afl. ferghanensis Seward — vgl. auch B, 12—15. Cyelopitys Heeri Schmalhausen. Phyllotheca Ammoni Schuster n. sp. . Chondrites ef. affinis Heer. . Schuppen eines Ganoidfisches, welcher zusammen mit den auf Taf. A, 4 und B, 12—14 abgebildeten Resten von Equisetites aff. ferghanensis Seward vorkommt. B. Baiera angustiloba Heer. Pityophyllum longifolium (Nathorst) Möller. . Podozamites lanceolatus typ. und . var. latifolius Heer. Tylodendron scythicum (Romanowski) Schuster. . Equisetites n. sp.? . Equisetites columnaris Brongniart. 5. Equisetites aff. ferghanensis Seward — vgl. auch A, 4—7. Die Herkunft der Fossilien ist in der „Übersicht der Fundorte und Pflanzenarten“ angegeben. Zeichnungen (von Hildegard Helmerichs) in natürlicher Größe, Originale im paläontologischen Museum zu München. Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 39 306 XXIV. Über fossile Fische aus der Bogdo-Ola von Maurice Leriche und Otto M. Reis. (Mit Tafel 19.) Über fossile Fische.von Maurice Leriche. Description d’Heterolepidotus Merzbacheri, espece nowvelle des Terrains m£sozoiques du Tian-Schan, par Maurice Leriche. P1.219! Les echantillons rapportes d’une couche a Poissons, interealdee dans la formation houillöre de la chaine de Bogdo-Ola, dans le Tian-Schan, renferment des nombreux restes des Poissons, malheureusement tr&s dissocies et trös fragmentaires. Ces restes semblent appartenir & une meme espece de la famille des Eugnathides. Ils comprennent: 1° des parties isoldes du squelette e&phalique (pieces operculaires, rayons branchiosteges, traces d’orbitaires et d’os du cräne); 2° des parties plus ou moins impor- tantes du tronc et de la queue. L’opereule (Pl. 19, fig. 1, op. fig. 2) est plus long que haut. La suture qui le separe du sous-opereule est tr&s faiblement oblique. Les rayons branchiosteges (fig. 3) forment de larges lames. Les pieces operculaires, les rayons branchiosteges, les orbitaires et les os du cräne sont couverts, ä la face externe, d’une granulation serree, qui a une tendance ä se trans- former en cötes tuberculeuses, sur les rayons branchiosteges. Les &cailles (fig. 1, 4, 5) sont assez &paisses. (elles des rangees anterieures (fig. 1) sont plus hautes que longues. Celles de la face ventrale, dans la partie posterieure du trone et dans la region caudale (fig. 4, 5), sont basses et fort allongees. Elles sont orndes de petites cötes longitudinales, bien marqudes dans la partie anterieure du tronc, affaiblies et reduites en nombre dans la partie posterieure. Dans la region caudale, ces cötes sont limitees ä la moitie posterieure des Ecailles et denticulent le bord posterieur de celles-ci. A la face interne (fig. 4), les €cailles sont renforc&es par un bourrelet, qui est situe dans leur moitie anterieure et qui est parallele ä leur bord anterieur. La nageoire caudale est fourchue et garnie de fuleres bien developpes (fig. 5). Le Poisson qui vient d’etre deerit appartient au groupe des Eugnathides, a Ecailles paisses, repr6sente par les genres Bugnathus L. Agassiz, Heterolepidotus Egerton, Allole- pidotus Deecke, Pfycholepis L. Agassiz, Neorhombolepis A.-S. Woodward. Il differe: 1° du genre Allolepidotus, par ses os operculaires plus solides et par ses £cailles plus allongees et striees ä la face externe; 2° du genre Piycholepis, par ses &cailles moins allongees, moins -fortement striees ä la face externe, et renforcdes par un bourrelet ä& la face interne; 3° du genre Neorhombolepis, par ses &cailles moins allongees et striees & la face externe. MERZBACHER-LE RICHE, Fossile Fische aus der Bogdo-Ola. Tafel 19, Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 5 Abh. Carl Kuhn, München. 307 La forme relativement elevee le rapproche davantage du genre Heterolepidotus, que du genre Eugnathus. Il se distingue facilement de toutes les especes connues du genre Heterolepidotus, notamment par l’ornementation plus accusde de ses £cailles. L’espece nouvelle &tablie pour ce Poisson est dediee ä M. le Professeur G. Merz- bacher; au cours de l’un de ses voyages d’exploration dans le Tian-Schan son collaborateur, Mr. P. Gröber a trouve les premiers restes de poisson dans les Schistes des gres marneux du Groupe du Bogdo-Ola. Le genre Heterolepidotus est connu depuis le Trias superieur jusqu’au Kimeridgien inferieur, inclusivement. La plupart des esp&ces decrites jusqu’iei. proviennent du Trias superieur et du Lias. Explication de la Planche 19. Fig. 1. — Partie du squelette e&phalique et partie anterieure du tronc d’un individu, vues du eöte droit. op., opercule — s. op., sous-opercule. Fig. 2. — Opereule droit, incomplet, vu par la face externe (les bords posterieur et inferieur ne sont pas conserves). Fig. 3. — Rayons branchiosteges droits, vus par la face externe. Fig. 4. — Moule interne et empreinte externe de la partie posterieure d’un tronc. L’&chantillon montre l’empreinte interne des Ecailles du eötE gauche et l’empreinte externe des &cailles du eöte droit. On distingue, sur les empreintes internes, le sillon imprim& par le bourrelet de la face interne des Ecailles. Fig. 5. — Portion de la queue et de la nageoire caudale d’un individu, vue du cöte droit. On distingue les fuleres du bord inferieur de la nageoire caudale. Les figures 1, 4 et 5 sont en grandeur naturelle; les figures 2 et 3 ont subi une l&gere reduction. Über fossile Fische aus der Bogdo-Ola von Otto M. Reis. Das Material besteht aus einer größeren Anzahl von unzusammenhängenden Frag- menten des Schuppenkleids, vereinzelten Schädel- und Schultergürtelknochen und unvoll- ständigen Flossenfragmenten. Es hat außerdem den Nachteil, daß alle Skelettgebilde fast lediglich im Abdruck in einem etwas rauhen feinsandigen Gestein vorliegen. Die Bestimmung kann daher nur mit allem Vorbehalt bezüglich der Skulptur und der Form der Schuppenkleidfragmente erfolgen. Dies hat einige Schwierigkeit, da ja diese beiden Merkmale, bei Neigung zu etwas abweichender Gestaltung, je nach der Körperregion wechseln. Besser erhaltene Teile des Schuppenkleides zeigen nun eine dorsoventrale Verschmälerung und eine kaudale Verlängerung der Schuppen, welche in vieler Hinsicht, besonders auch bei dem Auftreten einer feinen, weitgestellt gegabelten Längsskulptur, an Ptycholepis erinnert. Die Kopfknochen und Schultergürtelteile sind ebenfalls stark skulpturiert, verraten aber eine viel geringere Neigung zur Verlängerung der Skulptur- leisten als dies bei den bekannten Ptycholepis-Arten ‘der Fall ist. Die Fragmente der Flossen zeigen eine paarige Flosse mit schwachem Fulcralbesatz und dichtern Zusammen- schluß der Flossenstrahlen, das Fragment der Schwanzflosse desgleichen. Die Gliederung scheint hier länger als breit zu sein. Es ist aus den Flossenstrahlen gerade in diesem 39* 308 Fall nicht leicht zu sagen, ob ein paläozoischer heterocerker Fisch oder ein mesozoischer Typus vorliegt. Die erwähnten äußeren Merkmale können auf Piycholepis bezogen werden, von welcher Gattung dann eine neue Art vorläge. Es ist aber hervorzuheben, daß die wichtigsten Teile zu einer unzweifelhaften Feststellung von Genus und Spezies fehlen. Die Gattung Piycholepis kommt in wenigen Arten in der oberen Trias von Connecticut und Italien vor, hat aber ihre Hauptverbreitung im unteren und oberen Lias Europas. XXV. Verzeichnis der Pflanzen vom Bogdo-Ola-Gebirge, !) gesammelt von Professor Dr. G. Merzbacher und bearbeitet von Boris Fedtschenko, Oberbotaniker im Kaiserlichen Botanischen Garten zu St. Petersburg. Vorwort. Vorliegendes Verzeichnis enthält nur einen kleinen Teil der Pflanzen aus dem riesigen Herbarium des hochverdienten Tian-Schan-Forschers, Professor @. Merzbacher, nament- lich diejenigen, welche in der wenig bekannten Gegend des Bogdo-Ola-Gebirges auf- gesammelt wurden. Wir gedenken einige allgemeinere Betrachtungen über die Flora der von Professor Merzbacher untersuchten Gebiete erst später zu bringen und veröffentlichen zurzeit nur dieses Verzeichnis mit dem Wunsche, wenigstens eine vorläufige Idee über den Charakter der Flora dieser Gegend zu geben. Einige von den von uns angeführten Pflanzen sind ganz besonders interessant, und zwar nicht nur die prächtige neue Art Chrysanthemum Merzbacheri B. Fedtschenko sondern auch die bekannte Lilie Lilium tenuifolium. Bei der Untersuchung der Professor Merzbacher’schen botanischen Ausbeute hatte ich die Beihilfe von Frl. N. Desjatowa, der ich einen Teil der Arbeit übergab. St. Petersburg, 16. Juli 1913. I. Gnetaceae. 1. Ephedra monosperma Gmel. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola et opp. Urumtschi. In der Umgebung von Urumtschi und am Südrand des Gebirges. 2.—29. VII. I. Liliaceae. 2. Lilium tenuifolium Fisch. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola.. Am Wege von Foükan zur Bogdo-Ola, in der unteren Alpenwiesenzone. 2.—3. VIII. Das Auffinden des Lilium tenuifolium Fisch. im Bogdo-Ola-Gebirge ist ziemlich unerwartet, da bekanntlich die Gattung Lilium dem Tian-Schan und Dsungarischen Alatan gänzlich fehlt. Allerdings kommt diese schöne Art im Altai, sowie in der östlichen Mongolei vor. Wäre es nicht möglich, daß diese Pflanze von etwaigen Gärten aus der Um- gebung stammt? In ihrer Pracht ist die vorliegende Pflanze viel kräftiger usw. als die gemeine ostasiatische Pflanze. 1) Siehe im Übrigen meine Ausführungen in Kap. XIII, 8.109f. G.M. [94] or u | an 309 | III. Iridaceae. . Zris halophila Pall. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola et opp. Urumtschi. In der Umgebung von Urumtschi. 26.—29. VII. IV. Salicaceae. . Populus hybrida M. bB. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. Aufstieg zum Bogdo-Ola-See, am Gehänge in schwacher Baumform massenhaft. 4.—8. VII. V. Polygonaceae. . Atraphaxis frutescens (L.) C. Koch. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola et opp. Urumtschi. Lager am Südrande der Bogdo-Ola und am Nordrand. 2.—29. VIII. — Am Wege von Foükan zur Bogdo-Ola in der trockenen Lehm- und Kiessteppe, allenthalben in großen Mengen; auch noch höher bis zum See hinauf an allen sehr trockenen Stellen. 2.—5. VIH. — Vom Sayopu-See nach Urumtschi. 25. VII. VI. Chenopodiaceae. . Eurotia ceratoides (L.) ©. A. M. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola et opp. Urumtschi. Auf dem Tempelfelsen von Urumtschi und an steinigen Stellen der Kiessteppe in großen Mengen zerstreut. 2.—29. VIII. und 4. IX. . Suaeda physophora Pall. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola et opp. Urum- tsch. Vom Sayopu-See nach Urumtschi und am Nordrand in niederen Regionen. 2.—30. VII. . Arthrophyton (Haloxylon) Ammodendron (Bge.) Litur. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola et opp. Urumtschi. Am Wege von Foükan zur Bogdo-Ola in der trockenen Lehm- und Kiessteppe, in großen Mengen. Auch noch höher oben. 2.—5. VII. — Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola et opp. Urumtschi. Nach Foükan in der trockenen Lehm- und Kiessteppe massenhaft. 2. VII. VO. Caryophyllaceae. . Stellaria Sp. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. Unteres Lager am Südrande der Bogdo-Ola. 26.—29. VI. . Cerastium vulgatum L. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. Lager am Süd- rande des Bogdo-Ola. 21.—25. VII. . Cerastium trigynum Vill. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. Unteres Lager am Südrande der Bogdo-Ola. 21.—25. VII. 2. Alsine verna (L.) Wahlenb. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. Hochlager im Süden der Bogdo-Ola. 21.—25. VII. . Dianthus superbus L. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. In der Alpenwiesen- _ zone von 2000—2800 m an besonnten Stellen, auch am Südabhang öfters. 6.—25. VIII. VIII. Ranunculaceae. . Delphinium dasyanthum Kar. et Kir. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. In der Zone der Alpenwiesen von 2200—2600 m an feuchten Stellen. 6.—14. VII. 5. Thalictrum isopyroides C. A. M. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola et opp. Urumtschi. In der Umgebung von Urumtschi, auch am Nordrande häufig. 2.—29. VIII. 310 16. 17% 18. 19» 50. IX. Cruciferae. Lepidium latifolium L. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. Lager am Süd- rande der Bogdo-Ola. 26.—29. VII. Diptychocarpus strietus Trautv. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola et opp. Urumtschi. In der Umgebung von Urumtschi und am Eingang der Gebirgstäler. 26.—29. VIN. X. Crassulaceae. Sedum Ewersii Led. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. In der Alpenwiesen- zone von 2000—3500 m an Felsen und steinigen Stellen, mit Vorliebe in der Kammregion. 10.—20. VIH. — Hochlager im Süden der Bogdo-Ola. 21.—25. VIL. Sedum Aizoon L. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. In gleicher Verbreitung wie voriges, jedoch nicht am Südrand. 6.—12. VII. XI. Saxifragaceae. . Saxifraga hirculus L. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. Hochlager im Süden der Bogdo-Ola. 21.—27. VII. . Parnassia ovata Led. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. Alpenwiesenzone an trockenen Stellen. 8.—15. VII. XII. Leguminosae. . Medicago falcata L. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola et opp. Urumtschi. Am Wege von Foükan zur Bogdo-Ola, in der Lehm- und Kiessteppe 2.—3. VII. . Oxytropis Sp. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. Unteres Lager am Süd- rande der Bogdo-Ola. 21.—25. VII. . Astragalus Sp. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola et opp. Urumtschi. In der Umgebung von Urumtschi und am Gebirgsrand. 26.—29. VII. . Astragalus Sp. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola et opp. Urumtschi. Lager am Südrande der Bogdo-Ola. 21.—25. VIII. XII. Rutaceae. . Peganum Harmala L. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola et opp. Urumtschi. Vom Sayopu-See nach Urumtschi, auch am Nordrand des Gebirges. 27. VII. XIV. Zygophyllaceae. . Zygophyllum macropterum ©. A. M. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola et opp. Urumtschi. In der Umgebung von Urumtschi und am Eingang der Gebirgstäler. 26.—29. VII. XV. Umbelliferae. . Neogaya mucronata Schrenk. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola et opp. Urumtschi. Am Wege von Foükan zur Bogdo-Ola in der Lehm- und Kiessteppe. 2.—3. VII. . Aegopodium alpestre Led. In der niederen Alpenwiesenzone an trockenen Stellen. 6.—10. VII. XVI. Gentianaceae. Gentiana algida Pall. d. sibirica. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. Hoch- lager im Süden der Bogdo-Ola. 21.—25. VIH. © [si 40. 41. 44, 311 . Gentiana prostrata Haenke. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. An gut befeuch- teten Stellen der Alpenwiesenzone von 2200—3000 m, häufig am Nordabhang. 6.—15. VII. 2. Gentiana Walujewi Rgl. et Schm. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. Gleiche Verbreitung wie vorige. 6.—15. VIN. . Gentiana barbata Froel. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola et opp. Urumtschi. Vom Sayopu-See nach Urumtschi. 28. VII. . Gentiana aurea L. = G. umbellata M. B. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. In der Alpenwiesenzone des Nordabhanges von 2200—2800 m, häufig an feuchteren Stellen. 6.—15. VII. XVI. Boraginaceae. . Myosotis silvatica Hoffm. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. In der Alpen- wiesenzone allenthalben bis zu 2600 m an nicht zu feuchten Stellen. 6.—1S. VII. — Hochlager im Süden der Bogdo-Ola. 21.—25. VIH. XVII. Labiatae. . Dracocephalum imberbe Bge. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. In der Alpen- wiesenzone an trockenen Stellen von 1800-2400 m. 6.—15. VII. . Dracocephalum nutans L. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. Gleiche Ver- breitung wie voriges. 8.—18. VII. XIX. Scrophulariaceae. . Pedicularis cheilanthifolia Schrenk. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. In der Alpenwiesenzone von 2200—2700 m an trockenen Stellen, auch am Südrand. 10.—26. VII. XX. Rubiaceae. . Galium boreale L. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. In der höchsten Alpen- wiesenzone bis hinauf zur Kammregion. 10.—20. VII. Galium vernum L. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola.. In der mittleren Alpenwiesenzone. 8.—18. VII. XXI. Campanulaceae. Campanula glomerata L. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. In der Alpen- wiesenzone von 2000—2300 m. 6.—12. VII. 2. Oodonopsis ovata Beuth. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. In der Alpen- wiesenzone zwischen 1300—2600 m an nicht stark befeuchteten Stellen. 8.—18. VII. XXI. Compositae. . Erigeron pulchillus. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. In der Alpenwiesen- zone von 1800—2400 m. 6.—12. VII. Achillea Millefolium L. 'Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. In der Alpen- wiesenzone zwischen 1800 und 2600 m an etwas trockenen Stellen. 6.—15. VII. 312 45. Ohrysanthemum (Pyrethrum) Merzbacheri B. Fedtschenko n. sp.‘!) Radix fere indurata. Caules usque 50 cm alti, adscendentes numerosi, crassiusculi, glabrescentes, sub capitulo paulo pubescentes. Folia versus basin caulis congesta, late oblongo-elliptiea, pinnati- partita, primo iterum pinnata vel subpalmatim partita, pinnulis lineari-lanceolatis, apice mucronulatis. Capitulum apice caulis unicum, magnum (usque 90 cm diametro). Involueri foliola nigrescentia, dorso viridescentia, glabra, dense imbricata. Flores radii rosei, discum 2 plo. superantes, lineari-lanceolati, apice angustati, 10 denticulıs. A absunt. — Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola et opp. Urumtschi. Am Wege von . Foükan zur Bogdo-Ola in.der trockenen Lehm- und Kiessteppe, allenthalben in großen Mengen; auch noch höher bis zum See hinauf, an allen sehr trockenen Stellen. 2.—3. VIU. 46. Tanacetum tenuifolium Jacquem. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. Hoch- lager im Süden der Bogdo-Ola. 21.—25. VII. 47. Senecio memorensis L. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. Häufig in der Alpenwiesenzone von 1800—2500 m an etwas trockenen Stellen, zusammen mit S. Tianschanieus. 6.—15. VII. 48. Saussurea involuerata Kar. et Kir. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. In der Hochalpenregion über 3300 m im trockenen Schutt unter stark beschattetem Fels- gehänge. 10.—15. VII. 49. Aronicum altaicum (Pall.) DC. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. In der mittleren und. hohen Region der Alpenwiesen des Nordabhanges. 6.—18. VI. 50. Saussurea pygmaea DC. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. Hochlager im Süden der Bogdo-Ola. 21.—25. VII. 51. Saussurea amara DC. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. Vom Sayopu-See nach Urumtschi. 27. VII. 52. Saussurea sp. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. In der Hochregion über 3000 m im trockenen Steinschutt (Moränen) in der Nähe der Gletscher an schattigen Stellen. 10.—18. VII. 53. Carduus nutans L. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola. In der Alpenwiesen- zone von 1800—2600 m an nicht stark befeuchteten Stellen. 8.—18. VIII. 54. Mulgedium tataricum (L.) DC. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola et opp. Urumtschi. Vom Sayopu-See nach Urumtschi. 27. VIH. 55. Mulgedium azureum DC. Turkestania chinensis: Montes Bogdo-Ola et opp. Urumtschi. Am Wege von Foükan zur Bogdo-Ola in der trockenen Lehm- und Kiessteppe, allenthalben in großen Mengen; auch noch höher bis zum See hinauf und in den unteren Alpenwiesen, an allen sehr trockenen Stellen. 3.—7. VII. !) Es war beabsichtigt, von dieser schönen neuen Sp. (vgl. S. 113, 119) eine kolorierte Abbildung der Beschreibung beizufügen. Herr Fedtschenko hatte eine solche vorbereitet. Durch den Kriegs- ausbruch ist ihre Übersendung unmöglich gemacht worden. 313 Sachregister. A Acanthalimon 112. Achillea millefolium 113, 311. d’Acocha siehe d’Espinha. Aconitum 127, 167. A. Napellus 113. Acta Horti Petropolitani 31, 115. Aegopodium 127. Ae. Alpestre Ldl. 123, 310. Afghanistan 51, 64, 73. Agias (Tal und Fluß) 2, 82, 112, 252. Aidin kul 22, 80, 208f.; Bedeutung des Namens 208 und siehe Sayopu-See. Ainak-kul 209. Airan-nor 44. Ak-kul 259. Ak-su, Stadt 79.; Tal und Fluß 219, 220. Ala-basch-konurlen 220. Alai, Richtung 47; Tal 235. Albert A. (eit.) 1. Aleuropus 119. Alexander-Kette 45, 125,; grenzt 45. Alexander III. Kette 245. Alfredia 127. Algen 301. Alhagi camelorum 118, 130. A. Muschketowi 123. A. spinosa 130. Alisme 112, 113. Allen-Alexander 34. Allıum 112, 113, 127. Allolepidotus 306. All. Deeke 306. Alluvium 78, 193, 204. Almatinka Kleine = Tuyuk-su 220. Alpinistisches und Bergbesteigungen 107, 146, 173, 174f., 176, 178, 179, 180, 181, 187 f., 189 f., 191£., 214, 215, 239, 240, 242, 259, 261, 278. Alsine verna Wahlbg. 113, 309. Altai-Gebirge 4, 9, 43, 68, 109, 119, 127, 132, 134, 222, 234, 308; Grenze gegen Tian-Schan 43, 46 f., 94. Alyssum 119. Ammon L. von 303. Ampferer O. 196, eit. 196 f. Anabasis 130. Andesit (Lava) 247 f., 250, 251, 258. Andischan (Erdbeben) 42. An-dzi-chai 94. Anemonen 113, 127. A. narcissiflora 113. Angara-Gebirge: Serie, Formation, Ablage- rungen 7, 11, 39, 41, 54, 55, 57, 58, 63, 64, 68, 70, 179, 204, 232, 247. — Entstehung der Bezeichnung 64. — Literatur 64—73, 304. Abh. d.math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. durch Randbrüche be- Angara-kebirge: Entstehung der Formation TI, 72, 73f., 75, 304,; enthält keine marinen Reste Tat: — Verbreitung, Ausbildung, Mächtigkeit 7, 38, 64, 65—73, 124, 232, 247—258, 264 f., 304,; im nördl. und nordöstl. Asien 64, 65, 73,; fehlen im Süden 40, 41, 42. — Geologischer Bestand 7, 39, 40, 49, 59 ff., 63, 64, 135, 141 f., 143, 247, 248, 249, 250—259, 264—266, 267 —292, 299— 301. — ÖOrographisch-Geotektonisches 7, 58, 63, 69, 75 135, 141 f., 143, 247—259, 263 —266. — Interferenz zweier Faltungsrichtungen 47 f., 253, 257, 258, 263 f., 266. — Übereinstimmung des tekton. Streichens 47, 262, 264 f., 266. — Konkordanz der Faltung in Angara und „altem Gebirge“ 43, 49, 57, 64, 262. — Durch Verwerfung vom „alten Gebirge“ getrennt 39, 43, 47, 49, 50, 64, 72, 144—146, 249, 256 f., 259—262, 265, 266, 269, 271, 275, 276. — Charakter, Verlauf und Alter der Verwerfung 50, 64, 256 f., 259—266. — Alter der Formation 63—75, spez. 7Lf., 74f., 248, 302—304. — Fossile Pflanzenfunde 64, 65, 68, 69, 71f., 248, 250, 253, 254, 256, 266, 299— 305. — Fossile Fischreste 71, 248, 299, 303, 304, 306 ff. — Kohlenvorkommen 11, 64, 67, 68, 72, 73, 141, 247—251, 254, 256, 258, 266, 300, 301. — Naphta und Kupfer 11, 64. — Starke Denudation 39, 63, 119, 124, 137, 142, 143, 247. — Bunte Färbung 63, 64, 74, 119, 123, 124, 137, 141, 142, 248—251, 258, 264—266. — Armut an Vegetation 63, 119, 123, 124, 247. (siehe auch unter Tian-Schan). Annee Geographique 6, 32, 36. Anutschin D. 63. Apatalkan-Tal 79, 231. Aplotaxis = Saussurea involucrata 113 (und siehe Saussurea). Aptien 304. Aquilegia 127. A. glandulosa 113. Aralo-Kaspisches Meer 73. Araucarien 302. Archotu-Fluß = Langsan 7, 10, 30, 206, 249, 259; andere Namen 7; Ursprung 7. Argu-Tal 231. Arkansas-Tal 196. Arkosa 59, 269, 270, 272. Aronicum altaicum 312. und orograph. 40 314 Arrow-Smith (Karte von Asien) 34. Artemisien 111, 114, 119, 128, 129, 138.. A. fragrans 118. A. maritima 118, 130. A. scoparia 130. A. songharica 118. A. Sieversiana 130. Arthrophyton ammodendron 309 (siehe auch Saxaul und Haloxylon). Assmanns Psychrometer 239, 292. Asperula humifusa 123. Asterocyclitas 302. Astragalus 128, 207. 129, nov. sp. 113, 310. Astuna 41. Atragene sibirica 120, 128 (siehe auch Clematis). Atraphaxis frutescens C. Koch 118, 309. A. lanceo- lata 118, 120, 128, 129, 130. A. pungens 120. Aufschüttungspaß glazialer 169 (siehe auch Sölch J.). Austrocknungsproblem 211, 212, 236 f. Avena 120. Azaleen fehlen im Bogdo-Ola-Gebiet 117. A.altaicus 119. A. hypogaeus A. Palassii 129. B. Baeren 133. | Bagratsch-kul (See) 3, 42, 44, 57, 234 (siehe auch Karaschar). Bai (Stadt) 41, 42, 62, 66, 72. Baiera 304. B. angustiloba Heer 299, 300, 301, 303, 305. Baikal-See 33. Bailey-Willis 49, 64, 69, eit. 49, 68, 69, 72, 79. Bandgras 118 (siehe auch Bromus, Lasiogrostis etc.). Barbaraea 127. Barkul. (Berge) 9, 55; Stadt 34. | Barlyk 44. | Barograph siehe Naudet. Barskoun-Tal 125, 219. Basalt (Basaltton) 273 f., 290, 291. Basismessung 240, 242 f. Baumgrenzen und Waldgürtel Bayan-chu 126. Bayum-kol (Tal) 106, 125, 221. Becke's Regel 267. Bedel (Tal) 231. Bell M. S. cit. 11, 19, 23, 30. Berberis 120, 124, 128, 145, B. integerrima 129. Berg L. S. cit. 212. Beü-schan (auch Bai-schan) 22, Biedlingmaier Prof. 238. Bisch-balyk 8, 34; Bedeutung des Namens 34. Blackwelder E. cit. 68, 70. Blanford (siehe Medlicott und Blanford). Bochara 222. Bodenbender 80. Bodschante-kul (See) 3, 105, 191, 233. Bogdan-kurö (Kloster) 300 (siehe auch Torgoüten- Klöster und -Tempel). Bogdanowitsch K. J. 4, 22, 45, 64, 232; über Erd- beben von Wjernoe 45; über marines Mesozoikum 70, cit. 4, 22, 28, 45, 48, 57, 60, 62, 70, 72, 203, | 208, 220. Bogdo-Ola. Der Name, seine Bedeutung und Be- | rechtigung 1, 19, 29, 34; seine weite Verbreitung | in Asien 18; andere Benennungen 20, 28, 31. | — Erforschungsgeschichte und Literatur 21—26, 268, | 292. | 124 f. 167. B. altaica 127. 41; ein Horst 41. Bogdo-Ola. Das Kartenmaterial: Karten von Bell, Carey und Dalgleish, Younghusband 30, von Bog- danowitsch 28, 208. i Karten von Forsyth, Prschewalski und Ney-Rlias 31, von Friederichsen 32. Karten von Grum-Grschimailo 24, 26 f., 28, 30, 46, 58, 94, 95, 164, 208, 238, 243, 244, 263. Karten von Hiouen-tsang und J. G. Renat 33, von Klapproth 31, 32, 33, 100. Karten von Matussowsky 30, von Obrutschew 29 f., 208, 209. Karten von Petermann, Wenjukow und Arrow- Smith 34. Karten von Pjewtzow 29, 208, 244, von Regel 5, 21 T., 31,-208. Karten von Potanin, Huntington, Church 32, von Pelliot 32. Karten von Roborowsky 28, 44, 46, 100, 101, 105, 208, 243, 244. Karten des Russischen Militärtopograph. Instituts: 40 Werst-Karte 6, 26, 27, 28, 31, 36, 46, 58, 94, 95, 100, 101, 208, 209, 210, 243, 244, 245, 100 Werst-Karte 28. Karten dieses Werkes siehe unter Karten. Mystische Beziehungen des Gebirges zum Menschen, Sagen etc. 18 f., 20, 158. Die B.-O. als Landmarke 17—21. Die geographische Lage 1, 2, 18, 22, 242. Längen- und Breitenausdehnung, Begrenzung 18, 35 f., 46 f., 52, 80, 144. Höhenverhältnisse: Gipfelhöhen 1, 3, 4, 21, 22, 37, 46, 85, 242 f.; Kammhöhen 1, 4, 18, 37, 46, 61, 85, 107, 154, 170, 176, 181, 184, 188, 190; relative Höhen 16, 18, 37, 39, 61, 81, 154, 167, 170, 192, 224, 229. Knicekungen in der Streichrichtung der Hauptachse 36, 37 f., 46 f., 192, 206, 262, 263. Ansichten über Entstehung der Knickungen 47, 48, 50, 58, 60. Die aus den Knickungen der Zentralachse sich ergebenden Täuschungen 36 f., 38 f., 137, 206. Die südöstliche Abzweigung vom Haupt- kamm und ihre Höhenverhältnisse 23, 38, 107, 137, 179, 188, 192, 206. Die Bogdo-Ola allseits von Brüchen begrenzt 43, 44, 94, 136, 138, 139, 141, 148. Eine schmale Wasserscheide zwischen zwei Senken 18, 35 f., 45, 52, 134, 144, 154, 180, 216, 223. Unrichtige Darstellung in den Karten 18, 21, 22, 26, 27, 29, 30, 31, 32, 33, 137, 138, 191, 208 £., 210. Anblick von der Steppe 137, 140, 141, 142. Von Süden (von Turfan) aus die Hauptgruppe nicht sichtbar 22, 38, 206. Zweiteilung der Zentralgruppe 26, 29, 31, 37, 169. Der Nordabhang ein Stufenbau, Schilderung 38, 39 f., 50, 56, 63, 64, 81, 84, 85, 94, 96, 108, 140, 146, 152, 162, 165, 167, 168. . Der Südabhang ein Steilabfall; seine Auf- lösung 39, 40, 45, 56, 90 f., 100, 103, 114, 182, 199, 202. Einsinken der Gebirgsmasse nach Westen 4, 36, 37, 46, 48, 58, 61, 85, 107, 154, 179, 263. DieBogdo-Ola ein wohlerhaltener Falten- bau 35, 38, 39, 45, 50, 54, 55, 153, 162, 171, 199, 202, 248—262, 263, 290 f. Bogdo-Ola. Ursachen der Erhaltung des Faltenbaus 57 f£.; über Alter der Faltung 49, 153, 264. Unregelmäßigkeiten und Knickungen in den Falten 39, 45, 50, 56, 149, 167, 175, 182, 183, 195, 199, 261. Von der zentralen und höchsten Gipfel- gruppe 1Sf, 36, 81f., 137, 167, 171, 175, 179, 180, 182, 184, 185, 189, 190, 192, 224, 242 £., 261, 262, 263, 275, 287. Der ihr vorgelagerte Felsriegel 82, 167, 168, 169, 170, 173, 175, 178, 224 f., 226. Die Fortsetzung der Zentralgruppe nach Westen 37, 46, 61, S4, 85, 137, 140, 147, 154, 162, 169, 179, 180, 181, 227, 263; ihre Höhenverhältnisse 84, 55, 154, 181, noch unerforscht 61, 181; Ver- gletscherung 37, &2, S4f., 86, 137, 147, 154, 164, 167, 179, 150, 214. Die Fortsetzung der Zentralgruppe nach Osten 36, 38, 46, 85, 137, 179, 263; ihre Höhenver- hältnisse 36, 38, 46, S5, 263; Vergletscherung 36, 46, 85, 86, 167, 179, 214, noch unerforscht .36, 85. Wannenförmige Senke am Südfuß 35, 76, 80, 83, 92, 105, 128, 129, 130, 192, 202 f., 204 f., 208, 209 £., 211, 243; Niveauverhältnisse 104, 205, 207. Orographisches und Tektonisches 34—50, | 53, 55f., 59f., 61, 62, 64, 76, 85, 90f., 94, 96, 97. 100, 102, 103, 107, 108 f., 134, 139, 141, 144 f., 146 f., 148, 149, 153, 161, 162, 165, 166, 167, 168, 171, 172, 173, 174, 175, 179, 180, 181, 182, 183 £., 185, 186, 187, 193, 199, 203 f., 205, 206, 208, 214, 224, 260, 262, 263, 264, 290 f. (siehe auch bei Angara, bei „Altes Gebirge“ und bei Tian-Schan). Von Rumpf- und Verebnungsflächen (Pene- plain) 40,56, 96, 11-4, 152, 156, 159,160, 161, 162,179. Von Verwerfungen, Brüchen und Bruch- bewegungen stark beeinflußt 37, 39, 40, 41, 43, 47, 48, 49, 50, 52, 57, 58, 61, 64, 76, 103, 107, 108, 134, 136, 138, 141, 145, 153, 171, 172, 186, 187, 193, 196, 199, 259, 260, 261, 262. Auch von sehr jungen tektonischen Be- wegungen beeinflußt 40, 47, 48, 49, 50, 56, 76, 77 £., 86, 96, 97, 100, 102, 106, 108 f., 139, 148, 149, 153, 161, 162, 164, 166, 167, 171, 172, 175, 179, 182, 196, 232, 235 f. Altes Gebirge. Geologischer Bestand 39, 40, 49, 55, 56, 59 f., 61f., 63 f., 93, 137, 145, 149, 160, 162, 171, 174 f., 178, 181, 186, 187, 195, 199 £., 202, 247, 249, 253, 259 f., 262, 267—292; Granite und andere Tiefengesteine fehlen, weil nicht ge- hoben 39, 48, 52, 55, 56, 267, 291 (siehe auch bei Lakkolith); annähernde Identität des Bestandes am N.- und S.-Abhang, doch im S. weit stärker umgewandelt 40, 55, 59, 60, 61, 199 £., 361, 262, 267, 273, 274 £., 290 f.; Schwierigkeit der Trennung in Horizonte 59f., 61, 200, 261, 268; starke Zersetzung im Süden 40, 87, 91, 114, 197, 199 f., 268, 274; Kalksilikathornfels und Erup- tivum bilden die höchsten Erhebungen 59, 60, 62 f., 261, 267, 277, 278, 287, 291; gänzlich verpreßte Gesteinsschichten 171, 174 f., 178, 186, 261, 267 f., 274; Alter der Gesteine 39, 59, 60 f., 62 f., 262, 263, 264, 291; über Faltung, Verwerfungen und Tektonisches siehe oben die betreffenden Titel; über Konkordanz der Faltung mit dem Angara- gebirge und Verwerfung, welche das Angaragebirge trennt, siehe unter Angara. Siehe auch die Spezial- titel der einzelnen Gesteinsarten. 315 Bogdo-Ola. Tertiärablagerungen und Periode 75—80, 83, 92, 97, 104, 105, 129, 180, 141, 202 £., 204 f., 207, 209 und siehe Tertiär unter T., dann bei Eocän und anderen Spezialtiteln. Unterschiede im Bau des Gebirges gegen andere Teile des Tian-Schan 50 f., 52 f., 55 f., 60, 63, 75, 93, 109, 110, 153, 229, 267, 290. Besiedelung und Verkehr 94, 95, 101, 129, 130'f:, 136, 137, 138, 139, 140 f., 162f., 164f£., 172, 194, 200, 210, 211; Reste früherer Nieder- lassungen 120, 137, 139, von Klöstern und Tempeln 20, 130, 146, 150 f., 155, 156 f., 158 f., 162, 200, von Mönchen 150, 155, 156 f., 158 f.; Chinesen 92, 94, 101, 131, 138, 157, 158, 200, 211, 246; ihre Abneigung gegen Gebirge 131, 138; Dun- ganen 8, 9, 10, 94, 129, 140, 211; Herkunft und Namen 9; Aufstand 8, 9, 120, 137, 139; Sarten 11, 129, 131, 140, 162, 181, 211; auch Tarantschi 11; Kirgisen siehe unter K, Mongolen und Torgoüten siehe dorten. Fauna 131—134, 156, 210 und siehe die zoo- logischen Sondertitel. Talbildung: Allgemeines 57, 75, 87, 91, 92, 94—109, 110, 139, 145 f,, 147, 148, 149 f., 152, 153, 155, 160 f., 162, 163, 164, 165, 166, 172, 175, 182, 183, 196, 249; vorherrschend Quertalbildung 56 f., 75, 94, 96 f., 110, 164, 166; am Nordabhang 94—100, 108 f., 136, 139, 140f., 144 f., 148, 149 f., 152, 153, 155, 160 f., 162, 163, 164 f, 166, 172, 175; am Südabhang 87, 9Lf., 100—109, 132, 183, 187, 196, 201f.; reichere und tiefere Durchtalung im Süden 79, 87, 108, 231; über Niveauverhält- nisse einiger Täler 153, 155, 156; Taltreppen am Südabhang 56, 83f., 101 f., 107, 160, 170, 172, 182, 193, 228; ein alter Talboden 145 f., 147, 160, 226, 227, 228; Alter der Talbildung 92, 97, 153, 160 f., 196; präglaziale Anlage 87, 89, 92, 97, 98, 99, 102, 107, 109, 160, 175, 187, 196, 201f.; im Diluvium und Postdiluvium keine Talbildung, nur Zerschluchtung 153 f., 160; hängende Täler 88, 99, 105, 106, 108, 149, 227; ein Zirkus am Nordabhang 85 f., 146 f., 167 f., 180, 228; dreiteiliges Tal am Südrand 183 f., 190, 225, 227, 228. Erosion und Erosionsgeschichtliches: 44, 79, 91£., 95, 96 £., 9Sf., 100, 102, 103f., 105, 106, 108 f., 122, 130, 138, 139, 140, 141, 142, 143, 144 f., 146, 147, 148, 149f., 151, 152, 153, 155, 160, 163, 164 f., 166, 168, 179, 182, 191, 195£., 197, 198 £., 200 £., 202 f., 204 f., 208, 210, 212, 228, 229; neue Erosion folgt alten Linien 56, 91, 96, 97, 108 f., 166, 168 und siehe oben; in früherer Zeit mehr Wasser, bedeutendere Erosion 63, 87, 91 f., 97, 99 £., 102, 104, 106, 151, 153, 163, 166, 182, 194, 196, 227, 228; Trockenheit alter Erosionstäler 98, 99, 105, 107, 108, 119, 143,:146, 147, 150, 152, 153, 160, 202, 231; periodisch ungeheure Wassermengen 19, 93£.,.998.,.105,, 106, 120, 126,,..128,/138,'139, 141, 148,150, 159,163, ‚178,193, 194,200 f., 208 f., 293, 294; Zunahme der Wassermenge auf- wärts an der Talmündung 98f., 122, 139; Becken- bildungen 97, 102, 103, 142, 143, 144 £., 146, 147, 148, 149, 160, 179, 202 f., 216, 249, 253; vermut- lich älteste Flußablagerungen 92, 96, 225; Seen am Südabhang 29, 30, 31, 33, 105, 191 f., 208 £., 210. 40* 316 Bogdo-Ola. Vergletscherung 36, 46, 80—94, 98, 99, 105, 107, 137, 143, 144, 148, 168 f., 170, 174, 176 f, 179, 180, 184 f., 186 f., 190, 192, 211, 214, 224; Ausmaß und Verteilung auf beide Abhänge 80, 86, 87, 174, 176, 177, 178, 184, 186, 188, 192, 202, 206, 216, 224, 243; orographische Bedin- gungen der Verteilung 81, 86, 87, 90, 185, 214, 224; der Grum-Grschimailo-Gletscher 81f., 91, 101, 168 £., 170, 173, 175, 176 f., 178 f., 226, 228, 261; Chigo-Gletscher 38, 87 f., 89, 107, 188 f., 191, 206, 227, 228; Zungenende und Talausgangs- höhe 89, 108; Abfluß 105, 191f.; der „Süd- gletscher“ 87, 89 f., 184—186, 188, 228; Zungen- endenhöhe 89; Bogdo-Ola-Typus 188 f.; Schutt- freiheit des Eises und ihre Ursache 82, 83, 87, 93 f., 178, 184, 185; totes Eis 82, 177, 198; über Mittelmoränen 81, 87; rasche Veränderlichkeit von Eisdecken 189; NiveauseinigerZungenenden 82, 83, 84, 85 f., 89, 90, 176, 184, 214—216; Rasch- heit des Eisrückzugs stehtin Verbindung mit Fehlen von Zungen- und Stirnmoränen 83, 86, 90, 91, 99, 106, 148, 150, 153, 176, 177, 184, 185, 196, 214, 224; Abfluß nördlicher Gletscher nach Süden 82, 83, 169, 170, 176; hängende Täler siehe bei Tal- bildung; über Taltreppen und Stufenseen siehe eben- dort und bei Gurban-bogdo-Tal. Rezente und alte Glazialablagerungen und Erscheinungen am Nordabhang 82 f., 85, 86, 98, 108 f., 111, 122, 143 f., 145 f., 147, 148, 149, 151, 154, 155, 156, 157, | 159, 160, 161, 163, 165, 167, 168 f., 170 f., 176 f., 178, 180, 214, 226, 228. Rezente und alte Glazialablagerungen und Erscheinungen am Südabhang 83 f., 87f., &9f., 9Lf., 102 f., 106, 109, 178101829183:6,. 1854.,0187,7193:..194°7.219630197; 198 f., 200 f., 216, 225, 227, 228; einige Niveaus von solchen 92, 93, 194 f., 197, 201, 216. Ter- rassenbildungen im Norden 100,142, 143, 145 f., 147, 148, 163, 164, 165, 225, 249, 254; Terrassen- bildungen im Süden 91, 92, 103, 104, 194, 195, 196, 197, 199,200, 202,203, 225, 226, 227, 228. Randseen im Norden 83, 141, 142, 146, 147, 225; im Süden 79, 0, 92, 105, 130, 160, 202 f., 204 f., 216, 225; Ablagerungen dieser Seen 80, 92, 104, 105, 202 f.,204,205,209. FluvioglazialeBildungen, auch Schotterdecken 91 f., 103, 143 f., 145, 148, 149, 150 f., 196, 197, 198 f., 201, 202, 205, 225, 227, 249; Verhältnis von Schottern zu Endmoränen 92, 196 f., 198, 227. Schliffkehlen 88, 150, 176, 226, 227. Geschiebelehm 144, 146, 150 f., 194. Ab- lagerungen frühester Vereisung? 92, 196, 225. Klimatische Einwirkungen beseitigten alteGlazialspuren 92,93, 104, 182, 197, 198, 216, 217 f., 219, 225. Glazialgeschichtliches, Sta- dien oder Zyklen der Vereisung? 82 f., S6f., 88, 90, 91f., 95, 106, 147, 148, 149, 151, 154 f., 160 f., 163 f., 165, 168, 169, 170 f., 176 f., 178, 182,.183f., 185, 186 f., 188 f., 192 f., 195, 196£., 198f., 201, 202f., 211,216 f., 224 f., 226 f., 228 f., 233, 234f., 236 £. (siehe auch die Titel Klima, Klimageschichtliches und Di- luvium). Interglazialzeit? 144, 223, 229. Übertie- fungsproblem 106, 109, 147, 148,228. Diluviale Eis- mächtigkeit 88 f., 91, 92, 93, 94, 99, 105, 153, 154, 155, 160, 170 f., 175 f., 178, 182, 184 f., 186, 187, 18 f., 192, 193, 197, 201, 224, 225, 226, 229. Über Schneegrenzen 86, 99, 100, 213, 214f., 21Sf., 220f.; über klimatische Schneegrenzen 230. Bogdo-Ola. Meteorologisches 15, 16, 90, 136, 159, 163, 180, 181, 187 f., 189 f., 190, 192 f., 200 f., 206, 210, 292—299; über Beobachtungsmethode und Instrumente 292. Weiteres siehe unter Urumtschi Meteorologisch-Klimatisches. — Klimatisches 84, 85, 86, 92, 93, 100, 104, 105, 110 f., 114, 116, 122, 126, 134, 135, 139, 141, 160, 165, 177, 185, 211, 212. — Klimageschichtliches 71, 78, 94, 98, 99, 102, 108 f., 142, 150, 152, 153, 182, 189, 196, 198 f£., 203 f., 205 f., 209, 216, 224, 228, 229; früheres Klima weit feuchter 63, 74f., 78, 79, 83, 86, 37, 92, 94, 96, 98, 99, 100, 102, 104, 105, 108, 129, 130, 150, 152, 153, 154, 163, 182, 192, 196, 204f., 209, 231, 233, 234 f.; Raschheit der Klimaänderung 83, &6, 99, 106, 108 f., 154, 196, 224, 228 f., 236 f. Eiszeit eine Folge von Temperaturerniedrigung ? 192, 230 f., 234 f. (siehe auch Titel Klima unter K.). — Vegetation 63, 64, 91, 109—130, 137, 138, 140, 143 f., 145, 149, 151, 156, 161, 194, 195, 197, 201, 207, 209, 210, 308—312; besonderer Charakter der Flora 110£., 112£., 114, 115, 116£, 118, 198 £., 127, 128, 165, 166, 167, 168: ihre verwandtschaft- lichen Beziehungen 109, 119, 127, 134; Entwick- lungsgeschichtliches 114 f., 116, 209; Exposition ruft fundamentale Unterschiede hervor 110f., 112, 126, 165, 166; Abhängigkeit vom Bodenrelief 111, 112, 115, 116, 118, 126, 166, 168; geselliges Zu- sammenleben einzelner Formen 112; Inselbildung 11l, 112, 118; Eindringen der Steppenflora ins Gebirge 109 f., 111, 115, 123; floristische Höhen- gürtel 11], 116; Wüstensteppenflora 117—120, 128, 129, 130, 136 f., 138, 207, 209—212; Ver- zeichnis der alpinen Flora 113, 114; Gratflora 111, 115; Strauchflora 127; Fehlen besonderer Arten 117; charakteristische Flora der Südseite 113 f.; Alpenwiesen 114, 123, 128, 130, 131, 138, 151, 156, 161, 162, 163, 166, 168, 194, 209 f.; Alpenwiesen- gürtel 116, 123, 151, 152, 156, 165, 216, 309—312; Krummholz fehlt 117, 127; Baumgrenzen und Waldgürtel 121, 123 £., 125f., 127, 151, 152, 156, 158, 160, 162, 165, 167, 201, 209, 215 £.; Wald- brände 126 f., 158 f., 162, 165, 293; Flußläufe an Vegetationsgürtel kenntlich 95, 119, 122, 127 £., 136, 191. — Unvollständigkeit meiner Forschungen in der Bogdo-Ola 25, 34 f., 49, 56, 76, 92, 95, 98, 133, 135, 143, 144, 148 £., 155, 192, 198, 201, 213, 268. Bogdo-Ola-See 24 f., 83, 98, 124, 126, 130, 145, 147, 150, 151f., 154, 155 £., 157, 159, 162, 226,244, 247, 251, 259, 269, 270, 292, 293, 309, 312; Niveau 83, 98, 293; Entstehung 98, 151, 154, 155; die abdämmende Stirnmoräne 83, 98, 151 f., 154 f., 156, 159, 162, 170, 226, 260, 261, 262; Ufermoränen 155. 226; Abfluß 151, 152, 156, 270; Südende 155, 161 f., 163, 260; Klöster und Tempel 20, 130, 156 f., 158 f., 162, 200, 226, 247, 251, 292,. 293, 296 t. Bohnesche Aneroide 239, 292. Bonsdorf, General 22. Boragineaen 113, 119, 311. Borgora-Tal 51. Bornholm 303. Borochodsur-Tal 121. Borogobosun-Tal 301, 302. Botanischer Garten Kais. Russ. 109, 308. Boto-mainak-Tal 223. Bowman Js. cit. 235. Boxeraufstand 10. Braunkohlen 301, 304. Breitenbestimmungen 238. Bretschneider E. cit. S. Bromus 111, 119, 128 (siehe auch Bandgras, Lasio- grostis etc.). Bronnikow M.M. 42. Buddha — Ta-mo-fu 156, 157 und siehe dort. Bugur, Stadt 232, 234. Bupleurum 127. Burrard und Hayden cit. 49, 73, 78, 79, 96, 212. Buüluk-Paß-Höhe 46. c Cadonopsis ovata Benth. 113, 311. Calligonum 128, 129. C. murea Be. 118. Calystigia 112. Campanulaceaen 113, 311. Canerinia 113. Capparis 128, 130. Capps Stephen R. eit. 196. Caragana (Verbreitung) 117. Carduus 111, 127. C. nutans L. 312. Carex 112, 123 (siehe auch Cyperaceae und Ried- gräser). Carey und Dalgleish eit. 19, 23, 31. Caruthers Douglas eit. 19, 55; Karte 46; Grenze zwischen Altai und Tian-Schan 47. Caryophillaceae 309. Casellasches Taschenaltazimut 240. Centaurea ruthenica 114. Cerastium 113, 127. C. lithospermifolium 112. C. scerame 129. C. trigynum Vill. 309. C. vul- gatum L. 118, 309. Ceratocarpus arenarius 118, 129. Cervus capreolus pygargus Gray 133 (siehe auch Reh). Cervus eustephanus Blanford 132 (siehe auch Maral- hirsch). Chaidadsehan — Da-tun-gu 25, 125 und siehe dort. Chaidik-gol-Fluß 57, 234. Chak (Salzsumpf) 94. Chalyk-Tau 2, 53, 127, 154, 232; Berechtigung des Namens 2. Chami-Hami siehe dort. Chan-go-dse = Dön-chon-dse 94 und siehe dort. Che-goü-dschü 137. Chenopodiaceae 118, 309. Chigo-Fluß und -Tal 22, 80, 87, 89, 100, 104, 107, 108, 183, 187, 191; ein tektonischer präglazialer Graben 87, 89, 92, 107, 148, 187; Talränder 88, 167, 183 £., 190 f., 192; Chigo-Gletscher siehe unter Bogdo-Ola, Vergletscherung. Chimborazo 20. China 49, 51, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 79, 299, 303; chinesische Sprache 246. Chinesen siehe unter Bogdo-Ola-Besiedelung. Chodschent 63. Chondrites cf. affınis Heer 301, 304, 305. Chorcho-tö-Fluß 136. Chorispora 111. Ch. Bungeana 123. 112. Ch. sibirica 120 (siehe auch Libanotis). 113, 311. C. glomerata L. C. über Ch. exscarpa | , Deklinationsbestimmung 238. 317 | Chrysanthemum Merzbacherii B. A. Fedtschenko 113, 119, 308, 312. Chrysoplenium 113. Chubala siehe Archotu. Chum-miao-tse 258 (siehe auch Hung-miao-tse). Chung-tschan-tsui 8 und siehe Roter Berg und Kissyl-Tau. Church P. W. cit. 23, 32, 92, 132, 133. Chustai-Tal und -Fluß Chosutai und Manas 82, 132; Ortsbestimmung 243 (siehe auch Manas). Chutubeü (Höhe) 44. Cirsium elodes M. B. 113. Ciclopitys Heeri Schmalh. 301, 303, 305. Cladophlebis denticulata Brongn. 299, 300, 301, 303, 305. Clematis 127 (siehe auch Atragene). Clementi Cecil eit. 5; Ortsbestimmungen 5; Höhe von Urumtschi 6. Compositeaen 113, 115, 119, 311. Connecticut 308. Conspectus florae Turkestanicae 115, 117. Convolvula lineata 118. Conway Sir M. 49. Cordaites 301. C. conf. prineipalis Germ. Geinitz 61, 263. C. aequal. Goeppert 64. Cordieritliparit 200, 283 f., 292 (siehe auch Liparit). Cornus 127. Corydalis 113. Cotoneaster 120, 124, 137, 145. Crassulaceae 310. Cruciferae 111, 113, 119, 310. Cyperaceae 112, 113 (siehe auch Carex und Ried- gräser). D. Dabasun-nor 94; Höhe 44. Dalgleish (siehe Carey und Dalgleish). Da-tun-gu-Tal und -Fluß 24f., 80, 94, 96, 97 £., 100, 105, 124, 125, 144 £., 146 f., 150, 151, 152, 154, 158, 162, 164, 168, 172, 225, 226 f., 228, 259, 260, 261, 262, 269, 270, 272, 273, 275, 277, 290, 291, 293; verschiedene Namen 25, 94, 125, 259; Gefällsverhältnisse 97; ein alter Talboden 145 f., 147, 160, 226, 227, 228; oberste Talstufe 85, 86, 96, 167 f., 180, 213 f., 228; Längstalverlauf eines Abschnittes 96, 166, 260; Zweifel über das Hauptquelltal 162, 164 f., 226—228, 260, 261; Beckenbildungen 97; späte Veränderung des Laufes 98. | Davan-tschan (richtig Dawan-tschin) 22, 31, 38. | Davis W. M. 220, 237, eit. 220, 237. | Dawan-tschin-Paß 3, 38, 92, 104, 105, 203, 208, 225, 243; seine Höhe 3, 104, 208; Fluß 5. Dazitische Gesteine 58, 137, 268, 282, 285, 287, 289. Delphinium 167. Kar. et Kir. 113,309: Demidow Prinz E. eit. 132. Description de la Chine orientale 9. Desjatowa Frln. 308. Deutscher Geographentag 246. Diabas 60, 166, 175, 260, 261, 268, 271, 274, 282, 287—290, 291; über Sinn der Bezeichnung 290. Dianthus sp. 114. D. superbus 113, 309. D. dasyanthemum 318 Diluvialgeschichtliches 76, 78, 83, S5f., 87 £., 89 f., 91 f., 99, 105, 106 f., 147 f., 149, 151, 153, 154, 155 f., 168 £., 170 f., 175 £., 177 £., 182, 183 £., 185, 186 f., 188 f., 192 f., 194, 195, 196, 197, 198 £., 201, 202 f., 216 £., 218 £., 220 f., 223 f., 225, 229, 233, 235, 236 f. und siehe unter Bogdo-Ola-Ver- gletscherung die Titel: Glazialgeschichtliches, Interglazialzeit, diluviale Eismächtigkeit, Schnee- grenzen, dann auch Bogdo-Ola Klimageschicht- liches. Dimitriew J. E. 220, 221, eit. 220. Dipsaceaen 113. Diptichocarpus strietus Trautv. 114, 118, 130, 310. Djan-Jan-schi 3. Dodertia orientalis 128, 129. Dön-chon-dse-Tal 83, 94, 100, 142, 172, 176, 214, 227, 250, 251, 252, 253, 254, 255, 256, 257, 258, 259, 260, 261, 262, 263, 269, 271, 273, 290, 300, siehe auch Chan-go-dse. Dogger 65, 66, 71, 303, 304 und siehe Angara, Kim- meridge, Lias, Jura, Mesozoikum ete. Doroniecum turkestanieum 113. Draba 113. Dragocephalum 112, 128. D. imberbe Bg. 113, 311. D. nutans L. 113, 311. Drumlin 146, 168. Dschair-Kette 43, 131, 222. Dschargöß-Tau 23, 30, 70, 76, 92, 101, 105, 128, 129, 130, 179, 191, 192, 202, 203, 205, 206, 207, 208, 209, 210, 211, 225; Orographisches 4, 35, 208, 209; Höhenverhältnisse 3, 35, 92; Tektonisches 48, 70; Vergletscherung 92, 105, 129, 209, 225; Bewaldung 129, 209; als eine Brücke 35; Fluß- durchbruch 30, 33, 104 f., 192, 203, 208, 225. Dschi-dschi-su Karawanserail 29, 60. Dschimisar-Fluß und -Tal 36. Dschincho Stadt 71, 124, 264; Höhe 49. Dsehirgaltö 43. Dschity-ogus-Tal 125. Dschurga 232. Dschuwan-terek-basch 28, 36; Höhe des Passes 36; ungerechtfertigte Ausdehnung der Bezeich- nung 28. Dsungarei und Dsungarisches Becken 4, 67 f., 83, 94, 109, 118, 127; als Wüstenbecken 14, 18, 35; Meteorologisches 43; als Grenze 43; Karte von Renat 33. Dsungarischer Ala-Tau 43, 67, 109, 124, 125, 134, 308; rinnenförmige Einsenkung am Südrand und deren Niveau 44 f.,, 94; Grenze gegen Tian-Schan 43, 94, 138; Veröffentlichung von R. Sakı- schewsky 43. Du-dun-dse-Tal 83, 94, 100, 172, 257, 300. Du-dun-kul siehe Tudun-kul. Dunde-kelde-Tal 72, 73. Dun-dun-sa 214; Höhe 44. Dunganen siehe unter Bogdo-Ola Besiedelung und Verkehr. Dun-schan-Gebirge und -Sattel 3, 4, 9, 16, 21, 29, 35, 37, 46, 47, 58, 60, 130, 181, 212, 262, 263, 264; Höhenverhältnisse 3. 4, 18, 37, 46, 61; Glie- derung 30; als Landbrücke 61; Gesteinsbestand 61, 262; Entstehung durch Verwerfungen 37, 47, 263; als Störungszone 48 f., 58, 61, 263; Kara- wanenstraße 11, 21, 22, 35, 130. E. Ebereschen 124 (siehe auch Sorbus aucuparia). Ebi-nor 44, 70; Höhe 44. Echinops 111. E. sphaerocephalus 120, 123. Echinospermum 119. Edemek-daba 28 f. Elbert Joh. eit. 235. Eleagnus 128, 129, 201. Elymus 111, 119, 120. Empetrum fehlt im Bogdo-Ola-Gebiet 117. Engler A. Prof. 304. Eocän 269, 304, (siehe auch Tertiär und Bogdo-Ola- Tertiär, sowie die Spezialtitel: Miocän ete.). Ephedra 137, 207. E. monosperma 130. Epilobium 123. Epidosit 186, 279—281. Epidotskarn 200, 231. | Equisetites 304. E. aff. ferghanensis Seward 299, 300, 301, 302, 303, 305. E. columnaris Brongn. 300, 301, 303, 305. E.lateratis 302. E.nov. spee. 300, 301, 303, 305. Equisetum 248. E. arenaceum 303. Equs hemionus Pall. 133 (siehe auch Wildesel). Equs Prschewalski (siehe Wildpferd). Er-dao-cho-Tal 172, 263. Eremurus robustus 123. Ergußgesteine 159, 282—290, 291. Erigeron 123, 127. E. pulchellus 113, 311. Espen 124, 127, 195, 197, 201 (siehe auch Populus tremula). d’Espinha und d’Acocha 6, 33; Ortsbestimmungen 6. Euclidium 120. Eugnathides 306, 307. | Eugnathus L. Agassiz 306. Euphorbien 112. | Eurotia ceratoides C. A. M. 118, 119, 309. Evans Dr. 49. F. Faas A., Geologe 42. Faktorei in Urumtschi 11. Farne 117, 301; fehlen im Bogdo-Ola-Gebiet 117. Fedtschenko B. A. 31, 109, 308, eit. 115, 117, FE. 0. A.’ eit. 115. Felis nivalis = Irbis Schneeleopard 133. Ferghana 50, 64, 65, 70, 121, 122. Ferghana-Richtung 47. Ferula 123, 127. F. canescens 118. Festuca 111, 119, 120. F. ovina 119. Fichten 123, 124, 126, 127, 129, 146, 156, 157, 158, 159, 162, 163, 165, 167, 209 (siehe auch Picaea und Bogdo-Ola Vegetation). Ficker H. von eit. 17. Fischreste (siehe unter Angara). Flechten fehlen im Bogdo-Ola-Gebiet 117. Föhn-Winde 16, 17, 297 £. Fön-ho-Epoche 49. Forsyth Sir T. D. eit. 30. Fossilienfunde (siehe unter Angara). Foü-kan. Stadt 26, 37, 97, 100, 117, 131, 140, 146, 162, 172, 247, 308. 309, 310, 312; Höhe 44, 293; geographische Lage 244. Frech F. Prof. eit. 51, 69. Friederichsen M. Prof. 45, 47, 222; Morphologie des Tian-Schan cit. 1, 2, 5, 21, 32, 47, 126, 230, 267; andere Veröffentlichungen cit. 125, 126, 219; über | Grenze zwischen Tian-Schan und Altai 47. Fritillerien 112. Fuchs (Vorkommen) 133. Fu-scheu-schan = Bogdo-Ola 20. Futterer K. Prof. 41, 47, eit. 9, 12, 22, 41, 55, 57, 60, 61, 62£., 66, Bogdo-Ola 22; über Bruchränder im Tian-Schan 41; über Grenze zwischen Tian-Schan und Altai 47. 47, 48, @. Galium 123. G. boreale 113, 312. G. verum 113, 311. Galkin N. cit. 8, 11, 23; Reisen 23, 27. Gan-jah Prinz = Herzog von Lan 157, siehe unter Lan. Gasser Dr. 212. Ga-toü-fu, Dorf 138. Gedeonow, General D. D. cit. 14, 17. Gentianaceae 113, 310. G.algida Pall. 112, 113, 310. G. aurea L. 113. G. barbata Froel. 113, 129, 311. G. humilis 113. G. G. sibirica 113, 310. G. bellata M. B. 113, 311. Schm. 113, 311. Geographische Gesellschaft Kais. Russ. 9, 21, 24, 37. Geranium 113, 127, 167. Ldb. 113. Gerste 119, 120, 130, 137, 155. Geß-Tal 301. Gingko 301. Glazialerosion 106, 170f.. 175 und siehe unter Bogdo- Ola-Vergletscherung. Glungler Dr. G. 55, 59, 195, Glyeyrhiza 118, 128. Gnaphalium Leontopodium 113 (siehe auch Leonto- podium). Gobi-Bildungen 40, 54, 75, 77 f., 203, 204, 256, 258, 265; Bedeutung des Wortes 77; ivrtümliche Zu- sammenfassung mit Hanhai 54, 77 f. (siehe auch Hanhai und Tertiär, Bogdo-Ola-Tertiär etec.). Goldschmidt V. M. Prof. cit. 268, 278, 279. Gondwana-Stufe 64, 65, 66, 73, 302 Gotschan-Paß (siehe Ulan-su). Gramineaen 111, 113, 119, 120 und siehe die Spezial- titel: Bromus, Stipa etc. ete. Granö J. G. cit. 218, 222, 234; Depression 222, 234. Grauwacken 55, 59, 60, 249, 255, 257, 259, 260,261, 262, 269— 272,291; dem Unterkarbon nahestehend 59, 60. Gresten 303. Griesbach C.L. eit. 51, 73 Gröber P. Dr. 2, 5, 34, 42, 45, 47, 57, 58, 60 f., 63, 68, 71, 75, 243, 267, 307; Untersuchungen 42, 43, 44.15915.57.160:8:,.71,.72773, 100, 142,0114649147, 148, 172 f., 267, 278, 307; über südlichen Tian- Schan 42, 47, 51, 58, 257, 263; über Interferenz zweier Faltungsrichtungen 47 f., 253, 257, 258, 263 f., 266 und siehe unter Ängara; über Tektonik des Kaschtales 51; Kontroverse über Alter der Gesteine der Bogdo-Ola 61 f., 262 f., 291; Kontroverse über Bildung der Angarage- steine 72f., 304; wegen Abwesenheit Korrektur nicht selbst besorgt 265. straminaea 113. G. G. Walujewi Re. 200, 267 ff. 232, 233; über Höhe der | 158 und prostrata Hänk. 113, 311. | G. collinum glandulosum | Kontroverse | 319 Grum-Grschimailo G. E. und M. E. 6, 208; Er- forschung der Bogdo-Ola gewürdigt 24f., 26, 125, 133,.1507 cit..6, 85.911,71 2713 2458, ANN7E101% 124, 125, 126, 133, 150; die Karten gewürdigt 24, 2648:,28,2.30,136,046, 58, 94, 95, 164, 208, 938, 243, 244, 263; über Bogdo-Ola-See 24, 25, 98; über Grenze zwischen Tian-Schan und Altai 46 f£.; Grum-Grschimailo-Gletscher siehe unter Bogdo-Ola-Vergletscherung. Grünwedel Prof. Albert 36. Guelmy M. 9. Guignes de 8. Guilleaume’scher Invardraht 242. Gumüdü 136; Höhe 136, 293. Gurban-bogdo-Flußund -Tal 27, 29, 31, 33, 36, - 46, 76, 80, 83 f., 89, 90 f., 92, 100, 101 £., 106 £.. 127 f., 131, 132, 148, 179, 181, 182, 183, 191, 193, 195, 196 f., 199, 202, 213, 215, 227, 228, 259, 261, 278, 287, 290, 294; Beschreibung des Flußlaufes 834,918... 101 F.,,:103,8:55105,:@106, 2127-6170! 183, 195, 196 f., 200 f., 228; junger Durchbruch 103, 195, 199, 225, 262, 269; Talbildung durch Brüche beeinflußt 46, 52 f., 103, 171 f., 187, 196, 199; eine Bruchstufe 195 f., 199; ‚präglaziale Ent- stehung 92, 102, 107, 2OLR.; Übertiefung 106, 109; der Oberlauf eine Taltreppe 56, 83 f., 101 Er 107, 169, 170, 172, 182, 228; die Seen auf den Stufen 84, 101f., 178, 182, 193, 228; Trogform des Tals 92, 102, 170, 225; Gletscherschliffe 84, 89 f., 91, 101, 102, 106, 170, 182, 193, 197; die Talränder 89 f., 102 f., 107; Höhen- und Gefäll- verhältnisse 90 f., 102, 103, 104, 108; wichtig als Verkehrsmittel 101, 131, 169 £,, 172; dreiteiliges Nebental 183 f., 190, 225, 227, 228 (siehe auch Kupferschmelze). Gurban-bogdo-Paß und seine Entstehung 27, 37, 61, 815983, 101,,7169) 2170.86. 172°21347.227.2287261% 292, 294, 296, 298; Höhe 37, 89, 101, 170. Gutschen, Stadt 4, 10, 11, 26, 35, 44, 172. H. Hafer 210. Haloxylon ammodendron 117 f., 309 Saxaul und Arthrophyton). (siehe auch | Hami auch Chami 22, 26, 27, 34, 58, 70, 126, 234. Han Dynastie 8. über eiszeitliche Ban sul 150 ı Hanhai-Ablagerungen und Periode 49, 54, 76f., 79, 105, 203, 233, 304; Bedeutung des Namens 54, 77; Bezeichnung von Flußablagerungen als Hanhai ungerechtfertigt 54, 77 f. (siehe auch Gobi und Tertiär). Hann, Handbuch der Klimatologie 12, 229. Haplophyllum 129. H. latifolium 129. Hartmann M. eit. 9. Hauthal Rudolf eit. 80. Hayden (siehe Burrard und Hayden). Hazara und Black Mountains 49. Hesselbartb Rud. 242, 243. Heterolepidotus Egerton 306. H. Hikisch (siehe unter Katalog). Merzbacheri 306 f. | Hildebrandscher Theodolith 242. | Himalaya-Gebirge 79, 109, 119, 134, 217, 228; junge Hebungen und Literatur hierüber 46, 96, 228, 235 f. 320 Hiouen-Tsang 3; Reisewerk 3, 32 f. Hippopheaen 123, 163, Hirse 119, 120, 140: Hissar-Gebirge 222. Hochflächen (siehe Verebnungsflächen und Peneplain). Hochjochferner 87. Höfersche Methode 214, 220. Holdieh Col. Sir Th. 49. - Hsin-kiang Provinz —= Ostturkestan 5, 8, 9, 17, 131, 140, 211; Ausdehnung 9. Huei-huei (siehe Dunganen). Hung-miao-tse 8, 258 (siehe auch Chum-miao-tse). Humboldt Alex. von 11; über Bogdo-Ola 20; Hum- boldt-Kette 245. Huntington Elsworth (Reisen) 23 f., 68; Veröffent- lichungen 12, 23 f., 32, 68, 69, 212. J. Jangule-bazar 264, 265, 266. Jan-sun-fu, Station (Höhe) 44 Japan 303. Jatschewsky L. A. 64. Jen-tsche-dun-Station 61. Ignatiew J. W. 79, 267. Ili-Gebiet 6, 9, 11, 154, 248; 44; Ili-Fluß 34. Indien 299. Inn-Gletscher 196. Inula 114, 128. Invardraht 242. Inyltschek-Gletscher und -Tal 87, 109, 154. ein Einbruchsbecken | Iran-Chabirga = Iren-Chabirgan 4, 31, 53; richtiger Iran-Charbut 53. Irbis = Schneeleopard = Felis nivalis 133. Iridaceae 119, 309. I. Güldenstedtiana 114. phila Pall. 309. Issyk-kul 115, 125, 219, 220. Iswestiya Kais. Russ. Geogr. Gesellsch. 9, 20, 34. Julgun-terek-Paß (siehe Yulgun). Julien Stanislaus N. 32. Juncus 112, 123. Juniperus Sabina 117, und Thuya). Jun-tschan-toü = Narat 80 und siehe Narat. Juraformation 7, 39, 41, 43, 54, 57, 58, 65, 66, 67, 68, 69, 71, 74, 135, 204, 248, 262, 266, 302, 303, 304; Juragesteine fehlen im Süden der zen- tralen Gruppe 41, 42; im Norden Mächtigkeit als Angaragesteine 39, 43, 54; geo- logischer Bestand der Randkette bei Urumtschi 7, 11, 64 (siehe auch Angara, Dogger, Kimmeridge, Lias, Mesozoikum etc.). Jurun-kasch-Fluß 223. I. halo- 127 (siehe auch Krummholz K. Kaenozoikum 304. Kaiserstraße Nördliche 10, 44, 94, 172, 244, südliche 9 (siehe auch unter Tian-Schan). Kaldschat-Fluß 232. Kaldy-Yailak 233. Kalkphyllit 275, 291. Kalksilikathornfels 59, 62 f., 149, 151, 161, 175, 179, 198, 260, 261, 268, 276, 279, 287. Kandyk-Tas 45; Absinken in Staffelbrüchen 45. Kan-su, Provinz 9, 10, 11. 265; in großer | Kao-teng-hiue-tang 9. Kapkak-Tal 125. Kapsalyan-Tal 282. Karabtschuk-Berge 223. ı Karagai-tasch 204, 231. Karagatsch 121—123, 129, 136, 137, 140, 141, 210 (siehe auch Ulme und Schwarzulme). Karaschar, Stadt 5. 9, 11, 20, 34, 42, 57, 70, 131, 234; geographische Lage 6, 62; Pferdezucht 11; über das Becken von K. und seine Entstehung 42, 57 und siehe auch Bagratsch-kul. Kara-Tau 65, 248. Kara-Usen-Tagh 7. Karawanenbetrieb 11, 211; Eisentransport 11. Kara-yulgun 41. Kare und karähnliche Formen 84, 87, 89, 90, 91, 93, 99, 146, 159, 168, 184, 225, 226. Karbonformation 67, 300, 301, 303; Unterkarbon 52, 53, 54, 59, 60, 262; Oberkarbon 54, 55, 58, 60, 62, 259, 262, 263, 291, 302; dieses fehlt im Norden des Tian-Schan 62; tritt in der Bogdo-Qla am Kamme auf, aber nicht marin 62 (siehe auch Paläozoikum). Kark S. 45. Karkara 301, 302. Karlyk-Tau 2; Bedeutung des Namens 2; Karlyk- Tagh 55, 101. Karten, die diesem were beigegeben sind 95, 105, 108, 180, 202, 209, 233—246;. topo- graphische Grundlagen 95, 105. 108, 180, 202, 238f, 240f., 242f.; Arbeitsmethoden 239 f.; Instrumente 238 f,, 292; Darstellungsmethoden 240 f., 242f.; die Koten und ihre Ermittlung 44, 241f., 243; die Deklination 238; zur Kon- struktion 243 f.; Basisvermessung 240, 242 f.; Rechtfertigung der Namen 95, 244-246; ihre Schreibweise 245 f. ı Kartenwerk großes über die Gletscher des Tian-Schan konnte infolge des Krieges noch nicht vollendet werden 218 £., 221. Karte Russ. im Maßstab von 40 Werst 6, 26, 27, 28, 31, 36, 46, 58, 94, 95, .100, 101, 208,209 £., 243, 244, 245; ältere Ausgabe 28; 100 Werst- Karte 28. Karte Russ. im Maßstab von 2 Werst für zentralen Tian-Schan 220, 221 (siehe auch unter Bogdo-Ola: das Kartenmaterial). Kasch-Fluß und -Tal 3, 21, 51, 53, 57, 58, 64, 70, 71, 74, 124, 125, 300, 301, 303; verwickelte Tek- tonik, Kontroverse hierüber 51, 54. Kaschgar, Stadt und Becken 10, 1, 23, 42,62, 79. 299, 231, 233, 301. Kasch-kul, Gletscher 223. Kaschmir 33. Katalog der Höhen des asiatischen Rußlands von Hikisch 44. Katun-Tal 222. Kaukasus 245, 303; Würdigung der topographischen Karten 217. Kaulbars A. W., General 31. | Kaündü-Tal 78. 109, 112, 231. Keidel H. cit. 2, 42, 45, 52, 66, 69, 72, 79f., 267; über Brüche und Bruchlinien 43, 45, 50; über Alter des Hanhai 77; über analoge grobklastische Bildungen in Südamerika und Tian- Schan 79 f. Keidel und Richarz cit. 267. Kendagül-bulak 231. Kendyk, Ort 100. Kepek-tschai-Tal 231. Keratophyr 143, 145, 151, 161, 179, 181, 270, 271, 273, 282, 254 f,, 291 (siehe auch Quarzkeratophyr). Keuper 65, 302 (siehe auch Rhät, Trias ete.). Khan Tengri 54; Erklärung seiner Stellung 54. Khaptn-su-Tal 82. Khien-long, Kaiser 6, 33. Kim-kutan 222. Kimmeridgien 307 (siehe auch Dogger, Jura, Lias, Mesozoikum etc.). Kirgisen; ihre Wanderungen im Bogdo-Ola-Gebiet 36, 101, 131, 133, 162 f., 164 f., 194. Kissalyk 232. Kissyl-su-Tal 231 (siehe auch Kaschgar). Kissyl-Tau 258, 329 und siehe Roter Berg und Chung- tschan-tsui. Kiukönik-Tal 58, 64, 74, 186, 200, 231. Klapproth M. J., Karte von Zentralasien 31, 32, 33. Klebelsberg R. von cit. 222. Kleinschmidt und Limbrök cit. 267. Klewer siehe Medicago. Klimatisches und klimatische Vergangenheit Zen- tralasiens 13, 54, 63, 71, 74 f., 76, 78, 79, 80, 87, 94, 98, 99f., 102, 104, 105, 108, 110 f., 114,115 £., 121 f., 126, 134, 135, 142, 153, 180, 181, 182, 185, 137, 188 f., 192 f., 196, 198f., 200f., 203, 204 f., 20 2108, 216,218,02198, 224, 29878, 230%, 233, 234 f., 236 f.; vor allgemeiner Vereisung feuchte Periode 78, 79, 87, 94, 102, 107, 150, 152, 153 f., 185, 196, 203 £.; Raschheit des Ein- tritts der Klimaänderung und ihre Andauer 80, 83, 86, 92, 97, 98, 99, 106, 108 f., 154, 182, 185, 192 f., 196, 203, 205, 224 f., 228, 229, 233, 236 f.; Klimaveränderung im Süden schärfer als im Norden 79, 105, 108, 121, 182, 188 f., 192 f., 196, 209, 211, 212, 224 f., 228 f., 231, 233, 237; Eiszeit 234 f. liches und Vergletscherung sowie bei Urumtschi: Klimatisches. Kobdo 11. Kochia prostrata 118, 128, 130. Koeleria cristata 120, 128. Koi-aschu-Paß 300, 303. Koi-kaf-Tal 54, 163. Kok-su-Flu£ß, Zentral-Tian-Schan 2, 78, 82, 204, 232. Kok-schal-Tal und und -Fluß 42, 301. Kok-tepe-Kette 53, 63, 127. Konfluenzstufen 102. Konfuzius 156, 157. Kongor-adzingan-Oola 31. Konstantinopel 140. Kontsche-daria 57. Kordilleren (Argentinien) 79. Korea 303. Kosaken 133. Koslow P. K. 28, 234. Kotyl-Tal 57, 64, 231; Tektonisches 57. Kran-Fluß 222. Krapotkin, Fürst eit. 49. Krasser Fr. 61, 64, 65, 67, 69. Krassnow N. 79, 117, 125, eit. 115: Kreideformation 54, 65, 66, 63, 304, 307. Abh. d.math.-phys. Kl. XXVII, 5. Abh. 321 Kristallinische Schiefer 274—276, 291. Krotkow N. eit. 11. Krummholz fehlt im Bogdo-Ola-Gebiet 117, 127. Kuen-lun-Gebirge 4, 9, 62, 69, 70, 223, 328. Kuen-Yuan-hien-Schichten 69. Kuilun (Höhe) 44. Kui-lutun (Höhe) 44. Kui-tschoü, Becken 68. Kukuluk-Tau 301, 302. Kuku-nor 70. Kukurtuk-Tal 231. Kuldscha, Stadt 26, 43, 65, 70. Kulturpflanzen 119, 120 und siehe Gerste, Hirse, Mais, Melonen etc. Kum-aryk-Tal 42. Kunges-Fluß und -Tal 3, 34, 51, 53, 57, 58, 74, 125, 131; Entstehung durch Grabenbruch 51, 57; Gesteine 57. i Kungeu-Ala-Tau 125, 220. Kungeu-kok-su-Tal 231. Kupferschmelze im Gurban-bogdo-Tal 36, 92, 101, 103, 108, 131, 197, 200 £., 204, 216, 281, 291. Kupfervorkommnisse 11, 139, 200, 281 (siehe auch Epidotskarn). Kurla, Stadt 5, 41. Kuropatkin A. N. 31. Kurowsky’sche Methode 216 £. Kur-tu (Höhe) 44. Kuruk-tagh 3, 57; Höhenverhältnisse 3, 41; ein Horst 41. Kurumduk-Tal 231. Kuserab 70. Kutscha, Stadt 3, 34, 42, 58, 62, 124, 234; richtige Schreibweise 3. L. Labiateae 113, 311, 329. Lachsmann, Sibirische Briefe 33. als Folge von Temperaturerniedrigung ? 192, 230 £., \ Lakkolith, die Bogdo-Ola ein solcher 55, 267, 291. Siehe auch Bogdo-Ola: Klimageschicht- | Lamansky W. W., über Eiszeit, cit. 230. Lan, Herzog von = Prinz Gan-jeh 10, 157 und siehe unter @. \ Langsan-Fluß = Archotu siehe dort. ‚ Lepidium 111. Lao-tze 156, 157. Lasiogrostis splendens 118, 119, 128 (siehe auch Bandgras, Bromus). Leguminoseae 310. N Leontopodium 111 (siehe auch Gnaphalium L.). L. latifolium 114, 118, 310. L. ob- tusum 118, 128. Lepidodendron conf. Heideringi Ettingh. 61, 263. L. fusiforme 302. Leriche, Maurice 71, 306 f., 328. Leuchs, Kurt ceit. 3, 43, 50, 54, 62, 78, 267; Kontro- verse über Mächtigkeit der Kok-su-Konglomerate 78; Kontroverse über Grenze zwischen Altai und Tian-Schan 43. Lex Fr., über Höhe von Urumtschi 6; Bearbeitung meteorologischer Beobachtungen 12, 14, 17, 292—299; Methode zur Berechnung der in die Karte aufgenommenen Koten 241 f. Liasformation 65, 66, 68, 248, 266, 303, 307, 308 (siehe auch Angara, Dogger, Jura, Kimmeridge und Mesozoikum). d Libanotis 123 (siehe auch Chorispora). 41 322 Ligularia 127. Liliaceae 111, 113, 119, 308. L. tenuifolium Fisch. 308. Lin-schan Bogdo-Ola 20 und siehe Bogo-Ola: verschiedene Benennungen. Linum 127. Liparit 271, 272 (siehe auch Cordierit-Liparit). Loczy L. von 64, 65, 66, 67, 69, cit. 66 f. Lößbildung 76, 104, 109, 135, 136, 138, 142, 143, 145, 203, 210, 249, 254, 257, 258, 264, 265. Lonicera 123, 124, 127, 128. L. Alberti Regel 128, 129. Lorenz Th. eit. 67. Loü-sa-gu-Fluß und -Tal 37, 136, 150. Lukiun-hiue-tang — Kadettenkorps 9. Luktschun, Ort 3, 22, 41, 101, 191, 212, 229; Höhe 3, 12; geographische Lage 244; Klima 12, 16, 229; meteorologische Station Roborowskys 3, 12, . 14; Kärtchen der Senke von Luktschun 28, 101. Lu-tsin-tan Generalgouverneur 9. Lycium 128, 207. L. ruthenicum Murr. 118, 129. Lydekker R. cit. 207.: m. Machatschek F. Prof. 45, 219, 220, 221, 222 a2, eit. 45, 48, 50, 79, 85, 219, 222, 230, 236; über quartäre | Dislokationen 50; über eiszeitliche Depression 219, 220, 221, 222, 230. Maili-Kette 43. Mais 119, 136, 137, 140. Makscheyew A. J., Würdigung Renats 33. Malcolmia 111, 119. Manas, Stadt und Tal, auch Oase 3, 5, 10, 34, 44, 124, 133, 243, 244, 258, 264, 265, 266, 328; Höhe 44, 46, 94; Fruchtbarkeit 10; geographische Lage, Ortsbestimmung 243, 244, 329; der Fluß 3, 44, 67, 132, 133; Kärtchen des Manasgebietes 44, 243, 244 (siehe auch Chustai). Mandronferner 87. Mandschurei 64, 69, 303. Mannerheim Baron 36. Maralhirsch 132 (siehe auch Cervus). Marco Polo-Gebirge 245. Marder 133. Matussowsky S. ceit. 10, 30. Maximum-Minimum-Thermometer 292. Medicago falcata L. 118, 120, 310. Turkestanica = Klewer 119. Medlicott und Blanford eit. 49, 73. Melaphyr 57, 270. Melonen 119, 140. Mesozoikum, mesozoische Gesteine, Periode etc. 41, 42, 43, 44, 49, 50, 54, 57, 58, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 76, 77, 204, 302 f., 304, 306, 308; meso- zoische Gebirgsbewegungen? 69; marine Ab- lagerungen? 70 (siehe auch Angara, Dogger, Jura, Kimmeridge, Lias etc.). Messerschmidt J. B. Prof. 7 292. Meteorologisches (siehe unter Bogdo-Ola: Meteoro- logisches und unter Urumtschi: Meteorologisch- Klimatisches, auch bei Lex F.). Meteorologische Zeitschrift 12. Middlemiss Ch. St. eit. 49, 96. Miloschewitsch K. O. eit. 65. Miocän 232 (siehe auch unter Bogdo-Ola: Tertiär- ablagerungen, unter Tertiär bei T., unter Eocän und anderen Spezialtiteln). Mandschus 9. M. sativa var. | Myosotis 123, 127. Mischenkow A. K. cit. 68. Mitteilungen Münchener Geogr. Gesellschaft 42, 45. Mittendorf A. von 122, eit. 122. Moeringhia umbrosa 123. Moesch E. cit. 197. Mongolei 4, 11, 31, 32, 64, 65, 69, 218, 303, 304, 308; Karten der Mongolei 31, 32, 34, 329. Mongolen 131, 132, 245, 246; religiöse Anschauungen 19 (siehe auch Torgoüten und Tschacharen. Montblanc 80. i Moschustier 133. Muis-Tal 200. Mulgedium 112, 123. M. Tianschanicum 113. M. reum D. C. 113, 312. M. tatarıcum D. C. 128, 129, 312. Mulithu, Berg 20. Mungatö-Tal: Mündung folgt einer Verwerfung 5 Murmeltier 133. Musart-Fluß und -Tal 2, 66, 82, 117; südliches M. 42, 72, 127, 218. : Musart-Paß 2, 53; als orographische Grenze 2. Muschketow D. J. 45, 220; cit. 45, 47, 220. Muschketow J. W. 45, 64, 66, 79, 220, 232, 267, 303, eit. 45, 65, 220. Mus-tagh = K5. 223. M. sylvatices Hoffm. 113, 311. Myricaria alopecuroides Schr. 128, 133 (siehe auch Tamarix). ; N. Naitak-su-Fluß und -Sattel 33, 36, 47, 104. Namen geographische 2, 8, 95, 244 f.; türkische sind nur Umschreibungen 2. - Nan-schan 22, 126, 328. Narat-Fluß und -Sattel 33, 36, 47, 80 (auch Jun- tschan-toü). Nardin Paul D., Uhren 238. Naudet'’scher Barograph 239, 242, 292. Neogaya mucronata Schr. 118, 310. Neorhombolepis A. S. Woodward 306. | Nesseln 120, 137. Neufchätel, Observatorium 238. Neü-schuü-tsian 67. Newberry Dr. 68. Ney Elias, Karte von Asien 31. Nikitin und Matussowsky 30. Nikolai Michailowitsch, Großfürst 24. Nissa-Fluß 223. Nitraria Schoeberi 123, 129, 130. Noeggerathiopsis Hislopi Bunbury 64. Noetling F. Dr. 41, 66. Nord-Karolina 68. Nußbaum F. cit. 197. 20: | Obo, Bedeutung 19 f. Obrutschew W. A. 4, 64, 138, 203 f., 205, 208, 232, 258, 263, eit. 4, 7, 12, 20, 22, 23, 29 f., 41, 44, 47, 48 f., 55, 56, 58, 60, 61 f., 67, 68, 80, 104, 203 f., 205, 208, 209, 210, 211, 222, 243, 258, 259, 262; über verschiedene Benennungen im Bogdo- Ola-Gebiet 20; Irrtum betreffs Lage und Gliede- rung der Bogdo-Ola 22 f., 29 f., 38; über ein die Gruppe trennendes Tal 29 f.; Marschroutenblätter 29 £., 208; über Dun-Schan-Gebirge und seine Ge- steine 30, 58, 61f., 263; über Bruchbewegungen und Faltung 41, 44, 49; Anuffindung ober- karbonischer Pflanzen 58, 60 f., 62f., 263, 291; Auffndung einer jurassischen Flora im Süden 41, 67, 68, 69; Korallenfunde 61; über Dsungarischen Ala-Tau 44; Kontroverse betreffend Grenze zwischen Tian-Schan und Altai 47. Oeleten 6, 9; ihre Kämpfe 9. Oestreich K. Prof. eit. 49, 217 f., 223, 236. Ogun-schan-dse-Fluß und -Tal 95, 254, 255, 256, 257, 258, 259, 269, 270, 275, 290, 300, 329. Oldham R.D. eit. 96. Qlug-Yelduz 34 und siehe unter Yuldus. Oolith 68. Orobus hybrida 123. Osten-Sacken Baron von und Rupprecht 31, 117, eit. 117. Otragh-kul-Gletscher 223. Ott'scher Polarplanimeter 243, 329. Ottweiler-Schichten 302. Otun-kosa-Senke 46, 47, 48; Höhenverhältnisse 46; Entstehung 47, 48; als Grenze zwischen Tian- Schan und Altai 47; als Störungszone 47, 48 f. Ovis Karelinii 132. O. Polii 132. O. Ammon 132 (siehe auch Wildschafe). Oxytropis 113. O. coerulea 129. O. glacialis 113. O. humifusa 111. O. lapponica 113, 129. O. sp. 310. 1 Paläozoikum 52, 54, 58, 59, 63, 64, 66, 68, 69, 74, 302, 308 (siehe auch Karbon, Perm). i Pallas P. S. eit. 19. Pamir 9, 235, 301. Panicum Italicum erythrospermum 119 und siehe Hirse. Papilionaceaen 118, 119. Pappeln 120, 126, 127, 128, 163, 197, 201 (siehe auch Populus). Parnassia 127. P. ovata Ld. 113, 310. P. palu- stris 112. Parrya 111, 113. Paschinger Viktor Dr. 223, cit. 223. Pedicularis 112, 127, 129. P. cheilandifolia Schr. 113, | 311. Peganum 207. Peking 23, 33. Pelliot P. 5 £., 36, eit. 3, 5£., 9, 11, 23, 32; Schreib- weise von Kutscha 3. Penck A. Prof. cit. 170. Peneplain 74, 153 (siehe auch Verebnungsflächen). Nerm 65, 67, 262, 302, 328; Permokarbon 302 (siehe auch Karbon, Paläozoikum). Persien 64, 73. Pe-schan 9. Peter des Großen-Kette 222, 245. Pfann H., Aufnahmen 221. Pfriemgräser 109, 114, 119, 122 (siehe auch Stipa). Phlomis 123. Phoenicopsis 41, 68, 304. Ph. angustifolia 299, 300, 303. - Photographische Arbeiten 35, 39, 140, 176, 179, 180, 190, 212, 221, 240. Phragmites 112. Phyllotbeea Ammoni Schuster 301, 303, 305. Picea obovata 126. P. rhinantoides 112. P. uliginosa 112. P. harmala 118, 128, 129, 310. 323 Picea Schrenkeana 123, 125, 127, 151, 156, 209; Verbreitungsgrenzen 125 (siehe auch Fichten). Pik Schokalsky 37, 83, 101, 137, 142, 178, 179, 180, 181; seine Vergletscherung 37, 83, 84, 101, 169, 176, 178, 179; Endzungenhöhe 83, 84; Entwässerung nach Nord und Süd 84, 101 (siehe auch Schokalsky). Pinitporphyr 284 (siehe auch Porphyre). Pitschan, Stadt 41. Pityophyllum longifolium Nath. 299, 300, 301, 303, 305. Pjewtzow W. M. 5, 6, 22, 27, 208, ceit. 5, 8, 11, 12, 13, 16, 22, 29, 125, 126, 133, 208, 220, 234, 242, 244: Karten 29, 208. Plantago 127. Pleistocän 76, 78, 233 (siehe auch Tertiär und Bogdo- Ola: Tertiär, dann Eocän ete.). Pliocän 77, 304 (siehe auch Tertijär und Bogdo-Ola Tertiär, dann Eocän ete.). Poa>111,.119: Podozamites lanceolatus 68, 248, 299, 300, 301, 303, 305. P. var. latifolius Heer 305. Polygonaceaen 113, 120, 309. P. viviparum 123. Populus 124, 128. P. diversifolia 126. P. hybrida M. B. 120, 126, 309. P. tremula 124 (siehe auch Pappeln, Espen). Porphyrische Gesteine 57, 161, 166, 260, 261, 272, 284, 289. Potanin G. N. 69, eit. 32. Potanin und Rafailow cit. 32. Potentilla 127. P. nivaea 113. Potonie H. 66. Preobraschensky P. J. cit. 45, 328. Primulaceae 113. Pr. integrifolia 113. Prinz G. 44, 221, eit. 44, 221, 328. Proluvium 138 £. Prschewalsky N. M. 31, 126, ceit. 31, 126. Prunus 124. P. padulus 124. Psammite 269 f., 272. Psephite 269 f., 272. Ptycholepis L. Agassiz 306, 307, 308. Pukhithapan, Berg 20. Pumpelly R. 49, 68, eit. 49, 68. 0. Quartärperiode, eine Zeit von Gebirgsbewegungen 49, 50, 235 (siehe auch Bogdo-Ola: von sehr jungen tektonischen Bewegungen). Quarzitische Gesteine 52, 55, 57, 64, 123, 143, 145, 149, 162, 195, 196, .202, 249, 259, 260, 275, 276, 291. Quarzkeratophyr 145, 200, 268, 280, 282 f. (siehe auch Keratophyr). Quarzporphyr 52, 53, 57, 58, 69, 74, 145, 151, 284, 300 (siehe auch porphyrische Gesteine). R. | Rafailow und Potanin (siehe unter Potanin). Ranunculaceaen 113, 123, 127, 309. R. amoenus 112. R. gelides 112. R. sulphureus 112. Regel Alb. 31, 117, 208, eit. 4, 8, 12, 21, 22, 30, 31, 70, 115, 121, 125, 208; Reisen 21, 31; über Lage von Urumtschi 8; irrtümliche Annahme hinsicht- lich Bogdo-Ola 4f., 8, 21f., 31, 38; Auffindung fossiler Pflanzen 70. 41* 324 Rehe 133 und siehe Cervus. Reis 0. M., Oberbergrat 71, 304, 306 f.. cit. 304, 328. Reiseschwierigkeiten 61, 91, 101, 135, 136, 158, 161f., 163 £., 165 f., 168, 169, 173, 178, 181, 182, 187 £., 190 £., 194, 195, 206 £. Renat Joh. Gustav, Lebenslauf 33; Karte 33. Rhät 65, 66, 68, 69, 303 (siehe auch Keuper, Trias ete.). Rheum 118, 138. Rhododendron, fehlt im Bogdo-Ola-Gebiet 117. Ribes 127. R. heterostrichum? 123. Richthofen F. von 54, 68, 69; Chinawerk eit. 4, 8, 9,1157 47,2 64,066,,267,.69, 20, l, 72,..79,2235; über angebliche Vulkane 11; über Hanhai 54, 77; über Trias im Tian-Schan 70; über Grenze zwischen Tian-Schan und Altai 47. Riedgräser 112, 329 (siehe auch Carex und Cyperaceae). Ritters Erdkunde eit. 5, 8, 9, 11, 16, 19, 20, 34. Roborowsky W. J. 3, 5, 22, 27, 44, eit. 3, 5, 6, 12, 13, 14, 16, 22, 28, 44, 233, 234, 244; Karten gewürdigt 28, 36, 46, 100, 101, 105, 208, 243; Kärtchen der Umgebung von Manas 44, 243, 244; Beobachtungen in Luktschun 3, 22; Höhen- bestimmung der Bogdo-Ola 22. Romanowsky G. D. 45, 64, 267, 302, eit. 45, 65, 68, 72, 248. Roß-Camera 240 (siehe auch Photographische Arbeiten). Roter Berg bei Urumtschi 8, 258, 259 (auch Chung- tschan-tsui und Kissyl-Tau). Royal Geographical Society 246. Rubiaceae 311. Rubus 117. Rumex 120. Rupprecht und Östen-Sacken 117 (siehe auch Osten- Sacken und Sertun-tianschanieum). Rutaceae 310. S. Sabawtschö-Gletscher 191. Sabawtschö-Tal 127. Sacho-gu-Fluß und -Tal 125, 136, 150. Saiga-Antilope = Saiga tartarica L. 133. Sailenischer Ala-Tau 125. Sairam-nor 131. Saissan-Gebiet 4. tisches 13. Sakrschewsky R., Abriß des Dsungarischen Ala-Tau 43 (siehe auch dort). Salıx und Salicaceae S. retusa 123. Weiden. j Salsolaceae 118, 119, 120, 123. S. arbuscula 129. Salzgehalt von Böden 94, 118, 121, 139, 205, 214, 233. Salzgehalt von Gewässern 94, 139, 205, 208, 210, 21], S.-See 118. : S., Stadt, Klima- 123, 309. S. purpurea 128. S. tenuijulis 128, 329 und siehe 233. Salzsümpfe und -Pfannen 94, 139. Samarkand 33, 222. Sammlung der Materialien über Asien (siehe Sbornik). Sando-cho, Station (Höhe) 44. Sandschi, Stadt 121. Sangha, der blaubeknopfte 300. Sangun-Fluß und -Tal 94, 97, 98, 120, 122, 125, 141 f., 144f., 147, 148, 149, 160, 216, 226, 227, 228, 247, 248, 249, 250, 251, 252, 253, 254, 255, 256, 257, 258, 259, 260, 262, 269, 276, 285, 286 293, 299, 302, 303 (siehe auch Da-tun-gu-Tal). San-tai, Stadt, richtig San-toü 23, 328. PN) Saosti-Elisun, Wüste 7, 138; Höhenverhältnisse 18. Sarten (siehe unter Bogdo-Ola: Besiedelung und Verkehr, siehe auch Tarantschi). Sary-dschas-Fluß und -Tal 109, 154. Sary-kamisch-See 234. Sary-Mollah 164 £., 172. Saussurea 111, 113. S. amara D.C. 129, 312. S.in- voluerata Kar. et Kir. 113, 312. S. pygmaea D. C. 113, 312. S. spec. 312. Saxaul 117f, 119 (siehe auch Arthrophyton und Haloxylon). Saxifragaceae 113, 310. S. hireulus 113, 310. Sayan-Gebiet 43, 101, 131. Sayopu-See 22, 33, 108, 129, 130, 131, 192, 200, 201, 203, 204, 205, 206, 207, 208 f., 210 f., 212, 243, 309, 311, 312; Höhe 3, 129, 207; Boden und Vegetation 129, 209 £. Sayopu-tagh 209. S. Veste und Ort 211. Sbornik der Materialien- über Asien 23 (auch Sammlung). Scandix 127. Seiopus 112. Scorodosma 118, 138. Serophulariaceae 113, 311. Sedelnikow A. N., über Klima von Saissan 13. Sedlbauers W. B. Boussolen 238. Se-dschön-ga, Ort 265, 266, 329. Sedum 123. S. aizoon 113, 310. S. Ewersii 113, 129, 310. S. Kirilowii 113. Seebildungen, Seen: über glaziale Randseen siehe unter Bogdo-Ola: Vergletscherung; über Stufen- seen siehe ebenda und bei Gurban-bogdo-Tal; über Seen am Südabhang siehe unter Bogdo-Qla: Erosion und Erosionsgeschichtliches. Seeley H. G. 49. Semenow P. P. 117, 125, 220, cit. 117. Semenow- Kette 245. h Semipalatinsk 11. Semiretschensk 45. Senecio 111, 113. S. nemorensis L. 312. schanicus 113, 312. Serafschan-Fluß 65. Sertum Tianschanicum 117 (siehe auch Osten-Sacken, Rupprecht). Seward A. C. 64, 65, 302, 303, 304, cit. 66, 68, 71, 304. Sewerzow N. 32, 125, 220, cit. 117, 220, 267. Siao-kiao = Dunganen (siehe dort). Sibirien 64, 65, 230, 299, 303. Siedethermometer 239, 292. Signalberg 146, 252. Sileneaen 113. Sisymbrium 120. Skatschkow K. A., Bericht über Urumtschi 9, 328. S. Tian- | Sölch J. Dr., über Gebirgspässe 169, eit. 169, 170 (siehe auch Aufschüttungspaß). | Solidago 123, 127. Solonen = Mandschus 9 und siehe dort. Sophora alopecuroides 130. Sorbus 127. S. aucuparia var. Tianschaniea Traut- vett. 123. Soü, Marschall 10. Soika-Tal 220. Spiraea 127. | Spirifer glaber 302. u Spitaler’sche Tabelle 13. Suaeda physophora Pall. 114, 118, 120, 128, 129, 309. Su-baschi 70, 233. Suchun 232. Süd-Gletscher(siehe unter Bogdo-Ola: Vergletscherung). Suess Ed. 43, 264; Antlitz der Erde cit. 3, 47, 50, 64; Suess-Kette 245. ügoschur 43, 71, 266; Höhe 44. Sürküp-tagh 67. Sugun-karaul 233. Suyok-tepe 117. Syr-daria 65, 72. Szöchöni, Graf 66. Szötschuan 64, 66, 67. on Sch. Schachtelhalme 301, 302, 303. Schah-Jar 234. Schan-si, Provinz 9, 10, 66. Schichs, Stadt 44, 266; Höhe 44. Schicho-dse, Ort 264, 265. -Sehichtfluten 201, 206 f. (siehe auch Takyrboden). Schimo-gu-Fluß und -Tal 94, 95, 97, 100, 125, 140, 143,7160; 161, 162, 172) 216, 226, 227; alte: Talboden 97, 100; alter Seeboden 22, 83, 146, 147. Schi-tsüan — Sandsteine 68. Schitzoneura Gondwanensis 65. Schmetterlinge 133. Schneeleopard —= Irbis = Felis nivalis siehe dort und 133. Schokalsky J. M., General 37 (siehe auch Pik Scho- kalsky). Schor-köl, Salzsee 233. Schoü-gu-Fluß und -Tal 125, 136, 137, 150. Schü-gu-lan-Tal 264, 265. Schuruk-Gletscher 222 222. Schuster J. Dr. 71, 299 £.; Dank an von Ammon 303, | eit. 300. Schuyler Eugene Dr., Turkestan eit. 9. Schwarz L., Karte von Sibirien 34. Schwarzulme (siehe Karagatsch und Ulmen). St. Statice 123. St. speciosa 120. Steierdorf 303. Stein Aurel Sir 212, 223. Steinböcke 132. Steinmann G. Prof. 80. Stellaria graminaea 123. St. sp. 114, 118, 309. Stelling, Direktor 241; Dank 2141. Steppenboden, Beschaffenheit und Vegetation 118 f., 1217 1225 12877135:6-5013752.138721397 7141,,3206 (siehe auch Takyrboden). Stielers Handatlas 19, 4t. Stipa 111. St. capillata 128. St. Lessingiana 119. Stoliezka Ferd. Dr. 70. Strokowsky W. A. Dr. 292, 297; Höhe von Urumtschi 6; Abriß des Klimas von Urumtschi 12, 13, 16, 17, 241. Stufenseen 84, 101 f., 178, 182, 193, 228. D Ta-dawan-Paß 3; Höhe 3. Takyrboden 118, 122, 128, 201, 205, 206 f. (siehe | auch Schichtfluten und Steppenboden). 325 Talbildung (siehe unter Bogdo-Ola: Talbildung und bei Tian-Schan). Taltreppe 56, 83 f., 101f., 107, 169, 170, 172, 182, 228. Tamarıx 118, 138 und siehe auch Myricaria. Tamo-fu = Buddha 157, 158, 159 und siehe auch Buddha. Tanacetum 123. T. tenuifolium Jacquem. 114, 312. Tangentialer Zusammenschub 2, 48, 53 und siehe Bogdo-Ola: Tektonisches. Tangitar 231. Taphrospermum altaium? 113. Tarantschı —= Sarten 11, 231 und siehe Sarten. Tarbagatai 4, 11, 43, 44, 109, 124, 131, 328; Handel mit der Mongolei 11. Tarr und Buttler cit. 235. Tarr und Martin eit. 235. Tarymbecken 4, 83, 233, 235. Taschkent, Klimatisches 14, 121; Deklination 238. Tasch-kösö 67. Tasch-malyk 301, 303. Ta-seng-koü-Tal im Dschargöß-Tau 23. Tataren 11. Tat-sau-Gebirge, Angaraschichten 66. Ta-tung-fu, Angarabildungen 66. Taviglianaz-Sandstein 269. Tegermen-Tal 231. Tekes-Fluß und -Tal 34, 58, 74, 109, 112, 125, 154, 221, 232; Entstehung durch Grabenbruch 51. Telegraphenlinie chinesische 11. Telli-nor-Höhe 44. . Tempelbauten bei Urumtschi 7, 8; im Bogdo-Ola- Gebiet 20, 130, 156 f., 158 f., 200 (Torgoütische siehe dort). Temurlyk-Tau 44, 74, 301; ein Horst 44 f. Temurlyk-Tal 300. Terek-Tal im Chalyk-Tau 42, 231. Terskeu-Ala-Tau 125, 127, 219, 220, 329. ' Tertiär-Formation und -Periode 40, 41, 49, 50, 54, 55, 58, 63, 68, 75-80, 104, 105, 153, 202 £., 204 f.; Verbreitung und Lagerungsverhältnisse dieser Bildungen 75 f, 79, 80, 104, 105, 153, 202 £., 204 £., 209, 231, 232, 233, 234; bedeuten- dere Entwicklung im Süden 179, 203 f., 232, 233; geologischer Bestand 76, 77 f., 80, 202 f., 204 f., 209, 231, 232, 233; Zeit ihrer Dislokationen 49, 50, 76, 77£.; ein Fall von scheinbarer Dis- lokation 78; Ablagerung in Becken 77 f., 79 £., 105, 203, 204 f., 209, 231, 233, 234; Tertiär- periode, eine Zeit großer Feuchtiskeit 153, 203, 204 f., 230, 233, 234 f.; Tertiär, eine Zeit von Gebirgsbewegungen 49, 50, 58, 64, 72, 74 f., 79, 232, 233, 235 f., 264 (siehe auch Gobi und Hanhai, dann Bogdo-Ola: Tertiär und bei Tian-Schan, sowie Eocän, Miocän etec.). | Tethys 65. Thalyetrum 113. Th. isopyroides ©. A.M. 114, 120, 123, 129, 309. Tblapsı arvensae 120. Thuya 161, 167 (siehe auch Juniperus und Krummholz). Thymus 127, 129. Tian-Schan. Rechtfertigung dieser Schreibweise 246; russische Forschung überwiegend 21; eigene Forschungen 1, 2, 3, 5, 41, 43, 45, 52, 82, 110, 112, 221, 230, 232, 241; Veröffentlichungen hierüber, Titel und eit. 1, 2, 3, 42, 45, 54, 70, 326 78, 79, 87, 98, 105, 106, 109, 121, 138, 163, 191, 198, 204, 212, 218, 221, 222, 230, 231, 237; oro- graphische Teilung und Gliederung 2, 4; Ver- kehrsmöglichkeiten 4, 9; Grenze gegen Dsun- garischen Ala-Tau und Altai 43, 46 f., 94. — Summarischer Abriß der Tektonik 52f£.; sonstiges Tektonisches 2, 4, 41, 42, 43, 48, 49, 50,:514.5211.,098—591463,1169,7.701272,9,74174%153, 232, 233, 235, 237, 262, 264, 267; Unterschied im Bau zwischen zentral. Tian-Schan und Bogdo-Ola, siehe dorten diesen Spezialtitel; über junge und jüngste Bewegungen 42, 45, 49, 54, 57, 77 £., 96, 232, 233, 235, 236 f. und siehe unter Bogdo-Ola: junge tektonische Bewegungen; Bedeutung der Faltungsbewegungen 53 f., 59, 69, 75, 264; Ober- karbon am Südabhang 62; Kalke bilden die höchsten Erhebungen 52 f., 59; Verbreitung der Angaragesteine 65, 67, 73, 74, 304; siehe hierüber auch unter Angara; Fossile Flora 301 f., 304. — Talbildung: Unterschied hierin zwischen Nord- und Südabhang: der Süden reicher und tiefer durchtalt 79, 87, 108, 230, 231, 237; Übertiefung 106; Alter der Talbildung 232; im späten Tertiär und Diluvium keine Ausbildung von Tälern, nur Zerschluchtung 153 f.; trockene Erosionstäler 231; Gefällsveränderung unten und zunehmende Was- sermengen im Oberlauf 78, 98f.; Parallelismus der Wasserscheiden 53 und Weiteres über Tal- bildung unter Bogdo-Ola. — Erosionsgeschichtli=ches 230, 231, 232, 233, 234 f., 236 f. und unter Bogdo-Ola: Klimatisches und Klimageschichtliches siehe dort; im Süden einst feuchteres Klima als im Norden 231, 235, 236 f.; von alten Gebirgsseen im Innern 232; Randseen 44, 70, 94, 105, 233 £. — Zur Vergletscherung, auch Glazialgeschicht- | liches 53, 78, 82, 87, 98, 149, 177, 186, 216, 218 £., 220 f., 222 f., 229, 230, 233, 234 £., 237; Gletscher des Nordabhangs entwässern nach Süden 82; totes Eis 82; alte Glazialablagerungen am Süd- rand 218, 232, 233, 234, 237; tiefe Niveaus | von Glazialablagerungen 219, 220, 221f., 223; über Schneegrenzen 219f., 221f.; eiszeitliche | Depression der Schneegrenze 219—223 und siehe - unter Bogdo-Olı: Vergletscherung. — Botanisches: Literatur 115,° 117, 122; Be- ziehungen der Flora und ihre Besonderheiten 109 £., 112, 114, 115f., 119, 124, 165; Alpen- wiesengürtel 116, 216; Waldgrenzen und Gürtel 125 £., 127, 151; Pracht der Fichtenwälder 123 £., 151; Charakter der Ulme und ihre Verbreitung 121—123; Krummholz 117; Auftreten der Cara- gana 117. — Verschiedenes: vom Tierleben 132, 133 f.; Ruinen zerstörter Niederlassungen 120 £. Tian-Schan, Ostlicher: Vorbereitete Arbeit über Ergebnisse meiner Reisen 42, 50, 51, 58, 74, 231; Karten von Grum Grschimailo 26, von Obrutschew 29, von Potanin = größte Breitenentwicklung und Auflösung 3, 4, 235 47, 53, 58, 61; engste Zusammenschnürung ri 18, 41; ein eingesunkenes Bergland 53; verdankt seine Gestalt Brüchen, deren Wichtigkeit 42, 48, 51, 53, 57, 58, 74, 75, 105, 153; Begrenzung durch Längsbrüche 41, 42, 43, 44, 45, 76, 94, 138, 139, 266; Transversal- | brüche älter als Längsbrüche 48, 57, 58, 61, 74 £.; sonstiges Orographisch-Tektonisches 52 f., 57 f£., 59 f., 61, 69, 70, 74f., 77£., 105; vorherrschend Längstalbildung öl, 57, 75, 110, 237; geologischer Bestand 52, 262; Verbreitung der Angaragesteine 64, 65, 67, 73, 74, 266, 304; ihre Besonderheiten und hr Alter 65—72, 304 und siehe unter Angara; Vergletscherung 149, 186, 216, 234; ehemalige große Tandseen 44, 70, 94, 105, 933, 234, 304: Botanisches 1152117 Tian-Schan, Westlicher: Forschungen Machatscheks 45, 79, 219; Tektonisches, Faltungsrichtungen AT £.; Begrenzung durch Brüche 45; Verbreitung der Angar: agesteine 64, 65 f.; seltenes Vorkommen jüngerer, prätertiärer Ablagerungen 63; Ver- gletscherung geringfügig 85; über eiszeitliche Depression 219f.; über Flora 114; vom Tier- leben 132. Tian-Schan-Nan-lu = Südliche Kaiserstraße 9 und siehe Kaiserstraße. Tian-Schan-Peü-lu = Nördliche KanSernEn 10, 44, 94, 136 und siehe Kaiserstraße. Tibet 4, 70, 212. Ti-chua-tschoü = Urumtschi 8 und siehe dort. Tillo A., General 12, 13, 14. Tilpitschek-Tal 231. Toksun, Stadt 3, 9, 10, 22, 23, 28, 30, 33, 62, 100, 191, 233, 328; geographische Lage 244. Toli-See 234. | Tonking 64. Topographisches Bureau des K. Bayer. General- stabs 243. Topotar-Aulie = Bogdo-Ola 20. Torfbildung 161, 301. ı Torgoüten 70, 131, 157, 194, 245 (siehe auch Mon- golen). Torgoütische Klöster 157, 266, 300 (siehe Bogdan- kurö, Zagan-ussun und Tempelbauten). Transbaikalien 64, 69. Transilenischer Ala-Tau 45, 120. Trapp 290. | Trias-Formation und -Periode 50, 65, 66, 67, 68, 69, 74, 262, 302, 303, 307, 308; marine? 70 und siehe Keuper, Rhät etc. Trigonella 120. Triticum 111, 119, 120. ‘ Trollius altaicus? 113. Tschacharen 131 und siehe Mongolen. Tschantu 10; Bedeutung des Namens 10. Tschernischew F. N. 42. Tsehili, Provinz 66. Tschoglu-tschai-Gebirge 55. Tschoktal am Issyk- -kul 220. | Tschol-Tagh 3, 41, 48, 55; Höhenverhältnisse 3, 41; Tektonisches 48, 55, 61. Tschu-Tal und -Ebene 45. Tschugutschak, Stadt 11. Tschukur-Gebirge 62. Tsing-ling-Schan 69, 71. Tuan, Boxerprinz 10, 157. Tuchu-lu, Station, Höhe 44. Tudun-kul 208, 211, 329; Bedeutung des Namens 208. Tugarak-dan, Ort 200, 232. | Tumulu-Schichten 66. Turfan-Becken 3, 16, 18, 20 f., 22, 23, 58, 105, 130, 191, 203, 205, 233; größte Tiefe 3; Bildungsgeschichte 4. Turfan, Stadt 10, 13, 28, 35, 36, 41, 6S, 70, 100, 121, 208, 211. Turgaschiefer 304. Turgen-Ak-su-Tal 219. Turkestan Östliches oder Chinesisches = Hsin-kiang 5, 121 und siehe dort. Turpanat-tach 20 f., 29; Name unberechtigt 20. Tuslyk-kul 208, 211; Bedeutung des Namens 208. Tuyuk-su = Kl. Alamtinka 220. Tuyuk-tagh 41, 68. Tylodendron 302. T.seythieum Roman. Schuster301,305. Typha 112. U. Übertiefungsproblem 106, 109, 147, 148. Uiguren 8, 120. Ulan-be = Archo-tu 7 und siehe dort. Ulan-su-Paß = Gotschan-Paß 46; Höhe 46. Ulan-ussu-Fluß 183. f Ulmen 120 f., 143, 156; über Verbreitung und Ent- wicklung 120 —124 (siehe auch Karagatsch, Schwarz- ulme, Ulmus und unter Bogdo-Ola: Vegetation). Ulmus campestre var. umbraculifera Trautv. 121. Umbelliferae 113, 310. Umu-chak, Salzsumpf 94. Urkaschar-Kette 43. Urumtschi, Stadt 4, 5, 22, 23, 24, 31, 32, 33, 34, 35, 37, 41, 46, 48, 52, 57, 58, 60, 62, 117, 130, 132, 134, 135, 157, 158, 159, 172, 211, 212, 240, 241, 242, 244, 258, 259, 263, 264, 266, 292, 309, 310, 311, 312; geographische Lage 5, 6, 242, 244; Höhe 6, 242, 296, 298; zur Charakterisierung der Lage 4, 7, 8, 15; an Völkerstraße gelegen, Verkehrsmittel 4, 9, 11, 21, 134, 172; die frühere Stadt in anderer Lage 6, 8, 258; verschiedene Namen 6, 8, 34, 258; Geschichtliches 8, 9; Be- völkerung 8, 10, 11; Handel und Industrie 10 £.; Märkte 11, 162; Bodenverhältnisse, Anbau 10, 135, 297 £.; Bauart und Befestigungen 8; Bogdo- Ola sichtbar 17, stratives 5; militärische Anstalten 9; als Ver- bannungsort 10; Klimatisch-Meteorologisches 10, 12—17, 242; Föhn 16, 17, 297 f.; Jura-Kette im Norden der Stadt 7, 11, 17, 258 £.; torartige Öffnung darin und die dortigen Tempelbauten 7 f., 15 f., 258, 259; Steinkohlen- Vorkommen 11, 258; andere Bodenschätze 11; über angebliche Vulkane 11. Utsch-Turfan, Stadt 42, 301, 304. \E Vaccinium fehlt im Bogdo-Ola-Gebiet 117. Vaillant Dr. 5 f.; Ortsbestimmungen 6, cit. 6, 36. Veratrum 127. Verebnungsflächen gehobene 40, 56, 96, 114 und siehe Peneplain. Verhandlungen VII. Intern. Geographen-Kongreß 41. Virginia 68. Vivien de St. Martin 33. Vögel 133. Vogelsang K. eit. 67. Vredenburg E. W. eit. 73, 236 (irrtümlich Volden- burg 328). Vulkane, angeblich tätige bei Urumtschi 11. 327 W. Wachsch-Tal 222. Waldgrenzen und Waldeürtel 121, 123 £., 125 f., 197, 151, 152, 156, 158, 160, 162, 165, 167, 201,209 f., 215. Weber W., Geologe 42, eit. 50. 5 Weiden 123, 127, 128, 137, 140, 141, 145, 195, 197, 201 (siehe auch Salicaceae und Salix). Weinschenk E. Prof. 290. Weizen 119, 140. Wenjukow M., Karte von Zentralasien 34. Wenter Frz., Bergführer 5, 132, 190, 195, 196, 214, 225, 239, 287, 289. White David eit. 68. Wiesel 133. Wild’sche Normen 13. Wildesel 133 (siehe auch Equs). Wildkatze 133. Wildpferd 133 (siehe auch Equs). Wildrose 120, 123, 127, 128, 137, 140, 141, 145, 150 (siehe auch Rosa). Wildschaf 131 (siehe auch Ovis). Wildschwein 133. Williams W. S., Middle Kingdom eit. 9. Witim 304. Wjernoe 117; Erdbebenliteratur 45. Wojekow A., über Klima von Luktschun 12, 16, 43. Wolf 133. S Wollastonit 278, 329. Wu-schan-Formation 70. Wu-tu-ko = Urumtschi 8 und siehe dort. X. Xanthium spinosum 118, 129. Xylosteum 127. Y. Yakutat-Bai 235. ' Yar-Fluß und -Tal 36. 18; Brücke 7, 258; Admini- | Yarkend, Stadt 10, 129. Younghusband F. E. cit. 19, 30. Yuldustäler 3, 21, 34, 42, 51, 57, 131, 186, 231, 245, 264, 265; Entstehung durch Grabenbruch 42, 51, 57. Yulgun-terek Dschuwan-terek-Paß 23, 36, 46, 328; Höhe 36 und siehe Dschuwan. Yünan, Provinz 64. 2. Zagan-ussun, Koster 266. Zaidam-See 126. Zalesky M. D. 64, eit. 64 f. Zanma-Tal 51; Entstehung durch Grabenbruch 51. , Zchan-tschü, Station 243. Zeiller R. 64, cit. 68. Zentralasiatischer Graben 3, 4, 7, 12, 16, 18, 24, 33, 35, 40f., 100, 103, 196, 203; Ausdehnung, Be- grenzung, Alter 35, 41, 49; größte Tiefe 3, 35; Bildungsgeschichte 4, 40, 41, 100, 108. Zitertö-Paß, Höhe 43. Zizyphora 113, 123, 127. Z. canescens Benth. 114, 129. Zygophillaceae 310. Z. Rosowii 128. Z. macropterum 104, 118, 129, 310. 328 4 26 [er iKer) [rl fer} oO OD m [er] {er} Zeile „ Note Zeile Note Zeile l von unten 8 „oben 14 unten EN: » 19 oben oe ” 9 unten 7 ; TaNE®, FR al 2a: Dr ” 14 oben 18 „ unten 1 14 oben ti „ unten 12 oben 1 unten 12 hs 4 3 unten 14,6, ” 11 oben 11 20 5 4 unten TR Ir, 12/13, 3 10 oben l 5 unten , 14 ,, oben 1 5 16 ,. unten 18 4 4 unten Druckfehlerverzeichnis und andere Berichtigungen. ist statt: die von ihm A Karte Ia u. b Taf. 15c ‚ Statschkow $ Taf. 15b “ ».. Turbagatei Bst, Nan-Schau ‚Julgun San-tai Foukon Acti Toksoun ee S2193=5 > B 3500 m RR: Kap. IX Ba. 1 Manaß C. Prinz S. 98 Preobraschenski woh erst nachher Hauptsache Tektur Das von fast vrtikalen gemeinsame Taf. 18 vorherrschenden melaphyre Bildungen der Zentralasien infolge .. Tian-Scan Kum-lun schon von weiter die Dr. Gröber auf treten Bd. XII dsungarischen . Umwandlung lesen: der von ihm. Karte I u. Ia. Taf. 15 Fig. 3. Skatschkow. Taf. 15 Fig. 2. Tarbagatei. Nan-Schan. Yulgun. San-toü. Foükan. Acta. Toksun. S:1, 2;.5. 3000 m. XIX. VII. Bd. I von „Durch Asien‘. Manas. G. ‘Prinz. S. 94. Preobraschensky. wohl. erst weit später. Hauptachse. Übersicht. Da von fast. vertikalen. identische. Tar.sl7. bestimmenden. Melaphyre. Bildungen, die Obrutschew: Zentralasien. eine Folge von ... Umwand- lungsprozessen. Tian-Schan. Kuen-lun. schon viel weiter. die von Dr. Gröber. auftreten. Bad. XI. Dsungarischen. Seite 68 Zeile 69 71 al er NER 73 Note so Zeile 82 Note 95 Zeile 97 geser: 100 , 002% 102 „ 103255 10422 112 Al 125 Note 127 Zeile 128, 130 13475 1325 135 161 „, 1617 1697, IIlEs;; 180 , El re 203 , Sl 216 ,„ 220, 22325 226 226 243 Note 244 Zeile 244 ,„ DIE; DIE, 266 „,, 267 5 DI 5 9 von unten ist 16 2 16 3/4 18 15 11 20 8 16 9 0 11 13 „ oben unten „ unten „ oben ” statt: Perman gehören St eh a) „ Le Riche » Dr. M. Reiss „ wegen meiner Expe- dition „ E. W. Voldenburg „ des Sees abgelagert „ Aigas-Gebietes „ Ogun-dschan-dse Fukan „ dem tiefen Niveau „ erbrinen „ lm Charakter „es setzt „ Terrassenflächen „ bevor letzte Ver- hüllung 329 lesen: Perm angehören. S. 53, 58. Leriche. Dr. M. Reis. während meiner Expe- dition. E. W. Vredenburg. ‘eines Sees abgelagert. Agias-Gebietes. Ogun-schan-dse. Folikan. der tiefen Lage. erbringen. in Charakter. er setzt. Terrassendecken. bevor die letzte hüllunge. Ver- „ hierändichten Beständen Riedgräser, wieJuncus, Carex...zulesen: hier Junceusin dichten Beständen und Riedgräser, wie Carex.... zu lesen: verminderte. „ verminderte der „ Terskei-Alatau „ Terskei-Alatau » 8. tenujulus „ und urchlässigen „ des Bogdo-Ola „ wissenswert ist, daß „ berauben zufuhr durch die.... Gletscher „ Grundmoränenlandschaft durch ae Eig#) „ starkgewölbt erscheinen „ leiten muß 1,.8213%u. 105 „ Dschargößtau „ Dudun-kul Re) „ vom Passe 320 „ 8.146—159 £. PRESS „ Pelarplanimeter „ Karte I mit 440 14° 30'' „ Karten aber mit 440 20' „ Kysyl-Tau „8.173 £., 180 £. u. 186 „» Se-dschön-gu „ trümern „ Wallastonit Abh.d. math.-phys. Kl.XXVII,5.Abh. ”„ Terskeu-Ala-Tau. Terskeu-Ala-Tau. S. tenuijulis. undurchlässigen. der Bogdo-Ola. wissenswert erscheint, so daß. rauben. zufuhr aus den... Gletschern. Grundmoränenlandschaft überdies durch. Tafız Big.s: als starke Wölbung her- vortreten. leiten. S.3 u. 105. Dschargöß-Tau. Tudun-kul. S. 149. vom gleichnamigen Passe. S. 216. S. 146 und 159 f. 8. 83. Polarplanimeter. Karte 400 14' 30“ beträst. Karten aber 440 20’ N. Br. Kissyl-Tau. 8. 174 £., 180 £. u. 187. Se-dschön-ga. trümmern. Wollastonit. 42 330 Seite 304 Zeile 12_ von oben ist statt: Kanäozoikum zu lesen: Känozoikum. 2304 0, once, x 5 „ Apt als Aptien. al a lagen 55 e „ Labiatae en Labiateae. Pollen Te untener\ „ Codonopsis a Cadonopsis. nErBibkert Anl n; n „ Ppulchillus ee pulchellus. Zu Seite 19 Note 1 ist zu bemerken, daß dort der Titel des Werkes von D. Caruthers: Unknown Mongolia, 2. Bd., London 1914 angeführt wurde. Das Werk war von mir vor Ausbruch des Krieges bestellt, kam mir aber dann nicht mehr zu. Erst ein und ein halbes Jahr später gelang es mir, Ein- sicht in dieses schöne Werk zu erhalten. Es war zu spät, um noch mehr aus den Ergebnissen der ver- dienstvollen Reisen des Verfassers in dieser Arbeit zu würdigen, als das, was aus den vorausgehenden Veröffentlichungen im Geogr. Journal vol. 41 entnommen werden konnte (siehe hierüber $. 19, 46, 47, 55). Übrigens sind die dem Werke beigegebenen topographischen Karten identisch mit den im Geogr. Journal veröffentlichten, weshalb ihre weitere Würdigung sich erübrigt. estgipfel 6397 m ruppe v Talstufe. Bündeln feinster Lan ron dem dahinterliege en Teil nach Süden f N Lage des Qurban-bogdo-Passes 3645 m Westgipfel 6397 m Teil der Ostumwallung des Ourban-bogdo-Tales Pik Schakalsky Ca 5600 m Taf. 1 Östliche Fortsetzung der Hauptwasserscheide Beginn der nach SO abzweigenden Kette Ostgipfel 6512 m Mittelgipfel 6501 m Ti =. F 7 ZT TEEF mama mu van sinn Q. Merzbacher phot. Panorama der zentralen Bogdo-Ola-Gruppe von Norden Aufgenommen auf einem Gipfel (4045 m) In der Ostumwallung der obersten Talstufe.- Im Vordergrund: abgetragene Zone feinst geschieferten Eruptivgesteins (einander schneidende Schieferungsrichlungen), das in Bündeln feinster Lamellen und Nädelchen die Firnschneedecke durchbricht. Im Mittelgrund: ein von der Ortsumwallung abzweigender Querriegel (Härtling), aus widerstandsfähigem Kalksilikathornfels, von dem dahinterliegenden, ihn ehemals überfließenden Gletscher abgeschliffen. Zwischen Querriegel und Wandabsturz der zentralen Oipfelgruppe liegt der Grum-Orschimailo-Oletscher, der zur Eiszeit den Querriegel überflicßend nach Norden zog, jetzt zum überwiegenden Teil nach Süden fließt. Das von ihm eingenommene Tal wurde durch Ausräumung ähnlichen Oesteins, wie im Vordergrund, geschaffen. U mei zö7z KL. d K Bayer. Ak. d. Wiss, Bd. XXVII, Abb. 5 er Taf. 2 ‚nden Querzüge, zwischen GO. Merzbacher phot. d Ju-sa-gu etc. liegen. Aufgen rg die Wes Lage des Gurban-bogdo-Passes Zentrale Gipfelgruppe (siehe Taf. 1) Teil der Ostumwallung des Gurban-bogdo-Tales Pik Schakalsky Fortsetzung der Hauptwasserscheide nach Westen Die aus der westlichen Hauptwasserscheide abspaltenden Querzüge, zwischen ©. Merzbacher phot. welchen die Quellgebiete der Flüsse Schimo-gu, Lou-sa-gu etc. liegen. u 00 Panorama des zentralen und westlichen Teiles der Bogdo-Ola-Gruppe von Norden Aufgenommen auf einem Gipfel (3985 m) in der Westumwallung der obersten Talstufe Im Vordergrund der höchste Berg die Westumwallung der obersten Talstufe, ganz vorne Teil des Gipfelgrates, auf dem photographiert wurde. Taf. 3 # angletscher Gipfel in der Fortsetzung des Hauptkammes nach Osten S 1 £ u I | 4 G. Merzbacher phot. Wauweg me mmem u nay amwane Zentrale Gruppe der höchsten Gipfel Pik-Schokalsky (ca. 5600 m) Ostgipfel 6512 m Taf. 3 « nach Sliden Westlicher Talrand des Gurban-bogdo-Tals (durchschnittlich 4500 m) (Der hinterste Gipfel) Lage des Gurban-bogdo-Passes (3645 m) Westgipfel 6397 m Mittelgipfel 6501 m (wird durch vortretenden Felsberg verdeckt) Ursprung des Chigo-Gletschers 0©.S.0. Kamm (durchschnittlich 6300 m) Großer Nebengletscher Gipfel in der Fortsetzung des Hauptkammes nach Osten | \ Süd-Gletscher Im Vordergrund die Gipfel der Kette der Westumwallung des Chigo-Tales G. Merzbacher phot. Panorama der zentralen Bogdo-Ola-Gruppe von Süden Aufgenommen auf einem Gipfel (4530 m) in der Westumwallung des Chigo-Gletschers Tara Be der Hauptwassers m wall a — _ f G. Merzbacher phot. ‚auf Hochsiufe am Nordfuß der Bogdo-Ola erstiegenem Gipfel des Westrandes; | ord en am Fuße drei Stufen alter Moränenzüge nn nn mn Br a. Merzbacher phot. rag (1 ste‘ 5 Teleaufnahme der Bogdo-Ola 4 (Distanz 60 km) e rn der Steppe zwischen Han-tsu-an und Foukan; On-chon-dse und Sangı veranschaulicht den Aufbau in drei Stufen on-dse-Tal (Punkt X dei IF IN SO RU ren On cn np u Taf. 4 r Lage des Gurban-bogdo-Passes 3645 ın Östliche Fortsetzung des Hauptkammes Ostgipfel 6512 m Mittelgipfel 6501 m Westgipfel 6397 m Pik Schokalsky (ca. 6500 m), Fortsetzung der Hauptwasserscheide nach Westen "i En, > R z Gipfel der Ostumwallung der obersten Talstufe Teil des Eisfeldes des Grum-Grschimailo-Gletschers mit den Abflüssen nach den Tälern Du-dun-dse und Dön-chon-dse Vorne die Gipfel der Westumwallung der obersten Talstufe G. Merzbacher phot. —— ee ho Fig. 3 kagr chsiufe am Nordiuß der Bogdo-Ola ® em Gipfel des Westrandes; Panorama der zentralen Bog do-Ola-Gruppe von Norden Aal des a ce ki \ or gdo-Tat in Stufen, x en. 2 zukue ee Iuchten Aufgenommen auf Höhe 4045 m im Ostwall des obersten Datungutals Du-dun-dse-Tal Dön-chon-dse-Tal Da-tun-gu-Tal Boden des Sangun-Tales Tui nich Schimirgn Osten Westen Fig. 4 Be. P. £ eher piiol. DR > Blick auf die Ketten der Angaragesteine be | ung der Bogdo-Ol ©. Merzbacher phot. e Bi Han-isu-an und Foukan; — ' verausenaunentaen Aufbau in drei Stufen Aufgenommen von Westen nach Osten von einer Höhe zwischen den Tälern Dön-chon-dse und Sangun Aufnahmepunkt an der westlichen Abzweigung des Nordendes der Dr. Groeberschen Route durch das Dön-chon-dse-Tal (Punkt X der Karte II) Taf. 5 Fig. 1 Unteres Sangun-Tal. Erste Mulde in den Angara-Gesteinen Charakter der Wüstensteppen-Vegetation KÖNBIANBIALIEN JOSEF MULLER. MÜNCHEN G. Merzbacher phot. Fig.2 Steilgestellte Tonschiefer von alter Moräne überlagert Schlucht des Du-tun-gu-Tals; darüber vom Flusse verlassener alter Talboden d. math.-phys. Kl. d. K. Bayer. Ak. d. Wiss., Bd. XXVII, Abh. 5. = Ostbucht des Bogdo-Ola-Sees mit T in alten Ufermoränen, auf welchen Klostertempel errichtet sind "Ss 'yqv TIAXX 'pg "ssim 'p IV adeg 'y pP I 'sÄyd-yeu 'p 'yqv g sı93e[lpoH SSp ualsay\ mr (LI GE) [aydıy uoA uaumousdny R uUSpIoN Yeu Zamumy sdugsm-ereduy sep ıaqn pun sadugsn uaye sap [jeJqgepIoN Up ıoqn awmyeumy-a[aL 7'314 Yoyd 1sıpegzuaw 'D N3HONNW'HITIOW 4380P NALIVISNVASNNW Fi Kon an \ 2 Sr [eL-3sp-uoy2-uoq [EL N3-un-vq (137N-"M we addny ı9yoy uoa usumousdjny) Jajuıyep Sdugadysoy pun SynIssdugsp Jayeyuayagjy 12/s19q0 yım uadepjybor] uaUSYruyasıaz uspuapueium ur [eJ99S-eIQ-opdog I "314 Joyd asıpegzuaw 'D 180pNS Isusdrgan 1opualjomzau "A 'N 'N yoaru addnuıdjunuaz uoA 1170) Be _ 9'PL m Taf. 7 Hochlager Gurban-bogdo Paß ! FE. A E G. Merzbacher phot. Fig.1 Bogdo-Ola-Gruppe vom Weg zwischen zweiten und oberen Kloster mit Teil der Hochfläche, Charakter des Waldes und seine Exposition zeigend KUNSTANSTALTEN JOSEF MÜLLER. MUNCHEN | Fig. 2 Tal des Aufstiegs zum nördlichen Hochlager : ns Il Sauge Frosion ini alter Hochfläche Fig. 3 Gurban-bogdo-Paß mit Pik-Schokalsky 5”, w, Mr "Ss "yqV ‘IAXX "PA “ssiaa 'p "AV 'akeg ‘°P DI 'sÄyd-yyeu ‘p "yqy “eqyydis [3] Aaınapy us ınu jsı addnızjajdıg uapenyusz 19p vo 'ıalayuaqaNn wau4204} 72}2[ (usy1a1po13 aydezsäunugssa‘ uaye Joulo u ap uodaı wiapn uapıaq uf "Musdsqe Je] Je ayLnyJ2 395 won Jzaf sep ayajom ‘sugsoupug uaye usj>apjemag Jysıp Aap [IaL puniduapioy uw uapng uaba6 33G-vJQ-opBog Yoyd ssıpegzuaw 'D N3HINNM 'H3TINW 343SOT N3LTWLSNVWISNIIN "Ss 'yqv 'TIAXX 'Pg “ssıy 'p av 'aadeg 'y 'p DM "sÄyd-yyewm 'p 'yqy adıgadysod Jajuyep pegypoH SAulT 33S-2[O-OPS8og ıaqn aurloyy ne 134504 SS}s1Ia9Q € 214 D 'd "A ‘joyd ısıpegziaw 'D "N3HORDW 'B3TINW 33S0f N3LIVISNVISNNY "N 18353 spug-335 "MS ayeu pyundawyeugny aayoyy "pe Aopuagansjne uapg}3ug uadunf sny S[eL-935-2[O-oP3og sap UNS uapIaq nz uaydeljypoy suayruyasıaz Sunf 314 -Joyd 199301 saaS sap apu1apıı [eL-n3-unyeg pun Se aäanrgggereduy UaNDaqaaS sayıy 311-153 M Hayoy ne uammouadınY aängadrıräuy uyaayam “yseyyaoH Jauspyuysisz Zunf pun jeL-n3-un-eq ssänziand) soul gng we almıow PPIEMDq Jajuıyeq "augiow Jopuausdsge yuı apuspion wnZz siq s33S-e[Q-opdog sap jıaL Z "Sg x 5 j Joyd aaypeqzuay 'D 33S-2[O-oP3og Aaqn aurlow me 19104 SaloMmZ | "Sg j Joyd aaypegqzuaw 'D ’ e”; ” Taf. 10 Zum Eisfeld des Gr. © Gr.-Gletschers © gehörig = >92 Flacher See —_ * Sa > G. Merzbacher phot. HONSTANSTALTEN JOSEF MULLER. MUNCHEN Fig. 1 Vom Eis verlassene Landschaft unterhalb Gurban-bogdo-Paß mit Enden zurückgetretener Gletscher und aufgefülltem Seebecken = 4 phot. G. Merzbacher Fig. 2 Mittlerer Moränensee im Oberlauf des Gurban-bogdo-Tales mit Rundhöckern und Moränen Stauende Moräne 3 Rezenter Gletscherrückzug am Fig. 4 Teil der aufstauenden Moräne Fig.5 Absturz eines Hängegletschers Westrand des Gurban-bogdo-Tals des Sees auf Taf. 14 Fig. 3 (Ergänzung) des Pik Schokalsky in Moränensee u Kl. d. K. Bayer. Ak. d. Wiss., Bd. XXVII, Abh. 5. Per Ren) "Ss 'yqv 'IAXX Pa "ss 'p "AV Ikeg 'Y 'p "DI 'sÄyd-yewn 'p 'yay "PLeMjeL Suoyjıpyosad asıg WoA ‘je}3o1] sapuajjegqe usjnIg ur ‘sajıaıpo1a jeIzeId Joyd Jaydeqzı1d N3HONNN 'U3TINN 33807 NFLIVLSNVIBNN wW'D 7 Nö BR ER ee en am ‚rau . k Fig. 1 Oberlauf des Chigo-Gletschers vom Sattel (4255 m) im Westrand Mittelmoränen im Scheitel der hohen Eiswölbung; zwei Stufen Schliffkehlen im Talrand KUMSTANSTALTEN JOSEF MÜLLER, MÜNCHEN G. Merzbacher phot. Fig. 2 Der „Süd-Gletscher“ von annähernd gleichem Standpunkt gesehen Eigenartige Gestalt des Einzugsgebietes und der stark abschmelzenden Zunge Ablı. d. math.-phys. Ki. d. K. Bayer. Ak. d. Wiss., Bd. XXVII, Abh. 5. Vor N Kia or Kt, Kr BR ee “ 'S 'yay ‘IIAXX PA "ss 'p AV adeg °P 'IN "sAyd-yreu 'p ' pueipe] wayonjsam un pjundpuejs wayoy uoA uaWWouaSne ‘aasusurioy pun je] wı yeyospuejuaugioy Jouspluyasiaz yıuı Yoyd' sopeqziaw 'D spe L-op3og-ueging ualago sap pueipe] A2yp1}s3Q "N3HOINNDW'HITINW 43SOF NILTVLSNVISNNY puzipns we VOWBIEWw1DJN Jayje UOJINS LaIq le L-op3og-uequng sep un sapeyuagan ‘59 sauma Zunpunw g ‘314 Sri Main ENT sie L-opdog-urging us1ago sap Zo1] un sJıemjne aımos UAURIOULID4) USE AoIA Au 9 198°] jne jejuagan 'Ipns ur »pıg 7 "14 Yoyd aa uspng peu yoyg auraomsdunumepgqy pun | Suglounayn Jaje pn jeL-opdog-ueging uajsiago u 9988 € Si] — Ser aydejy9oH Aaye ur uoIso17 adunf [eL-n3-un}-eq ua19g0o um Jyonjyasusyas p "lg T IRIoW -SÖUnWmumepqV auploun1ajfN) av uajloyasıandy uf sOdıgan sap Junsoymny wpng 1 Bl Szjamyosısgdnyy Jousssenlaa u jeL-opdog-urging ualojun ur SMEM] Be n ln ne w MOOS © > un Ra" hm Tr Taf. 15 Abfall des Dun-schan-Gebirges und Wüste am Fuß Archolu-Flaß Straße nach Tarfan und Ausläufer des Dun-schan-Gebirges - A ” ©. Merzbacher phot Fig. 2 Oasen-Gürtel im Westen und Südwesten von Urumtschi Aufgenommen am Gipfel des Tempelfelsens Im Norden der Stadt G. Merzbacher phot. Agı Q.. Merzbacher phot. ©. Merabacher phot. Fig.3 Das die Stadt Urumtschi gegen die Wüste im Norden Die Stadt Urumtschi mit der Bogdo-Ola-Rette im Nordosten abschließende una Tempeln am Gipfel Aufgenommen vom westlichen Festungswall gegen Nordost und Ost Fig. 4 Dun-Schan-Oebirge mit Karawanserail Dschi-dschi-su Ed mut phys KL d. KL Bayer. Ak. d. Wiss., Bd. XXVI, Abb. 5 - . NERZBACHER: Die Bogdo-Ola-Gruppe. BESBEBESERR 88E& W Berge im Manas-Quegebiet e Tainu-PaB Ib Fig. 1. Hypsometrisches Längsprofil durch den östlichsten Tian-Schan. Längenmaßstab 11502000 Hähenmaßstab ti1erese Fig, 2. Schematisches Querprofil durch die zentrale Bogdo-Ola-Gruppe. Abb. d. math-phys. Kl. XXVII, Abh. 6. = 6500 000 sso0 5000 — Erstiegener Südgipfel 400 4000 —Paß Qurban-bogdo „.,,, < Hauptiager 2000 2500 Sram 1500 1000 500 0 Bogdo-Ola Pik Schokalsky Gurban-bogdo-Paß Langenmaßstab 1:1000000 s Ko Te am2e em 18 m. Hähenmaßstab 1110023 Buüluk- Pap Vlan-su-Paß Fig. 3. Skizze des Gletscherbeckens am Südabfall des zentralen Hauptkamms. Senke Otun -Kosa Maßstab 1:40.00. TAF. 16. ‚Carl Kuhn, München. MERZBACHER: Die Bogdo-Ola-Gruppe. | TAF. 16A. Be 2 > San-gun Dön-chon-dse ZT — > —— -_——pf = Ber =——— = = u T =. Te Br << v In N, Ye E Be f ! Ypıy, _ u a Z 2 U HR Min. DZ: & EU A gez. Gröber. öh. d. math.-phys. Kl. XXVIIL, Abh. 5 Carl Kuhn, München. (CHER: Die Bogdo-Ols-Gruppe. IERZR TAF. 16A. NN ıı St er Bere nee U math-phys. KL XXVIL, Abh. 6. Foükan altes Secbecken Dön-cbon-dse Blick vom „Signalberg‘‘ oberhalb des oberen Klosters am Bogdo-Ola-See nach N.W. Im Hintergrund das Südliche Dsungarische Wästenbecken. Der Mitelgrund zerfällt in zwei Teile; der fernere Mittelgrund enthält die Berge der Angara-Serie; man kann ihr allmähliches Einsinken nach W. hin verfolgen. Der nähere Mittelgrund wird von höheren Bergen aus karbonischen Gesteine, Grauwacken etc. gebildet; über die Kämme ragen zum Teil die nur an den Nord- und Ost- gehängen vorkommenden Picea Schrenkeana. Von links her zieht sich der Fluß Schi-mo-gu bis zur Wüste; er ist kennulich an dem grünen Waldstreifen, der ihn begleitet; von rechts her kommt das San-gun-Tal, durch das der Anmarsch erfolgte, gleichfalls mit Waldstreifen. Ganz rechts sieht man die Furche des Dön-chon-dse, (Die roten Partien in den Bergen des ferneren Mittelgrundes und die leuchtenden roten und schwefelgelben sind gefrittete Tonc.) Zwischen San-gun und Schimo-gu sieht man den breiten alten Talboden des ehemaligen San-gun-Laufes. Carl Kuhn, München. MERZBACH \ des estgipfels N.N.W. Profil IV. EZ] Diluvium B Brenn] E.] ] De Dünnblättrige bituı N.N.W. D FD] ) Di Dickbankige feste Profil IH. Cs Rote und grüne dün Cs Bräunliche Conglom« N.N.W. C: 8) 222] Ca Blaugraue und grüne 2 3 Cı = > a. E==E Ci Grüne Mergel, braun ee B Feinkörnige bis congl steine und grüne Mer Profil IL. D A Sandsteine, Toneisensi zur conglomeratisch, Dazitische Laven u E Tonschiefer, blaugrau ur S Sandsteine = | B 2 Porphyrbreccien, Sandste Z | R +B 3 Kalksilicathornfelse 1 67 q = Diabas etc. Abh. d. mat 6) Quarzkeratophyr und Ke . \ERIBACHER: Die Bogdo-Ola Gruppe. Vorgipfel des Bogdo-Ola-Westgipfels Dön-chon-dse Ogun-schan-dse Bund rd NN. TAF. 17 5.5.0. Bund td 5.5.0. HE k 5.8.0. x 09 N, Kloster _Bopdo-Ola-Sae 5 r Lager b B FRA IL Durch das Sanıgun und Da-tun-gu-Tal, 1:100000. rl Kysyl-Tau Kobleagraben N Q A S. Profil I. Durch den Kysyl-Tau westlich von Urumtschi, 1: 100000. 8 d mat phys. KLXXVIN, Abb. 6. Gröber fec. e » 63 Unterkarbon bis Perm 4 Gröber fec. Diluvium Ds Dünnblättrige bituminöse Tonschiefer, blaugrau mit Gyps, 200 m D Dı Dickbankige feste blaugraue Tonschiefer, 2000 m Cu Rote und grüne dünnbankige Mergel, 200 m e Cs Bräunliche Conglomerate und Sandsteine mit Linsen, rote Mergel, 300 mı © Blaugrauc und grüne Mergel, braune Toneisensteine, 500 m ©ı Grüne Mergel, braune Toneisenstine, Kohlenfläte (untergeordnet Sande), B_ Feinkörnige bis conglomeratische, z. T. eisenreiche hellgraue und Tigersand- steine und grüne Mergel, Kohle selten, 40—500 m E A Sandsteine, Toneisensandsteine mit Fischresten und Pflanzen, ine Sandsteine, z. T. conglomeratisch, bräunlich verwitternd (rölliche Partie), Kohle Dazitische Laven Tonschiefer, blaugrau und massiv gebankt, rötliche und gelbbraune quarzitische Sandsteine Porphyrbreccien, Sandsteine, Grauwacken etc. Kalksilicathornfelse Diabas etc. Carl Kuhn, München, Quarzkeratophyr und Keratophyr IPAF718. 30 Le Nr £} Na “, D2 = —— IN ' “Papiertonschiefer mit Gypslagen, Sandsteine, rote Schieferletten Gröber fec. i # I Pa h > < 4 7 I 1 2a Z Rx 1 Een S I — S N - » x“ g I rote und gelbe grüne rote Mergel i os ‘weiße Sand- ‚/ Y rote | EG Mergel Ze 2a, stine fe ,/ Deren violette Mergel \S = N e 7 ES ” ! 5° Sur a v% ! gara-Serie auf \ Fi ' Gröber fec. hicho-dse. SE ee Ind Sandsteine | Carl Kuhn, München. MERZBACHER: Die Bogdo-Ola-Gruppe. TAF. 18. Ss N DE Be en 3 u E Se “ Profil Va. Blick in Mulde Il vom rechten Ufer aus. X 7 Sog 5 j Be y. x I He as \ 1210 1213 1220 12360 E 1 ER 18 ar 2:8 28 _42 am 248 a 3 zu zı0 390 \ Mh F Be > \ / / . 3 \ j \ \ [ k l N N — N ‘ r ‚ l " ! Be N a Austritt des Tales \ DEPAIN Im | Deeke von fluvio-glazialen Siehio. 2 c eirinhugeN aa I —— In die Wüste \ < NV IN Nm er a zes = == Ss STTERER MI: R B T E3 = wi es er er Ri \ T x \ i i Quelle Streichen S 55-600 0 > {7 D2 iz N N \ IR x B i ! ! f Di % En __ \ == © nn # — Z 7 ; ar = ul | 4 \ t Min: ER, x ' S i - a RIR EL ö i h 8 \ ! ; N st \ { A \ N n nnagt N en > Lim cn f BI h Rn “ z N } \ 1 \ v " Fi 1 A N f = ü d Sandstei ein üne Mergelschlefer, Toneisensteine, grüne Sand- 'r x: 5 grüne Mergelschiefer, \ grüne rüne Mergelschlefer, grobe Sandsteine, rüne Merpelschiefer, grüne Sandsteine helle Conglomerate ! grüne Mergelschiefer. ! helle Eonglomerate - rote u. vorw. helle Conglomerate 3! 2% | harte, dickbankige Tonschiefer, quarzitische Sandsteine, z. T. feinconglomeratisch, harte Tonschiefer ‘ »Papiertonschiefer mit Gypslagen grüne ee an Kohle, g' N Suckidhe aut Grune’Merselschiursuete a B 2 uno E Seine, und Kohlenflötze E a >58 3 5 Saas ? FMergel, & Tigersandsteine R F Toneisensteine, Kohle 2 mit roten Letten b z. T. auch rote 5 ö gut roten Leiten grüne Mergel- mit roten Letten ze E) E N x E ? R rote Schieferletten © ®, ‘ Bee on. SS2 Werde ! Toneisenstein SH 5 ; IS, zu schiefer, h Bela ei 8 D* Zonsallen FR. 8 >. & ED Q f mit Pflanzen N EN SS, > grüne Sand- > as ts Gröber fec. 5 EL... 0077 = x 38 Sg 2a g 1 und Fisch x r. ER IS a steine, Kohle 2, 5 E een... -- © 3 2 ‚ ; 2 S._ 7 °2 IV. 1:15000. San-gun -Tal. 2 Be R = 2 For L Kohle EN RL ar es s 58 © ci Si N, a2 & =, 1 X x EN ” -ofil sind die natürlichen Farben der Gesteine wiedergegeben. 3 N. I 8 E ; \ y allen über dem Profil geben die Zeiten wieder, zu denen die 3 N en ® 54 2 “ x R nkte beim Abmessen der Profile erreicht wurden (zu Pferd). 2 S 2 8 2 5 B: N N = Be 8 2 , Sn = 5 RO 2, Y S x S Bar 5 2 N, IS E is = > R 2 S 2 = a {7 5 Austritt des Tales Pe Er zur Wüste 0 Sa NH \ h £ N “ER er 1 < \ gefrittete Tone und Lava er N > \ a > N B-Sandstein PN ; N, N ee 7 an Ex NE - m a RETTEN SAERN 7 z == = - B-Sandsteine _- A / = gefrittete \ \ Fi IN U, N ” g& Tone, “5 rote und gelbe grüne rote Mergel er \weiße Sand- 5 ; VER Gase BEE FERN S, uk IS ne Mergel Sa braune Mergel a zotegMergel IMErBEl und N tele N N > N = olette Merge! fi I Te EN 2 INNE Serie 5 KA 2.5 NER v 5 \ > 3 4&\ 2 1 B Di ER ir ER | Profil VII. 1:200000. P ‚Seri | Gröber fec. Br, : Profil VIa. ca. 1:15000. Profil durch Mulde I in der em ege von Se-dschön- i E gefrittete Tone el re N \ N linken Talflanke des Dön-chon-dse-Tales. i = 8 Ön-ga nach Schicho-dse. T 1 d Kohle Kohle Kohle Kohle andstein S ohle N gelbe Sandsteine \ harte, blaue, dickbankige Tonschiefer und Sandsteine “ Ansicht Profil VIb vom 4ten nach N.O. vorstoßenden oneisensteine un eo) \ \ 3 oh P 5 braune Mergel g N (Profil in natürlichen Farben.) Grat der linken Talflanke des Dön-chon-dse-Tales gesehen. 2 5 ° N M: Pa % RN: c 5 & . an blickt in den S.O. streichenden Sattel hinein (linke Talseite), wo er x ön- = alflanke. 5 \, : : ö : i Kane ; > Profil VL. 1:15000. Des untersten Dön-chon-dse rechte T \ mit dem First des Sattels II interferiert; hier ist daher seine Gestaltung Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, Abh. 5. 1 rein zu sehen. Rechts die gefritteten Tone des Kerns der Mulde I. Carl Kuhn, München. K Fr 1 j fa - ß Pe f RL z = ’ 7: I Übersichtskarte des Nordfufses des östlichen Tian-Schan und der Bogdo-Ola-Gruppe. Nach Aufnahmen der Merzbacher’schen Expedition 1908 Entworfen von D’ PGröber. Maßstab : 1 "1000000. Te FemsranIa map swaREn Fa IBER Non den rsen Sehar srainie urn ur Anderweitig ermittelte Koten (460) f 2 E E Tektonische Übersichtsskizze über Nordfu[S des östl.Tian-Schan und Bogdo-Ola-Gruppe. Entworfen vonD’PGröber Maßstab ı 1-1000000. = DR I = = = — me _ TWazweute Ansarccı und Karprumanstn Nanadenunge Auen Pol) Anprnaenene Ffalnft Zeichen-Erklärund arensennnnnn jefejejajeteje nun Mypatwer Mulde Varwerfung fesipealeäl Verwerfung vermuist ERBER Kuranenunn Mlden EZ EIER Anger -aestume Karte der zentralen Bogdo-Ola-Gruppe j im östlichen Tian-Schan. Nach Aufnahmen der Merzbacher’schen Expedition von 1908 entworfen von D!.P. Groeber. Alles inStrichmanier gehaltene beruht auf Original- aufnahmen das in Schichtlinien Angedeutete ist nach Photographien gezeichnet. 1:200000. [ie BR ISDSTeEERETeT) I. Hauptgruppe im Maßstab1:75000. Lit An Hedrt Köhler Mischen. BRENNEN Zeichen-£rklärung: ‚Routen e2.1. Lagerdlhuptespeditionenffahlen) el... LugerGroebers (Buchstaben) 10 ermiltelte koten, (8500) geschätzte Koten. Paßs MO Brticke, * Standpunkt der.Aufnahmen. des FanoramusTaf4B4.1. Aufgenommene Flufsläufe ingenammene. län. —ar 23 | | | | | | | | | | Taf.T. Fig.3. gew.L. 9375:7 Abh.d. k.Ak.d.Wiss.math. phys. Kl. XXVII.Bd. d.Abh. Repr.v.Hubert Köhler München | TOrT. Abh.d.k.Ak.d.Wiss.math.phys.Kl. XXVIl. Bd. 5.Abh. ReprvHubert Köhler, München. ne ee. yaßı)lg a P29 "wzjupe] ‘9 ‘a 239 Johann Heinrich Lamberts Monatsbuch Abh. d. math.-phys. Kl. NNVII, 6. Abh. Abhandlungen der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften Mathematisch-physikalische Klasse XXVII. Band, 6. Abhandlung Johann Heinrich Lamberts Monatsbuch mit den zugehörigen Kommentaren, sowie mit einem Vorwort über den Stand der Lambertforschung herausgegeben von K. Bopp Heidelberg Vorgelegt am 5. Dezember 1914 München 1915 Verlag der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Kommission des G. Franz’schen Verlags (J. Roth) Johann Heinrich Lambert (1728—1777) ist eine in der Entwicklung der ver- schiedensten Wissenschaften zu sehr hervortretende Persönlichkeit, als daß sich nicht schon längst berufene Biographen und Forscher seiner und seines Lebenswerks angenommen hätten. In fortlaufender Reihe erstrecken sich bis in die neueste Zeit die Arbeiten, welche die Gedankenwelt des großen Mannes zu erobern, sein Schaffen ganz zu begreifen und sein Lebenswerk auf dem Hintergrunde seiner äußeren Erscheinungsformen als harmonisches Ganze zu verstehen trachteten. Leibniz’ ganze Universalität schien in diesem Epigonen noch einmal aufzuleben, und die Fülle wissenschaftlicher Werte, die er geprägt, war nicht nur ein Geistesfaktor in der Umwelt des großen Friedrich, dessen Akademie er zierte, sondern überrascht und interessiert auch die wissenschaftliche Gegenwart durch die Frische und Originalität seiner Problemstellungen und die geniale Intuition in der Lösung der- selben. Diese glänzenden Züge seiner produktiven Kraft sind von allen, welche sich mit seinen Arbeiten näher beschäftigten, hervorgehoben worden, sei es, daß man der mathe- matischen Seite seines Schaffens nachging, wie dies von OCantor, Curtze, Siegmund Günther und Paul Stäckel geschah, sei es, daß man ihn als Astronomen würdigte, wie es Bauschinger und Schwarzschild taten, oder seine philosophische Stellung kenn- zeichnete, wie es seit Lepsius’ Preisarbeit öfters versucht wurde. Dies Bild aber wird sich erst vollständig gestalten, wenn der Schatz von Lamberts hinterlassenen Manu- skripten noch gehoben ist. Lange waren dieselben verschollen, Rudolf Wolf hatte ihnen nachgespürt, aber erst Stäckel gelang es, sie in der Herzoglichen Bibliothek zu Gotha wieder aufzufinden und ihre Erschließung einzuleiten. Seiner Anregung folgen wir hier mit der Herausgabe von Lamberts „Monatsbuch‘. Schon einmal hatte das Interesse für Lambert eine bemerkenswerte Höhe erreicht, als man nämlich im Jahre 1828 in seiner Vaterstadt Mülhausen im Elsaß den hundertsten Geburtstag des berühmten Mitbürgers feierlich beging; ein Lambertverein wurde begründet, dessen Archiv u. a. Encke, der damalige Sekretär der Akademie, Zuwendungen von auf der Berliner Sternwarte noch vorhandenen Handschriften machte. Diese Bestrebungen ver- einigten sich damals in der Errichtung des Monuments in Mülhausen und veranlaßten die Abfassung der schönen Lambertbiographien von D. Huber, 8. Erhardt und F.C. Joseph. Nur wenige Lambertiana haben sich im historischen Museum von Mülhausen erhalten, wie der Herausgeber des Tagebuchs unterstützt von dem gelehrten Konservator, Pfarrer Lutz auf einer Reise dahin feststellen konnte (es sind dies 1. der schöne Originalbrief an Geßner vom 3. Februar 1761, den Johann III Bernoulli nur im Entwurf veröffentlicht hat, und 2. ein Billet an Marcus Herz). Desto reichhaltiger sind die in Gotha vorhandenen Codices, deren Benützung uns der Direktor der Herzoglichen Bibliothek Geheimrat Ewald auf das ı1* BT 4 entgegenkommendste gestattete. Diese Handschriften werden einst, wenn der Traum einer einheitlichen Gesamtausgabe von Lamberts Werken, dem 1828 schon Hofrat Horner in Zürich Worte verlieh, in Erfüllung gehen wird, von den einzelnen Spezialgelehrten aus- gebeutet werden müssen. Ein solches weittragendes Unternehmen aber erfordert umfang- reiche Vorarbeiten und dafür vor allem eine zeitgemäße Vertiefung und Verfeinerung des biographischen und ideengenetischen Materials, zu welcher die intimere Kenntnis der Ideen- verknüpfung bei seinem großen Zeitgenossen Euler, wie sie die großartige Ausgabe von dessen Opera omnia ermöglicht, geradezu herausfordert. Lamberts Monatsbuch schien uns nach seinen eigenen Aufzeichnungen ganz ungezwungen die Entstehung seiner Schriften zu erklären und gestattete zum erstenmal die Aufstellung eines genauen chronologischen Verzeichnisses aller seiner Arbeiten mit Einbeziehung und Verwertung der nicht gedruckten. Viele dunklere Stellen des Tagebuchs aber mußten erst aufgehellt werden durch das Studium der nicht veröffentlichten Teile des Briefwechsels mit Euler, Kästner, d’Alembert, Lagrange, Beguelin, Daniel und JohannIIl Bernoulli, Haller, Lesage, Sulzer u. a., deren Vorbereitung zur Herausgabe uns noch beschäftigt. Eine notwendige und nicht uninteressante Aufgabe schien uns auch die vollständige Aufklärung der wissen- schaftlichen Beziehungen zu sein, außer dem vollständigen Verzeichnis seiner Korrespon- denten, welche sich in den vielen hunderten von Lambert für die Allgemeine Deutsche Bibliothek gelieferten Rezensionen einerseits kundgeben, andrerseits nicht minder lebhaft in den großen dort und in den „Göttinger Anzeigen“ zu findenden Referaten von Lamberts Arbeiten durch Kästner und Meister in Göttingen erwidert wurden. Ein Beispiel wollen wir herausgreifen. Im Brennpunkt des Interesses steht für den Mathematiker Lamberts geometrische Darstellung des Imaginären mit Hilfe der gleichseitigen Hyperbel, welche erst von Argand-Gauß' Interpretation abgelöst wurde. Kästner bespricht die wichtige darauf bezügliche Arbeit Lamberts: die „Observations trigonometriques“ in der Allge- meinen Deutschen Bibliothek, 15. Bd., 1. Stück, S. 96: „Herrn Lamberts trigonometrische Anmerkungen. Vergleichung zweener Winkel, einer zum Kreisse, der andere zur Hyperbel gehörig (Hr. Lambert handelt hiervon auch in seinen Zusätzen zu den trigonometrischen Tafeln 32 und 33 das.). Herr L. ist darauf durch trigonometrische Formeln gebracht worden, die unter gewissen Umständen unmöglich werden, z. B. für den halben Tage- bogen, unter den Umständen, da die Sonne nicht untergeht. Es ist ihm da.eingefallen, daß unmögliche trigonometrische Funktionen: mögliche hyperbolische geben und umgekehrt. Eine Betrachtung, die in Kästners Analysis des Unendlichen 325 $ der 1. Ausgabe ange- wandt worden ist zu erklären, wie unmögliche Kreisbogen und Logarithmen gleichgültig sind usw.“ Kästners Analysis des Unendlichen erschien aber 1761, wo sich Lambert nach dem Tagebuch erstmals mit diesem Gegenstand beschäftigte. Außerdem übertrug Kästner regelmäßig die Abhandlungen der schwedischen Akademie ins Deutsche, und aus Günthers umfassendem Werk über die Hyperbelfunktionen wissen wir, daß dort ım 13. Bande eine Abhandlung von Duraeus vorhanden ist, „worin die Tatsache, daß Kreis- funktionen imaginären Arguments in reelle Hyperbelfunktionen sich verwandeln, ziemlich klar erkannt war“, und erfahren damit von Kästners und Lamberts gemeinsamem Aus- gangspunkt. — Von einer zweiten sehr wichtigen Abhandlung dem „Memoire sur quelques proprietes remarquables des quantites transcandentes, eirculaires et logarithmiques“ (lu en 1767) ist ein treffendes Summarium von Lamberts eigener Hand im Codex Gothanus 758 Bi. B) vorhanden. Stäckel ist es gelungen, das Schicksal der jetzt in Gotha befindlichen Manuskripte aufzuhellen, denen wir das Tagebuch entnehmen. Er schreibt darüber (Theorie der Parallellinien von Euklid bis auf Gauß, Leipzig 1895): „Als Lambert am 25. September 1777 gestorben war, untersuchte sein Landsmann Johann Georg Sulzer, der bekannte Ästhetiker, die hinterlassenen zahlreichen Handschriften und fand so viel Wichtiges, daß er der Berliner Akademie den Ankauf anriet, der auch gegen eine beträchtliche Summe, die den Erben ausgezahlt wurde, zustande kam. Die Akademie überließ den Nachlaß Lamberts „unter annehmlichen Bedingungen“ einem ihrer Mit- glieder, dem damaligen Direktor der Königlichen Sternwarte zu Berlin, Johann Ber- noulli (1744—1S07), „damit er einen für das gelehrte Publikum nützlichen Gebrauch davon machen sollte“. (Bernoulli in emer „Nachricht an die Gelehrten von Johann Heinrich Lamberts hinterlassenen Schriften“, die er 1781 in dem „Leipziger Magazin für Naturkunde, Mathematik und Oekonomie“ veröffentlichte (S. 291—292).) Bernoulli eröffnete nun eine Subskription auf Lamberts hinterlassene Schriften, aber leider fand, wie er 1783 klagt, „das Unternehmen wenig Beförderer“. So sind denn „nach manchen überstandenen Hindernissen“ nur die logischen und philosophischen Abhandlungen in zwei Bänden (Berlin 1781 und 1789) und der Deutsche gelehrte Briefwechsel in fünf Bänden (1781—1787) erschienen. Das Monatsbuch, das er unter den „Schriften, zu welchen er den Gelehrten Hoffnung machen könne“, an erster Stelle genannt hatte, blieb unveröffentlicht und kam, wie Stäckel an anderer Stelle ausgeführt hat (Bibliotheca Mathematica 1899, S. 107), mit der umfangreichen Korrespondenz der Familie Bernoulli (s. Wolf, Materiaux divers pour l’histoire des math&matiques III. Correspondance litteraire des Bernoulli. Bullet. dı bibliogr. d. sc. matem. 2, 1869, 318—328) durch Kauf von Johann Bernoulli II in den Besitz des feinsinnigen Förderers der Wissenschaften, Herzog Ernst des Zweiten von Gotha. Dies war in den Jahren 1793—1799. Wir lassen nun zur Orientierung eine kurze Beschreibung dieser kostbaren Sammlung von Manuskripten folgen, wie sie sich heute auf Schloß Friedenstein in Gotha finden. Es sind „Codices Charthacei“ gr. in 4° und enthalten: Nr. 673 Briefe von Johann Bernoulli, Prof. zu Gröningen an verschiedene Gelehrte A, B, C, E (Die Briefe der Glieder der Familie Bernoulli bis Nieolaus an Daniel nach dem Katalog Codex 732”). Nr. 674 derselbe II F—-N-—0. Nr. 675 derselbe II P—/. 676 (ein Band). Briefe von Nicolaus Bernoulli, Prof. zu Basel, Daniel B. und Johann Bernoulli [geht von 5 Briefen an Daniel Bernoulli des Nicolaus B. durch 32 Nr.; es fehlen nach dem genannten Katalog nur die beiden Nr. vor Jacques B., mehr gegen den Katalog ist der Brief von de Faure. Codex 676 enthält im einzelnen: 1. 5 Briefe von Nicolaus Bernoulli an Daniel; 2. einen von Daniel Bernoulli & un editeur d’un Journal; 3. Daniel B. anonyme & un auteur d’un Journal Helvetique; 4. 17 wichtige Briefe Daniel Bernoullis an Johann III Bernoulli 1763-1778; 5. Extraits de lettres de Daniel; 6. Daniel B. an Öramer; 7. Daniel B. an Euler, gedruckt in tom. XIII, der Comment. Acad. Petrop. 1741; 8. an Fontenelle 1728 sur la Geometrie de l’infini; 9. an Kraft; 6 10. 5 an Lambert; 11. an Lisle; 12. an Manfredi; 13. an Riccati; 14. an Risler; 15. an Silva; 16. an Zanotti; 17. Emanuel Bernoulli 3 Briefe an Johann II; 18. Jacques Bernoulli an seinen Bruder Johann III 5 Briefe; 19. Jeröme de Nicolaus Bernoulli an Johann Ill; 20. Johann II Ber- noulli an d’Argens; 21. derselbe an Beaumelle; 22. Johann II Bernoulli an Bode; 23. Johann Il an Condamine; 24. an St. Maur; 25. Moreau Sohn von Maupertuis; 26. an de Faure; 27. an Formey; 28. Prinz Heinrich von Preußen; 29. Johann III Bernoulli an Kästner; 30. Johann Ill Bernoulli an Lambert 4 Briefe; 31. 9 Briefe von Johann Il an Maupertuis; 32. drei Briefe an de Tressan. Nr. 677 Briefe verschiedener Gelehrten und Größen, meist an die Familie der Bernoullis Ab—Au. Nr. 678 desgleichen Briefe von Anquetil du Perron an Johann Il. Nr. 679 ein Band: geht von Baczko bis Bernoulli und dann von Bertrand bis Nr 680 Bousquet; die Codices 673, 674, 675, 676 gehören also eigentlich mitten Be zwischen 679 und 680 hinein. an Brander (enthält den von Jo- Nr.705) Lambert an berühmte Gelehrte. | hann III Bernoulli veröffent- men Nr.681 | lichten Briefwechsel zwischen Nr. a G6—0. Nr. 682 [| Lambert und dem Mechaniker Nr.707) derselbe P—Z. | Brander in Augsburg). Nr.708) Briefe von Maupertuis an Jo- desgl. Br—Bu. hannlI, Danielund König. Fort- Nr. 683 desgl. Ca—Ce. setzung des Briefwechsels berühmter Nr. 684) Ce—Conce. Gelehrter meist an die Familie der Nr. se de la Condamine. So Bernoulli Mac—Mall. Nr. 686) Co—Da. Nr. 710 e Man—-Mazz. Ale a Davison. Nr.711) desgleichen Me—Mı. Nr. 688 | De—Du. Ne Ws AR Nr. 712 Mo—-Murr. Nr.689] E. N. 718) No Nr. 690| Fa—Fi. Bu ? Nr.691 Felbiger an Lambert. Nr. 714) desgl. Podewils—-Ponicau: Nr. 692 | Fo—Fu. bildeten eine besondere Mappe; s. Nr. 693 | Ga—Gu. im Katalog 732* „Note du presente Nr 694 | sl Envoi 31 aoüt 1799*. Nr. 695| Hen—Hi. Nr.715 ( Pacassi—Quintus. INEEGOS ECHO Hin! Nr. 716 | Preußen (von Friedrich II., Frie- man drich Wilhelm II, Friedrich Nr. 698] Ka—Ki. Wilhelm III., Prinz Heinrich). Nr. 699 | Kirch. Nr. 717) Ra—Ri. Nr. 700] geht von Klausing—Ku. Nr.718| Richter-Vogel (bildeten eine be- Nr. 701| Lagrange bis Lalande. sondere Mappe; s. „Note du pre- nl Lam—Len. sente Envoi 31 aoüt 1799*) (ent- Nr. 703 + Lep—Li. | halten 82 Briefe von Richter, 34 Nr. 704 | Lo—Ly. von Vogel und 24 von Wilse). 7 / 19] Roe—Ru. Nr. 727) Wag—Weid. S| Rost. Nr. 7 = Weigs—Wo. SE Scha—Schm. Nr. 729) Wilse (s. oben Nr. 718). 22 - Schn—Ser. Nr. 750) Wu, X—Z bildete eine besondere 723 | Sag —Sav Mappe; s. Katalog 732* „Note du 724) Si—Sz. presente Envoi du 31 aout 1799*. | Ta—Trem Nr. 731 Nachtrag zu dieser Briefsammlung. u) Se Nr. 732 ” = Bestanden aus 2 Mappen. Diese Nachträge enthalten: 1. 5 Briefe von Beitler, Professor in Mitau, an Johann Bernoulli III, 20. Dezember 1783 bis 15. Februar 1787; 2. 12 Briefe von Catt, Vorleser Friedrich II. an Johann II Bernoulli in Basel 1759—1767; 3. von Catt an Johann III Bernoulli 1767, 1771 und 1777; 4. 30 Briefe von Johann Albrecht Euler in Petersburg an Johann Bernoulli 1770—1792, dabei 1 an Lambert, Begleitbrief zu einem von Lexell vom 4. Februar n. St. 1772; 5. 13 von Evers; 6. von Herzberg; 7. 30 von Honkeny; 8. 1 Brief von Lambert an Sulzer und 3 desgl. an Sulzer, 3 Briefe von Sulzer an Lambert. 732 1. an Melanderhielm; 2. 23 von Christoph Heinrich Müller, Professor am Joachimstalschen Gymnasium in Berlin; 3. 17 von Scheibel; 4. Slope, Professor der Astronomie in Pisa; 5. S von Strieder; 6. Valtravers; 7. 25 von Mdme. de Vincens, Nichte von Maupertuis, an Johann Bernoulli Il; 8. 6 von Wydra. 732* der Katalog: „Über alle in dieser großen, von Herzog Ernst II. angekauften und der Bibliothek einverleibten Briefsammlung enthaltenen Briefe ist ein besonderer von Johann Bernoulli in Berlin verfertigter Katalog vorhanden.“ 2** Eine Abschrift dieses Katalogs. 2*** beginnen die eigentlichen Lambertiana: Copies et brouillons de diverses lettres &erites ä Daniel Bernoulli et Lory, Euler, Kästner, Ducrest, Haller, Dalembert, Ge&ner, Mayer, de Salis, Respinger, Hofer. Diese Nr. besteht aus Cahier A und B, zwei deutlich geschriebenen Konzeptheften mit Briefen Lamberts, jetzt in gemeinsamem Kartonumschlag. Die folgenden Manuskriptbände Lamberts unterscheiden sich schon rein äußerlich von den Bänden der Brief- sammlung; jene sind in graue Pappbände gebunden, diese in Papierbänden mit schwarzem Kalıkorücken, sie enthalten: 3 3 3— 734 Ch. B Diaria Meteorologica und miscellanea meteorologica (hier falsch vorge- bunden ein Inventar Johann Bernoullis, von dem wir unten noch zu sprechen haben). ba | wo wo 735 Ch. B Pyrometrica und Hygrometrica. 736 Ch. B Sur la refraction du Son, Musica, de coloribus (enthält u. a. Anlage zur Perspektive von 1752, Analysis Richeri, Bruchstücke und Materialien zum Organon. “ Ch. B Mechanica, Hydraulica. 8 Ch. B Mathematica und Philosophica, Lamberts Rezensionen auf diesen Gebieten. 39 Ch. B Rezensionen physikalischer Schriften. 0—743 sind die Manuskripte, welche in Herders Händen waren: I. Diarium; II. Curiosa, Gedichte; III. Theologiea; IV. Rhetorica, Aesthetica. Nr. 744 ebenso V. Logica et Philosophica. Nr. 745 ebenso VI. Teile des Briefwechsels, nämlich Briefe an Lesage, Sulzer und Trembley. Nr. 746 ist ein Diarium aus Lamberts Feder im Originalband vor 1752. Nr. 747 ein juristisches Kollegienbuch nach Professor Gebauer im Originaleinband d. Zeit. Nr. 748 ein Manuskriptbuch physikalischen und mathematischen Inhalts (enthält u. a. Machina arithmetica, Anmerkungen über die perspektivische Vorstellung einer Erd- und Himmelskugel, Darstellung der Erd- und Himmelskugel aus einem unendlich weiten Gesichtspunkt; S. 85 Prineipium mechanices universalis auctore Eulero). Mit Nr. 749 schließen sich wieder Bernoulliana an, deren Inhalt ich hier angebe: Nr. 749 Gedruckte und ungedruckte Manuskripte von Jacob, Nicolaus und Johann I Bernoulli. Nr. 750 desgl. Johanns I insbesondere „Elemente der Geometrie“. Nr. 751 Daniel Bernoulli, Abhandlungen in die Petersburger Akademie gegeben und einige Sachen von Euler. Nr. 752 „Quatorze m&moires imprimes de Daniel Bernoulli sur differents objets de physique et de mathematiques“. [Preisschriften!] - Nr. 753 M&moires divers de Mr. Daniel Bernoulli inseres dans les Recueils de Paris, Berlin, Bäle avec autres papiers du möme. Ejusdem orationes academicae inaugurales, Actus promotorii ce. ce. t. Nr. 754 Notices des plus grandes tables Logarithmiques par Kaestner traduites de l’Alle- mand avec des Additions. Analyse des tables anti-logarithmiques de Dodson. Tables pour la resolution des &quations par Lambert, avec les explications tra- duites de l’allemand. Solutions de differens problemes math&matiques. Sur l’extension qui souffrent les fils avant de se rompre p. Johann Bernoulli. Sur la force et l’extension des lames &lastiques par le m&me. Sur la resistance des poutres. Aphorismes du Caleul integral. Sur la machine ballistique. Sur les suites ou söquences dans la Lotterie de Gönes par Johann Bernoulli. Sur le calcul des pro- babilites. Caleul de Lotterie appliqu& ä celui de Berlin. Nr. 755 Memoires de divers auteurs relatifs ä toutes les parties des Math&matiques pures a—s: (Unter vielen anderen) Variorum opuscula ad Mathesin spectantia. Leibnitii anim- adversiones in Part II priores Cartesii Princip. Philos. De la cause de la pesanteur (probablement de Fatio de Duillier) avec des additions et correetions de Newton. Item Elementa sive lineamenta Geometriae. Memoire de M. Euler sur la probabilit& des Sequences dans la Lotterie genoise. Nr. 756 enthält wesentlich M. S. von Artikeln der „Encyclopaedie“. Doch zurück zu Lamberts Monatsbuch! Johann Ill Bernoulli schreibt darüber im Leipziger Magazin für Naturkunde, Mathematik und Oekonomie 1, 1781, p. 290: „Ein Monatsbuch oder eine Art Tagebuch, in welches Lambert vom Jahre 1752 an bis an sein Ende von Monat zu Monat kurz einzuzeichnen pflegte, mit welchen gelehrten Arbeiten und Untersuchungen er sich den ganzen Monat hindurch beschäftigt hatte. Dieses Buch erfordert aber wegen des notwendigen Kommentars, wobei Lamberts sämtliche gedruckte und unge- druckte Schriften zu Rathe zu ziehen, sehr viel Zeit und kann nicht unter die ersten 9 Bände kommen, wird aber seiner Zeit sehr merkwürdig und lehrreich befunden werden.“ Wir haben uns für unsere „Anmerkungen“ zum Tagebuch der von Johann Bernoulli an- gedeuteten Aufgabe unterzogen; aber den Schlüssel zu den Gothaer Lambertiana, d. h. zum schwer zu überblickendsten Teile der vielen philosophischen und ästhetischen Entwürfe, die im Tagebuch genannt sind, dann auch für die „Theologica“ gab uns doch ein sehr wert- volles von Johann gefertigtes Verzeichnis in die Hand, das umso interessanter wirkt, weil die Beziehung zu Herder in der großen Suphanschen Herderausgabe noch nicht verwertet wurde. Wie schon oben bemerkt, ist dieses wertvolle Inventarium heute fälschlicherweise dem (Codex 733 vorgebunden, während es haarscharf den Inhalt der Codices 740—745 inclusive angibt. Es lautet: „Nota über die an Herrn Vice-Praesid. Herder überschickten Handschriften aus Lamberts Nachlaß: I. Lamberts Diarıium oder Monatsbuch 19 Blatt 4° 1 o II. Curiosa: größtenteils Gedichte rn Se = = er III. Theologica 1755 Jan. 1) Abhandlung über die Vorzüge des Christen 17 Bl. 4° gross. 1753 Jan. 2) Die Nothwendigkeit der Religion in einem Staate 9 Bl. 4° gross. 3) gleichen Inhalts 7 Bl. (26. Jan. 1752) 4) Predigt über Jac. II. 10. 8°. Ss Bl. 5) Sätze über die Dreyeinigkeit 4 Bl. 1752 Dec. 6) Predigt über Psalm VIII 12 Bl. gross. 1753 Jan. Febr. 7) Zwey Gebete 7 Bl. gross. 8) Schemata zu Predigten 4 Bl. var. form. 9) Andächtige Empfindungen 5 Bl. 4° 10) Desgl. 3 Bl. französ. 4° und vom Glauben 4Bl. 8° 7 Bl.var. form. 11) Theologiea varia 10 Bl. 4°. IV. Rhethorica, Aesthetica. 1752 Jan. Febr. 1) De Pulcritudine, gebunden 105 Bl. 8° 1754 Juli 2) Abhandlung von Gleichnissen | 24 Bl. 4° NE ‚ zusammen- 1755 Karz 8) e; von Beywörtern | geheftet sPpl. 4) von denen Wiederholungen einerley Wörter 12 Bl. 5) Gespräche über die Eingänge 10 Bl. 1754 Jun. 6) (Erste) Abhandlung von den Eingängen 12 Bl. Jul. 7) (Zweyte) R m tah; , 11 Bl. 1767 mars 83) Du secours mutuel des Sciences et des Belles- lettres 16 BI. Remarques sur cette piece Ss Bl. 1768 Aug. 9a) Sur la theorie du Gott 8 Bl. 1769 Febr. 9b) de m&me, ausführlicher 13 Bl. Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 6. Abh. 2 10 10) Exereices oratoriques (vide zum Spass das 24. u. 25. Blatt) 26 Bl. 11) Gedankenspäne 25 kleine Blätter 1753 Nov. 12) Rede über die Vortrefflichkeit der Vernunft 10 Bl. in 4° 13) Quelles sont les especes differentes du style (Pour Mr. Thiebault, membre alors de l’Aca- demie, qui publia en 1775 un Essai sur le style) 4 Bl. V. Logica et Philosophica. 1752 Nov. 1) von den Erfindungsarten 28 Bl. 4° 1752 Jun. 2) Tacheographie 10 gr. fol. 3) Über die ersten Grundbegriffe der Logik und Metaphysik 38 gr. fol. 1753 Apr. 4) Philosophische Gespräche über die Allge- meinheit der Grundregeln 8 Bl. gr. fol. 1755 Dez. 5a) Anmerkungen über das Erdbeben 1755 13 BL 1756 Jan. 5b) 2te Abhandlung über dasselbe 16 ) 1762 April 6) Meditata von dem Beweise theologischer und moralischer Wahrheit 16 Bl. 1760 Oct. sequ. 7) Briefe über den Optimismus 26 Bl. 8) Varia in Goldpapier geheftet 182 Bl. in 4° 11 eingelegt 9) Varia logica et metaphysica in blau Papier 96 Bl. in 8° j 1753 10) Meletemata de Analysi logica bl. Pap. 89 Bl. in 4° 29 eingelegt 11) Schematismus capitum Systematologiae vide 1771 April 4 halbe Bogen. VI. Morceaux de la correspondance Francoise. 1) Treize lettres de Le Sage ä Lambert avec des pieces annexes 50 feuilles 2) Dix lettres de Lambert ä Le Sage 33, 3) Trois de Lambert ä Sulzer et deux de Sulzer ä Lambert Or 4) Lettre de Trembley ä Lambert avec la Re- ponse et un papier annnexe 3 Auszug aus dem Bernoullischen Verzeichnis. N.B. Les 5 Nr. suivans se trouvent depuis pres d’un an chez Mr. leVice-President Herder ä Weimar qui m’a fait esperer d’en publier quelque chose. On pourra les retirer. Subrubro I Lamberts Diarium oder Monatsbuch 19 Feuillets a II Curiosa, größtenteils Gedichte 41 F. u. 16 octav III 1—11 Theologica 19 FE. „ IV 1-13 Rhethorica 19 F. u. 105 octav V 1—11 Logica et Philosophica circa 400—. all De plus M. Herder a entre ses mains des Lettres de Lambert, Lesage, Sulzer et Trembley (99 feuillets) que j’ai dejäa indiquees dans le Catalogue des Lettres. Exstrait du Catalog. des Lettres. * Lambert ä Sulzer environ 6. Elles sont partie & Weimar, partie & Leipsic. —— Le Sage ä Lambert 13,& Weimar (50 feuilles). _- Sulzer ä Lambert 1765 suiv. S—3, les autres sont chez M. Herder et Hindenburg. Trembley ä Lambert 1 ä pres. chez M. Herder (8 feuilles). * trois ä Weimar | \ - deux ä Weimar | un Br —— Lambert ä Lesage 10 ch. M. Herder (33 feuill.) = x folgl. hat H. Fr. Hindenburg 8 h 3 Briete von Lambert an Sulzer 8 % 3. — — Sulzer an Lambert.“ ROTEN, 99f Wir sagten, daß uns dieses Spezialverzeichnis für das Verständnis des Tagebuchs ausgezeichnete Dienste leistete; hält man es zusammen mit dem von Bernoulli veröffent- lichten „Literarischen Zusatz“: Logische und Philosophische Abhandlungen, II. Band, S.199/202, so wird aus dem scheinbaren Gewirr der philosophischen, ästhetischen und theologischen Aufsätze jede Unklarheit verschwinden, so daß wir sie leicht den mathema- tischen und naturwissenschaftlichen Arbeiten, die unseren Gegenstand bilden, einfügen konnten. In den späteren Jahren decken sich ja auch die Angaben des Tagebuchs mehr und mehr mit den im Druck erschienenen Werken und Abhandlungen, wie es auch Heinzmann, Litterarische Chronik, II. Band, Bern in der Hallerschen Buchhandlung 1786 bezeugt, XI. Über Johann Heinrich Lamberts Leben und Charakter (D. Merkur 1778), p. 217—238. Dort lesen wir: „Hier [beim Grafen v. Salis in Chur] fieng er auch im Jahre 1752 ein Journal über seine Beschäftigungen an, welches er bis an das Ende seines Lebens ununterbrochen jedoch immer abgekürzter fortgesetzt hat.“ Zum Schlusse wollen wir noch unserer Befriedigung und unserem Dank Ausdruck geben, daß Lamberts Tagebuch, welches der Lambertforschung bisher unzugänglich war, in den ‚Jahrbüchern derjenigen zu so hoher Blüte gelangten Akademie erscheint, deren Mitbe- gründer Lambert im Jahre 1759 gewesen ist, aufgefordert durch ihren ersten Sekretär Lori.!) 1) Lambert schreibt irrtümlich: Lory. Di 12 Johann Heinrich Lamberts Monatsbuch. 1752. Jan. orationes. de Pulcritudine.! Musicae. Febr. de Puleritudine. Musicae. Methodus Logie. circa Characterist. Mart. refract aeris.” Pontis Richenov delineatio.” characterist. vers. ad D". Planta.* April. w» 104. Messe. refract. aeris. bullae saponis. Quadrans. Thermometr. et de- scriptio. scala aequabilis. May. Thermo. Frühling. nota ad curvam araeometrae.° Bombyces. Delineatio mon- tium eirca Öuriam.® Juny. mappae geograph. Hydrodynamic. Tacheograph.” declivitas flumin. Juli. Thermom. descript. Mayer. Examen de expansione aeris.° vers. ad D". Koch et de laude dei.” Planisphaerium.!® August. Mach.!! Ichnogr.!? Organolog. Semeiologia. Logom. Ichnogr. examen proba- bilitatum in ludis.!? Sept. Hygrom. et descript.!* Statera univers. et descript. Langii odae. Octobr. Influx ID exam. Expansion. calorem descript. et experiment. Vid. Jul. mens. 1752. Nov. Baculi Logarithm. De Inveniendi modis.!? Scientia Hist. oratio circa y 8. Dec. Examen observ. Bouguerianarum. adnotata de laps. $ et Therm. oratio circa ı 8.18 1753. Jan. Über den $'en „. De necess. polit. rel. obs. Bouguerianae eollatae cum prine. continuatio. Febr. Wurmsamen." Dommerich;? Noach.? 8 libr. lect. vw 8. 138. finit. Mart. Specimen Logicae characteristicae S°.* Spec. Calculi novi infinitesimalis, plenius exponendum. April. Systema de calore, Cap. I et II conscript.° Dial. Socratic. omnis reg. hab. except. fals.° Catal. probl. resol. et tentaminum faciend. Schedae collectae de Calore et Elast. aeris. May. De modo corrigendi proxim.’ fabula® et tractat de humilit. ad Helvetium. Ichnograph. Montis limitrophi Rhaeticae delineatio. Specimen Log. analyticae II germanice 8° una cum animadversionibus. 15 Jun. L’Iliade d’homere. Relationes Göttingens. eirca refraet. aeris meditata. Log. analyt. III latine 8°. Jul. Ichnograph. Portae novae Curiensis projecta. Memoriale circalitem cum Episcopo.? Aug. Systema de calore Cap. IIT—VI. Versuch der log. Zeichensprache I., I. Theil oder Versuch.” Rede über die Ungleich. der Menschen ... über die Glückseligkeit ... über die Notwendigkeit der Religion.!! Sept. Colores, mappa Europae, pieturae variae. Ichnographia montis (vid. mens. mayı). Nova statera et deseriptio. Memoriale II eirca litem cum Episcopo. Versuch der log. Zeichen- kunst III. Teil.!? October. Memoriale II circa litem cum episcopo finitum. Theoria caloris Cap. VII—IX. Deseriptio staterae universal pro D* Wiezel. Adnotata de curvis horol. polaris.!? Noy. Correctio impressi memorialis pro urbe. Animadversiones ad logie. algebr. praeeipue determinatio relationis et rationis. Rede von den Vorzügen der Vernunft.!* Dec. De seriebus decimalibus periodieis, earumque adplicatione ad quadraturas curvarum germanice.!° Qualitates eycloidis et curvarum ad eam et circulum relatarum figuris exhibitae ;!® plenius determinandae et desceribendae. Animadversiones in Log. Algebr. continuatae. Ver- such der log. Zeichenkunst IV. Theil angefangen. 1754. Jan. Quaestiones circa Log. Algebr. resolvendae. Accepi Literas patentes invitatorias a Facultate medica Basiliensi. Scripsi pro illa. 1. Meditata de Seriebus Deeimalibus. 2. De seriebus numerieis. Compegi schedas varias de log. Algebr. in octavo. Seripsi pro Actis Helveticis. 3. De vis expansivae caloris diminutione. 4. Theoria staterarum universalius instituenda.! Epistola de altid. $ in Barom. maxima et minima etc. ad Drum Dfaniel] B[ernoulli].? Februar. Descripsi Cogitata de seriebus decimalibus et stateris pro societate Helvetica. Incepi observationes Metereologicas ad mentem D"i D. Bernouly institutas et cum ipso com- municandas. Respondi ad ipsius epistolam. Descripsi seorsim Epistolam praecedentem.? Mense Jan.: et Responsum. Item notae ad hoc responsum. Mart. Examen institui eorum quae Wolfius habet de summatione dignitatum singulari artifieio erutarum.* Observationes variae ad Log. algebraicam facientes. Conseripsi Schema Exercitationum logicarum ad modum exereitationum Syntacticarum Speccii. Aliud Schema de arte constructiones geometricas ex aequationibus algebraicis derivandi, introducendo novos characteres et constructionum signa,° unde origo Caleuli euiusdam Öonstructionum ® a Calculo algebraico quippe qui quantitatum est, diverso, et ad Oalculum Analyseos Logices magis accedentem. Aprilis. Varia probleMäta circa Efflluxum fluidorum et eorum dimensionem resoluta. Adnotata circa Logarithmicam et methodum integrandi per logarithmos. Observationes quaedam eirca Analysin constructionum. Adnotata de calculo differentiali quantitatum discre- tarum, sive Öontinuatio Examinis mense praecedenti eirca summationem dignitatum instituti ; 7 construxi horologium mercuriale,® et eo usus sum in dimetiendis gradibus ascensus Ther- mometr. in refrigescente aqua. May. Continuavi methodum integrandi per logarithmos ostendendo quomodo different.” fractionum rationalium ad Mentem Euleri integrentur. Inquisivi in methodum different. 14 quas radices ingrediuntur ad integrabilia reducendi; exemplo sumpto ex Scheuchzeri Hist. Nat. Helvet. de refractione aeris.!? Observationes metereologicas, de quibus sub Mense Mart. cum Epistola ad D. Bernoully transmisi.!! In dissertatione de Seriebus deeimalibus mu- tanda mutavi. Conscripsi dissertat. de calefact. et refrig. gradibus dimetiendis, Actis Helveticis inserendam. Tandem dissertat. 3 de Seriebus decimalibus, stateris et calefactione ad Drum Respingerum misi.'? Inquisivi in methodum integrandi aequationes duas variabiles con- tinentes ad Mentem d’Alemberti. D° Plantae tradidi Dialogum Socraticum "? (Vid. April 1753). Psalmos 8 et 138 ut inserentur der zürcherischen Sammlung gelehrter Schriften. Emithermom, Mercuriale. Junio. Composui Versus congratulatorias pro D° Christio ut musice in templo pro- ponantur. Examinavi Casum ascensus thermom. in aqua refrigescente calefacti. Continuatio Tentaminis III Logic. Analyticae a $ 48—74... tentam. IV $ 26." Plurimaque de ipsa meditata quas et ingrediuntur adnotata varia circa praxin Logices et artis inveniendi. Com- posui Epistolam eirca Ichnographiam Montis limitrophi Rhaeticae 7 bre ultimo delineatam ad Praesides Rhaetiae. Ipsam Ichnographiam ter descripsi. Composui Dialogum de Exordiis, !° et adnotata circa methodum Exordia inveniendi. Legi quae Mayerus habet.circa Immortali- tatem animae. ÜConscripsi Schema Caleuli machinarun,!°® item Schema Calculi operationum !°b ex calculo universali deducendi. ‘Julio. Adnotata ad Log. Algebraicam. Dissertationes duae de inveniendis ex- ordiis.1” Constructio fornacis ad exsiccandos fructus. Legi „der geprüfte Abraham“.!® Item quae Rabbi disserit de similitudinibus. Schema dissertationis componendae circa schemata Orationum.!® Legi „die Colombona“, „Joseph et Zulika*.°° Confeci stateram ex buxo ad ponderanda minuta pondera. Confeei bacillos Neperianos. Adnotata transcripsi ex relationibus Goettingensibus circa observat de calore.*! Schema de materia mechanices, sive de solutione Problem.: Dato certo motu, per eum alium producere datam habentem Qua- litatem. De modo celeritatem motus irregularem ad aequalem vel aequabilem reducendi.”?® Schema de similitud. et metaphoris.??» Aug. Schema Theoriae datorum.°®® Schema Ontologiae partis practicae?®? Legi Epis. pastor. Stinstrae°* contra fanatismum. Experimentum et Theoria caloris therm. in aqua refrigescente promota. Tabulae Ontologicae VIII: Partitiones praecipuorum objeetorum onto- logiae complectentes. Incepi tentamen quintum Log. Analyt. $ 1—$74.?° Aliaque scripsi eirca illam adnotata, praecipue identificandi modum respicientia. Accepta epistola a D° Respinger qua respondet ad meam. (Mense Maio ad ipsum scriptam) meque rogat ut promissam con- tinuationem tentaminis de calore transcribam; meditationes has continuavı addendo methodum et formulas de therm. mutatione in fluidis, de calore quatenus sensibus eum dijudicamus et de frigore absoluto. Experimenta huc inservientia institui. Sept. Nunc dieta de Calore continuavi iisque absolutis ad D® Respingerum remisi.”® Uberiorem traetationem iter per Rhaetiäm institutum impedivit. Octob. Primis 2 septimanis fui in itinere.?” Post reditum continuavi adnotata ad Log. Analyticam Spectantia Tent. IV (827, 28,29) adjunzi. Tab. Ontol. mense Aug. inchoatis addidi novam. Cogitata quaedam de modo compendiose data et quaesita in Algebra designandi.?® Nov. Theoria et calculus actionis radiorum Solis, in qua exemplo altitudinem solıs eiusque sinum, nec non ipsius eirculum diurnum longit. diei noctisque simplieissimo Schemate repraesentandi;*® methodus trigonometrfiam Sphaericam ad planam reducendi exhibetur. simul- 15 que via sternitur Astronomiam Sphaericam constructionibus adeoque mechanice vel potius geometrice repraesentandi eiusque problemata schematice resolvendi.’® Continuavi cogitata de analysi characteristica, vel Log. algebr. in iisque praecipue modum data determinandi, inveniendi, prineipia Logicae Characteristicae repraesentandi. Tandem conscripsi adnotata ad tractat. jam 1752 Nov. conscriptum de inveniendi modis, praesertim ad partem von glücklichen Einfällen.”! Omnibus adjunxi theoremata de adaptandis propositionibus ad Sorites, de usu propositionum particulariter affırm. vel negantium. Dec. Principia vel Problemata eirca project. Sphaerae, de qua mense praeced. Disser- tatio de repetitione verborum in orationibus.”” Variae observationes circa positiones quasdam Theologicas praecipue de actuositate Dei aeterna, de argumentis in Cosmol. ex Theolog. desumtis, de characteribus Christiani, eiusque conversione. Varia circa actionem solis, de qua Mense praeced. 1755. Januar. Oratio de characteribus Christiani eiusque praestantia pro philosopho.! Adno- tata de caleulo different. quant. diseret. (Vid. April 1754) de conditionibus sub quibus frac- tionum series summari possunt. Varia circa Cycloidem. Quadratura eirculi absque caleulo differentiali duplici modo eruta ex formula sinuum et tangentium.? Februar. Nova qualitas figurae, ex qua Newtonus formulam sinuum deduxit. Posi- tiones quaedam de relatione sinuum et cosinuum hinc deductae. Initium theoriae quadra- turae spatiorum circularium. Fundamenta artis approximandi sive radices per approxima- tionem inveniendi, unde methodus omnia trinomia in series mutandi. Methodus Simpsonii®* redditur universalis, et hine regula universalissima deducitur ex omnibus aequationibus radicem maximam et minimam extrahendi. Methodus omnes radices ex aequatione simpliei additione et subtractione inveniendi, deducta ex calculo different. quant. discretarum. Mart. Methodo approximandi aliam®’ adhuec adiunxi, formulam continens qua ad omnes aequationis radices adproximari potest, radicee utcumque assumta. Methodus Halleiana longe praestantior. Item Methodus radicum quas aequales continet, summas, et summas omnium ipsarum dignitatum inveniendi. Horol $ (Mens. April 1754) chordam pondera susten- tantem mutavi. Therm. quod Italicum voco alium I [vinum] infusi. Dissertationem con- scripsi continens Theoriam Parabolarum vel similitudinum, methaph e.c.t. earumque in- ventionem Part. I. Schema Theoriae Problematum et postulatorum.* Varia ad logicam spectantia, praecipue Probl. analysıs Logicae sive de ratiocinio analytico.° Accepi tandem Tom II. actor. Helv. eui insertum Tentamen de vi caloris® (de qua Mens. May. Aug. Sept. 1754). Experimenta quaedam Thermometrica. Adnotavi item problemata de calore, et actione solis act. Helvet T. III inserenda. Correctio Memor. Foederis Dom. Dei circa litem cum Episcopatu. Aprilis. Tent. Log. Analyt. IVa $ 30 ad $ 90 continuavi,? eruendo ex principlis ana- lyseos Logicae formulas univ. characteristicas, prop ositionum et Syllogismorum, unde Theoria Logices dedueitur, et omnia Problemata, quae circa syllogismos oceurrere possunt universa- liter et characteristice resolvuntur. Experimenta circa quantitatem luminis reflexi et refracti,® eiusque relationem; T’heoremata quaedam huc spectantia. May. Theoriae Similitudium, Metaphor. e.c.t. Continuatio sive P.II agens de metaph. inventione. Adnotata de optima mappas geograph. delineandi methodo;? unde simul deducta 16 eireuli arcuum minorum 20° rectificatio mechanica faeillima '° Adnotata quaedam de natura radicum aequationum praecipue cubicarum. Instr. vel machina delineandi omnia Horolog. Solaria quod item inservit delineationi ellypsium, Paraboles, Hyperboles sive sect. conicas. Junius. Methodus series infinitas minus convergentes mutare in alias quae eitius convergant. Hinc deductae formulae sinuum, arcuum, tangent. statis exactae. nec non formulae radices quadrat. cub. e.c.t. numerorum quantumvis exacte exhibendi. Similiter formula ex serie data radicen quadratam extrahendi. Scripsi varia circa actionem solis praecipue de formula calorem diei max. exhibente. Compendium logarithmos numerorum deter- minandi item formulae pro logarithmis satis exactae.!! Accepi Epist. a. Dom. Respinger qua me invitat ad inst. observ. Meteorolog. petitque scripta actorum Helvet. tom. III in- serenda.!? Julius. Cogitavi de Experimentis quibus therm. ope determinari possit quant. luminis reflexi et refracti, ut inde facilius deducantur positiones de natura luminis. Institui ex- perimenta huc facienda. Adnotata de mensura humiditatis aeris ope Staterae Hygrometricae. Adnotata eirca Theoriam curvarum universalem. Aug. Theoria Simil. Metaph e.c. Continuatio III® agens de faciebus rerum oratoriis. Theoriam staterarum mens. Jan., Febr., May 1754 emendavi adiunxique dissert. allıam observat. in Mathesin puram continentem utramque actis Helvet. inserendam misi ad D. Respingerum. Dom. Witte!? Curiensis communicavit mecum methodum Barometrum conficiendi cuius mutationes quantumvis magnae sunt. Incepi Observationes ad Logicam eius- que praxin praecipue in meditando et inveniendo. Sept. Easdem Observat. continuavi. varia de trisectione anguli mechanice perficienda, unde rectificat. eirculi exactiorr ea quam Mens. Maio inveneram eique similis. Legi Bernoulli Manoeuvre des Vaisseaux. Oct. Meditationes et Preces pro S. Coena.!* Adnotata ad Calefact. terrae et formula diff. huc spectans integrata. Dissertat. de Instr. Metereologieis earumque usu et theoria.!? Deseripsi observ. Metereo. Annorum 1750 ... . 1754 et adnotata circa ipsas. Influx. I et © in aestum aeris. Experimentum de exhalatione spongiae madefactae. Nov. Leg. Euleri Theor. Cometarum variaque circa eam adnotavi. Cogitavi de in- celinatione orbitarum planetarum ad planum Eclipticae et ex mutabilitate situs lineae nodorum suspicatus sum etiam Orbitam telluris esse quoddammodo inclinatam, eiusque inclinationem variabilem, quae distincetius evolvenda. Cogitavi porro de aberratione luminis fixarum et planetarum quam ex motu luminis successivo provenire contendunt quod item examinan- dum an de natura luminis et distantia fixarum quid concludi possit. Item quaeritur an Stellae novae periodico lumine fulgentes et evanescentes locum mutent nec ne?1% Dec. Adnotationes de terrae motu et structura viscerum telluris ex relationibus de Terrae motu et 1. Nov. 1755 per totam Europam percepto deductae.!! Legi Harvey Tom. Hdum. Conscripta et typis excusa Cantica in Diem Natalem Domini et S. Coenam. Adnotata quaedam circa probabilitatem eiusque caleulum. Item de numeris problem. Pythagor. de triang. rectang. satisfacientibus. Cantica 3 pro initio anni. 1756. Jan. Tentamina varia de natura characteristicae, et ipsius fontibus, hypothetice assumtis. Adnotata circa Methodum mathemat. Theoremati Pythagoraeo aliisque adplicata, et ex iis 17) deducta. De terrae motu dissertatio II.! Theologice et logice. Epistola, qua Pagi Sin- guli Rhaetiae reformatae ad celebrandam diem Jejunii solemnem ®/ıs Febr. invitantur oc- casione Terrae motus. Preces duae eum in finem in Templo fundendae. Methodus duplex Poligona rectilinea quaecumque expedite in triangulum aut rectangulum mutandi, quod ipsi aequale sit.” Meditationes variae eirca series modumque eas in magis convergentes mutandi. Methodi variae radıum osculi curvarum constructione determinandi ex formulis differentialibus erutae.*® Febr. Alia Theoremata pro construendis curvis ex formulis differentialibus eruta.* Methodus tertia prioribus (Mens. Jan.) facilior poligonum in triangulum mutandi.° Obser- vationibus Logieis Mensibus Aug. et Sept. 1755 conscriptis capita quaedam adiunxi. (Quaestiones circa characteristicam ubinam adplicari possit quaque in re consistat. Mart. Projectio Ichnographica orbitae cometae ex Sole visae indeque deducta Methodus eam ex 4 obser. Longitudinis Cometae geometricae ope machinae, tentando quidem deter- minandi.° Varia alia de motu Cometarum. Adnotationes circa Elevationum Vaporum.”? Observationum in Meteorognosiam (Oet. 1755) Continuatio, praecipue de Effeetibus Ventorum.® April. Adnotata varia de Calore, atque subtangentibus curvarum refrigerationis.? Quae antea (1754 Nov. Dec. 1755. Mart. Jun.) de actione solis eiusque mensura medi- tatus fueram, collegi, aliaque adıunxi de diminutione luminis ac caloris Solis per atmo- sphaeram, de modo quo calor telluris in auram caelestem abit e. c.t.!% Meditata varia de refractione lJuminis per athmosphaeram. Methodus serierum earumque summarum terminos generales inveniendi quae item inservit ad datas curvarum semiord(inatas) inveniendi aequationem ipsas repraesentantem. Meditationes sacrae circa sacram coenam eiusque rememorationem. Majo. Continuavi tractationem de actione Solis terraeque caloris inde provenientis.!! Alia adnotata de actione ignis quatenus a resistentia materiae pendet. Quaedam de vi cohaesionis corporum et durorum et fluidorum;!? quatenus inde ratio redditus refractionis luminis in corporibus pellueidis. Quae antea: (Mens. April. Jul. 1755) de reflexione et refractione luminis meditatus fueram collegi!? variaque eum in finem experimenta institui indeque deducta adiunxi. Emi Thermometra $ et florentina hisque diminutionem luminis Solaris per athmosphaeram observavi. Collegi observationes circa declinationem acus magneticae, quantitatem aquae pluviae et aeris, vi ignis e corporibus expulsi ab Halesio.!* Meditata de inelinatione orbitae telluris ceterorumque planetarum (Mens. Nov. 1755) con- tinuavi. Emi mappam criticam Germaniae Tob. Maieri. Legi Harvey Tom. Ill. Junio. Continuavi tractationem de actione Solis adjungendo methodum incrementa caloris diurni determinandi.!” Incepi partem Theoriae successivae caloris distributionis. Ob- servationum in Meteorognosiam continuatio, praecipue de variatione Caloris et inde pro- venientium (Vid. Octob. 1755 Mart. 1756).!% Institui Observationes Barometricas et Monte Mittelberg Curiae.!" De criteriis numerorum quadratorum aliarumque dignitatum quibus facile a ceteris dignoscantur.*” De numerorum divisoribus modoque eos facile inveniendi.'? Julio. Adnotationes variae de calore eiusque mensura partim collectae et auctae partim adiunetae novae quibus Prineipia de calore in actis Helveticis exhibita in omnibus atque intricationibus casibus adplicantur, viaque sternitur ad eruendam penitus theorlanı successivae caloris distributionis. Methodus universalis aequationes quascumque differentiales integrandi per Seriem. Integratio formularum integralium in casu simplicissimo.?® Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 6. Abh. 3 18 Augusto. Incepi Prineipia physica de calore a $1 ad $ 189.2! Secripsi Schema uni- versae T'heoriae caloris, Pyrologiam et Pyrometriam complectens. Hypotheses quaedam de lumine refracto et reflexo (Vid. Mens. May 1756), ut inde analogia lucis et caloris pateat. Septr. Seripsi Hypotheses atque positiones de Igne et Luce ($ 1... 20)? quibus prima prineipia Physica de igne et luce conduntur. Oct. N. St. Fui in itinere a 1 ad 18mum quo Goettingam veni varia descripsi ex Physica experiment. Nolletti ad cognitionem ignis et luminis facientia.?? Nov. Descripsi ea quae Tob. Maier habet de Calore Climatum determinando me- thodo ea qua utuntur Astronomi.?* Varia de luce et igne, Artis Perspectivae problemata inversa.?° Dec. Figurae vel Tabulae quibus delineatae sunt mutationes barometricae observatae Curiae Rhaetorum. A. 1751 seqq.”® Problemata quaedam de maximis et minimis optica. Adnotata de Luminis refractione atque reflexione. Legi opuscula Euleri praecipue de luminis theoria ex Newtoniana de Undulatione aeris deducta. Plura tentavi pro eruendis primis Prineipiüis caloris, lueis atque ignis e. ce. t. 1757. Jan. De motu particularium vi centrifuga praeditarum unde pendere videntur leges percussionis corporum elasticorum cum solidorum cum fluidorum.? De curvis quibusdam ex circulo ortis. De seriebus quarum summae logarithmos atque arcus cireulares ex- hibent. De calore varia problemata: de successiva caloris distributione in statu perma- nentiae. De curvis quarum abscissae eaedem, spatia vero sint ut dignitates curvae assumtae.? Legi Euleri Analysin infinitorum. ® Febr. Theoremata quibus eruitur experimentis ratio et quantitas luminis plano vitreo vel pluribus reflexi et refracti. Legi Euleri Analysin infinitorum. Descripsi ob- servationes quasdam in Peruvianis montibus factas, ex Condaminii Diario Itineris Peru- viani;* legi Bernoullii opera. Unde integrationem deduxi variarum aequationum differen- tialium. Collegi plures Dissertationes mathem. in fasciculum.?” Constructio transpor- tatoris rectilinei quo non modo anguli dimetiri, verum et facillime construi possunt.® Rectificationes Circuli Mechanicae, ex datis Chordis angulorum submultiplorum: Quaeritur characteristica quantitatum trigonometrica, v. gr. sinuum, cos. Tang. e.c. t. talıs ut signatio sit compendiosa et algorithmum admittet, qualem v. gr. admittunt exponentes.”? Mart. De intensitate luminis atque caloris a vitris speculisque caustice collectis. De Illuminatione planetarum, praesertim Lunae.® Demonstratio theorem. Maieriani de divisione figurarum;° de factis ex sinubus, quorum arcus sunt in progressione arithmet. Profii theorema de reductione sectionis anguli in tres partes ad sectionem rationis, sive de relatione inter trisectionem anguli et inventionem duarum mediarum continue propor- tionalium.!® Observationibus ad Logicam (Mens. Aug. et Septemb. 1755) varia capita adjecta. April. Eandem materiam continuavi. Post fui in itinere Hanoveram profectus 11 April rediens 21. Ceteris mensis diebus ob mutatum domieilium aliis inceubui negotüis. !1 Maio. Ex Optica Newtoni tabellam refractionum, ex Euleri Caleulo different. varias formulas pro summandis seriebus et ex Actis Societatis Cosmographiae Lowizii problema de projectione mapparum descripsi.” Conseripsi Prineipia!® Caleuli solido et hypersolido different. et integralis ulterius adhuc extendenda. ILS) Jun. Prineipia Caleuli Solido integralis continuavi. Occasione Cometae circa finem huius anni descripsi tabellam Halleii ex actis Erudit 1707 pag. 225.1 Positiones de deter- minandis limitibus distant. cometae geometricae. Ex Mem. acad. Scient. Paris. varia de cometis deseripsi, similiter observationes Thermometricas in variis telluris elimatibus in- stitutas ex iis excerpsi, nec non observationes varias circa Mercurium in sole visum. Motus Barometricos 3 fere annorum in una tabella exhibui quaerendo si quas habeant periodos.1* Observationes Variae circa Incl. orbitarum planet. (de quibus mens. Nov. 1755. May 1758). De logarithmis Cireularibus et Parabolieis.° Quorum occasione cogitavi de re- duetione solutionum problematum trigonom. praeeipue Sphaericarum ad simplicem additi- onem et subtractionem, quae adhuc melius examinanda. Deseripsi observationes mete- orolog. Basileam mittendas.!° Reductio plani orbitae cometar. et telluris ad planum quod- dam fietum, ut facilius illa determinari queat.!? Variae Parabolarum constructiones facillimae. 18 Jul. Primis diebus mensis in itinere fui, Sylvae Hercyniae fodinas metallicas visurus. Post observationibus meteorologieis Basileam mittendis adieci adnotationes generaliores atque consectaria inde defluentia.!° Perlegi plurimos Tomos Mem. de l’acad. des Sc. de Paris et de Petersbourg atque ex his descripsi observat. Barometr. Petropoli habitas.?° Corollaria inde deduxi generaliora circa motus barometri medios eorumque anomalias. ?! Aug. Eandem materiam ulterius sum prosecutus. Methodus series quasdam mu- tandi in magis convergentes data summa quotvis primorum terminorum. Summae serierun, quarum Coeffiecientes sunt dignitates numerorum naturalium. Methodus ex data aequatione euiuslibet gradus inveniendi alias, quarum radices sint dignitates radicum aequ. propositae.?? Conseripsi ea quae antea de mensura luminis sparsim meditatus eram (vid. 1755 apr. Jul. 1756 maio 1757 Mart. plurimaque adieci ad pleniorem theoriam luminis facientia v. gr. theoria luminis quatenus reflectitur et refringitur dimensio graduum vel scala claritatis atque mixturae colorum. °* Institui Experimenta circa rationem aperturae Pupillae atque intensitatis luminis.** Sept. Continuavi easdem meditationes. Varia adhuc ipsis capita adiciendo v. gr. luminis a lentibus reflexi vel refracti mensura. Claritas imaginis in foco, comparatio luminis objecti cum claritate chartae ab objecto illuminatae. Debilitatio luminis per at- mosphaeram transeuntis e.c.t. Legi Euleri tractatum de illuminatione planetarum,?5 Memoires de l’acad&mie de Berlin. Kaestneri optic.?® Observationes Meteorologicas (de quibus Mens. Jul. et Aug.) descriptas Basileam misi, actis Helvetieis inserendas. De re- fraetionibus luminis atmosphaeram transeuntis. Theorema quoddam universale primarium una cum corollariis inde deductis.?” Legi Euleri Dissertationem de eadem materia. Octob. Initio Mensis Gottinga Trajeetum ad Rhenum profeetus. Meditationes Photometricas continuarvi. Nov. Jisdem meditationibus varia Capita adieci. Quatriduum in itinere commoratus Hagam Comitum, Roterodamum profectus.?* Theoriae refractionum astronomicarum quae- dam adjecı. Dee. Eandem theoriam ulterius promovi adjungendo Semitarum Luminis considera- tionem universalem?? ceteraque plura universaliora. T’'heoremata quaedam de numerorum Divisoribus.°° Methodus ex paucis logarithmis hyperbolieis ceteros omnes derivandi una cum tabella et formula.?! Examen institui quatenus alt. barometricae a vaporibus pendeant.°? 3+ 20 1758. Jan. Theoriam Refractionum astronomicarum ulterius promovi methodo usus nova atque universali, eas per series exhibendi, absque integratione facile ad observationes ad- plicabiles e. c. t.! Quae methodus universalis excolenda. Eandem adplicavi ad diminutionem Luminis per Athmosphaeram transeuntis nee non a superficiebus diaphanis reflexi. — De quantitate evaporationis varias positiones atque casus expendi, quibus ad eius theoriam via sternitur.? Theoremata quaedam cyclometrica atque circa series infinitas.” Adnotationes in quasdam dissertationes de Cohaesione Corporum et attractione Newtoniana.* Febr. Refractionum terrestrium plenior Determinatio, earumque et astronomicis de- ductio, unde varia Theoremata de depressione adparente horizonti maris, de libellationibus, atque ipsis refr. terrestr. ° Varia circa aequationes theoremata Methodi de max. et min. usus singularis. Theo- remata de tangentibus et poligonis cireulo eircumseriptis.° Adnotata ad Newtoni arith- meticam universalem.” Orbitarum Cometarum in sphaera superficie delineatarum proprie- tates.® Adnotata logica eirca Methodum analyticam inveniendi. Tentamen calefactionem et refrigerationem corporum ex theoria quantitatis luminis reflexi derivandi. Mart. Methodus aequationes cuiuslibet gradus ope circuli construendi universalis, adjeetis compendiis spiralibus.” Cogitavi de experimentis quibus ope thermometri in ima- gine prismatis colorata collocati radiorum coloratorum vis calefaciens exploratur.!? Quae inde a Mense augusto 1757 de refractionibus meditatus sum, collegi atque typis excu- denda Hagam Comitum misi.!! Initio mensis Hagae Comitum atque Lugduni Batavorum fui. Varia experimenta circa dilatationem corporum durorum conscripsi, quae inter quo- que est statera thermometrica. 1? April. Adnotata quaedam logica. Gandam profectus, unde redux altitudines mon- tium in Gallia dimensorum ab errore a refractionibus oriundo purgavi atque cum lapsu barometri in iis observato comparavi. Unde tabellam construxi relationem inter altit. montium et barometri exhibentem et aliam tabellam pro libellationibus e. c. t. utramque tabellam, una cum altit. montium aliisque observationibus circa refractiones tractatui ante dicto (Mart. h. A.) adiunxi, ut una typis excudantur.!? Adnotata de Variationibus baro- metri maximi in diversis altitudinibus.!* De calefactione aerıs meditata, unde natura motus- que ignis forsan clarius pateret. De numerorum divisoribus.1° De situ locorum in Geometria practica variis compendiis inveniendo.!° Motus Barometri Basiliae et Curiae Rhaetorum observatae A. 1754 Aprili in tabula exhibui graphice. Aliam tabulam exhibens graphice lapsum barometri et alt. locorum, nec non barometri variationes maximas.!” Maio. ÖObservationes circa declinationem acus magneticae quae ex admoto magnete provenit. Inquisivi in effeetum, quem Luna in mutationibus barometrieis producere valet, quaerendo alt. $ medias, quas quinque annis Curiae observavi, cum Luna in variis motus sui punctis primariis esset.1° Fui Amstelodami, ibigue emi Bougueri Tract. de Graduatione Luminis.1° Ex Comment. Acad. Reg. Paris. adhuc quasdam alt. $ in montibus Galliae ob- servatas descripsi e. c.t. Perlustravi observ. Meteorologicas Swaneburgi institutas atque inde quaesivi Calorem medium pro singulis mensibus. Ad finem perduxi tractatum „Les routes de la lumiere‘.°° De influxu lunae in Athmosphaeram pro actis helveticis.*! Fui Amstelodami, Zeistü e. c. t. 21 Juni. Iter feci per Belgia Austriaca.°? Jul., Aug. Parisiis commoratus sum. Sept. Lugduni et Massiliae. Massiliae perspectivae fundamenta conieci.°” Augustae Tauriecorum mutationes barometricas perlustravi pro actis Helveticis. Mediolani idem egi. Oct. Curiam reversus cum D°’ Witte varia communicavi barometrum et geometriam spectantia. Expensorum rationes conscripsi. Nov. Varia problemata geometriae practicae.°* Trigonometriam formulis coneinni- oribus expressi: Sinum et cosinum pro singulis ternis gradibus quadrantis.°” Cum D° Witte experimentis quaesivi an ex imagine caelı sudi distantia objeetorum terrestrium definiri possit. Rem omnem in tabula exhibui. °® Dee. Sphaera arithmetica.°” Mappae geographicae quarum usus singularis. Variae formulae differentiales. Corpora regularia secundaria.”® Meditationes sacras inchoavi: de Via Christiani. De barometro et theoria caussarum universali plurima.?® De illumma- tione corpori circulari ex poligono debita.”° De apertura pupillae pro Photometria.°1 1759. Jan. De claritate athmosphaerae Photometriae inserenda. Animadversiones in trac- tatum „Les routes de la lumiere“.* Adnotata logica de argumentis eorumque speciebus.? Febr. Perspectivam, de qua Mense Sept. 1758, inchoavi.? Orbitam cometae anni 1682 proieci. Mart. Perspectivam continuavi. Curiensibus tandem valedixi, Tigurum veni ibique Perspectivam germanice a gallico typis mandavi.* Apr. Eidem negotio donavi operam. Horis subsecivis geometrica Problemata ex- colui. Descripsi observationes Barometrieas Scheuchzeri quas una cum aliis communi- caverat Cl. Gesnerus.° Construxi duas mappas, de quibus Mense Dec. 1758. Maio. Tiguro profeetus Basilieam veni ibique T. III Actor. Helvet. accepi; cum el. D. Bernoullio communicavi caput Photometriae quod de pellucidate vitrorum agit.® Post in patriam redux amicorum salutationes mensem absumpserunt. Jun. Varia Problemata geometrica. Astrolabium rectilineum. Praecipue Atlanti perspectivae elaborando incubui.”? Jul. Idem fere peregi. observationes meteorol. Doppelmaieri desceripsi.° Atque ad theoriam influxus 5 facientia in summam collegi. ® Aug. Eidem atlanti manavi operam. Öonstructio sectoris qui sit instar mierometri. !® Sept. Patriae valedixi, Basiliam, Rhinofeldam, Zurzacum, Constantiam, Schaffhusum, Lindoviam, Memmingam profectus Augustam Vindelicorum perveni. Photometriae typis excudendae dedi operam praecipuam.!1 Oct. Idem egi. Dubia experimenta solvi, quae moverat Oel. Bernoullius circa il- luminationem distantiae debitam ipsique ea rescripsi. Albedinem chartae albae cet. experi- mentis definivi,1? et Kaestnero,!? Hallero,!* Bernoullio!® et Gesnero!® literis datis seripsi e. c.t. Nov. Pithometriam promovi typıs mandandam.!’ Photometriam concribendam con- tinuavi. Caleulos errorum Marinonii!? in compendium contraxi, aliaque subiunxi. Cre- pusculum observavi. 22 Dec. Photometriam ulterius promovi. Ex Ephemeridibus Hellii descripsi longit. et latit. urbium praecipuarum rite definitas, basin geographiae futuras.? Mappam geographiam Bavariae correxi atque accepto diplomate quo Academia Boica me in numerum membrorum excepit, eandem correctionem D"° Consiliario Lori transmisi.°° 1760. Jan. Photometriae msptam continuavi. Formulam Cotesii pro loco imaginum per fractionem continuam exhibui maximo commodo futuram.! Experimenta circa resistentiam in Vacuo instituta.? . Methodus ope duarum lentium convexarum objectum erectum videndi.® Febr. Photometriam msptam ad finem perduxi. Methodum cometae orbitam ex tribus observationibus definiendi curatius rimata theoria motus in parabola ad finem perduxi.* Mart. Pithometriam, de qua nov. 1759 ad finem perduxi.’” De influxu Lunae in vieissitudines aeris meditata conscripsi eaque D’ Respingero Basiliam transmisi, quo typis mandarentur.° 'Theoriae Barometricarum curatius perscrutandae operam dedi. Adnotata Logica de Artificiis heuristicis, de problematis determinatis. ” : April. Dissertationem de alt. barom. ad finem perduxi.° Aliam conscripsi de for- mulis trigonometricis.” Alıam item de re ichnographia eiusque praxi inchoavi eamque hoc mense ad finem perduxi.!° Adnotata logica. Maio. Aliaque de legibus naturae universalioribus. !! Junio. Conscripsi dissertationem de pithometria, de qua mense Nov. 1759.!° Aliam de baculis logarithmicis aliisque compendüs arithmetieis.'” Commercium epistolieum de sy- stemate mundi inchoavi.'* De caleulo differentiarum discretarum.!? Julio. Idem commercium continuavi. De distantia media lunae ex lapsu gravium et tempore periodico D deducenda meditata ulterius prosequenda.! De figura sachari canditi experimenta. Meditata logica. varia, potissimum de differentia specifica modorum probandi in syllogismorum figuris singulis atque de argumentorum minus perfecte pro- bantium natura.!? Methodo de orbitis cometarum parabolicis varia adjeci. Qua ratione tur- betur motus lunae ex Sole distinetius exposui similique modo prima hydrostatices theo- remata.!° De gravitate specifica Salinarum meditata.!° Aug. Theoriae cometarum varia adieci. Orbitam cometae 1760 proieci.”° Meditata logica alterius promovi. De variationibus alt. barometricarum ex affinitate aeris et aquae deducenda.?! Methodus partes rectarum inaequaliter crescentes constructione definiendi.”® De densitate pigmentorum illitorum. Pithometriae varıa adieci compendia, quorum ope multiplicatione supersedere licet.°® De gravitate salinarum specifica varia meditata ulterius prosequuta. Meditationibus logieis adieci plurima. de novo Organo conscribendo cogi- tavi, praeparantia huius in finem conscripsi.** Sept. De gravitate salinarum specifica meditata varia ex novis experimentis deducta. De disseminatione orbitarum cometarum meditata ex tabula Halleii deducta, Commereio epistolico adneetenda de quo mense Jun. et Jul. Loca cometarum heliocentrica in plani- sphaerio exhibita,°° quo uno conspectu exhibatur orbitarum disseminatio et situs. Medi- tationes Logicas ulterius prosequutus sum. Commereium epistolieum Mens. Jun. et Jul. ulterius continuavi, tandemque mense: 23 Oct. Ad finem perduxi materiamque paravi pro altera ipsius parte, qua cursus na- turae in rebus humanis atque terrestribus perlustrandus est.** De tempore thermarum favariensium meditata,°* aliaque ad Pyrometriam spectantia. Commercium epistolicum de cursu naturae inchoavi. Nov. Idem continuavi. Solutio quorundam problem. astronom. ad inveniendum meridiei situm ope azimuthi.°® Sectio circuli in 14 partes ope triseetionis arcus construc- tione definiti.°° Casus trigonometriae sphaericae in compendium redacti. 3° Dec. Proprietates insigniores orbitae cometarum inchoavi.?! Demonstratio regulae ex gravitate specifica salinarum quantitatem salis deducendi.?°” Araeometrum eylindricum eidem scopo inserviens. 1761. Jan. Proprietates orbitae cometarum ad finem perduxi easque una cum commercio epistolico de systemate mundi typis excudendas mandavi.! Medio huius mensis Ds. Stiegler lectiones analyticas inchoavit.” De calendario.° Febr. Praefationi commereii Epistolici quaedam adieci, eamque conseripsi quae orbitis cometarum est praefigenda.* Meditata logica ulterius sum prosequutus. Plani- sphaerio locorum cometarum heliocentricarum ex tab. cel. La Caille reliquos cometas adieci (Mens. Sept.).” Confeci horologium sciatherium vulgo capucinum dietum eique hori- zontem et circulum crepusculi inscripsi. De tempore irruentis noctis sub elevatione poli 480 10°.° Differentia longitud. diei maximae sub elev. poli 47 ... 50 gr. De traiectoriis meditata varia.” De calendarii usu. Schema vel machina ortum et occasum O commode exhibens.°® Mart. De attractione Newtoniana, figura telluris et I distantia media.° Motuum caelestium caleulus popularis calendario inservitum.1? De declinatione acus magneticae. Constructio horologii horizontalis ope planisphaerii.!! De lumine noeturno satellitum a 9 illuminatorum. April. Meditata logica continuavi. Deseriptionem baculorum logarith. de quibus Mens. Jun. 1760 typis excudendam curavi.!? Theoriam attract. Newton. duobus corporibus debitae excolui.!? De figura telluris, longitud. pendulorum et gravitate inde orienti calculum inivi.# Meditata de systemate Academico conscripsi eaque ad Acad. El. Boicae transmisi.? Thermometri gradus medios ex observ. in diversis latitud. deduxi.'® Mai. A 6 to!® ad 24fwm in itinere fui, Erlangam profeetus. Unde redux Theoria at- traetionis Newtonianae excolendae eamque Cometarum turbationi a planetis oriundae adplicavi.!" Jun. Eandem materiam continuavi. Venerem in disco © observatam calculos ulterius sum prosequutus atque observationes Monachio ad me missas perlustravi, eorum- que erisin ad Acad. transmisi.!% Methodum radicum V (a?-+?) per fractionem continuam exhibendi duplicem inveni.'” Theoremata et formulas figuram telluris spectantes ad con- einniorem formam reduxi. In longitudinem penduli sub varıis latitudinibus observatam, euratius inquisivi, atque ex omnibus medias deduxi, adhibita saniori crisi. De methodo arcus imaginarios ad arcus veros et vieissim log. imaginarios ad arcus veros reducendi, eaque universali et ad omnes casus extendenda cogitavi, quatenus mutatione signorum id fieri potest, ne bis instituenda sit differentialium integratio.?° 24 Jul. Reise nach Pfeffers u. Chur.°! Aug. Aufsatz der drei Tagregister für die bayer. Akademie.°? Sept. Idem nebst trigonometrischen Aufgaben und Untersuchung der abnehmenden Schwere, so von der Figur der Erde abhängt.?® October im Rheinthal, Winkel zur Bestimmung der Lage der Örter am Bodensee. Abhandlung über den Gebrauch der Mittagslinie beym Feldmessen für die Akademie.?* Untersuchung der Öscillationes der Magnetnadel.°° Observ. © in ©. Nov. In Zürich. Abhandlung über das Criterium veritatis.?” Grundsätze von Herrn Wirzs Feuerspritze. Auszug aus H. de la Grange „theorie du Son“ und diese theorie auf die Fortpflanzung der Wärme angewandt.” Auszug aus H. Eulers Theoria motus lunae. Anmerkungen über die Cosmolog. Briefe.?° Dec. Abhandlung Ephemerides motuum © verorum perpetuae et J mediorum,°® usus eycli lunaris in computandis motibus J mediis.°! Von Berechnung der täglichen und jährlichen Sonnenwärme.°? "Entwurf des disei ö für die 9 in © visam. Über die Figur der Erde, Auszug aus M. Clairauts Abhandlung darüber.°® 1762. Jan. Auszüge aus Herın Hanows Meteorolog. Observationes.! Die Ephemeriden fortgesetzt. Anmerkung über die Fernröhre und Gesetze der Refraction in denselben.? Reduction einer biquadrat Gl. auf die trisection eines Circulbogens.” Methode einen Bruch in zwey und mehrere aufzulösen, wodurch sein Wert leicht bestimmt wird.* Anwendung des Pythagorischen Satzes bey sphaerischen Triangeln.° De modo ex motu adpar. siderum verum colligendi.® Febr. Formeln, so sich auf die Rektification d. sectionum conicarum bringen lassen.” Formeln ganzer Zahlen, deren Quadrate zusammen ein Quadrat geben.” Anmerkungen über den Calculum differentialem quantitatum diseretarum.° Über die Figur der Bienen- zellen.'' Abhandlung über die Lücken der menschlichen Erkenntnis. *! Mart. Anmerkung über die Routes de la lumiere.1? Über Herrn Scheuchzers Barom. observationes, über die lignes Halleiennes im Berlinischen Atlas.'! M. Ott, Experimente über das Gewicht verschiedener Erdarten. Über den Calculum differentialem.!* Über das Traktätchen: Die Wissenschaften ein Traum.!® April. Zeichnung der Erdkugel nach Proportion der Fläche. Über die Methode die Metaphysik. Theol. u. Moral richtiger zu beweisen.!? Über Baumgartens Metaphysie. 1 Über das Mscpt. der Niobide, so mir Prof. Bodmer communicirt.!” Schematismus chrono- metriae universalis.”° De causis earumque effectibus cum tempore comparatio.?! May. Vergleichung der Meteorol. observat. auf dem Gotthard und Zürich von beyden vorhergehenden Monaten. Methode aus observationes das wahre Mittel zu nehmen. °? Anweisung od. Leitfaden die Metaphysie und Ontologie abzuhandeln.°? Methode den Um- lauf der Erde zu berechnen. Juni. Bestimmung der Länge des Pendels u. der Grade des Meridians und Ver- gleichung zwischen beyden.°* Bestimmung der Zeit der aequinoctien und solstitien aus Cassini observationes.°° Theoremata über die Bewegung mehrerer Körper, so einand anziehen.°° Über Centrum gravitatis. Fortsetzung der Anmerkung über die Ontologie. Über die Routes de la lumiere und du Raion horizontal.?” 25 Jul. Fortsetzung der Beyträge zum Bayer. Acad. Calender, worin die Aspecten, die eyclische Calenderrechnung und Theorie des Regens.°® Reise nach Chur. Ichnographia tluminis Plessurae et constructio aggerum, quibus coercendus eius impetus. Aug. In thermis Fabariensibus.°” Genauere Bestimmung der Höhe der Örter in der Schweitz.°” Anmerkungen und Zusätze zur Trigonometrie.?! Machina Eccliptica.°? Theorie der Zuverlässigkeit der Experimente. °® Sept. Verbesserung der Lahirischen Finsternismaschine. Conspectus omnium Ec- elipsium et Lunationum quorumvis annorum.°* Problemata optica circa lentes tuborum.°> Theoremata quaedam pyrometrica. Syllogismorum characteristica, quae nititur congru- entia idearum earumque subordinatione.°® Einige Psalmen metrisch construirt. Oct. De trajectoriis luminis per media sphaerica meditationes variae.°’ Von dem Fleiss der Heiligung und der Natur des Glaubens.°® Anmerkungen zu den cosmologischen Briefen und die Dianoiologie angefangen. °° Nov. Eben dieselbe fortgesetzt. Von der Durchsichtigkeit überhaupt, des fallenden Schnees, der Nebel e. c.t.*% Über die Zeichnung der Erdkugel.*! Mens. April h. a. Zusätze. Dec. Die Dianoiologie geendet und die Aletheiologie angefangen.“ Von der vi centrifuga des Steins in einer Schleuder mit der Schwere verglichen. Von der vi centri- fuga in Pendulo.** Von Erfindung des Periodi Julianae aus den drei Öyclis durch arith- metische Progressionen.** 1763. Jan. Schemati Chronometriae (M. April 1762) adplicatio adjecta de modo tempus ex observationibus cognoscendi.! De gradibus mortalitatis humanae.? Alethiologia conti- nuata. Semioticam incepi.° Febr. Eidem hoc mense operam nauavi. Die Ordnung des Heyles schriftmässig beschrieben. ai Utramque hanc materiam continuavi. Von der Befestigung des Bruchs.* Mai. an Clavennae et in Valtelina commoratus. ° Aug. Semioticam. en Eandem ad finem perduxi. Phaenomenolog. incepi. Nov. Phaenomenolog. ad finem perduxi.® Dec. Schematismus Ontologiae. Iter Curia Noribergam. 1764. Jan. Mense hoc iter Noriberga Berolinum.* Lipsiae novum Organum typis excu- dendum tradidi.® Febr. Solutio problematis a D° Baermann propositi.? Schematismum ÖOntologiae ulterius promoui. De Constructione mapparum.* De trinomiis in seriem convertendis.° Quaedam de quantitatibus imaginariis.® Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 6. Abh. 4 Mart. Schematismum ontologiae continuavi. Jussu Regis iter Postdamum.? Ontolo giam incepi, Prolegomena, ideae fundamentales, axiomata et Postulata.® De constructione mapparum. April. Observationes Ecelipseos 1”! huius mensis quibus adplicata methodus, qua ex cunctis sumitur medium. Öntologiam continuavi. Cap. de Identitate, de Systemate ge- neris. Theorema de area A Sphaerici absque caleulo differentiali investiganda.° Obser- vatio prismativa circa refrangibilitatem colorum. Mai. Ontol. continuavi. Cap de mutabil. cap de ordine. de duplicatione cubi. radix Vaa + bb in fractionem contin. resoluta, et lex approximationis. Jun. ÖOntologia continuata. Cap. de vero.!? — Cap. de viribus. Theoria projectilis in- medio resistente.1! ÖObservationes huc facientes quibus curva globi a mortario projecti de- finita est.!? Constructio aequationis 2 —aab=( ope maximi. Jul. Ontol. contin. Cap de relationibus. — cap. de caussis. — Theoria projectilis ulterius promota.!? De triangulo, quadrilatero e. c. t. per puncta datae positionis ita du- cendo ut eirculo datae positionis inseriptum sit. De prolongatione penduli a caloris mutatione. Aug. Ontol. contin. Cap. de caussis et seqq.'* Theoria projeetilis ulterius promota. 1 De quaestionibus academieis et systemate academico meditata.1° de seriebus in fractiones continuas transformandis.!” De experimentis quibus gradus elasticitatis exploratur, de experi- mentis quibus definitur atque comparatur celeritas corporis cum pondere, quo tenditur clostrum vel quodvis tensionis vel compressionis spatium.!® Sept. ÖOntol. cont. a Cap. 26° ad finem.!? Quadratura partium curvarum et rectifi- catio arcuum curvarum.”° Rectificatio ceirculi ad si0n v! usque versa.”! Divisores numerorum.?? Symptomata curuarum.”® Methodus interpolandi universalior.°* Singula haec in Capp. ult. ÖOntol. oceurrunt. °® Oct. Idea systematis academici rogatu Ill. Principis Dolgorucki exposita ad academ. Petropol. et Imperatr. Russiae mittenda.°® Tetragonometriae Schematismus.?” Resolutio problematis pro definiendo situ quatuor locorum et quatuor stationum.?® De scalis mappis geogr. adcommodandis.°” Epistola ad auctores novorum librariorum Parisin.®° Schematismus Systematol. Nov. De mechanica systematis structura quod vi venti horizontaliter flantis sursum feratur atque instar navis per aerem moveatur directione qua libet.°! Tabulam Eeclipticam una cum quibusdam opusculis in Mathematieis typis excudendam tradidi.” Ipsam vero Tabulae explicationem et usum descripsi.°° (Vid. 1762 7Pre, 1760 Apr. Mai.) Dec. Eccelipsium calculum breuissimum reddidi simulgque nouam ac commodiorem eeclipsium Solarium projectionem excogitavi.* De novo Organo commentatio ad Consilia- rıum Bel.®° Problema de definiendo locorum situ absque linea stationis ad eundem misi Actis eruditorum inserendum.°® NResponsio ad libellum D=i Holland circa symbolicam syllogismorum constructionem organo insertam.*” 27 1765. Jan. Calculum et projectionem ecclipsium ad finem perduxi.! De differentia novi et veteris styli Calendarii.” Observationes ad Ill. Comitem Woronzow Russici Imperii Cancellarium.® Problema ballisticum ulterius promotum.* (Jan. Juli 1764.) Orationem inauguralem academicam conscripsi atque die 24 Jan. natali Regis Borussiae in Academiae consessu solemni habuıi.°® Febr. De natura infiniti realis et mere symbolici meditata.° Alia de evoluendis ideis simplieibus et primis quae theoriam motus et substantiarum ingrediuntur.? Dissertationem de motu corporum in medio resistente inchoavi. Mart. Eandem Dissertationem continuavi.® Conseripsi varia calendario genealogico Berolinensi adiungenda. Varia alia ad augendam rem academicam facientia.? Schematismus geometriae nauticae.!? Dimensio superficiei ellipsoidis. !! Aprili. In organon et architectonicam mutationes variae.!? Ad augendam rem Academicam facientia plura.” De emendandis calendariis e. c. t.!* De motu corporis in medio resistente.!° Maio. Eadem quae mense praecedente continuata. Ad Drwm Holland epistolae. !6 Instrumenta co&mi operibus mechanicis inservientia.2” De vi pulveris pyrii meditata.!® Junio. In organon et architeceton. meditata varia.!? Experimenta circa tempus et amplitud. iactus globi e mortario eiecti.”” In rem academiam animadversiones plurimae.?! Julio. Experimenta circa solutionem Sacchari et salis communis Halensis, Schone- baensis et terna Westphalici.°” Confectis thermom. experimenta circa calorem. In obser- vationes ecclipsium lunarium a Mayero collectas adnotata. °? Aug. Examen principiorum statices et hydrostatices.** Experimenta circa Solutionem salium plurima.°° De quantitatibus imaginariis.°® De gravitate salis solutionum disser- tatio academica.”” Analytica plurima. Sept. De legibus calefactionis successivae medii homogenei. Experimenta pyro- metrica. Experimentum pro exploranda actione vis accelerationis. Oct. Quadratura parabolarum ad mentem Archimedis.’® Variationum barometricarum anomaliae ab incluso aere pendentes. Tentamen corrigendi observationes a Scheuchzero in summis Alpibus institutas.?° Nov. Alia parabolarum quadratura.°’ Examen prineipii quo nituntur aequilibrium staterae. De probabilitate praedictionum tempestatum vagarum.®! Dee. De fractionibus continuis aliisque fractionum reductionibus et casibus.°” De aequationum transmutatione.°® In Pithometriam adnotata varia.°* NReductio sectionis sphaerae®° ad trisectionem arcus. Relationes quaedam circa anomaliam mediam, veram et excentricam. °® 1766. Jan. Analysis tabularum lunarium Mayeri et novae inde deductae tabulae quibus ex datis syzigiarum mediarum momentis directe eruuntur momenta vera.! Febr. Aliae eius modi tabulae quibus per loca media I directe inferuntur vera, horarii veri e. ce. t.? Mart. In Gnomonicam meditata.? Reductio fractionum, Reetificatio et Quadratura curuarum per poligona circumseripta et inscripta.* 4* 28 April. De geometria situs.° Ad pithometriam ulterius perficiendam.€° De magnete dissertat. academ. ’ Mai. De prineipiis mechanices a priori stabiliendis.® Experimenta circa magnetem (ibid. 1758 maio).® Jun. De transitu $ in © vis. theoria.1° Determinatio prostaphaereseos per anomalias. Jul. De divisoribus numerorum.!! Examen theoriae lunaris Keplerianae. De cur- vatura fluxus materiae magneticae dissertat. academ.!? Aug. Anmerkung über die Kraft des Pulvers und den Widerstand der Luft.!? Pa- rallaxis © ope transitus © in sole visae anno 1761 constructione eruta.!* Sept. Theorie der Parallellinien.'° Geradelinichter Transporteur. 1% Oct. Anmerkungen über den Circul und dessen Quadratura indeterm.!? Formeln für den Sinus von 3 zu 3 Graden.!® Tetragonometrie.!” Directiones acus magneticae pro annis 1675 et 1718 stereographice delineatae.?° Adnotationes plurimae huc facientes. (Vid. 1761 mart.) Figura Oceani delineata in mappa Mercatoriana.°! Nov. La figure de l’Ocean. Diss. academ.?” epochae motuum 8. Formula pro So 2 ö vera ex media deducendi. Adnotata logica varia. i Dec. Series pro rectific. Ellipseos.*” Constructio geometr. ope solius regulae.** Formula pro quantit. annua actionis solis in tellurem. In Pyrometriam meditata.”° Densitas aeris puri et mixti ex celeritate soni definienda Dissertat. academ.?® 1767. Jan. De motu caloris locali experimentis detegendo eiusque potissimum- celeritate. Observationes in calculum politicum.? De theoremate cotesiano.” Frigus maximum 8”°, 10w°, 12m° e.c.t. die observatum 15 gr. infra punetum congel. Reaumur. Febr. Solutio problematis trium corporum sese mut[uJo attrahentium ope serierum infinitarum dissertat. academ.® de mortalitatis varliis legibus specialibus.* Mart. Sur les secours mutuels que peuvent se preter la philosophie et les belles lettres. ° April. De numerorum divisoribus.° Ad characteristicam universalem et calculum logicum meditata. De universaliori caleuli idea disquisitiio una cum specimine pro actis erudit.? Mai. Regel von Perspectiv. Zeichnung für Herrn Brander.® Perturbatio h a Il caleulo examinata. Experimenta de evaporatione aquae et observationes.° Jun. De vi pulveris pyrii et problemate ballistico meditata.!° De reductione seri- erum minus convergentium ad magis convergentes.!! ÖObserv. de evapor. Jul. Sur une propriete remarquable des quantites transcendentes circulaires et logarithmiques dissertat. academ.*” De comparatione circuli et hyperbolae meditata.!? Observ. de evapor. continuatae.!* Aug. Additions au me&moir sur la resist. des fluides (Febr. 1765).!° Observ. de evap. continuatae. De natura ignis meditata. Sept. Instrum. pro mensuranda celeritate propagationis ignis in fluidis. De natura ignis meditata. Oscillatio corporis in circulo.!° De ideis ad aestheticam spectantibus. !? De incommensurabilitate quantit. transcend. et radicalium. !® 29 Oct. Exper. de propagatione Caloris.? De aberratione lentium.?° Examen refr. et dispersionis prismatum vitreorum Dollondii.?! De motu projectilis vento spirante.°* De ideis quibusdam aestheticis curatius definiendis. De dimensionibus eorum quae Subli- mia, profunda, remota e. c. t. dicantur in literis elegantioribus. ?° Nov. De aberrationibus luminis remotius ab axe lentium sphaericorum incidentis. ** De declinatione acus magneticae mappis inserenda.°® Dec. In algebram philosophicam Richeri animadversiones.?®° De machinis levandis ponderibus idoneis. De curva ballistica. ?” 1768. Jan. De dimensionibus quibusdam mundi intellectualis.* Tabella paschatos. Jul. et Gregor. De relatione inter pascha Gregor. et Julianum.” De curvatura fluxus magne- tici meditata continuata. Vid. Jul. 1766.” De gustu meditationes.* Febr. Examen tuborum dioptr. Dollondii. Quadraticem curvae et poligoni cuius- libet construendi methodus.° De divisoribus numerorum. Mart. De numeris qui sunt summa duorum quadratorum. De divisoribus nu- merorum. Sur l’analyse du babillage dans les ouvrages qu’on fait passer pour instructifs. ® De aequationum alterioris gradus reductione ad arcus circulares e. c. t.? April. De topica animadversiones.® De contrahendis scapis.” Nova litteraria quae- dam. Observ. thermom. sub terrae superficie.1° De compositione virium.!! De ordinando laboratorio physico Academiae.!? Probl. quaedam geometriae practicae.!? De topica Sche- diasma (pro actis Erudit.).!* Mai. De factoribus aequationum.2° De usu scalarum Branderianarum. !® Jun. Examen satellitis I! 9. De sectore dioptrico.!? Jul. Tabb. Satell. I A. Probl. 3 corporum ad D adplicat. Serierum formulae huc facientes.!® Aug. Nova quaedam litteraria. Adnotata circa calorem telluris infra superficiem ad Societat. Phys. Tigurinam mittenda.!° Sur le gout. Sur la partie photometrique de l’art du peintre, memoire.?? Sept. Sur les racines des equations, leur term moien e. t. c.?! Nova litteraria plurima. Oct. Noya litteraria. Lineae directionum magneticarum in globo terrestri.?? Sur les facteurs des equations qui peuvent ätre trouves. De scalis hygrometricis meditata.”® Claves characterum linguae Sinensis.”* De observ. Meteorolog. per universam terrarum orbem instituendis.?” Schediasma ad D® Mitchel M. legatum Brit. ad R. Borussiae. Noy. De hygrom. experimenta.?° Transmutatio figurarum in rectangula.°” Sur la methode du caleul integral. *® Dec. Idem continuavi. Nova litteraria plurima. De Hygrom. Experimenta. Com- paratio altit. barom. Hispan. et Bernensium.?” De aurora boreali.°?° 30 \ 1769. Jan. Essai de tax&ometrie.! De hygr. exper. Nova Litteraria. Essai d’Hygro- mötrie.” Additamenta ad Prineip. Mechan. (1766 may.)® De sectore dioptrico.* Febr. Theorie du gout.° Thermometr. Nova litteraria. De condendis Tabb. divi- sorum numerorum. ® Mart. Tabb. I (1766 Jan.) alias adieci pro oceult. fixarum, motibus horariis et cunctas in ordinem redegi quo typis exeudantur. ” April. De seriebus periodicis quae ex divisione nascuntur (1754 Jan.) quatenus ad investigandos divisores faciunt pro Actis Erudit.” Trigonom.-hyperbolique.° Mai. Instruments acoustiques.!? Usus scalarum Branderianarum. !! Jun. DBeyträge zum Nivellieren.” Nova litteraria. Jul. Probl. de cane leporem prosequente pro Actis erudit.? Nova litteraria.1* Aug. Circa divisores numerorum et resolut. aequat. quadr. in numeris integris plurima.!° Nova literaria. Sept. Exseripsi et redegi tabulas divisorum minimorum quos habent numeri ab 1 ad 102000. Cometae observ. constructio et calculus.!” Nova Literaria. De firmitate aedificiorum. Ordines columnarum. 1° Oct. Tabulis divisorum addidi alias logarithmicas, eirculares, pro radicibus e. c. t.1° De Aurora boreali 24. oct. visa meditationes.°® Solutio problematis de fractionibus in facto. resolvendis. ?! Nov. Easdem tabulas una cum earum descriptione ad finem perduxi.?? Dec. De frigore 1709 observationes collectae. Tentamen ex collatis cometarum observationibus eorum tempora periodica divinatione assequendi. De radicibus aequatio- num imaginarlis. *> 1770. Jan. De mappis geographieis. Circa formulas integrales meditata. Febr. In architecturam eivilem annotationes.! Mart. De curva elastica.” Nectif. ellipseos.” Problema de tangentibus.* April. De interpolationibus.?° De cometis observ. et computandis.° De computo calendarii iudaicı.? Mai. Nova litteraria. De cometis. Sur l’encre et le papier. ® Jun. Praefatio ad Architectonicam.” Adieci caput de forma. Sur la refraction du son et de la lumiere. De mappis geographicis. Jul. Constructio orbitae cometae, qui hoc mense apparuit.1? Nova litteraria. Aug. De mappis geogr.!! De ratione metiendarum distantiarum in mappis. Con- structio mappae cuius meridiani sunt arcus circulares, areae areis in sphaera propor- tionales.*! De sciateriis horam per altit. © definientibus. Sept. Experimenta dioptrica. Examen, undenam tubi quatuor lentium convexarum praestent iis qui tribus instramentur.!? De mappis geographieis. In leges mortalitatis inquisitiones. 13 Oct. Tabula radieum aequat. biquadraticorum.!* Sur les portes-lumieres appliques ä la lampe.!° De tabulis in mathesi pura usui futuris.1° Constructio lampadis una cum Cono lumen dirigente. '” sl Nov. Experimenta dioptrica. Nova litteraria. Essai de dioptrique experimentale, 12® partie. 18 Dec. De $ $ © ex transitibus $ per © definiendis. De legibus mortalitatis, nup- tiarum et fecunditatis.!° 1771. Janv. Sur les directions de l’aiguille magnetique sur la surface de la terre.! Febr. Sur l’orbite apparente des cometes.” Machine construite pour les mouvemens de soleil. Machine eccliptique perfectionee.*® Mart. Observ. sur l’influence de la lune dans le poids de l’atmosphere.* Obser- vations optiques.° Constructions de quelques hygrom. correspondans. ® April. Schematismus capitum Systematologiae.” De projectione telluris sphaeroidis. Mai. Descriptio systematis scalarum.° Cometae observatio et constructio orbitae.? De divisione figurarum. Vis venti in alas molendinorum impingentis.1 De construendis seetionibus conicis.!! De tabula fractionum per partes decimales exhibendarum. !? Jun. De motu macularum solarium.!* De mortalitate variolarum.!! Nova litteraria. Tabulam fraetionum (mens. praec.) ad finem perduxi. Ad pytlometriam doliorum ellipti- corum meditata.!? Jul. Systematol. incepta. Sur les predictions astrolog. ou examen d’une espäce de superstitions ramende au calcul des probabilites.** Ad pythometriam supplementa.!? De stateris hydrostatieis. De tabulis triang. sphaer. rectang. et rectilin. quorumvis. !$ Aug. Sur les lorgnettes achromatiques d’une seule espece de verre.1? Meditata dioptrica plurima. Sept. Delineatio perspectiva pro Sulzero.?° De aequationibus et funetionibus epi- stolae plurimae. Tabula exhibens cireuli segmenta. Oct. Observations analytiques sur le Caleul des fonctions.?! Nov. Sur le frottement en tant qu’il ralentit le mouvement.?? De vi percussionis cum ponderibus comparata. Exper. et theoria Systematol. continuata. Dec. Sur la fluidite du sable.?® Calceul bei einem Trettrade.** 1772. Jan. Nova litteraria. Grammatica Kalmarianae linguae universalis typis tradita.! Febr. Tab. lunares pro motu D diurno, culmin. ortu, occasu.? Mart. De variis motus retardionibus, earumque criteriis. April. Observationes hygrometricae inter se comparatae. De annuis caloris varia- tionibus. Mappa globi terraquei physica.° Mai. Mappa Europae physica. Gradus hygrometrorum fix. Thermom. Dre- belliani scala.* Jun. Observat. therm. plurimae, comparationem therm. $ 7 [vino] illinitorum ad © expositorum spectantes. Observ. thermom. et hygrometriae aliae.° Horologium pendul. mihi comparavi quo exactius in variis casibus tempora determinare possem. Thermome- trorum variorum comparatio constructaque scala.° Observ. hygrom. 1751 Curiae Rhae- torum spongia et corda testudinis factae inter se comparatae.”? Jul. Additamenta ad scenographiam. Experimenta thermometrica et hygrom. plu- rima. Observ. hygrom. inter se collatae. Aug. Exper. et miscela colorum, earumque computatio. Farbenpyramide.® Delineatio scenographica partis vivarii Berolinensis, uti sunt tentoriaa Nova litteraria. Observ. hygrometr. Sept. Zusätze zur freyen Perspective.” Sur les differentielles & exposans rompus et variables.. Problemata sola regula construenda.!® Oct. Schematismus pro Ephemeridibus academicis a D®° Bode computandis.!! Nov. Second Essai d’hygrometrie.'” Exper. hygrom. Comparaison des hygrometres. Addition au memoir sur les lorgnettes.1? (Aoust. 1771.) Dec. Berechnung bey Feuerspritzen.** Tab. trigon. pro casu tangentium. Log. hyperbol. tangentium ex Ursini tabula excerpti.!? Circa densitatem aeris ratione refrac- tionum, celeritatis soni, vaporum meditata.!° Circa Tacticam Problema.!’ De extrahendis radicibus problemata numerica. 1773. Jan. Sur la densit€ de l’air.! Tabb. quaedam pro projeetionibus geographicis. Circa hygrom. corresp. experimenta. Febr. Second Essai de taxeometrie.” Nova litteraria. Projectio Ö pro transitu 9, 1761. Tab. systematis planetarii numerica.° Mart. Eandem tabulam continuavi. Probl. astron. pro Ephemeridibus. Mappa geo- graphica ecelipsibus solaribus adaptata.* Nova litteraria.® April. Pro Ephemeridibus et Calendariis plurima.° Tab. celeritatis lapsus corporum. ” De satellitum adparentiis. ® Mai. Tab. coefficientium pro interpolationibus. Ad calendariographiam plurima. ° Jul. Beyträge zu den Ephemeriden von 1776.!° Aug. Beobachtung der Mondflecken. !! Sept. Zeichnung und Orientierung der Mondkarte nebst deren Beschreibung. !? Oct. Fernere Beyträge zur Ephemeride.!? Nov. Zu den Tafeln der Satelliten 2." Über die Perturbation 9, h."° Dec. Eben dieses continuirt. Mondeharte. Constr. des Cometen.!® 1774. Jan. Oceult. Aldeb. und Ecelipsis D vom 30. Sept. 1773 für die Ephemeriden.! Febr. Observ. phys. über die Farbe des Erdlichts im Monde. ? Mart. Opposit. fi © beobachtet und konstruirt.? Von Gestalt d. Meeres. Quadra- torum magicorum formulae generales. Die Versuche von Feuerspritzen beschrieben.* April. Über die Wind- und Wassermühlen.° Beyträge zu den Ephemeriden.® Mai. Fernere Beyträge zu den Ephemeriden. Jun. Mappas geogr. plurimas ad eundem meridianum reduxi atque interpolando correxi. ! Jul. Tentamen theoriae motuum Satellitis Veneris.® Aug. Tab. long. et latit. locorum expansa.” De temperandis octavae sonis ope quintarum et tertiarum majorum. !® Sept. De cometis ad tellurem proxime accedentibus.!! Oct. 39 Soliditas pyramidis per latera facierum determinata.!? Systema 53 Interv. musi- corum octavae.!° Systema solare vel parallelismus tabb. astronomicarum.** Tab. ad chronol. spectantes. Nor. Tabb. motus I diurni, noviluniorum, perturb. R 4 e. c. t.!° Systemati tabb. academicarum adıungendae.1° De frietione experimenta. Dee. Jan. Febr. Mart. April. Mai. Jun. Jul. Aug. Sept. Oct. Nov. Dee. Jan. Febr. Mart. April. Mai. Jun. Jul. Aug. Sept. Oct. Nov. Dee. Jan. Febr. Mart. Apr. Maı. Abh. d. mat'h.-phys. Kl. XXVIIJ, 6. Abh. De frietionis varıo effectu.1” Sur les moulins A vent.!® 1775. De molendinis aqua eirecumagendis.! De molendina experimenta.” Sur les moulins, quatre memoirs.? Nova litteraria. Calculi musici plurimi. Sur les flutes exper. et calculs.* Sur le frottement en tant qu'il rallentit, second memoire.” Sur les quarres magiques. Sur les machines ä manivelles. Nova litteraria. Exp. de Syringis. Calculi musiei plurimi. Nova litt. Exper. de tibiis. Sur les soufflets.”? Cale. musici. Nova litt. Circa Interpolation.®° Calc. et tab. Syring. De principiis pyrometr.” Astronom. varia.!" 11446: Circa Therm. eoncord. Thermom. aereum.! Problem. Astronom. De Sattel. 2.° Appar. annuli h.? Noya litt. Sur les forces humaines, 3 memoires.* Sur les voitures ä 4 roues.° Nova litt. Mouvemt. des tonneaux pour arrondir les boulets. ® Nova litt. Sur les vents dominants.” Sur l’oceult. de 2 par la lune eccelipsee.® Horol. pro ortu ©.° Sur les cloches et autres corps sonores. Usu mappae I pro longitud.!? Sur le calcul des comötes.!! Sur les refractions de l’air.!? Sur la declinaison de l’aimant, une carte.1? Calcul des pertubations.!* Nor. litt. Sur l’elastieit€ et la tenacit& de l’eau.!5 1777. Sur le son des corps &lastiques.! Sur le quarr&e de la vitesse dans la Dynamique.? Die Pyrometrie angefangen den 4. Einige Glocken untersucht. Die Pyrom. fortgesetzt. Die Pyrom. geendigt, den 16ten,? ou 34 Anmerkungen zum Text von Johann Heinrich Lamberts Monatsbuch. 1752. 1. „De Puleritudine“ M. S. s. „Inventarium“ (Einleitung) IV Rhetorica, Aesthetica 1). „orationes* betr. die Reden und Gedichte Lamberts schreibt Joh. Conr. Keller, ein junger Freund aus Zürich, von Schloß Pfyn aus am 8. Dezember 1766 an Lambert: „Haben Sie noch immer ihre vortreflliehen Reden und Gedichte nach dem Geschmack des Hohenliedes, die Sie mir ehedem vorgelesen, in Ihrem Pult verschlossen? Ich wünschte doch sehr, daß Sie letzteres bekannt machten, man könnte es sehr schieklich in unsere Wochenschrift in Zürich einrücken.“ Johann Bernoulli betont in einer Note, die Veröffentlichung sei sehr wünschenswert, und vermutet, daß manches in lokalen, schweizerischen Blättern schon gedruckt sei, wiewohl seine Nachforschungen hier- wegen fehlgeschlagen. Kürzlich hat Remy aus den Gothaer Lambertiana einige Proben gegeben. 2. Refractio aeris. Die älteste Beschäftigung damit ist die Anmerkung über die Strahlen- brechung. Cod. 746 S. 260. 3. Pontis Richenov delineatio. Heinzmann (s. Einleit.) schreibt pag. 221: „Er maß und zeichnete die Gegend um Chur und stellte in dortigen Gebyrgen viele physikalische Beobachtungen an.“ „Quadrans“ Fig. 14 im Cod. 748 gehört zu „Essai sur la construction d’une horloge qui montre les heures Italiennes et ordinaires“, Cod. 746 S. 62. Thermometr. et descriptio datiertes M. S. vom 28. April 1752.im Cod. 733 8. 29. 4. Planta Martin, folgeweise Hofmeister, Prediger der deutsch-reform. Gemeinde London 1750, auf kurze Zeit Pfarrer zu Zizers in Graubünden 1754, und endlich 1763 mit J. S. Nese- mann aus Magdeburg, gest. 22. Jan. 1802 in Chur, Direkter des Seminars zu Haldenstein, welches später nach dem Schlosse Marschlins im Prättigau (1771) verlegt wurde, geb. 1727 zu Süß im Unterengadin, gest. März 1772 zu Haldenstein, ist als Erfinder der Scheibenelektrisier- maschine zu betrachten, deren er sich seit 1755 bediente, früher als Ramsden 1766 und Ingenhouss 1764, vgl. den Artikel bei Poggendorft. 5. nota ad curvam araeometrae s. Cod. Gothan. 746 S. 91 u. Continuatio 8. 119. 6. Delineatio montium eirca Curiam s. oben 2. Hierher gehört auch die poetische Be- schreibung der Aussicht der Gegend um Chur aus dem Lürlibad betrachtet in Joh. Bernoullis Sammlung kurzer Reisebeschreibungen 1I, 1781; das M.S. ist erhalten im Cod. 707, 8. 614. Declivitas flumin. s. seine bezügl. Tabelle im Cod. 746 S. 228. 7. Tacheograph M. S. s. Inventarium (Einleitung) V Logica et Philosophica 2). 8. Mayer. Gemeint ist wohl: Meier, Friedrich, Vernunftlehre, Halle bei Justus Gebauer, 1752. 9. vers. ad D". Koch et de laude dei s. Cod. Chart. B. 740 8. 38/41 u. S. 66. 10. Planisphaerium, sehr große Figur 18, im Cod. 748. 11. Mach. wohl Machina arithmetica s. Cod. Gothan. 748. 12. Ichnograph. Unter dieser kurzen Abkürzung verbirgt sich ein MS. von 63 $$ Cod. Chart. B. 736 S. 67/91 „Anlage zur Perspektive“, datiert vom August 1752. 35 13. Examen probabilitatum in ludis vgl. die von Johann Bernoulli posthum hrsgegeb. Arbeit: Mathematische Ergötzungen über Glückspiele, Archiv Hindenburg, 10. Heft, 1799, 8. 209—222, welehe nach einer Notiz Bernoullis im Cod. 737 8. 103 aus dem Jahre 1749 stammt. Das M.S. umfaßte 27 Bl. in 4° nach der Bemerkung J. Bernoullis im Cod. 737. 14. Hygrom. Vom Okt. 1752 finden sich im Cod. Gothan. 734 8. 3—7, Berechnungen über die Dimensionen einer Walze und Anwendungen auf die „Sayte des Hygrometers‘ und die saubere Zeichnung eines „Statera Hygrometrica“. 15. De inveniendi modis s. Inventarium (Einleitung) V. Logiea et Philosophica 1). 16. oratio circa y S s. Cod. Chart. B. 740 8. 36 und 121 und Inventarium (Einleitung III. Theologica 6). 1753. 1. „Wurmsamen“ sind die Eier der Seidenspinner vgl. dazu oben „Bombyces“ und die Nota im Cod. 746 S. 224. 2. Dommerich Joh., Anweisung zur wahren Beredsamkeit. Lemgo, bei Heinr. Mayer, 1750. 3. Noach. 8 libr. leet. bez. sich auf die Lektüre von Bodmers Noachide s. Cod. Chart. B. 740 S. 23/25. 4. Speeimen Logicae characteristicae: Die betreffenden Arbeiten aus dem März und August 1753 sind enthalten in den Meletemata de Analysi logica s. Inventarium (Einleitung) V. Logica et Philosophiea 10), das speeimen heißt Comparatio Algebrae et Analysos universalis. Catalog. probl. resol. et tentaminum faciend. Specimen caleuli novi infinitesimalis s. V. (Inventarium) Logica et philosophiea 8. Varia. Schedae collectae de calore et elasticitate acris, vgl. Cod. 736 8. 243. 5. Systema de Calore, Cap. I—VI s. die Abhandl. in den Acta Helvetica II, pag. 172 bis 242, 6. Dial. Socratic. s. Inventarium (Einleitung) V. Logica et Philosophica 4) Philosophische Gespräche über die Allgemeinheit der Grundregeln (Cleantes und Damon). 7. de modo corrigendi proxim. in der Fehlerrechnung und Perspektive ist Lambert Schüler Marinonis, s. darüber w. unten. 8. fabula vgl. die aus dem Cod. Gothan. 740 8. 42 von Remy veröffentlichte Fabel, de humilit. s. Inventarium (Einleitung) V. Logica et Philosophica 8). Varia. j 9. Memoriale circa litem cum Episcopo, darüber schreibt Heinzmann, s. Einleitung pag. 325: „Er hatte es in der Rechtsgelehrsamkeit weit genug gebracht, um in dem Streite der Stadt Chur mit dem Bischoffe im Jahre 1753 zwey Memoires für die Sache der ersteren heraus- zugeben.“ Ad 9. Memoriale eirca litem eum Episcopo. Die Titel der Streitschriften sind: (Rost J. B. von, Bischof von Chur), Abgenöthigte Schuzschrifft des Betragens ... des Herrn Bischoffen zu Chur... gegen die Stadt allda samt Widerlegung der... Wahr- hafften Erzählung und gründlichen Rechtfertigung derjenigen Maßregeln, welche die Stadt zu nehmen bewogen worden seye, 1753, fol. Memoriale I: Ausführliche Gegenantwort Lobl. Stadt Chur auf die sogenandte Abge- nöthigte Schuzschrift des Betragens Ihro Bischöfl. Gnaden zu Chur [J. B. von Rost]. Chur 1753, fol. Memoriale II: Wahrhaffte Erzählung und . . Rechtfertigung derjenigen Maßregeln, welche eine lobliche Stadt Chur in Ansehung des Betragens Ihro Bischöfflichen Gnaden [J. B. von Rost] und Hochgestifts allda zu nehmen bewogen worden. Chur 1753, fol. Memoriale Foederis Dom. Dei eirca litem eum Episcopatu: Ausführung der Rechtsamen des Gotteshausbunds über das Hochstift zu Chur, 1755, fol. 10. Die sechs Versuche über die logische Zeichenkunst, welehe von Lambert selbst ins reine geschrieben sind und von Johann Bernoulli im I. Bande von Lamberts logischen und philoso- 5* 36 phischen Abhandlungen 1782 zum Druck befördert wurden, sind nach dem in der Einleitung zitierten „Literar.-Zusatz“, Log. und philos. Abhandlungen, II. Bd. 8. 199/202, für die dies- bezügl. früheren Arbeiten Lamberts abschließend und zusammenfassend. 11. Über die Notwendigkeit der Religion s. Inventarium (Einleitung) III. Theologica 2). M. 8. 12. III. Versuch einer Zeichenkunst in der Vernunftlehre, Log. und philos. Abhandlungen, I. Bd., 1782, 8. 32—79, „welcher die Einrichtung der Wissenschaften zu deren Gebrauch enthält“. 13. Adnotata de curvis horol. polaris is. Cod. 746 d. M. S. 8. 67. Descriptio staterae universal. pro D*. Wiezel s. Cod. 737 S. 150/156: Anmerkung von der Verfertigung einer allge- meinen Schnellwaag. 14. M. S. s. Inventarium (Einleitung) IV Rhetorica, Aesthetica 12), Rede über die Vor- trefflichkeit der Vernunft. 15. Erste deutsche Niederschrift der Abhandlung über Dezimalbrüche. 16. Qualitates eycloidis et . . . figuris exhibitae. Diese Cyeloidenfigurentafeln s. Cod. 734 S. 38/45. 1754. 1. Lambert erhält die Mitgliedschaft der zu gründenden Baseler Sozietät.der Medizin; er . arbeitet für dieselbe an drei verschiedenen Abhandlungen: 1. und 2. des Textes, 3. und 4. Compegi schedas varias de log. Algebr. in octavo in den Meletemata 8. 511, ebenso wie die Quaestiones circa Log. Algebr. resolvendae von $ 20 ab. 2. 4. Februar I. Brief an Daniel Bernoulli M. S. Cod. Chart. 732 #** Cahier A., II. Daniels Antwort vom 22. Februar, Cod. Chart. 676. 3. III. Brief Lamberts an Daniel vom 5. März 1754, Cahier A, die Notae ad hoc re- sponsum sind ein längeres M. $., welches den Briefen Lamberts an Daniel im Cod. Chart. 705 beigeheftet ist. 4. Es handelt sich um Christ. Wolfs Abhandlung in den Acta Erudit.: Regula nova eaque universalis inveniendi differentiam potentiarum duarum quaruncumque sed eiusdem gradus quarum radices sive unitate sive alio numero differunt (1715). 5. Conseripsi Schema Exercitationum logicarum ... Specü s. M. S. Inventarium (Einleitung) V. Logiea et Philosophica 8), Varia logiea et metaphysica Nr. 15 8. 165/174. 6. M.S. s. ebenda: Calculus Constructionum Nr. 16, S. 175/177. 7. Adnotata de calculo differentiali quant. discret. Erste Erwähnung von Lamberts Diffe- rential- und Integralrechnung endlicher Größen, die posthum von Joh. Bernoulli im Magazin für reine angewandte Mathematik, 1788, 1 Stück, 8. 98—118 veröffentlicht wurde, deren Kon- zeption also auf Wolfs in Anm. 4 genannte Abhandlung zurückgeht. Varia problemata circa Effluxum fluidorum, vgl. Cod. 734 8. 47 und 48. 8. horologium mercuriale. Heinzmann (s. Einleitung) schreibt pag. 221: „Pascals Beyspiel trieb ihn an eine Rechenmaschine zu erfinden und das Bedürfnis einer genauen Abmessung der Zeit bey seinen Versuchen, eine Quecksilberuhr, die 27 Minuten lang ging, zu verfertigen.“ Observationes quaedam circa Analysin constructionum, Cod. 736 VI und ff. lateinische Arbeiten. 9. Beschäftigung mit der Integration rationaler Brüche nach Eulers Methoden. 10. Scheuchzer, Beschreibung und Naturgeschichte des Schweizerlandes, 6 Bde. in 4°, 1706—1718. 11. IV. Brief Lamberts an Daniel Bernoulli M. S. Cod. 732 *** Cah. A vom 10./21. Mai 1754; von März 1754, von Juni 1755 amtlich war Lambert von Daniel mit meteorolog. Observationen beauftragt. 12. Vom 16./27. May 1754 ist der erste Brief Lamberts an Respinger, Sekretär der mediz. Sozietät in Basel (seine und Daniel Bernoullis Mutter waren Schwestern) datiert. Er 37 dankt ihm für die Aufnahme in die Sozietät, übersendet die drei Abhandlungen, die ersten Früchte seiner Studien, und bittet den Stil und die Schreibung wenn nötig zu verbessern. 13. Lambert übersendet den Dialogus Socraticus s. Anm. 6. 1753, an Planta zum Druck in der ..zürcherischen Sammlung gelehrter Schriften“. 14. IV. Versuch einer Zeichenkunst in der Vernunftlehre, „welcher die Anwendung der obigen Versuche in wirklicher Auflösung einiger Aufgaben enthält“. Log. und philos. Abhandlungen, hrsgegeb. von Johann Bernoulli, I. Bd., 1782, 8. 79—145. Vgl. auch XI. Fragment „von den prakt. Sätzen“. Ibid. S. 267. 15. Dialogus de exordis M. 8. s. Inventarium (Einleitung) IV Rhetorica 5), Gespräche über die Eingänge, et adnotata circa methodum exordia inveniendi, Varia 20, vgl. hierüber den Brief von U. Koch aus Thusis vom 24. Sept. 1754 im 2. Bd. des deutschen gelehrten Briefwechsels. Johann Bernoulli bemerkt dazu: „Dieser Freund Lamberts ist weiter nicht bekannt; vermutlich war er ein Prediger und war von Lambert, der um diese Zeit Reden und Predigten schrieb, Rats gefragt worden“, ibid. pag. 84. Mayer de immortalitate animae; Meier, Friedrich, Gedanken vom Zustand der Seele nach dem Tode, Halle, bei Hemmerde, 1749, Verteidigungen seiner Beweise, ebenda 1752 und 1753. 16a u. b. Schema Calculi machinarum item Schema Calculi operationum M.S., M. 8. s. Inven- tarium (Einleitung) V. Logica et Philosophica 8), Varia Nr. 17 8. 177/79 u. Nr. 18 8. 179/80. 17. Dissertutiones duae de inveniendis exordiis M. S., M. 8. s. Inventarium (Einleitung) IV Rhetorica 6) und 7): Erste und zweyte Abhandlung von den Eingängen. 18. „Der geprüfte Abraham“: Jugendarbeit von Wieland. 19. Schema dissertationis componendae eirca schemata orationum, vgl. die M. $. Inventarium IV Rhetorica 10): Exereises oratoriques: Lobreden auf Miltiades, Turenne, Äneide I p. 206. 20. Die Colombona, Joseph et Zulika, Dramen von Bodmer in 4°, 1753 u. 1754. 21. Adnotata ex relat. Goetting circa observat. de calore: Es handelt sich wohl um Eulers Abhandlung: Determinatio caloris et frigoris graduum pro singulis terrae locis ac temporibus, S. 82/99 im XI. Bde. der Comment. Petrop., gedr. 1750, worüber sich in den Göttinger Relat. von 1752 pag. 265 ein Bericht findet. 22a. Schema de materia mechanices, Varia 22, S. 184. 22b. Schema de similitudine et metaphoris, Varia 21, 8. 182—183. 23a. Schema theoriae datorum s. Inventarium (Einleitung) V Logica 8, Varia 23 8. 185. 23b. Schema Ontologiae partis practicae, Varia 24 S. 186. Ad. Aug. 1754, Legi Epis. pastor Stinstrae contra fanatismum: Stinstra Jan, Lettre pastorale contre le Fanatisme adress6ee aux Mennonites de Frise par J. S. traduite du Hollandais [— de Boissy?] Avec une preface du traducteur. Leide 1752, 8° und A pastoral letter against fanatieism addressed to the Mennonistes of Friesland, trans- lated from the Deutsch bey H. Rixius. To which is added a preface schowing the occasion of that letter, London 1753, 8°, vgl. Katalog des Brit. Museums. 24. Tabulae Ontologicae WII, die mit fortlaufenden Buchstaben A—J bezeichneten Tafeln „Inventarium“, Philosophica 11). 25. Log. analyt. tentamen quintum: Die von Bernoulli zum Druck beförderten Sechs Versuche einer Zeichenkunst in der Vernunftlehre, V. Versuch, „welcher die Rechenkunst der Vernupft- lehre oder die Art der Begriffe oder die dafür gesetzten Zeichen zu berechnen lehret“. Log. und philos. Abhandlungen, I. Bd., 1782, 8. 145—175. Aliaque scripsi . . . praecipue identificandi modum respicientia s. Varia 8. 335. 26. Am 5. VIII. 54 hatte Respinger an Lambert geschrieben, Daniel B. sei entzückt von den Arbeiten, bes. von der über Wärme, es sei noch Zeit, den zweiten Teil der Wärmeabhandlung dem unter der Presse befindl. Band der Acta Helvetica einzufügen. Am 22. Aug. | 1. Sept. 54 38 schreibt Lambert an Respinger, er habe die drei Abhandlungen sehr in Eile aufgesetzt, keine Kopie behalten. Durch Folgerungen könne er die Abhandlung über Wärme leicht auf das Doppelte bringen, gleich morgen beginne er mit der Fortsetzung. Der Zitate und der Angliederung wegen möge er ihm diese Arbeit nochmals schicken. Am 10. September sendet sie Respinger auf vier Wochen zurück, begleitet durch ein erneutes Einladungsschreiben für die Sozietät. Schon am 29. Sept. erfolgt die Rücksendung durch Lambert, da er einige Wochen ins Veltlin will. D. Ber- noulli wolle sie noch durchkorrigieren, wie jener es mit den drei ersten Blättern schon getan. Nun tritt bis zum Juni 1755 eine Pause im Briefwechsel zwischen Lambert und Respinger ein. 27. Vierzehntägige Reise durch Rhätien. 28. Vgl. hierzu Logische und philosophische Abhandlungen, II. Bd. S. 200. 29. Theoria et calculus actionis radiorum solis. .. M. 8. im Cod. Gothan. B. 735 $. 79]144, „Über die Wärme, welche die Sonne auf dem Erdboden verursacht“. 30. simulque via sternitur Astronomiam Sphaericam constructionibus adeoque mechanice vel potius geometrice repraesentandi eiusque problemata schematice resolvendi, vgl. das M. $.: Anmerkungen über die perspektivische Vorstellung einer Erd- und Himmelskugel, Darstellung der Erd- und Himmelskugel aus einem unendlich weiten Gesichtspunkt im Codex Gothanus 748 $. 48. 31. „Von glücklichen Einfällen“, vgl. das von Joh. Bernoulli zum Druck beförderte Frag- mentum XXXVIII, Log. und philos. Abhandl., I. Bd., S. 456. Theoremata de adaptandis propo- sitionibus ad Sorites, vgl. Cod. 736 8. 191. Anmerkungen über die Notwendigkeit und Zufälligkeit der Begriffe, Sätze, Schlüsse und Wahrheit überhaupt. 32. De repetitione verborum in orationibus s. M. S. Inventarium IV Rhetorica 4), „von denen Wiederholungen einerley Wörter“. 1755. 1. Oratio de charaeteribus Christiani s. Inventarium (Einleitung) III. Theologica 1), Ab- handlung über die Vorzüge des Christen. 2. Quadratura eirculi . ... duplieci modo eruta, vgl. die später zu erwähnenden Observationes in mathesin puram, wo Lambert an Gregorius v. St. Vincentio anknüpft. M. Cantor IV, 8. 445. 3. Erstes Auftreten von Lamberts Formel für die angenäherte Berechnung von Gleichungs- wurzeln: Die älteste Beschäftigung mit der Simpsonschen Methode zeigt der kleine Aufsatz im Cod. 746 8. 234: Nouvelle maniöre de trouver les racines par approximation. Formulam continens qua ad omnes radices adproximari potest: die Näherungsformel 1 a—ck?+2dk? — (m — 1)pk” Y DE ——— . s b—2ck+3dk?— mp kr! Vgl. Curtze, Annali di Matematica, 1867, 8. 285—292; Cantor, Vorlesungen IV, S. 146; Reiff, Geschichte der unendlichen Reihen, 8. 140 u. ff. 4. Theoria Parabolarum, vgl. Inventarium (Einleitung) IV Rhetorica 3, Abhandlung von Beywörtern. Schema Theoriae problematum et postulatorum, Varia 25 8. 187. 5. Vgl. das Fragment XIII: Von der analyt. Methode und den Voraussetzungen, Log. und philos. Abhandlungen, I. Bd., 1782, S. 285 und das M. S. Von der Ausübung der Vernunft- lehre in Aufgaben I, II, III. Varia. 8. 196/219. 6. Vgl. unten Anm. 12. 7. Tent. Log. Analyt. IVa $30 ad $ 90 eontinuavi: s. darüber Lamberts Worte im „Literar. Zusatz“, Log. und philos. Abhandlungen, S. 200: „Im April 1755 habe ich die ganze Theorie der Logik sowohl charakteristisch entwickelt und die allgemeinsten Formeln und Sätze der Schlüsse angegeben.“ 8. Experimenta circa quantitatem luminis reflexi et refracti: Cod. Gothan. 748 enthält ein eingelegtes Blatt, das die Lichtbrechung in Zuckerwasser behandelt, vom April 1755. 39 9. Adnotata de optima mappas geograph. delineandi methodo s. d. M. S. im Cod. Gothan. 748 S. 87, „Anmerkungen über die beste Art die Landcharten bey grösseren Welttheylen zu entwerfen“ — 8. 94. Eng daran an schließt sich das M. S., ebenda 8. 95: 10. „Eine sehr leichte Art die Circulbögen mechanisch zu rektifisieren“ darin, 8. 97: „Allge- meine trigometr. Formeln“, welches den Inhalt der nun folgenden im Juni ausgeführten Arbeiten erschöpfen dürfte: Methodus series infinitas minus convergentes mutare in alias quae eitius con- vergant. Hine deductae formulae e. c. t. 11. Compendium logarithmos numerorum determinandi, vgl. das M. S. Cod. Gothan. 748 pag. 151: „Circulum et in hoc imitari Logisticam ut ope Canonis trigonometriei numerorum multi- plicatio atque divisio aeque absolvi possit simplici additione et subtractione ac id logarithmorum ope fieri solet demonstratur“ und daran anschließend den kleinen Aufsatz: „Dari et logarithmos parabolicos“ e. c.t. Adnotata circa Theoriam ceurvarum universalem s. Inventarium Logica V 9). Varia Logiea et metaphysica S. 441. 12. Nach der Pause vom Sept. 54 nimmt am 25. Juni 1755 Respinger die Korrespondenz wieder auf: Lambert wird im Namen der Fakultät in Basel um barometr. und thermometr. Messungen ersucht. In Basel solle d’Annone, in Aarburg Micheli du Crest diese anstellen. Die Methode ist von Daniel Bernoulli ausgearbeitet: drei Beobachtungen täglich, um 7 Uhr morgens, 2 Uhr mittags und 8 Uhr abends. Auch Windstärken und Regenmengen sollen einbezogen werden. Antwort Lamberts, er benütze zwei Weingeist- und ein Quecksilberthermometer. Lambert beklagt sich über die Abweichungen der Skalen eines Dr. Martin. Den Band II der Acta Helvetiea mit der Abhandlung: Tentamen de vi caloris, qua corpora dilatat eiusque dimensione (3 pl.) pag. 172—242 hat Lambert erhalten. Die beiden anderen sind nicht darin. Die über Dezimal- reihen ist für die Materie viel zu lang, die von den Schnellwagen will er noch ändern, die erstere verkürzt unter andere ÖObservationes aufnehmen. Der nächste Brief Respingers 13. an Lambert ist vom 6. August. Am 29. Aug. | 9. Sept. schickt Lambert die „Observationes in mathesin puram“ und die über Schnellwagen zum Druck an Respinger. 14. Über Lamberts Kommunionbüchlein s. d. Brief Kästners an Friedr. Nicolai vom 17. Juni 1784 in „Kästners Briefen aus sechs Jahrzehnten“. Berlin 1912. Observationes ad logicam eiusque praxim, vgl. Cod. 736 XIV u. ff. 15. Dissertatio de instrumentis meteorologieis s. Cod. Gothan. 734, „Anmerkungen über die Witterung und deren Einfluß in unsern Leib“, ebend. $. 52 und I. Abschnitt: Von den mete- reologischen Instrumenten. Lambert hat schon 1750 mit barometr., seit 1751 mit thermometr. Obseryationen begonnen, die er jetzt ins reine, Cod. 733 $S. 4, schreibt und die „Anmerkungen über die Witterung in Chur 1750—1755“ (Cod.734 $. 92|94 beifügt. Experimentum de exhalatione spongiae madefactae, Cod. 733 8. 305, in den Adnotata de mensura humiditatis aeris ope statera Hygrometrica III. Angestellte Versuche und Observationen von den Hygrometern, Cod. 733 S. 301. ; 16. Beschäftigung mit Eulers Theoria motuum planetarum et cometarum. Berolini 1744. Aberration des Lichts und Spekulationen über die Bewegung von Sternen mit veränderlicher Leuchtkraft. 17. Adnotationes de terrae motu, vgl. M. S. Inventarium (Einleitung) V. Logica et philo- sophica 5a), Anmerkungen über das Erdbeben 1755. Item de numeris problem. Pythagor. de triang. rectang. satisfacientibus: 1797 legte Wild der Götting. Sozietät eine Tafel der pythagor. Dreiecke vor, worin die Verdienste Lamberts um diese Materie in $ 17 gewürdigt werden, vgl. Götting, Anzeigen, 1797, S. 307. 1756. 1. De terrae motu dissertatio II s. Invertarium V Logica et philosophica Nr. 5b). 2. Methodus duples poligona rectilinen quaecumque expedite in triangulum aut rectangulum mutandi, später wieder aufgenommen — Okt. 1766 — für die Beyträge zum Gebrauch der 40 Mathematik II, 1770, Nr. 7, „Anlage zur Tetragonometrie“, 8.175 und für III. Teil, le. S. 56, „Verwandlung der Figuren in gleich große Rektangel“ im Nov. 1768. 3. Methodi variae radium osculi curvarum constructione determinandi ex formulis differen- tialibus erutae. Vgl. das Ms.buch: Varia logiea et metaphysica Philosophica 9 8. 440: „Substitutio eirculi osculatoris pro parte curvae formulae simpliciores pro integratione.“ 4. Alia Theoremata pro construendis curvis ex formulis differentialibus eruta, zur Anwendung gebracht in den „Routes de la lumiere“. 5. 8. oben Anm. 2. Observationibus logieis ... . capita quaedam adjeci, vgl. Cod. 736 XXI: Inquisitio de modo ideas characteristice notandi. 6. Methodus orbitam cometae ex 4 observationibus determinandi später wieder aufgenommen Februar 1771 und verarbeitet in den Observations sur l’orbite apparente des cometes. Mem. de Berlin, Annde 1771. Berlin 1773 pag. 352—364. 7. Adnotationes circa Elevationem vaporum, vgl. Cod. 735, Adnotata de evaporatione et humiditate aeris hinc nascente huiusque dimensione 211|229. 8. Observationum in Meteorognosiam Continuatio praecipue de effectibus ventorum, vgl. Cod. 734 pag. 69. 9. Adnotata varia de Calore atque subtangentibus cwvarum refrigerationis, s. darüber Cod. 734 pag. 166/171. ? 10. u. ff. Zn. sind Teile der unter 20 identifizierten Adnotationes de calore eiusque mensura Cod. 735 speziell über 11, Methodus serierum earumque summarum terminos generales inve- niendi S. 33. 11. Continuavi traetationem de actione Solis terraeque caloris inde provenientis betrifft das M. S. im Cod. 735 8. 79/144: „Über die Wärme, welche die Sonne auf dem Erdboden verursacht“, welche öfters zitiert wird in den unter 20 genannten „Adnotationes de calore eiusque mensura“, also älter ist als dieses. 12. Quaedam de vi cohaesionis corporum et durorum et fluidorum quatenus inde ratio redditus refraetionis lJuminis in corporibus pellueidis. Ein hieher gehöriges Experimentum von Ausdehnung der Luft, datiert 25. may / 3. Juni im Cod. 748 8. 122. 13. De reflexione et refractione luminis verarbeitet in den „Routes de la lumiere“. 14. Collegi observationes eirea declinationem acus magneticae ... . expulsi ab Halesio s. Cod. 748 8. 123—135 (vi ignis durch Destillation!) Über Hales s. den Artikel bei Poggendorff. 15. inerementa caloris diurni: Teile der Arbeit: Über die Wärme, welche die Sonne auf dem Erdboden verursacht, vgl. Anm. 11 $ 183. 16. Observationum in Meteorognosiam continuatio praecipue de variatione caloris et inde provenientium, vgl. Anm. 8 betreff. das M. S. im Cod. 734: „Anmerkungen über die Witterung und deren Einfluß in unsern Leib“, welches in Anm. 15 1755 schon erwähnt wurde. Speziell hier ist das M. S. gemeint: Fortgesetzte Anmerkungen über die Witterung, Cod. Gothum. 734 8.72 u. 81. 17. Institui Observationes Barometricas e Monte Mittelberg Curiae findet sich im Cod. 748 pag. 136/38, Observationen über den Fall des Barometers auf den Bergen bey Chur, 1.|20. Juni. 18. De criteriis numerorum quadratorum, s. folgende Anm. 19. 19. De numerorum divisoribus: Im Cod. 748 S. 119 findet sich ein Auszug aus einer bezügl. Arbeit Krafts in Tom. III der Acta Petropol. 20. Adnotationes variae de calore eiusque mensura parlim collectae et auctae partim adın- ventae novae e. c.t. dieses wichtige M. S. im Cod. 735 S. 1—78 enthält auch die theoria succes- sivae caloris distributionis. Methodus universalis aequationes quaseunque differentiales integrandi per Seriem. Integratio formularum integralium in casu simplieissimo. 21. Principia physica de calore a $1 ad 189 der Pyrometrie, welche posthum herauskam. 41 22. Huypotheses atque positiones de igne et luce Ss 1—20: „Vorläufige Grundbegriffe“ der Pyrometrie. 23. Nollet Jean Antoine, Abbe Diaconus in der Diözese von Noyon, nachdem er England und Holland bereist (1734), längere Zeit in Paris öffentliche Vorlesungen gehalten, auch vom Herzog von Savoyen dazu berufen, in Turin eine Professur der Physik einzurichten, in Paris Professor der Physik am College de Navarre seit 1753, an der Artillerie- und Ingenieurschuie seit 1761, Erzieher der königl. Kinder seit 1767, Mechanicien adjoint der Akademie 1737, Mitglied 1742, Pensionaire 1757, geb. 1700, gest. 1770, der Entdecker der Diffusion. 8. W.: Lecons de phys. experimentale, 6 vols, 12°, Amst. 1754; Nouveaux experiences faites avec les rayons solaires, rassembles tant par reflexion, tant par refraction. M&m. Par. 1757. 24. Der Titel der Abhandlung lautet: De variationibus thermometri aceuratius definiendis (De investigandis lesibus variationum thermometri ex methodo, qua astronomi ad motuum coe- lestium inaequalitates eognoscendas utuntur, hrsgegeb. unter 1) in J. T. Mayers opera inedita durch Lichtenberg, Vol. I Goettingen 1775. 25. Artis Perspectivae problemata inversa verarbeitet im VIII. letzten Abschnitt seiner „Freyen Perspektive“. Es handelt sich um die Lage des Gesichtspunkts und der Tafel zu einer gegebenen Perspektive. „Die Tatsache, daß Lambert jene Frage rationell lösen und ferner zwei orthogonale Projektionen eines Körpers aus einer Projektion ableiten wollte, hat dazu geführt, daß man ihn zu den Begründern der heutigen Photogrammetrie rechnet.“ Vgl. Cantor, Vorlesungen IV 8.611. 26. Figurae wel tabulae quibus delineatae sunt mutationes barometricae observatae Curiae Rhaetorum A. 1751 seqq. s. Cod. 733 8. 35. Plura tentavi pro eruendis primis Prineipüs caloris lucis atque ignis, vergl. Cod. 736 8. 2/8 19 SS. 1757. 1. De motu partieularium vi centrifuga praeditarum, vgl. „Anemometrum“ im Cod. 748 und speziell S. 25 fluidi percussio. Diese Abhandlung ist auch für die Geschichte der Luftschiff- fahrt von Interesse. 2. De successiva caloris distributione in statu permamentiae . .. .. . bilden einen Teil der Untersuchung in den Adnotationes de calore eiusque mensura s. Anm. 20, 1756. De curvis quarum abscissae eaedem, spatia vero sint ut dignitates curvae assumtae im Cod. 734 S. 184. 3. Legi Buleri Analysin infinitorum, Eulers introductio in analysin infinitorum. Lausannae 1748. 4. Observationes ev Condaminii Diario itineris Peruviani im Cod. 748 S. 140. Condamine Charles Marie, Mitglied der Akademie und mit Bouguer Teilnehmer an der französ. Gradmessung in Peru, daher von 1735—1746 in Amerika. 5. Collegi plures Dissertationes mathem. in fasciculum. Es sind die in Vol. III der Acta Helvetica, 1758, pag. 123—168 erschienenen „Observationes variae in mathesin puram“. 6. Constructio transportatoris rectilinei ... . ., später aufgenommen September 1766 und gedruckt in „Beyträge“ II. Theyl, 1. Abschnitt, 1770, Nr. 6 8. 170, „Einige Anmerkungen von Ausmessung der Winkel und Linien auf dem Papier“. 7} 7. Quaeritur characteristica quantitatum trigonometrica, vgl. Anmerk. 11. 1755 u. 15. 1757. 8. De intensitate luminis atque caloris a vitris speculisque caustice collectis bezieht sich auf $ 30 S. 49 der Adnotationes de calore eiusque mensura im Cod. 735, s. oben Anm. 20, 1756. 9. Demonstratio theorem. Maieriani de divisione figurarum. Die von Poggendorff unter 2) als unediert aufgeführte Abhandlung J. T. Mayers: De Transmutatione figurarum in triangula, vgl. Cantor III. S. 555/56. 10. Proofii theorema de reductione sectionis anguli in tres partes ad sectionem rationis ... Proofe Gottfried Dr. theolog. (Frankfurt 1760), Prof. 1739 erst der Mathematik, 1741 auch der Philosophie am Gymnasium zu Halle und seit 1750 Direktor des Pädagogiums daselbst, früher Lehrer am Kloster Bergen 1735—38, 1738 —39 Dozent an der Universität Halle, geb. 1712, Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 6. Abh. 6 42 gest. 1770 zu Altona. In Betracht kommt hier wohl sein Progr. de analysi ad physicam adplicata, Altona 1750. 11. Reise nach Hannover vom 11.— 21. April. 12. Ex Optica Newtoni tabellam refractionum ... ex actis Societatis Cosmographiae Lowizii Problema de projectione mapparum deseripsi im Cod. 748 8. 144 und ebenda 8. 147 „Geograph. Aufgabe von Chr. Lowiz aufgelöst“. 13. Conseripsi Prineipia Caleuli solido et hypersolido different. et integralis ulterius adhue extendenda, vgl. Anmerk. 7., 1754. 13a. Descripsi tabellam Halleii ex actis Erudit 1707 paq. 225, sie ist erhalten im (od. 748 S. 149. 14. Motus Barometricos 3 fere annorum in una tabella exhibui, s. Cod. 7338. 91. 15. de logarithmis Circularibus et parabolicis Cod. 748 pag. 151 ist die Abhandlung Cireulum et in hoc imitari Logisticam ut ope Canonis trigonom. numerorum multiplicatio atque divisio aeque absolvi possit simpliei addit. et subtract. ac id logarith. ope fieri solet demonstratur und anschließend: „Dari et logarithmos parabolicos“. 16. Descripsi observationes meteorolog. Basileam mittendas, Reinschrift der in den Acta Helvetica veröffentlichten Observationes meteorologicae curiae Rhaetorum habitae, una cum variis in eas animadversionibus, Vol. III, Basil 1758, 4°, pag. 321— 365. ö 17. Reductio plani orbitae comet. et telluris ad planum quoddam fietum | für die Insigniores orbitae co- ; g Br metarum proprietates. 18. Variae Parabolarum constructiones facillimae Best 19. Post observationibus meteorologieis Basileam mittendis adieci adnotationes generali — ores alque consectaria inde defluentia. Vgl. Acta Helvetica, Vol. III, Basil 1758, 4°, 8. 321/365. 20. Observat. Barometr. Petropoli hab. im Cod. 748 pag. 158. 21. Corollaria inde deduxi generaliora im (od. 748 pag. 163. 22. Methodus series quasdam mutandi in magis convergentes e. ec, t., vgl. Photometrie $ 426, 877 und 949 und später „Beyträge“ II, 1 No. 8, S. 184. 23. theoria luminis . . . scala claritatis e. c. t. für die Photometrie. 24. Ebenda die Experimenta circa rationem aperturae Pupillae. 25. Euleri tractatus de illuminatione planetarum. Es handelt sich um No. 178 von Ene- ströms Verzeichnis von Leonhard Eulers Schriften. 26. Kaestneri Optica, vgl. Kaestners Brief an Lambert vom 30. Sept. 1757. 27. De refractionibus luminis atmosphaeram transeuntis. Theorema quoddam universale pri- marium für die „Routes de la lumiere“. Das Brechungsgesetz. 28. Reise nach dem Haag und Rotterdam. 29. Semitarum luminis consideratio, gemeint ist die Optik des Alhazen, der auch die Strahlen- brechung und die Theorie des Auges behandelt. 30. Theoremata quaedam de numerorum divisoribus, später in den Adnotata de numeris eorumque anatomia. 31. Methodus ex paucis logarithmis hyperbolieis ceteros omnes derivandi, im Anschluss an Eulers Differentialcaleul. 32. quatenus alt. barometricae a vaporibus pendeant, vgl. Cod. Gothanus 734 S. 166/171, De altitudine barom. observationes, 32 $S$ u. Cod. 748 p. 166: Formulae veriores pro definiendo altitudines barometricas et elevationes poli. Ba 4 43 1758. 1. Methodus refractiones astronomicas per series exhibendi S. 46 der „Routes de la lumiere“, erstes gedrucktes naturwissenschaftliches Werk Lamberts, welches 1758 in La Haye erschien unter dem Titel: Les proprietes remarquables de la route de la lumiöre par les airs et en general par plusieurs milieux refringens, spheriques et concentriques, 8°. Das Werk lag jedenfalls im Juni 1758 gedruckt vor, wo Lambert am 1. Juli ein Exemplar an Euler in Berlin übersandte, vgl. den 1. Brief an Euler; die bald vergriffene Auflage umfaßte 1100 Exemplare. 2. De quantitate evaporationis variae positiones, verarbeitet in der in Anm. 8 1760 ge- nannten Abhandlung. 3. Theoremata quaedam cyclometrica atque circa series infinitas, s. Anm. 6. 4. Adnotationes in quasdam dissertationes de Cohaesione corporum et attractione Newtoniana’ s. Inventarium (Einleitung) V. Philosophica 9), Varia 27, Allgemeine Theorie der Körper. 5. Refractionum terrestrium plenior Determinatio, s. den Abschnitt der „Routes de la lumieres“: Les Refractions eirculaires, de leur usage pour la determination des refraetions terrestres et de divers autres probl&Emes dependans des Refractions tant astronomiques que terrestres. 6. Theoremata de tangentibus et poligonis eireulo eircumseriptis, später verarbeitet in „Beyträge“ II, 1 No. 9 Quadratur und Rektifikation der krummen Linien durch geradelinichte Vielecke, welche um dieselbe und in denselben beschrieben werden können, 8. 250—314. 7. Adnotata ad Newtoni arithmeticam universalem Ä e x \ | vgl. $53 der Insigniores orbitae S. Orbitarum cometarum in sphaera superficie delinea- £ „„metarum proprietates u.$161. tarum proprietates 9. Methodus aequationes cuiuslibet gradus ope eirculi construendi universalis adjeetis com- pendiis spiralibus; vgl. Photometrie $ 893. 10. Vis calefaciens radiorum coloratorum in prismate für die „Photometrie“. 11. Niederschrift der „Routes de la lumiere“. 12. Varia experimenta circa dilatationem corporum, quae inter est quoque statera thermo- metrica, vgl. dazu die Theoria staterarum ex prineipiis mechanices universalis exposita in den Acta Helvetica 1758 4°. pag. 13 —22 und Tentamen de vi caloris qua corpora dilatat eiusque dimensione ebenda 1755 pag. 172 — 242. 13. tabella relationum inter altit. montium et barometri Cod. 748 pag. 185 und „Routes de la lumiere“ S. 111. 14. Adnotata de variationibus barometri mazimi in diversis altitudinibus, s. Cod. 748 pag. 188. 15. De numerorum divisoribus, s. oben Anm. 30, 1757. 16. de situ locorum in Geometria practica für „Beyträge zum Gebrauch der Mathematik“, I. Teil, 1765, 1. „Anmerkungen und Zusätze zur praktischen Geometrie“, 8.1. 17. tabella motwum barometri A. 1754 Aprilis Cod 734 pag. 46. Alia tabella exwhibens gra- phice lapsum barometri et altit. loeeorum nee non barometri variationes maximas, Cod. 748 pag. 184. 18. Effectus quem Luna in mutationibus barometricis producere valet, Cod. 734 8. 200— 256. 19. Bougueri, Tractatus de gradatione luminis. Bouguer, Essai d’optigue sur la gradation de la lumiere, Paris 1729 u. 1760 Traite d’optique sur la gradation de la lumiere, Ouvrage posthume de Bouguer et publiee par de Lacaille, ersteres erwähnt in der Vorrede zu den „Routes de la lumiere“. 20. Perlustrawi observ. Meteorolog. Swaneburgi institutas, s. Cod. 734 8. 30 und Cod. 748 gegen Ende. 21. De influzu hınae in Atmosphaeram, gedruckt in Acta Helvetica, tom. IV, Basil 1760, 4°. De variationibus altitudinum barometricarum a luna pendentibus, pag. 315—336. 22. Iter feci per Belgia Austriaca. Reise durch Belgien! 6* 44 23. Massiliae perspectivae fundamenta conieci: in Marseille reifte der Plan zur Perspektive, aber auch das M. S. von 1752 Anm. 12), Anlage zur Perspektive, ist von bedeutendem Umfang. 24. Varia problemata geometriae practicae, s. oben Anm. 16). 25. Trigonometriam formulis coneinnioribus expressi: Sinum et cosinum pro singulis ternis gradibus quadrantis. Wieder aufgenommen im Oktober 1766 für die „Beyträge“, II. Teil, 1. Abschnitt, 4. Algebraische Formeln für die Sinus von drei zu drei Graden, S. 133. 26. Experimentis quaesivi... distantia objeetorum terrestrium definiri possit für die Photo- metrie $ 853. 27. Sphaera arithmetica, s. das M. S. Cod. 748 8.1. 28. Corpora regularia secundaria. Ian seinem Briefwechsel kommt Lambert auf diese ihm aus Keplers Harmonice mundi bekannten Körper zurück; da sie sich nur wenig von der Kugel unterscheiden, sei es ein mißliches Geschäft, die Modelle zusammenzuleimen. 29. De barometro et theoria causarum plurima, s. Positiones atque theoremata de causis in genere, Cod. 734, 8. 187 u. 192. 30. De illuminatione corpori circulari ex poligono debita für die Perspektive. 31. De apertura pupillae: ein Kapitel der Photometrie. 1759. 1. Animadversiones in tractatum „Les routes de la lumiere“. Einzelne Zusätze und Probleme im Cod. 734 8. 95/117. 2. Adnotata logieca de argumentis eorumque speciebus. Log. u. philos. Abhandlungen I. Bd. Fragment VII. S. 234: Von den Beweisen. 3. Perspectivam inchoavi. Beginn der Niederschrift der Perspektive. 4. Sein Aufenthalt in Zürich von März bis Mai 1759: Die freie Perspektive oder Ar- weisung, jeden perspektivischen Aufriß von freyen Stücken und ohne Grundriß zu ver- fertigen. 8°, Zürich, 1759 (im Verlag der Heideggerschen Buchhandlung nachmals Orell, Gessner u. Comp. in Zürich). Die französische Niederschrift: La perspective affranchie de l’embarras du plan g6om6tral, 8°, Zürie 1759, war also die ursprüngliche. 5. Observationes Barometricae Scheuchzeri, s. Cod. 734 8. 172/182, 18$$, vgl. den Brief an Haller vom 17. Nov. 1759: Scheuchzer im Itineraire Helvetique gibt die Höhen zu groß. 6. Cum Cel. D. Bernoullio communicavi caput Photometriae, s. den Brief Lamberts an Daniel vom 8. April 1759 im Cod. 705. 7. Atlas perspectivae, die zur Perspektive gehörigen Tafeln. 8. Observationes Doppelmaieri im Cod. 734 8. 124, vgl. darüber den Brief Gessners vom 3. Juli 1759: „In meinem Exemplar vom Commereio Literario Norimbergensi findet sich auch noch der Jahrgang 1743 aufgezeichnet“. In Actis Helveticis IV hat Lambert sie bis 1742 benützt. 9. Ad theoriam influxus lunae facientia in summam collegi, s. Anm. 21), 1758. 10. Constructio sectoris qui sit instar micrometri, vgl. 2) der 1769 erschienenen Anmerkungen über die Branderschen Mikrometer von Glase. 11. Photometriae typis excudendae dedi operam praecipuam: seine Photometria sive de Men- sura et gradibus luminis colorum et umbra, 8°, Aug. Vind. 1760, deren Inhalt schon in der Vorrede zu den „Routes de la lumiere“ angekündigt war, hrsgegeb. von Anding in Oswalds Q Klassikern No. 31, 32, 33, mit Andings wertvollen Bemerkungen, vgl. auch die ältere Münchener Preisarbeit von Recknagel. 12. Albedinem chartae albae experimentis definivi, s. unsere Beilage I zum Briefwechsel zwischen Lambert und Kaestner. 13. Kaestnero, s. den von uns zu veröffentlichenden Briefwechsel zwischen Lambert und Kaestner. 45 14. Hallero vom 7. Oktober 1759 Berner Mitteil. No. 79/80, No. 116 8. 222 als Antwort auf einen vom 7. Februar 1759 von Haller, Cod. 706. 15. Bernoullio, Lambert an D. Bernoulli, 16. Oktober 1759, Cod. 732, Cah. B, brouillon. 705. 16. Gesnero literis datis seripsi: Lambert an Gessner, Oktober 1759. Der aus der Sammlung Ott-Usteri in Zürich stammende Brief wurde von R. Wolf in den Berner Mitteilungen 1851 Nr. 195—223 S. 37 herausgegeben. 17. Pithometriam promovi typis mandandam, s. auch März 60 für die Beyträge I, 1765 2. „Die Visirkunst sowohl ganz als nicht ganz angefüllter liegender Fässer auf ihre einfachsten Gründe gebracht“, S. 314. 18. Calculos errorum Marinoni in compendium contraxi, für ebenda 4. „Theorie der Zuver- lässigkeit der Beobachtungen und Versuche“, S. 424—488. Marinoni, geb. 1676, gest. 1755, kais. Hofastronom in Wien. Seine Hauptwerke (das von 1775 mit schönem Porträt): (Marinoni J. J. de) De re ichnographica, cujus hodierna praxis exponitur, et propriis exemplis pluribus illustratur. Viennae, MDCCLI. 40. 8 f., 294 p., 1 f. et tab. XXXVII. — De re ichnometrica veteri ac nova. Recens. experimenta per utramque habita, ace. modi Areas fundorum sine caleulo investigandi. Viennae, MDCCLXXV. 40. 11 £., 272 p., et tab. XXXVII et effig. Marinoni scheint auf Lambert von starkem Einfluß gewesen zu sein! Er erwähnt Marinoni Beyträge I, S. 215, 229 u. 235. Ein schönes Referat (wohl von Gessner) über das Werk: De re ichnographica findet sich in den von Lambert gelesenen Relat. Goetting. von 1752. Ein wichtiger Briefwechsel Marinonis mit Maupertuis (10 franz. Briefe) war unter den Auto- graphen des Catalogo Boncompagni No. 436 aufgeführt; 9 Briefe Marinonis an Kirch enthält Cod. Gothan. 710. 19. Ex Ephemeridibus Hellü longit. et latit. praecipuarum wrbium rite definitas descripsi: Ephemerides astronomicae ad meridianum Vindobonensem. 8°, Vind. 1757/86. 20. Mappam geographiae Bayariae correxi: Die Korrektur der Landkarte von Bayern war eine vom Gebrauch der Mittagslinie verschiedene Arbeit. Lambert sucht darin die Längen und Polhöhen der Örter des Bayerischen Kreises bis auf 2 oder 3 Minuten zu bestimmen. Die Länge von München wird hier zu 29° 9°, die Polhöhe zu 48° 10‘ angegeben, während die Länge in den Berliner astronom. Tafeln, Bd. I S. 54 29° 7‘ 30‘, die aus dem Venusdurchgang erh. Länge 299 15° bzw. 299 21° beträgt aus Lamberts hdschrftl. Anmerkungen zum Örterverzeichnis der Tafeln. — Bezügl. Lamberts Aufnahme in die Kurbayer. Akademie vgl. man den Brief an Lori vom 4. Dezember 1759. Herr von Lori war Churfürstl. Bayer. Münzrath und Sekretär der Akademie. 1760. 1. Formula Cotesii pro loco imaginum, s. das berühmte Theorem über die scheinbare Bildweite in Smith-Kästners Optik 2. Buch 2. Satz 8. 145. Kästner hat seinem Beweis durch vollständige Induktion in den A. E. von 1749 eine besondere Schrift gewidmet. 2. Experimenta circa resistentiam in Vacuo: die ganze interessante Untersuchung ist ent- halten in dem von uns herauszugebenden Briefwechsel zwischen Euler und Lambert, s. spez. den Brief Lamberts an Euler vom Januar 1760. 3. Methodus ope duarum lentium convexarum objeetum ereetum videndi, für die Photo- metrie $ 804 usf. 4. Methodus orbitam ex tribus observationibus definiendi euratius rimata theoria motus in parabola für seine „Insigniores orbitae cometarum proprietates“, I. Teil: Allgemeine vor- bereitende Sätze über die Parabel in Bauschingers Ausgabe, Oswalds Klassiker der exakten Wissen- schaften Nr. 133. Darin der berühmte Satz: In jeder parabol. Bahnkurve hängt die Zeit, in welcher ein beliebiger Bogen beschrieben wird, nur von der entsprechenden Sehne und der Summe der Radienvektoren der Bogenextreme ab. Vgl. dazu auch Marth (A) Auxiliary tables 46 for the Solution of Lamberts equation. With remarques of the determination of cometary orbite, Privatdruck, London 1865. 5. Pithometriam ad finem perduxi, s. oben Anm. 17), 1759. 6. Redaktion seiner Abhandlung: De variationibus altitudinum barometricarum a luna pendentibus für die Acta Helvetica IV, Basil 1760, pag. 315—336. 7. Adnotata logica de artificüs heuristicis, de problematis determinatis, vgl. Zusatz zum XIV. Fragmente, von den Reductionen und ihren Gründen und Quellen in Bd. II d. log. u. philos. Abhandlungen 8. 73—80. 8. Dissertationem de alt. barom, ad finem perduxi. Abhandlung von den Barometer- höhen und ihren Veränderungen. Abhandl. der Churfürstlich-bayerischen Akademie der Wissen- schaften, 1. Band, München 1763, I. Th. S. 76—182. 9. Aliam conscripsi de formulis trigonometricis, weiter verarbeitet in „Beyträge“ I. Teil 1765 Nr. 3, „Anmerkungen und Zusätze zur Trigonometrie“, S. 369. 10. De re ichnographia campi vel regionis delineatione independenter ab omni basi perficienda in den Acta eruditorum, 1763, pag. 143—154. 11. Aliaque de legibus naturae universalioribus, s. den wichtigen Zusatz II zum XIII. Frag- ment, Allgemeine Gesetze der Natur und der Analytik und ihre Verbindung, logische u. philos. Abhandlungen, II. Bd. 8. 40—50, wo Lambert sich über viele seiner Methoden ausspricht. 12. Redaktion der Pithometrie, s. oben Anm. 5). 13. De baculis logarithmieis aliisque compendiis arithınetieis, „Beschreibung und Gebrauch der logarithmischen Rechenstäbe“, Augsburg 1761. Das M. S. wurde nach F. Chr. Joseph, Gedächtnisfeier von J. H. Lambert 1828 von Daniel de Salis dem Lambertverein in Mülhausen im Els. überwiesen. 14. Commercium epistolicum de systemate mundi: seine Cosmologischen Briefe über die Ein- richtung des Weltbaues, Augsburg 1761 in 8°, deren Entstehungsgeschichte in den Briefen an Kant. Kant ist später in einem Schreiben an Johannes Elert Bode, das von dem Herausgeber von Kants Briefwechsel II der großen Akademieausgabe unter No. 416a S. 194 als vermißt bezeichnet wird, auf die cosmologischen Briefe zurückgekommen. Dieses Schreiben ist aber vom Herausgebe im rastro- nomischen Jahrbuch (Ephemeriden) von 1794 S. 257 wieder aufgefunden worden. Die Stelle lautet: Auszug aus einem Schreiben des Herrn Professor Kant in Königsberg, vom 2ten September 1790. „Wenn, was ich vor Kurzem in einer politischen Zeitung las, daß nemlich Herr Herschel eine Umdrehung des fi Rings in 10 St. 22‘15“ entdeckt habe, von dem Theile desselben, der dem inwendigen Rande am nächsten ist, zu verstehen ist, so möchte es das, was ich vor 35 Jahren in meiner allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Himmels annahm, nemlich, daß sich die Theile des Ringes durch Kreisbewegung, nach Centralgesetzen (die ich Seite 87 für die des inneren Randes auf 10 Stunden Um- laufszeit berechnete) freischwebend erhalten, bestätigen. Auch trifft die Vorstellungsart des Herrn Herschelsin Ansehung der Nebelsterne, als Systeme an sich und auch einem System untereinander, mit derjenigen, welche ich a. a. O. 8. 14, 15, damals vortrug, sehr er- wünscht zusammen, und es muß ein Gedächtnisfehler des seel. Erxleben seyn, daß er in seiner Physik diesen Gedanken den seel. Lambert zuschreibt, der ihn zuerst gehabt haben soll, da seine kosmologischen Briefe 6 Jahre später als jene meine Schrift herauskamen, und ich auch in diese jene Vorstellungsart bei allem Suchen gar nicht antreffen kann.“ Das Verhältnis von Lamberts kosmologischen Briefen zur modernen astronom. Forschung hat K. Schwarzschild in den Goetting. Nachrichten 1907, Heft 2, S. 88—102 „Über Lamberts kosmolog. Briefe“ eingehend beleuchtet. 15. De caleulo differentiarum discretarum, s. die von Johann III. Bernoulli posthum heraus- gegebene Arbeit Leipziger Magazin 1788, 1. Stück, Differential- und Integralrechnung endlicher 47 Größen, S. 98—11S, vgl. auch den Briefwechsel mit dem Baron von Holland, VI. Brief vom 2UV765: 16. de Distantia media lunae e. c. t., vgl. Anm. 9. 1761 und speziell Anm. 11. hier. 17. Meditata logica potissimum de differentia specifica modorum probandi, Zusatz zum VII. Frag- ment: Von den Beweisen, Logische und philos. Abhandl. II. Bd. $S. 15—32. 18. Qua ratione turbetur motus lunae ex sole similique modo prima hydrostatica theoremata, s. Anm. 11. 19. De gravitate specifica salinarum meditata, s. Cod. 737 8. 156: Verschiedene Papiere über die Salz-Solutionen. 20. Orbitam cometae 1760 proieci, für die Insigniores orbitae cometarum proprietates. 21. De variationibus altitud. barom. ex affinitate aeris et aquae deducenda, s. Anm. 8, 1760. 22. Methodus partes reetarum inaequaliter erescentes constructione definiendi: Stücke einer geraden Linie für eine krumme, „Euler Theor. lum. gebraucht sie bei den Verhältnissen zwischen den Differenzen der Ordinaten und Abszissen. 23. De densitate pigmentorum illitorum, Dichte der Farben dünner Schichten, Cod. 736, S. 130. 24. de novo Organo praeparantia, Lambert beginnt die Ausführung seines Novum Organum. 25. Loca cometarum heliocentrica in planisphaerio exhibita, vgl. $ 161 usf. der Insigniores orbitae cometarum proprietates. Ostwalds Klassiker 133 8. 79. 26. Commercium epistolicum altera pars, qua cursus naturae in rebus humanis, vgl. die Briefe an Böckmann über die Fortsetzung der cosmologischen Briefe und das M. S. Inventarium (Ein- leitung) V. Logiea et Philosophica. 7): 27. Briefe über den Optimismus vom Oktober 1760. 28. problem. astronom. ad inveniendum meridiei situm ope azimuthi, s. Cod. 748 8. 196 und „Beyträge“ II, 1 No. 10 Anmerkungen u. Zusätze zur Gnomonik. 8. 314— 362. 30. Casus trigonometriae sphaericae in compendium redacti. Dieses Compendium bildet den 3. Aufsatz in „Beyträge“ I S. 369, wo er die Neperschen Regeln so auffaßte, daß die Fälle gruppenweise geordnet sind. S. Cantor, Vorlesungen IV S. 408—412. v. Braunmühl, Geschichte der Trigonometrie 8. 130. 31. Niederschrift der „Insigniores orbitae cometarum proprietates“, vgl. oben Anm. 4. 32. Demonstratio regulae ex gravitate specifica salinarum quantitatem salis deducendi, s. oben Anm. 19), Araeometrum eylindrieum: Cod. 748 S. 198200. 1761. B 1. Drucklegung der Insigniores orbitae cometarum proprietates und der cosmologischen Briefe. Über die Rezensionen dieser früheren Arbeiten Lamberts vgl. den von uns herauszugebenden Briefwechsel zwischen Lambert und Kaestner. 2. Ds. Stiegler lectiones amalyticas inchoavit, am 16. May 1771 schreibt Lambert an Davisson: „Ich gebe keine förmlichen Lektionen, mache mir aber ein Vergnügen, wenn ich denen, so mich über den einen oder anderen Gegenstand befragen, mit meinen Kenntnissen dienen kann“. 3. De Calendario für die Bayerische Akademische Kalenderverbesserung. 4. Die Vorreden zu beiden Werken. Aus dem von R. Wolf in den „Berner Mitteilungen* 1851 herausgegebenen Brief Lamberts erklärt sich die Angabe Leus im Lexicon Helveticum von einer deutschen Abhandlung: Vom Kraislauf der Kometen. Es ist wohl die in zwei Bogen besonders gedruckte Anzeige der „Orbitae cometarum proprietates“. 5. Die Publikation Lacailles ist von 1746. 6. Horologium seiatherium, vgl. Beyträge II, 1. Abschnitt 10. Anmerkungen und Zusätze „ur Gnomonik. 7. De traiectorüs meditata varia, s. die Anmerkungen zu den Routes de la lumiere. Anm. oben 1), 1759. 48 8. De Calendari usu für die Bayerische Akademie. 9. De attractione Newtoniana, figura telluris et lunae distantia media für die Preisfrage der Akademie, welehe Lambert im Oktober an diese schickte in der Form: „In was für einer Verhältnis sowohl die mittlere Bewegung des Mondes als auch seine mittlere Entfernung von der Erde mit den Kräften stehen, welche auf den Mond wirken.“ J. A. Eulers Beantwortung der Frage erhielt den Preis und ist im IV. Bande der Abhandlungen der Churbayerischen Akademie abgedruckt. Vgl. den Brief Lamberts an Ott vom 14. Februar 1763, wo er sich beklagt, daß er bis verwichenen August keine Nachricht darüber bekommen, „ohngefehr wie von den Calendern ungeacht ich den Weg gebähnt und die von Herrn Euler dem Sohn wirklich darauf erfolgte und gekrönte Beantwortung veranlaßt habe“. 10. Motuum caelestium calculus popularis für die Akademie, s. oben Anm. 8). 11. Constructio horologiüi horizontalis, seine Horizontalsonnenuhr! 12. Drucklegung seiner logarith. Rechenstäbe. 13. u. 14. Theorica attract. Newton. usw., später wieder aufgenommen, Mai 66 und Jan. 69, für Beyträge II, 2. Abschnitt Nr. 11, Gedanken über die Grundlehren des Gleichgewichts und der Bewegung, 8. 363. 15. Meditata de systemate academico conscripsi, Lambert war als Organisator und Direktor der physikal. Klasse der Bayerischen Akademie in Aussicht genommen, vgl. darüber Lepsius Preisschrift u. das M. S. im Cod. 689 hinter den Eulerbriefen. 16. Thermometri gradus medios ex observ. in diversis latitud. deduxi. Beispiel für „Bei- träge“ I, 1765 1. Abschnitt 4. Theorie der Zuverlässigkeit der Beobachtungen und Versuche. 17. S. oben Anm. 13 u. 14). Hier handelt es sich speziell um die Störung der Planeten- bahnen durch die Kometen, die Resultate im Brief an Euler vom 26. Juni 1761. 13. Venerem in disco © observatam calculi, Prüfung der Beobachtungen des Venusdurchgangs von 1761 für die Akademie. 19. mit 20. s. die von uns herauszugebenden Briefe an Euler vom 26. Juni 1761 u. 12. Juli 1762. 20. Vgl. die Abhandlung: Sur quelques proprietes des quantit@s transcendentes eireulaires et logarithmiques, welche allerdings erst von 1767 stammt und darüber Paul Stäckels Bemerkungen zu Lamberts Theorie der Parallellinien, Bibliotheca mathem. 1889 pag. 108, ferner unsere Ein- leitung und Jetzlers Brief von Joh. Bernoulli III herausgegeb. in Bd. V, 2. Abteil. von J. H. Lamberts deutschem gelehrten Briefwechsel, Berlin 1784. 21. Reise nach Pfeffers und Chur. 22. Aufsatz der drei Tagregister für die Bayer. Akademie, Cod. 734 pag. 89/90. 23. Untersuchung der abnehmenden Schwere, so von der Figur der Erde abhängt, vgl. Cod. 748: Lapsus corporum. S. 203. 24. Abhandlung über den Gebrauch der Mittagslinie für die Akademie, die Arbeitim 1.Bande, München 1763, 4°, S. 5—54 der Abhandlungen der Churfürstlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften; Rezension: Allgem. Deutsche Bibliothek (A.D. B.) 1. Bd. 1.S.St.62/64 I. (Kaestner). 25. Untersuchung der Oscillationes der Magnetnadel „keine Gl. hat man für die Ab- weichung der Magnetnadel“ als viertes Beispiel im Bd. I der „Beyträge“ „Theorie der Zuver- lässigkeit der Beobachtungen und Versuche“. 26. In Zürich, vgl. den 1. Brief an Sulzer, wo Zürich als wahrer Parnass bezeichnet wird. 27. Abhandlung über das Criterium veritatis. Von uns akognosziert in dem wertvollen, von uns herauszugebenden M. S.: Inventarium (Einleitung) V Logica et Philosophica 3), welches von JohannIllI Bernoulli irrtümlich betitelt wurde : Über die ersten Grundbegriffe der Logik und Metaphysik. Dieses schöne M. S. von 76 S. ist sehr wichtig für die Kenntnis von Lamberts philos. Entwicklung. Grundsätze zu Herrn Wirzs Feuerspritze, Codex 748 8. 209. 49 28. Auszug aus H. de la Grange „theorie du son“ und diese „Theorie auf die Fortpflanzung der Wärme angewandt“, vgl. den von uns herauszugebenden Brief an Euler vom 12. Juli 1762 und Cod. 735 S 208: „Wenn die Bewegung der Wärme so wie der Schall eine Undulation wär“ usw. 29. Anmerkungen über die kosmologischen Briefe u. a. in den Briefen an v. Salis. 30 u. 31. Abhandlung Ephemerides motuum @) verorum usw. für die Eceliptische Tafel. 32. Von Berechnung der täglichen und jährlichen Sonnenwärme, s. Wolf, Handbuch II, S. 182: „Die Wärme, welche die Erde in irgend einem Teil des Jahres erhält, ist dem Winkel proportional, welchen der Radiusvektor in dieser Zeit durchläuft.“ 33. Über die Figur der Erde, Auszug aus Herrn Clairauts Abhandlung: Olairaut, Theorie de la figure de la terre, Paris, 1743 s. Codex 748. 1762. 1. Auszüge aus Herrn Hanows Meteorolog. Observationes; Hanow, Michael Prof. der Mathem. am Gymnasium zu Danzig seit 1727, vgl. seine Abh. in tom. IlI der Schriften der naturforsch. Gesellschaft zu Danzig 1756. 2. Anmerkung über die Fernröhre, im ersten Briefe an Sulzer erzählt Lambert, daß Graf Teleki ihm zuerst von Dollonds Erfindung gesprochen habe. 3. Reduction einer biquadrat. Gl. auf die trisection eines Circulbogens: Verarbeitet in „Bey- träge“ II. Theil, 1. Abschnitt 1770 S. 184 No. 8: Anmerkungen über die Verwandlung und Auf- lösung der Gleichungen. 4. Methode, einen Bruch in zwei und mehrere aufzulösen für Beyträge II, 1. Abschnitt No. 3 Verwandlung der Brüche: Es werden Deeimalbrüche in Kettenbrüche verwandelt. 5. Anwendung des pythagoraeischen Satzes bei sphürischen Triangeln, s. M. S.-buch (Inven- tarum V Logica et Philosophica) 9) Varia logica et metaphysica. 6. De modo ex motu adpar. siderum verum eolligendi, für die Eecliptische Tafel. 7. Formeln, so sich auf die Reclification der sectionum conicarum bringen lassen, später Dez. 66 und März 70 wieder aufgenommen für die Beyträge III No. 3 8. 35 Rektification elliptischer Bogen durch unendliche Reihen. 8. Formeln ganzer Zahlen, deren Quadrate zusammen ein Quadrat geben, vgl. Anm. 17, 1755. 9. Anmerkungen über den Caleulum differentialem quantitatum discretarum s. Leipziger Magazin 1738, erstes Stück 8. 117. 10. Über die Figur der Bienenzellen in den Anm. über die Baukunst „Beyträge“ III 1772 S. 323. Vgl. dazu S. Lhuilier, M&moire sur le Minimum de eire des alveoles des abeilles, et en partieulier sur un minimum minimorum relatif & cette matiere par M. Lhuilier eitoyen de Geneve Mem. de Berlin, Jahrg. 81, Berlin 1783 8. 277—300, in $ 1 Lambert kritisirt. 11. Abhandlung über die Lücken der menschlichen Erkenntnis, vgl. das Ms.-buch Varia (Lo- giea et Philosophia V, 8) 8. 298: Anmerkung über die menschliche Erkenntnis und Fragment XV in Bd. I der log. und philos. Abhandlungen S. 322 —336. 12. Anmerkung über die Routes de la lumiere, s. Anm. 1. 1759. 13. Über die lignes Halleiennes im Berlinischen Atlas, gemeint sind die Isogonen. 14. Über den caleulum differentialem s. die vier letzten Paragraphen, Leipziger Magazin 1788, S. 116. 15. Über das Traktätehen: Die Wissenschaften ein Traum, 0. ©. 1761, 40 8. Unicum in der Königl. Landesbibliothek in Stuttgart unter Sign. Theol. 8° vorhanden. 16. Zeichnung der Erdkugel nach Proportion der Flüche, später verarbeitet in „Beyträge“ III 1772 6) Anmerkungen und Zusätze zwr Entwerfung der Land- und Himmelscharten. 8. 105. Hrsgegeb. in Ostwalds Klassikern No. 54 von A. Wangerin. Abh. d. math.-phys. Kl. XX VII, 6. Abh. 1 50 17. Über die Methode der Metaphysik Theol. u. Moral richtiger zu beweisen ist das M. 8. 6) Logica et Philosophia V Inventarium (Einleitung): Meditata von dem Beweise theologischer und. moralischer Wahrheit, datiert April 1762, welches aus Veranlassung der Preisfrage der Berliner Akademie entstand. 18. Über Baumgartens Metaphysik, s. das Ms.-buch Varia (in Goldpapier geh.) S. 276 u. 303: Metaphysica cel. Baumgarten habet entis Praedieta inversa. Vgl. dazu auch Suphans Herder- ausgabe 18,1as- 19. Über das M. S. der Niobide, so mir Prof. Bodmer eommunieiert, s. Cod. Gothan 740, S. 23/25. 20. Schematismus chronometriae universalis für die Architektonik vorgearbeitet. 21. De causis earumque effectibus cum tempore comparatio, s. Cod. 734 S. 192. Positiones atque theoremata de caussis in genere. 22. Methode aus observationes das wahre Mittel zu nehmen, für Beyträge I No.4 8. 424. 23. Anweisung oder Leitfaden die Metaphysic und Ontologie abzuhandeln, s. Varia S. 226, Anmerkungen über die Methaphysik und Ontologie überhaupt. 24. Bestimmung der Länge des Pendels und der Grade des Meridians, s. den von uns herauszugebenden Brief an Euler vom 12. Juli 1762. 25. Bestimmung der aequinoctien und solstitien aus Cassini observationes: Bilden das erste Bei- spiel in Beyträge I 1765 No. 4, Theorie der Zuverlässigkeit der Beobachtungen und Versuche. Ss. 424 —488. 26. Theoremata über die Bewegung mehrerer Körper so einander anziehen: Einige Notizen im M. S. buch 9) Logica et Philosophia I, dann aber ausführlich im Briefe an Euler vom 12. Juli 1762. 27. Fortsetzung der Anmerkung über die Ontologie, vgl. Nachtrag zur Ontologie „Varia * S. 184. Über die Routes de la lumiere, vgl. wieder Anm. 1. 1759. 28. Fortsetzung der Beyträge zum Bayer. Acad. Kalender für die Kalenderverbesserung der Münchener Akademie. 29. in thermis Fabarientibus in Pfeffers, s. auch den Brief an Schinz vom 14. August 1762. 30. Genauere Bestimmung der Örter in der Schweiz, vgl. Cod. 734 8. 172/182, 18 88. 31. Anmerkungen und Zusätze zur Trigonometrie ist No. 3 der „Beyträge“ I, 1765, S. 369, Inhaltsangabe bei v. Braunmühl, Geschichte der Trigonometrie S. 130. 32. Machina eccliptica, s. „Eceliptische Tafel“, Berlin 1765. 33. Theorie der Zuverlässigkeit der Experimente ia „Beyträge“ I, 1765, No. 4, S. 424. 34. Conspectus omnium Eecclipsium et lunationum quorumvis annorum ist Tafel I der „Eceliptischen Tafel“. 35. Problemata optiea eirca lentes tuborum, von Gessner vorgeschlagen in dessen Briefen. 36. Syllogismorum characteristica für Lamberts originelle Darstellung der Sätze, s. Lepsius Preisschrift S. 71. Krienelke, Lamberts Philosophie der Mathematik, Berlin 1909, schreibt darüber: Tatsächlich war er auch anfangs willens den Kalkül in das Organon zu bringen. „Da ich aber, so schreibt er 1767 an Plouquet, hier ehe ich es anfing zu schreiben, auf die Be- merkung des Unter- und nicht Untereinanderenthaltenseins der Begriffe verfiel, so begnügte ich mich die daher gewonnene Konstruktion der Schlüsse in dem Organon vorzutragen.* 37. De traiectoriis luminis per media sphaerica, s. Anm. 1. 1759. 38. Von dem Fleiss der Heiliguag und der Natur des Glaubens, s. den Brief Urlspergers, Briefwechsel II S. S1. 39. Anmerkung zu den kosmologischen Briefen, vgl. den Brief von Wegelin vom 8. Januar 1762 im deutschen gelehrten Briefwechsel I S. 371. Dianoiologie, der I. Teil seines Novum Organum, vgl. Lepsius Preisschrift S. 69. 5l 40. Von der Durchsichtigkeit des Schnees, der Nebel e.e. t. vgl. Anm. 1, 1759. 41. Über die Zeichnung der Erdkugel. „Zusätze“ s. oben Anm. 16. 42. Alethiologie: der II. Teil des Novum Organum, s. Lepsius Preisschrift 8. 77. 43. Von der vi centrifuga in pendulo, vgl. dafür den Brief an Euler vom 4. X11. 1762. 44. Von der Erfindung der Periodi Julianae aus den drei Cyclus durch arithm. Progres- sionen für die Münchener Akadem. Kalenderverbesserung. 1763. 1. Schemati Chronometriae adplicatio: $ 83 der Architektonik. 2. De gradibus mortalitatis humanae: ein letztes Beispiel im I. Bde. der „Beyträge“ No. 4 „Von der Zuverlässigkeit der Beobachtungen und Versuche“ geben die Sterberegister und die Kurve der ultimae lineae rerum. 3. Semioticam incepi: Die Semiotik, III Teil des Novum Organum s. Lepsius Preis- schrift S. 87. Die Ordnung des Heyls schriftmässig beschrieben: vgl. den Briefwechsel II 8. 81 sowie den Brief an Ott vom 14. Februar 1763. 4. „Von der Befestigung des Bruchs“ bezieht sich wohl auf die Dammbauten am Flusse Plessur bei Chur. 5. Clavennae et Valtelina commoratus: Lambert wurde in dieser Zeit zu Grenzregulierungen zwischen Graubünden und Mailand verwendet. 6. Phaenomenologiam ad finem perduxi: Die Phaenomenologie IV. Teil seines Novum Or- ganum. S. Lepsius Preisarbeit 8. 91. 1764. 1. Reise von Nürnberg nach Berlin über Wittenberg und Halle, wo Lambert Andreas v. Segner kennen lernte. 2. In Leipzig, Drucklegung seines 1. philosophischen Hauptwerkes: Neues Organon oder Gedanken über die Erforschung und Bezeichnung des Wahren und dessen Unterscheidung von Irrtum und Schein, Leipzig Johann Wendler 1764. 2 Teile in 8°. Eine ausführliche Rezension von Moses Mendelssohn in A. D. B., des I. Bdes. im III. Bd. $. 1—30 G, des II. Bdes. im V. Bd. S. 1, wiederabgedruckt in Moses Mendelssohns Gesammelten Schriften hrsgegeb. von G. B. Mendelssohn, Leipzig 1844 (Brockhaus) 5. 486—500 und 8. 501—520. Bez. des ge- druckten Prospekts (Götting. Anzeigen vom 5. März 1764) s. den von uns herauszugebenden Briefwechsel zwischen Lambert und Kaestner. Dieser Separatabzug der Vorrede gieng am 25. I. 64 (einer von den zwei Dutzend) auch an Breitinger, dieser sollte ihn auch an Gessner, Hirzel, Stimbrüchel mitteilen. Von Wegelin erschien eine Anzeige in den „Züricher wöchent- lichen Nachrichten“. In dem Briefe an Breitinger bemerkt Lambert: „Ich gedachte dasselbe [das Organon] vorerst nach dem einmal dazu gewählten Leitfaden ins Reine zu bringen, um sodann etwa zur Ausarbeitung der besonderen Theile der Ontologie fortschreiten zu können.“ 3. Solutio problematis a D’ Baermamn propositi, Bärmann, G. F., Professor der Mathe- matik in Wittenberg, vgl. den Brief Bärmanns vom 27. Febr. 1764, wo es sich um das Problem handelt: Wenn von 4 Zirkelbogen der Sinus des grössten gegen den Sinus eines mittleren nicht ein kleineres Verhältnis hat, als der Sinus des anderen mittleren gegen den Sinus des kleinsten, so wird das Verhältnis unter den Sinen der Hälften der beiden ersteren Bogen grösser sein, als das Verhältnis der Sinen der beiden letzteren. Ein Beweis Bärmanns mit Fig. war dem Briefe beigefügt. „Es ist ein Hilfssatz zu einem mechanischen Satze und betr. nach Bärmann: Trajeetoriam in vacuo et in hypothesi gravitatis cubo distantiae reeiproce proportionalis, welche 7* 92 Johann I Bernoulli in den A. E. 1713 hat konstruieren lehren“ (Anm. von Joh. III Bernoulli zu Bärmanns Brief). 4. De constructione mapparum für „Beyträge“ III. Theil No. 6. 9. De trinomiüs in seriem convertendis: Nach seinem Eintreffen in Berlin machte Lambert Euler Mitteilung von seiner Methode zur Auflösung trinomischer Gleichungen durch die Reihe, welche Lamberts Namen trägt. 6. Quaedam de quantitatibus imaginariis, dürfte die „kleine Sammlung auserlesener trigono- metrischer und algebraischer Sätze“ sein, welche Lambert an Gessner communieiert hatte, wie Jetzler im Briefe vom 29. März 1766 schreibt. 7. Jussu Regis iter Potsdamum: Lambert bei Friedrich dem Grossen. Die Anekdoten hierüber gehen auf Thiebault, Mes Souvenirs de Berlin, Paris 1804 zurück. 8. Ontologiam incepi: Beginn der Niederschrift seiner Architektonik: „Der Gedanke einer Metaphysik nach den Methoden des Organon beschäftigte ihn schon während der Ausarbeitung des letzteren; so begann er die Arbeit auch bald nach der Veröffentlichung des letzteren in der Zeit seines Berliner Aufenthalts 1764—1765; nur in den zwei ersten Jahren nach der Vollendung fügte er noch einige Bemerkungen hinzu und änderte hie und da im Ausdruck. Fünf Jahre blieb das Werk unverändert in seinem Schreibtisch liegen. Als er es 1771 er- scheinen liess, fügte er noch die Vorrede hinzu,“ Briefwechsel Bd. I S. 384, Bd. II 8. 30. 9. Theorema de area A Sphaerici absque calculo differentiali investiganda. Mit Hilfe der Differentialrechnung hatte Jakob Bernoulli in den A. E. von 1691 S. 287/288 das Problem erstmals gelöst. 10. Ontologia continuata Cap. de vero s. Anm. 8. Vgl. Architektonik $ 305 11. Theoria projectilis in medio resistente s. Anm. 12 u. 13. 12. u. 13. Observationes huc facientes quibus curva globi a mortario projecti definita est: Artilleristische Versuche, die erhaltenen Kurven und Resultate im Codex 737 8. 26, vgl. auch Anm. Aug. 1766. 14. S. oben Anm. 8. 15. S. Anm. 12 u. 13. 16. De quaestionibus academicis et systemate academico meditata s. u. Anm. 26. 17. De seriebus in fractiones continuas transformandis für Beyträge II. Bd., 1. Abschnitt No. 3. Verwandlung der Brüche. Ausser der Verwandlung von Dezimalreihen (Dezimalbrüchen) in Kettenbrüche wird auch die Kettenbruchentwieklung der Logarithmischen, Arcustangens- und Leibniz’schen Reihe in Kettenbrüche geleistet, als Vorgänger wird Huygens genannt. 18. De experimentis quibus gradus elastieitatis exploratur: Vgl. Codex 735, Versuche mit Spannung der Saiten S. 166 und S. 170: Ein runder Körper soll gebogen oder gerade aus- gedehnt werden, es frägt sich nach dem Verhältnis der Kräfte ibidem S. 170 —173. 19. Ontologia a Cap. 26° ad finem. wm o . Quadratura partium curvarum. Rectificatio circuli. DD - Divisores numerorum. . Symptomata curvarum. Pr Methodus interpolandi universalior. . Singula haec in Capp. ult. Ontol. occurrunt: An Keller schreibt Lambert am 14. X. 67 (VL. Brief, Bd. II, S. 30 des Deutschen gelehrten Briefwechsels) inbezug auf die Architektonik: „Figuren und Kupferplatten sind keine dabei und nur in einigen Kapiteln, die zur Erweiterung der Mathematik dienen, kommt etwas algebraisches vor.“ Hier S. 507 wird in der Architektonik auf die Reihe zuerst aufmerksam gemacht or DD DD MD o 53 6 ee le 1— x 1— x? +...=2:.+22° +22 +32 +22°4320° +... (Allgemein ist jeder Coeffieient gleich der Anzahl der ganzzahligen Teiler des Exponenten (1 und die Zahl selbst mit eingerechnet). Das Nähere s. Günther, Die Lehre von den Hyperbel- functionen, Halle 18S1 8. 179 u. 188 und M. Curtze, Annali di Matem. pura ed appl., Serie II tomo I S. 285.) 26. Idea systematis academici rogatu Ill. Principis Dolgorucki: Verhandlungen mit der Peters- burger Akademie, S. Lepsius’ Preisarbeit S. 10: „Man hatte ihm die Stelle eines Directors der mathem. Classe und eines Sekretärs der Akademie mit den damit verknüpften Einkünften an- geboten.“ Vgl. auch Brief an Jetzler 29. April 1765 Brfw. Bd. 5, 2. Th. 8. 271. 27. Tetragonometriae Schematismus für „Beyträge“ II, 1770, 1. Abschnitt No. 7: Anlage zur Tetragonometrie. 28. Resolutio problematis pro definiendo situ quatuor locorum et quatuor stationum s. „Bey- träge“ I, No. 1 S. 277 sowie den 2. Brief von Baermann vom 1. Juni 1765. 29. De scalis mappis geogr. accommodandis s. Anm. 4. 30. Epistola ad auctores novorum librariorum Parisin.: vgl. Blatt 22 im Codex 740. Das Blatt hat Bezug auf die Bibliothek möglicher Bücher, s. auch darüber den Briefwechsel mit von Holland. 31. De mechanica systematis structura quod vi venti horigontaliter flantis sursum feratur e. e.t. Lamberts Stellung zum Problem der Luftschiffahrt s. auch das M. S. „Anemometrum“ Codex 748, 32. Tabulam Eeclipticam una cum quibusdam opusculis in Mathematicis typis excudendam tradidi: Drucklegung seines Werkcehens: Beschreibung und Gebrauch einer neuen und all- gemeinen elliptischen Tafel, worauf alle Finsternisse des Monds und der Erde in ihrer natürlichen Gestalt vorgestellt werden, nebst der leichtesten Art, dieselbe und die dabei vorkommenden Umstände zu berechnen und zu entwerfen. Mit Kupfern 4. Berlin 1765, Rezension A. D. B, IV. Bd. 1 St. S. 236/87 J (Kaestner). Von dem Text der eccliptischen Tafel ist im gleichen Jahre unter dem Titel: Description d’une table eccliptigue nouvelle et universelle eine Übersetzung von einem Ungenannten erschienen, welche Lambert durchgesehen und an einigen Stellen Berichtigungen angebracht hat, welcher das Original entbehrt, s. Huber S. 59. Gleichzeitig Drucklegung seiner schon öfter zitierten: Beyträge zum Gebrauche der Mathe- matik und deren Anwendung 1. Theyl, im Verlag des Buchladens der Realschule 480 S. in 4° nebst 5 Kupfertafeln, Berlin 1765, ausführliches Referat A. D. B. III. Bd. 2 St. 8. 1—28 (Meister) Y. 33. Tabulae explicationem et usum deseripsi für die eceliptische Tafel. 34. Ecclipsium caleulum brevissimum reddidi: Ecelipt. Tafel II $ 20, commodiorem ecelipsium Solarium proieetionem exeogitavi, ebenda XIV $ 126. 35. De novo Organo commentatio ad Consiliarium Bel: die Anzeige in den A. E. wohl iden- tisch mit Extractus organi, später übersetzt in A. D. B. XII, 1770 8. 443 vgl. auch den Brief Bels vom 4. Nov. 1764. 36. Problema de definiendo locorum situ absque linea stationis ad eundem misi Actis erudi- torum inserendum s. Anm. 10 in 1760. 37. Responsio ad libellum Di Holland circa symbolicam syllogismorum: v. Holland: Über die Mathematik, die allgemeine Zeichenkunst und die Verschiedenheit der Rechnungsarten, Leipzig, 1764, wurde Ausgangspunkt des Briefwechsels. 54 1765. 1. Calculum et projectionem ecclipsium ad finem perduxi s. Eeelipt. Tafel XIV. 2.u. 3. De differentia novi et veteris styli Calendarii observationes ad Ill. Comitem Woronzow, dieselben sind erhalten Cod. 707 S. 603— 607, vgl. darüber auch den Brief Eulers vom 7. I. 65. 4. Problema ballisticum ulterius promotum s. unten Anm. 15. 5. Orationem inauguralem academicam conscripsi: Am 9. Januar 1765 fand die Aufnahme Lamberts in die Berliner Akademie statt. Er selbst hatte keinen Schritt zu seiner Beförderung getan nach s. Grundsatz: „Aemter nach Verdienst auszuteilen ist eine Pflicht, um die man sich nicht erst soll bitten lassen“, Bd. V S. 280 des Brfw. Die feierliche Antrittsrede: Sur la liaison des connaissances qui sont l’objet des quatres classes de l’Academie wurde besonders ge- druckt, ein Auszug in den Berliner M&m. und zwar Histoire, Annee 1765, Berlin 1767. Re- zension A. D.B. S Bd. S. 230: „Herrn Lamberts schon gedruckte Rede bei seiner Aufnahme, worin er seinen Vorsatz besonders die Pyrometrie zu untersuchen, mit dem erfinderischen und schönen Geiste, der ihm eigen ist, eröffnet.“ 6. De natura infiniti realis et mere symbolici meditatu. Vgl. Codex 736 S. 209 de nexu rerum et de infinito. Am 8. Febr. 1765 beginnt der Briefwechsel mit von Holland. Cantor IV S. 564 heisst es darüber: „Eine lange Diskussion über die Prinzipien der Infiritesimalrechnung enthält der höchst interessante Briefwechsel zwischen Lambert und von Holland aus den Jahren 1765 und 1766 (hrsgegeb. von Joh. Bernoulli Bd. I S. 11) usw.“ 7. Alia de evolvendis ideis simplieibus et primis vgl. Codex 736: De natura et indole notionum metaphysicarum 8. 200/16 und Ms.-buch Varia 8. 327: De genesi idearum trans- cendentium. 8. Dissertationem de motu corporum in medio resistente continuavi: die Abhandlung: Me- moire sur la resistance des fluides avec la solution du probläme ballistique. Berliner Mem. Jahrg. 1765 Berlin 1767 S. 102—185 (1 Tafel) M. S. Cod. 736. Rezension: A.D.B. 8 Bd. 1. St. S. 224: „Herrn Lamberts Abhandlung von der Bewegung in einer widerstehenden Materie. Er führt diese Untersuchung aus ihren ersten Gründen, bis so weit als man jetzt damit gekommen ist, zeigt, was von andern darinnen ist getan worden und bringt Anweisungen auf Erfahrungen bei.* 9. Varia alia ad augendam rem academicam facientia: Am 29. IV. 65 schreibt Lambert an Jetzler: „Inzwischen bekam ich alle Hände voll zu thun. Es wurde eine Kommission ernannt die academischen Sachen wieder in besseren Gang zu bringen. Dabey waren nun alle Stücke und Rechnungen zu durchgehen, das Kalender- und Landehartenwesen, den botanischen Garten in besseren Stand zu setzen, es ist noch lange nicht zu Ende. Es ist mir aber im geringsten nicht zuwider.“ 10. Schematismus geometriae nauticae für die „Beyträge“ I, No. 1. 11. Dimensio superfieiei ellipsoidis später in Beyträge III, No. 6 Entwerfung der Land- und Himmelscharten. 12. In Organon et architectonicam mutationes variae: „Nur in den zwei ersten Jahren nach der Vollendung fügte er der Architektonik noch einige Bemerkungen hinzu und änderte hie und da im Ausdruck.“ Vgl. dazu auch M. S.-buch Varia 8. 299 Capita Dianoiologiae 8. 300 Wolffii Analysis idearum $. 345 Adnotata in Wolfii Ontologiam latinam, ferner Codex 736 S. 165: Bruchstücke und Materialien zum Organon und Architektonik. 13. 8. oben Anm. 9. 14. ebenda. 15. De motu corporis in medio resistente: am 21. April 65 schreibt Lambert an v. Holland: „nebst einer Abhandlung von den Bomben, wovon ich bereits zween Theile der Akademie nicht vorgelesen, sondern erzählt habe, weil die Academiei besser darauf achten.“ Im Gegensatz zu Euler begnügte er sich mit dem Quadrat der Geschwindigkeit. 55 16. Ad Dwm Holland epistolae: Besonders interessant ist der IV. Brief vom 21. April 1765, wo er sich über den Unterschied der Euclidischen und scholastischen Methode verbreitet. Als Beispiel des Analysierens und der von Euelid angewendeten Anatomie der Begriffe schreibt Lambert: „Ich merke noch an, dass das Einpfache auch allgemein ist, aber auf eine andere Art als das Ähnliche. Letzteres macht die Subjeete, ersteres die Praedicate allgemein: z. B. Alle gleiehseitigen Dreiecke sind gleichwinklicht, ein gleichseitiges Dreieck kann von jeder Grösse gedacht werden.“ 17. S. oben Anm. 9. 18. De vi pulveris pyrü meditata: An v. Holland am 27. V. 65: „Die Bestimmung von der Gewalt des Pulvers, welche dem Herrn Euler so sehr fehlgeschlagen, scheint allerdings noch merkliche Schwierigkeiten zu haben.* 19. In Organon et architectonicam mutationes variae s. oben Anm. 12. 20. Experimenta circa tempus et amplitud. iactus globi e mortario eiecti: Im Briefe Lamberts an Jetzler vom 30. IX. 65 heisst es: „Vergangenen Sommer war ich ganz allein bey den Artillerie Experimenten, weil ich noch die Zeit und die Schussweiten für verschiedene Ladung brauchte.“ 21. In rem academicam animadversiones plurimae s. oben Anm. 9. 22. Exrperimenta circa solutionem Sacchari s. unten Anm. 25. 23. In Observationes ecclipsium lumarium a Mayero collectas adnotata für „Beyträge“ II, 2ter Abschnitt No. 12. 24. Examen principiorum statices et hydrostatices für Beyträge II, 2. Abschnitt No. 11. 25. Ecperimenta circa Solutionem salium plurima: Brief an v. Holland vom 19. VII. 65: „Und nun kommt die Reihe an die Salzproben, welche ich seitdem anzustellen hatte.“ Vgl. auch Codex 737 S. 156. 26. De quantitatibus imaginarüs: Wichtige Stelle im Brief an v. Holland vom 19. VIII. 65: „Übrigens wenn man doch die imaginären Grössen will, so kann man ihren Gebrauch weiter ausdehnen, z. B. dz += setzen, welches doch allemal kürzer wäre als der Ausdruck durch Logarithmen, es ist aber: vs | ds 2V2 1 h ee). ——i— t l = 1-+.2: Senn 2 1—zy2+ 22 27. De gravitate salis solutionum dissertatio academica, die Abhandlung Exp6riences sur le poids du sel et la gravit& specifique des saumures, M&m. de Berlin, Annde 1762, Berlin 1769, S. 27—65 (1 Tafel). Eine deutsche Übersetzung erschien hinter Branders Beschreibung einer neuen hydrostat. Wage. Augsburg 1771 und im „Hamburger Magazin“, doch dort ohne Figuren, auch hinter Picards Abhandlung vom Wasserwägen übersetzt von Passavant „mit An- merkungen von Lambert 8°, Berlin 1770, Rezensionen A. D. B. 13 Bd. 8. 205 M (Kästner) und von Picard 13 Bd. 1 St. S. 277 von H (Meister). Experimenta pyrometrica: „Nach und nach dachte ich wiederum an die Pyrometrie.“ Brief an Jetzler vom 30. IX. 65. 28. Quadratura parabolarum ad mentem Archimedis: Im Briefwechsel mit v. Holland. 2 T dz —= (—1)-!:* x aretg (x. —1)-1:*) + (—1)-3 x aretg (x. —1)l:?) 29. Tentamen corrigendi observationes a Scheuchzero in summis Alpibus institutas: Scheuchzer, Joh. Jae.: Nova ex summis Alpibus, darin Barometerbeobachtungen vom Gotthard (fol. Tiguri 1731.) 30. Alia parabolarum quadratura im Briefwechsel mit v. Holland. 31. De probabilitate praedictionum tempestatum vagarum. Vgl. die Abhandlung Examen d’une espece de superstition ramende au caleul de probabilites, Nouv. Mem. de Berlin 1773, pag. 411. 56 32. De fractionibus continwis für „Beyträge“ II. Theil, 1. Abschnitt Nr. 3 „Verwandlung der Brüche“. 33. De aequationum transmutatione für ebenda Nr. 8 Anmerkungen über die Verwandlung und Auflösung der Gleichungen. 34. In Pithometriam adnotata varia nach dem Druck der Pithometrie, denn sowohl an Baer- mann wie an Brander gingen „Beyträge“ I und Ecelipt. Tafel am 1. V. 1765 ab. 35. Reductio sectionis sphaerae ad trisectionem arcus, die Aufgabe der Kugelteilung in Ab- schnitte von gegebenem Volumverhältnis rührt von Archimed her. 36. Relationes quaedam circa anomaliam mediam, veram et excentricam, ein Lösungsversuch der Kepler’schen Aufgabe; historische Angaben über das Problem bei Graf u. Gubler, Ein- leitung in die Theorie der Bessel’schen Functionen, Bern 1898. 1766. 1. Analysis tabularum lunarium Mayeri für „Beyträge“ II. Teil, 2. Abschnitt Zergliede- rung und Anwendung der [im Jahre 1753 im 2ten Bde. der Göttinger Commentarien zuerst herausgekommenen] Mayer’schen Mondstafeln, nebst 58 Blättern Tafeln für Neu- und Vollmonde. 2. Aliae eiusmodi tabulae. Vgl. dazu auch die von Oberreit nach der neuen Londoner Ausgabe von 1770 verbesserten Tafeln für die ekliptischen Neu- und Vollmonde im „Leipziger Magazin“ 1788, 2tes Stück 8. 169. In den Berliner Astronom. Tafeln von 1776 hatte Lam- bert nur die Epochen und mittleren Bewegungen des Mondlaufs nach der neuen Ausgabe ver- bessert, die mittleren Syzigien aber völlig unverändert gelassen, wie wir vorgreifend anmerken. 3. In Gnomonicam meditata für „Beyträge“ II, 1. Abschnitt Nr. 10. 4. Reectificatio et Quadratura curvarum per polygona eircumseripta et insceripta für ebenda Nr. 9. 5. De geometria situs, vgl. die von uns herauszugebende Lösung Lamberts des Apollonischen Berührungsproblems. 6. Ad pithometriam ulterius perficiendam, die „Zusätze zur Visirkunst* „Beyträge“ III, 1772 8. 12 —35. 7. De magnete Dissert. academ. Die Abhandlung: Analyse de quelques exp6riences faites sur l’aimant (1 Tafel). Mem. de Berlin, Jahrgang 1766, Berlin 1768 S. 22—48. Re- zension: A. D. B. Nachträge 1—12 8. 185—192. B (Kästner) längeres Referat. 8. De principüs mechanices a priori stabiliendis für „Beyträge“ II, 2. Abschnitt Nr. 11. 9. Experimenta eirca magnetem s. Anm. 7 u. Anm. 12. 10. De transitu 8 in sole vis. theoria, die Durchgänge des Merkur zur Verbesserung seiner Theorie verwendet. 11. De divisoribus numerorum für „Beyträge“ II, 1. Abschnitt Nr. 1. 12. De curvatura fluxus materiae dissertat. academ. Die Abhandlung: Sur la courbure du courant magn6tique (4 Tafeln) Nouv. Mem. de Berlin, Jahrgang 1766, Berlin 1768 S. 49—77. Rezension A. D. B. 14. Bd. 2 St. S. 322—333. 13. Anmerkungen über die Gewalt des Schiesspulvers und den Widerstand der Luft auf Veranlassung der von den Herren Robins u. d’Arcy darüber angestellten Versuche. M. 1 Kupfer, Dresden 1766 in 8° Selbstrezension A.D. B. 11 Bd. 1 St. S. 303/04 G. 14. Parallaxis © ope transitus veneris constructione eruta, der Gedanke rührt von Halley I her und wurde anlässlich der Venusdurchgänge von 1761 und 1769 eifrig diskutirt, vgl. dazu auch Lagrange in den Mem. de Berlin 1766: Sur le passage de Venus du 3. Juin 1769. 15. Theorie der Parallellinien, posthum hrsgegeb. von Johann III Bernoulli im Leipziger Magazin für reine u. angewandte Mathem. Leipzig 1786, 2 St. S. 137—164 und 3 St. 8. 325 bis 358 (je 1 Tafel). Das verschollene Ms. umfasste 53 4°-Seiten. Neu herausgegeben wurde diese für die Nichteuklidische Geometrie so bedeutungsvolle Arbeit von Paul Stäckel in den 57 „Urkunden zur Vorgeschichte der Nichteuklidischen Geometrie“, Leipzig 1895 8. 152—208, s. darüber auch seine „Bemerkungen zu Lamberts Theorie der Parallellinien“, Bibliotheca Mathem. 1899 S. 107—110, sowie K.Bopp, „J. H. Lamberts Stellung zum Raumproblem und zur Parallelen- theorie in der Beurteilung der Zeitgenossen“, Sitzungsberichte der Königl. Bayerischen Akademie 1914 S. 361—368. 16. Geradelinichter Transporteur für „Beyträge“ II. Theyl, 1. Abschnitt Nr. 6 S. 170—175. Einige Anmerkungen von der Ausmessung der Winkel und Linien auf dem Papier. 17. Anmerkungen über den Circul und dessen Quadratura indeterminata, die berühmte Arbeit: „Beyträge“ II, 1. Abschnitt Nr. 5 S. 140: Vorläufige Kenntnisse für die, so die Quadratur und Rektifikation des Cireuls suchen. Neu herausgegeb. von F. Rudio in: Archimedes, Huygens, Lambert, Legendre, Vier Abhandlungen über Kreismessung, Leipzig 1892. Vgl. dazu A. Prings- heim, Die ersten Beweise der Irrationalität von e und z, Sb. der Bayer. Akademie 1898 Ss. 325—337. 18. Algebraische Formeln für die Sinus von 3 zu 5 Graden für „Beyträge“ II. Theyl, 1. Ab- schnitt Nr.4 S.133; vgl. darüber auch Anm. 19, 1769 unten. 19. Tetragonometrie ebenda Nr. 7 8. 175, Anlage zur Tetragonometrie vgl. v. Braunmühl, Vorlesungen über Geschichte der Trigonometrie, $S. 142; an Lambert knüpften an Tob. Mayer d.J. in seiner Dissertation von 1773, Tetragonometriae speeimen und St. Biörnsen, Introductio in tetragonometriam ad mentem Lamberti, Hauniae 1780. 20. u. 21. Mercatorprojeetion der Deklination der Magnetnadel für die Jahre 1675 u. 1718 und der Gestalt des Oceans. 22. Sur la figure de l’Oc6an, Abhandlung in den Berliner Mem. (1 Tafel), Annde 1767, Berlin 1769 S. 20—26. Referat A. D. B. Nachträge 1—12 8. 185 u. 192 B (Kästner). 23. Series pro rectif. Ellipseos, s. den Brief an von Holland vom 14. XII. 66., später aufgenommen in Beyträge III. Theyl, 1772, Nr. 3 8. 35, Rektifikation elliptischer Bogen durch unendliche Reihen. 24. Constructio geometr. ope solius regulae. Lambert ist der Begründer der Konstruktionen mit dem Lineal allein, vgl. Voglers Kaiserrede, Johann Heinrich Lambert und die praktische Geometrie, Berlin 1902, S. 16. 25. u. 26. Formula pro quantitate annua actionis solis in tellurem s. Anm. 32, 1761. 27. Densitas aeris puri et mixti ex celeritate soni definienda, die Abhandlung in den Berliner Mem. Annee 1768, Berlin 1770, Sur la vitesse du son, p. 70—79. Ein längeres Referat in A.D.B.. 15 Bd. S. 90 beginnend: Hr. Lambert über die Geschwindigkeit des Schalls. Die Regel, welche die Theorie hievon giebt, ist folgende: Man sucht, wie hoch eine flüssige Materie sein müßte, die durchaus so dicht als unsere Luft, worin wir uns aufhalten, und auch so schwer als die Atmosphäre wäre. Die Geschwindigkeit, die ein Körper bekommt, der von der Hälfte dieser Höhe herabfällt, ist die Geschwindigkeit des Schalls. Aber so bekommt man etwa 915 Pariser Fuß in einer Seeunde, und die Erfahrung gibt wenigstens 1040. Die hauptsächliehste Ursache des Unterschieds sucht Herr Lambert darinnen, daß man in der Theorie vollkommen reine Luft annimmt usw. usw. 1767. 1. Observationes in calculum politicum: vgl. Cod. 737 8. 176, sowie Anm. 4. 2. De theoremate Cotesiano: vgl. den Artikel in Hoffmann-Natanis Mathem. Wörterbuch. 3. Solutio problematis trium corporum . . . ope serierum infinitarum dissertatio academ. Die Abhandlung: Solution generale et absolue du probl&me de trois corps moyennant des suites infinies, M&m. de Berlin, Jahrgang 1767, Berlin 1769, 8. 353—364. Rezension A.D.B,., Nachträge 1—12 8.185 u. 192 (Kaestner). 4. De mortalitatis varüs specialibus legibus vgl. die Beyträge III. Theyl 1772 Nr. 9, An- merkungen über die Sterblichkeit, Todtenlisten, Geburten und Ehen, 8. 476—569. Abh. d. math.-phys. Kl. XXVII, 6. Abh. 8 58 5. Sur le secours mutuel que peuvent se preter la philosophie et les belles lettres s. das M.S. Herderinventarium (Einleitung) IV Rhetorica Nr. 8, 16 + 3 Blätter, Cod. 743. Im Sep- tember 1767 schreibt Lambert darüber an von Holland als von einer ungedruckten Abhand- lung; sie sei für die M&moires bestimmt; s. auch den Brief vom 29. III. 67 an von Holland. 6. De numerorum divisoribus vgl. die Adnotata quaedam de numeris eorumque anatomia in den A.E. von 1769. Beyträge II. Theil, 1. Abschnitt Nr. 1 kommt hier deshalb weniger in Betracht, weil Lambert am 1. Febr. 1767 an Brander schreibt, er habe die Beyträge II. Theil fertiggestellt. 7. De universaliori calculi id ea uma cum specimine pro actis erudit. Die Abhandlung in den Acta Eruditorum, Jahrgang 1764, Leipzig 1765 (zurückdatirt) S. 441—473 De universaliori calculi idea una cum annexo specimine, an v. Holland am 10. I. 1768 übersandt, eine breitere Darstellung der im XVIII. Briefe an von Holland befindlichen Ausführungen über Zeiehenkunst u. logischen Caleul; vgl. auch den Brief an Plouquet vom I. V. 67, Bd. I des Deutschen gelehrten Brfw. 8. Regel von perspectiv. Zeichnung für Herrn Brander das selbständig erschienene Werk- chen: Kurzgefasste Regeln zu perspektivischen Zeichnungen, vermittelst eines zu deren Ausübung, sowie auch zu geometrischen Zeichnungen eingerichteten Proportional-Cirkels, 2 Bogen mit 2 Kupfertafeln, Augsburg 1768, 2. Aufl., ibid. 1770. Rezension A. D. B., 11 Bd. 1 St. 8. 299/300: „Herr F. Brander Mechanicus in Augsburg ist entschlossen, 'bemeldete Pro- portionalzirkel dergestalt anzufertigen, daß Liebhaber sie von ihm accurat werden erhalten können, und dies gab die erste Veranlassung zu gegenwärtiger Schrift. Sie zeigt den Gebrauch dieses Werkzeugs an dem Beyspiel einer ebenen horizontalen Landschaft, aber ohne Beweis. Wer geschickt ist, diese Beweise zu verstehen, der findet sie in des Herrn Verfassers 1759 herausgekommenen freyen Perspektive.“ Am 21. September 1767 war der Druck ausgeführt. 9. Experimenta de evaporatione aquae et observationes s. Anm. 2, 1769. 10. De vi pulveris rü et problemate ballistico meditata a Bu be Ne s. den Brief vom 1. IX. 67 11. De reductione serierum minus convergentium ad magis J an von Holland. convergentes 12. Sur une propriete remarquable des quantites transcendentes circulaires et logarithmiques dissertat. academ. die höchst wichtige Abhandlung: M&moires sur quelques proprietes remarquables des quantites transcendantes, circulaires et logarithmiques, Mem. de Berlin, Jahrgang 1761 (sie!), Berlin 1768 (1 Tafel) S. 265—322. Pringsheim (Sitzungsberichte der Münchener Akad. 1898 S. 325) faßt deren Inhalt kurz zusammen: „Lam- bert hat, ohne die Euler’schen Entwicklungen von 1757 zu kennen, die Irrationalität von e*, tangx, und z (wo x eine rationale Zahl bedeuten soll) vollständig und mit einer für die da- malige Zeit geradezu exzeptionellen Strenge bewiesen“ oder in der spezielleren Form: „Wenn die Tangente eines Bogens eine rationale Zahl ist, so kann der Bogen nicht rational sein.“ Ihr Verhältnis zu der in den Beyträgen II, 1. Abschnitt Nr. 5 veröffentlichten Arbeit „Vorläufige Kenntnisse für die, so die Quadratur und Rectification des Cireuls suchen“ charakterisirt Prings- heim dahin: „Letztere gibt lediglich ein ganz allgemein gehaltenes orientirendes Referat über die von Lambert gefundenen Resultate. Sie enthält überhaupt keine analytischen Entwicklungen, einige wenige Formeln ohne Beweis und zur Erläuterung dienende numerische Beispiele. Letztere Arbeit kann als ein glänzendes Muster populär-anschaulicher Darstellung gelten.“ Und in der Fußnote: „Dieselbe ist zwar, wie Lambert in der Vorrede (zweite Seite) selbst angibt, schon im Jahre 1766 und unmittelbar vor der definitiven Ausarbeitung des oben erwähnten M&moire geschrieben worden. Lambert muß aber die jenen Resultaten zugrunde liegenden und im Memoire verwerteten analytischen Entwicklungen im wesentlichen damals schon besessen haben.“ Vgl. hierfür auch das von uns hervorgehobene M.S. Anm. 10, 1755. 13. De comparatione eirculi et hyperbolae meditata, darüber verbreitet der Brief Lamberts an Öberreit vom 4. Mai 1772 Licht (Briefwechsel V p. 330): Den Gebrauch des hyperbolischen Sektors habe ich in dem Beyspiele $ 99 der „Zusätze“ angezeigt, indem durch dessen Trisection 59 eine Cubikwurzel gefunden wird, die, weil sie die einzige wirkliche Wurzel der Gl. ist, durch die $ 96 erläuterte Triseetion eines Circulbogens nicht gefunden werden kann ($ 97). Seitdem habe ich über diese Sache bey der Königlichen Akademie eine Abhandlung vorgelesen, die nun in den Memoires 1768 abgedruckt ist (observations trigonometriques). Er gibt nun eine Ab- leitung der Formel „Beyträge“ I, $76 8. 417 und fährt fort: „Es ist aber diese Analogie von keinem Gebrauch, so oft der Nachtbogen des Gestirns nicht bloß 0, sondern vollends imaginär wird. Indessen kann die Construction immer gebraucht werden. Dies gab mir den ersten An- laß genauer nachzusehen, wie sich imaginäre Cireular-Functionen in wahre hyperbolische ver- wandeln.“ Tatsächlich geben die Tafeln XIII und XXXII die hyperbolischen Logarithmen, zu deren Ableitung Lambert seine Methode des transzendenten Winkels (vgl. S. Günthers schon öfters zitirtes Werk: Die Lehre von den Hyperbelfunetionen) gebraucht hat. 14. Observ. de evapor. continuatae vgl. Anm. 2, 1769. 15. Additions au memoir sur la resist. des fluides (Febr. 1765), das M.S. befindet sich Codex Gothan. 737 pag. 58; sie sind nicht in die anonym edierte Ausgabe des Memoire sur la resistance des fluides par Lambert, Paris 1846, J. Corrdard, Editeurs d’ouvrages militaires aufgenommen. [Vorhanden Landesbibliothek Straßburg Sign. Hf III® 9075.] 16. Oseillatio corporis in eirculo s. die Abhandlung: Über die Anwendung der Äquili- brationslinie beim Mauerquadranten, Berliner Astronom. Jahrbuch, Jahr 1778, Berlin 1776, S. 88 — 90. 17. Deideis ad aestheticam spectantibus, der Zusatz zum XII. Hauptstück der Architektonik. 18. De incommensurabilitate quantit. transcen. et radicalium, im September hat Lambert das in Anm. 12 behandelte M&emoire in der Akademie gelesen „lu en septembre 1767; ein Sum- marium der Abhandlung befindet sich im Codex 738 mitten unter seinen mathematischen Re- zensionen, darauf dürfte sich diese Stelle des Tagebuchs beziehen; s. auch den Brief an v. Holland vom 1. IX. 67. 19. Exper. de propagatione Caloris für die Pyrometrie. 20. De aberratione lentium \ im Briefwechsel mit dem 21. Examen refr. et dispersionis prismatum vitreorum Dollondi J Mechaniker Brander, der sich vom 1. Mai 1765 an durch zwölf Jahre erstreckt, hier im bes. die Briefe vom 1. u. 28. Nov. 1767 und 28. II. 68 an Brander. 22. De Motu projectilis vento spirante s. den Brief an v. Holland vom ]. IX. 67. 23. De dimensionibus eorum quae sublimia profunda, remota e. e.t. dicantur in litteris elegan- tioribus für seine „Agathometrie* vgl. Codex 740 8. 427 und die bemerkenswerte Stelle im Briefe an von Holland vom 20. X. 65: „Ich sehe nicht ein, warum immaterielle Substanzen nieht Ausdehnung und Größe haben sollen, denn ich leite sie nieht aus der nieht unendlichen, sondern aus der unendlichen Teilbarkeit der Materie her.“ 24. De aberrationibus luminis remotius ab axe lentium sphaericorum incidentis vgl. den Brief an Brander vom 28. XI. 67, sowie den an d’Alembert vom 12. Oct. 1773. 25. De declinatione acus magneticae mappis inserenda; vgl. Anm. 11, 1766. 26. In algebram_ philosophicam Richeri animadversiones. Die Abhandlung in den Acta eru- ditorum Jahr 1766, Leipzig 1767: In algebram philosophicam et Richeri breves annotationes, pag. 335—344. M.S. Codex 736 8. 165/179. An v. Holland übersandt am 9. V. 1768. 27. De curva ballistica s. den Brief an v. Holland vom 10. I. 68. 1768. 1. De dimensionibus quibusdam mundi intellectualis. Die Abhandlung Observations sur quelques dimensions du monde intellectuel, M&m. de Berlin, Jahrgang 1763, Berlin 1770 pag. 421—438. Rezension A.D.B., 16 Bd. 1 St. S. 33 u. 41 (Kästner). 2. De relatione inter pascha Gregor. et Julianum s. die Abhandlung: Einige Anmerkungen über die Kirchenrechnung, Berliner Astronom. Jahrbuch, Jahr 1778, Berlin 1776, 8. 210—226. 8* 60 3. De curvatura fluxus magnetici meditata continuata s. Anm. 11, 1766. 4. De gustu meditationes vgl. Anm. 5, 1769. 5. Quadraticem curvae et poligomi cuwiuslibet construendi methodus s. Anm. 4, 1766. 6. Sur Vanalyse du babillage dans les owvrages quwon fait passer pour instructifs, M.S. im Cod. 740. Herderinventarium IV, Rhetorica 11. 7. De aequationum alterioris gradus reductione ad arcus ceirculares vgl. die Beyträge II. Theil Nr. 8: Anmerkungen über die Verwandlung und Auflösung der Gleichungen, 8. 184. Cantor IV S. 133 sagt darüber: „Lambert bestimmt die Grenzen, in welchen die Wurzeln einer Quartic entweder unmöglich oder reell sind. Die Auflösung einer solchen Quartic hängt von einer kubischen Gleichung mit lauter reellen Wurzeln ab, die sich auf die Dreiteilung eines Kreisbogens reduziren läßt, eine bequeme Auflösungsform wird angegeben.“ 8. De topica animadversiones vgl. den Brief von Steinbrüchel vom 14. April 1768 über den Codex auf der Wasserbibliothek in Zürich. 9. De contrahendis scapis s. d. M.S.-Seiten, Codex Gothan. 735 S. 170—173. 10. Observat. therm. sub terrae superficie; es waren 3 Bde., Beobachtungen von Ott, eine Abhandlung von Ott, eine Abhandlung von Lambert; sie wurden nie gedruckt, vgl. den Brief- wechsel mit Ott; über das Schicksal dieser M.S. s. die Auskunft Gessners an Johann III Ber- noulli Brfw. V, 2. Abteil. S. 266. Einiges ist in Lamberts Pyrometrie übergegangen tab. VII fig. 39 u. 8. 356— 360. 11. De compositione virium vgl. den Brief an d’Alembert vom 12. Oct. 1773, vgl. auch Beyträge II, S. 444, sowie Jacobi, ©. Praeeipuorum inde a Neutono composit. virium demon- strandi conatuum recensio, Goettingen 1827. Lambert, p. 13. 12. De ordinando laboratorio physico Academiae s. den Brief an Brander vom 5. April 1768. 13. Problemata quaedam geometriae practicae vgl. den Brief an Brander vom 30. IV. 68. 14. De topica Schediasma. Die Abhandlung De topicis schediasma in den A. E., Jahr- gang 1768 S. 12—33. Lambert übersandte sie am 9. V. 68 an v. Holland. 15. De factoribus aequationum vgl. die Abhandlung Observations sur les 6quations d’un degr& quelgconque, M&m. de Berlin, Jahrgang 1763, Berlin 1770 S. 278—291 von Lambert auch bezeichnet: Sur les equations, 1. memoire, darin wird nach Cantor IV, S. 75 das dritte Prinzip Eulers hergestellt: hat die Gl. @® + aa"-1+ba"r”?+...=0 lauter reelle Wurzeln, so haben solche auch die davon abgeleiteten Gl. (n—1) Grades: naar! + (n—1) aa"? + db (n—2) ar... +—=0 und aa! + 2bar? + 3ca" ...—(, auch wird die bekannte Bedingung für die Existenz gleicher Wurzeln einer Gl. 3. Grades ab- geleitet. 16. De usu scalarum Branderianarum für das selbständig erschienene Werkcehen: Anmer- kungen über die Branderschen Mikrometer von Glase und deren Gebrauch, nebst Beylagen der Geschichte und Vortheile dieser Erfindung betreffend, nemlich 1. Tobias Mayers Be- schreibung eines neuen Mikrometers, 2. @. ©. Branders Beschreibung des neuen dioptrischen Sektors, nebst einer zu dessen Gebrauch am Ende beigefügten sehr dienlichen Chordentabelle, 3. Eben desselben Beschreibung einer ganz neu verfertigten Nivellirwage. M.K., 8° Augsburg1769. Der III. Teil wurde bei der Münchener Akademie gedruckt. Am 8. X. 69 schreibt Lambert an Brander: „Daß die Abhandl. von den Glasscalen nach München würde verlangt werden, davon träumte mir etwas, ehe ich sie schrieb“. Rezension A. D. B., 14. Bd. S. 243/44 H (Meister) und bes. den Brief an L. vom 23. V. 68. 17. De sectore dioptrico s. Anm.16.2. und bes. den Brief Lamberts an Brander vom 11. VI.68. 18. Probl. 5 corporum ad lunam adplicat vgl. Anm. 3, 1767. 19. Adnotata circa calorem telluris infra superficiem s. die in Anm. 10, 1768 genannte Ab- handlung Lamberts. 61 20. Die Abhandlung M&moire sur la partie photom6trique de tout l’art de peindre, Mem. de Berlin, Jahrgang 1768, Berlin 1770, S. 80—108 (1 Tafel). Längere Rezension AD. B., 15 Bd. 8. 90/93. 21. Sur les racines des equations, leur term moien e. ce. t. vgl. Anm. 15 oben. 22. Lineae directionum magneticarum in globo terrestri vgl. Anm. 11, 1766. Am 28. II. bestellt Lambert bei Brander ein Deklinatorium, am 11. XII. 68 übersendet ihm Brander dasselbe. 23. Sur les facteurs des equations qui peuvent etre trowves. Die Abhandlung Observations sur les diviseurs d’un degr& quelconque, qui peuvent ötre trouves ind&pendamment de la solution des @quations, M&em. de Berlin, Jahrgang 1763, Berlin 1770 pag. 292—310. Von Lambert auch bezeichnet: Sur les @quations, 2. memoire. Cantor IV pag. 103 heißt es darüber: „In einer zweiten Abhandlung desselben Jahres (s. Anm. 15 oben) bemerkt Lambert, daß die Analysten wenig Hoffnung hätten, die allgemeine Auflösung der algebraischen Gleichungen zu erzielen, weshalb es wünschenswert sei, Kunstgriffe für die Auffindung der Wurzeln für Spezial- fälle zu entdecken. Er beschäftigt sich hauptsächlich mit numerischen Gleichungen. Nach einem seiner Vorschläge bilde man eine zweite Gleichung, deren Wurzeln die Summe je zweier Wurzeln der vorgelegten Gleichung sind. Diese Hilfsgleichung lasse sich öfter in rationale Faktoren zerlegen und liefere die erwünschte Lösung.* De scalis hygrometricis meditata vgl. Anm. 2, 1769. 24. Claves characterum linguae Sinensis: Es handelt sich nach der Lektüre von Tönnies’ 1768 erschienener Grammatica universalis um die Dyadik als uralter chinesischer Erfindung; vgl. den Brief an Tönnies vom 24. III. 71. 25. De observat. Meteorolog. per universam terrarum orbem instituendis. Die Abhandlung Expos& de quelques observations qu’on pourroit faire pour repandre du jour sur la me&- teorologie (1 Tafel), M&em. de Berlin, Jahrgang 1771, Berlin 1773 8. 60—65. Rezension A.D. B., 21. Bd. 2 St. S. 359: „Hr. Lambert wünscht, daß über die ganze Erde wenigstens an gewissen Stellen (die er auf einem beygefügten Entwurf der Erdoberfläche bezeichnet hat) zu gleichen Zeiten und nach gemeinsamen Grundsätzen Beobachtungen angestellt würden usw.“ Eine Übersetzung aus dem Französischen von Abt von Felbiger erschien, 1 Bogen 8°, zu Sagan bei Lauchen. Rezension A.D.B., 24. Bd. 2 St. S. 441/42: „Diese Übersetzung hat Herr Prälat von Felbiger seiner Anleitung jede Art der Witterung zu beobachten beigefügt und vermuthlich zu seinem eygenen Gebrauch Exemplare drucken lassen. Es wird die Leser nicht gereuen, wenn sie die Abhandlung ganz kaufen.* Schediasma ad D” Mitchel M. legatum Brit. ad R. Borussiae vgl. den Brief an Felbiger vom 11.11. 71. Der Antrag an den Gesandten betraf vergleichende Wetterbeobachtungen in den Kolonien. 26. De hygrom. experimenta s. Anm. 16, 1769 unten. 27. Transmutatio figurarum in rectangula veröffentlicht in Beyträge, III. Teil Nr. 4 8. 55 bis 66: Verwandlung der Figuren in gleich große Rektangel. 28. Sur la methode du caleul integral. Die Abhandlung Sur la möthode du calcul in- tegral (lu le 15 de decembre 1768), Mem. de Berlin, Jahrgang 1762, Berlin 1769 8. 441 bis 484. Cantor IV, S. 702 lesen wir darüber: „Vor allem müssen wir eine Schrift erwähnen, die alles in der Integralrechnung früher Gemachte bekämpft und eine Revolution in diesem Wissenszweig bringen will. Das Interesse der Abhandlung liegt aber mehr im Namen des Verfassers. Nach Lambert sind die Analysten aus Ungeduld neue Integrale zu berechnen vor- eilig. unsystematisch und sozusagen tappend vorgeschritten; man sollte von vornherein nicht die Differentiale, sondern die Integrale klassifizieren und dann Symptome ableiten, nach welchen die Differentiale klassifizirbar sein würden. Klassifikation der Integrale. Beispiele.“ 29. Comparatio altit. barom. Hispan. et Bernensium s. Tafel IV zu Felbigers und Lamberts Briefwechsel, Fig. 1. 30. De aurora boreali: Es handelt sich um das Nordlicht vom 5. XII. 68; vgl. Brief an Joh. III. Bernoulli vom 25.1. 69 in Cod. Goth. 705. 62 1769. 1. Essai de taxeometrie. Die Abhandlung Essai de tax6ome&trie, ou sur la mesure de l’ordre, Nouveaux M&m. de Berlin, Jahrg. 1770, Berlin 1772, Rezension A.D.B., 21. Bd. 1 St. 8. 107/10, „Versuch einer Taxiometrie oder von Abmessung der Ordnung. Er nimmt die Wolfische Erklä- rung der Ordnung als eine fruchtlose Worterklärung an, bemerkt aber mancherley Arten der Ordnung, eine symmetrische, die nach äußerlichen Kennzeichen geht, eine andere nach inneren Verbindungen, die er ordre legal, wie er jene ordre local nennt oder auch jene ordre de liaison, diese ordre de ressemblance usw. und schränkt sich in dieser Abhandlung auf die Ähnlichkeits- ordnung ein, wo es nur auf die Stellen ankömmt. Die einfachste Art hat nur eine Local- abmessung, ist linearisch. [In der Anordnung 4, 3, 2, 1 ist der Mangel der Ordnung gegen 1,2,3,4 4x3+5x1+1x,2+2x2=21, nämlich 4 ist um drey Stellen verrückt, 3 um eine.]| Die Ordnung selbst hat keine Stufen, sie ist ganz da, wenn sie einmal da ist. Auf allgemeine Formeln von solehen Dingen kann man sonst gar leicht kommen und es sind auch dergl. von Unterschiedenen gegeben worden, z. B. für die Größe des Vergnügens von Craig“. 2. Essai d’hygrometrie. Die Abhandlung Essai d’hygrom6trie, ou sur la mesure de ’humi- dite, M&em. de Berlin, Jahrgang 1769, Berlin 1771 (3 Tafeln) 68—127. Rezension A.D. B., 16 Bd. 1 St. S. 33 (Kästner). Eine deutsche Übersetzung (von Tenn) erschien Augsburg 1774: Hrn. Prof. Lamberts Hygrometrie oder Abhandlung von den Hygrometern. 3. Additamenta ad Principia mechan. s. Anm. 8, 1766. 4. De sectore dioptrico s. Anm. 16, 1768 und den Brief an Brander vom 8.11. 69. 5. Theorie du gout s. das M. S. Herderinventarium (Einleitung), Rethorica IV Nr. 9a und Nr. 9b, 8 und 13 Blatt, Cod. Gothan. 743. 6. De condend. Tabb. divisorum numerorum für „Beyträge II“, 1. Abschnitt Nr. 2, Vor- schlag die Theiler der Zahlen in Tabellen zu bringen, S. 42—54. 7. Tabb.) (1766 Jan.) adieci alias, die hinter der „Anwendung der Mayerschen Monds- tafeln“, Beyträge II, 2. Abschnitt herausgekommenen 58 Blätter, Tafeln für Neu- und Voll- monde e. c. t. 8. De seriebus periodieis quae ex divisione mascuntur quatenus ad investigandos divisores faciunt pro Actis eruditorum für die Acta eruditorum, Jahrgang 1769: Adnotata quaedam de numeris eorumque anatomia, S.107—128. Cantor IV 8.160/61 heißt es darüber: „In diesen Adnotata setzt Lambert seine Studien über periodische Dezimal- reihen fort, gibt einen Beweis des schon früher von Leibniz und Euler bewiesenen Fermatschen Satzes und zieht daraus weitere Resultate.“ Die Auffindung des Teilers einer Zahl wird von Lambert auch in einem Briefe an Öberreit besprochen. Vgl. dann Öberreits wichtige Zusätze in Brfw. Bd. V, 2. Abteil. S. 309 und dessen Nachtrag zu seinem Aufsatz von der Reihe für die Quadratwurzel im Leipziger Magazin 1784 8. 309, sowie den Brief an Beguelin vom 21.IV. 69. 9. Trigonom. hyperbolique. Die Abhandlung Observations trigonome6triques (1 Tafel). Mem. de Berlin, Jahrgang 1768, Berlin 1770 8. 327—354. Rezension A.D.B., 15 Bd. 1 St. S. 96, welche wir schon in der Einleitung wiedergegeben haben. Vgl. für diese wichtige Arbeit S. Günther, Die Lehre von den Hyperbelfunktionen; P. Stäckel, Bibliotheca Mathem. 1899, pag. 108 sowie unsere Anm. 13, 1767. 10. Instruments acoustiques. Die Abhandlung Sur quelques instruments acoustiques, Mem. de Berlin, Jahrgang 1763, Berlin 1770 S. 87—124 (2 Tafeln). Die Abhandlung ist deutsch herausgekommen unter dem Titel: J. H. Lamberts Abhandlung über einige akustische In- strumente aus dem Französischen übersetzt, nebst Zusätzen von Huth, Prof. der Mathem. u. Physik zu Frankfurt a. OÖ. Mit zwei Kupfertafeln, Berlin 1796, in 8°. „Hundert Jahre nach Morlands Erfindung der Sprachröhre“, wie Lambert bescheiden sagt. 11. Usus scalarum Branderianarum s. oben Anm. 16, 1768 und den Brief an Brander vom 27. V. 69. 63 12. Beyträge zum Nivellieren. Picards Abhandlung vom Wasserwägen, mit neuen Beyträgen und Kupfern, 8°’. Berlin 1770. Das Werk war 1749 von Passavant übersetzt! Lambert änderte nur weniges daran, fügte aber die Anmerkungen hinzu von 8. 196—296. 13. Problem. de cane leporem prosequente. Die Abhandlung der Acta eruditorum, Jahrgang 1769: Solutio problematis ad methodum tangentium inversam pertinentis, 8. 356—359 (eine Figur). Cantor IV S. 506 über die Verfolgungskurve mit der Angabe, daß die Aufgabe von Vincentio Riecati stamme. Lambert bemerkt dann, daß ihm diese Aufgabe schon lange wie ein lusus ingenii in den Sinn gekommen. Die Kurve muß die Eigenschaft haben are MD:TG (Ab- schnitt auf der Achse zwischen den Tangenten in den Endpunkten des Bogens MD) d .d —n:l,alotgw— — Fr und die Diffgl. der Kurve heißt nn = y-detgw. Die Integration gibt 1 1 1 1 9) = n—| . u eg (tr); ist n— 1, so versagt diese Gl. Ein Zurückgehen auf die ursprüngliche Gl. liefert in diesem a Fall 22 — lgy+ 7 — [SSR 14. Nova litteraria. Es handelt sich bei dieser Angabe immer um Lamberts Rezensionen für die Allgemeine deutsche Bibliothek. „Es ist ein Zeitraum von acht Jahren, während dessen er die kritische Feder führte“, schreibt Lepsius in der Preisschrift von 1881. Den Schlüssel für die Signaturen der anonymen Rezensenten lieferte uns Parthey, Die Mitarbeiter an Fr. Niolais Allgemeiner deutscher Bibliothek, Berlin 1842. Wir haben die Rezensionen Lamberts in einem eigenen noch handschriftlichen Verzeichnis zusammengestellt. Daraus geht hervor, daß er u. v.a. auch die Besprechung von Eulers, Institut. caleuli integralis vol. seeundum, A.D.B., 13. Bd. 2 St. S. 548—550 (Sign. A), von Eulers vollständiger Anleitung zur Algebra 1770, A.D.B., 13. Bd. 2 St. S.544 (Sign. A) und dessen Dioptrica, Pars I 1769, Pars II 1770 und Pars III 1771; A.D.B., 17 Bd. 2 St. S. 259—260 (Sign. A) lieferte. Die Ms. der Rezensionen, von denen die philos. in den log. u. philos. Abhandlungen wiederabgedruckt sind, I. Bd. S. 205, füllen die Cod. Gothan. 738 und 739, s. unsere Einleitung. 15. Circa divisores numerorum e.c.t. s. Anm. 8, 1769. 16. Exseripsi et redegi tabulas divisorum minimorum quos habent numeri ab 1 ad 102000 für „Beyträge“ II, 1. Abschnitt Nr. 2. Lambert kannte Pells Tafel nicht. 17. Cometae Constructio et calculus s. „Beyträge“ III Nr. 7: Von Beobachtung und Berech- nung der Cometen und besonders des Cometen von 1769 8. 200—323. Es ist der Halleysche. Wenn man die Insigniores orbitae cometarum proprietates als erste rechnet, so ist chronologisch dies die zweite Arbeit Lamberts über Kometenbahnen, der Inhalt wird von Bauschinger, welcher die Seiten 261—268 u. 293—299 in Ostwalds Klassikern Nr. 133 reproduzirt hat, als „An- wendung der konstruktiven Methode“ charakterisiert. 13. De firmitate aedificiorum. Ordines columnarum für Beyträge III Nr. 8, Anmerkungen über die Baukunst, $S. 323—476, über Gewölbe s. auch Cod. 737. 19. Tabulis divisorum addidi alias logarithmicas, ceirculares, pro radieibus e. e. t. ist das selbständig erschienene Tafelwerkchen: Zusätze zu den logarithmischen und trigonometri- schen Tabellen, zur Erleichterung und Abkürzung der bey Anwendung der Mathematik vorfallenden Berechnungen. 8°. Berlin 1770. Auf Lagranges Veranlassung herausgegeben. Eine lateinisehe Übersetzung auf Kosten der Lissaboner Akademie erschien 1798. Cantor, Vorlesungen IV S. 434 —437 sagt darüber: „Außer den Primzahltafeln enthält Lamberts Sammlung noch kleinere Tabellen der Quadrat- und Kubikzahlen, der Potenzen von 2 bis 2’0, von 3 und 5 bis zu 50. Potenz, eine Tafel der Werte der Exponentialfunction e=* von s—0,1 bis 2—=10 nebst den Entwicklungen von e”, 4(e” +1), log(a + x) usw. in Reihen und Kettenbrüche, dann eine Tafel der siebenstelligen hyperbolischen Logarithmen 64 der Zahlen von 1 bis 100 (Tab. XIII) und eine ebensolehe der Zahlen von 1,01 bis 10 in Intervallen von 0,01. Bemerkenswert ist die Tafel XIX, welche die Werte der Sinus von 3° zu 3° in algebraischen Ausdrücken zusammenstellt, um gegebenenfalls verschiedene Rechnungen mit aller Schärfe vornehmen zu können, über die Aufstellung dieser Tabellen ver- breitete er sich in den „Beyträgen“ II 8.133 und zeigte, daß die einzelnen Funktionswerte aus 15 verschiedenen Wurzeln durch Addition und Subtraktion zusammengesetzt seien. Außerdem enthält Lamberts Sammlung noch eine Tafel XXI, in welcher die hauptsächlichsten trigonom. Formeln zusammengestellt sind, welehe zur Berechnung der Dreiecke ebenen und sphärischen dienen, Tafeln für die Längen der Kreisbogen von 1° bis 100°, von da ab in Intervallen von 30° und endlich für Minuten und Seeunden, ferner Tabellen zur Berechnung trigonom. Functionen der kleinen Winkel, zur Bestimmung der Sinus aller Grade mit ihren ersten 9 Vielfachen auf 5 Dezimalen usw. Zum Schlusse mag noch auf die Auflösungstafeln der Gleichungen 3. und 4. Grades und endlich auf die Tafel der hyperbolischen Logarithmen (tab. XXXII) aller ganzen Winkelgrade des ersten Quadranten hingewiesen werden. Im ganzen umfaßte die mit großer Sachkenntnis zusammengestellte Sammlung Lamberts 45 Tafeln in einem sehr handlichen 1 = Oktavbändeben. Auf Tab. XXIV finden sich x, log, -,V x auf 12 Dezimalen ausgeführt, IT vgl. auch Braunmühl, S. 177. Eine zeitgenössische Rezension A.D.B., 14 Bd. 2 St. 8. 243 H (Meister).“ . 20. De Aurora boreali 24 oct. visa meditationes. Vgl. auch von Felbiger, Anleitung die Nordlichter zu beobachten. 1771. 21. Solutio problematis de fractionibus in facto. resolvendis vgl. $ 67 der in Anm. 19 be- schriebenen „Zusätze“. 22. Easdem tabulas una cum earum descriptione ad finem perduxi, s. Anm. 19 oben. 23. De radicibus aequationum imaginarüs. Posthum wurde von Johann III Bernoulli die Arbeit herausgegeben: Über die Mehrheit der Wurzeln höherer Gleichungen, Leipziger Magazin für reine und angewandte Mathematik 1787, 1. St. 8. 62—70. Rezension A.D.B., 84. Bd. S. 133. „Bei höheren Gleichungen bekömmt man immer so viel Werte für die unbe- kannte Größe als die Gleichung Abmessungen oder Grade hat. Eigentlich sucht man doch nur einen und zwar den wahren. Also würden eigentlich nur Gleichungen vom ersten Grade bestimmt heißen können, die andern müßten zur Diophantischen oder unbestimmten Analysis gerechnet werden. Es kömmt also hierbey auf Umstände an, aus welchen man den wahren Wert der unbekannten Größen zu bestimmen suchen muß. Bey Gleichungen vom zweyten Grade hat er dies in drei Exempeln gezeigt; es erhellt aber aus ein paar Zetteln, daß er mit dieser interessanten Untersuchung nicht fertig geworden ist.“ @Qt (Leiste). 1770. 1. In architeeturam civilem annotationes s. oben Anm. 8. 2. De curva elastica \ ebenfalls für die „Anmerkungen über die Baukunst“. R 3. Rectif. ellipseos J vgl. auch den Brief an Lagrange vom 19. III. 70. Eine Rezension sämtlicher Aufsätze in den Beyträgen zum Gebrauche der Mathematik, II. Teil, 11 Tafeln, Berlin 1770. A.D.B., 14. Bd. 2 St. S. 322—333, H (Meister). 4. Problema de tangentibus, Beyträge III. Theil, 1772, Nr. 1. Eine besondere Eigenschaft der Tangenten, S. 1—11. 5. Problema de interpolationibus ebenda Nr.5 „Anmerkungen über das Einschalten“, S. 66 bis 104; vgl. Cantor IV, S. 1048. 6. De cometis observ. et computandis s. Aum. 17, 1769. 7. De computo calendarii iudaici. Es handelt sich um die Abhandlung vom Sterbejahr Christi von v. Limprunn im VI. Bande der Churbayer. Akademie. Ein Referat in den Götting. 65 Anzeigen vom April 1771, 8. 418—22. Vgl. die Briefe vom 14. I. 69, 20. XI. 69, 12. und 24. III. 70, 10. XII. 70 und 19.1. 71 in Lambert und Branders Briefw. 8. Sur lencre et le papier. Die Abhandlung Observations sur l’encre et le papier, Nouv. Mem. de Berlin, Jahrgang 1770, Berlin 1772, p. 58—67. Rezension A.D.B., 21. Bd. 1 St. S. 94. „Herrn Lamberts Bemerkungen bey Dinte und Papier. Sie sind veranlaßt worden durch gedruckte Bücher und Manuscripte, die sich drey Tage lang im Wasser befanden. Die Bücher, die auf Schreibpapier gedruckt waren, hatten meistens viel Schaden gelitten, die aber auf Druckpapier sich besser gehalten usw. Daß der Schimmel der Dinte vom Alaun herrühre, hat er sich dureh Erfahrung versichert.* 9. Praefatio ad Architectonicam M. 8. Cod. 736, 8. 216. Caput de forma ist der Zusatz zum XIX. Hauptstück. vgl. Anm. 8, 1764. Sein zweites philosophisches Hauptwerk Anlage zur Architektonik oder Theorie des Einfachen und Ersten in der philosophischen und mathe- matischen Erkenntnis, 8°, Riga, 2 Bde., 1771. Selbstanzeige A. D. B. (beider Bände), 20. Bd. 1 St. S. 12, wiederabgedruckt im I. Bde. der log. und philos. Abhandlungen, vgl. Anm. 14, 1769. Der vierte Teil des Werkes wurde schon von E. Laas im Art. „Lambert“ der Allgemeinen Deutschen Biographie als Philosophie der Mathematik bezeichnet. Das zentrale Problem be- handelt E. Koenig „Über den Begriff der Objektivität bei Wolff und Lambert mit Beziehung auf Kant“ in Zeitschr. für Philosophie und philos. Kritik 84, 1884, 8. 292—313; vgl. auch B.v. Zawadzki, Fragment aus der Erkenntnistheorie Lamberts, Züricher Dissertation 1910; s. endlich Griffing, H., I. H. Lambert, A Study in the development of the critical philosophy, Phil. Rev. 1893, Vol. II, S. 54—62. Sur la refraction du son et de la lumiere s. d. M. 8. Cod. 736, 8. 1—6. Wichtiges M. 8. Kritik von Eulers Ansichten über Refraktion. i 10. Constructio orbitae cometae qui hoc mense apparuit s. die Bemerkungen: Quelques remarques sur la com£&te de 1769, pag. 45 und 46 der histoire in den Nouv. Me&m. de Berlin, Jahrgang 1770, Berlin 1772, dritte gedruckte Äußerung Lamberts über Kometenbahnen; vgl. auch den Brief an Felbiger vom 30. VII. 70. „Meine Risse von demselben und dem dies- jährigen [5. VII. 70] sind nicht gestochen.“ Vgl. auch den Brief Bernoullis an Lambert vom 2. VII: 70 Cod. Gothan. 676. 11. De mappis geogr. vgl. die Anmerkungen zur Entwerfung der Land- und Himmelscharten, Beyträge III Nr. 6 S. 105— 200. Hrsgegeb. von O. Wangerin in Oswalds Klassikern Nr. 54. Cantor IV 8. 572 gibt folgendes Referat: „In der Einleitung wird ein klarer Überblick über die verschiedenen Forderungen gegeben, die an eine Karte zu stellen sind: Winkeltreue, Flächentreue usw. und gezeigt, inwieweit die verschiedenen Projektionsarten derselben genügen, und wie die Erfüllung einer Forderung die Vernachlässigung einer anderen nach sich zieht. Eine allgemeine Auflösung der Aufgabe, die Kugelform auf die Ebene abzubilden, gibt jedoch d Lambert nicht, dagegen folgende Formeln für die stereographische Projektion dy — De + mdıh, cos p mdp dz — — - c08 9 m und n die partiellen Ableitungen von x und y nach 4. Die Arbeit verfolgt im weiteren Ver- lauf mehr praktische Zwecke, von Interesse ist jedoch die Bemerkung, daß die Mitteilung obiger Formeln an Lagrange diesen zu seinen Untersuchungen über diese Fragen veranlaßt habe.* De sciateriis horum per alt. © definientibus s. d. Brief an Oberreit vom 2. IX. 70. + nd}. Hierbei bedeutet p die geographische Breite, A die geographische Länge, 12. Examen undenam tubi quatuor lentium convezarum praestent üs qui tribus instrumentur s. den Brief an Brander vom 10. XI. 70. 13. In leges mortalitatis inquisitiones vgl. Beyträge, III. Theil, Nr. 9, Anmerkungen über Sterblichkeit, Todtenlisten und Ehen, S. 476—569, vgl. auch den Brief an Kästner vom 30. IX. 70. 14. Tabula radieum aequat. biquadraticarım. Das MS. im Cod. Gothan. 754, erwähnt in dem Briefe an Euler vom 18. Oktober 1771 und im Briefe vom 28. I. 71 an Karsten. Am 26. Sept. 71 schreibt Lambert-an Karsten: „Die Tafel für die Gl. vom 4. Grade ist auf 8 Oktav- Abh.d. math.-phys.Kl. XXVII, 6. Abh. 9 66 seiten, sie hat aber hin und wieder große leere Räume, ich habe mich dabei auf 5 Dezimal- stellen eingeschränkt“. 15. Sur les porte-lumitres appliquees ä la lampe, Nouv- Mem. de Berlin, Jahrgang 1770. Berlin 1772 (1 Tafel), S. 51—57. Rezension A.D.B., 21. Bd. 1 St. S. 94. „Herr Lambert von Verstärkung des Lichts durch kegelförmige Röhren. Seine Untersuchung der Sprachröhre im vorigen Jahre hat ihn dazu veranlaßt... Vermittelst eines solehen Rohres ward das Licht von einem 15 Fuß hohen Fenster in solcher Stärke gesandt, daß man auf 60 Fuß weit jeden Strohhalm sah u. dergl. mehr. Sie würden also bey Gassenlaternen sehr nützlich seyn. Herr Brander bringt sie auch an Mikroskope an. B (Kästner).“ S. auch Recueil pour les astro- nomes, 1771 8. 237. 16. De tabulis in mathesi pura usui futuris. Die Einladung zur Tafelbereehnung erschien in der Haude u. Spenerschen Zeitung, Leipziger und Göttinger Anzeigen und Allgemeinen Deutschen Bibliothek, vgl. den Nachtrag des Briefes an Kant von 1770, den Brief an Felbiger vom 20. X. 70 mit dem Programm der Fortsetzung der „Zusätze“ sowie den an Karsten vom 16. XI. 70. 17. Constructio lampadis una cum cono lumen dirigente s. Anm. 15. 18. Essai de dioptrique experimentale, 1”° partie. Es handelt sich um die in Anm. 14, 1769 schon erwähnte Besprechung von Eulers Dioptrik in der A.D.B. Am 18. XI. 70 schreibt Lambert an Beguelin: „tandis que je suis une fois en train de former une dioptrique experi- mentale ou d’y fournir du moins mon contingent“. Experimenta dioptrica s. den Brief an Brander vom 10. XI. 70. 19. De legibus mortalitatis, nuptiarum et fecunditatis s. Anm. 13. 1771. 1. Sur les directions de Vaiguille magnetique sur la surface de la terre. Lamberts 'mag- netische Abweichungskarte ist für das Jahr 1770 entworfen, vgl. auch Brief Johann Bernoullis vom 15. VII. 69. 2. Sur Vorbite apparente des cometes. Die Abhandlung: Observations sur l’orbite appa- rente des comötes (gelesen 7. Februar 1771). Nouv. M&em. de Berlin, Jahrgang 1771, Berlin 1773, S. 352—364 von Bauschinger in Ostwalds Klassikern Nr. 133 S. 109—122 übersetzt und herausgegeben. Die vierte Arbeit Lamberts über Kometenbahnen. Rezension: Recueil pour les astronomes u. A.D.B., 21. Bd. 2 St. S. 364: „Man bekümmert sich gegenwärtig weniger um eines Kometen scheinbare Bahn als um seine wahre. Eine Probe, daß die genauere Bemerkung der ersten auch noch zu brauchbaren Kenntnissen führen könne, ist folgender Satz des Herrn Lambert: Man ziehe durch zweene Punkte der scheinbaren Bahn einen größeren Kreis. Weicht nun die scheinbare Bahn in ihren Stellen zwischen diesen beyden Punkten von diesem großen Kreise nach Stellen der Sonne ab, die diesen dazwischenliegenden Stellen angehören, so ist der Komet weiter von der Sonne als die Erde, im entgegengesetzten Fall näber. Von der Analyse, durch welche Hr. Lambert diesen Satz gefunden und von genauen Bestimmungen und Anwendungen desselben, läßt sich ohne Figuren nicht wohl reden.“ 3. Machine eccliptique perfectionnce, vgl. dazu Anm. 15 und 16, 1774 unten. 4. Observations sur l’influence de la lune dans le poids de l’atmosphere, Nouv. Mem. de Berlin, Jahrg. 1771, Berlin 1773 (1 Tafel), S. 66—73. Rezension A. D. B., 21. Bd. 2 St. S.360. „V. Hr. Lambert vom Einfluß des Mondes auf die Witterung, VI dessen Zusatz zu vorigem. An Untersuchungen über die verschiedenen mittleren Höhen des Barometers nach dem unter- schiedenen Stande des Mondes ist Hr. Lambert durch des Herrn Toaldo, Prof. zu Padua, Saggio meteorologico, wieder erinnert worden, wo Polenis vierzigjährige Barometerbeobachtungen mit dem Monde verglichen sind. Herr Lambert hat das Resultat dieser Vergleichungen in einer Zeichnung entworfen und in vielen Stücken mit seinen vorigen Bemerkungen übereinstimmend befunden. Der tiefste Stand des Barometers ereignet sich immer, wenn des Mondes Erdferne in einem der Aequinoetialpunkte ist, und so scheinen andere Änderungen des Barometers auch mit dem Monde zusammenzuhängen, welches aber noch weitere Beobachtungen erfordert.“ 67 5. Observations optiques posthum herausgegeben von Johann III Bernoulli in Hindenburgs Archiv der reinen und angewandten Mathematik unter dem Titel Optische Betrachtungen über den Ort des Bildes kei Spiegeln aus dem französischen Aufsatze vom März 1771, 9. Heft. 1799, 8. 61—73. 6. Constructions de quelques hygrom. correspondans s. den Brief an von Felbiger vom SAN T,71. 7. Schematismus capitum Systematologiae vgl. das M.S. Cod.736 Nr.3 8.238: Von teleolog. Sätzen und Beweisen. Inwiefern die Erde ein Ganzes ist, ihre Relation mit den übrigen Weltkörpern, die Einwirkung derselben, der ©, des Mondes, der Cometen. Lambert hegte den Plan einer Systematologie, vgl. den Brief an v. Holland vom 11. XI. 68. S. Descriptio systematis scalarum. Selbständiges Werkchen: Kurze Beschreibung eines Systems von Massstäben, mit Kupfern, Augsburg 1772, Rezension A. D. B., 23. Bd. 1 St. S. 267 gez. Pi (Meister) längeres Referat, vgl. auch den Brief an Brander vom 26. Mai 71. Lambertsche, gradirte Scalen. 9. Cometae observatio et constructio orbitae s. Anm. 17, 1769. De divisione figurarum s. den Brief an Silberschlag s. d. 1771, Brfw. Bd. II 8. 412. 10. Fis venti in alas molendinorum impingentis vgl. den Brief an Silberschlag vom ? 1771, S. 414. 11. De construendis sectionibus conicis vgl. den Brief an Oberreit vom 29. Sept. 1771, Brfw. V, 2. Abteil. p. 326, wo der Kreis über der großen Axe als Fußpunktkurve der Ellipse und Hyperbel aufgefaßt und darauf die Konstruktion begründet wird. 12. De tabula fractionum per partes decimales exhibendarum vgl. den Brief an Euler vom 18. October 1771 „et une table de la valeur de toutes les fraetions, dont les numera- teurs sont audessous de 100, rangee tout suivant les valeurs exprimdes en parties deeimales que suivant les numerateurs“, noch bessere Beschreibung im Briefe an Karsten vom 26. IX. 71. 13. De motu macularum solarium. Die Abhandlung: Über die Umwälzung der Sonne um ihre Achse, Astronom. Jahrbuch, Jahr 1780, Berlin 1777, 8. 60—66. 14. De mortalitate variolarım für „Beyträge* III Nr. 9, Anmerkungen über die Sterblich- keit, Todtenlisten, Geburten und Ehen. 15. Ad pythometriam doliorum ellipticorum medidata von Johann III Bernoulli posthum herausgegeben im Leipziger Magazin für reine und angewandte Mathematik unter dem Titel: Anmerkungen über die Bestimmung des körperlichen Raumes jeder Segmente von solchen Körpern, welche durch die Umdrehung einer konischen Sektion um ihre Achse entstehen. (5 Figuren), 4. St, 1786, 8. 425—446, Rezension A. D. B., 84. Bd., 8. 131 1 St. „Sie be- treffen das Visieren der Fässer. Der selige Lambert hatte im ersten Theyl seiner Beyträge über die Visierkunst die Regel angegeben, daß man ein Faß nicht müsse als das arithmetische Mittel aus zween Cylindern ansehen, wovon das eine um das Faß, das andere in dem Fasse beschrieben wird (wie in anderen gewöhnlichen Kompendien gelehrt wird), sondern daß man den Inhalt sehr genau finde, wenn man 2 vom ersten zu 4 des letzten addirt. Diese Regel, welche statt findet, wenn das Faß eine zu beyden Seiten abgeschnittene Ellipse ist, hatte nun schon zwar 40 Jahre früher M. Christian Martini in seiner Pithometria seu doliorum mensurae theoria nova, Witemb. 1723, unmittelbar aus der Gl. der Ellipse hergeleitet, allein Lambert, dem diese Schrift unbekannt gewesen sein muß, hat hier umgekehrt aus der erst gegebenen Regel gezeigt, was für eine Krümmung die Faßdauben derselben gemäß haben müssen und überhaupt die Anwendung dieser Formel auch für solche Fälle, wo das liegende Faß nicht voll ist, bequem und leicht gemacht. Lambert hat noch eine Formel für die Voraussetzung, daß die Faßdauben nach einem Kreise gekrümmt sind, davon im folgenden Stück die Rede seyn wird. In Rücksicht dieser Formel wollen wir die gegenwärtige die 2. Formel nennen. [In der folgenden Arbeit von Öberreit finden wir die Begriffe „parabolische Krümmung der Faßdauben, Lamberts Visirlinie“, hinterher eine Formel, bey der man nicht einmal nötig hat, auf die Krümmung der Faßdauben zu sehen.] Qt (Leiste). Cantor IV, 8.558 fährt fort: „In 9%* 68 der Abhandlung „Über die Ausmessung bauschichter Körper“, Leipziger Archiv 1787, polemisirt Kästner gegen Lambert, der für die Inhaltsberechnung eine bloß angenähert richtige Formel angebe und bemerkt, daß „bei unrichtiger Verwaltung dieses Verfahrens (d. h. der Berechnung des Faßinhalts), jeder leidet, der nicht bloß Wassertrinker ist“. 16. Sur les predictions astrolog. Die Abhandlung: Examen d’une espeöce de super- stition ramenee au calcul des probabilites, Berliner Mem., Jahrg. 1771, Berlin 1773, p. 411—420, Rezension A. D. B., 21. Bd. 2 St. S. 365: „Eine Art Aberglauben zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit gebracht. Die Wetterprophezeiungen im Calender. Hr. L. zeigt, wie es möglich ist, daß sie so oft und selbst noch öfter zutreffen als trügen können, und also den gemeinen Mann, obgleich er sieht, daß sie oft trügen, immer beym Glauben erhalten. Hr. L. löst die Aufgabe vom jeu de rencontre, die Herr Euler in den Abhandlungen von 1751 untersucht hatte, bey dieser Gelegenheit.“ Ähnlich bei Cantor, Vorlesungen IV S. 220: „Bei Euler tritt die als „Jeu de treize“ oder „Jeu de rencontre* bekannte Aufgabe in der Fragestellung auf, bei wievielen der rn! Permutationen unter » verschiedenen Dingen steht mindestens eins der Elemente an seiner ursprünglichen Stelle? Auf die gleiche Frage war schon J. H. Lambert gestoßen, sie steht bei ihm im Zusammenhang mit den Wetterprophezeiungen und ihrer Richtig- keit, wobei es sich darum handelt, zu untersuchen, wie oft das willkürlich prophezeite Wetter mit dem wirklich eintreffenden zusammenfällt. Waring behandelte wie Lambert die gleiche Aufgabe als Wahrscheinlichkeitsproblem“. y 17. Ad pythometriam supplementa. Redaktion seiner „Zusätze zur Visirkunst“, Beyträge III, 1772, S. 12—35. De stateris hydrostaticis. Anmerkungen hinter Branders Beschreibung einer neuen hydro- statischen Waage, 1771. Rezension A. D. B., 18. Bd. 1 St. 8. 234/35. S. den Brief an Brander vom 21. V1I. 71, vgl. Anm. 27, 1765. 18. De tabulis triang. sphaer. rectang. et rectilin. quorumvis vgl. den Brief an Karstens 28. I. 71 und 31. III. 71 sowie 21. VIII. 73 an Wolfram. Die Berechner dieser vier großen Tafeln waren Schulze und Eyssenhardt. 19. Die Abhandlung: Sur les lorgnettes achromatiques d’une seule espece de verre. Berliner Mem., Jahrgang 1771, Berlin 1773, p. 338—351. Rezension A. D. B., 21 Bd. 2 St. S. 363. „Er schränkt sich auf die gewöhnliche Perspektive mit einem hohlen Okulare ein. Da das Objectiv aus den einfallenden Strahlen jede Art nach einem anderen Brennpunkte bricht, so sucht er das Hohlglas, das diese nach ihren Brennpunkten hinfahrenden Strahlen auffängt, so zu stellen, daß es die beiden äußersten Arten so bricht, als käme einer wie der andere aus einem und demselben Punkte vor dem Hohlglase her. Dieser Punkt liegt so weit vor dem Hohlglase als die Kurzsichtigkeit des Auges erfordert, denn nur für Kurzsichtige läßt sich dieses bewerkstelligen, aber die brauchen eben am meisten Perspektiven. Herr L. betrachtet nach- dem auch eine Zusammenfügung zweier voneinander abstehender erhabenen Gläser und eines Hohlglases, alle von einerley Glasart.“ Vgl. auch den Brief an Euler vom 18. Oct. 1771. Meditata dioptrica plurima bezieht sich auf das Referat über Eulers Dioptrik pars II und III, A.D.B., 17 Bd. 2 St., 1772, 8. 259—260, vgl. auch den Brief an Beguelin vom 31. VII. 71. 20. Delineato perspectiva pro Sulzero, posthum herausgegeben von Johann III. Bernoulli im Archiv der reinen und angewandten Mathematik von C. F. Hindenburg, Leipzig 1799, 9. Heft S. 1—21. Grundsätze der Perspektive aus Betrachtung einer perspektivisch ge- zeichneten Landschaft abgeleitet. (Eine Tafel.) [J. H. L. Grundregeln der Perspeetiv, Leipzig 1799 in 8°, Kat. des Brit. Museums.] Tabula exhibens circuli segmenta, in $ 56. der Visirkunst, „Beyträge“ I erstmals, die dritte der im Briefe an Euler vom 18. Oktober 71 erwähnten Tafeln. v. Braunmühl, Geschichte der Trigonometrie, sagt S.150: Eine ähnliche Tafel [wie Hutton im treatise of mensuration, London 1770 in 4%, 8. 618—646] der Flächeninhalte der Kreissegmente, deren Höhen (sinus versus) nach Zehntausendsteln des Radius fortschreiten, gab auch Lambert, die dann später Johann Tobias Mayer in seiner Anleitung zur praktischen Stereometrie, 2. Aufl., 1820, verbesserte. 69 21. Observations sur le caleul des fonctions. Berliner M&em., Jahrg. 1770, Berlin 1772, 8.225. bis 244 (1 Tafel) unter dem Titel Observations analytiques, lus dans le courant de l’annde 1771 Rezension A.D.B., 21.Bd. 1 St. S.102 B (Kästner): Analytische Bemerkungen von Herrn Lambert Eine vorläufige Erinnerung ist sehr gegründet, daß man beim Vortrage der Erfindungen nicht von dem allgemeinsten, sondern von einfachen und mehr besonderen Fällen anfangen soll, wenn man nicht Bewunderung erregen, sondern den Leser so leiten will, wie der Verstand bey der Untersuchung selbst gegangen ist. Dieser Erinnerung gemäß geht er von weniger all- gemeinen Sätzen zu der Aufgabe: Eine willkürliche Funetioh von x ist einer willkürlichen Function von y gleich, man soll x oder auch eine willkürliche Function von x durch y be- stimmen und dies vermittelst Differentiationen. Aus den vielen Anwendungen, welche diese so allgemeine Aufgabe haben kann, bringt er besonders eine Formel bey, welche alle die Fälle enthält, wo sich in einer Differentialformel die veränderlichen Größen von einander sondern lassen B (Kästner). Ähnlich Cantor, Vorlesungen IV 8. 145: In der Abhandlung Observations analytiques erzählt Lambert, daß er seine 1758 in den Acta Helvetica gedruckte Behandlung von trinomischen Gleichungen bei seiner Ankunft in Berlin 1764 Euler und später auch Lagrange mitteilte, worauf Euler diese Resultate auf quadrinomische Gleichungen 0 = x" + aa" +baP + c übertrug und Lagrange auch die allgemeine Gl. a — z + o(&) = (0, wo @(&) irgend eine Funetion von x ist, untersuchte. Dieses Thema führt nun Lambert weiter fort. In einer Gl. p(y) = y(z,y) soll x oder irgend eine Function von x oder von x und y mittelst der Diffe- rentialrechnung in Reihenentwieklung durch % bestimmt werden (Lagrange in der „Nouvelle methode“ und „Sur le probleme de Kepler“). Die Inhaltsangabe im Briefe an Euler vom 18. X. 1771 (de aequationibus et functionibus epistolae plurimae). Aus der Lagrangeschen Reihe geht der von Lambert behandelte Spezialfall durch {=1 und .'(z£) = z hervor, vgl. Hoffmann- Natani Art. Reihen S. 326. 22. Sur le frottement en tant qu’il rallentit le mouvement, Abhandlung in den Nouv. Mem. de Berlin, Jahrgang 1772, Berlin 1774, S. 9—32. Rezension A. D.B., 26. Bd. 8. 14. „Hr. Lambert über das Reiben, insofern es die Bewegung langsamer macht. Er sieht die Ver- minderung der Geschwindigkeit als eine Folge davon an, daß eine gewisse Menge von Hinder- nissen muß niedergedruckt oder abgerieben werden. Diese Menge verhält sich wie der durch- laufene Raum und jedes Hinderniß vermindert die Geschwindigkeit destomehr, je größer sie selbst ist. So bekömmt man für die Verminderung der Geschwindigkeit durch Reiben eben die Formel, die man für den Widerstand flüssiger Materien bekömmt. Auch glaubt Herr Lambert dieser Widerstand und der, den. das Reiben verursacht, seyen nur etwa darinnen unterschieden, daß beim Reiben die Theilchen mehr Gewalt erfordern aus ihrer Stelle gebracht zu werden und so die Geschwindigkeit bedächtlicher vermindern. Mit der Theorie, die aus diesem Satze fließt, vergleicht Herr Lambert Schobers Versuche ingleichen Herrn L. Meister zu Göttingen Versuche.“ De wi percussionis cum ponderibus comparata s. den Brief an Silberschlag über die Kraft einer Welle. 1771, Bd. II S. 419. 23. Sur la fluidite du sable. Die Abhandlung: Sur la fluidit@ du sable, de la terre et d’autres corps mous, relativement aux loix de l’hydrodynamique, Nouv. M&m. de Berlin. Jahrg. 1772, Berlin 1774, S. 33—64. Rezension A.D.B., 26. Bd. 1 St. 8. 15 „VII. Ebenders, über die Flüssigkeit des Sandes, der Erde u. a. weicher Materien. Diese Untersuchungen sind wichtig, wenn man die Festigkeit des Grundes Pfähle einzurammen zu Gebäuden beurtheilen soll. Hr. Lambert braucht zu seinen ersten Versuchen einen Pariser Fuß von Holz, der also eine Parallelepipedum vorstellt. Er stellt ihn lothreeht auf gesiebten Sand und beschwert ihn mit Gewichten. Die Länge, um welche er sich einsenkte, verhielten sich wie die Gewichte (ver- steht sich des Stabes und des aufgelegten zusammen) bey einerley Sande, bey unterschiedenem kam es auf die Rundung der Körner an. Die Formel also, die er aus seinen Versuchen her- leiten wollte, bestimmt einen Coeffizienten, der sich nach der Art des Sandes richtet. Er hat ferner untersucht, wie tief sich der Maßstab einsenkte, wenn er solehen von untersehiedenen Höhen in den Sand fallen ließe, auch wenn er darauf einen Hammer von unterschiedenen Höhen fallen ließ. Ähnliche Versuche hat er mit Pyramiden u. a. Körpern angestellt.“ 24. Caleul bei einem Trettrade vgl. Codex 736 8.48, s. auch Anmerkungen über die Deckersche und Stegmannsche Scheibenkunst M. S. ebenda 8. 46. 1772. 1. Grammatica Kalmarianae linguae .typis lradıta. Kalmar, eine originelle Gestalt, der eine Universalsprache erfunden zu haben glaubte. Vgl. über ihn Lepsius’ Preisschrift S. 9. Lambert eröffnete für ihn eine Subscription. Der Titel des durch Lamberts Vorschub heraus- gekommenen Prodromi ist: Praecepta grammaticae atque speeimina linguae philosophicae sive universalis ad omne vitae genus accomodatae Auct. Georg. Kalmar, Berol. 1772, 4°. Vorher ging ein Programm: Essai d’une langue generale. 2. Tab. lunares pro motu J diurno, culmin. ortu occasu s. Astronom. Jahrbuch 1776, S. 61 und 64, 8. 55 und 57 und Sammlung astronom. Tafeln (Anm. 15, 1774), Bd. III, Nr. 3. 3. Observationes hygrometricae inter se comparatae s. Brief vom 28. III. 72 an Brander, Lamberts, Titius und v. Felbigers Beobachtungen mit dem Hygrometer verglichen. 4. Gradus hygrometrorum fixi s. Brief vom 16. V. 72 an Brander. Thermom. Drebelliani scala vgl. Cod. Gothan. 735, 8. 202. 5. Observat. therm. plurimae comparationem 8 % (vino) ilinitorum ad © expositorum spectantes. Observat. thermom. et hygrometriae alia s. M. S. Codex Gothan. 735. s. folgende Anm. 6. Horolog. pendul. mihi comparavi s. auch die Abhandlung: Vom Gang der Pendel-Uhren Astronom. Jahrbuch 1776, S. 215—223 und Fortgesetzte Anmerkungen über den Gang der Wollastonischen Uhr, Jahr 1780, Berlin 1777, S. 25 —26. Thermometrorum variorum comparatio constructaque scala: vgl. Cod. Gothan. 735 8. 179 und 8. 183—197, Versuche vom 8.1. 1771 sowie 8. 199—201 und 29. III. 1772. Observationes hygrom. 1751. Curiae Rhaetorum spongia et corda testudinis factae inter se comparatae M.S. Cod. Gothan. 745 letztes Blatt. Experimenta thermom. et hygrom. plurima. Observat. hygrom. inter se collatae s. Brief an Brander vom 6. VII. 72. 8. Experimenta et miscela colorum, earumque computatio. Farbenpyramide: Die selbst- ständige Arbeit: Beschreibung einer mit Calauischem Wachse ausgemalten Farbenpyra- mide, wo die Mischung jeder Farbe aus weisz und drei Grundfarben angeordnet, dargelegt und derselben Berechnung und vielfacher Brauch gewiesen wird durch J. H. Lambert, mit einer Kupfertafel, Berlin bei Haude und Spener, 1772. Rezension A.D.B., 23. Bd. 1 St. S. 274—278 Pi (Meister). Vgl. dazu A. Rosenstiehl: La pyramide chromatique de Lambert, Bulletin der Industr. Gesellschaft zu Mülhausen, Tom. LXXX Nr. 7, 1910. Lambert ist ab- hängig darin vom Farbendreieck von Tobias Mayer, der in seiner Jugend im mathem. Atlas darüber geschrieben hatte; vgl. darüber Nr. 147 der Göttinger Anzeigen und Bibliothek der schönen Wissenschaften. 9. Zusätze zur freyen Perspective, dieselben betragen 11!/, Bogen: Zweite Auflage seiner Freien Perspektive mit Anmerkungen und Zusätzen vermehrt und mit zehn Kupfertafeln versehen, 8. Zürich 1774. Zur Geschichte der zweiten Aufl. vgl. den Brief Lamberts an einen unbekannten Adressaten vom 14. May 1772. Rezension A.D. B., 24. Bd. 1. St. S.138. B. (Kästner). Cantor Vorlesungen IV S. 606 u. ff. gibt ein ausführ- liches Referat der freyen Perspektive, auch der Anmerkungen uud Zusätze. Sur les differentielles a exposans rompus et variables vgl. den Brief L. an Tob. Mayer d. J. vom 17.. X. 72. ‘Brfw. II. Bd. 10. Problemata sola regula construenda. Konstruktionen der Kegelschnitte vgl. auch den Brief an Karstens vom 6. XI. 73. 11. Schematismus pro Ephemeridibus academicis a D.° Bode computandis. Lambert ver- anlaßte die Begründung des Berliner astronomischen Jahrbuchs und die Berufung von Elert 71 Bode. Die Ephemeriden sollten immer zwei Jahre voraus erscheinen. Mit diesen Tafeln war ein Anhang verbunden, welcher wissenschaftliche Arbeiten enthielt. Von Lambert allein finden sich darin 50 Abhandlungen. Die Ephemeriden werden nacheinander von ihm, Bode und Encke herausgegeben. Lalande in seiner Geschichte der Astronomie bemerkt dazu: „e’est depuis ce temps lä que les astronomes sont obliges d’apprendre l’allemand, car on ne peut se passer de ce recueil“. Bode in seinem Nachruf auf Lambert (Astronom. Jahrbuch 1780) sagt von L.: „Man kann ihn als den Urheber der Ephem. ansehen, weil die Akademie auf dessen ersten Vortrag von dieser Unternehmung ihm die nähere Einrichtung und Ausführung derselben über- lassen hatte“. 12. Second Essai d’hygrometrie, im Briefwechsel als Suite ds Y’essai d’hygrometrie bezeichnet, Nouv. Mem. de Berlin, Annee 1772, Berlin 1774, p. 65—102. Rezension A. D. B. 26 Bd. 1 St. S. 15. Deutsch herausg. von Tenn als Fortsetzung der Hygrometrie, Augs- burg 1775. Außer einer Abbildung des Brander’schen, nach Lamberts Theorie verfertigten Hygrometers hat diese Übersetzung keine Zusätze oder Verbesserungen, 41/, Bogen. Rezension A.D.B., 27. Bd. S. 519, Pi. (Meister). 13. Addition au memoir sur les lorgnettess M. 8. Codex Gothan. Vgl. dafür den Brief an von Felbiger vom 16. XI. 72. 14. Berechnung bei Feuerspritzen. Es handelt sich um eine Preisaufgabe dieses Gegen- standes der Berliner Akademie. 15. Tab. trigon. pro casu tangentium. Log. hyperbol. tangentium ex Ursini tabula excerpti. De extrahendis radicibus problemata numerica; vgl. den Brief vom 19. XII. 72 an Wolfram im IV. Bde. des Deutschen gelehrten Brfw. 16. Circa densitatem aeris meditata s. Anm. 1, 1773. 17. Circa tacticam problema s. Anm. 2, 1773. Im Jahre 1772 erschienen auch: Die deutsche Übersetzung von Lamberts erstem Buch: Merkwürdigste Eigenschaften der Bahn des Lichts durch die Luft und überhaupt durch verschiedene sphärische und concentrische Mittel, nebst der Auflösung verschiedener Aufgaben, welche sich darauf beziehen, als die astronomische Erdstrahlenbrechung und was davon abhängt. Aus dem Französischen übersetzt und mit Zusätzen (von Tempelhoff). Mit Kupfern, 8°, Berlin 1772, 9 Bogen, eine Ausgabe von 1773 zeigt neugedrucktes Titelblatt, Rezension A.D.B., 23. Bd. 1 St. S. 266/67 Pi (Meister): „Da die französische erste Auflage dieses schätzbaren Werkes schon seit ein paar Jahren vergriffen ist, so erscheint nun die neue wie billig ist in der Muttersprache des Herrn Verfassers. Die Übersetzung ist gut und durch einige beträchtliche Anmerkungen des Über- setzers bereichert. Nämlich von 8. 45—48, S. 66—68, 8. 82—85, 8. 85—87, 8. 126— 128.“ Ferner die: Zweite Ausgabe von Lamberts logarithmischen Rechenstäben, Augsburg 1772, 2 Bogen. Beyträge zum Gebrauch der Mathematik und deren Anwendung, 8°, III. Theil, Berlin 1772. Rezension A. D. B.. 18. Bd. 2 St. 8. 495, H (Meister). 16 Bogen. 1773. 1. Sur la densit& de l’air, Abhandlung in Nouv. Mem. de Berlin, Jahr 1772, Berlin 1774, p. 103—140. Rezension A. D. B., 26. Bd. S. 15/17. Tabb. quaedam pro projectionibus geographicis vgl. die Abhandlung, Astronom. Jahrbuch 1776, Berlin 1774, Von der scheinbaren Gestalt des Rings des Saturns, 8. 130—134. Die Tafeln dürften die für den veränderlichen Saturnring berechneten sein, SammInng astronomi- scher Tafeln, III. Bd. Nr. 4. Circa hygrom. corresp. experimenta vgl. Brief an Brander vom 7.1.73 und MS. Cod. Gotban. 735, S. 232 —250, März 1773—1775. 1 ID 2. Second Essai de tax&ometrie, ou sur la mesure de l’ordre, Nouv. M&em. de Berlin, Jahr 1773, Berlin 1775, p. 347—368, Rezension A. D. B., 27. Bd. 18t. 8.87: „Herrn Lamberts zweyter Versuch der Taxeometrie von Abmessung der Ordnung. wenn man dabey die Wichtigkeit der Regeln und den Vorrang, den eine vor der andern verdient, beurtheilen soll. Herrn Lamberts Sätze. zu denen selbst Figuren zur Erläuterung gehören, lassen sich hier nicht wohl außer dem Zusammenhang erzählen.“ 3. Tab. systematis planetarii numerica, eandem tabulam continuavi: Der erste Band des astronomischen Jahrbuchs. Jahr 1776, Berlin 1774, enthält S.9S—101 von Lambert Ausmes- sungen des Planetensystems, Trabanten des 9] und fi, Ausmessungen des Mondlaufs. 4. Mappa geographica ecclipsibus solaribus adaptata vgl. die Abhandlung: Neue Art Sonnen- finsternisse zu entwerfen, Astronom. Jahrbuch, Jahr 1788, Berlin 1777, 8. 49—52. 5. Nova litteraria in der Allgemeinen deutschen Bibliothek waren Lamberts Chiffern in den Jahren 1773—1778 Sw. und D, $m für Physik, vgl. Anm. 14, 1769; s. auch den Rapport fait A l’academie au sujet de six traites de M. Nax, Nouv. Me&m. 1773, Berlin 1775, S. 19—24 gel. 25. III. 73 und den Brief an v. Murr vom 12. Il. 73 über die M.S. Keplers. 6. Pro Ephemeridibus et ealendariis plurima. Außer den in 3. genannten enthalten die Ephemeriden von 1776 (der erste Jahrgang) noch folgende Tafeln und Anleitungen Lamberts: S. IX Zeit- und Kirchenrechnung auf das Jahr 1776. Chronologische Angaben der in der Calenderreform vorgefallenen Änderungen und Unterschiede S. X, XI, XII, 8. XIII der Juden Jahresrechnung; S. XIV der Türken Calender. >) 7. Tab. celeritatis lapsus corporum. Die Abhandlung: Construction d’une &chelle bal- listique. Nouy. Mem. de Berlin, Jahr 1773, Berlin 1775, p. 34—41 (eine Tafel). Rezension 27.Bd. 1St. S.78/79. „Hrn. Lambert Construction einer ballistischen Scale. Er hat sich dabey der Tafeln bedient, welche zu Bützow als eine Disputation des Herrn Grafen zu Grävenitz in Begleitung Hrn. Prof. Karstens herausgekommen sind, obgleich dabey ein paar Voraussetzungen gemacht sind, die der Richtigkeit ein wenig Nachteil bringen. Hrn. Lamberts Scale besteht eigentlich aus acht krummen Linien, deren jede der Weg einer Bombe wäre, die unter 45° in Luft von einer gewissen Dichte geworfen würde, die Parabel für einen Raum, wo nichts widersteht, macht den Anfang.“ B (Kästner). 8. De satellitum adparentüs. Die Abhandlung: Über die scheinbare Lage der Trabanten des Saturn, Astronom. Jahrb., Jahr 1777, Berlin 1775, S. 169—177. Rezension A.D.B., 25. Bd. 8. 514. ’ RA 3 Be: & : x—4 9. Tabulae coefficientium pro interpolationibus vgl. zu diesen Tafeln E bis@... — | 5 Astronom. Jahrbuch, Jahr 1776, S. 125—128, die Abhandlung: Über ‘das Einschalten beim Gebrauch der Ephemeriden ebenda S. 97—108: Die sämtlichen Columnen für den Mondlauf sind Tag für Tag berechnet, ebenso die meisten für die Sonne. Sollen sie demnach auf andere zwischenliegende Zeiten angewandt werden, so wird dabey eine Reduction erfordert, die, wenn sie gleich zuverlässig sein soll. nicht immer gleich leicht ist. Die üblichste Methode ist der Gebrauch der Differenzen und damit reicht man bey vielen Columnen leicht aus. Um die Arbeit dabey zu erleichtern und abzukürzen, habe ich eine besondere Tafel, welches die 7. ist, dazu berechnet, welche von 10 zu 10 Minuten eines Tages die Coeffizienten enthält, mit welchen die ersten, 2, 3, 4 und 5 Differenzen müssen multiplizirt werden. Sie gründet sich auf die bekannte Formel ER y=A+2-444+2: 474 u. 8. w. „Bey der Sonne reicht man mit den zwo ersten Differenzen und oft auch mit der ersten allein aus. Bey dem Monde, wenn man seine Länge für eine gegebene Zwischenzeit finden will, müssen wenigstens die 3 ersten Differenzen und meist noch die vierte mitgenommen werden.“ Vgl. auch den Brief vom 13. III. 73 an Wolfram. 10. Beyträge zu den Ephemeriden von 1776. Es sind die bisher nicht erwähnten Abhand- lungen im ersten Bande des Astronomischen Jahrbuchs: 73 Über die Nutation oder Schwankung bei Voraussetzung der elliptischen Bewegung des Weltpols um seinen wahren Mittelpunkt, p. 108—114, durch Herrn Lambert, erklärt den Gebrauch der Tafeln 13, 14, 15, 8. 136 für die Schwankung. im I. rechnerischen Teil der Eph. Über die Abirrung des Lichts der Planeten und Fixsterne, $. 114—126, erklärt den Gebrauch der Tafel 16, 8. 137; s. auch Sammlung astronom. Tafeln, Bd. III Nr. 5. Von der Parallaxe und dem Durchmesser des Mondes in verschiedenen Höhen, 8. 126 —129 erklärt den Gebrauch der 19. Tafel der Sinus in Gr. Min. Sec. 8.143. Außerdem enthält der erste Teil der Eph. von 1776 noch die 20. Tafel für die Lage des Mondaequators. 11. Beobachtung der Mondflecken mittelst des in den Branderschen Micrometern von Glase beschriebenen Tubus und Vergleich mit der Hevelschen und Riceioli’schen Mondkarte s. den betr. Abs. bez. 12. Zeichnung und Orientierung der Mondkarte in der Abhandlung: Erklärung und Ge- brauch der Mond-Charte, Astronom. Jahrbuch 1776, S. 134—154 vgl. auch den Brief an Reccard vom 7. X. 73 und an Röhl gl. Datums. Brfw. II. Bd. 13. Fernere Beyträge zur Ephemeride: Die Ephemeriden (oder Astronom. Jahrbuch.) von 1776 enthalten außerdem noch die Arbeiten: Vom Auf- und Untergang des Mondes und dessen Bestimmung für jede Örter der Erdfläche vermittelst der Ephemeriden, S. 154—160. Vom Gebrauche der Ephemeriden bey Monduhren, 8. 161—164. Anmerkung über P. Hallersteins Bestimmung des Meridian-Unterschieds Zwischen Peking und Petersburg, S. 208—212, endlich den schon erwähnten Aufsatz vom Gang der Pendeluhren, S. 215— 223. Rezension des ganzen Ephemeridenbandes A. D. B., 22. Bd. 2.St. S. 254 und Recueil pour les astronomes, 3. Bd. S. 219. 14. Zu den Tafeln der Satelliten 9). Vgl. in der später zu erwähnenden Sammlung astro- nom. Tafeln, Berlin 1778, Bd. III Nr. 3: Tafeln ‘der scheinbaren Lagen der Juppitertrabanten von Lambert. 15. Über die Perturbatin A, hi vgl. die Abhandlungen: Nouv. M&m. de Berlin, Annee 1773, Berlin 1775: R&sultat des recherches sur les irr6gularit6ss du mouvement de Saturn et de Jupiter, p. 216—221 und Astronom. Jahrbuch 1777, Berlin 1775: Nachricht von den Veränderungen, welchen Jupiter und Saturn durch ihre wechselseitige Einwirkung unter- worfen sind. S. 177/178. Rezension der ersteren A.D. B., 27. Bd. 1 St. S. 83: Herr Lambert gibt das Resultat von Untersuchungen über die Unrichtigkeiten der Bewegungen Saturns und Jupiters. Seit Heveln hat man zuverlässige Observationen Saturns und Jupiters von jenem seit 1640, von diesem seit 1657. Hr. Lambert hat Formeln gesucht, nach denen die helio- eentrischen elliptischen Längen aus Halleys Tafeln, wegen der gegenseitigen Einwirkungen dieser Planeten zu verbessern sind. Als Epochen dienen genannte beyde Jahre. Die Rech- nungen, die ihn auf diese Formeln führten, bringt Hr. Lambert nicht bey. Die letztere Arbeit recensirt A. D. B., 25. Bd. 8. 515. 16. Const. des Cometen. Vgl. die Abhandlung: Astronom. Jahrbuch 1777, Berlin 1775, Vom Cometen 1773, 1774, 8. 127—137 beginnt 10. Dez. 1773. Fünfte Arbeit Lamberts über Cometen, von Bauschinger charakterisiert als Anwendung der Krümmungsmethode. 1774. 1. Oceult. Aldeb. und Ecclipsis J; vom 30. Sept. 1773 für die Ephemeriden vgl. die Abhandlungen im eben erwähnten 2. Band des Astronom. Jahrbuchs: Vom Gebrauch der Mond- Charte bei Sternbedeckungen S. 63—69 und Betrachtung über die Monds-Finsterniss vom 30. Sept. 1773, S. 110—114. Rezension A. D. B., 25. Bd. 8. 512. 2. Observ. phys. über die Farbe des Erdlichts im Monde, die Arbeit: Nouv. Mem. de Berlin, Annee 1773, Berlin 1775, Expos6 de quelgues observations physiques, 8. 42—46. Rezension: Abh.d. math.-phys. Kl. XXVII, 6. Abh. 10 74 A.D.B., 27. Bd., S. 79. Längeres Referat über die Höhe der Gewitterwolken und die Farbe des Erdlichts im Monde, B. (Kästner). ; 3. Opposit. }, © beobachtet und konstruirt, Des Herrn Messier Beobachtungen des Saturn zur Zeit seines Gegenstandes mit der Sonne in den Jahren 1773, 1774 und 1775. Astronom. Jahrbuch 1778, Berlin 1776, 8. 191/193. (Von Huber in seinem nach Zeitschriften geordneten Verzeichnis von Lamberts Arbeiten übersehen.) 4. Die Versuche von Feuerspritzen beschrieben; | vgl. die Titel der technischen M. 8. Cod. 5. Über die Wind- und Wassermühlen. J 737, S. 104. 6. Beyträge zu den Ephemeriden: Wir können hierfür aus dem 2. Bande des Astronom. Jahrbuchs anführen: Über die neuen Versuche das Feld der Fernröhre zu erweitern, $. 103 bis 108 knüpft an eine Arbeit von Helfzenrieder an und Von den Gränzen der Möglichkeit der Sonnenfinsternisse und Sternbedeckungen vom Monde, $S. 190—200. Von Bestimmung und Berichtigung der Mittagslinie, S. 73—78, scheint auf Nov. 1760 zurückzugehen, vgl. Anm. 28, 1760, welche danach zu berichtigen. Von einer neuen Art Sonnenuhren, 8. 200/202 auf März 1761 zurückgehend, vgl.. Anm. 11, 1761, welche damit erklärt ist. 7. Mappas geogr. plurimas ad eundem meridianum reduxi atque interpolando correxi. Die Arbeit im 2. Bd. des Astronom. Jahrbuchs 1777: Von der geographischen Länge und Breite der Örter, S. 69/73. Der Band enthält für diese Aufsätze 3 Tafeln. 8. Tentamen theoriae motuum Satellitis Veneris. Die Abhandlung Nouv. Mem. de Berlin, Annde 1773, Berlin 1775, Essai d’uns Theorie du Satellite du Venus, p. 222—250 (eine Tafel); vgl. auch den Brief von Hell aus Wien, welcher dessen Existenz läugnete und Kästners Epigramm. Rezension A.D.B., 27. Bd. 1 St. S. 84. Herrn Lamberts Versuch einer Theorie des Begleiters der Venus. Längeres Referat: Herr Hell hat richtig gezeigt, ein optischer Betrug könne einen Begleiter der Venus darstellen. Herr L. hat also Berichte was aus Herrn Mon- taigne vier Beobachtungen folge, welche die vollständigsten sind. 11 Tage periodische Zeit, Neigung der Bahn 63t/, Gr., Revolution von 11 Tagen. Am 1. Juni 77 um 3 oder 4 müßte der Trabant in die Sonnenscheibe treten und nahe beim Mittelpunkt durchgehen. Mit der Bedingung „Ist ein Trabant“ fing Herr L. seine Abhandlung an. 9. Tab. long. et lat. locorum expansa s. die Abhandlung im Astronom. Jahrbuch 1777, Berlin 1775: Vom Trabanten der Venus, 8. 178—189 enthält Tafeln für die Bewegung des Satelliten. 10. De temperandis octavae sonis ope quintarum et tertiarum majorum. Die Abhandlung Nourv. M&em. de Berlin, Annee 1774, Berlin 1776, 8. 55—73: Remarques sur le temperament en musique. Rezension A. D. B., 32 Bd., S. 23. 11. De cometis ad tellurem proxime accedentibus. Das Schicksal dieser posthum heraus- gekommenen Arbeit geht aus der Notiz Johann III. Bernoulli im Cod. Gothan. 737, 8. 105 Ver- zeichnis von Lamberts hinterlassenen Schriften für Herrn Hindenburg 2° hervor „Sur les cometes qui passent pres de la terre, comp. en sept. 1774, lu le 7 mars 1782, rendu & cause du manque des figures, envoy& le 23 mars 1787. Also von Daniel II. Bernoulli aus dem Grunde nicht auf- genommen in die Acta Helvetica, weil die Figuren fehlten. Die sechste Arbeit Lamberts über Kometenbahnen, die Abhandlung wurde dann von Soldner herausgegeben Astronom. Jahrbuch, 1802, S. 154—162. Über die Kometen, welche am nächsten an die Erde herantreten; sie ist von Soldner, welcher auch die fehlenden Figuren zeichnete, übersetzt (von Huber in seinem Verzeichnis übersehen). 75 12. Soliditas pyramidis per latera facierum ‘determinata. Die Arbeit Nouv. Mem. de Berlin, Annee 1774. Berlin 1776, 8. 74—80: Sur la perspective aerienne, Rezension A. D. B., 32 Bd. S. 23. 13. Systema 53 Interv. musicorum octavae s. Anm. 10 oben. 14. Systema solare vel parallelismus tabb. astronomicarum vgl. folgende Anm. Bd. I, Nr. 1. 15. Tabb. motus ) diwni, noviluniorum, perturb. i, A e. ce. t. systemati tabb. accademi- carum adjungendae die Tafeln Bd. II Nr. 3) und 5) für die Sammlung astronomischer Tafeln, unter Aufsicht der königl. preussischen Akademie der Wissenschaften, 3 Bde., Berlin 1776. „In dieser Sammlung befinden sich mehrere Tafeln von Lambert. Doch die größere Anzahl ist -von Bode und Schulze“. Rezension A. D. B., 31. Bd. 8. 509/11, deren großes Lob im Briefe an Brander vom 13.1. 76. 16. De frietione exwperimenta. vielfach im Anschluß an Schober. Vgl. auch Rapport fait & l’acad&mie au sujet d’un M.S. du R. P. Knoll, Sur un lit pour les malades p. 24, 25 der Histoire, Annde 1774, Berlin 1776. 17. De frietionis vario effectu vgl. die Abhandlung, Berl. Nouv. M&m., Annee 1776, Berlin 1779: Sur le frottement, en tant qu’il rallentit le mouvement et s’y oppose. Second Memoire, S. 3—18. Rezension A. D. B., 40 Bd. 2 St. 8. 342. 18. Sur les moulins & vent vgl. die Abhandlung: Remarques sur les moulins A vent, Nouv. M&m. de Berlin, Annee 1775, Berlin 1777, S. 92—101; vgl. auch Cod. 737. 1775. . De molendinis aqua eircumagendis. \ Vgl. die Titel der technischen. M. 8. Cod. Gothan . De molendina experimenta. J 737, 8. 104. . Sur les moulins quatre memoirs vgl.-die Abhandlungen: av rm 1. Experiences et remarques sur les moulins que l’eau meut par en bas dans une direction horizontale, Nouy. Mem, Annde 1775, Berlin 1777, S. 49—69. 2. Remarques sur les moulins et autres machines dans les roues qui prennent l’eau & une certaine hauteur, S. 70 —81. Remargues sur les moulins et autres machines ou l’eau tombe en dessus de la roue, p. 32—91 (1 Tafel). 4. Die in Anm. 18, 1774 genannte Arbeit: Rezension aller dieser techn. Aufsätze A.D.B., Anhang IV (Bd. 24/36), S. 2480/1. B (Kästner). Caleuli musici plurimi vgl. den Brief an Marpurg vom 21. II. 1775. 4. Sur les flutes exper. et calculs vgl. die Arbeit im gleichen Bande der Berlin. Akademie: Observations sur les flutes, S. 13—48 (1 Tafel), Rezension ebenda. 5. 8. Anm. 17, 1774. 6. Sur les machines ü manivelles, MS. Cod. Gothan. 736. Die Abhandlung in den Nova Acta Helvetia, Vol. I, Basil 1787, S. 75—97 (1 Tafel): Sur les machines qui produisent leur effet au moyen d’une manivelle. Nach der Notiz Johann Bernoullis im Cod. 737 8. 105 am 11. X. 1786 an Daniel B. gesandt. Bernoulli III. las das Mem. posthum am 11. XI. 1784. 7. Sur les souflets. Die im Archiv der reinen und angewandten Mathem. herausg. von €. F. Hindenburg, 10. Heft, 1799, 8. 109—122 posthum publizierte Arbeit: Versuche und “ Berechnungen über die Blasebälge (im Okt. 1775 französisch aufgesetzt [1 Tafel]). Circa Interpolationem in dem in Anm.11, 1774 schon erwähnten Verzeichnis von Lamberts hinterlassenen Schriften Cod. Gothan. 737, S. 105 wird ein M. $. von 16 Seiten über Inter- polation genannt; vgl. dazu auch Zusatz zur Lehre vom Einschalten, Astronom. Jahrbuch, Jahr 1780, Berlin 1777, S. 76—78. wo 10* 9. De prineipüs pyrometr. Am 4. März 77 schreibt Lambert an Karsten bez. der Pyro- metrie: „Im Ganzen betrachtet habe ich seit 1756 wenig daran gearbeitet, zuweilen einige Versuche angestellet beyfallende Gedanken hingeschrieben, aber noch gar nichts ins reine gebracht“. 10. Astronom. varia, wohl der Aufsatz Astronom. Jahrbuch 1778, Berlin 1776, 8. 52—54: Scheinbare Lage der Saturntrabanten im Jahre 1778, Rezension A. D. B., 30. Bd. S. 546. 1776. 1. Circa Therm. concord. Therm. aereum s. Cod. Gothan. 733 S. 231 und Cod. Gothan. T3ANSE28- IMEMAS“ - 2. Problem. Astronom. vgl. die Abhandlungen: Analyt. Formeln zum Behufe der astro- nomischen Rechnung, Astronom. Jahrbuch 1780, Berlin 1777, 8. 67 —76. Auflösung transzen- denter Gleichungen wie tg 2 —mtgy durch Reihen. Lambert sagt: „Ich habe diese Formeln bereits vor mehreren Jahren selbst berechnet“, vgl. Anm. 36, 1765 über die Verhältnisse der drei Anomalieen, excentrische, wahre und mittlere, und bezieht sich auf Lagranges 1774 ver- faßte Arbeit „Solutions de quelques problemes d’Astronomie spherique par le moyen des series“, Mem. der Berliner Akademie, Jahr 1776, s. v. Braunmühl, Geschichte der Trigonom., S. 139 und Cantor, Vorlesungen IV. Bd., S. 418, beiziehen wird man auch Lamberts Arbeit im Astronom. Jahrbuch, 1778, Berlin 1776, S. 205—210: Einige trigonometrische Anmerkungen, vgl. darüber v. Braunmühl 8. 157, Cantor 8. 421; es handelt sich um die Aufgabe aus Länge A, Breite ß, cosö cos} cos ö Deklination ö die Rektaszension « zu bestimmen durch die Formel cosa = ‚ welche Lambert für sehr kleine Bogen bedeutend vereinfacht. De Satell. ©. Zweite Arbeit über den’ Venustrabanten, Astronom. Jahrbuch, Jahr 1778 Berlin 1776, 8. 186—191: Vom Trabanten der Venus. Rezension dieses ganzen dritten Bandes der Ephemeriden A. D. B., 30 Bd. S. 546 —50. 3. Appar. annuli fi. Die Arbeit Astronom. Jahrbuch 1778, Berlin 1776: Von der Sicht- barkeit des Saturnrings, Fortsetzung S. 148—152, welche den Aufsatz: Veränderliche Sicht- barkeit des Saturnrings im vorhergehenden 2. Bande des Astronom. Jahrbuchs, S. 164—169 weiterführt. 4. Sur les forces humaines, 3 memoires. M.S. Cod. Gothan. 737 8: 1—40. Abhand- lung in den Nouv. Mem. de Berlin, Annede 1776, Berlin 1779: Sur les forces du corps humain 1° partie, p. 19—72 (1 Tafel), Rezension A.D.B., 40. Bd. 2 St. 8. 342. 5. Sur les voitures a 4 roues. M. S. Cod. Gothan. 737 posthum herausg. in Hinden- burgs Archiv, 5. Heft, 1796: Über die vierrädrigen Wagen, $. 54—57, im Mai 1776 auf- gesetzt, wahrscheinlich um weiter fortgeführt zu werden. 6. Mouvemt. des tonneaux pour arrondir les boulets, ebenfalls posthumum in Hindenburgs Archiv, 7. Heft, 1798: Über die Bewegung der Fässer, in welchen Kugeln geründet werden, S. 237—295, M.S. Cod. Gothan. 737 (eine kl. Tafel), im Junius 1776 französisch aufgesetzt. 7. Sur les vents dominants. Die Abhandlung Nouv. Mem. de Berlin, Annde 1777, Berlin 1779, 8. 36—41: Sur les observations du vent (1 Tafel), Rezension A.D.B., 43. Bd. 8. 361/2. Längeres Referat, die mittlere Windstärke betreffend; vgl. dazu auch das M. S. Cod. Gothan. 739. 8. 255—280: Anemometrische Beobachtungen beim Riegenwalder Hof 1775/1777. Hierin die nach Lambert benannte Formel, wenn « den Winkel zwischen der Resultante der mittleren Wind- und der Nordrichtung bezeichnet, tga = ZB wo A=(E—W)+ (NE+SE)+ (SW + NW) sin 45°, B=(N—S8S) + (NE+NW) — (SE-+ SW) cos 45°. 8. Sur loceult de IL par la lune ecclipse. Die Arbeit: Astronom. Jahrbuch 1799, Berlin 1777: Über die Bedeckung des Jupiter vom verfinsterten Mond, 8. 141—145. 9. Horol. pro ortu © ebenda S. 150—154: Einige Anmerkungen über die Uhren. Sur les cloches et autres corps sonores vgl. Brief an Karsten vom 11. V. 74. 10. Usu mappae I pro longitud, ebenda: Gebrauch der Monds-Charte bei der Monds- finsternis, den 17. März 1764, zu Bestimmung der Länge verschiedener Örter, 8. 154—165. 11. Sur le calcul des cometes in demselben Bande des astronom. Jahrbuchs: Über die Bestimmung der Laufbahn der Cometen, S. 166—172, von Bauschinger charakterisiert als Kritik älterer Methoden, siebente Arbeit Lamberts über Kometenbahnen. 12. Sur les refractions de l’air, ebenda: Anmerkungen über Strahlenbrechung, 8. 172—186. 13. Sur la declinaison de l’aimant, une carte, ebenda: Erklärung der magnetischen Ab- weichungs-Charte, $. 145 — 149. Rezension dieses ganzen vierten Ephemeridenbandes A. D. B., Anhänge zu Bd. 25 —36 2. Abt. S. 1127. 14. Calcul des perturbations. Die beiden großen von Johann Bernoulli posthum herausg. Abhandlungen über Störungstheorie, Nouv. M&m. de Berlin, Jahr 1779, Berlin 1781: Sur les irr6gularit6es du mouvement de Saturn, S. 244—292 und 8. 293—300: Sur les irregu- larit6s du mouvement de Jupiter (6 Tafeln), dazu Avertissement de M. Bernoulli concernant les deux memoirs, p. 243. Rezension A. D. B., 50 Bd. 2 St. 8. 320: „Zwo Abhandlungen des seligen Lambert, darinnen die Fehler der Halley’schen Tafel für Jupiter und Saturn aus beob- achteten Aberrationen bestimmt werden. Lambert hat die Resultate davon in den Berliner Ephemeriden und Sammlungen bekannt gemacht. Wie er auf solche gekommen, zeigen diese wichtigen Aufsätze, deren Bekanntmachung man Herrn Bernoulli zu verdanken hat.“ Lb (Kästner). S. auch die Briefe gewechselt zwischen Lambert und Böckmann in Karlsruhe, Brfw. I. .Bd. S. 415 u. 417. 15. Sur Velastieite et la tenacite de leau —= Sur les fluides consid6r6s relativement A Y’hydrodynamique M.S. Cod. Gothan. 737, 8. 69 von Johann Bernoulli posthum hrsgeg. in den Nouv. Mem. de Berlin, Jahr 1784, Berlin 1786, S. 299—352 (2 Tafeln) mit Avertisse- ment de Mr. Bernoulli sur le m&moire suivant 8. 297/298. 1777. 1. Sur les son des corps £lastiques, in der schon öfter genannten Bemerkung von J. Ber- noulli Cod. 737 8.105 heißt es: Le 11. Oct. 1786 j’ai envoye & mon frere Daniel pour les Acta Helyetica 1° le Mem®. sur le son des corps &@lastiques av. 7 figs. fait en Janvier 1777 lu & l’Academie le 23 mars 1783. Das Posthumum der Nov. Acta Helvetica, Vol. I, Basil 1787, od. Vol. IX der Acta Sur le son des corps 6lastiques, pag. 42—75 (1 planche), 2. Sur le quarr6e de la vitesse dans la Dynamique. Nouv. M&m. de Berlin, Jahr 1783, Berlin 1785, 8. 266—278 (1 Tafel) posthum mitgeteilt von Johann Bernoulli, Rezension A.D. B., 70 Bd. S. 349. Lambert über das Quadrat der Geschwindigkeit. Herr Johann Bernoulli teilte den Aufsatz, der für die Akademie bestimmt war, aus Lamberts Papieren mit. Lambert untersucht, wie aus der gewöhnlichen Gleichung, da Produkt aus Kraft in Element der Zeit sich wie Element der Geschwindigkeit verhält, eine Gleichung kömmt, in welcher das Quadrat der Ge- schwindigkeit ist. Unmittelbar folgt das, wenn man statt des Elements der Zeit das Element des Raums mit der Geschwindigkeit dividirt setzt, dann bei Anwendung der Differentialformel auf den Stoß flüssiger Materien, drittens wenn sich Punkte eines unbiegsamen Körpers um einen Mittelpunkt bewegen. Weiter erinnert sich Lambert keiner Quellen des Quadrats der Ge- schwindigkeit so nahe bey den ersten Gründen, obgleich auf einem abgesonderten Papier noch eine kurze Anzeige ist, wie diese Quellen können verbunden werden usw. Lambert ist zu 78 dieser Untersuchung durch die lebendigen Kräfte veranlaßt worden, in deren Gebrauch er immer viel dunkeles und unbestimmtes gefunden hat. (Kästner.) Das Tagebuch bringt, wie man aus der Einleitung ersieht, die Aufzeichnungen immer kürzer, wir haben hier ihrer Abfässungszeit nach eine Anzahl von Arbeiten Lamberts einzu- reihen, die teilweise in seinen letzten Lebensmonaten entstanden, im Astronom. Jahrbuch, Jahr 1780, Berlin 1777, erschienen sind: Anmerkungen über die Zeitgleichung (nach März 1777), 8. 22—24. „Die Frage am einfachsten vorgetragen ist, wieviel die wahre Sonne auf einer hinreichend genauen Sonnenuhr zeigt, wenn die mittlere Sonne am Mittag ist.“ Die Arbeit kritisiert eine unmittelbar vorher- gehende Arbeit des Astronomen Melanderhjelm, welche aus einem Schreiben Melanderhjelms vom 7. 1II. 77 an Joh. Bernoulli wiedergegeben ist. Bedingungen ganzer Sonnenfinsternisse für eine gegebene Polhöhe, 8. 26—38 führt die Abhandlung im zweiten Bande der Ephemeriden: „Von den Gränzen der Möglichkeit der Sonnenfinsternisse und Sternbedeekungen vom Monde“ näher aus für totale Sonnenfinsternisse. Anmerkungen und Aufgaben zum Gebrauche des in den Ephemeriden angegebenen Mondlaufes, S. 38—46, zerfällt in fünf Aufgaben, die V. untersucht Halleys Vorschlag, das alte Saros oder einen Zeitraum von 18 Jahren genauer 223 Monden wieder hervorzuziehen, nach welchem die Finsternisse und Ungleichheiten des Mondlaufs ziemlich genau wiederkehren und kommt zur Ablehnung: „Der Unterschied kann sich auf bis 1!/, Stunde erstrecken und sich in den folgenden Perioden noch mehr aufhäufen.* Bemerkungen über die nahen Zusammenkünfte der Planeten, S. 47—53 knüpft an Keplers Berichte über solche aus den Jahren 1563, 1591, 1590 und 1599 an. „Die Frage, wie man ohne vieles Versuchen die Zeit, wenn Planeten einander bedecken, oder wenigstens nahe nebeneinander vorbeygehen, bestimmen könne, gehört mit unter die umgekehrten oder eigentlich analytischen Aufgaben der Sternkunde und hat nicht geringe Schwürigkeiten.* (Vgl. dazu auch Dec. 1761 Entwurf des disei ö für die 2 in © visa.) Über die grösste Ausweichung der unteren Planeten, $. 53—57. (Vgl. dafür auch Dee. 1770 De JS 8© ex transitibus $ per © definiendis.) Vom Glanze der Venus, $. 58—60 (aus dem April 1777) über die Lichtstärke dieses Planeten. Über einen besonderen Gebrauch der Ephemeriden, $. 78—81 betrifft die Änderung der elliptischen Bewegung der Sonne Jahr für Jahr (einige Figuren), Rezension dieses ganzen fünften Ephermidenbandes A. D. B., Anhänge 25—36 2. Abteil. S. 1130. Im Astronomischen Jahrbuch 1781, Berlin 1778: Über den Positionswinkel des Mondes, 8. 55—58, der Neigungswinkel der beiden durch den Stern, den Mittelpunkt der Kugel und die Pole gehenden Ebenen, endlich im Astronomi- schen Jahrbuch 1789, Berlin 1786. Zur Bestimmung der Zeit, wenn zwei Sterne in gleichen Vertikalkreis kommen S. 213—214 von Bode „aus einem damals an mich geschriebenen Briefe des seel. Mannes [31. VI. 77 Cod. 680] gezogen“. 3. Die Pyrometrie geendigt, den 16. Mai. Damit bricht das Monatsbuch ab. Am 25. September starb Lambert, nachdem er am 18. noch einer Akademiesitzung angewohnt hatte. Lamberts Todesanzeige A.D.B., 32. Bd. 2.St. $.615. Er konnte die Pyrometrie nicht mehr herausgeben, an deren Redaktion er laut Tagebuch vom 4. März an gearbeitet hatte. Sie erschien posthum: Pyrometrie oder vom Maasse des Feuers und der Wärme. Mit acht Kupfertafeln 4°, Berlin 1779. Mit einer Vorrede von Joh. Gust. Karsten und einer Abhandlung von Joh. August Eberhard über Lamberts Verdienste um die theoretische Philosophie. Rezension: Erschöpfendes Referat A.D.B. 41. Bd. S. 551/58 NWg [Meister]. Vgl. auch den Brief an Karsten vom 4. III. 77. Posthuma sind auch der von uns oft zitierte Deutsche gelehrte Briefwechsel von Joh. Bernoulli, 79 hrsgegeb. S® 5 Bde. Berlin 1782—1787. Der dritte Band ist auch allein unter dem Titel erschienen: Zwölfjähriger Briefwechsel mit Brander M. K. 8°, Berlin 1783. Rezension: M. (Kästner) 1. und 2. Bd. A.D.B. 59 Bd. 1. St. S.3/19, 3. und 4. Bd. A.D.B. 60. Bd. 2. St. S. 325. Bd.I 3 Tafeln, Bd. II 2 Tafeln, Bd. III 7 Tafeln, Bd. IV 2 Tafeln, Bd. V 4 Tafeln enthaltend. und die: Logischen und Philosophischen Abhandlungen, zum Druck befördert von Johann Ber- noulli. 8°. 2 Th. Dessau 1782 u. 87. Rezension A.D.B. 56 Bd. 2 St. S. 327 Lb. (Kaestner). Die Besprechungen von Lamberts Schriften in den Goettinger Anzeigen brauchten wir nicht einzeln anzugeben, weil sie mit Hilfe des Registers Bd. II S. 879 leicht aufzufinden sind. — Die Liste von Lamberts Schriften bei Poggendorff und von Lamberts Abhandlungen in den Berliner M&m. bei Harnack, A. Geschichte der Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 4 Bde. 1900 geht auf Daniel Hubers nach Zeitschriften geordnetes Verzeichnis von 1829 zurück. Nachträge und Berichtigungen. S. 1 letzte Zeile lies: Ehwald statt Ewald. S. 9 Z.4 v.o. überblickenden statt überblickendsten. Ad Jan. 1756 Tentamina varia de natura characteristicae sind das Fragment L II der Log. und Philos. Abhandlungen. Ad Febr. 1756. Quaestiones circa characteristicam. Vgl. Brief an Toennies vom 24. III. 71. Brfw. 1. Bd. S. 413. 2 Ad Jun. 1759. Astrolabium rectilineum der in der Arbeit: „Über die Aequilibrationslinie beim Mauerquadranten®* erwähnte Quadrant. Ad Nov. 1759. Crepusculum observavi auf der Branderschen Sternwarte. Ad Noy. 1760. Solutio quorundam problem. astronom. s. Anm. 6, 1774. Ad Mart. 1761. De declinatione acus magneticae anläßlich des Venusdurchgangs und der Meridian- verbesserungen! Constructio horologii horizontalis s. Anm. 6, 1774. S.23 2.12 v.u. to zu tilgen! Ad Dec. 1761. usus eyeli lunaris, vgl. auch die Kritik des Saros Anm. 2, 1777. Ad Mart. 1764. Prolegomena e.c.t. I, II, III. Hauptstück der Architektonik $ 1—-76—124. De eonstructione mapparum s. Brief an Beguelin vom 10. III. 64. Ad April 1764. Cap. de Identitate, de Systemate, IV. und V. Hauptstück der Architektonik, Ad Mai 1764. Cap. de mutabil, VI. Hauptstück $ 207; de ordine, XI. Hauptstück $ 307. Ad Juin 1764. Ontolog. continuata VII.—X. Hauptstück Cap. de Vero. Cap. de viribus XIII. Haupt- stück, Theoria projectilis. $ 369. Constructio aequationis © — aab=0 ope maximi: Ende des XII. Haupt- stücks der Architektonik. Ad Jul. 1764. Cap. de relationibus XIV.—XVIII. Hauptstück. De triangulo, quadrilatero e.c.t. Ein Problem des Pappus, vgl. Eneströms Eulerverzeichnis Nr. 543. Ad Aug. 1764. Cap. de caussis XIX. Hauptstück Ursachen und Wirkungen $ 584. De experimentis quibus gradus elastieitatis exploratur $ 395 der Architektonik: Ein stählerner Reifen oder Ring. et seqggq. XX—XXV. Hauptstück der Architektonik. Ad Sept. 1764. Ontolog. contin. ad finem a Cap. 260°. XXVI—-XXXI. Hauptstück der Architektonik. Ad Nov. 1764. De mechanica systematis structura, vgl. auch Eulers Theoria corporum rigidorum. S. 27 3.2. v.o. Jun. statt Jan. Ad Febr. 1765. De natura infiniti realis meditata XXXIII. Hauptstück der Architektonik, vgl. Anm.6. Ad April 1765. In Organon et architectonicam mutationes variae: Bezieht sich auf $ 161 sowie VIL—IX. Hauptstück. S.27 Z.20 v.o. Schonebaecensis statt Schonebaensis. 80 Ad Nov. 1765. De probabilitate tempestatum vagarım. Am 7. Nov. 1765 las Euler die Abhand- lung Nr. 362 des Eneströmschen Verzeichnisses in der Akademie, demgemäß ist Anm. 31 zu ändern. Ad April 1766. De geometria situs: Bezieht sich auf die sog. Polygonalform des Integralcaleuls, s. die Briefe vom 7.1IV. und 8. VI. an v. Holland, demgemäß ist Anm. 5 zu ändern. Ad Nov. 1766. Adnotata logica varia, vgl. Brief an v. Holland vom 14. XII. 66. Ad Jan. 1767. Observationes in caleulum politicum: Zum Vergleich beiziehen kann man auch . Nr. 334 von Eneströms Eulerverzeichnis. Im Cod. Gothan. 737 befindet sich eine Abschrift Lamberts von Eulers Arbeit: Reflexions sur les doutes proposees par Monsieur d’Alembert au sujet du caleul des probabilites, welche von Eneström für das Eulerverzeichnis im Journal encyclopedique 1768 übersehen wurde, welche an Nr. 294 anzuschließen ist daselbst. Ad Dee. 1767. De machinis levandis ponderibus idoneis, vgl. die Titel des technischen M.S- Cod. 737, S. 104. Ad Oct. 1768. Lineae directionum magneticarum in globo terrestri, zu vergleichen ist auch Nr. 849 von Eneströms Eulerverzeichnis. Ad Dee. 1769. Tentamen ex collatis cometarum observationibus eorum tempora periodica divina- tione assequendi, vgl. die Rezension A.D.B. 16. Bd. 2 St. S. 657 betr. Nr. 389 bei Eneström. De radieibus aequationum imaginariis, zum Vergleich ist Nr. 370 ebenda heranzuziehen. Ad Jan. 1770. Sizca formulas integrales meditata, vgl. die Rezension von Eulers Integralealeul Vol. prim. A.D.B. 11 Bd. 2 St. S. 6—11, welche von Lambert verfaßt ist. Ad Jun. 1771. De motu macularum solarium, vgl. die Rezension Recueil pour les astronomes 1, 771, S. 85—86, betr. Nr. A 26 des Eulerverzeichnisses. Ad März 1772. De varlis motus retardionibus, vgl. die Rezension Recueil pour les astronomes 2, 772, S. 250—251, betr. Nr. A 8? von-Eneströms Eulerverzeichnis. Zu den Anmerkungen: Anm. 3, 1755 ist das Zitat Curtze an dieser Stelle zu tilgen! Anm. 17, 1755. Wildt statt Wild. Anm. 13, 1757, vgl. Anm. 7, 1754 ist zu tilgen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Lambert der Verfasser des Referats in den Goettinger Anzeigen 1757 8. 1145—1152 über Eulers Differentialrechnung ist. Er wird ja als Korrespondierendes Mitglied der Goettinger Sozietät geführt, hat kurz zuvor Eulers Werk gelesen und später auch die Referate über Eulers Integralrechnung in der A.D.B. geschrieben. Anm. 10, 1759 das Zitat ist zu tilgen. Anm. 20, 1759. Über die Satzungen der Akademie s. Goettinger Anzeigen vom 1. Nov. 1759, S. 1142, Anm. 2, 1760. Über die bei diesen Versuchen benützte Luftpumpe s. den Brief an Brander vom 5. XII. 68 und C. F. Brander, Kurze Beschreibung einer kleinen Luftpumpe oder Cabinets — Antlia, Augsburg 1774. Anm. 4, 1760. Hier sind auch die Stellen aus Cayley, Math. Papers, anzuführen: Lambert, J. H., theorem on cireular hodograph III., S. 262—265, theorem for elliptie motion III, S. 562—65, VII, S. 387—89; central forces problem IV., S. 519, 20, 89; equation of planet orbite from three obser- vations VII, S. 412—15. Anm. 14, 1760, 5. Z. astronomischen e. c.t. Anm. 27, 1760. Über dies M.S. gibt die Stelle im Briefe vom 14.IV.68 an Lesage Auskunft: „J'avois eerit lA-dessus quelques lettres & peu pres dans le goüt des lettres cosmologiques. Elles devoient rouler sur le cours des choses terrestres ou sublunaires. Mais les sujets se trouvoient tellement herisses dans ces premieres lettres, que je vis d’abord qu’il falloit les refondre ou abandonner la forme epistolaire tandis que je voyois que les matieres admettoient un ton plus positiv et plus philosophique et que le tissu des raisonnemens pouvoit &tre plus consequent‘. Und im Briefe vom 11. XII. 68 an v. Holland: „Ich hatte gleich nach den Cosmolog. Briefen angefangen, solche Briefe über den Lauf der Dinge auf der Erdfläche zu schreiben, fand aber bald, daß die Briefform dazu weniger als ein systematischer Vortrag tauge, und so unterbrach ich die Sache“. Anm. 24, 1761, 3. Z. ist S. zu tilgen. sl Anm. 27, 1761. Die Abhandlung über das Criterium veritatis hat als Ergänzungsheft 36 der „Kantstudien“ inzwischen von uns ediert werden können dank dem warmen Interesse der Herren B. Bauch und Liebert. i Anm. 28, 1761, vgl. dazu auch Lettre de M. Euler &M. de la Grange, Recherches sur la propagation des ebranlemens dans un milieu &lastique. Melanges de Turin 2 (1760/61) o. J. (1762) S. 1-10, aber vom 1. Jan. 1760 datiert, Eneströms Eulerverzeichnis Nr. 268. Anm. 10, 1762. L’huilier statt Lhuilier. Anm. 13, 1762. Der Berlinische Atlas ist mit Eulers Praefatio versehen, s. Eneströms Euler- verzeichnis Nr. 205. Eine zweite Auflage ist 1760 erschienen. Anm. 2, 1764. Eine lateinische Übersetzung des Organon verfertigte auf Lesages Veranlassung Pfleiderer an der Kadettenschule in Warschau und später Nachfolger von Kies in Tübingen. Der italie- nische Gelehrte, für welchen Pfleiderer die Übersetzung übernahm, welcher in Turin einen Verleger zu finden hoffte, war Pater Beria, ein Barnabite, Professor der Philosophie zu Thonon in Savoyen. Lord Stanhope, Viscount Mahon, ein großer Verehrer von Lamberts Verdiensten, der sich lange in Genf auf- gehalten, brachte dieselbe an sich, 1782 erhielt sie die Akademie. Pfleiderer hatte auch eine Über- setzung der Cosmologischen Briefe für Lesage schon angefangen und bis zur Hälfte gebracht. Verschiedene Umstände, u. a. die im Journal Helvetique von Neufchatel, Dec. 1764, Jan., Febr. 65, angefangene Über- setzung machten dieses Unternehmen rückgängig. (s. Brfw. mit Lesage.) Z. 10 Steinbrüchel statt Stimbrüchel. Anm. 25, 1764 in der Formel 4x6 statt 3.8, Anm. 26, 1764 sowie den Brief an Euler vom 13. VI. 1764. Anm. 35, 1764. A.D.B. XII. Bd., S.402 statt 443: In der Übersetzung von Formeys Abrege, Entwurf aller Wissenschaften aus dem Franz. übersetzt von F. J. Bierling, Berlin bey Pauli, 4. Theyl, 1768, S. 443, eine Nachricht vom Organon des Herrn Lambert in einer übersetzten Rezension aus den Actis Eruditorum. Anm. 6, 1765. Cantor, S. 654 (statt 564). j Anm. 8, 1765. M.S. Cod. 736 ist zu tilgen. Anm. 31, 1765. Das Zitat von vgl. an ist zu tilgen. Dafür: Am 7. Nov. 1765 las Euler in der Akademie die Abhandlung: Correetions necessaires pour la theorie de la declinaison magnetique, vgl. Eneströms Eulerverzeichnis Nr. 362. Anm. 5, 1766. Das Zitat von vgl. an ist an dieser Stelle zu tilgen. Dafür: betrifft Polygonal- form des Integralcaleuls im Briefe an von Holland vom 7. IV. 66. Anm. 12, 1766. Die Zeile von Rezension an ist zu tilgen. Anm. 15, 1766, hier sind auch zu nennen Halsted, New-York, Mathem. Soc. Bull., Lamberts non euclidian geometry; Schur, F., Joh. Heinr. Lambert als Geometer, Festrede, Karlsruhe 1905 und die Schriften von H. Liebmann über nichteuklidische Geometrie. Anm. 16, 1768, s. auch Recueil pour les astronomes 1771, S. 155. Anm. 2, 1769, 3 Z., 7!/2 Bogen, 4 Z. Rezension A.D.B. 2. St., S. 522. Anm. 9, 1769, auch Recueil pour les astronomes 1771, S. 82/83. Anm. 10, 1769, 2Z. Rezension A.D.B. 16 Bd. 1St., S. 33. Anm. 14, 1769. Auch die Besprechung von Eulers Institutiones caleuli integralis Vol. primum A.D.B. 11 Bd. 2. St,, S.6—16 ist von Lambert verfaßt, wie das im Cod. Gothan. 738 vorhandene M.S. beweist. Das Referat ist abweichend E* signiert gleichwie das über die anonyme Abhandlung: Von den Cometen 1769 A.D.B. 11 Bd. 2. St., S. 282/83, welchem die Lambertstelle unter seinem von Vig- neron gezeichneten Porträt (Titelbild bei Huber) entnommen ist. Rezensiert hat Lambert auch Eulers Lettres & une princesse d’Allemagne. Anm. 19, 1769, 4 Z. Rezension A.D.B., 14 Bd., S. 244 H. und Recueil pour les astronomes 1771, S. 155/56. Anm. 1, 1770, 1 Z. Anm. 18 statt 8. Anm. 3, 1770, 22. 816 pag. 32. und Recueil pour les astronomes 1771, S. 157. Anm. 9, 1770, zu nennen ist auch Baensch, O., Johann Heinrich Lamberts Philosophie und seine Stellung zu Kant, Tübingen und Leipzig 1902, sowie der Vollständigkeit wegen Döring, Kant, Lambert Abh.d. math.-phys. Kl. XX VII, 6. Abh. 11 82 und die Laplacesche Theorie, Preuß. Jahrbücher 58, 1886, S. 128, Zimmermann, R., Lambert, der Vor- gänger Kants, Wien 1879. e Anm. 2, 1772, ist das Zitat Sammlung astronom. Tafeln zu tilgen und dafür zu setzen: J. H. Lamberts fernere Anwendung der Mayerschen Mondtafeln. Leipziger Magazin für reine und ange- wandte Mathematik 1787, 3 Stück, S. 257—336. Lamberts M.S. (Umschlag noch vorhanden) wurde von Oberreit „ins reine geschrieben, revidiert und in einigen Punkten verbessert“, am 5. II. 84 an Johann Bernoulli zurückgeschickt. Rezension A.D.B. Anh. zum 53—86. Bde., 5. Abt. 1 Bd., S. 2624. Anm. 11, 1772. Das Verhältnis von Olbers zu Lambert zeigt der Brief dieses großen Astronomen an Daniel Huber, welehen R. Wolf in seinen Biographieen zur Kulturgeschichte der Schweiz veröffent- licht hat, vom 17. Oct. 1829 aus Bremen: „Sehr angenehm war es mir zu vernehmen, daß Sie über Lamberts Leben und Wirken drei Abhandlungen herausgegeben haben. Lamberts größte Tätigkeit und Glanz fiel gerade in die Zeit, wo ich mich mit Mathematik und Astronomie zu beschäftigen anfing, und so haben Lamberts Schriften den größten Einfluß auf meine mathematische Bildung gehabt. Deswegen verehre ich ihn als meinen Lehrer ungemein, und so bin ich sehr begierig, die von Ihnen herausgege- benen Abhandlungen zu lesen.“ Anding 44. d’Annone 39. d’Alembert 4, 7, 14, 59, 60, 80. Alhazen 42. Apollonius 56. Archimedes 27, 55, 56, 57. d’Arcy 56. Argand 4. d’Argens 6. Baczko 6. Baensch 81. Baermann 25, 51, 53, 56. Bauch 80. Baumgarten 24, 50. Bauschinger 3, 45, 63, 66, 73, 77. Beaumelle 6. Beguelin 4, 62, 66, 68, 79. Beitler 7. Bel 26, 53. Beria 80. Bernoulli, Johann I. 5, 8, 18 Bernoulli, Jakob I. 8, 52. Bernoulli, Daniel I. 4, 5, 7, 8,13, 14, 16, 21, 36, 44, 45. Bernoulli, Johann II. 6, 7. Bernoulli, Niclaus 5, 8. Bernoulli, Jacques 5, 6. Bernoulli, Emmanuel 6. Bernoulli, Jeröme 6. Bernoulli, Johann III. 3, 4, 5, 6, 7.83, 34,135036,137,38.045, 46, 48, 54, 56, 61, 64, 65, Personenregister. 66, 67,..68,.:.74, 75, 7,,.48, 79, 82. Bernoulli, Daniel II. 74, 75, 77. Bertrand 6. Bierling 81. Biörnsen 57. Böckmann 47, 77. Bode 6, 32, 70, 71, 75, 78. Bodmer 24, 35, 37, 50. Boissy 37. Boncompagni 45. Bopp 57. Bouguer 12, 20, 41, 43. Bousquet 6. Brander 6, 28, 29, 30, 44, 55, 56, 58, 59, 60, 61. 62, 65, 66, 67, 68, 70571773, 79, 79480. Braunmühl 47, 50, 57, 64, 68, 76. Breitinger 51. Calau 70. Cantor, M., 3, 38, 47, 54, 60, 61, 63, 64, 65, 67, '68, 69, 70, 76, 81. Cartesius 8. Cassini 24, 50. Catt 7. Cayley 80. Clairaut 24, 49. Condamine 6, 18, 41. Correard 59. Cotes 22, 28, 45, 57. Craig 62. Cramer 5. Curtze 3, 33, 53, 80. Dantzer, s. Titelportrait. Davisson 47. Decker 70. Dodson 8. Dommerich 12, 35. Dolgorucki 26, 53. Dollond 29, 59. Doppelmayr 21, 44. Döring 81. Drebbel 31, 70. Ducrest 7, 39. Duillier, Fatio &. Duraeus 4. Eberhard, J. A. 78. Ehwald 3, 79. Encke 3, 71. Eneström 79, 80, 31. Erhardt, S. 3. Ernst II. von Gotha 5, 7. Erxleben 46. Euklid 5, 55. Euler, 1.04, 5,.7,.8,13:216,218: 19, 24, 36, 41, 42, 43, 45, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 54, 56, 58, 62, 63, 65, 66, 67, 68, 69, 79, 80, 81. Euler, J. A. 7, 48, 55. Evers 7. Eyssenhardt, 68. Faure 6. Felbiger 6, 61, 64, 65, 67, 70, 71. Fermat 62. Fontenelle 5. Formey 6, 81. Friedrich d. Gr. 3, 6, 52. Friedrich Wilhelm II. 6. Gauss 4, 5. Gebauer 8. Gessner 3, 7, 21, 44, 45, 50, 51, 52, 60. Graf 56. Graevenitz 72. Gregorius a St. Vincentio 38. Griffing 65. Gubler 56. Günther, S. 3, 4, 53, 59, 62. Hales 17, 40. Haller, v. 4, 7, 21, 45. Hallerstein 73. Halley 15, 19, 22, 24, 42, 49, 56, 6313211,.18: Halsted 31. Hanow 24, 49. Harnack 79. Harvey 16, 17. Haude und Spener 66, 70. Heinzmann 11, 34, 35, 36. Heinrich v. Preußen 6. Helfenzrieder 74. Hell 22, 45, 74. Helvetius 12. Herder 7, 9, 10, 11, 60. Herschel 46. Herz, M. 3. Herzberg 7. Hevelius 73, 78. Hindenburg 11, 35, 66, 67, 68, 74, 75, 76. Hirzel 51. Hofer 7. Hoffmann 57, 69. Holland 26, 27, 47, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 67, 79, 80, 89. Homer 13. Honkeny 7. Horner 4. Huber, D. 3, 53, 74, 79, 82. Huth 62. Hutton 68. Huygens 52, 57. Jacobi, C. 60. Jetzler 48, 52, 53, 54, 55. Ingenhouss 34. Joseph, F. C. 3, 46. Kästner 4, 6, 8, 18, 19, 21, 39, 42, 44, 45, 47, 51, 53, 55, 57, 59, 62, 65, 66, 68, 69, 70, 72, 139.14, 15,.07,.19% Kalmar 31, 70. Kant 46, 65, 66, 81, 82 Karsten 65, 66, 67, 68, 70, 72, TTS: Keller, Joh. Chr. 34, 52. Kepler 28, 44, 56, 69, 78. Kies 81. Kirch 45. Klausing 6. Knoll 75. Koch 12, 34, 37. Koenig, E. 65. Koenig, S. 6. Kraft 5, 40. Krienelke 50. Laas, E. 15, 65. Lacaille 23, 43, 47. Lagrange 4, 6, 24, 56, 63, 64, 65, 69, 76, 81. Lahire 25. Lalande 6, 71. Lang 12. Laplace 82. Legendre 57. Leibniz $, 52, 62. Leiste 64, 67. Lepsius 48, 50, 51, 53, 63, 70. Lesage 4, 8, 10, 11, 81. Leu 47. Lexell 7. L’huilier 49. Liebert 81. Lichtenberg 41. Liebmann, H. 81. Limprunn 64, 81. Lisle 6. Lori 7, 11, 22, 45. Lowitz 18, 42. Lutz 3. Manfredi 6. Marinoni 21, 35, 45. Marth 45. Martin 39. Martini, Chr. 67. Marpurg 75. Maupertuis, M. 6, 45. Maur, St. 6. \ 83 Mayer, J. Tob. 7, 12, 17, 18, 27, 41, 55, 56, 60, 62, 70, 82. Mayer, J. Tob. d. J. 57, 68, 70. Meier, Fr. 14, 34, 37. Meister 4, 60, 64, 67, 69, 70, TS: Melanderhjelm 7, 78. Mendelssohn 51. Mendelssohn, G. B. 51. Mercator 28, 57. Miltiades 37. Messier 74. Mitschel 29, 61. Montaigne 74. Morland 62. Müller, Chr. H. 7. Murr, v. 6, 72. Natani 57, 69. Nax 72, Neper 14, 47. Nesemann 34. Newton 8, 15, 18, 20, 23, 42, 43, 48, 60. Nicolai, F. 39, 63. Nollet 18. Oberreit 56,.58, 62, 65, 67, 82. Olbers 82. Ostwald 44, 45, 47, 49, 54, 683, 65, 66. Ott 24, 44, Bl. Ott-Usteri 45. Pacassi 6. Pappus 79, Parthey 13, 63. Pascal 36. Passavant 55, 63. Pauli 81. Pell 63. Perron, Anquetil du 6. Pfeferli s. Titelportrait. Pfleiderer 81. Picard 55, 63. Planta. 12,14, 34,37. Plouquet 50, 58. Podewils 6. Poggendorff 34, 40, 41, 80. Poleni 66. Ponicau 6. Pringsheim 57, 58. Profe 18, 41. Pythagoras 16, 49. Quintus 6. Rabbi 14. 84 Ramsden 34. Reaumur 28. Reccärd 73. Recknagel 44. Reiff 38. Remy 34, 35. Respinger 7, 14, 16, 22, 36, 37, 38, 39. Riccati 6, 63. Riccioli 73. Richer 7, 29, 59. Richter 6. Risler 6. Rixius 37. Robins 56. Röhl 73. Rosenstiehl 70. Rost, J. B. 25; Rudio 57. Salıs, v. 7, 11, 49. Scheibel 7. Scheuchzer 44, 55. Schinz 50. Schober 69, 75. Schulze 68, 75. Schur 81. Schwarzschild 3, 46. 14, 21, 24, 27, 36, Segner 51. Silberschlag 67, 69. Silva 6. Simpson 15, 38. Slope 7. Smith 45. Soldner 74. Speceius 13, 36. Stäckel, P. 3, 5, 48, 56, 62. Stanhope 81. Stegemann 70. Steinbrüchel 51, 60. Stiegler 23, 47. Stinstra 14, 37. Strieder 7. Sulzer 4, 5, 7, 8, 10, 11, 31, 48, 49, 68. Suphan 9, 50. Tempelhof 71. Telecki 49. Tenn 62, 71. Thiebault 10, 52. Titius 70. Toaldo 66. Tönnies 61, 79. Trembley 8, 11. Tressan 6. Turenne 37. Urlsperger 50. Ursinus 32, 71. Valtravers 7. Vigneron 81. Vincens, Mdme. de 7. Vogel 6. Vogler 57. Wangerin 49, 65. Waring 68. - Wegelin 50, 51. Wendler 51. Wieland 37. Wiezel 13, 36. Wildt 39, 80. Wilse 7. Wirz 24, 48. Witte 16, 21. Wolf, Chr. 13, 36, 54, 62, 65. Wolf, R. 3, 5,-45, 47, 49, 82. Wolfram 68, 71, 72. Wollaston 70. Woronzow 27, 54. Wydra 7. Zanotti 6. Zawadtzki 65. Zimmermann, R. 82. Das Titelbild, dessen Vermittlung aus Mülhausen wir dem Direktor der Kaiserlichen Landes- bibliothek in Straßburg, Herın Geheimrat Dr. Wolfram, verdanken, ist besprochen im Allgemeinen Lexikon der bildenden Künste, herausgegeben von Ulrich Thieme, Leipzig, 8. Bd., 1913, Art. Dantzer, S. 387. Johann Heinrich Lamberts Monatsbuch = S IN en 2918. III 15 a ar Ä III 07 Een ne 262 LH LmE --- 346. Or uns, A 22-2140 EI Fu 1044 AA. 1 goRrU . Zn Ig #8: rare DEZE Boa, = Dee ram gar 64 de Yner Zar I EEE + —- 16D- "Mechan ine. - - — = - - 26L AZ Zug mumar. - - - Al 67 Ant HN Ebd - - i-- 120 — 53 pfrens I Larsen, 3 Termgarkur --. --- s; 2 5 Techn mem: Pr = > 7 — 79 Zrenf vu - 2 = Srrmed Ausg: - REES are Es de Teßneszaphia. 2 Ach, en en (Fehec TRERHNA RD: a | 23--"Amenen uchdiumiand; 1) 74 --- Minnmmen. dan ler mihauy vonftan.. $7. 4° | Ao- = erde, 2. -.. 99 | 3: Made bo da loomanı Ur se) ursure du cum Ana - Fa | Fate ee m Ne ES Seo } Form Dia de ah dla 2020: BeeyaE. rener hemalunud 378 % erumeh, Sy qua .hraweuan), were 7. bahn hs # ze. | NER dus ER Ipielt. 88 ce 3 2 ei N aan) A ir SU I IS 37 Fur. Ze N zZ me hkede den ah a ri Saxon) = ER AR = n larfy. RD mnfal 52 ER I ZATETEI PIE > = PA 7: da »an. BER TEREE An Ad eSaysem) Ferm fr 2: RN „ur-ta dach, de. = 3 a Uprake d en Drew. wir I FAR dıle 9 Fur Lee =} ke het, [7% IefY. D L fan diene. 0 er. i fax UEIRE. dan (pn: ade; | uns Ar gmfieinu ea eperfhn ve re me u a! fall ee) ars a 32 “ab Maeh finger if FR ; kan. ansbu lg Lamberts Übersicht seiner Arbeiten bis 1771, Cod. Gothan. 740. Abh.d. math,-phya. Kl. XXVil, 6. Abh. Abhandlungen der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften Mathematisch - physikalische Klasse XXVNH. Band 1. Abhandlung Über den mikroskopischen Nachweis von Oxydase in Gewebsschnitten mit einem Anhang über Vitalfärbung von Karl Kriegbaum Vorgelest am 4. Juli 1914 München 1914 Verlag der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften Ö in Kommission des G. Franzschen Verlags (J. Roth) Abhandlungen der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften Mathematisch-physikalische Klasse XXVII. Band, 2. Abhandlung Die Entwicklung des Visceralskelettes bei Testudo graeca. II. Die Entwicklung des Hyobranchialapparates und des Kehlkopfes von Otto Bender Mit 6 Tafeln und 19 Abbildungen im Text (Aus dem Anatomisehen Institut der Universität München; Direktor:’Prof. Dr. Rückert) Vorgelest am 13. Juni 1914 München 1914 Verlag der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Kommission des G, Franz’schen Verlags (J. Roth) Abhandlungen der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften Mathematisch-physikalische Klasse . XXVI. Band, 3. Abhandlung Ergebnisse der Forschungsreisen Prof. E. Stromers in den Wüsten Ägyptens II. Wirbeltier-Reste der Baharije-Stufe (unterstes Cenoman) 1. Einleitung und 2. Libycosuchus von “ Ernst Stromer Mit 1 Doppeltafel Vorgelegt am 7. November 1914 München 1914 Verlag der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Kommission des G. Franz’schen Verlags (J. Roth) Abhandlungen ) der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften Mathematisch - physikalische Klasse XXVII. Band, 4. Abhandlung Konforme Abbildung des ganzen Erdellipsoids auf die Kugel von Wilhelm Deimler Mit 2 Tafeln Vorgelegt am 7. November ‘1914 München 1914 Verlag der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften $ \ in Kommission des G. Franzschen Verlags (J. Roth) \ “ Fr ö ee TE Eee See 2 5 ma: 7 Be a m — FINN = < a BE — . i ö | Akad on der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften Mathematisch - - physikalische Klasse XXYVIl. Band, 5. Abhandlung Aus den wissenschaftlichen Ergebnissen der Merzbacherschen ern Die Gebirgsgruppe Bogdo- Ola im östlichen Tian-Schan von Gottfried Merzbacher unter Mitarbeit von P. Groeber: oo... und mit Beiträgen von: n G. Glungler, Fr. Lex, Jul. Schuster, Maurice Leriche, Otto M. Reis u. Boris Fedtschenko- Mit 3 Tafeln Karten, 24 Tafeln: Lichtdrucken von Panoramen. ete., sowie Profilen und -einer Seite Diagrammen Torgdlebt am 7. November 1914 "München 1916 Verlag der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Kommission des @. Franz’schen Verlags (J. Roth) Sr RE Abhandlungen der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften Mathematisch-physikalische Klasse XXVI. Band, 6. Abhandlung Johann Heinrich Lamberts Monatsbuch mit den zugehörigen Kommentaren, sowie mit einem Vorwort über den Stand der Lambertforschung herausgegeben von K. Bopp Heidelberg Vorgelegt am 5. Dezember 1914 München 1916 Verlag der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Kommission des G. Eranz'schen Verlags (J. Roth) 5 h De) { N ı ü uhr BR I KO MONO Dr Aa na WA HAN [ur N \ I ae In ugah 1 a Mara Ru 1 rn a any z r 7 ut, h DT,