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ABHANDLUNGEN

DER

PHILOSOPHISCH-PHILOLOGISCHEN CLASSE

DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN

AKADEMIE der WISSENSCHAFTEN.

VIERZEHNTER BAND.

IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XLIX. BAND.

MÜNCHEN,

1878. VERLAG DER K. AKADEMIE,

IN COMMISSION BEI G. FRANZ.

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Inhalt des XIV. Bandes.

I. Abtheilung. Seite

Register zum Capitular des Deutschen Hauses in Venedig nach der Handschrift im venetianischen Archiv. 'Capitolare dell'officio del fontego dei Todeschi'. Eingeleitet und herausgegeben von Dr. Georg Martin Thomas . . . 1

Alexander in Aegypten,. Von Dr. Lauth. Mit einer Tafel 95

Commission des Dogen Andreas Dandolo für die Insel Oreta vom Jahre 1350.

Eingeleitet und herausgegeben von Dr. Georg Martin Thomas . . . 165

II. Abtheilung.

Troja's Epoche. Von Dr. Lauth 1

Norwegens Schenkung an den heiligen Olaf. Von Dr. Konrad v. Maurer . 65

Theilung des Chors im attischen. Drama mit Bezug auf die metrische Form der

Chorlieder. Von Wilhelm v. Christ 157

III. Abtheilung.

Die rhythmische Continuität der griechischen Chorgesänge. Von Wilhelm v. Christ 1

Busiris und Osymandyas. Von Dr. Lauth 73

Das Taufbuch der Aethiopischen Kirche. Aethiopisch und Deutsch von Ernst

Trumpp 147

Vita Adae et Evae. Herausgegeben und erläutert von Wilhelm Meyer . . 185

ABHANDLUNGEN

DER

PHILOSOPH ISCH-PHILOLOG1SHEN CLASSE

DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN

AKADEMIE der WISSENSCHAFTEN.

VIERZEHNTEN BANDES

ERSTE JLBTHEILUNG.

ABHANDLUNGEN

DER

PHILOSOPHISCH-PHILOLOGISCHEN CLASSE

DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN

AKADEMIE der WISSENSCHAFTEN.

VIERZEHNTEN BANDES

ERSTE ABTHEILUNG.

IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XLIX. BAND.

MÜNCHEN,

1876.

VERLAG DER K. AKADEMIE;

IN COMM1SSION BEI G. FRANZ.

I n h a 1 1.

Seite Register zum Capitular des Deutschen Hauses in Venedig nach der Handschrift

im venetianischen Archiv cCapitolare dell' officio del fontego dei Todeschi*

Eingeleitet und herausgegeben von Dr. Georg Martin Thomas . . .

Alexander in Aegypten. Von Dr. Lauth. Mit einer Tafel

Commissi on des Dogen Andreas Dandolo für die Insel Greta vom Jahre 1350 Eingeleitet und herausgegeben von Dr. Georg Martin Thomas . . .

1

95

165

Register

zum

Capitular des Deutschen Hauses

in Venedig

nach der Handschrift im venezianischen Archiv Capitolare dell' officio del fontego dei Todescln

eingeleitet und herausgegeben von

Dr. Georg Martin Thomas.

Abb. d. I. Cl. d. k. Ad. Wiss. XIV. Bd. I. Abth.

Wenn ich in der Vorrede zu meiner Ausgabe des Capitulars des Deutschen Hauses in Venedig ' Capitolare dei Visdomini del fontego dei Todeschi3 aus der Handschrift von Cicogna die Hoffnung aus- sprach, es würde mir vielleicht gestattet werden, den Index des damit innig verwandten 'Capitolare delV officio del fontego dei Todeschi aus der Handschrift im Venezianischen Archiv ebenda zu veröffentlichen, wo bereits im Jahre 1855 die Original-Register des Liber Albus, des Liber Blancus und der Libri Pactorum zu vielseitiger Befriedigung aufgenommen worden sind, nehmlich in den Denkschriften der k. b. Akademie der Wissenschaften zu München, so habe ich mich hierin nicht getäuscht, Dank der Einsicht und Dank dem Wohlwollen der philosophisch-philo- logischen Classe, welche in ihrer Sitzung vom 6. November 1875 den gemeinsamen Beschluss fasste, dieses handschriftliche Register als ein auch sie selbst berührendes Forschungsergebniss alsbald in den Denk- schriften ihrer Abtheilung bekannt zu geben.

Die Freunde dieses neuen Forschungsgebietes und seiner, für die Culturgeschichte insgemein, wie für die Deutsche Handelsgeschichte ins- besondere reichhaltigen Quellen, werden dem hohen Sinne dieser Classe mit mir und gerne die volle Anerkennung ob dieser fördersamen Gut- heissung entgegenbringen. Ebendieselbe hat sich vor einigen Jahren durch Aufnahme der 'ältesten Verordnungen der Venezianer für aus- wärtige Angelegenheiten5 in ihre Denkschriften München 1873 in ähnlicher Weise um die Wissenschaft der Geschichte verdient gemacht : die richtige Herausgabe von sogenannten Fontes ist ja an sich guten Theiles Aufgabe philologischer Akribie, und Kunde der Sprache wesent- liche Grundbedingung historischer Erkenntniss.

1*

Die Pergamenthandschrift selbst im allgemeinen Archiv ai Frari zu Venedig aufbewahrt und, wie in der erwähnten Vorrede angegeben, das eigentliche amtliche (oder besser gesagt dienstliche) Exemplar neben dem Capitular der Vicedome im Codex Cicognae, zeigt diesen seinen Dienst und seine häufige Handhabung schon äusserlich: es ist stark gebraucht und viel benützt, mit unterstrichenen, angestrichenen oder sonst gezeichneten Stellen, namentlich im Register selbst.

Die Handschrift, 35,50 cm, hoch und 24 cm. breit, zählt 195 nummerirte Blätter: 1 193, dann sind 14 unnummerirte und zum Theil (5) leere Blätter eingeschoben, hierauf folgen erst 194, 195; im ganzen also 210 ccarte\ Der Index vertheilt sich auf die Blätter 1 8a; 145b 146b und 194, 195 und beurkundet dadurch seine zu verschiedenen Malen gemachte Herstellung.

Naturgemäss ist auch das Capitular selbst eine Aufschreibung und Ansammlung verschiedener Zeiten. Da von Blatt 1 132 etwa bis ums Jahr 1558, wenn auch nicht eine und die gleiche, aber doch eine gleich- alterige und ähnliche Hand erscheint, so darf man wohl die erste in diesem Bande vorliegende und geordnete Zusammenfassung aller bis dahin giltigen Erlasse und wirksamen Gesetze in Betreff des Deutschen Hauses etwa für das Jahr 1560 in Ansatz bringen. Auf jene im Ganzen ähn- liche Handschrift1) folgen dann verschiedene Hände, von Blatt 19 lb an in cursiver, öfter die Eile des Eintragens bezeugender Schreibweise. Die Ueberschriften der Capitel sind bis Blatt 124 mit roth eingeschrieben.

Ich erachtete es für geeignet und mit Rücksicht auf spätere Unter- suchungen für nothwendig, den, wo es erforderlich dünkte, erweiterten Titeln des Registers auch die Anfänge des jedesmaligen Textes anzu- schliessen; welchen Werth der Auszug von Initien überhaupt hat, weiss ein Bibliothekar am meisten zu schätzen. Auf diese Weise war mir selbst der Vergleich mit den Texten des Capitulars aus dem Codex Cicognae sehr erleichtert; es wird aber gleichermassen den Genossen dieser Studien zu statten kommen. Die meisten Capitel, welche in beiden Sammlungen zugleich vorkommen, fallen in das 15. Jahrhundert.

1) Ein schärferes Auge will von 1 ll1'; llb— 75; 75b— 107: 108—112; 112—133, dann von 133—172; 172— 203b; 203b— 201b die Unterschiede erkennen.

Es ist ebendamit ein weiterer guter Anhalt geboten für die Prüfung und Vergleichung der anderen, in besagter Vorrede angeführten Urkunden- sammlungen, wer immer einmal diese lehrreiche Arbeit auszuführen im Stande ist; eine Arbeit unerlässlich , wie noch manche andere und in Venedig allein vollendbare, ehe man an die Geschichtschreibung des Deutschen Hauses herantreten kann.

Von besonderer Bedeutung für die Einsicht in unsere nationale Handels- und Verkehrsthätigkeit am Rialto sind in dem cCapitolare delP officio del fontego3 einige umfassende und auf vieles Einzelne gehende Regulative der Regierung während des 16. Jahrhunderts; bei solchen grösseren Stücken wurden denn auch die einzelnen Artikel kurz ange- deutet und die Beglaubigung erwiesen. Man wird zwar ersehen, dass ülle diese Regolazioni oder Terminazioni wesentlich auf den alten Grund- einrichtungen und den früheren Bestimmungen fussen , und dass man den Verhältnissen nur einräumte, was zuzugeben Staatsklugheit und allgemeine Wohlfahrt erheischte und was zugleich dienlich schien, den so manches Jahrhundert hoch blühenden , fruchtbaren und gewinnreichen Wechselverkehr zwischen der Republik und der Deutschen Nation zu stützen und zu erhalten. Denn die verständige und verträgliche Politik zwischen beiden währte, innerlich unversehrt, fort, so lange der aristo- kratische Freistaat aufrecht stund; so gross die Veränderungen waren, welche die neuen Handelswege allmählich im adriatischen Welt-Emporium hervorbrachten und so empfindlich die Einbussen wurden , welche den so lange und so strenge geregelten Haushalt Venedigs trafen.

Freilich hatte auch die lange Zeit, welche alles hebt und alles nimmt, dem ursprünglichen Geist der Handelsrepublik gar vieles von seiner alten Kraft, Kühnheit und Klugheit genommen und der helden- inüthigen Vaterlandsliebe, dem hochherzigen Gemeinsinn hatte sich die verführerische Genossin des Genusses und der Behaglichkeit an die Seite gesetzt.

Am 12. Mai des Jahres 1797 beugte sich, nicht ohne die letzte erhebende Erscheinung altvenezianischer Charaktere, das einst stolze Regiment des Grossen Rathes, nach fünfhundert Jahren seiner Herrschaft, vor der soldatischen Gewalt Buonaparte's.

Die letzten Einzeichnungen in dem Capitular fallen schon, wie er- sichtlich, in die Epoche cdella Libertä ed Eguaglianza3, in das Universal- reich des Dogma von cFreiheit und Gleichheit1, welches von Paris aus verkündet und mit wildem Eifer verbreitet viel Faules und Abgelebtes zu Falle gebracht, aber im Sturme des Gleichmachens viel Edles und Gesundes schonungslos mit vernichtet, und den Boden, auf welchem es geboren wurde, für alle Zukunft gefährlich untergraben hat, den Boden eines Landes, von welchem schon Strabo sich gedrungen fühlt zu bekennen, es erscheine von der Vorsehung als zu einer glücklichen Wohnstätte ein- gerichtet : wäre ml %&v roiomcor xav rb rfjg nyovoiag tqyov emfiaQtv- yslo&ai xig av do&iev, ovyv oncog ervyey, aXV wg av /uera Xoyiöjuov nvog $iäx€ifi£ywv rwv zotziov (lib. IV. 1. pag. 156 ed. F. Didot).

Wenn Andrea Cappello, der Venezianische Gesandte für Frankreich, in seiner denkwürdigen ßelazion am 2. Dezember 1790 unter anderem ausspricht: ,,della favorita massima della sovranitä del popolo, vera in astratto, ma ineseguibile in atto prattico, e scaturito il dogma dell' eguaglianza assoluta di tutti gli uomini, la quäle non esiste nemmeno in istato di natura, e per realizzarla conviene tutto distruggere, e si sono aboliti tutti gli ordini, tutti i corpi e tutti i ranghi intermediarii che come tanti anelli legano il sovrano ai sudditi ed i sudditi al sovrano; quest' idea chimerica, disordinando le teste, portö l'indi- sciplina nelle armate e l'insubordinazione in tutto", so hat die Folge- zeit die ernste Wahrheit dieses Urtheils eindringlich dargethan.

Indice

del Capitolare dell' officio del Fontego

dei Todeschi.

1329.

3. ottobre.

1330.

27. aprile.

^L354._ 5. ottobre.

1355. 4. gennajo.

(1299.)

1368.

22. ottobre 1376.

1. agosto.

Capitolare delP officio del fontegho di Todeschi.

Del numero delli ligadori. Mille cccxxvirn. di tre de octubrio. Conciosia cosa che li uisdomini del fontego di Todeschi conseia che la libertade, la qnal li ha de far ligadori de balle, sia reuocada . . .

Che si el nascera alcuna differeutia tra l'officio del fontego et altri officij per causa de datii, et altre cose, debbiano andar auanti el serenissimo principe et conseieri. Millesimo cccxxx indictione xina. die xxvir aprilis. Cum coram dornino duce et eius consiliariis questio ....

Che li meseta non tegna li marcadanti oltra tre mesi. Mille cccliiii. di quinto del mese de octabrio. Conciosia che in fin mo . . . si a obseruado, et osserva . . .

Che la preditta parte sia cridada Mille ccclv. di im de zener. Fo azonto all' ordine sopraditto che ....

Che li visdomini ueda desligar le balle. Conciosia cosa che li uisdomini del fontego per lo so capitolario . . .

Che li meseta ueda ligar balle di suoi marcadanti. Conciosia cosa che in mcclxxxxviiii. fosse presa una parte . . .

De dar sagnimento alli uerieri, e del salario del scriuan de Muran. Conciosia che per Information habuda dalli uisdomini . . .

Della licentia delle arme. Mille ccclxviii. di xxn. ottobrio. Fo preso in gran conseio . . .

Chel si debia tenir uno libro da notar de tempo in tempo le cose che occorerano alle spetial persone, che non sono perpetue cose, et quelle che sono perpetue si debia metter in capitulario. Millesimo ccclxxvi. indictione xiiii. die primo augusti. Cum in capitularibus judicum et officialium .... Abb. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. I. Abth. 2

10

1374.

15. aprile.

1379.

14. aprile-

1400.

16. novembre.

1404.

15. decembre.

1405. 20. novembre.

1405.

19. luglio.

1411.

25. gennajo.

Che algun forestier non possa intrar in lo fontego per cason de marcadantar. Mille ccclxxkii. indictione xn. di xv. de auril. Fo preso in pregadi ....

Che se togia la mita delle utilitade.

mccclxxviiii. indictione 2da. di xnn. mensis aprilis.

Capta in consilio rogatorum et addictione. Cum comune nostrum sit grauatum magnis et diuersis expensis in tantura quod necessario est . . .

Item ordinetur quod salarium procuratorum ecclesie s. Marci . . . Item ordinetur quod omnes scribe et notarii . . .

Della pena la quäl incorre a quelli che tanssa lo hauer delli Todeschi in le sue caxe, ouer uolte. Conciosia che li datij del nostro comuu molte uolte . . .

Che li sanseri veda a ligar le balle. mcccc. die xvi. novembris in rogatis. Anchora per purgar megio l'animo de cadaun . . .

Chel si faci desligar le balle et ueder li contrabandi. Sia zonto che in caso che li visdomini hauesse sospetto . . .

Limitation de schriuani. mcccciiii. die xv. decembris. Per li nobeli homeni s. Bernardo Pasqualigo s. Polo Loredan s. Marin Capello uisdomini . . .

Come cadaun mercadante che appresenta per ducati x. debia hauer meseta.

mccccv. adi xx. novembrio. Per i nobeli homeni m. Renier Vituri m. Nicolo Malipiero e m. Andrea Signollo uisdomini . . .

mccccv. indictione xin. die xvmi. julii. Capta in magiori consilio. Quod attenta humili supplicatione nobis porrecta per Uivianum q. Antonii pistorem famulum nunc ad fonticum . . .

Limitation del salario.

Capta in rogatis die xxv. januarii mccccxi. Quod uicedomini fontici Theuthonicorum qui habent de salario ducatos xx auro comuni in anno . . .

11

1411.

30. gennaio.

1412.

26. febbraio.

1418.

5. settembre.

1425.

6. maggio.

1429.

6. marzo.

1429.

6. luglio.

1431.

1. maggio.

Quod duo scribani dicti officii qui habent de salario libras sex . . . Quod massarius fontici qui habet de salario ducatos quiuquaginta . . . Quod duo famuli dicti officii qui habent de salario libras quinque . . .

Contribution fano li sanseri al dominio nostro. Capta in rogatis die xxx januarii. mccccxi. Quia considerata necessitate pecunie . . .

Del salario de xl.

Presa in mazor consegio in mccccxti. adi xxvi. feurer. Conciosia cosa el sia da uegiar a tutta possa de tegnir el consegio nostro de xl ben in ordene . . .

Come queli de Vilaco ouer de Lubiana dieba esser spaza come Todeschi.

mccccxviii. die v. septembris. Capta in rogatis. Conciosia che lo illustre m. lo doxe Hernesto de Ostreich . . .

Che li marcadanti non possano acetar altri uiandanti in camera sino per un zorno.

mccccxxv. adi vi. mazo. termination di uisdomini. Conciosia che molte fiade i marcadanti ch"ha meseta spaza marcadanti e marcadantie d' altri . . .

Et per cason che molti mercadanti i quali ha le camere in fontego et stancia entro longamente aceta altri mercadanti . . .

Che tutti queli che compra robe in fontego in termene de zorni vm. le debia hauer träte de ditto. mccccxxviiii die sexto martii in magiori consilio. Cum per retroacta tempora optime provisum fuerit . . .

Determination fatta per i prouedidori de commun et consoli

di mercadanti. -

mccccxxviiii. adi vi. lugio. Conciosia che'l sia nassudo discordia fra i mercadanti del fontego di Todeschi da Norimberga et d'Allemagna alta da una parte et quelli da Cologna d'Allemagna (Lassa) dall' altra . . .

Che niun sanser de Rialto non possi uegnir in fontego. mccccxxxi. adi p°. mazo in magiori consilio.

2*

12

1434. 16. febbraio.

1439.

20. agosto.

1443.

13. ottobre.

1447. 4. decembre.

1454. 19. ottobre.

Conciosia che nel capitulario de i uisdomini . . .

Anchora azo che marcadanti Todeschi non possa sostegnir algun senestro o danno per sanseri . . .

Anchora sia azoiito alla preditta parte che i sanseri debiano esser prouadi do uolte al anno ...

Pagamento de scriuani. mccccxxxiiii. die xvi februarii. I spetabili et generosi homeni m. Nicolo Venier e m. Piero Balbi honorandi provedadori de commun absente m. Marin Soranzo . . .

Che li patroni dele barche ouer burchi non si parti senza la boleta de le sue robe. mccccxxxix adi xx auosto. Item per molti danni potria occorer ai nostri mercadanti cittadini . . .

Che quelli che ha canton in fontego e sia stado anni doi ch'el non babia fato mercantie quele camere e uolte sia messe in commun. Item chel sia ordenado che tutti quelli che ha habudo camera . . .

Che quelli che moreno et camere che lor haueuano sia tor- nade in commun. Item che tutte le camere de quelli sono morti . . .

Che queli che scampa e falisse le lor camere sia tornade in commun. Item che tutti quelli che se scampadi et de cetero scampera li sia tolto . . .

Nessun mercadante non possa alienar camere alcuna nome per 6. consieri e xl de xl e le tre parte del gran consegio. mccccxliii. adi xiii. ottobrio in magiore consegio. Conciosia che i autiqui progenitori nostri uedando quanta utilita . . .

Che i rami se debi condur recto tramite a Venetia. mccccxlvii. adi iv. decembrio in rogatis. Perche per el passado i rami i quali se conduseua per la via d'Alemagca qui a Venessia . . .

Del pagamento della quarantia ciuil nuoua. mccccliiii. adi xix. octobrio in rogatis.

13

1455.

24. settembre.

_1455._ 19. decembre.

1457.

9. marzo.

_2i58J_ 23. febbraio.

1464. 12. giugno.

1466.

5. settembre.

Quod de pecuniis fontici Theutonicorum que deputate sunt ad soluendum quadraginta . . .

Che i danari del fontego paga la xl" noderi et officiali. mcccclv. adi xxiiii. setterabrio. in consilio x. Conciosia che como tutti claramente intende el nostro eonsegio de xl. . .

Che i signori, scriuani, masser et altri non possi portar i denaji nostri a casa ne altro luogo saluo che i charaerlenghi. Mille ccccly. adi xvim. decembrio in pregadi. Benche per leze e ordeni nostri fatti in li terapi passadi . . .

Che i meseti del fontego deba pagar el quarto de le sue utilitade. mcccclvii. adi ix. marzo. Conciosia segondo el tenor de la parte presa in mazor eonsegio . . .

Chel non si paghi algun salariado auanti tratto. mcccclviii. adi xxm. februari in rogatis Le obseruada una pessima consuetudine in questa uostra citta . . .

Chel se paga un soldo per partida de quello se pago ouer seuode chel non se possa far boletini a palazo de meter uno debitor che non sia debitor. mcccclxiiii. adi xii. zugno in rogatis. Sia ordenado a tutti i offizii che receue danari . . .

Che li condutori de mercantie debiano uenir recto tramite a Venetia serano deputade. mcccclxvi. die v. septembris. in rogatis. Essendo comessi molti contrabandi per la uia del fontegho ....

Che li burchi ouer barche debi uenir recto tramite al fontego. Item che tutti i burchi et barche che cargherano ubique locorum nostrorum

Se aleun zentil'homo desse fauor a contrabandi sia priuado d'offizi. Et se el fosse aleun zentil'homo nostro che parteeipasse . . .

Che se debi dar i mercadi in nota de zorno in zorno et contra i sanser de fora uia. Preterea che tutti i mercadi faranno i sanseri

14

1470._ 227 ottobre.

1470.

3. febbraio.

Che se debia lezer do saDseri che inquira. Item che per visdomini del fontego el sia constituido do ouer tre de i sanseri del fontego . .

Del ligar de le balle. Item che i sanseri sieno tegnudi diligentemente ueder ligar . . .

Chel se debi tegnir a uender de le merze in fontego e fuora. El fatto de le merze che i mercadanti hanno le debia tegnir entro barili . .

Del datio del ferro. Postremo perche i marcadanti i comprauano el ferro soleuano ....

Delle uendition di panni in fontego. Demum perche nel preditto fontego si nelle camere come de fuora se uendi panni a schauezo . . .

Che tutti i mercadanti habia a pagar una per cento de tuto quello i traze.

mcccclxx. adi xxn. ottubrio in rogatis. Quod omnes mercatores quos ex hac ciuitate nostra de cetero . . .

Chel si faci uno nouo libro per tegnir conto del datio del ferro. mcccclxx. die in. mensis februari in coliegio dorn, aduocatorum. consilio rogatorum. Che per redur le cose a buon muodo et ordine sia fatto un nuouo

libro

Che i condutori piezi partecipi non possi esser piezi del datio del ferro. Item che i condutori piezi ne partecipi di questo datio non possino . . .

Che i stimadori del ferro non possi stimar quello sei non sera presente un dei signori. Item che cusi come stimadori del ferro ouer lauor di ferro ....

Che i principali che condura ferro a Venetia non possi esser assolti se prima non sera pagado la signoria del tutto. Item che i principali che de caetero condura ferro a Veniesia . . .

Del termene del pagar del datio del ferro. Item perche per uigor de la parte presa nel conseio de pregadi . I

15

1472.

12. settembre.

1474.

13. settembre.

1475.

31. agosto.

Chel non se possi acetar algun per principal ne piezo de ferro che sia debitor de datio de ferro. Item che alcun e sia chi esser si uogli non possia esser acepta . . .

Che li sanseri ueda ligar e daga in nota el tutto et altri de fuora uia non se ne impaza. Per caso che nel fontego nostro di Todeschi la signoria nostra e molto inganada

Del scuoder de l'una per cento incantade nuouamente. mcccclxxiiii. adi xm. settembrio. I magnifici et generosi m. Ambroso Contarini m. Bernardo Ca- pello m. Piero Marcelo

Che tutti habbi pagado i suo resti fra termene de mesi 2. mcccclxxv. adi 31. agosto io rogatis. Per gran summa di dinari se atroua debitori de la nostra signoria molti mercadanti Todeschi . . .

Che non si possi tegnir magazen fuor de fontego. Che per Information delle leze nostre che alcun mercadante To- descho ...

Chel non se possa meter roba ni magazeni da cha Ruzini. De i corami i mete ni magazeni da cha Ruzini et altroue ....

Che alcun deputado in fontego non fazi mercadantia. Che alcun offizial scriuan deputado nel fontego nostro cusi ligadori . .

Che i ligadori siano sagramentadi non ligar cosa alcuna con- trabando in balla. Item che i ligadori siano sagramentadi ....

Chel sansser stia a ueder ligar le balle con sagramento. Et perche el senssaro habbi caxon de star uigillante

Che i scriuani del fontego siano tenuti aricordar a i uisdomini de dar sagramento a i sansseri al dar le polize di non esser sta liga alcuna altra cosa de quelo e sta da in nota. Et i scriuani del fontego nostro siano tenuti arecordar . . .

Che se fazix. tessere a sanseri tre per tessera a ueder ligar le balle. Et perche al serrar delle balle . . .

16

1475. 31. agosto.

Chel non se uadi in Alemagna ne a uender ne a comprar. Che alcun cittadin o subdito nostro non possa andar in Alemagna . . .

Che i bastasi o fachini che lauora in fontego siano maudadi uia et messi altri per i bisogni. Perche i fachini del fontegho predicto non uegiano ad altro cha fraudar i datii nostri . . .

Che i barcharuoli debi condur a Venetia i caui boladi et non legar ad star le bolle Che tutti i barcharuoli e burchieri che conduceno in fontego caui bolladi debi far ogni bona diligentia delle bolle . . .

Che tutti i mercadanti si de Alemagna alta come bassa uegnir debi in fontego. Che per remouer ogni dubitation et differentia . . .

Che Zuliau da Nouelo doanier a Treviso debia andar a i tempi debiti et sei metesse altri sia casso. Chel sia comandado a Zulian da Nouelo dohanier a Treuiso che . . .

Che i pesadori sia obligadi dar in nota con sagramento tute robe pexade per Todeschi qualita e quantita. Item che tutti i pexadori che pesera robe . . .

Che i specieri debi far do polize de le cose uendude con sagramento I specieri che uendera spetie et altre cose a Todeschi . . .

Che alcun mercadante Todescho non possi alozar fuor del fontego. Che alcun mercadante Todescho per forma ouer inzegno alcun . . .

Chel sia condaua i mercadanti che uende a menudo si in fontego come fuora. Et perche da un certo tempo in qua contra la forma de li ordini . . .

Chel non se possi incassar ueri a Muran senza licentia del fontego. Et perche se comete molte fraude in alcune casse de ueri . . .

Che i ligadori de ueri non possi ligar in altro luogho saluo che in le botteghe. I ligadori non possa ligar in altro luogho . . .

17

1475.

31. agosto.

1475.

19. settembre.

1475

26. eettembre.

Che cadaun maistro. capo ouer fattor de bottega sia sagramentado a dar in nota tutta la draparia per l.or uenduda. Che cadaun maistro capo ouer fattor de bottega de seda . . .

Che alcun sanser se possi impazar a far mercadi saluo che i sanseri ordenari. Le sta prouisto per molte leze e ordeni nostri die altri sanseri . . .

Che Venier de Nicolo bolador a porto sia casso e che non se faza piui in suo luogo. E per notitia che se ha che Uenier de Nicolo deputado bolador . . .

Che i scriuani serado che sera 1 offitio non possi piu far bolette. Che i scriuani del fontego nostro da poi serado el fontego . . .

Che i ligadori nostri senza sanser non possi ligar balla alcuna. I ligadori non possi ligar alcuna balla saluo . . .

Ch'el si faci la cerca per i magazeni e camere per ueder quello e sta uendudo e uon da in nota. Et che secondo la forma de le leze nostre . . .

Che i scriuani non possi far boleta ad alcun cada debitor de piu de uu mese. Chel sia comesso a i scriuani del fontego nostro . . .

Che i fanti dell' offitio sia tegnudi per muda star alle porte. Et che i fanti dell' offitio siauo tenuti star per muda . . /

Ch'el sia coretto el capitolo di uerieri da Muran. Chel sia coretto el capitolo di ueriari da Muran . . .

Ch'el gastaldo di uerieri sia obligado dar sagramento ai liga- dori delle casse de uero. Item sia tenuto el prefato gastaldo sotto la pena preditta . . .

Eletion de Zuah de Martin del autorita et premio. mcccclxxv. die xviiii. septembris. Et azo che i ordeni et lege nostre siano exeguide . . .

Chel sia reuocado el capitolo che altro sanser se potesse impazar a far mercadi saluo a quel sanser che era tocha per justitia. mcccclxxv. die xxvi. septembris. Circha el capitolo de la utilita di sanseri del fontegho . . . Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. W isa. XIV. Bd. I. Abth. 3

18

1475.

8. novembri.

1478.

24. aprile.

1478.

30. decembre.

1478.

14. luglio.

Cliel non a posgi crescer salario ad alchun. mcccclxxv. die vm. nouembris. Perche el par che senza authorita ue consentimento . . .

Che i ueiidadori debia manifestar i nomi de tutti i compradorL mcccclxxviii. die xxnii. aprilis. in collegio xn. sapientium super datiis. Perche el datio del fontego nostro di Todeschi . . .

Chel sia manda in nota a i pesadori i nomi di corapradori Todeschi. Et per obuiar ad ogni fraude . . .

Ch'el si manda iu nota alla doana i rami e stagni che se conduse in fontego in lincanto del datio dell'intrade. mcccclxxviii. die xxx. deeembris. Et per el simel deputa in fontego per i nostri gouernadori . . .

Ch'el non se uenda vin in la camera de meza schalla. Che la camera che e a meza scalla apresso la riua . . .

Che etiam la camera de meza schalla che e all incontro de quella del fontego non se possi uender uin a furatola. L'alti a camera a mezo le scale al incontro della preditta deputada . . .

Che i zapharani che se condura per transito debi pagar ducati 12. ogni l. 500 al sotil et una per cento a la inscida. mcccclxxviii. die xmi. julii in collegio xn. sapientum super datiis. Da certo tempo in qua per le angarie dade al condur i zaffarani.

Che ge fazza pagar li datii de tutte robe fosse condutte da sie mesi in qua a rason delle altre simil uendude. Perche se attroua nel offitio del fontego nostro di Todeschi . . .

Ch'el se hauera le balle con uno di scriuani del fontego et non senza. Le usata per consuetudine nel fontego nostro che zonte . . .

Che tutti i sanseri siano obligadi scontrar i so libri con el libro del nostro deputato. Benche el sia sta prouisto altre' uolte . . .

19

1478. Ch'el se debi deputar i capi de tessera. H. luglio. Le prouisto per leze che al serar de le balle . . .

Che le porfce della riua del fontego sieno serade ai tempi de- biti, et per el simile la porta che ua in calle della ßissa. El se comete niolte fraude in dano de li datii nostri . . .

De le pene incore chi indebitamente fesse aprir le ditte porte. Se ueramente fosse algun prosumesse aprir o far aprir . . .

Che sei pesador a chi tocha pesar in fontego non sera li el se possa tuorne uno altro. Item per commodo di mercadanti Todeschi sia prexo che sei pexador . . .

1479. Che i signori governadori siano auditori. 27. ottobre. mcccclxx villi, adi xxvii. ottubrio in collegio duodecim sapientum.

Cum sit che al offitio de li nostri gouernadori de lintrada . . . -

Chel sia eletto xn. sauii sopra i datii. Cognoscendosse per experientia quanto erano sminuiti . . .

1481. Chel sia confermado tutte leze fate per i ditti 12. savii et el

2. febbraio. deputado nostro che e s. Lazaro Ruffaldelli sia tegnudo tegnir

do libri ordenarii per scontro de do scriuani. mcccclxxxi. die n. februarii in collegio magnificorum dorn. xu. sapientum super datiis. Cum sit che per lo excelsso consegio de pregadi e per lo illmo collegio de xn. savii . . .

Che i pexadori debia rechieder al mercadante auanti che pesa chi se sta el sansser et farne nota de quello. Che pexadori siano tenuti quaudo loro serano per pexar ....

Che essi sanseri sian obligadi dar in nota al detto deputado i marcadi de zorno in zorno per loro pratichadi. Et azo chel prefato deputado possia trar la uera utilita . . .

Che i scriuani siano obligadi reffar le rason e non star fidi sopra quello ha fatto i sanseri. Ulterius per piu diligente execution de ordeni nostri . . .

3*

20

1481. 2. febbraio.

1482. 2. agosto.

1482. 2. decembre.

Ch'el deputado debi far tutte rason di pagamenti come fano i scriuani. Preterea perche grandi (errori) si troua esser comessi entro i pagamenti . . .

Chel se tegna conto suso un libro i boletini di danari franchi. Et perche per ordene ouer consuetudine el se troua per i libri de fontego . . .

Che i sansseri debi notar suso le polize si suso i suo libri i auanzi di quello si uedono ligar. Subsequenter perche el uien ditto per i scriuani et sansseri . . .

Della Obligation che ha i capi de tessera a ueder ligar. Item perche per certo ordene prexo . . .

Ch'el nostro deputado sia obligado far tutto quello li sera co- messo per questo collegio. Item chel deputado per questo collegio in fontego di Todeschi . . .

Che tutti i sanseri siano obligadi cou sagramento dar in nota . de sua man de zorno in zorno a i uisdomini presente el de- putado nostro con li ueri pretii.

mcccclxxxii. die n. augusti in coli0. magn.um dorn. xn. sapien- tum super datiis. Cum sit che per i tempi passati quando el uegniua uno mercar- dante Todescho in Venetia . . .

Che le mercantie che uende i Todeschi non se moua de ma- gazen se prima le non sara date in nota all offitio. De le mercadantie uendude per Todeschi . . .

Che i mercadauti debi dar in nota le robe per lor uendude in ditto zorno et pagar i suo datii. Et perche el se troua assaissime marcadantie uendude per essi Todeschi . . .

Che i sanseri che non desse in nota i ueri presii siano priui. Preterea sei sera alguu sansser che non desse el uero prexio . . .

La cazation de Aluise Taiapiera alla pria {aW aprir) de le balle. mcccclxxxii. die n. decembris in coli.0 xn. sapientum. El fo a questi mesi passadi cassado per questo collegio Zuan de Martin soprastante in fontego . . .

21

1482. 10. decembre.

1483.

28. novembre.

1483. 21. gennaio.

1484.

9. settembre.

1481. 16. agosto.

1483. 10. novembre.

1481. 16. agosto.

1486.

16. maggio.

1486.

giugno.

Che a i quattro del raese seguente se habbi salda le casse. mcccclxxxii. die x. decembris in rogatis. Inducta est quedam pessima et detestanda consuetudo . . .

Chel sia fatto un portello alla porta de la riua per commodita de mercadauti.

mcccclxxxiii. die xxviii. uouembris in collegio. Le comparso al collegio nostro tutti i mercadanti Todeschi . . .

Chel non se possi conzar alcuna parteda de robe auerte saluo che in quel zorno che le son auerte. mcccclxxxiii. die xxi. januarii in collegio xn. sapientura. El fo preso per questo collegio hora uno anno . . .

Che i comini et ogni altro sacco sia ligado per i ligadori del fontego. Conzosia cosa chel sia sta tratto del fontego . . .

Copia de una parte tratta della mariegola de quelli delle corde presa iu collegio de i xn. sauj nel mcccclxxxi. adi 16 agosto.

Che non se possi reffar sartie de caneuo uechio. Anchora che nisun non possi reffar ne uender . . .

Che le corde fatte de sartia uecchia non si possi adoperar a ligar balle. Che damo auanti corde fatte de sartia uechia . . .

Copia del mcccclxxxi. adi 1 6 agosto tratto dalla mariegola di filacaneuo.

Chel non possi uegnir in quesla terra corde forestere. Chel non possi uegnir corde o robe fatte de rason nissuna fores- tiere in questa terra sotto pena de l. 100 et sia contrabando.

Che li ligadori non possi ligar fuora del fontego. mcccclxxxyi. adi xvi. mazo. Li egregii homeni ra. Gasparo Soranzo, Domenego Erizo consoli . . .

Che l'offitio del fontego non se possi impazzar de grassa al- cuna aspettante alla ternaria.

mcccclxxxvi. die septima junii in collegio xn. sapientum. Benche per lege et ordeni contenuti nel capitular di signori of- ficiali alla ternaria . . .

22

i486. 18. lufflio.

Ch'el se debi pagar i datii fra tanto termene delle robe se conduse a Yenetia dandoli i pretii secondo la stima fara i sig- nori gouernadori.

mcccclxxxvi. die xvm. julii in collegio duodecim dorn, sapientum. Le iütroduto da pocho tempo in qua una pessima e dannosa con- suetudine ...

Che i mercadanti babbia a pagar tutti i suo resti fra termene de uno mese. Item che tutti i mercadanti babia tempo un mese de saldar . . .

Che tutti i sauseri habbi a esser a aequal utilita et far capi de tessera nuouamente ordenado. Ancbora che tutti i sansari del fontego che mo e auanti per i tempi . . .

Chel doanier da Porto debi mandar i scontri de mese in mese delle mercadantie se traze per Veniesia. II uien comesse molte fraude in le robe et marcadantie uien con- dute de Alemagna ...

Che i barcbaruoli sia obligadi dar in nota ai casteli et palade al uenir e all au dar suso e zoso con le marcadantie. Barcbaruoli che conduseno da Porto a Veniesia e da Veniesia a Porto . . .

Che in la franchita ouer boleta se fa alla stimaria del vin el se debi scriuer el nome del Todesco comprador e quello del uendador. In questi zorni passadi e sta trouado esser sta trato contra i ordeni . .

Che i mercadanti che condura cuori per doana dieba uegnir a

zurar al fontego che in quelli algun Todescho non n'ha a far.

Perche el uegniua gran quantita de cuori et rami per uia da Trieste . .

Che 1 aprir delle balle sia auerte alli tempi debiti. L instade da terza fino al sonar delle campanelle et post pran- dium da uespero fino alla auemaria de Rialto et d'inverno etc. Che neir aurir delle balle sia auerte al tempo del'instade . . .

Che i barcharioli siano obligadi a tuor le bollete al primo luogo. Item perche i barcharioli da Trieste et Segna uien senza bolletta . . .

23

1486.

8. settembre.

1486. 4. gennaio.

1487. 16. aprile.

1487. 18. lufflio.

1487.

26. agfosto.

1488.

21. luglio.

1488.

19. gennaio.

Ch'el non si possi comprar alcun fusto de balastra se prima el non e uista per el gastaldo del mestier. mcccclxxxvi. die vm. septembris in collegio xn. sapientum. Item che algun si terrier come forestier no possi comprar algun fusto de balastra . . .

Ch'el non se possi descargar stagno ne rame se prima el non sera fato a sauer all' offitio della doana da terra. mccccclxxxyi. die im. jauuarii in collegio xn. sapientum. Conciosiache i rami e stagni sono condutti in questra citta . . .

Sopra i ligadori del fontego di Todeschi. mcccclxxxvii. die xvi. aprilis in collegio xn sapientum. Essendo fata la soprascritta confirmation nel collegio . . .

mcccclxxxvii. die xvm. jnlii in collegio di magnifici signori

xn. sauii. L'e necessario meter fin ala lite et controuersia che uertesse tra mercadanti Todeschi et ligadori del fontego da una parte et ligadori de sotto le staiera dall' altra . . .

De quello die hauer el bolador del fontego di Todeschi.

mcccclxxxvii. adi xxvi. agosto. Quoniam antiqaitus semper fuit ... i

Quoniam bulatore fontici Theutonicorum constituto per offitium consulatus . . .

La eletion de Bernardin bollador del fontego di Todeschi. Spectabiles et generosi dorn. Mariuus de Priolis Donatus Theupolo . . .

Ch'el sia incanta e deliuera el datio del ferro e che terre sono

quelle che sono obligade al fontego et quelle che sono obligade

alla ternaria.

mcccclxxxviii. die xxi. julii in collegio magnificorum dorn.

xn. sapientum super datiis etc. Chel sia incanta et delibera el datio del ferro . . . Chel tutti i hubitanti nel canal di Uenzon et da Uilacho in qua . . . Item el fo prouisto per questo collegio che tutto el ferro . . .

De quelli che sono obligadi andar a doana et non spazarse in fontego. mcccclxxxviii. die xviiii. januarii in collegio magnificorum dorn. xn. sapientum super datiis. El sono raolti subditi della nostra illustrissima signoria i quäl dieno esser obligati.

24

1490.

aprile.

1491,

1. marzo.

1491.

29. agosto.

1493.

16. aprile.

1493.

24. maggio.

1493.

4. giugno.

1493.

8. giugno.

Una termination di gouernadori che i cuori de Lubiana se habbi a spazzav in fontego. mcccclxxxx. die in. mensis aprilis. Cum coram magnificis gubernatoribus introytuum et eorum offitio comparuerint spectabiles Jacobus Michael et socii vieedomini . . .

Ch' el se debi acetar Francesco Rosso a attender per i danari dell una per cento.

mcccclxxxxi. die prima mensis martii. I magnifici signori gouernadori de lintrade comanda . . .

Che la cassetta sia rotta e non se possa far bollete per me- nudo senza sanser. El uien trato molte robe per uia del fontego . . .

Limitation de quello die hauer i scriuani per sua mercede. Limitationes et taxationes utilitatum scribanorum . . . Bollador . . . Fanti . . .

Limitation della utilita de sanseri. mcccclxxxxiii. adi xyi. april. Limitation et taxation della utilita de sanseri del fontego . . .

Che i sanseri non possa far ligar cosa alcuoa senza el sorastante. mcccclxxxxiii. adi 24 mazo. I maguifici signori gouernadori de lintrade commanda . . .

Che el soprascritto commandamento sia casso et che el sia

osseruado quel di auogadori sottoscritto.

mcccclxxxxiii. adi im. zugno. Refferi sier Piero ditto Mado (di Tornado?) fante all offitio de signori gouernadori . . .

Refferi Simon fante di magnifici signori auogadori de commun . . .

Che sauanzi delie mercantie che non se liga se debi dar in nota a s. Lazaro et farui nota su la poliza di pexadori e spitieri. mcccclxxxxiii. adi vm. zugno. Et perche molte uolte iatraiüen per commodita de mercadanti To- deschi in fontego . . .

25

1493.

27. luglio.

1493.

1493.

16. decembre.

1494.

2. giugno.

1494.

20. agosto.

1494.

13. gennaio

1494.

29. gennaio

Che le canne de ueri sia ppxade e paghi i suo datii per stima de ducati 5. el centener fo reconzado in ducati 4. el cento. mcccclxxxxiii. die xxvn. iulii.

I magnifici et clarissimi d. Hieronimus Venerio, Bernardus Justi- niano ....

Chel non se possi far bollette de Maluasie altramente de quello

se fa alla stimaria del uino

Capitolo incanti datii stimarie uini. 1493. El se fano molte bollete al datio del uin . . . . Preterea tutte bollete se fanno de gran (gratia?) de Maluasia . . .

ÜDa termination delle robe uien per Po in doaoa da mar. mcccclxxxxiii. die xvi. decembris. in collegio Serenissimi principis.

II degnissimo tribunal della ducal signoria essendo alla bancha el serenissimo principe e la signoria de miser Marin de Garzoni . . .

Una parte nouamente prexa ch'el non si possi andar in Ale- magna a comprar mercautie. mcccclxxxxiiii. adi 2. zugno. in pregadi. Per obuiar alle molte fraude e decision che se cometteriano . . .

De una defferentia tra s. Zuan Foller e i datieri de doana mcccclxxxxiiii. adi xx. agosto. Vertendo difl'erentia fra li mercadanti Todeschi del fontegho Zuan Foller et compagni da una parte et li dacieri . . .

Che i panni zeneurini come per Po sia spazada per dohana da terra.

mcccclxxxxiiii. adi xm. zener in consiglio de x. Studiosamente sono da esser procurade tutte quelle cose . . .

Che la parte prexa per auanti delle robe d'Alemagna sia cassa et reuocada. Anchora perche la parte prexa nel nostro consiglio de pregadi . . .

Parte ch'el non sia alcum quäl si uoglia non ardischa dir parole iniuriose ad alcun scriuan ne masser fazando li suo offitii molto streta.

mcccclxxxxiiii. die xxix. zener in conseglio de x. Conciosiache per quelle cose le quäl a notitia del nostro dominio . . . Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. I. Abth. 4

2G

1495.

12. gennaio.

1498.

6. marzo.

1498.

4. agosto.

1498.

4. settembre.

1498.

19. decembre.

1498. 31. gennaio.

1499.

18. giugno.

Del scuoder Ja repressaia a quel tempo le son obligade. mcccclxxxxv. die xii. zener in pregadi. Landera parte che le soprascritte communita de Berna e de Friburgo siano et se intendano esser libere . . .

Chel sia salda tutti i libri etiam el sia da in nota li mercadi segondo la forma del commandamento deli excellentissimi signori capi del consiglio de x. et che la bolla staghi arente i signori serada. mcccclxxxxviii. adi 6. marzo. Nos capita excelsi consilii x. uobis spect. vicedominis fontici Theutonicorum mandamus . . .

Che i sanseri de Rialto non se impaza. Anchora ue comandemo che uui per alcun modo non permete . . .

Che Hettor Rosso habbi a tegnir conto delle bollette et bollar quelle.

mcccclxxxxviii. adi 4. agosto. Per i magnifici signori capi del excellentissimo consiglio di x. ne i passati mexi . . .

Chel non possi aprir le balle senza la presentia de Zuane di Zanchi.

mcccclxxxxviii. die im. septembris. Nos capita excellentissimi consilii x. uobis spectab. d. uicedominis fontici ....

Confirmation de Hector Rosso per li s. gouernadori et confir- mada per li consiliarii. mcccclxxxxviii. die xix. decembris. Magnifici et clarissimi domini Aloysius Mudatio Joannes Marcello . .

Confirmation d'Hettor Rosso in luogho de Bernardo Venier. mcccclxxxxviii. die ultimo ianuarii. Magnifici et excellentissimi domini Troylus Maripetro Franciscus Basadonna et Aloysius da Molino capita . . .

De quello sono obligadi li capi di tessera. mcccclxxxxviii. die vm. iunii. Per obuiar a molte fraude che e occorse e continuo occorre ... .

27

1499.

8. giugno.

1499.

SO. decembre.

1501.

11. giugno.

1501. 22. decembre.

1501.

13. marzo.

1501. 15. novembre.

Che li scriuani meta in nota el nome del sanser che uede ligar quando se fa le bollete. Insuper sia comesso a i scriuani nostri soto pena de ducati cento . . .

Che s. Lazaro debi intender tute le spetie uendude a questa fiera passada de zener. Item se fa comandamento per nui soprascritti uisdoniini . . .

Chel sanser sia obligado a zurar hauer fato lui exclamado. Considerando le infinite fraude che se comete per dar i mercadi . . .

Del dar delle 2 polize de spetieri quando i uende. Essendo necessario al tuto proueder per caxon totaliter extirpar . . .

Che i scriuani ne altri possa scuoder ne impazar algun saluo chel sanser.

mcccclxxxx villi, adi xxx. decembrio nel consiglio de x. Conciosiache per quelle cose che a certa notitia de caui de questo consiglio sono peruenute . . .

Che i uisdomini se redugha alli offitii soi debiti tempi. Ueramente azoche de couueniente remedio resti prouisto . . .

Cassation de Hector Rosso bollador. mdi. die xi. mensis iunii I magnifici mis. Marco da Molin, Christophoro Soranzo . . .

De li fanti dell' offitio che nouamente si de tuor in luogo de quelli manchasse.

mdi. die xxn. decembris in rogatis. Le sta sempre costume della signoria nostra . . .

Delle lane Francese quello i die pagar de datio. mdi. die xiii. marzo. Landera parte che se dia faculta a cadauno cosi subdito e citadin nostro . . .

Termination che i sanseri capi de tessera che uede ligar noti zu i zornali uedendo per el suo compagno. mdi. adi 15. nouembrio. Conciosiache per molte leze in prossimi tempi sia sta prouisto . . .

28

1502.

9. marzo.

1502.

6. aprile.

1502. 7. settembre.

1502.

26. settembre.

1502.

4. gennaio.

1502.

10. gennaio.

1503.

29. maggio.

1503. 14. giugno.

1503.

12. novembre.

Termination de gouernadori non se fazi boleta de piper de nuntii. mdii. die nono mensis martii.

I magnifici et clarissimi signori gouernadori delle intrade comanda . .

Elletion de Dominico Vinci soprastante a Muran. mdii. die yi. aprilis. Li magnifici et clarissimi signori gouernadori delle intrade per authorita ... *

Termination de li signori capi del consiglio di x. de far i resti et pagar li marcadanti sono debitori. mdii. die yii septembris. Li magnifici signori capi dell' excelso consiglio de x. m. Marcho Zorzi etc. . . .

Molta prouision fata cercha le mercadantie uien nella terra. Le necessario proueder ed obuiar alli manchamenti . . .

Comandamento della illustrissima signoria che i rami non se meti in gbeto.

Et che i feri sono in e li magazeni siano pexadi. mdii. die im. ianuarii. La illustrissima signoria con tutto el collegio comanda a uui . . .

Che i terzi di datii debia durar anchora per mexi 6. mdii. die x. ianuarii. in rogatis. Landera parte che la exation del t?rtio de datii . . .

Termination per i capi del consiglio de x. circha le rathe de saponi de farse de 6. mesi in 6 mesi. Li magnifici et clarissimi signori m. Franzesco Bernardo m. Marcho da Molin . . .

Provision che cose pagano franchita non uegni in fontego senza. mdiii. die xiiii. junii in collegio.

II se comete infinito numero de contrabando nel fontego . . .

Capta in excellentissimo collegio regiminis Veneti die xn. mensis nouembris 1503 ex auctoritate majoris consilii. Molta prouision fatta cercha el dar de mercadi in nota e delli auanzi et non tuor bonandade e ne boneman. Ha cognosuto manifestamente la signoria nostra . . .

29

1503.

12. noveinbre.

1504. 17. marzo.

1504. 30. agosto.

1505.

31. maggio.

1507.

7. febbraio.

1508.

5. maggio.

1508.

9. maggio.

Che li auanzi se metano in un magazen. Se ueramente i uanzasse cosa alcuna . . .

Che non se possi far gratia. De le quäl tute pene non se possi far gratia . . .

Che li sanseri daghi in nota i mercadi. El se conosse manifestamente lo excessiuo danno receue la signoria nostra . . .

Eletion de Dominico Vinci soprastante a Muran. mdjiii. die 17. marzo. Cum ad notitiam magnificorum dominorum gubernatorum introytuum peruenerit ... v

Tefmination per i gouemadori delle casse de canne de ueri che se trazeno paghi datio a rason de ducati 3 per cento de pexo al sotile che le se spazano. mdjiii. die xxx. augusti. Comparuit ad officium coiam magnificis dominis gubernatoribus introytuum ser Georgius q. ser Petri uitrarius in Muriano . . .

Termin ation che tutti li feri che uien per Todeschi la exation del datio sia fata per li uisdomini del fontego e non altroue. MDy. die ultimo maii. Infiascripti domiui consiliarii auditis nobilibus uicedominis . . .

Consignation delle camere noue a mercanti Todeschi per li proueditori del sal. mdvii. die yii. februarii. De comandamento de m. Marco Tiepolo prouedador al sal depu- tado alla fabrica del fontego di Todeschi . . .

Parte prexa che alcun non possa comprar mercantie che uegni d'Alemagna fuora de Venitia et che botteghieri non possi uender in grosso et molte altre cose et che tute robe che uien de terra Todescha se debi spazar in fontego sotto pena d'esser tolto per contrabando.

mdyiii. die v. maii in collegio Serenissimi principis. El fo prouisto altre uolte come apar . . .

Consignation de magazeni ai mercadanti. mdyiii. adi ix. mazo. Magazeni e uolte del fontegho nuouo consegnade a mercadanti . . .

30

1508.

9. maggio.

1509.

11. febbraio.

1510.

19. ottobre.

1510.

28. agosto.

1510.

2. novembre.

1510.

16. decembre.

1511.

14. agosto.

Chel non si possi tenir fuora delle camere nelli portegalli piu d'una cassa e barili con molti altri ordeni. mdviii. die ix. raazo. Per obuiar grandissime discordie tra mercadanti e per utilita . . .

Parte prexa nel consiglio de pregadi ch'el se debia pagar grossi uno per ducato delli danari che pagherano. mdviiii. die ix. februarii in rogatis. Landera parte che per autorita de questo consiglio de coetero tutti quelli che pagano datii alli offitii nostri . . .

Parte del consiglio di x. con la zonta che el se debbi far pagar grossi do per ducato.

mdx. die xix. octobris in consilio x. cum additione. Landera parte che per authorita de questo consiglio.

mdx. adi xxviii. augusti. Landera parte che de cetero tutti quelli de che condition esser si uoglia che uorano trazer de questa nostra citta ouer metter in quella robe et marcantie pagar debino de intrada uscida datio et messeteria quello che pagano i zentilhomini et cittadini nostri come e honesto et conueniente exceptuando i Todeschi de fontego da questo ordene nostro.

mdx. adi xxviii. augusti. In questo tempo superior per dar fondo al monte nouissimo . . .

Parte che non se dia denari a rebelli ne altri se non hauer- anno boletin de li offiti tutti che non siano debitori de la signoria nostra.

mdx. die ii. nouembris in consilio x. cum additione. Sunt aliqui ex creditoiibus rebellium quibus comissum est . . .

Capitoli concessi per el dominio a mercadanti Todeschi. mdx. die xvi. decembris. Comissiones seu capitula concessa per serenissimum d. ducem cum uniuerso collegio marchatoribus Germanice nationis . . .

Pagamenti de datii de diuerse mercantie. mdxi. die xiiii augusti. Pagamento de datii de tutte le mercantie . . .

31

1512.

22. febbraio.

1513.

24. novembre.

1513.

12. novembre.

1514.

30. gennaio.

1515. 4. maggio.

1515.

18. gennaio.

1515. 22. gennaio.

1516.

9'. maggio.

1516.

7. settembre.

Comanclamento della illustrima signoria che uol ch'el non sia tolto decime alle lane che uegnirano de ponente de rason de Todeschi. mdxii. die xxn. februarii. La illustrima signoria cum universo collegio commanda . . .

Termination della illustrima signoria nostra che tutte le lane uenirano in questa citta de raxon de Todeschi siano spazade in fontego et lane Francesche uenute per terra come altro. MDXlll. die xxim. nouembris. Cum iut^r uicedominos tabule introytus ex una et . . .

Termination fatta auanti questa soprascritta dei serenissimi gouernadori delle sopraditte lane con suo dependentie. mdxiii. die xii. nouembris. Comparueruut coram magnificis dorn, gubernatoribus introytuum . . .

Parte prexa nel excellentissimo consiglio de x. che non se togli moneta da 8. ne da 4.

mdxiiii. die xxx. januarii in consilio x. cum additione. Che per authorita de questo consiglio sia statuido . . .

Termenation per el datier della seda Uisentina.

MDXV. die im. maii. Hauendo la illustrissima signoria aldido d. Antonio Colb merca- dante Alemano per nome della compagnia de d. Vielmo Eenliger et compagni ...

Parte della limitation de credadori della illustrissima signoria sia mandati e quäl. Azoche i creditori per conto del imprestido . . .

Parte de quelo se die pagar al mexe alla signoria remesso tutti altri pagamenti. mdxv. adi xxn. zener in rogatis. Landera parte che tutti li cassieri si prexenti come futuri . . .

Modo de far le rate de saponi. mdxvi. die ix. maii in consilio x. cum additione. Che per aucthorita de questo conseglio sia comesso . . .

Parte che non se possa cambiar monede per i cassieri. MDXVI. adi 7. septembrio. E cosa uergognosa et che ricerca imediate prouision . . .

32

1517

4. aprile.

1517

21. aprile.

1517

21. aprile.

1517

21. aprile.

1517

27. maggio.

1517

30. giugno

1517

11. settembre.

Capitoli che abrazza tute le cose di sanseri.

MDXVJI. die 4. aprilis in collegio quinque sapientum super

mercatura. El fo longamente prouisto per li ordeni del offitio nostro . . . Preterea che tutti i mercadi i faranno . . . Item sia preso reseruado ogni altro ordene . . . Item siano obligadi li sanseri dar in nota al deputado . . . Item che li sanseri siano obligadi ogni uolta . . . Item che essendo li sanseri fati capi de tessera . . . Item che tutti i sanseri del fontego debia dar in nota . . . Et perche ditti capitoli et mandati non sono obseruadi . . .

Che tutti li auanzi delle polizze siano messi in doana. mdxvii die xxi. aprilis in collegio ultrascripto. Essendo una pessima et damnosa consuetudine

Che i ligadori non possa ligar saluo in corte. Die xxi. aprilis in collegio sapientum. Essendo uenuto a notitia di magnifici prouedidori sopra la mer- cantia . . .

Che li scriuani tegnano scontro cum el soprastante. mdxvii. die xxi. aprilis in collegio antedicto. El se comete molti et infiniti desordeni nell' intrar delle merca- dantie . . .

Ch'el non si possi ligar saluo con i soprastanti capi de tessera. mdxvii. die xxvn. maii in collegio antedicto. Usandose pochissima diligenza . . .

Parte del pagar le 30 et 40 per cento e salari si ai signori come scriuani e ogni mese se porta ai gouernadori li danari. mdxvii. adi ultimo zugno in consiglio de dieci cola zonta.

Per meter meta che el danaro delle 30 et 40 per 100 del corpo de Venitia che se scuode all' offitio . . .

Ulterius le da proueder cerca le tanse per le utilita de fuora . . .

Che nelle partide se fara se debi notar el nome de colui a chi se fa la partida et che lui la fara far se a lui proprio houer habi comission specificada altramente non uaglia essa partida el numero de li danari distintamente drento. mdxvii. adi xi. septembrio in rogatis. Se ha ueduto per la experienza propria cum non uulgar dauno . . .

33

19. lutflio.

12

gennaio.

1518

24.

gennaio.

1519

10.

marzo.

19. settembre.

1519 30. luio.

1519 22. setterubre

1519 17. febbraio.

Che li danari dell' uDa e meza per cento sia dada a i camer- lenghi peli bisogni del arsenal. mdxviii. adi xix. luio in consilio x. cum additione. Quanta necessita se habi de danari per supplir alli bisogni . . .

151£ Comandamento che non debi scuoder reprexagia da quelli de

s. Gallo.

mdxviii. adi vii. zener. Reseui per Constantin Cauaza secretario ducal per parte . . .

Che tutte le monede false se debino butar et le bone pexar. mdxviii. die 24. januarii. Nos capita illustrissimi consilii x. uobis d. officialibus fontici nostri . . .

Termination che li scriuani se debbino sottoscriuer allo bollete. mcxviiii. adi x. marzo. Per li magnifici m. Pasqual Gradenigo, m. Zuan Bembo e im Christopholo Barbarigo dignissimi uisdomini . . . 1503 Capitolo di sanseri.

mccccciii. die xix. mensis Septem bris in collegio regiminis Serenissimi. Le continue contrafacion el numero infinito de sanseri et in gran parte forestieri souo sta causa . . .

Landara parte quod in nome domini Jexu Christi et sanctissimi Diui Marci protectoris nostri far se debi sanseri numero 100 quali sieno Venetiani . . .

(Monede.)

mdxix. die xxx. luio in consilio x. cum additione. Vedendose chiaramente che da certo tempo in qua . . .

(Pene ai contrafacenti non sanseri della sopraditta parte.) Noi gouernadori delle intrade etc. Comandemo a uui spectabili signori uisdomini . . .

mdxix die xvii. februarii in rogatis. Landera che per authorita de questo consiglio el sii donado el datio de le robe träte per lanteditto nuntio del reuerendissimo cardi- nal Stridonia ...

1399 Capitolo che niun signor ne proueditor non possa dar salario

ad algun di danari della illustrissima signoria. mccclxxxxviiii. die xiii. julii in majori consilio. Quod de caetero aliquod donum prouisio uel salarium . . . Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. I. Abth. 5

34

1476

1503

16. decembre.

1510

8. raarzo.

1510

12. aprile.

13. febbraio.

1521

28. gennaio.

1523

27. febbraio.

1527 27. marzo.

Parte che li cancellieri et altri fano bolette debano specificar la qualita et quantita et sorte del tutto sotto pena a loro et de contrabando esse robe.

Ex incantu datium tabule introytus anni mcccclxxvi. Che tutti i cancellieri et tutti altri scriuani de tutti i altri lochi nostri et palade et poste che fano bolette . . .

Parte delli rami stagni et metalli che non se trouera che siano specificati in le bollette sorte et qualita et quantita o con nostre robe siano contrabando el simil quelli fanno le bolette siano obligati tenir li incoutri et quelli mandar de tempo in tempo all' offitio del fontego.

mdiii. die xvi. decembris in collegio serenissimi principis. Receue la signoria nostra non mediochre danno per li rami et stagni . . .

Parte del pregadi del depositar in li offitii del fontego di Todeschi.

mdx. die viii. martii in rogatis. Landera parte che per authorita de questo consiglio sia preso non obstante parte alcuua . . .

Die xii. aprilis 1510. in consilio x. cum additione. Fo delibera nel conseglio nostro de pregadi per confirma nel mag- gior consiglio che tutti quelli uorano depositar sopra i offitii . . .

Parte del redursi alli offitii in collegio. Fu preso adi 13. feurer per questo collegio . . .

Capitolo circa la messetaria del fontego. mdxxi die xxviii januarii in rogatis. Et perche la mercantia se uendeua in fontego di Todeschi per nostri . . .

Parte di pagar li ballotini in fontego di Todeschi. mdxxiii. die xxvii. februarii in consilio x. Essendo multiplicato da alchuni mesi in qua nel nostro mazor consiglio non picciol numero de zentilhomeni . . .

1527. die 27. martii in consiglio di x. Sono sta fatte in diuersi tempi per questo consiglio molte prouisioni cerca la regolation de bollettini . . .

35

1524

1. marzo.

1525

10. gennaio.

1528

29. aprile.

1529 22. luglio.

1530

6. aprile.

1530

giugno.

1530 4. luglio.

1531 25. settembre.

Copia della parte di clarissimi gouernadori sopra il far delle bol- lette che si debia dar in nota il pretio delle robbe. Die prima martii mdxxiiii. in collegio interuenientes dorn, gu- bernatores introytuum. Se uede manifestamente li damnosi mezi tenuti nel fontego . . .

Capitolo di sanseri. mdxxv. die x. januarii. Infrascripti magnifici uice domini fontici Theutonicorum . . .

Termination di signori sopra datii che li rami, stagni uegnano su quadri a sua posta et mandati dicti quadri a posta per ditte robe. mdxxviii. die xxviiii. aprilis. Per quanto chiaramente e sta uisto per li clarissimi auogadori . . .

Chel non si possi spazar chiodi in fontego se non di Todeschi. mdxxix. die xxn. julii in collegio interuenientes d. guberna- natores introytuum. El fu preso per questo collegio del 1517 adi primo marzo che chiodi . .

Parte di lassar le 15 per cento et che li pesadori non possano lassar se non 25 per peso.

mdxxx. die vi. aprilis in collegio interuenientes d. gubernatores introytuum. Che a doana da terra et da mar et in fontego di Todeschi se debbi

Parte che de cetero non si possi far eletion di sanseri per rotulo. mdxxx. die m. junii in collegio clarissimorum d. gubernat. introytuum et uice dominorum fontici Theutonicorum. Cum cio ch'el sia introdutta uua pessima coruttella . . .

Parte chel si debba ellezer sanseri extraordinarii. mdxxx. die im. julii. Landera parte che si come sono deputadi sanseri numero 30 ordinarii . . .

Termination cerca la sansaria di barati. mdxxxi. die xxv. septembris. Aldido la richiesta de domino Sancto Barbarigo aduocato et in- terueniente ...

. 5*

pesar

36

1531.

28. settembre.

J_530._

21. nouembre.

1531.

12. ottobre.

1531.

9. gennaio.

1533.

21. aprile.

1533. 3 decembre.

1534. 2. gennaio.

1535. 5. giugno.

1536. 27. marzo.

Che li scriuani che fano partide spectante alla cassa del con- siglio di x ogni mese le debino scontrar. mdxxxi. die xxviii. septembris in consilio decem. Landera parte eher per auetorita de questo conseglio . . .

Che sia tenuto sempre uno magazen per metter dentro li auanzi. mdxxx. die 21. nouembris. Fo sapientemente del 1503. adi 16. decembrio nel collegio del serenissimo principe prouisto che . . .

Comandamento di prouedadori de comun de soldi 1. per partia. mdxxxi. die xii. octobris. De mandato di magnifici domini Priuli et coleghi honorandi provodatori . . .

Parte del quarto di contrabandi per le raxon delle camere. mdxxxi. die viiii. mensis januarii. Nos Aloysius Lauredano, Franciscus Trono et Augustinus Mauro prouisores super rationibus camerarum . . .

Parte del excellentissimo consiglio di x. delle do per cento. mdxxxiii. die xxi. aprilis in consilio x. cum additione. Landera parte che per autorita di questo consiglio sia delibera et ordina che de tutti li danari . . .

TermiDation de signori u. d. in fontego di Todeschi per li fachini robano. mdxxxiii. die in. decembris. I magnifici et clarissimi signori uisdomini del fontego di Todeschi . . .

Parte del eccm0 conseglio di x. delle quattro per cento. mdxxxiiii. die seeunda januarii. Nos capita illustrissimi consilii xm uobis dominis uicedominis fontici . . .

Parte del eccmo conseglio di x. delle do per cento mdxxxy. die v. junii in consilio xm cum additione. Terminandossi le prouisioni deliberate per benefitio de queste lagune . . .

Mandato delli excellentissimi signori capi de dar una per cento delle teile de san Gallo a m. Mattio Uituri. mdxxx vi. die xxvn. martii. Nos capita illustrissimi consilii decem uobis magnificis uicedominis . . .

37

1536. 6. luglio.

1536.

29. novembre.

1537. 4. giugno.

1538.

22. maggio.

2f

1538. 1. ottobre.

1539.

14

. giugno.

1539.

16.

decembre.

1540.

23.

settembre.

1540.

23. settembre.

Mandato delli excellentissimi signori eapi di pagar li boletini. mdxxxvi. die vi. juli. Linfrascritti clarissimi signori capi dell' illustrissimo consiglio di x . . .

Termination et capitoli di signori uisdomini cercha li fachini del fontego.

mdxxxvi. die xxvim. nouembris. Atrouandossi nel fontego nostro di Todescbi certi fachini . . .

Mandato delli excellentissimi signori capi dell imitation del officio.

mdxxxvii. die iv. junii. Nos capita illustrissimi consilii x. comandiamo a uui signori uice- doraini . . .

Termination di signori prouedadori sopra datii che li signori uicedomini del fontego possano far tagli bolati et quelli man- dar a Verona per beneficio del dominio. etiam che li doanieri delli lochi fanno bollette siano obligati di mesi tre in mesi tre mandar li scontri di quelle. mdxxxviii. die xxn. maii. Sono comparsi dauanti li signori prouedadori sopra i datii li signori uisdomini del fontego di Todeschi . . .

Parte del eccellentissimo consiglio di x. delle 4. per cento. Nos capita illustrissimi consilii xm uobis dominis uicedomini3 . . .

Termination di signori uice domini delli fanti del fontego. mdxxxviiii. die xim. junii. I magnifici signori uice domini . . .

Nota della expedition de una causa con quelli dell' intrada. mdxxxviiii. die xvi. decembris. Fazo nota qualmente in questo zorno fu expedita una causa . . .

Parte del excellentissimo consiglio di xci cerca della imitation dell offitio.

mdxxxx. adi xxm. settembrio. Fo preso in questo consiglio sotto di 25 zugno 1537 che de cetero . .

Termination de signori uicedomini delle lane de m. Venturin. mdxxxx. die xxm. septembris. Unde li magnifici uice domini del fontego di Todeschi . . .

38

1541.

28. settembre.

1541.

10. novembri.

1541.

2. decembre.

1541.

26. gennaio.

1542. 12. luglio.

1543. 12. giugno.

1543. 17. decembre.

Capitoli octo fatti per li signori cinque sauii sopra la mer- cantia delli desordini se fanno in fontego di Todeschi ut iofra. mcxli die xxviii. septembris in collegio d. supra mercaturam.

Essendo peruenuta a notizia delli excellentissimi signori cinque sauii sopra la mercantia zoe a m. Antonio da cha de Pesaro . . .

Che el non possi aprir saceo alchuno . . .

Chel non si fazi casseta pizola . . .

Che non si lassi portar uia robe . . .

Che li scriuani siano obligadi ogni raese far tutte le raxon . . .

Chel non si possi far bolletta ad alchuno . . .

Che tutte le robe che saranno uedute et date in nota . . .

Che la bolla con la quäle se bollano le bollette . . .

Che niun possi far bolletta per insida . . .

Termination di signori uisdomini del fontego di Todeschi. del salario di quelli nettano l'officio. mdxxxxi. die x. nouembris. I magnifici et clarissimi signori uisdomini zoe el ' magnifico m. Zuan Maria Malipiero . . .

Termiuation per li capi de tessera. mdxxxxi. die n. decembris. I magnifici signori uisdomini del fontego di Todeschi considerando l'offitio di capi di tessera dessere di grandissima importantia . . .

Termination di capi di tessera. mdxli. die xxvi. januarii. I magnifici signori uisdomini del fontego di Todeschi zoe m. Antonio Zorzi . . .

Chel si debba obseruar li capitoli fatti del 1541 adi 28. settembre. mdxlii. die xn. julii in fontico Theutonicorum. Nui sauii sopra la mercantia zioe m. Jacomo Michiel, Lunardo Justinian, Lorenzo Barbarigo et Bartholamio Zane . . .

Comandamento di prouedadori sopradicti cerca far le bollette alli mercadanti. mdxxxxiii. die xn. junii. Essendo peruenuto a notitia de magnifici signori prouedadori sopra li datii le grande et diuerse fraude . . .

Chel si debba far la consignation delle rathe di saponi. mdxxxxiii. die xvn. decembris. I magnifici signori uice domini del fontego di Todeschi uidelicet . . .

39

1044.

29. ottobre.

1544.

20. decembre.

1544.

5. febbraio.

1544.

25. febbraio.

1545.

2. marzo.

1546.

18. giugno.

1546.

16. lug-lio.

1546.

25. gennaio.

1547.

30. aprile.

Che non si possa ligar balle in fontego di Todeschi si non sara presente il soprastaute. mdxxxxiiii. die xxix ottobris. Li raagnifici signori prouedadori sopra i datii videlicet . . .

Che tutti li datii di questa citta et lochi di terra ferma debbi scuoder soldi 3 de piu per lira. mdxxxxiiii. die 20. decembris in rogatis. Landera parte che per auctorita di questo consiglio sia preso. . .

Chel si debba scuoder li soldi tre per lira. mdxliiii. die v. februarii in collegio. L'illustrissima signoria cum Tuniverso collegio comette a uoi signori uisdomini . . .

Chel si debba notar li auanzi per il capo di tessera. mdxliiii. die xxv. februarii. I magnifici signori uisdomini uidelicet s. Sebastian Barbarigo m. .. .

Chel si debba notar i rami in zonta. mdxxxxv. die secunda martii. I magnifici signori uisdomini del fontego di Todeschi . . .

Chel si debba sbassar li cancelli como erano in prima. mdxxxxvi. die xviii. junii in collegio. De ordene delli excellentissimi signori capi dello excellentissimo consiglio di x. . . .

Chel si debba mandar in nota li salariati. mdxxxxvi. die xvi. julii. Nui gouernadori delle intrade et cinque sauii sopra la mercantia . . .

Parte dei signori cinque sauii et signori gouernadori de ap- pontar li fanti et altri ministri delli otto offitii. mdxxxxvi. die xxv. januarii. Che tutti li scriuani, nodari, massari, soprastanti, stimadori a chi tochasse la settimana et ogni altro ministro . . .

Termination de signori uice doraini in fontego di Todeschi di metter li datii et far li cunti all! mercadanti separati. mdxxxxvii. die xxx. aprilis. I magnifici uice domini del fontego di Todeschi, uidelicet il magnifico m. Francesco Contarini . . .

40

1547.

16. luglio.

1548.

11. gennaio.

1549.

24. decembre.

|5501_

20. Agosto.

1550.

24. novembre.

1550.

24. novembre.

Chel non si possi sequestrar marcantia in le doane. mdxxxxvii. die xvi. julii.

Copia di uno capitolo che si contiene nella parte presa nello excellentissimo consiglio de pregadi sotto di 11. del mese de zugDO del 1541. il quäl dice in questa forma: Et per liberar la mercantia da tanti struscii et impedimenti . . .

Che non se possa piu tenir uacheta ne libri ne memoriali ne consignar debitori al saldar della cassa ne consegnar reporti ne altro sotto le pene statuite.

MDxxxxvin. die xi. januarii in consilio x. cum additione. Sono stati questa matina nel collegio nostro li camerlenghi de comun . . .

Chel non si possi depenar cosa alchuna como hauera dato in nota. mdxxxxix. die xxini. decembris in consilio x. Li excellentissimi signori capi dell' illustrissimo consiglio di x. per obuiar alli inganni et fraude . . .

Parte dell' excellentissimo consiglio di x. de tuor l'utilita de tre sansarie per li zoueni extraordinarii della cancellaria. mdl. die xx. augusti in consilio xm. Se ritrouano trenta giouani extraordinarii nella cancellaria nostra i quali seruono in questa citta et fuori assiduamente . . .

Parte dell' excellentissimo consiglio di x. et zonta de portar li soldi 3 per lira grossi tre per ducato alla cassa dell' excellen- tissimo consiglio di x.

mdl. die xxiiii. nouembris in consilio x. cum additione. Fu prouisto per questo conseglio dell' anno 1546. che alla cassa di esso conseglio .' . .

Parte presa nel consiglio di x che comette alli goueruadori dell' intrade et alli cinque sauii sopra la mercantia che debbano reueder le cose del fontego di Todeschi et quelle regolar come li par.

mdl. die xxiiii. nouembris in consilio decem cum additione. Si scuode nel fontego di Todeschi li datii per conto della signoria nostra . . .

41

1551.

18. marzo.

K>51. 24. aprile

Regulation delle cose del fontego di Todeschi in exe- cution delle parte presa sotto 24. nouembre 1550.

mdli. die xviii. martii. Essendo sta comesso per parte dell' illustrissimo consiglio di x.

1. Che al capitolo primo delli capitoli gia deliberati per li cinque sauii preditti del 1541 a 28. settembre . . .

2. Che li cassieri che de tempo in tempo serano . . .

3. Chel sia obseruado ad unguem come li sta e giace . . .

4. 5. 6. Che siano confirraati come stauno . . .

7. Chel sia gionto chel principal che ha ditto cargo de bollar . .

8. Chel sia exequito inuiolabilmente . . .

9. Che li pesadori che serano di tempo in tempo . . .

10. Et perche le robe che uanno a conto li cai . . .

11. Che li sanseri ordiDarii . . .

12. Che li doanieri di Porto et Treniso non possano mandar cao alchuno . . .

13. Che niun Trentin bastaso, fachin, garbellador . . .

14. Che sia obseruata et exequita inuiolabilmente la parte dell' illustrissimo consiglio di x. 6. settembre 1502 . . .

15. Che quelli doanieri ouero cancellieri quäl fano le bolete a Porto- gruer Treuisi ...

16. Chel scriuan non possi far boleta . . .

17. Che li capi de tessera et li doi soprastanti d'insida . . .

18. Che la uolta n°. 12 che era di auanzi . . .

19. Che li bolletini de danari franchi che seranno fatti per li scriuani . . .

20. Che il mandato delli excellentissimi signori capi dell' illustrissimo consiglio di x. 24. decembre 1549 sia . . .

21. Chel bollador delle balle non possi bollar . . .

22. Item che non si possi far bolletta . . .

23. Che li signori debbano far di riceuer delle bollette . . . La execution ueramente delli soprascritti ordeni . . .

Adi 23. marzo 1551. publicato nella corte del fontego per

Antonio Taiapiera comandador.

Bernardus Sandelli ducalis et exe. sap. super merc. notarius.

Dichiaration et modification delli infrascripti capitoli ut supra. mdli. die xxiiii. aprilis. Hauendosi doluto li mercadanti Alemani del fontego . . . al 3. Che il terzo capitolo sia ad uuguem obseruato . . . Abb. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. I. Abth. 6

42

1551.

23. giugno.

1551. 17. settembre.

1551.

24. settembre.

1551.

7. ottobre.

1551.

6. nouembre

1551.

11. aprile.

al 10. Che di telami carisee terlise et sarze sia tolto un cao per sorte . . . al 17. Che per quanto aspetta alle sede . . . al 19. Che il capitolo prefato sia confirmato . . . al 20. Che per quanto aspetta al mandato . . . Beruardus Sandelli ut supra.

Mandato delli excellentissimi s. capi chel si debbia obseruar

li ordeni et regulation fatte in execution della parte presa nel

excellentissirao consiglio di x. et zonta sotto di 24. nouembris 1550.

Nos capita illustrissimi consilii decem uobis uicedominis fontici . . .

Che delle robbe che si spazzano in fontego di Todeschi come tellami et altre robbe che si contano sia lassato alli mercadanti diese per cento.

mdli. adi 17. settembrio nel collegio delli clarissimi signori gouernadori delle intrade et saui sopra la mercantia.

Che le robe de intrada che se spazano in fontego . . .

Item che non si possi donar bolletta . . .

Mandato dell' illustrissimo consiglio di x. che si debba obseruar li ordini fatti sotto li 17. settembre 1551. mdli. xxnn. septembris. Nos capita illustrissimi consilii x. uobis dominis uicedominis fontici . . .

Mandato delli signori prouedidori sopra li ori et monede chel si debba exequir la parte presa sopra li ori. mdli. die vii. octobris. Nos Alexandro Contarini et Piero Grimani procuratori et . . .

Che non si debbi far stima delle robbe de intrada ouer uscida per alchun altro saluo che per il scontro nostro del fontego di Todeschi.

mdli. die vi. nouembris. Li excellentissimi signori capi dello illustrissimo consiglio di x. hauendo il fedelissimo Jacomo di Stefani ...

Termination delli excellentissimi signori capi del consiglio di x. cerca la camera de Zuan Jacomo Flor in contraditorio cum li consoli di mercadanti et altri sui creditori de di xi. aprile mdli. Essendo stati in contradittorio . . .

43

1546.

31. maggio.

1512. 24. febbraio.

1471

1503. 14. luglio.

1525. 12. marzo.

1576.

1508.

1530. 12. agosto.

1539. 22. marzo.

Termination di signori gouernadori delle intrade che le robe di Todeschi, uengano de che locho esser si uoglia, siano portate in fontego in contradittorio cum el datier di ultimo mazo mpxlvi. Clarissimi d. Paulus Cornelio et Jacobus Emiliano . . .

Parte del collegio cerca lordine de far le bollete et tuor li piezi per li cancelieri et altri. De di xxiiii. februarii mdxii. El fu prouisto altre uolte per obuiar delle fraude . . .

Termiuation tolta del capitolar di sora datii cercha il far delle franchita.

MCCCCLXXI.

Che tutti quelli che uenderanno a quelli de fontego ...

Parte del collegio cerca al far delle franchita de frutti et mandole comprano Tedeschi. Di xiiii. luio mliii. El se comette infinito numero de contrabandi . . .

Parte del collegio de far le stime alle robe et merce ueneno in fontego.

mdxxv. die xii. martii. Vertendo differentia fra li mercadanti Alemanni et il datier . . .

Copia trata del capitolar di sora datii a carte 66. del ordine delli cancellieri et altri scriuani delli lochi fanno bollette et par sia del mdlxxvi. Che tutti li cancelieri et tutti li altri scriuani . . .

Che tutte le robbe et mercantie Thodesche che sarano condute a Venetia , debbiano uenir recto tramite a far le bolete in fontego. capitolo in la parte del mdviii. in collegio. Insuper perche e sta trouato a la tauola delle intrade . . .

Confirmation della parte del 1508. mdxxx. die 12. auosto. Per obedir al mandato de uostra signoria per la delegation fatta . . .

Che per obuiar alli contrabandi le doane debbi restar et conti-

nuar nella cita nostra di Verona.

mdxxxix. adi xxn. marzo in pregadi.

Landera parte che salue et riseruate le deliberation in questa

materia . .- .

6*

44

1545. 10. febbraio.

Preterea sia etiam preso et da novo sia reffermato et concesso che in gran fation (sie) delli illustrissimi signori duchi di Bauiera della illustre prouintia de Tiruol et cita dello Imperio sia concesso il transito per Verona sensa Obligation de uenir in questa citta del piper cere sucari et cremese, solamente a beneplacito della signoria nostra.

Che le robbe che capiterano in Verona che uenirano de Inghil- tera et altri loci poi che 1 hauerano pagato il suo datio a Verona debino uenir recto tramite a Chioza et li pagar L. 5 per cento.

mdxlv. adi x. febraro in pregadi. Introducendosi de far capitar a Chioza tutte sorte di ferramenta . . . Landera parte che per auetorita de questo consiglio sia statuito che tutte le robbe che de cetero capiterano in Verona che uenirano de Inghiltera Fiandra et Alemagna . . .

Item tutte le casse de barette et tutte balle di panni . . . Item tutti li azzalli et ferramenta . . .

Item sia declarito che per la presente parte non sia preiudicato el transito della Frata sopra il Polesine . . .

Item tutte le uie che si faranno et che per tutte le uie capiterano in Verona . . .

Et ex nunc sia preso che sia data auetorita ai 5. sauii sopra la mercantia ... et prima:

a Chioza trouar un magazen ...

Item tutti li patroni che cargherano . . .

Item per la presente parte se intenda che non sia preiudicato ne in parte aleuna ouiato . . .

1548. Che le sede Calaurese et Messinese non debbiano per auni dui

luglio. pagar datio di sorte alchuna ma siano expedite dalle doane

nostre senza grauezza. mdxlviii. die xi. julii. in rogatis Essendo il mestier della seda di questa citta redduto in tanta miseria . . .

_1544. 27. febbraio

Termination de signori uicedomini del fontego di Todeschi de spazar li rami per insida senza lassar le 15. per cento. mdxxxxiiii. die xxvn. februarii. Aldido s. Zuan Giger dimandante che cum sia che l'habbia expedito per conto de intrada alchuni rami . . .

45

1550.

23. ottobre.

1551.

4. marzo.

9. ottobre.

1551.

22. gennaio.

1551.

5. decembre.

1519. 22. settembre.

1542

19. luglio.

1385

26. luglio.

Mandate» de signori gouernadori dell' intrada che si debba dar iuramento alli stimatori. mdl. adi xxiii. ottobrio. Ordinemo a uui speetabili signori uis domini in fontego di Todeschi . . .

Mandato de signori gouernadori delle intrade che si debba dar sagramento alli stimadori. mdli. adi im. marzo. Ordinemo a uui speetabili signori uisdomini in fontego di Todeschi . .

Litere et confirmation per li signori gouernadori al maguifico podesta di Treuiso chel si debba far i segni su le bollette. Die viiii. octobris mdli. Si hanno condoluto all officio nostro . . .

Confirmation delle litere al magnifico podesta di Treuiso. mdli. die xxii. ianuarii Clarissimi domini gubernatores omnes'tres concordes . . .

Parte de pregadi di donar el datio ad un agente dell imperador. Die v. decembrio mdli. E uenuto in questa citta uno della casa della Cesarea Maesta . . .

Comandamento di signori gouernadori alli signori uisdomini del fontego delle robe di Todeschi uenute con naue siano ex- pedite in fontego. Die xxii. settembrio mdxviiii. Magnifici et clarissimi domini Dominicus Griti Zacharias Priuli . . .

Termination di signori gouernadori che li ferri de cauallo et li chiodi grandi siano spazadi per fontego. mdxxxxii. adi xviiii. luio. Coram magnificis et clarissimis dominis Vincentio Gritti Aloysio Contareno ...

Parte de pregadi che altri che citadini non possino trafegar in fontego etiam cum le arte et mestieri di questa cita. mccclxxxv. die xxvi. julii in rogatis. Couciosia che li antiqui nostri hanno uigilado . . .

46

1271.

7. agosto.

1476. 3. settembre.

1476.

6. settembre.

1518. 12. auosto.

1537.

12. luglio.

1538. 11. aprile.

Parte del gran consiglio chel piezo sia et se intende per principal.

mcclxxi. die vn. augusti. Capta fuit pars in maiori consilio quod quicumque de caetero . . .

Parte de collegio de uno offitial che prima trouera contrabandi siaDO presentadi et diuisi nel offitio dove il sara fante ouer offitial et similiter sia delle denuntie.

Conciosia l'occora molte differentie alla zornada tra officiali . . .

Similmente sia obseruado delle aecuse et ambassade . . .

Parte de pregadi che li auditori non si possano impedir in contrabandi ma sia cargo di gouernadori. mcccclxxvi. die m. septembrio. Captum fuit die xi. maii proxime elapsi . . .

Parte de pregadi che ditti gouernadori se habbino de impazzar se non de contrabandi de questa citta. mcccclxxvi. die vi. septembris. Quoniam multe sunt cause datiorum terrarum . . .

Parte dell' excellentissimo consiglio di x. cum la zonta che si seranno trouate barche cum robbe senza bolletta perdano esse robbe, et similiter quelli anderano cum le robe et bolete a casa. et che quelli sarano stati offitiali siano trouati far contrabando perdano esse robe. adi 12. auosto mdxviii.

Tutte ueramente le barche che fusseno trouade saluo che cum una barilla . . .

Ceterum per autorita di questo consiglio sia statuido . . .

Item per respetto che ogni datio . . .

Littera di excellentissimi signori capi del consiglio di x. scritta alli rectori di Verona in materia di rami. Vi comettemo con li capi del consiglio nostro di x. che debbiate . . .

Lettera scritta per li eccellentissimi signori capi del consiglio dix che a Verona debano far dar piezaria a quelli che mena roba perüenetia et dar tutti li incontri al sorastante presente et de mexi tre in mesi tre mandar ditti incontri alli capi del conseglio di x. et non liberar ditti piezi senza la fede delli

47

1541.

30. aprile.

1533.

29. gennaio.

1540.

16. febbraio.

1541.

11. decembre.

1541.

10. decembre.

1542.

5. luglio.

signori uisdomini del fontego di hauer condutte ditte robe in fontego.

mdxxxyiii. die xi. aprilis. Per obuiar alle fraude che si ponno cometter . . .

Patente delli excellentissimi signori capi quäl conciede a Simon Larduzo de passar somme (300) di rame per Verona per andar a Bressa et altri lochi del dominio. mdxli. die ultimo aprilis. Uniuersis et singulis nobilibus et sapientibus . . .

Letera excellentissimorum d. capitum excellentissimi consilii x.

che si debbia dar fauor alli uisdomini del fontego de inquirir

ed examinar testimonii.

mdxxxiii. die xxvim. ianuarii. Andreas Gritti dei gratia dux Venetiarum etc. universis et singulis nobilibus et sapientibus viris rectoribus et officialibus nostris in patria Foroiulii . . .

Parte del excellentissimo consiglio di x. chel sia data faculta alli sauii di proponer la sua opinione circa il leuar del datio et di regolar le spese delli otto offitii. mdxxxx. die xvi. februarii in consilio x. cum additione. Che per le cause dechiarite nella scrittura hora letta . . .

Comandamento di signori 5. sauii sopra la mercantia alli scriuani et altri ministri del fontego di Thodeschi de obseruar li ordeni fatti per li precessori suoi. mdxxxxi. die xi. decembris. Noi 5 ?auii sopra la mercantia commandemo a uui scriuani soprastanti de intrada . . .

Termination di signori cinque sauii che si debba expedir le bollette di ogli et altro senza li capi di tessera. mdxli. die x. decembris. Sono comparsi alla presentia delli clarissimi m. Iacomo Michiel . . .

Termiüation di signori gouernadori per le sede Calaurese che se dieuo spazzar in fontego di Thodeschi. mdxxxxii. die quinto iulii. Magnifici et clarissimi domini Vincentius Gritti, Aloysius Contareno et Hieronymo Zeno dignissimi gubernatores introytuum . . .

48

1543.

29. ottobre.

1548. 22. maggio.

3.534. 7. luglio.

1525.

7. febraro.

1530.

11. febraro.

1503._ 3Ö.~lüglio!

1532.

21. giugno.

1542.

24. maggio.

Parte del excellentissimo consiglio di x. sopra il saldar delle casse. mdxxxxiii. die xxix. octobris in consilio x. cum additione. Oltre a quello che ali 27. zugno proximo fu opportunatamente deliberato . . .

Parte del excellentissimo consiglio di x. circa il pagamento del novo collegio di xn.

mdxxxxyiii. die xxn. maii in maiori consilio. Hauer debbano grossi dodese a oro al giorno per cadauno . . .

Parte de pregadi della reuocation dellaparte 1520, 28. agosto. de robe et merce ueniuano qui in Uenetia per trausito. mdxxiiii vn. luglio. Fu preso in questo consiglio sotto li 28. agosto 1520. che tutte le robe . . .

Parte dello excellentissimo consiglio di x. et zonta circa il quarto delli contrabandi. mdxxv. adi 7. febraro. Fu altre uolte per piu deliberation di questo conseglio statuito . . .

Parte dello excellentissimo consiglio di x. et zonta circa il datier dil quarto di contrabandi et etiam circa ditto quarto. mdxxx adi xi. febraro. Essendo sta piu uolte prouisto . . .

Parte di pregadi che robe ne mercanzie alcune uon possi esser condutte nelli luoghi della illustrissima signoria, se non robbe tratte da Venezia. mdiii. xxx. luglio. El se conduse senza alchun respetto contra le forme delle lege . . .

Parte de pregadi quando fu leuata la doana da Ponton et Gussolengo et fu fatta ditta doana a Verona. mdxxxii. die xxi iunii in rogatis. Si uede manifestamente seguir molti contrabandi con grande jattura . .

Lettera scritta et fatta per li eccellentissimi signori capi del consiglio dix alli rettori di Verona et altri rettoriin materia de rami et de altre robe de Allemagna spetante al fontego di Todeschi. mdxxxxii adi xxiiii mazzo. Petrus Landus dei gratia dux Venetiarum etc. uniuersis et singulis . . .

49

1529.

3. settembre.

1531.

25. settembre.

1533.

1. agosto.

1341.

1363.

12. aprile.

1285.

30. agosto.

1371.

luglio.

1408.

5.

maggio.

1433

16

febbraio.

1428.

15. luglio.

Abh. d. I.

Mandato delli signori gouernadori per li poueri dil passo, e fo del mdxxix. adi 3. settembrio.

Nui gouernadori delle intrade comandemo . . .

Termination cercha li barati de quello dieno Lauer li sanseri. Et fo del mdxxxi. adi 25. settembrio. Aldido la richiesta de domino Sancto Barbarigo aduocato . . .

Mandato de spazzar ie robe della rezina di Pollonia. Et fo del mdxxxiii. adi primo auosto. Nos dux cum nostro consilio . . .

Capitulo cercha el salario de li uisdomioi del fontego. Et fo del mcccxli. die penultimo indictione x. Fo preso in gran couseglio che li officiali de sora el fontego.

Chel non si compri marchantie da Todeschi nome in Venetia solamente et fo del mccclxiii. xii. aprile. Ad obuiar le malitie che se po cometer per alchuui . . .

Che li uisdomini uedano disligar le balle. Cum ciosia che li uisdomini del fontego per lo suo capitolario . . .

Che sia in liberta de li zudesi et officiali de tuor et descazar noderi, scriuani et fanti et fo del mcclxxxv. indict. vm. die penultimo auosto. Fo preso parte che el sia in libertade delli zudexi et officiali cussi de qua da canal como di la da canal ...

De la corba de carbon che ha li scriuani per ciaschun el masser. Et fo del mccclxxi. del mese de luglio. Cum cio sia che per usanza antiqua se troua che li scriuani . .

Che li Judei non possino uenir in fontego. mccccviii. die v. maii. Cum sit in maximum uituperium fidei christianae . . .

Capitula cercha il pagamento delli scriuani. Et fo del mccccxxxiii. die xvi. februarii. I spectabili et generosi homeni m. Nicolo Venier . . .

Chel si debbia far le bollette in nome de quelli Todeschi del fontego che comprarano uini o merce da altri marcadanti et fo del mccccxxviii. die xv. julii. Cum introducta sit quedam consuetudo a certo tempore . . . Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. I. Abth. 7

50

1448

5. febbraio

1384.

11. agosto.

1503

21. luglio.

1514

1541.

11. febraro.

1543.

15. decembre.

1544.

29. ottobre.

Zonta circa el far delle bollette et fo del mccccxlviii. die v. februarii. Per spectabilem d. Georgium Delphine-, Andream Mocenieho . . .

Che alchuno official ne alchuno scriuan ne etiam dio noder ne comandador de li offitii de Venetia non possi tuor piu de quello li ze tansado per l'officio et fo del mccclxxxiiii. adi 11. del mese di auosto. Fo preso parte in lo mazor consiglio cum cio sia che per li noder et scriuani delli zudegadi ...

Terrnination di signori capi di X. che Jacomo Zaparin debbia

perseruerar in la sansaria a lui renuntia et che de cetero non

se possi piu renuntiar per li sanseri et fo del mdiii. di 2 1 lugio.

Essendo uenuto a notitia de magnifici signori capi dell' illustrissimo

consiglio di x. el grauame de alchuni . . .

Comandamento fatto a Antonio Falascho scontro del fon- tego MDXIIII. De comandamento della illustrissima signoria fatto . . .

Comandamento fato a Antonio Falascho scontro del fontego. De comandamento et ordene della illustrissima signoria ordenado et comandado a mi Antonio Falascho schontro dil fontego . . .

Terrnination dei signori uisdoraini in fontego di Todeschi che , altri cha quel fante a chi tochara la uardia sia obligato andar a doana et fo del mdxli. xi. febraro. I magnifici signori uicedomini uidelicet el magnifico m. Antonio

Zorzi

Terrnination dei signori uisdomini in fontego di Todeschi alli pexadori che debano notar sopra le polize el comprador il uenditor il sanser mdxxxxiii. 15. decembrio. De ordine de magnifici signori uisdomini del fontego di Todeschi . . .

Terrnination di signori sopra i datii che li capi di tessera non possimo far ligar cosa alchuna senza il soprastante dil dominio in pena de ducati 50. adi 29. ottubri mdxxxxiiii. Li magnifici signori proueditori sopra i datii . . .

51

1545.

15. ottobre.

1517.

17. marzo.

1518.

11. giugno.

1518.

t. gennaio.

1520 13. settembre.

1520.

26. settembre.

Comandamento delli eccmi. siguori auogadori di comun alli scriuani che non debino far bolletta a niuno di frutti senza la franchita.

mdxxxxv. 15. ottobrio. Li magnifici signori auogadoii di comun . . .

Comandamento dei signori uisdomiui al fontego di Todeschi alli pesadori in ditto fontego che de tempo in tempo seranno et il simile alli capi di tessera che ogni uolta che pesarano et uederano ligar siano tenuti zurar hauer dato in nota el zusto mdxvii. 17. marzo. De mandato di magnifici st. clarissimi signori u. d. del fontego . . .

Parte de pregadi che non possano esser aperte le casse de mercadanti ne tolto li manzarie ne regalie de sorte alchuna. mdxviii. die xi junii in rogatis.

Esssendo redute le mercadantie di questa citta in malissimi ter- mini . . .

Landera parte che per auctorita de questo consiglio . . .

Uerum sei sera querela ad legum . . .

Ceterum li burchi et barche che cargheranno . . .

Et accio el soprastante sopraditto habbi . . .

Similiter el se dichiara chel non possi esser alchuna barca . . .

Demum se dechiara che tutte le cose et robbe che harrano esser bollate . . .

Termination de 5. sauii contro li pesadori della staiera. mdxviii. die vii. januarii. Magnifici et clarissimi d. Marinus de Molino . . .

Lettera scritta alli retori di Verona circa le mercantie infra- scripte.

mdxx. die xiii. septembris. Per uostre di cinque dell' instante habbiamo inteso come alchuni mercadanti . . .

Termination de 5. sauii che se debba far i pagamenti segondo le tariffe uecchie. mdxx. die xxvi. septembris. Desiderando i magnifici m. Zuan Dolfin . . .

<7*

52

1524

lt>. aprile.

1527.

21. marzo.

1527

12. luerlio.

1527.

31. decembre.

1530.

11. marzo.

Parte di pregadi che nesun zentilhomo ne citadin de Venetia

debbia far compagnia con forestieri.

mdxxiiii. die xix aprilis in rogatis. Non se die mancar de far ogni debita et ualida prouisione . . . Landera parte che salue et reseruate tutte le leze . . . Li forestieri etiam se intendino in omnibus incorsi in la pena . . . Ne possino etiam ditti forestieri sotto la stessa pena . . . Et accio meglio se possi uenir in luce di detti forestieri . . . Et sia comesso alli consoli nostri de Alexandria et Damascho . . . Dechiarando che da questo ordine sia exceptuado . . .

Parte di pregadi che li bottoni di corallo et ambre lauorade si uenderano in questa citta debbano esser uiste per li stimadori da doana.

mdxxvii. die xxi martii in rogatis. Soleua uenir in questa nostra cita bottoni de corallo . . .

Parte di pregadi che li patroni de naue non possano cargar

merce in couerta.

mdxxvii. die xii. julii in rogatis. Le introduto da certo tempo in qua un pessimo desordine . . . Landera parte che salue et riseruate tutte le altre parte . . . Item larsenal nostro habbi do terzi di noli . . . Preterea quando le naui ueniranno sopra porto . . . Et perche molte naue descargano . . .

Ulterius li partroni dell' arsenal nostro debbano mandar a chiamar li scriuani . . .

Preterea larmiraglio dell' arsenal nostro descargate che saranno le balle . . .

Mandato della illustrissima signoria alli signori cinque sauii sopra

le mercantia.

mdxxvii. die xxxi. decembris. La illustrissima signoria comette a uui sauii sopra la mercantia che sopra il grauame che fanno li mercadanti del fontego di Todeschi che li sia sta imposto noua spesa et grauezza . . .

Parte del consilio di x. che li 5. sauii debbano reueder i sanseri.

mdxxx. die xi. martii in collegio. Sia etiam ordinato et preso che per tutto il presente mese di marzo siano ballotati . . .

53

1530

18. maggio.

1532.

27. settembre.

1535.

14. maggio.

1535

1. giugno

1553. 23. agosto.

1553.

19. agosto.

1553. 15. decembre.

1553.

2. giugno.

Dimanda di mercadanti che sia cassa Ja tariffa di sanseri delli zafarani.

mdxxx. die xviii. maii. Comparse dauanti li magnifici signori cinque sauii sopra la merca- dantia . . .

Confirmation de Piero Rizzo in sorastante. mdxxxii. die xxvii. septembris. Essendo comparso alla presentia delli signori 5. sauii . . .

Termination di signori 5. sauii, di esser zudesi tra li Allemani et sanseri. mdxxxv. die xmi. maii. Essendo comparso auanti li signori 5. sauii sopra la mercadantia il magnifico m. Zuanfrancesco Mocenigo aduocato della parte Alemanna . . .

Termination de signori 5. sauii che le carisee debbano pagar de sansaria grosso un et mezzo per pezza. mdxxxv. die primo junii. Comparseno dauanti li magnifici signori cinque sauii sopra la mer- cadantia . . .

Che il scontro debbia reueder li libri di scriuani et li uisdo- mini et sorastanti debbano scriuer li numeri distinti. mdliii. die xxiii. augusti in consiglio di signori gouernadori delle intrade et signori 5. sauii sopra la mercantia. Sono stati uditi delli clarissimi signori gouernatori delle intrade . . .

Parte de pregadi che le deliberation del 1545 et 1551 siano

nulle et remossa la doana da Chioza. Per deliberation fatta per questo consiglio sotto di xi. febraio l'anno 1543 . . .

Et perche il tratto del datio del transito di Chioza . . .

Termination del soprabondante del datio del fontego di Todeschi sia obligato alli noli delle naue portano sal di Cipro. mdliii. adi xv. decembrio in consilio x. cum additione. Fu prouisto per questo consiglio che tutte quelli naui che con- ducessero . . .

Che le sede Calaurese Mesinese et Spagnole sia assolte da

datio per doi anni.

mdliii. adi 2. zugno.

Et de piu le sede Calaurese . . .

54

1513.

19. novembre.

1544.

10. gennaio.

1554.

9. febbraio.

1515.

16. luglio.

1516.

13. gennaio.

1516.

10. febbraio.

Termination de signori gouernadori delle intrade che li ferri et legnami compitamente lauoradi aspetti al datio della tauola dell» intrada et quelli non compiti all' offitio delli uicedomini della ternaria uecchia. mdxiii. adi xix. nouembris. Comparse nell' officio dauanti li magnifici signori gouernatori delle

intrade il nobilhomo m. Piero da Canal coudutor del datio del

ferro . . .

Mandato dell' illustrissimo consiglio di x. alli signori gouerna- dori delle intrade che debbino far intimar alli palatieri datieri et capi de barche che non debbano aprir le buste ne ualise de mercadanti. Adi x. zener mdxxxxiiii. Aldidi li mercadanti del fontego nostro di Todeschi . . .

Parte del consiglio di x. che per l'aduenir non se possi far Opposition ad alcun judice ma sia dechiarito si dee esser cassato o non. mdliiii. die ix. februarii in consilio x. cum additione.

Le introdutto nouamente da alchuni che hanno cause . . .

Landara parte che in tutti li juditii . . .

Et il medesimo si debba obseruar . . .

Oltra de cio si se trouera . . .

Mandato della illustrissima signoria che la camera o uolta era de sier Villmo Condiner sia data a s. Simon Zuane Marich. mdxv. adi 16. luio trata dal notatorio del fontego a carte 5. De comandamento et ordene della illustrissima signoria ordenado et comandado a mi Antonio Falascho scoutro . . .

Mandato alli officiali al fontego che lassa trazer le mercantie con la bolletta.

mdxvi. adi xin. zener. tratta dal notatorio del fontego a carte 14. De mandato Serenissimi principis et uniuersi collegii refferisco io Lorenzo Quarto nodaro ducal . . .

Mandato delli signori sauii alli pesadori della stadera che debbia notar sotto li pesi delle mercantie il sanser ouer presio delle ditte.

mdxvi. adi x. feurer, trata dal notatorio di fontego a carte 14. I magnifici signori sauii sopra la mercantia hauendo inteso . . .

55

1519. Mandato di signori prouedadori sopra i datii alli ministri pu-

16. gennaio. blici che non debbano far legar ne imbalar robe de sorte alcuna al tempo de note, et alli capi de tessera che debbino far l'of- fitio suo in persona et alli scriuani che debbano tenir legal conto. mdxix. adi xvi. zener. trata dal notatorio di fontego a carte 28.

I magnifici m. Sebastian de Prioli, m. Piero Morosini et m. Piero Mocenigo dignissimi prouedadori sopra i datii . . . Item comandemo ai capi di tessera . . . Appresso comandemo a uui scriuani . . .

1524. Mandato delP auogaria alli signori uice domini del fontego de 8. giugno. far pubblicar la parte delli sanseri che non sono di fontego.

mdxxiiii. adi viii. zugno. trata dal notatorio di fontego de carte 49. De comandameuto del magnifico m. Domenego Treuisan auogador de comun se fa intender a uoi signori uisdomini in fontego . . .

1525. Comandamento de signori gouernatori delle intrade cho non si faccia bolletta a marcadanti se prima per li sanseri del fontego non sera dato in nota li mercadi con li pretii et tempo. mdxxv. adi x. mazo trata dal notatorio del fontego a carte 62*

Refferi Bartolo de Zorzi fante alli magnifici signori gouernatori . . .

1527. Capitolo in una parte de pregadi che le charisee siano stimade

cussi all' intrada come all' uscida ducati tre e mezo la pezza.

mdxxvii. adi xxx. auosto. tratta dal notatorio del fontego a

carte 110.

Per authorita di questo consiglio sia preso accio che cadaun possi . . .

1529. Mandato alli uicedomini in fontego che debian far notar per

14. maggio. stimador ordinario de rami s. Zuan Anzolo Vituri.

mdxxix. adixim. mazo. trata dal notatorio dil fontego a carte 126. Magnifici signori uisdomini in fontego de Todeschi si dinota per l'offitio . . .

1503. Parte che li merchadanti che uorano trazer del fontego lauori

17. giugno. de laton et altro per uia de mar siano obligati far le bolete in fontego et poi andar al insida et far li sigillar. mdiii. adi xvn. zugno. tratta da ditto notatorio di fontego a carte 132.

Che tutti i merchadanti quali uoranno trazer per la via del fon- tego preditto di Todeschi lauori di laton . . .

56

1530

4. aprile.

1530

10. settembre.

1530.

5. decembre.

1533.

fl. gennaio.

1533.

6. febbraio.

1535.

2. giugno.

Mandato alli signori uicedomini che debbano tuor il datio di rami de s. Sebastian dal Sol et tenir il danaro in deposito. mdxxx. adi im. auril. trata dal notatorio di fontego a carte 134. Refferi Antonio da Venetia fante de magnifici signori gouernadori . . .

Termination de signori uisdomini che li fanti che si trouerano al aurir de le merce debbano hauere la utilita. mdxxx. adi x. settembrio. - trata dal notatorio de fontego a carte 140. Cum sit che per piu termination sia sta prouisto . . .

Comandamento di signori gouernadori dell' intrada che li scriuani del dazo debbia far pagar il datio consueto. mdxxx. adi v. decembrio. trata dal notatorio del fontego a carte 143. Refferi Antonio da Venetia fante di magnifici gouernatori dell' intrada . . .

Comandamento delli signori uisdomini che li mercadanti Toscani de Rialto et altri botteghieri di panni doro ueludi or- mesini et altra sorte seda siano tenuti in termene de zorni dui uenir a dar in nota per suo juramento il marcado qualita et quantita et nome del comprador.

mdxxxiii. adi ix. zener. trata dal notatorio del fontego a carte 161. Conciosia cosa che altre uolte el sia sta bene et diligentemente . . .

Mandato di signori proueditori sopra li datii che li signori uisdomini non debbano sottoscriuer boleta de sorte alcuna di seda se sotto quella non sara nota la qualita et quantita. mdxxxiii. adi v. feurer. trata dal notatorio del fontego a carte 162. Li magnifici signori proueditori sopra li datii, auctoritate offitii sui . . .

Comandamento di signori gouernatori dell' intrada che li signori uisdomini del fontego non debba piu donar uia partida alcuna aspetanti al datio.

mdxxxv. adi n. zugno. trata dal notatorio di fontego a carte 172. Kefferi s. Piero de Jacomo fante di clarissimi signori gouer- nadori . . .

57

1545.

20. auosto.

1536.

11. luglio.

1555.

27. agosto.

1555.

27. agosto.

1555.

10. settembre.

Termination di signori uice domini del fontego che trouandossi fardelotti ouer balle de raercantia contrabando che li fachini del fontego siano obligati cargar et discargar quelle quante uolte farano bisogno senza premio alcuno. mdxxxv. adi xx. auosto. trata dal notatorio di fontego a carte 126. Per obuiar alli infiniti disordini che occorrono spessissime uolte . . .

Mandato di signori capi alli signori uisdomini del fontego di Todeschi che debbia far pagar in danari contadi a tutti li ministri dell offitio uostro che son tansadi accio si pagano li ballotini uechi del mazor conseio.

mdxxxvi. adi xi. luio. tratta dal notatorio del fontego a carte 186. Li infrascritti excellentissimi signori capi dello illustrissimo consiglio di x. . . .

Mandato dell' illustrissimi signori capi dello excellentissimo consiglio di x. che non si possa far pasti ne tollele con arme ne altre spese estraordinarie. mdliiiii. die xxvn. augusti. Nos capita illustrissimi consilii x. uobis dominis uice dominis fontici . . .

Mandato delli excellentissimi signori capi dell' illustrissimo consiglio di x. cerca la regolation delle cose del fontego di Todeschi alli signori gouernadori delle intrade et signori 5. sauii sopra la marcantia. mdliiiii. die xxvn. augusti. Nos capita consilii x. uobis dominis gubernatoribus introituum . . .

1.

Regulation delle cose del fontego di Todeschi.

mdlv. adi x. settembrio.

Uolendo li clarissimi signori gouernadori delle intrade et signori 5. sauii sopra la mercantia proueder alli desordeni che seguono nel fontego di Todeschi a maleficio di quel datio et dar modo che i ordeni .... de xxmi. nouembre 1550 . . .

2. Che al primo capitolo gia delle deliberation del 1551. 18. marzo sia azonto che quelli non osseruarano la continentia . . .

3. Che alcun uiandante per conto del intrada non possa portar uia le robbe se prima non hauera pagato el datio . . .

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. I. Abth. 8

58

1555.

17. settembre.

1555.

28. settembre.

4. Che li prefati capitoli siano obseruati come stanno . . .

5. Che noa pesando li pexador juxta la forma della leze debba cascar alla pena . . .

mdi/v. 17. settembrio.

6. Che li sanseri ordinarii della cassetta fazzando mercadi debbano dar quelli in nota . . .

7. Che li doanieri da Porto et da Treuiso cargando cai desbolladi contro la disposition del articolo xn. . . .

8. Che sia scritto al cancellier et doanier de Porto che eseguisca il capitolo di mandar li incontri delle bollette . . .

9. Che se alcun scriuan fara bolletta non essendo notado il mer- cado juxta la forma del capitolo xvi. . . .

10. Che se li capi di tessera et soprastanti de insida se partiranno auanti che balle siano legate et bollate . . .

11. Che sia intimato alli uisdomini del fontego che in termine de zorni otto debbano far exequir il capitolo decimo ottauo . . .

12. Che li scriuani dell' offitio doue interuien bolletini . . .

13. Che li soprastanti et capi de tessera nel dari pretii alledroghe. . .

14. Che se alcun scriuan sara cosi ardito de tenir alcun taglio . . . Che quelli da Porto, Treuiso, Verona, Vicenza, Castelli et altri loci dcüe capitano metali come uerghe, rami, stagni . . .

15. Et perche ancora per la leze sia prouisto che le robbe d'Alle- magna alta e bassa de cadauna sorte non si possino spazzar in altri luoghi che in fontego . . .

16. Et perche molte uolte capitando robbe a doana si da mar come da terra de alcun Todesco i datieri fanno stentar quelli in darghele . . .

17. Sono nel fontego de Todeschi doe mano di stimadori . . .

18. Che tutti le steri et maifili dogni sorte siano reduti a grossi 12. la lira.

19. Che li ministri del fontego de cadauna sorte siano tenuti esser redutti nell' officio all hora debita . . .

20. Che tutti li capitoli presi in questo collegio sotto 18. marzo, 24. april et 12. settembrio 1555 et li presenti hora deliberati siano confirmati . . .

Li sopraditti capitoli forno publicati in fontego de Todeschi per Francesco de Simon comandador alla procuratia.

MDLimi. adi xxviii. settembrio. . Non capita illustrissimi consilii x. uobis dominis uice dominis fontici . . .

59

1555.

6. ottobre.

1555.

24. ottobre.

1551.

6. nouembre.

1541.

2. giugno.

1554.

31. agosto.

Che hauendo li gouernadori delle intrade et li saui sopra la mer-

cantia fatti alcuni ordeni per la regolation circa le cose del

ditto fontego . . .

Lettera scritta per i signori gouernadori delle intrade et li signori cinque sauii sopra la mercantia alli rettori di Verona Treuiso et Porto con li capitoli inclusi in essa uidelicet el 6, n°- 7, n°- 14, et n°- 15. 0

AI podesta et capitano de Treuiso. Deliberassemo col collegio nostro delle intrade et 5. sauii sopra la mercantia sotto di xvm marzo mdli. et xxm. settembrio mdlv . . .

Lettera del magnifico podesta di Treuiso alli magnifici gouer- nadori delle intrade et signori 5. sauii sopra la mercantia in risposta alla soprascritta. Clarissimi signori. Li furono date le lettere di V. M. di xvi. del presente . . .

Mandato delli excellentissimi signori capi dell' illustrissimo

consiglio di x. Li excellentissimi signori capi dell' illustrissimo consiglio di x. hauendo il fidelissimo Jacomo di Stephani scontro nel fontego di To- deschi . . .

Copia de un capitolo tratto dal? officio delle rason uecchie. Copia de uno capitolo contenuto nell' incanto del datio del pesce da Treuiso et Treuisana, affittando perl'offitio delle rason uecchie. Item che alcuna persona non possi far, ne far far bolletta . . .

Parte de pregadi, che non se possi sequestrar mercantie de sorte alcuna in doana. mdxxxxi. adi 2. zugno. Et per poter liberar la marcantia da tante struscie et impedi-

menti

Parte dell' eccellentissimo et illustrissimo consiglio di x. che alcun giudice o rettor non debbia far sententie condenando una galea, prigion, ouer altra pena corporale li fanno gratia in pena pecuniaria.

mdliiii. die ultimo augusti in consilio x. cum additione . . . E introdutto che alcuni rettori nostri de fuori . . .

8*

60

1557. 31. maggio.

1557.

16. giugno.

1557.

21. giugno.

1557.

22. giugno.

1531,

2'J. gennaio.

1557.

lo. gennaio.

Appellation di signori uice domini del fontego di Todeschi da certo atto fatto per li signori gouernadori delle intrade a fauor delli signori all' intrade. Die 31. maii mdlvii. Li magnifici m. Francesco Barbarigo, m. Luca Pisani e m. Andrea Pasqualigo' signori in fontego di Todeschi . . .

Termination delli signori gouernatori delle intrade contra li signori uisdomini del fontego di Todeschi. Die xvi. junii mdlvii et xxix. maii mdlvii. Li clarissimi m. M. Antonio Foscarini et m. Zuan Mattio Bembo . . .

Die xxi. junii mdlvii. Constituidi in offitio li sopraditti magnifici m. Francesco Barbarigo m. Luca Pisani et m. Andrea Pasqualigo signori in fontego di Todeschi hanno richiesto sia notado, qualiter declarando l'appellation . . .

Die xxii. junii mdlvii. Reduto il collegio di magnifici signori x. sauii a n°- di 7 et alditi li magnifici signori in fontego di Todeschi con il suo aduocato, diman- danti esser tagia et annulla certa termination fatta per li signori gouer- nadori delle intrade . . .

Parte dell' eccellentissimo consiglio di x. circa el poner de sustituti per loro nelli offiti et che niun ne principal ne so- stituto non possi exercitarse se non in uno offitio con le pene come in essa.

mdxxxi. adi xxix. zener in consiglio de x. Ad ognuno die esser noto di quanta importantia sia al stato nostro che li ministri nostri siano legali et fedeli . . .

Landera parte che reseruando ogni parte quäl fusse in questa ma- teria alla presente non repugnante sia preso . . .

Preterea accioche piu possino partecipar delli offitii della signoria nostra sia preso . . .

Parte dell' excellentissimo consiglio de x. che tutti li offitii, che si danno in questa citta, et per li regimenti di fuora di qualunque sorte, si debbano dar a persona meriteuole et non per danari ouer promessa di sorte alcuna sotto la pena in essa parte contenuta con additione. mdlvii. x. januarii. Sempre e stata intentione della signoria nostra che li officii e be- neficii di qualunque sorte, .siano conferiti et dati a quelli che meritano .. .

61

1557.

5. febbraio.

1557.

26. novembre.

1558.

26. aprile.

1558.

20. giugno.

1558.

26. luglio.

1558.

3. settembre.

Parte dell' excellentissimo consiglio di x. che i danari de tutti li offitii de Kialto siano portati ogni sera alli camerlenghi, et dell' officio delle acque et biaue in ceca come in essa. mdlvii. v. februarii. Douendossi proueder che i danari della signoria nostra siano tenuti con quella securta, che si conuiene . . .

Parte dell' eccellentissirao consiglio di x. con zonta, che li cassieri delli officii debbano loro portar li danari cloue uanno, et ueder a far le partide cum additione. mdlvii. adi xxvi. nouembrio. Douendossi con ogni uigilantia proueder, che li ministri nostri alli quali e commessa la custodia . . .

Termination fatta per i signori gouernadori delle intrade, che alcuue grane de uno da Lugan siano portate et spazzate in fontego, et ghe sia restituito el suo segnal per quelli dell' intrada.

mdlviii. adi xxvi. aprile. I clarissimi signori gouernadori delle intrade uidelicet m. Nicolo Nani, m. Zuan Francescho Memo et m. Sebastian Miani . . .

Termination fatta per i signori gouernadori delle intrade. che alguni uari de un s Zuan de ... . debbano esser spazzati, et il datio de quelli pagato in fontego di Todeschi, in con- traditorio con il masser della doana. Die xx. junii mdlviii. Li clarissimi signori m. Nicolo Nani, m. Zuanfrancesco Memo . . .

Ordene de signori cinque sauii, che altri cha cittadini originarii non possino pratichar, ne mercantar in fontego con Todeschi. mdlviii. adi xxvi. lugio. El se fa saper de ordine delli clarissimi signori cinque sauii sopra la mercantia, che alcuno sia che si uoglia . . .

Parte de signori gouernadori delle intrade et cinque sauii sopra

la mercantia, circa li cai uengono desbollati da Portogruer,

Treuiso et altri lochi.

Die in. septembris mdlviii. In excellentissimo collegio clarissimorum d. gubernatorum introy- tuum et cl. d. sapientum super mereantiis, et rebus fontici Theutoni- corum . . .

62

1558. 12. gennaio.

1559. 2. maggio.

1558. 26. aprile.

_155_8._

7. giugno.

1558. 6. luglio.

Vedendosse Terror seguisse nel uenir le robbe da Porto a Yenetia desbollate, o bollate malamente . . .

Landera parte che de cetero, reseruando tutte altre leze . . .

Mandato di cinque sauii sopra la marcantia, de non Iassar expedir robbe, che uanno a peso, senza la polizza del pesador de coraun. Comettemo noi Fantin Dolfin et colleghi sauii sopra la mercantia, a uoi capi de tessera . . .

Mandato di excellentissirai signori capi dell' illustrissimo con- siglio di x. che li signori uice domini debbino mandar li danari che scuodeno a tutti li offitii doue sono depntati de tempo in terapo.

ii. maii mdlix. Nos capita illustrissimi consilii x. uobis magnificis uice dominis fontici ...

Termination di signori gouernadori dell' intrade, che colli tre di grana de rason de m. Z. Alberto Camutio da Lugan To- descho siano spazzati in fontego di Todeschi. Ex libro terminationum offitii d. gubernatorura introituum. xxvi. april mdlviii. I clarissimi signori gouernatori delle intrade . . .

VH. zugno MDLVIII. Li clarissimi m. Nie. Nani. m. Z. Francesco Memo e m. Sebastian Miani dignissimi gouernatori delle iotrade in absentia de Aluise di Modesti cittado, et non comparente, pro ut in preeepto, hanno tagliato la soprascritta partida como mal fatta, e come robbe, che aspetta a pagar el datio in fontego di Todeschi juxta la termination di sue claris- rissime signorie de di xxxn. april mdlviii. Rifferi s. Jacomo fante. Epaminondaa de Zanchanariis officii dorn, gubernatorum introituum secretarius.

Termination di excellentissimi signori capi dell' illustrissimo consiglio di x. che lauda lantescritta e soprascritta termination de signori gouernatori delle intrade.

L'infrascritti capi dell illustrissimo consiglio de x. alditi li signori gouernatori delle intrade . . .

Et similmente perseuerando li detti signori alli x. offitii . . .

63

(1560.)

1560.

13. settembre.

1560.

26. novembre.

1560.

1560.

17. decembre.

1560.

7. febbraio.

1561. maggio.

Sententia di signori de la messetaria contra alguni hauer con- duto chiodi per fontego. Li magnifici signori alla messetaria . . .

Suspension di signori gouernadori de ditta sententia. Refferi Iseppo de Nicolo fante de clarissimi gouernadori delle in- trade . . .

Tagio del collegio di gouernadori et signori de sopra le camere et rason uechie la sententia di signori della messetaria in fauor di signori del fontego. xm. settembre mdlx. Referto in lofficio di signori gouernadori delle intrade l'excellen- tissimo consiglio sopra le discordie . . .

Terrnination de la illustrissima signoria in contradittorio con li signori auogadori fischali quali uoleano condanar alcuni bo- tegieri haueuaoo uenduto mercantie in fontego etc. contratato con Todeschi etc. ferma la Suspension non fosseno molestati. mdlx. adi xxvi. nouembrio. in collegio della serenissima signoria. La serenissima signoria uditi li auogadori fiscali in contraditorio con Euangelista d'Ugubio specier . . .

Parte de pregadi de scuoder soldi 3. per lira. Landera parte che tutti quelli che pageranno datii de qualunque

sorte . . .

<

mdlx. di xvn. decembris. L'illustrissima signoria con uuiuerso collegio commette a uui signori uisdomini in fontego di Todeschi che in execution della parte del senato di Xu. presente oltra li primi tre soldi per lira che si scodeua debbi scoderne altri tre . . .

Die vii. februarii mdlx. Nos dnx cum nostro collegio mandamus a uoi uicedomini in fon- tego di Todeschi che dobiate dar principio a scoder dalli marcadanti Todeschi di fontego li altri soldi per lira . . .

mdlxi. die viii. maii in collegio interuenientibus et ballotan- tibus gubernatoribus introituum et sapientibus super mercaturis juxta decretum consilii x. diei 5. praeteriti. Excellentissimi: dalla scrittura hora letta dalli mercadanti del fon- tego di Todeschi ...

64

Landera parte, che per authorita de questo collegio sia concesso a tutti li mercadanti della sudetta natione Alemanna del fontego nostro di Todeschi che oltra le sie per cento ordinarie che al presente sono lassate per el trazer de le robe . . .

1561. Laus deo mdlxi. xvi. mazo.

16. maggio. L'illustrissima signoria et uniuerso consiglio auendo sotto di 7. feurer

passato fatto uno mandato alli magnifici signori uice domini in fontego di Todeschi che douessero principiar a scodere soldi in. per zeuto . . .

1561. mdlxi. die xi. junii in collegio interuenientibus et ballotantibus

d. gubernatoribus iutroytuum et sapientibus super mercatura

juxta decretum consilii x. diei 5. preteriti.

Che per autorita di questo collegio sia concesso a tutti i mercanti

della natione Alemanna del fontego nostro di Todeschi, secondo che

consigliano i cinque sauii nostri sopra la mercantia, che cerca le mer-

cantie che comprerano senza sansari habbiano el beneficio delle x. per

cento . . .

1562. Mandato di eccellentissimi signori capi del illustrissirao et ec-

14. ottobre. cellentissimo consiglio di x. alli signori gouernatori delle intrade.

Nos capita illustrissimi consilii x. uobis magnificis dominis guber- natoribus presentibus et futuris mandamus che essendo stati fatti per li precessori nostri insieme con li cinque sauii sopra la mercantia alcuni ordini et regulatione circa le cose del fontico . . .

Debiate pero osseruare li ordini et regulatione preditti ...

1564. Capitoli della regolation della doana de Portogruer et

8. agosto. del fontego di Todeschi.

mdlxiiii. adi vm. agosto. in collegio del serenissimo principe interuenienti li clarissimi signori gouernatori delle intrade et li signori cinque sauii sopra la mercantia et signori aduocatori fiscali in uirtu della delegation delP illustrissimo dominio de di

XXVIII. ZUgllO. MDLXIIII.

I. Che sier Alessandro da Mulla dohanier a Portogruer fln ter-

mine de giorni 8. sia obligato andar in ditto locho . . . IL Che uenendo le mercantie de Alemagna a Porto, si comettano molti errori et fraude . . . III. Et accioche le cosse passano con quel meglior ordine che sii possibile per obuiar alla fraude . . .

65

iv. Et per obuiar le occasion di rnolte frande che si cometeuano

giunte che sarano le mercantie nel locho di Porto non pos-

sino esser scaricade . . . v. Oltra a cio sia agionto che ne barcharuoli ne altri non

ardischa . . . vi. Ma perche quanto e preditto non basta intieramente a tanta

regolatione . . . vii. Et perche s. Francesco Belegno soprastante a Venzon non

fa el debito . . . vm. Et perche potria esser che il soprastante di Venzon hauesse

la strada aperta di cometter fraude . . .

1564. mdlxiiii. die xvm. augusti in collegio nel quäl sono inter-

18. agosto. uenuti li clarissimi signori gouernatori delle intrade et li

cinque sauii sopra la mprcantia et magnifici signori auoga- dori fischali per la delegation soprascritta. ix. Oltra de cio essendo necessario proueder alla regolatione del

fontego . . . x. Che il ditto dohanier sii pagato del suo salario . . . xi. Et perche e il douer che tutte le mercantie pagino li sui dretti. xii. Che essendo stato prouisto per parte presa nell eccellentissimo

collegio . . . xm. Si deue di piu proueder a uno interueniente . . . xiiii. Ne di minor consideratione e questo che dandosi credito alli mercadanti . . . xv. Et perche li scriuani del fontego preditto . . .

1564. mdlxiiii. die xxn. augusti in collegio supra et ultra

' 22. agosto. scripto.

xvi. Che tutti li scriuani scontro et altri ministri di esso fontego

posti per la illustrissima signoria siano obligati in . . . xvn. Che le spese del fontego le quali fin hora sono sta fatte . . . xviii. Che la spesa di carta et libri inchiostro cera candelle et

sachetti sia fatta per mano del masser . . . xvim. Che non si possino pesare in fontego robe di sorte alcuna le quäl non siano obligate di pagar datio . . . xx. Che li cinque sauii sopra la mercantia e gouernatori delle intrade debbino formar una tariffa per li ministri del fon- tego . . . xxi. Che il masser del fontego sia tenuto tenir tutti li libri e scritture . . . Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. W iss. XIV. Bd. I. Abth. 9

66

1564.

settembre.

_J1564._ 19. settembre.

1565. '

15. decembre.

1567.

18. giugno.

xxn. Che il scontro di esso fontego debbi scontrar di tempo in

tempo le partide et libri . . . xxiii. Et accioche li preditti ordeni siino in ogni tempo esequiti sii preso che il dohanier del fontego preditto sia obligato ogni anno farli publicar in fontego di Todeschi et etiam in Venzon et Porto.

mdlxiiii. settembrio in collegio delli datii. xxiiii. Furono eletti li oltra scritti capitoli per la confirmation sua li quali tutti furono presi . . .

mdlxiiii. die xviiii. setembris in collegio datiorum ballo-

tantibus d. gubernatoribus introituum. xxv. Chel x. capitolo preso in questo collegio sotto di vi. del presente in proposito della regolatione del fontego di Tho- deschi sia rifformato in questo modo chel fidel nostro Andrea Machrini uno di quelli che si e ricordato in ditta regola- tione sia eletto per dohanier in ditto fontego ....

mdlxv. die xv. decerabris.

Termination de collegio del locho detto comun de Collogna remessa la differentia alli signori del fontego.

Hauendo la serenissima signoria ueduta la risposta delli magnifici uisdomini . . .

mdlxvii. adi xvin. zugno.

Keducione del collegio de nui sanseri ordinarii per far la ele-

tione del nostro scontro doue furono redutti al numero de xxvi.

quali furono. Presidenti : M. Zuan Antonio da Valle . . .

Eletion del rasonato degli sanseri ordinarii. Accioche quello che sara detto . . .

Vedendosi per la balotatione fin ora fatta che gli eletti non passano i do terzi ....

Che le scritture preseutate per m. Antonio de Stefani fiol de s. Jacomo per le quäl fu concesso ad esso m. Jacomo et figliuoli che doppo lui sucederanno nell' offitio di scontro nel fontego di Todeschi del anno mdlvii. . . .

67

1567. mdlxyii. die decimo januarii in consilio xm cum additione.

10. gennaio. (debbitori.)

Se le deliberationi et prouisioni, che alla giomata si fanno contra le fraudi usate per li debbitori della signoria nostra . . .

Landera parte che salue et riserbate le altre deliberationi, che sono in questa materia ....

Ne si possi distribuir alcun danaro di guadagno de i datii . . .

Con espressa dichiaratione che le cose di sopra dette . . .

Et che detta pena si intendi incorso non solamente quel caratta- dore cessionario . . .

Nou derogando pero alla autorita delli auogadori . . .

Et li officiali alle rason noue, o altri, a chi spettasse . . .

Tutti quelli, che dal tempo della deliberation sopradetta . . .

Et perche nelli datii, che hanno guadagnato et che finirono li anni prossinri . . .

Et quelli che fossero trouato hauer giurato il falso . . .

Si ministri che hanno cargo della scrittura . . .

Et la presente deliberation sia mandata all' officio delle rason noue

Et per uniuersal notitia sia publicata immediate . . .

1564. 17. ottobre.

mdlxiiii. die xvii. octobris.

Inibition di signori uisdomini con la stante altera del claris- simo auogador fatta alli signori sopra datii. Di ordine di magnifici signori uisdomini in fontego di Todeschi . . .

_J564-_ 31. ottobre.

Die xxxi. ottobrio.

Confirmation di ditta inibitione aldide le parte per la sma signoria. Essendo sta dalla serenissima signoria udito l'interueniente delli magnifici signori sopra datii ...

1569. mdlxix. die xxvn. man.

27. maggio. jn oonsilio decem cum additione.

Douendosi con ogni mezo possibile proueder, che dalli ministri nostri nelli officii publici, e nelle camere della citta nostre siano osser- uate le leggi in materia di ori et monede cosi nel receuer come nel da fuora . . .

L'andera parte, che nell' auuenir li cassieri delli officii . . . Et oltra di cio quelli officii, che hanno carico di riueder . . .

9*

68

1565.

19. maggio.

C1569) (novembre.)

1565.

19. maggio.

1570.

28. luglio.

1570.

16. settembre.

1570.

16.

settembre.

22^

1570.

settembre

1570.

27.

settembre.

mclxv. adi xix. maggio.

I clarissimi signori dclle intrade, uidelicet m. Zuan Mathio Bembo . . . Aldido s. Iseppo e Crestofolo come datier del ferro domandando et esponendo che cum sit chel sia uenuto una quantita de anchore et rampegoni compidi con boletta de fontego . . .

Comparso alla presentia di clarissimi signori infrascritto sier Aodrea Magrini doanier del fontego di Todeschi per beneficio publico

et di mercadanti Alemanni fu preso che per li deputadi nostri

della Chiusa, di Gemona, Udene, Ciuidal et Portogruer douessero cor- rispondersi ...

Essend o sta ricercato il magnifico m. Siluestro Pisani uice do- mino et cassier del fontego di Todeschi da Zuane interueniente per s. Christofolo Chilpigner agente de s. Daniel Federman ad espedir dui cai uenuti cum bolletta da Portogruero . . .

mdlxv, xix maggio (mdlxix. ?)

Li magnifici m. Nicolo Salomon

Aldido m. Pieri de Zorzi auocato fiscal del suo officio dimandante per interesse de l'illustrissimo domiuio douer esser mandato alla leze il stagno trouado esser sta posto studiosamente . . .

mdlxx. a xxviii. luglio. Fu terminato per i clarissimi signori cinque sauii sopra la mer- cantia a xn. de agosto mdliii. che i poueri al peuere douessero con- signar soldi, in. per pezza di carisea . . .

Laus deo mdlxx. die xvi. setembrio.

II magnifico m. Nicolo Salomon et el magnifico m. Andrea Donado uacante el terzo colega honorandi uice domini del fontego ditto di To- deschi, comparse dauanti sue excellentissime signorie s. Zorzi Chilpiner come comesso de s. Philippo Prey . . .

Laus deo mdlxx. die xvi. setembrio. Riferi s. Ercule Negro fante di clarissimi signori gouernadori . . . Suspende la causa de s. Zorzi Chilpiner . . .

Die xxn. setembrio. Riferi s. Ercule Negro suspende la soprascritta sententia . . .

Riferi Nicoletto Astor suspende la ditta causa . . .

69

1570.

10. ottobre.

1570.

19. ottobre.

1570.

4. nouembre

1570.

4. novembre.

1570.

22. decembre.

1570.

8. gennaio.

1570. 27. gennaio.

1570.

1. febbraio.

1572.

2. agosto.

1574. 21. ottobre.

Referi Zuan Jacomo faute di clarissimi gouernadori delle intrade . . . suspende

ßiferi il sopradetto m. Zuan Jacomo el mandato ut supra . . .

mdlxx. die im. nouembrio. Per cassa contante al officio del fontegho di Todeschi, contati da Andra Donado uice domino in fontego di Thodeschi ducati cento e uinti,

disse esser una condanason fatta sotto li xvi. settembre del

Filippo Prui

Da s. Philippo Prui per zonta per ducati tresento quaranta uno et sono per li uari spediti per contrabando . . .

mdlxx. xxii. decembre. (facchini.)

Di ordine comission et mandato delli magnifici m. Andrea Donado et m. Marc' Antonio -Erizzo ....

Tutti et cadaun mercante Alemanno debba hauer dato

in nota il nome di quelli facchini delli quali intendono ser-

uirsi per l'auuenire ....

mdlxx. vm. zenaro. Forno fatti alcuni ordeni per li mercanti Alemanni del fontego di questa citta si nello elegere i facchini ....

mdlxx. xxvii. zener. De comandamento de magnifici signori uice domini del fontego di Todeschi si fa a sapere a tutti li facchini . . . Habbiamo ueduto noi infrascritti facchini . . .

Die primo februarii mdlxx. Vista la contenuta scrittura . . .

mdlxxii. adi doi agosto. (saponi.) Hessendo necessario et conueniente proueder et dar forma per lauenire nella materia delle rate di sauoni . . .

(in materia del danaro.)

mdlxxiiii. adi xxi. ottobre in consiglio di x. Nos capita illustrissimi consilii x. comettemo a tutti li scriuani

scontri delli cassieri et quadernieri di saldar le sue casse

ai tempi debiti . . .

70

1574.

23. novembre.

1575.

4. marzo.

1575.

5. marzo.

1575.

12. marzo.

1575.

29. nouembre.

1564.

2. maggio.

1576.

9. marzo.

1576.

23. maggio.

mdlxxiiii. adi 23. nouembrio in consiglio di x. et zonta. Landera parte che da qui inanzi di quei danari che al presente

se trazeno le quatro et quatro e doi cento per cento si debono

trare doi altri per cento ....

mdlxxv. adi im. marzo in consiglio di x. con la zonta. Landera parte che nel auenir di quei denari che al presente s1 trazeno le quatro et quatro et doi per cento et etiamdio le due per cento secondo la deliberatione di questa consiglio di xxm. nouembrio mdlxxiiii

mdlxxv. a v. di marzo in pregadi. Essendo necessario far qualche prouisione percbe li danari delle uacantie delli officii spettanti alla signoria nostra siano riscossi . . .

mdlxxv. a xii. di marzo in pregadi. Essendo necessario far conueniente prouisione sopra la essatione delli soldi doi per lira ... «

(bollete.) Essendo uenuto a notitia alli clarissimi m. Thomaso Surian m. Nicolo Cicogna e m. Aluise Mocenigo, honorandi proueditori sopra li datii, che seguono molti desordini nelle bollette . . .

(Ebrei.)

mdlxiiii. adi n. mazo in pregadi. Si ha uisto esser stato introdutto che molti Hebrei leuantini, et altri mercanti nel trazer le sue mercantie fuori di questa citta ingan- nano con diuersi mezi li datii della signoria . . .

mdlxvi. adi ix. marzo. (sanseri.)

Referi Domenico Grimani comandador dell' officio d'ordine delli clarissimi signori gouernadori delle intrade . . .

Hauendo habuto notitia essi magistrati, che molti si essercitano in far sensarie in detto fontego che non sono sanseri ne ordinarii ne estraordinarii pero fano publice proclamar che niuna persona . . .

Adi xxm. mazo mdlxxvi.

Li clarissimi m. Lunardo Dandolo et m. Lucha Michiel . . .

Aldidi li magnifici signori uisdomini che le botte sei

de camozze et guanti di lana condute a Venetia per s. Hieronimo di Lodouico di Venetia, debbino come robbe tratte di Alemagna ouero di terra Todesca esser expedite all' officio del fontego di Todeschi . . .

71

1577.

1577. _ 13. settembre.

1577.

27. settembre.

1578.

28. luglio.

1580.

6. agosto.

1581. 31. agosto.

1581. 12. ottobre.

21. ottobre.

mdlxxyii. vin. marzo. in consiglio di x. con la zonta. Sono stati dati per deliberation di questo consiglo de x. nouembre xvn decembre et vin. genaro prossimi passati delli danari della S. N. all officio del fontego di Todeschi per supplir al pagamento delle qua- rantie ciuil uecchia et criminal ....

mdlxxvii. xni. settembre in pregadi. (peuare.) Hebbero nuoua li sauii nostri sopra la mereantia delle quattro naue

uenute da Lisbona li mesi passati che essendo quelli in detta citta si

era dato ordine cargar sopra di essi per Venetia una buona summa di

peuare ....

Landera parte che non ostante la ditta parte mdxix. sia preso che

li detti peuaii di ponente . . .

In materia di scansation di spese superflue.

mdlxxvii. adi xxvn. setembrio. Noi Iseppo Dolfin, Aluise Foscari et Domenego di Prioli, Prouedadori et reuisori sopra le scansation et regolation delle spese superflue, uedute le qualita dei libri che si adoperano in fontego . . .

In materia di spese superflue et scansation. mdlxxviii. adi xxviii. luglio. Gli infrascritti clarissimi signori proueditori et reuisori sopra la scansatione et regolatione delle spese superflue . . .

mdlxxx. adi vi. agosto. (saponi.)

Considerando li magnifici m. Francesco Bon quanto sia

conueuiente leuar tutte occasioni di mala satisfattione destribuiti

li sauoni ....

Nos capita illustrissimi consilii x. uobis dominis uice dominis

fontici che non potendo si come non possono le tre sansarie,

che sono concesse alla cancellaria ducal per supplimento del salario? . . .

mdlxxxi. xii. ottobrio. II clarissimo m. Zuan Formento degnissimo cancelier grande di Venetia sostituisce nel fontego di Todeschi per essercitar una delle cassele ouer sanserie del fontego preditto s. M. Dolce . . .

Li clarissimi m. Zuan Aluise Baflb fontego approbano. . . .

uice domini in

72

1582.

4. settembre.

1 15^3*_ 13. luglio.

1583.

21. luglio.

1585. 30. ottobre.

1586.

26. marzo.

1587.

17. marzo.

1587. 2. aprile.

1587. 30. aprile.

mdlxxxii. im. setembrio. Riferi Michiel Moreto fante de ordene delli clarissimi signori go- uernadori delle intrade si fa comission a uoi s. Iseppo de Saluador

scontro che . dobbiate per tutto hoggi hauer

consignato alli scriuani tutte le bergamine et notatorii

libri . . .

Adi xiii. luglio mdlxxxiii. Li magnifici signori m. Bemardin Lippomano, m. Zuanpaolo Contarini et m. Luca Michiel honorandi gouernatori delle intrade aldido in longa disputatione Francesco di Alessi scontro el deputado del fon- tego di Todeschi . . .

Adi xxi. di luglio mdlxxxiii. Referi Michiel Moreto fante del officio de mandato delli clarissimi

Zuan Paulo Contarini hauer lassato una polizza alla cassa

doue habita Francesco di Alessi . . .

mdlxxxv. adi xxx. ottobre. Considerando li clarissimi m. Piero Corner, m. Lorenzo Falier ab- sente el clarissimo m. Bortalamio de Priuli lor terzo colega uisdomini in fontego di Todeschi esser necessario proueder delli danari delli bol- lettini pero hauendo considerato quanto si de considerare . . .

Laus deo mdlxxxyi. adi xxvi. marzo. Vedendo noi Piero Corner, Lorenzo Fallier et Benetto Soranzo uisdomini in fontego di Todeschi iutrodutti molti disordini concernenti interesse publico in materia del espedition delle mercantie . . .

Noi gouernadori delle intrade: Ordinemo a uoi siguori uisdomini al fontego di Todeschi che stante

la sustitution fatto per el clarissimo m. Andrea Surian can-

celier grande nella persona di m. Alessandro Cauazza . . .

Nos capita illustrissimi consilii x. infrascripti

che non potendo si come non possono le tre sansarie che sono concesse alla cancellaria ducal per supplimento del salario ...

Adi xxx. april mdlxxxyii. Li clarissimi m. Luca Valaresso, m. Stoi Balbi bano m. Alessandro Cauazza . . .

appro-

73

1587.

25. maggio.

1587.

27. maggio

1587.

4. maggio.

1587.

16. giugno.

1588.

16. maggio.

1591. 9. decembre.

1595.

2. maggio

Noi gouernatori delle intrade:

Ordinemo a uoi uisdomini al fontego che stante la in-

stitutione hoggi fatta per il clarissimo m. Andrea Surian

nella persona de s. Zuanbattista di Cabrieli q. s. Panfilo da Serauale . . .

Li clarissimi m. Lucha Valaresso scritto s. Zuanbattista di Cabrieli . . .

approbano il sopra-

Termination delli clarissimi signori gouernatori delle intrade in raateria delle utilita delli signori uisdomini nel finir delf of- ficio. Registrata adi xx. zugno mdlxxxvii. mdlxxxvii adi im mazo. Li clarissimi m. Zuan Donado, m. Zuan Mathio Pisani, honorandi gouernatori delle intrade hauendo udito il nobil homo m. Luuardo Venier uice domino atual al fontego di Todeschi domandante che per sue sig- norie clarissime douer esser terminato ....

Termination di clarissimi signori uice domini del fontegho di Todeschi in materia delli fanti del preditto officio. Adi xvi. zugno mdlxxxvii. Essendosi doluto dauanti li clarissimi m Lucha Valaresso .... s. Antonio de Marsilii che essendo lui nouo ad esercitar la sansaria in ditto foutego non esser.do conosciuto dalli raercanti non uiene adoperato . .

mdlxxxviii. die xvi. mazo Constituidi all' offitio li infrascritti principali delle sansarie ....

Termination di clarissimi signori uisdomini del fontego di To- deschi in materia del meter li capi di tessera. Essendo comparso dauanti li eccellentissirui mis. Alessio Gradenigo

m. Conforto Morosini, m. Francesco Barbaro honorandi uice domini

del fontego di Todeschi s. Zuane Vinzi . . .

Termination delli clarissimi signori uicedomini dell' eccellente s. Geronimo Lucadelli auocato fiscal del presente officio del fontego di Todeschi. mdlxxxxv. adi n. mazo.

Li clarissimi m. Andrea Diedo hauendo considerato che

ser Geronimo Lucadelli auocato fiscal si affaticha nel presente offitio . . . Abh. d. I. Cl. d. k. Ak d. Wiss. XIV. Bd. I. Abth. 10

74

1596.

5. aprile.

1596.

giugno.

(1597.)

1597.

11. agosto.

1598.

27. nouembre.

1599.

8. luglio.

Termination di clarissimi signori uisdomini circa le regalie di

sauoni.

Adi v. april mdlxxxxvi. Essendo che per il passato rillustrissimi signori capi dell' eccel- lentissimo consiglio di x. mandauano li mandati delle ratte di sauoni a noi . . .

Termination di clarissimi signori uisdomini per la dispensa di

sauoni, con il modo della dispensa di essi.

mdlxxxxvi. adi vm. zugno. Li clarissimi m. signori Cornelio Corner, m. Andrea Contarini non essendo ancora intrato il loro terzo collega il clarissimo signor Julio Querini uedendo molti disordini nelle ratte de sauoni ....

Termination delli clarissimi signori uice domiui per occasion delli sauoni con il modo della dispensa di quelli. Hauendo li clarissimi signori Antonio Vituri sier Zuane Tron et sier Francesco Grimani honorandi uize domini in detto fontego di To- deschi uisto le tre termination per ochasion di sauoni . . .

Nota della partision dei sauoni chome qui sotto . . .

Termination delli clarissimi signori uize domini come qui sotto.

mdlxxxxvii. adi xi. auosto. Li clarissimi signori Aluise da Riua signor Giulio Querini hono- randi uize domini in fontego chassa et annulano s. Gero- limo Luchatello era auochato fischal . . .

Laus deo. mdcxxxxviii. xxvii. nouembrio. Li clarissimi signori Antonio Vitturi signor Zuane Tron et signor

Francesco Grimani onorandi uize domini uista la sopradetta

cassazion . . .

(Del pagar all' uscida.) mdlxxxxix. vm. luio in pregadi. Fo deliberato per questo conseglio sotto xvm mazo mdlxxxxvi. nella regolation del fontego di Tode^chi che per anni tre uenturi le merze di esso fontego che per usida soleuano pagar diese per zento . .

fossero spedite per lauenir a rason de sei per zento . . .

Landara parte che per tre anni sia prorogato che li

uari dosi armelini zibellini che capitano in fontego possino

esser condoti a Venetia senza uerun pagamento . . .

75

1600

15. aprile.

1600

5. luio.

1600.

6. luglio.

1600.

7. luio.

1600.

3. agosto.

1600.

15. agosto.

1600.

3. gennaio

1601.

29. genuaio.

Laus deo. mdc. adi xv. aprile. Douendosi far elezion di aduochato fischal nel officio del fontego di Todeschi in locho del q. magnifico signor Zuane Varischo passato a miglior uita li giorni passati . . .

Laus deo. mdc. adi v. luio.

Tratta dal libro di contrabandi dell' officio della tauola del intrada de sora a carte 46. mdc. v. luio. Denonzia Antonio Caminella capitaaio della barcha all' officio r-ostro eri sera auer trouato in doi piatarelle . .

Li vi. luio. (Inibitioni.)

Referi s. Enea Todeschin fante dell' officio auer sottoscritto li sie del instante la inibition ut iufra :

De mandato delli clarissimi s. uicedomini al fontego di Todeschi si inibise a uoi clarissimi signori uizedomini alla intrada che uostre. signorie clarissiuie non prozedano ad atto alchuno sopra li marochiui di ragion di m. Zuan Rubin . . .

vii. luio. De mandato de clarissimi signori alla intrada si conza in base alla inibition fatta da uoi uizedomini . . .

Laus deo. in. auosto mdc. Sopra le mutue inibition. Delli uizedomini al fontego di Todeschi et di quelli della tauola della intrada una di vi. Ultra di vii. del mese p0, . . .

Laus deo. xv. auosto mdc. Clarissimus dominus Petrus Arimondo aduocatus communis auditis . . .

m. zener mdc. Essendo finita la proroga della esenzione che se fa alli rami . . .

Termination delli clarissimi uisdomini del eccellente m. Zuanne Spinelli auocato fischale del presente officio del fontego di Todeschi. Adi xxix. zener mdci. Li clarissimi signori Nicolo Quiriui, Aluise Cuiran et Piero Memo honorandi uisdomini considerando quanto e necessario . . .

10*

76

1603.

5. aprile.

1603.

12. agosto.

1426.

1605. 10. marzo.

1605. 1. febbraio.

1607

12. nouembre.

1607. 14. zener.

1604.

31. gennaio.

Laus deo. mdciii. v. aprile. Douendosi far eletion de auochato fischal nel officio del fontego di Todeschi in locho del q. magnifico m. Zuane Spinelli . . .

Laus deo. mdciii. xii. auosto in collegio. Aldidi in conti aditorio nel collegio nostro gli interuenienti della magnifica naeion Alemana che richiedeuano douersi ordinäre ali signori alla insida che douesser far restituir dui panni de settanta scharllati a Marchio Aderlar . . .

mccccxxvi. die in. jaouarii in consilio rogatorum.

Cum illustrissimus dominus dux Sabaudie per oratores suos qui fuerunt ad presenciam nostri dominii exponi fecerit . . .

Vadit pars in complacentia dicti domini et etiam pro dando sub- ditis suis causam ueniendo Venecias ad mercandare quod de cetero omnino subditi dicti illustrissimi ducis Sabaudie de ultramontes trac- tarentur pro ut tractentur Teutonici in facto daciorum mercanciarum.

Adi x. marzo mdcv. (Grisoni.)

Nos Marinus Grimano dei gratia dux Venetiarum

che debbano rescuoter i dritti spettanti al consolato de Grisoni . . .

mdcv. adi i. febraro. (legnami lauorati.) Essendo ueuuto a notitia a noi Francesco Contarini et collega uice- domini del fontego di Todeschi qualmente e solito uenire in questa citta alcune sorte legnami lauorati e sono condoti di Alemagna sottoposti all' officio nostro corae sono tagier, vernicali, martelle, creuelli . . .

Adi xn. nouembre mdcvii. Essendo necessario che noi uicedomini al fontego di Todeschi ab- biano auochato fiscal e . . .

mdcvii. adi xiiii. zener. (sauoni.) Essendo uenuto a notitia alli clarissimi signori Lorenzo Surian, Marco da Molin et Nicolo Boldi honorandi uice domini . . .

(Capitolo : camere tolle.)

mdciiii. xxxi. zener in collegio coli' interuento et ballotatione delli gouernatori delle intrade et v. sauii alla mercantia . . .

Douendossi per essecution della parte del senato di xxxi. decembre proximo preterito per questo collegio dar quella regola et ordeni . . .

77

1607.

6. nouembre.

1607

6. nouembre.

1607.

15. settembre.

1608.

30. aprile.

1609.

20. giugno.

1615.

30. marzo.

1618. 28. settembre.

1618. 30. ottobre.

mdcvii. vi. nouembre. (mercanti Alemanni.) De mandato delli clarissimi signori cinque sauii sopra la mercantia

si comette a uoi Simon Quarto che essendo capitate et do-

uendo per lauenir capitar in esso fontego mercantie di d. Zuau

Battista Bergis marcante Allemano nato di legittimo matrimonio nella citta di Colonia Agrippina . . .

mdcvii. vi. nouembre.

De mandato delli clarissimi signori v. sauii si comette a

uoi Simon Quarto che essendo capitate mercantie

di raggion et spettanti al nome de Giacomo Val di Norim-

bergha debbiate quelle expedire . . .

mdcvii. a xxv. settembre in pregadi. In commesso di questo consiglio sotto li xxxi. settembre mdciiii. la decisione delle difficolta che ueniuano tra li datiari della intrada et fontego di Todeschi con li mercanti interessate . . .

mdcviii. xxx. april. De mandato delli clarissimi signori cinque sauii sopra la mercantia si comette a uui Simon Quarto deputato al gouerno del datio del fon- tego di Todeschi . . . che essendo capitate . . . mercantie di Giacomo Haschlinger . . . . di Colonia Agrippina . . .

mdcix. adi xx. zugoo.

De mandato delli illustrissimi signori v. sauii si comette

a uoi Simon Quarto che essendo capitate mercantie

di Gioachino Clivan di Norimberga ....

mdcxv. adi xxx. marzo (sauoni.) Hauendo uisto li clarissimi signori uisdomini Girolamo Zorzi .... che altre uolte sone state fatte et compartir li sauoni . . .

mdcxviii. adi xxviii. settembre. (sensaria uacante.) Essendo uacata ultimamente noll' officio del fontego di Todeschi una sensaria per la morte di Anzolla Verde . . .

mdcxviii. adi xxx. ottobre, (scansation delle spese superflue.) Noi proueditori et reuisori sopra la scansation et regolacione delle spese superflue . . .

78

1621.

10. luglio.

1588

27. febbraio

1623.

6. agosto.

1626. 12. giugno.

1626.

14. agosto.

1625.

4. febbraio.

1626.

23. giugno.

1627.

19. giugno.

mdcxxi. adi x. luglio in pregadi. Hauendo li proueditori et reuisori nostri sopra la scansasion et regolacione delle spese superflue fatto dil passato molte scansasioni . .

Parte presa dalla uuiuersita de sanseri ordinari del fontego. mdlxxxviii. adi xxvn. febraio. Volendo dar occasione ad oguuno si di questo capitolo come ad altri di affaticarsi in farsi recuperar danari et ampliar Tutele . . .

Die vi. augusti mdcxxiii. (sauoni.) Hauendo uisto noi uisdomini del fontego di Todescbi infrascritti le compartite di sauoni . . .

mdcxxvi. a xii. giugno. (regolatori alla scrittura.)

Noi regolatori alla scrittura infrascritti in uista della parte dell'

eccellentissirao consiglio di x. et eccellentissimo senato n. decembre

mdlxxxi., vii. giugno mdlxxxviii. et ix. del corrente a noi comesse:

comettemo a uoi Gio: Antonio Volpin nodaro dell' officio del fontego

che in peua .... non dobbiate notar per alcun modo . . .

.... sopra i libri dell' officio uostro elettione alcuna . . .

mdcxxvi. a' xim. agosto in pregadi. (esatione del danaro.) Essendo uecessario per buona regola da tenersi nella essatione del pu- blico danaro del magistiato dei uisdomini . . .

Copia tratta dal notatorio existente nell officio di x. officii.

Adi im febraio mdcxxv. Li illustrissimi signori Pietro Foscarini, Piero Priuli et s. Gaspare Querini honorandi proueditori alli x. offitii aldido linterueniente di d. Zorzi Vitte con l'eccellenti suoi auocati dimandante esser liberato ed essatto dal debito . . .

mdcxxvi. xxin. giugno. Reduto il collegio degli illustrissimi signori sauii sopra le decime in Rialto al uumero di vm. compresi li illustrissimi signori Francesco

Michiel tre sauii sopra li conti aldido d. Francesco Usubeli in-

terueniente per nome delli eredi di . . d. Zorzi Vitte . . .

mdcxxvii. xix. zugno in pregadi. (essemtoria del fontego.) Essendo molto ben ragioneuole che quel ordine in uirtu delli antichi publici decreti inuiolabilmente se obserua della essemptoria del fontego . . .

79

1637.

10. decembre.

1641.

27. gennaio.

1641.

7. settembre.

1641.

22.

nouembre.

1641.

22.

nouembre.

2ÖT

1641. decembre.

(1641.) (5. febbraio.)

Landera parte che per lauuenire tutte le mercantie che saranno qui sotto annotate ....

Douendo obuiarsi alle fraudi . . .

Segue il nome de le merzi . . .

Adi x. decembre mdcxxxvii. (regolatori alla scrittura.) Volendo gli illustrissimi signori regolatori alla scrittura imporre ordini che uagliano a migliorare le regole et forme nel tener la scrittura hanno ordinato . . .

Adi xxvii. genaro mdcxxxxi. Li illustrissimi signori uisdomini infiascritti al fontego di Todeschi

concedemo per esperientia de esserci bisogno nel loro officio-

di un carter . . .

mdcxxxxi. vn. settembre. Noi regolatori alla scrittura infrascripti inherendo per quanto in altri casi simili e stato praticato cometemo a uoi scontro dell' officio

che dobiate meter nel foglio solito . . . . il nome di Giusto«

q. Giacomo Bon masser . . .

Redution del collegio delli sauseri ordinari per far eletion del pre- sidente et del ragionato di essi sanseri.

Adi xxii. nouembre mdcxxxxi. Conuocato il congresso di sanseri ordinari . . .

Terminatione delli illustrissimi et eccellentissimi sig- nori cinque saui alla mercantia et reuisori et regola- tori de i dacii per essecutione delle parti prese nelP eccellentissimo senato mdcxxxx. xxii. decembre^ mdcxxxxi. xxyiii. settembre et xx. decembre. In materia della regolatioue del datio del fontego di Todeschi. Douendosi per buona regola del dacio del fontego . . .

1. Che in conformita della parte dell' eccellentissimo collegio di datii . . .

2. Che dal soprastante che e destinato all' aprir delli colli . . ..

3. Che tr.tti quelli ministri, capi di tessera . . .

4. Che li ministri o spedizioneri a chi si aspetta . . .

5. Che nella stima che occorera a farsi . . .

6. Che il soprastante dell' eccellentissimo consiglio di x

80

1641.

5. febbraio-

1641.

5. febbraio.

1643.

16. settembre.

7. Che nelle bollette, che in auenire si faranno a Verona ...»

8. Che l'essecutione dell ordine sopradetto debba principiare . . .

9. Che ritrouandosi dopo il terinine sopradetto . . .

10. Che inherendo alla deliberazione dell' excellentissimo . . .

11. Che il soprastante destinato per questo effetto . . .

12. Che essendo ritrouate mercantie destinate per li lochi sudetti . . .

13. Che per cautar maggiormente il publico dalle contrafationi . . .

14. Che dal riuerso delle bollette quando i carichefa la mercantia . . .

15. Che trouandosi da officiali simil bolette . . .

16. Che il palatiero oue passeranno simil bolette . . .

17. Che le bollette che se fano per Mestre . . .

18. Che al carico del soprastante in fontego dell' uscida dall' eccellentissimo consiglio di x. . . .

19. Che i mercanti che fanno bollette in fontego di mercantie . . .

20. Et quanto al decimo capitolo delle regolatione xxviii. set- tembrio . . .

21. Et da mo sia preso che sia data facolta ai reuisori et rego- latori sopra i datii . . .

(Firme delle parte mdcxxxxi. v. febbraio.) s. Antouio Venier s. Zuane Moro

s. Francesco Corner cau. \ saui alla mercantia. s. Lorenzo Dolfin l

s. Bernardo Kenier

8. Carlo Contarini s. Polo Dandolo s. Aluise Mocenigo IL s. Piero Giustinian s. Antonio Lipomano

reuisori et regolatori sopra li datii.

Adi v. febbraio mdcxxxxi. Riferi s. Zuane Pisenti comandador hauer sopra le scale di s. Marco e Rialto publicata la soprascritta parte in tutto e per tutto come sta e giace alle ore solite.

Adi xvi. settembrio mdcxxxxiii. (saponi.) Hauendo li illustrissimi signori Nadal Duodo ueduto le comparti che si fanno di sauoni . . .

uicedomini

I

1567.

24. marzo.

1657.

22

decembre

1621.

11.

settembre.

1657.

22.

decembre.

1659.

7. giugno.

1659. 21. giugno.

1659.

20. settembre.

1661. 11. aprile.

MDLXvn. xxiiii. marzo in pregadi. (dacii publici.) Di quanta importanzia m al buon gouerno delli stati la conser- uatione del danaro publico . . .

Adi xxn. decembre mdclvii. Ilegistrata nel capitular corrente del magistrato degli illustrissimi et eccellentissimi signori gouernatori delle intrade a carte lxxxxix.

mdcxxi. xi. settembre in pregadi. Hanno alcuni conduttori de dacii de sali sotto pretesto di nuoue proposte o partiti ottenute nel collegio del sale bonificationi . . .

Registrata nel capitular corrente

a carte lxxxxix.

mdclviiii. adi vn. giugno in pregadi. Sopra a disordini che a pregiuditio de publici datii uengono praticati et che restarono dalla uirtu dell' inquisitor Erizzo . . .

mdclix. xxi. giugno in pregadi. Che alla parte presa in questo conseglio sotto li xxxi. maggio passato in proposito di douersi annotare supra quadri separati le mer- cantie . . .

mdclix. xx. settembre in pregadi. Ad oggetto di reprimere li disordini et fraudi che con pregiuditio essentialissimo delle publiche rendite e del datio importante del fontego . . .

Adi xi. aprile mdclxi. (legnami laborati.) Vedendo li illustrissimi uisdomini infrascritti esser totalmente pas- sato in obliuione le buone regole, che gia nel presente magistrato si teneuano circa l'espeditione de legnami lauorati . . .

II serenissimo principe fa sapere ... Et per termination dell' illustrissimi signori uicedomini al fontego di Todeschi si fa pubblicamente intender a cadaun barcarolo, marinaro, negotiante che conduce o fa in qualsia modo condure in questa citta legnami lauorati che uenghino estratti da luochi dell' Imperio . . .

1661. Noi uice domini al fontego di Todeschi:

11. aprile. Comettemo a uoi soprastante al far le bollette alli castelli et ad

altri luochi . . . Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. I. Abth. 1 1

82

1659.

31. maggio.

1678.

28. marzo.

1686. 26. aprile.

1686.

2. maggio.

1688. 26. agosto.

1689. 30. gennaio.

1689 10. febbraiö.

1689. 11. l'ebbraio.

Copia di contenuto in deliberazione dell' eccellentissimo senato

di xxxi. maggio mdclix. Et aggiungendo piu sempre il medesirao magistrato a gl'ogli, gradi

a se stesso di merito et alla serenissima signoria di uantaggio

altro notabile inconueniente osseruato praticarsi nelle condotte di al- cune mercantie nelle quali uengono confusi li datii . . .

mdclxxviii. xxviii. marzo. La sottoscritta boletta di pellame da uarotter fu pretesa spedirsi a doana da terra da quel daeiero et si diffese il signor Gio. Cortinoui gouernator del dacio del fontego . . .

Die xxvi. aprile mdclxxxvi. L'illustrissimi signori uicedomini del fontico de' Todeschi infra- scritti udito domino Francesco Christoforo Amtman, console della natione

Alemanna, dicendoli che essendoli stato concesse camere in

ditto fontico .... et essendosi ritrouata in detta camera una cassella bislonga serata . . . si ritrouo esserui dentro un corno d'unicorno . . .

mdclxxxvi. ii. maggio. L'illustrissimi signori uisdomini in fontico di Todeschi infrascritti aldido domino Francesco Cristoforo Amtman console dicente che non intende hauer piu carte ne tener la sudetta cassella ....

mdclxxxviii. xxvi. agosto. Presentation alla cancellaria ducal insieme con un protocollo et intimatione com in quello . .

mdcxxxix. xxx. genaro. L'illustrissimi signori uisdomini di fontico di Todeschi infrascritti che in esecuzione della terminatione sopradetta, hanno ordinato che

detto corno di unicorno sia riposto nel conuento dei reuerendi

padri del Carmine . . .

mdclxxxix. x. febraro. De ordeni delli illustrissimi signori uisdomini di fontego di Todeschi si fa commandamento a uoi donna Anna Hizzel relitta del console dorn. Francesco Amtman ....

mdclxxxix. xi. febraro. Costituito in officio il signore Zuane Haurocher, e per nome della signora Anna Hizzel . . .

83

1671.

15. luglio.

1671. 15. luglio.

1675.

31. agosto.

1675.

20. setteuibre.

MDCLXXI. XV. luglio.

Tariffa stabilita per il fontico di quanto douera esser stimate le marcantie per uscida come in essa con il rilascio di im. per cento sopra la stima delle lastre e specchi et di dieci per cento sopra l'altre mer- cantie alli soli nationali priuileggiati ....

mdclxxi. xv. luglio

Gli illustrissimi et eccellentissimi signori cinque sauii alla mer- cantia ....

Che il pagamento del datio di uscita nel fontego di Todescbi . . . Che delli gottoni mandole galle .... Che nel espeditione per uscita .... Che per li soli uetri di Muran .... Che finalmente per leuar quelli abusi . . .

(Regolatione della tariffa : priuilegio della natione Alemanna.) mdclxxv. adi xxxi. agosto in pregadi.

Unitasi la rassegnatione e prudenza de due magistrati de cinque sauii alla mercantia e regolatori de datii . . .

Landera parte che resti la regolatione della tariffa . . .

Resta in oltre stabilito che a essi soli Alemanni pero partecipanti del capitolo sii bonificato ....

E perche e publica intentione che li stessi nationali Alemanni . . .

Restando per gratioso priuilegio che la benignita publica concede alla natione . . .

Ad effetto di che douendosi stabilire una puntual liquidatione . . .

Douera esser sempre affissa in fontico uisibilmente li nomi de nationali stessi participanti del capitolo . . .

Osseruandosi inoltre redotta a summa insensibile la rendita del datio ...

Questo decreto che tiene per oggetto laumento del negotio e la conseruatione in questa citta della natione Alemanna . . .

E perche dalle considerationi de suddetti magistrati si comprende . . .

Gianfrancesco Giacomazzi nodaro ducale.

Termin atione del colleggio eccellentissimo dei signori cinque sauii alla mercantia e reuisori e regolatori de datii in materia della regolatione del fontico de Todeschi. mdclxxv. xx. settembre. Li illustrissimi et eccellentissimi signori cinque sauii alla mercantia

e reuisori e regolatori hanno terminato che salue nelle altre

11*

84

1543. 10. giugno.

1682. 25. luglio.

16S7.

21. lebbraio.

1694.

13. marzo.

1507.

5. febbraio.

parti la sudetta terrainatione sia leuata la obligatione di dichiarar la qualita specifica delle mercantie . . .

Item che rauiuandosi la parte dell' eccellentissimo collegio mdxliii. x. zugno ....

Ma perche si deue anche prouedere che non possono in conto al- cuno essere defraudate le publiche ragioni . . .

Parte presa nell' eccellentissimo consiglio di pregadi che con- ferma alli mercanti nationali i loro priuilegi et il poter espedir in fontico tutte le mercantie che introduranno e li saranno adrizzate da quäl si uoglia paese. mdclxxxii xxv. luglio in pregadi.

Esaminata pesatamente da reuisori la pratica della

natione Alemanna stabilita in questa citta per la speditione delle mer- cantie che introducono . . .

Landera parte che il datio del fontico di Todeschi . . . E perche e intention pubblica che da medemi non si presti ad al- cuu il nome . . .

(esention e minoration del dacio.) mdclxxxvii. xxi. febraro in pregadi. La benemerita nation Alemanna la sempre goduto le destintioni

del publico affetto supplicando che resti per estesa al fontico

de Todeschi l'esention e minoration del datio . . .

Landera parte che per atto della solita benignita di questo con- siglio resti dechiarito che le mercantie che si estragono dal fontico de Todeschi per terre aliene habbino a bonficarsi nel datio d'uscita ....

mdclxxxxiiii. xin. marzo. Rapresentato agli illustiissimi et eccellentissimi signori ragionati reuisori et inquisitori sopra datii dal zelo degli illustrissimi signori uis- domini al fontico de Todeschi il disordine importantissimo della man- canza di sopra tre mille seicento quadri di bollette . . .

Consegnatione delle camere noue a mercanti Todeschi per li proueditori al sal. mcccccvii. adi vn. febbraro. De comandamento de mis. Marco Tiepolo proueditor al sal depu- tato alla fabbrica del fontego di Todeschi . . .

85

1508. 12. marzo.

1694.

17. masrsrio.

1694. _ 16. giugno.

1698. 5. aprile-

1704.

10. marzo.

1738. 19. aprile.

Consegnation de magazini a mercanti.

mcccccviii. adi xii. marzo. Magazeni e uolte del fontego nouo consegnade a mercanti. N. 1. s. Bulfardo Negro . . .

A xvn. maggio mdclxxxxiiii. La sudetta consegnatione e stata qui registrata di ordine delli eccellentissimi signori uisdomini del presente eccellentissimo magistrato et per copia hauta dal siguor cousole del fontego del magistrato eccel- lentissimo del sal . . .

mdclxxxxiiii. a xvi zugoo. (bollette.) Veduto da signori eccellentissimi che Sebastian Persuto scriuan alla Chiusa habbino trascurato di registrare sopra i libri delle bollette delle mercantie di fonticho di Todeschi quelle bolette . . .

mdclxxxxviii. v. aprile. (magistrato del sindico.) Udito il magistrato del sindico e giudice estraordinario che in

essecutione delle leggi sia dalla serenissima signoria confir-

mato il comandamento et contrasuspensione per il loro magistrato . . . Et dall' altra uditi li signori uisdomini al fontico di Todeschi di-

mandanti humilmente la reuocatione della suspensione del magistrato

del sindico ....

Fu posto il bossolo bianco per il magistrato del sindico et il uerde

per il magistrato del fontico et il rosso non sinciero, e fu preso nel

uerde.

(in materia della publica esatione.)

Terminatione dell' illustrissimi et eccellentissimi signori inqui- sitori alli gouernatori dell' intrade delli x. marzo mdcciiii., approuato dall' eccellentissimo senato xxn. marzo sudetto. Gli illustrissimi et excellentissimi signori inquisitori alli

gouernatori delle intrade resta raccomandata l'impor-

tante materia della publica esatione.

(defraudazioni.)

mdccxxxviii. xix. aprile in pregadi. Le grauissime dilapidationi, che per la rapacita e per l'infedelta dei ministri affliggono in tante e si strane guise la publica economia crebbero ora mai a dismisura tale onde non senza ragioneuole fondamento poter sospettarsi che per cosi fatta infettione di tutte le casse di questa dominante alcuna non ne rimanga incontaminata e sicura . . .

86

1738.

6. giugno.

1738.

6. giugno.

1661.

11. giugno.

mdccxxxviii. vi. giugno. (reuision delle casse.)

Auendo conosciuto gli illustrissimi et eccellentissimi signori inqui- sitori alla reuision delle casse negl'incontri sin hora fatti ne libri di uari magistrati che se si fosse mantenuta l'istessa constanza nella esecution

delle leggi quanto fu usata prudenza nel stabilirle et auendo

riscontrato per la maggior parte ineseguito il trasunto delle parti del senato e dell' eccellentissimo consiglio di x. che per ordine del nobil- homo ser Ottauian Malipiero fu inquisitor sopra la reuisione delle casse e stato compilato nell' anno mdclxi. . . .

Andrea Memo kav. inquisitor.

Polo Renier inquisitor.

Michele Priuli inquisitor.

Candido Querini nodaro.

Ordeni e trassunto di parti dell' eccellentissimo senato et eccel-

lentissimo conseglio di dieci fatti publicare da noi Ottauian

Malipiero inquisitor alli signori gouernatori delle intrade sopra

la reuis.on delle casse di publica esation.

In esecution della parte dell'eccellentissimo senato xi. zugno mdclxi. In materia di giro di scrittura, saldi di casse, e maneggio di publico danaro da essere inuiolabilmente obbediti per li cassieri, scontri, quadernieri, contadori, massari, e cadaun altro. I. Che oltre a quello che con somma prudenza dell' eccellentissimo

consiglio di dieci e stato sotto li xxvi. aprille passato decretato

circa li cassieri de magistrati . . . ii. Che non possino girar partite d'alcuna sorte se non sopra li

libri . . . in. Che non possino girar partita alcuna e senza la presenza di

chi contassa il danaro . . . im. Che le copie delle partite non possino esser date fuori . . . v. Che li cassieri che conterano danaro a conto del scosso . . . vi. Che non possino far scriuere in bauco da suoi ministri . . . vn. Che siino obligati saldar le loro casse . . . vm. Che non permettino che sii riscosso danaro de loro ministri a

parte . . . ix. Che li scontri, quadernieri e contadori debbino puntualmente

obbedire . . . x. Che non permettino che sii portato auanti il far il saldo delle

casse . xi. Che li contadori debbano pagar delle monede che riscuotano . . .

87

XII.

XIII.

XIV.

XV.

XVI.

XVII.

XVIII.

XIX.

XX.

XXI.

XXII. XXIII. XXIV.

XXV.

XXVI.

XXVII.

XXVIII.

XXIX.

XXX.

XXXI. XXXII.

Che in nessun modo li scontri permettino che li cassieri fac- ciano de casse, una dietro l'altra . . . Che non possi scuoder in una cassa se prima non sara saldata la precedente . . .

Che nelli giri delle partite siino espresse le summe

del danaro girato, il nome del cassiero . . .

Che non si possino far riceuute ne fogli o copie di partite.

Che ogni datio debbi auer li suoi libri separati . . .

Che tutte le bolette e suoi scontri, siino stampate e numerate.

Che in tutti li magistrati d'esatione debbino li cassieri . . .

Che li quadernieri debbano puntualmente metter in la scrittura . . .

Che non siino eseguite le leggi dalli magistrati . . .

Che tutti li publici libri siino cartati, bolati e ad ogni faciata

numerati ...

Che tutti li libri .... stiino nelli magistrati ...

Che saldati li datii alle raggion noue . . .

Che tutti li predetti libri restino consegnati alli

masseri ...

Che nelli mensuali, doue si scuodono bollette numerate . . . Che li cassieri debbano tener un libro cartato e bollatto . . . Che tanto li cassieri quanto li scontri quadernieri contadori e massari siino obligati ossernar ed ubbidir non solo tutti li pre- ditti ordini . . .

si aggiunge: Tutti quelli che per qualunque ragione farano pagamento . . . Cadaun giorno che si ridura il cassiero . . . In quegli uffitii poi ne quali, quelli che contano il danaro . . . Per li quadernieri poi oltre lobligo che tengono per le leggi . . . E perche sia ad uniuersale notitia .... douera . . . . oue le casse si tengono ... tenersi affisso il seguente cartello: . . .

1747.

18. marzo.

Signori pagadori. Osseruate a scriuer le partite ne libri bollati del danaro che da uoi sara contato perche in caso d'ommissione d'alcuna partita, sarete tenuti a nuouo pagamento giusto dl decreto di approuazione delV eccelso senato de di XXIX. maggio MDCCXXXVIII.

Adi xviii. marzo mdccxxxxvii. D'ordine degli illustrissimi signori uisdomini del presente officio si fa nota in capitolar qualmente attrouasi nel detto officio una foghera di bronzo ...

88

1787.

15. decembre.

1787.

20. decembre.

1789.

17. decembre.

mdcclxxxvii. xv. decembre. (dispeasioni di soldo.) Noi Zuanne Pesaro inquisitor alle reuision et appuntador: Disposte dall' autorita dell' eccellentissimo senato coa il decreto xxix. nouembre proximo passato le iraponenti sue determinationi sopra l'argomento grauissimo delle rileuanti dispensioni di soldo recentemente scoperte sotto il titolo di largizioni . . . Donato il piu raaturo rifflesso . . . i. Si fa publicamente manifesto, che sia proibito a qualsisia ma-

gistrato di segnar atto .... per esborsi . . .

ii. Li secretari fiscali .... che formasseno atti . . . in. E perche le prescrizioni emanate . . .

im. Rissoluto essendo dalla publica uolonta che da qualunque cassa seguir non abbiano . . . V. Alla uerinVatione delli publici rissoluti commandi . . . vi. A conseguirne di queste prescrizioni rimmancabile suo adempi-

mento . . . vii. La disciplina imposta coli' articolo precedente . . . Till. Adempite da ragionati reuisori et appuntadori suddetti le re- uisioni '. . . ix. Affinche pero non manchino alli ragionati . . . . Ii mezzi . . x. Riportato che abbia la presente terminatione il sourano publico assenso . . . Zuanne Pesaro inquisitor.

Approuata con decreto dell' eccellentissimo senato xx. decembre mdcclxxxvii.

mdcclxxxix. xvii. decembre in pregadi. (sensali di Rialto.)

Riconosciuta dalla sapienza de maggiori nostri l'importanza e ge- losia dell' officio de sensali ordinarii di Rialto . . .

Frenato cosi in ordiue alle leggi l'inualso arbitrio del raetodo della elezione . . .

Omissis :

E delle presenti sia data copia . . .

Giacomo Zon notaio ducale.

Gl' illustrissimi ed eccellentissimi signori gouernatori delle intrade e uisdomini al fontico di Todeschi . . .

89

1683.

19. giugno.

1792. 21. agosto.

1793.

16. maggio.

1793

24. maggio.

Essendo prossima a consumarsi la disposizione delli xxx. numeri soliti darsi all' officio di sensali ordiDarii in Kialto . . . Francesco Dandolo uice dominus cassier. Zusto Antonio Zorzi uice dominus. Antonio Condulmer uice dominus. Orio Partecipazio Badoer uice dominus. Andrea Bon uice dominus.

Serenissimo principe. Inerendo al uenerato decreto di uostra serenita xxviii. luglio de-

corso alla precedente sua deliberazione mdclxxxiii. xix. giugno

rapporto ai xxx. sensali . . .

(elezion de' sensali.)

Gli illustrissimi et eccellentissimi signori gouernatori delle in-

trade e uisdomini al fontico di Todeschi. Incaricati li magistrati de gouernatori delle intrade e uisdomini

del fontico rapporto ai requisiti tutti occorrenti per essercitar

l'officio di Sensale nelle uenture elezioni delli xxx. sensali . . . Benetto Molin uice dominus gouernator delle intrade. Siluestro Valier gouernator delle intrade. Girolamo Dona gouernator delle intrade. Francesco Dandolo uice dominus. Orio Partecipazio Badoer uice dominus. Antonio Condulmer uice dominus. Giacomo Lorenzo Soranzo uice dominus. Angelo Cicogna uice dominus.

MDCCXcm. xvi. maggio in pregadi. Agradito riscontro de benemeriti e diligenti prestati studi, pre- senta al senato uell' ora intesa scrittura il magistrato de proueditori di comun preside del collegio deputato alla elezion de sensali . . .

Serenissimo principe. Adempie l'obbedienza nostra al commando di uostra signoria .... ; di estendere articolata terminatione comprendente li metodi e le discipline Abh. d. I. Cl. d. k. Ak d. Wiss. XIV. Bd. I. Abth. 12

90

1793.

8. agosto.

1790.

16. settembre.

1794.

22. gennaio.

da osseruarsi nell' auuenire al caso di uacanza di alcuno di trenta sensali . . .

Orazio Dolce gouernador.

Domenico Marcello gouernador. t Marco Corner gouernador.

Vicenzo Antonio Bragadin uice dominus.

Agostino Pizzomano uice dominus.

Angelo Cicogna uice dominus.

Zuanne Barbaro uice dominus.

Giacomo Lorenzo Soranzo uice dominus.

Gl'illustrissimi eccellentissimi signori gouernatori delle intrade et uisdomini del fontico de Todeschi.

Prescritto essendo dalli decreti che la sola norma anche

per le elezioni in auuenire de trenta sensali . . . seguono le stesse firme di sopra.

mdcclxxxxiii. vm. agosto in pregadi. Prestatisi con merito ed esattezza li magistrati di gouernatori dell'

intrade esecutiuamente al decreto xvi. maggio ultimo decorso

all' estesa ed articolata terminazione comprendente li metodi et discipline da osseruarsi nelle elezioni al caso di uacanza di alcuno di xxx. sensali . . .

La parte mdcclxxxx. xvi. settembre in pregadi e un brano di terminazione che prescriue ai magistrati: „non douer far alcun passo ne segnare atto in affari ciuili o giuditiari ,,attiui o passiui contro qualsisia figura, corpo o indiuiduo se prima ,,non sia rappresentata l'emergenza a questo consiglio (cioe pregadi).

Omissis: Ma sicome in tale uertenza come in altri casi anteriori si dessu- mono esposti gli oggetti importanti della publica cassa . . .

mdcclxxxxiiii. xxii. gennaro in pregadi. Incontrata dal magistrato de proueditori sopra beni inculti come rappresente nella sua scrittüra la spesa di lire 1127. 10. in consultazioni stampe et altro per l'intromissione di due decreti che assentiuauo alla estrazione di quadretti cento di acqua della Piaue troua conueniente il senato . . .

91

1797.

24. ottobre.

1797.

3. novembre.

1797.

24. novembre.

1797.

22. decembre.

Liberta Eguaglianza.

II comitato banco giro commercio ed arti. Udita la petizione delli due cittadini gouernatori delle dogane da terra e fontico di Todeschi, e riconoscendo giusto, che abbiano ad esigere le loro indennizzazioni intiere e senza ritardi . . .

Liberta Eguaglianza.

II comitato banco giro commercio ed arti.

Udita la petizione dei ministri, scontro, contador, capo tessere, masser e fante della dogana fontico di Todeschi, e riconoscendo giusto al con- seguimento delle loro indennizzazioni . . .

Liberta. Eguaglianza.

In nome della souranita del popolo II comitato banco giro commercio ed arti.

Udita la uocal petizione del cittadino üio. Maria Memo attual de- putato ai bollettini di Mestre per la dogana fontico di Todeschi ricer- cante di ottener dalla cassa della dogana medesima la mensual inden- nizzazione . . .

Liberta. Eguaglianza.

La municipalita prouisoria di Venezia. Udito il rapporto del comitato banco giro, commercio ed arti, relatiuo al carico di contador alla dogana fontico Todeschi

Decreta:

Che sia prouuisoriamente sospesa l'esecuzione dell'ex seDato x. aprile mdcclxvi. sieche 1' attual esercente cittadino Giuseppe Rinaldi continui ad esiger li assegui appartementi al sudetto carico nella loro integrita come li esiggeua prima del mese di gennaio mdcclxxxxvi. ne possa per occasione del sudetto decreto esser astretto a rifusura aleuna in cassa nazionale saluo per altro ad esso il debito di pagar alla cassa stessa, la metta del netto sopra tutti gli assegni surrifferiti, e cio tanto per l'auuenire, quanto per il passato se non l'auesse eseguito. preso per appello nominale.

Data li xxii. decembre mdcclxxxxvh.

Martinelli,

Presidente.

Marchetti,

Segretario per copia conforme.

92

Anmerkung,

Die Zeitrechnung dieses Capitulars hält durchweg den venetianischen Gebrauch fest, wonach das Jahr mit dem Monat März beginnt: es muss demgemäss bei allen Daten der Monate Januar und Februar 1 zur Jahreszahl addirt werden, um die Ueber ein Stim- mung mit der gemeinen christlichen Zeitrechnung herzustellen.

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93

Blattweiser

zum Vergleichen des vorstehenden Registers mit dem Standort der Stücke des Capitulars

in der Handschrift selbst.

Seiten

des

gedruckten

Registers.

Seiten

der

Handschrift.

Seiten

des gedruckten Registers.

Seiten

der

Handschrift.

Seiten

des

gedruckten

Registers.

Seiten

der

Handschrift.

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135a _ 136a

Abh. d. I. Cl d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. I. Abth

13

Alexander in Aegypten.

Von

Dr. Lauth.

(M i t einer Tafel.)

Abh. d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. I. Abtk. 14

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Zur Abhandlung »Alexander in Aegyjiten* von Dr Lauth.

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Alexander in Aegypten.

Von

Dr. Lauth.

(Mit einer Tafel.)

Wenn es sich um Berühmtheiten des Alterthums handelt, so kommt sicherlich Niemand eher in Betracht, als Alexander der Grosse, der Verehrer Homers als des Heroldes Achillei'schen Ruhmes, der Schüler des Aristoteles, der Gegenstand abgöttischer Verehrung z, B. des Kaisers Septimius Severus, worüber ich am Schlüsse dieser Abhandlung Einiges beibringen werde.

Indess , wie es bei mancher anderen Berühmtheit zu geschehen pflegt, sobald man der Sache auf den Grund sehen will, zerfliesst der Nimbus auch in Betreff Alexanders des Grossen. Nicht als ob ich seine Thaten in Abrede stellen wollte diese gehören unwiderruflich der Geschichte an allein bis jetzt ist von Seite der Aegyptologie, geschweige denn der classischen Philologie, kein Denkmal, keine Urkunde auf- gezeigt, wodurch die Existenz des grossen Macedoniers in Aegypten von einem Zeitgenossen constatirt würde. Zwar wird derselbe häufig erwähnt z. B. in der Rosettana und Tanitica bei Gelegenheit des Datums, wo die Priesterthümer als chronologische Indicatoren aufgeführt und durch die grössere oder kleinere Reihenfolge der Ptolemäer hindurch bis auf den Begründer ihrer Dynastie d. h. Alexandros rückschreitend fortgesetzt werden. Aber dies könnte ja auch einem mythischen Herrscher gelten!

Wie genügsam die sogenannte gelehrte Welt ist, hat der Zusatz „Sohn Amon's" in seinem Namensringe bewiesen : man glaubte dadurch den Widder köpf oder doch die Widder hörner am Haupte Alexander's

14*

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auf vielen seiner Münzen hinlänglich rnotivirt zu haben. Allein es trifft sich unglücklicherweise, dass dieser Amon, dessen Sohn Alexander genannt wird, regelmässig mit menschlichem Haupte und dem Aufsatze der Doppelfeder dargestellt wird, also keine Spur von Widder- hörnern zeigt. Es muss folglich die Thatsache, dass Alexander's Kopf den Schmuck oder das Emblem der W i d d e r hörner erhielt, aus anderen Quellen erläutert werden. Schon dieser Umstand allein hätte eine neue Behandlung des Gegenstandes gerechtfertigt und man wird das Gewicht meines Novums ermessen, wenn ich behaupte und beweise, dass Alexander der Grosse in Aegypten den Beinamen „der Bock" er- halten hatte und demgemäss die bildliche Darstellung desselben auf Münzen und sonst in der Kunst begreiflich werden.

Ausserdem werde ich aber auch Denkmäler und Urkunden, vorder- hand fünf an Zahl, vorführen, die von Zeitgenossen Alexanders her- rühren und auf denen seine Eigentümlichkeit als ,,Bock" oder ,,Widder'; zum Ausdruck gelangt ist. Den Weg zur Ermittlung dieses durchaus neuen Beweismateriales bahnte ich mir durch meinen Artikel „Aenig- matische Schrift" (Zeitschrift für ägypt. Spr. 1866) der für die Ent- zifferung der ptolemäischen Inschriften entscheidend geworden ist auch die viel älteren Texte in den Königsgräbern von Biban-el-Moluk wurden dadurch dem Verständniss erschlossen sowie durch gewissen- hafte Beachtung der demotischen Schriftart. Möge dieser Prospect einstweilen genügen !

Bei dem gegenwärtigen Stande der Aegyptologie ist es einerseits nicht allzu verwegen, andererseits ein wirkliches Bedürfniss der Wissenschaft, zusammenhängende grössere Texte philologisch zu zergliedern, besonders wenn dieselben wohlerhalten und als ein Ganzes überliefert sind, um so allmälig zu einer motivirten Ansicht über die altägyptische Litteratur zu gelangen. Habe ich schon in meinen bisherigen academischen Ab- handlungen dieses Bestreben zu verwirklichen gesucht, so wTar seit längerer Zeit mein Augenmerk auf die grosse Inschrift in Miramar gerichtet, umsomehr, als H. Dr. Reinisch, der verdienstvolle Herausgeber der betreffenden Sammlung1), Seite 258 seines gelehrten Werkes,

1) „Die ägyptischen Denkmäler in Miramar." Wien 1865. W. Braumüller.

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darüber nur Folgendes bemerkt hat: „No. 36 Stele (Grabstein), 53 Zoll Länge und 15 Zoll Höhe, aus der letzten Zeit der ägyptischen Herr- schaft. Die Person, für welche dieselbe bestimmt wurde, war die Haus- frau B a n t i - t'a- T a u d , die Tochter der Hausfrau T'a - A m u n (Taf. XLTII). Die Inschrift enthält für mich eine Reihe unverständlicher Stellen, da- her ich es noch nicht wagen kann, eine Uebersetzung derselben hier schon zu liefern".

Diese Zurückhaltung meines Herrn Collegen vor eilf Jahren, während deren die Entzifferung ungeahnte Fortschritte gemacht hat, wurde diesem Texte gegenüber auch von den übrigen Aegyptologen seither beobachtet, aus dem triftigen Grunde, weil hier jene Zeichenwahl vor- liegt, welche man die der basse epoque zu nennen pflegt. Sie enthält viele geradezu änigmatische Elemente, herübergenommen aus der altern Räthselschrift, über welche ich in der „Zeitschrift für ägyptische Sprache und Alterthumskunde" 1866 einige solide Beispiele beigebracht habe. In seinem Lexicon hat H. Dr. Brugsch natürlich auch manche Gruppen dieses Textes erwähnt und einige Stellen übersetzt, die ich in meinem Commentare gebührend würdigen werde. Nehmen wir noch hinzu, dass ich in genannter Zeitschrift eine Stelle der 5. Zeile mit vier ver- schiedenen Bezeichnungen für die Nekropolis besprochen habe, worüber auch H. Le Page-Renouf ebendaselbst zu vergleichen ist, und dass H. Goodwin einige Sätzchen daraus übersetzt hat, so ist das eigentlich Litterar-Historische unseres Textes erschöpft.

lieber den Fundort des Denkmals, eines rechtwinkligen Steines, dessen Form, an einen aufgerollten Papyrus erinnert, bemerkt H. Dr. Reinisch in seiner Vorrede (p. IX), dass der kaiserliche Prinz (Erzherzog Maximilian, der nachmalige Kaiser von Mexico) statt anderer vom damaligen Vicekönige freigebigst angebotener Geschenke, sich aus dem Museum von Cairo (Bulaq) diejenigen Antiquitäten auswählte, welche gegenwärtig im Schlosse Miramar sich befinden. Ich hoffe zu beweisen, dass unser Denkmal aus Saqqarah stammt.

In dem ersten meiner „Aegyptischen Reisebriefe2)" habe ich mich darüber so geäussert: ,, Diese Grabstele eignete .... einer vornehmen

2) Allgemeine Zeitung, Beilage vom 2. Januar 1873 p. 30.

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Frau, der Gemahlin eines hohen Würdenträgers in Memphis. Statt ihres Namens erscheint im hieroglyphischen Theile (zu Anfang) bloss der Ehrentitel „Hausherrin", wie die ägyptischen Hausfrauen allgemein bezeichnet wurden, was uns einen Einblick in die socialen Verhältnisse und die hohe Culturstufe der Aegypter gewinnen lässt. Durch die unter- halb angebrachte demotische Zeile erfahren wir auch ihren Eigennamen : T-se-n-pa-onch „die Tochter des Lebens". Ihr Gatte führte die Titel „Augen- und Ohrenpaar des Königs", er hatte also für den Herrscher gleichsam zu hören und zu schauen. Der König selbst ist (im hiero- glyphischen Theile oben) nicht genannt ausser mit dem Epitheton ßan-tut(-nef) „der Unvergleichliche". Im Zusammenhalte mit den Namen der schönen Wiener Sarkophage: des Pnohemisis und Nes-Schu- Tefnut, Sohn des Anhuramu aus der Zeit der 30. Dynastie, sowie in Berücksichtigung des Passus (unserer Inschrift) „der königliche Sperber, dessen Ruhm beide Welten erfüllt", dürfte dieses Denkmal von Miramar auf Alexander d. Gr. gedeutet werden. Der Text ist sehr lehrreich für die hohe Stellung der ägyptischen Frauen (wodurch sich Altägypten vom jetzigen Orient vortheilhaft auszeichnet) und die vielen Stellen, wo die betreffende mit mütterlichem Stolze der Würden ihres Sohnes erwähnt, bieten ein ganz besonderes Interesse (weil es die Titel des Manetho (Manethoth) sind)u. Es handelt sich nunmehr darum, den hiemit nur skizzirten Inhalt durch eine vollständige Analyse des Textes des Weiteren auszuführen und mit Beweisen zu belegen.

Der Umstand , dass Brugsch in seinem Lexicon p.' 702 unsre Stele der Frau Ta-Thod (Ta-Thoth) zuschreibt, während ich zu Anfang der demotischen Zeile deutlich den weiblichen Namen Tsenpaonch erkenne, könnte zu der Annahme verleiten, als meinten wir verschiedene Denk- mäler, oder als sei ich mit meiner Lesung im Unrecht, da Brugsch, der Begründer des demotischen Studiums, in diesem Falle die Praesumtion für sich hätte. Allein es scheint, dass Brugsch nur den hieroglyphischen

Theil berücksichtigt hat und in diesem findet sich zweimal ~kfj3) Ta-Thod

während ich meinerseits damals nur die demotische Legende Tsenpaonch

3) Im Originale eine sitzende Mannsfigur mit Ibiskopf.

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in's Auge fasate. In dieser doppelten Annahme liegt aber kein Widerspruch, sondern so recht eigentlich der Schlüssel zum Verständnisse dieses äusserst schwierigen Textes. Derselbe ist nämlich durchweg in dem wohlbekannten Parallelismus der Glieder aufgebaut, einer Eigenthüm- lichkeit der poetischen Sprache, die uns durch die häufigen Analoga und Antithesen meist zur Erfassung des Sinnes dunkler Stellen verhilft, wie denn unser Text sich besonders durch gewählte dichterisch zu nennende Diction auszeichnet.

Zur Erleichterung der Uebersicht will ich das Ganze der neun- zeiligen Inschrift von ungefähr 600 Zeichen in sieben Abschnitte (a g) zerlegen , die der Inhalt selbst an die Hand gibt ; den Beschluss hinter der vollständigen Uebersetzung und der historischen Digression soll der Commentar bilden.

I. Uebersetzung.

lin. 1. a. Tsenpaonch , die Hausherrin (Gattin) des Augenpaars vom Könige Oberägyptens, des Basilikogrammaten aller Rechnungen (Rechnungs- kämmerers), des Beamten der Getreidescheune, des Gouverneurs Anhuramu des seeligen Schwester (Gemahlin) des Ohrenpaares vom Könige Unter- ägyptens, des Festsängers und Grammaten vom Könige B antat, dem Un- vergleichlichen (B antut): Tha(nt)-Thot, geboren von der Hausherrin Tha(nt)-Amun der seeligen (gerechtfertigten) (so weit die Rubrik).

b. Sie spricht: 0 ihr Edlen alle, die ihr ein- und ausgehet in Roseta1*) (Niederpforte) der Seele der Seelen (Osiris), der heiligen Gegend des Grossen der Grossen, der Haupttreppe der Horusverehrer, dem grossen Himmelswege der Bewohner der Städte2 (Bürger), dem Rechenschaftshause der Könige Ober- und Unterägyptens, dem westlichen Horizonte, wo der Herr des Himmels untergeht als Atum daselbst3 (Abendsonne): seid willkommen! Es zeigt sich meine Schönheit (Un- schuld) und meine Reinheit daselbst als einer Mumie. Nachdem ihr gelesen zufolge dem Belieben der Gefälligkeit des Herzens4 die Schrift, so vernehmet (ihr) was ich gethan in

*) Vergl. den Commentar.

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lin. 2. meinem Erdeuleben; wünscht es euer Herz4, so widmet das Ohr meinen Erwägungen5, so lauschet meinen Lobpreisungen

c. Der Sonnengott begnadete mich mit allem Glücke, nebst einem meisterlichen Gatten6, nebst Auszeichnung6 (Würdigkeit). Ich wandelte den Weg der Göttin Hathor, ihre Tüchtigkeit war bei meinen Gliedern7. Es war geschrieben in mein Herz zu üben ihre Liebe. Ich ward be- funden (bewährt) in meiner Verdienstlichkeit, dass ich schützte die Frauen der Tempel als ihre Vormauer8. Es waren ihre Herzen voll von mir, mochten sie tragen9 das Gewand der Jugend oder die Hals- kette des Alters10. Ich hörte sie11 mich preisen derowegen ; ich empfing meinen Tribut als Belohnung dafür dass ich schirmte die Wittwen in ihrer Noth12. Es zeichnete mich aus die Herrin der Frauen (Hathor) unter den Bemannten13, sie beförderte mich unter den Jungfrauen13, sie vergrösserte

lin. 3. meine Gunst im Herzen des Basilikogrammaten aller Rech- nungen des gütigen Gottes (Königs), sie besiegelte (bestätigte) mich auf ihrem Gebiete14, auf dem Boden, welcher enthielt das Haus meiner Untergebenen. Sie gewährte dass ich mit ihm war bis zur Stunde, wo umfing seinen Schemen15 das Felsengrab16, in welchem noch Niemand Anderes lag16. Es unterstützte mich hiebei der von mir Entsprossene (Sohn), der Wächter der Füsse seiner Majestät auf seinem Throne. Siehe! er wickelte dessen Leib, umhüllte ihn mit dem Anmiete, gefertigt vom Gotte Anubis17, bekleidete ihn mit dem Gewände der Gebühr, that den Kranz18 der Caerimonien auf ihn, geschmückt zum Besten auf dem Himmelswege hier: sein Vater und seine Mutter freuten sich über seinen Anblick und was seine Ahnen betrifft, so jubelten sie vor ihm her. Denn der Gottesdiener (s. Sohn) bereitete ihm ein Felsengrab16 beim Uebertritte zum Himmel, in mitten der Million und aber Million19 des Horizontes der Einwicklung.

d. Die Hausherrin des Basilikogrammaten, die Gemahlin des Ober- festsängers: Tha-Thot die Gerechtfertigte, spricht: Mein Herz bot ich dar der Tugend20

lin. 4. als ich noch im Zustande des Kindes war. Obwohl ich damals noch nicht verstand Wahrheit und Tugend, so war es mir den- noch in's Herz geschrieben, sie nicht zu verachten. Gnädig desshalb,

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erfreute mich Gott: wegen der Tugend gewährte er (dies21) zum Lohne des Schreiten auf seiner Bahn (Wasserstrasse). Er promovirte meinenSohn zum Oberen des Sitzes von Thot, zum Meister aller Tempel jedes Gottes, zum Buleuten22 in den Götter- häusern des Landes, so dass alle Beamten des im Palaste (Königs) welche seinen Thron umgaben, hinter ihm waren bei der Bedienung des Herrn der beiden Ebenen. Es er- hob ihn in das Land23 mehr als irgend einen der Grossen (Magnaten) welche nahen dem Könige, mehr als dessen Be- gleiter, bei jeder geheimen Berathung24 im Palaste. Es freute sich mein Herz, es erweiterte sich meine Gunst25 (goc), es er- reichte mein Haupt den Himmel, richtend das Gesicht darauf, dass ein Haupt26 von mir (mein Sohn) zu beaufsichtigen hatte ihren Dienst bei dem Herrn der beiden Ebenen.

e. Ich flehte alsdann bei der Herrin der Götter (Hathor) sie ja setzten (lin. 5) Seine göttliche Majestät auf den Sitz des Horus zu bringen den Schrecken sein (von ihm) rings um die Welt, so dass reichte seine Macht bis zu den vier (Enden) des Himmels, dass seine Zeit die des Firmaments, seine Dauer die des Sonnendiscus, die Ausdehnung seiner Königsherrschaft überschwenglich (wäre)27.

Die Herrin (Hathor) vergrösserte meine Einkünfte28 beim Sammeln des Tributes; sie segnete mich mit Beständigkeit meiner Zeitdauer29, es verflossen meine Stunden30 geschmückt, meine (die mir dargebrachte) Libation erstreckte sich bis zum Horizonte der beiden Ebenen: der memphitische Gau in seiner Ganzheit diente mir als Umgebung. Ich heimste meine Ernte31 ein im rothen Lande und dem Gau von Sai's. Ich war geehrt von den göttlichen Vätern und den Oberpriestern in Pe-Ptah (Memphis) ; der Oberfestsänger zeigte32 (mir) die Liturgie33 im Südhause des Sokar (Saqarah), der Festvorleser den Ritus33, so dass ich schaute den Gottesdienst33 zur Zeit

lin. 6. aller Caerimonien 33, die sonst unzugänglich sind, die Ein- weihung32 zur Tugend durch den Hohepriester der Nekropolis des Hap- Osiris (Serapis), die Genossen34 des Hauses der Stundenbeobachtung34 in den Chargen35 ihres Monatsdienstes36, die Thalfahrt des Oberlandes,

Abh. d. d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. I. Abth. 15

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die Bergfahrt des Unterlandes37 mit allen Gebräuchen37, die dabei beob- achtet werden. Es wurde mir angezündet38 ein Brandopfer von allen Angehörigen derselben (der fcisHT cf. mtht!). Was die Nutleute39 der Tempel betrifft zu allen Stunden, so leisteten sie mir ihren Dienst39 durch Einweihung33 in das Wesen des Lebensendes40, das ausgeschmückt wird in der Amenti, Se(t)mati, Toser, im Roseta40.

f. Ich sage zu euch: Versetzt euch41 an das Firmament, kommet zum Himmel, wo ich bin, regelt alle Dinge nach der Schrift, weihet33 ein

lin. 7. eure Weiber in die Pflicht zu wandeln auf dem Wege der Gebieterin der Götter, der mehr werth ist als irgend ein (anderer) Weg: Weihet sie33 ein zu ihrem Fahrwasser, zu ihrer Liebe, eine zweite solche Einweihung42 ist keine Weihe der Götter oder Menschen. Höret mein Anliegen43, sprecht „gut" zu meinen Worten, sprecht nicht Leichtfertiges (chhini) zu meinen Heischungen. Die Herrin, sie hört auf meine Stimme; Ding, um Ding45 (durcheinander) nicht thut sprechen zu mir, wenn ihr euch versammelt in meinem (Grabes-) Hause: es ist gepriesen46 in Folge der Darbringung eines königlichen (rechtgläubigen?) Opfers. Wahr ist es, dass Reichthum gegeben wird dem Gebenden47. Es weihe33 meinen Hingang der Oberfestsänger, der Meister innerhalb der Phylen, er weihe33 alle Würden ein in ihre Verrichtungen und sie wandeln auf dem Fahr- wasser , das er ihnen gebietet , thuend Etwas47, wann er ruft (gegen- über seinen Worten48, des Ausrufenden):

g. „Dein Name (Verstorbene) bleibt in Geltung; man bestimmt seinen Anspruch49

lin. 8. darauf als einer Osirisfolgerin49 j sie geben dir Brod vom vorzüglichsten50 ihrer Tafel, Wohlgerüche aller Art vom vorzüglichsten für die Auslese der Glieder51. Es ziehen dahin die Weihrauchkörner52, um sich niederzulassen auf das Brandopfer53. Sie empfangen etwas von deiner Sättigung54. Gerufen wird alsdann dein Name zu vorderst, wann genannt werden alle Namen des Osiris 55. Weihrauch ist auf deinem Altare, man bringt ein Trankopfer deiner Persönlichkeit; zu jeder Zeit werden dir Huldigungen erwiesen. Erscheine 56, nicht wird verhindert dein Erscheinen; nicht stirbst du, du wiederholst das Leben; nicht wirst du beschädigt, du verjüngest dich, kein Makel ist an dir57. Du erneuest dich (bis), nicht gibt es eine Zerstörung57 für dein Wesen.

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Sondern jeder Abkömmling58 deines Hauses: Verwandter59 nebst dem Bruder sein, dient als Fortpflanzer59 der Reihe in den Zeitschranken der Götter50 (d. h. ewig). Ewig ist dein Name: du bleibst im Munde der Irdischen60, nicht kennend Beschädigung gleich dem Sonnengotte."

II. Namen und Titel4).

Wenn auch nur die Namen von Privat-Männern und -Frauen in unserm Texte vorkämen, so würde er, in Anbetracht des sonstigen reichen Inhaltes, eine Zergliederung lohnen und rechtfertigen. Die Sache steht aber günstiger: Die Stele von Miramar enthält einen Königs - namen, der allerdings als solcher mit Einrahmung nur im demotischen Theile, jedoch hier als Doppelname, erscheint, dessen zweiter mit dem hieroglyphischen B an -tut übereinstimmt. Um diese bisher über- sehene Thatsache in ihrem ganzen Umfange zu würdigen, ist es nöthig, den betreffenden Text genau und vollständig zu analysiren ; denn es ist ein wahres Wort, dass ein Denkmal uns erst dann alle seine Schätze erschliesst und seinen vollen Dienst leistet, wenn wir die Zeit seiner Er- richtung kennen. Beginnen wir darum mit dem Anfange, der, wie über- haupt dieser ganze Abschnitt, mit rothen Zeichen geschrieben ist.

. <f r in ü h # uT$ % p i

/vww\ xr -<S5- y | y n s »^£x | i y-«-=i»f Jj ^ III "

nebt par en (m)arti suten an suten hebs-che-nib dja chenu dja Anhuramu Jchruma

„Die Hausherrin vom Augenpaare des Südkönigs, vom Basilikogrammaten

für das gesammte Rechnungswesen, vom Beamten des Getreidespeichers,

vom Gouverneur: Anhuramu, dem seeligen".

Die demotische Zeile bietet hiefür:

T-se-{n) pa-anch Jiimet en an suten .a.u.s. aufap Anhuramu khruma

„Tsenpaonch, die Frau des Basilikogrammaten, des Computators:

Anhuramu, des seeligen".

4) Vergl. Tafel, 1. 5 Im Originale ein auf einem Throne sitzender Mann mit diesem Hute.

15*

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Der demotische Theil, der seiner Wichtigkeit wegen auf der Tafel unter No. 1 mitreproducirt ist, bietet also hier ausser dem Eigennamen Tsen- paonch, der im hieroglyphischen Texte fehlt, die Gleichung himet ($\M.e. mulier) = nebt par ttH&-ne domina oder mater familias) Diese Thatsache selbst ist längst bekannt ; allein ein so directer Beweis für die Identität der Begriffe „Frau" und „Hausherrin" dürfte doch selten gefunden werden. Man wird also nicht denken dürfen , dass der Beamte Anhuramu nur bei dieser „Hausherrin" gewohnt habe , sondern sie war seine eigent- liche Gattin. Im Todtenbuche und zwar cap. 148 col. 23 28, unmittel- bar vor den sieben heiligen Kühen , die uns den bekannten Traum des Pharao ins Gedächtniss rufen, steht eine sechsspaltige Legende mit einer dichotomischen Paralleldarstellung unterhalb. Der Gott Osiris mit Sperberkopf, also in der Auffassung alsSokaris6) wird von der hinter ihm stehenden Göttin Amenti umfasst; zu ihr gehört col. 28 die Legende: „Die gute Amenti bietet ihre beiden Arme dar, um dich zu empfangen". In der Duplicata dazu col. 24 heisst es mit geringer Variation : „Der Osirianer NN wird aufgenommen in die gute Amenti im Frieden, die (personifizirte) Unterwelt (seti ccht infra) bietet ihre beiden Arme dar

um dich zu empfangen 8 ^=^>kji nebst deiner Hausherrin".

Die bildliche Darstellung zeigt wirklich dem Götterpaare gegenüber ein opferndes menschliches Ehepaar. Im Turiner Exemplar heisst der be- treffende Mann Aufanch (3E(pujvv%og) ; seiner Gattin Name fehlt, wie auf dem Steine von Miramar in diesem hierogl. Theile.

Was den Namen Anhuramu betrifft, so würde er in classischer Form Onuramys lauten, da die Griechen den Gottesnamen Anhur mit "OvovQig wiedergaben und dieses = ""Aqfr\<s auffassten. In der That be- deutet An-hur dux superus und was das davon abhängige A 1\ Var. +y& ' besagen soll, wird durch die Varr. des Wiener Sarkophags7} (] t\

6) Der ihm zugehörige Text col. 27, 26, 25 enthält die gewöhnlichen Titel des Osiris. Allein ich habe schon 1866 in der Zeitschrift dargethan, dass die concrete Darstellung sich nur aus der demotischen Legende erklärt, die der Pariser Papyrus (Brugsch Sammlung demot. Urk Taf. VII lin. 1) darbietet. Davon weiter unten (X 40) bei Gelegenheit des Commen- tars der 5. Zeile.

7) Brugsch Recueil II pl. VI.

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(1 ~. dahin gesichert, dass hiemit die „Zugehörigen" gemeint sind.

Merken wir einstweilen dieses Denkmal als gleichzeitig mit dem unsrigen. Warum ich die thronende Figur des Königs mit der Südkrone A durch suten lautire und dieses suten beim Lesen hinter ^^ dem Augenpaare (mal-ti &dJV-^ oculi) bringe, ist in meinem Artikel über die änigmatische Schrift weiter ausgeführt ; schon der Gegensatz dazu , der uns in |/27 Sachet begegnen wird, nöthigt zu der Lautirung suten. Dieses Wort, in seiner verkürzten Form 1, (wie unser K. oder kgl.), ist daher auch in dem Titel ßaaihxoy^a^fiaxsvg Ki nach an scriba zu lesen; denn ob

man „Schreiber des Königs" oder scribe royal übersetzt, jedenfalls muss der grammatischen Construction zufolge suten das zweite Glied bilden.

Die Gruppe der Rosettana (lin. ult.) sechai ^ll^Qfl*55^ neben zwei- maligem ij, alle drei aber mit der Uebersetzung ygafifiava „Schrift"

cä^i littera(e), hatte früher zu der Annahme geführt, dass das ägyp- tische Schreibzeug durchweg c&.£ zu lautiren sei. Allein die Gruppe an

Mio], von H. Birch zuerst nachgewiesen, legt das kopt. om (von der erweiterten Form anu) imitari, similis um so näher, als der Kvvoziqxxlog (Horapollo I, 14) = ygafifiara mit der Legende ^'v fr) ^n*Q °^er

bloss *S, €n(ni) simia, häufig mit Palette8) und Calamus als schreiben- der, in der basse ep. geradezu für Hpi getroffen wird. In Bezug auf das dem Schreibzeug entsprechende Zeichen, welches Brugsch dem hierogl. [ ut „Befehl" etc. gleichstellt, bin ich erst halb überzeugt worden

durch die Legende I^^fig einer Pariser Stele: c. 15. lin. penult.

Der Titel jfe* dja, den ich in meiner Arbeit über den Papyrus Prisse ausführlich behandelt habe, kehrt auf dem Wiener Sarkophage9) mit der Variante J^f öfter wieder, und zwar bei demselben Namen

b) Cf. Leemans: Horapollo Taf. Nr. 34. Brugsch: lex. Variante. 9) Brugsch : Recueil I pl. VI.

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Anhuramu. Man könnte sich wohl geneigt fühlen hieraus auf die Identität der beiden Männer zu schliessen. Das hindert aber einigermassen der Name seiner Frau: Tahen. Sein Sohn heisst

""Iß nv\ ^ ^$? Nas-shu-tefnut, abgekürzt "^ W .„Anhänglich an Shu und TefhutT. Jedenfalls gehören aber dibue Namen demselben Zeithorizonte und vielleicht der nämlichen Familie an, wie die unseres Denkmals, zumal der letztgenannte Sohn ausser andern Titeln auch den eines „Basilikogrammaten des gesammten Rechnungswesens" führt, wobei

pßi mit dem Schakale ~^ (Horapollo 139 xviov leQoyQauuarevg) wechselt.

Was endlich die Lautung für ^f\ betrifft, so wissen wir, dass sie in der phonetischen Gruppe $> liegt. Brugsch liest sehen und dies

/Www

scheint durch njeTriti(^) horreum Scheune foenile Heuboden thesaurus bestätigt zu werden. Allein was thun wir dann mit 0 V* das Haar, das

/www W>»

doch im Kopt. ^^neir KÄOie-qüJi10) cincinni vorliegt? ich bleibe also, da wohl ch sich in seh, aber nicht umgekehrt verwandelt, bei meiner

Lesung und Lautirung einen. Schliesslich verweise ich wegen R|, wo

das Zeichen der hochheilig gehaltenen Wahrheit, bloss in der Schrift, den Ehrenplatz behauptet, auf meine früheren Arbeiten seit der Ent- zifferung des Bokenchons-Textes. Die eingehenden Untersuchungen von Deveria (Recueil) und Brugsch (Lexicon) haben meine Ueberzeugung, dass Plutarch's (pwvi] akrj&rjg sich damit decke, durchaus noch nicht er- schüttert. Statt des hierogl. heseb (O 2Dn computus) bietet der demot. Text auf-ap (kopt. (p)eq(qi)wn Computator). Auf der bilinguen Stele bei Young Hierogl. 1179 ist Aufap ein Eigenname, wie auf dem demotischen Proskynema (Revue archeol. 1844/45. No. IV publ. von De Saulcy.

Gehen wir nun zum zweiten Gliede des Parallelismus über. Der hieroglyphische Theil stellt sich so dar:

^ o 4 PI ' ' ' ü ^f 0 ^7 1 ü 9 0 demt n mesdjerti sacket gerheb hupe an suten Ta-Dhuti khruma ari n neb-pe Ta-Amun khruma.

10) Der zweite Bestandteil ist durch G^^^ put gesichert,

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„Die Gemahlin vom Ohrenpaare des Nordkönigs, vom Oberkolchyten (u.) Basilikogrammaten : Ta-Dhuti, die seelige, Tochter der Hausherrin

Ta-Amun, der seeligen".

In der demotischen Zeile entspricht Folgendes11):

son an suten a.u.s Ta-Dhuti Khruma, mesu Ta-Amun Khruma.

„Die Schwester des Basilikogrammaten des Königs . . . : Ta-w£-Dhuti

die seelige, geboren von der Ta-w£12)-Amun, der seeligen".

Das Zeichen der Summirung mit der Aussprache dem13) und der Bedeutung „vereinigen toau conjunctus", ist längst erhärtet; dass hier, wo das feminine ^ darauf folgt, die conjux gemeint ist, ergibt sich aus der demotischen come soror. Es hat nicht erst unserer Inschrift bedurft, um die Thatsache der Geschwisterehe in Aegypten behaupten zu können hauptsächlich aus der Ptolemäergeschichte erinnerlich allein einen so directen Beweis hat man bisher nicht getroffen. Denn der Parallelismus mit ,, Hausherrin" und „Frau" verlangt, dass wir die „conjux" uud „Schwester" ebenfalls in dem identischen Sinne von „Gattin" auffassen.

Hieraus wird jetzt auch begreiflich, warum der Doppelname Tsen- paonch Ta-Dhuti , der zugleich alliterirt , auf die beiden Glieder des Parallelismus vertheilt ist und kein Widerspruch besteht zwischen meiner Tsenpaonch und der Ta-Thod von Brugsch und Reinisch.

Das „Ohrenpaar" mesdjerti alliterirt mitmarti „Augenpaar" in der nämlichen Weise, wie der „Nordkönig" Sachet cä.£ht oder cä^ht regio septentrionalis, mit dem „Südkönig" sutenu).

Ueber cher-heb eigentlich „Festhalter" oder „Besitzer des Festtextes" vergleiche man Brugsch lex. p. 1125. Es besteht für mich kein Zweifel,

11) Vergl. Tafel, 2.

12) Die Hinzufügung des genitivischen nt in der dernot. Legende ist auch im hierogl. Varr. nicht selten; vergl. weiter hin Ta-chebes und Ta-nt-chebes.

13) Brugsch lex. p. 1640.

14) Plutarch. de Is. c. 36 S-gvio (#p% I) ßuaiXeu xai xo potiov xlCfia tov xöopov yqctpovoiv.

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dass seine Zusammenstellung : cher-heb = xok-/v-rrjg = ra^ix^vxrjg stich- haltig ist. Ebenso seine Lesung hitep giTne superior.

Den vielbesprochenen Namen des ägyptischen Hermes anlangend, so war man lange Zeit auf das Rathen seiner Phonetik angewiesen, bis Lepsius in seinem verdienstvollen Werke: „Aelteste Texte des Todten-

buches" aus Sarg-Legenden die ausführliche Schreibung 8^\^ Dhuti

(0u)vfr) aufzeigte. Da sie wenigstens sechsmal wiederkehrt, so ist kein Irrthum möglich und es lässt sich jetzt auch die Inschrift "

Tahud (n Pnubs Urovip), die wegen des Beisatzes („der Stadt Pnubs") auf keinen andern als den ägyptischen Mercur sich beziehen kann, genügend als jüngere Schreibung begreifen. In Bezug auf den Sinn des Wortes Dhuti, das offenbar eine Reduplication vorstellt, bleibe ich bei meiner früheren Erklärung als „Herz" ig xagdla (Horapollon)

in Thad und finde die Vermittlung in dem Vogel ^ n^, tech ^ä(m)

grus g<> tech herzförmiges Zünglein an der Waage (demot. lllO

c. 125 des Todtenbuches) sowie in dem herzförmigen Gefässe ^^NO

techu 15) zum Ausdrucke der Trunkenheit ^e ebrietas. Das Praefix ^

ta dient bei den Eigennamen dazu, die Zugehörigkeit zu bezeichnen. Damit ist auch der Name Ta-Amun 16) erledigt. Es übrigt noch, die übersprungene und mit . . . angedeutete Stelle zu besprechen.

III. Der König Bantut.

Wie hiess nun der König, dessen Schreiber der Basilikogrammate Anhuramu gewesen ? Die Gruppe ist eine sehr kurze und entbehrt der üblichen Einrahmung c^, womit angedeutet wird, dass wir es nicht mit einem Hauptnamen, sondern einem Epitheton zu thun haben, wie es hauptsächlich in der Ptolemäerzeit unmittelbar hinter dem Schilde

mit der offiziellen Legende getroffen wird: J ^\e Bantut mit dem

15) Vergl. Leemans : Horap. Taf. No. 45a, wo der Techvogel an dem herzförmigen Gefässe angebracht ist. Das ebraeische -pn toc^ »Mitte" ist sicherlich damit verwandt.

16) Diesen Namen trug auch eine Sclavin (nach Oppert), die vermuthlich durch Assurbanipal nach Asien gebracht wurde. Im Papyrus Casati erscheint eine Frau mit Namen Oäfxovpig.

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Deutbilde eines Mannes. Daraus geht mit Notwendigkeit hervor, dass diese Gruppe nicht zu dem weiblichen Namen Ta-dhuti gehört, wie Dr. Reinisch angenommen hat. Der Beweis hiefür liegt in der (Zeile 3 gegen das Ende) wiederholten Legende ^^J^f)J^.ß| »die Ge- mahlin (Hausherrin) des Basilikogrammaten , die Gattin des Ober- kolchyten: Ta-dhuti, die seelige (spricht)" wo Bantut fehlt, weil dieser Name eben nicht zu Ta-dhuti gehört.

Den augenscheinlichsten und handgreiflichsten Beweis dass das Epitheton Bantut einem Könige eignete, liefert die demotische Zeile und bekundet so auf's Neue die Wichtigkeit auch dieser Schriftart. Hier steht nämlich deutlich zu lesen :

suten a . u . s Ba(n)tat Menautut ,,Der König (der gesund bleiben möge!) Ba(n)tat Menautut".

Ich hätte nie gewagt, diese Legende auf einen historischen König zu deuten, wenn nicht eine demotische Urkunde der Ambraser Samm- lung in Wien (Pap. No. 489) den nämlichen Doppelnamen in der- selben Reihenfolge und mit der werthvollen Beigabe eines Datums darböte. Ich habe diesen Text seiner Wichtigkeit wegen und weil er noch nicht publicirt ist, auf beifolgender Tafel unter 3 facsimilirt. In Hieroglyphen transscribirt , präsentirt sich die erste für unsern Gegenstand entscheidende Zeile also:

9, Im Jahre VII Monat Tybi des Königs Ba(n)tat-Menautut sprach (ein gewisser Hriren dessen Mutter Ta-dhuti, zu Urit dessen Mutter Ta-pasch)". Es ist ein Kaufcontract, im Verlaufe dessen öfter von

Tfc^ El \ o „die Hälfte" die Rede ist. Dieses Wort unterscheidet sich

wesentlich von dem Namen 1 ^ * « gebildet wie Ta-Amun und Ta-dhuti \%, welcher Name also auch in dieser Urkunde erscheint und auf Gleichzeitigkeit mit dem Texte von Miramar hinweist. Glücklicherweise existirt noch ein drittes Denkmal, auf welchem der fragliche Königs- Abh. d. I. Cl. d. k. Akad. d Wiss. XIV. Bd. I. Abth. 1 6

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namen vorkommt, nämlich der schöne Wiener Sarkophag des Pnohem- isis , dessen Text mir durch Dr. Reinisch zum Theile bestätigt ist und vorliegt17). Die betreffende Stelle lautet vollständiger folgendermassen :

„in dem Verehren den Herrn der beiden Länder, den Gott, Sprössling eines Gottes: (den König) Ba(n)tat, dessen Kronen beständig dauern (mögen)" ! Das genitivische n ist facultativ. Um mit dem letztgenannten

Namensringe zu beginnen, so ist bekanntlich A die häufige Variante

zu a d (und sogar o) sowie zu j rar (Pap. Leyd.). Meist kömmt

dieses Zeichen doppelt vor: p 19) in dem Namen einer unterägyptischen

Stadt, die Brugsch auf Grund der stereotypen Legende 3£$u ( Be-n-tat

mit dem bekannten Mevdijg identifizirt hat. Die Keilinschriften des Assurbanipal gedenken neben Sai und Mimpi (Sais Memphis) einer Stadt des Delta mit Namen Bi-n-didi. Auch der jetzige dem antiken Mtvdrjg voll entsprechende Ortsnamen Tmai-el-Amdid Q\m\ pagus) stimmt vortrefflich dazu. Rechnet man dazu Namen wie Zßtv8r\rig , so hat man die ursprüngliche Form neben der durch Erweichung entstandenen.

Aehnliche Uebergänge liegen vor in s=> Jj Dheb(n)nuti = JZsßevvvrog

'xeMtioTT Samnud während das früher hiefür angesehene l ©

Samhud dem heutigen Damiette tajuia/xi entspricht; ferner in ^3^ == neb = niAi und iti&ew omnis, endlich in dem Uebergang der hieroglyphischen

J/WVWN 1 1 1 1 n 1 f\ ./TV

ban in das demotische II \\^rb menau koptisch mR -M— - /WWV\ 1 II

MMb^n MMosi non, nullus, das wir dreist dazu rechnen dürfen. Wenn daher e-AiR-iocK haud mora, sine mora bedeutet, so muss auch der Name des Königs unserer Inschrift Ban-tut = sine pari oder „Ohne- gleichen" besagen können.

Wir haben also in unserem Texte so wie in den beiden Wiener Legenden für einen und denselben König zwei Namen, die offenbar

17) Vergl. Tafel, 4.

18) Lepsius, Königsbuch No. 766.

19) In der Tnschrift von Rosette wird diese Gruppe mit 6ia[*£t>(ti> übersetzt.

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einander nachgebildet sind. Die dernotischen Negationsbezeichnungen sind zwar nicht vollkommen erforscht unter andern ist in Brugsch's Gr. demot. die Transscription iikh des gnostischen Papyrus zu Leyden nicht berücksichtigt (womit das demot. usch \ o-yeuje = sine, absque

^fö B a n t u t bürgt uns für unsere Les- ung, und da es sich um Namen handelt, so kann die demotische Transscription nicht weiter abweichen , als die sprachliche Erweichung des b in m mit sich brachte. Darum ist es auch gestattet, die Variante lio ,,der zweite" hier nicht meh-snau sondern tut (cf. tottiot simul-acrum von otwt similis) zu lesen; denn es gibt eine Menge solcher Parallelstellen wie (Brugsch lex. p. 1532) """tu = o'Vi „nicht ist der Gleiche, nicht

/WVW\ "^ Jl *^e=w_

ist sein zweiter".

Die Legende Mtvdrjg eignet, wie man au3 Herodot II sich erinnert, dem Bocke rgayog (Widder!). Eigentlich ist aber nur der erste Be- standteil von Ba-n-tat mit dieser Bedeutung behaftet, wie sich aus den Worten &&.-M-ne (^p) hoedus, caper (domesticus), ßev-Ai-n-gooTrT hircus Silvester, £iÄ<-pHiT hircus (cicur?) unmittelbar ergibt. Ausser diesem existirt ein Wort ^^^^ qa rih ^ih, ^le hircus hoedus. Im gnost. Pap. zu Leyden erscheint öfter ein Thier ^^^, das mit der sonst bekannten Gruppe ser oder serau „Widder" (warum Brugsch lex. p. 1259 Xrjvalüjmjg?) identisch ist, unter andern in der Stelle XII, 26: „ich bin ein Hörn des ser (eccooir aries), ich bin ein Zahn des Elephanten" um die Stärke wider das Feindliche zu bezeichnen. So ist auch das Thier meiner früheren Abhandlung „über altägyptische Musik" p. 573 lin. 13 den erhaltenen Spuren nach ein Widder ^ von 40 Ellen, in den sich der Sonnengott verwandelte , um den bösen Apophis niederzurennen. Sodann das bekannte $3fe? chnem im Namen des Gottes Xrovtuig (Krov- jtitg, Xvovßig, Kvrj(p) und endlich g-^flfllg schafi, welches bei Plutarch dels. c. 37 anlässlich des Götternamens *At)-aoufr\g durch dvd^elov virtus Q4X€$-avd()og?) erklärt wird. Die geistige Kraft ist in dem erst- genannten *3fe? ba (Var. 'fcüj mitausgedrückt, da Horapollo I 6 ßa'C = ipvyj] setzt. In dem gnostischen Papyrus zu Leyden col. XXII lin. 6 steht über der hieratischen Gruppe ^-*M1 m^ dem Verdopplungszeichen

16*

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§ sop snau „zwei Mal". Die koptische Transscription lautet ujfte uj&h und unmittelbar darauf über der entsprechenden demot. Gruppe &i&h?t. Ich fasse diese beiden Wortpaare so, dass ich sie von einander abhängen lasse und übersetze demnach: „Tapferer der Tapfern, Seele der Seelen!"

IV. Der König' Mendes.

Auf der wichtigen Stele von Neapel20), deren ich schon in meiner ersten acad. Abhandlung (1866) gedacht habe, treffen wir unmittelbar nacheinander drei Arten von Widdern oder Böcken. Auch die in der Ztsch. für Aeg. von Brugsch übersetzte grosse Stele hat die mendesischen Böcke oder Widder zum Gegenstande natürlich, da sich dieser Cult zunächst an ^kegavdyog 6 AX'£ anlehnte. Der priesterliche Würdenträger (Samtoui)-Tefnacht redet zuerst den widderköpfigen Gott Chnum weit- läufig unter seinen verschiedenen Eigenschaften an, nennt sich dessen Sclaven (Theodulen), gedenkt des ihm vom Chnum geleisteten Schutzes zur Zeit des Krieges wider Aegypten durch den Fürsten (hyq) von Asien £rS Seti (Artaxerxes Ochus) und fügt daran die historisch wich-

tige Nachricht : „Du schirmtest mich auch in dem Kampfe der "f"^"1^ Hanebiu (demot. Uinen = Jonier, Griechen), als du zurücktriebst die Asiaten; sie (die hellenischen Macedonier unter Alexander d. Gr.) tödteten eine grosse Menge zu meinen beiden Seiten, aber keiner erhob seinen Arm wider mich". Von der 15. Zeile an spricht er zu seinen Amts- genossen im Dienste des Chnum „des Königs der beiden Welten", des Harmachis, des Allherrn (Osiris), des wohlthätigen Widders in Chenesu- Heracleopolis (d. i. Agocupris " (j R 3g.21) und des Tum: IM& 3?5}

-^^rz^nnH^a -der Köni« des Ba- der *'üm der

Schafi, die Majestät des Chnum (?), der Stier der Besaainung, der Regent

zweier Reiche, VSOT^ßfeljj^T ''Wf^f As. der ge" liebte Sohn des „Königs der beiden Welten" geht zum Himmel (stirbt)

20) Brugsch Geogr. 1 Taf. LVIII.

21) Brugsch: Recueil IV pl. XXXVI col. 12b.

22) Im Originale eine sitzende Mannsfigur mit Widderkopf.

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und schaut darin den Chnum, den „König beider Welten", und den

Tum in seiner Behansnng - %1IHMÖ1(|[[SI ChnUm den grossen Gott, in der Halle des Königs Unnefer (Osiris)." „Es bleiben eure Namen auf Erden mit Genehmigung des Chnum, des Königs beider Welten, wenn ihr sprecht: Gepriesen sei unter den göttlichen Rettern in Herakleopolis der Lobpreiser seines Gottes, der Würdige seines Gaues: Samtoui Tefnacht". Dies ist vortheilhaft für euch selber: es nennen Andre euern Namen nach Jahren." Gerade so findet sich auf dem Wiener Sarkophage der Name des Königs Bandat in Verbindung mit dem Götterkönig Unnofris ("O/uopig "Slvvwcpyig-EveQyerrjg).

Da der hier als verstorben aufgeführte König mit den drei Hauptformen der heiligen Widder oder Böcke identificirt wird und dem Zusammenhange gemäss kein anderer als Alexander sein kann so habe ich meine in der Einleitung als Vermuthung gebotene Beziehung auf diesen grossen Macedonier nach Kräften bewahrheitet und befinde mich in Uebereinstimmung mit Reinisch in Betreff des allgemeinen chronologischen Horizontes. Da jedoch die aus Ba-n-tat zu Mevdrjg gräcisirte Form noch öfter getroffen wird, so ist es nöthig eine längere historische Digression zu machen, um diejenigen Könige, welche wegen einer ähnlichen Namensform sonst in Betracht kommen könnten, definitiv von der Frage auszuscheiden.

Diodor nennt I 61 97 einen König Mivdrjg Mccqqoq: es ist jiflevifirjs III Mayrjg von der XII. Dynastie, der Erbauer des Labyrinths, der schon wegen des Daseins der demotischen Inschrift hier ausge- schlossen ist, trotzdem dass an der zweiten Stelle die Genitivform Mevdrjrog gesetzt ist, die mit /LLtvdrjg = x^ayog und dem Stadtnamen Mtvdr\g stimmt. Strabo's Malv8r\g 3Io/u,dvdr]g, des Plinius Moteris- Moeris und Zmandes-Zmarros sind nichts anderes, da auch diese Namen sämmtlich auf den Erbauer des Labyrinths sich beziehen.

Näher liegt Sfiivdrig, das Haupt der XXI. Dyn., und wirklich ist das Schild des Wiener Sarkophages mit dem Namen Ba-(n)-tat auf diesen König gedeutet worden. Allein mit Unrecht ; denn auch hier erhebt die Anwesenheit des Demotischen und der ganze Schriftstyl unserer Inschrift entschiedenen Einspruch. Die Wichtigkeit des Gegen-

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Standes mag es entschuldigen, wenn ich bei dieser Gelegenheit meine Ansicht über die Entstehung dieses Königsnamens etwas ausführlicher darlege. Da das betreffende Haupt der XXI. Dynastie in seinem Schilde neben Her-hor oder Pehor {<Pqov) den Zusatz hat: ^!)£^ Se-Amun' „Sohn Amon's" und dieser Zusatz regelmässig davor steht, so könnte, mit Berücksichtigung des gräcisirten ^-juejn-xvovßig23) um so mehr an Se-Amen gedacht werden, weil daraus sich auch der Widder erklären würde und sein Thronschild ihn constant den „ersten Propheten des Amon" nennt. Allein die ganze Stellung des Her-hor als eines mili- tärischen Emporkömmlings zur Zeit der letzten Ramessiden macht es wahrscheinlich, dass man ihn von dieser Eigenthümlichkeit benannt haben wird. Auch würde das Epitheton ,,Sohn Amon's, welches so viele Königsschilder enthalten z B. auch das Alexan der's des Grossen, ihn zu wenig unterschieden haben. Dass ich aber mit meiner Ver- muthung auf guter Basis stehe, beweist ein hieratisches Beispiel der XIII. Dyn.24). Dort steht ausserhalb des Schildes (im Turiner Königs- papyrus frag. 78 lin. 4) hinter dem Hauptnamen Ra-smench-ka, der Zu- satz 1u.<=>fJ|| wwr menfediu praefectus militum und dieser Beiname

ist von Mariette in einem mit fe^ eingeleiteten Hauptschilde gefunden

worden 25). Was ich damals sagte ,,der Name praefectus militum deutet auf Revolution" . . . und das vier Zeilen weiter folgende Bei- spiel des Königs Neferhotep empfiehlt, der eines Privatmannes Haanchef Sohn, also ebenfalls ein Emporkömmlung war, kann ich jetzt nur wieder- holen und auf den vorliegenden Fall anwenden. (Brugsch hat dieses einfach reproducirt, ohne seine Quelle zu nennen.)

Herhor führt in seiner Legende denselben militärischen Titel ] |aj i

praefectus militum. Nur vermuthe ich, dass er zum Unterschiede mit der Lautung ns für das erste Zeichen ausgesprochen wurde, das

23) Lepsius: ,,Aelteste Texte" p. 35.

24) Vergl. meinen „Manetho" p. 237/238.

25) Warum H. Brugsch in seiner Histoire d'Egypte 2. edit. p. 119 meine Uebersetzung tadelt und dafür eine „fonction tres-paisible" darin erblickt, ist um so weniger begreiflich, als er ja selbst (und Mariette noch vor ihm) in seinem Aufsatze: „Tanis und Avaris" (Ztschr. f. Erdkunde, Neue Folge Bd. XII) geradeso, wieich, übersetzt hat „capitaine de troupes."

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in den graecisirten Namen wie z. ß. 2-f.nvig, 2-nortovg, JZ-vaxof-ivevg etc. zu einfachem 2 wurde. Da ferner die phonetische Gruppe für „Truppen" unter andern demot. menut £^h g I geschrieben wird, welches einem

hierogl. *G ebenso entspricht, wie unmittelbar daneben t\ ol^- ma^

einem demot. j^ JA] mati und beide dem kopt. M&/r(o)i Söldner

miles 26) identisch sind, so ist auch an der Identificirung dieses m(e)nut mit MiioTT janitor nichts auszusetzen. Dieses Corps der Palastwache

war aber, wie es mir wegen der häufigen Var. im Sinne von „Sol-

x daten" scheint, nach der Gruppe £-^l|l| ^ „Stücke Zeuges" (Rosett. lin. 2)

im Zusammenhalte mit dem etwas abgekürzten V— " fjf „Soldaten" (ibid.

lin. 1), nach seiner Uniformirung so benannt, wie wir ja auch „Uniformen", „einerlei Tuch" = „Militär" gebrauchen. Der ganze Titel auf der Stele des Chahap zu Berlin, wie ihn Brugsch 1. 1. anführt, näm- lich : (p)- her (p) menut en (na) mati besagt also : „Der Oberst des Corps der Palastwache", weil die Uniform auch die Unität oder den Corps- begriff ergibt. Nun aber hatte H erhör den Bestandtheil her schon zweimal in seinem Hauptnamen, ausserdem den Titel: «Sg uer o-ypo Grosser, König (des Doppellandes) und ^f(x hauti £otit, gova^ primus, dux, neben der höchsten geistlichen Würde eines ersten Amonspropheten : es bleibt also, wenn er vom Mur-menutiu (oder murmenfediu) der XIII. Dyn. unterscheidend benannt werden sollte, nur der Titel ns-menut = 2-uevd-T}g mit der Bedeutung „attache aux troupes" als passende Be- nennung für ihn übrig.

An Mevdrjg = Gott Udv (Herodot. II. 46) zu denken, verbietet die Anwesenheit eines Datums auf dem demot. Contracte zu Wien ; ebenso ist anlässlich unsers B an tat = Mevdrjg nicht an die betreffende Stadt zu denken.

Nach dieser negativen Beweisführung ist es erforderlich, zu der positiven überzugehen , was zunächst durch eine genauere Betrachtung der letzten nationalen Dynastie Aegyptens, nämlich der XXX. am

26) Brugsch lex. p. 648.

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füglichsten geschehen dürfte. Der erste König dieses sebennytischen Herrscherhauses: JYezTavsßrjg (Manetho) Necthebis , Nectnebis (Plinius) ist durch manches Denkmal gesichert mit dem Namensschilde

( ""^^k. !™ü ) Necht-Har-hebi „die Stärke des Horus (von der Stadt)

Hebi ('== Jseum = Bo-hbait, 3 Stunden von Sebennytos). Bisweilen er- scheint dieser Name ohne die Einrahmung, wie z. B. auf einer Stein- bruchinschrift bei Tura27) wo ein V |^\\<=>t ity ,, Prophet der Porträt- statuen des Necht-Harhebi" genannt ist.28) Aehnliches ist der Fall auf einer andern Stele, datirt vom Jahre 37 des Ptolemaeus Philadelphia und zweisprachig, d„ h. hierogl. und demot. abgefasst. Der am 29. Toth dieses Jahres bestattete Basilikogrammate A ufap (cf. supra p. 108) war auch „Prophet des Nechtharhebi". Auf einer dritten Stele (oberägyptisch) von Hamamat?29) sagt eine „Dedication (*ir) einer Felsenstele" auf den Namen des „Heraa Sohn des Psenoer", „Priesters der Felsenstele seit der Regierung des Königs Nechtharhebi", dass der griechische Soldat (mati na uineri): Ev/jjLi^ig (Tenau- ehernen) die fremdsprachische (halo- thlau = äXlo&Qoog? 30) Inschrift geschrieben habe und wünscht, dass dessen Name bleibe vor Chemen, dem Gotte des Berges bis in Ewigkeit." Eine vierte demot. Inschrift31) nennt den Propheten und Basiliko- grammaten, Rechner (aufap) des Osiris, Priester und Schreiber der Bast, Propheten des Chnum, des Herrn von Ib (Elephantine), Amonemau(?) bei dem to£ |f^^\ >jx.^ Angriffe der Fremdhorden (p&. numerus) der

Perser auf 2 Standbilder des Königs Nechtharheb , der ewiglich dauern möge! "

Auch der zweite Königsname der XXX. Dynastie: Tei'g (Taywg) erscheint bis jetzt nur in den Sgrafitti der Steinbrüche von Tura (mons Troicus). Das scharfe Auge des unermüdlichen Dr. Brugsch 32) unter-

27) Young hierog. II 88. 28.) Cf Young II 79 1. 1.

29) Revue ach. 1844/45 Nro. III der Tafel.

30) Vergl. das (Uoylonng. der Söldiierinschrift von Abusimbel.

31) Revue arcli. 1844/45 Nro. IV.

32) Recueil I pl. X, 19

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schied neben einem Spametik (statt Psametik33) einen Privatnamen

"^i Djeho und die nämliche demot. Gruppe ist im bilinguen Papyrus 34)

griech. durch Tecog umschrieben. Diese Beispiele ermuntern mich, das von ihm aus Tura citirte Proskjnema (Nr. 18) vollständig so zu übersetzen: „(Andacht) vor Neith, der grossen Mutter, der grossen Gottesgebärerin,

unter der Majestät des Anch-Bast, des Königs 'S, Dje(t)ho {Ttu>g)u.

Es ist möglich, dass Anch-Bast eines der officiellen Epitheta (Thron- name?) des Tsujg bildete, obgleich alle und jede Einrahmung fehlt. Auf dem Sarge des Enkels Nectanebos zu Berlin35) steht geschrieben:

IvvM*^ *$ m^S'^S i $T "c*er ^a^er ^es Königs, der Oberzähler der Uniformen (Truppen): Djeho". Was zuvörderst den Titel ^ m betrifft, der beim weiterhin zu erwähnenden Schwager des Nectanebos sich

wiederholt, so glaube ich, dass wir in «c^^t^i', ( oTO J36) eine Variante aus der Zeit desPsametichll. besitzen. Die bedenklich erscheinende Variante: ein sitzender Kynokephalos hinter "^ kann uns aus einer Stele des

Horapollo 1 16 ult. erklärlich werden, wo es heisst, der sitzende Hunds- kopfaffe zyaQsi „schreie" und diess sei die Ursache seiner Anbringung an den Wasseruhren wo wir ihn wirklich treffen werden dess- halb lese ich auch hier Djetho, nicht Sutenhi (Lepsius), um so mehr, als Spuren37) der phonet. Gruppe "^ auf dem Denkmale erhalten

sind. Der Name des NtZTaveßujg selbst ist bekanntlich aus f^,^ 1 Necht-neb-f „die Stärke seines Herrn" entstanden und vielfach belegt.

33) Cf. Sammlung demot. Urkunden Taf. IV, H 7 lin. 5.

34) 1. 1. Taf. X lin. ult.

35) Lepsius Königsbuch Nro. 674.

36) ßrugsch Recueil I pl. X, 6. Vergleiche Wilkinson „Manners and Customs" Second Series pl.

45, 2, 2a neben Dhuti aa ur neb Hemenu, als einem schreibenden KivoxtcpiiXog : Jj i w i u

Äl^

vwwv Tahuti aa.

37) Vergl. Brugsch Geogr. I. Taf. XXX Nro. 529 ult.

Abh d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. I. Abth. 1 7

120

Ausser der bekannten Variante J&=ß ^37 neb gibt es auch hiefür eine

vollständige phonetische Legende38): u oi*" "Jk^WJ^ neben der

ebenfalls demot. geschriebenen Q^ TlP (_' n|^="j| 1 1 1 '

Was uns aber mehr interessiren dürfte, im Hinblicke auf unseren noch immer nicht untergebrachten Bantat-Meixfys, ist der Name seines Schwagers, der dessen Schwester Merthap geheirathet hat. Die betreffende

Legende lautet: "o" °=^ ^J _^T) 3fe? ft j $ „Seine Hochwohlgeboren der

Zähler 39) der Truppen (Uniformen) Tesbatat". So umschreibt Lepsius 40).

Ich könnte mich auf die Analogie des vorhin erwähnten Titels <$ mJ

„Oberzähler der Truppen" berufen und für die Gruppe _^2j mich auf

ihre Bedeutung ipse beziehen oder «xoce, &Z etc. altissimus als Var. geltend machen, um den Namen Ba-n-tat rein zu erzielen. Allein ich glaube mit Brugsch, dass im Originale _^\ steht, was dann den aus griech. Transscriptionen wohlbelegten Zßev$rjtis (JZutrdrjg) ergibt.

Auf welche Weise nun kann dieser Name auf die Stellung unseres noch immer historisch-fraglichen Bantat von Einfluss sein? Ich erinnere an das abgeschmackte Märchen41), wonach Nectanebös nicht nach Aethiopien, was wahrscheinlicher klingt, sondern nach Macedonien vor Ochus dem Perser geflohen sein soll: rjvixa xal 30lv^madi fii/S-elg dia yoTjreiag viov h'o%£v 3A"ki§av d yov ^iijiiwvog üvai &80v viov vofÄi'Qoßsvov. Man beachte vor Allem, dass hiemit Alexander nur als Sohn des widderköpfigen Amon in genealogische Verbindung mit dem letzten Nationalkönig Nectanebös gesetzt wird , um die dynastische Continuität herzustellen.

Müssen wir diesem Märchen allen geschichtlichen Werth absprechen, so fragt es sich, ob nicht die ägyptischen Geschichtskünstler selbst die

38) Brugsch: Recueil I pl. X Nro. 12, 11.

39) Das v im variirt mit CT^S , weil dieses ^ r nes messen „zählen" bedeutet, z. B. im

Todtenbuch 108, 1; 149, 14. *•

40) Königsbuch Nro 676.

41) Syncellus p. 487.

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yorjzela oder eine Art Taschenspielerei geübt haben werden, um den als Retter von der verhassten persischen Herrschaft begrüssten Macedonier an ihren letzten Nationalkönig anzuknüpfen.

Nectanebos hatte, wie selbst aus jener gefälschten Nachricht her- vorgeht, keine directen männlichen Nachkommen. Nur ein Schwester- enkel, Sohn der Tachebs42) und ihres Mannes Petamun , Namens Nechtnebf, setzt die Seitenlinie fort. Wenn nun in Folge dieser Verhältnisse Nsba(n)tat == Zßivdrjrig, obschon zunächst berechtigt (von seiner Frau her) nach Vertreibung der Perser den ägyptischen Thron nicht besteigen konnte, so lag es allerdings ziemlich nahe, seinen Namen auf den Eroberer Alexander zu übertragen und diesen dadurch gleichsam zu legitimiren.

Dies wäre also die Veranlassung zu der sonderbaren Darstellung des Alexander mit Widderhörnern, zu seinem abenteuerlichen Zuge nach der Oase des Jupiter Amnion, welchen Namen Curtius constant Ham- mon43) schreibt, vermuthlich desshalb , weil hier die äthiopische Auf- fassung des Ammon mit Widder köpf in Geltung war. Denn hätte es sich einfach um die factische Anerkennung seiner Sohnschaft des

ägypt. Atnun gehandelt M f ffl J Si.-Amun44) in seinem Schilde vor

Alexandros, notabene ohne Widderkopf, sondern mit dem üblichen Menschenhaupte so brauchte er nicht mit seinem Heere durch die Wüste zu wandern, da es ja in Aegypten eine Menge von Heiligthümern des Amon gab. Aber freilich legt die in Aethiopien gefundene Stele der Inthronisation45) eines ausgekratzten Königs durch ein Orakel des Amon die Vermuthung nahe, dass hauptsächlich der widderköpfige Hamun Aethiopiens Orakel ertheilte und dass daher die Lesart Jupiter Hammon stammen mag. Auch im Quran des Muhammed hat Alexander- Iskender (al als Artikel aufgefasst und unterdrückt) unter dem Namen Dhu-'l-qarnain „der zweigehörnte", wörtlich „der Besitzer eines Horn-

42) Dieser Name bedeutet „die des Bartes" oder „die Bärtige" höchst auffallend für ein weib- liches Wesen, aber bei den ägypt. Erbtöchtern und Throncandidatinen ist ein Knebelbart, wie bei den rasirten Männern, angebunden. Z. B. bei der Königin Hachepsu.

43) In der That adspiriren die äthiopisch-ägyptischen Legenden den Namen Amon zu Hammon.

44) Lepsius Königsbuch Nro. 684 e.

45) Mariette: Fouilles.

17*

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paares" eine Stelle erhalten46). Q. Curtius lib. IV c. VII, 30 schreibt: Jovis igitur filium se non solum appellari passus est, sed etiam jussit. Man weiss auch, dass er sich geradezu „Gott" nennen Hess, was den Laconismus veranlasste: „Quoniam Alexander Deus haberi vult, esto Deus!" Im § 23 ist eine doppelt anstössige Stelle: Id quod pro Deo colitur, non eandem effigiem habet quam vulgo Diis artifices accommo- daverunt: umbilico47) ... similis est habitus , smaragdo et gemnris coag- mentatus 24. Hunc quuni responsum petitur, navigio aurato gestant sacerdotes etc. Da wo ich . . . gesetzt habe, hat die Ausgabe von C. H. Weise [tenus arieti] eingeklammert, um eine Widderbüste zu erhalten, wie sie allerdings sehr häufig auf hölzernen Ständern und getragenen Barken erscheinen48). Allein ich glaube, dass der verblümte Ausdruck id quod pro Deo colitur sich auf eine der vielen Phallephorieen bezieht. In diesem Falle will der Autor nur nicht das Glied nennen , darum setzt er einen halbsynonymen Ausdruck: umbilicus, die Holz walze im Cen- trum einer Rolle, da ja das betreffende Ding aus lauter Edelsteinen zusammengefügt war.

Einer ähnlichen verschämten Ausdrucksweise begegnen wir bei Herodot II 46. Nachdem er gesagt hat, dass die Mendesier den Tlav als äiyonqoöamov zal r Qayooxslta bilden, nicht aber in menschlicher Form , fügt er hinzu : orev de tlvexev toiovtov yyayovoi avrbv, ov /hol rfiiov Uyeiv. Besonders verehren die Mendesier unter den männlichen aiyeg, die überhaupt bei ihnen mehr gelten als die weiblichen, einen, um den bei seinem Ableben der gesammte Mendesische Gau trauert: xaXiszat o %s i^ayog xal 6 Tlav Alyviiriojl Mivdr(g. 'Eysvero <T Iv rw vofxip Tovxcp Irt t/Hei) rovxo to xt(jag: yvvaixl rydyog t/uloyezo äva- (pavdov tovto ig tjiLds'§iv ävS-yamtov änlxETO. In dem letzten Satze ist angedeutet, dass noch mehr solcher Fälle vorkamen, aber als Theil der Mysterien nicht zur öffentlichen Kenntniss gelangten 49J.

46) ZDMG passim.

47) Wilkinson: Manners and customs of the anc. Egypt. I 246 liest umbiculo, was er auf die

head-dress surmounted by two long feathers \\\ deutet.

48) Cf. Brugsch Recueil III Dümichen pl. LXX1V 5 Stück pl. LXXV 8 Stück; vergl. LXXVII 1 den Chnum-Widder LXXIX 11 ditto; pl. LXXXI 19 den Harschafi und LXXXIII 14 den Ban(eb)tat.

49) Indess vergl., was ich hierüber in der acad. Abh. (die Sothis etc.) gesagt habe.

123

Jetzt erklärt sich auch, warum in der Einleitung unserer Inschrift in Miramar der ß an tat Mevdrjg nicht ebenso genannt ist, wie in der entsprechenden demot. Zeile und in dem Wiener Kaufcontracte: aus Rücksicht für die als sprechend eingeführte Frau Tsenpaonch- Tadhuti unterliess der Redacteur der Inschrift die Anbringung des als Personen- und Königsname anstössigen Schildes mit der Legende Bantat was bei dem Wiener Sarkophage, der einem Manne eignet, nicht vermieden zu werden brauchte. Die demot. Legende Bantat enthält den Widder gar nicht und konnte als Seele50) von Tat (ßa'c) aufgefasst werden. Jedenfalls war dies ein Punkt der Geheimlehre, wesshalb sich bisher in keinem offiziellen für die Oeffentlichkeit bestimmten Namensprotokolle Alexanders die allerdings wegen seiner kurzen Regierung auch sehr selten51) sind sein mysteriöser Name Bantat gefunden hat. Dagegen hatte Bentut „der Ohnegleichen", welcher Name unläugbar dem Bantat nachgeformt ist, obschon er eine grund- verschiedene Bedeutung hat, Nichts Anstössiges und darum figurirt er allein in dem hieroglyphischen Theile unseres Textes.

Der einzige Punkt, welcher noch zu erledigen bleibt, betrifft den

Vorschlag T~"^ an dem Namen ZßevdrjTtg = ^uevdrjztg, den wir oben

als dem Schwager des Nectanebos ursprünglich eignend getroffen haben. Wenn dieser Name aus den oben angeführten Gründen der Legitimität auf Alexander übergehen sollte, so musste der Vorschlag ns attache Mendes) wegfallen, weil ja Alexander sich selbst für diesen Gott erklären Hess. Es blieb also nur Mevdrjg übrig.

Ob der Beiname Bantut „Ohnegleichen" oder „der Unvergleich- liche" sich für Alexander den Grossen in classischen Quellen nachweisen lasse, daran werde ich im rechten Augenblicke (unter V) erinnern, cf. „Invictus" bei Curtius. Einstweilen stehe hier die Bemerkung, dass die letzte Ptolemaeerin: Kleopatra VI auf einer gleichzeitigen Stele (Birch: „two tablets" p. 33) den Beinamen führt the Incomparable ^Q^Qrf),T" „nulla ei par", so dass Anfang und Schluss der Mace- donischen Dynastie durch zwei „Unvergleichliche" bezeichnet sind. Die

50) Vergl. weiterhin den Ansdruck awfiK (nicht atjua) 'AXegecvdQov.

51) Das Datum „Jahr sieben" des Wiener Kaufcontractes fällt in den Schluss seiner Regierung.

124

sonst bekannten Beinamen Meyag und Kriorrjg lasse ich natürlich aus dem Spiele, da beide erst nach seinem Tode gebräuchlich wurden , be- sonders durch die Alexandrinische Aera, welche man gerade so gut «710 zfjg jlle'SavdQov zslevrfjg als vom Regierungsantritte seines Stief- bruders Philippus Aridaeus (12. Nov. 324/323 vor Christus, des Jahres 423 der Nabonassarischen Aera) datiren konnte. Nun wird aber gerade die Gründung der Stadt Alexandria in das siebente d. h. vorletzte Jahr des grossen Macedoniers verlegt (Syncell. p. 496): ldlt'§avd()eia f; xaz AXyvnzov eßdojuw hei Altigavdyov ixriü&ti. Daher also sein Beiname 6 xriOTfjg der „Stadtgründer", um so mehr als: 'Elhjycav ßaoiltiag trog tiqwzov anb ißdojuov frovg Akegavdfjov a^i&^wvaiv aE)Xr\vtg yay xal Maxeooveg ol avzoi. Demzufolge hatte also Alexander der Grosse in der alexan- drinischen Dynastieeneintheilung in so ferne eine exceptionelle Stellung, dass er nicht zu den Macedoniern mit eingerechnet wurde, von denen es nach dem Schlüsse der 31 Dynastieen Manethos' heisst (Syncellus p. 486): c'Eu)g ^'Q.yov xal Ntxzavtßib 6 Mavt&ü){g) rag Xd dvvaoztiag Alyvnzov TieyityQaipe. Tylzov tojliov tzr] qv\ Ta dt f,iszä z.avza ii 'EXfajvixwv ovyyyacptcov. Maxed ovujv ßaotlug tt\ Aehnlich lautet der Schluss unmittelbar nach den Auszügen des Africanus und Eusebius (Syncell pag. 145, 146. Nach Jagelog Codomannus) oV 3A/.8$avd()og u Maxedüjv xa&ukt folgt : 'Ouov ezi] y* zouov av' . Tavza zov Mave&uj. Me%Qi züvde Mavt&ä)- za dt ueza Tavra c| 'Ehhjvixüv na^iozazai Gvyyqaytaiv. Maxtdovwv ßaoiXelg /«'.

Wo wurde aber Alexander von den griechischen Schriftstellern (nicht von Manetho!) untergebracht? Darüber fehlen uns directe Nach- richten. Nur gibt die vom Syncellus als Canon befolgte Sothisliste des Pseudo-Manetho p. 488 mit Ausschliessung der (letzten) Perser, die sonst die 31. Dynastie bilden, zwar dem Ntxzaveßr]g die richtige Bezeichnung J£sßsvvvz?]g und setzt ihn richtig in die 30. Dynastie , aber sie lässt ihn allein diese Dynastie bilden, ebenso den Nexzavsßbg (JSeßeryvtrjg) die 31. (also State der drei Perser) und auffallender Weise den Ttiug ohne die Bezeichnung JSeßswvrtjg eine 32. Dynastie, die sonst nirgends ge- nannt wird. Abgesehen von der noth wendigen Umsetzung der beiden zuletzt genannten Könige da Ntxiaysßcog ja nach des Syncellus eigener Angabe p. 486 (und sonst z. B. p. 98 Nexzavtßuj zov loyäzov

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ßaoiXewg Aly. geäusserten Meinung) den Schluss bilden muss, lässt sich die Willkürlichkeit dieser Anordnung nur dann begreifen, wenn man den letzten nationalen König Aegyptens, mit absichtlicher Ueberspringung der verhassten Perser, mit dem Haupte der 32. Dynastie: Alexander, in nähere d. h. Familienverbindung bringen wollte, um diesen gleichsam nur als glänzende Fortsetzung des einheimischen Herrscherhauses er- scheinen zu lassen. Dies stimmt vortrefflich zu der oben nachgewiesenen Üebertragung .des Namens (Ns) ßantat Mevdrjg von einem Mitgliede der Sebennytendynastie auf Alexander, wie ihr auch das Märchen über das Elternpaar Nectanebos-Olympias von anderer Seite zur Bestätigung dient.

Einen mehr direkten Beweis für die Gleichung Alexander == Mevdr\g liefert eine Stelle des Tatian52): Aiyvnxicor di elaiv ai hC äxyißeg yjjorcov ävayyaipal xal xoSv "/.ax* avxovg nyayuaxwv e()jLir]revg eoxi ITxo- Xeualog, ovy 6 ß iXevg, leyevg de Mevd r\x og. Dieselbe Notiz findet sich beim Clemens Alexandrinus (stromm. 1. c. 21), wo er den Grammatiker Apion (aus der Oase, 6 HXeiaxovixr\g emxXij&elg) als Ge- währsmann citirt und sagt: uayxvya na^axi&exai TlxoXeixaXov xov Merdrjaiov, aber des Apion Worte selbst so anführt: wg er xdig yqovoig (sie) äveyQaipev 6 Mev drjO 10 g TTx oXe /aalog. Es handelt sich um die wichtige Nachricht über die Zerstörung der Hykschosveste Avayig durch den König 'Ajuwöig. Auffallend ist, dass Tatian mit seinem ovy? 6 ßaoiXevg (TTxoXettalog), ieyevg de Mevdrjxog sich unnöthiger Weise gegen eine An- nahme verwahrt, die Niemand hegen konnte, da es keine Mendesischen Ptolemaeerkönige gegeben hatte. Erklärlich wird uns aber die Stelle, wenn wir voraussetzen, dass in einem chronologischen Werke unmittelbar hinter Alexandros-MsW^e der HxüXeiialog Aayov aufgeführt war, etwa so: Mevdrjxog diede&xo ßaoiXeiav ITxoXeuaiog ; dann würde sich auch der Genitiv Mevdrjxog begreifen. Denn einen ßaoiXevg Mevdrjxog gab es nicht, wie doch der Gegensatz Leyevg de Mevdrjxog wörtlich aufgefasst, bedingen würde. Auch ieyevg Mevdrjxog ist befremdend, wenn nicht der Priester des „Widders vonDat" verstanden werden soll, während doch hier nur die Herkunft des Schriftstellers Ptolemaeus von der Stadt

52) Paraenesis ad gentes p. 129.

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Mendes bezeichnet werden sollte. Dies konnte regelrecht nur in der Form Tlrolefialog 6 Mevdipiog geschehen, wie man z. B. auch immer Mavt&ibg u ^eßtvvvxijg sagte. Auch die Wortfolge beim Apion 6 Mev- dipiog ITTolsfialos lässt zu wünschen übrig, zumal bei einem sylben- stechenden Grammatiker mit dem Beinamen 6 7iXeiaTovlxrjg , und weist also ebenfalls auf die chronol. Reihenfolge: Mtr^g-ITToksualog.

IV. Der König Muthis.

Im Werke Manethos', das sicherlich mit Nectanebos und Dareios Kodomannos abschloss, dürfen wir natürlich den mystischen Namen Alexan- ders, nämlich Mtvdrjg, nur beiläufig anzutreffen erwarten. Aber in seiner uns leider allein überlieferten und durch mehrere Hände gegangenen Königsliste gibt es Zusätze und Versetzungen (z. B. die Bemerkung (p&syyo/uevog Xl&og beim A/uwcocp&ig Hl und die fälschliche Hinaufrückung des Namens JZeöwGTyig in die XII. Dynastie), die sicherlich nur nach- träglich hineingebracht worden sind. Hat man aber solche Zusätze von vornherein als Fälschungen zu bezeichnen und demgemäss zu ver- werfen ?

In einer früheren Abhandlung über „die Pianchi-Stele" 53) habe ich gezeigt , dass der von Kusebius und der Sothisliste an der Spitze der XXVI. Dynastie aufgeführte König 'A/u/ueyig Al&icnfj (Ajtiafjg) ein geschicht- licher Eroberer Aegyptens war. Es stimmt dazu , dass gerade wieder die Liste des Eusebius, der wir doch sonst vor der des Africanus keinen Vorzug, auch nicht in Bezug auf Vollständigkeit der Königs - namen, einräumen können, in der XXIX. Dynastie einen König Mov&ig (so schreibt der bessere Cod. B gegen Mov&ig von Cod. A) an fünfter Stelle nennt, den wir füglicher (wegen des Jotacismus und des Accents) als Mov&i]g auffassen dürfen , wie der armenische Uebersetzer des Eusebius wirklich schreibt: Muthes. Berücksichtigt man nun, dass ihm ein Wa/Li/Liov&ig voransteht, woraus sich, da p. 143 derselbe Name (nicht aber der nämliche König!) Wd/u/Liov&ig heisst, wo die monumentale Legende Ps(a)m(e)t(i)k lautet, so dürfte man auf eine Verschreibung schliessen. Ja ich könnte aus der bekannten astrologischen Inschrift54)

53) Denkschriften d. k. b. Akad. d. Wiss. 1869.

54) Young: Hierogl. II 52.

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wo der Passus vorkommt: l4oxkrjniov o lariv 7 /.iev&ov vlbg cHs(prja- rov (sie!), während der Sohn des Ptah, nämlich der ägyptische Aes- culap 3Ituov&rig (aus I-m-hotep) gräcisirt ist, gerade so, wenn auch in umgekehrter Richtung, statt MovS-rjg ein Mivdrjg einsetzen, womit wir ein dem Mevfirjg wesentlich gleiches Wort erzielen würden , da in der

Transscription des ägyptischen Zeichens j ff: rar (Pap. Leyd.) gleichsam

eine neutrale Mitte vorliegt. Allein ich verzichte auf dieses Auskunfts- mittel, da ich glaube ein triftigeres aufgespürt zu haben, das uns zugleich einen Blick auf das Treiben der Bearbeiter des Manethoth ge- stattet. Nehmen wir einen Augenblick an, ein ägyptischer Chronograph von der Sorte (eines Apion vielleicht auch) eines Ptolemaeus Mendesius habe den geschichtlichen weil monumentalen Beinamen des Alexander: Mtrdrjg, da der grosse Macedonier als exceptionelle Erscheinung ausser- halb des Uahmens der macedonisch-griechischen Dynastie gehalten wurde, aus Patriotismus mit einer einheimischen Dynastie Aegyptens in Ver- bindung bringen wollen, so bot sich ihm doch sicher keine andre mit solcher Noth wendigkeit dar, wie die, XXIX., nämlich die von der Stadt Mtrdrjg benannte. Dass aber die Herrscher dieser mendesischen Dynastie selbst die Beziehung auf den ,,Widder von Dat" (Bandat = M.£vdi\g ) erstrebten, ergibt sich unwiderleglich aus einzelnen Bestandtheilen ihrer Namensringe.

Um nicht der Einseitigkeit in der Anschauung zu verfallen, lasse ich hier einen Andern das Wort ergreifen, der vor mehr als einem halben Menschenalter, natürlich ohne allen Zusammenhang mit unserm Texte aus Miramar, den er auch in seiner neuesten Arbeit über die Widder nicht berührt, Folgendes geschrieben hat55): „Nach den mane- thonischen Listen wissen wir, dass das 29. Königshaus aus der Stadt Mendes herrührte. Die officiellen Namensschilder des Naifaarut (nicht „urt", füge ich hinzu) = Nepherites (genauer: JYecpoQVTrjg aus N~£(po(>lrr}g und Nupo^ong zu combiniren) und des Hagl = Achoris stehen beide mit dem Widder von Mendes in Zusammenhang. In dem (Vor-)Namen des ersteren erscheint der Widder als Thier es ist das Schild ^(oÄC[ ~ M gemeint in dem des zweiten der widderköpfige

55) Brugsch Geogr. I p. 271.

Abh. d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. I. Abth. 1 8

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Gott Ba-n-ded == Mendes, eine besondere Gestalt des Chnum-Osiris. Auch dieser Umstand, auf den wir bereits oben p. 140 hingewiesen haben, bestätigt die ausgesprochene Herleitung des griechischen Mendes vom aeg. Banded und alle damit in Verbindung stehenden Schlüsse." So weit Dr. Brugsch.

Für meine Hypothese, dass der König Mov&Tjg nachträglich zur XXIX. Dynastie (der Mendesier) hinzugefügt worden ist, spricht so- dann der Umstand, dass er am Ende steht als fünfter, entgegen der Ueberschrift :

Elzoorr] wart] dvvaöreia Mevdijaioi^ ßaoilslg J1 (vier) die auch beim Africanus, aber hier mir vollem Rechte, gerade so lautet. Nun habe ich zwar selbst in einem früheren Aufsatze den *Fautiiovd-ig aus der XXIX. in die XXVIII. Dyn. verwiesen, weil der von Diodor unter Olymp. 95, 1 genannte aeg. König ^aaa'rixog nur unmittelbar hinter Id/ivfrcaiog J^atryg Platz haben kann, weil er nur 1 Jahr regierte und schon seines Namens wegen zu den Saiten gehört. Durch die Ausscheidung dieses Wauuov&ig bekäme nun die 29. Dynastie, in Ueber- einstimmung mit der Ueberschrift, allerdings nur vier Könige; allein dann müsste man beim Africanus corrigiren, der nur 3 Könige über- schriftlich haben dürfte , wenn die Versetzung des Psammuthis und nicht die Anfügung des Muthis Schuld an der Disharmonie beim Eusebius wäre.

Obschon von dem zweiten Nephorytes (IVeyeQevg?) bis jetzt keine Schilder aufgefunden sind, was bei seiner nur viermonatlichen Regierung nicht befremdet, so scheint sein Hauptschild aus philologischen Gründen denselben Namen wie das Hnupt des Herrscherhauses ihn trug, enthalten zu haben, etwa mit einer solchen Differenz, wie sie in Nectanebes-Nectanebos vorliegt. Die von Brugsch56) veröffentlichten Steinbruchinschriften, drei hierogl. und drei demotische, sind trotz ihrer Kürze belehrend, weil sie ein gewisses Zeugniss für die längere Regie- rung (13 Jahre) des zweiten Königs Hakoris ablegen. Die erste, von

seinem 1. Jahre datirt, bringt uns die vollständigste Legende (fl-Äa&i)^ 1

56) Recueil I, X, 10, 14, 15, 16, 20, 22.

129

Hagrem = Hagaur, woraus sich "A/joyig (vielleicht "Aywqig) genügend erklärt. Wenn das zu diesem Datum gehörige Proskynema auch nicht von dem Könige oder einem Beamten, sondern von einem Steinmetzen herrührt, so hat es für unsrige jetzige Frage doch eine gewisse Be- deutung, Brugsch las den ersten Götternamen Toth, den zweiten

den dritten dubitativ Min(?). Was den letzten betrifft, so steht demot.

ganz deutlich ^ D [J^; „Set (Typhon) der grosse Gott". Den Namen

der Göttin ^g können wir jetzt auch lesen : es ist Semet = ^uifrig

cf. Ofjii&iov die Augenschminke, ein Beiname der Hathor. Das erste Mitglied der Triade kann nicht wohl Thot sein, da dessen demot. sig- lum einheitlich57) gestaltet ist, während hier drei Zeichen stehen. Am ähnlichsten sieht es dem demot. Chnemu, dem Namen des Widder- Gottes. Allein der unterste Strich müsste dann wagrecht laufen. Ich

vermuthe, dass es Bak ist, nämlich jener Sperber '&St(]^» Zu dieser

etwas gewagt scheinenden Annahme bestimmt mich ein griechisches Distichon58}, das Bezug auf diese ägyptische Triade hat und also lautet:

Eig Balg big, A&udq /uia töjv Biet, üg de Axcoyi Xalys Tiarty xüOjliov, %cä()b ryifxoQipe &eog.

I i Dass statt ^tui&ig Hathor genannt wird, „eine der "^J bau" (oben

Bhtt, im astron. Verzeichnis« der Decane &iot) darf nicht befremden, da der bekanntere Name gewählt wurde. Ebenso hat man den Set- Typhon durch den schlangengestalteten ^^Äh Azoy ersetzt (^luopi vipera), der als Variante für <rJg*Äh Apophis ebenfalls dem Sonnengotte

(Ra) Bait (bak) gegenübertritt, wie Set I\\59) Sati (Suti), welche alle

57) Trotz des griech. 'E^wij? liest Brugsch das Zeichen der Rosettana lin. 15 demot. p. ra "HXiog, da doch nur das Absplittern eines Steinfragmentes das ursprünglich einheitliche Zeichen als zwei erscheinen lässt.

58) Wilkinson: Manners and customs of the anc. Eg.

59) Todtenbuch c. 64, 27; besonders cap. 39, 6, 9; 108, 9; III, 4 unter den RlOT von Pa; 149, 17; 153, 7 (?); cap. 145, 54, verglichen mit dem Pylon Nr. 14 (cap. 147), worauf eine Schlange ruht und dessen Text sogar die Variante rD^^1 H a k o r bietet.

18*

130

im c. 108 vorkommen, cf. col. 8 die bezeichnende Stelle: H ^S^^P /=Ä~f*>^='i*^~ i ^ »Verflucht der, welcher geht auf seinem Bauche und

seinem Hintern" d. h. die Schlange in der Form tBL oder Li. Das Ka-

I i , pitel handelt von den I^J ßt-a d. h. „Seelen oder Geistern des Amenti-

Westens" und wirklich wird darunter auch (Jy Hathor genannt , die sonst (Recueil III p. 72, 19) auch „Hathor die grosse, <^^^^:=:::::::::i^=3Tn

die Tochter des Herrn von Semet auf ihrer Knospe" heisst. Wenn vielleicht der Gott "Axldqi hier mit Anspielung auf den König "Axatyig gewählt sein sollte, so wäre die Beziehung auf die Mendesier mittelbar gegeben.

Y. Der Widder (Bock?) Thmuis.

Alexander II heisst Alegardyog 6 Alyog also war Alexander I = AX'§ Widder Bock60). Hieronymus spricht an zwei Stellen: in Jesaiam lib. XIII. 46, T. III. col. 340 ed. Paris und in Jovinianum üb. II. 6 T. IV col. 202 ed. Paris von einem Bocke öfiovig thmuis, quod interpretatur h ir cus Thmuis nomen urbis lingua Aegyptia abhirco. Da wir diesen Ausdruck weder in der Reihe der oben angeführten noch sonst auf den Denkmälern oder in den Urkunden aufzufinden vermögen, so muss der ausdrücklichen Angabe des Kirchenvaters ein Missver- ständniss zu Grunde liegen.

Brugsch61) erklärt sich hierüber folgendermassen : „Es muss auf- fallen: 1) dass der Bock nach zwei nahe gelegenen Städten im Delta benannt ward, Mendes und Thmuis; 2) dass in beiden Städten der Bock als das heilige Thier des äg. Pan verehrt ward, und 3) dass von beiden Städten dieselbe Unzucht erzählt wird. Herodot nennt als zwei besondere Nomen den von Mendes und den von Thmuis. Ptolemaeus kennt dagegen 6/uovig nur als einzige Stadt des mendesischen Nomos. . . . . Wenn nun der Widder von Ded (Ba-n-ded = Mevdr]x ) auf den

60) cf. Birch Introduction speech I Transactions of the Society of Biblical Archaeology „dated in the seventh year of Alexander II Aigos".

61) Geograph. I 267.

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Denkmälern fast ohne Ausnahme mit den Zeichen des XVI. Nomos ver- bunden wird (während er doch zum XXII. Gau gehört), so wird dieser (Bock) die andere Stadt und den andern Nomos repräsentiren, in wel- chem nach den Alten der Bock ausser in Mendes verehrt ward, d. h. die Stadt Thmuis und den gleichnamigen Nomos." Nachdem Brugsch die Ableitung Champollion's62): von Omoti oder ^jviotti insula mit Recht verworfen hat, da die Stadt Thmuis nirgends als auf einer Insel gelegen erwähnt wird, kommt er zu dem Schlüsse, dass das Wort Thmuis aus dem Namen des heiligen Tempelackers im XVI. Gau ^__ sy^y^^H Thamlij entstanden sein kann. Weiterhin p. 271 vergisst er nicht zu bemerken, dass die Personifikation dieses heiligen Tempel- ackers, welche zu Erment neben ihrem Gemahle Osiris als hr-hel-Tattu ,,in Mendes" bezeichnet wird, eben nichts anderes ist als Isis = Thamhjt63). Dazu stimmt, dass die Gaumünzen des Mevdrjoiog den Widdergott Osiris mit Lanze und Bock darstellen, während dicht daneben die des Bov- oiQirrjg**) die Göttin Isis mit Bock aufweisen.

Ist hiemit, wie ich glaube, der geographische Namen von Thmuis erläutert , so bleibt immer noch zu erwägen , ob die Gleichung des Hieronymus S-fiovig = hircus dadurch erledigt ist. Mir scheint, dass dieses &taomg gar zu nahe an Mov&ig anklingt, als dass wir letzteres von der Hand weisen dürften, um so mehr, als die Vocalisation darauf hinweist und wir es nur noch mit einer Metathesis des # zu thun haben.

Berücksichtigt man die ausdrückliche Angabe des Suidas: Q/uovig ovo/ua d-rjlvxov6'0), so lässt sich in der That kein stärkerer Widerspruch ersinnen als zwischen dem männlichen Bock, der inschriftlich nek iuoir adulter und seti (cr^-) schtaru (ujTop) ,, Besamer der Weiber" ge- nannt wird, und dem bloss weiblichen Namen OjLiovtg. Das Unbegreif- liche aber schwindet, wenn wir Mov&ig (= Mtvdrjg) für den Bock und 0-tuovig „die Katze" (kopt. t-€mott, ta-mau) zu Grunde legen.

62) l'Egypte sous les Pharaons vol II p. 119.

63) cf. Jacques de Kouge sur les monnaies des nomes p. 46 u. 54 (Preisschrift).

64) Das demotische Exemplar des Todtenbuches c. 125 setzt die Stadt Pe-Osiri statt des hiero- glyphischen Tattu.

65) Parthey: Aeg. Personennamen p. 120.

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VI. Der König Phinuis.

Es bleibt noch eine Schwierigkeit aus dem Wege zu räumen: dem König Mov&ig ist als Regierungsdauer die Zahl ,,1 Jahr" beigeschrieben. Ich brauche keine weitläufige Auseinandersetzung darüber , dass dieses eine Jahr eine Störung der Chronologie bezüglich der mendesischen Dynastie (XXIX) herbeiführt. Ich beschränke mich auf die obener- wähnte Thatsache, dass die ebenfalls einjährige Regierung des Psam- muthis (Psametich IV), die uns durch Diodor für OL 95, 1 = 400/399 gesichert ist, während die Eroberung Aegyptens durch Alexander dem astronomischen Kanon zufolge auf 416 Nabon. == 331 v. Chr. fixirt erscheint, für die Dynastieen XXXI, XXX und XXIX nicht mehr als 9 + 38 + 20 y3 - 67 V3 Jahre gestattet, nicht 21'*/« für XXIX, wie Eusebius bietet, weil seine Liste eben den Mov&ig mit einem Jahre enthält. Da auch die Denkmäler nichts von einem Könige Muthis über- haupt, noch insbesondere an dieser concreten Stelle wissen, so fragt es sich jetzt, da die Zutheilung dieser präcisen Regierungszahl „1 Jahr" an Mov&ig doch nicht dem Zufalle zugeschrieben werden kann , woher diese Zahl entnommen worden ist.

Ich glaube, auf diese Frage eine befriedigende Antwort ertheilen zu können. In der XXII. Dynastie erscheint ausser den dynastischen Namen Scheschonq66) (4 Mal), Osorkon (2 M.) und Takeloth (2 M.)

auch ein König f \0 1 (J 1 abgekürzt ( $^ U J und bisweilen bloss durch

den Artikel nebst Kater geschrieben, der Pe-maui zu lautiren ist und in Manetho's memphit. Graecisirung zu <£>-/Liovig werden musste: ,,der Kater" oder „der der Katze Angehörige" eine für einen Bu- bastiten höchst passende Benennung, da die Göttin Bast, woher Bubastis „Haus oder Stadt der Bast" beständig als Katze oder mit Katzenkopf abgebildet wird, und schon die Vorgänger des Königs <PjLiovig den Beisatz si-Bast ,,Sohn der Bast" im Schiide führen. Da nun eine

Enkelin des Takeloth II „Hausherrin" l^QfijH Ta-maut „die Katze"

heisst, wodurch das oben erwähnte Ouovig ovofxa &rjlvz6v urkundlich

66) Lepsius: Königsbuch Tafel LXIX Nr. 858 auf einem Scarabaeus.

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belegt wird, -so lässt sich auch <P-uovig als orojaa a^sv mit „der Kater" übersetzen.

Aus der Liste der XXII. Dyn. ist dieser Königsname verschwunden und hat nur in der überschriftlichen Zahl der BovßaoriTwr ßaoiltujv S-' (neun) eine Spur hinterlassen.

Die Ueberarbeiter des Manetho fanden nun diesen König fp/Liovig67), dessen 2. Regierungsjahr Mariette auf einer Apisstele gefunden hat, ausserhalb des Rahmens seiner Dynastie irgendwo erwähnt. Da sie ihn nicht in der XXII. Dyn. unterbrachten, so ist es höchst wahrscheinlich, dass sie ihn mit dem ebenfalls irrthümlich aus seiner Stelle gerückten König Msvdrjg (Alexander) zu der Mischform MovS-ig amalgamirten. Wenigstens wird durch diese Hypothese das „1 Jahr" erklärt.

Der von Piaton im Phaedrus 274 d erwähnte König Namens Oafiovg ist nicht „mythisch", wie Parthey gemeint hat, sondern gehört der XXIII. Dyn. an, wo er von Manetho als Wauuovg, von den Denkmälern

als (ijä^-Aj Pe-sa-(n)-muth aufgeführt wird. Herodot II 160

verwechselt ihn mit Wau/Liis (Psametik II) von der XXVI. Dyn., da er an diesen die Absendung der Eleer wegen der olympischen Spiele ge- schehen lässt, die nur in Bezug auf Wauuovg einen chronologischen Sinn erhält. Man ersieht aber auch aus der Gleichung Oapovg = Wa/uovg, wie leicht <I>jLwvig und O/Liovig {Mov&ig) verwechselt werden mochten.

VII. König Bantut und Manethoth.

Ich habe oben unter III den Namen unsrer Inschrift in Miramar: Bantut „der ohne Gleichen", „der Unvergleichliche" ausführlich er- härtet und als eine Nachformung des Hauptnamens B antat = Mtvdrjg für Alexander den Grossen dargethan. Es fragt sich nunmehr, da wir eine directe Zutheilung auch dieses Beinamens an Alexander nicht nachweisen können, ob nicht indirect die Zusammengehörigkeit beider Namen angedeutet werde.

Es ist oben bereits der sonderbaren Stellung Alexanders zwischen den letzten nationalägyptischen Königen und den Macedoniern oder

87) Platon's Octpovs?

134

Ptolemaeern die Rede gewesen. Betrachtet man nun die Schlussworte etwas näher, so zeigt sich, dass nach dem Schriftstellernamen Mctvt&üj dreimal68) eine mit t beginnende Artikelform folgt, während das vierte mal69) r.avra rov tqItov Mave&to [tojuov] steht. Letzteres Wort tojuov ist aus der Parallelstelle 'O/u-ov tri] y> to^ov av* mit Sicherheit zu er- gänzen. Wir könnten also ohne allzugrosse Kühnheit die Namensform Mavi&iax aufstellen , die zu Mavtd-öjg gräcisirt werden mochte. Nach Abwerfung des finalen g entstand Mave&iu und später das jedenfalls unächte Mavt&uw. Dass ich mit dieser Hypothese nicht in der Luft schwebe, beweist der Syncellus70), wo beide Handschriften A und B die Summirung des zweiten manethonischen (manethothischen !) Bandes mit den Worten 3Enl rov avrov dtvrÜQOv rouov Mav£&(.ü& ßaöilelg ^g trrj ßyxa darbieten. Der Name ist entweder im Genitiv zu denken und dann ist er als Indeclinabile behandelt, oder nach Analogie der Sum- mirung des ersten Bandes71): Me/^i rovde rov a' rouov xara^rjo/ev 6 Mav8&(.b[&) ouov etc. als Subjectsnominativ zum ausgelassenen Verbum 7iaQ£X€l aufzufassen. Das hieroglyphische Prototyp zu diesem Mave&u>&, wie ich es im Titelbilde meines Manetho aufgestellt habe, nämlich die

urkundliche Gruppe ^^ Ma-n-Dlmti , habe ich desshalb seit geraumer

Zeit aufgegeben , weil der Papyrus Casati die diesem Namen entspre- chende Graecisirung Oorojnavg oder Ootojlwvt darbietet , wo also die beiden Bestandtheile in umgekehrter Ordnung gelesen sind. Berück- sichtigt man Formen wie Ma-e-q)fra12j <Pifo](pcuorog im Laterculus des Eratosthenes , die sich leicht in "^sl ma(r)i und den Gottesnamen zer- legen, so hat die allgemein beliebte Zusammensetzung des Autornamens

aus "-^csl und ^7^ Mai-n-Dhuti Mavs&a)& „der Liebling des Hermes"

gewiss nichts Anstössiges , um so weniger, da ein solcher Name sehr häufig getroffen wird , obgleich wir zufälligerweise keine griechische Transscription davon in einer bilinguen Urkunde besitzen. Heisst ja doch die Inhaberin unserer Stele selbst Tha-Dhuti!

68) Syncellus p. 145 lin. 11, pag. 146 lin. 10, p. 486 lin. 17.

69) Syncell. p. 146 lin. 9 vergl. mit p. 145 lin. 10.

70) Syncell. pag. 135 lin. 1.

71) Syncell. p. 110, 14 u. p. 112, 6.

72) Syncell. p. 205 lin. 9.

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Indem ich also die Möglichkeit dieser Namensformation ausdrück- lich reservire und sogar im Hinblicke auf die Stelle unserer Inschrift,

wo der ungenannte Sohn der Tsenpaonch = Ta-Dhuti <:^lln,/f^

r hitpe ast Dhuti „zum Oberen des Sitzes von Dhuti" also wohl zu einer Gelehrten-Stellung berufen wird, als Familienstück (Ta-Dhuti!) geltend machen könnte, weist die Thatsacbe der Doppelnamigkeit in unsrer Inschrift von selbst darauf hin, eine möglichst nahe anklingende Namensform zu Mai-n-Dhuti = Mavtfra){xf)S •-, nämlich eben unser B antut „Ohnegleichen" als zweiten Namen zu vermuthen.

Bedenkt man, dass der Grammatiker Apion 6 Xjaalrijg ausser diesem Beinamen auch noch 6 Uleiororixrjg genannt wurde, so wird meine Ver- muthung, dass Manethoth 6 J£t ße vvvii]g „der Liebling des Thoth (Hermes)", der erste Bibliothekar des alexandrinischen Museums Era- tosthenes war sein Nachfolger einen adäquaten Beinamen geführt haben wird, weniger befremden. Wirklich hat der Syncellus73) den Passus: 6 dt 7ia.{S Alyvnzioig int o i] f^brarog Mave&uJ etc., worin das Prädicat imori jjiot arog um so mehr als eine Uebersetzung des Bantut (invictus, cui nemo par) angesehen werden könnte, als anderwärts74) in nächster Beziehung auf Alexander dasselbe Praedicat im Comparativ erscheint: c'Ooa f/iv ovr i%Qi}r tiqo rijg *AXeg~a.vd{)ov ßaoileiag etc. koinov dt xal rovg per* avrov diadt^a/utrovg ttjv r^t^ioviav STiiorj jliot eyovg äSiov tintiv. Es werden alsdann genannt : Ayidalog adtl<p6g avrov nybg narobg ix <PtXivves %f\g OerTakijg, 6 imxlrj&tlg <Pih7mog . . , xal Alt^ard^og nötig AXt^aydoov ix cPa>£ain]g Tfjg Xy^vafjxov.

Eine Anspielung auf die Namensformation Mave&wd- aus dem Gottesnamen Dhuti 6co{y{& liefert eine andere Stelle73): n^bxuxai dt koiTiov xv.l 7it(jl rrjg twv Äiyvnxiwv dvvaoxtiag uix^a dialaßtly ix xäty Ma v t&w xov ZZtßsvvvxov dg inl UxoXs/iialov xov <i>iladel(pov a^jyjeosvg xuJy iv Alyvnxip tldcolticov xyrjjuaxloag ix xojv iv xfi JZsQiadixfi yfj xu- fitvwv OT7]Xcjy leoa (prjoi diakexxcp xal ityoyQacpixoig y^a^uaoi xtya^a- XTrjQioutyiJüi' vnö Oojd- (Var. Oat'vd) xov nqwrrov cEytuov , xal iyiM]vsv-

73) p. 97 1. 17.

74) Syncell. p. 503 1. 12.

75) Syncell. p. 72, 15 sqq.

Abb. d. d. I. Cl. d. k. Akad. d Wiss. XIV. Bd. I. Abth. 19

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&eiöri)V jLisra xov xaxaxlvöfibv ix xfjg hyäg diakixiov tig j/)v ' lülr^yi^a <pü)V7]V ygafifiaöiv le^oylvcpixoXg , xal anoxE&tvxwv iv ßlßloig wib tov ]dya&odaluovog , vlov xov devxEyov 'Ey/uov, naxybg tov Tax iv roig advxoig xüjv Ieqüjv Alyvnxov, TiQoaeopojvrjae x(o avx(p <Pilac)el(p(p ßaa. ß' Uxol. er xfi ßlßloj xfjg Sco&eog etc.

Man sieht auch ohne meine Erinnerung, dass die iQprjvevGig dg xtjv 'Ellrjvlda (pojvrjv sich auf Manethos' griechisch geschriebenes Werk AXyvnxia vjio/nv^uaxa bezieht, dass ferner der erste Hermes eben der Gott Dhuti ist, zu dem sich der seine Wissenschaft iv ßlßloig anori- &elg als alter Hermes gesellt. Die dunkle Stelle 'AyaS-odalpovog

Tiaxqbg di xov Tax jr geht wohl auf den König B antat = Mtvdrjg, der

wie alle Könige den Beisatz |I 3Ayafrodaltuojv vor seinem Schilde führen mochte.

In der That, wenn der Schriftsteller Mava&tod- unter Ptol. Phila- delphus etwa um 275 v. Chr. seine literarische und sonstige priester- liche Wirksamkeit (cf. Serapis-Holung unter Ptol. Lagi) ausübte, so steht nichts entgegen und spricht alles dafür, dass er während der 7 8jährigen Regierung Alexanders schon geboren war, oder seine Würden erhalten hatte. Unter dieser Voraussetzung wird es dann nicht mehr befremden, dass er den dem Könige beigelegten Beinamen B an tut ebenfalls annahm , da wir solchen Adoptionen dynastischer Namen von Seiten der Privatleute in allen Dynastieen häufigst begegnen. Auch spricht dafür der gelehrte Ton in der Inschrift seiner einstweiligen Mutter: Tsenpaonch ,, Tha- Dhuti", die ja selbst einen auf Thoth bezüglichen Beinamen führt.

Ja es besteht gewissermassen eine psychologische Notwendigkeit, in der Familie des Autors Manethos eine gewisse Griechenfreund- lichkeit vorauszusetzen. Man bedenke, was ein ägyptischer Priester, wie Manethos einer war, Alles überwinden und wagen musste , um die Sprache der barbarischen Jonier als Hermeneute zu gebrauchen und schriftstellerisch als der Erste seiner Amtsbrüder darin öffentlich auf- zutreten, während vor ihm nur geborne Graeculi als Ciceroni gedient hatten.

Flavius Josephus sagt von ihm contra Apion. I 14: Mave&ujv d^v

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ro yivog drrft) Alyvnxiog, xrjg 'Ellrjvixrjg juexeöxrixafg naideiag, cog drjXog toxi ' ytyyaxpeyäg cElladi (pwrf] xr\v naxQLOV iöxoglav i'x xs xwv uqüjv, äg (prjöiv avxog, utracp^aoag xal Tiollcc xbv 'Hyodoxov zktyy^L xcov Alyvn- xiaxüJv vti> dyvoiag sifssvo/Lisrov. Syncellus76) nennt ihn Mave&ui äQxisgevg xal yyaujLiartvg xwv xax' AXyvnxov leyaiv advxwv, ytvu Ssßevvvxrig vTidyxwv cHfoov7iotixrjg und in dem wenn auch pseudomanethonischen Briefe nennt er den xQiyjueyiöxog 'Ey/Lifjg (s)einen tiqotlclxvjq.

Wie nun, wenn der in unsrer Inschrift ohne seinen Eigennamen aufgeführte Sohn der Dame Tsenpaonch-Ta-Dhuti vielleicht Manethos selber wäre? Man vergleiche seine hohen priesterlichen Titel mit den dem Mave&üg von den Schriftstellern beigelegten, besonders diejenigen, die sich auf seine Vorstandschaft des Sitzes von Dhuti, seine Meister- schaft über die Tempel aller Götter des Landes und seine Funktion als nächster Eerather des Königs betreffen, um zu der Ueberzeugung zu gelangen, dass der geschichtliche Manethos keine anderen Titel gehabt haben kann, und dass dessen Mutter gerade so erfreut über seine hohe Stellung gewesen sein muss, als sich Ta-Dhuti in unsrer Inschrift wirklich zeigt. Allerdings treffen wir ähnliche Titel auch bei andern Männern und darum macht meine Hypothese keinen weiteren Anspruch als auf Beachtung. Da er als pietätvoller Sohn wohl in dasselbe Felsen- grab wie seine Mutter und sein Vater (Anhuramu) bestattet wurde, das er ihm bereitet hatte , so könnten uns die Ausgrabungen in Saqqarah einst mit der Aufdeckung seiner Gruft und seiner Mumie überraschen. Und wenn dieser seiner Mumie im Sarkophage sein griechisches Werk Alyvnxia vfiofiyriftaxa beigegeben wäre, wie der des Grammatikers TQcpojv die Verse der Ilias und seine grammatische Abhandlung?

Schwerlich dürfte sich diese Hoffnung so bald verwirklichen, viel- leicht erst nach Wiederauffmdung des /uvijjLia oder örj/ua des Alexander selbst, dessen oco/ua einer Ueberlieferung gemäss in den Fundamenten der jetzigen Athanasiuskirche zu Alexandria ruhen soll.

76) p. 73 1. 5 sqq.

19*

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VIII. König Alexander der Bock: o Ali.

Der Umstand, dass Alexander II.77)? der Sohn Alexanders des Grossen mit der Roxane, kurzweg Ale$avd()og 6 Alyog ,, Alexander, der (Sohn) des Bockes" genannt wird, könnte Manchen der Leser zu der Frage ver- anlassen: wozu diese deine ganze mühsame Beweisführung, wenn classi- sche Quellen die Sache mit einem Schlage abthun , und uns diese so- nach eigentlich schon lange bekannt ist?

Darauf erwiedere ich: Aus der Thatsache, dass ein nicht zeitge- nössischer Schriftsteller den jungen Alexander einen ,,Sohn des Bockes" nennt, würde noch nicht bewiesen, dass die Aegypter selbst ihn so ge- nannt und auf Denkmälern so betitelt haben, da ja dieser „Bock'' ein Rückschluss von den Kunstdarstellungen des Alexander mit Widder- hörnern sein könnte. Sodann musste die genealogisch-dynastische Ver- anlassung zu dieser sonderbaren Benennung Ba-n-Tat = Mivdrjg an der Hand der Denkmäler strengstens erwiesen werden. Endlich war die Aufzeigung dieses M£vdr\g als Mov&rjg in der mendesischen (XX IX.) Dynastie Manethos' nichts weniger als gleichgültig.

Andererseits bestätigt jetzt die Legende cAlt§avd()og o A%£n) , dass ich Recht gethan habe, sowohl den König Bantat = Mtvdi]g des Wiener Sarkophages von Nohemisis, dessen Behandlung durch Collega Dr. Reinisch wünschenswerth wäre, als die demotische Kauflirkunde mit ihrer Doppellegende, als endlich den dreifach gebotenen Namen Bantat Bantut des Miramartextes mit Sicherheit auf cAli$avd()og 6 AY§ zu deuten. Ich denke, hierin liegt ein Fortschritt gegen die frühere Periode der Aegyptologie, wo man den schönen nach England gebrachten Sar- kophag des Nechtharhebi (JYsxrartßrjg) zuerst dem Alexander und dann dem Amyrtaeus (Amunrut) zugeschrieben hat. Auch war „Alexander" selbst bisher nur in retrospectiven Ptolemaeerurkunden und Denkmälern aufgezeigt, allein nirgends als regierender König, wenn gleich sein Namensring „Alexandros, Sohn des Amun", einige Mal an Bauten vor- kommt und seine Stadt „Haus Alexanders" öfter erwähnt ist.

77) Birch (cf. Transactt. of Soc. f. biblical Archeology Vol. I Introduction).

78) Herodot gebraucht II 46 gerade diese Bezeichnung für die mendesischen Böcke: aeßovtcu 6e tovs aiyas oi Mev6ijaioi n&vius xcd /uäXXoy tovs tQatvctg röJv ihrjXecoy . . . ix 6k tovtoiv eis nakiGTa etc.

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Ich bin desshalb auch berechtigt, den Passus unsrer Inschrift, der von der Thronbesteigung und der nach den vier Weltgegenden ausgedehn- ten Herrschaft Alexander's handelt, in streng geschichtlichem Sinne zu fassen und nicht allenfalls als bloss herkömmlichen Bombast der Text- verfasser anzusehen. Ich habe desshalb die betreffende Textesstelle ("unter e) gerade so unterstrichen und gesperrt drucken lassen , wie (unter d) die auf den Sohn der Dame bezügliche, da ich in ihm keinen Geringeren als Manethos selbst vermuthe.

Es gibt endlich ein zwar kleines aber höchst inhaltreiches Denk- mal, nämlich eine kurze demotische Inschrift in Hammamät, die ich ihrer Wichtigkeit wegen auf der Tafel unter f mittheilen und hier voll- ständig analysiren muss; sie wird uns für unsern Gegenstand erwünschte Aufschlüsse bringen.

Dieselbe gehört zu den von Nestor l'Hote zuerst abgeklatschten und zwar an der Strasse von Qobtos nach Qoseir, dem bekannten Hammamät79). H. de Saulcy , der sich zuerst mit Muth und Geschick an die Entzifferung wagte, lieferte folgende Uebersetzung: L'annee 26 du roi Ptolemee, fils de Ptolemee, de tobv le quatre, Terpsenammon? fils d'J^imire a offert des libations en ce Heu, selon les rites prescrits ä l'image du roi Aritei? fils d'Arsinoe. II a offert, ou acquitte son adoration ä Ammon generateur et au dieux du temple? ä toujours. II a ecrit cette affiche." Der gelehrte Letronne erkannte mit gewohntem Scharfsinne die historische Tragweite dieses wenn auch unvollkommen übersetzten Textes, indem er den Hauptnachdruck auf Arsinoe als Mutter des Aridaeus legte. Sehen wir zu, was der Text wirklich bietet, nach- dem wir die Umsetzung in Hieroglyphen möglichst genau gemacht haben:

fsRiii~~Q^fiP!-^kAAP£- -I^Mfl

Jahr 26 des Königs I. h. k. Ptolemaios (Sohnes) des Ptolemaios

* k i l 1 i B $1 I Jö"i;i-^-r

von den „Ersten Freunden" des Gottes Kind (des) B antut, hat die Fluth

79) Cf. Eevue arch. 1845 I pl. I; 1845 II p. 738—754. 785—809. Lepsius: Denkmäler Abth. VI pl. 69 mit sorgfältigerer Angabe der lückenhaften Stellen. Vergl. die Tafel f dieser meiner Ab- handlung.

o /wwv\

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des Nil weggerissen die Statue des Königs 1. h. k. Aridaios (Sohnes) der Pharsine. (Aber) Sein Name bleibt (aufgerichtet) vor Chemen (dem Gotte)

(u.) den Göttern der Männlichkeit bis in Ewigkeit. Geschrieben hat (es) Tenek.

Man sieht, dass meine Uebersetzung bei aller Uebereinstimmung in Einzelnheiten bedeutend von der de Saulcy's abweicht, an die wir freilich nicht die seit fast dreissig Jahren erzielten Fortschritte im Demotischen als Massstab anlegen dürfen. Behandeln wir die Punkte der Reihe nach.

Das Datum: „Jahr 26" ist, wie Letronne richtig gesehen hat, schon allein ein Beweis , dass der zuerst genannte König Ptolemaeus kein anderer als Philadelphus sein kann. Ich brauche mich hier nicht dabei aufzuhalten, dass <f>iladel(fog und *Adel(pos sowohl in griechischen als ägyptischen Urkunden völlig gleichbedeutend sind. Auch von 'seinen hier nicht genannten beiden Gattinnen s0) brauche ich kaum zu bemerken, dass sie beide 3Aqoivor\ <PiXadeX(pog heissen. * Sonderbarer Weise war aber die frühere Gattin, die er in seinem 8. Jahre verstiess , die jüngere, nämlich die Tochter des Lysimaches und seiner eigenen Schwester Ar- sinoe, die er später ehlichte. Die Münzen lassen hierüber keinen Zweifel. Da Philadelphus im J. 285 v. Chr. zur Regierung gelangte, so entspricht das Datum unsrer Inschrift dem J. 259 v. Chr.

Der an zweiter Stelle ohne Einrahmung und Königstitel genannte Ptolemaeus muss der Sohn des Lagus sein , der nach Alexanders des Grossen Tode als Satrape (satrapes Aegypti sagt Curtius) die Vormund- schaft über die nominellen Könige Aridaeus (Philippus) und Alexander II d. Sohn der Roxane führte, bis er 305 v. Chr. als selbständiger König Aegyptens auftrat, um 285 zu Gunsten seines Sohnes Philadelphus ab- zudanken. Er war aber eigentlich nicht der Sohn des Lagus, sondern

80) Cf. Champollion-Figeac : Notice de deux papyrus egyptiens passim.

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des Philippus, der ein Kebsweib Namens *Aqgiv'i\ aus dem Geschlechte der Heracliden geschwängert und sie in diesem Zustande mit seinem Offiziere Lagus verheirathet hatte. Ptolemaeus Lagi war also strenge genommen ein Halbbruder Alexanders des Grossen, gerade so wie Ari- daeus, und daraus wird sein Widerstand gegen die Wahl des Aridaeus zum Nachfolger des Alexander noch erklärlicher.

In ziemlich vielen demotischen Urkunden ist sein Beiname Aayov ,,der Sohn des Lagus" ägyptisch nachgeahmt durch die Legende

^_ flj^^m laq-av ,, Abwehrer des Schreckens" (GBH Stupor). Sein

offizieller Beiname aber laute anut oder nut: (]n_ '00, ober abgekürzt T* ,

ein Wort, das in der Rosettana durch ma/Ltvvag „Vertheidiger, Rächer" übersetzt wird. Vielleicht sollte er auf 'Auvvrag einen in Macedonien dynastischen Namen anspielen , obschon die Griechen diesen Titel stets durch 2u)triQ wiedergaben , wodurch eine Verwechslung mit JZcorrjQ II herbeigeführt wird! Diese existirt aber nicht in den vollständigen ägyptischen Legenden ; denn ausser dem Zusätze <Pdotu 'twq II wird hier der Titel des Ptolemaeus X Soter II wenigstens während der Zeit seiner

zweiten Regierung (89 81 v. Chr.) constant D | ^ pe nuter ent

nohem „der Gott welcher rettet" geschrieben, während in den Schildern

seiner ersten Regierung (117 107) ebenfalls * wie bei Ptolemaeus I

Soter I getroffen wird.

Die interessante Stele von Cairo81) hat uns seinen persischen Titel «ss -

ei v o chshatrapan (pers. cJishaihrapävan) geliefert, übereinstim-

mend mit Curtius X, 10, 1: satrapes Ptolemaeus Aegypti (et Africae gentium quae in ditione erant, imperium obtineret).

Unsre demotische Inschrift eröffnet uns einen neuen Einblick in die Ptolemaeergeschichte durch die zum ersten Male hier von mir auf- gezeigte Legende $t^Jf *&v tiqwtwv (pikcov , die in ihrer griechischen Form bei den Nachfolgern des Ptolemaeus I so oft wiederkehren sollte. Dieser Titel, der wohl ursprünglich eine Art Vormundschaft besagte,

81) Cf. Brugsch in der Zeitschrift 1871 p. 9 u. meine Abhandlung im „Auslande."

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ra £

steht auf gleichem Grunde mit ~|j^|"£ \\w maliauti avyyevrig^ im

Miramartexte ult. einfacher .A geschrieben, wozu sich 1(1 s an cott

„Bruder" gerade so gesellt, wie in den Rhind-Papyri. Vielleicht ist dieses ma-haut nur ein jüngerer Ausdruck für 1 rech-suten „Be- kannter des Königs" in den älteren Texten82). Von einem Datum des „toby le quatre" ist also hier nicht die Rede , sondern es steht das ägyptische Prototyp chnemu tep v< n xtav. tt^wtcjov (piXmv „Einer von den ersten Freunden."

Auch die nächstfolgenden Gruppen hat de Saulcy miss verstanden. Es steht nicht der Eigenname Terpsenamon eines Privatmannes, sondern ,,der junge Gott" (König), in dessen Namen Ptolemaeus I die Regierung führte. Die Umschrift in Hieroglyphen, wie ich sie gegeben habe, ist unanfechtbar. Zu stärkerer Begründung derselben will ich aber noch die ganz ähnliche des Caesarion anführen, wie sie auf einer gleichfalls demotisch beschrifteten Apis-Siele vom 6. Jahre der Kleopatra VI er- scheint83): ülojä ji^flal rfjJ'^JL ism-?- pe nuter pe chrat nuter (n) pe nuter a ent ar hei nib anch ,,Der Gott, das göttliche Kind des grossen Gottes, welcher macht alle Gesichter (gXi aliquis, Menschen) leben".

Ist also mit dem „jugendlichen Gotte" in unsrer Inschrift ent- schieden Alexander II gemeint, so verlangt die Analogie mit dem eben angeführten Texte, wodurch wir die ägyptischen Titel des Divus Julius Caesar erfahren die Fortsetzung bietet wirklich „Autokrator Kai- saros" dass nach der Legende des Alexander II die seines Vaters Alexander I unmittelbar sich anschliesse. Diess wird sofort wahrschein- lich, wenn wir einen Blick auf das Determinativ der nächsten Gruppe werfen: es ist kein anderes als _J), wie hinter der Legende pe nuter

pe chrud. Indess will ich vor der Besprechung dieses für mich wich- tigsten Punktes zuvor das Uebrige erledigen.

Die hinter dem eben besprochenen Determinative 3 folgenden drei

82) Ueber die andern verwandten Titel (pilog u. naTrjy ßaaiUwg vergl. Champollion-Figeac 1. c. u. Letronne's: Eecherches p, servir a l'histoire etc. pagg. 58, 60, 314, 320, 326 etc. . 83) Young: Hieroglyphics II 74 mit 6* über der Legende.

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Gruppen umschreibt de Saulcy mit oth th m Nim, deren fünf erste Zeichen er als valeurs indubitables et bien determinees bezeichnet. Allein offenbar ist das erste ebenso gut ein ti als das dritte, und zwi- schen beiden steht Nro. 2 als sicheres m. Wir haben also das Wort nun, worauf das feminine ^t folgt mit einem expletiven oder wort- abtheilenden Punkte ° (oder vielleicllt o?) unterhalb. Es ist dies das nämliche Wort wie vovv des Horapollo = Nsilov dvaßaoig (— äßvooog),

das demotisch oft \/ }&/ nss'v\ geschrieben ist, in welchem Falle der männliche Artikel n, dem Deutbilde entsprechend, am Platze ist. Allein

AAAAAA .

daneben existirt ein weibliches nun't: £—> mit vielen Varr.84), das

ausdrücklich den weiblichen Artikel "^v ta bei sich führt, wie ja be- kanntlich das Hauptnass des Landes: der Nil <;=^ nun selbst mann-

weiblich mit hängenden Brüsten dargestellt und das Element des Was- sers (Urstoffes) bei den sogen. Elementargöttern durch einen Nun und eine Nun't repräsentirt wird. Wir fangen jetzt an zu begreifen, warum der Verfasser unsrer Inschrift am Ende neben dem ithyphallischen Chemen [Xspflis TJav Evodog) in dem griech. Proskynem an der Strasse von Hammamät so auffallender Weise die „Götter der Männlichkeit"85) hervorhebt. Es sollte von dem Wasser des Nil etwas Nachtheiliges berichtet werden; da nun hiebei der Name des hochheilig verehrten Nilus nicht wohl genannt werden durfte, so wählte der Ver- fasser (Tenek?) ein von seinem Namen abgeleitetes Femininum, gleich- sam eine Nila, um die Katastrophe damit zu bezeichnen. Welche historische Anspielung darin liegt, werden wir weiterhin sehen. Zur Ergänzung dieses nun't nun wird im oder jwma hinzugefügt, wörtlich „des Meeres", wie ja der Nil der Ueberschwemmung auch jetzt noch ähnlich von den Arabern el-bah'r = r\ fralaxta genannt wird.

Die nächste Gruppe lautet nicht uti, sondern ist anscheinend das hieroglyphische <2>"! aru „sie machten". Damit dies aber richtig sei,

84) Cf. Brugsch lex. p. 779.

85) In einer vom 31. Jahre des Philadelphns datirten demot. Inschrift zu Radesieh (Lepsius Denk- mäler Abtb. VI Blatt 24, 2) hat der Gott Chemen den Zusatz ^T^ pe haut „der Männ- liche". Ebenso Bl. 69 Nro. 169 lin. 5 ultimo.

Abh. d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. I. Abth. 20

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müssten vorher zwei Mannsnamen, meinetwegen Nun't und Aumu stehen. Da aber kein Deutbild von Männern hinter diesen beiden Gruppen sich zeigt, so ist diese Annahme unmöglich. Auch ist es an sich unwahr- scheinlich, dass 259 v. Chr. noch Jemand eine Statue des Aridaeus errichtete. Dass aber von einem solchen Denkmal die Rede ist, zeigt unwiderleglich das Determinativ des Steines, welches hinter der Gruppe

^fj)™ folgt (de Saulcy liest unrichtig m^x&, übersetzt aber richtig

„image.")

Ich musste desshalb auf ein anderes Verbum verfallen, das in den Context passt. Es ist dies das im quost. Papyrus von Leyden häufig

angewendete demot. *TJ, mit dem Krahnen determinirt, welches sich

im Kopt. oy\ tollere auferre erhalten hat. Jetzt ist der Strich hinter

är nicht mehr hinderlich, weil er nicht mehr aus dem Pluralzeichen i,

sondern aus V (das darüber stehende tep | reicht so weit herunter, um

den Seitenstrich mitzuvertreten^) erklärt werden kann. Da nun über die Lesung ,,pe tut n suten Aredai" (allenfalls ist wegen Beschädigung des betreffenden Zeichens statt s=> ein <=^> zu transscribiren) kein Zweifel obwalten kann, so fragt es sich, wo die Fluth des Ueberschwemmungs- Niles ein steinernes Standbild des Königs Aridaeus fortgerissen habe. Ich denke, wir haben den Ort dieses Elementarereignisses nirgend wo anders als in Theben zu suchen , und zwar in Karnak bei der so- genannten Cella Philippi, wo sein nach dem Vorgange seines Vaters

P h i u 1 i u p-

angenommener Name mit der Schreibung I (1(1 y^^Kn'Tf j ' )

p o s erscheint. Auch in der Oase des Jupiter „Hammon" opfert er unter diesem Namen dem Widdergotte86).

Dass ein solches Vorkommniss, wie die Niederreissung eines könig- lichen Monumentes durch Wassergewalt inschriftlich verzeichnet werden mochte, dafür bürgt der oben p. 118 erwähnte ebenfalls im Hammamät befindliche Paralleltext, demzufolge „die fremdländischen Horden des

86) Cf. Minutoli Reise zum Tempel des J. A. Tabul. X, 2 u. XIV aus Aschmunein (Hermopolis magna).

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Persers (Artaxerxes Ochus) £^U yflll zwei Denkmäler (Statuen) des Königs Nechtharhebi angriffen" (verstümmelten ]f^^ TO£ tran- situs), wie der Schreiber Hema, der Sohn des Psenoeris, dort an- schrieb. Der Schreiber des demotischen Proskynema (Nro. 162) unter dem griechischen ITPOCKYNHMA81) des jonischen Soldaten Tenau- chemen = Ev/e/Li/Liig (in fremdländischer Schrift ut halothrau = uilo&übog) anbrachte, hiess ebenfalls Hema, war aber der Sohn des Pethar- puchrad. Auf Bl. 69 Nro. 166 steht die ganze Filiation: Hema, Sohn des Nechtch emm is, S. d. Hema, S. d. Petharpu chrad. Der Gegensatz zu dieser Zerstörung von Monumenten liegt in der Formel ,,es bleibt (aber) sein Name bis in Ewigkeit (aufgerichtet) vor dem Gotte Chemen", zu dem die Wanderer des Wüstenwegs als dem TIavl Evbdm ihre nQooxvvr^iaxa anbrachten.

So also auch in Bezug auf das durch Wassergewalt niedergerissene steinere Standbild des Königs Aridaios. Vielleicht liegt eine historische Anspielung in der so ostensibel und im Gegensatze zu dem ithyphalli- schen Chemen und den Göttern der Männlichkeit in unserm Text ver- steckt enthalten. Man weiss, dass Aridaios durch die Mutter des Ale- xander 1: Olympias, aus dem Wege geräumt ward: Kaxa xfjv (>/*' okvfi- mada (117/116 v. Chr.) xbv A^idalov 3Qlviimag xxelvti fj 3Alt§avdyov /lh]T7]() -fj naoa Aiaxov axaltloa rov ßaoiltcog 'flmiyov, i) xovxov (pvyovoa xal Tiyog Maxedovag ll&ovoa-dixxibg ycco lüToonzai. Tovxov fiiv ovv dvdovoa ovv x\[ ya^exi] etc. Man beachte auch das ävaiQHV, welches wie tollere und „aufheben" sowohl „in die Höhe heben" als „aus dem Leben entheben" bedeutet. Denken wir uns nun einen Augenblick, dass die Aegypter nach Analogie des Satzes beim Syncellus : fj yay ösXfjvij na^ Alyvmioig xvyiiog oXv/miiag xalelxai, dtä xb xaxa /Ltfjva Tisümolelv xbv 'Qujöiaxbv xvx'kov, bv oi naXaiol avxcuv Olv/unov ixaXovv den himmlischen Ocean mit einem analogen Ausdrucke benannt hatten, wie das griechische ovyavbg (varanas sanscr.) thatsächlich von Birch88) mit

der Schreibung ;^^\vwwvi=i uranos (Wasser) zweimal an dem Sar-

87) Ausser der Legende (Nro. 161) ro npooxwrjfxa unterscheidet man noch eydauu[ov Ev]xtfuo[s <STQctTitorov\iov 7r£o?[xu[r>2<rr«'ro£"] Tluvi (sehr zerstört).

88) Zeitschrift 1869 p. 116.

20*

14b

kophage des Nechtharhebi aufgezeigt ist. Er nennt eine andere Legende

ö \>^w^ J) urhanhannu, aus welchem männlich aufgefassten Ge-

wässer der Sonnengott Atum hervorkommt „probably a Variant" dazu

"^^■c. CA T*\ I AAAAAA

oder zu Vv in 1 **"** üramchen, Todt. cap. 3, col. 1. Näher an die

.www

Lautung Ovlvanog führt die Legende des Todtenbuches cap. 30, 4: ,,Ich bin begraben in (oder Begräbniss ist mir) f^j^^rs-^-" ^ (__i „die

grosse Westgegend des Himmels" Amurt-ät-nt-pet. Aber geradezu iden-

n i ^^j tisch mit Ovlvfin-og ist die Legende cap. 25. 2/3 „Ich sitze im j,z-.<=>

AAAAAA iöct ^ m (

bu-ul-nt-pe „im grossen Räume des Himmels", wobei zu bemerken

/wvw\ a

ist, dass statt ^ auch ^\ oder ^ = w stehen könnte.

Fassen wir das Gesagte zusammen, so wird es nicht mehr so sehr befremden, wenn ich anlässlich der als feindlich geschilderten Nilfluth nunt-iuma im Sinne des dem Aridaeus günstig gesinnten Verfassers eine Anspielung auf Olympia s erblicke, welche den Leib des Aridaeus aveile (sustulit), wie die Ueberschwemmung das steinerne Standbild des- selben 58 Jahre später.

Es ist möglich, dass der Schreiber (Tenek?) dem König Aridaios wenn nicht persönlich bekannt, so doch gleichzeitig gewesen ist. Aber, wie ich hinzufügen muss, nicht sehr wahrscheinlich. Diess schliesse ich aus dem offenbaren Fehler , den er hinsichtlich der Angabe des Mutternamens begangen hat. Während wir aus ganz bestimmten und glaubwürdigen Zeugnissen, z. B. dem des Dikaiarchos89), des Schülers des mit Macedonien wohl vertrauten Aristoteles, wissen, dass die Kebsin, rjg fpiliTiTios 3A()idaLÖi' htzvcooe, die Tänzerin aus dem thessalischen Larissa (Aa^Lööcda) <Pifara {ß?iXkiva, 4>ikivva) war, die Plutarch eine yv vr\ ädo£og xal x.oivr\ nennt, las de Saulcy in unserm Texte den Namen Arsne und Letronne deutete diesen Namen auf jene obenerwähnte 3A()öiv6r] aus dem Geschlechte der Herakliden , obschon Philina die eigentliche Mutter des Aridaeos war: II a pu, dans l'interet de sa po- sition, il a du rejeter une originc si peu honorable (d'une vile baladine et fille publique) et soutenir qu'il devait la naissance ä une descendante

89) Athenaeus p. 557. Cf. Syncell. p. 503.

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des Heraclides. Allein gegen diese Annahme, die dem Aridaios selbst eine absichtliche Täuschung zuschiebt, erheben sich allerlei Bedenken, die wir durch bessere Hypothesen ersetzen können.

Erstens könnte der Schreiber sich absichtslos geirrt und statt des einen Kebsweibes ein anderes genannt haben.

Zweitens erlaubt, ja fordert die Eigenthümlichkeit des ersten Zei- chens, besonders im Hinblicke auf die ähnlich gestaltete Initiale von Pers in der erwähnten Inschrift des Hema (Sohnes von Nechtchemmis)

eher die Lesung P als "^\ (Arsinoe).

Drittens erhalten wir den richtigen Namen Philine, wenn wir statt des demot. 5 (drei Striche, deren letzter ein Winkel) ein demot. * (drei gleiche Striche) annehmen. Da aber beide Copieen in dem s übereinstimmen und dieses sehr deutlich gebildet ist, so müssten wir ein graphisches Versehen des Steinmetzen annehmen. Gegen die so hergestellte Legende Philine spricht aber auch das Deutbild der vor- nehmen Frau: |\$), welches dahinter steht oder sitzt.

Es ergibt sich daraus, dass die zweite Conjectur die grössere Wahr- scheinlichkeit für sich hat, nämlich den Namen Pharsine zu lesen. Von dieser <PaQölvr}, der Tochter des <f>aQvaßaQog (eines Persers), hatte Alexander I einen Sohn Namens 'Hyaxlfjg90). Curtius91) schreibt den Namen Bar sine. Nachdem Nearchus in der Versammlung der Feld- herrn gesagt hatte: Statt des erst in drei Monaten zu erwartenden Sohnes der Roxane ,,praeteriri qui jam sit" und dies zieme weder der Gesinnung der Macedonier, noch dem Ernste der Zeitlage: Esse e Bar- sine filium regis: huic diadema dandum erhob sich dagegen ausser allen übrigen besonders Ptolemaeus, indem er ironisch bemerkte : Digna prorsus est soboles, quae Macedonum imperet genti, Roxanes vel Bar- sinae filias ! cujus nomen quoque Europam dicere pigebit, majore ex parte captivi. Est cur Persas vicerimus, ut stirpi eorum serviamus ? quod justi illi reges Darius et Xerxes .... nequidquam petiverunt etc. Endlich lenkte ein quidam ignotus ex infima plebe die Aufmerksamkeit auf den Aridaeus und dieser Vorschlag drang durch, obgleich Pithon

90) Syncell. p. 504, 13.

91) lib. X 6, 11 sqq.

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dagegen sprach, worauf dann Meleager, der Gegner des Perdiccas, dem Alexander I sterbend seinen Ring gegeben hatte, den Aridaeus einführte und unter dem Namen Philippus durch die Soldaten begrüssen Hess.

Da in unserer demot. Inschrift jedenfalls ein Fehler statuirt werden muss, so erklärt sich derselbe am einfachsten durch meine Annahme, dass der Schreiber die Pharsine, Mutter des Herakles, eines Halbbruders von Alexander II, statt Philina der wirklichen Mutter des Aridaeus, eines Halbbruders von Alexander I, gesetzt hat. Der Ausdruck justi reges Darius et Xerxes deutet darauf hin, dass Pharnabazus wenigstens ein regulus war. Mit Einsetzung seiner Tochter in den Text gab der Schreiber dem Aridaeus doch eine fürstliche Mutter.

Es übrigt mir noch, den Namen Alexanders I, wie er in diesem demot. Texte als Vater des Alexanders II gefordert und durch das

Determinativ 3 angedeutet wird, näher zu zergliedern. Die letzten drei

Zeichen sind offenbar dem Schluss der Legende Menau-tut iiö in dem "Wiener Contracte identisch. Die zwei ersten Zeichen anlangend , be- merke ich, dass der Euss des anlautenden Beines in beiden Copieen etwas absteht. Lepsius notirt einen weiteren nach links ebenso schräg aufrecht gerichteten Strich an einer zerstörten Stelle, gleich als hätte

der Steinmetz der sonstigen Schriftrichtung entgegen, das Bein J so: J statt L gestellt, weil letzteres, das richtigere, vielleicht wegen der Genitiv- partikel / = ww« nicht Platz gefunden hätte. Uebrigens ist hierauf kein Gewicht zu legen , da wir in der Legende des Caesarion die Eiliation mit seinem Vater Julius Caesar ebenfalls ohne Genitivpartikel getroffen haben, die überhaupt häufig ausgelassen wird. Der so zu Stande ge- kommene Name B an- tut „Ohnegleichen" unterscheidet sich von den beiden Parallelformen (in Miramar und im Wiener Contracte) durch die Abwesenheit des Determinativs hinter der Negation und von dieser selbst (menau = ma.ii) durch die archaistischere Form ban, womit er

_ A/WW\

dem J_n_ der Miramar Inschrift gleichkommt, wenn er auch statt www

ein ö setzt, was als Variante in dieser Zeit Niemand befremden wird.

Wir haben also jetzt die beiden Namen des Alexander I sowohl Ba-n-tat (= Mevdrig Mov&rjg) als auch den ihm nachgeformten Ban -tut

149

„Ohnegleichen" aus den Denkmälern selbst zur Genüge erwiesen und wenn Ale'§avd yog 6 AX'§ nicht nur monumental, sondern auch tradi- tional erhärtet ist, so dürfte auf classischem Gebiete ein Glücksfund ebenso den Namen Mave&i'& im Sinne des „Ohnegleichen" darstellen.

Schlussfoemerkung über das o^ua in Alexandrien.

Der schöne Sarkophag des Nechtharhebes von der 30. Dynastie stammt sicher aus Alexandria und zwar aus einem Souterrain, auf welchem jetzt die Kirche des hl. Athanasius steht. Mahmoud-Bey92) in seiner ausführlichen Beschreibung Alexandria's huldigt der Ansicht, dass der Kum-ed-Demäs, wo die Moschee Nebi-Daniel steht, das awaa des Macedoniers enthalte(n habe) und Hr. Dr. Tassos Nerutsos 93) - Bey in seinem sehr schätzbaren Werke über die neuesten Funde auf dem Boden des alten Alexandriens stimmt bei, nur bezieht er die von Achilles Tatius erwähnte „rue du Soma" auf eine andere Richtung. Wenn man erwägt;, dass noch Dio Cassius (lib. LXXV) von Septimius Severus zu erzählen weiss, dass er aus Zuneigung zu Alexander alle Geheimschriften, deren er habhaft werden konnte, aus allen Heiligthümern beim güj/ucc des grossen Macedoniers verschlossen habe, damit man in Zukunft ebenso wenig dessen Leiche schauen , als das dabei schriftlich Nieder- gelegte lesen könne, so gewinnt eine lateinisch abgefasste Inschrift bei Nerutsos94), gerade aus dem 7. Jahre des Tribunats und im 11. der C^esarie des JZe'TiTijLuog JZsovrjyog, welche besagt : ort rov sm tFjq ßaoeatg ävd^iavra (des Kaisers!) eorrjöar ol dsxovoiojveg xal inneig^Alrig rfjg tiüso- ßvreyag FalXixfjg xal ol rfjg a' rdiy Ooäxwv Mavüiravixfjg also 199 n. Chr., wo er Aegypten schon bis nach der Thebais hinauf bereist hatte, eine gewisse Bedeutung als Vergleichungsmaterial mit der Angabe des Dio Cassius.

Was die Lesart oaj/ua betrifft, so behauptet Nerutsos p. 42 seiner franz. Schrift mit Recht, dass sie der Correctur Casaubon's, Wesseling's, Heyne' s und Coray's, nämlich ofjua (= jur^jtislor) vorzuziehen sei, da auch

92) Description d'Alexandrie.

93) Notice sur les fouilles recentes executees a Alexandrie 1875.

94) 'ETiiygcccpai r. nak. 'AXti. p. 2.

150

Kallisthenes sie und zwar doppelt bezeuge in dem Satze: Kai tzoisZ racpov er T(p legio xalovfxivcp ^(Staa ldls§avd^ov xaztl ro oujjliü. ijroi Isl- ipavov sHeiaydyov xa&idyv&r}. Sieht es nicht so aus, als ob Kum-ed- Demas aus de/uag == otiiua entstanden und ou)ua absichtlich als Gegen- satz zu Ba-n-dat (Bat = ifjvyXij) gewählt worden ist, wie die häufige Antithese darthut: ba-ker pet, cha-k r tiaut. „Deine Seele gehört dem Himmel, dein Körper der Unterwelt." Die tiaut oder Unterwelt war in diesem Falle das caveau funeraire des Küm-ed-Demäs." Die Stele von Neapel hat ja auch den Passus ,,der Widder ba ist zum Himmel ein- getreten" = er ist gestorben!

IX. Commentar.

1. Statt der vollen Schreibung ^^a &q intrare (cor) und ^^ A per egredi (nipe germinare), die sonst auch durch die verschiedene Richtung des Beinpaares t^zv vertreten wird, bietet unser Text die von Chaeremon beschriebene Gruppe: ocptg eig iyyousrog slg on'v ==* dvöig ocpig e&Qyofisvog ex xivog onrjg = avazohq. Streng ge- nommen sollte in der ersteren Hieroglyphe unseres Textes statt *^ die Schlange umgekehrt ihren Kopf im Innern der onri haben. Was den vieldeutigen Schakal -^ betrifft, der unmittelbar darauf

« folgt, so scheinen seine Beine paarweise zu der eben besprochenen

Doppelgruppe als Determinative zu gehören, da er sonst ö i

„gehen" gilt. Die Hieroglyphe ? i, welche dahinter steht, ist un- richtig; es muss t sein als Complement zu den Verbis der Be- wegung. Endlich steht -^- set (ccht infra) ohne <=>i ro aber mit gleicher Bedeutung.

2. Statt ®£§j „die Dinglichen", was keinen 95) Sinn ergibt, schlage ich vor: ®^j „die Städter" Bürger, weil der Text eine aufsteigende Scala der lebenden Wesen zu bieten scheint. Es folgen zunächst die Könige und dann zuletzt der Sonnengott.

3. Da wo es heisst: „dem westlichen Horizonte, wo der Herr

95) Doch vergl. Birch: „Two tablets" die nämliche Gruppe ^^1-L,1 in Verbindung mit sahu nib, ba-u (her nib) und nach vorwärts priests scribes.

151

= ^7 des Himmels untergeht (II as „alsdann" als „Atum", lese

ich statt as besser All am-s , weil die relative Construction dies

erheischt und Horizont !~f\ feminin ist. Vergl. die Parallelstelle gegen das Ende der 6. Textzeile (cf. not. 41), wo gesagt wird:

„kommet zum Himmel (femin.) wo ich bin in ihm AI"

4. Die Redensart „(nachdem ihr gelesen) zufolge dem Belieben der Gefälligkeit des Herzens die Schrift", wo aq-het völlig dem Kopt. cok-m-£Ht complacere entspricht., enthält einen Pleonasmus statt

„gefälligst", da die sitzende Figur £& = gwc favor. Der Paralle- lismus dazu liegt in ab-het-ten „wünscht es euer Herz" = wenn es euch beliebt. Die sonderbare Gruppe: ein an der Mutter-Kuh sau- gendes Kalb (ab o&€ sitire) gilt auch = ' ^£3 nasch posse, zu- folge einer Variante von Todt. 162, 3: ntuk nuter nasch, i n-asch-nef „du (Amnion) bist der mächtige Gott, kommend dem achtend rufen- den" (Wortspiel).

5. Was ich wegen der Alliteration des Textes übersetze: „Widmet das Ohr meinen Erwägungen, lauschet meinen Lobpreisungen", ist von Brugsch lex. p. 702 ähnlich wiedergegeben: „Höret an meine Selbst- prüfung, lauscht meiner Lobrede". Die Ausdrücke mesbeb motujt considerare und hefhof (^wq^ furari?) gehören dem höheren und gesuchteren Style an. Ersteres bedeutet das Erschleichen, letzteres das Hinkauern mit vorgebogenem Leibe, um etwas (ein Wort) zu erhaschen.

i AA/VNAA

6. Das Wort han fn hat z. B. in den Rhind-papyri die Bedeutung

„Tochter", eigentlich „die Erzeugte"; hier ist die active Bedeutung „der Erzeuger, Gatte" am Platze, um so mehr als X \J _v^^=a hannu

einer der Namen des Phallus ist. Dem Ausdrucke *=>! ad bonum

„zu dem Gute" steht parallel «=>^^« r chu „zu der Würde (Wür- digkeit ujott") gegenüber. Als Complement zum letzteren hat man sich das Folgende zu denken:

7. (Dass) Ich wandelte auf dem Wege der Hathor ]£s^^(l schaßu-s pu

—u N^

Abb. d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. I. Abth. 2 1

152

chet ha-u-ä „ihre Tüchtigkeit war bei meinen .Gliedern", nicht „ihre Furcht war der Stecken für meine Glieder" (Brugsch lex. 625), da s^^ chet häufig statt ^g-^^j\ 8^ent un(^ £ä»ootoo apud propter wahrscheinlich als chet-hctu „bei den Gliedern" bedeutet.

8. „als ihre Vormauer" ^^)w^w n met sen R-mto coram, praesentia.

9. „mochten sie tragen" ~a— t=?P ansch-sen ; ich vergleiche ottui subire (eine Last oder dergl.) und verweise wegen der Varr. dieses Verbums auf Renouf's Bemerkungen in der „Zeitschrift" Mai 1867.

10. Es stehen sich parallel 'Z^Zffl1 sehet nan chrodu „das Gewand der

Kinder" und ^'wvvVvö-^ usech nan amchu „das Halsband der Alten"

(Würdigen ejunuj^). Letzteres gilt auch sonst (Brugsch lex. p. 76) als Synonymon von „Alt" und was „das Gewand der Jugend" be- trifft, so hat schon de Rouge in der Lebensbeschreibung des Aahmes chef des nautoniers p. 150 einen adaequaten Ausdruck aufgezeigt, den er überträgt: et induebar habitu juvenum.

11. „Ich hörte sie preisen mich" ^aa^VO/^IJ sotem-na sen hos-a. Die

Schreibung des Pronomens sen (eas) ist zwar etwas auffallend, aber in Anbetracht der basse epoque zu begreifen ; so auch das

Deutbild J% zu hos.

12. „Die Wittwen in ihrer Noth" T^^^tT _-^— char-u m maar (rut)

sen. Ueber charu cf. xV9a vidua. besteht kein Zweifel ; das Deut- bild des aufgelösten Haares spielt auf die Trennung (di-vido) oder die Trauer an. In Bezug auf die Lautirung des Zeichens ft\ kann

man schwanken zwischen Jfc&ölft maar Mop ligare, womit Gefangene

und andere Elende bezeichnet werden Gegensatz ] 1^ vesur

„reich mächtig" und >J^ redu AivsAe^ loramentum, con-

strictio corrigiarum. Das vorausgehende f""""*^ m fek (m. fitere)

in mercedem „zur Belohnung" hat den Stein als Determinativ der Geldring-Gewichte.

13. ,,Es zeichnete mich aus die Herrin der Frauen (Hathor)" etc. kann keiner Beanstandung unterliegen, da noch zwei weitere Verbal-

153

formen mit dem causativen s folgen. Nur die Uebersetzung ,,die Bemannten" für die Gruppe n}^ (Vif1 pati-u könnte bestritten werden Berücksichtigt man jedoch die Schreibung ^ ^>sM pat-u „die

Menschen", was von Brugsch lex. pag. 462 passend mit 3>ih germen zusammengestellt wird (siehe das Ei o!) und die redupl. Gruppe

H § <*w pä-pä mit dem Deutbilde der gebärenden Frau, so sind

hier „die Gebärerinen" d. h. „verheiratheten Frauen" geraeint, was

durch die Parallele oder Antithese 4äLi schepsu „die Schönen" d. h,

„Jungfräulichen" empfohlen wird.

14. „Sie besiegelte (bestätigte) mich auf ihrem Gebiete ^m t\ Q H

chen-nes-ua m hatu-s. Dass hatu, hier durch den weissen (ga/r) Hut mit der Ecke bezeichnet, das Gebiet oder die Erde überhaupt

bedeutet, lehren Legenden wie96J ^ ül < u T feb pet m hebai,

hatu (hier T ) m rasclii ,,der Himmel ist in Feier, die Erde in

Freude'*.

15. „Bis zur Stunde wo umfing seinen Schemen" etc. Brugsch über- setzt lex. 1212 diese Stelle anders: „sie gab mich ihm (sc. als Gattin) zur Zeit der vierSefech? [oder: zur Zeit wo man öffnete die 4 §"?] „nicht war ihm eine andere lieb". Die Stelle ist

schwierig. Da ich sefech ~J^ cf Jwo-«xq£-q cingere, zona auf

die Umwickelung beziehe, so kann ^ nur Var. des bekannten

ö y>ö saJiu „Schemen, Mumie" sein.

16. Das nächste Zeichen r^~i lese ich du (Berg twot) wie Brugsch, der es aber zu dem vorstehenden *^=^ nimmt, und fdu qTiooT quatuor

erzielt. Ferner beziehe ich ^z=* (^z^ fehlt bei Reinisch) f"^ nicht

auf das Herz des Gatten Anhuramu, sondern auf das P'elsengrab, in welchem noch Niemand sonst begraben lag. Zahlreiche Parallel- stellen bestätigen diese Auffassung. Z.B. '<2>"l^=^iT

o <-J A/WWV Q

96) Dümichen: Kalender Ins. 94, 5.

21*

154

„Ich machte (bereitete) ein schönes Grab da wo kein Grab war" Brugsch lex. 776, wörtlich „an einem grablosen Orte". Aehnlich heisst es vom Grabe des Herrn bei Johannes Ev. XIX, 41 : r\v ds iv reu xojiüj otiov iöxavocud-?] xffiog , xal iv xm xrjiKp jurrjuslov xaivbv , iv cb ovöenaj ovdug irs&Tj. Nach Lucas XXIII 53 nahm Nicodemus den Leichnam des Herrn xal e'&rjxev avxö iv uvrj/Liaxi lagsvxco, ov ovx r\v ovdenu) ovdtlg xeiiievog. Marcus XV 46 . . . iv silrjö e tfi Givdovi xal xaxt&ijxev avxb(y) iv /Lirrj/u-e i(p, o r\v kEkaToiiTjjLitvov ix ntxQag. Matthaeus XXVII 60 ... xal xaxe- &i]xev avxb iv x(p xaiv ip avxov jliv rj /Lie i(p, o iXaxoutjOsv iv xf\ nkxoa. Auch weiterhin in unsrem Texte (cf. not. 19) wird das Felsengrab erwähnt : £jjp du, welches der Sohn für den Vater be- reiten half.

17. Der durch die ägyptische Kelter bezeichnete Gott ist Anubis und es sieht der Epoche unseres Denkmals ganz ähnlich, wenn an das semit. 2ty aneb gedacht wurde.

18. „er (der Sohn) bekleidete ihn (die Mumie seines Vaters 0^5 ~~ Für ol5, das ich nirgends wieder finden kann, lese ich als eine aenig- matische Schreibung das go Stück statt g^b* peg VQ ßvaaog, durch

Vereinigung der beiden Deutbilder o'b*. ' w»a steht häufig für

/ i die Gebühr. „That den Kranz der Mumie auf ihn: - n^fefl u**a*w raa mdh't airu rnef. Diese schwierige Stelle erklärt sich zum Theile aus der Legende fj^ >%^ waA mä^i cinctura und der Häufung der

Praeposs. <=> und ™™ vor j^=^. Die Verdoppelung des Armes - fl und die Anbringung des Eies o (vielleicht o? Kreises) Pupille?) hinter Kranz kann nicht auffallen in einer Umgebung, wo ^k^_ mut-f „seine Mutter" durch die Hieroglyphe der molecula ge- schrieben ist, analog der aus *|\ ö *&. mut mori abgekürzten

mut bei Mariette : Papyr. egypt. de Boulaq I pl. 5 col. 4 oben, wo man liest: Osiris welcher lebt, g~s m chet mut „nach dem Tode".

19. ,,Der Gottesdiener (s. Sohn) bereitete ihm ein Felsengrab (cf. nott.. 15, 16) beim Uebertritte (^ qeb o&ioio&e transscendere) zum Himmel,

155

in Mitten £oirp her @*0 (das letztere Zeichen etwas verwischt) der Mil- lion von 2 Millionen". Es scheint, dass hah-n-hahui91) überhaupt nur die grosse Menge der Begrabenen bezeichnet, wie ich an den Ausdrücken alq-liahu ak%al und f ast-hahu = r a o x a i nachgewiesen habe, cf. Todtenbuch cap. 132, 17 u. Dümichen: Kai. Insch. 89, 1.

20. „Mein Herz bot ich dar (chorp-a) (1 y|H ou mench ,,der evegysala

Wohlthätigkeit oder Tugend". Statt des Determ. V vermuthe ich J die Papyrusrolle.

21. „Wegen der Tugend gewährte er dies" SI^/vvv wie lat. supra = de

und ,, wegen". Das Object zu "w™ „er (Gott) gewährte" fehlt, da es nicht in der Fortsetzung z==<^=^(^p,vwwv m-vuat-n zum Lohne (ä».tou>, ü*(t) pignus €tto) debitor im ursprünglichen Sinne von ,,Gabe") liegen kann. Die monotheistische Färbung dieses Passus und vieler anderer ist bemerkenswerth. Cf. mein Manetho p. 58/59 aus der Stele v. Cairo, Pap. Prisse u. andern.

22. „zum ßuleuten" ( |'[) hi anut-sesch. Ich denke zunächst an cuj\,

cuje, ujujh oportet und habe sesch auch lin. 7 initio mit „Pflicht"

übersetzt. Da jedoch die Tanitica passim die Gruppe " i mit

ßovlevT/r]Q überträgt, so habe ich diesen Titel hier beibehalten, um

so mehr, als dann * * anut im Kopt. Ren oratio, sermo und mit

^ Tir irape consilium opinio bedeutet. Die Bezeichnung „des Lan- des" durch ^ und ein Thier, das einer Hyäne (eines Wolfes oder Hundes) ist neu und vorderhand noch unerklärlich.

23. „Er hob das Land" /\ ,^ s'ar tep't. In einem Texte98), der von

dem Canale \r==r Meter mto gurges handelt, heisst es: '!<— >

<Sa »k. ^* senefer sanu m teptu ver macht gut (schön) den Schmuck (c&no omatus) auf den Ländereien".

24. „Bei jeder geheimen Berathung" ffl^^^l/^ hi sih nib ament In meiner Abhandlung über den Pap. Prisse habe ich die Hieroglyphe

97) Zeitschrift für aeg. Sp. 1866.

98) J. de Rouge Revue archeol. 1867, Mai.

J56

sih (demot.) mit der Bedeutung „Rath" erhärtet. Vielleicht deutet das Determ c~3 auf cgi theca penuaria. Im Grabplane Ramses' IV ist sih der hinterste Raum.

25. „Es erweiterte sich meine Gunst (Beliebtheit)." Das Zeichen wie

es steht, ist r| der Sitz, der auch für „Stellung" gebraucht wird.

Ist es aber die Figur eines Sitzbildes, wie wir es lin. 1 sub fin. und auf der Stele von Cairo getroffen haben , so ist es als gcoc favor im pass. Sinne zu nehmen.

26. „Richtend das Gesicht darauf, dass ein Haupt von mir" ja "TT.OU- Der Sinn ist offenbar „dass eines meiner lieben Häupter (d. h. Fa- milienmitglieder) war im Beaufsichtigen ihren Dienst (sesch

officium) bei dem Herrn der beiden Ebenen d. h. dem Könige." Haupt" im Sinne von ,, Stück" oder „Person" trifft man z. B. am Ende bei Summirungen „Zusammen Stücke oder Häupter" so und so viele.

27. „überschwänglich (wäre)" J . Der Plural dieses uteb-u cf. ot(x>t€&

superare erklärt sich aus dem Subiecte ' 3 i ten-u tcohot valde, thhh magnus.

28. „Die Herrin (Hathor) vergrösserte (s'ura) meine Einkünfte ^^ (1 per-u-a. Gleich darauf folgt „im Sammeln des Tributes". Aehn- lich folgen sich die Jahreszeiten <^^q Per^ ^*PW hiems und %%%;

/WWW

schmu ujwm aestas tributum.

29. „Sie segnete mich mit Beständigkeit meiner Zeitdauer" sebeq-s-ua , 'l^T^..'] m aatteru-a. Das erste Zeichen des sonst ß^^o aadt eidwT intuitus visus „Augenblick" geschriebenen Wortes ist etwas undeutlich, doch glaube ich im Hinblicke auf Horapollo II 20 tjznog Tiora/uiog wya richtig übersetzt zu haben, da die nächste Phrase einen Parallelismus liefert.

30. „Es verflossen meine Stunden geschmückt: uunnut-u-a chaker. Die xle\pvd()a, wie sie hier und in anderen Texten der Ptolemaeer Zeit auftritt, besteht aus einemrechtwinklichen Dreieck n^"l mit anstossendem

157

Quadrat (D), an welchem ein Gefäss & herunterhängt. In der zweiten Stelle unseres Textes (lin. 6) fehlt dieses Gefäss "). Das mit der Lautung

C3E3 JJ scheb («sen hora) behaftete Instrument: xvvoxkpalog xa&ri^evog

Jg vor M und beide auf ^^, wird von Horapollo I 16 angedeutet:

. . . ovx aloywg er rdig v d yokoy ioig avrujy Alyvicriov x v v o x s- (palov xa&rjjLisvov yyacpovör ex de rov uoyiov dvrov vdo)Q ejiiQQeov noiovGi. Auch am Gnomon befand sich ein sitzender Hunds- kopfaffe, wie an der Wage der Psychostasie und wie zur Bezeich- nung der beiden lorjueylai (Horap. I, 1 6), weil sein Name cf. oki similis (simia) die aani Gleichheit andeutete.

31. ,,Ich heimste meine Ernte ein" etc. p^^™aiU sahu-a nensch-a. Das erste Wort hat schon de Rouge (Aahmes) auf ceoT£ congregare bezogen. Schwieriger ist nensch. Es dient dieses Wort zur Be- zeichnung der Milz ncjiuj önlrjv, wovon natürlich hier nicht die Rede sein kann. Wenn nicht das Kopt. pcouje sufficientia oder

die von Renouf100) aufgezeigte Variante _L J nensch „ein Product" als genügendes Auskunftsmittel gelten kann, so denke ich an eine

I U I

Umstellung zu ZXX, schemu ujom vectigal tributum.

32. Der Oberfestsänger (cher-heb ur) hi sem dies m -|* Sokar ,, zeigte (mir)

o

die Liturgie im Südhause des Sokar". Ausser „zeigen t&.mo osten- dere" hat tthy semu oft die Bedeutung „führen, leiten, ordnen". Ich habe es wegen informare und manifestare (tä>.mo, T^MOonre) auch mit „einweihen" übersetzt. Cf. infra lin. 6 das Wort P^\> 101)»

33. Da dieses Verbum häufig mit hebai „Fest" im Sinne von „An- ordnen" construirt wird, so kann auch ? ^^ ches hier nicht be- fremden, und da auch die nasalirte Form ® Q^» chens vorkommt, so ist wahrscheinlich hieraus lueMiue liturgia entstanden. Was vor

99) Cf. Schlagintweit-Sakünlünski 1871 Sitzungsberichte über diese Klepsydren u. den indischen Jalghari p. 129 not. 2.

100) Zeitschrift 1867 p. 43.

101) r n setuch eig. impraegnare.

158

dem Gottesnamen Sokar (Saqarah ^iu^a^ig) steht, ist eher ein Priestertitel als „Südhaus". Synonyme Ausdrücke folgen : ®_f ap-rat

Vorschrift, Ritus, und der allgemeine |^ chet nuter res divina

„Gottesdienst", woran sich ü "*>f airu epo debere, debitum ra

vofjii^ofjitva „die Caerimonien" anreiht, nebst aaut y aaut ä.ttht ordo.

34. „Die Genossen des Hauses der Stundenbeobachtung": PtI^1"^!] ^ ]o semeru abel aper unutu. Wenn aus dem ersten Worte wirklich uj^Hp socius geworden ist, das zweite dem ^ht mansio Haus,

das dritte als kürzere (umgewendete?) Schreibung für i (ji-^5- pera

dem Verbum ncope nepe somniare (ein „Gesicht" haben) entspricht, so dürfte an meiner Uebersetzung nichts auszusetzen sein.

35. „in den Lasten ihres Monatsdienstes" - ^t^Tq^I^ m remen-u <mm>- abod-sen. Porphyrius 102) schildert recht anschaulich den beschwer- lichen Dienst der ägyptischen Himmelsbeobachter. Dass dieser Dienst monatlich wechselte, scheint durch Birch's 103) Papyrus des britt. Mus. mit Sternbeobachtungen und auch durch den Ausdruck am-abod ^&ot angedeutet zu werden. Da Goodwin einen analogen

Ausdruck -rlfes. *™jr o>^^-ran „Namenliste" aufgezeigt hat, so wird es

erlaubt sein, den so häufigen Titel am-abod mit Brugsch lex. p. 46

mit pertinens ad mensem zu übersetzen. Und sowie -p^jj am-par

„die Zubehör des Hauses" als ein Ganzes bezeichnet, so ist hier wegen des Pronomens sen hinter am-abod an ihren Monatsdienst zu denken.

36. „Die Thalfahrt Bergfahrt" durch je eine Barke ausgedrückt, die in ersterem Falle die Segel eingerefft hat, während die zweite mit aufgeblähten Segeln dahinfährt.

37. „mit allen Gebräuchen: T*=* (aaut \tht): dies ist der letzte der oben not. 33 erwähnten Ausdrücke. Es folgt darauf f^s>-^^ hi

»— ' /vww\

102) Lepsius: Chronol. I pag. 55.

103) Zeitschrift für aeg. Sprache.

159

ar am sen „die dabei (od. von ihnen) geübt werden. Die Barke &^ hat in der basse epoque die Lautung am od. m. 38. „Es wird mir angezündet" (l^p nut-ut-na. Oben kam in lin. 4

med. die Gruppe ]\ vor, deren Deutbild übrigens auch das Amulet ^g3 mena sein könnte, wesshalb ich nur den allgemeinen Ausdruck „Beamte" gebrauchte. Hier aber steht deutlich nut mit dem Deut- bilde der Flamme und wegen des Subjects ab Opfer, muss über- setzt werden: „es wurde angezündet". Dasselbe Wort dient weiterhin zur Bezeichnung einer Klasse der Tempelbevölkerung, die ich als „Nut-Leute" bezeichnete. Es sind wohl dieselben, welche das nut Feuer anzündeten. 40. „Das Wesen des Lebensendes etc." sem r einet temem arg. Es ist

fraglich, ob ^ xiLt ^^ nur temem (Schluss, Verschluss) oder auch

noch arqi „letzter" Ä/ypH-x finis terminus extremitas zu lautiren ist. Jedenfalls ist der Abschluss des irdischen Lebens zu verstehen, wozu die vier folgenden Ausdrücke: Amenti ('A/uey^g), Se-mati, Toser und Boseta vortrefflich stimmen. Was Semati betrifft, so habe ich in der Zeitschrift 1866, wie schon Eingangs bemerkt, darge- than, dass so und nicht wieder Amenti zu lesen ist. Ausser vielen andern Belegen will ich nur auf die dort erwähnte demot. Legende des Pariser Pap. 104J verweisen, der die bildliche Darstellung des Todtenbuches c. 148 col. 23 28 erläutert: tuut cha n Sokar-Osiri n ho n baute au un uät nuter Semaut chui amf, au un ua hen n hof n djadjef au Semaut meht n p rem au ar cherof „Ein Festbild des Gottes Sokar-Osiris mit dem Gesichte eines Sperbers; es ist da eine Göttin Semaut deckend ihn (mit ihren Armen); es ist eine Krone mit einer Schlangenverzierung auf seinem Haupte; es ist die Semaut ergreifend den Menschen, der vor ihm (Sokar-Osiris) steht." Die hierogl. Legende bietet ö ö als Aequivalent für das

gewöhnliche fr » und auch der Sarg des Pnohemisis bietet wieder- holt wl^Wj Semati nefert als Personifikation der Nekropolis.

104) Brugsch: demot. Urkunden.

Abh. d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. I. Abth. 22

160

n /www

41. „versetzt euch etc." Die Gruppe H jL © 105) und die Lautirung des

Verbums f\~rr das am Schlüsse von c. 145 des Todt. 21 mal den Schlussrefrain bildet und die Bedeutung „passire (du bist gereinigt)" haben muss, unterliegt einer Schwierigkeit. Mir ist wahrschein- lich , dass letzteres a-masi zu lesen ist, nicht aseb (Brugsch) und dass analog f\£ mit dem Imperativischen {j a-se lautirt und auf ce progredi, transire bezogen werden darf (parallel damit ist hier -j^ i „gehet"), wenn auch die Lautirung a-sesch Manches für sich

J/wwv\ * scJieben miscere di-

versus wird oft durch die Kreuzung x vertreten.

42. Die schwierige Stelle Ib// j~n— Ib// sem nemansem ,,eine zweite (solche)

Einweihung ist nicht eine (keine) Weihe der Götter und Menschen" enthält wohl nur eine Epexegese zu „der Weg der Hathor ist mehr werth als irgend ein (anderer) Weg."

43. „Höret mein Anliegen": ^)§() sotem chet-a. Wir sagen auch im Deutschen „Angelegenheit" statt „Sache".

44. „Sprecht nicht Leichtfertiges": ^1 ! 2°ro §A ' U m djet seriän r chepepu-u-a. Bereits in meiner Abhandlung über den Pap. Prisse

IX 7 habe ich die Gruppe .ZZ^%^semn mit dem Kopt- chmiii

etilem ludere, nugari zusammengestellt, ohne leugnen zu wollen, dass ^^tD sent mit der Pflugschaar (emi vomer , das ich zuerst identiticirt habe) oder mit dem Dambrette determinirt, ebenfalls auf diesen Stamm zurückgeht. Das reduplicirte cJiepep treffe ich

in der causativen Form Pn £$) 106) se-chep in dem Satze „der Cher-

105) Dieser Praeposition entspricht im zweiten Gliede <£=^ der Löwe = l od. r. Daran schliesst

sich die Aufforderung (e==ö]] ' jft|°| meter chet nib m an „regelt Alles nach der Schrift".

Die Bedeutung der durch den Phallus allein vertretenen Legende meter gibt in Uebereinstimm- ung mit dem Deutbilde der zwei Finger j Horapollo's II 13 Gleichung: SdxrvXos rr uva-

flET()7]Glg.

106) Dümichen. Kai. Ins. I 119, 7.

161

heb ist im secJiep ihm Loblieder". Es scheint also die Bedeutung* von „anstimmen" od. dergl. zu haben (ujii-£jw.ot agere gratias) die sich aus der ,,in Bewegung setzen" (alsdann mit .a!) ujn R ujom confestim repente erklärt. Hier habe ich „Heischungen" übersetzt, das vielleicht mit ujon exspectare stimmt

45. „Ding zu Ding" (durcheinander). Aehnlich f ^=zf , "g^/ ^ „Ge- sicht zu Gesicht, Auge zu Auge", Todt. c. 64, 25.

46. „gepriesen: ^ hos ohne Determinativ, Var. zu övOs/} hos? Es hängt J^ü erof davon ab (cantatur ei), das zu cd Haus" mas. gehört.

47. „Wahr ist es dass etc." U^:Vvv2r-<2::^ ma ent chet ar ent ar. Die Redensart gp^ „Vermögen erwerben" eig. „machen", wie wir „Geld machen" sagen, ist sehr häufig und unter andern auch ein Be- standteil des königl. Titelprotokolls ^7^2>©o „Herr des Reich- thums und der Freigebigkeit". Weiterhin bedeutet "ff^"® aru-chet „thuend Etwas", nämlich das Befohlene. Man sieht, wie mit der Vieldeutigkeit dieser Wortstämme förmliche Spielereien getrieben werden. Der Gegensatz zu thun liegt in

48. „Wann er ruft" oder „gegenüber seinen Worten" Jj^y 1*-=^ choft djeu-f. Dahinter steht das Bild ^& , das man sowohl zu der eben

genannten Gruppe als Determ. oder als eigenen Verbaibegriff statt nas exclamantis auffassen darf.

49. „seinen Anspruch" ® T^Sf) ches-f, wieder mit sem „weihen, be- stimmen" construirt. Da dieser Ausdruck wegen des Pron. f auf ran nomen bezogen werden muss und unmittelbar Q\ her-f darauf" (auf die Geltung) und der Titel Osiri-m-chet Osirisfolgerin (statt ^ dahinter ist ^J zu setzen) so habe ich hier anlässlich des ches an ujtutoo-y desiderium, ujeiynepco aperto ore exclamare gedacht, was durch Analoga wie engl, claim empfohlen wird.

50.

„Brod vom vorzüglichsten" (2 j 107) vu m ha. Oben begegnete uns vesurt (das ich zuerst mit ßaooa^iov = dkwTirjB identificirt habe)

107) Im Originale der Fuchskopf auf einer Stange und statt a^^ eine hier nicht vorhandene Type verwandter Gestalt.

22*

162

mit seiner gewöhnlichen Geltung; hier wo das <=> fehlt, hat man, in Berücksichtigung der basse epoque, ha £h initium zu lesen, wie

in der Legende |"^ ha-sop = ^cq>ü>oiri annus primus = rb tiqo-

7]yovf.ievov trog der Tetraeteris.

51. „für die Auslese der Glieder" C™> sotep ha-u „die Elite der Glieder" d. h. wohl ,,die vornehmsten oder edelsten Glieder".

52. „Es ziehen dahin die Weihrauchkörner" \7 u bar-u. Die Lautirung

des von Räucherwerk angefüllten und brennenden Gefässes & oder ^ scheint mir einerseits mit _^_^1° demot. balbüa't &Ä&i\h(t), &e\&me, granum, andererseits mit MÄ.p-M^p aroma quoddam zu- sammenzuhängen und ein neues Beispiel für b = m darzubieten.

53. „um sich niederzulassen auf das Brandopfer" g=p r hotep hi setu. Bloss das letzte Wort zeigt etwas Auffallendes, nämlich eine Abkürzung statt fil set c^tc, ignis flamma, welches mit P!pfe^ 11 betau = cotc flamma ignis oft zusammen vorkommt. Was das „hinziehen" betrifft, so ist die Bewegung durch die Luft gemeint, indem sehr häufig der ein Brandopfer mit Weihrauch Darbringende mit der einen Hand aromatische Körner in das Gefäss wirft, wel- ches er an einem metallenen Arme mit der andern Hand vorstreckt und so gleichsam im Bogen wirft.

54. „Sie empfangen etwas von deiner Sättigung" 38t ^^Ö schep - sen

chet (hi) sa-t. Offenbar bildet sliep sen accipiunt, einen Gegensatz

zu dem Anfangs der Zeile stehenden "AäSES ti-sen net dant tibi. Die

zerstörte Hieroglyphe unter ©<^ chet etwas (eine Sache) scheint Ql hi £i zu sein. Es ist fraglich, ob man nicht besser statt £i ci-t ex satietate tua, vielmehr £i coi-t in dorso tuo d. h. nach dir, nach- dem du empfangen hast übersetzen soll. Offenbar ist darauf hingewiesen, dass die Priesterschaft eigentlich die Opfergegenstände für eigenen Gebrauch empfing, nicht die Verstorbenen selbst.

55. „wann genannt werden alle Namen des Osiris". Im Cap. 142 des Todt. steht eine grosse Liste von hundert Namen des Osiris und

in der untersten Reihe col. 19 heisst es: H^fjk/wwvs(3l|l Osiri m

163 ran-f nibu „Osiris in all seinen Namen", cf. c. 44, 4 "gA-wwvx fem

ranf, wie hier.

56. „Erscheine !" *^ per ^\~Ä ° aw cheseftet perj (ujoujq rejicere)

„nicht wird gehindert dein Erscheinen". Es bezieht sich diese Auf- forderung unzweifelhaft auf den Titel und Hauptinhalt des Todten- buches. Auf dem von mir in München entdeckten Exemplare

(Antiquarium) ist der Titel ^^ 1\ \J\ ' per-m-hru, wie er sich

zu Anfang des Todtenbuches cap. 1 u. c. 163 findet, aussen quer

angebracht. Vielleicht ist statt e==:^^. ha-m-reu ,, Anfang der

Capitel", ein vorauszusetzender -l-^E^ ff \\ am-per das Prototyp zu Horapollo's 'Afißfnjs-

57. -„Kein Makel ist an dir": <=> an tu scher-t (*.ti toc ujA.po-T);

,, nicht gibt es eine Zerstörung für dein Wesen": -^^^^jj^ an uscher n ka-t. Man sieht, dass hier ein Wortspiel vorliegt, wie in dem oben not. 4 citirten Beispiele nasch n-dsch.

58. „Sondern jeder Abkömmling deines Hauses" : p. eher u

nib m par-t. Dass eher ganz dem de und sed entspricht, also nach einer Negation statt „aber" mit „sondern" zu übersetzen ist,

lehren viele Beispiele; unter andern Todt. c. 163, 18 cf. Tk c. 154, 4.

„Der Abkömmling" u exire, exitus wird durch das Folgende em- pfohlen.

59. „Verwandter nebst dem Bruder sein" c=~ '7i Y^k^_ mahau M sena-f.

Vergleiche hierüber Abschnitt IX bei den Titeln Gvyyevr}g cpllog ädelcpog etc. Was ich mit „als Fortpflanzer der Reihe in den Zeit- schranken der Götter" übersetzt habe, könnte Bedenken erregen.

Allein IT s-uot bedeutet auf den Grabstelen stets die Vererbung

der Würde des Vaters auf die Kinder (otot& transferre) und m ket ist kopt. kaot norma regula, besonders in der häufigen Redensart UiIm*^"^ ma ket-sen „nach ihrer Rangordnung, nach ihrer Reihen- folge oder Ordnung" ; dies führt auf meine Uebersetzung. Dass ferner Abh. d. I. GL d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. I. Abth. 23

164

„die Zeitschranken der Götter = Ewigkeit", beweist der Rhind-Papyrus, der das hieratische ifcj^fl 4 J^^ I I??)1 m a<^Jerau nuteru (wie hier 107) demot. durch IÜÜASv ßojf ^J* €lt(£)e£ us(lue i*1 aeternum wiedergiebt. 60. „Ewigkeit ist deinem Namen" „Du bleibst im Munde der Irdi- schen". Aehnlich wünscht Bokenchons der Münchner Glyptothek: „Mögen die Götter geben , dass mein Name bleibe in der Thebais fortdauernd durch Jahrhunderte (saecula saeculorum)" und „0 ihr Irdischen alle, die ihr nach mir kommt in Jahrhunderten von Jahr- hunderten etc."

AA/WV\

107) Nur dass unrichtig /vww\ statt jenes (1 eintritt, wenn es nicht Artic. plur. statt *^K na ist, wie im Kopt. R nehen ne und tt€Ii als Art. plur. vorkommt, cf. Brugsch sub voce, ater u. ter. net'er bedeutet etwas Anderes, nämlich schlagen (d^il-0-Hp der Schlägel malleus llOTKep ineidere.)

Commission

des

Dogen Andreas Dandolo

für

die Insel Creta

vom Jahre 1350.

Eingeleitet und herausgegeben

von

Dr. Georg Martin Thomas.

Abh.d.I.Cl d.k.Ak.d.Wiss.XIV.Bd.I.Abth. 24

Vorgetragen in der Sitzung vom 2. Dezember 1876.

Einleitung.

Wenn schon die Theilung des byzantinischen Kaiserthums am Aus- gang des Lateinerzuges (Frühjahr 1204) die Ueberlegenheit der veneziani- schen Staatskunst vor Augen stellt, welche das beste Loos und den eigenen und bleibenden Gewinn aus jenem grossen orientalischen Krieg des 13. Jahrhunderts zu ziehen weiss, so ist der im Herbste desselben Jahres sich anschliessende Erwerb der Insel Creta aus der Hand des Markgrafen Bonifacius von Montferrat gleichsam der Gipfel der klugen Berechnung des grossen Heinrich Dandolo für die Zukunft und Herrscher- gewalt seiner Vaterstadt, jenes Dogen, welcher nach den Worten der Cronaca Altinate alles was er in seinem Leben gewollt, auf's herrlichste vollendet hat , „quae voluit in vita sua nobilissime ad- implevit", Archivio storico italiano VIII, p. 193. Mit dem Vertrag von Adrianopel, der sogenannten cRefutatio Cretae' vom 12. August 1204, vgl. Urkundenbuch von Venedig, Fontes rerum Austriacarum (XII, p. 512) erhält Venedig den Besitz jener Insel, welche durch ihre be- herrschende Lage von Alters her doxsi d'fi yfjaog xal tiqoq rr\v äyxyv ttjv 'EXXrjvixrjv necpvyJvcu xal xsla&ai xalcag' naüj] yäy InixEixai rfj &a- laoofi Aristot. Pol. II, 10, p. 51 ed Bekker und zu allen Zeiten für die Schiffahrt und den Handel des Mittelmeeres von hervorragender Bedeutung gewesen ist.

Creta bildete die Anhaltstation für alle vom Westen nach dem Osten auf dem Mittelmeer segelnden Fahrzeuge und umgekehrt; am Molo von Candia legte an, was aus dem Aegeopelagos nach Süden

24*

168

steuerte; dort begegneten sich im Mittelalter die drei Linien, nach Aegypten, nach Syrien und durch den Archipel nach der Wasserbrücke zweier Welten, nach dem Bosporus und in das schwarze Meer, drei Linien, welche mit dem Erwerb von Creta vorzüglich Venedig zu statten kamen, welche dasselbe in regelmässigen Fahrten mudae mit der Sorgfalt einer Handelsrepublik einhielt, überwachte und zu wahren suchte. *)

Die Erfolge des Lateinerzuges waren für Venedig geradezu einzig gross; es wurde die Vormacht im Handel mit Aegypten, und in Alexandria stapelten sich die Waaren aus Indien auf; die syrischen Häfen und damit der Handel nach dem Euphratgebiet und darüber hinaus standen ihm schon seit dem ersten Kreuzzug offen.

Der Besitz von Creta war aber, theils durch die Art und das Wesen der Bevölkerung, theils durch die politischen Verhältnisse des Jahrhunderts weder ein sorgenloser noch ungefährdeter. Die Mischlings- bevölkerung, schon im griechischen Alterthum gezeichnet:

K(}7]T1] xig yaV toxi tutöqj tri oivoni novxcp

xalrj xal nitida, 7it()i^(wxog tv (T äv&Qa>7ioi

nollol antigtöioi xal tvvr\y.ovxa noXr\tg'

ällrj (T äkla>v ylwGöa tuttiuyjutyrj' .... (Odyss. 19, 172 175)

und durch die Geschichte der Insel so viel uns des Näheren auch fehlt sicher nicht wesentlich geändert, hatte eben im Zeitalter der Kreuzzüge, nachdem der Sturm der Sarazenen Andalusiens darüber hin- gegangen war, durch die fränkisch latinische Invasion noch an Gemengsei zugenommen, und es entwickelte sich ein wahres jLiigoßaoßaQov , wie im Blut, so in der Sprache.

1) Die Schiffahrt Venedigs ging in vier solchen regelmässigen und vom Staate üherwachten Haupt- richtungen: 1) nach Alexandria oder Aegypten; 2) nach Barut oder Syrien, mit Berührung von Alexandretta, Aleppo, Cypern; 3) nach Constantinopel und in den Pontus, nach Tana; 4) nach der Berberei und Marocco ; von da nach England und Flandern ; heimwärts bestrich diese 'muda' die Küsten des atlantischen und des Mittelmeeres, Spanien, Marseille, Sicilien. Die für diese 'mudae' bestimmten oder befrachteten Schiffe erhielten von ihrem Endziel ihre Benennung; so begegnen uns häufig in den Schiffahrts- u. Handelsverordnungen galeae de Baruto\ 'de Fiandra" u. dgl.; sieh den Index zum 'Capitular des Deutschen Hauses in Venedig* in meiner Ausgabe (Berlin 1874) S. 297.

169

Trug eine solche Verschiedenheit der Natur, der Sitte, der Gewohn- heit an sich den Samen der Zwietracht und des Unfriedens verschlossen im Schoose, so erhielt diese üble Anlage damals durch die Gegensätze der Zeit und die Widerart zwischen Christenthum und Islam, zwischen Lateinern und Romäern , zwischen Franken , Italienern und Catalanen, sowie durch die Eifersucht der grossen Handelsrepubliken am adriatischen und ligurischen Golf Nahrung und Anreiz mehr als genug.

Eben diese Verhältnisse bestimmten schon den Nachfolger Heinrich Dandolo's, Pietro Ziani (1205 1229), gleichsam nach dem Vorbilde altrömischer Herrschaft eine Art Militär - Colonie aus eigenen Bürgern auf Candia zu errichten. Diese venezianischen Colonen, theils Adelige, für den Dienst zu Ross , theils Gemeinfreie, für den Dienst zu Fuss, erhielten Ländereien (militiae) zugetheilt ; die Besitzungen der ersteren hiessen cavalleriae, die der zweiten serventariae (sergentariae). Diese militiae oder Soldaten-Lehen der Jahre 1211, 1212 erfuhren noch von dem- selben Dogen eine Vermehrung 1222; die merkwürdigen Staatsurkunden sind vollständig erhalten; vgl. Urkundenbuch a. a. 0. XIII. p. 129 145 u. 234—249.

Der Grundriss dieser Lehensvertheilung ist folgender: Die ganze Insel, ausser den Besitzungen der Kirchen und Klöster, welche zwar Immunität genossen, sonst aber nach dem allzeit herrschenden Gesetze Venedigs nur vom Staate vergeben wurden, und jenem Küstenstrich mit der Hauptstadt Candida, welchen die Gemeinde sich vorbehielt, sammt etwaigen Silbergruben oder Goldwäschereien, wurde in 132 cavalleriae und 48 sergentariae eingetheilt. Jeder miles oder Edle sollte sechs Theile, ein pedes oder Gemeiner nur einen Theil besitzen. Das Lehen wurde als Erbgut zu vollem freiem Gebrauch überlassen, es konnte ver- schenkt, vertauscht, verkauft werden, nur aber wieder ein Venezianer durfte in Besitz treten und mit Zustimmung des Ducha und seines Rathes. Die Colonisten konnten auch in den Staatsdomänen und in der Stadt Ländereien , Weideland oder Häuser erwerben. Sie hatten, wie alle anderen Venezianer, volle Handelsfreiheit; nur die Ausfuhr von Lebensmitteln stand unter Obhut des Ducha.

Dafür sind dieselben sammt ihren Nachkommen unter dem Eid der Treue verpflichtet, die Insel gegen alle Feinde zu schützen und zu

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vertheidigen ; sie haben für die eigene Ausrüstung zu Pferd und zu Fuss zu sorgen.

Sie sind verbunden , die Regierung und Verwaltung in allen Ge- schäften, in der Rechtsprechung und bei der Regelung der Einkünfte zu unterstützen, und die bestehenden Rechte Dritter zu schonen.

In den ersten vier Jahren wurde den Freiwilligen Steuerfreiheit gewährt; nachher hatte jedes Sestiere jährlich 400 Hyperpern an den Staat zu entrichten.

Man hatte nämlich, nach der uralten Einth eilung der Stadt am Rialto in sechs Bezirke Canaregio oder Santi Apostoli , S. Marco, S. Croce, Castello , S. Polo und Dorsoduro auch für Creta diese Sestieren beibehalten und aus jedem venezianischen Sestiere einen Capi- taneus ernannt, welcher die Vertheilung der Lehen an die einzelnen zu leiten hatte.

Es ist überhaupt bemerkenswerth, wie sich in der Verfassung und Verwaltung der Colonie das Bild der Mutterstadt abspiegelt. Dem Dogen entspricht der Ducha; ihm zur Seite stehen zwei Consiliarii, vom grossen Rath in Venedig ernannt; diese drei bilden auf zwei Jahre die Regierungsgewalt; dazu kommen aus den Edeln gebildet ein grosser und ein kleiner Rath; das Gerichtswesen leiteten advocatores comunis, gleichfalls aus dem grossen Rath erwählt, wie in Venedig; wir finden dazu die quinque de pace, die Friedensrichter oder anziani cinque alla pace, die domini de nocte; das Finanzwesen leiteten camerarii, u. s. w.

Die militärische Inbesitznahme Creta's steht aber nicht etwa ver- einzelt; die Verleihung von Lehen an venezianische Nobili durch deren persönliche Tapferkeit verdient, ist eine damals im Inselreich des Aegeischen Meeres oft wiederkehrende Erscheinung; hervorragend jene von Corfu im Juli 1207;- vgl. Fontes rerum Austriacarum XIII. 54, woraus Hopf (bei Ersch und Gruber 85 p. 223) seinen Bericht genommen hat, welcher über alle diese Vorgänge in genauer und man kann sagen abschliessender Weise handelt. Gibbon beurtheilt jenes Verfahren also (eh. 6. t. XI p. 217 der Leipziger Ausgabe von 1829): „the Venetians abandoned their maxims of government, adopted a feudal System, and contented themselves with the homage of their nobles, for the posses-

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sions which these private vassals undertook to reduce and maintain" diese Bemerkung durfte hier nicht ausser Acht gelassen werden. Am feindseligsten aber, wie immer, gestalteten sich die religiösen Gegensätze: die griechisch-orthodoxe und römisch- orthodoxe Geistlich- keit, diese von der Staatsregierung begünstigt, jene gedrückt und von dem herrschenden Episcopat instinctmässig gehasst, theilten auch auf Creta Venezianer und Griechen gleichsam in zwei getrennte Nationen. „Aus keiner Anordnung sagt Lebret (I. 474) sind mehr Zwistig- keiten entstanden , als aus dem beständigen Vorzuge der Lateiner vor den Griechen; und Venedig konnte sich niemals rühmen, das Herz der Candioten besiegt zu haben. Beständig loderte ein neuer Keim des Grolles zwischen beiden Religionsparteien auf, welcher durch die Gewalt- tätigkeiten der lateinischen Bischöffe oft in die bittersten Verfolgungen ausbrach. Viel glücklicher waren die römischen Colonien, wo man über die Gottheit weniger stritt, als man in Candia über das gesäuerte und ungesäuerte Brod gestritten hat."

Man erwartete durch die bezeichnete Einrichtung ein verlässiges Boll- werk der Herrschaft auf dem wichtigen und zum Theil so fruchtbaren Eiland zu erhalten. Diese Erwartung erfuhr gar manchen und fühlbaren Ab- bruch. Wir sehen auf der Insel Aufstand nach Aufstand folgen, nament- lich die griechische Bevölkerung in fortwährender offenen oder geheimen Verschwörung, oft nicht ohne Mitschuld der Colonen selbst oder der venezianischen Verwaltung, so wol wollend man grundsätzlich in der Mutterstadt gegen die Untergebenen gesinnt war, es ist kein leerer Schall, wenn es anderswo einmal heisst, man wolle und trachte: ut subditi et fideles nostri . . sentiant et videant dulcedinem et benigni- tatem nostram et ad ipsorum statum pacificum et tranquillum nos plurimum vigilare, non volendo aut permittendo, quod aliquis subditus noster oblique vel indirecte tractetur et contra debitum rationis 2)

2) In einer Commission des Dogen Michael Steno an Andreas Barbaro, Jacob Michael, Johannes Aymo und Lucas Trono als "provisores ac syndici' für Corfu, Mothon, Coron, Napoli di Komania und Negroponte vom J. 1408, im cod. lat. cl. XIV. 72. No. 22 der Marcianaj vgl. Valentinelli bibl. manuscr. ad S. Marci Venetiarum III, p. 68. Das ganze Stück, aus welchem ich mir die bedeutsame Stelle vor Jahren ausgezogen habe, hat Karl Hopf seinen 'Chroniques greco-romanes* einverleibt.

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so scharf und streng man die auswärtigen Verwaltungsglieder über- wachte. Gerade auf Creta sah sich später der Rath von Venedig zu Massregeln gedrängt, deren berechnete Absicht bei der Ausführung, wie dieses so oft zu geschehen pflegt, in schonungslose Grausamkeit überging.

Ich kenne trotz alledem kein Staatswesen, in welchem sich eine rast- losere Thätigkeit, eine grössere Umsicht und Eingeht und zugleich eine här- tere Anforderung an die eigenen Bürger widerspiegelt, als in der Ober- leitung der Republik von S. Marco. Der Geist dieses Staates verlangt die volle Entäusserung des Einzelnen, die Selbstaufopferung, die Entsagung von Weib und Kind, wenn es die Ehre, das Wohl und die Macht des Vater- landes gilt. Dieser Geist hat unstreitig Venedig eine bewundernswerthe Reihe grosser Männer und edler Bürger gegeben; aber je schwieriger dem Menschen die Entsagung, je brünstiger die Selbstsucht wird, wenn Reichthum, Glück und Herrlichkeit den Einzug hält, um so straffere Bande musste die öffentliche Wachsamkeit ziehen um alle, welche im öffentlichen Dienste wirken wollten. Desshalb ist auch wohl keine Regierung so vorsichtig in der Wahl, so peinlich-argwöhnisch in der Aufsicht, so streng in der Rechenschaft seiner Beamten gewesen, als die venezianische.

Dafür geben, schon in früherer Zeit der Republik, die Commissionen

Der Geist der Wohlordnung und des Völkerfriedens durchzieht in oft classischem Gepräge die diplomatischen Ausweise und Vollmachten der venezianischen Eegierung; so beginnt, um ein meines Wissens unbekanntes, Deutschland berührendes Actenstück jenes Zeitabschnittes zu erwähnen, die Instruction des Dogen Francesco Foscari für Marco Dandolo als Gesandten an Kaiser Sigismund vom 2. Nov. 1428 also (in den libri Commem. des Archivs ai Frari XII, 58):

Interest omnium Christianorum, maxime tarnen illorum qui domiuorum funguntur titulis, summopere niti pacem appetere quam dominus Jesus Christus hereditariam nobis reliquit in terris. quippe cum per ipsam pacem plurima bona et adjumenta generi humano proveniant. reges enim paeifice regnant, prineipes domini dominationes intrepedi dominantur, populi qui eorum gubernaculis moderantur, mirum in modum proficiunt ac in tranquillitate quieseunt. at contra qui pacem ipsam neglexerint necesse est ut praeter divini salutarisque moniti contemptum ad bellum prosiliant. quibus ex bellis quot urbium direptiones, quot statuum eversiones, depopulationes , ruinae, caedes, incendia multaque alia execranda flagitia secuta sint, non solum antiqua sed moderna quoque tradit historia.

Quae cum ita sint, operae pretium arbitror, ut omne genus belli ab Omnibus Christi fidelibus inter semetipsos, velut portentum teterrimum ac immanissimum monstrum totis nixibus evitetur paxque suavissima flagranti desiderio complectatur et ita complectatur , ut vere ab omnibus paeifici censeantur . . .

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der Dogen an ihre Vertrauensbeamten oder an ausserordentliche Unter- suchungs-Bevollmächtigte lehrreiche Beweisstücke. Diese Commissionen enthalten oft eine historisch-geordnete Auslese aller bezüglichen Gesetze und Beschlüsse von lange her; sie bilden desshalb ein ansehnliches, nicht selten geschickt ergänzendes, aufklärendes Contingent historischer Forschung.

Ein derartiges und ich darf sagen ausgezeichnetes Urkunden- stück ist ein Authenticum der Marciana, eine Commission des Dogen Andreas Dandolo für Stephan Bragadeno, welcher als Consiliarius und Rector omnium offlcialium im J. 1350 nach Creta abgeschickt wurde Die Urkunde ist einem werthvollen Sammelband der Marciana (Codd. lat. cl. XIV. cod. LXXI. n°. 25) einverleibt; dieser enthält eine Anzahl Original-Documente vom 12. Jahrhundert an, welche aus dem Archiv der Procuratoren der Marcuskirche im J. 1786 in die Bibliothek über- geführt worden sind ; vgl. Valentinelli bibl. manuscripta ad S. Marci III. 67. Die Sendung, zu welcher Stephan Bragadeno erkoren ward, erscheint als eine ausserordentliche ; auch die Zeit war eine ausser- ordentlich schwierige für Venedig ; der Krieg mit Genua immer und nahe vor der Thür, die Insel ebendadurch und durch Aufruhr doppelt gefährdet, das Ansehen des Ducha leicht erschüttert: es galt dort soviel thunlich Ordnung und Zucht zu wahren, das Pflichtgefühl zur That bereit zu halten: ,,eundo, stando et redeundo consiliabis, tractabis, opera- beris proficuum et honorem Veneciarum cum salvatione Cretae" heisst es desshalb in den Eingangsworten.

Die Comissio ducalis am Ende durch die Zeit beschädigt und mangelhaft enthält nahezu an 200 Puncto oder Beschlüsse der Rogati und des Grossen Rathes, deren Einhaltung und genaue Befolgung empfohlen wird; wir schauen damit in ein volles Jahrhundert der Thätigkeit und Fürsorge Venedigs für Creta, und gewinnen daraus wiederum eine Uebersicht über die eigenthümlichen Verhältnisse des Lebens daselbst sowohl im öffentlichen als im häuslichen Kreise.

Die Pflichten des Consiliarius und Rector sowohl für sich und seine

Familie, als im Zusammenwirken mit dem Ducha und dem ganzen

Regiment der Insel, seine. Bezahlung und Bestallung, seine Wohnung

und Bedienung, sein Umgang und seine Gesellschaft, werden bis in's

Abh.d.I.Cl.d.k.Ak.d.Wiss.XIV.Bd.I.Abth. 25

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einzelne durchgenommen; er darf z. in der Stadt und auf 3 Miliarien in der Nähe keine Einladung zu Tisch annehmen , weder bei einem Lateiner noch Griechen, einen Hochzeitsschmaus ausgenommen, und ebenso keinen Lateiner oder Griechen zu sich zu Tische laden ; besondere Vorsicht wird gegen die Griechen anempfohlen, welche weder ein Lehen erwerben noch in den Rath gewählt werden konnten.

Der betraute Commissär hat volle zwei Jahre am Posten auszu- halten und im Falle der Abwesenheit des Ducha diesen zu vertreten, Montags und Freitags nach der Messe bis zur dritten Stunde mit dem Ducha und seinem Collegen an einem öffentlichen Platze die nothwendigen Geschäfte zu besorgen, insonderheit Dienstags und Donnerstags, auch an den andern Tagen nach dem Mittagsessen öffentlich Gesuche zu erledigen und anderes zweckdienliches zu erledigen: Recht und Gerechtigkeit gegen alle zu pflegen; Ueberforderungen der Notare zu hindern u. dgl.

Er führt ein eigenes Buch über Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde, hält den Grundcataster des Besitzes und der Staatsrente evident und übergibt denselben seiner Zeit dem Dogen.

Es ist dem Rector während seiner Amtszeit, wie allen unselbst- ständigen Gliedern seiner Familie verboten , von den Domänen etwas zu versteigern oder zu verkaufen , irgend welche Geldgeschäfte zu machen, zu leihen, zu borgen, zu wechseln oder auf Zins zu legen, zu kaufen und zu verkaufen, sich an Handelsgesellschaften zu betheiligen; er darf kein Geschenk, keine Bezahlung, kein Pfand annehmen.

Dazu kommt eine Anzahl von Bestimmungen für die Schiffahrt und das Schiffswesen überhaupt, Befrachtung der Lastschiffe, den Schleich- handel nach Alexandria, den Getreidehandel nach Venedig und Aufsicht über Fälschungen des Korns man mischte schon damals, namentlich werden die Griechen bezichtigt, altes mit neuem Korn und brachte getauftes Getreide (cfrumentum balneatum3) in Lieferung oder Unter- schleife beim Beladen der Schiffe durch Benützung verdeckter Räume ; andere Bestimmungen betreffen die Verwendung der Gefälle für Bauten, namentlich des Hafens von Candida, die Verstiftung der Häuser und Ländereien, die Ueberwachung sämmtlicher Beamten vom Ducha an bis zu den Gastalden und Curialschreibern , und sämmtlicher Einwohner,

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Lateiner und Griechen, Juden und Ausländer, der Freien und Lehens- herrn , der Bürger und Bauern , der Unfreien , Knechte und Sclaven.

Theils wegen einiger bemerkenswerther Bestimmungen für diese letzte armselige Classe von Menschen in der vorliegenden Comissio ducalis, theils wegen der ganz besonderen Zustände, in welchen uns dieselben auf Creta begegnen, mag ein kleiner Abschweif als Versuch zu deren Aufhellung gerecht erscheinen.

Eigenthümlich waren eben diese Verhältnisse schon in der griechischen Zeit, auch damals wohl Folgen der unstäten, gleichsam schwimmenden und Anfällen ausgesetzten Bevölkerung.

Den Anhalt dafür giebt Athenaeus, wo er im sechsten Buche auf das Öclaventum im allgemeinen zu reden kömmt; dort heisst es (p. 263 c c I. p. 571 ed. Dindorf.)

.... xakovöi de ol Kyrjxeg xovg juer xatd noliv olxexag /^voojvrfiovg, acpajuiujrag de rovg xax' ay^ov, ey%uj(jiovg fttv bvxag, dovlojd-evxag de xaxd noXeuov diä xb xXrjQioS-fjvai de xlayioxag. 6 "E(poyog . . . xlaycoxag ((prjal)

Kyfjzeg xakovai rovg dovlovg dnb xov yevopievov neyl avxujv xXtjüov

^woixoarrjg dt .... zrjr juev xotvt)v ((ptjol) dov'keiav ol Kyfjreg xakovoi fivoiav, vrjy de Idiav dopa/uicorag, xovg de neyioixovg vntjxoovg.

Wir haben also eine Viertheilung von Unfreien und wirklichen Sclaven, Periöken, Mnolten, Aphamioten oder Klaroten, und Kaufsclaven; was über diese K. Hoeck im dritten Band seines Kreta (p. 22 40) auseinandergesetzt hat, gilt noch heute als das beste, wie denn das ganze ebenso gründliche als klare Werk unübertroffen ist.

Dieses Vielerlei unfreier Bewohner, Hintersassen, Hörige, Leibeigene und wirkliche Sclaven, scheint sich von alter Zeit bis herein in's späte Mittelalter, eben durch die Natur und Geschichte der Insel fort und fort erhalten zu haben. Dass sich in den Villani der Venezianer das Verhältniss der früheren Periöken wieder sichtbar macht, ist Hoeck nicht entgangen (III. p. 30); sowenig als (III. p. 36) dass man die Glosse des Hesychius : acpapLiujxcu ' olxexai äyyolxoi, naqoixoi so bewahren muss, wie sie überliefert ist. Man hat seit Meursius (Creta. p. 190) an- schliessend an Aristoteles Pol. II, 10: e%ei cT dväloyov fj K^r\xixr\ xd&g Tiybg xtjv Aaxoivixr\v yeajyyovoi xe ydo xöig /uev exlwxeg xolg de K()t]olv ol negioixoi . . statt nayoixoi geschrieben myioixoi, auch der

25*

176

neueste Herausgeber des Alexandrinischen Lexicographen, Herr M. Schmidt, thut dieses, vol. I. p. 331, mit Bezug auf 0. Müller Dorier II. 53; aber man zerstört damit den wahren Sinn und wirft ungleiches und ungleichzeitiges zusammen; das spätere und byzantinische naqoixoi, naqixi der Assissen Jerusalems, erscheint sogar noch im Venezianischen 'parizi1, cparigiJ, wie ein folgendes Citat belehren mag.

Eine merkwürdige Gesetzesstelle findet sich nämlich in den cAggiunti alle Assissie di Romania3 bei Hopf chroniques greco-romanes p. 221; das 1. Capitulo sovra i villani che sera possedudi anni 30 besagt nämlich : Conzosia che ala zornada i parigi over villani de angaria se in- zegnano per molte vie francarse, che e in maximo danno si del Comun como dei Citadini di questa ixola (sc. Nigroponte), perche non prove- dando in puocho tempo, se francherano per i muodi per lor observadi cum fraudi et inganni cometandosse ale stride et per haver vilani in provation esser insidi de bastardazo over per altre diverse vie, le quäl molto nociva si ala Signoria nostra come a tuti i Citadini de questa ixola, et azoche per lavegnir queste cosse possano cessar et tajar la via dei pensieri cativi et fraudulenti de questi vilani:

Damo sia provisto che cadaun che possedeva over havesse possesso per lui e per i suo passadi anni 30 pacificamente, che e la prescription segondo le nostre leze et anchora de Veniexia, non se possa meter ale stride ne tentar per altro muodo de francarse per algun modo e forma,

Auch das 3, und 4. Capitulo gehört hieher, in denen gewissen Anschlägen der villani , eine Villana de engaria1 durch Heirat dem eigentlichen Herrn zu entziehen, oder die, um ihre Söhne der Sclaverei zu entreissen ccum specie de bastardesimo1 , zwar eine Frau mit allen äusseren Ehegebräuchen im Hause halten, aber die eigentliche Trauung umgehen „per mantelarse che i fiolli non sia nasudi de legitimo matrimonio" und damit nicht mehr Vilani et parizi del Signor' seien mit strengen Gesetzen begegnet wird.

Nicht unähnlich und sicher nicht milder und menschenfreundlicher waren die Verhältnisse der Unfreien auf Cypern. Bei der Seltenheit der Quellen mag hier noch eine Stelle aus der cHistorie de reJ Lusignani publicate da Henrico Giblet (eigentlich Francesco Loredano) Bologna 1647 p. 8 zum Vergleiche angezogen werden:

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Dividevasi heisst es dort il popolo di Cipro di fuori delle cittä in Parici, Perpiriarii, Lefteri, Albanesi e Venetiani Bianchi. II Parico che vuol dire obligato, era quasi schiavo di quel signor del feudo ö-del casale, nel quäle egli si ritrovava. Teneva obligo di dar 50 bisanti all' anno e la terza parte dell' utile de' terreni al padrone, e di servirlo due giorni alla settimana. poteva esser venduto ä piacere del signor del feudo, permutato anche con una bestia. II perpero era parico , ma libero delle persone e de i figliuoli , cosi essentato da i duchi per denari, obligato al godimento de i terreni come i parici, ed ä contar ogni anno 15 perperi, che erano la Valuta d' un bisante.

II leftero (d. h. lev&tQog als Gegensatz von äjzeXsv&eyog) era parico fatto libero ö per gratia del principe ö per beneficio del padrone. non teneva altro aggravio che di dare la metä di quanto cavava da' suoi terreni. congiungendosi perö in inatrimonio con una parica, i figliuoli nascevano con 1' obligatione deJ parici.

Belehrendes geben die Artikel von Du Cange im Glossarium mediae et infimae graecitatis sub ndyoizoi,, und mediae et infimae latinitatis ed. Henschel sub 'accola3; hier ist namentlich die Gloss. lat. graec. accola jahoixog, nayoixog, eroixog, yewQyog ein Beispiel des etwas wirren Sprach- gebrauches.

Um auf Athenaeus zurückzukommen, so bemerkt Flaminius Corne- lius, ein schätzbarer Gewährsmann, nachdem er auf diese Ueberlieferung des Deipnosophisten hingewiesen, folgendes: (Creta sacra II. 28) ,,ut- cunque de nomine res sit, hoc compertum ex documentis habemus, ab indigenis servis Cretensiüm agros etiam eo tempore excultos fuisse, quo Veneta respublica totius insulae possessionem iniit, cujus deinde rei- publicae beneficio , ut inferius dicemus , Veneta nobilium colonia non agros solummodo, sed et servos quos villanos vocabant, in perpetuum pheudum accepit." Ebendort (II. 240) fügt er, wie er andeutet, mit Bezug auf die Vertheilung der Lehen im J. 1212 hinzu: ,,nec praedia solum et casalia, sed et rustici quoque agrorum cultores ita inter insti- tutae coloniae viros partiti fuerunt, ut unicuique ex equitibus viginti quinque rustici (eo tempore tamquam captivi habiti) obtingerent, quorum labore concessi agri excolerentur. qui autem fuerint hi rustici et infelicis eorum conditionis originem non abs re erit indicare. Quo

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tempore bellica Nicephori Phocae virtus imperio Constantinopolitano Cretensem insalam a barbaris occupatarn recuperavit, Agareni, seu ex confüctu superstites, seu in variis insulae locis degentes, a Graecis remissa mortis poena in captivitatem redacti fuerunt, hac lege, ut ipsi et exinde nati natorum in perpetuum tamquam mancipia terras in Graecorum utilitatem excercerent.

Diese Thatsache und ihre Folgen stehen ausser Zweifel; das Loos, was die Sarazenen im 8. Jahrhundert den Insulanern bereitet hatten, fiel schwer und rächend im nächsten Jahrhundert auf sie selbst zurück. Die Züge der Abendländer nach Palästina und die lateinische Feudal- herrschaft haben der Freiheit der Eingebornen, auch auf Creta, keinen Odem gegeben.

Unter den Bestimmungen der Comissio ducalis von 1350 beziehen sich mehrere auf die villani, d. h. wirkliche glebae adscripti, an die Scholle des Lehensbesitzers gebundene Diensten. Die villani heissen auch einfach rustici (also ayQÖixoi) oder werden unter dem Begriffe agrafi gleichgestellt.

Es sind folgende Artikel, welche hier in Betracht kommen:

110) . . . ducha Cretae non faciat gratiam agraforum alicui per se non

scribenii in feudis, sed si pro necessitate terrae fiat gratia de cartis

agraforum aliquibus personis, quod illa gratia fiat per ducham et

consiliarios, et quod Uli agrafi qui sie dabuntur, scribantur in feudis.

140) . . . Uli quibus concedetur capere agrafos per gratiam, non possint

capere nisi militiae undique sint completae. 142) . . . ducha et consiliarii non possint donare vel alienare aliquos

rusticos neque franchare aliquo modo vel ingenio. 166) . . . si essent villani qui vivos vel mortuos . . rebelles designarent

pro uno malefactore non possit fieri nisi unus franeus.

184) . . . omnes villani forenses qui aliunde . . venerint ad habitandum in insulam Cretae .... nihil solvant nostro comuni nee possint per aliquos capi pro agrafis vel villanis , cum conditione tarnen quod

ipsi teneantur ire in armatis nostri comunis de Ulis vero qui

sunt ad praesens in insula, qui solvunt unum yperperum annuatim comuni nostro, ordinetur quod Uli qui voluerint venire ad habi- tandum in civitate vel burgo Candidae, absolvantur habitando ibi a

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solutione dicti hyperperi nee possint similiter capi pro agrafis vel villanis, cum conditione quod teneantur ire in armatis nostri eomunis

et si ipsi non servarent conditiones praedietas, tarn isti quam

venientes de novo, remaneant villani eomunis. Aus dieser Zusammenstellung gewinnt man erstlich Aufklärung des Ausdrucks agrafi , welcher zwar einfach scheint , aber mit dem Begriff der äy^aipoc im altgriechischen Leben nichts unmittelbar gemein hat. Die äy^atpoi des venezianischen Creta sind so scheint es mir wirkliche ,, Nichteingeschriebene", d. h. solche villani oder Bauern, welche im Gemeinde-Cataster weder bei einem feudum noch sonst eingetragen waren; dass diese Personal-Listen bis zu den Sclaven herab strenge geführt wurden, sogut als jeder Rebstock der Weinberge verzeichnet war, liegt im Steuerwesen Venedigs. Solche agrafi konnten per gratiam Duchae et consiliariorum weggenommen, als Besitz angeeignet werden unter Umständen auch mit einer gratia de cartis, wenn der Bedarf der Soldaten lehen gedeckt war. Diese Eintragung avayqöupr], anagrafi in den Assissen von Romanien: ,,ubi scripti sunt per anagrafi" (Hopf a. a. 0 ) geschah wohl protocollarisch und mit Zeugen. So möchte ich diese Verhältnisse unserer Artikel auffassen. Solchen villani vel agrafi stünden die dovXoi r\ svanoyQacpoi des Jus Graeco-Romanum in anderem Sinne : „servi vel adscriptitii" zur Seite ; vgl. z. B. Zachariae v. Lingen- thal Synopsis Basilicorum p. 266.

Man scheint manchmal mit dieser gratia de cartis allzufreigebig gewesen zu sein: ich habe wenigstens einen Beweis dafür, dass bei verlangter Revision mehr als tausend solche Fälle hätten geprüft werden sollen. Es ist dieses ein Brief des Ducha Fantin Dandolo an den Dogen vom J. 1316; in den libri Commemoriali 573. 3)

Man könnte fragen, woher diese agrafi? wohl theils aus dem Nach- wuchs der villani auf Creta selbst, theils aus der Zuwanderung Arbeit suchender Fremder.

Wir sehen ferner, dem Ducha und seinen Räthen stund keine

3) Vgl. jetzt 'Monumenti storici publicati dalla Deputazione Veneta di storia patria. Serie I. documenti: i libri commemoriali della republica di Venezia regesti.' I, 156. No. 685. 86. Mein Citat bezieht sich auf die Commemoriali im Wiener Archiv.

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weitere Gewalt auf die Person der villani zu; er konnte auch keinen freilassen. Die Freilassung von Staatswegen erfolgte als Lohn , wenn ein villanus einen Rebellen zur Anzeige bringt.

Bemerkenswerth ist die letzte Bestimmung vom J. 1332. Dieselbe bestätigt nicht nur unsere Vermuthung wegen der Zuwanderung, sondern zeigt auch, wie die Vortheile der Commune und der Stadt allemal die Erleichterung gewisser Stände als Regel der Klugheit an die Hand gaben. Um die Bevölkerung und den Verkehr zu steigern, um wehr- hafte Leute zu gewinnen, gibt Venedig zu Hause und draussen bereit- willig alte Vorrechte auf und weiss dabei noch den Kern seiner Natur wohl zu bewahren.

Diese Commission des Dogen Andreas Dandolo ergänzt die Geschichte der Insel Creta in schicklicher Weise; es müsste auffallen, dass von der- selben weder bei den Chronisten soviel ich weiss noch bei den Geschichtschreibern Erwähnung geschieht, wenn nicht überhaupt Zeit alter wie Oertlichkeit noch starker Aufhellung bedürfte. Auch über Stephan aus der alten edeln Familie der Bragadin entgeht mir eine weitere Notiz. Einen gleichnamigen Mann des 15. Jahrhunderts führt Cicogna an in den Inscrizioni Veneziane I. 321. No. 20. Die Familie gilt als Stifterin der uralten Kirche San Daniele in Venedig.

Durch Bekanntgabe dieser Comissio ducalis vom J. 1350 im Anschluss * an einzelne Bestimmungen über Creta, welche in meiner Abhandlung „die ältesten Verordnungen der Venetianer" Denkschriften I. Cl- XIII. 1. Abtheilung enthalten sind, wird nahezu für den Lauf eines Jahrhunderts der Einblick in die Verwaltung dieser wichtigen Insel ermöglicht.

Comissio Consiliarii Cretae.

1350.

Abh.d.I.Cl.d.kAk.d.Wiss.XIV.Bd.I.Abth. 26

JNos Andreas Dandulo, dei gratia Veneciarum Dalraaciae atque Chroaciae dux, dominus quartae partis et dimidiae totius imperii Romaniae, committimus tibi nobili viro Stephano Bragadino, fideli nostro dilecto, ut in consiliarium et rectorem omnium officialium Cretae vadas ad insulam nostram Cretae, quos of- ficiales eliges ex Venetis bonis et idoneis Cretae, et alia facies in officio tui regiminis consiliariae, simul cum ducha et socio tuo consiliario secnndum hunc modum et formam:

1. videlicet quod, ubicumque fuerit ducha ctfm socio suo praedicto, illud fieri debeat, quod per ipsum ducam et consiliarium tuum socium consultum fuerit et ordinatam. et si aliquo casu contigerit, quod ducha praedictus erit cum vobis duobus consiliariis, illud fieri debeat, quod per ipsum ducham et vos duos consiliarios vel maiorem partem vestrum consultum fuerit et ordinatum.

2. Et eundo, stando et redeundo, consiliabis, tractabis, operaberis pro- ficuum et honorem Veneciarum cum salvatione insulae Cretae.

3. Et ibi moram facies in praedictis officiis a prima die in antea qua intraveris Cretain usque ad duos annos completos, nisi consiliarius venturus post te prius venerit, cui, quandocumque venerit, ei consulatum debeas refutare, habendo tarnen integre salarium tuum usque ad complementum duorum annorum tuorum, et faciendo expensas integre usque ad illud tempus; et tantum plus ibi stare debeas in ipsis officiis, quantum venturus consiliarius, qui post te illuc debet venire, steterit ad veniendum ; et habere debes integre secundum rationem, de quanto plus steteris, tuum salarium; sed de quanto steteris post adventum ipsius consiliarii, habere debes medietatem tui salarii usque per totam mudam primo venturam, scilicet, usque ad diem qua ibi moram feceris; a termino vero in antea ipsius mudae, si aliquo casu contigerit te ibi moram facere, nullum salarium debes habere, ita quod post adventum consiliarii, duobus annis praedictis completis, festinare debes ad redeundum, quam cito poteris, bona fide.

26*

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4. Licitum autem est tibi, a die adventus praedicti consiliarii in antea, duobus annis transactis, deponere medietatem equorum et scutiferorum et ex- pensarum.

5. Et si novus ducha cum ejus consilio a te sibi dari consilium postu- labit super aliquo facto, tu bona fide teneris sibi consilium utilius exibere.

6. Licentiam quoque habes eundi ad consilium praedicti duchae ven- turi, quando volueris, donec steteris ibi.

7. Et omni die Lunae Mercurii et Veneris debeas ire ad missam simul cum ducha et socio tuo consiliario, et missa cantata statim ibis simul cum eis ad aliquem locum constitutum per vos, ad faciendum et exercendum ea quae necessaria fuerint pro negotio dictae terrae, et ibi stabis, nee ab ipso loco re- cedere debeas ad minus usque ad terciam.

8. Similiter omnibus aliis diebus debeas esse simul cum dicto ducha et socio tuo consiliario et specialiter omni ' die Martis et Jovis post prandium simul cum eis esse tenearis ad aliquem locum constitutum per vos, ad audiendum peticiones et ad faciendum alia negotia, quae fuerint opportuna.

9. E t si non ibis et non eris et uon stabis simul cum eis, sicut dictum est, perdere debeas qualibet vice qua non observaveris, medium yperperum pro poena, exceptis pro hiis occasionibus vel aliqua earum videlicet occasione eundi pro facto et servicio comunis dictae terrae, vel occasione infirmitatis tui cor- poris, vel occasione eundi ad mortuum vel ad nuptias; si etiam non habueritis talia facere occasione vestrorum officiorum, vel essetis vestris diversis negotiis impediti, possitis vos absolvere a praedictis capitulis, si omnes fueritis inde concordes.

10. Et infra unum mensem post tuum reditum in Venetias omnia quae de facto imperii Romaniae, et specialiter de facto insulae Cretae, esse facta seiveris vel facienda utilia credideris, licet a nobis nostroque consilio fueris inter- rogatus vel non, a te ipso dices nobis et nostro consilio omnia, quae credideris esse dicenda et fore utilia pro honore et prode tarn nostri comunis Veneciarum, quam etiam imperii Romaniae et specialiter de facto insulae Cretae; et si post ipsum mensem a nobis nostroque consilio fueris interrogatus de facto imperii Romaniae et insulae Cretae, tenearis dicere veritatem, de eo quod a te inde requisitum fuerit, cum proficuo et honore Veneciarum.

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11. Studiosus quoque eris cum praedicto ducha et consiliario inqui- rere, excntere ac intromittere, et facere intromitti, et salvare ac salvari facere ad utilitatem comunis Veneciarum oninia quae ad ipsum comune videris pelr- tinere, ac ipsa boua et havere expensabis et dabis sive expeusari facies et dari, sicut duchae et socio tuo cousiliario et tibi secundum formara superius scriptam videbuntur danda pro utilitate et prode nostri comunis.

12. Habebis quoque uDura quaternum, in quo scribes totuni introitum et exitum comunis et facies, quod socii tui consiliarii sicut et tu sirailiter in suo quaterno scribant illud, totum introitum et exitum comunis.

13. Item omnes possexiones nostri comunis Cretae et redditus qui possi- dentur pro comuni , et alias possessiones et omnes redditus, quae non sunt intromissa per ducham et consiliarios praedecessores tuos, et comuni pertinent, iutromittes vel intromitti facies pro comuni quam cito poteris, et ea omnia intromitti facies vel scribes in libro comunis, et in tuo adventu in Venecias nobis et nostro consilio dices et dabis.

14. Omnes autem credencias, quae dictae erunt teneri per ducbam et majorem partem sui consilii, secreta servabis, donec solutae fuerint per maiorem partem consilii, ducha praefato in eodem consilio computato tamquam unus ex uobis.

15. Et nicliil quod ad comune pertineat, debeas incantare nee incan- tari facere, nee comparare nee comparari facere ad tuam utilitatem aliquo modo vel ingenio, nee etiam aliquid de illo comunis mutuo aeeipere nee ac- cipi facere ad tuam utilitatem aliquo modo vel ingeDio : quod quidem sie ob- servari et fieri volumus per ducham.

16. Studiosus itaque eris dandi operam cum effectu , ut omnia illa juramenta debeant fieri ab ipsis, qui sicut mandavimus ea non feceriut adhuc in eadem insula, si hoc facere poteris cum bono et salvatione dietae insulae; et haec tollantur cum illis capitularibus quae propter hoc invenientur scripta in Creta pro ipsis sacramentis tollendis.

17. Item cum ducha studiosus eris, in civitate Candida morautes extra Iudecara nostram redeant ad ipsam Iudecam ibidem moraturi, ipsos exinde compellendo.

18. Omnia autem praeeepta et ordinamenta, quae tibi in poena sa- cramenti cum maiori parte nostri consilii miserimus per nostras litteras sigil- latas, tenearis observare.

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19. De salario tuo annuali, quod est yperper. cccci. per annum, Solu- tionen! recipies eo modo et ordine, ut dictus ducha Solutionen! sui salarii reci- pere debet, et pro ipso tuo salario non tolles nee tolli facies plus modo aliquo; quod salarium ineipit a prima die qua intraveris Caudidam civitatem, et ste- teris ibi ordine suprascripto.

20. Habebis i t a q u e tecum ad tuum expendium usque per totum tempus tui officii duorum annorum duos equos et scutiferos tres, videlicet a quinto- deeimo die in antea quo Candidam intraveris; et aliquo ipsorum equorum vel scutiferorum deficiente, mfra XV dies postquam tibi defeeerit alium rehabebis; et illos equos quos apud Cretam comparabis, de insula Cretae extrahere non debes.

21. Si autem ducha cum maiore parte maioris et miuoris consilii tibi dixerit, quod debeas equitare pro utilitate insnlae Cretae, vel ire per mare in servicio comunis, vel ire alio tarn in dieta insula, quam foris de dieta insula, illud ob- servabis seeundum quod captum fuerit per maiorem partem minoris et maioris consilii et computabis tibi pro tuis expensis omni die de tuo havere karatos X usque quo steteris in servicio comunis ; si plus expensabis , de havere nostri comunis tibi reficiatur et persolvatur.

22. Et praesens, si quod reeeperis, tunc quando fueris extra civitatem in servicio comunis, sit ad utilitatem comunis.

23. Et de omnibus et singulis equis, quos feceris emi extra Venecias, quando erunt condueti Venecias, debeas dicere, quantum dicti equi constiterint condueti Venecias et similiter, si quos emeris Yeneciis, debes dicere, quantum constiterint ipsi equi et facere pretium dictornm equorum scribi ad curiam; et si quos emeris in Creta, debes dicere et scribi facere quantum consti- terint dicti equi ; et si aliquis ex dictis tuis equis moreretur, stando in ex- ercitu vel servicio comunis extra civitatem Candiae, habere debes restaurum dicti equi, seeundum quod scriptum fuerit ipsum equum constitisse tibi, hoc modo vidjBlicet : si dictus equus mortuus fuerit conduetus de Veneciis Cretam, habere debes de quibuslibet solidos xx ad grossos ypp. I. et si equus' mor- tuus fuerit emptus in Creta, habere debes restaurum seeundum quod scriptum fuerit ipsum equum constitisse tibi, et si aliquis ex dictis tuis equis magag- naretur *), stando in exercitu vel servicio comunis extra civitatem Candiae, ut dictum est, et videretur propterea quod inde restaurum habere deberes, debes

1) mangagnare, mahemiare = graviter laedere, mutilare, italice ma'gagnare cfr. Diez sub voce magagna.

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habere pro satisfactione dicti equi, quantum scriptum fuerit ipsum equum con- stitisse tibi, et dictus equus deveniat in comune, et infra xv. dies teneris facere (habere?) ipsum equum per totum tempus tui regiminis.

24. Si vero stando in exercitu vel servicio comunis extra civitatem Can- diae aliqnid de tuis armis et arnesiis perderetur, totum illud dampnum de havere comunis tibi restaurari debet secundum illam extimationem, quod duchae Cretae et sociis tuis consiliariis, secundum formam praedictam, vel illis qui essent loco eorum apparebit; sed si quis furatus esset de praedictis, nou debes habere aliquam satisfactionem a comuni, et de nulla alia re habere debes restauracionem, nisi de hiis rebus quae dictae sunt superius.

25. Et quum veneris ad equitandum vel eundum per mare in servicio comunis. cum illa quantitate hominum et equitaturarum ibis, quod consultum fuerit tibi et dictum per ipsum ducham et ejus consilium, te tarnen inter eos computato tamquam unus eorum.

26. Praeterea per te vel aliquem alium nomine tui in eadem insula ne- gociationes non facies, nee notarium vel socium tenebis vel aliam personam iu familia tua, qui mercacionem faciant vel exerceant per aliquod ingenium sive modum, donec steteris in regimine tui consulatus, nee exercebis, excepto quod possis salarium tuum, quod tibi superfuerit ab expensis, mittere extra Cretam in coleganciam vel rogadiam 2) vel alium modum.

27. Nulluni amienm juvabis nee inimico nocebis per fraudem, et nulluni servicium tolles vel tolli facies, et si tultum3) scieris, facies illud reddi si po- teris sine fraude.

28. Nullum donum vel praesentem reeipies vel reeipi facies ab aliqua persona modo aliquo vel ingenio, et si aeeeptum scies, facies illud reddi si po- teris, et hoc per tantum tempus quantum in consiliaratu steteris, et per medium annum, postquam de consiliaratu exieris ; et si reeeperis, perdere debes cluplum de eo quod per te reeeptum erit.

29. Et omnes de familia tua iurare facies de non aeeipiendo aliquod donum sive praesentem ad tuam utilitatem aliquo modo vel ingenio, nee a monasteriis imperialibus Graecorum, nee a Judaeis Cretae donum vel praesentem aliquod reeipies nee reeipi facies aliquo modo ad tuam utilitatem.

2) quasi synonymum collegantiae adde lexicis.

3) forma per ora vulgi servata.

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30. Nee comparabis aut comparari facies a monasteriis imperialibus nee a Synaitis 4) aliquid ad tuam utilitatein aliquo modo vel ingenio.

31. Insuper aliquem de familia tua non permittes habere aliquod placitnm a comuni.

32. Et nulluni imprestitum tolles nee tolli faeies ab aliqua persona, quae partem habeat in insula Cretae, in peeunia vel in equis vel in aliquibus aliis rebus, nisi pro utilitate comunis.

33. Item ad prandium vel convivium alieujus Latini vel Graeci in ci- vitate vel a tribus miliariis prope, non ibis nee intereris ad comedendum, nisi forte ad nuptias, ubi licitum est tibi interesse et comedere ibi.

34. Et nulli Latino vel Graeco habitatoribus in Creta dabis ad come- dendum nee eis convivium facies in civitate Candida vel a tribus miliariis prope.

35. Inhibemus autem tibi quod nulli personae subditae comuni, tarn Christiauae quam Judeae, angarias vel aliquas exaetiones imponere vel facere im- poni debeas nisi pro utilitate comunis.

36. Praeterea tenearis ducere ad complementum omnia consilia, quae per dictum ducham socium tuum et te seeundum formam praedietam capta fuerint, nisi postmodum per dictum ducham et socium tuum consiliarium et te seeundum formam eatudem extiterint revocata.

37. Et studiosus eris emendare omues offensiones quae faetae essent tempore tui consulatus, sicut majori parti et duchae et consiliariorum sociorum tuorum et tibi videbitur seeundum eamdem formam cum proficuo et honore Veneciarum. et quod super hiis per praedictum ducham socium tuum consilia- rium et te seeundum formam praedietam inventum et sententiatum fuerit, stu- diose complebis vel compleri facies, nisi remanserit per praedictum ducham et vos ambo consiliarios seeundum eandem formam.

38. Praeterea nulluni donum facies noc permittes fieri, de havere comunis nostri alicui personae vel aliquibus personis, nisi cum voluntate, seeundum formam praedietam, maioris partis duchae et nostrornm amborum consiliariorum.

4) De possessionibus monasterii in monte Sinai positi per insulam Cretae deque reditibus inde provenientibus v. Cornelius Flaminius in Creta sacra I. 222. sqq. adeas quoque Fontes rerum Austriacarum t. XIII No. 233 pag. 146.

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39. Ad hoc studiosus eris et curam habebis, ut praefatus ducha Cretae facere debeat et observare omnia quae continentur in sua commissione et in suo capitulari.

40. Praeterea studiosus eris facere praesentari omnes litteras de bina contestacione quae tibi porrectae fuerint, et quod inde fiant breviaria ordinate ad expensas illius qui ea voluerit praesentare.

41. Item si aliqua diferencia fuerit inter notarium aliquem et aliquam personam tarn super testamentis quam super omnibus aliis cartulis, quod. no- tarius nimis accipere velit, tu pro utraque parte illum finem impones, qui tibi conveniens apparebit.

42. Sciendum est vero, quod ordinatum est et statutum, quod si ac- cideret, quod deus avertat, te viam universae carnis ingredi infra tempus tui regiminis, salarium non debes habere, nisi de tanto tempore, quanto in officio steteris.

43. Rationem et justiciam facies et fieri facies omnibus petentibus eam, nisi remanserit per ducham Cretae, et socium tuum consiliarium , et te secundum formam supradictam.

44. De maleficiis autem vindictam et justiciam facies et fieri facies in personis et rebus malefactorum , secundum quod. duchae Cretae et socio tuo consiliario et tibi bonum videbitur secundum formam supra dictam faciendum pro bono et honore Veneciarnm et bono statu illarnm partium ; de aliis vero maleficiis facies, quae tibi declarabuntur per litteras baiuli Constantinopolis, baiulorum Acon et Tyrii et Nigropontis et castellanorum Mothouis et Coronis, tales facies justificationes, quales videbuntur duchae Cretae, tibi et socio tuo consiliario secundum formam praedictam.

45. Et nulluni cursarium recipies in iusula Cretae, et si ibi venerit et sciveris, studiosus eris quod inde expellatur. et non consencies quod aliquis cur- sarius victualia. trahat inde, vel quod aliquas mercationes vendat in ipsa insula ; et si aliquis ab aliquo cursario emerit aliquid, totum illud quod emerit ei auferes et pones in nostro comuni.

46. Item eris studiosus quod illa nim yperper. quae nobis solvere te- nentur milites et sergentes Cretae pro annuali censu, amodo in antea exigantur, et totum illud quod inde excussum fuerit, poni facies in laborerio moli portus civitatis Candidae.

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. I. \bth. 27

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47. Et si ducha Cretae et socius tuus consiliarius iverint ant aliquo modo fuerint extra civitatem Candidae, tu solus facere tenearis tarn diu regimen illius iusulae, quam diu ipse ducha et consiliarius steterint aut fuerint aliquo modo extra civitatem Candidae; possis inquirere et examinare atque imponere poenam et poenas et accipere sacramentum, sicut tibi videbitur, non compleudo aliquid, sed dimittendo complementum negocii usque ad adventum duchae et alterius consiliarii. verum si ducha iret pro stando ultra dies v., dentur tunc tibi duo consiliarii per electionem majoris consilii, cum quibus possis facere re- gimen et exercere ; non tarnen possis dare vel concedere alicui personae vel aliquibus personis aliquas cavalarias vel aliquas terras comunis, nee concedere nee dare nee auferre feudum vel terram comunis alicui personae vel personis, nisi ad voluntatem dicti duchae et consiliarii seeundum formam supradietam et majoris partis sui consilii, et nichilominus capitulum commissionis duchae supra regimine totius insulae cum uobis duobus consiliariis remaneat firmum.

48. Ad h a e c sollicitus et studiosus eris cum ducha et socio tuo consiliario ad inquirendum et seien dum, si aliquis Venetus qui a tempore nostri ordinamenti

1254 et consilii, facti currente anno domini mccliiii indictione xii. die XI. exeuntis mensis Marcii, exiverit de Veneciis, et veniet ad partem et terram Cretae contra nostrum ordinamentum et publicum interdictum, et si aliquis inventus fuerit qui, sicut dictum est, ad partes regiminis vestri accesserit contra ordinamenta nostra, studiosus eris et operam dabis, quod unieuique auferantur per ducham Cretae librae xxv. pro quolibet centenario de suo havere pro poena, seeundum ordinamentum nostrum olim factum super illos qui contra ordinem vadunt ; et quod idem ducha ipsos Venetos omnes nobis tuis litteris debeat declarare et si ab eis aeeepta fuerit dieta poena vel non, ut contra eos procedatur, sicut est per nos et nostrum consilium ordinatum.

49. Comittimus etiam tibi, quod simul cum ducha Cretae et socio tuo consiliario seeundum formam praedietam debeas Venetos, si qui fuerint in par- tibus Cretae, qui male fecerint et traetaverint, facta sua redarguere , amonere et inducere ad bene faciendum, sicut vobis videbitur. et si pro vestra redar- gutione et amonitione non cessaverint male traetare et facere facta sua, bona omnia quae habuerint in partibus vestri regiminis, debeatis intromittere et ac- cipere et eos penes vos retinere. et ipsa bona traetare et procurare et Venecias ducere vel mittere debeatis, sicut duchae et consiliario socio tuo et tibi seeundum formam praedietam videbitur, pro utilitate personarum, ad quas dieta bona speetaverint.

50. Item non consules nee permittes, quod plures duobus Latinis cum octo servitoribus vadant obviam alicui Graeco in civitatem venienti, nee plures

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duobus Latinis associent aliquem Graecum pro aliquo facto vel petitione coram ducha et consiliariis, nee coram aliis officialibus comunis Cretae.

51. Nee peeuniam aeeipies mutuo aliquo modo pro tuo salario per- solvendo, nee navigium comunis pignorabis, nee vendes modo aliquo pro tuo salario persolvendo nee pro aliqua alia causa, nee etiam ipsum navigium co- modabis.

52. Prohibemus etiam tibi, quod prohibitum est duchae Cretae et con- siliariis soeiis tuis. quod peeuniam non debeatis mutuo aeeipere pro comuni Veneciaram ad solvendum in Veneciis ullo modo, nisi specialem commissionem habebitis a nobis et nostro consilio.

53. Item non conduces tecum nee tenebis filium, fratrem vel nepotem, qui non sit divisus a te, qui debeat exercere nee uti mercadantia per se nee per alios.

54. Comittimus etiam tibi, quod cum ducha et socio tuo consiliario esse debeas cum v. de pace qui sunt in Creta, ad dandas et difiniendas sententias, quas dabant et difiniebant olim v. Uli de pace, et volumus, quod dictus ducha, tu et socius tuus consiliarius et dicti v. de pace, vel major pars illorum qui fuerint congregati, possint et debeant dare et difinire illas sententias, quas inter se posuerint.

55. Sciendum est, quod reeepisti in Veneciis libras L. Venet. quae con- suetae sunt dari consiliario Cretae pro suis expensis.

56. Et est sciendum, quod de duobus equis quos habere debes, unus esse debet de precio libr. lxxx vel inde supra, si de Veneciis conduxeris; et si in insula comparaveris, debet esse de precio yperper. LX vel inde supra, et debent esse de tribus annis vel inde supra, tarn ipsi quam alii quos debes habere in Creta. et nulluni de equis tuis potes vel debes vendere vel dare alicui Graeco ullo modo vel ingenio.

57. Item sciendum est, quod de Veneciis Cretam mittimus duos ca- merlengos pro scribendis introitibus et expensis, quae fierent ibidem, quibus dare debeas in exequendis quae eis commissa sunt, auxilium et favorem.

58. Praeterea non potes vel debes tu vel filius tuus aut frater, qui non sint a te divisi, collegantiam aliquam ab aliquo burgense reeipere seu ab ali- qua alia persona pro eo ullo modo vel ingenio per totum tempus tui regi- minis nee per medium annum, postquam compleveris.

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59. Praeterea non potes tecura adducere vel mittere Venecias aliquas mercationes, nisi secundum licentiam mercatoribus Veneciarum datara.

1-2S1 60 s). Item, si aliquis accipiet uxorem in Creta et habebit in dotem

feudum aliquod, ipse teneatur et debeat servire in propria persona deinceps, et debeat illud feudum scribi marito, per aestimationem factam a te ducha vel aliis, sicut tibi et tuo consilio bonum videbitur, ita quod ille maritus faciat quod illud feudum sit pignus illi suae uxori, et quod etiam faciat ei securitatem super omnia sua bona; et si ipse maritus nollet, vendatur feudum et solvatur inde marito de suis dotibus.

61. Item quod non debeat dari pro iudicatu alicuius dominae aliquod feudum, salvo quod si ipsa haberet filium qui possit servire, ipse debeat jurare et servire ; et si ipse filius esset minor quam de servitio, ipsa domina teneatur et debeat facere, quod alius serviat secundum formam aliarum militiarum, et quando ille filius erit talis aetatis, quod possit illam militiam servire, recipiat ipsam et serviat, ut dictum est. et si haberet filiam, similiter faciat illam mi- litiam servire aliquem alium, donec ipsa filia nubat, et postea maritus ejus eam suscipiat et serviat secundum formam aliarum militiarum. et si ipsa hoc nollet, ipsa militia vendi debeat, et inde solvatur sibi de sua repromissa.

62. Item non permittes accipi nee aeeipies de mensura salis ultra n sterlinos.

1273 63. Item cum in ista commissione contineatur quod, cum consiliarius

Cretae teneretur quilibet eorum portare secum libras CCCC, quod de caetero non teneantur portare nisi libr. c et capitulum primum in hoc sit revocatum ; quae pars fuit capta in MCCLXXV indictione III die vn intrante Maclio 6).

127G') 64. Teneris quidem et debes facere observari , quod omnes illi qui

liabent vel habebunt de cetero in insula Cretae pro uxoribns suis usque ad me- diam militiam vel inde supra, teneantur servire, sicut tenentur alii milites de Creta.

65. Item facies observari, quod omnes illi qui tenentur tenere equos per feudum, quod pejor equus debeat esse valoris xx yperperorum et inde supra.

5) Cum hoc capitulo et quae sequuntur proxima duo, conferas commentationis meae „die ältesten Verordnungen der Venezianer" pag. 18. cap. 21.

6) cfr. commentationis meae cap. 18 p. 17.

7) cfr. commentationis meae cap. 20. p. 17.

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66. Item teneris sacramento inquirere de omnibus tarn homiuibus quam mulieribus, qui vel quae remanserimt vel de caetero remanserint commis- sarii ali cujus, qui commisit vel de caetero committet ad vendendum aliquam cavallariam vel sergentariain, et facere observari formam testameuti in vendi- tione, sicut testator duxerit ordinandum.

67. Item non permifctes, qnod aliquis de feudatis comunis possit nee debeat venire Venecias pro ambaxatore, quando est guerra in insula Cretae.

68. Item non aeeipies aliquam peeuniam mutuo aliquo modo vel ingenio ab aliquo cive vel burgense vel habitatore insulae Cretae, neque filii tui non divisi a te nee et socius tuus aeeipiet; nee etiam stabis plegius tu vel ipsi pro aliquo, qui reeipiet peeuniam mutuo, et hoc quod non possis tu vel ipsi acci- pere pro nobis absque uostra voluntate.

69. Item observabis formam infrascriptorum consiliorum captorum in 128» mcclxxxv die xn Junii xm indictione:

Capta fuit pars, quod casalia omnia comunis Cretae affictentur ad xxvmi annos ad renovandum cartam ad alios xxvmi, et postea redeant in comune.

70. Item illi qui aeeipient casalia praedieta, debeant solvere solum yperpera sicut ipsi incantabunt.

71 8). Item quod omnes domus comunis, quae sunt super rugam ma- , gistram, remaneant in comuni, et domus posteriores de versus sanetum Titum quae teuentur cum istis et omnes aliae debeant incantari ad xxvmi annos ad renovandum cartam ad alios xxvmi, et postea remaneant in comuni ; et illi qui aeeipient eas, debeant facere comprehensum de foris circum circa de lapidibus et calcina et alios albergos interiores de quocumque eis placebit.

72. Item, quod sit in libertate duchaeet consiliariorum, de burghesiis quae datae sunt, quae debent servire vel facere servire per mare, et debent habere hominem unum pro qualibet, quando exercitus debet ire per mare , dealienare ipsas, sicut eis videbitur, ad faciendura servire sive per mare, sive per terram tempore quo debet servire, non intelligendo per mare, quando discedent a civi- tate Candidae cum navigio.

73. Item quod caballariae, quae sunt citra scalam et non possunt guar- niri infra medium annum, postquam ducha praeeeperit illis, qui habuerint eas,

8) cfr. cap. 23. pag. 19 commentationis raeae.

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quod debeant eas guarnire, quod praeceptum dictus ducha teneatur et debeat eis facere statim, debeant auferri illis qui non poterunt vel nolent eas guarnire et dari aliis secundum commissionem duchae, auferendo de ipsa commissione verbum quod dicit: „cum bono terrae", et de hoc remanebunt tot caballariae in comuni, quod dabunt bene c sergentes, partiendo caballarias per sergentarias, sicut debet, et sunt bene XL caballariae quae non guarniuntur.

74. Item illi qui debent servire ad pedes per unam sergentariam, ac- cipiantur de catastico comunis eorum scripta et fiat de ipsis unus quaternus, qui detur in manibus duchae, ut sciat, quos debet habere, erunt bene xxx.

75. Item omnes sergentariae quae sunt coniunctae cum caballariis a XX annis citra, debeant redire in suum statum et servire per sergentarias.

70. Item quod ballistarios Latinos, missos de Veneciis in Cretam, de- beant gUarniri omnia castra Cretae et constabunt minus et habebunt plures Latini in insula.

77. Item quod accipiantur a militibus Candidae illi denarii, de quibus ipsi nmniunt castra et dentur comuni, et comune ea munire debeat de dictis balistariis, si eis placebit, quia dicti milites illos qui sunt ad munitionem dic- torum castrorum, faciunt facere suas angarias aliquando et non solvunt eis, ita quod possint inde vivere.

78. Item quod omnes burgenses qui non possunt facere imprestita a C yperperis supra, debeant facere de una pro cent. in anno imprestitum tempore guerrae, et dare duchae pro accipiendo soldaderiis pro quatuor meusibus, duobus in aestate et duobus in yeme, vel sicut videbitur a quatuor meusibus infra quo- libet tempore anni, et dictum inprestitum debeat reddi de redditibus comunis tempore pacis.

79. Item quod milites Cretae debeant dare vobis yperpera MMM, sicut debent per pacta omni anno, aut (et?) debeant esse nostri redditus portae quocumque istorum ipsi voluerint, et dicta yperpera debeant expendi in serviciis terrae Cretae.

80. Item quod quilibet miles, qui debet tenere socium et familiam, debeat tenere eum et eam in domo sua ad omnes suas expensas. et cocienscumque fuerit inventum, quod aliquis de caetero non tenuerit eum et eam, sicut debet, cadat in poenam yperp. vi pro sergente, et qui accusabit aliquem contrafacientem, habeat medietatem poenae, si per eum veritas invenietur , ' et alia medietas sit comunis, et nichilominus infra vm dies sequentes teneatur dictus miles rehabere

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alium loco deficientis, sub poena eadem, et si ipse se ipsum accusaret, non ha- beat aliquam partem de dicta poena.

81. Item quando ducha ibit in exercitum, possit ducere secum duos socios, unum Venetum et alium de Creta, et octo sergentes ultra suam familiam et non plures, et equos sufficientes ad istos ; et dicti sergentes non debeant comedere ad tabulam cum ipso ducha. et consiliarii possint habere unum so- cium pro quolibet, quando ibunt in exercitum et quatuor sergentes ultra suam familiam et non plures, qui sergentes non debeant comedere ad tabulam cum ipsis. et hoc intelligatur tarn de rectore Rethimii et Caneae quam de aliis, et dictus ducha et consiliarii non possint accipere de equis, quibus venerint texerae ad eundum in exercitum.

82. Item observabis formam infrascripti consilii mcclxxxxvii die xxm 1297 Aprilis : .

Capta fuit pars quod pro praesenti guerra cum Alexio Carlegii (i. e. Calergi)9) et seguacibus suis dentur omni anno per istud comune duchae et consiliariis Cretae xniim yperp. usque ad guerram finitam, tali condictione, quod ipsi teneantur mittere ad recipiendum c balistarios de ultra mare, quos ipsi debeant continue retinere, et quod stare debeant Septem mensibus in anno in exercitu generali ultra scalas cum medietate hominum dictae insulae, dividendo ipsos menses, sicut eis videbitur, habito consilio sapientum ; et debeant mitti praedicta yperp. cum caravana Augusti (?) pro anno futuro, et de inde in antea omni anno per caravanam Augusti usque ad guerram finitam ; et si praedicta yperpera non essent in toto vel in parte expensata, quando dicta guerra fini- retur, debeant pecuniam non expensatam mittere Venecias, quam cito poterunt bona fide; et non possint expendere dicta yperpera nisi pro dicta guerra prae- senti ; et quod ducha non possit expendere , quando erit in guerra de dictis yperperis, nee de alia peeunia comunis ultra X. yperpera per diem pro se et suis consiliariis et curia sua, et non possit nee debeat eis mitti aliqua peeunia ultra per istud comune nisi dicta yperpera.

83. Item observabis formam infrascriptorum consiliorum captorum in 1287 MCCLXXXvil die seeunda Julii XV indictione;

Capta fuit pars quod ducha et consiliarii Cretae faciant duci in civitatem aut in castra comunis seu in fortilitias totum bladum quod erit de foris, sicut duchae, tibi et socio tuo consiliario videbitur pro bono insulae, varniendo tarnen castra comunis.

8) Haec guerra diuturna finita est a. 1299; vide instrumentum pacis in Font. rer. Austria- carum, t. XIV, p. 377 et epimetrum nostrum p. 384 390.

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84. Item quod ducha cum suo consilio debeat stare ultra scalas con- tinue, usque ad guerram finitam. verumtamen si casus occurreret, per quem videretur eis veuiendum citra scalas, possit sicut duchae et suo consilio vide- bitur venire et facere id quod fuerit opportunum, revertendo illuc quam citius poterunt. '

85. Item cum de caballariis sint plures defectus, faciant ducha et con- siliarii quod ipsae caballariae debeant bene teneri guarnitae sicut ipsae debent.

86. Item quod ducha et consiliarii, quando erunt in exercitu, non de- beant facere nisi unam curiam; sed debeant stare omnes ad unam mensam, nisi esset occasione infirmitatis.

87. Praeterea, quandocumque# de terra Cretae exibis in exercitu vel pro aliis negociis terrae simul cum ducha vel camerariis, debeas tu et camerarii simul cum ducha stare ad comunes expensas, et unam curiam habere et tenere, et non plures, computando de tuo salario tantum, quantum in ista commissione continetur.

88. Item quod nullus homo vel foemina possit ire ad inimicos nee por- tare aliquam utilitatem inimicis, nee possit Parlamentäre cum ipsis, nee eis lit- teras mittere, nee aliquid praedictorum facere sine licentia duchae vel ejus con- silii aut aliorum, qui essent constituti pro dieta signoria, ponente ducha cum suo consilio poenam et poenas propter hoc, quae sibi videbuntur expedire.

89. Item quod ducha et consiliarii teneantur sacramento de non facere dari aliquos denarios vel pignus tarn a judieibus quam ab aliis officialibus ali- cui scribano de palacio, neque cancellario, neque suo cappellano, sed illi denarii et pignus deveniant in manibus cameratus. et postquam erunt in manibus camerariorum, ducha cum maiori parte sui consilii faciat sicut sibi videbitur, et camerarii teneantur sacramento ipsos denarios et pignora reeipere, et addatur in eorum commissione quod teneantur dare operam, quod deveniant in manus suas, et de excutiendo ipsos.

90. Item quod addatur in commissione duchae et consiliariorum Cretae quod, quando erunt in exercitu aliquo, teneantur habere secum unum camerarium, et nullus denarius possit expendi nisi per manum dicti camerarii, et ducha et consiliarii non possint in sua curia inter omnes expendere ultra yperp. x in die, et si plus expenderent, expendant de suo ; et addatur in commissione came-

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rariorum, quod teneantur sacramento ad minus unus eorum ire in exercitu cum dicto ducha et consiliariis quibuslibet quatuor mensibus, et si ille qui debebit ire, non iret, perdat omni die grossos III, salvo pro infirmitate personae, et ducha cum suo consilio praecipere debeant aliis quod vadant et stent in exercitu.

91. Item quando ducha et consiliarii erunt in exercitu, non possint nee debeant dare alicui de sua familia, nee sescalco, nee expensatori, aliquid de be^tiis, nee de aliquibus aliis quae ipsi lucrarentur in ipso exercitu, sed omnia praedieta, quae lucrarentur, venire debeant in manibus camerariorum, et hoc addatur in commissione camerariorum.

92. Item quando ducha ibit in exercitu publico, non possit conducere secum ad soldum comunis aliquem de suis octo servientibus quos ipse debet tenere in civitate, sed debeat alios soldaderios ad soldum communis Veneciarum, sicut videbitur ei et suo consilio, et hoc addatur in capitulari consiliariorum, quod praedieta debeant facere observari.

93. Item quod aliquis Graecus non possit esse neque de parvo neque de magno consilio, neque de aliquo alio consilio in insnla Cretae.

94. Item quod nee aliquis Graecus nee filius Graeci possit esse de aliquo consilio in Crete, et addatur in commissione duchae et consiliariorum.

95. Item quod notarius duchae vel aliquis alius uotarius Cretae non possit aeeipere de aliqua carta pertinente ad nostrum comune ultra yperp. unum; et si esset carta parvi valoris, aeeipiat inde minus per rationem, salvis cartis franchitatum, quae remaneant sicut erant.

96. Item cum sit per nos et nostrum minus et raajus consilium ordi- natum, quod naves quae exeunt de Veneciis et redeunt de extra Culfum, non possint nee debeant ponere aliquam mercationem ab arbore de medio versus proram, usque ad solarium portae prodis de versus arbore quod est iuxta proram inter duos castellos in poena cc libr , volumus et tibi committimus, quod simul cum soeiis tuis vel altero eorum naves quae applicuerunt Cretam, quando de portu debent recedere, antequam recedant, debeas diligenter inquirere et circare, et si quem patronum contra praedieta inveneris facientem, dietam poenam ab eo exigere debeas, et si aliqua occasione dietam poenam exigere non poteris, id debeas tuis litteris advocatoribus comunis declarare, ut dieta poena exigatur ab eo. et navigatores navis patronum contra facientem aecusare tibi debeant et teneantur in poena libr. Xxv pro quolibet.

Abh. d. I. Cl. d. k. Äk. d. Wiss. XIV. Bd. I. Abth. 28

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97. Item inhibemus tibi, quod supra nostram comune Veueciarum non accipias aliquam pecuniäm ad usuram.

98. Item observabis forinam infrascripti consilii quae talis est: Capta fuit pars quod addatur in capitularibus patronorum navium et

aliorum lignorum, quod non debeant recipere nee mittere, nee reeipi nee mitti facere aliquas mereationes super coopertam nee subtus vannum, nee subtus para- disum, nee subtus corredores, nee subtus tabernam ipsarum navium et lignorum, quae de caetero navigabunt. tarn per riperiam Syriae quam per alias partes de extra Culfum, sab poena dupli maioris nauli quod habebunt, et quicumque aecusaverit, habeat medietatem dietae poenae et teneatur de credentia, et alia medietas sit comunis Veneeiarum. quam poenam rectores, ad quorum notitiam praedieta pervenerint, excutere teneantur. et hoc addatur in capitulari dictorum reetorum.

99. Item observabis et notificabis fidelibus nostris et facies observari formam infrascripti consilii, quae talis est:

quod aliquis Venetus seu habitator Veneeiarum non possit incantare nee recipere ad affictum vel ad partem, nee emere nee acquirere aliquo modo vel ingenio per se vel per alios aliquam cecara, doanam xo), muduam, pedagium, ali- quod dacium vel tholoueum seu gratiam aliquam, quae vel quod nou pertineat ad dominum ducem, comune, seu ducatum Veneeiarum seu ad terras vel loca supposita domin o duci, sub poeua dupli ejus quod quaelibet dietarum rerum constabit et sub poena libr. M; et qui aecussabit aliquem contrafacientem, habeat quartum poenae, si per ejus accusationeDi veritas cognoscitur, et teneatur de credencia, et addatur in capitulari advocatorum comunis, quod dietam poenam excutere debeant.

100. Item observabis formam infrascripti consilii, quae talis est; quod naves et taritae et alia ligna, quae fuerint de cc rnil. vel inde supra,

vel circa, ita quod non sit praeiudicium si esset plus aut minus XX mil., post- quam extimatum faerit per consules, non possint elevari, nee iungi eis aliqua cooperta nee corredorium, nee aperiri in boccha, sed debeant semper permanere in modo et mensuris efc magnitudinibus, quibus erunt, quando extimabuntur, salvo in vanno seu castello, in bertesca, schermo et latere, quae essent de super cooperta vel corredorio. et illa quae fiet de minus CC miliariis, possit elevari et duci usque ad cc milliarios et non ultra in poena libr. D qui faceret contra

10) doana cod.; donatara? sed illud quoque non inconcinnum est, forma donata sub- stantivi rarissima.

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praedicta vel aliquod praedictorum. quam poenam catauere excutere debeant. et addatur in suo capitulari. et accusator habeat quartum poenae, si per ejus accusationem veritas cognoscitur et teneatur de credencia. et addatur in com- missione rectorum, quod si aliquis aecusaretur eis, quod fecerit contra praedicta vel aliquod praedictorum, quod teneantur excutere dictam poenam, et si non possent excutere dictam poenam aliqua occasione, quod teneantur notificare cathaveris quam cito poterunt bona fide. v

101. Item non potes nee debes aliquo modo vel ingenio absolvere ali- quas condempnationes in peeunia, faetas per aliquem vel aliquos praedecessorum tuorum, nee de ipsis condempnationibus vel earum occasione facere seu fieri facere aliquam compensatio nem , donum seu gratiam aut ullam provisionem, nisi cum voluntate nostra et nostri consilii de XL vel de maiori consilio, sed potius illas condempnationes ad tuum posse excutere seu excuti facere teneris, si non sunt excussae.

102. Item observabis formam consilii quae talis est:

quod sicut non potes absolvere aliquas condempnationes praedecessorum tuorum in peeunia faetas, sie non potes absolvere illas quae faetae sunt vel lient de caetero in persona vel rebus occasione homieidii, furti et tradimenti, aliquo modo vel ingenio.

103. Item non potes nee debes per te aut per tuum vicarium vel vi- carios, vel per alios impedire vel facere impediri aliquam personam, undecumque sit, quae velit venire Venecias cum frumento vel alia blava nee ipsum frumen- tum vel blavam; potius teneris eis dare consilium et favorem cito cum ipsis frumento et blava Venecias veniendi et, si contrafeceris, cades in poenam libr. C pro qualibet vice, quam poenam infra unum mensem, postquam ab hoc tuo regimine Venecias rediveris, camerariis commuuis sub poena tandem solvere teneris. et advocati comunis poenas ipsas excutere teneantur. et nichilominus illud quod impedieris, Venecias mittere teneris per sacramentum.

104. Item teneris et debes restituere vel facere restitui fratribus Sy- naitis11) de insula Cretae illa yperpera. quae invenientur in libris comunis Cretae ipsos fratres praestitisse pro dicto comuni, de quibus non est eis satis- factum, videlicet yperpera L omni anno usque ad perfeetam solutionem.

11) cfr. notam supra ad cap. 30. Eosdem fratres revoces apud Valentinelli bibl- manuscr. ad S. Marci III p. 183 ubi in excerptis cod. 296 legendum: nee a Synaitis. Continet hie codex comissionem datam duchae Cretae a. 1494, quae multa ex hac comissione repetit. inde quaedam emendare aut resarcire lieuit.

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105. Item uon debes tu nee socii tui consiliarii cum ducha ire nee interesse ad pastum consuetum fieri duchae et consiliariis Cretae per dictos fratres, nisi cum viginti personis.

106. Item non debes tu nee socii tui consiliarii aeeipere dictis fratribus taurum aliquein nee aliquam bestiam, nisi prius concordaveritis uos cum dictis fratribus.

1287 107. Item observabis formas infrascriptorum consiliorum captorum in

mcclxxxvii :

Capta fuit pars quod remaneat in libertate duchae et consiliariorum Cretae de stare ultra scalas et citra, sicut eis videbitur; et si cousilium est contra, sit revocatum quantum in hoc.

108. Item quod ducha Cretae et consiliarii teneantur facere observari concessionem militum in facto varnitionis, et insuper illud, quod continetur in commissione duchae Cretae super facto varnitionis feudorum , quae sunt male actenus observata, ex quarum varnitionum defectu status Cretensis insulae est hodie in mala conditione, quoniam feuda sunt male varnita.

109. Item quod ducha teneatur infra duos menses, postquam Candidam applicuerit, inquirere omnes fraudes et deeeptiones commissas quocumque modo in varnitionibus illorum qui non serviunt personaliter, et quod ipse ducha cor- rigat et emendari faciat ipsas fraudes.

110. Item quod ducha Cretae non faciat gratiam agraforum alicui per se non scribenti in feudis, sed si pro necessitate terrae fiat gracia de cartis agraforum aliquibus personis, quod illa gratia fiat per ducham et consiliarios et quod illi agrafi, qui sie dabuntur, scribantur in feudis.

111. Item cum caballariae de Larva 1 2) non sint scriptae in catastico comunis Cretae, comittimus tibi quod facias eas scribi in catastico comunis Cretae.

112. Item tenearis scribere domino duci, quam citius poteris, die. qua intrabis in hoc regimine sive officio.

113. Item tenearis scribere officialibus super mercationibus de Levante, tarnen quod portabitur ad partes tui regiminis, sicut tenetur scribere aurum et argentum.

12) an de Larna? cfr. infra cap. 166.

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114. Item observabis forniam consilii capti in MCCLXXXX die VI Julii 1290 III indictione :

Capta fuit pars in maiori cousilio et ordinatum, quod addatur in com- missione duchae et consiliariorum Cretae, quod infra unum mensem, postqnam applicuerint ibi, teneantur et debeant inquirere et scire omnes guarnitiones ca- strorum nostrornm insulae Cretae et scire, quantum ascendunt dictae varnitiones, et deputare debeant de redditibus comunis Cretae, quantum ascendunt dictae guarnitiones; et non possint dictam pecuniam expendere in aliqua alia re aliquo modo vel ingenio, nisi in dictis guarnitionibus; et si aliquo tempore aliqua oc- casione oporteret fieri maiorem guarnitionem, plus debeat deputare.

115. Item observabis formam consilii capti eodem millesimo et in- 1290 dictione die II Julii:

Capta fuit pars, quod id quod intrabit de caetero de comerclo comunis Cretae, non possit expendi in aliquo alio quam in aptatione et melioratione portus Candidae, qui est multum devastatus et cotidie devastatur, et hoc addatur in commissionibus duchae et consiliariorum Cretae.

116. Item observabis formam consilii capti in mcclxxxx indictione im 1290 die xxviiii Septembris:

Capta fuit pars in maiori consilio quod, quicumque de caetero tansabit comerclum solvendum per nostros Judaeos, perdat medietatem haveris sie tan- sati; et qui aecusabit contrafacientem ita quod per ejus aecusationem veritas sciatur, habeat medietatem dictae poenae, et teneatur de credencia, et alia me- dietas sit comunis, et hoc addatur in commissionibus rectorum quod sie debeant observare, et in solutione dicti comereli non intelligantur Judaei de Tyro.

117. Item non potes emere nee emi facere aliquid quod pro comnni ven- datur ad incantum.

118. Item, quando erit pax in insula Cretae, debes reeipere solutionem tui salarii in Creta, sed si guerra esset in insula et non posses habere solu- tionem tui salarii in Creta, ut dictum est, debeas dictum salarium tuum reei- pere in Veneciis ad rationem de grossis xn pro quolibet yperpero.

119. Item observabo formam consilii capti in mcclxxxxii die xxiiii 1292 Junii :

Capta fuit pars, quod totus sal necessarius insulae nostrae Cretae aeeipiatur a castellanis nostris Mothoni et Coronis pro eo precio quo habent ipsum modo, et non aeeipiatur alieuude sal ; et hoc addatur in capitulari duchae et con- siliariorum Cretae.

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120. Item non possum aliquo modo vel ingenio affrancare terrara, nee domum in civitate Candidae, nee de foris, si dieta domus vel terra erit ali- cujus feudi.

1293 121. Item observabo formam consilii quae talis est;

MCCLXXXXiil indictione vi die villi mensis Maij capta fuit pars in maiori consilio, quod addatur in commissione duchae et consiliariorum Cretae, quod omnes res comunis quae debebunt incantari, debeant facere incantari et deli- berari solum in platea et non alibi.

1293 122. Item observabo formam infrascriptorum consiliorum quae talis est:

Anno domini MCCLXXXXiil indictione vi die V mensis Maij capta fuit pars in majori consilio et ordinatum, quod aliqua domus comunis non possit dari de caetero per ducham et consiliarios Cretae alicui personae sine licentia domini ducis et sui consilii, exceptis amiralio, pesatore illo qui aptat staterias, illo qui procurat portam , et duobus gastaldionibus. et illae domus quae datae a X annis citra aliis quam praedictis, debeant devenire in comune

123. Eodem millesimo indictione et die capta fuit pars in maiori con- silio et ordinatum, quod si aliquis Latinus feudatus seu habens burghesiam non possit facere parentelam cum aliquo Graeco, et qui fecerit, perdat feudum et burghesiam, et numquam possit habere feudum et burghesiam nee esse habi- tator in insula Cretae.

124. Eodem millesimo die et indictione capta fuit pars in maiori con- silio, quod consiliarii Cretae non possint nee debeant stare plegii vel pagatores. nee dare pignus pro aliquo vel aliquibus, qui dare debeant aliquid coniuni ali- quo modo vel ingenio.

125. Eodem millesimo indictione et die capta fuit pars in maiori con- silio, quod ducha et consiliarii Cretae possint imponere poenam et poenas ca- merariis comunis Cretae pro hiis, quae facere debent per suum capitulare et poenas quas imposuerint, excutere teneantur a dictis camerariis si facerent contra.

1293 126. Item observabo formam infrascriptorum consiliorum:

MCCLXXXXiil indictione vi die xxvi Julii capta fuit pars in maiori con- silio quod comendariae quae ponuntur in camer leugariis Cretae, non possint inde tolli nee per mutuum uec aliter, nisi seeundum formam recordationis ipsarum commendariarum.

127. Item quod, sicut redditus comereli Cretae expenditur in aptatione moli et portus, ita et debeat expendi in aptatione domorum desuper ruga

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magistra secundum discretionem ducliae et consiliariorum, et iion possit expeudi dictum coiuercluni in aliud quam in praedicto molo et portu et domibus rughae magistrae.

128. Item in MCCLXXxxm die II Julii capta fuit pars, quod ducha et 129S consiliarii Cretae non possint naulizare nee mutuare aliquod navilium, nisi tres eorum fnerint inde concordes.

129. Item observabis formam infrascriptorum et consilii capti in con- 1292 silio rogatorum et XL habita licentia a maiori consilio, quae talis est:

mcclxxxxh indictione v, die xxm inensis Junii capta fuit pars in con- silio rogatorum et XL, quod debeant dari duchae et consiliariis Cretae yperper. xiinm, sicut est ordinatum ; de quibus dari debeant libr. c ad parvos in anno pro qualibet cabalaria Caneae quae dicitur esse circa l ; sed si plures seu po- tiores essent, dentur librae C illis quae invenientur, cum ista conditione: quod rector qui erit in Canea habere debeat bonam securitatem ab illis quibus da- buntur dietae librae c, quod tenebunt ad plenum suas varnitiones ut debent; et si aliquis esset qui non teneret suam varnitionem ad plenum, dictus rector teneatur ei aeeipere poenam quam propter hoc dixerit imponendam.

130. Item quod ducha praedictus debeat ire et stare in exercitu ultra scalas sicut ei et suo consilio videbitur; et possit residuum dictorum yperp. xmim (expendere) solum in exercitu quem ipse ducha faciet ultra scalas, et non alio ullo modo ; et si illi de Canea requisiverint suecursum a ducha pro eorum opportunitatibus, dictus ducha eis suecursum dare debeat equestrem et pede- strem, sicut ei videbitur secundum eorum requisitionein.

131. Item observabo formam consilii quae talis est:

quod iniungatur in capitulari seu commissione omnium, quae faciunt extra Venecias cum aliis aliquas expensas de peeunia comunis, de quibus de- beat reddi ratio Veneciis, quod, quando aliquis eorum debeat venire Venecias, teneatur requirere a remanentibus, cum quibus expenderit, exemplum suorum quaternorum, qui faciunt ad rationes suas, et ipsi teneantur sibi illud exemplum dare et ipsum per ipsos mittere sigillatum de suis sigillis.

132. Item debeo videre apud domum duchae, ubi mihi melius videbitur, de aeeipiendo tantam terram vel domos, in qua fiant duae pulchrae domus pro consiliariis, dando bonum restaurum illis, quorum erit terra vel domus taliter, quod comune potius reeipiat dampnum quam speciales personae; et istae duae domus fieri debeant de bonis comunis Cretae, videlicet de eo quod supererit ad faciendum factiones ipsius terrae; et quod ducha Cretae non possit a modo in-

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cipi facere de novo aliquod opus, nisi domus praedictae consiliariorum prirao fuerint factae. et si tempore istius duchae qui iturus est ad praesens, domus praedictae non poterunt compleri, quod alius vel alii successores sui et con- siliarii, qui erunt pro tempore, teneantur facere, quod ducantur ad comple- mentum. et postmodum in domibus, in quibus morantur cousiliarii ad prae- sens, habitare debeant tres camerlenghi comunis, qui mittuntur hinc illuc. et si consilium vel commissio est contra, sit revocatum quantum in hoc.

133. Item observabo formam infrasciptorum consiliorum, quod addatur in commissione duchae Cretae et ejus consiliariorum, quod aliquis suorum filiorum non possit stare nee habitare in terris suorum regiminum nee habere suam collegantiam, nee denarios ipsorum suorum filiorum ibidem, nee per cam- bium aliquem modo aliquo vel ingenio, donec ipsi erunt in ipsi.s regiminibus; et si consilium vel commissio vel capitulare est contra, sit revocatum quantum in hoc.

134. Item quod ducha et consiliarii Cretae non possint audire quae- stiones, rixas et brigas aliquorum propinquorura suorum sibi attinentium se- eundum formam consilii, per quod exitur de consilio in Veneciis, sed reliqui debeant eas audire et diffinire verum si aeeideret iste casus ibi , tunc unus camerariorum qui mittuntur hinc per texeram vel ambo si duo exirent, succedant loco ipsorum exeuntium pro propinquitate, ut dictum est.

1300 135. Item observabo formas infrascriptorum consiliorum captorum in

consilio rogatorum et XL in MCCC die xxil Julii, quorum talis est tenor :

quod de denariis comereli de Creta M yperpera sint deputata pro apta- tione moli. CL pro aptatione Rethemi. CL pro muris Caneae et turris et D pro aptatione domorum comitis Candidae quae sunt ruinatae, omui anno ; resi- duum vero dicti comereli deveniat totum in comune Veneciarum, et teneantur ducha et consiliarii mittere Venecias investituras. et rectores Rethimi et Caneae teneantur facere rationes per se de dictis denariis de facto Rethimi et Caneae et domorum sicut supra dicitur, usque ad quatuor annos, et si non expen- derentur, mittant Venecias; residuum de facto moli etiam, si non expenderent, mittant huc.

136. Item quod ducha et consiliarii omnes equos, quos ipsi ement in Crete, non possint eos vendere nee alienare nisi per duos menses ante exitum sui offieii.

137. Item quod omnes equos quos ipsi conducent de Veneciis in Crete, debeant facere scribi pro sua guarnitione usque ad perfeetam guarnitionem, et

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superfluum non possint vendere, nisi feudatis qui tenentur habere guarnitionem, et illi feudati teneantur incontinenti facere scribi pro guarnitione.

138. Item quod duplae electiones removeantur et fiant ugnolae 13).

139. Item quod quilibet castellanus et officialis qui fuerit in aliquo officio et exiverit de officio, stet tantum extra, quantum steterit in dicto of- ficio, exceptis advocatoribus et capite advocatorum.

140. Item quod illi quibus concedetur capere agrafos per gratiam, non possint capere nisi militiae undique sint completae.

141. Item quod ducha et consiliarii et camerarii Cretae, cujus ad venerit texera, teneantur ponere ad ordinem condempnationes, sicut scriptae erunt in libro ; scilicet incipere a capite libri, et ire per ordinem.

142. Item quod ducha et consiliarii non possint donare vel alienare aliquos rusticos neque franchare aliquo modo vel ingenio.

143. Item quod ducha vel unus consiliarius ad minus semper nianeat in civitate.

144. Item observabo formam consilii quae talis est:

Quod in Candida non possit esse aliquis messeta, nisi sit Venetus vel nisi fuerit habitator Veneciarum aut aliarum terrarum et locorum domino duci et comuni Veneciarum subiectorum a xv. annis ultra, et illi qui erunt privati a dicta messetaria, sint extra ad minus per unum annum et non possint de cae- tero associare aliquem mercatorem nee dare ei consilium de aliquibus merca- tionibus faciendis, nee modo aliquo se impedire in dicto vel facto aliquo, quod pertineat ad messetariam, sub poena xxv yperper., pro quolibet eorum, qui contrafaceret qualibet vice, et qui non poterit solvere, stare debeat per medium annum in carcere. et nichilominus teneatur observare quod dictum est supra, scilicet non intromittere se in dicta messetaria per unum annum, et si post-

13) vox glossariis addenda. ugnolus est contrarium duplo : s im plus, unicus; electiones ugnolae sunt quae fiunt uno modo seu simpliciter. infra in cap. 169 distinguuntur elec- tiones ugnolae et per plures manus. videtur esse vox proprie Veneta: „ugnolo: scempio, contrario di doppio." „ugnolär: scempiare; sdoppiare, contrario di addop- piare." Boerio dizionario del dialetto veneziano ed. 1856 p. 778. Uti docet usus huius verbi, agitur de reduetione duplicitatis ad simplum; idem vult intelligi hoc loco; modus ceteroquin eligendi magistratns apud Venetos revera erat multiplicus et compositus.

Ausd. Abh. d.I Cl.d.kAk.d. Wiss.XIV.Bd.I.Abth. 29

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modum poneretur inter mercatores, quod restituatur ad dictaui messetariam, 11011 possit esse, nisi captnm fuerit per duas partes mereatorum Veneciarum. qui tunc erunt in Candida, et tarn illi messetae qui remanserint quam illi qui fient de novo, debeant approbari per ducham, consiliarios et mercatores Veneciarum qui tunc erunt in Candida in quolibet medio anuo. et illi qui per maiorem partem mereatorum fuerint approbati, sint firmi. et alii qui non fuerint ap- probati, non possint se impedire in facto praedicto sub poena praedieta, nisi fuerit restitutus ut dictum est supra, et illi qui erunt messetae, non possint habere societatem simul modo aliquo vel ingenio sub poena praedieta, et qui ac- cusaverit aliquem contrafacientem, ita quod per ejus aecusationem veritas cognos- catur, habeat medietatem poenae et teneatur de credencia. et addatur in com- missionibus duchae Cretae et consiliariorum , qui teneantur praedieta facere observari sub debito juramenti.

145. Item, quia multa mala fiunt per uxores, filios et socios rectorum qui vadunt in regimina domini ducis et comunis Veneciarum, capta fuit pars:

Quod addatur in commissionibus omnium rectorum, qui ibunt de caetero per dominum ducem et comune Veneciarum: quod si eorum uxores aut haeredes tarn masculus quam foemina vel socius, fecerint aliquid, quod sit vetitum ipsi rec- tori per suam commissionem, et illa uxor sua vel socius vel filius fuerit aecusatus domino duci vel advocatoribus comunis; quod ille rector sit responsator et pagator de omni eo quod advocatores convincerent ad illud consilium, in quo ipsi volent placitare. et hoc addatur in capitulari advocatorum comunis, qui ita debeant placitare ipsum rectorem pro uxore, haeredibus et socio, sicut pla- citarent ipsum rectorem. et non intelligatur haeres qui non habuerit ultra xvi annos. et hoc non possit revocari, nisi per v consiliarios, xxx de XL et duas partes maioris consilii. et advocatores habeant talem partem de eo, quod ipse fuerit propterea condempnatus, qualem habent de aliis quos placitant.

146. Item quod addatur duchae, consiliariis et camerariis Cretae. quod teneantur facere fieri unum banchum cum tribus clavibus, in quo debeant' poni omnes denarii, qui perveniunt in comune et omni die sabati colligere denarios provenientes in comune et ponere in dicto bancho, et quilibet camerarius habeat unam clavim divisatam ab aliis et non possint aperire dictum banchum nisi omnes simul vel maior pars eorum, et si consilium vel commissio vel capitulare est contra sit revocatum.

147. Item existentibus dominis dueha, consiliariis, capitibus de XL inter XL captum fuit:

Cum Judaei et Judaeae qui subsunt nostro comuni, procurent modis variis et diversis ut franchi efficiantur, quod aliquis Judaeus vel Judaea franchari non

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possit ab aliqna angaria, nisi per susceptiouem baptismi ; et iniungatur in com- missione rectorum praesentiurn et qui per tempora erunt, in quorum regiminibus dicti Judaei erunt, quod nulluni Judaeum vel Judaeam franchare debeant nee possint, nisi per modum et formam antedictos, et si consilium vel punctum aliquod alieujus commissionis est contra, sit revocatum, quantum in hoc, et hoc non possit revocari nisi per dominum ducem, vel consiliarios xxx de XL et duas partes maioris consilii.

148. Item, cum per ducham et consiliarios. Cretae data sit olim terra aliquibus, qui vendunt eam et de ipsa fit contra commissionem ipsorum rec- torum, capta fuit pars:

Quod iniungatur in commissi one duchae et consiliariorum qui sunt et per tempora erunt,. quod de caetero non possint nee habeant libertatem concedendi alicui feudum aliquod, borghesiam, terram, domos, nee aliquam aliam rem im- mobilem comuni speetantem, positam tarn in civitate quam extra, nisi per in- cantum, et quod ad minus incantari debeat per dies xv et omni die illorum xv dierum ad minus semel et non debeat deliurari nisi in die dominico in ora terciae in platea, et istud erit utile tarn comuni quam volentibus emere, et si consilium vel capitulare est contra, sit revocatum. et hoc revocari non possit nisi per v. consiliarios, duo capita de XL, XXX de XL et II partes majoris con- silii. et hoc intelligatur de illis de quibns ducha et consiliarii habent arbitrium per suas commissiones et si fuerint dominus dux et consiliarii ....

149. Item observabo formam consilii capti in MCCCViin, die im Januarii 1309 vii indictione:

Cum universitas Candidae aeeipiat datium de omnibns mercationibus, quae per portas in ipsam civitatem deferuntur ab hominibus Veneciarum qui ibi penitus debent esse liberi et immunes ab omnibus exaetionibus et gabellis se- eundum formam concessionis ; quod datium non est modicum, sed de tali re III per centenas et de tali v, sicut homines ipsius civitatis referunt, fuit eisdem concessum per nostrum comune tunc, quando praedieta civitas muris existebat immunita, ad hoc ut exinde potuissent muri eidem civitati fieri. et ipsis muris iam diu completis, homines ipsius civitatis praefatum dacium indebite sumptum aeeipere continue minime dubitant, sed amplius etiam de omnibus. mercationibus, quae cum barchis deferuntur de insulis Cretae et onerantur in navibus in portu Candidae existentibus, ad aeeipiendum dacium praedictum se extendunt; unde ad hoc ut talis consuetudo satis inconveniens et dampnosa amplius non existat et etiam ut alia consuetudo, si qua ibi fuerit, per quam aliquid de Venetorum libertate minuatur, totaliter extirpetur et deineeps res similis minime oriri possit :

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Capta fuit pars quod iniimgatur duchae et consiliariis et aliis rectoribus Cretae praesentibus sub debito sacraraenti, quatenus cum omni diligentia stu- deant, ut homines Veneciarum in Candida et per totam insulam sine aliquo defectu, liberi et immunes tractentur, et quod praedictam universitatem Can- didae in accipiendo dicta datia et de observando praedicta superius penitus et statim compescant, ut desistant, et si videretur duchae et consiliariis vel maiori parti eorum, quod praedicti muri indigeant aliqua reparatione, possint prae- dicta datia solvi, solum de rebus quae intrant per portam de terra Candidae, et quando dicti muri non indigerent aliqua reparatione, cessare debeant dicta dacia. et hoc addatur in capitulari sive commissione duchae et consiliariorum Cretae, qui per tempora de caetero fuerint, et si consilium vel capitulare est contra, sit revocatum quantum in hoc.

1309 150. Item observabo formam infracripti consilii quae talis est:

Millmo tricentesimo nono die xxv Septembris Till indictione capta fuit pars in maiori consilio, quod addatur in commissione duchae et consiliariorum Cretae et baiuli Negropontis et consiliariorum et castellanorum Coroni et Mothoni quod, quociens sibi mittetur de hinc quod accipiant denarios mutuo super nos- trum comune, teneantur et debeant ipsos denarios accipere ad incantum et non aliter, accipiendo eos ad quam meliorem presam poterunt pro comuni.

1312 151. Millmo cccxn die xxm Septembris capta fuit pars in maiori consilio:

Quod mittatur praecipiendo duchae et consiliariis Cretae praesentibus et ponatur in commissionibus futurorum, quod omni anno debeant mittere Venecias yperp. nm omni occasione remota, facientes nichilominus depositum omni anno nm yperp. de introitibus et proventibus Candidae aliis quam de comerclo in camerlengaria nostra Candidae; quae non debeant inde accipi vel moveri, nisi propter guerram quae occurreret in insula, vel propter mandatum domini ducis, prout olim captum fuit in consiliis rogatorum et XL.

Et mittatur rectori Rethemi et in commissione futurorum iniungatur, quod sibi de suo salario et saldatis Rethemi satisfaciant de redditibus Rethimi. Et mittatur etiam rectori Chaneae et iniungatur in commissione futurorum, quod de redditibus et proventibus Chaneae ponant omni anno yperper. vm in aptatione et conservatione moli Chaneae ; si opus fuerit, etiam de suo salario et satisfaciant et solvant, et si aliquid dictis rectoribus Retimi et Chaneae de- fecerit ad faciendum dictas expensas, mittant ad ducham et consiliarios et ab eis requirant et ipsi teneantur eis dare seu mittere, id quod deficeret, et si ali- quid superhabundaret eis a dictis expensis, debeant dare et assignare omni anno duchae et consiliariis Cretae praedictis. et nichilominus ipsi rectores teneantur adducere suos quaternos rationum et reddere suas rationes Venecias, sicut tenentur modo, verum si videretur rectori Rethimi de faciendo aliquod laborerium pro

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fortitudine loci, faciat id notum ducliae et consiliariis Cretae et, secundurn quod eis videbitur, exequatur. et si commissi o, capitulare vel consilium sunt contra, sit revocatum quantum in hoc.

152. Praeterea ab omnibus nostris fidelibus, qui portarent ad terras Saracenorum soldano subiectas equos, arma, ferrum, lignamina vel alia, cum quibus Saraceui possent impugnare Christianos, accipies totum illud quod portarent vel valorem ipsius, et insuper, si quis mitteret praedicta vel aliquid de praedictis, vel incambium faceret aut fieri faceret aut imprestitum cum aliqua persona, quae iret ad praedicta loca per se vel per alium ullo modo aut ingenio, vel etiam portaret vel portari faceret Mamaluchos 14), cadat in similem poenam. et si quis contrafaceret, qui esset de maiori consilio, sit extra omne consilium et beneticium comunis Veneciarum in perpetuum ; et si non esset de maiori con- silio, numquam possit esse de ipso vel elegi; et si aliquis marinarius esset ob- ligatus ad tale viagium, nulla sit ejus obligatio, sed sit absolutus de ipsa; et si contra faceret, cadat in poenam librarum L pro quolibet et qualibet vice; et patronus et nauclerius in libris C. et si in partibus tui regiminis caricarentur praedicta vel aliquod praedictorum , clebeas accipere plezariam, quod ipsa non portabunt ad loca praedicta.

Et si aliquis in Veneciis vel in Segna vel alibi caricaret lignamina vel ferrum pro ire extra Culfum ad aliquam terram, teneatur facere venire infra unum annum litteram a rectore illius loci, quod praedicta illuc portaverit, vel aliam probam facere vel fieri facere, quod dominus dux et suum consilium ha- beat contentari, sub poena quarti. et si aliquis caderet ad aliquam dictarum poenarum et non inveniretur de suis bonis, stet in carcere, donec solvent die- tam poenam, et si consilium est contra etc. et provisores nostri comunis dictas poenas excutere teneantur, et carcerari facere illos, quorum bona non invenirentur, et qui accusaverit, si per ejus accusationem veritas habebitur, habeat medietatem ipsius poeuae et teneatur de credencia.

153. Item non possum nee debeo vendere nee vendi facere aliquem equum modo aliquo vel ingenio , nisi per unum meusem ante complementum mei regiminis, et si vendere per unum mensem ante complementum mei regi- minis non possum, vendere alicui Graeco , et si commissio vel capitulare est contra, sit revocatum quantum in hoc.

154. Praeterea cum mulieres, quae detineutur pro ducha in Candida, detineantur in quodam castello, quod castellum non est honestum, nee con- venieus, capta fuit pars, quod addatur in commissione duchae et consiliariorum

14) scilicet maneipia.

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Cretae praesentium et futurorum, quocl provideant et providere debeant de alio loco honesto et convenienti in Candida, ubi ranlieres possint et debeant detineri honeste .... et erit opportunum, sicut nobis melius videbitur expedire; et si commissio, capitulare vel consilium est contra, sit revocatum quantum in hoc.

13U 155. Item observabo formam consilii capti in consilio rogatorum et

XL in MCCCXim die xxiii Julii XII indictione quae talis est :

Capta fuit pars in consilio rogatorum et XL, quod ad minus medietas om- nium officialium civitatis Candidae fieri debeat per ducham et suum consilium de feudatis et habitatoribus Candidae , dividendo ipsa officia tarn bona quam minus bona aequaliter, praeter quod domini de nocte remaneant in libertate ducliae et sui consilii. et ille qui habuerit aliquod officium, debeat stare tantum extra omnia alia officia quantum steterit in illo officio, salvo quod de capitibus advocatorum remaneat etiam in libertate ducbae et consiliarii Cretae; intelligendo quod, qui semel habuerit aliquod ex dictis officiis pro milite et habitatore Cretae, non possit ab illa vice in antea habere aliquod ex ipsis officiis, nisi pro milite vel habitatore Cretae, ut prima vice habuerit; et non possit aliquis dictorum officialium stare in domo cum ducba vel cum consiliariis, nee cum eis comedere in civitate. et teneantur ipsi ducha et consiliarii denotare huc per suas litteras domino duci et consiliariis ornnes officiales quos tempore fecerint. et illae lit- terae ad hoc, ut omnibus sit manifestum, debeant publice legi in maiori con- silio. et praedieta intelligantur ad beneplacitum domini du eis et dorainacionis Veneciarum.

1314 156. Item observabo formam consilii capti in consilio rogatorum et

XL suprascripto millesimo et die quae talis est:

Capta fuit pars quod iniungatur in commissione duchae consiliariorum ei rectorum nostrorum insulae nostrae Cretae praesentium et futurorum, quod non possint modo aliquo vel ingenio dare licentiam alicui Graeco emendi feudum alieujus Latini sub poena salarii sui de uno anno, et qui aecusabit, si per ejus aecusationem veritas invenietur, habeat medietatem ipsius poenae. verum si dicti ducha, consiliarii vel rectores darent licenciam alicui Graeco aliqua occasione, quae videretur esse iusta xxv de XL, sint ipsi ducha, consiliarii vel rec- tores absoluti a dieta poena; et hoc sit ad beneplacitum domini ducis et do- minationis Veneciarum.

157. Item observabo formam infrascripti consilii quae talis est: Capta fuit pars in maiori consilio quod, quandocumque ducha et con- siliarii Cretae debebunt facere aliquas condempnationes, ad quas esse requiratur aliquis ex camerariis, non possit nee debeat esse aliquis camerarias ad dietas condempnationes faciendas, qui sit propinquus praedictorum. et si forte aliquo

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casu accideret quod crecli ncm potest, quod possit accidere, quod omnes tres camerarii essent propinqui alicujus eorura, tum praedicti ducha et consiliarii possint et debeaut dictas condempnaciones facere sine aliquo praedictoruni ca- merariorum; et hoc addatur in cointnissione duchae et consiliariorum et came- rariorum Cretae, et si consilium, commissio vel capitulare est contra, sit revo- catum quantum in hoc.

158. Item observabo formam infrascripti consilii capti in consilio roga- 1315 torum et XL in MGCCXV die paen ultimo Marcii, cujus tenor talis est:

Quod mandetur duchae et consiliariis Cretae caeterisque rectoribus insulae Cretae praesentibus et futuris, et ponatur in commissione, illis rectoribus vide- licet, qui frumentum pro nostro comuni recipiunt a militibus Graecis aliisque personis, quod semper, quando frumentum pro nostro comuni recipi faciuut, debeant constituere unum vel plures bonos, ydoneos et legales homines ad vi- dendum ipsum frumentum, cum illis qui positi essent ad recipiendum ipsum fru- mentum a militibus Graecis et aliis quibuscumque personis, qui nostro comuni frumentum dare debent, qui per sacramentum curam debeant adhibere, quod re- cipiatur frumentum novum, bonum et mercadante ,5). et non recipiatur aliquo modo frumentum mixtum vetus cum novo, vel balneatum vel aliter fraudatum.

159. Item observabo formam infrascripti consilii capti in consilio ro- 1317 gatorum et de XL in MCCCxvil die xm Augusti quae talis est :

Capta fuit pars quod addatur in commissionibus duchae, consiliariorum, rectorum et camerariorum Cretae praesentium et futurorum, quod de denariis qui mittentur eis pro arris 16) et solutione frumenti nostri comunis, non possint accipere nee expendere, nee movere de ipsis pro aliqua alia causa quam pro praedictis, aliquo modo vel ingenio sub poena solidorum V pro libra de toto eo quod aliter aeeiperent vel moverent.

160. Item observabo formam infrascripti consilii capti in MCCCXV die 1815 in Aprilis, cujus tenor talis est:

Cum olim in MCCCV provisum et ordinatum fuerit, quod catastiea Cretae 1805 exemplari deberent et mater ipsorum sub sex clavibus diversis conservari deberet in uno tuto loco, quarum tenerent ducha et consiliarii unam pro quolibet ; et reliquas tres camerarii unam pro quolibet ; et exemplum stare deberet ad ca- meram ipsorum camerariorum , quam ostendereut petentibus , quociens opus esset, et quando expediens esset, quod in exemplo aliquid adderetur vel mu-

15) quasi pro mercantile.

16) sie explieaverim compendium scripturae.

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taretur, infra octo dies post additionem vel mutationera, addi et rautari deberet in matre etc. et dictum consiliura nullo modo plene, sicut dicitur, fuerit ob- servatum :

Capta fuit pars in consilio rogatornm et XL, quod iterum mandetur duchae et consiliariis Cretae et camerariis tarn praesentibus quam futuris, quod dictum consilium, sicut continet, debeant sub debito iuramenti inviolabiliter observare et facere observari, non constituentes aliquem alium officialem ad ipsorum ca- tasticorum officium exercendum, sed solum ipsum officium camerariis Cretae et eorum officio totaliter et absque condictione vel addictione seu impedimento aliquo relinquendo, salvo de matre conservanda, üt superius est expressum.

1317 161. Item observabo formam infrascripti cousilii capti in consilio ro-

gatorum et XL in MCCCXVii . . . Augusti (quae talis est):

Capta fuit pars quod addatur in commissione duchae et consiliariorum Cretae praesentium et futurorum quod, sicut tenentur pouere omni anno in opere moli Caudidae introitus comercli dictae civitatis, sicut de caetero teneantur per sacraraentum, quia ipse yntroitus comercli tenuis est, ponere in dicto opere moli omni anno tarn de reditibus comercli quam de aliis introitibus Cretae yper- pera mile ad minus omni occasione remota. et si poterunt plus ponere, tene- antur ponere etiam a mile supra usque ad ilm yperperorum, sicut plus poterunt, mittendo nichilominus cum integritate Venecias, id quod tenentur mittere per suas commissiones.

1317 162. Item dicto millesimo indictione et die captum fuit in consilio

rogatorum et XL quod iniungatur in commissionibus [vacat quia alibi scriptum est duchae consiliariis et camerariis Cretae quod de denariis qni mittentur eis . . .].17)

1318= 163. Item observabis formam infrascripti consilii capti in MCCCXYin

indictione secunda die xm. Februarii quae talis est:

Capta fuit pars in maiori consilio, quod addatur in commissione omnium rectorum qui mittuntur per comune Veneciarum, quod de caetero in partibus sui regiminis non compellant seu compelli faciant per se vel alium aliquem pis- catorem vel venditores piscium, quod sibi vendat pisces nee eos conducat ad domum ipsorum rectorum nee patiantur, quod aliquis de sua familia vel alius faciat eis violenciam aliquam vel gravamen, sed permittant quoslibet libere et sine impedimento vendere in locis publice solitis, sicut voluerint, suos pisces. et si consilium vel commissio est contra, sit revocatum quantum in hoc.

17) supra cap. 159.

213

164. Item observabis formam infrascripti consilii capti in consilio ro- isi8= gatorum de XL de decem et de xyiii cum addictione in mcccxviii mense Februarii 18W die paenultimo indictione secunda quae talis est:

Capta fuit pars, quod a modo in antea, qnod nullus Graecus possit emere vel aliquo modo vel ingenio habere nee cambire aliquod feudum vel feuda de feudis Latinorum et denarios Latinorum per totam insulam Cretae, et non possit hoc revocari, nisi per vi consiliarios, in capita de xl, XXX de XL et per II partes maioris consilii, et addatur in commissione duchae et consiliariorum et rectorimi insulae Cretae.

165. Item observabis formam consilii capti in consilio rogatorum et de ww XL in mcccxviiii indictione II die xyiii mensis Marcii, quae talis est:

quod castellanariae officia et judicatum Caneae a scalis Strambuli citra, non possint dari, nisi illis qui faciant residenciam in Canea, et ibi moram fe- cerint continue per unum annum et ultra et debeant fieri electiones per ducham et vos consiliarios. et hoc addatur in commissionibus vestris, quod ita a modo in antea observare debeatis.

166. Item de rebellibus, villanis inobedientibus, praedatoribus et homi- eidiariis, qui morantur in partibus de Arena18), si de ipsis a modo in antea casus aliquis oecurreret, per quem videretur rectori Caneae aliquid faciendum fore, debeat et teneatur illud notifichare duchae et consiliariis Cretae, qui tene- antur et debeant facere convocari consilium rogatorum Candidae, in quo ex- ponant ipsum casum qui oecurrerit, et inde habeant suum consilium, quo habito fiat postea, sicut videbitur ipsis et rectoribus et consiliariis Caneae, existentibus ipsis quatuor in una consiencia l 9) de franchando et de providendo inpeeunia; intelligendo tarnen, quod si essent villani, qui vivos vel mortuos dictos rebelles designarent, donatorium 20) : quod pro uno malefactore non possit fieri, nisi unus franeus. et hoc addatur in commissionibus rectorum Rethimi et Sithiae. similiter quod si eis dictus casus oecurreret, debeant observare, in aliis vero locis non subiectis iurisdictioni dictorum rectorum insulae fiat, sicut videbitur duchae et suo consilio in concordia et caetera.

18) Locum Arna habet Creta sacra Oornelii Flaminii II. 309.

19) consiencia sa consentia, consensns.

20) construe: intelligendo donatorium; quo pacto sequens enuntiatio explicat quid valeat hie donatorium, seil, id quod donatur, gratia; pro uno malefactore, designato a vil- lanis, unus villanus donatur libertate. Adjectivum donatorius =: cui aliquid do- natur — donataire, item donarius glossaria illustrant. substantivum in illis deest.

Abh.d.I.Cl.d.k.Ak.d.Wiss.XIV.Bd.I.Abth. 30

214

1319 . . 167». .. Item observabo, quantum ad nie spectat, consilium captum in MCCCXViin die xmi Februarii continens, quod iniungatur in commissione om- nium rectorum Veneciarum, quod in eorum recessu a regimine consignent eorum successoribus per singulum omnia arma comunis nostri quae erunt in suo regimine, quae dicti successores faciant notari in quaterno, sicut fuerint consignata. et nichilomiuus per suas literas rescribant domino duci ipsa arma, et ad conservandmn ipsa, ne devastentur sint studiosi; et si consilium est contra et caetera.

1321 168. Item observabis formam consilii capti in mcccxxi indictione V die xxn Decembris quae talis est:

quod addatur in commissionibus omnium rectorum de extra Culfum de Veneciis, quod ipsi teneantur inquirere diligenter de mercationibus , quae ad- portabuntur per Venetos ad partes tui regiminis cuqi navigio dexarmato, si ali- quae fuerint adductae de Veneciis aut vel aliunde contra ordinem Veneciarum, et si quem contrafacientem invenerint, rescribant provisoribus veritatem in- ventam et propterea habeant ipsi rectores medietatem poenarum et alia sit co- munis, et si accusator inde fuerit, dividatur poena per tercium ; et si consilium est contra etc.

169 21). Item cum in quodam capitulo contento in praesenti commis- sione contineatur, quod electiones debeant fieri ugnolae et milites Cretae dicant ipsum capitulum non extendi ad electiones ambaxatorum, quos mittunt suis propriis expensis, capta fuit pars, quod ipsum capitulum revocetur in tantum, quod dicti milites possint facere electiones ambaxatorum, quos mittent suis expensis, et ugnolas et per plures manus, sicut sibi videbitur; et si consilium vel commissio etc.

1322 170. 1 1 e m observabo formam consilii infrascripti capti in consilio roga- torum et xl in mcccxxii indictione v die xm Julii:

Quod de caetero in Candida sint et esse debeant tantum xvi advocati, de quibus sint quatuor capita, habentibus ipsis advocatoribus et capite tantum quantum soliti erant habere de lucro officii et non possit esse advocator aliquis, minor xx annorum nee qui erit advocator habere aliud officium, quousque fuerit advocator; et et si consilium vel capitulare est contra etc.

171. Item quod ypp. diffinitionum de Creta, inm yperper.

sint et retineantur pro comodo militum de (inde ad) beneplacitum dominii, et residuum, si quod est ad praesens de dictis diffinitionibus, et id quod de ipsis de caetero intrabit, deputetur et sit solum pro reparatione castrorum dietae in-

21) hoc capitulum respicit cap. 138.

215

sulae et etiam pro redificatioue moli, et hoc mittatur duehae et1 consiliariis, quod facere debeant et reddant de ipsis denarüs rationeni, sicut reddunt de aliis introitibus comunis.

172. Item observabo formam eonsilii capti in consilio rogatorum et jo^g- XL in MCCCXXII die xvm Januarii indictione VI, cujus tenor talis est: 1323

Videlicet quod ex nunc prohibeatur via Alexandriae et aliarum terrarum Aegypti prohibitatarum hoc millesimo, videlicet quod a modo nullus Venetus et qui pro Veneto distringatur, modo aliquo vel ingenio audeat ire in Alexan- driam, vel ad alias terras soldano subiectas cum aliquibus rebus vel mercibus, seu ad dictas partes res aliquas aliquo modo mittere, seu inde conducere aut conduci facere sub poena libr. L pro centenario totius valoris rerum, quas ad ipsas partes portaverit vel miserit seu conduxerit vel conduci fecerit inde, et committatur provisoribus comunis in Veneciis ; et extra Venecias committimus omnibus rectoribus terrarum Veneciis subiectarum, quod super hoc teneantur et debeant inquirere diligenter et a contrafacientibus excutere dictam poe- nam; cuius poenae quartum habeat accusator, si per eius accusam veritas habeatur. et provisores comunis in Veneciis seu ipsi nostri rectores de extra habeant soldos duos pro libra totius quantitatis, quam propter hoc excutient, reliquum vero deveniat in comune. quod in Veneciis et in terris Veneciis sub- iectis publice proclametur.

173. Item observabo formam eonsilii capti in majori consilio in 1326 mcccxxvi die x mensis Aprilis hujus tenoris:

Cum plures gratiae de blado extrahendo de insula nostra Cretae faetae sint et fiant nostris fidelibus pro suis insulis et dicatur, quod fraus in hoc fiat in dampnum comunis per illos qui habent dictas gratias, qui faciunt deferri bladum alio quam ad suas insulas, pro utilitate quam conseeuntur; capta fuit pars, quod quicumque tarn de habeutibus ad praesens graciam extrahendi fru- mentum vel bladum de insula Cretae vel de caetero habuerit pro usu hominum insularum suarum, conduxerit vel conduci fecerit de ipso frumento vel blado alio quam ad insulas suas, pro quibus faetae fuerint gratiae, vel postquam esset conduetum ad insulas alio portaretur, cadat in poenam dupli valoris ejus, quod sie contra gratiam alio foret conduetum, et qui aecusaverit, teneatur de cre- dencia et habeat medietatem poenae, si per ejus aecusationem veritas habebitur, et rectores inquirentes et exigentes habeant quartum, et quartum sit comunis, et inquirant dicti rectores et poenas excutiant a contrafacientibus et nichilo- minus non permittant rectores eos qui haberent gratias uti, quousque non sol- verint poenam.

174. Item quod cancellarius Cretae praesens et futuri non possint de aliqua carta (vel scriptura) ofticii reeipere aliquam solutionem a quatuor

30*

216

grossis supra, nisi fuerit extiraata per duchain et consiliarios vel maiorem maiorem partem eorum, et secundum ipsam extimationem accipiant et 11011 aliter ; et si consilium vel capitulare est contra etc., et addatur in commissionibus duchae et consiliariorum Cretae, quod sie observent et faciant observari.

175. Et insuper non possit ipse cancellarius nee alii cancellarii Cretae futuri reeipere donum vel praesens ab aliqua persona ullo modo vel ingenio, nisi in fructibus rezentibus tantum, et hoc addatur in commissione duchae et consiliariorum Cretae, qui sie observent et faciant observari et si consilium vel capitulare est contra etc.

176. Item non reeipies nee abebis in aliquo tuo consilio aliquem uo- strorum confinatorum.

1329 177. Item observabis formam infrascripti consilii capti in consilio ro-

gatorum in MCCCXXViin die paenultimo Aprilis, sie continentis per totum:

Quia pro honore dei et eultu iusticiae ac conservatione melioris status insulae expedit, quod detur opera, quod in posterum homieidia non commit- tantur ibidem, capta fuit pars, quod declaretur et observetur in homieidiis quae de caetero committentur in insula antedieta, hoc videlicet :

quod si quis a modo interfecerit aliquem ibi, sit perpetuo de tota in- sula forbannitus cum condictione: quod si infra unum mensem, postquam pro- venerit ad noticiam dominii, deinde de culpa sua vel infra alium terminum breviorem, qualis videbitur duchae et consiliariis antedictis seu maiori parti eorum, ipse non exibit et recedet de insula supradieta, vel si infra terminum hujusmodi exiens postmodum redibit, non observans bannum praefatum, quod feuda omnia sua, si quae habebit talis homieida, intromittantur et confiscentur comuni; in aliis vero, qui feuda non haberent, qui ut dictum est homieidium in posterum perpetrarent, ipsi rectores observent et studeant, quod omni modo qui sibi videbitur, in insula non possint vel audeant remanere. et ad cautelam ... ex nunc determinatum sit, quod aliqua alienatio vel transaetatio, quae fieret per homieidam talem ab omieidio perpetrato, nullius sit protinus firmitatis. et addantur haec in commissionibus rectorum.

1329 178. Item observabis formam infrascripti consilii capti in consilio de

XL in MCCCXXViin die Xill Octubris XII indictione sie per omnia continentis :

Quod cancellarius Cretae praesens et futuri non possint facere nee fieri facere mercationes bladi, ullo modo vel ingenio, per se vel per alios nee habere de suis denariis in blado, nee per colleganciam nee aliter; item non possint ac- cipere (aliquid ad) iueantum nee emere nee emi facere aliquas res quae ven- derentur ad incantum [nee] habere partem in eis, ullo modo vel ingenio, sub poena quarti; cujus poenae a [ecusator habeat] tercium, si aecusator inde

217

fuerit et teneatur de credencia, et aliud sit comunis, et rectores teneantur ex- igere dictam poenam et praedicta facere observari.

179. MCCCXXVin die sexto Novembris capta fuit pars in maiori cousilio: 1328 Cum consiliarii Cretae non habeant tantuni salarium, quantum esset con-

gruum pro konore tanti dominii et quäle requireret labor ipsius regiminis, et periculum cui subiaeent euutes et redeuntes, capta fuit pars:

quod consiliarii Cretae eligendi de caetero habeant de salario anuuatim libras triginta grossorum, quemadmodum habent praesentes consiliarii circa libr. .... gross, in anno, cum condictione, quod propterea teneantur habere et tenere in ipso regimine duos equos et duos famulos ultra illos, quos praesencialiter con- siliarii tenentur habere, ex hoc enim magis sufficientes eligentur ad consiliariam praedictam et satis est leve quid, quantum ad comune Cretae, de quo solvitur salarium antedictum quodque habet de introitibus annuatim ultra s. XXlllim grossos et si consilium etc.

180. Item sciendum est quod in mcclxv die xiiii exeuntis mensis Maii lätt capta fuit pars in maiori consilio:

Quod, quicumque de caetero ibit seu modo est in regimine , ambassariis, capitanariis vel aliquo alio officio pro comuni Veneciarum et convictus fuerit per dominum ducem et ejus consilium et XL vel per XL cum domino duce et ejus consilio vel per maius consilium aut pro placitare advocatores comunis, quod furatus fuerit de bonis et havere comunis vel aliter ab aliis contra suam commissionem et suum capitulare, acceperint libr. l illi de extra et libr. xxv illi de intus, debeant solvere quod sententiatum fuerit et duplum usque ad octo dies tunc proximos; et si non solvent capitale et poenam dupli, non possit habere officium in Veneciis nee extra, nee de maiori consilio esse, usque ad quinque annos proximos. et nichilominus dominus dux et consiliarii teneantur exigere capitale et poenam ab eis. et quicumque donaverit de bonis et habere comunis contra suum capitulare vel commissionem, debeat restaurare de suo bono infra vm dies tantum quantum dederit ; et si non solvent, cadat in dietas poenas dupli, privationis officiorum et maioris consilii ut est dictum, praeterea si illi a ratione dixerint, quod de praedictis facta eorum ratione habeant de habere comunis libr. xxv illi de extra vel inde supra et libr. x illi de intus vel inde supra, praeeeperint eis quod solvant usque ad octo dies, si non sol- verint, cadant in poenam dupli et non possint usque ad quinque annos habere officium comunis nee esse de maiori consilio, salvo in omnibus officio advoca- torum comunis; et haec omnia debent addi in commissionibus omnium rec- torum seeundum quod captum fuit in maiori consilio MCCCXXX die x Julii. isso

218

1331= 181. Item observabo formam infrascriptorum consiliorum captorum in

consilio rogatorum et XL in millesimo CCCXXXi indictione xv die vn Januarii quorum tenor per orania talis est:

Quod quilibet ducha suo tempore duorum annorum faciat depositum de yperp. iim, quae yperp. poni debeant et mercati 22) in frumento pro utilitate terrae Candidae et totius insulae Cretae, quae neqneant removeri nee expendi, nisi pro frumento per modum supra contentum.

182. Item quod filii et fratres duchae consiliariorum et aliorum rec- torum insulae Cretae non possint habere officia in ipsa insula tempore sui regiminis.

183. Item faciam observari formam infrascripti eonsilii, capti in supra- dicto consilio eodem millesimo indictione et die, cujus tenor talis est :

Quod inhibeatur rectoribus insulae Cretae, quod non possint laborari fa- cere suo tempore a c. ypp. supra absque licentia duchae et consiliariorum vel maioris partis eorum.

1332 184. Item observabo formam infrascripti eonsilii in consilio supradicto

capti in MCCCXXXii indictione xv die xvi Juuii, cujus tenor talis est:

Quod iuxta consilium et continenciam litterarum duchae et consiliariorum Cretae pro bono nostrae insulae ordinetur et iiat, quod omnes villani forenses, qui alinnde de caetero venerint ad habitandum in insulam Cretae, durum odo habitent in media infra duas scalas, nichil solvant nostro comuni, nee possint per aliquos capi pro agrafis vel villanis, cum conditione tarnen , quod ipsi te- neantur ire in armatis nostri comunis quae fierent pro eo soldo quod daretur aliis per ipsum nostrum comune. de illis vero qui sunt ad praesens in insula, qui solvunt unum ypp. annuatim comuni nostro, ordinetur, quod illi qui vo- luerint venire ad habitandum in civitate vel burgo Candidae, absolvantur ha- bitando ibi a solutione dicti yperperi, nee possint similiter capi pro agrafis vel villanis, cum condictione , quod teneantur ire in armatis nostri comunis pro soldo qui daretur aliis, sicut dictum est supra de venientibus de novo ; et si ipsi non servarent condictiones praedietas tarn isti quam venientes de novo, re- maneant villani comunis; et praedieta addantur in commissione duchae et con- siliariorum Cretae qui ea servent et faciant servari et si consilium etc.

1857 185. mcccxx (xvn) indictione v die vn Decembris.

Cum tarn de cancellariis, quam de scribis curiarum insulae Cretae plures

22) Sic codex; alter codex, ubi haec pars Rogatorum memoratur : provideant et mercari. sensus fere requirit : poni debeant et provideant mercatui.

219

exerceant mercationem in blado et aliis rebus in darapnum non modicum co- munis et specialium personarum :

Capta fuit pars, quod dando causam praedictis operandi solum quod per- tineat honestati, quod nullus dictorum cancellariorum seu scribarura palacii Candidae et quarumcumque aliarum curiarum et etiam castrorum insulae, possit deinceps facere seu fieri facere per se vel alium mercationem de frumento seu de aliquo alio blado nee aliqua re quae nascatur in insula ; et hoc ponatur in eorum capitularibus sive commissionibus.

186. Item observabis formam consilii capti in consilio de XL in 1338 MCCCxxxyiii indictione vi die ultimo Julii, videlicet quatenus ad te spectat, quae talis est:

Cum istud maleficium, perpetratum per Marcum Valaresso , tilium ser Bellini, in persona Nicholeti Maripero, ejus eugnati, existentibus ipsis in Costan- tinopoli mattando et oeeidendo eura cum una securi et proieiendo eum in una latrina, sit orribile et crudelissimum, capta fuit pars, ut de ipso facto fiat quod spectat pro honore dominii, et quod requirit iusticiam orribilitas maleficii, quod cridetur publice, quod quicumque dederit ipsum Marcum in manibus et forcia dominii vel manifestaverit dominio taliter, quod habere possit per ejus aecusa- tionem vel manifestationem , habeat a nostro comuni libr. nc grossas. et si quis dederit eum mortuum vel interfecerit eum, probando ita esse , habeat a nostro comuni libr. c gross. ; et scribatur omnibus nostris rectoribus et addatur in eorum commissione et capitulari, quod dent operam de capiendo dictum Marcum, si inventus fuerit in suis regiminibus, et de mittendo eum nobis sub bona custodia et in ferris ; et quod dictum bandum faciant notum et publicari semel ad minus tempore suorum regiminum in suis partibus, intelligendo quod tarn rectores quam omnes de sua familia et habentes salarium vel soldum co- munis, quam omnes alii quicumque sint, si eum darent mortuum vel vivum, habeant dietam peeuniam in casibus antedictis.

187. Item observabis formam infrascriptorum consiliorum captorum in 1339 consilio rogatorum in mcccxxxviiii mense Marcii et Aprilis :

videlicet quod pars primitus in rogatis capti mcccxxxvi mensis Marcii

Epimetmm.

Ea quae leguntur supra in capitulis 96. 98. 100 haud spernendam materiem adstruunt archaeologiae uavali medii aevi, niaximopere quoad structurara et mensuras navium vel lignorum, rem per se satis difficilem cognitu etiam illis qui rei marina- riae peritiores aestimantur.

Nominum, quae partes navium indicant, signifieatum veluti bertesca, bocca, castellum, cooperta, corredorium , paradisus, schermum, Solarium, taberna, vannum majorem partem scite ac solerter illustravit A. Jal, Archeologie navale tom. II p. 356—364; 418. quaedam ex hisce capitulis illa roborant aut amplificant. Addere iuvat de voce bertesca, alias betrescha, bretachia, gallice breteche cfr. Diez sub bertesca et Du Cange-Henschel sub bretachiae - quod Somavera ctesoro della lingua italiana e greco-volgare habet: „bertesca rca^aitixi, ro", quae explicatio prorsus congrua videtur; scilicet erat bertesca parapetto, i. e. propugnaculum et forta- liciorum in terra et lignorum in mari, pro ratione diversum.

In commodum lectoris ex cCapitulari nautico' seu 'Statatis navium> Venetorum pauca excerpam quae hucce pertinent :

I . . . . patroni navium debeant dare naves suas bene corzatas et calcatas de foris, et paredos, et ambas cooperturas, et vannum, et supervannum, et coredorium, et andicta, scermum et barcham et gondolam . . .

CXXV1 .... nulla navis nee aliud ligmim de CG milliariis et inde supra habere debeat a modo in antea supra coredorium ab arbore de medio usqiie ad van- num supra camarelas plus de una bertescha . . .

Reliqua de uavibus caricandis, mensurandis, extimandis, capp. LV. LVI. CXI1I „Statutorumu, v. in Appendice Fontium rerum Austriacarum t. XIV, ubi totum ca- pitulare ,,pretiosum Venetae antiquitatis monumentum" repetendum curavimus.

Index et Glossarium.

numeri respiciunt capitula.

Acon 44.

advocatores comunis 96. 99. 103. 139.

145. 180. advocatorum capita 155.

numerus in Candida 170. Aegyptus 172.

agrafi (ayQcc<poi) 110. 140. 184.

alber gi, septa murorum 71.

Alexandria 172.

alienatio, exemptio 177.

ambassariae 180.

amiralius 122.

angaria 35. 147.

Arena (Arna) 166; cfr. Larna.

arma non ferenda Saracenis 152.

arrae 159.

bajuli :

Acon 44.

Constantinopolis 44.

Nigropontis 44. 150.

Tyri 44. balistarii 76. 82.

banchus (pro denariis servandis), mensa

nummaria 146. band um, bannum 186.

Abh. d. I. Cl. d. k Ak. d. Wiss. XIV. Bd. I. Abth.

bannum 177.

bladum 83. 173. 178. 185. briga, rixa 134. burgenses 58. 78. burgesiae 72. 123. 148.

Calergi Alexius 82.

camerarii (camerlengi) 57. 87. 90. 91.

103. 125. 132. 134. 146.

157. 160. cameratus 89. camerlengaria 126. 151. cancellarius 89. 174. 185. Candida (burgum) 184 (civitas) 17. 19.

23. 24. 34. 47. 72. 120.

144. 151. 184.

molns, portus 46. 115. 127. 135.

161. 171.

ruga magistra 71. 127.

scalae 73. 107. 130. 184.

S. Titus 71.

universitas 149.

Canea 81. 129. 130. 135. 151. 165. capellanus 89. capitanariae 180. caravana 82.

31

222

carta officii 174. casalia 69. 70. castellanaria 165. castellani 139.

Coronis et Mothoni 44. 119. 150. castra 83. 171.

catasticum comunis, alias catastrum, catasto Italorum, catastico Venetoram 74. 111. 160.

catavere (magistratus) 100.

cavalleriae 47. 66. 73. 111.

collegantia, societas, colleganza Italorum 26. 58. 153. 178.

comendariae, deposita 126.

comerclum comunis 115. 116. 135. 161.

commissarii 66.

comprehensum, septum, Gallis compris 71.

condempnationes 101. 102. 141. 157.

confinati, relegati, banditi, exules 176.

consiencia, consensus 166.

consiliaratus, munus eonsiliarii 28.

consiliaria item, ab initio; 179.

eonsiliarii Cretae

equi 4. 20. 23. 56. 136. 137.

153. 179.

familia 29. 31.

famuli 179.

filii etc. 53. 58. 133. 182.

salarium 3. 19. 42. 51. 118. 179.

scutiferi 4. 20.

consilium (Cretae) majus et minus 21. 93.

sapientum 82.

ducis Venetiarum 10. 18. Constantinopolis 44. 186. consulatus, consiliaratus 26. 37. consules (navium) 100.

Coron 44. 119. 150.

credentiae, res creditae 14. Culfus 96. 98. 168. cursarii 45.

dealineare, tradere alteri 72.

deliurare (deliberare) incantata, tradere

148. diffinitiones (pecuniarum) 171. domini de nocte 155. donatorium gratia 166.

electiones ugnolae 138. 169.

factiones terrae 132.

feuda 47. 55. 148. 156. 164.

filiorum-uxorum 60. 61.

guarnitio 108. 139. feudati 155.

filii (fratres) non divisi 53. 58. forbanniti 177. forcia, forza Italorum 186. frumentum 158. 181. 185.

gastaldiones 122.

Graeci 29. 33. 34. 50. 93. 94. 129.

153. 156. 158. 164. gratiae de blado extrahendo 173. guarnitio castrorum 114. guerra 67. 151.

homicidiarii 166. 177.

incantum 148. 178.

imprestita 32.

investiturae 135.

Judaei (Cretae) 29. 38. 116. 147.

de Tjro 116. Judeca (Venetiarum) 17. judicatum, dignitas, officium judicis 165.

223

laborerium 46. 151.

Lama 111. cfr. Arena.

Latini 33. 34. 50. 76. 123. 164.

Levante 113.

litterae de bina contestatione 40.

Mamaluchi 152. Maripero, Nicholetti 186. mercadante mercatile 158. mercationes 168. 178. 185. mercatores Veneti 59. 144. messetae 144. militiae 140.

uxoruni 64. milites 46. 80. monasteria

imperialia 29. 30.

Synaitaruni 30. Mothonum 44. 119. 150. muda (navium) 3. mulieres (pro ducha) 154.

naves-extra Culfum:

quo modo ponantur mercationes

96.

extimandae per consules 100.

inquirendae de mercationibus 168. Nigroponte 44. 150.

notarii 41. 95.

officiales civitatis Candidae 155. officiales super mercationibus de Levante 113.

patroni navium 98. placitum, conventio 31. pesatores 122.

piscium venditores 163.

placitare decernere 180.

plegius vel pagator 68. 124.

plezaria 152.

praesens, presente Italorum 22. 28. 29.

175. provisores comunis 152. 168. 172. prode, utilitas 10. 11. . prodes (navis) 96 ; cfr. Diez sub prua.

quinque de pace 54.

illi a ratione, magistratura 180.

rebelles 166.

rectores 81. 98. 145. 147. 163. 164.

167. 168. 172. 173. 175.

177. 178. 186.

Caneae 81. 129. 151. 166.

extra Culfum 168.

Rethimi 81. 151. 166.

Sithiae 166.

redificatio, reaedificatio, reparatio 171. repromissa, dos repromissa, Gallis re-

prise 61. restaurum, satisfactio 23. 132. Rethimum 81. 135. 151. 166. rogadia, collegantia 26. rogati 129. 135. 161. 162. 164. 166.

181. Romania 10. rustici 142.

sal 62. 119. Saraceni 152. scribae curiarum 185. scribanus palatii 89. 185. Segna 152.

81'

224

sescalcus, senescalcus 91.

sergentes 46. 80.

sergentariae 66. 74.

Sithia 166.

soldaderii 78. 92.

soldanus (Aegypti) 152. 172.

Strambuli scalae 165 (ab occidente Can-

didae). Synaitae 30. 104. 105. 106. Syria 98.

tansare, quasi obpignerare 116. taritae 100.

testamenta 41. transactatio, transactio 177. Tyrus 44. 116.

ugndlus, simplus 138. 169.

Valaresso, Bellini 186.

Marcus 186.

Veneti in Creta 48. 49. 149.

insularum 173.

viagium Alexandriae prohibitum 172. villani comunis 166.

forenses 184.

ABHANDLUNGEN

DER

PHILOSOPHISCH-PHILOLOGISCHEN CLASSE

DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN

AKADEMIE der WISSENSCHAFTEN.

VIERZEHNTEN BANDES

ZWEITE ABTHEILUNG.

ABHANDLUNGEN

DER

PHILOSOPHISCH-PHILOLOGISCHEN CLASSE

DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN

AKADEMIE der WISSENSCHAFTEN.

VIERZEHNTEN BANDES

ZWEITE ABTHEILUNG.

IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XLIX. BAND.

MÜNCHEN,

1877.

VERLAG DER K. AKADEMIE,

IN COMMISSION BEI G. FEANZ.

I n h a 1 t.

Seite

Troja's Epoche. Von Dr. Lauth 1

Norwegens Schenkung an den heiligen Olaf. Von Konrad v. Maurer ... 65

Theilung des Chors im attischen Drama mit Bezug auf die metrische Form der

Chorlieder. Von Wilhelm v. Christ 157

Troja's Epoche.

Von

Dr. Lauth.

Abh. d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. II. Abth.

Troja's Epoche.

Von

Dr. Lauth.

Troja's Epoche.

Schon längst hatte ich mir die Frage gestellt, warum Eratosthenes gerade das Jahr 1184 v. Chr. als die Epoche von Troja's Fall bestimmt habe. Wenn ich jetzt versuche, darauf eine Antwort zu ertheilen, so geschieht dies desshalb, weil ich nach Auffindung der chronologischen Epochen Aegyptens ein neues Element der Forschung geltend machen kann. Ist ja doch überhaupt die Behandlung eines allgemein bekannten Gegenstandes nur dann gerechtfertigt, wenn neue Gesichtspunkte auf Grund einer festen Unterlage geboten werden, wie es z. B. durch Schlie- manns Ausgrabungen geschehen ist. Demgemäss schicke ich mich nun an , für des Eratosthenes berühmten diacfQayfxbg anb Tgoiag älwoecog einen Punkt der ägyptischen Geschichte und Chronologie als massgebend zu bezeichnen und unter der Aufschrift „Troja's Epoche" eingehender zu behandeln. Hiemit wird selbstverständlich der Frage über die wirk- liche lEpoche Troja's und über die Geschichtlichkeit des trojanischen Krieges nicht praejudicirt, sondern nur der Ansatz des Eratosthenes zu erklären versucht. Nebengewinn ist vielleicht dabei die Eruirung ägyp- tischer Könige beim Homer. Es sollte mich freuen, wenn sich hiedurch ein classischer Philologe bewogen fühlen sollte, die Frage nach Homer's Quellen eingehend zu behandeln. Wer daran Anstoss nehmen wollte, dass ein griechisch schreibender Autor, wie Eratosthenes, einen Punkt der hellenischen Vorzeit durch ausländische Mittel bestimmt haben sollte, den verweise ich auf das analöge Verfahren der Römer. Es leidet

1*

nicht den geringsten Zweifel, dass, abgesehen von Cato, Varro, Tarutius, (Fabius Pictor, Cincius) die Kalender-Reform des Julius Caesar, basirt auf den vierjährigen Schalt cyclus zu 1461 Tagen, von dem Alexandriner Sosigenes direct aus ägyptischer Quelle abgeleitet ist. Die von mir in einem der „ägyptischen Reisebriefe" erwähnte und durch Herrn v. Koller *) bestätigte Darstellung des kleinen Tempels von Hermonthis, worin die Geburt des Caesarion unter Assistenz von Kleopatra und Jul. Caesar (als Kriegsgott Month!) in religiös-mythischem Gewände aufgeführt ist, liefert uns die psychologische Erklärung des Umstandes, dass das Jahr der Verwirrung (annus confusionis 46 v. Chr.) und die Einführung des verbesserten Kalenders (45 v. Chr.) sich so unmittelbar an jene Nati- vität von Hermonthis anschliessen.

Ein zweites Beispiel der Accommodation oder der Anlehnung liegt in dem Horoscope des Rundbildes von Denderah. Ich habe längst nachgewiesen2), dass die betreffende Constellation auf das Jahr 36 v. Chr. gemünzt ist, wo den Doppeldaten der Münzen zufolge: J. 16 = J. 1, J. 19 = J. 4 Kleopatra eine neue Aera als &eä veujteQa Jlai<; begründete. Das genaue Datum ist der 1. September warum? Weil damals der rückläufige 1. Tbot des ägyptischen Wandeljahres mit die- sem Tage des römischen Kalenders coincidirte. Dass aber das römische Jahr in diesem Rundbilde vor allen andern Formen bevorzugt werden sollte, das ergibt sich aus der Thatsache, dass die emblematische Be- zeichnung für VIII post brumam = 1. Januar in der Linie der Süd- Karyatide steht der Süden bildet immer den Anfang und dass die Rundlegende gerade an diesem Punkte beginnt. Man kann nicht umhin, darin eine absichtliche Schmeichelei für den Antonius zu erkennen , der sich ja bei dem betreffenden Feste an der Seite der Kleopatra öffentlich zeigte und auch so abbilden Hess. Die Münz- legenden bestätigen dies.

Der rechtwinklige Thierkreis von Denderah versinnlicht nach meiner Untersuchung das Horoscop für das Geburtstagsfest des Tiberius: 17. November = 21. Athyr des Jahres 34 n.Chr. Wer diesem meinem

1) Zeitschrift für aeg. Spr. 1873, 21.

2) Zodiaques de Denderah 1865.

aus den ägyptischen Emblemen gewonnenen Ergebnisse kein Vertrauen schenkt, oder nicht folgen kann, der muss wenigstens das doppelt vor- handene Zeugniss der griechisch abgefassten Dedications - Inschrift an- erkennen, welches an der Facade des Pronaos und auf dem Dache an- gebracht ist. Sollte Jemand noch Bedenken hegen hinsichtlich meiner aus Conjectur nach den Spuren und der erforderlichen Zahl der Buch* Stäben hergestellten Lesart des Schlusses : JEEBAJZTHL sc. r\^ii^a „am Geburtstage des Kaisers", so vergleiche man nur die jüngst3) aufge- grabene Dedications-Inschrift , welche ganz deutlich mit ebendemselben 2EBA2THI schliesst. Auch wird es nicht zufällig sein, dass man ge- rade in dieses 21. Jahr des Tiberius einen Phoenix ansetzte (Tacitus Annal VI, 28). Hat nicht auch der alterthümelnde Kaiser Claudius ab Urbe 800 solch einen Saecular- Vogel sogar nach Rom gesendet erhalten, der auf dem Forum öffentlich aufgestellt wurde? Aber Plinius weiss recht gut, dass dieses ein falscher Phoenix war, sowie Tacitus 1. 1. richtig angibt „unde nonnulli f als um hunc phoenicem (Tiberii anno XXI), neque Arabum e terris credidere, nihilque usurpavisse ex his, quae vetus memoria firraavit." In der That stimmen beide Epochen nicht; aber für die 25 v. Chr. unter den Auspicien des Augustus bewerk- stelligte Fixirung des ägyptischen Wandeljahres: 1 Thot = 29. August trifft die epochenhafte Erscheinung des Phoenix zu. Es scheint also, dass man in Betreff des Phoenix statt des ursprünglich richtigen Oebg JZsßo.GTog d. i. Augustus, nachträglich den Neog JZeßaorbg (Tiberius) &eov ^sßaarov vlog substituirt hat und dass wegen der Doppelnamigkeit des Tiberius Claudius auch sein Nachfolger Claudius damit in Zusammen- hang gebracht wurde, zumal da die Gelegenheit des 800. Anniversariums der Stadt gar so verlockend hereinspielte.

Es könnte desshalb auch nicht Wunder nehmen, wenn die Setzung der Gründung Rom's auf 754 v. Chr. auf ägyptischer Basis geschehen sein sollte. Ein Chronologe von Fach 4) behauptet nicht ohne gute Gründe, dieser Ansatz erkläre sich aus dem Umstände, dass man dieses

3) Dümichen in der Zts. f. äg Spr. 1876 p. 34, Tafel.

4) August Mommsen: „Römische Daten" (passim) und in „Zweiter Beitrag zur Zeitrechnung der Griechen u. Römer" p. 434 (Jahrbücher für class. Philol. III. Supplementband, 3. Heft 1859).

Jahr oder das dazu gehörige Quadriennium aus dem ägyptischen Kalender retrocomputando errechnet habe, weil in der betreffenden Zeit der 1. Thot des Wandeljahres mit den Kaienden des März, des ersten Monats im altrömiscjien Jahre, zusammengetroffen sei.

Ich habe also jedenfalls die Analogie für mich, wenn ich behaupte, dass des Eratosthenes Ansatz für Troja's Epoche aus ägyptischer Zeit- rechnung sich erklären dürfte. Man bedenke ferner, dass dieser Era- tosthenes an der alexandrinischen Bibliothek als unmittelbarer Nach- folger Manetho's fungirte. So wie er nun seinen Laterculus der Könige Aegyptens aus dem Werke dieses nationalen Geschichtschreibers ent- nahm — Alyvnriaxa v/nojurrjiLLara betitelt5) ebenso musste er als Chronologe des Manetho ßißlog Tfjg JZuj&Ewg kennen und benützen, weil es eben keine andre Quelle gab, wenn er über die erste Olympiade, sei es des Koroebus oder des Iphitus hinaufgehen wollte. Das Wort des ägyptischen Priesters: ,,0 Solon, ihr Hellenen seid allzumal Kinder (Junge) und kein in alter Weisheit Ergrauter ist unter euch" erhält seine nächste Deutung aus der Beziehung auf die Zeitrechnung, und da es gerade hierin den Griechen an überlieferten Daten von Bestimmtheit und Zuverlässigkeit gebrach, so hatten griechische Chronologen so gut wie die römischen, gar keine andere Wahl, als auf den allein gleich einer richtig gestellten Uhr verlaufenden Kalender des Aegyptervolkes zu recurriren.

Alexanders Todestag.

Da die in zehn Abschnitte zerfallende Summe des Eratosthenes: „860 Jahre", als Schlusspunkt den Tod Alexanders aufweist r[ 'Ale- £avd()ov tslevxr] so kommt es vor Allem darauf an, das betreffende Datum möglichst genau zu bestimmen, um von da aus die Rückrech- nung bis zu Troja's Einnahme sicher führen zu können.

Der Begleiter Alexanders: Aristobulus, setzt das Factum des Ab- lebens auf die rgiaxag des (syro-?) macedonischen Monats Daesius. Nach den Ephemeriden des Diodotus von Erythrae und des Eumenes von

5) Vergl. meinen „Manetho" p. 12.

Cardia6) war er krank vom 18. 28. Daesius. Man bat dieses Datum = 6. Thargelion und 11. Juni des Jahres 323 v.Chr. gefunden. Arrian nennt bestimmt Olympias 114, 1 aQxoinos cHyr\oiov. Es scheint also diese Bestimmung den Vorzug zu verdienen vor der des Champollion- Figeac 7), welcher nach des Petavius Vorgange das Ereigniss in Ol. 113, 4 und zwar auf den 30. Mai, also fast ein ganzes Jahr früher setzt.

Besässen wir ein ägyptisches Datum dafür welches ich in meiner vorigen Abhandlung „Alexander in Aegypten" nicht zu citiren vergessen hätte so wäre die Streitfrage mit einem Schlage entschieden. Hoffen wir , dass eine alexandrinische Inschrift dieses Inhaltes einmal aus den Schutthügeln der eponymen Stadt des Helden ausgegraben wird. Diese Erwartung dürfte eher in Erfüllung gehen , als dass man mit dem aegypto-macedonischen Kalender in's Reine kommt.

So lange man nur die Inschrift von Rosette kannte mit dem Dop- peldatum 4. Xanthicus = 18 Mechir (27. März 196 v. Chr.), konnte man sich mit der Ueberlieferung begnügen, dass der Xanthicus dem ebraeischen Nisan entspreche, also ungefähr von der Frühlungsgleiche auslaufe. Allein die Tanitica (Decret von Canopus vom 7. März 238 v. Chr.) bietet die Gleichung 7. Apellaeus =17 Tybi, so dass in diesem Jahre sich die macedonischen Monate Hyperberetaeus , Dius, Apellaeus mit den Monaten unsers Kalenders: Januar, Februar, März fast voll- ständig decken. Nun aber liegen zwischen dem Apellaeus und Xan- thicus die Monate Audynaeus, Peritius , Dystrus also würde der Xanthicus des Jahres 238 v. Chr. dem Juli entsprechen, d. h. um 3 Monate von der Frühlingsgleiche gewichen sein. Auch die übrigen Doppeldaten wie: 4. Peritius = 25 Mesori bieten keine Hülfe, um so weniger, als bei dem Mangel der betreffenden Regierung ein bestimmtes Jahr sich nicht ermitteln lässt. Ideler sucht dadurch zu helfen, dass er bald nach dem Regierungsantritte des Alexander eine Versetzung des Lous um zwei Monate nach vorwärts annahm , nämlich vom Boe- dromion zum Hecatombaeon. Allerdings lässt sich die von mir oben

6) Plutarch; cf. Ideler: Handbuch der Chronologie I p. 406/407.

7) Annales des Lagides I, 177.

8

aufgezeigte Differenz von 94 Tagen in 42 Jahren (238 196) weder durch Schalttage, noch selbst durch Schaltmonate , sondern nur durch Statuirung einer Versetzung (jasraßolrf) erklären. Allein die beiden Daten liegen nach Alexanders Regierungsantritt. Von Idelers Gleich- ungen :

1. Apellaeus =14. Nov. 245 v. Chr.

1. Dius = 16. Oct. 237 v. Chr.

1. Xanthicus == 26. Febr. 229 v. Chr. stimmen die beiden ersten, wie man leicht erkennt, zur Tanitica ; die dritte zur Rosettana, nur dass hier ein Schaltmonat dazwischen getreten, oder dort einer ausgelassen worden ist. Auch die geistreiche Con- struction des syro-macedonischen Kalenders, wie sie durch H. Martin8) getroffen worden ist, bietet keine sichere Hülfe , da -in Kleinasien das Jahr nicht mit dem Hyperberetaeus , sondern mit dem Dius begann. Aber dieses Beispiel der Metabole beweist wenigstens für die Möglich- keit einer Versetzung, wie die ägyptisch-macedonischen Doppeldaten zwischen 245 196 v. Christi sie erheischen. Sehr ansprechend ist die von H. Vincent (Revue arch. 1868, 1 32) gebotene Erklärung, dass die Ptolemaeer immer den ersten Monat Dius genannt und danach das lunisolare Jahr bestimmt hätten. Indess werden dadurch doch nicht alle Schwierigkeiten gehoben , wie seine etwas bedenkliche Annahme von bisher unbekannten Mitregentschaften beweist.

Bei dieser Sachlage ist es rathsam, sich an die Nachricht zu halten, dass der Todestag Alexanders in den Sommer fiel und zwar in den Monat Thargelion des Olympiadenjahres 324/323 v. Chr., welcher dem Juni entspricht. Jedenfalls ist das Ereigniss nicht lange vor die Olympienfeier dieses Jahres (um die Sonnenwende) zu setzen. Zum Glücke bedürfen wir hier keiner genaueren Bestimmung, da Eratosthenes nur mit ganzen Jahren rechnet

Aber welche Jahresform hatte er seinem Diaphragmos zu Grunde gelegt? Die Beantwortung dieser Frage lässt sich nicht umgehen. A. Mommöen bietet drei Ansätze, wovon die beiden ersten das Olym- piadenjahr zur Basis haben, nur dass einmal Anno 1 = 1184/1183,

8) Boeckh: Mondcyclen.

das andere Mal = 1183/1182 v. Chr. angenommen ist. Der dritte Ansatz mit der Ueberschrift: „Eratosthenes' Aera in altägyptischen Jahren der Sothisperiode" setzt ebenfalls Anno I = 1183/82, gelangt aber, weil er eben das Wandel jähr zu Grunde legt, als Endpunkt zum

11. November 324 v. Chr., da nach dem chronologischen Kanon am

12. Nov. 324 die Aera des Philippus Arrhidaeus beginnt, die unmittel- bar an 77 3Ale§avd()ov teIsvtt] sich anschliesst. Daraus würde auch ver- ständlich, warum Eratosthenes dem Alexander nur 12 Jahre statt seiner geschichtlichen 122/3 Jahre beilegt.

Ich kann mit Mommsen in Betreff der hier gewählten Ueberschrift nicht ganz übereinstimmen, da zweierlei Jahresformen darunter begriffen werden könnten. Ich ziehe überhaupt vor, nur im Sinne einer messen- den Aera für Eratosthenes fixe Sirius jähre anzusetzen, welche vom 20. Juli, dem Tage des Sothisfrühaufgangs, auslaufen und ebendahin zurückkehren. Glücklicherweise macht es hier ebenfalls, wie bei dem Todestage, keinen wesentlichen Unterschied, ob man mit "Wandeljahren vom 11. November 324 oder mit Olympiadenjahren vom 24. Juni 323 um 860 Jahre zurückrechnet. Im ersteren Falle gelangt man fast eben- soweit, als im letzteren. Denn der Unterschied der 860 Jahre beträgt

= 215 Tage und vom 24. Juni rückwärts bis zum 11. November

4

liegen 216 Tage.

Es gibt indess einen eigenthümlichen Grund, zugleich an der Epoche des fixen Sothisjahres festzuhalten. Wie ich in meiner vorigen Abhand- lung dargethan habe, nannte man das Grabmal des grossen Macedo- niers in Alexandrien nicht orj/ua, sondern aw/ua. Dieser Ausdruck er- hält eine passende Bedeutung, wenn man sich denkt, dass die Ankunft der Leiche aus Babylon damit gemeint sei. Die Zeit vom 11. Juni bis 19. Juli, also beiläufig 35 Tage nach der Einbalsamirung, würde den Bedingungen der Entfernung so ziemlich genügen. Wie man also auch die Sache betrachten möge, immer wird das Anfangsjahr des Era- tosthenischen Zeitquantums 860 Jahresstellen vor 323 v. Chr. zu stehen kommen. Das ist 1183/1182 vor Christus. Ich sage damit nichts Neues, ebensowenig thue ich es damit, dass ich folglich Tyoiag alwöig

in 1184/1183 v. Chr. setze. Abh. d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. II. Abth. 2

10

Aber theilt man das Quantum der 860 Jahre in zwei Hauptposten: 407 Jahre vor und 453 Jahre nach der 1. Olympiade, so zeigt sich, dass bei letzterer Rechnung zwar, wie es sich gebührt, Ol. I, 1 auf 776/775 v. Chr. zu stehen kommt, und die 407 Jahre anb Tyoiag älcoascog führen ebenfalls auf 776/775 als xb jiQorjyoviisvoy exog xuSv TiQurioov 'OlvfjLmvov. Aber et wäre diese Bezeichnung synonym mit Ol. I, 1, was noch nicht Alle einräumen mögen.

Was bedeutet xb TiQorjy ov fjuevov exog xwr tiqojxojv

30lv ju>7iicx)v? 9)

Sehr viele Chronologen, z. B. A. Mommsen, fassen diesen Aus- druck so, als ob damit das dem Zeitbegriffe Ol. I, 1 unmittelbar vor- angehende Jahr, also 777/776 gemeint sei, mag man es nun mit Ol. 0,4 oder mit Ol. 1,4 bezeichnen. Allein mich hindert der griechische Sprachgebrauch, mich dieser Auffassung anzuschliessen. So sagt z. B. Diodor I, 4 bezüglich seiner Bücher I VI : xwr yay ßißlujv (xexxayd- xovxa) r\^Civ «£ al TiQOJxai neüie^ovöi rag tiqo xuSv Tqoj'Cxüjv TiQak'eig xal fxv&oloyiag, xal xovxcor al [iev n^or\yov fisva i xqelg xag ßaoßaqixag, al d1 e£fjg ö%edbv xag xüv 'EIXtjvüw aoftaioloyiag. Man sieht, dass die drei TiQorjyovjLieyai ßlßXoi nicht etwa ein noooif^iov zu dem Ganzen der Bücher I VI, sondern einen integrirenden Theil desselben bilden, wo- für Diodor nur desshalb den Ausdruck TigorjyovjLievai gewählt hat, weil er das Ganze der sechs Bücher vorher schon als TiQidxai bezeichnet hatte. Es ist also mit Tifjorjyov/aevai die erste Hälfte der TiQuixai gemeint. Aehnlich, ja identisch ist die Verbindung dieser beiden Wörter in der Ueberschrift xb nqor\yov jjlbvov exog xwv tiqcjxwv 30lvtu7iia)v; offen- bar ist es nur eine Variation für xb jiqwxov exog xöjv tiqojxüjv 30'kv^inio)v\ und dieses heisst mit Recht so, da es zugleich Ol. I, 2 ; I, 3 ; I, 4 zu vertreten hat.

Dazu kommt, dass diese Art der Bezeichnung eine acht ägyptische ist. Ich habe schon im „Manetho" p. 104 und im „Horapollon" ad I, 5 die Ueberzeugung ausgesprochen", dass die Gleichung xexayxor

9) Vergleiche den Excurs am Schlüsse dieser Abhandlung.

11

»

ayovQag '= tviorajuerov trog auf der Phonetik hesep beruht, welche bald als x> „V4 Acker", bald als '"^g"© g^-con principium vicis aufge- fasst ist. Das Koptische bietet äx^cootti = primus annus und eine bisher unerklärte Gruppe des grossen Horus-Textes von Edfu 10) liefert mir den urkundlichen Beweis für meine Ansicht, dass der koptische Ausdruck aus £ä,-c3>oooti abgeschliffen ist. Es wird nämlich dort die grosse und entscheidende Waffenthat des Horus wider Set-Typhon in

ein Jahr gesetzt, welches «l^^^P^ fv^ce ] bezeichnet ist, d. h.

ha-sop 363 „Leitjahr 363 des Harmachis". Nun habe ich schon im Manetho erhärtet, dass die oberen Götter je eine Sothisperiode eklektisch zugeschrieben erhielten. Folglich ist mit obigem Datum die 363. Tetraeteris gemeint, speziell der Zeitpunkt, wo der Sothisfrüh- aufgang am 3. Epagomen des Wandeljahres stattfindet. Wie passend dieses Datum für den Sieg des Horus gewählt ist, ersieht man sofort daraus, dass der 2. Epagomen dem Horus, der 3. Epagomen dem Set- Typhon als Geburtstag zugetheilt wird. Es ist also das Jahr 1448/49 der betreffenden Sothisperiode gemeint.

Um vom Syncellus zu schweigen, welcher öfter die ägyptische Tetraeteris mit der griechischen Olympiade vergleicht, möchte ich hier blos darauf hinweisen, dass das Leitjahr ha-sop für den ganzen vier- jährigen Cyclus gebraucht wird, mit um so grösserem Rechte, als be- kanntlich der Frühaufgang des Sirius oder seine fjXiazrj ävarolr] nur alle vier Jahre sich ereignet. Ferner bedeutet Horapollon's Ausdruck eviora/uerov srog nicht etwa Pannee future, wie Brugsch gemeint hat, sondern nach Analogie von iviorao&ai bdov = ingredi viam, das „An- fangsjahr". Dass dieses an der Spitze des vierjährigen Cyclus einher- schreitende Jahr als „Anfangsjahr" gemeint war, ergibt sich unmittelbar

aus dem hieroglyphischen Ausdruck ]"^ ha-sepui = £^-cq>to07ri =

primus annorum". Die eigenthümliche Endung -otti, die in alter Zeit dem Dual eignet, steckt auch in der aenigmatischen Schreibung mittels des vierbeinigen Schakals während sonst g"@, wie das Determinativ ©

10) Naville: textes relatifs au mythe d'Horus pl. 12, col. 2.

12

mit den zwei Strichen zeigt, ebenfalls dualisch zu fassen ist. Es wird also erlaubt sein, des Eratosthenes Ausdruck xo nQor\yoviiwov erog tcuv ttqojtüov 30lv^niüjv mit diesem £a.c3>ü>oti in allen Stücken identisch zu finden.

Bestände noch ein Zweifel über die Richtigkeit meiner Ansicht, so müsste er einem zweiten Beispiele gegenüber vollends schwinden. In der oben erwähnten Wandinschrift des Tempels von Denderah11) er- scheint eine Stelle, die Herr Dr. Dümichen folgendermassen übersetzt: ,,und es erscheint (bes) die göttliche Hathor hinter ihr (?) um zu schauen die Strahlen ihres Erzeugers zur Zeit des Uebergangs der Jahreszeiten". Das Fragezeichen, welches „hinter ihr" nach sich hat, dürfte recht wohl ans Ende des ganzen Satzes verlegt werden, da derselbe offenbar keinen befriedigenden Sinn ergibt. Es ist im Vorausgehenden von der Treppe die Rede, welche zum Saale führt; in diesen wird eingetreten von

Seiten der ,,oder" durch <5j[j = M die Hathor, die Herrin von Den-

JK0 A /wwv\

derah. Jetzt schliesst sich passend der fragliche Passus an : ,,es ist der Götterkreis der Bes12) (Hathor) hinter ihr, nachdem sie geschaut die

Strahlen ihres Erzeugers ^_ y>(|»S?;m zur Zeit der Umkehr (Wieder- kehr) der (acht) Jahre". Was ^\(]<Q^ o uan mit dem Deutbilde

des bewaffneten Armes bedeutet , habe ich schon längst erhärtet im „Papyrus Prisse", wo I, 10 gesagt ist ,, Nicht weise es zurück", nämlich was dir der Gastfreund anbietet 13). Im/ Kopt. creme commovere abire transire ist nicht mehr die volle Bedeutung des Stammes uan (mit

i n und Ä) erhalten, wohl aber in £^tioimcooTi annus vertens, abzu-

theilen, nicht in £&.ti-omuoo7ri Plural von othott hora mit dem artic. indefin. g&n, wie Parthey in seinem Lexicon thut sondern in g^-n-OTrruooTri principium anniversariorum.

11) Zts. f. aeg. Spr. 1876, p. 34 sqq. nebst Tafel.

12) Vergl. hierüber meine Abhandlung „Altägyptische Musik".

13) Schon dieses Beispiel ist eine kräftige Widerlegung der Ansicht des H. Naville, welcher in der

Zts. f. äg. Spr. 1876 die Bedeutung ne firj des ägyptischen ftsW = m bezweifelt

und bestreitet.

13

Nun beachte man die acht Kerbe am Jahreszeichen: U welches

wohl nicht ohne Absicht umgestellt ist, statt { und man wird mit mir

überzeugt sein, dass der Verfasser des ägyptischen Textes ausdrücken wollte, was man allenfalls wörtlich iv xaigqt xijg ävaoxycxpfjg xaiv xs- r^aerri(jidoiv übersetzen könnte.

Vergleicht man die beiden nach Form und Inhalt so eben erläu- terten Ausdrücke ^(tt^ct^iooiri u. ^ev-n-oimoüoiri, so wird man die Analogie beider sogar in der Versetzung und Färbung der Vocale nicht verkennen. Denn so wie jenes aus ha-n-sopui , so ist dieses aus ha-n-uanui entstanden. Auch in der Bedeutung sind sie verwandt, insoferne ersteres den Anfang, das andere die Wiederkehr (Umkehr) der beiden Tetraeteriden bezeichnet, speziell den Zeitpunkt , wo die Sothis (Hathor) ihren Vater Ra ('Hliog) x am Osthimmel erschaut und ihre Strahlen mit den seinigen vereinigt. Dieses Factum der Beobachtung des Sothisfrühaufgangs (rjliaxrj dvaxoXrf) festzustellen, ist in meinen Augen wichtiger als die Aufzählung der verschiedenen Tempelräume von Denderah.

Aus dem Gesagten wird jetzt hoffentlich auch für Nichtägyptologen der Beweis erbracht sein , dass Eratosthenes mit xb n^orjyovfxevov sxog xwv TiQwxwv ¥)Xvtum(oy das ,, Anfangsjahr der ersten olympischen Spiele" hat bezeichnen wollen, was sich um so besser empfiehlt, als das ägyp- tische -=^ Xeovxog tiqoxojlmi = äQ%rj, §&., £H dux princeps sich mit riysjLicjy und TH>oriyov{ihvog vollständig deckt.

Auch über die Richtigkeit der Rechnung vom Endjahre 324/323 her kann kein Zweifel bestehen, da die aus den sechs letzten Posten des Eratosthenes erwachsende Summe von 453 Jahren nach vorn nur 776/775 einschliesst, nicht aber 777/776. Also auch von diesem Ge- sichtspunkte aus empfiehlt sich meine Auffassung des TiQorjyovjLievov exog vom 5. März 776 bis wieder den 5. März 775, also die erste Olympien- feier einschliessend, wenn das Jahr auch nicht bis zum Schlüsse der griechischen Ol. I, 1 reichte.

Rechnet man nun von dieser Epoche die bekannten 407 J. hinauf, so erhält man als Anfangspunkt der Aera den 15* Juni 1183 v. Chr.,

14

sehr nahe 1 Jahr nach der Sommerwende, 1184, wohin die Tradition Tyoiag alcooig verlegt (Thargelion oder Skirophorion). Darum sagt der auf Eratosthenes fussende Dionys von Halikarnass I 63, dass die vom nächsten Monat Hekatombaeon auslaufende Aera beginne mit tw a§f\g stBi, Tzycotq) jbLsrd xr\v alioöiv. Da aber andererseits die Katastrophe mit dem Frühuntergange der Plejaden j4), also dem Anfang Novembers (5) zusammengebracht wird, wohin auch die Constellation bei Dionysius von Halik. I 63 führt, die nur auf 1185/84 passt, so sieht man, wie das Factum selbst unsicher hin- und herschwankt.

Proleptische Cyclen.

Dass Troja's Epoche den Griechen keine geschichtlich-chronologisch überlieferte war, erhellt am besten aus der Verschiedenheit der Ansätze. Nehmen wir z. B. Timaeus. Er bietet dreierlei Epochen: 1194, 1308, 1346 v. Chr. = 22 X 19, 28 X 19, 30 X 19, also 418, 532, 570 Jahre vor 776.

Die 418 J. schreibt Tzetzes auch dem Diodor zu, in dessen erhal- tenen Schriften sie sich nicht findet, wenn man nicht die I 5 berichteten 1138 J. vor dem gallischen Kriege, den er dort 56 v. Chr. (sonst Ol. 180, 1) als Schlusstermin setzt, hieher ziehen will, wie es kaum anders gestattet ist; denn da er bis Ol. I, 1 hinauf 730 statt 720 Jahre rechnet, (730 + 56 = 786 15)), so muss man auch für den Ansatz der 1138 Jahre von 56 v. Chr. ausgehen, was 1194 ergibt. Ebendaselbst setzt er nach Apollodor (und Eratosthenes) 80 -f- 328 = 408 seit der Trojischen Epoche bis Ol. I, 1; was also wieder 1184 v. Chr. ergibt. Hingegen XIII, 1 macht er eine Retrocomputation vom sicilischen Unglück der Athener 415/414 in 10 Kalippischen Perioden zu je 76, oder in 40 Me- tonischen Cyclen zu je 19 Jahren; dies führt auf 1175/74 vor Chr., also gerade um 19 oder 20 J. unter seinem ersten Ansätze. Aehnlich erklärt sich des Aretes Ansatz auf 1289 = 27 X 19 oder 513 vor 776;

14) Aeschylos: Agamemnon v. 826 cf. Plut. Is. Osir. c. 65 und 69, wo die Einlegung der Saat, sowie die Bestattung des Osiris usqi nteiuöct gesetzt wird.

15) Diodor schrieb entweder 720, oder, wenn 730, so rechnete er von 46 v. Chr. an, dem annus confusionis.

15

ferner des Isokrates Ansatz auf 1137=19X19 oder 361 vor 776. Analog verhalten sich die Ansätze des Sosibius 1171, des Vellejus 1191, des Parischen Chronisten 1209: sie sind um 19 oder 20 und 38 (2X19) von einander entfernt, unterscheiden sich aber um ein Jahr- viert von der ersten Gruppe. Es wären noch viele andere Beispiele zu citiren 16), wo der metonische Cyclus nicht nur bei den Griechen, und für Troja, sondern auch bei den Römern und für die urbs condita zur Anwendung gekommen ist z. B. 814 für die Gründung Roms und Car- thago's d. i. 2 X 19 = 38 vor 776. Allein die Hauptfrage, welche hier zu beantworten ist, lautet: Hat Eratosthenes ebenfalls das Jahr der Katastrophe Troja' s : 1184/83 durch proleptische Cyclen erreicht? Dass 1194 auf diesem Wege erzielt worden ist, dürfte aus dem oben Gesagten erhellen. Da nun Troja' s Einnahme in das Ende des 10. Jahres seit Beginn des Krieges vom Dichter gesetzt wird und derselbe Homer, die Quelle der Historiker und Chronologen, die Rückkehr des Odysseus elxoar<p hei ansetzt gerade wie Livius I 19 mit vicesimo anno die Wiederkehr der svveaxai&exaeviiQig ausdrückt so scheint es mir, dass der Metonische Cyclus wegen der Homerischen Angabe mit Vorliebe zu proleptischen Rechnungen gewählt worden sei 17).

Eratosthenes hätte demnach indirect das Jahr 1184 für die Ka- tastrophe durch den Anfang eines proleptischen Metoncyclus erreicht, indem er sie gleichsam in medias res versetzte. Aber warum wählte er denn gerade das Multiplicat : 22 X 19? Hiezu konnte ihn nur eine Epoche der ägyptischen Chronologie und Geschichte bestimmen.

Man kann sicherlich doch nicht annehmen, dass ein Chronologe wie Eratosthenes sein Resultat durch eine so mechanische Retrocompu- tation, wie die oben citirten Cycliker 18), ausschliesslich erreicht habe.

16) Vergl. Düntzer: Homerische Fragen p. 122, wo Herodots (II 145) Ansatz der Tywixu auf 1270 berechnet wird, während er als Extreme die Zahlen 1353 und 1120 v. Chr. angibt. Herodot kann aber auch 833'/3 vor seiner Zeit meinen und dies würde den Ansatz 1284/1283 v. Chr. liefern, um ein Jahrhundert höher als Eratosthenes geht.

17) Die von Iphitos auslaufenden Olympiaden 1 27 enthalten wegen der beim Syncellus erhaltenen Anzahl 14, die Andeutung, dass früher die Oktaeteris im Gebrauche war. Indess auf solche Untersuchungen kann ich mich hier nicht einlassen.

18) Vergl. hierüber Boeckh: „Commentar zur Parischen Chronik II, 326; „Mondcyclen" p. 30.

16

Allein da 776 und selbst 884 eine überlieferte Angabe war, so begann ihm erst jenseits dieser gegebenen Ansätze das Bereich der runden Summen: 160, 60, 80 - 300 19) + 884 = 1 184.

Nach A. Mommsen (Beitrag p. 379) konnte Eratosthenes, wie der auf ihm fussende Dionys v. Hai. Rücksicht nehmen auf das obligate Mondjahr vom 1. Hecatombaeon 1184 = 19. Juli (sichtbarer Neumond). Das ist zugleich die Jahresepoche des Sothisfrühaufgangs. Auf der nächsten Seite (380) führt er den Gedanken der Doppelära weiter aus und gelangt so zu dem Satze : ,,So hat auch Eratosthenes der vor- gefundenen lunarischen Zeitrechnung nach Troja eine parallele ägyptische angelehnt; die eratosthenische fängt, wie die des Nabonassar, ihrer lu- narischen Seite nach, mit einem neumetonischen Epochenjahre an, jedoch so, dass jene das oberste Epochenjahr = Null setzt, wodurch die Nöthigung entsteht auch äg. 1184/3 = Null zu behandeln, was in Na- bonassars Zeitrechnung anders ist. Das äg. Schlussjahr der ausschliess- lich Nabonassars Namen führenden Jahresfolge (vom 26. Febr. 747 bis zum 11. Nov. 325/324) ist auch das Eratosthenes Schlussjahr/' Ich werde sofort zeigen, dass auch eine Thatsache der ägyptischen Geschichte den Eratosthenes bestimmt hat.

Der Epochenkönig Ramses IX. Nei'ievg.

Wohl besassen die -griechischen Stämme Ueberlieferungen altein- heimischer Fürsten wie z. B. Diodor I, 5 sagt, dass die 328 Jahre von der Rückkehr der Herakliden bis Ol. I, 1 nach den lacedaemonischen Königen berechnet seien. Höher hinauf führen die attischen, argivischen, sikyonischen Regentenreihen, Wenn man nun auch diese Listen, ob- schon ihre Systematik oder Abhängigkeit von der dichterischen Sage stellenweise gar zu sichtbar ist, doch nicht geradezu als durchaus un- geschichtlich bezeichnen darf, so ist es andererseits gewiss, dass sie dem Chronologen Eratosthenes für seinen Zweck unbrauchbar erscheinen mussten.

Anders lag die Sache in Aegypten : uralte Königsreihen , durch eine Menge Denkmäler und Urkunden beglaubigt und controlirbar, waren

19) Vergl. am Schlüsse des Eratosthenes Ansatz für Homer gerade 100 Jahre nach den Tpwixa.

17

durch Manetho dem griechischen Publikum zugänglich geworden. Dass sein unmittelbarer Nachfolger Eratosthenes von den betreffenden Werken : AlyvTiriaza viioavi]fiara und ßtßlog tfjg JZcj&ewg wirklich Gebrauch ge- macht hat, ist durch den Laterculus der 38 Könige bewiesen, deren Namen Eratosthenes aus königlichem Auftrage in's Griechische über- setzt hat. Wäre uns des Eratosthenes Arbeit selbst und nicht bloss ihre Ueberarbeitung durch Apollodorus von Athen erhalten, so würden wir sicherlich viel mehr chronologische Beinamen darin finden, welche die Epochenkönige führten. Einer von diesen ist Ramses IX. Ntilevg.

Gewiss ist es höchlichst zu bedauern, dass bei Manetho's Aus- züglern die Könige der XX. Dyn. nur summarisch: 12 mit 135 (lies 185) Jahren angegeben sind. Allein schon die Anzahl 12 zeigt, dass die Ramessiden von Numero III. XIV. darin untergebracht waren. Der Stammvater dieses so berühmt gewordenen Namens ist Ramessu I, sein Enkel Ramessu II Sesostris; beide stehen jetzt in Dyn. XVIII, aber ur- sprünglich in der siebengliedrigen Dyn. XIX. In dieser erscheint der Herodotische Rhampsinitos als letzter, es ist jener Ramses III, der wegen der Epoche der Söthisperiode 1325 auch zur XX. Dyn. gehört. Ausser Ramses XII20) ragt in dieser Dyn. hauptsächlich Ramses IX21) hervor

«U der Legende \% (oufeS] | VWl^dS^K] "?* kera-sotep-en-ra Ramessu Meri-amun Chamoas". Die Geschichtlich- keit dieses Königs unterliegt keinem Zweifel; ja H. Chabas (Melanges III) behauptet mit Recht, dass man seine Regierung unter die grands regnes rechnen müsse. Er äussert dieses anlässlich des Pap. Bathurst, der eine Ergänzung zum Pap. Abbott22) bildet, jenem interessanten Akten- stücke des Processes gegen die Plünderer der Königsgräber in Biban- el-moluk. Der König Ramses IX ist oft darin genannt und ausserdem drei Daten: Jahr 14, J. 16 und J. 19. Letzteres verdient eine beson- dere Beachtung, da es ein Doppeldatum ist und für die Chronologie äusserst wichtig erscheint.

20) Vergl. meine Abhandlung: „Die Princessin Bentrosch und Sesostris II".

21) Wenn Brugsch Recht hat, Tor ihm den Ramses Meri-Tum einzuschieben (Hist. d' Egypte pl. XIII No. 290) so erhöht sich die Numerirung um 1.

22) Vergl. meine akadem. Abhandlung hierüber.

Abh. d. I. Cl. d. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. II. Abth. 3

18

Das Doppeldatum auf p. VIII. lin. 1 sieht hieroglyphisch so aus : \**<^_ '^1^ 4. „Jahr der Erscheinung, Tag 2, entsprechend dem Jahre 19". Dass man pert hier nicht als 2. Saison (q>pio hiems fassen darf, sondern „Erscheinung" übersetzen muss, ergibt sich daraus, dass keine Ordinalzahl dabei steht um anzugeben, der wie vielte Monat dieser angeblichen Tetramenie gemeint sei. Hingegen bei meiner Auf- fassung erklärt sich der „Tag 2" sehr gut, weil eben ,,Tag 1" dem Feste der Erscheinung, nämlich der Sothis, gewidmet war und erst der nächstfolgende wieder den Geschäften gewidmet wurde. Ungewöhnlich bleibt dieses Datum immerhin, natürlich, da solche Doppeldaten ihrem Wesen nach nur selten vorkommen können. Um nicht zu weitläufig zu werden, verweise ich auf mein eben erschienenes Werk23), worin durch Probe und Gegenprobe bewiesen ist, dass Ramses IX. JVedsvg der Epochenkönig für 1205 v. Chr. ist, wo der heliakalische Aufgang des Sirius (Sothissternes) am 1. Phaophi sich ereignete.

Dieses selbe Jahr 19 des Ramses IX erscheint im Papyrus Mayer24), der ebenfalls ein Process- Aktenstück ist, unter der Form

fol^/^ilffiP^^ "Jahr l deS Wiedergeborenen"- WennH. Goodwin daselbst meint: nem mesu means simply „the king", without implying any particular king", so täuscht er sich und Andere gewaltig. Wohl findet sich dieser Zusatz bei mehreren Königen, aber jedesmal sind es solche, die eine chronologische Epoche bilden, z. B. Amenemha I JTeTEad-vQfjg, Thutmosis III Mesphres, Sethosis (Setuchi) I "Enacpog. In dem Geieruräus- und Goldhorustitel dieses letzteren 25) wechselt die

Schreibung zwischen fNrö und j ' neben jffiPjß zum Beweise, dass

der betreffende Beinamen des Epochenkönigs gerade so gut als „twice- born" wie als „twice-crowned" aufgefasst werden mochte. Beide An- sichten lassen sich nach meiner Theorie recht wohl combiniren : trat

23) „Aegyptische Chronologie, basirt auf die vollständige Reihe der (37) Epochenkönige von 4245 v. Chr. bis 136 n. Chr."

24) Zts. f. äg. Spr. 1873, p. 39.

25) Siehe Lepsius Königsbuch No. 413 B C, o.

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das Ereigniss einer nach je 120 Jahren wiederkehrenden neuen hanti ein, so wurde der gerade in diesem Zeitpunkte regierende König mit einem Extra-Beinamen geehrt, der ihn als „Sohn" oder „Gabe" der eponymen Monatsgottheit bezeichnete. Zugleich aber begann der ausnahmsweise so hervorgehobene Pharao eine neue Aera, indem er seine Regierangsjahre von da an noch einmal 1, 2, 3 etc. fortzählte.

Den dritten Beweis liefert der Papyrus Vindobonensis (Ambraser Sammlung26). Dieses äusserst interessante Aktenstück, von 2 Krügen und den darin enthaltenen Schriftwerken handelnd, worunter auch wieder ein Prozess gegen Diebe vorkommt, gehört in die Regierung unseres

Ramses IX. Es beginnt mit dem Datum: {^IM ^|t^%3 [j]P. Hier- über bemerkt Brugsch: „dieses Datum bedarf weiterer Aufklärung". Ich schätze mich glücklich, dieses Bedürfniss befriedigen zu können. Nach dem Vorausbemerkten ist es sicher, dass „Jahr 6 des Wieder- gekrönten (Wiedergeborenen)" eben nichts Anderes bedeutet, als das sechste Jahr der neuen Aera, also gerade 1200 v. Chr., und dass Ramses IX. wenigstens 23 24 Jahre regiert hat.

Es hat uns also eine günstige Fügung alles erforderliche Material aufbewahrt, um Ramses IX. als Epochenkönig für 1205 v. Christus sicher bestimmen zu können. Nun beachte man, dass der zweite Monat der ersten Tetramenie, um dessen hanti es sich hier handelt, nach dem Nile: Hapi benannt ist, woraus sich sein Name Pha-ophi „der (Monat) des Hapi" genügend erklärt. Zugleich fällt aber auch ein Schlaglicht auf den Namen Neilevg, der diesem Könige angehört, wie sofort au3 Diodor I, 62, 63 erheilt. Denn im unmittelbarsten Anschlüsse an den reichen Rhampsinit, bei Diodor cPsju,(pig statt 'PejLiiprjg, lässt er stiI yeveäg facta verweichlichte Könige folgen, die wegen ihrer Unthätig- keit in der Geschichte mit Stillschweigen übergangen wurden tiXtjv ivbg: JVsilswg. Dieser habe den früher A^yvnrog genannten Fluss Neilog benamst, auch sehr viele zu rechter Zeit (evzaiQovg) gemachte Ka- näle hergestellt und da er grossen Ehrgeiz in die Nutzbarmachung des Niles gesetzt, so habe er diese Flussbenennung veranlasst.

26) Vergl. Zts. f. äg. Spr. 1876 1—4, Tafel.

20

Nun verhält es sich zwar umgekehrt: der König Nedsvg erhielt diesen Beinamen vom JYellog, oder noch genauer vom Nil-Monat Phaophi. Wichtiger ist der Zeitabstand von König Ramses III, den ich ebenfalls als JVsT/Log aufgezeigt habe27). Da dieser auf 1325 steht und Ramses IX. Nsitovg auf 1205 v. Chr. (eine ganze Monatsverschiebung oder hanti später), so sieht man jetzt besser ein, warum Diodor cPsjiiyjr]g (III) und (cPajU€Oöfjg IX) Neilevg zusammengruppirt. In der That ist letzterer der 7. König seit Rhampsinit, auch ohne dass Meritum vor ihm eingeschoben wird.

Dass Diodor in diesem Falle aus einer guten Quelle geschöpft hat, beweisen zwei kleine Denkmäler des British Museum 28), deren Werth bisher unerkannt geblieben ist. Das erstere stellt den König Ramses IX. (Neferkera-sotepenra Ramessu-meriamun-chamoas) dar, wie er in einem reichgeschmückten Distylon steht und die Huldigungen zweier Beamten, eines weltlichen und eines geistlichen, entgegennimmt; beide

tragen das Sieges- oder Schutzzeichen \ (mit der Straussfeder) in der

Linken, während die Rechte die Geberde des Sprechenden ausdrücken hilft. In den ersten 7 Verticalcolumnen sind die Titel und Namen des Königs sowie der beiden Würdenträger enthalten. Der Schluss der

siebenten zeigt das Pronomen der zweiten (angeredeten) Person :

ementuk = „Du!" Schon hieraus erhellt, dass alles Folgende ein Pan- egyricus auf den dargestellten Pharao sein soll. Die wörtliche Ueber- setzung der betreffenden 10 Coli, lautet: ,,Du bis Ha (der Sonnengott)

dein Aufleuchten ist wie das seinige. Du erscheinst ( a) wie Ba den

Edlen (Freien : pA.i£c liber ingenuus). Dein starkes Schlachtschwert wirft nieder die neun Völker, während du mildgesinnt bist gen Kemi (Aegypten) das unter dem Siege deiner Tapferkeit (sicher) ist. Menthu (der Kriegsgott) hat durchdrungen deine Glieder; deine Rathschläge sind trefflich , deine Entwürfe verwirklichen sich. Es fand für gut Amon selber, zu geben sein Ebenbild in das Land Merat {IJ-ri-^ivQig = Aegypten). Du bist sein Sohn, den sein Herz liebt, ein wohlthätiger

27) Vergl. meine akad. Abh. „Die Sothis und Siriusperiode."

28) Birch: Inscr. in the hieratic and demotic character pl. I u. IV.

21

Fürst in Anu-asu (Hermonthis), ein Hapi ||n«w« (Nil) [der sich er-

giesst] wie ein j^=d qeb (jy Krug zu Gussopfern). Du bist Ra, deine

Emanation ist seine Emanation, deine Dauer ist seine Dauer. Du bist der Sohn Amons, entsprossen seinen Gliedern. Er gibt Dir [desshalb] die Dauer des Ra, die Jahre des Tum (Abendsonne), die Siege (Stärke) des Menthu in Oast (Theben), die Königsherrschaft des Horus [an der Spitze der Lebenden], die Dauer des Ra am Firmamente. Er gibt dir die Königsherrschaft, er gewährte dir den grossen Wasserumfang (chen-ur Mittelmeer) und das grosse Becken (rer-ur Rothes Meer) unter deine Sohlen, Herr der beiden Gegenden Neferkerasotepenra, Sohn des Ra, Herr der Diademe, Ramessu Meriamun-chamoas, lebenspendender, wohlgefälliger Fürst in der Eigenschaft eines Königs wie Horus . . . . der aufrichtet das Land durch seine trefflichen Verfügungen, der mäch- tige Kämpfer, welcher kennt seine Tapferkeit als Sutech (Set, Baal); sein Zorn [wüthet wider die Feinde] ; der kräftige Stier, dessen Klaue

(sie „wwA*— annet-f eine pollex pedis) auf den Häuptern der Fremd-

Völker lastet; dessen Ruhm (Brüllen?) vernommen wird fp=g Um cmi cognoscere) vom ganzen Erdkreise". Der Rest ist zerstört.

Man sieht, wie die Bestandtheile der königlichen Namen in diesen Panegyricus musivartig verwoben sind; alle Texte wimmeln von solchen Accommodationen 29). Dies ist hier von einiger Wichtigkeit, weil wir daraus wohl schliessen dürfen, dass auch Hapi- Nil zu den Namen des Königs gehörte.

Leider ist unmittelbar hinter Hapi eine Textlücke, aus der nur \ erkannt werden kann; das Raumverhältniss erfordert die Ergänzung

^f nu „unser". Diese Ausdrucksweise schwebt nicht in der Luft; ich

11/

habe sie bei einer früheren Gelegenheit30) aufgezeigt in dem Satze:

„Wohlgestimmt ist das Herz des Königs (wegen der Vortrefflichkeit der

Tempelbauten) und er bekommt alsdann die Wahrheit zu hören aus

29) Vergl. meine Abh. in der Zt. DMC 1875 „Der grosse Sesostristext Ton Abydos."

30) „Altägyptische Lehrsprüche" Pap. Leydens. I. 340, III, 13.

22

jeder Kehle (?) : J^T^D^^j^P^ „Er ist unser Wasser, unser Grün; wer ist es sonst, der uns fern hält das Verderben?-' Da dieser Text ebenfalls dem Zeithorizont unseres Königs Ramses IX. angehört, vielleicht unter seiner Regierung geschrieben und auf seine Person be- züglich ist, so erhält meine Vermuthung in Betreff der Ergänzung des Panegyricustextes zu Hapi-nu „unser Nil" eine kräftige Unterstützung. Uebrigens würde, da jedenfalls ein Plural nach Hapi folgt , die Lücke

auch mit s==> ausgefüllt werden können, doch würde dann das gewöhn- liche Deutbild ^^ fehlen.

Auch hinsichtlich des Beiwortes, welches dem Hapi in obigem Texte gefolgt sein muss, führt die Analogie sonstiger Inschriften auf

die ziemlich sichere Ergänzung durch Joo<>0£> hasch R^uj exonerare,

AAWV\

oder ^-ww« du-ura OtooireX inundare submergere. Hierüber ein

<^ ^> >| /www

Mehreres im nächsten Abschnitte anlässlich des Doppelnamens cPalueaafj lovßaoöfj.

Erwägt man, dass die beiden Würdenträger vor Ramses IX gleich- sam als Vertreter der ganzen Beamtenwelt, ja des gesammten Volkes auftreten, so hindert nichts anzunehmen, dass der Anlass zu dieser Auf- wartung ein feierlicher war. Dies ergibt sich auch aus der Anbringung der rothen Linien neben den schwarzen, nicht als Correctur, wie Birch meint, sondern zur Verschönerung und um die Farbenpracht des Originals nachzuahmen. Denn dass diese Kalkplatte bloss eine Copie für Privatzwecke darstellt, beweist sowohl das dünne Material (Kalk- steinplatte) als die geringen Dimensionen (2 Ellen Breite, 1 Elle Höhe).

Welche Staatsaction lässt sich nun aber besser mit dem „Hapi"- Namen des Königs Ramses IX vereinigen, als eben die Beilegung dieses Epoche-Namens von Seiten der Würdenträger? Wenn es sich dazu herausstellen sollte, dass dieser Pharao sich wirkliche Verdienste um die Canalisation des Landes erworben hatte, wie Diodor angibt, so war auch ein praktischer, nicht bloss ein chronologischer Beweg- grund hiebei bestimmend gewesen.

23

Zum Glücke bietet dieselbe Publication des British Museum ein ähnliches kleines Denkmal, leider! ebenfalls stark zerstört, welches Birch so beschreibt: „PI. IV Nr. 5622. A fragment of calcareous stone, on which is traced the figure of a crocodile facing to the right. The ten lines of hieroglyphs inscribed above it are a portion of the address of a deity (probably Sebak, of whom a crocodile was the living emblem) to some monarch of the 19 th or 20 th dynasty". So weit der berühmte Verfasser vom Brit. Museum.

Zuvörderst ist es ein Irrthum zu glauben, dass das Krokodil, als Emblem eines Gottes, den König anrede. Denn hiezu passt die Rich- tung nicht, welche ganz die der Textcolumnen selbst befolgt. Daher kommt es, dass der Namen des Königs zuletzt folgt, also geradezu ent- gegengesetzt der ersten Kalksteinplatte, deren Columnen von links nach rechts fortschreiten. Die Kalksteinplatte auf pl. IV. bildet also gleich- sam einen Verso zu diesem Recto.

Sodann brauchen wir den König nicht so unbestimmt zu lassen,

wie Birch gethan hat. Denn obgleich lin. 10 nur '^^c=>lll „Sohn des

Sonnengottes, Herr der Diademe", die gewöhnliche Einleitung des Hauptnamens , auf der Platte erhalten ist , so zeigt doch der Titel : |^™^^==I/)||J „wohlgefälliger Fürst in der Eigenschaft als König",

der uns identisch auf der vorigen Platte begegnet ist, dass es sich wieder um Ramses IX* handelt.

Leider! ist der Anfang ganz und die Coli. 1 und 2 grösstentheils abgebrochen oder verwischt. Indess zeigt der Fuss von lin. 1 deutlich

W cheper „es ereignete sich". Von lin. 2 ist ebenfalls nur das unterste

Stück erhalten und sicher zu ergänzen zu ^Ff 1 i Taoabu, woher der

Name Ofjßcu (Plural). Dies ist um so sicherer, als weiterhin (lin. 7) die Verdienste des Königs um die Bewässerungs- Anlagen dieser Stadt erwähnt sind. Auch die vorige Platte ist ein thebanisches Denkmal.

Von der dritten Columne an wird der Zusammenhang herstellbar: „Der Uraeus und die Kronen all sind auf dem Haupte unseres Oberen, des lieblich anzuschauenden. Die Verdienste Seiner Majestät möge er leben, heil und gesund ! bleiben fort und fort, im Hause A m o n ' s ,

24

der geworden ist desshalb sein liebender Vater. Er gewährt dir eine lange Zeit als König beider Gegenden, eine Permanenz in der Herr-

schaft; www'wwvs^^^^ U <^.[|H^r Hr : fts verbleibt das Wasser des

M/WA

Nils dauernd auf der Höhe innerhalb der Sitze (Ost-Theben). Dein Name, der grosse, verbleibt desshalb (ebenfalls) in den Schriften des Herrn von Hemennu (Aschmunein oder Hermopolis) zur Zufriedenheit des wohl- gefälligen Fürsten in seiner Eigenschaft als König, welcher schafft Memnonien in Oas*t (Theben) S. d. Sonne Herr der Diademe [Ra- messu Meriamun Chamoas]".

Man sieht, dass dieser Text in allen Stücken dem vorigen analog ist; spezielle Beachtung verdient der wohlerhaltene und ganz sichere Passus über die Veranstaltung dieses Königs, dass das Nilwasser sich auf der Höhe innerhalb der Thebals hielt. Dieser Satz gehört nicht zu den banalen Phrasen, sondern bezeichnet ein besonderes Verdienst um die Canalisation der Thebais, wenigstens auf der Ostseite des Nils. Auch die Verheissung der Fortdauer seines dessfalsigen Namens ,, Nilischer" in den Schriften des ägyptischen Hermes (Duhuti, Thoth) hat sich erfüllt. Denn mit gutem Gewissen erkennen wir jetzt in ihm Diodor's Nsilsvg.

Es bleibt noch das grosse Krokodil zu erklären, welches unter- halb der Textcolumnen von 2 10 in der Schriftrichtung liegt. Dass vom Gotte Sebak hier keine Rede gehalten wird, wie Birch meint, hat der Text selbst gelehrt. Eher ist es der angeredete Theil, resp. da der Panegyricus dem Könige gilt, so hat das Krokodil eine emblematische Beziehung zu diesem. Aber welche?

Plutarch (de Is. et Osir. c. 75) sagt: i&rpcovTa de (ata ol y.Qoxodeiloi) TiXTOVöiv, xal Tocaviaig rjjLitocug ty.Xtnovoiv , aal r oöovxovg Qüjöiv sv tavrovg ol /uaz qot ar,ov "QuivTsg, o r üjv jxex yuov ji()üjt ov sör i rolg 7ie()l ovyavia n yay jacct evo [iev oig. ,,Die Krokodile legen 60 Eier [jeden Tag eines] und brüten sie in ebenso viel Tagen aus; gerade so viele Jahre leben die am längsten Lebenden31);

31) cf. Herodot I 163 „' AQyuvS-wviog, Fürst von Tccqttjooos (auf Kvqvos?) ißicoat tu nävta et- xoat, xai ixccroy (ETtj).

25

welches das erste der Zeitmasse ist für diejenigen, welche sich mit den Himmelserscheinungen beschäftigen/'

Diese Stelle ist von principieller Wichtigkeit für die ägyptische Chronologie: 120 Jahre beträgt eine Monatsverschiebung des Wandel- jahres im Verhältniss zum festen Sothisfrühaufgange. Ich habe längst (Manetho p. 72) die hieroglyphische Schreibung für diesen Zeitkreis er- mittelt: es ist $ MX j-kft hanti, Dualform von han, wie oben cq>cooin und oTiuooTi von sop und uan. Nun wird aber diese Gruppe ebenso häufig mit dem Deutbilde des Krokodils getroffen : § vi oder bloss

hanti32). In der grossen Inschrift von Siut33) steht col. 2:

W~*)H Iwv, ~VT" swv^ woraus allenfalls der Schluss abgeleitet werden könnte, dass auch auf unsrer Kalksteinplatte unter dem einen Krokodil noch ein anderes zu denken wäre, das durch den Bruch des Denkmals verschwunden ist. Auf jeden Fall versinnbildlicht das Krokodil hier den erforderlichen Zeitbegriff34), und da wir hoffentlich von der Epochenhaftigkeit Ramses IX. durch obige Beweise überzeugt worden sind, so steht nichts im Wege, das Krokodil hanti als emblematische Schreibung jener Zeitperiode hanti zu betrachten , die im Turiner Königspapyrus deutlich auf 120 Jahre bestimmt ist, da dort 19 solcher Monatsverhchiebungen == 2280 J. gesetzt sind, wie zuerst Hincks ver- muthet hat.

Wenn es befremden sollte, dass auf beiden bisher besprochenen Kalksteinplatten der Gott Amun die Hauptrolle spielt, so ist daran nicht bloss der Beiname des Königs Meri -Amun (MictjLtovv) ,, Lieb- ling des Amon" Schuld; auch nicht der Umstand, dass Amun der Hauptgott Thebens und der dortigen Triade war, sondern eine eigen- tümliche Beziehung dieses Gottes zu dem Tempel, worin das Jahr mit 365 Tagen dargestellt war. Indem ich der Kürze wegen auf Diodor I 49, 50 verweise, citire ich nur eine Papyrus-Legende35):

32) Todt. c. 145, 27; 142, 17a.

33) Mariette: Monn. divers pl. 1.

34) Vergl. meinen „Horapollon" am Schlüsse.

35) Mariette: Papyrus egyptiens Boulaq, I pl. 34, e— g, 1. Der Schriftcharakter passt für die XX. Dyn.

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. II. Abth. 4

26

„Mögest du rufen die 365-heit von Göttern zur Rechten dein, zur Linken dein" ! Dem Contexte zufolge kann der angeredete Gott nur Amun sein. Da nun laut unseres zweiten Kalksteintextes Ramses IX. im Hause Amons Etwas that, so könnte die astromische Darstellung ge- meint sein, von der Diodor I. 49 weitläufig spricht.

Der EpOChenkÖnig 'Pa/uecförj Iovßaaafj.

Wenn aus der eben geführten Untersuchung die Ueberzeugung ge- schöpft werden muss, dass der König Ramses IX. dem ihm von Diodor beigelegten Beinamen Nedsvg in der That vollständig adaequat ist, so handelt es sich nunmehr darum , die ägyptische Namensform ausfindig zu machen, welche dem griechischen Ntilevg entspricht, und zugleich mit dem Hauptnamen Ramessu verbunden auftritt. Wie schon oben bemerkt , ist bei Manetho in seiner Königsliste die XX. Dynastie , zu welcher Ramses IX. jedenfalls gehört, nur summarisch angegeben , also das Gesuchte nicht zu finden.

Aber wir erinnern uns zu guter Stunde, dass Manetho auch ,,das Buch der Sothis" Bißlog Tfjg JZwfcwg geschrieben hat. Dieses leider sammt der zugehörigen Liste verloren gegangene Werk musste haupt- sächlich die Epochenkönige enthalten. Zum Glücke hat uns die Sothisliste oder der Kanon des Syncellus eine ziemliche Anzahl dieser werthvollen Haltpunkte der Chronologie gerettet und überliefert, wie man sich aus meiner „Aegyptischen Chronologie" auf Schritt und Tritt überzeugen wird. Ich lenke die Aufmerksamkeit des Lesers zunächst auf die Nummern 18 24, in denen auch Lepsius37) längst Könige der XX. Dynastie vermuthet hat. Unter diesen 7 Namen ist es Nr. 23: cPau€Ooi] lovßaoofj, der zumeist unsre Beachtung fordert, da er den urkundlichen Beweis für Ramesses IX. Neikevg in erwünschtester Weise darbietet. Denn dass wir 'Pa/uworj zu 'PafjLtooijg ergänzen müssen, wie

36) Das Prototyp dieses tüü ist undeutlich; *"wv\ hinter samahu («»r^«/) abundat.

37) üeber die Manethon. Bestimmung des Umfangs der ägyptischen Geschichte p. 203, 2. Vgl. meinen Manetho p. 22.

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sonst von Manetho die Urform Ramessu graecisirt ist, lehrt ein Blick auf Verschreibungen wie Box%oQiGaCTrig statt Box%oQig 2a'tr?]g in der XXIV. Dynastie. Damit will ich aber nicht behaupten, dass der Bei- name allenfalls 2ovßaaoi]{g) gelautet habe, obschon sich diese Form

ägyptisch durch ls\ su (cot facerej „Sohn" rechtfertigen Hesse. Viel- mehr erfordert der Anlaut dieses Beinamens als Element ein Sigma lunatum c, damit die Weglassung dieses c am Schlüsse von 'Pctjusoorj erklärlich werde. Die Correctur denn eine solche ist unumgänglich, da ägyptische Wörter überhaupt nur höchst selten mit 'iov beginnen ergibt sich von selbst, wenn wir statt / ein <£> ansetzen, welches mit / unverkennbare Aehnlichkeit besitzt. Der Beiname lautete also ur- sprünglich fßovßaoaij oder <PoPßaGofj(g), und da wegen des unmittelbar folgenden hr\ Ifr' ,,59 Jahre" wieder ein c lunatum ausgefallen ist, in vollständiger Form <Povßaöofjg oder <Po()ßaaofjg.

Was nun die erste Sylbe betrifft, so ist dies <£, die aspirirte (memphitische) Art den bestimmten Artikel zu schreiben. Ich erinnere der Kürze wegen an den König Phynezem I. (und (II.) der XXI, der bei Manetho als <i>ovoav6g, Wovoevrjg, Wovevog statt <Povv£örig figurirt.

Mit Hinzunahme von Hj^JZZCC, mir "W, fluvius, Nilus, entsteht Fh-aur

Was den Stamm des Beinamens ~ßaoofj(g) betrifft, so haben wir in Rücksicht auf die einzige Var. ßaoij(g) ein Analogon in dem bekann- ten cYzöojg , dessen achtere Form in 'Yxovöowg vorliegt, wörtlich ent- sprechend der Uebersetzung ßaodelg Tioi/usveg: \ j) 1I1XJ ]s^, 1 j> 1 ^ ^

Jiyqu-schasu. Wir müssen also für ßaaorj-g ein dem kopt. ILxiij exonerare laxare zu Grunde liegendes Prototyp erwarten.

In der That bezeichnet dieses Verbum, welches im Todtenbuch

108, 5 Pap. med. 99, ult. initio u. 93, 6 unter der Gestalt Jf^,

hasch, im letzteren Beispiele als Synonymon von A n_y»oDC^ Qau KÄ> vomitus auftritt, sehr häufig die Thätigkeit des hochangeschwollenen und sich über seine Ufer er gies senden Nilflusses. Es wird ein einziges Beispiel genügen, um diese Thesis zu erhärten. In den Nil-

4*

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texten38) beginnt die Aufzählung gewöhnlich mit dem Katarrakt bei Syene oder Elephantine , wo auch die beiden Quelllöcher des Herodot

Kycucpi und Mivcpi zu suchen sind, d. h. <^o8g | i^w^. Qer-Jiapi und

/www Q nwwvi

/wwwoH ii™* Mu-hapi. Auch sonst wird, z. B. in der Inschrift der

Stele von Kuban, wo es sich um die Erbohrung eines Wüstenbrunnens handelt, der reichliches Wasser ergoss, ein Vergleich mit den beiden

qer-ti von ' Im) (oder '=J qebh), d. h. dem Katarrakt angeknüpft.

Nun ist es doch jedenfalls bemerkenswerth, dass die erste aller Legenden lautet: ,,Er führt dir vor das Doppel^erfo' (von Takenes = Nu-

bien) mit seiner Wasserfülle J „o^/ww^ U -jj indem es sich ausgiesst

(&Ä.aj) für deine Person. " Wenn nun an diesen Stamm &ä.uj ein ab- leitendes f\!\ i angesetzt wird, so entsteht der Begriff Nei"kevg Ntilüog Niliacus, besonders da der Artikel ph + aur vorn antritt. Ich bin also berechtigt, die ursprüngliche Legende der Denkmäler und Manetho's: Papeoarjg <Po(jßaööfjg mit des Diodors Epochenkönig Neilsvg identisch zu finden. Die Lesart <Po(jßaooi]g P-aur-baschi führt zu <Po()ßag und IToXvßog (Der Troer <Poyßag} Vater des 'Ikiovevg, war der Liebling des cE()f.ieiag Homer Iliad. Z 490 491). Wenn nun dieser Beiname fest- steht, so wird meine oben anlässlich der ersten Kalkplatte geäusserte

Vermuthung, dass die Lücke nach Hapi (NilJ durch J o00^ basch zu er- gänzen sein dürfte, weil der Vergleich Uli j f==^ wie ein Libationskrug (oder der Katarrakt ?) unmittelbar hinter der Textlücke folgt, nicht sehr gewagt erscheinen. Denn ein ännl. Niltextdy) lautet: V'WWVA \\~~™x=k

J |^/WWV\|^'WW\A V -d J

„Der Libationskrug" oder „der Katarrakt libirt deiner göttlichen Person", Da ferner dieser Doppelname 'Pa/Lieoofjg (PoQßaaofjg aus Manetho's Sothisliste stammen muss, welche besonders die Epochenkönige her- vorhob, so verdient auch die beigeschriebene Regierungszahl „39 Jahre" unsre vollste Werthschätzung. Ich habe oben strengstens erwiesen, dass Ramses IX. JYeiXevg 1205 v. Chr. eine neue Zählung seiner Re-

38) Dümichen : Recueil III, pl. II.

39) Dümichen 1. 1. XCVI.

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gierungsjahre begann, deren 6. Jahr uns der Pap. Vindobonensis auf- bewahrt hat. Also liegen 18 Jahre vor und 21 Jahre nach der Epoche 1205. Dies führt nothwendig zum Jahre 1185/4 v. Chr. als Todesjahr Ramses IX. Wenn es sich nun zeigen sollte , dass er noch etwa ein halbes Jahr weiter gelebt und regiert hat, so wäre die Uebereinstim- mung mit des Eratosthenes Ansatz für Tgoiag akvooig : 1184/3 eine voll- ständige zu nennen.

Diese Bedingung wird in erwünschter Weise erfüllt durch eine andre Nummer des Syncellischen Kanons. Ich muss nämlich voraus- bemerken, dass der Fabrikant dieses späten Machwerks manche Posten der ächten Sothisliste Manetho's zweimal aufführt, ja einen sogar drei- mal, wie ich gleich nachher zeigen werde. Die gemeinte Nummer ist 58: Oovwyig sttj v. Ovrog sütiv 6 nao1 'Oar^ip TIo'Kv ß og , "AlyMvdoag avr\Q, Iv 'Odvööeiq cpsgouevog, nao' w (prjoi t,ov Mevtlaov avv rfj 'EXtVfl /Liera xr\v aXatoiv Tgolag xarr\yi&ai Jilavoj/Lisi'ov.

Ich habe schon im ,,Manetho" p. 25 gesagt: „In Betreff des Oovwyig ist zu bemerken, dass er diesmal in richtiger Umgebung steht. Die beigefügte trojische Gleichzeitigkeit etc. 1183 v.Chr. übrig." Nach Auffindung der Epochenkönige kann ich jetzt diese Bemerkung bedeutend verstärken. Denn warum hat denn Nro. 59, der unmittel- bare Nachmann dieses Oovojoig: 'A&w&ig (lies "A&atQig A0I2PIC statt AOI20IC) 6 xal <Povöavog, der doch kein anderer als Phynezem I. von der XXI. Dyn. ist, wie die Umgebung lehrt, den bedeutsamen Namen A&ujyig oder vielmehr A&wyig oder A&oQfjg^ Dies ist nichts Anderes als ein mit \\ i von dem Namen der Göttin und zugleich des dritten

Monats der ersten Tetramenie gebildetes Adjectiv [M^BtUU'W Hathori (Acpyodioiog Venereus) und bezeichnet die Epoche 1085 v. Chr., wo der Frühaufgang des Sothissternes am ersten Athyr des Wandeljahres statt- fand. Ich werde hierauf bei der Frage über die Zeit des Homer zurückkommen.

Aber was ist mit den 50 Regierungsjahren anzufangen, welche diesem Oovwyig beigeschrieben sind? Ich werde nachher zwei Beispiele aufzeigen, wo eine Vermehrung um 10 stattgefunden hat. Setzen wir also 40 Jahre, so ist deren Identität mit den 39 Jahren von No. 23

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einleuchtend , da die ursprüngliche Zahl 39 Jahre 6 Monate ebenso- wohl zu der einen als zu der andern abgerundet werden konnte. Manethos Königsliste zeigt dieses Princip durchgehends. Folglich hatte Ramses IX. nach dem 15. Juni 1184, wo die Jahre seines Nachfolgers gezählt zu werden anfingen, noch 5 bis 6 Monate weiter regiert und sein Tod träfe demnach mit dem November 1184 zusammen, wohin die bei Aeschylos Agamemnon v. 826 erhaltene Ueberlieferung von 'dem Plejadenfrühuntergange zu führen scheint. Wenigstens ist diese Notiz aus besserer Quelle geflossen, als der Ansatz um die Sonnenwende, der ja nur durch die proleptische Cyclen (vergl. oben) erreicht worden ist, nämlich durch Sommerjahre von Wende zu Wende. Was den Namen Oovwytg betrifft, so kann er ungeändert stehen bleiben. Denn die Niltexte bringen ausserordentlich oft das Verbum du-ura als Syno- inymon zu den oben besprochenen qeb und basch. So z. B. 40)

ob i is» ^=*^^^ ^ipn^~^ ,,Der Süd-Nil benetzt deiuen Leib in

dem göttlichen Teiche". Diesem duura entspricht das bereits oben er- wähnte kopt. OiooTreX inundare submergere eine baschmurische Dialectform statt OwoTrep. Vielleicht hat Malalas in seinem OovAig (beim ^cjoryig und <t>ct()aw 6 xal Na%a)Q) eine Spur dieses OiooireX erhalten.

Indess könnte OovwQig auch aus der so häufigen Schreibung atur \\<=^Z£ZXI=L für f| Q%ZZt=t aur fluvius entstanden sein. Letzteres ist im Kopt, i^po, in'1, flumen, Nilus; ferner in Aeyia, AvqItcu, wie die Aegypter früher hiessen Alyvjirog ist selbst ein Name des Nils bei Homer ziemlich getreu erhalten. Aus der durch Einschiebung eines t entstandenen Form, die auch ateru oder bisweilen auter 41j lautet, z. B. in dem nicht wohl anders zu ergänzenden Namen einer Tochter des

Ramses Sesostris42) 8 ^iM^JSSM Hont .... ateru" ent- stand mtthc Atrog = Nilus, Asrla AXyvnrog^).

40) Dümichen: Recueil III. pl. XCVIII. 6/7.

41) Damit hängt wohl der <PcääQos 7roru{uos bei Plutarch Is. Osir. c. 16 als Reminiscenz an I'h-autr zusammen.

42) Lepsius : Königsbuch No. 463.

43) Es verdient auch Beachtung, dass das alte Cbronikon Syncell. p. 95 die ganze ägyptische Geschichte in drei grosse Abschnitte zerlegt : AvQixtav, Msarpamf, Jlyvntlwv , welche sich

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Da indessen keine Var. auf tur hinführt und die constante Schrei- bung aller Quellen den Königsbeinamen unter der Form Qovcoyig bietet, so bleibe ich vorderhand bei der Ableitung aus du-ura und corrigire nicht in <Pova)()ig.

Man hat nämlich und ich selbst habe früher diese Meinung getheilt diesen Namen Oovwyig mit dem (pyovoyui tjtoi NsTlog des Eratosthenischen Laterculus zusammengestellt und wirklich stimmt die Bedeutung, wie die authentische Uebersetzung Nsllog beweist. Allein ich unterscheide jetzt zwischen Nsrtevg und Nslkog ; jener ist mir Ramses IX., dieser Ramses III, auf beide aber ist der Name Oovwyig anwendbar.

Dies ergibt sich zunächst aus der- Sothisliste des Syncellus. Die- selbe bringt nämlich unter No. 49 wieder einen Oovcoyig, der sich zu- nächst an 'Pa/LLeoofjg Alyvnrog (Sesostris Nr. 47 und 'AjLterwyig Menoptah No. 48) anschliesst, also unzweifelhaft Ramses III. ist, Herodots cPau- ipiviTog, der bei allen Auszüglern Manethos die XIX. Dyn. und den II. Band schliesst.

Die Auszügler setzen nämlich daselbst: OovwQig ert] £'. Nun ver- gleiche man damit den Qovwyig der Sothisliste Nr. 49 mit 17 Jahren, so hat man die Vermehrung um 10, welche ich oben bemerklich ge- macht habe. Diese ist aber keine willkürliche. Denn Nr. 16 cPalu€Orjg mit 29 Jahren ist derselbe Ramses III. und unter Nr. 54 kehrt er als 'Paiuixprig mit 45 Jahren wieder. Zählt man nun die beiden Posten 29 + 17 zusammen, so erhält man 46 Jahre, die sich zu den 45 genau so verhalten, wie die oben bloss vermutheten 40 zu den 39 des Ramses IX. Gibt man dem OovatQig I. (Ramses III.) 7 Jahre statt der 17 und zählt sie zu den 29 , so gewinnt man die ächte Summe ,,36 Jahre" für Ramses III. Sein 32. Jahr, wo er seinen Sohn Ramses IV. zum Mit- regenten annahm, hat uns der grosse Papyrus Harris geliefert.

offenbar an die drei Namen des Flusses aur, meterai (Mvdqa CHÜp) UQd AXyvnxog Aqui- p-to anlehnen. Da nun Ptah, der Protomonarch nach Memphitischer Lehie, auch mit dem Beinamen Nun = Nil aufgeführt wird und 'PctfieaariS Atyvnxog (neben ~i9-<o<ns Aiyvxzos) als 7. der XIX. Dyn. bezeichnet ist, so scheint es mir, dass ursprünglich die drei Epochen- könige für den Monat Pahapi (&c«ocpi) gemeint waren, die sich je um eine Sothisperiode oder ein Multiplicat derselben gegenseitig fernstanden.

Wenn ich oben gesagt habe, dass die Vermehrung um 10 bei den Posten 50 und 17 keine willkürliche sei, so muss ich dies jetzt nach- träglich auch beweisen. Die 7 Jahre des Ramses III. liegen vor der Epoche 1325 v. Chr., folglich regierte er noch 29 nach derselben. Bei der unausbleiblichen Verwechslung aber dieses Nsilog mit dem JVsdevg, welcher 39 Jahre (+ 6 Monate) regierte, konnte letztere Regierungszahl in 10 + 291/2 zerlegt und sogar 10 + 39]/2 zusammengezählt werden, woraus die Summe 50 entstand, welche der wirklichen von 49 Ys um gerade so viel überlegen ist, als für Ramses III. die Summe 45 um 1/-2 Jahr hinter der zu fordernden von 451/2 zurückbleibt.

Dass man aber frühzeitig den NslXog mit dem Neilevg verwechselte oder amalgamirte, beweisen die Beischriften desselben.

Der Epochenkönig Ramses III. Neiiog.

Die Auszügler bringen ihn als letzten der XIX. Dyn. Manethos in folgender Gestalt:

0ovu)()ig , 6 7ia(S cOu7]()cp y.akovuwog Uolv ßog, 'Aixavdyag ärrjQ, iq? ov tu "Iliov ialio, txr\ £'. Dies ist im Wesentlichen dieselbe Bei- schrift, welche die Sothisliste unter ihrer Nummer 58 für Oovcoyig II. Ntiltvg gebracht hat. Wohin gehört sie aber ursprünglich? Offenbar xu Ramses IX. Ntiitvg. Um dies zu erhärten und den urkundlichen Beweis zu führen, dass Ramses III. einen ähnlichen Beinamen nämlich Ntllog gehabt hat woraus allein die Verwechslung und Vermengung der beiden Könige sich endgültig erklärt müsste ich die betreffenden Monumentalangaben beibringen. Da ich dies aber schon bei anderer Gelegenheit44) gethan habe, so begnüge ich mich, darauf zu verweisen.

Aber ausser den Monumentalangaben gibt es noch andere Beweise. Da ist zuerst die Nachricht des Dikaearch45), dass von der I. Olympiade bis zum Könige Neilog 436 Jahre verflossen sind. Da dieser ein Schüler des Aristoteles war, der als erste Olympiade die des Iphitos ansah, welche man um 27 Stellen oder vielmehr, wie der Syncellus an-

44) Vergl. meine ak. Abhandlung „Die Sothis- oder Siriusperiode"

45) Schol. zu Apoll. Khod. Argonaut.

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deutet, um 27*/2 Olympiaden oder 133/4 Octaeteriden d. h. um 110 Jahre vor die Olympiade des Koroebus setzte, so stand ihm sein König Nukog auf 886 + 436 1322, wohin auch der Ansatz des Theon für die kfj&g der Aera des Mevofpyrjg führt. Dies ist das letzte Jahr der epochalen Tetraäteris 1325 1322 v. Chr.

Ich habe jetzt noch einen besonderen Grund , diesen JYsTXog des Dikaearch mit Ramses III. und der Epoche 1325 v. Chr. coincidiren zu lassen, nachdem ich die Doppeleigenschaft des 2tG6y%a>öig, den er zu- gleich mit dem NsiXog als chronologisch wichtig anführt, erkannt habe. Dieser kommt nämlich auf 3285 v. Chr. zu stehen, in welchem Jahre der Sothisfrühaufgang und zugleich die Sommerwende mit dem 1. Pachons des Wandeljahres zusammenfiel. Nun fällt auch ein Schlaglicht auf die Summe des dritten Bandes bei Manetho: 1050 Jahre; denn im J. 275 v. Chr. wo Manetho sein Werk schrieb , fiel wieder die Sommerwende auf den 1. Pachons: 1325 minus 1050 = 275.

Der zweite Beweis für die Gleichung JYsTlog = Ramses III liegt in dem Laterculus des Eratosthenes. Er führt ihn alsx <&qovoqü) tjtoi JYsllog auf und zwar in Gesellschaft des JEup&äg tEQ/i.ifjg ('AQ{ia%ig, 'Eyucuog, c'A^f.ta'Cg) der auf der Epoche 1465 steht, und des A/uoviiayralog d. i. cPa/Li€Oöfjg Miajuovv wegen der Phoenixerscheinung 1525 v. Chr., wofür ich schon vier Beweise erbracht habe. Es ist also nur natürlich, wenn man als den König der Epoche 1325 Ramses III. ansieht und diesen mit dem Nellog identifizirt. Die Namensform anlangend zerlegt sich <Pqovoqu)

ungezwungen in <f>yov-o()-w $r* Phru-hor-o, la grande bouche

superieure (Chabas). Dass man "f ru mit ,, Mündung" oder Flusstheil po ostium, pars zu übersetzen hat, beweist der fpayadj 6 xal JVaxojy auch in iVapct/cu umgestellt wie er bei den Byzantinern erscheint, ebenfalls kein anderer als Ramses III am Schlüsse der XIX. Dyn. und zugleich des II. Bandes von Manetho. Lässt sich ja dieses semitische

Na/wy in^' ^DJ JVe-Uog, ebenfalls aus ägypt. ^2^^^Jj Nuher, Nuhel ab- leiten, mit der Bedeutung abyssus coelestis sive superior.

Man ersieht jetzt auch den Grund, warum gewisse Könige in der Sothisliste zwei- und dreimal auftreten. Bei den beiden Nilkönigen

Nellog uad Nedevg ist es die Thatsache, dass ihre Regierungen durch Abh. d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. II Abth. 5

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die betreffenden Epochen oder Sothisincidenzen unterbrochen wurdenr wesshalb sie eine doppelte Zählung ihrer Jahre hatten : vor und nach der Epoche ; bei Ranises III. kam noch hinzu , dass er zugleich zwei Dynastieen XIX. und XX. und zwei Bänden des Manethonischen Werkes r II. und III. angehörte. Aus der Sothisliste lässt sich noch Manches lernen. Auch der Epochenname am Schlüsse der XIX. Dyn. Mavs&iofr

^c^l^^, MandaJiuti cDie Gabe des ThothJ eignet dem Könige

Ramses III. wegen des 1. Thoth.

Der kräftigste Beweis aber dafür, dass die Notiz über die trojische Gleichzeitigkeit im Sinne des Eratosthenes ursprünglich zu Ramses IX. Neiltvg gehörte, und erst durch Verwechslung dem Ramses III. Neilog beigesetzt wurde, liegt in der absichtlichen Verkürzung der Dynastiesummen des III. Manethon. Bandes.

Boeckh40) hat mit gewohnter Meisterschaft den Nachweis geliefert, dass die Summen des III. Bandes, wie sie jetzt lauten, von Alexanders Anfang rückwärts bis zum 7. Jahre des Oovwqls bei Manetho netto 853, also 1183 Jahre v. Chr. ergeben. Ihm war natürlich noch nicht das Material zugänglich, aus welchem gegenwärtig für uns die That- sache entgegentritt, dass in Dyn. XX., XXII. und vielleicht XXVI. be- deutende Verkürzungen vorgenommen wurden, um dieses concrete Jahr 1184/3 v. Chr. zu erreichen. Zählt man zu diesen 853 die 7 Jahre des Alexander, so hat man wieder die 860 Jahre der Aera des Era- tosthenes, also eine Bestätigung. Nun lässt sich aber doch nicht wohl annehmen, dass Eratosthenes, der Nachfolger Manetho's und im Besitze des Werkes Älyvmiaxa. vlaoluv?]luara nebst dem Buche tfjs ^atäecog, eine solche Verstümmelung sich habe zu Schulden kommen lassen, zumal, da sie ganz unnöthig war, indem es zwei Könige des Namens Nilus (Nileus) gab, von denen der spätere, wie wir gesehen haben, gerade seinem Zwecke der Anknüpfung an Aegyptisches am besten entsprach. Weil es nun ferner auch unwahrscheinlich ist, dass Manetho selbst die trojische Gleichzeitigkeit in seiner Liste bemerkt haben sollte, so bleibt nur die Annahme, dass spätere Bearbeiter seiner Liste, nachdem die

46) Manetho u. die Hundssternperiode (passim).

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Schrift ß. ifjg JEw&Hog verloren war, weil sie den Neihtvg in der sum- marischen XX. Dyn. nicht mehr auffinden konnten, sich an den NeiXog d h. Ramses III. hielten und auf ihn übertrugen, was Eratosthenes selbst auf den Ramses IX. Neilevg bezogen hatte. So scheint sich mir der durch diese Verwechslung und Amalgamation herbeigeführte Wirr- warr befriedigend aufzulösen. Ich will indess nicht verschweigen, dass Manetho selbst, dessen Namen ja ebenfalls Mave&iod- ,,die Gabe des Thoth" lautete, wie der Epochenamen Ramses III. wegen des Sothis- frühaufgangs am 1. Thoth, zu der Weissagungsgabe des TTycoTeog ver- anlasst haben könnte. Denn der sein Buch rtfe JZoj&eog (sie !) bei Syn- cellus einleitende Brief hat den Passus: mi'Qr]TovvTi ooi tieql xvSv ael- lovr.iov rw xoatucp yiyven&ai, xa&ojg ixelevoag fis, na^acpavipezai <joi ä tfia&ov Uqcc ßißlia y^onpivra vno r.ov nyonaroyog TQtgfisyiorov cE(j/uov (Ocuß-). ^'E()(jwo6 uoi dtonoT.a uov ßsoilev! Dies erinnert an die pseudomanethonischen AnoTeleo/tiaTa und so wie alle Schriften auf Thoth zurückgeführt werden, so auch bildet derselbe Thoth den Anfang der S othis periode. Dieser trifft aber 1325 v. Chr. in das 8. Jahr des Ramses III. Wenn ferner Synceli. p. 76 den Namen AYyvTTrog dem Bruder des Javaog und zwar als siebentem der XIX. Dyn. also Ramses III, beilegt, so rechneten einige diese 7 Stellen rück- wärts und versahen wie z. B. Eusobius, den Ramses II. Sesostris mit diesem Beinamen AXyvnr.og. Berücksichtigt man Diodors sieben Ge- schlechter, zwischen cPijj,<pig und Ntilevg, so könnte Äiyvnxog auch ihm eignen und nur eine andere Var. für „Nil" darstellen, cf. S. 30 AvqItcu, WLtar^aioi Alyviinoi, so wie den ,, Nachtrag".

Auf jeden Fall aber beweist selbst die falsche Anmerkung bei OoviüQig am Schlüsse der XIX. Dyn., dass Eratosthenes Troja's Kata- strophe an einen ägyptischen König mit dem Beinamen „Nil" anlehnte. Ich hoffe gezeigt zu haben, dass er den Ramses IX. Netlsvg und keinen andern im Sinne gehabt hat, da dessen Tod in dasselbe Jahr 1184/3 gefallen ist, welches er als Tgoiag alwoig ansetzte.

Freilich wird man fragen, was denn der Tod eines ägyptischen Königs mit dem Falle des Priamus und seiner Stadt zu schaffen habe? Die Antwort hierauf lautet vorderhand dahin, dass Eratosthenes als Chronologe nirgends als in Aegypten einen festen Haltpunkt antraf,

5*

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um seine Aera daran zu knüpfen. Vielleicht folgte er auch einer homerischen Ueberlieferung. Betrachten wir daher diesen Dichter etwas genauer.

Aegyptische Könige beim Homer.

So wie Herodot und Diodor im Allgemeinen aus Aegyptens Ge- schichte nur chronologische Epochenkönige namhaft machen, ebenso ist dieses der Fall mit Homer: ich schicke mich an, den Nachweis zu liefern, dass wenigstens fünf der von ihm genannten Per- sönlichkeiten ägyptische Könige, also historisch sind; dass dieselben ferner chronologische Epochen bezeichnen, und end- lich — was von der höchsten Wichtigkeit ist dass diese Epochen eine zusammenhängende Reihe bilden.

1. Ramses III. n^Loxevg. Unmittelbar nach S e s o s tr is (Ramses II.) und Pheron (Menophthas) bringt Herodot II, 112 den Proteus. Er nennt ihn einen Memphiten und lässt ihn das im Norden vom Ptah- tempel gelegene Heiligthum bauen, worin ein iqov Tfjg geivrjg l4(pyodhr]g gewesen sei, welches er auf die Helena deutet. Desshalb kommt Paris- Alexandros , der Tevxyog , mit dieser dem Menelaos entführten Frau zum Proteus. Da nun bei ihm auf IT^mT.evg unmittelbar der König cPau\pivirog folgt (Ramses III.) und von diesem die Tekkuri und Pulasta (Teukrer und Pelasger) zu Land und zu Wasser besiegt, sowie ihre Frauen in seinem Gynaeceum zu Theben in erotischem Verkehre mit Ramses III. jetzt noch zu sehen sind 47), so ist es augenscheinlich, dass Ilywzsvg mit 'Pauiplvirog identisch ist. In der That führte

Ramses III. den Titel ?P f=3 P'ruti„ das Doppeloberhaupt", den

schon Ramses II im Pap. Anastasi I. p. ult. beigelegt erhielt.

Nun bedeutet aber ruti auch exterus z. B. Pap. Leydens I, 340

HI, 1: TTTcJJ^Tx^^^H^© gentes exterae veniunt in Aeg.yp- tum". Desshalb ist bei Diodor 1. 62 ITfJunsvg mit Khr\g identifizirt, in welchem ich den Krjyrwg der Sothisliste und das kopt. rct alienus

47) Vergl. hierüber meine Aufsätze in der „Allgemeinen Zeitung" 1875 (Juli-August).

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erblicke. Sonst bietet Diodor I. 45 den Ramses III. zuerst als o/jHjl- rv/Liog des Sohnes von Busiris (Sethosis I.), also des Ramses II.- Miamun-Aegyptus; sodann I. 50 53 unter der Namensform Ov%o()8vg = 30yvQag der Sothisliste und NaftioQ ini fluvius, Nilus" der Byzantiner; Eratosthenes bietet analog <£>qovoq(jj = Nellog d. i. buch- stäblich W ^_^ Phru-hor-ö la grande bouche superieure 48). welchen

Titel ihm sein Vater Necht-Set als Mitregenten beilegte. Endlich kennt Diodor I. 62, 63 den Proteus als unmittelbaren Vorgänger und Vater des reichen 'Pe/ucpig lies cPetuipig oder 'Pejuyjrjg. Beide Namen eignen wieder, wie bei Herodot, dem einzigen Könige Ramses III. Der kräf- tigste Beweis hiefür liegt darin, dass er sieben Geschlechter nach ihm den Neilevg bringt mit der Andeutung, dass Rempsis III. den Bei- namen Äiyvjixog d. h. Nilus geführt habe. In der That liegen zwischen Ramses III. und Ramses IX. NsiXsvg 7 yevsai, wie schon aus der Nu- merirung des Ramessiden III. IX. erhellt. Nimmt man dazu, dass Ramses III, wegen seines Seesieges über die Tekkuri und Pulasta aXiog ytyujv (seine Söhne waren ebenfalls dabei betheiligt), wegen seines Titels

T;::~:7 jfl 44 n$ »dominus transformationis MsTauoQyiorog" 49) je- ner sprüchwörtliche Gestaltverwandler, und wegen des Satzes: IL . ^£<=> $ ^y^11^ Sapi chnemwk ,,der Nil ist mit dir vereinigt'' ge- radezu Nellog (Eratosthenes) genannt werden mochte, so hat man die Hauptzüge des Epochenkönigs Ramses III. beisammen. Seine Epoche ist 1325 v. Chr. und der betreffende Epochalname Mave&wd* „Gabe des Thoth" bezeichnet den Sothisfrühaufgang am 1. Thoth.

2. Ramses IX. NeiXevg. Die Zusammengruppirung dieses Königs mit Ramses III. bei Diodor ist keine zufällige. Denn für's Erste beweist

die Textlegende der Kalksteinplatte : iL, VN^^Vi Hapi-nu ,,du unser Nil" und 9. Q^S3^ ß (M^* „das Mittelmeer und das Rothe Meer

sind unter deinen Sohlen", dass schon die Zeitgenossen ihn nach dem Nil benannten. Sodann ist er, wie Ramses III., ein Epochalkönig

48) Chabas: Rech. XIX. Dyn. p. 27.

49) Dümichen: Hist. Ins. X. col. 40 cf. pl. VIII. col. 14/15.

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und zwar für das Jahr 1205, wo der Sothisfrühaufgang am 1. Tage des Monates Pa-hapi <Paw(fl heliakalisch aufging. Dass sein Todesjahr 1184 des Eratosthenes Ansatz für Tyoiag alataig veranlasst hat, ist oben weiter ausgeführt. So wie nun unter 1 so eben der Nachweis geliefert worden ist, dass der vielbesprochene, aber niemals bisher richtig ver- standene ä&at'arog Proteus in der Quelle des Homer ein ägj'ptischer König gewesen, ebenso ist es gewiss nicht zufällig, dass die Auszügler Manethos auch seinen ITolv ßog als König auffassten. Freilich be- wog sie vielleicht zu dieser Annahme der Wohnsitz Theben, weil sie wissen konnten, dass die XX. Dyn. eine thebanische war. Ich kann mir nun nicht versagen, die Legende herzusetzen, welche Ramses IX. nicht bloss in seiner Bannerdevise, sondern auch das erste Beispiel

dieser Art! in seinem Hauptringe führt: _1 Cha-m-oas ,,thro-

nend in Theben". Sieht das nicht aus wie das Prototyp zu der home- rischen Uebertragung 3Ahtav8^r\ üolvßoio da^ay og erat3 irl Orjßrjg AlyvmLrig ?

Den Namen dieser Gattin, der bisher nur (Lep^ius Nr. 513) als

fiiJjj mit den Titeln „göttliche Frau (nallag) des Amon-ra, könig- liche Hauptfrau" vermuthet werden konnte, hat uns wahrscheinlich ein Turiner Papyrus 50) aufbewahrt unter einer Form , die. H. Chabas als

(I W £& 1 zu lesen scheint, da er Nefert-ari transscribirt, welches „die Tüchtige des Gefährten" übersetzt werden kann. Es würde sich der Name mit A'ky.avd^r\ decken, wenn man berücksichtigt, dass man griechische Anklänge bei der Uebertragung gesucht haben wird.

Nun muss auch die Frage wegen des UoXvßog an die Reihe kommen. Ist er eine Uebersetzung, oder vielmehr eine Adaptation an den grie- chischen ITolvßog? Denken wir uns ein ägyptisches Prototyp von der

Form (jg q a££a Jn5 P-aur-basch und erwägen den baschmurischen

Dialekt, welcher /'statt r setzt, sowie den Umstand, dass neben B^iy auch Iloiy Btouj ttfl3 erscheint, so mochte Polubosch ungezwungen entstehen, um so mehr, als das Schluss-s der Namen ^r/.elog, Ayafcog,

50) Lieblein : Deux papyrus pl. III, 6.

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'Oozog damals breit gesprochen wurde, wie die von mir zuerst51) auf- gezeigte Originalschreibung Schakalasch, Aqaiwasch, Oaschasch darthut. Auch erhielten die Griechen manche Form aus dem Baschmurischen Dialect, der l für r gebraucht. Daher der Wechsel in der Schreibung Tlolvßog und <Pooßagy wobei auch noch die Memphitische Adspiration mitspielt.

Dieser Name mochte aber auch, da ägyptisches b dem Laute m sehr nahe stand z. B. Benument = Benevent; «xejunoTTTe = ^eßevvvxog etc., in seiner Form Paurbosch an Priamos anklingen. Dies ist noch lange nicht so weit hergeholt, als der ,, Peter von Mos"52), welcher = H^la/uog sein soll, da er als mythischer Stammvater der Franken auftritt.

Wir haben also in dem homerischen Tlolvßog eine passende An- knüpfung an Ramses IX. NeiXevg = Palu-bosch gefunden, unterstützt durch den Namen Nefertari = sHxavdori und besonders durch den Beinamen des Königs: Chamoas, welcher das erat evl Orjßrjg Alyvnxij]g trefflich erläutert.

3. Dass man aber nicht alle homerischen Namen ägyptischer Männer zu Königen stempelte, beweist der Oujv in dem Verse io&Xät oi Uolvd a/uva noyey, Owvog naoaxoixig, AiyvTixLr}.

Herodot macht den Oiövig (II. 113, 114) zum Wächter der Kano- bischen Mündung des Nils und dies mag eine Personifikation der am Ausflusse dieser Mündung gelegenen Stadt Thonis (Thennu) sein (Strabo)r die mit der Mündung selbst gleichnamig gewesen zu sein scheint 53) ; allein wir müssen uns mit dem Namenpaare Otiovig ITolydauva hier doch noch weiter befassen.

Entschieden ägyptische Ueberlieferung liegt dem homerischen Be- richt über die Aerzte Aegyptens zu Grunde. Wenn man auch nicht mit Diodor und Tzetzes 54J annehmen will, dass Homer selbst in Aegypten gewesen sei und die Hieroglyphenschrift verstanden habe, so lässt sich

51) In meinem Schulprogramme (Max-Gymnasium 16G7J „Homer und Aegypten".

52) Vergl. C. Hofmaim: akad. Sitzungsber. Nov. 1876. Die als Abkürzung Priamos gefasste Schreibung führte auf den Peter v. Mos wie ähnlich Pythagoras zu Peter Gower wurde!

53) Vergl. hierüber mein oben citirtes Programm.

54) cf. meinen „Horapollon" in der Einleitung und Müllers frgg. histor. graec.

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doch nicht mehr in Abrede stellen , dass ihm Aegyptisches zu Ohren und zu Gesicht gekommen ist.

Das schmerzstillende Mittel, welches Helena dem Telemach reichte, veranlasst den Dichter Od. <f 227 232 zu der vielbesprochenen Aus- führung:

Tota Jiog &vyari]() e%8 (payfiaxa fj/rpcioBvra 3Eci&'kä, tcl oi JToXvda /Lira tioqbv, Ocövog naydxoing AlyvTuiii], rfi Tikelara ysysi 'QeidatQog afjovya <PaQuaxa, nolla. fUv eo&lä [tspiy flava, nolla &t Kvy^a. 3lrjT()os <5* ezacfTog smara/uevog ntyl navtwv *Av&()U)7iiüV' i] j/«(> Uaii]ovog eUfi ytvt&h]g. Von den vielen altägyptischen Urkunden medicinischen Inhaltes will ich hier nur den Papyrus Ebers und den Papyrus raedical des Berliner Museums erwähnen. Ersterer hat auf seinem Verso ein merk- würdiges Doppeldatum, welches ich noch immer auf Chuenra Siptah beziehe ; letzterer ist seiner Schlussformel zufolge geschrieben zur Zu- friedenheit des königlichen (Gemahls ?) Amunmesu. Es sind dies wohl die 2 Könige der XIX. Dynastie, welche in den offiziellen Listen der Ramessiden als illegitim mit Stillschweigen übergangen werden. Aber ihre Denk- mäler und Gräber 55) bezeugen, dass sie factisch regiert haben vielleicht auf Grund der Verheirathung mit Princessinnen des Ramessidenhauses. Es ist mir nun längst zur Gewissheit geworden 5ß) , dass beide Aerzte waren, und dass sich daraus der Ausdruck dvo adtlcpoi sowie vA<j[ia'Cs adelcpog Javabg erklären. Es ist nämlich von den späteren Bearbeitern das Wort c&.eiii medicus mit cdoi57) frater verwechselt

55) Vergl meine Abhandlung: „Die Sothis- oder Siriusperiode". 5H) Vergl. meinen Aufsatz in der Allg. Zeit. 1875 „Papyrus Ebers."

57) Daraus erklärt sich auch, wie die 'Yxov-naojs = ßuaiXtig noiuivts bei den Auszüglern zu c<deX<poi (Poii'ixtg " jQcißeg werden konnten. Vermuthlich stand in der Quelle

i^-Ä ss?7 ^ ^ sanu nu Punt latrones Phoenices und da im Pap. Anast. I. 20, 1 in

ganz sicherer Umgebung dieses identisch mit c^tl frater geschriebene Wort CÄ>.d>.ttl Cüitll latrones vorkommt, so ist an dieser Verwechslung nicht zu zweifeln. Was den <Poivt£ in der fingirten Erzählung des Odysseus betrifft, so vergl. mein Programm „Homer und Aegypten" sowie Gladstone „Homeric Synchronism" pagg. 186,' 196, 271.

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worden. Noch ist zu bemerken , dass Manetho's Liste in der XIX. Dynastie unmittelbar nach Afierecp&rjg (Meneptah) unter den entstellten Formen 'PajLieofjg und A/ueveiivfjg aufführt. Für letzteren bietet die Sothisliste No. 55 den Doppelnamen A/uevorjg 6 aal AjLisvs/LU]g, aus dessen Combination die ächte Form Ausvfieo^g = Amenmesu entspringt.

Was den 'Pajtieofjg betrifft, so zeigen die Schreibungen cAojLta'ig. cEyuaTog, 'Eyufjg, dass der Epochennamen cAousoi]g d. i. aA^fxayig zu Grunde liegt. Da nun aber schon einmal für die Epoche 2925 v. ein König cA()uayig vorkommt Censorinus kennt ihn als Arminon, d. i. IdQ^aCv-ov, worin Lindenbrog richtig Armahin erkannt hat so war es nöthig, demselben noch einen unterscheidenden Beinamen zu geben. Dies ist

aber ^. "^ _f dun tcoii -e-um &hki surgere germinare ; also ein Begriff",

der mit Aofiayjg ov d. i. S^J^ö^o % Jiunnu vwg so ziemlich in der

Bedeutung übereinstimmt. Da aber, wie gerade das Beispiel hun = hunu beweist, die ägyptischen Wortstämme auf n einer Art Reduplication des Auslautes unterliegen, so mochte statt des dem Otiov entprechenden Tcon, -ecoii ;f dun auch ein zweisylbiges Wort wie Odovig und e^Hiti mit derselben Bedeutung gebildet werden. Die Griechen nun sahen darin Javaog, während doch damit nur der Epochalname des Siptah 1465 gemeint war, wo sich die Sothiserscheinung am ersten Tage des

Mesori ereignete. Da nun dieser der letzte Monat: <==>Jf o>vq

A.pe'x, ^TpH"* terminus im ägyptischen Jahre ist, so wird verständlich, warum man diesen Javaog als Fremden in das Land ^Aqyog hat wan- dern lassen.

Dieser König führt die offiziellen Namen: V&k cha-m-clieb „thro- nend in Cheb(unteräg. el Hebe58) Jj^ f o^,®3 £^©j| Chuenra- sotepenra

(Vorname) ^ (SlW^SÖ MerienPtah Siptah (Hauptname). Dieser letztgenannte entspricht offenbar dem JEup&ag == v^g cHcpaiorov beim Eratosthenes, so wie der Zusatz 6 xal 'Ey/Lifjg als Beiname = aA^ixayig zu fassen ist. Ueber das Prototyp zu Javaog = Qojv Oiövig ist oben hinlänglich gehandelt.

58) Der Pap. Ebers sagt in der That zu Anfang, dass der Verfasser aus Sais hervorgegangen sei. Abh. d. 1. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. II. Abth. 6

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Um nun seinen ursprünglichen Titel c^em medicus (nicht c&n äfoltpogl) zu begreifen, erinnere man sich vor Allem, dass ,,der Sohn des Ptah" seit urältester Zeit ein synonymer Ausdruck für „Arzt" ist, denn schon in der III. Dyn. Manetho's erscheint ein Arzt oder Aes- culap als zweiter König Toöoy&og' ovrog lioxlrjTiibg Alyvniioig y.axä (dia) rr\v laryizrjv vsvojuiarcu (szXrj&rj). Ich habe die Monumental- schreibung dieses Königs längst erhärtet tss ( "^^Lj (Sw^^üllrfl Täsort-Imhotep , wovon Toooy&og 'IjLuofrrig (= Aönlrpiiog) getreue Um- schriften sind.

Dieser König59) bildet ebenfalls Epoche und zwar für das Jahr 3525 v. Chr. Man sieht jetzt auch ein, warum sich der Arzt- König der XIX. Dyn. nicht ebenfalls Imhotep (3Itua>d-r]g , ^I/novO-^g) genannt hat: er wählte für sich die Bezeichnung Si-Ptah JZup&ag = vlbg 'Hcpaiorov, weil sie sich begrifflich damit deckt und doch nicht lautlich damit zusammenfällt, um nicht eine Verwechslung herbeizuführen, wie er ja auch neben seinem Epochenamen "AQ^ia/jg den unterscheidenden Zusatz OöiJv „Sprössling" annahm, weil ihm in der ägyptischen Ge- schichte schon einmal ein anderer König mit dem EpochenanTen c!A(jtua%ig- (bv vorausgegangen war. Dass das Epitheton Merienptah „Liebling des Ptah" zum 2icp&ag passt, wird doch wohl Jeder einräumen.

Seine interessante Gemahlin, die überall sogar den Vortritt vor ihm hat, heisst i^^&fäEl0 "k^ | P^J] „die königliche Hauptfrau, die Ge- bieterin der beiden Gegenden: Tavesurt" und ist vielleicht mit der Prin- zessin und Königlichen Hauptfrau, Gebieterin von Ober- und Unter- ägypten l r\jvij 60) Nebtentoui „Gebieterin beider Gegenden" iden- tisch, da ihre Schwester (?) die „Prinzessin, die kgl. Hauptfrau, die Gebie- terin beider Gegenden", Namens: l ^bs*'^^^' ' ,'MJ Bokturnur in

analoger Weise den Arzt-König Amenmesu geheirathet hat.

Der Hauptname Tavesurt (mit dem bewaffneten Arme!) bedeutet rj dajLictTeiQa, was zu Tlohuda^iva stimmt. Als Gemahlin des Arzt-Königs

59) Vergl. meinen „Manetho" p. 144—151.

60) Lepsius: Königsbuch No 456; cf. No. 459, 479.

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0wv (^tcp&dg) war sie recht wohl in der Lage, der Helena Arzneimittel zu geben.

Ich hoffe, dass man in diesem Beitrage zur Erklärung des Homer mehr als einen müssigen Einfall erkennen wird, besonders da ich sofort noch andere Könige im Homer nachweisen werde.

4. Diesmal gibt der Dichter den Titel ßaoiltvg „König" ausdrücklich; es ist nur fraglich, ob damit gerade ein ägyptischer König gemeint sei. Od. er 84 87 droht Antinoos dem Bettler j1qoq mit den Worten:

n/ui/'ü) o fjTieiQovde, ßafoov tv vifi fitlalrrj, Elg **E£itov ßaoilfja, ßyorujv firjlrjuova narrcor, c'Og z dnb §iva ra/ujicn kal &vara vrfku ya'ky.m, M'rjdea x' t&yvoag d\oj] xvoiv wua d<xaao&m. Ebenso y, 307 dem in unscheinbarem Aufzuge erscheinenden Odysseus : . . äipay dt ot vrfi fislalvrj

Eig 'E/stov ßaoüija ßyordiv drjlrjuova ndvxmv, TTsfitpo/Lisv' evd-ev (T ov n oaioatai. alla l'xijlog Ulys T«, u^cT t^idaive fier1 ard^aoi xovyoTtyoiotv. In meinem Programme von 1867 habe ich mit diesem "JS/«tos61) den Nasen- und Ohrenabschneider tdxxiodvrjg des Diodor, den Gründer von 'PivoxoXovya; ferner den grausamen Tyrannen "Ay&og (A%&6?]g, Ochitois) der Manethonischen Auszügler zusammengestellt, auch die monumentale

Legende ( (llj ^ J Ahetes von einem auf Sicilien gefundenen Diorit-

fragmente aufgezeigt. Ich denke, diese Uebereinstimmungen sind kein Werk des Zufalls und das homerische "Eyerog stammt aus einer guten Quelle, die alles Zutrauen verdient.

Jetzt, nachdem ich sämmtliche Epochenkönige der ägyptischen Chronologie aufgefunden habe, wird es erst möglich, dem "Eyetog seinen wahren Platz sicher anzuweisen und zwar in der IX. Dyn. auf dem

61) Sonderbarer Weise erwähnt Gladstone: Homeric synchronism p. 271 gerade diesen Namen "E/ftos nicht, da er doch sonst die Aegyptiaca aus meinem Programme : „Homer und Aegypten" 1867 ziemlich ausführlich gibt. Dazu kommen bei ihm Druckfehler vor wie Achthors statt Achthoes, Isis statt Iris, ja sogar mein Name ist in seiner ersten Ausgabe p. 10* sqq. con- sequent „Lauch" gedruckt, obschon dem Verfasser meine Schrift vorlag.

6*

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Jahre 2665 v. Chr. Zu dieser Entdeckung verhalf mir sein beim Abul- faragius aufbewahrter Epochenname Semunus. Es zeigt sich, dass

dieser Name, ohnehin == ^ifxovvog oder JEs/liovvoA, aus der Originallegende

'•'•<•' ,1111111,

j:

/wv?e Semunch, assibilirt SemunscJi, entstanden ist. Denn ^^ munch

ist ein Titel des Ptah in seiner Eigenschaft als deus tutelaris des zweiten Monats Pa-häpi, d. h. <Paiocpl. Daher kommt es, dass Ptah bisweilen den Doppelnamen „Ptah- g£§ 62) Nuliel" = Nsllog führt.

Nun aber liegt die Epoche dieses "E/ctos 3£euovvo/k 2665 ge- rade um eine volle Sothisperiode vor der Epoche des Ramses IX. 'PajLieööfjg <Povßaoorjg (= TTolvßog <Po(jßag?) 1205 v. Chr. Man sieht also aus einem neuen Grunde ein, warum Homer diesen Epochenkönig zugleich mit dem Neilevg seiner trojischen Gleichzeitigkeit überkommen hat. Wieder eine Sothisperiode vor 'E%€rog JEsjLiovvo/k erscheint der Protomonarch Menes auf dem Jahre

4125 v. Chr. mit dem Epochenamen fpdrcacpig = ^l^'WWNAj{§ i i™£ Pa-n-hapi, mit. dem n des Genitivs, um ihn von dem Monatsnamen selbst: <Pau3(pl zu unterscheiden. Vielleicht lassen sich auch noch von diesem Protomonarchen Menes -Phanophis im Homer die Spuren auf- finden.- — Die stete Gleichung Mrjrrjg = Msar^atfi gibt zu denken,

da dieser semitisirte Namen Dn^p Mizraim auf I il1^1 meter mto

sc

meto(r) gurges (cf. lüpn?' pluvia) zurückleiten könnte. In dem meteru suchte Isis den zerstückelten Leichnam des Osiris (Plutarch c. 18 ta

elrj). Dazu kommt, dass "2^||1 aau^ »die Mitte" in der Bedeutung mit 1 meter mh^ medium übereinstimmt und dass mit Hinzunahme von

=f p-to ,,des Landes", ungezwungen AXyvmog entsteht, welches ja

ursprünglich den Nil bedeutet. Nun ist aber j eine der Nilmün- dungen und zwar die Kanobische. Auch das Steph. und Hesych. /7t/- [ivyig = P-to-merat, „das Land Merat (Aegypten) und Mudga gehören hierher; letzteres erklärt den Uebergang Meter in Mizraim, also auch <Pav(xxpig = MsöryaCtA,!

62) Chabas: Etüde sur l'ant. histor. p. 248: Nefer-ho-Nuhe 1 =a „Ptah-Nil".

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Für jetzt enthalte ich mich der dessfalsigen Untersuchung und be- gnüge mich mit der Constatirung, dass man in der Wahl der Epochen- namen wechselte, weil eben die in der chronologischen Zeitreihe schon vorhandenen zu berücksichtigen , resp. zu vermeiden waren. Wer aber glauben sollte, erst Manetho unter Ptolemaeus Philadelphus habe diese Epochenamen geschaffen, der irrt sich gewaltig, da ich schon auf einem Denkmale der II. Dynastie die betroffende Bezeichnung des Königs Fexläg (Bav&lag) cPrjOcov: 3765 v. Chr. nachzuweisen vermag.

Es übrigt noch ein Epochenkönig des Homer: Nrjdv^og.

5. Der im Homer öfter aufstossende Ausdruck: vrfivfiog vnvog lässt sich mit griechischen Sprachmitteln nicht erläutern ; denn dass er nicht fjdvg mit vorn angetretenem v ecpel/cvöuzuv sein kann , wie man als Nothbehelf der Erklärung vorgebracht hat, oder aus vi] -f- dva> (wegen vrjyysros) stammen mag, dürfte jetzt eine ausgemachte Sache sein. Dagegen bietet sich das Koptische hotcm hottcju. dulcis, suavis ungezwungen dar. Die demotische Schreibung ist nedem, die hierogly- phische netem. Ich dachte mir nun, dass dieser Ausdruck dem Dichter desshalb bekannt geworden, und in sein Wörterverzeichniss übergegangen sei, weil ein ägyptischer König diesen Namen getragen habe.

In der That erscheint am Schlüsse der Ramessidendynastie XX. eine

„Königstochter, Gebieterin beider Länder (Q^,J £ j 63) Tanetemi, „die Angenehme". Dass der Artikel ta bei diesem Namen nicht obligat ist, zeigt die Variante: ,,die königliche Hauptfrau, die er liebt,

Netem't mit dem nachschlagenden t des weiblichen Geschlechtes. Diese Princessin aus dem Ramessidenhause legitimirte den „Hohepriester"

P e h o r (ob nicht Her-hor?) <Pqov mit dem Beinamen 1^^ J §wf smen-da

JZfiev&fjg, das Haupt der XXI. Dyn. gerade so, wie wir es oben bei der Tavesurt Ilolvda^va dem Qujv JEicp&ag gegenüber, erkannt haben.

Ein zweites Beispiel bietet der Name seines Sohnes ^wt"®" Pi-anch =

63) Lepsius: Königsbuch No. 529, 532. Er liest ersteres Tahemi, was entschieden falsch ist. Allerdings hat er statt o netem, h Q was keinen Sinn gibt.

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6 "Qdjy. In der assibilirenden Aussprache, die schon hieroglyphisch sich

als : "^-V- anusch (cf. 'Eyujwxog Aufänuch) darstellt, ward dieser Name

zu "Avvoig von der Stadt "Avvaig^) (Herodot). Er ist der famose Blinde (rvcplog) auf den eine Rechnung mit 500 700 (lies 600!) Jahren von dem Epochenkönige 'AjuvyTalog (lies AQ/Livralog 485 v. Chr.) zurückgeführt wurde.

Der Sohn dieses niemals zur Regierung gelangten Pianch oder Arvaig, Namens Phi-netem, hat, so lange er regierte, die Ringeinfassung ebenfalls nicht angenommen. Aber sein Sohn „der erste Prophet Amon's

f Oö!§) ] Mencheper-ra Neytlyjyrig statt MtvxE(ptQr[g, erwähnt ihn öfters

in seinen Legenden unter der Form: f ( . >fcVNf J Meriamun „der Amonsliebling Pliinetemu. Dass aus diesem Prototype Wovsvog, Wovotvr\g, Wovvioi]g 4*ovoavog entsprossen und in <t>ovvtai]g zu verbessern sind, liegt auf der Hand. Ich habe nun, wegen seines Beinamens A&coyig in der Sothisliste N. 59, seine Epoche auf 1085 v. Chr. festzustellen vermocht, weil dieser sein Beiname auf den Zeitpunkt hinweist, wo der Sothisfrühaufgang am 1. Athyr (Hathor) sich ereignete.

Da aber, wie wir oben an den Beispielen Netenvt statt Tanetemi und Avvoig statt Pianch gesehen haben, gerade in dieser Zeit und innerhalb dieser Familie der articulus praepositivus pi 6 und ta = r\ facultativ war, so ist es kein übereilter Schluss, auch das homerische vrjdv/Liog auf diesen König als Nrjdv/nog = fPovyrjdujLiog zu beziehen. Die nächste Veranlassung zur Herübernahme dieses Fremdwortes mag der Name wottt€m = niavd^ayo^ag geboten haben, da der Mandragoras oder Alraun ein betäubendes (narkotisches) Kraut ist und desshalb füg- lich als Eigenschaftswort vrjdv/iiog zu vnvog sich gesellen konnte: „der betäubende Schlaf".

Warum hat aber Homer nur bei einem einzigen der in diesem Ab- schnitte erläuterten Namen den Titel ßaoiltvg. da doch jetzt festgestellt sein dürfte, dass sie sämmtlich Könige bezeichnen? Die Antwort scheint mir ziemlich leicht: er fürchtete offenbar, keinen Glauben zu

CA) cf. Todtenbuch c. 125, 28, c; 142, 22 a.

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finden, wenn er so verschiedene und in weit von einander entfernten Zeiten lebende Menschen als Herrscher Aegyptens genannt hätte, mit denen doch nur seine trojischen Helden, also Leute derselben Zeit, in Berührung kamen. Wird dieses Ergebniss zu Gunsten der Ver- schiedenheit des Verfasserthums von Iliade und Odyssee oder für die Einzeln-Liedertheorie sprechen? Wie liesse sich dann die Ab- sichtlichkeit der Weglassung des Titels „König" begreifen? Aber der cOtu-i]()og ,, Zusammenfüger" mochte dieses bewerkstelligen. Auch diese eine Hauptsache muss ich noch betonen, dass dem Homer lauter suc- cessive Epochenkönige Aegyptens überliefert wurden.

Homer's Zeithorizont.

Im unmittelbaren Anschlüsse an den Satz: Neilevg IIsloTiopvrjoiGw xal "A&rjvaiwv f\yov{i£Vog slg 'Aöiav sXS-wr rag 'lioriag (pziGs noleig txßa- Iwv rovg Käyag der uns ein analoges Beispiel der Verpflanzung eines ägyptischen Königsnamens 65) in's Ausland zeigt, wie Uyiauog Uolvßog = 'Pa/ueGofjg <Po^ßaoofig spricht der Syncellus p. 309/340 über die verschiedenen Ansätze der Zeit des Homeros. „Einige, sagt er, setzen seine Blüthe vor die Rückkehr des Herakliden (1104); Eratosthenes aber und seine Schule 100 Jahre nach den Trolca; Aristarchus ferner mit seinen Anhängern 100 J. nach der Colonisirung Joniens (1040), Philochorus aber. und sein Anhang in die Zeit der Jonischen Auswanderung; als zu Athen Archippus lebens- länglicher Archont gewesen, 184 J. nach den Troica (1000); Apollodorus von Athen aber nebst seinen Schülern 240 J. später als die Ilischen Geschichten (944); Andere kurz vor die Olympiaden ungefähr 400 J. nach Ilion's Eroberung, und Andere nach Archilochos um die 23. OL etwa 500 Jahre nach Troija's Katastrophe (684): kurz die Bestimmung seiner Zeit wird bei den Alten durchaus abweichend angegeben."

H5) cf. Herodot's NhuxQis, in Aeg. und Persien; hier Ntiktvs Syncell. 339 als Führer der Athener und Peloponnesier nach Jonien ; ~Jms in der , ai-givischen und sikj'onischen Linie. So mögen auch durch Uebertragung Juvuos und ^o^ßag aus Aegypten nach Argos gekommen sein, da ja der äg. Ze&iog als No. 11 zu den Assyrern und vielleicht als InS- zu den Ebraeem, so wie als ZrjS-oe zu den Griechen gebracht wurde.

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Nimmt man noch den Ansatz des Sosibios auf 866 und des Herodot (Vita Hom.) auf 622 vor der Diabasis des Xerxes: 1102 v. Chr. nach den Troica 168 J. : 1016 hinzu Mommsen in seiner Tafel gibt 833 v. Chr. so hat man so ziemlich die bekanntesten Daten der beweglichen Scala. Ohne den Gegenstand ex professo hier behandeln zu wollen, so ist es mir auf Grund meiner Untersuchung doch mehr als wahrschein- lich, das Eratosthenes auch hierin den Vorzug verdient. Denn sein Ansatz, obgleich in runden 100 Jahren seit Troja, also 1084, schliesst sich unmittelbar an Nrfiviiog 1085 v. Chr. an.

In meinem Programme von 1867 habe ich am Schlüsse die Ver- muthung geäussert, dass uns der Ausdruck jnfövjuog die obere Grenze für Homers Zeithorizont gewährleiste. Man sieht, dass dies jetzt um so mehr zutrifft, nachdem ich den <Povvrjdv/Liog (<Povvtöi]g cf. Kb']/Lir]g aus

Clemens "^ ist ein Quetschlaut, der eben so wohl durch griech. T. cf. i) Tang «x^hh als durch o bezeichnet werden mochte cf.

AAAAA \

^eßtvvvrog -xeMtioTTe ) als Epochenkönig für 1085 v. Chr. erhärtet habe.

Ueberhaupt verdient es auch die höchste Beachtung, dass die von mir aufgezeigten Epochen-Könige Homer's eine fortlaufende Reihe bilden. Als Vertreter des Monats Msöwql ist Oüjv: 1465 v. Chr. an- zusehen. Für den Monat Thoth ist Mar£&co& „die Gabe des Thoth" 1325 v. Chr. als Repraesentant nachgewiesen66). Für den nächst folgenden Monat <Paa)cpl, den wichtigsten von allen, weil die Tycoted in dieser Epoche (von Homer?) und Eratosthenes angesetzt sind, haben wir den cPafxtaofjg <£>o(jßaoofjg == Ntilsvg 1205 ( 1184) und zugleich den "Exerog SijjLovvofk 2665 zu begrüssen. Ja wenn sich die Spur des Mrjvijg fparcocpig im Homer wieder auffinden lässt: Epoche 4125 v. Chr., so

66) Auch wenn man dieses nicht zugeben wollte, so steht doch Ramses III. nicht minder gewiss auf 1325 v. Chr. und sein Beiname Nefkos <Pqovoq(Ü garantirt uns seinen Platz Man erinnere sich, dass die erste Tetramenie, welche er inaugurirt: LLJo scha't dem kopt. ujeei fiuctuatio entspricht und dass die Basis des überschwemmten Feldes häufig die Gestalt <^E53 d. h. ein Bassin mit Wasser aufweist. Es unterscheidet sich also Eamses III. Ntllog von Ramses IX. Nulevg dadurch, dass er die ganze Saison s c h a * t einleitet, während dieser nur den Monat Phaophi bezeichnet. In der That existirt die Gruppe f77lT^T%J^ Mariette : Karnak pl. 47 d.

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wäre der Posten des Nilmonats Phaophi sogar dreifach besetzt. End- lich ist an der Gleichung <Povvtoi]g A&wQtg 1085 v. Chr. nicht zu zwei- feln erlaubt und hiemit eine ununterbrochene Reihe von 4 Monaten her- gestellt. Es liegen diese in einer Sothisperiode, und sie umfassen einen Zeitraum von 4 X 120 + 20 = 500 Jahren = */3 Phoenixperiode oder ein Ausschnitt der Sothis.

Zur Verdeutlichung des eben Gesagten stehe hier ein Auszug von Tafel III. und IV. meiner „Aegyptischen Chronologie":

II. Periode. Dritte Tetramenie (vergl. Erste Tetramenie 3. Monat "E/^rog JZsfiovvog 2665 v. Chr.):

4 ter Monat: Chuenra,-Gherres~Armais-!d()iiiaxi£-4ava6g-Qwv-J£i(p&ag Erster Tag des Wandelmonats Meow^i: Sothisfrühaufgang 1465 v. Chr.

III. Periode. Erste Tetramenie:

lter Monat: Ramessu III. - Ramesses-Rampses- Maved-wd-- (pQovoQdi- JVnlog - TJQOJxevg. Erster Tag des Wandelmonates QiaS-: Sothisfrühaufgang 1325 v. Chr.

2 ter Monat: Ramessu IX, -Ramesses- ^oQßaoofjg-JYsdsvg- ITolvßog {ITQiajLiog + 1184). Erster Tag des Wandelmonats <Paoj(pl {Nellog) Sothisfrühaufgang 1205 v. Chr.

3 ter Monat: Phinetem-Phuneses- <PovGav6g-(J£sv)-A&ü)()lg (NrjdvjLiog bei Homer?) Erster Tag des Wandelmonats 'A&vq (Ad-uagi): Sothisfrüh- aufgang 1085 v. Chr.

Fasst man meine bisher über Homer aus ägyptischen Quellen entnommenen Ergebnisse zusammen: ,, Homer und Aegypten", die Völker- namen des Mittelmeeres nachweisend ; „Ilion", im Zusammenhange mit den andern Völkern der vorderasiatischen Confoederation ; ,,Teukrer und Pelasger" nebst der Frage über Helena (AUg Zeitung 1875 Juli- August) und verbindet sie mit den hier in „Trojas Epoche4' und in der „Aegyptischen Chronologie" erzielten Aufschlüssen, besonders in chronologischer Beziehung: so dürfte damit eine ziemlich solide Basis zur Ermittlung des Zeithorizontes von Odyssee und Iliade, so wie des Verfassers dieser beiden Gedichte, hergestellt sein eine um so nothwendigere und darum hoffentlich willkommenere Ergänzung in sachlicher Hinsicht, als die bisherige Litteratur der Classiker und der S c h o 1 i e n einseitig fast nur das Sprachliche Homers berücksichtigt hat. Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. II. Abtb. 7

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Excurs über die erste Olympiade und die XXIII. Dynastie.

Die XXIII. Dynastie Manetho's, aus vier Tauiten bestehend: TavixvSv ßaoiUioy d\ hat bei dem getreuesten Auszügler Jul. Africanus folgende Gestalt:*

a. IlBTOvßa(ö)r/ris ert] ft. kq? ov 30lv finiag rjx&r] tiqwttj.

ß. *Qao{i%(X)(v) er?] 7] . ov 'HyazXea Ätyvmioi zalovoi.

y . Waja/Ltovs srtj i.

0 £7\X 8X7] Xa

OfXOV 8X7] 71&'.

Da die Ueberarbeiter Manetho's, wie oben gezeigt worden ist, den Epochenkönig JYsZkog <Pqovoüoj d. i. Ramses III« am Schlüsse der XIX. Dyn. für den eigentlich von Eratosthenes gemeinten ditto Epochen- könig 'Pajusoafjg <Po()ßaG(7f]g = JYeiXevg d. i. Ramses IX. (von der XX. Dyn.) einsetzten, so mussten sie die folgenden Dynastien bedeutend ver- kürzen, um den beabsichtigten Zweck zu erreichen. Dieser bestand darin, das erste Jahr der XX. Dyn. = 1183 v. Christus zu setzen, um mit dem Epochenjahr des Eratosthenes ihre Rechnung zu beginnen. Sie gaben der XX. Dyn. 135, der XXI 130, der XXII. 120 resp. 116 Jahre, zusammen 385. Es fehlten also zu den 407 des Eratosthenes von Troja's Epoche bis zur ersten Olympiade noch 22 Jahre. Folglich fiel ihnen Ol. I, 1 mit dem 23ten Jahre des Petubastes zusammen und ist somit die Notiz: ecp1 ov 'Olv/umag rj%&r] n^ont] gerechtfertigt.

Aber auch zufolge der ursprünglichen Liste des Manetho, die dem Eratosthenes vorlag, kommt Ol. I, 1 noch in die Regierung des Petu- bastes. Denn es sind seit dem Epochenjahr Ramses III: 1325 v. Chr., verflossen: 185 + 130 + 196 Jahre 511. Nimmt man noch von der 40jährigen Regierung des Petubastes 39 Jahre zu diesen 511 hinzu, so erhält man 550, welche, von 1325 abgezogen, auf 776 v. Chr. hin- führen. Nach diesem Ansätze also fiel Ol. I, 1 mit dem vorletzten Jahre des Petubastes zusammen und es kann also recht wohl Erato- sthenes der Urheber der betreffenden Notiz sein, aber schwerlich Ma- netho selber.

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Dieser ursprüngliche Ansatz des Eratosthenes stimmt vortrefflich zu der Nachricht des Herodot II. 160 über die Anfrage der Eleer beim ägyptischen Könige Wa/u/Liig. Ja er weiss aus der Regierung dieses Psammis nur diese einzige Thatsache zu berichten;

„Zu diesem Könige Psammis also (den er II 159 „Sohn des Nexwg" genannt hat) kamen Abgesandte der Eleer, welche sich damit brüsteten, den Wettkampf in Olympia auf die unparteiischste und trefflichste Weise unter allen Menschen zu veranstalten , und die sich einbildeten , dass nicht einmal die Aegypter, die weisesten der Menschen, benebst dieser Einrichtung etwas Weiteres erfunden hätten. Als aber die Eleischen Abgesandten nach Aegypten gekommen waren und nun den Zweck ihrer Ankunft darlegten, da berief dieser König die im Rufe der höchsten Weisheit unter den Aegyptern Stehenden. Als diese sich versammelt hatten, forschten sie die Eleer aus, welche auch Alles vorbrachten, was sie in Betreff des Wettkampfes zu thun verpflichtet seien. Nach dieser Erzählung sagten sie, sie seien gekommen , um zu erfragen , ob die Aegypter irgend etwas weiteres hätten ausfindig machen können, was unparteiischer als ihr eigenes Verfahren sei. Diese beriethen sich und befragten nun die Eleer weiter, ob ihre eigenen Mitbürger sich bei dem Wettkampfe betheiligten. Sie erhielten zur Antwort: sowohl sie selber als jeder Lusttragende der übrigen Hellenen dürfe sich am Wettkampfe beteiligen. Darauf erklärten dann die Aegypter, dass dieselben, bei dieser Einrichtung der Spiele, alle Unparteilichkeit bei Seite gesetzt hätten; denn es sei gar nicht anders möglich, als dass sie, mit Benach- theiligung des Fremden, ihrem Mitbürger den Vorzug im Wettspiel ein- räumten. Wenn sie also unparteiisch zu Werke gehen wollten, wesshalb sie ja nach Aegypten gereist seien, so müssten sie blos für Nicht- einheimische den Wettkampf veranstalten, aber keinen der Einheimischen, der Eleer, daran sich betheiligen lassen. Solche Auskunft ertheilten die Aegypter den Eleern". (Hierauf folgt nach Erwähnung der 6jährigen67) Regierung des Psammis, der Abschnitt über seinen Sohn Apries Ovdcpyrjg Wahabra, in der Bibel Hophra = Haabra).

67) Zählt man diese 6 zu den 10 des tPapfxovs, so erhält man die richtigen 16 des Wdpvovd-tg z= Wctfifievnos d. h. Psammetichos IL, nicht III!

7*

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Ich behaupte nun, dass diese ganze Erzählung gar nicht für den Zeithorizont der XXVI. Dyn. passend ist. Abgesehen davon, dass *Faju/uig sich nicht mit WajLi/iirjTixog ja nicht einmal mit dem Epocbe- namen Wd/biiuou&ig lies: Wdfxvov&ig deckt, mit welchem vielmehr Hero- dots Wa/Lijuevirog übereinstimmt so sieht man gar keine Wirkung dieses Rathes der Aegypter. Auch setzen die Gewährsmänner des Diodor I. 95 dieselbe Anfrage der Eleer unter Amasis d. h. wohl unter den letzten König der XXVI. Dyn., der bei Manetho Psamecherites (Psametich III) genannt wird. Wie ganz anders, wenn man mit mir annimmt, dass dem Herodot wie dem Diodor eigentlich die Namensform Wa/ufiovg überliefert ward, welche durch die Uebergangslegende Wa/u/Livg zu Wa/ß/uig geworden ist. Denn jetzt springt es sofort in die Augen, dass die Thatsache zwar getreu berichtet, aber, wie noch öfter68), die chronologische Einordnung verfehlt ist. Denn setzt man den Wa/Li/Liovg als denjenigen König, zu welchem die Eleer kamen, so stimmt Alles auf das Vollkommenste. Nach Manetho regierte WatajLiovg von 766 756. Es steht folglich sein Schlussjahr auf Ol. VI. Nun besehe man sich die Liste der Olympioniken :

ITycjTTj ölv/unidg, t\v Ivixa Koqoi ß og 'HXeZog oraSiov /jevrtya olvjUTiiag Avri/Liaxog 'HXeZog

Tgizrj Avdyoxlog Msaorjviog

TerayTT] HoXvxdyrjg Meaarjviog .

Ue/nTir?] Alo%ivr)g 'HleZog

Nun vergehen 9 Olympiaden, bis wieder ein Eleer erscheint: ifr 6k. Jf-öjLiaJr Koyiv&iog oradioi'. JJ^ogtred^rj xal diavlov o(v) ivixa 'Ynrjviog *HXsZog. Also bloss in einer untergeordneten Partie. Aehnlich trifft man Ol. XCIII. Tiyogste&r] owoj^ig (biga) xal Ivixa 3Evay6(jag 3HXsZog. Erst Ol. XCVI. liest man EvjzolejLiog 3HXsZog örddiov. nyogeTt&rj oaX- myxTrjf) xal Ivixa Tifxaiog *HXeZog. IlQogsTt&ri xal xrjQvi; xal Ivixa Knarrig 3HXeZog. Ol. XCVII. und XCVIII. zeigen im Stadion wieder Eleer als Sieger. Nach einer grossen Distanz folgt Ol. CXLII. Kan{^)og als Sieger in der ndlr/, ein *HXeZog. Dann Ol. CLXXVII. ein 3HXeZog im

68) Sogar noch in den Perserkriegberichten. Vergl. Wecklein: „Ueber die Tradition der Perser- kriege". Sitzungsberichte der k. bayr Ak. d. Wiss. 1876, I, III.

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Stadion, worauf bis zum Schlüsse des Verzeichnisses: OL CCIXL. kein Eleer mehr getroffen wird.

Es. besteht also zwischen Ol. I.— V. und Ol. XCVI.— XCVIII. eine gewisse Verwandschaft. Der grosse Zeitraum von 766 396 v. Chr., wo die Eleer durch Abwesenheit glänzen, erklärt sich zur Genüge, wenn man den König Waja/Liovg 766 756 als denjenigen ansieht, zu welchem die Abgesandten der Eleer gekommen sind. Denn alsdann sieht man sofort die Wirkung des Rathes seiner Schriftgelehrten, während um die Zeit des Psammetichus II. 605 589 gar keine Veranlassung war, die Anfrage zu stellen, da unmittelbar vorher seit mehr als 150 Jahren ohnehin kein Eleer Olympionike gewesen war. Anders aber verhält es sich um die Zeit der Ol. V. VI. Denn da unter den 5 Preisen drei auf Eleer gefallen waren, so mochte dies bei den andern Hellenen Missstimmung erregen und so die Sendung an Wajuuovg veranlassen.

Man sieht, wie hiedurch auch bewiesen wird, dass Eratosthenes die Gleichzeitigkeit von Ol. I. nicht in die Mitte oder gar in den Anfang der 40 jährigen Regierung des Petubastes gesetzt haben kann. Denn unter dieser Voraussetzung käme Psammus um 15 30 Jahre vor den Zeitpunkt, wo die Ausschliessung der Eleer ein praktisches ßedürfniss geworden war, oder sein Rath wäre nicht befolgt worden, da nach jenem Ansätze wenigstens der Olympionike Alö%Lvr\g 'Hletog Ol. V, 1 unbe- greiflich würde.

Ich glaube mich daher auch berechtigt, die Sendung der Eleer an Psammus als streng geschichtliche Thatsache festzuhalten, nachdem ich sie an ihren richtigen chronol. Platz gebracht.

Noch einige Worte über die zwei andern Mitglieder der XXIII. Dynastie. Die Bemerkung zu dem zweiten Könige: 'Oooqx^^j w 'HyasAea Alyvnriot xalova ist bisher unverständlich gewesen. Ich habe aber gefunden , dass sie dem 'Oöoqxüv I. der XXII. Dyn. als chronologischer Beiname zugehört. Denn er bildet die Epoche 965 v. Chr. und wurde desshalb ^^ißäorr\g genannt „Sohn der Bast", weil diese Göttin die Tutelargottheit des Monats Choiahk gewesen ist. Da nun im Laterculus des Eratosthenes überall , wo ein ägyptisch mit JZejli oder Fear anlautender Namen vorkommt: Nr. 5, 26, 34 die Uebersetzung 'H^axleldrig, 'HQaxlrjg, 'ÜQaxlrjg xpazaiog beigefügt ist, so

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musste auch der vorauszusetzende ^e/Lißaarrjg als 'Hgaxlfjg gelten, und er wurde daher zu demjenigen Namen gruppirt , der die ganz gleiche Bedeutung „Sohn der Bast" besass. Dies ist aber JJerovßaarrjg „die Gabe der Bast" der von der Bast Gegebene". Da ferner auch noch die Olympiade bei diesem erwähnt ist und Herakles als der erste Einsetzer dieses Kampfspiels 69), sowie als erster Sieger in der nalrj und im

nay/^axiov galt, so begreift sich es jetzt, wie der 'Oooqx&v {jn^^. , JJ^ J Osarkun Se-m-Bast aus seiner ursprünglichen Stelle in Dyn. XXII. an

seinen jetzigen Platz hinter ( ADn||ct Petubast versetzt wurde.

In Betreff des letzten Königs der XXIII. Dyn., den Eusebius aus- lässt, kann kein Zweifel bestehen, dass er geschichtlich ist. Ich habe schon anderwärts gezeigt, dass ägyptisch (Uüüi)| K- seh et überliefert war, woraus griechisch £rpc (= Ktkqtt) werden musste, nicht aber Zrjr10), wie jetzt steht. Seine 31 Jahre sind nothwendig, um die nächste Epoche, die des B6%%OQig ^aivrjg zu erreichen, der von 725 719 regierte. Wie sich die Notiz über seine Gefangennahme und Verbrennung durch J£a- ßaxwg erklärt, möge man in meinem Werke „Aegyptische Chronologie" gefälligst nachlesen.

Ein wichtiger Fund der jüngsten Zeit nöthigt uns, die Legende des Psammus einer wiederholten Prüfung zu unterwerfen. Den

Namensring fojiiOj^ j Psa-(n)-muth „Der Sohn der Mutter (Isis)'" hatte

Lepsius in seinem „Königsbuch" Nr. 614 mit dem Manethonischen WajLi/Liovg der XXIII. Dynastie identifizirt und ich selbst in einem Auf- satze 71) dieses Verfahren gebilligt, weil ich gefunden zu haben glaubte, dass der Name Wa/Li^ov&ig in der XXIX. Dyn. Niemanden sonst eignen könne, als dem von Diodor XIV 35 unter Ol. 95, 1 erwähnten Könige Aegyptens: WujLt,iu,r}ri%og. Auch ohne die ausdrückliche Bezeichnung anoyovov ovra rov Wajti/Lirjrlxbv (I) hätte man auf kein andres Herrscher-

69) Die Alten brachten die Lustration des Herakles auf Ol. 137,3 = 1326/1325 v. Chr. CA Mommsen II. Beitrag p. 386) was zu der Sothisepoche 1325 v. Chr. stimmt.

70) Vergl. Bulletin de l'institut egypt. 1870, worin H. Dr. Nerutsos mehrere epigraphische Beispiele der Verwechslung von Z und S anführt.

71) Zts. f. äg. Sp. 1869 p. 55.

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haus verfallen können, als das der Saiten und darum ordnete ich den Wa/LijLiovfrig = Wa/Li/Lirjrixog IV. unmittelbar hinter IdfivQtaiog JSfctTffö der die XXVIII. Dyn. bildet.

Die von H. Eugene Reviliout 72) gemachte Entdeckung einer „Chronique egyptienne contemporaine de Manethon" in dem demotischen Papyrus (No. 215 der Biblioth. nationale) bestätigt nun zwar, dass Amyrtaeus einen Sohn hatte, lässt ihn aber ungenannt und bemerkt, dass er nicht zur Regierung berufen worden sei: „(Amyrtee) il n'eut pas son fils apres lui". Es ist also zu vermuthen, dass dieser Psam- metichos IV, dessen Existenz durch Diodor gewährleistet ist, während des Jahres 400/399 v. Chr. eine Zeit lang factisch herrschte, aber bald vielleicht gerade wegen der an dem schutzflehenden Tamos aus Memphis (Diodor XIV, 19) geübten Verrätherei, des Thrones verlustig wurde. Aus diesem Grunde hat ihn wohl Manetho in seiner Liste übergangen.

Ungleich wichtiger für meinen vorliegenden Zweck der Namens- bestimmung des Psammus ist die XXIX. Dyn. Es zeigt sich sofort, dass Manetho in seiner gegenwärtigen Gestalt bei den Auszüglern und diese neu aufgefundene ihm gleichzeitige Quelle eine verschiedene Ord- nung darbieten. Ich stelle die beiderseitigen Legenden einander gegen- über und mache durch die vorangesetzte Ziffer ihre Reihenfolge be- merklich.

Manetho (Eusebius) Demotische Liste.

1. NE(p£()izr]g I. 6 Jahre. 1. Naifarut I.

- Ig' Mov&ig (Möv&rig) 1 J. 2. Muthi

3. Wdfi/uov&ig 1 J. 3. Psa-(n)-muth

2. ^xeoQig 13 J. 4. Haqor

| ' JYs(p€()tT7]g II. ys J. 5. Naifarut II.

Die Namen stimmen offenbar überein und man ersieht, dass die Varr. beim Africanus : Nefpoglrrig, NsyoQcrtig der Urform NscpoQvxrjg be- deutend näher stehen. Bei Eusebius nimmt der Mov&ig, welcher beim Africanus gänzlich fehlt, in der griech. Redaction die 5., in der arme-

72) Kevue arch. 1877, Feyrier pag. 1 sqq.

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nischen Uebersetzung die 4. Stelle ein, hat also mit ^'Aywqig den Platz gewechselt und ist nach Psammuthis statt vor denselben gestellt worden. So erklärt sich die Versetzung mit einem Schlage aber noch ist kein Grund ersichtlich, der die Auszügler Manetho's zu dieser Orts- veränderung gerade des Mov&ig bestimmt hat , wenn man nicht mit mir annimmt, was ich bereits bei zwei Gelegenheiten 73) geäussert habe, dass bei Mov&ig sich ein chronologischer Anklang geltend machte. Be- denkt man nämlich, dass aus der XXII. Dyn. der monumental wohl bezeugte König Ph-mui ,,der Kater'', griechisch <Pjuovig , spurlos ver- schwunden ist und dass dessen Sohn, Scheschonq IV: JEeooy%is wegen der Epoche 845 v. Chr. den Beinamen 2e-v-&{iovig ,,Sohn der Löwin (Tefnut)" erhielt, so dass er allenfalls den Doppelnamen J:e-)'-<p/Liovig JSay&jLiovig neben seinem Hauptnamen ^sooyyjg führen mochte, so ist grosse Wahrscheinlichkeit vorhanden, dass ursprünglich das Haupt der XXX. Dyn. den chronologischen Beinamen J£sv-%ü)VG-ig „Sohn des Chons" (bei Manetho im „Buche der Sothis") führte, welcher eine Anziehung auf den anklingenden Mov&ig übte und dadurch die Versetzung desselben veranlasste.

Die XXX. Dyn. der drei Könige Nezxaveßrig, Tewg14c) und Nexxa- vißwg nennt die demot. Liste übereinstimmend mit Manetho und er- streckt sich bis Darius III. und Alexander. Allein dieser Abschnitt, so

interessant er auch ist, ebenso das über den Amenrut = ( öö <==>^3 \

'AfAVQTcäog, den siegreichen Bekämpfer des Darius II. Gesagte muss ich hier übergehen.

In dieser neuen Quelle (des demotischen Papyrus) wird nun der Name Psa-n-muth „der Sohn der Muth" = Wafji^ov&ig um so verständ- licher, weil ihm ein Mov&ig unmittelbar vorangeht, dessen Sohn er ausdrücklich genannt ist. Da nun auch bei Plutarch (Is. Osir. c. 56) 'laig = MovS-, so wird es höchst problematisch, dass der Name

73) „Alexander in Aegypten" (Denkschriften der k. Akad ) und „Aegyptische Chronologie" 1877.

74) H. Kevillout identifizirt in seiner Schlussnote diese Form mit der monumentalen **— >* y

T e h o , eine Gleichung, die ich selbst längst dargethan habe. Die Varr. Ta%i6g und {Zev-) aaoe gehören dazu.

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WajLi/LLovg in der XXIII. Dyn. ebenfalls der „Sohn der Muth" bedeuten solle, obschon das Vorkommen desselben Namens an verschiedenen Stellen der Geschichte eigentlich nichts Verdächtiges hat.

Vergegenwärtigt man sich, was ich oben (p. 45) schon angedeutet habe, dass die Namen der XXIII. Dyn. sich an die der XXII. Dyn. an- lehnen, indem ITerovßaOT7]g und *Qgoq%6Sv III. = 'HQaxlTJg (SejLtßdarrjg) der bubastitischen Bast und der Legende Osarkun I. (II.) entsprechen, so möchte man vermuthen, dass der unmittelbare Nachfolger Wauuovg,

zu dem die Abgesandten der Eleer kamen, von der Katze Qu^^ mau kopt. cmott felis benannt worden sei, wie ja auch Phmui <P/uovig (Var. fp/uovg), der Vater des ^eaoyxiS IV, eigentlich „der Kater" hiess. So wie aber der letztgenannte Scheschonq IV. den chronol. Beinamen ^er-^juovig „Sohn der Löwin", führte, und sich überhaupt, sowohl bei der Göttin Bast-Pacht (auch Sochet) als in der Naturgeschichte felis und leo sich berühren, so könnte Wa/LijLiovg auch „der Sohn der Löwin" kopt. moth, aitth leaena, aioti leo" bedeuten. Zugleich würde dadurch ein Uebergang geboten zu- der Fortsetzung dieser Dyn. (XXIII.), da Kschet Ztjt, der Nachfolger des ^ajLv/Liovg, den Schaba-ka zum Sohne hatte, der gleichsam eine Uebersetzung des Löwen ins Aethiopische darstellt (verl. das Arabische es - s e b u a 75).

Was schliesslich den allenfalsigen Einwurf betrifft, dass gegenüber dem noch nicht aufgefundenen Namensringe ,,der Sohn der Katze oder der Löwin", die vorhandene Legende „der Sohn der Muth" grössere Wahrscheinlichkeit für sich habe, um so mehr als Psammus 10 Jahre regiert hat, während ^a^juov&ig nur 1 Jahr, so erledigt sich derselbe durch die parallele Erscheinung, dass von JVs(po()vri]g II. obschon er nur 4 Monate regierte, doch ein unterscheidendes Namenprotokoll vorliegt. H. Revillout bemerkt am Fusse seiner Tafel : „Champollion reconnaissait ä ce roi (Nepherites I.) un cartouche different de celui de Nepherites II". Was den Verso des demot. Papyrus mit der Legende eines frü-

75) Bei Jesaia XXI. und 35,1 und Jeremias II. erinnert das mugierunt leones an die Aethiopen Schaba-ka Schaba-t&-\a (iFs&cog), so wie dem tfiD Sava scnon hieroplyphisoh ein *J^ JSsa saba als Namen des Löwen entspricht (Lepsius: Königsbuch Nr. 321 (317). Abh. d. I. Cl. d. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. II. Abth. 8

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heren Königs betrifft (,,que je n'ai pu encore assimiler" sagt Revillout), so vermag ich jetzt schon darüber Aufschluss zu ertheilen.

Es ist der betreffende Königsnamen allerdings äusserst flüchtig ge- schrieben und daher schwer zu entziffern, wenigstens in seinem ersten Bestandtheile ; ohne die glückliche Fügung, dass ich mich gerade beim Erscheinen des Artikels von Herrn Revillout mit der fraglichen Legende beschäftigte, wäre mir die Lösung des Räthsels vermuthlich nicht so bald gelungen.

Der vom Papyrus Abbott her bekannte König Antef, dessen Stele mit seinem Bilde, zwischen dessen Füssen sein Lieblingshund Bahuka, von der Gerichtscommission unter Ramses IX. Nsiltvg consta- tirt wurde, regierte zufällig um eine volle Sothisperiode früher: 2 665 v. Chr. Herr Birch, dem H. Mariette den Fund dieser Stele in Theben (Drah-abu'1-neggahj notificirte, gab in den Transactt. Soc. Bibl. Aren. IV, I. die freilich sehr ungenügende Uebersetzuug der sieben Text- columnen, versäumte jedoch über den Zusatz zum Königsnamen :

f^^K Jj ,,Sonnensohn Antef-aau, nämlich ffi/n nem-mes(t)u irgend

eine Erklärung zu geben. Und doch ist dieser Titel neben dem Datum Jahr 50 in chronologischer Beziehung von grosser Wichtigkeit. Denn er bezeichnet diesen König Antef-aa als Epochalkönig und zwar für die Coincidenz des Sothisfrühaufganges mit dem 1. Phaophi des Wandeljahres: 2665. Da sein Vormann Molkig Mtvocpyijg (VI) auf 2785 so wie sein Nachmann Autreuijg I. FTeTsa&vQfjg (XII. Dyn.) auf 2545 fixirt ist, so bleibt allerdings keine andere Wahl, als den Antef-aa mit der Epoche 2665 v. Chr. zu identificiren. Er wird dadurch zum chro- nologischen Collegen des 3Ay&vr[g JZe/Liovvog (Herakleopolite VIII.— IX.) und des Hanti (Memphite VII. —VIII.); er repraesentirt passend die gleichzeitige Dyn. XI, welche eine diospolitische war.

Mit diesem Antef-aa scheint der König des demotischen Akten- stückes identisch ; sicherlich gehört er zu derselben Dynastie, da sich seine

Legende ungezwungen mit: ^™^Q^^£?)]f $ „König An(a)tef " wiedergeben lässt, ein Name, der nur in der XI. Dyn. vorkommt.

Die Publication des vollständigen Verso durch H. Revillout wird uns die Möglichkeit gewähren zu bestimmen, ob ausser dieser dreifachen

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Bezeugung hieratisch, hieroglyphisch, demotisch derselbe Königs- name ein viertes Mal erscheint. In dem Pap. ßulaq Nr. 9 col. 6 treffe

r\ /wwv\

ich den Namen A ^ -»«=» Antef-aa zwar ohne Ringeinfassung, aber an

der Identität mit dem oben eruirten Antef-aa ist nicht zu zweifeln. Indem ich dieses älteste Document einer eignen Behandlung vorbehalte,

fasse ich hier nur den Schluss col. 12 ins Auge: ^^'cjmj „des Herrn,

„des wiedergebornen" oder „des neugekrönten". Man beachte, dass dieser Titel hier, wie auf der Stele mit den Jagdhunden, den Be- sohl u s s macht. Die Gleichheit des Titels* nem-mesu selbst ist nicht zu bestreiten und wir sind somit berechtigt, in Antef-aa den Epochal- könig für 2665 v. Chr. zu erkennen ein Zuwachs der Bestätigung für .meine Aegyptische Chronologie, wie ich ihn bei der Seltenheit der Denkmäler und Urkunden aus jener alten Zeit nicht erwartet hätte.

P. S. Freilich hat die Kritik ein Recht, diese Entdeckung der Epochen eben wegen ihrer Neuheit scharf zu prüfen. Damit sie aber nicht blindlings verfahre, mache ich an dieser Stelle aufmerksam, dass mir unterdessen in der von H. Dümichen publicirten „Baugeschichte des Denderatempels" pl. IX. in dem Kaiserringe Harmais = Augustus eiere weitere Bestätigung geworden ist, wie ich sie nicht eclatanter hätte wünschen können75). Ich hatte nämlich vermuthet, dass wegen der Coincidenz des Sothisfrühaufganges mit dem 1 sten Tage des Monates Mesori im Wandeljahre einen entsprechenden Beinamen erhalten hätte, der von der eponymen Gottheit dieses Monates hergenommen sein müsste. Nun aber wird an der betreffenden Stelle immer der Gott Har-m-achu = "Apaxig genannt, woraus durch Abschleifung und die thebanische Mittelform Harmahis schliesslich "A^fials und "Agfiatg ent- stand. Man sieht, welch kräftige Stütze aus diesem nun monumental erhärteten H a r m a i s meinem ganzen System der Epochalnamen erwächst.

75) Die I. Classe der kgl. Akademie der Wissenschaften hat in der Maisitzung den betreffenden Vortrag für ihre „Berichte" genehmigt.

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Nachtrag

zu Seite 30, 31, 35.

Unter die Namen des Landes Aegypten, welche mit denen des Flusses Avyvjirog identisch sind , gehört auch das bisher nur sehr mangelhaft, erklärte cnup (jn$ arez) Mizraim, ebenfalls einem Könige eignend, und zwar dem Protomonarchen Menes. Die Gleichung Mtjrrjg = MeargaC^ wie- derholt sich so hartnäckig, dass man nothgedrungen einen tieferen Zu- sammenhang beider Namen annehmen muss. Ich schätze mich glück- lich, in dieser Beziehung der Sache auf den Grund gekommen zu sein. Um es kurz zu sagen, so ist MsöT^aCix (— Mizraim) in diesem Falle nicht gerade als der F i u s s , sondern als der damit identische Monat: Phaophi <Pauu(pL = Pdhapi gemeint. Nachdem ich diese Legende als

Pa-Hapi n^fgjione, q>fc.-(£)wq>i d. h. der (Monat) des Hapi ?g7i

wv\/w

oder Nil us erkannt hatte, war nur noch ein weiterer Schritt zu thun, um den Namen Phanophis(us), der in der Liste des Abulfaragius ganz bestimmt dem des Protomonarchen Menes entspricht, in seiner Entstehung zu begreifen. Augenscheinlich ist es der Monatsname <£>au)(pi mit dem kopt. R des Genitivs erweitert, um eben eine Differenz zwischen Monat und Mann und dadurch eine Unterscheidung zu ge- winnen. Das Ergebniss dieser Gleichung Men es-Phan.ophis war für die Chronologie Aegyptens von entscheidender Wichtigkeit ; denn mit Hülfe dieses Epochalnamens, welcher auf den Sothisfrühaufgang am 1. Phaophi deutlich hinweist, können wir nach leichter Rückrechnung das Jahr 412 5 v. Chr. als dasjenige bestimmen, wo diese Colncidenz stattgefunden hat. Da nun anderweitige Spuren darauf führten, dass dies mit dem Beginne des 33. Regierungsjahres von Menes geschehen sei, so war auch der Anfang dieses Protomonarchen 4157 v. Chr. ge-

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funden. Die Fpoche 4125 v. Chr. liegt um volle zwei Sothisperioden : 2920 J. vor der Kpoche des Neiltvg.

Es ist folglich Mearyatu nur ein anderer Ausdruck für den Epochalnamen Phanophis, zunächst vom Nil-Monate, mittelbar vom

Flusse Meter ui entnommen. Die Legende <=> y^ä» meter ist sehr

/wwv\

häufig zu treffen; dass der Nil damit gemeint ist, ergibt sich unwider- leglich daraus, dass Isis in diesem Gewässer die Glieder ihres Bruders und Gemahles Osiris sucht. Auch hat das Koptische das Wort ÄtTo(p) gurges und jm.h^ medium, beide mit Abwerfung des Schluss-r (wie so häufig der ältere Rhotacismus später verschwindet) ziemlich getreu be- wahrt. Bedenkt man nun, dass die Semiten für den Begriff ,, Mitte" gern die Dualform anwenden, z. B. 0*}3 ,,dev mittlere Platz zwischen zwei Herren" (von j1? inter); cn~^ das Zwischenlicht, die Mitte des Tages, der Mittag", so fällt jetzt ein Schlaglicht auf das bisher uner- klärliche cn^p Mizrai'm: es ist Meter in der semitischen Dualform, also eine hybride Wortbildung und bedeutet „die Mitte, die Thalsohle, der Fluss Nilus". Der dualistische Regriff ist schon in dem Deutbilde der 2 Finger versinnlicht , namentlich wenn man Horapollo II. 6 ver- gleicht: av&Qü)7ioi' GTO{ia%ov dr{koi d axrvlog; der orouayog ist aber entschieden als die Mitte des menschlichen Körpers gemeint.

Die alte Form des Nilnamens Meter „die Mitte", erinnernd an Herodots II. 17 JVeTXog'. . . Qeei jllsötjv AXyvnrov GyJiC.wv eg d-alaööav, ist möglicherweise durch Uebertragung des Begriffes Nässe, in dem Worte "il£ö matar „Regen", sicherlich aber in der von Steph. Byz. auf- bewahrten Form Mvdya, sowie in der keilschriftlichen Mudraya be- wahrt. Wie hier die Benennung des Flusses auf das Land ,,Mydra, nomen Aegypti phoenicium" (Parthey) übergetragen ist, so wird ja auch AXyvmog bei Homer zunächst als Name des Flusses erwähnt. In der That bedeutet Aquip-to woraus Aiyimzog geflossen ist, „die Mitte des Landes", und bildet, da |T|~ww» äqui, als Name des Nils feststeht, mit

A ü Ua/ww\

Beiziehung von Horapollons I. 22 S-v aiarrj(jior xcuotaevor xal Inavin xayd ia Äiyvniog— A=- ° ||'Ö,°Ö Aqui-p-to, ein passendes Seiten- stück zu meterui, woraus Mizrai'm formirt ist. Denn es sind wieder die

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beiden Finger als Determinativ dahinter angebracht und was den Wortstamm aq(ui) betrifft, so ist er im Kopt. o-xi finis, terminus „die Grenzmarke" mit noch ziemlich durchsichtiger Bedeutung erhalten.

Es gibt aber auch einen Namen Aegyptens, worin uns der Begriff Land factisch entgegentritt, ich meine ITt i tuv qi g, bei Steph. Byz. auf das Jslra gedeutet. Es ist die so häufige Schreibung 5J§ Var. *^~© Ta-merat, woraus mit Praefigirung des bestimmten Artikels p @ ungezwungen IT-rl-fivQig entsteht.

Daran schliesst sich eine Benennung des Landes, welche die beiden eben genannten Bestandtheile Ta-mera mit der Zuthat des Sylben-

zeichens { = T^p surculus und dem doppelten Determinativ der Stadt

oder des Landes aufführt. Ich betrachte diese Schreibung als eine Rückübersetzung des Ausdruckes cn^p £1$ „Land Mizralm". Die Beweise für meine Thesis sind folgende :

Die Häufigkeit der Legende "^-Ul welche wegen des Zeichens

f vollständig ^J\\ tera (cf. T&.p surculus) nur die Lesung Ta-mitera-ui

,,Land Miteraur' gestattet, indem das doppelte Deutbild der Stadt die Dual-Endung ui erheischt, deutet darauf hin, dass hier ein Seitenstück zu ^==3© Kerne yji^Lv- Aegyptus vorliegt. Nun wissen wir aber aus dem Beinamen Ramses des Grossen Sesostris: (I Mer-Amun = Mio.-

[i0uv, dass die Sylbe mer amare schon frühzeitig zu mci (durch Auf- gebung des Rhotacismus) abgeschliffen worden war. Auch hatte schon

der seelige Hinoks wregen der Anwesenheit des Zeichens j tera auf

Mitera geschlossen, ohne übrigens des dualistischen Determinative da- hinter zu gedenken. Lautirt man nun Ta-mitera-ui, so hat man ein Analogon zu arez-Mitra-im.

Es erscheint aber diese Schreibung auch in einer Legende, die einer mit Necht-Seth, dem Vater Ramses III. NsZXog, in Verbindung ste- henden Prinzessin, wahrscheinlich Gemahlin, angehört. Lepsius bietet

sie unter Nr. 448 seines „Königsbuches" also: (©%£ flj® 1 mit

der Lesung Sit-Ra . . . asnu „die Sonnentochter . . . asnu". Allein ein mit asnu endigender Name ist unerhört und unmöglich, weil das

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Doppeldeutbild der Stadt uns sofort die Lautirung Ta-mi-tera-ui in's Gedächtniss ruft.

Da wegen Beschädigung diese Legende nicht beweiskräftig ist, so müssen zwei andere zur Erklärung herangezogen werden. Unter Nr.

490 wird der Name der Gemahlin von Ramses III. (jLfljJ iJs^s" ge- boten: diese führt den bedeutsamen Zusatz ( -fes^ -i^fi Var.

^^.^jlT^l »die (Tochter) der Sa-maUra - nr^D" - der Aegyptierin" mit dem semitischen Artikel. Man sieht deutlich, wie der Schreiber bei der Rücktransscribirung das gequetschte X der semitischen

Legende bald durch o bald durch \ = t näher bestimmt hat.

Bestünde ein Zweifel, dass es sich so verhalte, so würde er sofort gehoben durch den Namen ihres Vaters, der indess ohne Einrahmung erscheint. So wie die Königin Isis oben „die (Tochter) der Hamatera

hiess, so steht hier deutlich t)*-^ ,,ihr Vater" vor den Gruppen

Jy ' 'jj K^ «, A von Lepsius mit Habenurotänt umschrieben.

Offenbar liegt ein semitischer Name vor: er lautet mit dem Artikel ha (~) an; ob wir die nächste Gruppe benur, die sonst dem Kopt. RoA, R*.\ entspricht, mit dem semit. b%2 und den Schluss zanedh mit nas? „Schild" identifiziren dürfen, bleibe dahingestellt. Jedenfalls trugen die Eltern der Königin Isis semitische Namen, und ihre Mutter, die bei Necht-Seth vorkommende Prinzessin, ist in dreifacher Schreibung als (Ta)-mi-tera't „die Aegyptierin" dargethan.

Nachdem uns die Gleichung MqfqQ == Msor^atfi bis zum Anfange der ägyptischen Geschichte hinaufgeführt hat, endet die stattliche Reihe der Epochenkönige, unter denen mehrere des Namens Nellog, A%yvjiTog, fpayauj 6 xal Na%u)Q theilhaftig sind, mit Ramses IX. Ntilevg, dem *Po(jßaoofjg Manetho's, dem Palubasch der Denkmäler, dem IJolvßos Homers, der den Eratosthenes zu seinem Ansätze von Priamos Fall veranlasst hat

Wenn nun, wie vorstehende Erörterung ergeben haben dürfte, der Historiker und Chronologe Eratosthenes in Betreff der Bestimmung des Zeitpunktes von Troja's Epoche, sich an die Eingangs erwähnten beiden

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Werke AlyvriTiaxa vno/uvrjfAaTa und ßißlog vf\g JZco&eayg seines Vorgängers an der Alexandrinischen Bibliothek: Manetho des Selennyten, angelehnt hat, so wird es sich weiter fragen , ob der berühmte Vater der Geo- graphie auch noch in anderer Beziehung an ägyptische Kenntnisse an- bindet z. B. bei seiner so berühmt gewordenen Gradmessung. Nachdem man bisher die Genauigkeit seines Resultates und dessen Uebereinstimmung mit der neuesten Wissenschaft gerühmt hat, scheint jetzt ein Weildepunkt einzutreten und der gefeierte Kyrenäer in seinem Ruhme als Astronom und Geodäte ernstlich bedroht.

Es hat nämlich, nicht allenfalls ein Anfänger, sondern der Alt- meister unter den deutschen A egy ptologen : H. Prof. Lepsius76) ein Werk angekündigt, worin dargethan werden soll, dass Eratosthenes bei der Messung eines Grades der Erdoberfläche, wobei er sich eines Stadiums zu 180 Meter bedient haben soll, um nicht weniger als 1/ii/a geirrt hätte. Daraus würde hervorgehen , dass er z. B. vom Wendekreis des Krebses bis nach Alexandria, wo er schrieb, um einen ganzen Grad zu viel gerechnet, also den einzelnen Grad und die daraus entspringende Peripherie der Erde sehr ungenau bestimmt hätte. Sowie ich anderwärts Bunsen's Theorie von der unbedingten Geltung des chronologischen Kanons von Eratosthenes bekämpft habe, weil dieser Laterculus ja von dem Athener Apollodoros überarbeitet worden ist, ebenso gedenke ich gegen die nach der andern Seite dem Eratosthenes zu nahe tretende Ansicht des H. Lepsius, welche nicht einmal die positive Angabe des Plinius bestehen lässt, dass Eratosthenes einen Schoinos von 40 Stadien angewendet habe, geltend zu machen, dass der Geograph Eratosthenes abgesehen von seiner eignen Befähigung, schon um desswillen keinen so groben Fehler bei seiner Gradmessung begangen haben kann, weil er sich auf genaue Messungen der Aegypter selbst zu stützen vermochte. Auch ist die runde Zahl seiner 700 Stadien auf den Grad recht sehr zu berüchsichtigen.

76) „Zeitschrift für ägyptische Sprache und Alterthurnskunde" Heft für Januar-März 1877, erster Artikel.

Norwegens Schenkung an den

heiligen Olaf.

Von

Konrad Maurer.

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. II. Abth.

Norwegens Schenkung an den heiligen Olaf.

Von

Konrad Maurer.

Durch Professor Philipp Zorn's interessante Schrift über „Staat und Kirche in Norwegen" ist die Aufmerksamkeit weiterer Kreise dem altnorwegischen Kirchenrechte und jenem merkwürdigen Kampfe zuge- wandt worden, welcher sich in der zweiten Hälfte des 12., und weiter- hin wider gegen das Ende des 13. Jahrhunderts in Norwegen auf kirchenstaatsrechtlichem Gebiete entspann. Nicht diesen Kampf in seiner Gesammtheit, sondern nur einen einzelnen Punkt innerhalb desselben gedenke ich hier einer eingehenderen Untersuchung zu unterziehen, weil er mir für die ganze Geschichte des norwegischen Kirchenstaatsrechtes von der grössten Bedeutung, und doch von dem genannten Verfasser nicht scharf genug in's Auge gefasst worden zu sein scheint, die Schenkung Norwegens nämlich an den heil. Olaf, welche während der Regierungszeit K. Magnus Erlingsson's stattgefunden haben soll, und die Glaubhaftigkeit der Quellen Zeugnisse, aufweiche dieselbe gestützt werden will. Aber freilich sehe ich mich genöthigt, meiner Untersuchung eine gedrängte Uebersicht des Verlaufes voran- zuschicken , welchen der Kampf der beiden Schwerdter in Norwegen nam, weil nur durch eine solche die Bedeutung jener speciellen Frage für die gesammte Geschichte dieses Kampfes in das gehörige Licht ge- setzt, und zugleich für die Führung jener Untersuchung die nöthige Grundlage gewonnen werden kann.

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Es ist bekannt, dass das norwegische Volk um die Grenzscheide des 10. und 11. Jahrhunderts auf Betreib seiner Könige und mit Hülfe deutscher sowohl als englischer und irischer Missionäre zum Christen- thume bekehrt wurde ; bekannt aber auch, dass diese Bekehrung zunächst eine ziemlich aüsserliche blieb, und dass es noch geraumer Zeit bedurfte, um der christlichen Lehre und Sitte eine feste Stätte im Herzen des neubekehrten Volkes, und der christlichen Kirche eine dauerhafte Or- ganisation in dem neugewonnenen Lande zu verschaffen. Des heil. Olafs (f 1030) kirchliche Gesetzgebung, wie hoch wir auch deren grundlegende Bedeutung anschlagen mögen, vermochte doch kaum den dringendsten Bedürfnissen kirchlicher Ordnung zu genügen. Erst durch K. Olafr kyrri (f 1093) wurde dem Lande eine geregelte Diöcesaneintheilung geschaffen, und erst durch K. Sigurör Jörsalafari (fll30) die Zehntlast eingeführt, welche dem Klerus pecuniäre Selbstständigkeit verschaffte. Wie unfertig aber selbst noch in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts die kirchlichen Zustände des Reiches waren, lässt sich sehr deutlich aus jenen Rechtsaufzeichnungen entnemen, welche, um jene Zeit ent- standen und vielfach den Namen von Gesetzen des heil. Olafs tragend, uns unmittelbar oder mittelbar noch theilweise erhalten sind. Wir er- sehen aus ihnen, dass die Gesetzgebung in kirchlichen Dingen damals noch durchaus in der Hand des Staates lag, wenn auch das Erlassen ergänzender Vorschriften den Bischöfen unverwehrt war , J) und dass von einer geistlichen Gerichtsbarkeit ebensowenig die Rede war, wenn man anders von dem forum internum und der Disciplinargewalt über den nideren Klerus absieht, welche letztere die Bischöfe in rohester Weise gehandhabt zu haben scheinen.2) Die Besetzung der Bisthümer lag ausschliesslich in der Hand des Königs; die Besetzung aber der nideren Kirchenämter stand -theils ebenfalls beim Könige, theils bei den Bauerschaften, theils bei einzelnen grösseren Grundbesitzern.8) Die Ehe war den Priestern noch gesetzlich erlaubt, und ganz allgemein betheiligte

1) vgl. BJ>L. I, §. 18, und II, §. 27.

2) vgl. GtL. §. 15.

3) B5L., I, §. 12, und II, §. 23; EJL. I, §. 31, und II, §. 27; vgl. Anekdoton Sverreri, cap. 17, S. 186.

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sich der Klerus an den verschiedenartigsten weltlichen Interessen und Geschäften. Es ist klar, dass derartige Zustände weit hinter den An- forderungen zurückblieben, welche das kanonische Recht in Bezug auf die kirchliche Ordnung aufstellte, ja dass dieselben theilweise sogar im unleugbaren Interesse des kirchlichen Dienstes einer Abhülfe schlechter- dings bedurften. Früher oder später mussten dieselben mit dem allge- meinen Rechte der abendländischen Christenheit in Conflict gerathen; die Umstände aber, unter welchen dieser Conflict eintratt, waren ebenso eigenthümlich wie die Verwicklungen, zu welchen derselbe führte.

Das curialistische System , wie es sich in Recht und Verfassung der Kirche bis in die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts herein ausge- bildet hatte, war im Norden nicht, wie anderwärts, allmälig neben der Staatsgewalt herangewachsen. Wenig bekannt mit den Zuständen und Bedürfnissen des weitentlegenen Landes, ohne regelmässige Verbindung mit demselben, endlich auch genöthigt, auf festgewurzelte Gewohnheiten sowie auf massgebende Persönlichkeiten stete Rücksicht zu nemen, wenn sie nicht den Bestand der Kirche selbst unter dem neubekehrten Volke gefährden wollten, hatten die Päpste die nordische Kirche zunächst sich selbst überlassen, nur selten, und dann stets in mildester Form, in deren Entwicklung eingreifend. Ausser aller Fühlung mit der Curie hatte sich demnach das nationale Kirchenrecht in Norwegen entwickelt, ausser aller Fühlung mit dem norwegischen Staatswesen andererseits auch das kanonische Recht seine Gestalt gewonnen , sodass man beiderseits des zwischen beiden bestehenden Zwiespaltes erst recht gewahr wurde, als beide sich bereits zu voller principieller Schärfe herangebildet hatten. Und doch hatte man im Norden das Christentum als ein gegebenes angenommen, und vermochte sich demnach auch der Consequenz nicht zu entziehen, dass man die in der abendländischen Kirche einmal all- gemein herrschenden Einrichtungen als zum Wesen der Kirche gehörig gelten lassen musste; da nun andererseits auch das einheimische Land- recht in anerkannter Geltung stand, lag somit, soweit dieses mit den Grundsätzen des kanonischen Rechts nicht übereinstimmte, ein Wider- spruch zwischen zwei Rechtsordnungen vor, deren jede doch auf abso- lute Gültigkeit Anspruch machte. Nicht darum konnte es sich unter solchen Umständen handeln, dass man eine allseitig als zu Recht be-

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stehend anerkannte Rechtsordnung auf verfassungsmässigem Wege neuen Bedürfnissen entsprechend umzugestalten und weiter zu entwickeln suchte ; vielmehr musste der norwegische Klerus von dem Augenblicke an, da in ihm ein lebendigeres Standesbewusstsein und das Gefühl seiner Zu- sammengehörigkeit mit der ganzen Hierarchie des Abendlandes erwachte, auch sofort seine Stellung ausserhalb des nationalen Landrechtes und auf dem Boden des kanonischen Rechts nemen , um dieses so , wie es lag, als ein formell bereits geltendes, nicht blos als ein materiell zur Geltung berufenes, aber formell zu solcher erst noch zu bringendes zu verfechten. Es war die Sendung des Cardinales Nikolaus Brek- spear nach Norwegen, an welche sich der in dieser Richtung entschei- dende Umschwung knüpfte.

Seit der Stiftung des Erzbisthumes Hamburg durch Kaiser Ludwig den Frommen (831 )*) hatte Norwegen wie der ganze übrige germanische Norden als ein der Kirche erst noch zu eroberndes Missionsland zu dessen Provinz gehört. Als dann P. Paschalis II. den bischöflichen Stuhl zu Lund in einen erzbischöflichen verwandelt hatte (1104), war Norwegen ebenso wie Dänemark und Schweden dessen Metropolitan- sprengel zugetheilt worden. Aber auch in Norwegen hatte sich schon kurz nach der Loslösung der Lunder Kirchenprovinz vom hamburger Stuhle ein Streben nach Abtrennung von jener ersteren geltend gemacht, und schon K. Sigurör Jorsalafari soll gelegentlich seines Aufenthaltes im gelobten Lande (1110) die Errichtung eines eigenen Erzbisthumes für sein Reich beschlossen haben. Um die Mitte des Jahrhunderts müssen neuerdings Unterhandlungen in dieser Richtung mit der Curie angeknüpft und nicht *ohne Erfolg geführt worden sein , da wir von B. Hreiöarr von Niöarös hören , dass er auf einer Südfahrt zum Erz- bischof geweiht, aber noch vor der Rückkehr auf seinen Stuhl im Jahre 1151 verstorben sei. Nur um ein Jahr später, im Jahre 1152 also, erschien nun aber, von P. Eugen III. geschickt, Cardinal Nikolaus von Albano, der spätere P. Hadrian IV., im Norden, um in Norwegen sowohl als in Schweden eine neue Kirchenprovinz einzurichten, und

1) Bezüglich des Datums vgl. jetzt Dehio, Geschichte des Erzbisthums Hamburg -Bremen bis zum Ausgang der Mission, Bd. I, Anmerkungen und Ausführungen, S. 54 (1877).

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zugleich sonst vorzukehren , was zur besseren Befestigung der kirch- lichen Ordnung in beiden Ländern ihm diensam erscheinen würde. Durch ihn wurde sofort die bischöfliche Kirche zu Niöaros für alle Zu- kunft zu einer Metropolitankirche erhoben , und der bisherige Bischof von Stafängr, Jon Birgisson , gleich von dem Legaten selbst mit dem Pallium bekleidet. Zu den 4 älteren norwegischen Diöcesen, nämlich Niüaros oder Drontheim, Bergen, Stavanger und Oslo, wurde gleichzeitig eine fünfte, die von Hamarr, hinzugefügt, und ausser Norwegen selbst die neue Kirchenprovinz auch noch über Island mit seinen beiden Diö- cesen , Grönland , die Fseröer, die Orkneys und die Hebuden mit Man erstreckt, sodass dieselbe volle 1 1 Bisthümer umfasste. Die Geschichts- quellen berichten überdiess,1) derselbe habe in vielen Stücken die Sitten im Lande gebessert, und zumal ein Verbot des Waffentragens in den Städten veranlasst, wie er ein änliches auch in Schweden durchgesetzt zu haben scheint.2) Aus einer unten noch des Näheren zu besprechenden Urkunde des K. Häkon Sverrisson vom Jahre 1202 erfahren wir ferner, dass die norwegischen Könige dazumal dem Legaten gewisse Zugeständ- nisse zu Gunsten ihrer Kirche machten und eidlich bekräftigten ; aber die hiefür in Bezug genommene Urkunde K. Eysteins ist verloren, und so hält es schwer, über den Inhalt dieser Zugeständnisse völlig ins Klare zu kommen. Doch berichtet uns eine Streitschrift, welche zu K. Sver- rir's Zeiten zu Gunsten des Königthumes gegen die Kirche gerichtet wurde, dass dazumal an den sämmtlichen Kathedralkirchen des Landes Domcapitel errichtet wurden, welchen die Könige, sei es nun vorüber- gehend oder für alle Zukunft, die bisher ihnen allein zustehende Wahl der Bischöfe überliessen,3) und es stimmt hiezu recht wohl, dass einer- seits eine Bulle P. Cölestins III. vom 17. März 1196 von der Einsetzung eines Decanes und dreier Archidiakonen an der Kirche zu Niüaros durch P. Hadrian I V. (f 1159) spricht,4) und dass andererseits eines der älteren

1) Heimskringla, Inga s. Haraldssonar, cap. 23, S. 744-45; PMS., VII, cap. 22, S. 240 bis41; Mor kinskinna, S. 232; noch kürzer Fagrskinna, §. 260, S. 171, und Annälar, h. a.

2) Diplom, suecan., I, nr. 38, S. 57.

3) Anekdoton Sverreri, cap. 17—18, S. 186.

4) Diplom, norveg., I, nr. 1, S. 1.

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Provincialrechte den Grundsatz aufstellt:1) „Der soll Bischof sein auf dem Stuhle, welchen der König will, und welcher dazu richtig gewählt ist, und welcher hier zu Stab und Stuhl geweiht ist", welche letztere Vorschrift man nicht mit einigen neueren Schriftstellern 2) auf eine Volkswahl beziehen darf, von welcher vielmehr in Norwegen keine Spur zu finden ist. Wenn ferner in einer langen Reihe von Urkunden von einem noch viel weiter reichenden Verzichte auf das königliche Patro- natsrecht gesprochen wird, welchen gewisse nicht namentlich genannte Könige von Norwegen abgelegt haben sollten , 3) so wird es kaum zu gewagt sein, auch diesen auf die drei im Jahre 1152 zusammen re- gierenden Brüder lugi, Sigurö und Eysteinn zu beziehen, zumal da die Art, wie jene Könige erwähnt werden, mehrfach auf Ascendenten K. Sverrirs und seiner Nachkommen hindeutet. Fest steht ausserdem, dass gleichzeitig das Recht, Seelgaben zu machen, unter Mitwirkung einer aus dem ganzen Reiche beschickten Versammlung sehr beträchtlich er- weitert, und damit der Kirche die Vermehrung ihres Besitzes erheblich erleichtert wurde.4) Endlich wenn wir hören, dass der Peterspfenning (Rümaskattr) durch den Cardinal in Schweden eingeführt wurde,5) und denselben auch in der uns vorliegenden Bearbeitung des drontheimer Rechtes als eine gesetzliche Last erwähnt finden , 6) während wir nach- weisen können, dass diese Bearbeitung im Wesentlichen auf eine unter Magnus Erlingsson vorgenommene Revision des älteren Rechtsbuches sich stützt,7) so dürfen wir doch wohl ohne Anstand auch für Norwegen die Einführung dieser Abgabe auf denselben Urheber zurückführen. Nur in einem Punkte scheint der Cardinal, den Umständen klug Rech-

1) EH. I, §. 31, und II, §. 27.

2) So Zorn, ang. 0., S. 32—34; Dehio, ang. 0., I, S. 188; Sars, Udsigt over den norske Historie, II, S. 38 (1877).

3) Diplom, norveg., VI, nr.3, S. 5 (1190); II, nr. 3, S. 2 - 3 (1194); I, nr. 13, S. 11, und VI, nr. 17, S. 19 (1234); I, nr. 43, S. 33 (1247).

4) FriL., III, S. 17; BjarkR., III, §. 70; Verordnung vom Jahre 1224 (Norges gamle Love, I, S. 447-448).

5) Diplom, suecan., I, nr. 38, S. 58 (1153).

6) Fr PL., II, § 20.

7) vgl. meine Abhandlung über „die Entstehungszeit der älteren FrostuKngslög", in den Denk- schriften unserer Classe, Bd. XIII, Abth. 3, S. 1—84.

73 nung tragend, die strengen Anforderungen des kirchlichen Rechtes seiner Zeit beträchtlich herabgestimmt zu haben , nämlich in Bezug auf den Cölibat. Noch zu Anfang des 13. Jahrhunderts berief sich der nor- wegische Klerus ausdrücklich darauf, dass Cardinal Nicolaus die Priester- ehe ihm gestattet habe,1) und wir haben um so weniger Grund an der Glaubwürdigkeit dieser Behauptung zu zweifeln , da auch in Schweden der Klerus auf ein ähnliches Privileg ,,cujusdam summi pontificis" sich berief, 2) welches doch wohl ebenfalls nur von P. Hadrian IV. ertheilt sein konnte, der als Cardinallegat nachweisbar Bestimmungen ,,de matrimonio" für dieses Land erlassen hatte.3) Bei der bekannten Ge- schmeidigkeit, mit welcher die Curie ihre Grundsätze stets zu modi- ficiren wusste, sobald deren folgerichtige Durchführung auf allzu ernste Schwierigkeiten zu stossen schien, kann die Verwilligung eines solchen Privileges für eine einzelne Landeskirche nicht übermässig auffallen, während dieselbe andererseits ganz befriedigend erklärt, dass noch in Legalquellen des 13. Jahrhunderts die Zulässigkeit der Priesterehe ohne Anstand vorausgesezt werden konnte.4)

Die weittragenden Ergebnisse, zu welchen des Cardinales Nikolaus Sendung geführt hatte, werden nur durch die ungewöhnliche Gunst der Umstände begreiflich, unter welchen dieselbe erfolgt war. Einerseits hatte die religiöse Strömung, welche am Schlüsse des 11. und am An- fange des 12. Jahrhunderts das ganze christliche Abendland durchzog, nicht ermangelt auch den Norden zu erfassen. In der Ordnung der Diöcesaneintheilung , welche sich dazumal vollzog , in der Stiftung von Klöstern, welche um dieselbe Zeit ihren Anfang nam, in der Ein- führung der Zehntlast endlich, welche derselben Zeit angehörte, erkennt man leicht einzelne Wirkungen dieser Richtung der Geister; aber auch die Kreuzzüge, welche jetzt mehrfach vom Norden aus unternommen wurden, geben für dieselbe beredtes Zeugniss, während sie zugleich selbst wieder zu einem weiteren Aufschwünge der religiösen Begeisterung

1) Diplom, norveg., I, nr. 19, S. 15. 16 (1237).

2) Diplom, suecan, I, nr. 150, S. 176 (1213).

3) ebenda, nr. 38, S. 57 (1153).

4) vgl. z.B. GJ.L., §. 298; FriL., VII, §. 17.

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. IL Abtb. 10

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beitrugen.1) In den Jahren 1103 4 hatte Skopti- Ögmundarson von Gizki mit seinen Söhnen einen solchen unternommen, und in den Jahren 1107 11 war der Kreuzzug K. Sigurös, in den Jahren 1118 20 der des Jarles Häkon Pälsson von den Orkneys gefolgt; nur wenig später finden wir den Sigurö slembidjakn im gelobten Lande, und eben im Jahre 1152 unternam Rögnvaldr jarl von den Orkneys in Gemeinschaft mit Eindriöi üngi, Erling Ormsson und anderen vornemen Norwegern seinen Zug, von dem er erst im Jahre 1155 zurückkam. Eine Menge kleinerer Pilgerfahrten schob sich zwischen diese grösseren Züge hin- ein, und es konnte nicht fehlen, dass solche Unternehmungen, welche Viele beschäftigten und auch von den Zurückgebliebenen eifrig be- sprochen wurden, ebensowohl eine gewisse religiöse Schwärmerei för- derten , als sie selbst bereits aus solcher hervorgegangen waren. An- dererseits aber war Norwegen bereits unmittelbar nach K. Sigurös Tod in eine Zeit der blutigsten Bürgerkriege eingetreten. Zuerst hatten K. Magnus Siguröarson und K. Haraldr gilli einander befehdet. Nach- dem der Erstere gefangen , geblendet und in ein Kloster gesteckt worden war (1135), war der Letztere von Sigurö slembidjakn ermordet worden (1136), und es standen sich nun dieser Letztere sammt dem wider aus seinem Kloster geholten Magnus blindi, und die Söhne Har- alds, Ingi und Sigurör munnr, gegenüber. Die ersteren Beiden unter- lagen (1139); aber auch Ingi und Sigurör, zu denen bald noch ein dritter Bruder, Eysteinn, als Mitkönig hinzukam (1142), konnten sich auf die Dauer nicht mit einander vertragen , so dass auch jetzt noch nicht Friede und Ruhe widerkehren wollte. So war demnach der Cardinallegat in der günstigen Lage gewesen, zugleich in der religiös erregten Stimmung des Volkes einen wohlbereiteten Boden für seine Bestrebungen zu finden, und durch kluge Ausnützung der Zerwürfnisse unter den drei Königen sich eine entscheidende Stellung hinsichtlich der inneren Angelegenheiten des Landes sichern zu können , Vor- theile , die in ihrem Zusammentreffen vollkommen genügen , um die grossen von ihm erzielten Erfolge zu erklären. Dieselbe Gunst der

1) vgl. Paul Kiant, Expeditions et Pelerinages des Scandinaves en Terre sainte, Paris 1865 und 1869.

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Umstände, welche die Begründung des hierarchischen Systems im Norden ermöglicht hatte, begleitete aber zunächst auch noch dessen weiteren Ausbau. Die unter den drei königlichen Brüdern herrschende Span- nung artete bald in offenen Kampf aus, und kurz nach einander ver- loren K. Sigurör munnr (1155) und K. Eysteinn (1157) das Leben; aber auch K. lngi fiel in der Schlacht bei Oslo (1161) gegen K. Häkon heröibreiö, einen Sohn K. Sigurö munns, der ihm als Gegenkönig gegen- übergetreten war, und selbst sein Tod brachte noch keine endgültige Entscheidung. Die Anhänger des gefallenen Königs, nicht wagend dem Sieger sich zu unterwerfen, beschlossen, da sich kein anderer Kron- prsetendant auftreiben Hess, ein fünfjähriges Kind als König auszurufen, den Magnus Erlingsson nämlich, für welchen sein Vater, der oben unter den Kreuzfahrern genannte Erlingr skakki, Ormsson, die Führ- ung der Parthei übernam (1161). Diesem gelang es nun zwar schon im folgenden Jahre den K. Häkon, und wider ein Jahr später auch den Sigurö Marküsföstri, Häkons Bruder und Nachfolger zu erlegen; aber immerhin stand das Reich des jungen Magnus nur auf schwachen Füssen , da es demselben an jedem Rechtsanspruche auf den Thron fehlte. Nur ein Königssohn sollte nach altnordischem Staatsrechte auf den Thron berufen werden; Magnus aber gehörte nur durch seine Mutter, eine Tochter K. Sigurö Jorsalafari's, dem königlichen Hause an, während sein Vater lediglich zu der Classe der lendirmenn oder Land- herrn zählte. Die dänische Hülfe, welche Erling der Gegenparthei gegenüber in Anspruch genommen hatte, vermochte den wankenden Thron nur wenig zu stützen; so beschloss er denn, die Kirche an- zugehen , um durch ihr Ansehen zu ersetzen , was seinem Sohne an Legitimität abgieng, und die Kirche säumte nicht, die ihr damit ge- botene Gelegenheit in ihrem eigenen Interesse auszunützen.

Jon Birgisson, der erste Erzbischof von Niöarös, war im Jahre 1157 gestorben, und Eysteinn, des Erlendr himaldi Sohn, an seine Stelle getreten. Von Natur hochbegabt, und überdiess einem der angesehen- sten Häuser im Drontheimischen angehörig, hatte dieser dem K. Ingi als Caplan und Schatzmeister gedient, und war von diesem Könige auf den erzbischöflichen Stuhl berufen worden, ohne dass das Domcapitel auch nur um seine Meinung befragt worden wäre. Als er mit dem

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Pallium aus dem Süden heimkam (1161), war er im Drontheimischen freundlichst aufgenommen worden , und diese gute Stimmung hatte er benützt , um eine sehr bedeutende Steigerung der Einkünfte seines Stuhles durchzusetzen. Indem er seinen Bauern vorstellte, wie arm sein Stuhl, und wie nöthig eine Erhöhung seiner Einnamen durch dessen Erhöhung zu einem Metropolitansitze geworden sei, hatte er einen Dingbeschluss zu Stande gebracht, kraft dessen innerhalb der drontheimer Diöcese in Zukunft alle dem Erzbischofe zufallenden Straf- gelder nach Silberwerth statt nach gewöhnlichem Handelswerthe ent- richtet werden sollten, was dieselben der eingerissenen Münzverschlech- terung gegenüber auf den doppelten Betrag erhöhte. J) Für das König- thum war dieser Beschluss sehr verletzend, weil er die erzbischöflichen Bezüge besser stellte als die königlichen; als aber Erlingr den Erz- bischof hierüber zur Rede stellte, wurde er von diesem mit trotzigem Hohne auf die Illegitimität seines Sohnes hingewiesen. Da fanden nun schliesslich beide Theile ihren Vortheil dabei, ihren Frieden mit einander zu schliessen, und dem geltenden Landrechte gegenüber gemeinsame Sache zu machen; der Erzbischof verstand sich dazu, durch eine feierliche Krön- ung des jungen Königs den Mangel seiner Berechtigung zur Thronfolge zu decken, Erlingr aber versprach ihm dafür, wie er ihm diess schon früher zugesagt hatte, seine kräftige Unterstützung zu jeder Förderung des kirchlichen Rechts. Unter Zustimmung des gesammten Episkopates, sowie eines gerade im Lande anwesenden päpstlichen Legaten , wurde die Krönung wirklich im Sommer des Jahres 1164 in Bergen voll- zogen; aber „Erlingr skakki, und mit ihm 12 Landherren, schwuren gesetzliche Eide mit dem Könige." 2) Auch eine bereits einmal an- geführte Verordnung des K. Hakon Sverrisson aus dem Jahre 1202 erwähnt der Eide, „welche geschworen wurden vor dem Legaten, da- mals als der Jarl den Streit begann mit dem Erzbischofe über der heiligen Kirche Freiheit ," 3) und wenn zwar die eine der beiden Hss.

1) Heiraskr. Magnüss s. Erling ssonar , cap. 16, S. 792; PMS. VII, cap. 8, S. 299—300; Fagrsk., §. 268, S. 179.

2) Heimskr., cap. 21—22, S. 795—97; PMS., cap. 13-14, S. 304—6; Fagrsk. §. 268—69, S. 180. Doch erwähnt die zuletzt genannte Quelle der Eide nicht.

3) Norges garale Lore, I, S. 445; Diplom, norveg., VIII, nr. 5, S. 8.

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statt der Worte „firer legaten" liest ,,firer legato Fidencio," so ist doch diese letztere Lesart eine entschieden falsche, und vielleicht nur durch falsche Lesung eines Anfangsbuchstabens veranlasste, da wir wissen, dass der beim Beginne des Streites in Norwegen weilende Legat Ste- phanus hiess, und dass Jidantius erst im Winter 1196 97 als Legat nach dem Norden kam. *) Dass hiernach auch diese Angabe auf die im Jahre 1164 geschworenen Eide zu beziehen ist, darf nicht bezweifelt werden; über den Inhalt aber dieser Eide, und überhaupt über den Inhalt der Verabredungen, welche dazumal zwischen Erling und dem Erzbischofe getroffen wurden , spricht sich die Verordnung so wenig aus als die Geschichtsquellen dies thun. Nach dieser Seite hin tritt dagegen eine in die älteren Gula^ingslög eingerückte Bestimmung, sowie ein Schreiben ergänzend ein , welches K. Magnus Erlingsson an Erz- bischof Eysteinn gerichtet haben soll , und auf diesen beiden Quellen- zeugnissen, sammt einer unten noch zu erwähneöden Angabe, welche Erzbischof Jon rauöi um ein Jahrhundert später gelegentlich der Ver- handlungen über das Bergener und Tünsberger Concordat machte, be- ruht demnach Alles, was man über eine von jenem Könige damals ge- machte Schenkung Norwegens an den heil. Olaf zu wissen glaubt. Von beiden Stücken wird im weiteren Verlaufe dieser Untersuchung noch eingehend zu handeln sein; dagegen mag hier schon bemerkt werden, dass auch eine officielle Revision der für das Gula^ing und für das Frostuping bestimmten Rechtsbücher, welche unter K. Magnus Erlings- son's Regierung zu Stande kam,2) mit jenen Abmachungen in engstem Zusammenhang gestanden zu sein scheint.

Durch die rücksichtsloseste Ausnützung des Nothstandes, in welchem sich ein illegitimer Träger der Krone befand, hatte Erzbischof Eysteinn mit einem Male die Stellung der Kirche zum Staat in Norwegen auf

1) vgl. Munch, Det norske Polks Historie, II, S. 936, Änra., und III, S. 426, Anm., sowie die bestimmten Angaben der Herausgeber in Norges gamle Love, ang. 0. Aucb Sars, Udsigt over den norske Historie, II, S. 180 hält sich an die Lesart, die keinen Namen nennt, ohne der anderen auch nur zu gedenken.

2) vgl. meine Abhandlungen über „die Entstehungszeit der älteren Gulaju'ngslög" und „die Entstehungszeit der älteren FrostuMngslög" in den Denkschriften unserer Classe, Bd. XII, Abth. 3, S. 98-170 (1872), und Bd. XIII, Abth. 3, S. 1-84 (1875).

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einen völlig neuen Fuss gesetzt; indessen Hess ein Rückschlag gegen die von ihm begründeten Zustände nicht lange auf sich warten. Die kirchliche Krönung des jungen Königs vermochte nicht alle Zweifel an dessen Berechtigung zu ersticken, und nach wie vor tratt ein Gegen- könig um den andern gegen denselben auf.. Olafr ügsefa mit seinen Hettusveinar (1166 69), dann Eysteinn meyla mit seinen Birkibeinar (1174 77) hatten freilich nur wenig P>folg; eine andere Wendung nam aber die Sache , als K. S v e r r i r sich an die Spitze der letzteren Parthei stellte. Nach seiner eigenen Angabe ein unächter Sohn K. Sig- ur5 munns , aber auf den Faeröern aufgewachsen und zunächst zum geistlichen Berufe erzogen, war dieser angeblich erst nach empfangener Priesterweihe über diese seine Abstammung aufgeklärt worden ; darauf- hin war er nach Norwegen hinübergegangen, und hatte sofort die Führung der zersprengten Birkibeinar übernommen (1177). Nach harten Kämpfen gelang es ihm, erst den Jarl Erling (1179), und dann auch den K. Magnus selbst zu erlegen (1184), und auch ein paar weitere Gegenkönige, welche ihm die geschlagene Parthei entgegen- stellte, wurden rasch von ihm unterdrückt; aber es konnte nicht fehlen , dass er dabei von Anfang an auch der Kirche gegenüber in eine feindselige Stellung gerieth , da diese ihre eigenen Interessen mit denen K. Magnus Erlingsson's eng verflochten wusste, und über- diess dem unehelich Geborenen und dem abtrünnigen Priester auch aus anderen Gründen entgegentreten musste. Von Anfang an hatte demgemäss Erzbischof Eysteinn fest zu K. Magnus gehalten, und erst dann seinen Frieden mit Sverrir gemacht (1183), als des Ersteren Sache hoffnungslos verloren war; wenn ferner zwar seine klare Er- kenntniss der Sachlage den alten Erzbischof seine letzten Lebensjahre (f 1188) in Frieden verbringen Hess, so brach doch unter seinem Nachfolger, Eirikr Ivarsson, das alte Zerwürfniss nur um so hef- tiger aus. Kaum mit dem Pallium von Rom heimgekehrt, begann dieser auch schon die siegreiche Parthei in seinen Predigten anzugreifen; der König aber brachte seinerseits die Erhöhung der kirchlichen Geld- bussen wider zur Sprache, welche Erlingr seit der Krönung seines Sohnes nicht weiter beanstandet hatte, und machte mit aller Entschie- denheit geltend, dass dieser nicht befugt gewesen sei, durch eine Ver-

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änderung des althergebrachten Rechtes die rechtswidrige Krönung seines Sohnes zu erkaufen.1) Bald dehnte sich der Conflict auch auf andere Streitpunkte aus, zumal auf das Laienpatronat und die Zahl der Begleiter , welche der Erzbischof bei seinen Amtsreisen um sich haben durfte. Vergebens berief sich der Erzbischof auf das kanonische Recht, auf päpstliche Bullen und auf „das Buch, welches die Goldfeder genannt wurde, und welches Erzbischof Eysteinn hatte schreiben lassen," d. h. doch wohl auf die unter Eysteins Mitwirkung erfolgte Revision der Frostul>ingslög ; der König setzte dem die Berufung auf das Dront- heimer Landrecht entgegen, wie es der heil. Olaf gesetzt und K. Magnus goöi zur Aufzeichnung gebracht habe, und auf seinen Betrieb wurde an offenem Ding im Sinne des alten Landrechts gegen den Erzbischof er- kannt. Da gab dieser seine Sache verloren, verliess das Land und floh nach Dänemark (1190). 2) Nach einer Beschwerdeschriffc, welche Abt Wilhelm von Ebelholt von hier aus in des Erzbischofes Namen an die Curie richtete,3) wäre freilich vielmehr die Weigerung des Erz- bischofs, den König ohne vorgängige päpstliche Ermächtigung zu krönen , dann ein Streit über die Widerbesetzung des Bisthumes Staf- ängr, endlich auch eine Reihe von Differenzen über die geistliche Ge- richtsbarkeit und die Ausdehnung des königlichen Patronatrechtes der Grund des Zerwürfnisses gewesen ; indessen scheinen doch beide Dar- stellungen des Sachverhaltes eher sich gegenseitig zu ergänzen als ein- auder zu widersprechen , 4) und für unseren Zweck kommt jedenfalls auf diesen Punkt nur wenig an. Zweifellos steht fest, dass Erzbischof Eirik den Kampf von Dänemark aus in entschlossenster Weise fort- führte, zumal seitdem P. Cölestin III. mittelst einer sehr merkwürdigen, die sämmtlichen Privilegien des erzbischöflichen Stuhles bestätigenden Bulle vom 15. Juni 1194 sich entschieden auf seine Seite gestellt hatte; 5) nicht minder gewiss ist aber auch, dass weder die Verhängung

1) Sverris s., cap. 112, S. 269— 71.

2) ebenda, cap. 117, S. 277-80.

3) Dipl. norveg., VI, nr. 3, S. 4 6; vgl. auch noch Wilhelmus de Newburgh, historia rerum anglicarum, III, cap. 6, S. 230.

4) vgl. meine Abhandlung über „das sogenannte Christenrecht K. Sverrirs", S. 61 63, in Bartsch' s Germanistischen Studien, Bd. I.

5) Diplom, norv., U, nr. 3, S. 2—5.

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von Bann und Interdict, noch die Aufstellung von Gegenkönigen und die von P. Innocenz III. versuchte Aufreizung benachbarter Fürsten zum Kriege gegen Norwegen K. Sverrirs Macht zu brechen vermochte. Am 9. Mserz des Jahres 1202 starb K. Sverrir. Sein Sohn und Nachfolger, K. Häkon, beeilte sich, wie es heisst auf des sterbenden Vaters Rath, mit dem Erzbischofe seinen Frieden zu machen, aber, so- viel eine schon mehrfach angeführte, dem Jahre 1202 angehörende Ver- ordnung erkennen lässt,1) wurde dabei von ihm kein wesentliches Recht des Königthumes aufgegeben. Neben der sehr vieldeutigen Ver- sicherung, der Kirche alle die Freiheiten zugestehen zu wollen, welche ihr nach „den heiligen Schriften" zukommen, und deren sie von alter und neuer Zeit her genossen habe, jedoch unbeschadet des König- thumes und der königlichen Majestät , nimmt der König noch speciell Bezug auf die Anordnungen des Cardinales Nikolaus und die von den Königen Ingi, Sigurö und Eysteinn ihm gemachten Zugeständnisse, auf deren Bestätigung durch K. Magnus Erlingsson und K. Sverrir, endlich auf die im Jahre 1164 geschworenen Eide, und bedingt sich umgekehrt der Kirche gegenüber das Maas von Rechten aus, welches ihm nach ,,den heiligen Schriften" und dem Landrechte zukomme. Es halten sich demnach in diesem wunderlichen Documente die allgemeinen Zu- sicherungen und Vorbehalte ziemlich die Wage, und ausdrücklich be- stätigt werden nur die im Jahre 1152 gemachten Zugeständnisse, so- wie der von K. Magnus Erlingsson geschworene Krönungseid , dessen Inhalt wir nicht kennen , wogegen alle anderen Zugeständnisse dieses Königs stillschweigend beseitigt werden ; aber freilich war mit einer so unbestimmt gefassten Übereinkunft der Zwiespalt nicht gelöst, wenn auch äusserlich zunächst wider volle Ruhe zwischen Kirche und Staat zu herrschen schien. Wie der König, so hatte auch die Kirche den Standpunkt keineswegs förmlich aufgegeben, welchen sie in den Kämpfen während der letzten Jahre eingenommen hatte, wenn sie auch that- sächlich den ihr ungünstigen Umständen sich fügte , und insbesondere liefen nach wie vor zweierlei Rechtsbücher neben einander im Lande

1) Norges gamle Love, I, S. 444 45; Diplom, norveg., VIII, nr. 5, S. 7 8, vgl. nr. 75, S. 93.

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um , deren eine Classe die ältere , des heil. Olafs Namen tragende Re- cension der Gulapingslög oder Frostubingslög enthielt, während die an- dere den unter kirchlichem Einflüsse entstandenen revidirten Text der- selben nach K. Magnus Eriingsson's Redaction zeigte; ja man fertigte sogar, wie es scheint aus praktischen Gründen, gemischte Texte an, in welchen man die Bestimmungen der älteren und der neueren Recension sich als solche gegenüberstellte. Bis in K. Häkons des Alten Re- gierungszeit herein (1217 63) setzte sich diese Verworrenheit der Zu- stände fort. Die Stimmung der kirchlichen Kreise spricht sich sehr deutlich darin aus , dass Erzbischof {>6rir auf einer Provincialsynode, welche er im Jahre 1229 nach Niöarös berief, *) sich allen Ernstes an- schickte, seinen streitbaren Vorgänger Eysteinn zu canonisiren, 2) und dass von dieser Zeit ab widerholt mit der Curie verhandelt wurde, um von derselben die hiezu nöthige Mitwirkung zu erlangen. 3) Auch darinn, dass Bischof Päll von Hamar während eines Streites mit seinem Könige widerholt bei der Curie über die Nichtanerkennung der geist- lichen Gerichtsbarkeit sowie über die ungebührliche Ausdehnung seiner Patronatsrechte Seitens dieses Letzteren zu klagen hatte,4) zeigt sich, wie wenig noch die principiellen Gegensätze ausgeglichen waren. Ein Christenrecht, über welches sich nach dem Zeugnisse späterer Urkun- den der König, wie es scheint im Jahre 1244, mit seinem Erzbischofe Sigurö einigte, und welches wir in dem Christenrechte unserer Frostu- bingslög widererkennen dürfen,5) stellt sich allerdings in einer Reihe von Punkten, welche zwischen K. Sverrir und Erzbischof Eirik bestritten gewesen waren, auf die Seite der Kirche, nicht des Königthumes, wie zumal bezüglich der Zahlung der kirchlichen Bussen in Silberwerth, der Zahl der Begleiter des Erzbischofes, des Laienpatronates; aber nach wie vor bildet das Christenrecht nur einen Theil der weltlichen Gesetz- gebung, von einer geistlichen Gerichtsbarkeit ist in demselben keine

1) Häkonar s. gamla, cap. 162, S. 416.

2) Annälar, h. a.

3) vgl. Diplom, norveg, I, nr. 23, S. 18—19 (1241), VI, nr. 22, S. 22—23 (1246), nr. 23, S. 23 (1251), undnr. 30, S. 28 (1255); Kayiialdus, Annales, a. 1268, §.48 (Bd. XIV, S. 169).

4) Diplom, norveg., I, nr. 13, S. 11—12, und VI, nr. 17, S. 19 (1234).

5) vgl. meine Abhandlung über „die Entstehungszeit der älteren Frostujingslög", S. 46—61. Abh. d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. IL Abth. 1 1

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Spur zu finden, vielmehr nach wie vor die Judicatur über kirchliche Personen und Sachen- den weltlichen Gerichten überlassen , endlich bleibt die Art der Besetzung der Bisthümer und der sonstigen Prse- laturen gänzlich unbesprochen, und ebendarum die Einflussname des Königs auf dieselbe unbehindert. In anderer Richtung ist bezeichnend, dass die Bischöfe, vom Könige aufgefordert mit ihm gemeinsam die Zustimmung zu einer feierlichen Krönung zu erbitten (1245), nur unter der Bedingung sich hiezu bereit erklärten, dass er ihre Privilegien vermehre, und überdiess sich zur Ableistung desselben Krönungseides verstehe, wie ihn seinerzeit K. Magnus Erlingsson geschworen habe, und dass K. Häkon diese Zumuthung entrüstet abwies , mit der Be- merkung, die Privilegien der Kirche seien bereits gross genug und von ihr noch weiter ausgedehnt worden , als sie eigentlich reichten , er selber aber sei rechtmässig zum Reiche geboren, und nicht gesonnen die Krönung durch eine Demüthigung zu erkaufen, welcher sich der illegitime Magnus Erlingsson allenfalls habe unterwerfen können ; lieber wolle er niemals die Krone tragen , meinte der König , als sie durch eine solche Schmach sich gewinnen. *) Als dann später in Folge von Verhandlungen, welche der König für sich alleinn mit dem päpstlichen Stuhle angeknüpft hatte, Cardinal Wilhelm von Sabina als Legat des Papstes Innocenz IV. nach Norwegen kam um die Krönung zu voll- ziehen (1247), erneuerte dieser nochmals den Versuch ; aber auch diess- mal blieb der König standhaft bei seiner Erklärung, dass er lieber keine Krone tragen, als diese durch einen derartigen Schacher sich er- kaufen wolle , und so wurde er schliesslich bedingungslos gekrönt. 2) Auch diessmal gab die Anwesenheit eines Cardinallegaten wider* zu manchen Verhandlungen über kirchenrechtliche und kirchenstaatsrecht- liche Fragen Veranlassung. Nach den Berichten einer nahezu gleich- zeitigen Geschichtsquelle 3) verbot der Cardinal den Gebrauch des glühenden Eisens als eines Gottesurtheiles , gegen welchen sich ja bereits das vierte lateranische Concil im Jahre 1215 erklärt

1) Hakonar s., cap. 247, S. 6—7.

2) ebenda, cap. 251, S. 11—12.

3) ebenda, cap. 252, S. 13, und cap. 255, S. 21—22.

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hatte ; *) verwilligte er ferner den Bauern eine Erleichterung der Feier- tagsordnung, welche ihnen zu Gunsten ihrer Fischerei und Landwirt- schaft gewisse Notharbeiten auch an Feiertagen gestattete; stellte er endlich gewisse missbräuchliche Eingriffe der Bischöfe in das Kirchen- vermögen, und die missbräuchliche Erhebung einer Geldentschädigung für die diesen gebührende Verpflegung für den Fall ab, dass sie ohne ehehafte Noth ihre Visitationsreisen unterliessen. Auch über eine weitere Befreiung des Klerus von der Kriegslast soll verhandelt worden sein , jedoch ohne Erfolg , da sich die Prselaten der als Gegenleistung geforderten Verabreichung der Saladinszehnten weigerten ; eine Reihe von Urkunden aber, welche der Cardinal ausfertigte, 2) zeigt, was auch die Hakonarsaga selbst andeutet, dass damit noch keineswegs der Um- fang dessen erschöpft ist, worüber verhandelt und Beschluss gefasst wurde. Ich erwähne unter ihnen nur ein am 16. August 1247 aus- gestelltes Document, in welchem der Cardinal, doch wohl den Mund etwas voll nemend, bezeugt, dass er den Zustand der norwegischen Kirche ganz befriedigend, und dass er zumal in Bezug auf die Wahl der Bischöfe und Prälaten, das Patronatsrecht und die geistliche Ge- richtsbarkeit Alles den Vorschriften des kanonischen Rechtes ent- sprechend geordnet gefunden habe. Alles in Allem genommen lässt sich die Haltung K. Häkons dahin charakterisiren , dass derselbe zwar den Frieden mit der Kirche zu erhalten sich bemühte, und darum auch wohl zu mancherlei Zugeständnissen an dieselbe sich bereit finden Hess, soweit es sich um lediglich kirchliche Dinge, oder auch um Befugnisse handelte, in deren Besitz die Kirche nun einmal thatsächlich sich be- fand, wenn auch dieser ihr Besitzstand im älteren Rechte nicht be- gründet war ; dass er aber mit unbeugsamer Zähigkeit an allen wesent- lichen Rechten der Staatsgewalt festhielt, und sorgfältig jeden Schritt mied, der irgendwie auf eine Ueberordnung der Kirche über den Staat hätte gedeutet werden können.

Neue Zerwürfnisse mit der Kirche brachen aber unter der Re-

1) c. 9. X. ne clerici vel monachi ssecularibus negotiis se immisceant (HI, 50).

2) Am Vollständigsten steht alles hieher Gehörige gedruckt im Diplom, island., I, nr. 139 und 140, S. 540—68; vgl. S. 727.

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gierung des Sohnes K. Häkons, des Königs Magnus lagabcetir, aus (1263 80). Zunächst zwar setzte dieser im Jahre 1267 für das GulaJ>ing, und im Jahre 1268 für das Borgar^ing und Eiösifafcing die Anname von Gesetzbüchern durch, welche noch in früherer Weise ein Christenrecht an ihrer Spitze trugen, und als deren Ueberreste wir die uns aufbewahrten jüngeren Christenrechte des GulaJ>inges und des Borgartinges betrachten dürfen. Ihrem Inhalte nach verrathen diese vielfach die Benützung neuerer kirchenrechtlicher Bestimmungen , wie denn z. B. der Cölibat in ihnen als eine Rechtspflicht behandelt wird; aber in Bezug auf Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit stehen auch sie noch auf dem älteren Standpunkte, und über die Ernennung der Prse- laten enthalten auch sie keine Vorschrift. Aber diese Erfolge des Königs scheinen nur dadurch ermöglicht worden zu sein , dass die nordische Kirchenprovinz in der betreffenden Zeit ohne Haupt war, soferne Erzbischof Einarr Gunnarsson im Herbste 1263 gestorben, der zu seinem Nachfolger gewählte Abt Birgir von P. Clemens IV. nicht bestätigt, der im Jahre 1265 gewählte Bischof Häkon von Oslo endlich erst im Jahre 1267 mit dem Pallium bekleidet worden und schon im August desselben Jahres gestorben war; als dagegen der zu des Letz- teren Nachfolger gewählte Domcapitular Jon rauöi gegen Ende des Jahres 1268 mit dem Pallium von Rom heimkehrte, änderte sich die Sachlage mit einem Schlage. Am Frostul>inge des Jahres 1269 wurde dem Könige nur die Ermächtigung ertheilt, diejenigen Theile des drönter Rechtes einer Revision zu unterziehen, welche weltlicher Natur seien, und wurde somit, offenbar auf Grund eines vom Erzbischofe er- hobenen Widerspruches, das Christenrecht dem Bereiche der staatlichen Gesetzgebung entzogen» Wirklich enthalten die späteren Gesetzbücher des Königs, also die für Island erlassene Järnsiöa (1271), das gemeine Landrecht (1274) und das gemeine Stadtrecht (1276), endlich die für Island bestimmte Jonsbök (1280), nur noch formell einen Kristindöms- bälk, indem zwar ein diese Ueberschrift tragender Abschnitt nach wie vor an deren Spitze gestellt ist, aber lediglich einige kirchenstaats- rechtliche Stücke in demselben enthalten sind, wie solche auch schon den Eingang der Christenrechte von 1267 und 1268 bildeten, wogegen der eigentliche kirchenrechtliche Inhalt völlig fehlt, und andererseits

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sehen wir bereits im Winter 1272 73 den Erzbischof mit der Ab- fassung eines Christenrechtes beschäftigt, welches freilich zunächst auch noch nicht zu rechtlicher Anerkennung gelangt zu sein scheint. Bald dehnte sich der Streit über das legislative Gebiet hinaus auch noch auf andere Fragen aus, bezüglich deren die Ansprüche des Staats und der Kirche sich gegenüberstanden. Unmittelbar nach der Be- steigung seines Stuhles hatte Erzbischof Jon sich bereits berufen ge- fühlt zu untersuchen, wie weit den Rechten und Privilegien dieses letzteren Anerkennung gezollt werde oder nicht, und ein Circular- schreiben, mittelst dessen P. Gregor X. unterm 31. Mserz 1272 den gesammten Episkopat zu einem allgemeinen Concile zusammenberief, *) dann ein weiterer Erlass desselben Papstes vom 11. Mserz 1273,2) hatte ihm eine solche Untersuchung neuerdings zur Pflicht gemacht. Da glaubte er nun zu finden, dass die norwegische Kirche in mehr- fachen Punkten nicht im Besitze der ihr gebührenden Rechte sei, und um wo möglich einem immerhin bedenklichen Conflicte mit der Staats- gewalt vorzubeugen, beschloss er, sich erst in Gutem an den König zu wenden, ehe er das nach seiner Meinung der Kirche zugefügte Unrecht auf dem Concile zur Sprache zu bringen hätte. Der König behauptete nun freilich, gegen die vom Erzbischofe erhobenen Ansprüche wohl- begründete Einwendungen machen zu können, erklärte sich aber den- noch zu gütlichen Verhandlungen bereit, und so kam denn am 1. August 1273 an einem Reichstage zu Bergen ein Concordat zu Stande, welches im Wesentlichen der Kirche überaus günstig war, wenn dieselbe auch die exorbitantesten unter ihren Forderungen fallen lassen musste. Den- noch ertheilte der Papst, dessen Bestätigung des Vergleiches ausdrück- lich vorbehalten und mittelst eines königlichen Schreibens vom 15. August erbeten worden war, diese unterm 26. Juli 1274 nur unter den lästig- sten Bedingungen, und damit fiel der ganze Vergleich für diessmal zu Boden, da der König die nur bedingte Bestätigung als eine Verwerfung

1) Siehe dasselbe bei Raynaldus, a. 1272, §'. 21—24 (Bd. XIV, S. 192-94), sodann bei Rymer, Födera, I, 2, S. 121—22.

2) Diplom, norveg., VI, nr. 35, S. 34—35.

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desselben betrachtet zu haben scheint. *) Indessen wurden die Ver- handlungen zwischen dem Könige und seinem Erzbischofe darum nicht abgebrochen, vielmehr kam unterm 9. August 1277 zu Tünsberg zwischen Beiden eine neue Uebereinkunft zu Stande, welche im Grossen und Ganzen mit jener ersteren gleichen Inhalts , und überdiess ohne den Vorbehalt einer päpstlichen Bestätigung abgeschlossen war. 2) Gleich- zeitig scheint auch das Christenrecht des Erzbischofs Jon die könig- liche Bestätigung erhalten zu haben, auf welche einige Hss. desselben hindeuten,3) wenn auch, wie es scheint, in einer etwas veränderten Gestalt, und war somit der Frieden zwischen den beiden Gewalten in einer sehr vorwiegend für die Kirche günstigen Weise hergestellt. Dass dieser Frieden nur für einige wenige Jahre Bestand hatte, soferne nach des friedfertigen K. Magnus Tod sofort eine erbitterte Reaction gegen die Uebergriffe der Kirche losbrach, welche mit einem Male die ,,com- positio" und das erzbischöfliche Christenrecht wegfegte, und dass beide sich nur langsam auf dem Wege der Praxis wider zu thatsächlicher Geltung hinaufarbeiteten, soll hier nur zum Schlüsse noch erwähnt werden , liegt aber schon völlig über die Grenze der hier in Betracht kommenden Zeit hinaus. Dagegen muss hier noch die, im Vorüber- gehen bereits erwähnte, Thatsache etwas näher ins Auge gefasst werdeu, dass gelegentlich der Verhandlungen, welche zum Abschlüsse des Ber- gener Concordates, und dann wider des Tünsberger Concor- dates führten, die angebliche Schenkung des Reiches an den heil. Olaf durch K. Magnus Erlingsson in sehr unzweideutiger Weise zur Sprache gebracht wurde. Gelegentlich dieser Verhandlungen berief sich nämlich Erzbischof Jon auf diese Schenkung und einige mit derselben in Verbindung stehende Rechte, und zwar lauten seine Worte nach dem ersteren Vergleichsinstrumente 4) : „Privilegiis siquidem omnibus

1) Siehe die päpstliche Bestätigungsurkunde, in welche auch die Uehereinkunft selbst und das königliche Schreiben inserirt ist, in Norges gamle Love, II, S. 455—62; getrennt stehen alle drei Stücke im Dipl. norv., I, nr. 64—65, S. 52—59.

2) Siehe dieselbe in Norges gamle Love, II, S. 462 67.

3) ebenda, S. 341.

4) Diplom, norveg., I, nr. 64, a, S. 53.

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sibi a quibuscumque concessis detractum fuerat multipliciter ut creditur non utendo, et precipue privilegio a Magno quondam, ut dicitur, rege Nörwagie in ea parte, qua continebatur , quod prefatus rex devovit se et regnum suum beato Olavo regi et martiri, et in signum perpetue subiectionis precepit, coronam suam post decessum suum et omnium in regno sibi succedentium offerri prefato martiri Nidrosie in ecclesia cathedrali, nee non et cuidam constitutioni antique patrie, forte per eumdem Magnum edite, que innuit reges Nörwagie debere eligi, et in electione archiepiscopum et episcopos regni inter ceteros electores vocem preeipuam obtinere." Der König aber setzte gerade diesen Ansprüchen den bestimmtesten Widerspruch entgegen, und sagt die Urkunde dieser- halb : „Verum licet predictus dominus rex assereret sufficientes rationes ad respondendum prefatis articulis se habere, si super hiis coram iusto iudice duceret contendendum , et maxime contra electionem et obla- tionem corone, de quibus vix posset probari Nidrosiensem ecclesiam possessionem paeificam habuisse, et novum genus exaetionis videri po- terat illud ab eo exigi, quod non fuerat hactenus attemptatum vel con- suetum, et precipue quia de subiectione regni sui agebatur, quod ipse post patrem et antecessores suos asserebat se iure hereditario liberum suseepisse, et sie illud proponit per dei gratiam suis heredibus et succesBoribus dimittere liberum et quietum/' Daraufhin bequemte sich der Erzbischof dazu, auf alle drei Ansprüche zu verzichten, nur mit Vorbehalt eines seinem Range gebührenden Antheiles an der Königs- wahl , soferne diese durch ein gänzliches Aussterben des königlichen Hauses nöthig werden sollte J) : „Videlicet, quod predictus archiepiscopus pro bono pacis et comodo ecclesie et animarum procuranda salute re- nunciavit nomine Nidrosiensis ecclesie pro se et successoribus suis canonice intrantibus in perpetuum omni iuri, si quod in predieta elec- tione regum subiectione seu oblatione corone habebat vel habere po- terat, tarn in petitorio quam in possessorio ratione dicti privilegii seu legis, vel quaeunque alio modo sibi competere videretur, Omnibus aliis iuribu8 ad ecclesiam speetantibus, que in legibus patrie continentur, et ecclesiarum privilegiis semper salvis, dummodo supersit aliquis, qui

1) ebenda, S. 54.

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legitime possit et debeat iure hereditario succedere. Si vero nullus inveniatur successor legitimus, archiepiscopus et episcopi inter ceteros nobiliores et discretiores regni electores in electione tantum voces primas et potissimas obtinebunt." In dem Schreiben endlich mittelst dessen P. Gregor X. dem Bergener Vergleiche seine bedingte Bestätig- ung ertheilte, *) erwähnt derselbe nicht nur eingangsweise gleichfalls wider „quamdam piam ordinationem, quam clare memorie Magnus rex Norwagie predecessor suus super exhibendis coronis regum Norwagie cum decedunt in signum subiectionis memorate ecclesie Nidrosiensis," und ihrer Nichtbeobachtung durch den regierenden König, sondern es beziehen sich auch unter den Bedingungen , von deren Eingehung Seitens des Königs die Bestätigung des Vergleiches abhängig gemacht werden will, zwei geradezu auf die hier fraglichen Rechte. Der Papst sagt nämlich einerseits : „Videlicet quod si eumdem regem, vel illos qui ei in regno Norwagie successerint, manifeste contra huiusmodi ooin- positionem venire contigerit, et tu ac tui successores de consilio eorum- dem suffraganeorum in Norwagia consistentium , vel maioris partis ipsorum, si forte omnes requiri nequiverint vel consentire recusaverint, requisiti, regem ipsum sive ipsius successores duxeritis requirendos, ut pro eo quod compositionem ipsam non servaverint super hoc satisfaciant competenter, idque ipsi denegaverint efficaciter adimplere, tu et ecclesia Nidrosiensis ius in electione et subiectione regis, et regno Norwagie, quod ante compositionem huiusmodi habuistis, recuperetis eo ipso, et ad eum perveniatis statum , in quo tempore huiusmodi compositionis eratis." Andererseits aber fügt er bei: „Quod si ex aliqua iusta causa oportuerit regi Norwagie , qui pro tempore fuerit , dati (lies : dari) tu- tores seu etiam curatores, et id per electionem fieri debuerit, tu et successores tui unicam et primam vocem in electione tutorum et cura- torum huiusmodi habeatis." In dem Tünsberger Vergleichsinstrumente kehren die obigen, dem Bergener Concordate entnommenen Sätze, nur in der Wortfassung hin und wider unbedeutend verändert, wider, wo- gegen von einem päpstlichen Bestätigungsschreiben nach dem oben Bemerkten natürlich nicht die Rede sein konnte.

1) ebenda, nr. 65, S. 58—59.

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Nach dieser vorläufigen Uebersicht über den gesammten Entwick- lungsgang, welchen die Beziehungen zwischen Staat und Kirche in Nor- wegen vom 11. bis zum 13. Jahrhunderte genommen haben, kann nun auf die Erörterung der uns hier zunächst beschäftigenden Frage ein- getreten werden, wieweit die herkömmliche Anname einer Schenkung Norwegens an den heil. Olaf durch K. Magnus Erlingsson begründet sei oder nicht? Da kann nun zunächst keinem Zweifel unterliegen, dass gelegentlich der Verhandlungen, welche dem Abschlüsse des Bergener, und weiterhin des Tuns berger Concordates vorangiengen, wirklich von einer solchen Schenkung die Rede war, und dass dieselbe bei dieser Gelegenheit mit einer Opferung der Krone nach dem Tode eines jeden Königes, und mit einer Bestimmung in Verbindung gebracht wurde, durch welche das Reich in ein Wahlreich verwandelt worden sein sollte. Aber man sieht auch, dass es lediglich der Erzbischof und der mit ihm gemeinsame Sache machende Papst war, welcher die Existenz derartiger Zugeständnisse behauptete, wogegen der König dieselbe mit aller Ent- schiedenheit in Abrede stellte, sodass also über die Begründung oder Nichtbegründung der Seitens der Kirche erhobenen Ansprüche bis auf Weiteres noch Nichts feststeht. Es wird demnach auf eine Prüfung jener anderen beiden Quellenstücke eingegangen werden müssen,, welche, wie oben schon zu bemerken war, über Erlingr skakki's Abmachungen mit Erzbischof Eysteinn uns Aufschluss geben.

Das eine dieser beiden Stücke ist in den älteren Gula^ingslög zu finden, und zwar zeigt es sich hier zwischen die Eingangsformel und die auf die Dingordnung bezüglichen Bestimmungen eingeschoben.1) Es lautet aber die Ueberschrift des betreffenden §. im Cod. Ranzov.: „Her ero nymsele ]?au er tekin varo meö Ms Ks Ebsteins serkibiscops oc Erlings jarh oc allra hinna vitrasto manna i Noregi umraeftom", von welcher Wortfassung die zweite hier einschlägige Hs. nur sehr unwesentlich ab- weicht. Seinem Inhalte nach bezieht sich das Stück dagegen auf das Verfahren, welches im Falle einer Thronerledigung eingehalten werden soll, und wird dabei zunächst die Thronfolgeordnung neu geregelt. In erster Linie soll der älteste unter den ehelich geborenen Söhnen des

1) G]>L., §. 2.

Abh. d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. II. Abth. 1 2

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jüngstverstorbenen Königs zur Thronfolge berufen sein, falls er nicht wegen geistiger Schwäche oder bösartiger Gemüthsbeschaffenheit unfähig erscheint die Regierung zu übernemen, wessfalls dann unter den nach- geborenen Söhnen der passendste zu wählen ist. Hinterlässt ferner der verstorbene König keine ehelich geborenen Söhne, so soll derjenige auf den Thron berufen werden , welcher nach den Regeln des gemeinen Erbrechtes zum Zuge zu kommen hätte, jedoch wider nur unter der Voraussetzung, dass er als regierungsfähig erscheine ; trifft diese Voraus- setzung nicht zu, so soll, doch wohl innerhalb des regierenden Hauses, derjenige zum König gewählt werden, welcher am Geeignetsten erscheint „das Recht Gottes und das Gesetz des Landes zu schirmen". Dabei wird die Prüfung der Regierungsfähigkeit des zunächst Berufenen so- wohl als die Wahl dessen, der eventuell an dessen Stelle zu setzen ist, in die Hand einer Versammlung gelegt, welche sich aus dem Erzbischofe, dessen vier norwegischen Suffraganen , endlich aus je 12 der verstän- digsten Männer aus jeder Diöcese zusammensetzt, welche jeder einzelne Bischof sich zu solchem Ende auswählt; können sich aber diese Wahl- berechtigten nicht einigen, so soll zwar die Mehrheit der Stimmen ent- scheiden, jedoch nur unter der doppelten Voraussetzung, dass deren Angehörige sich bereit erklären ihr Votum eidlich zu bekräftigen, und dass der Erzbischof sammt seinen Bischöfen mit der Mehrheit stimmt. Das ältere Recht wird durch diese Bestimmungen sehr erheblich um- gestaltet, und nicht in allen Punkten in einer den staatlichen Interessen förderlichen Weise. Als ein unzweifelhafter Fortschritt darf die Ein- führung einer Individualsuccession gelten anstatt des bisher herrschenden Principes der gleichzeitigen Berufung gleich nahe Verwandter; als ein Fortschritt auch die Zurückdrängung, wenn nicht völlige Ausschliessung der unächten Geburt, wenn dieselbe auch vielleicht mehr aus Nach- giebigkeit gegen die Kirche als in Berücksichtigung der staatlichen In- teressen erfolgt sein mochte; als ein Fortschritt allenfalls auch die Verweisung auf die gemeine Erbenfolge, obwohl diese, wenn man anders mit ihr vollen Ernst machen wollte, wegen der Zulassung der Weiber und der erweiterten Berechtigung des Weibsstammes auch ihre sehr bedenklichen Seiten hatte, wiewohl sie für den Augenblick im Interesse der Dynastie lag, soferne ja Magnus Erlingsson selbst nur dem Weibs-

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stamme des alten Königshauses angehörte. Aber höchst bedenklich war die jetzt angeordnete Prüfung der Regierungsfähigkeit des kraft Geblütsrechtes berufenen Thronfolgers; höchst bedenklich auch die Ein- führung einer Königswahl für den Fall, dass der zunächst Berufene als unfähig erklärt werden sollte; am Bedenklichsten aber die Art, wie jene Prüfung und diese Wahl erfolgen sollte. Allerdings hatte schon das ältere Recht Geisteskranke nicht zur Verwaltung ihres eigenen Ver- mögens zugelassen,1) und die Behandlung des ,,6ös manns vig", d. h. des in der Raserei begangenen Todtschlages zeigt , 2) dass es sich dabei, ganz wie im isländischen Rechte,3) wenigstens ursprünglich nicht blos um eine Ausschliessung von der Vermögensverwaltung, sondern um eine wirkliche Ausschliessung vom Erbrechte und Vermögensbesitze gehandelt hatte. Damit war sicherlich gesagt, dass auch zur Thronfolge ein Geisteskranker nicht berufen erscheinen konnte; aber von hier aus ist noch ein weiter Weg bis zu dem Satze unserer Thronfolgeordnung, dass Bösartigkeit des Gemüthes oder Mangelhaftigkeit der geistigen Anlagen genüge, um den zur Thronfolge Berufenen von dieser auszuschliessen, und dass von Fall zu Fall in dieser Beziehung eine Prüfung stattzu- finden habe. Allerdings hatte ferner schon das ältere Recht, vielleicht als letzte Spur einer längst vergessenen Zeit, in welcher Wahl und Erb- recht noch mit einander verbunden gewesen waren , bei der Thron- besteigung Formen festgehalten, welche als Vorbedingung des Regierungs- antrittes eine Anerkennung des Thronfolgers durch einen förmlich ge- fassten Beschluss des Volkes hinstellten; aber materiell hatte es sich dabei doch immer nur um eine Prüfung des Erbrechtes des betreffenden Thronbewerbers gehandelt, und zeigt sich nirgends eine Spur davon, dass man sich das Recht beigelegt hätte, einem zweifellos Erbberechtigten die Anerkennung zu versagen, oder einem zweifellos Nichtberechtigten solche zu verwilligen. Jetzt dagegen wurde wenigstens für den Fall, da der zunächst berufene Thronerbe zur Uebername der Regierung nicht befähigt erschien, eine wirkliche Wahl eröffnet, und da die Wahlberech-

1) vgl. Fr. Brandt, Brudstykker af Forelaesninger over den norske Eetshistorie, S. 182.

2) G*L., §. 164.

3) Kgsbk, §. 118, S. 222.

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tigten zugleich die Prüfung der Regierungsfähigkeit des berufenen Erben vorzunemen hatten, konnte dieser Fall von ihnen nach eigener Willkür jederzeit herbeigeführt werden; jeder Intrigue, jeder Partheiung war damit der freieste Spielraum eingeräumt, und das Reich allen den Ge- fahren ausgesetzt, welche sich erfahrungsgemäss an die Wahlmonarchie knüpfen. Endlich war nach älterem Rechte die Anerkennung des Thron- folgers jederzeit an einer Dingstätte des Reichs nach der anderen erfolgt; jetzt dagegen wurde nicht nur, was allerdings schlechthin nothwendig war, wenn man mit der Königswahl Ernst machen wollte, eine einheit- liche, aus dem ganzen Reiche beschickte Versammlung mit derselben betraut, sondern es wurde auch die Bildung dieser Versammlung ganz in die Hand des Episkopates gelegt, indem die Ernennung des beschlies- senden Ausschusses, welche an den lög^ing in der Hand der königlichen Beamten lag, lediglich auf die Bischöfe übertragen wurde,1) und diesem überdiess sogar noch für den kaum denkbaren Fall, dass in einer so zusammengesetzten Versammlung keine Einstimmigkeit zu erzielen sein sollte, das Recht eingeräumt, durch seine 5 Stimmen jeden Mehrheits- beschluss zu verhindern. Es ist hiernach nicht zuviel gesagt, wenn Dahlmann bemerkt,2) durch die Thronfolgeordnung des Jahres 1164 sei Norwegen in ein freies Wahlreich mit 5 geistlichen Kurfürsten verwandelt worden; der politische Grundgedanke des Gesetzes ist mit diesen Worten in der That kurz und bündig bezeichnet. Weit weniger bedeutsam als die bisher alleinn besprochene erste Hälfte des hier in Frage stehenden Stückes ist dessen zweiter Theil; indessen enthält doch auch er wenig- stens eine Bestimmung, welche für unsere Untersuchung von Erheb- lichkeit ist. Die Vorschrift, dass binnen Monatsfrist nach eingetretener Thronerledigung alle Bischöfe und iEbte , alle königlichen Dienstleute mit ihren Führern , endlich auch die sämmtlichen von den Bischöfen ernannten Notabein „nordwärts zum heil. Olaf, zur Berathung mit dem Erzbischofe" kommen sollen, natürlich um hier die Königswahl vorzu- nemen, hat für uns höchstens insoferne Interesse, als auch sie wider

1) Eine änlich zusammengesetzte Versammlung war allerdings schon zuvor einmal, im Jahre 1152 nämlich, zu legislativen Zwecken verwendet worden; vgl. Norges gamle Love, I, S. 447.

2) Geschichte von Dännemark, II, S. 152.

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diesen Erzbischof sehr entschieden in den Mittelpunkt der Wahlverhand- lungen gestellt zeigt; die Androhung von Strafen für diejenigen, welche entweder die ihnen vorgeschriebene Reise unterlassen, oder aber sich selbst in anderer als der vorgeschriebenen Weise in den Besitz des Thrones setzen oder anderen hiezu behülflich sind , die Bestimmung ferner der Umstände, unter welchen die zur Reise Verpflichteten aus den kgl. Cassen Ersatz für ihre Reisekosten erhalten sollen oder nicht, betreffen lediglich den Vollzug des Wahlgeschäftes, und mögen darum hier unbesprochen bleiben. Dagegen muss noch erwähnt werden, dass gelegentlich jener in Drontheim abzuhaltenden Wahlversammlung jedes- mal die Krone des jüngstverstorbenen Königs „für dessen Seele" in der dortigen Metropolitankirche geopfert werden sollte, um dort „zu Ehren Gottes und des heil. Olafs" auf ewige Zeiten hängen zu bleiben, „gleich- wie es K. Magnus zugestanden hatte, der erste gekrönte König in Nor- wegen". Weiteres enthält das in die Gl>L. eingerückte Stück nicht.

Die geschichtliche Glaubwürdigkeit des bisher besprochenen §. 2 der GpL. , gegen welche früher niemals Einwendungen erhoben worden waren, ist neuerdings durch den dänischen Historiker Caspar Peter Paludan-Müller scharf angefochten worden,1) und obwohl die von ihm vorgebrachten Bedenken bereits durch einen norwegischen Rechts- historiker, Ebbe Hertzberg, eine vielfach treffende Zurückweisung erfahren haben,2) und ich selbst mich gleichfalls bereits gelegentlich gegen dieselben ausgesprochen habe,3) wird es doch nöthig, hier noch- mals eingehender auf dieselben sich einzulassen, zumal da ein anonymer Recensent der Zorn'schen Schrift sich erst kürzlich wider für die von dem gelehrten Dänen verfochtene Ansicht, wenn auch dieselbe einiger- massen modificirend, erklärt hat. 4)

Paludan Müller hat sich aber zunächst darauf berufen, dass jede

1) Nogle Bemaerkninger ved Professor R. Keysers „den norske Kirkes Historie under Katholicismen", in der Historisk Tidsskrift, III. Rsekke, Bd. I, S. 263-89 (Kopenhagen, 1858—59). Hieher gehört zumal S. 274 und 288.

2) En fremstilling af det norske aristocratis historie indtil kong Sverres tid, S. 128—36, Anm. (Cristiania, 1869).

3) Die Entstehungszeit der älteren GulaMngslög, S. 125—27.

4) Ton Syhel, Historische Zeitschrift, Bd. 36, S. 639— 46 (1876). Meines Wissens ist der Verfasser der Anzeige der verdiente dänische Philolog und Historiker Dr. E. Jessen.

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Angabe über das Alter unseres Stückes fehle, und dass nicht ersichtlich sei, wann, von wem, und mit welcher rechtlichen Kraft dasselbe in die Hss. der Gula^ingslög eingerückt worden sei; allein die erstere Behauptung ist vollständig unbegründet, die zweite dagegen wenigstens nur theil- weise begründet, und überdiess ohne alle und jede Erheblichkeit. Die oben angeführte Ueberschrift des §. bezeichnet dessen Inhalt als eine Novelle, welche von K. Magnus, Erzb. Eysteinn, Erlingr jarl und den weisesten Männern in Norwegen beschlossen worden sei, und damit ist denn doch bereits das Alter des Stückes so genau bezeichnet, als diess überhaupt bei den Novellen zu geschehen pflegt, welche sich in den Text unserer Rechtsbücher eingeschaltet finden. So trägt §. 32 der G]?L. die Ueberschrift: „Magnus geröe nymsele l>etta", §. 148: ,,Her ero rettar bcetr ^ser er Magnus goöe gaf i Langeyiar sundi. En sumar gaf Hakon J>ores fostre", §. 316: „Her hefr upp saktal hit nyia. fat er Biarne Maröars sun skipaöe af 6 morcom gullz" ; in Fr^L. I, §. 3 aber lauten die Eingangsworte: „|>at er räö oc boö Eysteins erkibiscops oc äsiä hinna vitrasto manna", in II, § 3 : „Sva hefir ion erkibiskup maelt oc lceypt", in II, §. 26 (Cod. Resen.): „petta er su linan oc miskunn er Alexandr paue iattaöe Eysteini serkibiscopi at gera vm silld fiski i noregi eptir boen Magnuss konongs oc Erlings iarls foör hans oc Eysteins serkibiscops", in III, §. 27: „Sva er raö oc boö Nikulass go5a cardinala er paue uarö siöan oc Jons erkibiskups", in V, §. 44 : „pesse aeinka mal väro tekin me5 umräöe Magnus konongs oc Eysteins erkibyscops oc anriarra byscopa oc allra hinna vitrastu manna", u. dgl. m. Niemand bezweifelt trotz der Kürze dieser Angaben, dass die betreffenden Novellen wirklich von K. Magnus goöi oder K. Häkon porisfostri, von K. Magnus Erlingsson oder P. Alexander III. , von Erzbischof Jon Birgisson oder Eysteinn, u. s. w., herrühren; warum sollte nun für unseren Fall aus- namsweise ein Anderes gelten ? Es dürfte aber überdiess gelingen, gerade in unserem Falle die Abfassungszeit der fraglichen Bestimmungen, wenn auch nicht mit voller Sicherheit, so doch mit hoher Wahrschein- lichkeit, noch etwas genauer festzustellen. Die Ueberschrift unseres §. 2 weist, ganz ebenso wie die einer in GfcL. §. 32, und Fr^L. V, §. 44 u. fgg. eingestellten Novelle, auf die Entstehung der betreffenden Stücke auf einem Reichstage hin , zu welchem K. Magnus Erlingsson

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mit seinem Vater, dann mit dem Erzbischofe, den Bischöfen und den übrigen Magnaten des Reiches zusammengetreten war. Nun wissen wir, dass ein solcher im Jahre 1164 gelegentlich der Krönung des jungen Königs zu Bergen gehalten wurde, und dass Erlingr skakki bei dieser Gelegenheit mit dem Erzbischofe über kirchenstaatsrechtliche Fragen gewisse Verabredungen traff, wogegen von einer zweiten derartigen Ver- sammlung, welche während der Regierungszeit dieses Königs gehalten worden wäre, nirgends Etwas verlautet. Unter solchen Umständen wird demnach der Schluss kaum zu gewagt erscheinen können, dass die be- treffenden Bestimmungen gerade an diesem Reichstage zu Stande ge- kommen, und dass sie eben nur das von ihm genemigte Ergebniss jener zwischen Erling und Eysteinn getroffenen Vereinbarungen seien. Der Umstand darf jedenfalls nicht gegen diese Schlussfolgerung eingewandt werden , dass Erlingr in der Ueberschrift unseres §. 2 bereits als Jarl bezeichnet wird, während er doch diesen Titel erst gelegentlich seines Friedensschlusses mit K. Valdimar von Dänemark im Winter 1170 71 erhielt. Diese Ueberschrift gehört ja nicht einer officiellen Ausfertigung der Novelle als solcher an ; vielmehr ist dieselbe augenscheinlich erst gelegentlich ihrer Einrückung in die Gulapingslög beigefügt worden, und kann diess ebensowohl Seitens der Männer geschehen sein, welche unter K. Magnus Erlingsson die Revision dieses Rechtsbuches besorgten, als von dem Compilator unseres aus der Olaf'schen und Magnüs'schen Recension gemischten Textes desselben, oder endlich sogar erst von den Schreibern unserer beiden Hss. desselben. Jeder dieser Männer konnte aber dem Erling denn doch ganz ebensogut den Jarlstitel hinterher bereits für eine Zeit beilegen, in welcher er ihn doch in Wahrheit noch nicht geführt hatte, wie diess die schon mehrfach erwähnte Verordnung des K. Häkon Sverrisson vom Jahre 1202 nachweisbar gethan hat, wie hierauf Munch bereits ganz richtig aufmerksam gemacht hat. *) Die Thatsache also, dass die in Gj>L. §. 2 enthaltene Thronfolgeordnung wirklich zwischen K. Magnus und seinem Vater , dann Erzb. Eysteinn verabredet, und weiterhin von einem Reichstage genemigt wurde, muss immerhin als bewiesen betrachtet werden , und gegen sie erhebt denn

1) Det norske Folks Historie, II, S. 932—33, Anm.

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auch der anonyme Recensent Zorn's keine Einwendungen mehr; um so entschiedener hält derselbe dagegen an der zweiten Behauptung fest, dass nicht erweislich sei, dass jene Thronfolgeordnung jemals am Gula- ]>inge, oder vollends an den sämmtlichen 4 grossen Landsdingen rechts- förmliche Anname gefunden habe, während doch solche Anname erfor- derlich gewesen wäre, wenn dieselbe Kraft und Geltung eines Reichsgesetzes hätte gewinnen sollen. Indessen ist doch auch diese zweite Behauptung keineswegs von dem Gewichte, welches ihr beigelegt werden will. Richtig ist zwar, dass unseren §. 2 nur der Cod. Ranzovianus ganz, und nur eine einzige weitere Hs. seiner Ueberschrift und seinen Anfangsworten nach giebt, mit einem „etc." abbrechend ; aber diese beiden Hss. sind eben überhaupt die einzigen, welche den Anfang unseres Rechtsbuches enthalten, und ausserdem darf auch nicht unbemerkt bleiben, dass das Inhaltsverzeichniss, welches dem sog. Christenrechte K. Sverrirs voran- geht, die Bestimmung genau an derselben Stelle aufführt, an welcher sie in unseren Gj>L. steht, womit denn doch erwiesen ist, dass sie auch in derjenigen Recension dieses Rechtsbuches enthalten gewesen war, welche bei der Herstellung jener Compilation verwendet wurde. An eine mehr oder minder zufällige Einschaltung des Stückes in eine ein- zelne Hs., welche auf die Willkür eines einzelnen Schreibers zurückge- führt werden könnte, ist hiernach nicht zu denken, und wenn uns zwar allerdings nicht ausdrücklich gesagt wird , dass , wann und wie dessen Einstellung in das Rechtsbuch auf officiellem Wege erfolgt sei, so steht es doch auch in dieser Beziehung um den §. 2 nicht schlimmer als um nahezu den ganzen übrigen Inhalt dieses letzteren, von welchem ja auch nur ganz ausnamsweise angegeben ist, wann und wie derselbe in dieses gelangt sei. Die blose Thatsache, dass die betreffenden Sätze überhaupt in den Text eines im Allgemeinen zuverlässigen Rechtsbuches gelangt sind , muss auf solange, als nicht gewichtige Gegengründe beigebracht werden können, immerhin eine gewisse Gewähr für deren Authenticitset und Rechtsverbindlichkeit bieten, und sie müsste diess selbst unter der Voraussetzung, dass wirklich feststünde, dass dieses Rechtsbuch nur ,,eine private (vielleicht sogar von geistlicher Hand herrührende) Gesetz- aufzeichnung" wäre, wie jener Recensent diess annimmt.1) Aber diese

1) Historische Zeitschrift, S. 640—41.

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letztere Anna nie selbst dürfte nicht in der Weise begründet erscheinen, in welcher dieselbe aufgestellt worden ist, und im Zusammenhange da- mit dürfte sich, wenn auch nicht mit unumstösslicher Gewissheit, so doch immerhin mit grosser Wahrscheinlichkeit allerdings ermitteln las- 'sen, dass und wie unser §. 2 in die GpL. hereingekommen sei. Oben ist bereits erwähnt worden, dass unter K. Magnus Erlingsson's Regierung eine officielle Revision der GpL. zu Stande kam, und dass bis auf K. Häkons des Alten Zeit herab die ältere und die neuere Recension dieses Rechtsbuches zugleich umlief, oder auch Compilationen gebraucht wurden, welche die ältere und die neuere Recension desselben zugleich benützten.1) Drei verschiedene gemischte Recensionen des Christenrechtes der GpL. sind uns ganz oder theilweise erhalten, welche bei den einzelnen in sie aufgenommenen Bestimmungen regelmässig angeben , ob sie aus der älteren , oder aus der neueren Recension, oder aus beiden geschöpft seien , und zu ihnen gehören die beiden hier in Frage stehenden Hss., und gehörte überdiess auch jener Text der GpL., welcher für das Christen- recht Sverrir's benützt wurde.2) Wenn nun in diesen Hss. neben zahl- reichen Umgestaltungen des Textes der älteren Recension , welche auf K. Magnus zurückgeführt werden , auch einzelne grössere Stücke zu finden sind , welche ausdrücklich als von diesem Könige herrührende Novellen bezeichnet werden, so ist denn doch im höchsten Grade wahr- scheinlich , dass diese Novellen ebenfalls gelegentlich dieser Revisions- arbeit in deren Text eingereiht worden seien , m. a. W. höchst wahr- scheinlich, dass die am Herrentage zu Bergen im Jahre 1164 gefassten Beschlüsse hinterher gelegentlich der Revision der älteren GpL. in diese eingestellt, und somit als Bestandtheile des revidirten Rechtsbuches der Dingversammlung vorgelegt und von ihr angenommen wurden. Wenn demnach der erwähnte Recensent selber annimmt,3) man werde wohl dem Klerus versprochen haben, den von dem Reichstage angenommenen Entwurf eines Thronfolgegesetzes an den 4 Landsdingen vorzulegen und

1) vgl. oben, S. 77 und 80-81.

2) vgl. meine „Studien über das sogenannte Christenrecht König Sverrirs", in der „Festgabe zum Doctor-Jubilseum des Herrn Professors Dr. Leonhard von Spengel" (München, 1877), S. 10—12.

3) ang. 0., S. 643. .

Abh. d. 1. Cl. d. k. Ak. d. Wiss.XIV. Bd. IL Abth. 13

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zum Gesetz erheben zu lassen , so dürfte für das Gula^ing wenigstens dieses Versprechen auch gehalten worden sein.

Man hat nun freilich auch darauf Gewicht legen wollen, dass die neue Thronfolgeordnung sich nur in den Gj>L. finde, dagegen in keines der anderen Provincialrechte, und insbesondere nicht in die FrpL. ein- gerückt worden sei, in welchen man sie doch vor Allem erwarten möchte; indessen ist doch auch dieser Einwand theils auf irrige Voraussetzungen gebaut, theils nicht zutreffend. Von dem Rechte Vikin's und der Hoch- lande sind uns, von einem sehr geringen weiteren Fragmente des letzteren Rechtsbuches abgesehen , nur die Christenrechte erhalten , und diese überdiess, soviel sich erkennen lässt,' in einer ziemlich alterthümlichen Recension; daraus, dass in ihnen jene Thronfolgeordnung nicht zu finden ist, lassen sich demnach gar keine Schlüsse ziehen. Es ist ja recht wohl möglich, dass die Thronfolgeordnung des K. Magnus in den Eiösifa- ^ingslög und in den Borgarpingslög nur an einem anderen Orte als im Christenrechte eingeschaltet worden war, wie etwa dessen strafrechtliche Novelle von den Gl>L. in das Christenrecht, von den Fr^L. dagegen in das Strafrecht eingestellt wurde, und dass dieselbe somit nur mit den übrigen weltlichen Bestandtheilen jener Rechtsbücher für uns verloren gieng; möglich auch, dass dieselbe wirklich in diese Christenrechte ein- geschaltet worden war, und nur von deren späteren Abschreibern als unpraktisch geworden weggelassen wurde, wie etwa der Schreiber der mit B. bezeichneten Hs. unserer Gl>L. nur deren Anfangsworte giebt, oder der Compilator des sog. Christenrechtes K. Sverrir's dieselbe zwar in seinem Inhaltsverzeichnisse aufführt, aber im Texte selbst weglässt. Widerum wäre ja recht wohl denkbar, dass das Recht der beiden öst- lichen Dingverbände ebensogut wie das der beiden westlichen unter K. Magnus Erlingsson eine durchgreifende Revision erfahren hätte, dass uns aber zufällig nur Bruchstücke der älteren, nicht auch der neueren Recension erhalten wären, sodass wir also in Bezug auf diese beiden Provincialrechte in der Lage wären, in welcher wir den Gl>L. gegenüber uns befinden würden, wenn uns nur die mit C. bezeichnete Hs. dieses Rechtsbuches aufbewahrt wäre, dagegen die mit A, B. und E. bezeich- neten Codices verloren wären. Endlich besteht auch noch die weitere Möglichkeit, dass man die am Herrentage des Jahres 1164 gefassten

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Beschlüsse dem Borgar^inge und dem Ei5sifaJ>inge gar nicht zur Anname vorgelegt hätte, wie diess z. B, bezüglich der am Herrentage des Jahres 1152 gefassten Beschlüsse über die Seelgaben wirklich der Fall war, welche ebendarum im Jahre 1224 am Borgarpinge noch nachträglich zur Anname gebracht wurden; 5) solchenfalls wäre dann freilich die formelle Gültigkeit der Thronfolgeordnuug für jene beiden Provinzen eine recht sehr anfechtbare gewesen, und von hier aus deren Nichtein- steilung in unsere Christenrechte derselben sehr einfach zu erklären, besonders auffällig könnte aber auch ein solches Versaümniss kaum er- scheinen, und eine besondere Bedeutung wäre demselben doch wohl ebensowenig zuzuerkennen. Es fehlte eben der norwegischen Verfassung an jedem Organe für eine gemeinsame Gesetzgebung, vielmehr konnte eine gesetzliche Bestimmung verfassungsmässig nur dadurch für das ganze Reich verbindlich werden, dass sie nicht nur an den sämmtlichen vier grossen Lögdingen, sondern überdiess auch noch an den sämmtlichen einzelnen Fylkisdingen der noch unverbundenen Volklande rechtsförmlich angenommen wurde. Daran mochte man nun allenfalls festhalten in Fällen , welche eine Verschiedenheit des Rechts in den verschiedenen Theilen des Landes zulässig erscheinen Hessen; aber bei Gesetzen und Beschlüssen über Angelegenheiten, welche, wie die Thronfolgeordnung oder die Anerkennung eines neuen Königs , schlechterdings eine ein- heitliche Regelung für das ganze Reich forderten , war auf diesem Wege nicht voranzukommen. In solchen Fällen versicherte man sich eben der Mitwirkung der Magnaten des Reiches , und legte allenfalls noch die mit ihnen vereinbarten Bestimmungen den wichtigsten unter den Dingversammlungen zur Anname vor; hatten diese aber erst ihre Zu- stimmung ertheilt, so galt die der übrigen Versammlungen nur noch als eine wenig bedeutsame Formalitset, über deren Beobachtung man sich auch wohl hinwegsetzen konnte, ohne dass dadurch dem betref- fenden Beschlüsse oder Gesetze seine Verbindlichkeit benommen worden wäre. Anders steht die Sache nun freilich bezüglich der Frostu- tingslög; aber gerade hinsichtlich ihrer ist auch der Thatbestand ein ganz anderer als der von Paludan-Müller vorausgesetzte. Von den 3

1) Norges gamle Love, I, S. 447 48.

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hier allein in Betracht kommenden Hss. haben allerdings zwei nichts hieher Bezügliches, nämlich die in unserer Ausgabe des Rechtsbuches zu Grunde gelegte Hs. (AM. nr. 60 in 4t0) und eine andere, dieser nahezu gleichlautende und mit B. bezeichnete (AM. nr. 322 fol.); da- gegen hat der Cod. Resenianus (A) zwar am Anfange des Christenrechtes eine Lücke, aber an der Spitze des diesem vorangehenden Inhaltsver- zeichnisses den Eintrag: ,,1. Hinn fyrsti capituli i cristnum rette um konongs kosning". In dieser Hs. also, oder doch wenigstens in ihrer Vorlage, stand wirklich an derselben Stelle, an welcher die Gj>L. die Thronfolgeordnung von 1164 geben, eine Bestimmung, welche von der Königswahl handelte, und welche somit eben jene Thronfolgeordnung gewesen sein muss, da ja das ältere Recht von einer Wählbarkeit der Könige Nichts wusste, und erst in der Thronfolgeordnung von 1273 wider von einer solchen , freilich nur für eine sehr entfernt gedachte Eventualität, gesprochen wird. Ihre Weglassung in jenen anderen beiden Hss. ist sehr leicht zu erklären, mögen wir nun darauf Gewicht legen, dass diese lediglich das Christenrecht geben wollten und somit die Thronfolgeordnung recht wohl als zu diesem nicht gehörig ausschliessen konnten, oder dass diese Thronfolgeordnung, weil seit K. Sverrir's Zeiten unpraktisch geworden, von ihnen weggelassen worden sein mochte; dagegen ist es eine reine Willkürlichkeit, wenn Zorn's Recensent dem Schreiber des Cod. Resen. oder irgend einem Vormanne desselben ohne weiters einen ,, klerikalen literarischen Betrug" Schuld geben will, und die Behauptung aufstellt: „irgend Jemand hat das verworfene Kapitel der Goldfeder dennoch einschmuggeln wollen, um künftigen klerikalen Betrügern Material zu liefern".1) Wir wissen nicht, ob die „Goldfeder" eine reine Privatarbeit Erzb. Eysteins war, wie der Recensent annimmt, oder ob sie nicht vielleicht nur als ein auf des Erzbischofs Geheiss geschriebenes Exemplar der Magnüs'schen Recension der Fr^L. zu be- trachten ist;2) wir wissen nicht, ob sie, wenn sie den ersteren Charakter wirklich trug, die Thronfolgeordnung von 1164 wirklich enthielt, und ob diese somit aus ihr in den Cod. Resen. auch nur gelangen konnte;

1) ang. 0., S. 645.

2) vgl. oben, S. 79.

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wir haben endlich nach dem , was oben über die Einstellung dieser Thronfolgeordnung in die Magnüs'sche Recension der Gj>L. ausgeführt wurde, allen Grund für wahrscheinlich zu halten, dass sie auch in des- sen revidirte Frl>L. eingerückt worden sein werde. Nach allem Dem kann ich nur finden, dass die Vergleichung der Fr^L. eine Bestätigung, nicht eine Widerlegung der Authenticitset des §. 2 der Gj>L gewährt, und dürfte damit auch das zweite der gegen diese erhobenen Bedenken vollständig erledigt sein.

Man hat sich aber schliesslich auch noch darauf berufen, dass nicht nur keine der Geschichtsquellen, welche für die Regierungszeit K. Magnus Erlingsson's zu Gebote stehen, irgend etwas von einer Thronfolgeordnung weiss, welche dieser erlassen hätte, sondern dass auch später während der langwierigen, zwischen Staat und Kirche ausgefochtenen Kämpfe niemalen auf dieselbe Bezug genommen wurde, bis endlich im Jahre 1273, und wider im Jahre 1277 Erzb. Jon auf eine derartige Bestim- mung sich berufen habe. Aber auch dieser Einwand dürfte sich un- schwer beseitigen lassen. Trotz Allem, was der mehrerwähnte Recensent dagegen anführt,1) scheint mir dennoch Hertzberg's Ausführung voll- kommen stichhaltig, dass im Grunde keine Parthei während der späteren Streitigkeiten viele Veranlassung hatte, von jener Thronfolgeordnung zu sprechen. König Sverrir und seine Nachkommen konnten selbst- verständlich nicht im Falle sein, auf eine Thronfolgeordnung sich zu berufen, welche sie von der Thronfolge geradezu ausschloss, und welche von ihnen überdiess, weil von einem illegitimen Könige erlassen, nicht als zu Recht bestehend anerkannt wurde; sie hatten aber auch sonst keinen Grund, ihrer zu erwähnen, da eine Aenderung der Successionsordnung im Königshause, zumal wenn sie in einzelnen Punkten den staatlichen Interessen zweifellos günstig war, nicht so ohne Weiters als ein Attentat gegen Land und Leute hingestellt werden konnte , und da überdiess deren rechtliche Ungültigkeit eben doch bezweifelt werden konnte, nach- dem dieselbe einmal von einem Herrentage beschlossen, und überdiess wenigstens von einzelnen Dingversammlungen anerkannt worden war. Aber auch die Gegenparthei konnte sich kaum veranlasst sehen auf jenes

1) ang. 0., S. 643—44.

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Gesetz ' Bezug zu nemen. Der norwegische Episkopat hatte ja zunächst versucht mit K. Sverrir Frieden zu machen und zu halten , nachdem dieser sich einmal siegreich in den Besitz des Thrones gesetzt hatte, und selbst als der Streit zwischen dem Könige und Erzb. Eirik wider ausbrach, waren es doch vorerst nur einzelne kirchenstaatsrechtliche Punkte gewesen, über welche er sich entsponnen hatte; insolange musste es aber unklug erscheinen, durch die Berufung auf jene Thronfolge- ordnung das Recht Sverrir's auf den Thron in Frage zu stellen , und demgemäss findet sich denn auch wirklich selbst noch in jener Beschwerde- schrift, welche der Erzbischof nach seiner Flucht nach Dänemark an die Curie richten Hess (1190), nur eine ganz verdeckte Anspielung auf des Königs zweifelhaftes Folgerecht.1) Als dann freilich der Kampf zu grösserer Erbitterung führte, und jede Hoffnung auf eine gütliche Aus- gleichung verschwand, fiel jede derartige Rücksicht weg ; aber auch jetzt noch mochte es sowohl unvortheilhaft als unnütz erscheinen , auf jene Thronfolgeordnung Bezug zu nemen. Einerseits nämlich war die Rechts- gültigkeit dieser letzteren nach dem soeben Bemerkten eine sehr an- fechtbare, oder doch jedenfalls thatsächlich sehr entschieden angefochtene. Wenn dieselbe nämlich zwar an zweien von den vier Lögdingen, ja vielleicht sogar an allen zur Anname gebracht worden war, so war diese Anname doch nur unter der Autoritset des K. Magnus Erlingsson er- folgt; nur von seinen Beamten waren die Dingleute ernannt, war die lögretta besetzt worden, und nur seine Sanction hatte das von dieser angenommene Gesetz erhalten. Nun war aber der dem modernen Staats- rechte geläufige Satz, dass der legitime Nachfolger eines illegitimen, aber de facto regierenden Königs an dessen verfassungsmässige Regier- ungshandlungen gebunden sei, den Anschauungen der älteren Zeit, im Norden wie anderwärts , durchaus fremd , und K. Sverrir insbesondere sprach von hier aus allen den Zugeständnissen, welche K. Magnus der Kirche gemacht hatte, die Rechtsgültigkeit ab,2) wie denn auch nur von diesem Gesichtspunkte aus sich erklärt, dass noch auf lange hinaus

1) Diplom, norveg. , VI, nr. 3, S. 4: ille, qui de regis nomine et usurpata regni plenitudine gloriatur.

2) vgl. Sverris s., cap. 112, S. 270—1, und cap. 117, S. 277—80.

1.03

die älteren, des hl. Olafs Namen tragenden Recensionen der Provincial- rechte neben den unter K. Magnus entstandenen revidirten Texten der- selben umliefen, ohne dass zweifellos festgestanden hätte, ob diese oder jene die rechtlich geltenden seien. Wenn aber die verbindende Kraft der Thronfolgeordnung von 1164 mit der Legitimita3t des K. Magnus stand und fiel, was konnte es dann helfen sich auf jene erstere einem Gagner gegenüber zu berufen, welcher diese letztere mit bestem Erfolge bestritt? .Andererseits wusste man von dem Momente an, mit welchem man Sverrir's Recht auf den Thron überhaupt anzufechten begann, ganz andere und weit drastischere Gründe gegen dieses in's Feld zu führen als die Berufung auf eine ihrer Rechtsgültigkeit nach so zweifelhafte Thronfolgeordnung. Man bestritt dem Sverrir seine Abstammung von K. Sigurör munnr, für welche in der That ausser seiner eigenen Be- hauptung kein Beweis vorlag, und für die selbst sein angeblicher Bruder, Eirikr, die Eisenprobe nicht wagen wollte, der er sich doch für seine eigene Person unterzog; l) man warf ihm vor, dass er ein apostasirter Priester sei und dass er in Bigamie lebe,2) wie denn insbesondere auch P. Innocenz III. in einer an den Erzbischof erlassenen Bulle beiderlei Vorwürfe verbindet : 3) was wollte solchen ungleich weiter reichenden Angriffsmitteln gegenüber die Berufung auf ein Thronfolgegesetz bedeuten, dessen Gültigkeit bestritten , und dessen Anwendbarkeit auf einen vor seiner Publication Geborenen überdiess sehr zweifelhaft war? Unter den Nachfolgern K. Sverrir's aber stand die Sache ebenfalls wesentlich nicht anders. Einerseits war nämlich auch deren Recht auf den Thron durchaus von der Vorfrage abhängig, ob K. Sverrir selbst K. Siguro's Sohn war oder nicht, und die Bestreitung dieses Filiationsverhältnisses bot dem- nach auch ihnen gegenüber eine ungleich günstigere Angriffsbasis als die Berufung auf die höchst problematische Rechtsbeständigkeit des Thronfolgegesetzes von 1164; andererseits aber suchte die Kirche über- diess sich mit den Nachfolgern Sverrir's möglichst gut zu vertragen, und konnte somit gar nicht wohl in den Fall kommen, deren Recht auf den Thron ernstlich in Frage zu stellen. Erst der erneute Aus-

1) ebenda, cap. 59, S. 150.

2) ebenda, cap. 122, S. 295.

3) Diplom, norveg. , VI, nr. 6, S. 9.

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bruch des alten Zwiespaltes unter K. Magnus lagaboetir und Erzb. Jon konnte allenfalls einen Anlass bieten, zu einer so scharf geschliffenen Waffe wenigstens versuchsweise und in der Hoffnung zu greifen , dass deren Gebrauch den König zu anderweitigen Concessionen an die Kirche bestimmen möchte ; in jener Zeit sehen wir aber auch wirklich den genannten Erzbischof widerholt auf das Thronfolgegesetz von 1164 zurückgreifen. Allerdings schliessen nun freilich derartige Erwägungen die Möglichkeit keineswegs aus, dass darum doch im Verlaufe der Zer- würfnisse zwischen Staat und Kirche ab und zu einmal Andeutungen über das Vorhandensein jener Thronfolgeordnung gemacht worden sein könnten. Aber solche Andeutungen konnten der Natur der Sache nach doch nur sehr spärlich vorkommen, und könnte es demnach ganz und gar nicht auffallen, wenn uns von ihnen keine Spur erhalten wäre; einiges hieher Bezügliches lässt sich überdiess in der That immerhin noch nachweisen. Das Schreiben freilich , welches Abt Wilhelm von Ebelholt im Jahre 1190 Namens Erzb. Eirik's an den Papst richtete, deutet an der oben angeführten Stelle x) nur sehr beiläufig an , dass Sverrir nicht zum Throne berechtigt sei, ohne sich über die Gründe seiner Nichtberechtigung auszusprechen; dagegen hat Hertzberg bereits darauf aufmerksam gemacht, dass ein Schreiben, welches P. Innocenz III. unterm 6. October 1198 an den norwegischen Klerus richtete, und ein paar ziemlich gleichlautende Schreiben, welche derselbe gleichzeitig ein paar dänischen und schwedischen Königen und Fürsten zugehen liess, dem Sverrir vorwerfen, dass er weder durch Wahl noch Erbrecht auf den Thron berufen sei,2) womit denn doch zweifellos auf das Gesetz von 1164 Bezug genommen wird, als welches allein eine Königswahl kennt. Wenn ferner die Baglar im Jahre 1207 den Philippus Simunarson zum Könige wählen, der weder väterlicher noch mütterlicher Seits vom Königshause abstammte, weil sie eines kräftigen Heerführers zu bedürfen glaubten, und die Söhne K. Erling steinveggs ihrer Kindheit wegen ihnen

1) oben, S. 102, Anm. 1.

2) Diplom, norveg. , VI, nr. 7, S. 10: quod usque adeo in vos et totum regnum Norwagise ty- rannica Sverri crudelitas et violenüa detestanda prsevaluit, ut et regnum nee electione prineipum prout aeeepimus, nee ratione sanguinis oecupavit. Vgl. Diplom, suecan., I, nr. 107, S. 130.

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untauglich schienen , so ist damit zweifellos auf das Gesetz von 1164 zurückgegangen , welches die Wahl eines tauglichen Königs gestattete, wenn der nächstberufene Thronerbe untauglich schien.1) In gleicher Richtung ist es aber auch zu verstehen , wenn nach dem Tode des K. Ingi Bäröarson Zweifel über die Thronfolgeberechtigung entstehen. Als mit dem jungen K. Guöorm Siguröarson der Mannsstamm K. Sverrir's erloschen zu sein schien (1204), war ein Schwestersohn Sverrir's, lngi Bäröarson, auf den Thron gelangt, und er hatte sich auch dann auf diesem behauptet, als hinterher aufkam , dass noch ein unächter Sohn K. Häkon Sverrisson's vorhanden sei, dem vor ihm das Reich gebührt hätte. Als nun K. Ingi selber starb (1217), erklärte sich zwar der Kern der alten Birkenbeine sammt dem grösseren Theile der Bauern in Drontheim für den jungen Häkon Häkonarson, weil sie den zum König haben wollten, „der königlichen Geschlechtes sei von väterlicher Seite bis in's Heidenthum hinauf, so dass kein Weib dazwischen gekommen sei im Stammbaume";2) andererseits aber fehlte es auch nicht an Leuten, welche sich für den jungen Guöorm erklärten, einen unehelichen Sohn K. lngi's, oder für Sküli Bäröarson, desselben Königs ächtgeborenen Bruder.3) Nach gemeinem Erbrechte war der letztere wirklich zum Nachlasse lngi's berufen, und dessen gesammte Fahrhabe hatte er denn auch ohne Anstand in Besitz genommen;4) aber auf den Thron konnte er augenscheinlich nur auf Grund des Gesetzes von 1164 Anspruch er- heben , nicht auf Grund des älteren Rechtes , welches schlechthin den Königssohn vorgehen liess. So steht denn auch der Klerus entschieden auf Sküli's Seite, und wenn dem Dringen der alten Birkenbeine nach rascher Anerkennung Häkon' s das Verlangen entgegengesetzt wird, man möge die Rückkunft des Erzbischofes nach Niöarös abwarten, und erst alle Bischöfe und Magnaten zur Berathung dahin berufen, so möchte man hierinn um so mehr eine verschämte Hindeutung auf das Gesetz von 1164 erkennen, als die Birkenbeine sofort mit einer energischen

1) Häkonars., Guttorms ok Inga, cap. 14, S. 34 36.

2) Hakonar s. gamla, cap. 12, S. 251; vgl. cap. 15, S. 255, und öfter.

3) ebenda, cap. 12, S. 250.

4) ebenda, cap. 22, S. 263.

Abh. d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. IL Abth. 14

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Verweisung auf die „Gesetze des heil. Olafs" antworten.1) Auch nach- dem dem jungen Hakon schon förmlich gehuldigt worden war, ja nach- dem seine Mutter sich mit Erfolg der Eisenprobe unterzogen hatte, um die Seitens des Klerus erhobenen 'Zweifel an seiner Abstammung nider- zuschlagen, dauerte der Streit über die Thronberechtigung noch fort;2) an einem Herrentage, der im Jahre 1223 in Bergen gehalten wurde, kam derselbe unter den Betheiligten zu einer eingehenden Erörterung, und sprachen schliesslich die sämmtlichen anwesenden Lögmänner sowohl als der Erzbischof sich unter Berufung auf des heil. Olafs Gesetz un- bedingt für das ausschliessliche Recht K. Häkon's aus. Bezeichnend aber ist, dass bei dieser Gelegenheit einigen Lögmännern vorgehalten wird, sie hätten dem Sküli erklärt, dass er zum Reiche berufen sei, was sie freilich sofort in Abrede stellen;3) nicht minder bezeichnend, dass weit später noch, im Jahre 1239, als Sküli neuerdings daran dachte Ansprüche auf den Thron zu erheben , ihm widerum von seinen An- hängern Rechtsbücher vorgelegt wurden, um ihm zu beweisen, dass er zum Königsnamen ebensogut erbberechtigt sei wie zum Privatnachlass seines Halbbruders Ingi.4) Da die Thronfolgeordnung von 1164, abge- sehen von der Einführung einer Individualsuccession und allenfalls der Ausschliessung der unächten Geburt, auf die gemeine Erbenfolge ver- weist, konnte Sküli nach ihr allerdings als zur Thronfolge berufen er- scheinen; aber auch nur nach ihr, da jede andere ihn, den vom Königs- hause nicht abstammenden , von dieser schlechterdings ausschloss , und nur auf 'das Gesetz von 1164 können sich somit die Lögmänner berufen haben, welche dem Sküli ein Recht auf die Thronfolge zusprachen, nur die Magnus' sehe Recension der FrbL. können die Rechtsbücher ent- halten haben, welche man ihm vorlegte, um ihn von demselben Rechte zu überzeugen. So bleibt demnach nur noch die einzige Thatsache bestehen , dass von den Geschichtsquellen , welche über K Magnus

1) ebenda, cap. 12, S. 252.

2) ebenda, cap. 85, S. 324.

3) ebenda, cap. 89, S. 329; cap. 93, S. 332—34.

4) ebenda, cap. 198, S. 460; vgl. meine Abhandlung über »die Entstehungszeit der älteren Frostufcngslög", S. 72—73.

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Erlingsson's Regierungszeit berichten, keine der Einführung einer neuen Thronfolgeordnung unter demselben gedenkt. Aber diese Geschichts- quellen sagen uns ja überhaupt Nichts über den Inhalt jener Abmach- ungen, welche im Jahre 1164 gelegentlich der Krönung des jungen Königs zwischen Erling und dem Erzbischofe stattfanden , während sie doch ausdrücklich bezeugen , dass solche stattgefunden haben ; sie er- wähnen ferner nicht das Mindeste von einer Revision der Gula^ingslög und der Frostu^ingslög, welche unter diesem Könige vorgenommen worden sei, während wir doch aus den Rechtsquellen sehr bestimmt entnemen können, dass eine solche wirklich unter demselben vorgenommen wurde, und auch in den Geschichtsquellen der späteren Zeit noch mehrfach auf deren Spuren stossen. Was kann unter solchen Umständen aus dem Schweigen jener früheren Geschichtsquellen gefolgert werden?

Ich wende mich nunmehr , einige weitere Bemerkungen über die Thronfolgeordnung von 1164 mir für später vorbehaltend, zu dem zweiten Documente, welches über die von K. Magnus und seinem Vater Erling der Kirche gemachten Zugeständnisse Aufschluss geben soll , zu dem Schreiben des Königs Magnus selbst. Ueber den handschriftlichen Befund bezüglich dieses letzteren giebt den vollständigsten Aufschluss Jon Sigurösson, in den Vorbemerkungen zu seinem Abdrucke desselben.1) Nach ihm ist das Original der Urkunde nicht erhalten, und beruht unsere Kenntniss derselben lediglich auf einer Abschrift, welche in AM. nr. 22, b, fol. („Adversaria Hvitfeldiana") vorliegt; 3 weitere Abschriften, welche er nennt, und welche von Arni Magnüsson, Jon Marteinsson und Foss genommen wurden, sind lediglich Copieen jener ersteren, und somit ohne alle se'lbstständige Bedeutung. Jene erstere und alleinn mass- gebende Abschrift, welche für uns das Original zu vertreten hat, ist nach Jon Sigurösson, wohl dem gründlichsten Kenner der arnamagnse- anischen Hss. zumal aus späterer Zeit, von der Hand des dänischen Ge- schichtschreibers Arild Hvitfeld (f 1609) geschrieben, nicht von der Bartholins, wie die Herausgeber der altnorwegischen Rechtsquellen an- geben,2) und dürfte damit ebensowohl R. Keyser's Angabe, dass dieselbe

1) Diplom, island., I, S. 225—26.

2) Norges gamle Love, I, S. 442.

14s

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dem 17. Jahrhundert angehöre,1) als der von Paludan - Müller gegen diese Angabe erhobene Zweifel2) seine Erledigung gefunden haben. Von Ami Magnüsson scheint Hvitfeld's Abschrift wider aufgefunden worden zu sein, und nun wurde sie zuerst durch Gerhard Schöning,3) dann durch Grimr Jonsson Thorkelin,4) widerum durch P. A. Munch und R. Keyser , 5) endlich zuletzt noch durch Jon Sigurösson 6) herausgegeben, und an diesen letzten Abdruck halte ich mich hier, als an den genauesten. Es hat aber das Document schon von seiner ersten Entdeckung an zunächst durch seine Datirung Anstoss geboten. Während nämlich des- sen Eingang lautet: „Magnus dei gracia rex Norwegie. Augustino eadem gracia Throndensium archiepiscopo . apostolice sedis legato . et uniuersis episcopis . clero et omni populo per Norwegiam constitutis salutem", schliesst' dasselbe mit der Bemerkung: „Actum MCCLXXVI. X. Kai. Aprilis in vestiario ecclesie Nidrosiensis", und das Datum will somit zu dem Eingange wenig passen, da dasselbe ungefähr auf ein Jahrhundert später als des K. Magnus und des Erzb. Eysteinn Lebenszeit weist. Mit einer blosen Berichtigung der Jahrzahl, welche allerdings um so weniger bedenklich wäre, weil uns das Original der Urkunde nicht vor- liegt , lässt sich diesem Uebelstande nicht abhelfen , da die in ihrem Contexte gebrauchten Worte: „in hac die gloriose resurreccionis" auf einen Ostertag hinweisen, welcher während der ganzen Regierungszeit des K. Magnus niemals auf den 23. Masrz fiel, und so hat man denn mehrfach durch ausgiebigere Correcturen sich zu helfen gesucht. Arni Magnüsson wollte das Datum in „MCLXXIV. IX. Kai. Aprilis" geändert wissen, weil der 24. Mserz 1174 wirklich ein Ostersonntag war,7) und seiner Meinung schlössen sich Schöning, Thorkelin (dieser jedoch nicht ohne Zweifel an der Aechtheit der Urkunde zu äussern),8) Dahlmann,9)

1) Den norske Kirkes Historie, I, S. 242.

2) ang. 0., S. 269, Anm. 3.

3) Forsög til Forbedringer i den gamle Danske og Norske Historie, ved Peter Fridericli Suhm og Gerhard Schöning, S. 428—31, Anm. y (1757).

4) Diplomatarium Arna-Magnseanum, Bd. II, S. 8 10 (1786).

5) Norges gamle Love, I, S. 442—44 (1846).

6) Diplom, island., I, S. 226—30 (1857—76).

7) Siehe seine Worte im Diplom, island., I, S. 225—6.

8) Index znm Diplom. Arnamagn., II, S. 2.

9) Geschichte von Dännemark, II, S. 150 1.

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R. Keyser,1) und neuerdings noch Jon Sigurösson an; dagegen hat Wer- lauff , welcher anfänglich sich derselben Meinung angeschlossen hatte, 2) hinterher den 24. Masrz 1163 als den Ausstellungstag bezeichnen zu sollen geglaubt,3) welcher gleichfalls ein Ostertag, und darum auch schon von Arni Magnüsson in Betracht gezogen worden war. Die Heraus- geber des Documentes in der altnorwegischen Gesetzsammlung beschränken sich darauf, in der Jahrzahl das eine C zu streichen, und setzen dem- nach den 23.Mserz 1176 an, freilich unter Beifügung eines Fragezeichens und nachträglicher Mittheilung der von Arni Magnüsson und von Wer- lauff vorgeschlagenen Verbesserungen; in seiner norwegischen Geschichte aber spricht sich P. A.1 Munch sehr bedenklich über die Authenticitset der Urkunde aus , und in den Berichtigungen , welche er dem letzten Bande der ersten Abtheilung dieses Werkes beigab, erklärt er geradezu, dass überwiegende innere Gründe dafür sprechen, dass dieselbe in späterer Zeit gefälscht sei.4) Ich meinerseits glaube, um mich vorläufig nur an diesen einen Punkt zu halten, dass die sämmtlichen Versuche, das bei- gefügte Datum durch Conjecturen zu berichtigen, unzutreffend, und überdiess auch vollkommen überflüssig sind. Mit einer blosen Correctur der Jahrzahl lässt sich, wie bemerkt, nicht helfen, da sie den Wider- spruch zwischen der Nennung des Ostertages im Text und der Angabe des 23. Mserz im Datum der Urkunde ungelöst lässt, während doch unter der „dies gloriosse resurrectiouis" kein anderer als der Ostersonntag verstanden werden kann. Allerdings wird anderwärts die Bezeichnung „resurrectio dominica" hin und wider für ein unbewegliches Fest, näm- lich für den 27. Maerz gebraucht; aber dieser Umstand kann hier nicht in Betracht kommen, da dem nordischen Sprachgebrauche diese Ver- wendung des Ausdruckes fremd ist,5) und da überdiess auch dieser Tag nicht stimmt. Ebensowenig wird man sich darauf berufen dürfen, dass jeder Sonntag als resurrectio dominica oder dominica resurrectio be-

1) Den norske Kirkes Historie, I, S. 244—45, und Norges Historie, II, S. 102—3.

2) Anekdoton historiam Sverreri regis Norvegiae illustrans, S. XIII, Anm.

3) Om de norske Kongers Salving og Kroning i Middelalderen, S. 8—9, Anm. **).

4) Det norske Folks Historie, III, S. 186—7, Anra., und IV, 2, Eettelser.

5) vgl. Lange, im Diplom, norveg., I, 2, S. XL VI, Anm. 2.

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zeichnet werden konnte, *) denn auch dieser Sprachgebrauch scheint für den Norden nicht nachweisbar zu sein, und als „gloriosa" resurrectio hätte sicherlich auch anderwärts kein anderer als der Ostersonntag be- zeichnet werden können. Den beiden weitergehenden Emendationen aber, der von Arni Magnüsson sowohl als der von Werlauff vorgeschla- genen , steht zunächst ganz gleichmässig das Bedenken im Wege , dass sie eine dreifache Correctur des Datums, nämlich des Monatstages und zweier Ziffern der Jahrzahl erfordern, eine Willkürlichkeit also des Ein- greifens, wie sie kaum grösser gedacht werden könnte; beide stossen aber überdiess auch noch auf ihre besonderen Schwierigkeiten. Keine unserer Geschichtsquellen weiss Etwas von irgendwelchen Verhandlungen, die im Jahre 1174 zwischen dem König und dem Erzbischofe stattge- funden hätten , und wenn man diese aus der Furcht des ersteren vor der eben damals unter Eysteinn meyla sich erhebenden Parthei der Birkenbeine erklären zu können glaubte, so widerlegt sich auch diese Motivirung sehr einfach durch die Thatsache, dass diese Parthei erst im Sommer des Jahres 1174 auftratt, und während der beiden ersten Jahre ihres Bestandes überdiess als durchaus nicht gefährlich galt, so- dass ihre Erhebung unmöglich auf die Haltung bestimmend einwirken konnte , welche der König bereits im Frühlinge des genannten Jahres seinem Erzbischofe gegenüber eingenommen haben soll. 2) Umgekehrt würde Werlauff's Datirung die Urkunde um ein volles Jahr hinter des Magnus Krönung zurückverlegen, in eine Zeit also, in welcher nach dem Zeugnisse unserer Quellen die Verhandlungen zwischen seinem Vater und dem Erzbischofe noch gar nicht begonnen hatten, welche schliesslich zu jener Krönung führten, und in welcher Magnus überdiess noch ein 6 7jähriges Kind, und somit nicht im Falle war, ohne die Mitwirkung Erling's, der für ihn die Reichsregierung führte, ein Document von solcher Tragweite ausstellen zu können. Beiden Datirungen steht über- diess auch noch die weitere Thatsache entgegen, dass die Urkunde die Krönung des Magnus als bereits vollzogen, aber doch soeben erst voll- zogen bezeichnet, wie diess sogleich dargelegt werden wird; alles Mo-

1) Ducange, s. v. dominica und resurrectio (ed. Henschel).

2) vgl. die sehr zutreffende Ausführung Palud an- 11 er's üher diesen Punkt, ang. 0., S. 276— 79.

in

mente, welche den auf die Berichtigung des Datums abzielenden Versuchen alle und jede Stütze entziehen müssen. Um so mehr empfiehlt es sich, einem von Munch zuerst hingeworfenen,1) und dann von Paludan-Müller aufgegriffenen und weiter ausgeführten Gedanken 2) nachzugehen , ver- möge dessen unsere Hs. des Documentes nicht als eine Abschrift des Originales, sondern nur als eine Abschrift eines Transsumptes zu be- trachten, und das anstössige Datum nur einem ursprünglich beigefügten, von dem späteren Copisten aber weggelassenen Vidisse zuzutheilen wäre. Unter dieser Voraussetzung würde sich nicht nur Tag und Jahr der Ausstellung, sondern auch der Ausstellungsort, ,,in vestiario ecclesise Nidrosiensis", vollkommen befriedigend erklären. Es würde sich näm- lich leicht begreifen lassen, dass Erzb. Jon, welcher gelegentlich der Verhandlungen, welche zum Bergener Concordate führten (1273), bereits mit Ansprüchen hervorgetreten war, wie sie unser Document bezeugt, und welcher dieselben zwar in diesem Vergleiche fallen gelassen , aber als dieser nicht zu Bestand gelangte, neuerdings wider aufgenommen hatte, um sie erst im Tünsberger Concordate nochmals aufzugeben (1277), gerade im Jahre 1276 im Falle sein konnte, eine fidimirte Abschrift dieser Urkunde produciren zu sollen , und es könnte auch in keiner Weise auffallen, wenn das Transsumpt eines Originales, das in des Erz- bischofes Archiv liegen musste, weil es in einem an einen seiner Vor- gänger gerichteten Briefe bestand, gerade in der Sacristei seiner Metro- politankirche ausgestellt wurde. Auch die Bezeichnung „Actum", nicht „Datum" würde, wie Paludan-Müller ganz richtig bemerkt hat, eher einem Transsumpte als einem Originalbriefe entsprechen, und wenn zwar die sonst am Eingange und am Schlüsse von Transsumpten sich findenden Formeln hier fehlen , so ist doch darauf kaum ein entscheidender Werth zu legen, da ja diese recht wohl bei dem flüchtigen Nemen einer Copie durch den Schreiber unserer Hs. erst weggelassen worden sein mögen. In der That bezeichnet Hvitfeld's Hs. , wie sich aus Jon Sigurösson's Abdruck ergiebt,3) unser Document ausdrücklich als ein „Transscriptum

1) ang. 0., III, S. 187, Anm.

2) ang. 0., S. 279—82. Auch Ebbe Hertzberg und der Recensent Zorn's haben sich dieser Ver- rnuthung angeschlossen.

3) Diplom, island., I, S. 226, Anm. 1.

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de subiectione regni Norw. corone facta beato Olavo et Ecclesie Nidro- siensi per regem magnum primum coronatum", was denn doch darauf schliessen läset, dass Hvitfeld selbst oder einer seiner Vorgänger in dem copirten Exemplare noch Formeln vorgefunden hatte, welche das- selbe als ein bloses Transsümpt bezeichneten.

Man sieht, die Richtigkeit der bisherigen Schlussfolgerung zuge- geben , verschwindet sofort jeder von der Datirung unserer Urkunde hergenommene Einwand gegen deren Aechtheit. Diese Urkunde ist solchenfalls vielmehr gar nicht datirt, was auch nicht auffallen kann, da nach Lange's Zeugniss den ältesten norwegischen Urkunden regel- mässig die Angabe des Ortes und der Zeit fehlt, welche erst seit der Mitte des 13. Jahrhunderts mehr und mehr üblich wurde.1) Wir haben von K. Häkon Sverrisson,2) K. Philippus,3; K. Häkon gamli,4) K. Magnus lagabcetir5) undatirte Urkunden ; warum sollte da nicht auch eine solche von K. Magnus Erlingsson vorliegen können? Lediglich aus inneren Gründen wird demnach sowohl die Entstehungszeit als auch die Aechtheit oder Unächtheit unserer Urkunde festgestellt werden können ; aber aller- dings erheben sich auch von diesem Standpunkte aus schwere Bedenken gegen deren Authenticitast.

Zunächst weist der ganze Inhalt der Urkunde unverkennbar darauf hin, dass deren Ausstellung im engsten Zusammenhange mit der Krön- ung des K. Magnus stehend, und dass sie speciell dieser letzteren un- mittelbar nachfolgend gedacht ist. Die Eingangsworte des Schreibens: „Quoniam communicato sapienciorum consilio dominatum et diadema regni huius . inuocato spiritu sancto . vestre manus imposicione . r eueren de pater Augustine . de manu domini suscepimus", deuten denn doch ganz unzweifelhaft darauf hin, dass die kirchliche Krönung des Ausstellers der Urkunde bereits vollzogen, und zwar durch Erzb. Eysteinn vollzogen war, als diese letztere ausgestellt wurde, und auch die später nachfol- genden Worte: ,,ln perpetue quoque subieccionis testimonium . hoc pro

1) Diplom, norveg., I, 2, S. XXV.

2) ebenda, VIII, nr. 5, S. 7-8.

3) ebenda, I, nr. 3, S. 3. ,

4) ebenda, I, nr. 51, S. 38—39; II, nr. 5, S. 5—6; III, nr. 1, S. 1—2; V, nr. 1—3, S. 1- 3.

5) ebenda, I, nr. 60, S. 49—50.

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me et pro omnibus meis catholicis successoribus priuilegium huic me- tropolitane ecclesie concedo et literis meis sigillatis confirmo, ut post vocacionem meam regale diadema et meum . quod hodiema die sacro altari in confirmacionem offero . et omnium mihi succedencium . presenti delegetur ecclesie", dürfen in keinem anderen Sinne verstanden werden. Paludan- Müller hat sich freilich dadurch beirren lassen,1) dass der wirkliche Anfall der Krone an die Metropolitankirche erst mit dem Ableben des Königs eintreten soll, und dass überdiess K. Magnus nachweisbar noch lange nach seiner Krönung im Besitze seiner Krone war, soferne diese im Jahre 1183 von K. Sverrir zu Bergen erbeutet wurde,2) und er hat darum die letzteren Worte auf die am Ausstellungstage der Urkunde erfolgte Niderlegung der Krone auf den Altar beziehen wollen, damit sie der junge König geweiht aus des Erzbischofes Hand zurückempfange; indessen dürfte diese Auslegung sowohl dem feststehenden Sprachge- brauche bezüglich des Wortes offerre , als auch dem unzweideutigen Sinne jener früheren Worte widersprechen, und andererseits das Bedenken, dass doch nicht wohl gleichzeitig von einem sofortigen (hodierna die) Opfern der Krone und von einem Verfallen derselben an die Kirch nach dem Tode des Opfernden (post vocationem meam) gesprochen werden könne, sich durch die Bemerkung erledigen, dass ja auch ein sofortiges Opfern der Krone den Vorbehalt ihres Gebrauches auf Lebenszeit, und die Verschiebung ihrer wirklichen Aushändigung an die Kirche bis zur Zeit des Ablebens des Schenkers keineswegs ausschliesst. Auch die Bezugname auf das zahrte Alter des Königs und die religiösen Be- trachtungen über die schwere Verantwortung, welche dieser mit seiner Krone übernimmt, zwingen zu der Anname, dass unsere Urkunde un- mittelbar nach der Krönung ausgestellt sein will, und wenn uns zwar nicht ausdrücklich gesagt wird, dass deren Ausstellung noch am Krön- ungstage selbst erfolgt sei, so passt doch die Opferung der Krone un- mittelbar nach ihrem Empfang ganz vortrefflich zu dem Gedankengange und der Stimmung, welche allein zu jenem Opfern derselben führen konnten, und auch die Ausstellung der Urkunde an einem Ostertage

1) ang. 0., S. 282-3.

2) Sverris s., cap. 78, S. 193.

Abh. d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. II. Abth. 1 5

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weist im Zusammenhalte mit dem feststehenden Gebrauche, solche feier- liche Acte nur an hohen Festtagen vorzunemen, ]) auf den Tag der Krönung als auf den Tag, an welchem die Urkunde ausgefertigt wurde. Will man aber auch diese letzteren Schlussfolgerungen nicht als hin- reichend bündig anerkennen , will man sogar mit Paludan-Müller die Oblation der Krone auf eine blose Hingabe derselben, um sie weihen zu lassen, deuten , so hätte doch auch diese letztere wohl nur am Krön- ungstage selbst ei folgen können, und bliebe jedenfalls keine Möglichkeit, die Ausstellung der Urkunde sich von diesem letzteren durch eine grös- sere Zeitfrist getrennt zu denken. Gerade dieser Umstand begründet nun aber eine erste, schwer zu beseitigende Schwierigkeit. Der Ostertag ist, wie schon mehrfach zu bemerken war, in unserer Urkunde als der Tag ihrer Ausstellung bezeichnet, und zugleich wird Niöaros, wie nun- mehr beizufügen kommt, als der Ort genannt, an welchem ihre Aus- fertigung erfolgte. Nicht nur die Ueberschrift des Documentes bezeichnet den K. Magnus als den ,,qui primus coronatus Nidrosise", sondern auch dessen Text spricht von einer „huic metropolitane ecclesie" gemachten Schenkung, welche ,,presenti delegetur ecclesie", und bezeichnet durch Ausdrücke wie „presenti ecclesie", ,,hanc ecclesiam", „hec metropolitana (sc. ecclesia)", „huic ecclesie" stets die Domkirche zu Drontheim, was denn denn doch nur unter der Voraussetzung verständlich ist, dass die Urkunde eben in dieser Stadt ausgefertigt wurde. Bei dem zwischen der Ausstellung der Urkunde und der Krönung bestehenden engen Zu- sammenhange muss die Stadt Niöarös und die Osterzeit selbstverständlich auch als Ort und Zeit dieser letzteren verstanden werden ; aus den Ge- schichtsquellen dagegen ergiebt sich mit vollster^ Bestimmtheit, dass die Krönung des K. Magnus in Bergen vor sich gieng, und dass sie jeden- falls erst spät im Sommer, vielleicht sogar erst im Herbste erfolgte. Munch's Vermuthung freilich, dass dieselbe erst am 8. September vor sich gegangen sei,2) stützt sich nur auf die doppelte Thatsache, dass Brandr Ssemundarson, welcher bei der Krönung anwesend war, an diesem

1) vgl. z. B. wegen der konungstekja die Hirffskrä, §. 5; wegen der Krönung K. Häkon's die Häkonar s. gamla, cap. 252, S. 13; wegen der des K. Magnus lagaboetir die Magnüss s. lagaboetis, S. 162-3, und dazu Munch, IV, 1, S, 541.

2) ang. 0., II, S. 933, Anm. 1. und S- 939.

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Tage zum Bischöfe von Hölar auf Island geweiht wurde,1) und dass der Tag, als das Fest der Geburt Mariae, zur Vorname der Krönung ganz passend erscheinen konnte, wogegen ihr die übereinstimmende Angabe der Hüngrvaka und der isländischen Annalen im Wege steht, nach welcher B. Björn Gilsson von Hölar am 20. October 1162 starb, Brandr im folgenden Sommer, also 1163, zu seinem Nachfolger gewählt wurde, sofort nach Norwegen hinüber gieng und dort am 8. September, wie es scheint in Niöarös, die Weihe empfieng, hierauf in Bergen überwinterte, und erst im folgenden Sommer, also 1164, nach Island heimkehrte, so- dass also seine Weihe um etwa ein Jahr vor der Krönung des Königs stattfand. Es stimmt mit dieser letzteren Darstellung auch recht wohl überein, dass nach der Heimskringla und den ihr folgenden Königssagen Brandr die Bischofsweihe bereits empfangen hatte, als die Königskrönung vor sich gieng, was man doch nur gezwungen mit Munch auf eine an demselben Tage mit letzterer vollzogene Handlung beziehen könnte; aber immerhin lassen diese Bedenken gegen Munch's Anname die That- sache unberührt, dass die Krönung jedenfalls nicht früher als tief im Sommer stattgefunden haben kann. Die Fagrskinna sagt von dem Reichstage, auf welchem die Krönung beschlossen und vollzogen wurde, ,,var fundr lagör um sumarit i Björgvin",2) und die anderen Königs- sagen lassen den Erling erst ,,lengi um värit" in Tünsberg sich aufhalten, dann ,,er sumraöi" nach Bergen gehen, hier längere Berathungen mit dem Erzbischofe pflegen, an welche sich wider Verhandlungen des letzteren mit seinen Bischöfen u. s. w. knüpfen, endlich die Vorbereitungen für die Krönung treffen.3) Beide Berichte versetzen demnach übereinstim- mend die Krönung nach Bergen und in die spätere Hälfte des Sommers, wenn nicht in eine noch spätere Jahreszeit, und man könnte somit etwa an eines der beiden Feste des heil. Olafs als des königl. Schutzpatrones des Landes denken (29. Juli oder 3. August), wenn man sich nach einem für die Festlichkeit passenden Feiertage umsehen wollte; vielleicht

1) Hüngrvaka, cap. 18, S. 83. Vgl. übrigens auch Jon Sigurftsson, im Diplom, island., I,

S. 224. 2i Fagrsk , §. 268, S. 180. 3) Heimskr. Magnuss s. Erh'ngsso nar, cap. 21—22, S. 795-7; FMS., VII, cap. 13— 14,

S. 305-7.

15*

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ist aber auch die Angabe nicht unbeachtet zu lassen , welche sich in „Bergens Rimkrönike 1560" (bei Nicolassen, Norske Magasin, I, S. 20) findet, wonach der Bergener Herrentag auf Laurentius, d. h. den 10 August, fiel. Den Widerspruch, in welchem die Angaben unserer Urkunde über Ort und Zeit ihrer Ausstellung mit den Berichten unserer Geschichts- quellen über Ort und Zeit der Krönung K. Magnus Erlingsson's hiernach unleugbar stehen, hat nun Paludan- Müller durch eine eigenthümliche Vermuthung zu beseitigen gesucht,1) welche sowohl bei Ebbe Hertzberg2) als bei dem Recensenten der Historischen Zeitschrift3) Anklang gefunden hat, mir jedoch in keiner Weise einleuchten will. Er geht nämlich von der Anname aus, dass man in unserer Urkunde nur einen Entwurf zu einer Uebereinkunft zu sehen habe, welcher vom Erzbischofe dem Könige, oder vielmehr dessen Vater, schon geraume Zeit vor der Krönung mit- getheilt worden sei, in einer Zeit also, in welcher die Unterhandlungen noch in der Schwebe waren, die später zu dieser Krönung führten; von Erling zurückgewiesen, und somit ohne alle rechtliche Bedeutung ge- blieben , sei dieser Entwurf dann hinterher von Erzb. Jon in seinem Archive vorgefunden, und weil er ihn für eine wirklich vollzogene Ur- kunde hielt, gelegentlich seiner Verhandlungen mit K. Magnus lagaboetir als solche benützt worden. Mir meinerseits erscheint nun aber geradezu undenkbar, dass Erzb. Eysteinn einem von ihm ausgehenden Entwürfe die Form nicht einer Punctation, sondern eines von K. Magnus an ihn selbst gerichteten Schreibens gegeben, und dass er in diesem Schreiben die Krönung, deren Vollzug einen Hauptgegenstand der Unterhandlungen bildete, als bereits erfolgt, und sogar als an einem ganz bestimmt be- zeichneten Tage erfolgt besprochen haben sollte; der Erzbischof musste denn doch wissen, dass deren Vollzug an dem betreffenden Tage durch die verschiedenartigsten Zufälligkeiten vereitelt werden konnte, und auch abgesehen hievon ist es denn doch schon an und für sich sehr wenig wahrscheinlich , dass man sich zu einer Zeit bereits über die Wahl des Krönungstages sollte schlüssig gemacht haben , in welcher

1) ang. 0., S. 284-89.

2) ang. 0, S. 134, Anm.

3) ang. 0., S. 641.

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noch keine Einigung hinsichtlich der Bedingungen erzielt war, unter welchen die Krönung überhaupt ertheilt werden wollte. Ebenso un- denkbar scheint mir ferner, dass der sonst so umsichtige Erzbischof ein so wichtiges Schreiben lediglich auf des Königs Namen gestellt haben sollte, ohne des Reichsregenten Erling Namen in demselben auch nur zu nennen, während ihm doch unmöglich entgehen konnte, dass die von einem Kinde ohne alle Mitwirkung seines Vaters und Vormundes übernommenen Verpflichtungen ohne alle und jede rechtliche Geltung waren. Den Krönungseid Hess man nach dem ausdrücklichen Zeugnisse der Geschichtsquellen neben K. Magnus auch noch von Erling und 12 weiteren Landherren abschwören ; sollte man sich da gelegentlich der Ausfertigung einer so inhaltsschweren Handfeste mit dem blosen Nanuen des königlichen Kindes begnügt haben? Endlich wüsste ich mir auch nicht zu erklären, wie ein vom Erzbischofe ausgegangener, von der Gegenparthei aber verworfener Vorschlag wider in des ersteren Hand zurückgelangt, und ein volles Jahrhundert über im erzbischöflichen Archive zwar sorgfältig aufbewahrt, aber auch völlig unbeachtet gelassen worden sein sollte, um dann plötzlich nach so langer Frist eben zur rechten Zeit wider entdeckt, aber in seiner Bedeutung völlig verkannt, sofort als Beweismittel dem Königthume gegenüber verwendet zu werden? Lässt man aber diesen zu den abenteuerlichsten Voraussetzungen drän- genden, und darum wenig gedeihlichen Erklärungversuch fallen, so muss sich auch sofort der Verdacht regen, dass die Widersprüche, welche zwischen unserer Urkunde und den Angaben der Geschichtsquellen be- stehen, überhaupt nicht zu heben seien, dass vielmehr die erstere ledig- lich als eine Fälschung zu betrachten sei, welche aller Wahrscheinlichkeit nach erst auf Betrieb des Erzb. Jon und in der Absicht gemacht wurde, um gelegentlich der mit K. Magnus lagabcetir geführten Concordats- verhandlungen ein Beweismittel für die erhobenen Ansprüche zu gewinnen, zu derselben Zeit also, auf welche das Datum des Yidisse hinweist. In der That hat bereits Thorkelin diesen Verdacht ausgesprochen, Munch nach mehrfachem Schwanken denselben für begründet erklärt, und neuerdings auch Zorn sich zu derselben Auffassung bekannt; J) es wird

1) ang. 0., S. 106; vgl. oben, S. 108—9.

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nun zu prüfen sein, wieweit derselbe durch Form und Inhalt unserer Urkunde bestärkt werde, oder nicht, und mag dabei mit der Untersuchung ihres Inhaltes begonnen werden.

Es enthält aber die Urkunde in ihrer ersten Hälfte, eingekleidet in eine Fülle der schwülstigsten frommen Betrachtungen , die für uns in erster Linie bedeutsame Schenkung des Reiches an den heil. Olaf, und weiterhin die Zusicherung des Kronenopfers, und lauten die be- züglichen Bestimmungen folgendermassen : x) „Deo namque in hac die gloriose resurreccionis me cum regno in perpetuum et glorioso martyri regi Olao . cui integraliter speciali deuocione secundo post dominum . regnum assigno Norwegie . et huic regno . quantum deo placuerit . velut eiusdem gloriosi martyris possessioni hereditarie . sub eius dominio . tamquam suus vicarius et ab eo tenens possidebo", und weiterhin : ,,In perpetue quoque subieccionis testimonium . hoc pro me et pro omnibus meis catholicis successoribus priuilegium huic metropolitane ecclesie concedo et literis meis sigillatis confirmo . ut post vocacionerh meain regale diadema et meum . quod hodierna die sacro altari in confirmacionem offero . et omnium mihi succedencium . presenti delegetur ecclesie". In ihrer zweiten Hälfte bespricht die Urkunde sodann noch eine Reihe einzelner , mit jenem er&teren Punkte in keiner Beziehung stehender Privilegien , und soll hier zunächst nur ihre erste Hälfte in Erwägung gezogen werden. Da fällt nun sofort der grosse Unterschied auf, welcher zwischen dem Inhalte unserer Urkunde und dem jener in Gj>L. §. 2 eingestellten Novelle besteht, die oben besprochen worden ist. Die No- velle regelt lediglich das in einem Thronerledigungsfalle einzuhaltende Verfahren. Sie stellt dieses ganz unter die Obhut des Erzbischofes, raümt diesem und seinen Suffraganen auch einen sehr bedeutenden Eiri- Üus8 auf die Bestimmung des Thronfolgers ein, und ordnet die Opferung der Krone des verstorbenen Königs „fyrir säl hans" an; von irgend- welchen weiteren Zugeständnissen an die Kirche, und insbesondere von einer Schenkung des Reiches an den heil. Olaf ist dagegen mit keiner Sylbe in derselben die Rede. Umgekehrt spricht unser Document von

1) Diplom, island., I, S. 227.

2) ebenda, S. 228.

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der Thronfolgeordnung und dem ganzen Verfahren in Thronerledigungs- fällen nicht mit einem Worte, sondern lediglich von der Schenkung des Reichs an den heil. Olaf, die es in den unzweideutigsten Worten aus- spricht; es verfügt ferner zwar ebenfalls die Opferung der Krone eines jeden Königs nach seinem Ableben , aber mit dem ausdrücklichen Bei- fügen, dass dieselbe „in perpetuse subjectionis testimonium" zu erfolgen habe. So leicht sich nun begreift, dass jene ganze Reihe von Privilegien, welche der zweite Theil unserer Urkunde enthält, nicht in die Gj»L. übergegangen ist, in welche man ja nicht den ganzen Inhalt eines Pri- vilegienbriefes, sondern nur den Theil desselben einzustellen veranlasst sein konnte, welcher sich auf die Thronfolge bezog, so bleibt doch im- merhin bedenklich, dass das Rechtsbuch von der Schenkung des Reichs an den heil. Olaf keine Notiz nimmt, die doch den König zum Lehns- manne des Landesheiligen, oder in Wahrheit seines eigenen Erzbischofes 'machte, also staatsrechtlich sicherlich von der höchsten Bedeutung war. Bedenklicher noch ist, dass die Urkunde umgekehrt auch der neuen Thronfolgeordnung keine Erwähnung thut, während doch der Einfluss, welchen diese der Praelatur auf die Besetzung des Thrones einräumt, diese als eines der wichtigsten Zugeständnisse an den Erzbischof er- scheinen lassen musste, wie denn auch wirklich um ein Jahrhundert später Erzb. Jon die ihm gebührende Stimme bei der Königswahl mit gleicher Entschiedenheit wie die Lehnsherrlichkeit über das Königthum und das Kronenopfer in Anspruch nimmt. Am Anstössigsten ist end- lich, dass dieses Kronenopfer zwar in der Urkunde und in der Novelle gleichmässig widerkehrt, dass dasselbe aber hier als eine einfache Seel- gabe, dort dagegen als ein Zeichen der Unterwerfung des Königthumes unter den Schutzheiligen der Metropolitankirche bezeichnet, also hier und dort in ganz verschiedener Weise gedeutet wird. Mit vollem Recht macht Paludan -Müller, um zunächst von diesem letzteren Punkte zu sprechen, darauf aufmerksam,1) welch' gewaltiger Unterschied zwischen dieser und jener Auffassung des Kronenopfers besteht; mit nicht min- derem Rechte macht aber andererseits auch wider Ebbe Hertzberg ihm

1) ang. 0., S. 273.

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selbst gegenüber geltend,1) wie es geradezu unmöglich sei anzunemen, dass dieses Opfer in einem früheren erzbischöflichen Entwürfe wirklich als ein Zeichen der Lehn barkeit der Krone gefordert, hinterher aber, nachdem jener Entwurf und mit ihm die ganze Unterwerfung des Reichs unter die Kirche von Erling zurückgewiesen worden war, dennoch in einem von K. Magnus sanctionirten Gesetze beibehalten, aber nur noch in der ganz anderen Bedeutung einer Seelgabe beibehalten worden sei. Es ist klar, dass Seitens des Königthumes das Kronenopfer, wenn es erst einmal vom Erzbisthume als ein Zeichen der Unterwerfung in Vor- schlag gebracht worden war, schlechterdings nicht mehr zugestanden werden konnte, soferne man nicht ebendamit diese Unterwerfung selbst zugestehen wollte; aber freilich wird dadurch Hertzberg's eigene Auf- fassung des Sachverhaltes um Nichts glaubhafter, nach welcher die in das Rechtsbuch eingerückte Novelle im Grunde auch eine Schenkung des Reichs an die Kirche enthalten hätte, nur dass man sich gescheut' habe, der Öffentlichkeit gegenüber die unverhüllte lehnrechtliche Ter- minologie zu gebrauchen. Meines Erachtens steht dieser letzteren An- name, und überhaupt der ganzen Auffassung unserer Urkunde als eines blosen vorläufigen Entwurfes , schon die einfache Thatsache im Wege, dass Erlingr unmöglich in demselben Zeitpunkte, in welchem er sich stark genug fühlte den ihm zugemutheten Auftrag des Reiches zu einem Lehen der Kirche zu verweigern , sich zugleich schwach genug zeigen konnte, die unbedingte Erblichkeit der königlichen Würde preiszugeben, und die Besetzung des Thrones ganz und gar vom Willen der Prselatur abhängig zu machen , während doch dieses für seine Dynastie wie für das Reich so schwerwiegende Zugeständniss ihm nicht einmal in dem erzbischöflichen Entwürfe angesonnen worden war. Ganz anders stellt sich dagegen die Sache, wenn wir annemen, dass nur der Inhalt der Novelle acht, der Königsbrief dagegen eine spätere Fälschung sei. Unter dieser Voraussetzung erklärt sich der Widerspruch zwischen beiden Do- cumenten sehr einfach aus den Umständen und Bedürfnissen, unter welchen und wegen welcher die Fälschung begangen wurde. Thatsächlich stand hiernach die Sache so, dass der junge König, sei es nun unmit-

1) ang. 0., S. 135, Änm.

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telbar nach seiner Krönung, oder doch in einem nur wenig späteren Zeitpunkte, gelobte, dass seine Krone nach seinem Tode zur Ehre Gottes und des heil. Olafs, dann zum Besten seiner Seele, in der Metropolitan- kirche geopfert, und dass das gleiche Opfer auch nach dem Tode jedes seiner Nachfolger daselbst dargebracht werden sollte. Das war lediglich ein Act christlicher Demuth , ganz desselben Schlages wie die von K. Knut dem Mächtigen erzählte Geschichte, nach welcher dieser seine eigene Krone einem Bildnisse des gekreuzigten Heilandes aufgesetzt, und seitdem niemals mehr eine solche getragen haben sollte; *) dass in unserem Falle das Gelübde nicht auf die eigene Person des Gelobenden beschränkt, sondern auch noch auf dessen Nachfolger erstreckt wurde, kann hieran Nichts ändern, und an einen Lehnsauftrag ist somit dabei in alle Weite nicht zu denken. Aber freilich, wie man die Kaiserkrönung Karls des Grossen kirchlicherseits seinerzeit dazu benützte, um die Kaiserwürde als eine vom Papst aus eigenem Rechte verliehene und darum auch von ihm abhängige hinzustellen, so konnte man ja auch in Norwegen sich beigehen lassen , den Krönungsact unter diesen Ge- sichtspunkt zu bringen, und wenn diess erst geschehen war, Hess sich ja wohl auch dem Kronenopfer hinterher eine andere Bedeutung unter- schieben, als welche es ursprünglich gehabt hatte. 'Der Umstand, dass K. Olaf zugleich als der Schöpfer und Urquell alles Rechts im Lande und als dessen erster Heiliger und Schutzpatron betrachtet wurde, während zugleich die Metropolitankirche. in Drontheim, in welcher die Krone zu opfern war, ihm geweiht war, musste sich einer solchen Um- wandlung der Auffassung dieses Opfers ohnehin günstig erweisen, und wenn das drönter Landrecht bei Blutvergiessen in dieser Kirche Buss- bezüge sich gegenüberstellt, welche ,,hinn helgi Olafr konüngr" und welche ,,jarölegr konüngr" zu beanspruchen haben soll,2) oder wenn eine norwegische Chronik, welche zwar selbst meines Erachtens erst der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts angehört, aber jedenfalls aus weit älteren Materialien geschöpft hat, den heil. Olaf kurzweg als „per-

1) So nach Heinrich von Huntingdon, histor. Arglorum, VI, S. 758 (Monumenta historica Britannica).

2) FrJ>L., II, §. 10.

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. IL Abth. 1 6

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petuus rex Norwegise" bezeichnet, J) so ist damit der Weg bereits deut- lich gezeigt, auf welchem dieselbe vorzuschreiten hatte. So begreift sich denn recht wohl, dass gelegentlich der Verhandlungen, welche in den Jahren 1273 und 1277 zum Abschlüsse des Concordates von Bergen, dann von Tünsberg führten, Erzb. Jon sich nicht nur auf die Thron- folgeordnung von 1164, sondern auch auf jene angebliche Schenkung des Reichs an den heil. Olaf und auf das Kronenopfer als auf ein äus- seres Zeichen dieser letzteren berufen konnte. Bezüglich der Thron- folgeordnung hatte er wirklich den Beschluss des Bergener Reichstages von 1 1 64 , und dessen Sanctionirung am Gula]>inge und Frostu]?inge, wenn nicht gar an allen 4 Lögdingen für sich anzuführen; bezüglich der Reichsschenkung und der zwischen ihr und dem Kronenopfer be- stehenden Verbindung dagegen stützte er sich im Grunde nur auf eine traditionelle Auslegung, welche die Kirche, ganz mit Unrecht, den Vor- gängen des Jahres 1164 gab, wenn er auch bezüglich beider Punkte auf ein Privileg des K. Magnus sich berief. Die Verschiedenheit der in dieser und in jener Beziehung vom Erzbischofe angezogenen Beweis- behelfe tritt in seinen Worten sehr deutlich hervor, soferne er für die Schenkung des Reichs und das ,,in signum perpetuse subjectionis" ge- lobte Kronenopfer auf das Privileg des K. Magnus , dagegen bezüglich der ihm bei der Königswahl zustehenden Rechte auf eine ,,constitutio antiqua patriae" Bezug nimmt; . nicht minder deutlich spricht sich die gleiche Duplicitset der Begründung aber auch in den Einwendungen aus , welche der König gegen das Vorbringen seines Erzbischofes zu machen hat. Der König stellt zunächst das Kronenopfer mit der Ver- wandlung des Reichs in ein Wahlreich zusammen, nicht mit dessen Schenkung an die Kirche, und er wendet in Bezug auf jene ersteren beiden Punkte nur ein, dass die Kirche niemals zu einem unangefochtenen Besitze beider Rechte gelangt sei; bezüglich der Unterwerfung des Reiches unter die Kirche dagegen setzt er den Ansprüchen des Erzbischofs einen kategorischen, nicht nur den Besitzstand, sondern auch den Rechtstitel selbst bestreitenden Widerspruch entgegen, indem er sich auf die selbst- ständige Begründung seines Königthums auf göttliche Einsetzung und

1) Breve Chronicon Noryegiae, S. 12.

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Erbrecht beruft. Die Existenz des Thronfolgegesetzes und die Anordnung des Kronenopfers in demselben wird also Seitens des Königs nicht be- stritten, sondern nur behauptet, dass dasselbe niemalen zu gehörigem Vollzuge gekommen sei; die angebliche Unterwerfung des Reiches unter die Kirche dagegen wird als in keiner Weise begründet, und lediglich auf fälschlichem Vorgeben beruhend zurückgewiesen. Durch diesen Widerspruch des Königs war der Erzbischof nun in eine üble Lage ge- bracht. Bezüglich der Wahlrechte freilich, die er für den Fall der Thronerledigung beanspruchte, genügte für die Begründung seiner An- sprüche die Bezugname auf die Thronfolgeordnung von 1164, wie sie sich in die neueren Recensionen der GfcL. und FrfcL. eingestellt fand, und war nach dieser Seite hin nur noch die Frage des Besitzstandes zu erörtern, mit welcher die Prüfung der Rechtsbeständigkeit der zu- gestandenermassen erlassenen Verfügung eng zusammenhieng; bezüglich der Reichsschenkung aber, und auch bezüglich des Kronenopfers, wenn man dieses nicht als eine blose Seelgabe, sondern als ein Symbol der Unterwerfung des Reichs unter die Kirche aufgefasst wissen wollte, musste er in ernsthafte Verlegenheit gerathen. Die Metropolitankirche besass ja mancherlei Privilegien; aber keines von ihnen enthielt, wie sich unten noch zeigen wird, eine Spur von den hier fraglichen An- sprüchen, und keines von ihnen konnte eine solche enthalten, weil diese Ansprüche in der That nicht auf ein schriftlich formulirtes Privileg gestützt, sondern nur auf die Auslegung begründet waren, welche die Kirche selbst gewissen wirklich ihr gemachten Zugeständnissen, und gewissen wirklich von ihr vorgenommenen Handlungen gab. Da mochte denn wohl im Drange der Noth zu der Fälschung eines Documentes gegriffen worden sein , als zu einem Auswege, welcher den Erzbischof in den Stand setzte die ihm abverlangten Beweisbehelfe sofort vorzu- legen, und von hier aus erklärt sich denn auch das eigenthümliche Zu- sammentreffen des Ortes und der Zeit der Ausstellung des angeblichen Transsumptes. Der 23. Maerz 1276 fällt in die schwüle Zeit, welche zwischen der nur bedingten Bestätigung des Bergener Vergleiches durch P. Gregor X. (26. Juli 1274) und dem Abschlüsse des Tünsberger Con- cordates (9. August 1277) in Mitte liegt, und in welcher somit der Erzbischof seine letzten Anstrengungen zu machen hatte um soviel als

16*

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möglich von seinen Ansprüchen durchzusetzen ; „in vestiario ecclesise Nidrosiensis" musste andererseits das angebliche Transsumpt ausgestellt werden, wenn ihm in Wirklichkeit keine ächte Urkunde zu Grunde lag, wogegen man doch wohl von einem königlichen Beamten , oder doch von einer aus königlichen und erzbischöflichen Bediensteten gemischten Commission, und somit auch an einem anderen Orte dasselbe hätte nemen lassen, wenn man wirklich ein unverdächtiges Original vorzulegen im Stande gewesen wäre.

Eine Untersuchung des übrigen Inhaltes der hier fraglichen Urkunde dürfte die Ergebnisse der bisherigen Erörterung sehr ent- schieden bestätigen. An erster Stelle wird unter den weiteren Privi- legien der Metropolitankirche das Recht erwähnt, den Zoll eines Schiffes zu beziehen, und überdiess alljährlich 30 Last Mehl nach Island auszuführen , soferne nicht etwa wegen Miswachses im eigenen Lande solche Ausfuhr unthunlich erscheinen sollte. Beide Rechte wer- den bereits in dem Schutzbriefe erwähnt, welchen P. Cölestin III. im Jahre 1194 dem erzbischöflichen Stuhle ausstellte,1) und zwar hier mit der näheren Erläuterung, dass diese Mehlausfuhr den Eintausch wollener Stoffe für die Bekleidung der Dienerschaft des Metropoliten ermöglichen sollte, welche Stoffe damals bereits einen hervorragenden Ausfuhrartikel Islands bildeten, und dass der Bezug des Zolles sich auf je ein von Is- land kommendes Schiff beziehe; die „landaurar" also, welche von allen von Island aus nach Norwegen gehenden Schiffen von Alters her hier zu Gunsten der königlichen Casse erhoben zu werden pflegten, sollten, soweit sie von je einem Schiffe jährlich zu entrichten waren , an den Erzbischof statt an den König bezahlt werden. Allerdings fällt auf, dass im Jahre 1276, in welches nach der obigen Vermuthung die Fälschung unserer Urkunde zu setzen wäre, noch von diesen landaurar gesprochen werden sollte, während doch der König bereits in dem im Jahre 1262 abgeschlossenen Vertrage, mittelst dessen Island sich seiner Herrschaft unterwarf, auf deren Bezug Verzicht geleistet hatte;2) in- dessen steht doch fest, dass jener Zollbezug des Erzbischofes diesem

1) vgl. oben, S. 79, Anm. 5.

2) Diplom, island.. I, S. 620.

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sowohl durch den Bergener als durch den Tünsberger Vergleich wirk- lich bestätigt wurde, und kann demnach auch dessen Aufname in unsere Urkunde nicht als ein Beweis höheren Alters derselben betrachtet werden. Im Bergener Concordate (nicht im Tünsberger) wird bei Bestätigung des Zollbezuges die Bemerkung beigefügt: ,,quia hoc in littera sua con- tinetur", welche vielleicht gerade dadurch veranlasst wurde, dass man sich bewusst war, wie dieses Privileg mit dem dermaligen Rechtszustande nicht mehr im Einklänge stehe, während man dasselbe, weil einmal urkundlich nachweisbar, doch von der Bestätigung nicht ausschliessen mochte, wobei übrigens vorläufig noch dahinstehen mag, von wem die in Bezug genommene Urkunde ausgestellt war. Um so entschiedener muss aber darauf Gewicht gelegt werden, dass nicht nur die völlig ungenügenden , und erst durch die Vergleichung des Schutzbriefes von 1194 oder der Concordate von 1273 und 1277 verständlich werdenden Worte ,,unius navis vectigalia" auf eine sehr ungeschickte Benützung eines älteren ächten Privileges deuten, sondern auch noch ein weiterer Umstand nach der gleichen Richtung hinweist. Am Schlüsse der auf die Mehlausfuhr bezüglichen Bestimmung hat nämlich der Bergener Ver- gleich die Worte: ,,propter hoc in aliis rebus portandis ipso archiepis- copo licentia non negata", und im Tünsberger Vergleiche steht dieselbe Bemerkung nur mit wenig abweichenden Worten; in unserer Urkunde entsprechen derselben augenscheinlich die für sich allein betrachtet ganz unverständlichen Worte: „nee ab aliis eadem penitus exeludatur licencia", wogegen der päpstliche Schutzbrief von 1194 gar keine derartige Clausel enthält. Da besteht nun allerdings die Möglichkeit, dass diese in einem älteren, ächten Privilege wirklich gestanden, und aus diesem in verstüm- melter Gestalt in unsere Urkunde, und in unverstümmelter in die beiden Concordate übergegangen sein könnte, wogegen der päpstliche Schutz- brief dieselbe als wenig bedeutsam weggelassen hätte; viel wahrschein- licher dürfte aber doch sein, dass der Zusatz erst im Bergener Vergleich gemacht wurde, um ein dem Erzbischofe ungünstiges argumentum a contrario abzuschneiden, welches königliche Beamte sich etwa hin und wider erlaubt haben mochten, und dass somit in Bezug auf ihn dieses Concordat die Quelle unserer Urkunde war ! In zweiter Linie folgen sodann einige Bestimmungen, welche sich auf den Schutz der nach

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Drontheim reisenden Pilger, sowie auf die Bestrafung derjenigen beziehen, welche sich an solchen vergreifen. Auch sie finden in dem päpstlichen Schutzbriefe sowohl als in den beiden Concordaten ihr Gegenstück; dabei ist zwar die Wortfassung da und dort eine etwas verschiedene, jedoch keine Abweichung zu bemerken, auf welche sich irgendwelche Schlüsse bauen Hessen. Drittens wird der Metropolitankirche jener höhere Rechtsschutz gegen Blutvergiessen zugesichert, welcher ihr bereits durch die bestehende Gesetzgebung eingeräumt sei. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass damit auf eine Stelle unserer FrfcL. hingewiesen wird, von welcher man mit Bestimmtheit anzunemen hat, dass sie der Magnüs'schen Redaction dieses Rechtsbuches angehörte;1) da diese Re- daction das Thronfolgegesetz und die strafrechtliche Novelle von 1164 bereits enthielt, und somit jedenfalls erst um einige Zeit nach dem Bergener Reichstage dieses Jahres zu Stande gekommen sein kann, konnte selbstverständlich eine unmittelbar nach der Krönung des jungen Königs ausgestellte Urkunde jene Zusicherung unmöglich in der Gestalt enthalten haben , in welcher sie unser Königsbrief zeigt. Andererseits ist aber auch beachtenswerth, dass nicht nur der päpstliche Schutzbrief, sondern auch die beiden Concordate des 13. Jahrhunderts von einer derartigen Vorschrift Nichts enthalten. Ihre Ignorirung in dem Schutz- briefe von 1194 erklärt sich nun freilich sehr einfach daraus, dass die- selbe in die Magnus' sehe Recension der FrJ>L. Aufname gefunden hatte, und somit ebensowenig wie die, gleichfalls in diese eingestellte, Thron- folgeordnung von 1164 als ein bloses Privileg des erzbischöflichen Stuhles behandelt werden konnte; ihre Nichtberücksichtigung in den beiden Concordaten aber lässt sich nicht minder ungezwungen darauf zurückführen, dass sie inzwischen in das erzbischöfliche Christenrecht eingereiht worden war,2) und dass bei dem Abschlüsse beider Concor- date die Meinung die gewesen war, dass dieses Christenrecht gleichzeitig die königliche Anerkennung finden sollte. Auffällig könnte hiernach allerdings erscheinen , dass der Erzbischof sich veranlasst sah , in die

1) Fr5L., II, §. 10; vgl. meine Abhandlung über „die Entstehungszeit der älteren Frostufings- lög", S. 52—53.

2) Jons KrR., §. 13.

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gefälschte Urkunde den Punkt einstellen zu lassen; alleinn auch hiefür fehlt es nicht an einer Erklärung. Man wird sich daran erinnern dürfen, dass weder das gemeine Landrecht noch das gemeine Stadtrecht des K. Magnus lagabcetir die betreffende Vorschrift aus dem älteren Rechte herübergenommen hat, obwohl beide von den an befriedeten Orten be- gangenen Rechtsverletzungen handeln; *) berücksichtigt man zugleich, dass das gemeine Landrecht am 24. Juni des Jahres 1274 am Frostu- fcinge, und das gemeine Stadtrecht am 22. Januar des Jahres 1276 in der Stadt Bergen, und somit doch wohl ungefähr um dieselbe Zeit auch für die Stadt Niöaros gesetzliche Kraft erlangte, so ist klar, dass um die Zeit, auf welche das Datum unseres Transsumptes weist, die Nicht- berücksichtigung der betreffenden Vorschrift in den beiden weltlichen Gesetzbüchern bereits fest stand, dagegen noch unsicher erscheinen mochte, ob das erzbischöfliche Christenrecht, in welches dieselbe aller- dings eingestellt war, auch die Anerkennung der weltlichen Gewalt er- langen werde. Gerade in dieser Zwischenzeit, aber auch nur in ihr, konnte somit der Erzbischof ein Interesse daran haben, den Punkt in einem Privilegienbriefe seiner Kirche zur Sprache gebracht zu sehen. Viertens verspricht der König, von allen seinen Gütern und Besitzungen den vollen Zehnt entrichten zu lassen , und auch seine Dienstleute zur getreulichen Verzehntung ihres Diensteinkommens anhalten zu wollen. Vergleicht man nun mit dieser Bestimmung die Vorschriften einerseits des Schutzbriefes von 1194 und andererseits der Concordate von 1273 und 1277, so ergiebt sich, dass in ihnen allen nur die erste Hälfte derselben berücksichtigt ist, nämlich diejenige, welche sich auf die Ent- richtung des Zehnts von den Besitzungen des Königs bezieht, wogegen deren andere, auf die Verzehntung des Diensteinkommens der könig- lichen Dienstleute bezügliche Hälfte in allen 3 Documenten ganz gleich - massig fehlt. Wir wissen überdiess, dass das Versprechen, von seinen eigenen Gütern den Zehnt geben zu wollen, bereits von K. Sigurö Jörsalafari gegeben und gehalten wurde,2) sodass dieser Theil der Be-

1) Landslög, Mannhelgi, §. 18; BjarkR., §. 19.

2) Heimskr. Sigurfrar s. Jorsalafara, cap. 11 und 24, S. 667 und 680; FMS., VII, cap. 10 und 22, S. 91 und 110; Agrip, cap. 47, S. 416.

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Stimmung weit über K. Magnus Erlingsson's Zeit hinausreicht, und so- mit in einem von ihm ausgestellten Privilege recht wohl bestätigt, wenn auch nicht neu eingeführt werden konnte; wir wissen aber auch nicht minder bestimmt , dass die Verzehntung des Diensteinkommens der königlichen Dienstleute ,,forn sicjr ok heit Birkibeina" war,1) d. h. auf einem Gelübde der Birkenbeine beruhte, einer politischen Parthei also, welche erst im Jahre 1174 sich bildete, und welche somit zu der Zeit noch gar nicht vorhanden war, in welcher K. Magnus Erlingsson ge- krönt, und unser Königsbrief angeblich ausgefertigt wurde. Da nun als feststehende Thatsache gelten kann, dass das Dienstmannenrecht des K. Magnus lagabcetir, welchem wir die letztere Nachricht verdanken, in den Jahren 1274 77 entstand, und da dieses Dienstmannenrecht die Zehntpflicht der königlichen Dienstleute anerkennt, erklärt sich leicht, warum die Concordate über diese Nichts enthalten , indem ja der Erz- bischof bei der Einrückung der bezüglichen Vorschrift in das neue Dienstmannenrecht sich beruhigen , und diese andererseits auch schon in dem älteren Dienstmannenrechte , der mehrfach angeführten forn hiröskrä, vorgesehen gewesen sein mochte; in dem päpstlichen Schutz- briefe aber konnte von derselben noch nicht die Rede sein, weil dieselbe zur Zeit seiner Ausfertigung entweder noch gar nicht in Geltung, oder aber doch nur auf Grund eines Gelübdes einer der Kirche feindlich gegenüberstehenden Parthei in Geltung, und somit sicherlich nicht in einem dem erzbischöflichen Stuhle ausgestellten Privilegienbriefe ent- halten gewesen war. Es hat übrigens sein Interesse , die Vorschriften des Dienstmannenrechtes über diesen Punkt mit dem bezüglichen Inhalte unserer Urkunde noch etwas genauer zu vergleichen. Es heisst aber dort (§. 21), nachdem bemerkt worden war, dass die beiden Hofcapläne (hiröprestar) des Königs „af handgegnum monnum l>an triöiung tiundar sem aör er forn vane a" nemen , und unter sich zu gleichen Hälften theilen sollen, weiter: ,,En l>at er forn siör oc hseit Birkibseina at gera tiund af mala sinum bseöe hirömanna oc gesta oc scipta i l>riöiunga . taka sein aller biskupar aller iafnt oc oölaz konongs men J>ar i staöen groft i tseim stoöum sem forn er uandi a . annan taka prestar firir sina

1) Hird-skrä, §. 21, vgl. §. 38.

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syslu . priöia tsekr spitallen a Uarnu", und sodann später (§. 38): „tat er forn baeit Birkibeina at gera uael oc fullulega tiund af ollu herfange en engu af lceyna". Es wird also hier allen königlichen Dienstleuten, welcher Stufe der Gefolgschaft sie auch angehören mögen , zur Ver- pflichtung gemacht, sowohl von ihrem Solde als von ihrer Kriegsbeute den Zehnt zu geben. Dieser Zehnt soll jedoch anstatt der sonst üb- lichen Viertheilung nur in 3 Theile gehen, von welchen die sämmtlichen Bischöfe des Reiches den einen bekommen, um ihn unter sich gleich zu theilen, die beiden Hofcapläne den zweiten, endlich das Johanniter- Hospital zu Varna den dritten.1) Dabei wird bemerkt, dass die Bischöfe als Gegenleistung für ihren Bezug den verstorbenen Dienstleuten eine Grabstätte zu gewähren haben, und dass die Hofcapläne als Entgeld für den ihrigen die priesterlichen Functionen für die Dienstmannschaft ver- richten sollen; von dem Spitale zu Vserne aber können wir anderweitig nachweisen, dass es als Versorgungsanstalt für arme und dienstunfähig werdende Dienstleute des Königs gebraucht wurde, sodass auch bei ihm der Bezug sich befriedigend erklärt. Diese Art der Vertheilung und Verwendung des Dienstmannenzehnts wird dabei ebensogut wie die Ver- pflichtung zu dessen Entrichtung selbst als altes Herkommen bezeichnet. In unserer Urkunde dagegen lautet die Vorschrift: „Curiales quoque stipendiales, in quo episcopatu certa (lies : circa) natale conuersati fuerint . de suis stipendiis episcopo ibidem constituto decimabunt. Quorum de- cime communiter per episcopos distribuentur. Si vero ipsi vocati fuerint dum stipendialiter regis adherent curie . in episcopali ecclesia debita erit eis sepultura". Die Urkunde also nennt nur den Zehnt vom Solde, nicht auch den von der Kriegsbeute, was vielleicht auf ein gewisses Anstandsgefühl des Erzbischofes, vielleicht aber auch nur darauf zurück- zuführen sein mag, dass bei einer flüchtigen Benützung des, sei es nun älteren oder neueren, Dienstmannenrechtes die etwas versteckte Bestim- mung über den Beutezehnt leicht übersehen werden konnte. Sie ent- hält andererseits eine Bestimmung über den Ort, an welchem der Zehnt entrichtet werden sollte, welche im Dienstmannenrechte fehlt, aber der Praxis entnommen sein mochte, und welche jedenfalls den geltenden

1) Vgl. über dieses Lange, de norske Klostres Historie, S. 461—72 (ed. 2).

Abh. d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. IL Abth. 17

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Rechtsgrundsätzen vollkommen entsprach, da man auch sonst den Auf- enthalt eines Mannes um die Weihnachtszeit zur Bestimmung seines Domiciles zu benützen pflegte. *) Sie enthält ferner die Bestimmung über die den Bischöfen obliegende Gegenleistung dem Sinne nach ganz in derselben Weise wie unsere Hir5skrä, giebt ihr indessen eine ungleich deutlichere Wortfassung. Sie verfügt aber endlich über den Zehnt in ganz anderer, und den Bischöfen weit günstigerer Weise als diese, in- dem sie denselben seinem vollen Betrage nach unter die Bischöfe ver- theilen lässt, während das Dienstmannenrecht diesen unter Berufung auf das alte Herkommen nur ein Drittel dieses Betrages zusprach. Insoweit enthält demnach unsere Urkunde einen gänzlich unmotivirten , lediglich aus der Habsucht des Episkopates hervorgegangenen Versuch, das alt- hergebrachte Recht zu verändern , welcher Versuch jedoch , wie das neuere Dienstmannenrecht im Zusammenhalte mit dem Schweigen der beiden Concordate über den Punkt zeigt , an dem Widerstände des Königs scheiterte. Zum Schlüsse endlich werden dem Erzbischofe noch bestätigt die ,,dignitates et priuilegia . huic ecclesie propter ho- norem pallii concessa et legibus confirmata . scilicet de augmento equo- rum . et de farina ducenda . 30 lest . et de hereditate aduenarum cleri- corum . et preter hoc de eleccionibus faciendis et ecclesiis disponendis . in quibus olim regius consensus abolitus est et abiuratus . scilicet (quod, fehlt in der Hs.) regibus inrequisitis et episcopatus darentur et ecclesie . et reliqua tunc concessa". Nicht um neue Zugeständnisse handelt es sich insoweit, sondern nur um eine Bestätigung älterer Rechte des erz- bischöflichen Stuhles, und zwar um die Bestätigung zweier scharf ge- schiedener Kategorien von Rechten. Eine erste Classe von Rechten wird nämlich dahin charakterisirt, dass dieselbe dem erzbischöflichen Stuhle zugestanden worden sei um der Ehre des Palliums willen, d. h. aus Anlass der Erhöhung des früheren bischöflichen Stuhles zu Niöarös zu einem erzbischöflichen, und werden dahin gezählt die Vermehrung der Pferde, die Verschiffung von 30 Last Mehl, und die Erlschaft aller fremden Kleriker ; von diesen Rechten wird zugleich gesagt, dass dieselben nicht nur auf königlicher Bewilligung beruhten, sondern auch gesetzliche

1) vgl. (HL., §. 35 und 46.

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Bestätigung erlangt hätten, Eine zweite Classe von Rechten, bezüglich deren von keiner gesetzlichen Bestätigung die Rede ist, bildet dagegen die freie Bischofswahl und der freie Kirchensatz , unter Beseitigung des früher hergebrachten dem Könige zustehenden Einflusses auf die Besetzung der Bisthürner und Pfarreien , sowie alle die übrigen Rechte , welche gleichzeitig der Kirche zugestanden worden waren. Nun wissen wir, dass der Verzicht auf die Ernennung der Bischöfe und auf die könig- lichen Patronatsrechte, nach der kirchlichen Auffassung der betreifenden Acte wenigstens, bereits im Jahre 1152 von den Königen Ingi, Sigurö und Eysteinn abgelegt worden sein sollte,1) und es müssen demnach auch die übrigen, nicht des Näheren bezeichneten, „tunc" gemachten Zugeständnisse auf sie bezogen werden. Da andererseits die ,,propter honorem pallii" gemachten Verwilligungen dieser Classe von Rechten ausdrücklich gegenübergestellt werden , dürfen sie natürlich nicht auf dieselbe Zeit zurückgeführt werden, obwohl die angeführten Worte aller- dings ganz wohl auf den Zeitpunkt bezogen werden könnten, in welchem das Erzbisthum errichtet wurde ; man wird sich vielmehr daran zu erinnern haben, dass Erzb. Eysteinn, als er seine Bauern zur Erhöhung der an die Kirche zu zahlenden Bussgelder zu bestimmen suchte, zur Unterstützung dieses seines Begehrens geltend gemacht hatte, „hversü mikla uppreist staöarinn ]?urfti at hafa, ef hann skyldi t>a vera ^eim mun scemiligar haldinn en äör, sem hann var J>ä tignari en ä5r, er £ar var erkibiskupsstöll settr",2) und es stimmt hiezu ganz gut, dass von dieser Classe von Rechten gesagt wird, sie seien „legibus confirmata", also mit Zustimmung der Landsgemeinde verwilligt worden. Doch stos- sen wir auch in Bezug auf sie wider auf einen Anstand. Darauf zwar dürfte wenig Werth zu legen sein, dass die Geschichtsquellen zunächst

1) Siehe oben, S. 71— 72. Daraus, dass nach der |>orläks bps s., cap. 11, S. 100, Erzb. Eysteinn im Jahre 1177—78 Anstand nam, den für Skälholt gewählten porläk ohne Zustimmung Erh'ngs und des K. Magnus zu weihen, glaube ich, von Munch, III, S. 245 6, und Sars, II, S. 103 bis 4, abweichend, nicht schliessen zu können, dass ein bindendes Zugeständniss in dieser Be- ziehung nicht gemacht worden war. Auf Island konnte sich ein solches von Vornherein nicht bezogen haben; umgekehrt aber mochte der Erzbischof, da völkerrechtliche Zerwürfnisse mit Is- land vorlagen, trotz eines für Norwegen ihm zugestandenen Eechtes Bedenken tragen, wider der regierenden Herren Willen einen Bischof für Island zu weihen.

2) Heimskringla, Magnüss s. Erlingssonar, cap. 16, S. 792.

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nur von der Erhöhung der Geldbussen als von einer damals vom Erz- bischofe durchgesetzten Massregel sprechen , während gerade von ihr unsere Urkunde nicht spricht. Die Nichtherabsetzung der kirchlichen Geldbussen, war allerdings sowohl in dem päpstlichen Schutzbriefe von 1194 wie in den Concordaten von 1273 und 1277 ausdrücklich vor- gesehen; aber es mag ja sein, dass gerade sie, die ohnehin schon ge- setzlich vorgesehen war,1) bei den Concordatsverhandlungen auf keinen heftigen Widerstand stiess , und dass es darum dem Fälscher nicht nöthig schien, ihrer in seinem Machwerke zu gedenken, und könnte überdiess sein, dass ihre Nichtberücksichtigung in diesem mit einer Veränderung zusammenhieng, welche der Erzbischof selbst inzwischen in Bezug auf die kirchlichen Geldbussen durchgeführt hatte. Ich habe bereits bei einer anderen Gelegenheit darauf aufmerksam gemacht, 2) dass manche Hss. des erzbischöflichen Christenrechtes den Betrag der Geldbussen noch in der gleichen Höhe wie die alten FrfcL. geben, während andere dieselben auf die Hälfte heruntergesetzt zeigen, und. dass diese Abweichung mit der Thatsache zusammenzuhängen scheint, dass dieses Christenrecht im Winter 1272 73 zuerst ausgearbeitet, später aber nochmals revidirt, und nur in dieser revidirten Gestalt ge- legentlich des Tünsberger Vergleiches vom Könige anerkannt wurde; war nun in den Jahren 1273 77 durch den Erzbischof selbst diese Herabsetzung der Bussen erfolgt, und damit die unter seinem Vorgänger Eysteinn durchgesetzte Erhöhung derselben wider fallen gelassen worden, so konnte es selbstverständlich bei einer im Jahre 1276 in seinem Dienste begangenen Fälschung kein Interesse mehr haben, deren früheren Betrag in dem gefälschten Documente sich zusichern zu lassen , wenn man auch im Tünsberger Concordate die hierauf bezügliche Clausel, weil sie einmal im Bergener Concordate gestanden hatte, noch beibehielt. Andererseits aber zeigt sich gelegentlich des Streites, welchen K. Sverrir im Jahre 1190 mit Erzb. Eirik hatte, dass unter Erzb. Eysteinn gleich- zeitig mit der Erhöhung seiner Geldbussen auch noch in anderen Punkten eine Veränderung des älteren Rechtes zu seinen Gunsten erfolgt sein

1) FrJ-L., III, §. 2.

2) Stadien über das sogenannte Christenrecht König Sverrirs, S. 58—59 und S. 62 65.

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musste, und einer der dabei in Betracht kommenden Punkte gehört sichtlich hieher. Gestützt auf das ältere Landrecht Drontheims be- hauptete nämlich K. Sverrir damals , dass der Erzbischof bei seinen Amtsreisen nicht mehr als 30 Begleiter bei sich zu haben befugt sei, wogegen dieser letztere unter Berufung auf die Gullfjööur, welche sein Vorgänger Eysteinn hatte schreiben lassen, von jeder derartigen Be- schränkung frei zu sein beanspruchte.1) Berücksichtigt man nun, dass die uns vorliegende Redaction der Fr^L. dem Erzbischofe wirklich das Hecht einräumt, von den Bauern gelegentlich seiner Rundreisen die Stellung jedes Pferdes zu fordern , auf welches jemals Sattel oder Ge- schirr gelegt worden war, 2) während die übrigen Provincialrechte dem Bischöfe selbst für seine wichtigsten Reisen nur 30 Männer , oder 30 Männer mit ebensovielen Pferden verwilligen,3) so ist klar, dass die Er^L. bis auf Erzb. Eystein's Zeit mit den übrigen Provincialrechten sich gleich verhalten haben müssen und erst unter ihm in Würdigung des Vorzuges, welcher dem Erzbischofe vor seinen Suffraganen gebührte, die eben bezeichnete iEnderung erfahren haben können; klar ist aber auch, dass das „augmentum equorum", von welchem unsere Urkunde spricht, gerade auf diese Neuerung zu beziehen ist. Nur insoferne könnte demnach die Erwähnung dieses Punktes in der Urkunde etwa auffallen, als derselbe weder in dem Schutzbriefe von 1194 noch in den beiden Concordaten berührt wird ; aber doch ist klar, dass die in den letzteren 3 Documenten ganz gleichmässig ertheilte Zusicherung, das geltende Landrecht überhaupt nicht ohne Zustimmung des Episko- pates zum Nachtheil der Kirche ändern zu wollen , jede Erwähnung irgendwelcher, im Landrechte bereits eingerückter Rechte der Kirche überflüssig machte, während für den Verfasser unserer Urkunde, welcher jene viel weiter reichende Zusicherung in diese nicht aufgenommen hatte, die Sache in der That anders stand. Bedenklicher ist dagegen, dass das Recht der Mehlausfuhr nach Island, dann der Anspruch auf

1) Sverris s., cap. 117, S. 277—78.

2) FrJL., II, §. 44.

3) G)>L., §. 11, 14 und 33; BX>L., I, §.10, II, §. 19, und III, §. 14; El»L., I, §.34 und 40. Die in BJ>L., II, §.27, und III, §.24, angehängte abweichende Vorschrift ist den Frt>L. entnommen und ohne Werth.

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den Nachlass fremder Kleriker unter den „in honorem pallii" gemachten, und sofort durch einen Act der Gesetzgebung anerkannten Zugeständ- nissen genannt werden , während doch unsere Geschichtsquellen von beiden keinerlei Erwähnung thun, und auch unsere Fr^L. weder an der Stelle , welche von den Ausfuhrverboten , J) noch an der anderen, welche von der Beerbung der Ausländer handelt,2) eine Spur derartiger Vorrechte des Erzbischofes zeigen. Bezüglich des Nachlasses der Fremden kommt noch hinzu, dass das angebliche Recht des Erzbischofes auf den- selben weder im päpstlichen Schutzbriefe von 1194, noch in den Con- cordaten von 1273 und 1277 erwähnt wird; bezüglich der Mehlausfuhr dagegen, welche hier wie dort besprochen wird, ist der andere Umstand anstössig, dass sie in unserer Urkunde bereits an einer früheren Stelle aufgeführt wurde; bezüglich beider Ansprüche endlich ist ganz gleich- massig zu sagen, dass sie zwar recht wohl in einem königlichen Privi- legienbriefe stehen, aber kaum jemals zum Gegenstande einer gesetz- lichen Vorschrift gemacht werden konnten, da es sich bei beiden nur um einen Verzicht des Königs auf ihm zustehende Rechte handelte, mit welchem die Gesetzgebung Nichts zu thun hatte. Man wird kaum um- hin können hier an eine Nachlässigkeit des Fälschers zu denken , der übersah, wie wenig die beiden dem „augmentum equorum" beigefügten Ansprüche in dieselbe Kategorie mit diesem passten , und überdiess vergass, dass er die Mehlausfuhr schon vorher weitläufiger besprochen hatte; vielleicht ist aber zugleich auch die Absicht bei ihm mit im Spiele, die Rechte des erzbischöflichen Stuhles um ein weiteres zu ver- mehren, und auf diese die Erwähnung des sonst nirgends genannten Anspruches auf den Nachlass der fremden Kleriker zurückzuführen. Zum Schlüsse mag noch auf ein Bedenken eingegangen werden, welches sich von einer bisher noch nicht besprochenen Seite her gegen die An- name erheben Hesse, dass in unserer Urkunde lediglich eine Fälschung zu erblicken sei. Eine Vergleichung dieser Urkunde mit dem mehr- erwähnten päpstlichen Schutzbriefe von 1194 nicht nur, sondern auch mit den Concordaten von 1273 und 1277 zeigt nämlich auf den ersten

1) FrJ>L., VII, §. 27.

2) ebenda, IX, §. 3, 5 und 6.

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Blick, dass in jener ersteren eine Keine, und zwar z. Th. sehr erheb- licher Rechte unberücksichtigt geblieben ist, welche doch diese letzteren übereinstimmend erwähnen, und deren Einstellung durch einen Fälscher somit allerdings zu erwarten gewesen wäre. Schon die Freiheit der Bischofswahlen und des Kirchensatzes wird in unserer Urkunde nur ganz kurz an ihrem Schlüsse erwähnt, während sie in jenen anderen Docu- menten ungleich weitläufiger und genauer besprochen wird , wie denn zumal der Kirchensatz in den königlichen Capellen von diesen aus- drücklich erwähnt wird, während von demselben dort mit keiner Sylbe die Rede ist ; ausserdem wird aber auch die so wichtige geistliche Ge- richtsbarkeit , die Befreiung des Klerus und der Dienstleute des erz- bischöflichen Stuhles von der Heerlast, das Versprechen des Königs jeder legislativen Neuerung zum Nachtheile der Kirche sich enthalten zu wollen, endlich das Recht des Erzbischofes Falken zu kaufen, in unserer Ur- kunde unerwähnt gelassen. Gegenüber der Voraussetzung, dass diese Urkunde eigens angefertigt worden sei, um bei den Vergleichsverhand- lungen gebraucht zu werden, mögen diese Auslassungen allerdings auf- fallen; indessen lässt sich doch wohl auch dieser Anstoss beseitigen. Auf ein bloses Uebersehen des Fälschers wird man sich allerdings nicht berufen dürfen; wenn nämlich zwar der Umstand, dass man beim Ab- schlüsse des Bergener Vergleiches vergass die Befreiung des Klerus vom persönlichen Heerdienste in das Vergleichsinstrument einzurücken, und sich darum genöthigt sah dieselbe erst in dem Begleitschreiben nachzutragen , mit welchem dieses an den Papst eingeschickt wurde , ') deutlich genug zeigt, welch' unbegreiflicher Nachlässigkeit man sich sogar bei der Ausfertigung der wichtigsten ächten Documente schuldig machen konnte , so sind doch in unserem Fälle die Auslassungen zu zahlreich und zu grossen Umfanges, als dass dieselben sich lediglich auf diesen Grund zurückführen Hessen. Dagegen wissen wir, dass man wirklich Urkunden besass, welche über die Zugeständnisse Aufschluss gaben, die zu verschiedenen Zeiten der norwegischen Kirche gemacht worden waren. So wird in der schon mehrfach erwähnten Verordnung K. Häkon Sverrisson's vom Jahre 1202 als Zeugniss über den Inhalt

1) Diplom, norveg., I, nr. 64, b, S. 57.

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der im Jahre 1152 der Kirche ertheilten Privilegien eine Urkunde des K. Eysteinn Haraldsson in Bezug genommen, und zugleich auf Bestätig- ungen derselben verwiesen, die K. Magnus Erlingsson und K. Sverrir ausgestellt hätten.1) Wenn ferner Abt Wilhelm von Ebelholt hinsichtlich des Verzichtes auf ihren Einfluss auf die Bischofswahl, welchen gewisse Vorgänger K. Sverrirs abgelegt haben sollten, sich auf Documente der Metropolitankirche bezieht, welche von diesen Königen unterschrieben und von den Päpsten Hadrian und Clemens bestätigt worden seien , 2) so ist unter den ersteren vielleicht dieselbe , vielleicht aber auch die eine oder andere weitere , gleichzeitig ausgefertigte Urkunde gemeint. Widerum erwähnt der Schutzbrief von 1194 nicht nur im Allgemeinen die ,,libertates et immunitates, quas de concessionibus regum et precipue regis Magni Norwagiensis ecclesia obtinuisse dinoscitur", sondern bezieht sich auch insbesondere hinsichtlich des Kirchensatzes auf die „renuncia- cionem quam de iure patronatus per publica instrumenta et per priui- legia sua constat eosdem reges fecisse", und lässt die Exemption der Bediensteten der Metropolitankirche von der Heerlast „iuxta regie pie- tatis priuilegia" bestehen.3) Bezüglich des von einem Islandsfahrer zu beziehenden Zolles beruft sich das Bergener Vergleichsinstrument selbst auf eine vom Erzbischofe vorgelegte Urkunde,4) u. dgl. m. Wir werden kaum fehl gehen, wenn wir annemen, dass ganz wie es in anderen än- lichen Fällen, z.B. im Jahre 1247 hinsichtlich der von Cardinal Wilhelm, oder im Jahre 1277 hinsichtlich der gelegentlich des Tünsberger Ver- gleiches ausgestellten Urkunden zu geschehen pflegte, so auch in den Jahren 1152 und 1164 nicht etwa alle gemachten Zugeständnisse und getroffenen Abreden in einer einzigen Urkunde vereinigt, sondern viel- mehr eine Reihe von Urkunden gleichzeitig ausgestellt wurde , deren jede eben nur einzelne Verwilligungen und Verabredungen umfasste, während andere wider anderen Documenten überlassen blieben. Unter dieser Voraussetzung begreift sich aber leicht, dass der Fälscher unserer

1) ebenda, VIII, nr. 5, S. 7—8.

2) ebenda, VI, nr. 3, S. 5.

3) ebenda, II, nr. 3, S. 2 und 3.

4) ebenda, I, nr. 64, a, S. 55.

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Urkunde zwar, um diese glaubwürdig erscheinen zu lassen , neben den Angaben, um die es ihm eigentlich alleinn zu thun war, auch noch einer unzweifelhaft ächten Zuthat bedurfte, welche er aus den ihm zur Ver- fügung stehenden authentischen Urkunden im erzbischöflichen Archive leicht entnemen konnte, dass er aber dabei, weil ja neben der gefälschten Urkunde auch noch die ächten producirt werden konnten, keinen Grund hatte, in jene erstere den gesammten Inhalt dieser letzteren herüber- zunemen. Bei derselben Gelegenheit konnte es dann auch geschehen, dass derselbe, wie diess oben bezüglich des Rechtes auf die Mehlausfuhr bereits bemerkt wurde, ein und dasselbe Privileg zuerst auf Grund einer Urkunde einstellte, mittelst deren dasselbe dem erzbischöflichen Stuhle neu verliehen worden war, und dann hinterher nochmals auf Grund einer anderen, welche dasselbe diesem nur bestätigt hatte!

Spricht hiernach der Inhalt unserer Urkunde in seinen beiden Hälften sehr bestimmt für die Anname einer Fälschung, so wird diese Anname durch eine Prüfung ihrer Form vollends bestärkt. Schon Paludan- Müller hat auf die höchst übereilte und oberflächliche Art auf- merksam gemacht, in welcher dieselbe concipirt ist. 2) Dieselbe zeigt einen Mangel an grammatischer sowohl als stylistischer Correctheit, welchen man doch nicht ausschliesslich auf die Rechnung späterer Co- pisten wird setzen dürfen, und zwar kann man es zumal nicht auf diese zurückführen, wenn an Stellen, welche den König redend ein- führen, wiederholt in wunderlichster Weise aus der Pluralform in die Singularform übergesprungen wird.2) Die von Paludan-Müller widerholt gerügte Verweisung auf eine weitere gesiegelte Urkunde,3) welche erst genauer bestimmen sollte, was der Brief nur kurz andeutet, erweist sich zwar als ein Missverständniss, da die „literse sigillatae," die ge- legentlich des Kronenopfers erwähnt werden, sicherlich nur auf unsere Urkunde selbst zu beziehen sind, und auch darauf ist wenig Werth zu legen, dass in dem Briefe manche erhebliche Rechte der Kirche gar

1) ang. 0., S. 288, Anm.

2) S. 226: „suscepimus", aber „conformer", „me devoveam"; S.228: „concedo", „confirmo", „offero", aber „concedimus", „addimus" ; S. 229: „annuo et confirnio", aber „promittimus".

3) ang. 0., S. 283—4, und 288, Anm.

Abh. d. I. Cl. d. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. IL Abth. 1 8

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nicht, oder doch nur sehr flüchtig erwähnt werden, da ja dieser Um- stand, wie oben schon bemerkt, im Hinblicke auf andere zu Gebot stehende Urkunden sich befriedigend erklären lässt; um so auffälliger ist aber die zweimalige Erwähnung der Mehlausfuhr, die Flüchtigkeit des Excerpirens älterer Documente, welche zu unvollständigen oder sinnlosen Bestimmungen wie „unius navis vectigalia", dann „nee ab aliis eadem penitus exeludatur licentia", oder zu irrigen Angaben, wie die Subsumption der Mehlausfuhr unter die „privilegia legibus confir- mate" führte, die verkehrte Bezugname auf den Ostertag, welcher doch wohl auch nur eine sehr unbeholfene Benützung ächter Docu- mente, wenn nicht gar nur ein falscher Calcul zu Grunde liegen konnte, sowie die Nichterwähnung irgend welcher Mitwirkung Erlings, welche bei einer ächten Urkunde geradezu unerklärlich wäre, u. dgl. m. Alles diess dürfte sich denn doch weit leichter durch die Anname erklären lassen, dass wir es mit einer im Drange der Noth eiligst angefertigten Fälschung zu thun haben, als durch die Voraussetzung, dass uns in der Urkunde ein vom Erzbischofe dem Könige vorgelegter Entwurf er- halten sei, welcher denn doch wohl umsichtiger und fleissiger aus- gearbeitet worden wäre. Ein weiterer, nicht zu übersehender Punkt ist aber der, dass in unserem Brief der Aussteller sich als „Magnus dei gracia rex Norwegie" bezeichnet. Nun hat bereits R. Keyser bemerkt,1) dass die norwegischen Könige erst von K. Hakon gamli angefangen diesen Titel in ihren in lateinischer Sprache aufgesetzten Urkunden zu führen pflegten, und wirklich sind die ersten Königsurkunden, in welchen ich ihn geführt finde, von dem genannten Könige in den Jahren 1 1247 50 ausgestellt;2) in einer älteren Urkunde aus dem 12. Jahrhunderte konnte derselbe demnach unmöglich sich finden , wogegen es nicht auffallen kann, wenn ein Document, welches im Jahre 1276 gefälscht wurde, dem Curialstyle seiner Zeit folgend ihn braucht. So ist auch die Ad- dresse: ,,Augustino eadem gracia Throndensium archiepiscopo . aposto- lice sedis legato . et universis episcopis" u. s. w. nicht unanstössig; fasst man nämlich die Worte „apostolicae sedis legato" als einen

1) Norges Stats- og Ketsforfatning i Middelalderen, S. 66.

2) Diplom, norveg., V, nr. 1—4, S. 1—4.

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weiteren Titel Eysteins auf, so steht entgegen, dass Eysteinn diesen Titel sonst nirgends führt, bezieht man dieselben, wie R. Keyser als möglich betrachtet,1) auf einen neben dem Erzbischofe anwesenden päpstlichen Legaten, so muss höchlich auffallen, dass dieser nicht vor dem Erzbischofe erwähnt, und dass nicht einmal sein Name genannt ist. So drängt demnach auch die formelle Gestalt unseres Königsbriefes auf die Anname einer Fälschung hin, wie sie oben bereits aufgestellt wurde. Es ist leicht zu begreifen , dass Erzbischof Jon , nachdem er während der Verhandlungen mit K. Magnus lagaboetir sich in der oben angedeuteten Weise mit aller Bestimmtheit auf die angebliche Lehnbar- keit der Krone berufen hatte, die man doch kirchlicherseits nur aus der Thatsache der Krönung und des Kronenopfers K. Magnus Erlings- son's sich herausconstruirt hatte, von dem Könige gedrängt wurde, für diese seine Behauptung seine urkundlichen Beweise vorzulegen, und dass er nun in aller Eile ein hiezu qualificirtes Document anfertigen Hess, welches denn freilich auch die Spuren seiner hastigen Ausarbeitung deutlich an sich trug, und vielleicht gerade darum nicht weiter in Be- tracht gezogen wurde, weil sich in Folge seiner allzu deutlich erkenn- baren Unächtheit ein wirksamer Gebrauch von ihm nicht machen liess. Da übrigens das Machwerk mit Ausname des auf die Lehnbarkeit des Reichs und das Kronenopfer, dann etwa noch einige wenige, vergleichs- weise wenig bedeutsame Zusätze, wirklich aus ächten Quellen geschöpft war, und da es selbst bezüglich jener ersteren beiden Punkte wenigstens nur die Consequenzen widergab , welche die Kirche aus geschichtlich wirklich begründeten Thatsachen und Zusagen ziehen zu dürfen glaubte, überschreitet die Fälschung auch ganz und gar nicht die Grenzen eines „frommen Betruges", wie ein solcher bekanntlich oft genug gerade von kirchlicher Seite her begangen wurde.2) Sie stellt sich ganz jener an- deren Fälschung zur Seite, mittelst deren um ein halbes Jahrhundert zuvor der hamburger Erzbischof (Friedrich?) eine Reihe ächter Docu- mente seines Stuhles hatte interpoliren lassen, um die neuerdings an-

1) Den norske Kirkes Historie, I, S. 245.

2) vgl. hierüber die treffenden Worte Dehio's, Geschichte des Erzbisthumes Hamburg-Bremen, I, S. 128—29.

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gefochtene Ausdehnung seiner Provinz über den ganzen Norden nicht nur stillschweigend, sondern auch ausdrücklich in denselben zugestanden aufweisen zu können.1) In einer Zeit, in welcher die Gegensätze zwischen Kirche und Staat auf's Aeüsserste gespannt waren, konnte ein solcher Schritt vollends recht wohl unternommen werden. Beschuldigt doch P. Innocenz III. in einem Erlass vom 6. October 1198 den K. Sverrir ganz unumwunden,2) mehrere Bullen P. Cölestins III. gefälscht zu haben, vielleicht nicht ganz ohne Grund, da die Umstände, unter welchen der König diese erhalten zu haben behauptete, in der That verdächtig genug aussehen,3) und beruft sich doch derselbe Papst an demselben Orte ganz naiv auf die Thatsache, dass er beim Antritte seiner Würde in Rom selbst eine Menge von Fälschern päpstlicher Urkunden habe aufgreifen lassen!

Die bisherigen Ausführungen dürften nun allerdings dargethan haben, dass von den beiden Stücken, auf welche man die Schenkung des nor- wegischen Reiches an den heil. Olaf begründen wollte, das eine, näm- lich die Novelle in den GpL. §. 2 zwar acht ist, aber von einer solchen Schenkung Nichts weiss, das andere dagegen, nämlich der Königsbrief, zwar von dieser Schenkung handelt, aber dafür nicht acht, sondern eine in der zweiten. Hälfte des 13. Jahrhunderts angefertigte Fälschung ist. So beruht demnach die Anname, dass jene Reichsschenkung wirk- lich stattgefunden habe, lediglich auf den Behauptungen, welche Erzb. Jon gelegentlich der Concordatsverhandlungen in dieser Richtung auf- stellte , und auch das Vertrauen auf diese Behauptungen ist dadurch nothwendig erschüttert, dass dieselben einerseits bezüglich des Kronen- opfers unzweifelhaft mit den verlässigen Angaben der Gl>L. §. 2 in Widerspruch stehen , und andererseits die Anfertigung einer falschen Urkunde während des Verlaufes jener Verhandlungen mit Sicherheit auf das Nichtvorhandensein einer ächten schliessen lässt. Immerhin wird es sich indessen empfelen , noch einmal Umschau zu halten , ob nicht etwa doch noch irgendwelche im Bisherigen unbeachtet gelassene

1) Dehio, II, Anmerkungen, S. 38 41.

2) Diplom, norveg., VI, nr. 7, S. 11.

3) Sverris s., cap. 128, S. 302—3.

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Beweisbehelfe zur Unterstützung der erzbischöflichen Angaben zu finden seien , und zugleich die Frage einer Prüfung zu unterziehen , wieferne etwa die innere Wahrscheinlichkeit für oder gegen diese Angaben spreche. Da ist nun in der ersteren Beziehung zunächst klar, dass man sich auf eine päpstliche Bulie nicht berufen darf, welche noch unter der Regierung des P. Martinus IV. (28. Mserz 1285) entworfen, aber erst unter der Regierung seines Nachfolgers, P. Honorius IV., ausgefertigt und besiegelt wurde. Dieselbe ist uns nur in einer isländischen Uebersetzung erhalten,1) scheint indessen acht zu sein, obwohl Potthast sie nicht erwähnt, da unter Berufung auf den Bericht desselben Magister Peter von Mailand, welchen sie als Gewährsmann anführt, noch zwei andere unter Martin IV. entworfene Urkunden unter Honorius IV. ausgefertigt wurden, nämlich eine am 5. April 1285 für den Bischof von Ribe,2) die andere aber am 12. April 1285 für den Abt von Tautra;3) die beiden letzteren Docu- mente sind bezüglich ihrer Aechtheit nicht beanstandet,4) und wird man daraus keinen Verdachtsgrund ableiten dürfen , dass in beiden Meister Peter als „vicecancellarius", in unserer Uebersetzung aber als ,, kanzeler" bezeichnet wird. In dieser an K. Eirik gerichteten Bulle wird nun allerdings auf die Privilegien K. Magnus Erlingsson's Bezug genommen , mittelst deren er sich und sein Reich dem heil. Olaf ge- schenkt, zum Zeichen dessen das Krönungsopfer angeordnet, und über- diess bezüglich der Königswahl dem Erzbischofe und seinen Suffraganen den massgebenden Einfluss eingeräumt habe. Aber man wird hierinn um so weniger ein Zeugniss für die Wahrheit der betreffenden That- sachen erkennen dürfen , als nach dem ausdrücklichen Bemerken der Bulle selbst deren Angaben sich lediglich auf eine einseitige Darstellung der Sachlage Seitens des norwegischen Episcopates stützten, nicht auf eine eigene Einsichtname von vorgelegten Beweisdocumenten. Nur eine Widerholung der vom Erzbischofe bereits in den Jahren 1273 und

1) gedruckt bei Finnr Jönsson, historia ecclesiastica Islandiae , I, S. 404—10; bei Torfseus, bistor. rer. norveg. IV, lib. VII, cap. 2, S. 372—74, findet sich eine Rückübersetzung aus dem Isländischen.

2) Kirkehistoriske Samlinger, V, S. 380—82.

3) Diplom, norveg., VIII, nr. 13, S. 22, und nr. 12, S. 20—21.

4) vgl. Potthast, Regesta pontificum, II, S. 1796.

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1277 vorgebrachten Behauptungen liegt somit in dieser Bulle vor, aber keinerlei Beweis dafür, dass diese begründet, und durch irgend eine authentische Urkunde unterstützt waren. Eher könnte der Eid in Be- tracht kommen, welchen K. Magnus, sein Vater Erlingr und 12 weitere als Eidhelfer verwendete Landherren gelegentlich der Krönung des Ersteren abzuleisten hatten.1) Die Berichte der Geschichtsquellen über diese Krönung geben zwar den Inhalt dieses Eides nicht an; aber weiter als auf das getreuliche Halten und Schirmen des Landrechts, welches K. Magnus selbst einmal als von ihm bei seiner Krönung beschworen bezeichnet,2) muss er entschieden gereicht haben, da sich ausserdem die Art nicht begreifen Hesse, wie später mehrfach auf denselben Bezug genommen wird. Die entrüstete Ablehnung der gleichen Eidesleistung Seitens K. Häkons des Alten, als solche gelegentlich seiner Krönung von ihm begehrt wurde , kann hierüber keinen Zweifel lassen , 3) und auch die Bezugname auf die Eide, ,,er suarnir voro firer legaten, l>a er iarlenn hof deilu viö (Eystein aerkibiskup vm heilagrar kirkiu frialse", in der Verordnung K. Häkon Sverrisson's aus dem Jahre 1202 deutet ebendahin, während sie doch andererseits jede Möglichkeit ausschliesst, dass in denselben von einer Schenkung des Reiches an den heil. Olaf die Rede gewesen sein könnte. König Häkon machte damals seinen Frieden mit der Kirche, jedoch ohne die Rechte des Königthumes we- sentlich schmälern zu lassen; er bestätigte dabei die im Jahre 1152 gemachten Zugeständnisse, wie sie von K. Magnus Erlingsson und Sverrir bestätigt worden waren, und bezieht sich bei dieser Gelegenheit auch auf die im Jahre 1164 geschworenen Eide, womit denn doch von selbst gesagt ist, dass diese nicht einen Inhalt haben konnten, der die Grundlage des norwegischen Königthumes in Frage stellte. Mag sein, dass die damals abgeschworene Eidesformel ungefähr derjenigen gleich war, welche, nachdem mehrfach über deren Inhalt hin und her ver- handelt worden war, im Jahre 1280 von K. Eirik Magnüsson gelegentlich

1) vgl. oben, S. 76.

2) Sverris s., cap. 60, S. 155. Vgl. auch noch Landslög, Kr istindomsb., §. 8; BjarkR. §. 7; Jonsbok, Kon ungserfd"ir, §. 7; endlich Hird"skrä, §. 6, S. 397, Anm. 12.

3) vgl. oben, S. 82.

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seiner Krönung abgeleistet wurde, und welche in lateinischer und nor- wegischer Fassung folgendermassen lautete:1) „Profiteor et promitto coram deo et sanctis eius a modo pacem et iusticiam ecclesie dei . populoque mihi subiecto obseruare . pontificibus et clero . prout teneor . condignum honorem exhibere . secundum discrecionem mihi a deo datam . atque ea que a regibus ecclesiis collata ac reddita sunt sicut compositum est inter ecclesiam et regnum . inuiolabiliter conseruare . malasque leges et consuetudines peruersas precipue contra ecclesiasticam libertatem facientes abolere et bonas condere prout de concilio fidelium nostrorum melius inuenire poterimus. {>at jatta ek gudi ok hans helgum mannum . at ek skal vardvseita frid ok rettyndi hseilagre kirkiu ok J>ui folki sem ek er overöugr ivir skipaör. Byscopum ok lserdom mannum skal ek vseita vidrkvsemelega scemd eftir t»ui sem ek er skyldugr . ok gud gisefr mer skynsemd til . ok J>a luti halda obrigöilega . sem af konunggum ero kirkiunni gefner . ok aftr fegner sva sem sam^ykt er millum kirkiunnar ok rikissens. Rong log ok illar siöueniur einkanlega fcser . sem mote ero hseilagrar kirkiu frselsi af taka ok betr skipa eftir t>ui sem framazt faam ver raad til af varom tryggastu mannum". Eine derartige Be- stätigung aller der Kirche jemals ertheilten, und zumal gelegentlich der unmittelbar vorhergehenden Abmachungen zugestandenen Rechte, und eine solche Zusicherung, den gesammten Rechtszustand im Reiche den kirchlichen Ansprüchen entsprechend verändern zu wollen, ist gerade was wir als Inhalt der im Jahre 1164 geschworenen Eide erwarten müssen, da die beabsichtigte Revision der Gj>L. und Frl>L. damals be- reits recht wohl vorgesehen sein konnte; es begreift sich aber auch, dass K. Häkon gamli, als ihm derselbe Eid, und zwar ebenfalls mit der ausdrücklichen Forderung einer vorbehaltlosen Privilegienbestätigung abverlangt wurde, sich zu dessen kategorischer Ablehnung veranlasst sehen mochte, während andererseits K. Häkon Sverrisson in Anbetracht der ziemlich vagen Ausdrucksweise in der Formel diese dennoch, zwar nicht selber abschwören, aber doch als eine von einem seiner Vorgänger abgeschworene in Bezug nemen konnte. Von weiteren Behelfen aber, welche etwa zum Beweise der angeblichen Schenkung des Reiches an

1) Diplom, norveg., I, nr. 69, S. 62.

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den heil. Olaf herangezogen werden könnten, weiss ich keine Spur zu finden. Eine solche Schenkung muss endlich aber auch aus in- neren Gründen vollkommen unwahrscheinlich genannt werden. Paludan- Müller hat bereits sehr treffend bemerkt,1) dass allerdings mehrfache Fälle bekannt sind von Reichen, welche dem päpstlichen Stuhle zu Lehen aufgetragen wurden, von denen Werlauff ein, übrigens bei Weitem nicht vollständiges, Verzeichniss zusammenstellte;2) dass aber in unserem Falle der König sein Reich nicht vom Papste, sondern von dem National- heiligen des Landes, d. h. in Wahrheit von seinem eigenen F>zbischofe zu Lehen genommen haben müsste! Es bedürfte unbedingt zwingender Beweise, um eine solche Ungeheuerlichkeit glaubhaft zu machen; statt dessen treten uns nur weitere Unwahrscheinlichkeiten entgegen , wenn wir den weiteren Verlauf der Begebenheiten vom Jahre 1164 an mit der Voraussetzung betrachten , dass in diesem ein solcher Lehnsauftrag erfolgt sei. Während der heftigen Kämpfe, welche K. Sverrir und des- sen Nachkommenschaft mit der Kirche zu bestehen hatte, wird nicht einmal auf diesen Lehnsauftrag Bezug genommen, bis endlich Erzbischof Jon gelegentlich des Bergener Concordates mit dem betreffenden An- sprüche hervortritt. Weder die Beschwerdeschrift, welche Abt Wilhelm von Ebelholt im Jahre 1190 Namens Erzb. Eiriks an die Curie richtete, noch der Schutzbrief, welchen P. Cölestin III. im Jahre 1194 dem erz- bischöflichen Stuhle ausstellte, erwähnt mit einer Sjlbe der Schenkung des Reichs an den heil. Olaf oder des Kronenopfers als eines Zeichens derselben. Ebensowenig wird in der Streitschrift derselben gedacht, weiche K. Sverrir gegen die Kirche ausgehen Hess, und umgekehrt wird unter den bitteren Beschwerden, welche P. Innocenz III. widerholt gegen diesen König erhob, nirgends der Verletzung der vasallitischen Treue Erwähnung gethan oder des widerrechtlichen Eindringens in den Besitz des Lehens, wie diess doch mit Sicherheit zu erwarten wäre, wenn die Krone wirklich von der Kirche damals als lehnbar betrachtet worden wäre. Endlich steht die Sache auch nicht anders bezüglich der Urkunde K. Hakon Sverrisson's von 1202, dann bezüglich der mehrfachen Ver-

1) ang. 0., S. 269.

2) 0m de norske Kongers Salving og Kroning, S. 10.

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handlung K. Häkon gamli's mit seinen Bischöfen und Cardinal Wilhelm über seine eigene Krönung, obwohl auch dabei Anlass genug gewesen wäre des Lehnsverhältnisses zu gedenken, wenn von einem solchen in der betreffenden Zeit überhaupt die Rede gewesen wäre. Nun habe ich zwar allerdings oben auseinanderzusetzen gesucht, dass in Bezug auf die im Jahre 1164 eingeführte neue Thronfolgeordnung, von welcher alle diese Documente und Berichte ganz gleichmässig schweigen , dieses Schweigen ganz ohne erhebliche Bedeutung sei ; indessen liegt doch die Sache in beiden Fällen ganz und gar verschieden. Bezüglich der Thron- folgeordnung begreift sich jenes Schweigen, soferne K. Sverrir, welcher diese einfach als nichtig behandelte, keine Veranlassung hatte sie an- zurufen , und doch auch aus ihrer Besprechung nicht anderweitig für sich Capital schlagen konnte, während seine Gegner seine Regierung sich Anfangs gefallen Hessen, später aber mit ganz anders wirksamen Gründen anzufechten suchten, und somit auch nicht in der Lage waren, auf jenes Gesetz und seine problematische Gültigkeit viel Gewicht zu legen ; eine gelegentliche Andeutung davon, dass die Wahl bei der Be- setzung des Thrones auch ihre Rolle spielte, ein gelegentlicher Meinungs- zwiespalt darüber, ob das ältere oder das neuere Recht in Bezug auf die Erbenfolge zum Zuge zu kommen habe, ist Alles was wir in den Quellen allenfalls zu finden erwarten können, und derartige Aeusserungen haben wir denn auch wirklich in ihnen nachzuweisen vermocht. Aber wie sollte das gleiche Schweigen über den Lehnsverband sich erklären, falls das Königthum sich wirklich der Kirche gegenüber in einen solchen begeben hätte? Die Streitschrift K. Sverrir's kehrt sich ganz einlässlich gegen die Uebergriffe, welche die Geistlichkeit in Norwegen sich neuer- dings dem Königthume gegenüber erlaubt hatte; wie konnte sie da einen so unzweideutigen, auch dem blödesten Auge erkennbaren Eingriff in das weltliche Gebiet unberührt lassen, wie ihn der Anspruch auf die Lehnsherrlichkeit über das gesammte Reich und den Träger seiner Krone in sich schloss? Die Lebensbeschreibung ferner K. Sverrir's, welche unter dessen persönlichem Einflüsse entstand , und welche mit vielem Geschick zu verwerthen weiss, was sich zu Gunsten ihres Helden und zu Ungunsten seiner Gegner beibringen Hess, hätte doch wohl ebenfalls gelegentlich der Thatsache Erwähnung thun müssen, dass der erstere Abh. d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. II. Abth. 19

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die uralte Selbstständigkeit des Reiches widerhergestellt habe, nachdem dieselbe Seitens der letzteren zu Gunsten der Kirche aufgegeben worden war, wenn nur diese Thatsache irgendwie begründet gewesen wäre. Auf der anderen Seite aber müsste denn doch in der Reihe von Urkunden und Schreiben, welche die ganze Conflictszeit über von kirchlicher Seite ausgiengen, in allen den Geschichtsquellen ferner, welche über die Re- gierung K. Sverrir'8 nicht nur, sondern auch seines Sohnes K. Häkon, seines Enkels K. Guöormr, seines Schwestersohnes K. Ingi, endlich seines weiteren Enkels K. Häkon gamli so ausführlich und als gleichzeitige Schriftwerke berichten, irgend eine Spur davon zu finden sein, dass die Kirche die Lehnsherrlichkeit über den Staat ansprach , und über die Verweigerung ihrer Anerkennung Klage führte, da sich denn doch kein Grund ausfindig machen lässt , der sie sei es nun zu einem Verzichte auf diesen Anspruch, falls derselbe überhaupt rechtlich begründet war, oder auch zu einem Schweigen über denselben bewegen konnte, falls sie auf denselben nicht zu verzichten gesonnen war. Unter solchen Um- ständen wird in der That das Schweigen unserer Quellen beredt ; es be- stärkt auch seinerseits die aus anderen Gründen gewonnene Ueberzeugung, dass die angebliche Schenkung des Reiches an den heil. Olaf in Wirk- lichkeit niemals stattgefunden hat, und dass die dieserhalb von Erzb. Jon aufgestellten Behauptungen aller und jeder geschichtlichen Begründung entbehren.

Zum Schlüsse will ich noch zur leichteren Orientirung über die literarische Entwicklung der Streitfrage eine Uebersicht der wichtigeren bisherigen Aeüsserungen über dieselbe zusammenstellen, welche am Anfange dieser Abhandlung, an welchem sie eher hätte er- wartet werden können, nicht wohl gegeben werden konnte, weil sie erst nach Vorführung des gesammten Beweismateriales in ihren vielfach sich kreuzenden Windungen verständlich zu werden verspricht. Es wird aber meines Wissens der Schenkung des Reiches an den heil. Olaf von keinem Schriftsteller Erwähnung gethan vor Torfseus, und insbesondere berichtet auch Arild Hvitfeld Nichts von einer solchen, obwohl er den zwischen Magnus Erlingsson und seinem Erzbischof geschlossenen Ver- trag bespricht, auf Grund dessen des Ersteren Krönung erfolgte;1) auf- 1) Danmarckis ßigis Krönicke, I, S. 106 (ed. 1652).

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fällig genug, da von seiner Hand die älteste Copie unseres Königsbriefes geschrieben ist. ]>orm6br Torfason ferner, welcher als der Erste von der Unterwerfung des Reiches unter die Kirche spricht, stützt sich da- bei lediglich auf die Angaben des Bergener Vergleiches, neben welchen er noch die Bestimmungen der GpL. über die Thronfolgeordnung kennt, wogegen er von dem Königsbriefe noch Nichts weiss. *) Erst Ami Magnüsson scheint Hvitfelds Abschrift der Urkunde entdeckt zu haben, und von ihm stammt auch bereits eine Aeusserung über deren Bedeutung, welche sofort weite Verbreitung erlangt hat. Ausgehend von der Be- merkung, dass in dem Datum der Urkunde nicht nur die Jahrzahl, sondern auch die Ziffer des Monatstages verschrieben sein müsse, weil während der ganzen Regierungszeit des K. Magnus der Ostertag niemals auf den 23. Mserz fiel, kam er durch eine Berechnung der Monatstage sämmtlicher in Men Maerz fallender Ostertage dieser Zeit zu dem Ergeb- nisse, dass die Urkunde nur entweder am 24. Maerz 1163, oder am 24. Mserz 1174 ausgestellt sein könne, und meint, das erstere Datum könne nicht in Betracht kommen, weil Magnus damals noch unmündig und überdiess noch nicht gekrönt gewesen sei , wogegen das letztere ganz wohl passe, da im Jahre 1174 die Parthei der Birkenbeine sich gebildet habe, und sehr begreiflich sei, dass Magnus durch den Wunsch, sich des Erzbischofs kräftige Unterstützung gegen diese zu sichern, sich zu weiteren Zugeständnissen habe bestimmen lassen.2) Obwohl nur auf einem Zettel eingetragen , welchen Arni seiner Abschrift der Urkunde beilegte, wurde doch diese Vermuthung desselben bald bekannt, indem Gerhard Schöning in seiner Abhandlung über Erzbischof Eysteinn sich ihr anschlosB, in welcher er zugleich den Königsbrief selbst zum ersten Male veröffentlichte; 3) er giebt aber seiner Darstellung die Wendung, dass die massgebenden Verabredungen bereits im Jahre 1164 gelegentlich der Krönung des jungen Magnus getroffen worden seien, wogegen sich

1) Historie rerum norvegicarum Pars III, Lib. X, cap. 5, S. 567; vgl. Pars IV, Lib. VI, cap. 7, S. 354 (1711».

2) Siehe Arni's Worte im Diplomatarium islandicum, I, S. 225—26.

3) Forsög til Forbedringer i den gamle Danske og Norske Historie ved P. Fr. Suhm og G. Schön- ing, S. 428—33, Anm.; Tgl. S. 425—26 (1757).

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dieser erst um ein Jahrzehnt später unter dem Drucke des unter Eysteinn meyla sich erhebenden Aufstandes zur Ausstellung der sie enthaltenden Handfeste habe bestimmen lassen, und in dieser Gestalt, höchstens in einzelnen Nebenpunkten einigermassen modificirt, geht dieselbe nunmehr ungeprüft und unangefochten in eine lange Reihe geschichtlicher Werke der verschiedensten Verfasser über. Ich erwähne nur Jon Mriksson, welcher sowohl in den Beiträgen, welche er zur dritten Auflage von Holberg's bekanntem Werke beisteuerte,1) als in seinem Vorworte zu der älteren Ausgabe des Königsspiegels , 2) und in seinen Bemerkungen in Kongslew's rechtsgeschichtlicher Arbeit3) auf den Punkt zu sprechen kommt, L. A. Gebhardi in der dänischen Bearbeitung seiner Geschichte von Norwegen,4) und Peter Friedrich Suhm in seiner Geschichte von Dänemark;5) ferner Friedrich Munter in seiner Kirchengeschichte,6) Dahlmann,1) u. dgl. m. Ein kritischer Zweifel an der Aechtheit des Königsbriefes, welchen Grimur Jonsson Thorkelin erhob, indem er be- merkte, dass dieser recht wohl eine Fälschung aus späterer Zeit sein könnte,8) blieb entweder ganz unbeachtet, oder wurde doch nur, wie von Werlau/f, mit mehr scheinbaren als wirklich zutreffenden Gründen bekämpft, und keinen besseren Erfolg hatte dieser letztere Verfasser selbst, wenn er, nachdem er zuerst sich für die gemeine Meinung er- klärt gehabt hatte,9) hinterher den 24. Mserz 1163 als den Ausstel- lungstag des Königsbriefes bezeichnete, wozu freilich wenig stimmt, dass er denselben dennoch nach der im Jahre 1164 erfolgten Krönung aus- gefertigt sein lassen will. 10) In frischeren Fluss kam die ganze Frage erst, als die neueren norwegischen Historiker anfiengen, sich eingehender als bisher geschehen war mit derselben zu beschäftigen. In Rudolf

1) Dannemarks og Norges Geistlige og Verdslige Staat, S. 492—94 (1762, ed. 3).

2) Kongs-skugg-sio, edd. Halfdan Einersen, S. LXII-IV (1768).

3) Den danske og norske Private Rets forste Grunde. I, S. 131—2 (1781).

4) Kongeriget Norges Historie, I, S. 159 (1777).

5) Historie af Danmark, VII, S. 174—75, und 435—37 (1800).

6) Kirchengeschichte von Dänemark und Norwegen, II, 1, S. 198—99 und 401; II, 2, S. 573-74 (1831).

7) Geschichte von Dännemark, II, S. 148-52 (1841).

8) Diplomatarium Arnamagnseanum, II, Index, S. 2 (1786).

9) Anekdoton historiam Sverreri regis Norvegiae illustrans, S. XI XIV (1815). 10) Om de norske Kongers Salving og Kroning i Middelalderen , S. 7—10 (1832).

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Keyser's Schriften tritt uns allerdings noch im Wesentlichen die von Ami Magnüsson begründete Ansicht entgegen; aber dieselbe wird doch wenigstens schärfer als bisher formulirt, und zugleich in Bezug auf ihre Haltbarkeit an der Hand der Quellen geprüft. In seiner Kirchenge- schichte1) zunächst spricht der Verfasser unverholen aus, dass der In- halt der im Jahre 1164 zwischen Erling und dem Erzbischofe getrof- fenen Uebereinkunft, also die Schenkung des Reiches an den heil. Olaf einerseits und die neue Thronfolgeordnung andererseits, uns, abgesehen von den späteren Concordatsurkunden, lediglich durch die in die Gj>L. eingerückte Novelle und den Königsbrief bekannt seien; von diesen beiden Documenten aber betrachtet er nicht nur das erstere als zweifel- los glaubwürdig, sondern er meint auch das letztere nicht beanstanden zu sollen, indem er annimmt, dass das bedenkliche Datum desselben auf einen Fehler des Abschreibers sich zurückführen lasse, und dass der Inhalt des Königsbriefes durch den der Novelle vollständig bestätigt werde. Die Novelle hält er dabei für nicht allzu lange nach der Königs- krönung erlassen, und den Königsbrief, wie diess Arni Magnüsson schon angenommen hatte, für am 24. Mserz 1174 ausgefertigt, und meint, man werde wohl zunächst Anstand genommen haben, den vollen Inhalt der mündlich getroffenen Verabredungen bekannt werden zu lassen; von hier aus soll sich insbesondere erklären, dass die am GulaJ>inge angenommene Thronfolgeordnung sich hinsichtlich des Kronenopfers, das doch von Anfang an als ein Zeichen der Unterwerfung des Reichs unter die Kirche gemeint gewesen sei, noch ungleich vorsichtiger und unklarer ausdrücke, während der Erzbischof hinterher durch kluge Benützung der Bedrängniss, in welche der König durch die neu auf- tretende Parthei der Birkenbeine gerathen sei, vermocht habe den in- zwischen mündig gewordenen Magnus zur Ausstellung des die Schenkung des Reichs an den heil. Olaf offen aussprechenden Königsbriefes zu be- stimmen. Vielleicht, meint der Verfasser, sei im Jahre 1174 auch be- reits Cardinal Fidencius ein erstes Mal in Norwegen gewesen, obwohl allerdings die Geschichtsquellen nur von einer Anwesenheit desselben im Norden während des Winters 1196 97 wissen, und sei die Erwähnung

1) Den norske Kirkes Historie under Katholicisraen, I, S. 236 46 (1856).

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der vor ihm geschworenen Eide in der Verordnung von 1202 eben auf die Abmachungen dieses Jahres zu beziehen ; letzteres freilich ein wun- derlicher Einfall, da doch das Jahr 1174 nicht wohl als die Zeit be- zeichnet werden konnte, „er jarlinn hof deilu vi5 Eystein erkibiskup um heilagrar kirkju frelsi"! In änlicher Weise spricht sich der Ver- fasser aber auch in seiner norwegischen Rechtsgeschichte, sowie in seiner Geschichte Norwegens aus,1) zwei Werken, welche erst nach seinem Tode durch Professor Olaf Rygh herausgegeben wurden; schon einige Jahre früher hatte sich überdiess Fr. Brandt, freilich nur in kurzen Worten , in änlichem Sinne ausgesprochen , 2) was doch wohl auch als ein weiteres Zeugniss für die damals in Norwegen verbreitete Auffassung betrachtet werden darf» Weitaus kritischer fasste dagegen P. A. Munch die Frage an, nur dass freilich, wie es bei ihm der Fall zu sein pflegt, seine Ansichten über dieselbe nur sehr allmälig sich klärten, und in den verschiedenen Bänden seines grossen Geschichtswerkes in Folge dessen nicht völlig übereinstimmende Aeusserungen über dieselbe sich finden. In seinem zweiten Bande hält er noch wesentlich an der von R. Keyser vertretenen Darstellung fest.3) Er führt demnach nicht nur die in GfcL. §. 2 eingerückte Novelle auf den Bergener Reichstag des Jahres 1164 zurück, sondern nimmt auch an, dass ebendamals auch schon die Schenkung des Reichs an den heil. Olaf ausbedungen worden sei, und meint dabei auch seinerseits in der Art, wie jene Novelle das Kronenopfer erwähne, einen Beweis dafür erkennen zu sollen, dass man damals diese Schenkung noch nicht bekannt zu machen gewagt habe. Den Königsbrief ferner, welcher diese letztere unumwunden ausspreche, hält auch er für erst um ein Jahrzehnt später ausgestellt; aber er be- merkt dabei doch schon, dass die Aechtheit dieses Briefes recht sehr zweifelhaft sei, und dass derselbe, wenn überhaupt acht, doch jedenfalls nicht veröffentlicht und nicht allgemein bekannt geworden sein könne, da von demselben bis zu den Concordatsverhandlungen des 13. Jahr-

1) Norges Stats- og Retsforfatning i Middelalderen, S. 45—48, in Keyser's Efterladte Skrifter, II, 1 (1867); Norges Historie, II, S. 88—89, und 102-4 (1870).

2) Grundrids af den norske Retshistorie, S. 8 (1853).

3) Det norske Folks Historie, II, S. 929—36 (1855).

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hunderts herab kein Gebrauch gemacht worden sei. In seinem dritten Bande kommt er sodann nochmals auf den Königsbrief zu sprechen , l) und widerholt dabei die früher schon ausgesprochenen Ansichten; diess- mal jedoch zählt er die einzelnen gegen die Aechtheit der Urkunde sprechenden Verdachtsgründe ausdrücklich auf, ohne indessen noch zu einem bestimmten Urtheile über deren Aechtheit oder Unächtheit zu gelangen, und auch in der ersten Abtheilung seines 4. Bandes kommt er über solche Zweifel nicht hinaus. Erst in den Berichtigungen, welche er am Schlüsse der ersten Hauptabtheilung seines Geschichtswerkes bietet, spricht er , ohne weitere Begründung , seine Meinung kurz und bündig in den Worten aus:2) „Overvejende indre Grunde tale for, at det her omhandlede Document er forfalsket i en senere Tid". Ziemlich gleichzeitig gab der dänische Historiker Paludan- Müller, welcher früher gelegentlich einer Besprechung von P. A. Munch's „Norges, Sveriges og Danmarks Historie til Skolebrug", sich für die Unächtheit des Königs- briefes erklärt hatte,3) gelegentlich einer Besprechung der Kirchenge- schichte R. Keyser's der Untersuchung wider eine neue Wendung.4) Mit grosser Schärfe hebt er nicht nur die Unwahrscheinlichkeit der That- sache hervor, dass K. Magnus sein Reich dem Nationalheiligen des Landes, d. h. in Wahrheit seinem eigenen Erzbischofe zu Lehen aufgetragen haben sollte, sondern er macht auch mit voller Entschiedenheit geltend, wie auffällig es sei, dass von seiner Zeit ab bis zu den Verhandlungen über das Bergener Concordat herab nirgends eines solchen Lehnsauftrages Erwähnung geschehe, obwohl Erzb. Eiriks Beschwerdeschrift gegen K. Sverrir, P. Cölestins III. Schutzbrief, K. Sverrir's eigene Streitschrift, endlich auch so manche Vorkommnisse aus späterer Zeit hiezu die vollste Veranlassung geboten hätten. Er erörtert ferner, wie wenig die Be- zeichnung des Kronenopfers als einer Seelgabe in den GpL. §. 2 zu dessen Auffassung als eines Zeichens der Unterwerfung des Königthums unter die Kirche in dem Königsbriefe stimme, und sucht überdiess durch

1) ebenda, III, S. 186—7, zumal die AnraerkuDg (1857); vgl. IV, 1, S. 530, Änm. 2.

2) ebenda, IV, 2, Berichtigungen zu Bd. III, S. 186 (1859).

3) in P. C. Petersens Tidsskrift for Litteratur og Kritik, III, S. 186 fgg. (1840). Der Artikel ist mir nicht zugänglich.

4) in der Historisk Tidsskrift, III Ksekke, Bd. I, S. 261—330 (1858 -59).

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Anfechtung der Glaubwürdigkeit dieser Stelle im Rechtsbuche den Ver- theidigern der Authenticitset dieses letzteren die Stütze vollends zu ent- ziehen , welche sie in der angeblichen Uebereinstimmung dieses nach ihrer Ansicht unanfechtbaren Documentes mit jenem zweifelhaften zu finden geglaubt hatten. Trotz aller dieser Umstände glaubt er indessen doch nicht auf die Fälschung des Königsbriefes durch Erzb. Jon con- cludiren zu sollen, für welche Vermuthung er sich doch früher selber ausgesprochen hatte; vielmehr sucht er zunächst, "einer von Munch ge-^ wiesenen Spur folgend, die aus dem Datum der Urkunde erwachsenden Schwierigkeiten durch die Anname zu beseitigen , dass dieses Datum nur dem uns vorliegenden Transsumpte, nicht der Originalurkunde selbst angehöre, und sucht weiterhin darzuthun, dass der Brief keine Fälschung sein könne, weil Erzb. Jon denn doch habe wissen müssen, dass K. Magnus Erlingsson weder an einem Ostertage noch in Drontheim ge- krönt worden sei, wie diess der Text des Briefes voraussetze, und weil überdiess ein Fälscher nicht durch die Worte „et literis meis sigillatis confirmo" auf ein weiteres Document hingewiesen haben würde , statt lieber gleich das in Bezug genommene zu fälschen. Den Ausweg aus allen diesen Schwierigkeiten glaubt er aber in der Anname zu finden, dass Erzb. Jon den Brief wirklich in dem Archive seiner Kirche vor- gefunden habe, dass derselbe aber jedenfalls vor der Krönung des Magnus Erlingsson ausgestellt worden sein , und somit dem Stadium der Verhandlungen angehört haben müsse, welche zwischen Erling und Erzb. Eystein über die in Aussicht genommene Krönung geführt worden waren. Von hier aus sieht sich der Verfasser sofort zu der Vermuthung geführt, dass unser Königsbrief nur ein Entwurf eines Reverses sei, welchen Entwurf der Erzbischof im Winter 1163 dem Erling zugeschickt, und gegen dessen Unterzeichnung er sich bereit erklärt habe den Magnus auf Ostern in Drontheim zu krönen; dass ferner dieser Entwurf dann zunächst wegen verschiedener kriegerischer Unternemungen Erlings gegen aufständische Partheien nicht zum Vollzuge gekommen, und hinterher, als diese glücklich unterdrückt worden waren , von Erling endgültig abgelehnt worden sei. Aus der Beschaffenheit des Briefes als eines blosen Entwurfes soll sich auch dessen wenig sorgfältige Zusammen- stoppelung erklären, und damit, dass derselbe niemals zum Vollzuge

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kam, zusammenhängen, dass er die längste Zeit, weil ungekannt oder auch weil zu gut gekannt, unbenutzt im erzbischöflichen Archive liegen bleiben konnte, während doch andererseits Erzb. Jon, als er ihn bei der Durchmusterung dieses Archives entdeckte, im guten Glauben an seine Gültigkeit sich veranlasst sehen konnte von ihm Gebrauch zu machen, nachdem inzwischen der wahre Sachverhalt bezüglich desselben in Vergessenheit gerathen war. Die hergebrachte Anname, dass Nor- wegen durch K. Magnus Erlingsson in ein Lehen des Erzbisthumes ver- wandelt worden sei, lässt der Verfasser demnach fallen, indem er viel- mehr annimmt, dass eine solche Unterwerfung nur Seitens der Kirche in Vorschlag gebracht, aber Seitens des Königthumes abgelehnt worden sei, und selbst das Gelöbniss des Kronenopfers, und man kann beifügen auch die Einführung einer neuen Thronfolgeordnung, betrachtet er in- solange als unerwiesen , als nicht die Authenticitset der in Gj>L. §. 2 eingerückten Novelle eine strengere kritische Prüfung bestanden haben werde. Diesem auf ganz neuer Grundlage geführten Angriffe gegenüber suchte nun Ebbe Hertzberg die ältere Lehre in Schutz zu nemen.1) Den Königsbrief zwar ist er nicht abgeneigt mit Paludan - Müller für einen blosen, nicht zum Vollzuge gekommenen Entwurf zu halten; um so entschiedener vertheidigt er dagegen die Authenticitset des in die G]jL. §. 2 eingerückten Stückes, von welchem er darzuthun sucht, dass das- selbe wirklich auf einem im Jahre 1164 zu Bergen gefassten Reichs- tagsbeschlusse beruhe, welcher hinterher wenigstens am Gula^inge rechts- förmlich als Gesetz angenommen werden sei. Er führt aus , dass das Schweigen der nächsten Folgezeit über den Inhalt dieser Novelle keinen genügenden Grund bilde um diese zu verdächtigen , da dasselbe sich aus den Partheiverhältnissen dieser Zeit und aus der Art vollkommen befriedigend erkläre, wie der Kampf unter den beiden sich gegenüber- stehenden Partheien geführt worden sei. Er meint aber schliesslich, dass doch auch den Vorschriften der Novelle die Unterwerfung des Reiches unter die Kirche als der massgebende Gedanke zu Grunde liege, und dass man diesen am Wenigsten dann übersehen dürfe , wenn man

1) En fremstilling af det norske aristokratis bistorie indtil kong Sverres tid, S. 128—36, Anm (1869). Abb. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. II. Abtb. 20

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in dem Königsbriefe einen vorgängig vorgelegten, aber freilich nicht angenommenen Entwurf sehen zu sollen glaube; die Novelle spreche eben nur in verhüllterer Weise denselben Gedanken aus, den jener Ent- wurf mit rücksichtsloser Offenheit verkündigt wissen wollte. Ueber Munch's von ganz anderer Seite her gegen die Beschaffenheit des Königs- briefes erhobene Bedenken äussert sich der Verfasser überhaupt nicht, obwohl sie ihm bereits vorlagen. Mit den bisher besprochenen Schriften hat aber die Streitfrage den Standpunkt erreicht, auf dem sie sich zur Zeit befindet. Jon Sigurhsson, in seinen Vorbemerkungen zu seiner Aus- gabe des Königsbriefes , l) trägt noch ganz unbefangen die ältere Lehre vor, wie sie im Ganzen gleichförmig von Arni Magnüsson ab bis auf R. Keyser herab die herrschende gewesen war, ohne dabei auf die Be- denken Rücksicht zu nemen, welche sich inzwischen gegen die Aechtheit und Beschaffenheit der Urkunde erhoben hatten; das betreffende Heft des Diplomatares war freilich auch bereits im Jahre 1857 ausgegeben worden, zu einer Zeit also, da Munch's und Paludan-Müller's einschlä- gige Aeusserungen noch nicht vorlagen. In gleicher Weise trägt auch Bischof Darre in seiner Lebensgeschichte K. Sverrir's lediglich die ältere Lehre vor , 2) ohne sich um die Aechtheit oder Unächtheit der hieher bezüglichen Documente irgendwie zu bekümmern, während ihm doch die hier massgebenden Untersuchungen bereits zur Hand sein mussten. Sehr vorsichtig äussert sich dagegen Professor Aschehoug in seiner vor- trefflichen Geschichte der norwegischen und dänischen Staatsverfassung.3) Er bespricht zunächst die in die Gj>L. §. 2 eingerückte Thronfolge- ordnung als eine auf den Beschlüssen des Bergener Reichstages von 1164 beruhende; aber er lässt dabei dahingestellt, wieweit dieselbe in den verschiedenen Theilen des Reichs wirklich rechtsverbindliche Geltung erlangt habe. Er erwähnt sodann auch des Versuches , welchen Erzb. Eysteinn gemacht habe den K. Magnus zu bestimmen , sein Reich von dem heil. Olaf zu Lehen zu nemen; aber er erklärt auch, unter aus- drücklicher Verweisung auf R. Keyser's und Paludan-Müller's Unter-

1) Diplom, island., I, S. 223—26 (1857—1876).

2) Kong Sverre og Norge paa hans Tid, S. 254—55 (1869).

3) Statsforfatningen i Norge og Danmark indtil 1814, S. 19—20, und 82 (1866).

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suchungen, für sehr zweifelhaft, wieweit Erling diese Forderung einge- räumt habe. Neuestens hat sich Ph. Zorn für die Aechtheit der in die Gt>L. eingestellten Thronfolgeordnung, und gegen die Aechtheit des Königsbriefes ausgesprochen, den er als von Erzb. Jon gefälscht be- zeichnet, ohne sich doch über die Gründe dieser zwiefachen Anname zu äussern; 3) andererseits meint er aber doch, dass der Staat durch die Uebereinkunft des Jahres 1164 factisch zu einem Lehen der Kirche herabgesunken sei, ohne sich darüber zu erklären, wie er diese Anname begründen wolle, nachdem er das erheblichste Beweismittel für dieselbe als ein gefälschtes hingestellt hat. Der anonyme Becensent derZorn'schen Arbeit in von Sybel's Zeitschrift tritt wider im Wesentlichen für Paludan- Müller's Ansicht ein , die er nur in einzelnen Punkten noch schärfer formulirt. 2) Er nimmt demgemäss an, dass der Klerus wirklich im Jahre 1164 beabsichtigte, das Reich in ein Lehen des erzbischöflichen Stuhles , und zugleich in ein Wahlreich mit geistlichen Kurfürsten zu verwandeln, dass er aber in keiner von beiden Beziehungen diese seine Absicht zu verwirklichen vermochte; vielmehr sei zwar eine in seinem Sinne ausgearbeitete Thronfolgeordnung von dem Bergener Reichstage des Jahres 1164 angenommen, aber nicht zur Anname an den 4 Lög- dingen gebracht worden, und somit niemalen zu gesetzlicher Kraft ge- diehen, die Lehnbarkeit der Krone aber sei zwar in einem, Seitens der Kirche vorgelegten Entwürfe gestanden, dieser Entwurf aber im Jahre 1164 von Erling und dem Reichstage abgelehnt worden, und dann weiter nicht mehr von ihm die Rede gewesen. Unser Königsbrief sei nun le- diglich dieser abgelehnte Entwurf, in den G]>L. §. 2 aber nur jener, zum Gesetz niemalen erhobene, Reichstagsbeschluss enthalten, sodass keines von beiden Documenten rechtliche Bedeutung habe, und sei so- mit die vom Klerus beabsichtigte Neuerung in ihren beiden Theilen ganz gleichmässig nur ein nicht gelungenes Attentat auf die Selbst- ständigkeit des Staates geblieben. J. E. Sars endlich erklärt sich, ohne eine selbstständige Untersuchung der Frage anzustellen, nicht abgeneigt,

1) Staat und Kirche in Norwegen bis zum Schlüsse des dreizehnten Jahrhunderts, S. 103 7. vgl. mit 208—11 (1875).

2) Historische Zeitschrift, Bd. 36, S. 639—46 (1876).

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die von Paludan-Müller ausgesprochenen Ansichten über die Bedeutung des Königsbriefes sich anzueignen, wogegen er an der Authenticitaet von GtL. 2 festhält.1) Das Verhältniss meiner eigenen Ansicht zu diesem Stande der Streitfrage wird sich hiernach leicht erkennen lassen. Ich vertheidige die Authenticitset der in §. 2 der Gl>L. übergegangenen Novelle, und neme somit an, dass die Verwandlung Norwegens in ein Wahlreich dasjenige Mass von rechtlicher Verbindlichkeit erlangt habe, welches überhaupt einem unter der Regierung eines illegitimen Regenten erlassenen Gesetze zukommen konnte; ich betrachte dagegen den Königs- brief für eine im Jahre 1276 gemachte Fälschung, und bestreite somit, dass die Kirche im Jahre 1164 auch nur den Versuch gemacht habe, Norwegen in ein Lehen des erzbischöflichen Stuhles zu verwandeln.

1) Udsigt over den norske Historie, Bd. II, S. 101, Anm., dann S. 101—4, und 110 12.

Theilung1 des Chors

im

attischen Drama

mit

Bezug auf die metrische Form der Chorlieder

von

W. Christ.

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. IL Abth. 2 1

Theilung des Chors im attischen Drama

mit

Bezug auf die metrische Form der Chorlieder

von

W. Christ.

Die Frage nach der Vortragsweise der Chorgesänge des griechischen Dramas, speciell nach der Vertheilung derselben unter die einzelnen Theile des Chors, war nach den glänzenden Anläufen, die zu ihrer Lösung G. Hermann, A. Böckh, 0. Müller, L. Bamberger u. a. genom- men hatten, gegen die Mitte unseres Jahrhunderts wieder halb einge- schlafen. Man lehnte nicht geradezu die Vertheilung einzelner Chorge- sänge unter mehrere Choreuten ab, aber man hielt die Sache für zu zweifelhaft und ungewiss, als dass es sich verlohnte, weiter darauf ein- zugehen und die Resultate der Untersuchung in die Ausgaben der Dra- matiker einzuführen. Hauptvertreter dieser skeptischen Richtung waren die beiden Dindorf, welche in ihren Ausgaben sich darauf beschränkten, nur hin und wieder ein Chorikon unter Halbchöre zu vertheilen. Gegenüber diesem faulen Skepticismus brachten in den letzten Jahren mehrere jüngere Gelehrten, R. Arnoldt, Chr. Muff, 0. Hense *) die Frage

1) Eich. Arnoldt, die Chorpartien bei Aristophanes scenisch erläutert, Leipz. 1873. Chr. Muff, die chorische Technik des Sophokles, Halle 1877. 0. Hense, de Ionis fabulae Euri- pideae partibus choricis, Lips. 1876, der Chor des Sophokles, Berlin 1877, die ABCtragödie des Kallias im Bhein. Mus. XXXI. Nach Abschluss meiner Abhandlung erhielt ich noch durch die Güte des Verfassers das neue Werk Arnoldt's., die chorische Technik des Euripides, Halle 1878.

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wieder in Fluss und begannen auch die Erklärer des Sophokles und Euripides der Sache ein grösseres Augenmerk zuzuwenden. Mit Recht heben jene Forscher hervor, dass es sich hier nicht um eine müssige Frage wissenschaftlicher Neugierde handelt, dass die Sache auch nicht blos für die Versuche der scenischen Wiederbelebung des antiken Dramas von Bedeutung ist, dass vielmehr bei vielen Chorgesängen das volle Verständniss und namentlich die ästhetische Würdigung derselben von der Aufhellung jenes dunkelen Punktes abhängt. Denn wenn wir in mehreren Chorgesängen denselben Gedanken in verschiedenen Wen- dungen wiederkehren sehen, so wird der Dichter vor dem Vorwurf breitspuriger Gedankenarmuth geschützt, sobald wir nachzuweisen ver- mögen, dass nicht der Gesammtchor denselben Satz drei- und viermal wiederholt, sondern dass mehrere Einzelchoreuten in demselben Gedan- ken sich begegnen ; und wenn auf der anderen Seite verschiedene Meinungen, wie in der Parodos der Alkestis, in demselben Chorgesange uns entgegentreten, so fragt es sich, ob dieser Widerstreit aus der ver- schiedenen Anschauung der Theile des Chors erklärt werden könne und ob der Dichter in der Durchführung der Theilung auch den Charakter der einzelnen Theile des Chors gewahrt habe. Nach allen Seiten unterschreibe ich daher das Urtheil Hense's, der Chor des Sophokles S. 4: „Man sagt nicht zu viel mit der Behauptung, dass uns erst ein gründliches Ein- gehen in diese Studien den vollen Aufschluss über Kunstart und Com- positionsweise der Sceniker gewähren kann; wollen wir einen Blick in die Werkstatt des denkenden Dichters thun, so dürfen wir nicht ver- schmähen, zuvörderst in das Choregeion einzutreten."

Aber so unbestritten auch die Wichtigkeit unserer Frage ist und so sehr wir uns auch bemühen müssen aus blossen Allgemeinheiten zur bestimmten Lösung der Frage in den einzelnen Fällen vorzudringen, so befürchte ich doch, dass viele der aufgestellten Diatheseis an dem Fehler allzugrosser Künstelei leiden und dass namentlich Muff und Hense mehr wissen und feststellen wollen, als uns zu wissen möglich und zu lernen nützlich ist. Das Misstrauen in diese Seite der philo- logischen Forschung wird dadurch von Neuem genährt und eine Ver- werthung der wissenschaftlichen Errungenschaft für die Bedürfnisse der Schule und des Lebens hintangehalten. Ich stelle in dieser Beziehung

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unumwunden den Satz auf, dass man überall da , wo nicht Form und Gedanken geradezu zur Vertheilung eines Chorgesangs unter mehrere Abtheilungen oder mehrere Einzel choreuten drängen, auf ein weiteres Wissen verzichten und mit der allgemeinen Ueberschrift XOPOY sich begnügen solle; nur dadurch wird sich das sicher erkennbare von dem problematischen scheiden und die bequeme Zweifelsucht überwunden werden. In diesem Sinne habe ich mich schon in den ver- schiedenen Recensionen der auf diesem Gebiete erschienenen Werke aus- gesprochen ; wenn ich nun selbst hier das Wort ergreife und mich in die positive Lösung der Frage einmische, so haben mich dazu wesent- lich metrische Studien veranlasst.

Natürlich war auch bisher schon die metrische Form mit in den Kreis der Untersuchung gezogen worden. Namentlich hatte schon Bam- berger den Unterschied beachtet zwischen den streng lyrischen Weisen, welche sich am besten zum vollen Chorgesang eigneten, und den doch- mischen, jambischen und anapästischen Versen, welche mehr zu Trägern des Dialoges geschaffen waren und ebendesshalb auch eher einzelnen Vertretern des Chors zum declamatorischen Vortrag, als dem Gesammt- chor zum vollen Gesänge zugewiesen werden konnten. Noch natürlicher war es, dass alle Forscher, welche mit unserer Frage sich beschäftig- ten, mit fast einziger Ausnahme Lachmanns, darauf sahen, dass dann, wenn sie ein Chorikon unter mehrere Einzelchoreuten vertheilten, die einzelnen Partien sich mit den metrischen Perioden möglichst deck- ten. Aber gleichwohl haben die früheren Gelehrten und ich bin weit entfernt, damit einen' Tadel aussprechen zu wollen zunächst auf den Inhalt geschaut und aus dem Sinne die Vertheilung des Chor- gesangs abgeleitet, die metrische Form aber nur so nebenbei in Betracht gezogen. Mich dagegen führten meine sonstigen Studien, welche in den letzten Jahren fast ausschliesslich der Metrik und Rhythmik zugewendet waren, mehr auf die metrische Form, und ich hoffe durch zusammen- fassende Berücksichtigung derselben unserer schwierigen Frage- neue Seiten abzugewinnen und dieselbe zugleich der Lösung näher zu führen.

Zunächst führte mich die gleichzeitige Beschäftigung mit den Oden Pindars und mit den Chorgesängen der attischen Dramatiker auf einen bedeutsamen Unterschied in dem Verhältniss der Gedankentheile und

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der metrischen Perioden in den beiden Dichtgattungen. Einmal treten die grösseren metrischen Abschnitte bei den Dramatikern viel bestimm- ter und schärfer hervor als bei Pindar, und dann stimmt ganz ungleich häufiger bei den ersteren die Interpunktion oder die Sinntheilung mit den metrischen Perioden überein als bei dem letzteren. Jeder, der nur die Chorgesänge eines Dramas mit einigen pindarischen Epinikien ver- gleicht, wird sich von der Wahrheit des Gesagten leicht überzeugen. Bei Pindar gelingt es kaum über die Zerlegung einer Strophe in Kola und Verse hinauszukommen und mehrere Verse zu grösseren Gruppen oder Perikopen zu vereinigen ; bei den Dramatikern liegt nicht in allen, aber doch in den meisten Fällen der Perikopenbau offen zu Tag und bietet bei der Abgrenzung der Perikopen ausser der rhythmischen Schlussform auch die Uebereinstimmung der Interpunktion in Strophe und Antistrophe einen wichtigen Fingerzeig. Worin liegt nun dieser weitgreifende Unterschied begründet? hat man hier blos einen Fortschritt der Kunst anzunehmen denn jene Durchsichtigkeit der An- lage und jene Harmonie von Inhalt und Form ist ein entschiedener Fortschritt oder waren zugleich die Dramatiker zu jener Verschie- denheit des Baues durch die dramatische Beweglichkeit des Chors und seine häufigere Auflösung in verschiedene Theile veranlasst worden? Man wird schwerlich, wenn man einmal die Richtigkeit der Thatsache erkannt hat, jenen zweiten Gesichtspunkt so kurzweg abweisen wollen, zumal er so sehr zum Unterschiede der feierlichen Ruhe des dorischen Chorgesangs und des bewegten Lebens des attischen Dramas stimmt. Ein zweiter Punkt, der meine Aufmerksamkeit fesselte, war die Wahrnehmung, dass sich so häufig Strophen der Tragödie in 3, Strophen der Komödie in 4 Perioden zerlegen lassen. Da nun der tragische Chor aus 3, der komische aus 4 Reihen (öto2%oi) bestand, so drängte sich mir der Gedanke auf, ob nicht jener Zahlenunterschied zwischen den tragischen und komischen Strophen mit der Vortragsweise der Chorlieder oder mit anderen Worten mit der Vertheilung der Strophe auf die einzelnen Rotten des Chors zusammenhänge. Mit sanguinischer Hoffnung griff ich jene Idee auf und glaubte schon den Stein der Weisen für die richtige Ana- lyse der Chorgesänge gefunden zu haben. Aber als mir beim Fortgang der Untersuchung die Zahlen doch nicht immer klappen wollten und

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als namentlich bei Aeschylus und Euripides die Zerlegung nicht weniger Strophen mich auf andere Verhältnisse unzweideutig hinwies, gedachte ich des Fiaskos, das Lachmann 2) seiner Zeit mit der Siebenzahl erlebt hatte, und entschloss mich nach^langem Widerstreben zur Aufgabe des vermeintlichen Princips. Aber nur als Princip für die Analyse der tragischen und komischen Strophen habe ich die Drei- und Vierzahl aufgegeben; denn dass die häufige Wiederkehr jener Zahlenverhältnisse nicht aus dem blossen Zufall geboren sei, sondern in irgendwelcher, wenn auch nur sekundärer, aus älterer Zeit herübergenommenen Beziehung zur Zusammensetzung des Chors aus 3, beziehungsweise 4 Reihen stehe, ist meine feste Ueberzeugung geblieben.

Auf solche Weise zunächst durch jene zwei Beobachtungen über den äusseren Bau der griechischen Chorgesänge angeregt habe ich die verschiedenen Arten lyrischer und parakatalogischer Partien der attischen Tragödien und Komödien auf unsere Frage hin untersucht. Ausgegan- gen bin ich dabei von der einfachsten Form des alten dramatischen Chorgesangs, von der Parabase der Komödie; denn dass uns in diesen Nachahmungen der alten Festspiele vorliegen, welche von den Dichtern mit glücklichem Wurf in die entwickelte, weit über die ursprünglichen Grenzen ausgebildete Komödie eingelegt wurden, darüber wird unter Kennern kaum ein Zweifel bestehen. Ich ging dann auf jene Theile der aristophanischen Komödie über, welche, obgleich nicht zu den Para- basen gehörend, sich doch in der Form mit ihnen nahe berühren. Nach den Parabasen und den parabasenähnlichen Gesängen der Komödie, waren es sodann die Parodoi, welche zur genaueren Untersuchung an- zogen. Denn von selbst stellen sich zu den Anapästen der Parabase die anapästischen Einzugssysteme der Tragödie, und schon Arnoldt hat er- kannt, dass in den Parodoi der Komödie weit öfters als in den anderen Chorgesängen Vertheilung des Vortrages auf einzelne Choreuten vor- kommt. Schliesslich untersuchte ich sodann noch die Stasima und Kommoi mit Bezug auf unsere Frage und den Aufbau der Strophe. Bekanntlich hat man bei den Klaggesängen der Tragödie die offenbar- sten Fälle abwechselnden Einzelgesanges nachgewiesen ; aber gleichwohl

2) K. Lachmann, De choricis systematis tragicorum graecorum.

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boten dieselben für uns keine besonders reiche Ausbeute, da die Ver- theilung derselben unter mehrere Einzelchoreuten mehr aus dem Inhalt als aus der Form sich ergiebt.

Die Parabase.

R. Arnoldt, der meines Wissens zuletzt über den Vortrag der Theile der Parabase gehandelt hat,3) gibt im Anschluss an G. Hermann das Kommation, die anapästischen Tetrameter und das Pnigos dem Chor- führer, die Ode und Antode den zwei Halbchören, endlich das Epir- rhema und Antepirrhema den Führern der beiden Halbchöre. An dieser Vertheilung ist unbedingt zu loben, dass die lyrischen oder ge- sungenen und die gesprochenen oder parakatalogisch vorgetragenen Partien des zweiten Theiles der Parabase auch in der Person der Vor- tragenden von einander geschieden sind, und dass entgegen der Hypo- these Agthe's4) der Vortrag des anapästischen Schlusssystems von dem der vorausgehenden anapästischen Tetrameter nicht geschieden wird; auch das halte ich für eine äusserst wahrscheinliche, obendrein durch die handschriftliche Ueberlieferung theilweise unterstützte (s. Arnoldt S. 144) Vermuthung, dass der Chor nach dem Schluss der Anapästen in Halbchöre auseinandertrat. Aber im Uebrigen bleiben bei Hermanns und Arnoidts Annahme mehrere auffällige Erscheinungen unerklärt und kommt man bei Durchführung derselben im Einzelnen ins Gedränge.

Um zuerst von den unerklärten Erscheinungen zu handeln, so haben bereits die alten Grammatiker (s. Hephaestion p. 74 W.) bemerkt, dass das Epirrhema und ebenso das Antepirrhema in der Regel aus 16 tro- chäischen Tetrametern besteht, und hat in unserer Zeit Enger (Rhein. Mus. X 119 f.) jener Beobachtung die weitere zugefügt, dass die Vers- zahl aller Epirrhemata mit 4 theilbar ist. Prüfen wir zuerst die That- sache selbst, so ist es unbestreitbar, dass in den meisten Fällen das Epirrhema in der That aus 16 Versen besteht; denn unter den 12 14 Epirrhemen des Aristophanes haben 7 (Ach. 676 91 = 703 18, Equ. 565—80 = 595—610 und 1274—89 = 1300—15, Nub. 1115—30, Av.

3) R. Arnoldt, die Chorpartien bei Aristophanes S. 139—46, woselbst zugleich auf S. 140 die ältere Literatur über diesen Gegenstand sich zusammengestellt findet.

4) Agthe, die Parabase und die Zwischenakte der Komödie S. 49.

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753—98 = 785—800 und 1072—87 = 1102 17, Thesm. 830—45) je 16 Tetrameter. Bezüglich der übrigen Epirrhemen bemerkt der Scho- liast zu den Wespen v. 1066, dem möglicher Weise noch ein grösseres Material vorlag: ro tnioyrjiia wg minav öxTWxaidexa ori/ujvr]iß' iq ig, tv&adt dz 81X001. Da hätten wir also ein Zeugniss für Epirrhemen, deren Verszahl nicht mit 4 theilbar war ; aber auf dieses Zeugniss ist kein Werth zu legen ; denn in der Regel (wg minav) hatte das Epirrhema sicher keine 18 Verse , und vielleicht lautete unser Scholion in der ächten P'orm nur: tu iniyorjiia ojg minav txzaideza GT.Lyjiav , 8vS~ad8 dl 8iy.oöi. Wenden wir uns daher von der trügerischen Ueberlieferung des Scholiasten ab und fragen wir die erhaltenen Texte selbst, so haben wir 3 weitere Epirrhemen von 4X5 oder 20 Versen, nämlich Nub. 575—94 = 607—26, Vesp. 1071 90 = 1102—21 und Ran. 686—705 = 718 37. Ein Epirrhema von 12 Versen hat Enger a. a. 0. in den Acharnern 971 87 = 988 1000 finden wollen, aber mit Recht hat schon Agthe S. 89 dagegen Einspruch erhoben; denn das nächste Er- forderniss eines Epirrhema ist, dass es aus gleichen Versen besteht, jene Stelle in den Acharnern aber besteht aus kurzen lyrischen Kolen und langen Tetrametern, so dass höchstens die 9 schliessenden Verse, 8 kretische und 1 trochäischer Tetrameter, als Epirrhema gefasst werden können. Für diese letztere Annahme scheint aber in der That auch die Analogie der Vespen 1275 83 == 1284 91 zu sprechen, wo gleichfalls auf die lyrische Strophe eine Partie von 9 Tetrametern folgt, von denen der letzte trochäischen , die 8 ersten kretischen Rhythmus haben. Geradezu 8 Tetrameter hat die parabasenartige Ansprache an die Richter in den Eccles. 1155 62. Endlich folgt in dem Epirrhema der unvollständigen Parabase des Friedens v. 1140 58 = 1172 90 auf 16 trochäische Tetrameter zum Abschluss ein dreigliederiges tro- chäisches System.

Es haben demnach alle Epirrhemen der vollständigen Parabasen des Aristophanes 4X4 oder 4X5 Tetrameter, und findet sich nur in 2 oder 3 unvollständigen Parabasen der Fall, dass auf die mit 4 theil- bare Verszahl (8 oder 16) des Epirrhema noch eine abweichende Schluss- periode folgt. Ist das nun reiner Zufall? ist eine Erklärung der Theile der Parabase genügend, welche dieses auffallende Factum einfach

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. IL Abtb. 2 2

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ignorirt? Damit soll zwar noch nicht als erwiesen gelten, dass jene Theilbarkeit mit 4 auf die Weise des Vortrags Bezug habe es lassen sich ja noch andere , melodische und orchestische Beziehungen denken aber jedenfalls darf jene Thatsache bei Lösung der dunklen Frage über den Vortrag der Theile der Parabase nicht umgangen werden.

Zu dem besprochenen Factum, das schon längst erkannt und klar gelegt wurde , kommt ein anderes , das bis jetzt dem Scharfblick der Forscher entgangen ist. Wie in dem Epirrhema die Zahl 4X4 die Regel bildete , so besteht die specielle Parabase in mehreren Stücken aus 6X6 oder x X 6 Tetrametern. Ungesucht ergibt sich die Zahl 36 in den Acharnern 626 64 und im Frieden 734 76, indem an der ersten Stelle zu 33 katalektischen Tetrametern 6 anapästische Dimeter oder 3 akatalektische Tetrameter, an der zweiten zu 31 katalektischen

5 akatalektische Tetrameter kommen ; in ähnlicher Weise besteht in den Rittern 507 50 die Parabase aus 40 + 2 oder 6X7 Tetrametern. Weniger stimmen zur Sechszahl die übrigen Parabasen : in den Wespen v. 1015 59 hat dieselbe 36 Langverse, auf welche ein anapästisches System von 18 Doppelfüssen oder 4V2 Versen folgt; in den Vögeln v. 685 736 besteht sie aus 38 Langversen und 27 Doppelfüssen, in den Thesmophoriazusen v. 785 829 aus 29 Langversen und 30 Doppel- füssen, in den Wolken v. 518 62 aus 45 eupolideischen Versen, denen

6 ähnlich gebaute Kola von dem rhythmischen Werthe dreier Tetra- meter vorangehen. Ich will nicht durch gewagte Hypothesen die Sechs- zahl zu grösserer Geltung bringen, aber Laune des Zufalls wird es doch kaum sein, dass in den zwei ältesten Stücken, den Acharnern und den Rittern, wie bei dem Epirrhema die Vierzahl, so bei der speciellen Parabase die Sechszahl herrscht. Auch dieses Verhältniss nun ist von Hermann und Arnoldt in ihrer Lehre vom Vortrag der Theile der Para- base völlig ausser Acht geblieben.

Ehe ich weiter gehe und auf die beiden soeben entwickelten That- sachen weitere Schlüsse baue, will ich zuerst noch beweisen, dass die Hermannische Lehre in einzelnen Fällen sicher unhaltbar ist. Das Vor- spiel oder lyrische Kommation also soll von dem gleichen Chorführer wie die specielle Parabase recitirt worden sein. Dem gegenüber lese

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man doch unbefangen den Eingang der Parabase in den Wespen v. 1009 ff.:

all' %it yaiyovreg onoi ßovleod-'.

vusTg de rtcog, uj tuv()iadeg

äyaQid-ariroL.

vvv luv T.a {uekXopx: ev leyeöfrai

jiirj tisotj (pavlwg yauä'C

evlaßelo&e.

tovto yay axaidiv frearuiv

satt naayeiv xov nyog vuwv. vvv avT.e lecp Tiyoöyere tov vovv, elns^ xct&aQov ti (piltlxt x. r. I. Wäre es nicht eine unerhörte Tautologie, wenn derselbe Mann den ersten und den zweiten Satz mit vvv declamiren würde? Spricht nicht in dem ersten ganz äugen- und ohrenfällig der Chorführer, welcher auf die kommende weise Rede aufmerksam macht, und in dem zweiten der Chor selbst oder doch ein grösserer Theil desselben? Und wird man nicht in ähnlicher Weise auf Verschiedenheit der vortragenden Personen geführt, wenn man das Kommation und die Tetrameter in den Rittern v. 503 ff., in den Vögeln v. 676 ff. und selbst im Frieden v. 729 ff. liest? Dass manche Parabasen des Kommation entbehren, macht nichts zur Sache; umgekehrt scheint der Umstand, dass in den Thesmophoria- zusen v. 776 ff. die den Tetrametern der Parabase vorausgehenden Kola von Mnesilochos vorgetragen werden, zu beweisen, dass auch sonst die lyrische Partie oder das Kommation nicht demselben Choreuten wie die parakatalogischen Tetrameter zufiel.

Noch weniger kann der zweite Satz Hermann's , dass der Chor- führer die anapästische Parabase und das Epirrhema declamirt habe, durchgeführt werden. Entschieden steht dem die Parabase in den Thes- mophoriazusen v. 785 845 entgegen. Dieselbe gehört zur Klasse der unvollständigen Parabasen und besteht nur aus anapästischen Tetra- metern mit schliessenden Dimetern und einem trochäischen Epirrhema; sie entbehrt also der Oden und des Antepirrhema. Hier kann demnach die Unterscheidung des Führers des ganzen Chors und der Führer der beiden Halbchöre nicht Platz greifen ; es müsste vielmehr^ wenn Her- mann und Arnoldt Recht behielten, ein und derselbe Koryphaios die

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Anapästen und die darauf folgenden Trochäen vortragen. Wie aber ist dieses möglich? ist der Dichter so ganz sinn- und planlos von einem Metrum zum andern übergesprungen? Mich wird nie einer überreden, dass der genialste und kunstgerechteste aller griechischen Dichter ein so geringes Verständniss der Kunstformen gehabt habe; wenn irgendwo, so ist hier der Wechsel im Metrum ein Anzeichen des Wechsels im Vortrag.

Gibt man also die Lehre Hermann's wenigstens in ihrer allgemeinen Giltigkeit auf und beachtet man die eben beleuchteten Thatsachen, so kommt man unwillkürlich auf die Vermuthung, dass die Zahlenverhält- nisse in dem Epirrhema und der Parabase mit der Aufstellung des komischen Chors in 6 Quer- (Qvya) und 4 Langreihen (pTolyoi) zusam- menhänge. Man wird diese Idee um so begieriger aufgreifen, je mehr sie mit allem in Einklang steht, was wir von der Aufführung der Para- base wissen und vermuthen. Vor Beginn der Parabase stund der Chor der Bühne zugekehrt 6 Mann hoch; fing er nun an sich zu drehen und vor das zuschauende Publikum zu treten (nayaßaiveiv nyog ro frearyor), so mussten zunächst die 6 Zyga oder ihre Vordermänner in Thätigkeit treten; der Koraödiendichter Kratinos hatte eigens in einem Stücke, Pylaia genannt, jener 6 Zyga unter Bezugnahme auf die Para- base gedacht5). Am Schlüsse der Schwenkung trat sodann der Chor zum Vortrag der Strophen in 2 Halbchöre auseinander, so dass die Halbchöre 4 Mann hoch sich gegenüberstanden 6). Nachdem dann

5) Wir erfahren dieses aus einem Scholion zu Aristoph. Pac. 733, das ich wegen seiner Wichtigkeit ganz hersetze: naget ßuaiv ixaXovv dno xov netgaßedvtiv xov %ogov etno xijg vsvofxiafxivrjg axdaswg eis ?V1' xaxetvuxQv xov &ee'tXQov oipiv, onoxe eßovhtxo 6 nottjxtjg diatox&ijvai xi lifco xrjg vno&soeujg «Vm xwv vrtoxgixwv ngog xo &iaxgov öiti xov %oqov' iaxgiopexo de ö %opog xeti eyivovxo axol%oi 6'. elxet SieX&ovxeg xrjv xalov (itvriv nageißaaiv iaXQ£<povxo ndXtv (ig xqv ngoxigav axdaiv, örjXov 6s noiovaiv avioi ol notqxai , xo cxgEcptad-eu arjfxatvovxeg xal xo nagaßetlvtiv. flXdzwv iv xw üaidaQuo

ei fxhv {itj Xütv ojvdgtg >jvayxa£6 /uyv CXQExpai devf>\ oiix du nagtßrjv etg Xigtv xoidvd' intuv. ufiipw atjfidfag, xal xo axgieptad-ai xal id netgetßetivfiv. Kgaxivog dt iv xrj Jlv'kaia örjXoi bxt eg~ eaxi £vya xov %oqov.

6) Auf diese Gegenüberstellung (dvxingocriunog xdgig) der Halbchöre würde man von seihst kom- men, wenn man eine Parabase wieder aufzuführen gedächte; sie ist aber überdiess aueb noch ausdrücklich bezeugt durch den Scholiasten zu Nub-563: xovxo w6t} xal argoep^ 6vo[xd£exai 6id xo oigoepijv xivet noitia&ai xov %ogov dno xov ngog xovg &fazdg ogav y.eti eiötiv eig titgov eiopogwvxa fitgog. >

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die Halbchöre unter orchestischen Bewegungen ihre Strophe gesungen hatten , marschirten sie nacheinander in trochäischem Rhythmus von ihrer seitlichen Stellung in die Mitte der Orchestra, um sich hier wieder- zusammenzufügen. Bei diesem Marsch zogen die 4 Vordermänner der 4 Halbreihen (ötoI/ol) voran, und das lözeilige Lied, das sie dabei zur Begleitung des Marsches sangen oder vielmehr recitirten, hiess Epir- rhema oder Antepirrhema 7).

Bis dahin liegt die Sache einfach; nun aber kommen die Schwierig- keiten und Bedenken. Steht die specielle Parabase in Zusammenhang mit den 6 Quer-, das Epirrhema mit den 4 Langreihen des Chors, so fragt es sich, wie kam dieses Verhältniss bei dem Vortrag jener Theile der Parabase zum Ausdruck? Das Einfachste scheint zu sein, dass sich die 6, beziehungsweise 4 Reihen oder ihre Vordermänner zu gleichen Theilen in den Vortrag theilten, so dass z. B. in dem 16zeiligen Epir- rhema jeder derselben 4 Verse recitirte. Auch zweifle ich nicht, dass dieses die alte Kunstregel war, und dass anfangs wie Strophe und Anti- strophe von den Halbchören, so die 4 Absätze des Epirrhema von den 4 Stoi- choi, die 6 Absätze der Parabase von den 6 Zyga vorgetragen wurden. Aber ganz unmöglich ist es, diese Ordnung in den erhaltenen Para- basen des Aristophanes durchzuführen. Würde noch zu Aristophanes Zeiten mit dem 5. 9. 13. Vers des Epirrhema ein Wechsel im Vor- trag eingetreten sein, so könnte, ja müsste man erwarten, dass mit dem jedesmal vorausgehenden Vers der Sinn einen gewissen Abschluss fände. Das ist aber nirgends in Epirrhema und Antepirrhema gleichmässig der Fall. Ja es würden nicht selten, wie in Ach. 679, Equ. 1303. 1311,

7) Es gab unter den alten Grammatikern sogar solche, welche jene Bewegung in dem Namen ercLQQTjpcc selbst ausgedrückt wähnten; siehe schol. Nub. 575 rolto E7iCQQrjfj.ee ovo tuct£ irai dW to {THQQtTitiy avSi? xov xoqov tiqos tovg d-ectTKs Doch ist diese Etymologie offenbar falsch; aber ob in dem Worte, wie man gemeinhin annimmt, blos ausgedrückt ist, dass die Verse des Epirrhema nach dem Gesang der Strophe gesprochen wurden (indyeTcu Poll. IV, 111), ist mir doch zweifelhaft; es konnte auch mit dem Worte angedeutet sein, dass die Verse zum Marsche des Chors gesprochen wurden Wichtig für diese letztere Auffassung sind die Worte, welche der Chorführer unmittelbar vor dem Epirrhema in den Ekklesiazusen v. 1152 spricht:

iv oaw de xaiaßctivtig, iy<6 en(cao[x,cct fxeXog n fiiXko6tmvix6v, o/jixqov (5' v7to9£0&ca totg Kgiruiai {iovXofXttt.

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Nub. 579. 584, Ran. 690. 727, bei einer Theilung des Systems in 4 gleiche Theile die Sätze in unleidlichster Weise durchschnitten werden.

Jedenfalls also hatte sich schon Aristophanes erlaubt, von der alten, einfachen Regel des Vortrags abzuweichen, wenn er auch noch nicht mit dem Herkommen des 16zeiligen Epirrhema vollständig brach. Es fragt sich nur, bis zu welchem Grade er abwich, ob er den Ein- zelvortrag ganz aufgab, oder nur statt der gleichen Gruppen auch un- gleiche zu bilden sich erlaubte ? Antwort auf diese Frage kann man wieder am ehesten von den Texten erwarten. Nun gelingt bei sämmt- lichen 7 Parabasen die in den Stücken des Aristophanes vorkommen, die Zerlegung in je 6 Theile sehr gut: aber bei den Epirrhemen ge- langt man, auch wenn man ungleiche Theile annimmt, nicht zu gleichen Theilen in Epirrhema und Antepirrhema, führen vielmehr die Sinn- anzeichen auf verschiedene Theilung der respondirenden Systeme. Das ist bedenklich und ich finde es daher leicht begreiflich, wenn einer aus diesem Grund für Aristophanes es vorziehen würde, von einer Theilung überhaupt abzustehen und die anapästische und trochäische Partie in ihrer Gesammtheit den vereinigten 6 oder 4 Vordermännern zuzuweisen. Nur wird man zuvor noch fragen müssen , ob nicht doch der Inhalt eine Theilung in einzelnen Fällen räthlich mache.

Da muss ich nun zuvörderst geltend machen, dass die einleitenden Verse der Parabase, auch wenn sie die gleiche Form anapästischer Tetrameter haben wie die eigentliche Parabase (Ach. 626 7 und Pac. 729 33), eine Verschiedenheit in der Person des Vortragenden er- heischen. Dem würde aber einfach dadurch Rechnung getragen werden können, dass man das Kommation oder die stellvertretenden Tetrameter dem Chorführer , die folgenden Anapästen den 6 Vordermännern zu- wiese. Im Uebrigen bilden die Anapästen und Epirrhemen ein einheit- liches Ganze , so dass sie als e i n Körper angesehen werden wollen, auch wenn sich mehrere Personen in ihren Vortrag sollten getheilt haben. Ich kenne nur ein Epirrhema, bei dem Gedanken und Glieder- ung durch Theilung des Vortrags lebensvoller und anschaulicher her- vortreten, ich meine das Epirrhema im Frieden v. 1140 58: Ov ya() eoS-' rfiiov rj rv/^elr tuiv ijdrj ' ' OTca^fxtva, tov &tov <$*' Imxpay.aQuv v.o.L tiv1 elnelv yelrova '

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eine uoi, %i Tijvr/MVTa (?qojjlisv, a fCcouay/idrj ; tjLimeiv s'fioiy' äyeoxei rov &eov dywvTog xaldg.

*AIX äcpeve tojv (paatjkiov, cd yvvai, rgeTg %oivixag, zwv %e jivqvjv algov avrolg, ribv r,e avxojv e$eke, rov je Marfjv fj Svya ßcoar^rjodrco 'x rov %(oqIou ov yay olov t' eaxl narriog olvagi'Qeiv ttjjlisqov ovde TvvrlaQeiv, eTieidrj Tiuydaxbv to /ojqiov.

Kä£ eaov (T eveyxdrio rig ttjv xL%'kr\v xal xib anino ' f{V qs xal nvog rig evSov xal kayipa rerraga, et tl utj '{fyveyxev avriuv r\ yakrj rf]g eönegag ' eipoipei yovv evdov ovx o/J4' dira xdxvdoidona- (hv eveyx\ üj nal, ryi' fj/Lilv, er Je dovvai np nargi.

Mvyyivag r* airrpiov Ala/vivddov rwv xagniaiov %äua rfjg avrfjg odov Xaywddrjv rig ßojödrix), ujg uv ejUTzir] /Lieft' rj/uxöv, ev noiovvrog xwipelovvrog rov &eov rdycoiiara.

Besonders beachte man in diesem Epirrhema die Worte xd'§ e/nov. Wem soll das Haus des Sprechenden entgegengestellt werden ? etwa der abgesonderten Wohnung der Frau? aber wie käme dann die frische Milch (nvog) in die Männer wohnung? oder dem Hause des Nachbarn? aber dann müsste man den Nachbarn bis zu v. 1148 sprechen, und an dieser Stelle den Komarchides einfallen lassen. Wie ungleich leichter und lebensvoller gestaltet sich ein solcher Wechsel in der Rede, wenn man mit xo.g~ eiiov auch gleich einen anderen Choreuten sprechen lässt? Doch ich will nichts entscheiden ; ich konnte mit mir selbst nicht zu einer festen Ueberzeugung gelangen, und blieb schwankend, ob ich immer von den 4 Vordermännern vereint das ganze Epirrhema oder noch in einzel- nen Fällen nach alterthümlicher Weise von den 4 sich ablösenden Vorder- männern die Theile desselben sollte vorgetragen sein lassen 8J.

Zum Schlüsse setze ich noch die ganze Parabase in den Wolken v. 510 626 hieher, wie ich mir dieselbe in ihre Haupt- und Unter-

3) In den Ekklesiazusen v. 1155 62 hat Muff", Chorische Partien hei Aristoph. S. 174, die 8 in der Form eines Epirrhema an die Richter gerichteten Verse dem Koryphaios statt den ver-

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theile gegliedert denke, wobei ich durch Ein- und Ausrücken die 7 Haupttheile, durch Unterstreichung der ersten Buchstaben den Beginn der kleineren Abschnitte in den Haupttheilen andeute: 3AXV l&i yalocov xfjg avdoeiag ovvsxa xavxi]g.

evxvyia yivotro xav&oujTzu), oxi rtfywjxwv ig ßa&i) rfjg r/lixiag 515 vewxtooig xr\v cpvoiv ov

Tioayuaotv yocoxiQexai xal GoyLctv inaoxsl. y£2 ■d-eojju,evoi, xaxsyd) TtQog v/uäg iltv&toujg xäXrjfrij vi] xbv Jiovvoov xbv ix&QEipavxa fie. 520 ovxio i'ixtjoaiul x'iycv xal vo/uiQol/Lii]V öocpog, tog vfxag f/yovfitvog tivai &taxag ds&ovg xal xavxr/v ooipujxax^ ty^uv xcbv ituov xiouwüiun', TiQioxovg ifeiioö'1 ävaysvo3 v/uäg, rj Tia^eöye uoi toyov Tileiözov tlx1 dveyvjoovv vtC avdoinv ipoorixibv 525 fjxxrjdslg ovx ä£iog cor- xavx1 ovv vfüv [ij-iiyouai xolg oocfoig, wv oüra' iytb xavx in^ayiiaxtvour/v. a'kV ovfr wg v/uojv noiP ixwv noodioöio xovg dtiiotu. i'§ oxov ydo iv&ad' vtC avdouiv, olg rjdv xal ksyeiv. 6 ou)(poa)v xs yjh xaxanvyujv äoiaxS i/xovoaxr/v, 530 xdyco (TiaQ&svog ydo hV r/v xovx i$fjv txü) /not xexslr) sicbhjxa, nalg (V ixtoa xtg kaßovo' äjssilexo, vuelg $' t&iroi-ipaxe yevvalwg xanaidtvöaxt- ix xovxov /uoi moxa Tiao' v/luv yva)fii]g «;#' ooxta. vvv ovv 3H'ktxxoav xar' ixeivr/v r/(T r\ xwuuidia 535 'Qr/xova^ V^% W nov *Mtt>XYl ^«^c^S ovxoj oocpolg-

einten Vordermännern zugewiesen, nicht ohne einige Wahrscheinlichkeit; aber ich ziehe auch hier vereinten Vortrag vor, um nach dem Schlüsse jener Anrede mit den Worten

ft? WQCI Sl],

(o cpiXai yvvalxtS; CtTttg fj.sXlofJ.ef zo XQtjfjcc Sftqv,

inl Silrcfop vnunoxiviTv. wieder den Chorführer eintreten zulassen. Jedenfalls aber könnte mit jener Partie, die ja keine Parabase ist, sondern höchstens nur die Form eines Stückes einer Parabase nachahmt, meine Ansicht voiv dem Vortrage eigentlicher Parabasen nicht umgestossen werden.

173

yvu)GBxai ydy, r/V ttbq t$% rädt'kcfov tov ßoGT^vyov. mg dt oujfpycov iarl (fwoti, OXsipaöß-1. rjng ngwza uir ovdiy ijX&B (>a\f)a^ievr[ oxvtivov xaOsiuivov iov&ybv dxyov, nayv, Tolg naidiotg tV // yBÄtog- 540 ovo'' eoxioipB xovg cpaXaxoovg, ovdt xboday1 biXxvgbv. ovdi 7iQtößvTi]g b Xtywv toth] tj\ ßctxtrjQiq tvtitbi tov naqovT^ , d(pavlQoJV novr\od oxcoauaTa. ovd' elofjize dqdag eyova\ ovd' lov lov ßoä. dXV avTfi xal rolg bttboiv moxEvovrf iXijXv&BV. 545 xdyo) uiv toiovtoq dvr)o (ov JioirjTijg ov xojlwj,

ovd' vtuäg 'Ct]rd> '§üttaT$V tilg xal rplg raiV elaayujv. dXV dtl xawdg Weag eloqpeQwv aocpi'Qoucu, ovdiv dXXi(Xaioiv buoiag y.al naoag dfiiag. og iityiaiov övxa KXbojv' t'jiairf ig %r\v yaoreoa, 550 xovx iroXfiip^ av&ig £7i£(«7i7^/}a' avt(p xbiubvoj. ovroi (T, u)g anag' nü.ysdujxsv Xaßr\v cYnBoßoXog, tovtov deiXaiov xoXbtqvjo1 dsl xal ri]v pajtBoa. Ev TT oX ig utv tov Mayixav n^umarov TiaoeiXxvösv, ixöTübipag rovg ■rjluetB()ovg 'inniag xa.xbg xaxaig, 555 TTQoo&elg avrui yoavv iiB&varjv, tov xoodaxog ovveyj, r/V <pQvviyog nakai 7iBnoh]y\ rjv rb xfjTog tjöS-ibv. £/#' c'E()tui7T7iog av&tg moirjOev tlg cY7is()ßoXov, äXXoi t' rfiij Tidvreg ioeidovöiv elg ^YnB^ßoXov , rag elxovg tüjv eyytlewv rag i/ndg lh/lwvjlibvoi. 560 oor ig ovv tovt.oiöi yzXq, rdig iuölg utj yaiQBTOJ-

rjv (T iuol xal tolgiv ijLtolg Bvqpyalvrjod-' sv(ji]tiaair, ig rag u>oag rag ireyag ev qpyoveTr doxipBTB.

'Yipifitdovra luv &ewv

Zrjva Tv^avvov ig yo()bv 565 ngwua tueyav xixXrjaxaj-

tov TB utyao&tvf[ r.QiaLvi]g raulav

yr)g tb xal aXpLvyag &aXao-

oijg äyyiov jnoyXBVTrjr

xal fiByaXvJvv^iov r)^iBTB(jov naTBQ'

Abh. d. I. CT. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. II. Abth. 23

174

570 Al&eoa oe^voxaxov, ßio&ot/Lijuova navxcov

x ov #' i7i7iova)jnar, og vtisq- idjUTipotg dxxloiv xax8%si yf\g nedov, {ityag iv &edig iv &vrjxolal xb daiixwv. 575 y£l ootptoxaxoi &8axai, Übvoo xbv vovv ttqoö%8X8. r\dixr\[i8Voi yao v/iuv jLtsjucpo/usod-1 ivavxiov. nkeiöxa yao &8lov dnavxiov axpelovoaig xr\v nohv daifxovuov rjjuiv juovcug ov &V8x' ovdt OTiivdsre, ahiveg xi]oovtu8v v/uäg. fpf, yao fj xig h'&dog 580 jLirjdevl g~vv V(p, tot' r) ßoovxm^iBv rj tyaxa'QofiBV .

slra xbv &8oTöiv i%&obv ßvoGodt-iprjv Uacplayova f\vLy? fiyelöS-e Gxoaxrjyov, rag ocpovg ovvrjyojUBV xdjioiovjLisv deiva* ßoovxrj $' iooayrj oV daxoanijg' r\ aekrjvij (T egtfoim rag bdovg- 6 cT rjXiog 585 xrjv ^ovallid1 dg iavrbv 8v&£a>g §vveXy.voag

ov cpavsZv h'cpaöXBV v/luv, sl Gxoaxr\yi]08i KXetor. d"kV o/uwg uleöfre xovxov. cpaol yao dvoßovXiav xffis xfj nokei nooaüvai, xavxa utvxoi xovg &eovg, «W av v/LiBig £§a{idüxrjx\ int xb ßelxiov xosnsiv. 590 tbg dt xal xovxo tjuvoiöei, (mdicog dida^ofxev.

rjv Kktvova xbv laoov dujouov ilovxeg xal xlonfjg dxa (pijU(6arjx£ xovxov xcp §vXip xbv avy^iva, av&ig ig xdo%a2ov Vfitv, eX xi xdtyftaQxexe, fall xb ßsXxiov xb noayfxa xfj nolsi £vvoiöexai. 595 Ajucpl juoi avxe, <£>oI/?' ävab~,

drjlis, Kvv&Lav b'xojv vxpixioaxa nexoav

r\ t' 'Ecpeoov juaxaioa jidyxovaov t%sig 600 olxov, iv cp xooai oe Av-.

dojv jusyaXcog oißovoiv. r\ x1 im%ujQiog ri^iBxioa &eog, alyldog r\vio%og, nokiovyog *A&ava ' Tlaovaoiav #' og xaxByiav

175

nsTQav ovv navxaig asXaysi

605 Raxyaig Jelcpiow $unQi7i(ov

x&fmxOTtjg diowaog. HvtX> fjftBTg devtf äcpo()fj,äö&ai naoeaxsvaa fie&a. fj ^Xr\v7] ovvxvyova> fjulv meOTsiXev cp^aaai jroujTa idv yaiosiv 3A&i]vaioiai xal roTg iva^ayoig,

610 sira &vfxalvtiv sipaaxs' (hiva. yay TitTiov&evai,

ujyeXovo' vuag anavT.ag, ov loyoig, akV unpavujg' nQwxa utv tov urjvog fig dq<V ovx ilaTxov ff $Qa%p,r\ir, lüots xal Xiyeiv anavrag tc~iovrag iam^äg- tiu) nQLJi, nal, däd\ tneidri (palg ^fh]vah]g xalov.

615 älla t' sv düäv (pipiv, vuäg cT ovx äyeiv rag fjjLieoag ovdhv oQ&iug, a/Ä' avuj ti xal xcctoj xvdotdonqv Ügt' dnetkelv (prjotr avrfi rovg i9eovg bxaarors, fjvix' ar xjjbvo&ojol delnvov xämwaiv orxads Tfjg toyTfjg ur/ TvyovTtg xar.a loyov tüjv r^iBQWV.

620 xaxf orav xrvetv dutl, üToeßlovT.8 xal dixä%ere' nolXaxig fi' fjjLiriiv ayovxoiv tüjv &ta>v anaOTiav, r^/ix? av mv&üjjiti' rj tov Meuvov' i) ^ao7ii}d6va, onevded^ v/utlg xal ythäz1 avd-'' ujv kayjhv 'Yjieyßokog TrjiBg Uüotuvi]jLiovth' xanEid-' ixp' tJjuojv tüjv &€ojv

625 tov OTtopavov äqprmES-rj - iiakkov yay ovrojg eioercu, xara öel'vtjV wg aysiv /yrj tov ßiov Tag fj/ne^ag.

Ich habe mir zur Zergliederung gerade diese Parabase heraus- gewählt, weil in ihr auch die Strophen in gleicher Weise wie die Epir- rhemata in 4 Perioden zerfallen , so dass man daran denken könnte, es seien die 4 Perioden gesondert von den 4 Halbreihen, wie die 4 Gruppen des Epirrhema von den 4 Vordermännern der* Halbreihen vor- getragen worden. Doch muss ich der Wahrheit zur Steuer hinzufügen, dass sich eine gleich durchsichtige Zerlegung der Strophen in 4 Pe- rioden in den andern Parabasen nicht nachweisen lässt.

23!

176

Die gemischten Chorlieder der Komödie.

Unsere in dem vorausgehenden Kapitel entwickelte Lehre von der Vertheilung der Theile der Parabase unter eine grössere Anzahl von Choreuten geht in letzter Linie zurück auf den demokratischen Cha- rakter des attischen Staates. Uns, die wir nur allzusehr daran gewöhnt sind, einem Herrn uns unterzuordnen und einem das Führerwort zu geben, mag es von vornherein natürlicher scheinen , dass ein Einziger, der Koryphaios, den Chor vertritt und im Namen aller das Wort führt. Bei den Athenern , denen die demokratische Isegorie fest in den Glie- dern sass, war das anders: sie hätten sich fremdartig angemuthet ge- fühlt, wenn der Chor, der ja das Volk vertrat, nicht in seinen einzelnen Gliedern zu Wort gekommen wäre. In der vornehmeren, aristokra- tischeren Tragödie zwar erwarb sich frühzeitig der Chorführer als Ver- treter des Chors eine hervorragende Stelle, so dass er fast ausschliess- lich die Verbindung zwischen Orchestra und Bühne vermittelte; dort war er auch, seitdem Sophokles den Chor von 12 auf 15 erhöht hatte, aus der Reihe der übrigen , gewissermassen plebeischen Choreuten herausgetreten, so dass er nach dem Einzugslied eine gesonderte bevor- zugte Stelle einnahm. In dem aus 4X6 oder 24 Sängern bestehenden Chor der Komödie gab es für einen Führer keine gesonderte Stellung ausser der Reihe; der Koryphaios, wenn er überhaupt diesen Namen verdiente, war so recht der primus inter pares und scheint dieses sein prekäres Principat besser gewahrt zu haben als diejenigen, welche sich heut zu Tage mit Vorliebe die primi inter pares nennen. Daraus er- klärt es sich , dass in der Parabase und in dem Epirrhema die Rede, auch wenn sie aus einem Guss war und so zu sagen nur für einen ge- schrieben zu sein schien, gleichwohl von mehreren vorgetragen wurde. In jenem alten Stück attischer Lustspieldichtung war man an jene ab- wechselnde oder gemeinsame Vortragsweise von Alters her gewöhnt, und der Dichter bemühte sich daher nicht mehr in dem Texte An- deutungen für den Wechsel im Vortrage zu geben. In den anderen Theilen der Komödie hingegen, wo schon zur Zeit des Aristophanes nur ausnahmsweise statt der Halbchöre oder des Chorführers einzelne Choreuten nacheinander das Wort ergriffen , pflegte der Dichter auch

177

den Text so zu formen, dass er bei einiger Aufmerksamkeit auf Ver- keilung unter mehrere Personen hinführen musste. Geradezu zu ver- wundern ist es daher, dass dieses Verhältniss so lange verborgen blieb und dass erst G. Hermann die Fackel besserer Erkenntniss anzünden musste, um die eingerosteten Vorurtheile von dem einen Chore zu brechen. Jetzt, wo R. Arnoldt in seinem trefflichen Buche, Die Chor- partien bei Aristophanes, die ganze Frage im Zusammenhang beleuchtet und die Vertheilung im Einzelnen vorgenommen hat, wird es nicht mehr so leicht erlaubt sein über die offenkundigste Wahrheit zu stol- pern. Ich selbst habe mich bei wiederholtem Studium der Sache immer mehr mit Arnoldt's Anschauung befreundet, und bin nur in einzelnen Punkten, wie sich gleich näher zeigen wird, zu anderer Meinung ge- kommen.

Geht man die von Arnoldt zergliederten Chorpartien mit wechseln- dem Vortrage durch , so wird man sehen , dass auch ausserhalb der Parabase eine grössere Gruppe trochäischer Tetrameter in der Regel nicht einem Vertreter des Chors zugewiesen, sondern unter mehrere Choreuten vertheilt wurde. Wir dürfen darin gewiss eine Erbschaft der alten Zeit erblicken, wo der Komos nur aus Tetrametern bestand und wesentlich nur durch den Wechselgesang der Choreuten dramatisches Leben in den Scherz kam.

Auch in einem zweiten Punkt gewinnt durch Vergleichung der von Arnoldt besprochenen Chorpartien unsere Analyse der Parabase an Wahrscheinlichkeit. Bei dem grossen Streben nach Symmetrie, das die antike Tragödie und Komödie beherrschte , sollte man erwarten , dass, wenn eine Gruppe von Versen unter mehrere Choreuten vertheilt werden sollte, jedem eine gleiche Anzahl von Versen zufiel. Aus der Verszahl des Epirrhema haben wir auch die Vermuthung geschöpft, dass dieses wirklich ehemals der Fall war, indem jeder der 4 Vordermänner 4 Verse sprach oder sang. Aber Aristophanes, sahen wir, hatte sich jener beengenden F'esseln schon entschlagen und das Epirrhema aus 4 ungleichen Theilen zusammengesetzt. Aehnlich verfuhr nun Aristo- phanes auch sonst in den unzweifelhaft von mehreren Choreuten vor- getragenen Chorpartien, so dass neben gleichen Abschnitten von je 2> 4 oder 5 Versen auch ungleiche von verschiedener Verszahl vorkom-

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men; vgl. Vesp. 230 72 bei Arnoldt 20, Lys. 614 57 bei Arn. 95 9).

Aber auf der anderen Seite müssen wir ebenso unumwunden ein- gestehen, dass die Kühnheit, mit der wir die sich entsprechenden Sy- steme der Parabase, Epirrhema und Antepirrhema , in verschiedene Theile zerlegten, an der sonstigen Praxis des Dichters keinen Rückhalt hat. Denn, wo sonst zwei respondirende Partien unter Einzelchoreuten vertheilt werden , entsprechen sich auch die kleineren Theile in Bezug auf Versmass und Grösse, wie in Lys. 614 35 = 636 57 bei Arn. 94. Zwar trifft das nach der Analyse Arnoldt's nicht zu bei Pac. 346 385, aber wir können uns auch an dieser Stelle der Aufstellung des scharf- sinnigen Gelehrten nicht anschliessen.

Nachdem wir so das Verhältniss der getheilten Parabase zu den sonstigen getheilten Chorpartien der Komödie im Allgemeinen be- sprochen haben, müssten wir nun diese letzteren für sich näher ins Auge fassen. Aber da erst jüngst Arnoldt diesen Gegenstand in er- schöpfender Vollständigkeit behandelt hat und wir nicht Lust haben eine Ilias post Homerum zu schreiben, so beschränken wir uns auf einige Gegenbemerkungen. Ein Haupteinwand, den ich aber nicht gegen Arnoldt allein, sondern in noch höherem Grade gegen die jüngsten Be- arbeiter der sophokleischen Chortechnik, Muff und Hense, erhebe, be- trifft die häufige Verwendung sämmtlicher Einzelchoreuten. Von vorn- herein ist eine solche Anordnung eine zu künstliche und sachwidrige. Bei einem viereckigen Chor mussten naturgemäss ausser den Reihen zunächst die Vordermänner zur Geltung kommen ; sie standen den Per- sonen der Bühne gegenüber, und sie mussten daher in erster Linie den Verkehr zwischen Orchestra und Logeion vermitteln. Aus den hinteren Reihen konnte wohl auch hin und wieder einmal eine Stimme erschal- len, aber dass in einem Dialog mit den Schauspielern die Hintermänner, weil am zahlreichsten, auch die Hauptrolle spielten, ist mir von vorn-

9) Arnoldt gegenüber muss ich indess bemerken, dass ich seiner Zerlegung der Parodos der Acharner, der Wespen und der Ritter schon desshalb entgegentrete, weil sie so ganz verschieden- artige Theile den 24 Einzelchoreuten zuweist, und dass ich auch in der Lysistrate den 10. Choreuten mit v. 307, den 11. mit v. 312, den 12. mit v. 317 anheben lasse, um die Con- cinnität in der Vertheilung der Verse eine grössere werden zu lassen.

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herein undenkbar. Etwas anderes ist es, wenn die Choreuten unter sich zur Berathung zusammentraten, wie im Agamemnon v. 1346 71, in der Lysistrate v. 254 316 u. 614 705 und in den Ekklesiazusen v. 478 503, oder wenn die Choreuten einzeln in die Orchestra ein- traten, wie in den Sieben gegen Theben. In dem Dialog hingegen zwischen Chor und Schauspieler ist mir, wie gesagt, die allmähliche Verwendung sämmtlicher Schauspieler von vornherein äusserst unwahr- scheinlich; ich finde aber auch, dass hier die Vertreter jener Lehre nur mit grösster Willkür ihre 12 oder 24 Personen herausbekommen. Was ist z, B., um nur die eine Parodos der Acharner herauszugreifen, für ein Grund die zwei vortrefflich zusammenhängenden Verse 333 f.

wg d7iü)Xotueod'\ 6 layxog ^rjjLKrrrjg od*' «oV etuog.

dl'Aa jLiij dgaöfjg o juel'Aeig' jLirjdautijg, w /Li7]d<xjLiri)g. unter zwei Choreuten zu vertheilen? Und enthalten die Schlussworte nicht eine wirkungsvollste Anspielung auf den Schluss des Verses 324

jiir]da/uü)g , djxctyvizoi. so dass derselbe, welche Schwierigkeiten auch immer seine Stellung bereiten mag, jedenfalls dem Dikaiopolis zu belassen und nicht mit Ar- noldt einem der Choreuten zuzutheilen ist.

Weitere Controverspunkte zwischen mir und Arnoldt, die aber mit jenem ersten zusammenhängen, betreffen die mangelhafte Unterscheidung zwischen gesprochenen und gesungenen Partien , und die Vertheilungen auf einen zu grossen , ungleichartigen , und zum Theil , wie in der Pa- rodos der Ritter und der Acharner, von anderen Bestandtheilen unter- brochenen Verscomplex. Unter mehrere Choreuten vertheilt sich leicht und einfach eine Gruppe gleicher, oder doch nur wenig von einander abweichender Verse; aber dem einen Choreuten trochäische Tetrameter, dem andern rein lyrische Partien zuzuwenden, das hat seine äussersten Bedenken. Wie konnte, frage ich, in einem solchen Fall noch jene Schönheit des Ebenmasses zur Geltung kommen, auf welches die griechi- schen Dichter, Philosophen und Künstler so grosses Gewicht legten? Muss nicht ferner eine solche Vertheilung auch schon desshalb an- stössig erscheinen, weil Tetrameter und Trimeter in der Regel gesprochen und desshalb schicklich vom Dichter einem Einzelnen in den Mund ge- legt wurden, kretische und andere lyrische Perioden hingegen nur zum

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Gesänge sich eigneten und desshalb im Dialog fast gar keine Verwend- ung fanden? Ebenso wird die Durchsichtigkeit der Anordnung bedenk- lich gestört, wenn, wie Arnoldt dieses namentlich in der Parodos der Ritter angenommen hat, zwischen dem xten und dem darauf folgenden Choreuten eine grössere Scene eingelegt ist, in der gar keine Choreuten, sondern ganz andere Personen sprechen. Ich lasse mir eine solche Unterbrechung noch gefallen, wenn die auseinandergerissenen Theile sich als Strophe und Antistrophe, oder als System und Antisystem ent- sprechen und durch die begleitende Musik verbunden wurden; aber Arnoldt hat dieselbe auch angenommen , ohne dass ein solcher ent- schuldigender Umstand dazu getreten wäre.

So erheben sich auch in diesem Punkte von vornherein gegen Ar- noldt's Lehre gewichtige Bedenken; dieselben werden aber noch be- deutend erhöht, wenn man sieht, auf welch unsichere Weise Arnoldt die Vertheilung an den einzelnen Stellen durchgeführt hat. Ich wähle mir, um das an einem Beispiel zu erläutern, die Parodos der Wespen 230 487 aus, die zuerst G. Hermann und dann in einer theilweise ab- weichenden Weise Arnoldt unter die 24 Choreuten zu vertheilen ver- sucht hat. Ausser Zweifel also steht auch mir, dass in dieser Parodos nicht der ganze Chor, sondern einzelne Personen aus dem Chore sprechen, sowie dass der Chor in 4 Reihen gegliedert 6 Mann tief in die Orchestra einzieht und dass demselben 3 Knaben, zwischen die ein- zelnen Reihen postirt, mit Laternen vorausgehen. Es sind das so offen- kundige Dinge, dass man entweder mit Blindheit geschlagen oder von einem besonderen Geist des Widerspruchs besessen sein muss , wenn man dagegen Einsprache erheben wollte. Aber über das Wie der Ver- theilung und das Wann des Wechsels der Stellung ist es nicht so leicht zu einer gleich festen Ueberzeugung zu gelangen. Einige An- ordnungen Arnoldt's jedoch sind entschieden falsch oder doch discu- tabel. Gleich im Anfang hat Arnoldt die 18 jambischen Tetrameter v. 230 47 unter 6 Choreuten vertheilt; die Vertheilung ist gut ge- troffen, aber es ist auch eine Vertheilung unter 4 Choreuten möglich, und ich ziehe dieselbe vor, weil sie mit dem Einzug des Chors in 4 Reihen harmonirt. Es folgt dann ein launiges Gespräch zwischen den laternen- tragenden Knaben und dem Chor; das Gespräch verläuft in 3 Absätzen,

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wie weiter unten das Duett zwischen Knaben und Chor (v. 290 316) in 6; es hat desshalb Arnoldt dieselben unter die 3 Knaben und 3, be- ziehungsweise 6 Choreuten vertheilt; aber es spricht ganz deutlich im- mer nur derselbe Knabe und immer nur derselbe Choreute ; ich stimme daher trotz jener neckischen Dreizahl und trotz des Plurals ^juäg in v. 254 im Wesentlichen Chr. Muff bei, der in seinem Buche, Ueber den Vortrag der chorischen Partien bei Aristophanes S. T43 beidemal einen Wechselgesang zwischen dem Koryphaios und einem Knaben statuirt.

Bezüglich der nächsten Tetrameterpartie v. 259 72 folge ich Arnoldt, um dann bei dem Ständchen vor dem Hause des prozess- liebenden Philokieon wieder stark abzuweichen. Der Chor oder ein Choreute hatte v. 270 gesagt:

dlla uot, doxel aravrag lv&ad\ covdyeg, adovtag avxov sxzaXelv Weisen nicht schon diese Worte darauf hin, dass das folgende Ständ- chen nicht in einer Monodie, sondern in einem mehrstimmigen Gesang bestand? und wäre es nicht ein Missbrauch des Sologesanges, wenn hier , wo alle mit kräftigem Cantus den Genossen heraussingen sollen, ein Einzelner mit schwacher Stimme eine Arie anstimmen wollte? Nein, wenn nicht alles trügt, werden die 4 Strophen des Ständchens von dem ganzen Chor gesungen und zwar so , dass jede der 4 Reihen eine Strophe übernimmt.

Nach dem Duett zwischen einem Knaben und einem Choreuten und dem Solo des freiheitsdurstigen Philokieon folgt dann die Scene zwischen Philokieon und Chor, welche den Fluchtversuch des ersteren einleitet. Da dieselbe in 2 genau respondirende Theile zerfällt (334 64 = 365 94), und in jedem derselben 6 bestimmt abgegrenzte Chorpartien vorkommen, so zweifle ich hier nicht, dass Arnoldt mit seiner Ver- theilung auf 2X6 Choreuten im Rechte ist. Dabei beachte man noch insbesondere, dass mit dem Ständchen der Chor Stellung genom- men hatte und nunmehr mit einer Fronte von 6 Mann der Bühne zu- gekehrt stund. Wie ist es nun passend und sachentsprechend, dass gleich in der nächsten Scene jene 6 Vordermänner zweimal hinter ein- ander in respondirenden Scenen zur Geltung kommen ! Dieselben 6 Vordermänner scheinen sodann nochmals, wie wiederum Arnoldt scharf- sinnig gesehen hat, in der nachfolgenden Scene v. 403 29 = 463 87

Abb. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. II. Abth. 24

182

Träger des halblyrischen Dialoges zwischen Orchestra und Logeion ge- wesen zu sein.

Ich setze zum Schluss noch den Anfang der Parodos nach meiner Vertheilung her; den grösseren zweiten Theil herzusetzen finde ich nicht für nöthig, da ich ja hier wenigstens in der Hauptsache mich mit Arnoldt im Einklang befinde :

XOPOY 6 a Xl'fm, n^oßatv"1 i^fWfMViog' w Kcof.Ua ßoadvveig;

jucc rov Ji\ ov uevroi nyb rov y\ dXti ?)a#' Ifidg xvveiog. vvvl dt xoslvtwv earl öov Xaoivadrjg ßadi'Qeiv. co J£rovfi6(fu)()E Kov&vXev, ßeXriare avrdixaorwv, Eveoyidrjg do' earl ttov "'vjavfF fj Xaßrjg o <PXvevg; 6 ß' ndoeaS^ o drj Xomov y- er1 eariv, arnianai ncmaiag\ r\ßr{g exelvijg, fjvix' iv livQa.VT.ia) 1svvr\fi8V. (pyovQOVVT^ eyto re "Aal ov xqra ne^maT.ovvre vvxtojo rfjg doroTiioXidog Xa&ovr' exXeipa/uev rov oX/uov, xq& 7]ipojU€r rov xoyxoüov, xarao^ioavreg avrov. 6 y dXX' eyxoj'üj/uev, ajvdyeg, wg eorai Aayr\ri vvvl' Gifxßlov de opaöi %Qrj/Liaro)v ey^eiv dnavreg avrov ' %&eg yovv KXeiov 6 xrjdeiiwv r\utv eopelr7 ev üoq r\xeiv e%ovrag fjjLieytov ögyrjV ryiaiv TiovrjQav fai7 avrov, ojg xoXoj/uevovg wv rjdlxrjoev dXXd onevdojßev, lovdyeg r\Xixeg, tiqIv fj/Lieyav yeveöS-ai. 6 d' %un)<a{isv, atua re reo Xvyvu) navrr\ diaoxonujjLiev, jurj Ttov XlO-og rig eunodcov fjuäg xaxov n dyaorj.

ITAl^. %bv 7ir\Xbv, co nare() Tiarey, rovrovl (pvXafai.

XOPOY 6 a xaqcpog %a{ia&ev vvv Xaßwv rov Xv/yov TtQoßvöov.-

IIAIZ. ovx, dXXd rwdl uoi doxa) rov Xv%vov nqoßvoeiv.

XOPOY 6 a rl dfj jLia&a)v reo daxrvXqj rrjv &QvaXXld' to&elg, xal xavra rovXaiov Gnav'iQovrog, co 'vorjre; ov yäg daxvei o~\ orav deji rl/niov noiaa&ai.

183

TIAIZ.

eI vi] J'C av&ig xovdvloig vov&ExtpEd-' rjjLiäg, änooßtoarTeg xovg Iv/yovg äm/LiEv oixacT avxol. xänEix' Yoa>g ev xqj oxoxw rovrovl oxEorj&Etg rbv TifjXov ujgtisq dxxayäg xvoßaosig ßadi'Qojv.

XOPOY 6 a tj jLirjv eyio öov %dxEQOvg jLisi'Qovag xola^co. 6 ß all1 ovxoöl juoi juayfiaoog cpalvExai naxovvxi'

xovx sod-' oncog ov% rj/uEüiuv xExxaocov xb tiIeZgxov vdioy dvayxaiujg e/ei rbv &ebv Tioifjoai. 6 y meiöi yovv xoloiv Ivyvoig ovxoil jtivxrjXEg-

cpilet d' oxav xovx1 ?y, tioieXv vexbv /uäliöxcc dsTxai dt xal xibv xao7jljHü)v arxa fit) 'üxl Ttowa vdiüf) ytvso&ai xdnini'Evoai ßoyswv avxoTg. 6 (5* xi XV^ff*1 <*V °vx TVS olxiag xfjode ovvdixaaxr\g

tietiov&ev, (og ov (palvExai dsvoo nobg xb nlfj&og ; ov jLirjv 7i()b xov y1 kpolxbg rjv, dlla nomxog r^xOSv r\yüx> av admv <&Qvvi%ov xal yao eöxiv dvrjQ cpilwdbg. dlla jtioi doxst axavxag lv&ad\ wvdoEg, adovxag avxbv ixxaleiv, rjv xi nwg dxovoag xovuov jiiilovg vcp1 ridovrjg eqtivoi] d-vqa'Qe.

XOPOY öxoi%. ä Ti nox1 ov txqo &voa>v (paivEX1 atf f\- /luv 6 ysoojv ovo*1 vnaxovei; fxwv diioliulexs xdg t/Lißddag, rj nooöEXoifJ' ev x(p oxoxqj xbv daxxvlov nov, eIx1 eopley^rjvev avx.ov xb öcpvybv yioovxog bvrog; xal xatf av ßovßojviwrj. oxoi%. ß' r\ jüTjv Tioli) dyi/nvxaxog y1 r\v xurv nao1 rjjLUV, xal jLtovog ovx av Insi&ex* , all'' bnox1 dvxtßoloir] xig, xaxio xvnxcov av ovx et) }

ll&OV ElpEig, E/.EyEV.

24*

184

6x01%. y xa%a (T av dm xbv yS't'Qivov av-

S-QUJTiov, dg fjjLiäg diedvex'

e&Ttarwi' jus Itywr

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xav ^atuco TiQÖJxog xaxslnoi,

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«It' Yöcog xslxai nvQtxxwv.

toxi yay xoiovxog uvr^. (3roi%. d akV , <oyaß-\ avioxaao arj^ ovxojg otavrbv

söd-is iirjd' äyavaxxei.

y.al yay ävrjQ nayvg r/xsi

xujv Tiüodovxwv xanl 0()qxr]g,

dv oTicog sy/vxoiug.

Die Parodos der Tragödie und die anapästischen Systeme.

Es sind bekanntlich nur 4 Tragödien auf uns gekommen, in denen der Chor unter Absingung eines Marschliedes in anapästischem Rhythmus in die Orchestra einzieht, die Perser, die Schutzflehenden und der Agamemnon des Aeschylus und der Aias des Sophokles. Dass diese Form des Einzugs die älteste Weise der tragischen Parodos darstellt, ersieht man daraus, dass Euripides sich dieser Form gar nicht mehr bediente und Sophokles nur in dem ältesten seiner auf uns gekom- menen Stücke. Sehen wir nun zu, ob der Bau dieser anapästischen Einzugsanapäste keine Analogie mit dem Eingang der Parabase und der verwandten Parodoi der Komödie hat.

Die anapästische Parodos der Perser v. 1 64 besteht aus 9 jedes- mal mit einem Paroimiakos abschliessenden Systemen; nur Dindorf hat dadurch, dass er in v. 55

xal xo§ovlxu) Irjuaxi moxovg

das unschuldige xal strich, die Zahl der Systeme auf 10 erhöht. Die einzelnen Systeme sind nicht von gleichem Umfang, bewegen sich aber doch innerhalb gewisser Grenzen , indem dieselben folgende Grössen- verhältnisse in Doppelfüssen (juexya) aufweisen :

13 15 10 15 8 16 16 19 11

185

Jeder der 9 Abschnitte schliesst nicht blos rhythmisch mit einer Kata- lexis ab, sondern enthält auch einen in sich abgerundeten Gedanken; nur das 3. System hängt mit dem 2., und das 4. mit dem 5. etwas enger als die übrigen zusammen.

Die Parodos der Schutzflehenden v. 1 40, mit der nach alter- tümlichster Weise geradeso wie in den Persern das Stück beginnt, hat gleichfalls 9 ungleiche Systeme von folgendem Umfange

8 6 11 10 7 13 8 6 Die Neunzahl setzte eine kleine Besserung des Textes voraus , welche Turnebus vornahm, indem er in v. 4

NsiXov dLav dt XsLjiovGai das den Rhythmus störende IsLnovöcu in fonovocu änderte. Seidler schlug einen anderen kühneren Weg der Verbesserung ein, indem er IxXünovoai zu lesen vorschlug, und kam so auf 10 statt 9 Systeme. Der Sinn schliesst in dieser kleineren Parodos nicht in gleichent- sprechender Weise wie in den Persern mit den einzelnen Systemen ab; am auffallendsten tritt dieses bei dem ersten System in dem eben be- sprochenen 4. Vers hervor, wo das Adjektiv und das dazu gehörige Substantiv durch den Systemschluss auseinander gerissen werden.

Der Parodos der Perser kommt an Umfang und Bau am nächsten die des Agamemnon v. 40 103; dieselbe besteht, wenn wir in v. 87 mit der 2. Hand des Mediceus

xivog ayy eklag j nev&dl TieomejLCTna &voöxiyüg ; lesen die erste Hand hat S-vooxvüg aus 9 jedesmal mit Rhythmus- und Sinnschluss endenden Systemen von folgender Grösse:

14 12 9 14 9 20 15 9 13 Enger zusammen hängen das 1. und 2., sowie das 4. und 5. System, doch hat der Dichter an letzterer Stelle

xaj.iay.og drjöwv Javaoioiv T(ju)öI #' bfioiujg. dadurch, dass er TqlogL in das nächste System hinüberzog, in wirkungs- vollster Weise die Leiden der Danaer denen der Troer als gleichgross gegenübergestellt. Fragt man nach grösseren Einschnitten, so schliessen sich die 3 ersten und die 3 folgenden Systeme enger zusammen, und beginnt mit dem 7. System ein neuer . durch das Eintreten der Kly-

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temnestra auch äusserlich gekennzeichneter Abschnitt. Schwierigkeit bereitet nur das Verbum &vooxivelg in v. 87 ; dass damit der Corrector des Mediceus die Hand des Dichters hergestellt habe, bin ich weit entfernt zu glauben, obschon selbst Hermann dasselbe in den Text aufgenommen hat. Aber noch weniger haltbar ist das monströse &vooxveig der 1. Hand, mit dem man die Glosse des Hesychius S-eoaxvel' &eovg ri/Ltä zusammenstellt. Grössere Wahrscheinlichkeit hat, für sich betrachtet, die Conjectur von Turnebus &voöxelg, welche an einer anderen Glosse des Hesychius S-voaxelv IsQoig naqeg'eö&cu rj Osotg einen Rückhalt hat und allerdings an ganz passender Stelle einen Paroimiakos bringt. Mit Billigung dieser Lesart würden wir 10 Systeme erhalten; da aber doch die Form des Verbums Anstoss erregt und die Analogie der be- trachteten Parodoi gegen die Zehnzahl spricht, so neige ich mich mehr zur Vermuthung Lobeck's &vooxoisig oder Hermann's SvoaxoieTg, wenn nicht vielmehr an anderer Stelle der Fehler zu suchen und etwa in v. 91 statt

ßmjnol dwQoiai (pltyovrai ßco/Ltol dm^oioiv (peyyovrai

zu schreiben ist.

Die letzte anapästische Parodos, die des Aias v. 134 171 besteht, aus 6 ziemlich ungleichen Systemen von

6 8 13 11 20 15 Doppelfüssen. Mit jedem System schliesst zugleich der Gedanke; doch finden sich auch noch innerhalb der grösseren Systeme weitere Satz- schlüsse, wie namentlich v. 150 und 157.

In den drei äschylischen Stücken also beträgt die Zahl der ana- pästischen Systeme der Parodos 9, in dem einen sophokleischen 6; jedesmal ist demnach dieselbe mit 3 theilbar. Bedenkt man nun, dass der aus 12, später 15 10) Mann bestehende Chor der Tragödie in 3 Reihen, wie der der Komödie in 4 seinen Einzug in die Orchestra hielt, so drängt sich einem, sobald man einmal auf jenes Zahlen-

10) Für alle uns erhaltenen Stücke des Aeschylus hat neuerdings Wecklein, Studien zu Euripides in Jahrb. f. class. Phil. Suppl. Bd. VII S. 432 ff. die Zwölfzahl der Choreuten zu erweisen gesucht; dasselbe bewies für den Aias des Sophokles Muff, Chorische Technik des Sophokles S. 73 f. u. 77 f. Auf die Frage über die Grösse des Chors in der Orestie werden wir unten noch einmal zurückkommen.

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verhältniss aufmerksam geworden ist, unwillkürlich die Vermuthung auf, dass sich die 3 Reihen oder vielmehr die Vordermänner (oi h'gayxoi) jener 3 Reihen in den Vortrag der Anapästen der Parodos getheilt haben. Das konnte nun entweder so geschehen, dass jeder Vordermann nur je ein System vortrug und dass also nach dem 3. und 6. System die Reihe wieder von vorn anfing , oder so dass ein Vordermann gleich 3, bei Sophokles 2 Systeme hintereinander recitirte; das letztere hat wenig- stens in den Schutzflehenden die grössere Wahrscheinlichkeit für sich, da dort das 1. und 2. System zu enge zusammenhängen.11) So wären wir denn zu einer ausserordentlich interessanten Analogie zwischen Ko- mödie und Tragödie gekommen: wie in den Wespen und der Lysistrate der Chor so einzog, dass sich die 4 Vordermänner in die 18 Einzugstetra- meter theilten , und wie in den Zwischenstücken der Komödie, den Parabasen, sowohl beim anapästischen, wie beim trochäischen Theile eine gleiche Vertheilung des Vortrags zwischen die 4, beziehungsweise 6 Vordermänner stattfand, so wurden auch in der älteren Tragödie die Einzugsanapästen unter die Führer der 3 Reihen vertheilt; die Theilung war nur in der Tragödie bestimmter auch im Rhythmus ausgeprägt, in- dem bei der systematischen Form der Composition jede grössere Pause innerhalb des Abschnittes ausgeschlossen war. Besondere Beachtung zur gegenseitigen Stütze meiner Annahmen schenke ich dabei auch dem Umstände, dass in der Komödie wie in der Tragödie die einzelnen Ab- schnitte nicht von gleichem Umfange sind.

Diese Lehre von der Vertheilung der Einzugsanapästen unter die 3 Reihen des tragischen Chors ist nicht neu. Ich selbst habe zwar die

11) Müller's Bemerkung in der Ausgabe der Eumeniden S. 89, dass in den anapästischen Chor- liedem gemeiniglich immer drei Systeme enger zusammenhängen, lässt sich nur im Agamemnon aufrecht erhalten; selbst in den Persern würde man nach dem Sinn eher mit dem H. als mit dem 4. System einen neuen Abschnitt beginnen. Keinerlei Bedeutung aber kann ich der weiteren Beobachtung Müller's beilegen, dass auch die Summe der übrigen in den 3 Stücken des Aeschylus zerstreuten anapästischen Systeme eine Theilung durch 3 zulasse ; denn abgesehen davon, dass die Müller'sche Zählung selbst sehr anfechtbar ist, kann ich mir auch nicht vor- stellen, wie dann, wann wie in den Persern und den Schutzflehenden die 2 ersten und da« dritte System durch weiten, mehrere Hunderte von Versen umfassenden Zwischenraum getrenn waren,j ein Wechsel des] Vortrags zwischen den 3 Reihen noch begründet und verständlich sein konnte.

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Beobachtung ganz selbständig gemacht; habe mich aber hintendrein aus Büchern, die ich längst gelesen hatte, ohne aber gerade auf diesen Punkt zu achten, belehren lassen, dass schon Lindner, Ueber den Chor im Aeschylus in Jahn's Jahrb. 1827 S. 102 4 die Theilbarkeit der Zahl der anapästischen Einzugssysteme durch 3 erkannt und 0. Müller in seiner Ausgabe der Eumeniden daraus den Vortrag jener Systeme durch die 3 Reihen des Chors geschlossen hatte ; G. Hermann in seiner berühmten Recension der Müller'schen Ausgabe (Opusc. VI 2, 142) äussert sich über die Sache sehr zurückhaltend, scheint aber dieselbe doch nach der Anmerkung zu Aesch. Agam. V 87 für bedeutsam ge- nug gehalten zu haben, um sie bei der kritischen Behandlung der be- treffenden Chorpartien ins Gewicht fallen zu lassen. In neuerer Zeit scheint die alte Beobachtung so gut wie vergessen worden zu sein, so dass sich Dindorf, wie wir sahen, um sie in der Feststellung des Textes nicht kümmerte, und Keck in seiner Ausgabe des Agamemnon S. 214 f. eine ganz neue auf willkürlichsten Conjecturen beruhende Anordnung der Systeme vornahm.

Schliesslich mache ich aber noch auf einen Punkt aufmerksam, der zeigt, welche Bedeutung unsere Lehre von der Vertheilung der ältesten anapästischen Parodoi unter mehrere Choreuten für die Be- urtheilung der weiteren Entwicklung der attischen Tragödie hat. Be- kanntlich wurden jene langen Einzugslieder des Chors in feierlichem anapästischen Rhythmus frühzeitig als eine altmodische, langweilige Form der Parodos verschmäht; an ihre Stelle traten andere Formen, welche nicht blos durch ihre Neuheit neues Interesse erregten, sondern auch grössere Beweglichkeit und Mannigfaltigkeit gleich in das erste Auf- treten des Chors brachten. Unter jenen neuen Formen scheint sich namentlich die Betheiiigung der Schauspieler an den Anapästen des Einzugsliedes einer besonderen Beliebtheit erfreut zu haben. Wie man nun sieht, lehnte sich zugleich diese neue Form sehr nahe an das alte Herkommen an, und bestand wesentlich nur in einer kleinen Abänderung der alten Ordnung: statt der drei Vordermänner des Chors traten nun- mehr nur ein oder zwei Führer des Chors und ein Schauspieler ein. Eben diese Analogie der jüngeren Form der Parodos macht es uns aber auch wahrscheinlich, dass in jenen älteren Einzugsliedern die einzelnen

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Absätze nicht von den ganzen Reihen, wie 0. Müller annahm, sondern nur von den Führern der Reihen vorgetragen wurden. Indess ist dieses eine strittige Sache, da auch sonst anapästische Systeme sowohl von Einzelnen als von einer Gesammtheit recitirt wurden, wesshalb ich keinen Streit erheben möchte, wenn einer der entgegengesetzten Meinung lieber folgen wollte.

Wir haben bis jetzt gesehen, dass die längeren anapästischen Ein- zugslieder 12) nicht von einem einzigen, sondern von mehreren abwech- selnd vorgetragen wurden, und dass ursprünglich die Katalexis in ana- pästischen Liedern die Bedeutung hatte , dass mit ihr der Gesang des einen zu Ende war und der eines andern folgte. Galt nun, frage ich weiter, diese Regel auch von den andern anapästischen Liedern der Tragödie? in jener Allgemeinheit sicherlich nicht; wir haben dafür un- zweideutige Beweise. Denn auch die einem Schauspieler in den Mund gelegten Anapäste zerfallen häufig in mehrere Systeme, wiewohl doch hier von einer Abwechselung im Vortrag selbstverständlich keine Rede sein kann. Selbst zwei anapästische Chorlieder bei Aeschylus in der Exodos der Sieben v. 1066 71 und 1072 7 bestehen aus je 2 Systemen, wurden aber trotzdem von ein und denselben Personen des Halbchors vorgetragen. Ja ich gehe noch weiter, in der Hekabe des Euripides v. 98 153 haben wir ein 56 Kola füllendes anapästisches Chorlied, das aus 5 Systemen besteht; gleichwohl weise ich dasselbe dem einen Kory- phaios zu; denn dasselbe enthält eine Erzählung, eine solche aber unter mehrere zu vertheilen, widerspricht dem Wesen der Erzählung. Wir sehen also, dass in der späteren Zeit, wo der Koryphaios eine hervor- ragendere Rolle spielte und wo zu derselben jedenfalls eine gut ge- schulte Persönlichkeit ausersehen wurde, die Dichter sich nicht scheuten dem Chorführer die Declamation und den Gesang auch sehr langer,

12) Ich spreche hier und sprach schon öfters von anapästischen Einzugs lied er n; das will ich nicht so verstanden hauen, als sei der Vortrag der anapästischen Systeme und der trochäischen Tetrameter ein förmlicher Gesang gewesen und als wolle ich meine frühere Behauptung, dass dieselben dem Gebiete der Parakataloge angehören , hiemit zurücknehmen. Aber nachdem Aristophanes selbst in den Eccles. 1153 die trochäischen Tetrameter als {xelog bezeichnet hat, möge auch mir bei dem Mangel eines eigenen Wortes die allgemeine Benennung cLied" gestattet sein. Abh. d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. IL Abth. 25

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vielsätziger Anapäste zuzumuthen. Aber was in der späteren Zeit nicht unerhört war, das braucht nicht auch von der älteren zu gelten; treten wir also zunächst an Aeschylus heran , der ohnehin hier fast einzig in Frage kommt, da die Einführungs- wie die Schlussanapäste des Chors nur bei ihm aus mehreren Systemen zu bestehen pflegen, während Sophokles und Euripides dieselben meist zu einem Systeme zusammenschrumpfen Hessen.

In den Sieben haben wir ein längeres anapästisches Lied am Schlüsse des Stückes, welches den Auszug des Chors begleitet; es besteht aus 6 Systemen und zerfällt deutlich in 2 Theile, von denen der erste dem Koryphaios, der zweite den beiden Halbchören zuzuweisen ist:

XOPOY

KOP. <P&v (psv.

d) jLieyaXavyoi xal ip&e^aiyevelg

Krjoeg 3Eoirv€g} cuV Oidinoda

yevog wksaare nye/uvo&sv ovriog,

xl na&uj; xl St dotiJ; %i 8 k /Lirjocjuai;

nujg xoliirjooj urjxe Ok xkaitiv

jLirjT€ 7l()07ieU7I€tV ETIL XVflßw;

d'k'kd (poßovjLiai xanoxomoaai

dsifxa nokixwv.

ov Y€ firjy no'k'kwv nkv^r\j.ri^ix)v

xsv§ei ' xklvog d1 o xa'kag dyoog

tuovoxkavxov s'xidv &(jtivov ddekcpijg

elöi. xig ovv av xd ni&oixo; HM. a Jodxuj xi nokig xal urj dydzoj

xovg x'kaiovxag Tlokvvkixi].

Tj/LisTg jitiy Xakv xal avv&aipofiev

a%de nyonofinoi ' xal ydo ysveq

xoivov roJ1' ä%og, xal nokig ä'kkojg

äkkox' tnaivtl rd dixaia. H M.ß 'Hfiug (T d/tia xmd\ üoneo xe nokig

xal xo (flxaioy §vvenaivti.

juexd ydo juaxaoag xal Jiog loyvv

191

<,(tt Kadf,uiav 7JQVJ;€ nokiv

juävaryamjvai /ai]^ ailodaniüv xvfiari (pojjcov xaraxXvo&fjv.

Zweifelhaft ist es nur, ob man nicht noch weiter gehen und mit jedem neuen System die Vortragenden wechseln lassen darf. Dann würde schon in den ersten Theil der hier noch schlummernde Zwiespalt der Meinung getragen und von den zwei Führern der Halbchöre ver- treten werden ; es müsste dann weiter ein Auszug in 4 Reihen an- genommen werden, so dass in jedem Halbchor jeder der beiden aus je 3 Mann bestehenden Reihen ein System übernehme.

Eine ähnliche Vertheilung des anapästischen Liedes auf den Chor- führer und den Gesammtchor liegt in den Choephoren v. 719 29 und in den Sieben v. 861 73 vor; ich begnüge mich die erste Stelle her- zusetzen :

KOP. Ehv, (pifocu ducoideg oixcov,

710T.8 Öl] OTO/LLarOJV

dei§oiAtv \oyyv ItC 'Oytorrj; XOP. 12 TioTVta y&wv xal norvC dxTTj yw/LiaTOs, rj vvv enl vavayyu) ocotiari xelaai to> ßaöilsiip, vvv snaxovaov, vvv ina^rj^ov vvv yäy axua'Qei Usi&w do'kiav ^vyxaraßfjyai vvyiov #' 'Ey^fjv roiod1 bcpodevöai £i(podrjkr]ToiGiv aycnüiv.

Weniger klar liegen die Verhältnisse in den übrigen anapästischen Chorliedern des Aeschylus , aber doch so , dass uns die Uebereinstim- mungen in den Zahlen zu einer bestimmten Entscheidung hindrängen.

In den Persern haben wir ausser den bereits besprochenen Ana- pästen des Eingangs und den kommatischen Anapästen der Exodos zwei längere anapästische Lieder v. 139 54 und 532 47, welche zur Einleitung der nachfolgenden Handlung oder des nachfolgenden Gesanges dienen. Jedes derselben hat 4 Systeme, wenn wir v. 152 die ganz unverdächtige Lesart der Handschriften tiqoojiItvw (nach Porson's Vor-

25*

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schlag lesen Weil und Dindorf TTyoojiirycjuev) beibehalten, und v. 545 mit Prien den vom Sinn fast geradezu geforderten Paroimiakos durch die Verbesserung von axo^saraToig in axo^sOToig herstellen. An beiden Stellen stehen die Anapäste mit lyrischem, in Strophen und Anti- strophen gegliederten Chorgesang in unmittelbarer Verbindung. Da nun aller Wahrscheinlichkeit nach jene Strophen von Halbchören vor- getragen wurden, deren jeder aus zwei Reihen (2 X 3) bestund, so stelle ich die Vermuthung auf, dass in den Vortrag jener 4 Systeme sich die 4 Reihen oder vielmehr die Vordermänner der 4 Reihen theilten. Namentlich an der ersten Stelle hat jene Vertheilung die grösste Wahr- scheinlichkeit, wesshalb ich es mir nicht versagen will, den ganzen Schluss der Parodos herzusetzen:

HM.a ITag yd(j ijmrjlaTrjg xal JTtdoarißrjg Xewg

Ofifjvog cijg exhelor/isr usfooaäv avv oy/dum oryarov, tüv aiMpL'Qevzrov t^ajLieii/jag äucpoTtfjag aliov TiQoiva y.oivbv aiag. HXI.ß' AizT^a (T ävdywv iroßcp niaTilarai dax^vuaoiv Ileyoideg (T aßyoTitv&ug ixaora tto&ü) (pilavoyi %bv aiyuaerra &ov()ov evva- rfjQa TiyoTiejLMfjajiieva lüntxai /liovo'Qv§. XOP. 6 a AXV äye, ITeQGcu, rod' tve'Qojuej'oi \ GTtyog a^yaiov,

(pyovrida x.edvi)v xal ßa&vßovXov frcuued-a, xysia de 7iQoar]xei. o ß TTCug äya nyaooei Zey&'jg ßaGilevg ^/ayeioyevrjg,

to TKXTyiorv jlliov ytvog r^itxi^oy ' Tioreyov tü^uv (wjua rb vc/mv rj doQiZQavov loyyrjg loyvg xey.(ja%rixsv ; b y aXV i]de &t(nv %aog ocpd-aliiolg cpdog oQfxänai jLirjTrj(j ßaoileiog,

193

o (J xal nQoay&oyyoig &i xyeiuv ccvxrjy nayxag jllv&oiöl Tiyoöavdqy. XOP. !T2 ßa&v'Cü)Vüjy avaoaa IIsyGldwy vTteQxaxri, fifjxFQ fj £sq§ov ytyaia, %cuQe, da^tiov yvvai &80V fdy svyaxsiya Ilsyoiuy, &eov dt xal jli^xtj() tcpvg, u xi ui] dai/Licor Tialaiug vvv fie&eöxrjxe OxQaxcp.

In der Orestie haben wir folgende längere anapästische Lieder: im Agamemnon trägt der Chor nach einem antistrophischen Wechselgesang zum Einzug des Königs Agamemnon 6 ungleiche Systeme vor, die sich dem Sinne nach in zwei Gruppen von je 3 Systemen zusammenfügen (v. 783 98 und 789 809) lassen und desshalb wahrscheinlich von den zwei Chorführern gesprochen wurden. In demselben Agamemnon folgen auf jambische Trimeter, welche zweifelsohne vom Koryphaios gesprochen wurden, 3 einleitende anapästische Systeme v. 355 66, und drei die Scene abschliessende Systeme v. 1331 41. Vom Chor- führer können dieselben nicht vorgetragen worden sein; denn dieser spricht die vorausgehenden Trimeter, mit dem Wechsel des Metrums war aber sicherlich auch ein Wechsel in der Person des Vortragenden verbunden. Da ferner die Wiederkehr der Dreizahl doch weder zu- fällig noch bedeutungslos gewesen sein wird, so vertheile ich an beiden Stellen die 3 Systeme unter die 3 Reihen ,des Chors.

Dasselbe ist in gleicher Weise angemessen in den Choephoren v. 306 14 und 1065 76; an der ersten Stelle liegt ein Gebet des Chors an die Moiren in 3 anapästischen Systemen vor; an der zweiten verlässt der Chor, nachdem der Koryphaios noch den Orestes mit Segenswünschen begleitet hatte, unter dem Takt eines anapästischen Liedes die Orchestra. Dasselbe hat zwar nach der handschriftlichen Ueberlieferung 4 Systeme, aber mit vollem Recht hat, nicht der Drei- zahl zulieb, sondern aus inneren Gründen G. Hermann in v. 1069 die Worte xe Oveöxov gestrichen und so 3 Systeme hergestellt. Es ist viel- leicht auch nicht zu kühn und gesucht, wenn ich in den Worten

x Qiytyujy /Liufrog xade (pwyel in v. 314 und in

xylxog av %£iuuyy xyixog fjX&e no&ev owttJq

194

in v. 1066 und 1073 eine versteckte Anspielung auf den Vortrag der beiden Lieder durch die 3 Reihen des Chors erblicke.

Gegenüber diesen anapästischen Liedern der Orestie, welche sich alle in die Dreizahl fügen, wird nun das Fessellied in den Eumeniden v. 306 20 durch 5 anapästische Systeme eingeleitet. Der Chorführer spricht dieselben nicht; denn dieser sprach die vorausgehenden Tri- meter, auch möchte ich den Uebergang vom Singular in den Plural

8/nol r()a(p€ig ts xal xa&itytouh'og ; xal yoUv fi e datOEig ovdt nyog ßcofMp ocpaysis, vjuvov (?' äxovosi rovde dtcffiiov atdsv. aye di] xal %o()ov a ip io u e v

nicht so leicht für bedeutungslos halten. Dem ganzen Chor die 5 Systeme zu geben, stünde an und für sich nichts entgegen; doch macht die Analogie der übrigen anapästischen Lieder auch hier eine Theilung wahrscheinlich. Man möchte daher am liebsten an die 5 Querreihen des 15 Mann starken Chors denken; Bedenken erregt nur der Umstand, dass andere Stellen auf einen Chor von 12 Mann hinführen (siehe An- merkung 10). Vielleicht ist desshalb die Annahme erlaubt, dass die 2 ersten und die 2 letzten ganz kurzen Systeme zusammengenommen und je einer Reihe zugewiesen wurden.

Nichts besonderes vermag ich beizubringen zu dem zweigliederigen

O O CO

Einleitungslied in den Sieben v. 822 31, und zu dem offenbar ver- stümmelten und desshalb schwer zu beurtheilenden Liede in den Schutz- flehenden v. 966—79.

Bezüglich der übrigen Tragiker kann ich mich kürzer fassen , da dieselben bei den Einführungsanapästen und in der Exodos sich auf ein System zu beschränken pflegten , das natürlich dem Koryphaios oder dem ganzen Chor zukam. Nur in wenigen Fällen finden wir hier grös- sere anapästische Lieder, deren einzelne Systeme verschiedenen Theilen des Chors zufielen. Ein besonders einleuchtender Fall der Art findet sich im Rhesos, der überhaupt in seinen lyrischen Partien vieles Eigen- thümliche hat, was nicht zur Manier des Euripides stimmt und Berühr- ungen mit der älteren Tragödie zeigt. Gleich im Eingang dieses Stückes steht ein anapästisches Chorlied, dessen 2 Systeme ganz offen-

195

bar zwei verschiedenen Personen des Chors, wahrscheinlich den Proto- staten oder Flügelmännern und dem Koryphaios, zuzuweisen sind. XOP. Bä&i TTQog svvag

rag 'Exroyeovg rig vjiaömordiv äy^vnvog ßaOt'/Jcng rj %ev%oipo()(ßv, dt reTQauoiQov vvxrog cpvlaxi]v naar\g oryaTiag Tiyoxa&rjvrai. KOP. oyftov xtcpalrjv nfiyvv eyeLoag,

kvoov ßkt(pa(ju)v yo(jyu)7iöv tdyav, 'keine yatuevvag (pvlkooryiuTovg de£cu re veujv xkrftmra iav&ujv, c/Exto(j- xatyog ya.Q äxovoai.13} Ebenso äussern offenbar zwei Choreuten, wahrscheinlich die Führer der beiden Halbchöre, ihr Erstaunen über die Erscheinung des deus ex machina v. 882 9:

XOPOY ö a Ti tlot* evrvylag ex Trjg jLieyahrjg Tgoiaj' avayei nokiv elg nev&og daiuiov äkkog, %i (pvjeviov ; o p ea ea, io iu,

rig VTity xecpakfjg &eog, tu ßaoikev, tov veod/LirjTOV rexQov ev yeifjolv (poftafitjv Tie'ftTrei ; rayßdi kevaawy zode cpaofta. Entgegen der sonstigen Uebung schliesst ferner Euripides die Iphi- genia auf Tauri mit einem aus 2 Systemen bestehenden anapästischen Chorlied, dem die Interpolatoren noch das gewöhnliche Schlusssystem d fxeya oef.ivi] Nlxr\ x. r. L angehängt haben. Die 2 ächten Systeme sind unter den Koryphaios und den Gesammtchor zu vertheilen:

13) Arnoldt, Chorische Technik des Euripides S. 173 hat, wie ich nachträglich sehe, das erste System in 2 Gruppen getheilt und den beiden Parastaten gesondert zugewiesen. Ich halte aber nach wie vor an meiner Vertheilung fest; allerdings hängt dieselbe von der Nauck'schen Umstellung und Verbesserung des Verses Stl-ai ts viwv xXr)66vu fiv&iov ab; aber ich trete dieser genialen Conjectur unbedingt bei und halte sie noch besonders durch das nachfolgende x«i(}ds yitQ dxovata begründet. Auch Dindorf ist Nauck beigepflichtet und hat dessen Conjectur in den Text aufgenommen.

196

KOP. IV ItC 6vtv/Jcx rfjg ow^o/utj^g

uoiyag svdaijLioveg uvteq. XOP. all* (o Ge^ri) naya r' ä&avarotg

xal Tiaya d-vrpr.dig ITalldg l4&a.va,

dyaoousv ovriog wg öi) xekevsig'

jLiaXa yay %zqjivi]V xavtkniözov

(p'urjv dy.odtoi dtöty^iai.

Bei zwei anderen aus 2 Systemen bestehenden anapästischen Lie- dern des Euripides, Electr. 988—97 und Suppl. 1114 22 ist kein Grund sie unter 2 Personen zu vertheilen und nicht ganz dem Kory- phaios, für den sie sich trefflich eignen, in den Mund zu legen.

Zu besonderem Nachdenken gibt das grosse anapästische Chorlied in der Medea v. 1081 1115 Anlass. Dasselbe erinnert durch Stellung und Rhythmus an die Parabase der Komödie (s. Myriantheus, Marsch- lieder d. griech. Dramas S. 115) und besteht aus 4 Systemen , wie so viele Stasima des Sophokles und Euripides aus 2 Strophenpaaren. Die beiden mittleren Systeme sind gleich gross , aber die beiden äussern sind wenn auch nur um einige Metra grösser und entsprechen sich auch unter eiuander nicht. Man hat verschiedene Versuche gemacht eine genaue llesponsion herzustellen, worüber man Wecklein im kriti- schen Anhang seiner Ausgabe S. 143 nachsehe; aber dieselben sind zu gewaltsam, um auf Billigung Anspruch machen zu können. Mir macht angesichts des Baues der übrigen anapästischen Chorlieder die Ungleich- heit der Systeme keine Skrupeln; aber die Vierzahl genirt mich. Denn diese scheint auf den Vortrag durch 4 Reihen oder 4 Vordermänner hinzuweisen; vier Vordermänner lassen sich aber nur bei einem Chor von 3X4 = 12 Mann, nicht aber bei einem von 15 Choreuten denken. Daraus möchte man schliessen, dass dem Euripides ,bei der Aufführung seiner Medea, welche in das Jahr 431 fiel, nur ein Chor von 12 Mann zur Verfügung stand. Das aber wird allerdings ein bedenkliches Kopf- schütteln erregen, und müsste unbedingt verworfen werden, wenn Hense Recht behielte, der in seiner Abhandlung, de lonis fabulae Euripideae partibus choricis p. 28 das 5. Stasimon der Medea v. 1251 92 unter 15 Choreuten vertheilt. Aber gerade dieses Stasimon führt eher auf

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einen Chor von 12 als einen von 15 Mann. Das 1. Strophenpaar v. 1251—60 = 1261—70 hat Hense selbst auf 2 X 3 Choreuten ver- theilt; schon das lässt uns auch in dem 2. die gleiche Zahl vermuthen. In der That ergibt aber auch der überlieferte Text u) ungezwungen 6 Sprechende, so dass wir, wenn wir nicht dieselben Personen wieder einführen wollen, auf einen Chor von 2X6 oder 12 Choreuten kommen. Ich empfehle diese, wie ich wohl einsehe, gewagte Vermuthung dem prüfenden Urtheil der Leser; schliesst man sich derselben nicht an, so wird man wohl an eine Aufstellung des Chors in 4 Reihen denken und diesen die 4 anapästischen Systeme zuweisen müssen.

In den anapästischen Einzugsliedern, in die sich die Orchestra und die Bühne theilten, führt schon der Sinn für Symmetrie dahin, dem einen Schauspieler den einen Koryphaios als Vertreter des Chors ires:enüberzustellen. Eine Ausnahme von der Ree:el machen die Troades; hier kommen auf das Rufen der jammernden Hekabe die gefangenen Troerinnen erst nach und nach aus dem Zelte heraus und rufen die einen den andern zu. Hier also kann von einer stellvertretenden Rolle des Koryphaios keine Rede sein , und haben auch bereits die alten Scholien eine Theilung des Chors in Halbchöre angenommen. Aber mehrstimmige Halbchöre lassen sich nur in dem zweiten Theile der Parodos v. 197 213 = 214 29 verwenden; aus dem ersten Theile v. 153 175 = 176 196 wird jeder bei einiger Aufmerksamkeit die Stimmen einzelner Choreuten , nicht die Rufe grösserer Massen heraus- hören, so dass wir jedenfalls neben Halbchören noch Führer von Halb- chören einführen müssen. Vielleicht aber wollte der Dichter in der Theilung des Chors noch weiter gegangen sehen; in dem ersten Strophen- paar wenigstens ergeben sich sehr einfach, wie Hense, de Ionis part. chor. p. 33 richtig gesehen hat, sechs Choreuten, durch deren Ein- führung ein ungleich grösseres dramatisches Leben erzielt wird. Auch in dem zweiten Theil Hessen sich je 4 Absätze in Strophe und Anti- strophe (197 200=214—17, 201 2 = 118—9, 203—6 = 220—3,

14 j Nach der Ueberlieferung hat die Antistrophe zwischen dem 2. und 3. dochmischen Dimeter 2 jambische Trimeter, welche in der Strophe fehlen. Da die in die Strophen eingelegten Tri- meter nicht immer zu den respondirenden Theilen gehören, so ist es gerade nicht absolut noth- wendig in der Strophe eine Lücke anzunehmen; aber auch wenn in derselben 2 Trimeter aus- gefallen sind, so brauchten doch dieselben keineswegs dem Chore zu gehören. Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. II. Abth. 26

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207 13 == 224 29) annehmen15) und unter die 8 folgenden Choreuten vertheilen , so dass dann dem '15. Choreuten das ausser Responsion stehende Schlusssystem zukäme. Aber diese Theilung träfe doch nicht in Strophe und Antistrophe gleichmässig mit der Interpunktion zusam- men und würde überdiess, freilich in Folge der Neuerung, welche Euri- pides in dem Bau der Anapäste überhaupt vorgenommen hat , nicht äusserlich durch katalektische Schlussverse unterstützt werden. Da ausserdem das mit xal ^ir\v beginnende Schlusssystem v. 230 4 sich besser von der vorausgehenden Partie abhebt, wenn dieselbe nicht auch von Einzelnen, sondern von ganzen Halbchören gesungen wird, so bleibe ich lieber bei der einfacheren Annahme und lasse in dieser Parodos nur die 2 Führer der Halbchöre, die Halbchöre selbst und schliesslich den Koryphaios zu Wort kommen.

Strophe, Antistrophe und Epode.

Die Gliederung der Chorlieder des Dramas in Strophe, Antistrophe und Epode stammt bekanntlich aus der lyrischen Poesie der Dorer. Hat somit das Drama aus einer früher ausgebildeten Dichtungsart ein wichtiges Element herübergenommen , so hat es dasselbe doch nach mehreren Seiten hin umgestaltet und seinen Bedürfnissen anbequemt. Einmal folgt im Drama nicht in allen Chorliedern auf Strophe und Antistrophe eine Epode, vielmehr sind die Chorlieder ohne abschlies- sende Epode weitaus die zahlreichsten und gibt es mehrere Tragödien, um voü der Komödie ganz zu schweigen, welche gar keine Epode auf- weisen, wie des Aeschylus Schutzflehende, Eumeniden und Sieben gegen Theben, des Sophokles König Oedipus, des Euripides Alkestis u. a. Zweitens folgt in dem Drama nicht auf jedes Strophenpaar eine Epode, sondern gehen in den ineisten Fällen der Epode mehrere Strophen- paare voraus; nur in der Parodos dreier Stücke, des Agamemnon, der Phönissen und der Iphigenia in Aulis 16) wird das erste Strophenpaar

15) Acht Absätze, unter 8 Choreuten nur etwas verschieden vertheilt nimmt Hense a. a. 0. wirklich an.

IG) Ich weiss wohl, dass in der Iphigenia die Aechtheit der auf die Epode folgenden Strophen an- gezweifelt wurde; aber mit der Epode kann die Parodos nicht geschlossen haben, da dieselbe sonst jedes Abschlusses entbehrt und mitten in der Erzählung abgebrochen hätte. Auf die Epode also rauss, wenn auch die überlieferten trochäischen Strophenpaare nicht von Euripides sind, noch eine andere lyrische Partie gefolgt sein.

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mit einer Epode abgeschlossen und beginnt dann eine neue Serie von Strophen und Antistrophen. Drittens pflegen bei den Dramatikern mit ganz wenigen Ausnahmen die aus mehr als 3 Strophen bestehenden 'Chorgesänge so componirt zu sein, dass je 2 Strophen ein Paar bilden und dann weitere Strophenpaare von abweichender rhythmischen Form folgen , während bei Pindar die der Epode entbehrenden Epinikien aus lauter gleichen Strophen bestehen, deren Gesammtzahl nicht einmal regelmässig die Theilung mit 2 zulässt.

Diese drei Abweichungen hingen alle mit der grösseren Beweglich- keit und dem regeren Leben zusammen, welche die dramatische Poesie vor der dorischen Lyrik auszeichnen. Das Bedürfniss des Dramas führte von selbst dazu dem Wechsel der Stimmung in dem Wechsel der rhythmischen und melodischen Formen Rechnung zu tragen. Das er- kennt man weniger an den langen , von Aristophanes in den Fröschen mit Recht verspotteten Chorgesängen des Aeschylus , in denen 4 bis 8 Strophenpaare wie an einer Schnur aneinandergereiht sind, als an den kleineren , aus 2 Strophenpaaren bestehenden Gesängen des Sophokles und Euripides , die durchweg so componirt sind , dass die Rhythmen des zweiten Paares durch ihre grössere Unruhe auf die weitere Ent- wicklung der Handlung hinüberleiten. Zugleich scheint aber auch, der häufigere Gebrauch der Antistrophe und der seltenere der Epode darauf hinzuweisen , dass in dem Drama die Halbchöre eine gewichtvollere Stellung einnahmen. Das führt uns auf die Frage von der Bedeutung der Antistrophen und Epoden überhaupt, die allem Anscheine nach nicht zu allen Zeiten und in allen Fällen die gleiche war.

Die ursprüngliche Bedeutung der triadischen Composition war wohl diejenige, welche uns der lateinische Grammatiker Atilius p. 295 K. (vgl. Metrik § 630) mit folgenden Worten schildert: olim carmina in deos scripta ex his tribus constabant: circumire aram a dextra strophen vocabant, redire a sinistra antistrophen, post cum in conspectu dei con- sistentes canticis reliqua peragebant, epodon. Dabei fand also keine Theilung in Halbchöre statt , sondern sang der ganze Chor Strophe, Antistrophe und Epode, indem er sich bei der ersten von rechts nach links bewegte, bei der zweiten von der linken Seite zur rechten zu- rückkehrte, bei der dritten vor dem Altare stehen blieb. Bis in welche

26*

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Zeit sich jene Einrichtung erhielt, darüber ermangeln wir jedes Zeug- nisses, vielleicht aber darf man schon aus dem colimJ des Grammatikers abnehmen, dass dieselbe später in Abnahme und ausser Brauch kam. Am festesten wird sie sich jedenfalls in den sogenannten Prosodien er- halten haben, aber auch in dem Drama und namentlich in der Parodos der Tragödie mochten sich Reste jener orchestischen Bedeutung der Dreigliederung des Chorgesangs finden. Vgl. Myriantheus, Die Marsch- lieder des griech. Dramas S. 49, von der Parodos des rasenden Herakles.

Eine zweite Bedeutung der triadischen Composition möchte ich im Gegensatz zur ersteren , der orchestischen , die melodische nennen ; sie bestand darin , dass das gleiche Melos und die gleichen Rhythmen in Strophe und Antistrophe wiederkehrten , und erst in der Epode einen differenzirten Abschluss erhielten; natürlich werden es gute Dichter nicht versäumt haben diesem Verhältniss auch in dem Inhalt, in dem Gedankengang einen adäquaten Ausdruck zu geben, und hatten nament- lich die dramatischen Dichter dazu reichlichen Stoff und vielfachen An- lass. Diese melodische Bedeutung hat selbstverständlich zu allen Zeiten und in allen Dichtgattungen eine Rolle gespielt; einen Unterschied machte es nur, ob sie das einzige Motiv der Dreigliederung bildete oder neben anderen Motiven herging. Im Drama waren es wohl nur die Monodien , bei denen ausschliesslich melodische Rücksichten den Aus- schlag für die antistrophische oder epodische Composition abgaben, wie in dem Sologesang der Elektra in Soph. El. 86 102 = 103 120, oder des Ion in Eur. Ion 112 183; und selbst hier ist eine begleitende, die antistrophische Anlage deutlicher hervorhebende Bewegung nicht ausgeschlossen.

Drittens konnte aber auch der antistrophische und der drei- gliederige Bau der Chorlieder in Zusammenhang stehen mit der Theilung des Chors. Dass dieses in der Tragödie und Komödie wenn nicht durchgängig, so doch häufig der Fall war, unterliegt keinem Zweifel; ob das Gleiche auch schon für Pindar anzunehmen sei, ist eine schwer zu entscheidende Sache; wir halten uns hier ausschliesslich an die Dramatiker. Bei diesen also wurden zunächst Strophe und Antistrophe häufig so vorgetragen, dass sich die beiden Halbchöre oder die Führer (fiyejuovsg) derselben in den Vortrag theilten. Das war Regel, wie wir

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bereits oben S. 169 sahen, in der Parabase; das war aber sonder Zweifel auch häufig in den anderen Chorgesängen der Komödie und nicht minder häufig in der Tragödie der Falf Dabei war das Aus- eiuandertreten des Chors in Halbchöre leicht und einfach in der Komö- die und der älteren Tragödie, indem von den 4 Reihen je 2, von den 6 je 3 zu einem Halbchor zusammentraten und die inneren Flügel- männer die Rollen der Führer übernahmen:

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Etwas complicirter ward das Verhältniss in der Tragödie, nachdem der Chor von 12 auf 15 Sänger erhöht worden war. Wahrscheinlich übernahmen hier, wie Muff und Hense des Näheren ausgeführt haben, die Seitenmänner (na^aoraraL) des Koryphaios die Führung der Halb- chöre und blieb der Koryphaios selbst beim Gesang der Strophe und Antistrophe unbetheiligt, um desto mehr beim Verkehr der Orchestra mit der Bühne in Anspruch genommen zu werden. Daraus ergaben sich 3 Möglichkeiten der Aufstellung des Chors beim Vortrag von Strophe und Antistrophe:

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Von diesen 3 Aufstellungen kam gewiss die erste am gewöhnlich- sten vor; sie diente als Vorbild der oben S. 180 von uns berührten Aufstellung des komischen Chors in Aristophanes Wespen und ist deut- lich von Euripides in der Iphigehia auf Tauri v. 1068 ff. angedeutet,

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wo Iphigenia die beiden Parastaten an der Rechten fasst und die Chor- führerin bei der Wange und den Knien beschwört.

Sehr schwierig abe*r ist es zu bestimmen, wie weit sich die Theil- ung des Chors in Halbchöre bei dem Vortrag von Strophe und Anti- strophe ausgedehnt habe. Neuerdings hat besonders Muff, indem er in die Fusstapfen Hermann's trat, Halbchöre überall da angenommen, wo Strophe und Antistrophe einen gewissen Parallelismus im Inhalt und im sprachlichen Ausdruck zeigen, hingegen eine Theilung da abgewiesen, wo sich der Gedanke in stetiger Folge ohne Rück- und Umkehr ent- wickelt. Und allerdings wird man am ehesten auf Halbchöre oder Ver- treter von Halbchören geführt, wo Strophe und Antistrophe denselben Gedanken ausführen und gleiche Ausdrücke an den gleichen Stellen in Strophe und Antistrophe wiederkehren. So liegt die Theilung des Chors in Halbchöre offen zu Tage an Stellen wie Aesch. Pers. 658 64 = 665—71:

€/.#' SJt' aXQOV XUOV/LlßoV 0%&OV,

x^oxoßanxov TTodbg evjlmxüiv äeigcav,

ßaai'uiov Tiayag

(pakaQov mcpavoxcov.

ßaoxs, ttuteo äxaxs da^siav, ol.

dsönora deGTiOT&v, (pavrj&i,

JZrvyia yay rig in1 a/Jkvg nsjiOTarai

vsolaia yc\(j jjdi]

y.aia yag oIüjXev.

ßaoxs, tlclteü äxaxs Ja^Eiav, 61.

oder Soph. Oed. Col. 1211 23=1224—38

oöTig tov Tileovog fieyovg

%Qt]Qei, TOV JLLETQIOV Tiaysig,

Qcoeiv, Gzaioövvav cpvlaa- öcov ev ejLtol xaTafi?]kog eGtai. ensl Tiolla taiv cd jLiaxyal ä/Liegcu xmte&evto dq Xvnag syyvrsQco, ra teq- novxa (T ovx av Xdoig onov, orav ng ig tiXeov tieotj tov dsovTog' b d1 inlxovoog

iGOT.eltGTOg

"Aidog ote uoTq7 äwiiEvaiog

/Litj (pvvai tov cmavTa vi- xa Xoyov to J1' stiel (pctvfj, ßf\vai xeZ&ev, o&ev jieo r\- xel, noXv Öevte^ov wg T.a%iGTa. cog evt' av to veov naofj xovcpag acpooovvag (pigov, tig Jikayx&t] noXvjnoy&og s§- co, Tig ov xajuaTü)v svt ; (p&ovog OTCtOEig tyig fiayai

Xal CpOVOl' TO TB XCCTaUSlMTOV

Enikskoy%E

nv/uciTov äxyccTsg dn^ooouiXov

203

ahvyog äyogog ävaTif-cprjj's, ßavaxog eg xt'kevxav.

yfjyag äcpilov, %va nqonavxa xaxä xaxüSv ^vvoixsl.

oder Euripides Electra 1147 54 = 1155 62

äuoißal xaxdjy

jusxaxfJOTioi nvsovaiv av^ai douiov.

xoxs jiitr 8V kovxyoig

STieoev euog s/Ltog ayyjxag.

laxyjpe dt; oxtyai laivoi

xe ßyiyxol düfxcov, xad' h'enovxEg ' w

aytxha, xi jtte, yvvai, (poveveig (pilav

nazQida, dextxioiv

OTToyaloiv eI&ovx' e/uav.

7iall()()ovg (Tfi xavd'

VJiaytTai dixa diad^o^ov Xeyovg,

usltog a tioölv

yqoviov Lxojueyov eig oixovg

Kvxlumua x' ovyavia xsLys1 ü§-

v&rjxxtp ßelei xaxJxav'' avxoyeiQ,

nelexvv iv yjqoiv kaßovaa. xlajuioy

nooig, o xi tiots rar

xakaivav h'aysy xaxov.

Aber so sehr in Chorliedern dieser Art der Inhalt die Theilung des Chors in Halbchöre nahe legt, so sehr vermissen wir in andern gleich sprechende Anzeichen für die Theilung des Chors, indem z. B. in dem 1. und 2. Stasimon derselben Elektra v. 432 ff. und 699 ff. die Schilderung der Waffen des Achilles und die Erzählung von der Wundererscheinung des goldenen Lammes in gerader Linie ohne markirte Einschnitte durch die 2 Strophenpaare fortschreitet. Bedenklicher aber noch ist es, dass in vielen Chorliedern aus der Gedankenentwicklung weder für die Annahme von Halbchören noch gegen dieselbe irgend entscheidende Gründe geltend gemacht werden können, so dass selbst diejenigen Gelehrten , welche sich speciell mit diesen Untersuchungen abgeben, in ihrem Urtheile schwanken und sich gegenseitig wider- sprechen. Nun sollte man aber doch meinen, dass wenn es wirklich von der Art der Gedankenentwicklung abhing, ob Strophe und Anti- strophe von dem Gesammtchor oder von Halbchören vorgetragen werden sollten, die Dichter sich bemüht hätten den unterscheidenden Charakter bestimmt und deutlich auszuprägen. Es hat daher für mich die grössere Wahrscheinlichkeit, dass der Vortrag von Strophe und Antistrophe durch Halbchöre oder deren Vertreter im attischen Drama die stehende Regel bildete, und dass nur die Dichter jenes äussere Ver- hältniss bald mehr und bald minder für die Formation des Gedankens verwertheten. Ich sehe auch nicht, dass dieser meiner Annahme irgend

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erhebliche Bedenken im Wege stünden. Zwar ist manchmal der Ge- danke aus der Strophe in die Antistrophe hinübergezogen (Aesch. Prom. 420, Suppl. 1020, Pers. 120. 871. 888, Eur. Hippol. 130) und hängt auch grammatisch die Antistrophe mit der Strophe zusammen, indem dieselbe mit einem Relativum (Aesch. Suppl. 63, Eur. Bacch. 88. 997, Heracl. 362), oder einem Participialsatz (Aesch. Agam. 176, Sept. 750, Suppl. 531, Eur. Phoen. 214?, Suppl. 48) oder einer Apposition (Aesch. Suppl. 582) beginnt. Aber diese Fälle engeren Anschlusses sind doch nur verschwindende Ausnahmen von der Regel , und überdiess ist nir- gends die Antistrophe mit der Strophe so verkettet, dass sie nicht pas- send von einer anderen Gruppe von Sängern vorgetragen werden könnte. Denn auf die oben angegebene Weise hängt auch die Epode mit der Antistrophe in Eur. Heracl. 647 und Hec. 943, und selbst das Epir- rhema mit der Strophe in Aristophanes Frieden 1172 zusammen, ohne dass desshalb Westphal, Prolegomena zu Aeschylus S. 45, Beifall ge- funden hätte, der eben daraus einen Schluss auf den Vortrag der Strophe und des Epirrhema durch die gleichen Personen zu ziehen wagte. 17)

Weit schwieriger und verwickelter stellt sich die Frage über den Vortrag der Epoden. G. Hermann hatte darüber in den Elem. doctr. metr. p. 727 f. den allgemeinen Satz aufgestellt, dass die Epode theils von dem ganzen Chor, theils von einem Theile desselben gesungen worden sei ; in neuerer Zeit hat man mit einer gewissen Vorliebe den Koryphaios herangezogen. Aber es lassen sich noch mehr Möglich- keiten denken, und es müssen vor allem in dieser Frage die Stasima

17) Zu meiner Freude sehe ich, dass Hense in einem so ehen im Rhein. Museum N. P. XXXII erschienenen Aufsatz , üher die Vortragsweise Sophokleischer Stasima , die gleiche Ansicht wenigstens bezüglich der Sophokleischen Stasima vertritt. In scharfsinniger Weise hat dabei Hense auch auf den Unterschied der Pindarischen Oden hingewiesen, in denen häufig ein Ge- danke der Strophe derartig in die Antistrophe hinüberragt, dass sie ohne die Ergänzung der Antistrophe nicht verstanden würde. Geradezu die entgegengesetzte Meinung hat neuerdings bezüglich der Stasima Arnoldt, Chorische Technik des Euripides S. 212 aufgestellt; doch be- merkt derselbe selbst S. 189: 'Freilich bliebe noch anzunehmen übrig, der Dichter habe ein- fach ein für allemal angeordnet, dass bei der Inscenirung die antistrophisch gesetzten Chor- gesänge den Hälften des Chors zu überweisen seien. Dass aber diese Annahme eine verzweifelte ist, wer wollte es leugnen.' Ich denke, diesen Schritt der Verzweiflung dürfen wir wagen.

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und die Parodoi unterschieden werden. Denn bei dem Einzug hatte der Chor eine andere Aufstellung, und diese rausste namentlich in dem Fall, dass der Chor xara aroi/wovg in 3 Reihen einzog, von Einfluss auf die Art des Vortrags sein. Der Einzug in 3 Reihen scheint aber überall da angenommen werden zu müssen, wo das bei dem Einzug gesungene Chorlied aus Strophe Antistrophe und Epode besteht, wie namentlich in Aeschylus Agamemnon, Euripides Phoenissen und Iphigenia in Aulis, in welchen drei Stücken auf die Epode noch eine Serie von Strophen- paaren folgt, sodann in Sophokles Aias, Euripides Rasender Herakles und Kyklope, in denen die Parodos nur eine Strophe Antistrophe und Epode umfasst, und vielleicht auch in Sophokles Trachinierinnen und Euripides^ Bacchen, in denen der Epode mehrere Strophenpaare voraus- gehen. Denn wie in den Fröschen v. 397 414 die 3 Strophen des lacchosliedes von den 3 Abtheilungen des Chores vorgetragen wurden (s. Arnoldt, Chorpartien bei Aristophanes S. 147 ff.), so eignete sich ein aus Strophe Antistrophe und Epode bestehendes Einzugslied am besten zum Vortrag für die 3 Reihen des Chors. Freilich besteht das Iacchoslied aus 3 gleichen Strophen und könnte man desshalb er- warten, dass auch das Einzugslied, wenn sich in seinen Vortrag die 3 Reihen theilten, aus 3 gleichen Strophen bestehe. Aber auch eine Zusammensetzung aus 2 gleichen und 1 ungleichen Strophe hatte ihre gute Berechtigung, wenn man sich Strophe und Antistrophe von dem I. und 3. Stoichos , die Epode hingegen von der mittleren Reihe vor- getragen denkt. Dazu kommt auf der anderen Seite, dass wie in dem Iacchoslied jede der 3 Strophen mit dem gleichen Refrain schliesst, so auch in Aeschylus Agamemnon auf Strophe Antistrophe und Epode der Parodos der Refrain ailivov ailivov eins xo <T ev vi'/.axw folgt. Ich schlage aber dieses Verhältniss um so höher an, als an zwei anderen Stellen, in Euripides Bacchen v. 877 ff. und 992 ff. der Refrain nur auf Strophe und Antistrophe, nicht auch auf die Epode folgt.

Anders muss die Epode in den Stasimis 18J und denjenigen Ein-

18) Indess ist doch auch bei den Stasimis mit schliessender Epode die Möglichkeit nicht aus- geschlossen, dass dabei der Cbor mit der schmäleren Seite der Bühne zugekehrt war und sich dann die 3 Eeiben oder ihre Führer in den Vortrag von Strophe, Antistrophe und Epode theilten. Abh. d.i. CI.d.k.Ak.d. Wiss.XIV.Bd.il. Abth. 27

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zugsliedern, bei denen der Chor zara 'Qvya geordnet war oder bereits seinen Einzug gehalten hatte, vorgetragen worden sein. Hier bieten sich von vornherein 3 Vortragsweisen, entweder durch den Gesammt- chor oder durch den Koryphaios oder durch die Vordermänner. So- dann herrschte entweder in allen Stücken die gleiche Regel, oder es wurde von dem Dichter in den einzelnen Stücken je nach Verschieden- heit des Inhaltes eine verschiedene Anordnung getroffen. Der letzteren Annahme sind wir ohnehin nicht zugethan , da sie der sonstigen Vor- liebe der Hellenen für feste typische Kunstformen widerstrebt, und würden wir nur dann beitreten können, wenn sich ein durchschlagender, leicht erkennbarer Unterschied zwischen Epoden zeigte, welche für den Ge- sammtchor, und solchen, die für den einzelnen Chorführer bestimmt waren. Nun zeigt sich aber mit nichten ein scharf ausgeprägter charakteristischer Unterschied und findet sich nicht leicht anderswo eine grössere Un- sicherheit der Ausleger als in diesem Punkte. Gar nicht aber kann daran gedacht werden , dass alle Epoden von dem Koryphaios vor- getragen worden seien; dem stehen mit Entschiedenheit jene Stellen entgegen , in denen auf die Epode ein anapästisches System , wie in Euripides Hippol. 170, Suppl. 980, Troad. 568, Ale. 136, Iph. Aul. 590, oder jambische Trimeter, wie in Eur. Herc. für. 138 folgen, durch welche das nachfolgende Epeisodion eingeleitet und die Ankunft neu ein- tretender Personen gemeldet wird. Denn da jene Anapästen und Trimeter zweifelsohne von dem Koryphaios gesprochen wurden, 19) der Wechsel des Metrums aber mit einem Wechsel der Person verbunden war, so muss die Epode von einem anderen als dem Chorführer, also entweder vom Gesammtchor oder von den Vordermännern vorgetragen worden sein. Zum Vortrag durch den ganzen Chor scheinen sich allerdings einige Epoden nicht übel zu eignen, wie in den Persern 672 ff., wo der Chor, nachdem er zweimal den Dareios beschworen, in die laute Klage ausbricht

19) Diese Aufgabe übernimmt der Koryphaios auch häufig nach einer Antistrophe, wie in Aesch Pers. 140, Agam. 782, Soph. Ant. 155, 376, 626, 801, Eur. Ale. 238, Androm. 494, El. 1233, Herc. für. 442, Suppl. 794, Iph. Taur. 456, Orest. 349, ßhes. 380, Troad. 230, 1118 Aesch. Agam. 258, Sept. 369, Soph. Oed. Col. 1096, Eur. Ale. 1006, El. 213, 747, Orest. Z08, Bacch. 1200.

207

alal alal

w TiokvxkavTS &av<hv dvvaöja x. r. I.

oder in den Bacchen 902 ff., wo der Chor nach einer mehr persönlichen Anpreisung des frommen gläubigen Sinnes zu einer allgemeinen Verherr- lichung der von der Gottheit begnadigten Menschen übergeht. Aber an den meisten Stellen lässt sich keinerlei Bezug auf die Gesainmtheit herausdeuten, an vielen schreitet die Gedankenentwicklung auch in der Epode ununterbrochen fort, wie in Aesch. Pers. 897, Soph. Trach. 517, Eur. El. 476, an einigen spricht geradezu der Ton des Liedes und ins- besondere die Anrede an die Hauptperson der Bühne für Vortrag durch wenige Personen, wie dieses schon Hermann a. 0. von Aesch. Agam. 475 ff. angemerkt hat und mit gleichem Recht von Soph. Trach. 132 ff., Arist. Vesp. 1535 ff. u. a. aufgestellt werden kann.

Dagegen wüsste ich nichts, was gegen die Annahme, dass die Epode in der Regel von den Vordermännern, oder dem Koryphaios und den beiden Parastaten vorgetragen worden sei, mit Erfolg eingewendet werden könnte. Für diese Meinung aber lässt sich geltend machen, dass nachweisbar einige Mal jene 3 Vordermänner einzeln den Vortrag der Epode übernahmen, nämlich in Soph. Trach. 863 7ß:

ß' tiotbqov eya) /uaraiog fj xkvco rivbg

oYxrov <5V oixwv äyricog oqucojusvov. a %l (prjju-i;

rj%eZ ng ovx äorjjLiov, älla dvorv%fj

xutxvrov uooy xai n xan'iQei areyrj. y $vveg dt

rrjvd' u)g är)drjg xai ovvaxpyviouevr]

%u)Qei TTybg fifxäg yyala orjuavovoa n.

Eur. Herc. für. 815—21:

p ea ea

ay elg %bv amov nirvlov rjxojuev tpoßov, ytyovteg, olov cpaöiV vnty do^itov oqia);

a <pvyfj <pvyfi

vat&tg nsdaiQE xwkov, sxnodwv e'Xa.

27*

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y ujva§ naiav,

anoTQOTiüs ytvoiö uot nrjuaTtoy.

Eur. Hippol. 114:-] 52:

a tyd) dt au dvoTv/ia oaxgvot dioiauo

notuov anoTuov u) xahxiva

fiäxepy trtxtg dvova.Ta (/tu,

uai'iüj iholair. y ho liu (n'Cuytat Xayirsg,

tl top zoLkav* ix wuTQias y&S

jov ovukv ärag attiop

TituntTt ru»'(V urC oixmp ; ß xal ui)v imaobv Innokvxorv tqvv elooyüj

onwöfl oxv9()ü)7ibv jzyog oofiovg byjLMjjjuevoy.

Vielleicht ist auch die viel angefochtene Stelle in den Sieben des Aeschylus v. 448 68 so zu erklären, dass von der Herstellung von Strophen abgesehen und das Ganze zum Einzelvortrag den 4 Vorder- männern zugewiesen wird. Dann würde auch hier der Chorführer zu- letzt mit seinen das Folgende einleitenden Anapästen eingreifen. Ver- gleiche überdiess Eur. Ion. 714 24 und Orest. 1295 8.

Die Perioden oder Absätze der Strophe.

Die Elemente, aus denen sich die Strophe zusammensetzt, sind, von dem Fuss und Doppelfuss abgesehen, das Kolon, der Vers und die Periode. Es gibt Strophen , in denen sich jene drei Elemente genau unterscheiden lassen, in denen mit anderen Worten es gelingt, die Strophe in mehrere Perioden oder Versgruppen, diese wieder in mehrere Verse, und endlich die Verse in mehrere Kola zu zerlegen. Aber es gibt auch Strophen , in denen das eine oder andere der genannten Glieder übersprungen ist, das ist sowohl solche, in denen die einzelnen Verse nicht mehr zu gesonderten Gruppen zusammengefasst, sondern gleich der höchsten Einheit, der Strophe, untergeordnet sind , als auch solche, in denen sich die Perioden oder Systeme unmittelbar, ohne durch die Mittelstufe des Verses durchzugehen, in ihre Kola zerlegen.

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Ich hebe diesen dreifachen Bau der Strophe eigens hervor, weil man in neuerer Zeit in der Analyse dramatischer Gesänge alle Strophen über den gleichen Kamm geschoren hat. Auf der einen Seite hat H. Schmidt selbst bei den in der Form der ovartj/Liara e'§ oaolcov gehaltenen Strophen zwischen die Systeme und Kola auch noch den Vers einzuschieben ver- sucht, und auf der anderen Seite haben namentlich Brambach, Die sophokleischen Gesänge, Gleditsch, Die sophokleischen Strophen, und Wecklein in seinen Ausgaben der Medea und der Tragödien des So- phokles auch da jene Dreitheilung der Strophe in Perioden, Verse und Kola durchzuführen unternommen , wo man mit Sicherheit kaum etwas mehr unterscheiden kann, als was die alten Grammatiker bereits unter- schieden haben , nämlich Strophe und Kola. Ich selbst bekenne offen nach der letzteren Seite hin manchmal selbst gesündigt und mehr zu analysiren und zu wissen angestrebt zu haben, als bei dem heutigen Stande unserer Kenntniss von der antiken Compositionskunst uns zu wissen möglich ist. Aber eine wachsende Unbefangenheit Hess mich immer mehr die bezeichneten Unterschiede des Strophenbaues erkennen, lehrte mich aber auch zu gleicher Zeit , dass es sich hier nicht um drei scharf abgesonderte Kategorien mit festgezogenen Grenzen handle, sondern dass nicht selten die eine Compositionsart in die andere hinüberspiele.

Wesentlich nur Verse und Kola lassen sich innerhalb der Strophe unterscheiden bei der hauptsächlichsten Gattung (sldog) der chorischen Lyrik der Dorer, bei den Daktylo-Epitriten ; das Gleiche pflegt bei den Päonen der Fall zu sein , nur dass man leicht geneigt sein kann , die päonischen Verse wegen ihres grossen Umfangs und ihrer mangelhaften Gliederung lieber Perioden als Verse zu nennen. Die Bedeutung des Verses kommt nicht zur Geltung oder tritt ganz zurück bei allen Strophen , welche die Form von Systemen haben oder sich derselben nähern, also insbesondere bei den glykoneischen, jonischen, trochäischen und jambischen Strophen. In den Strophen der choriambischen und logaödischen Gattung endlich löst sich theils direkt die Strophe in ihre Kola auf, theils schieben sich zwischen Kola und Strophe noch Anzeichen von Periodenschlüssen ein.

Dieses Kapitel aus der Metrik mussten wir hieher setzen, weil es

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uns als Grundlage für die hier zu behandelnde Frage dienen muss. Ist man nämlich einmal zur Erkenntniss gelangt, dass der Chor der Tra- gödie und Komödie bei dem Vortrag seiner Lieder es mehr geliebt hat in seinen Theilen als in seiner Gesammtheit aufzutreten , so liegt die Vermuthung nahe, dass sich auch in den Vortrag der einzelnen Strophen, wenn sie aus mehreren Perioden oder Absätzen bestehen, der Chor ge- theilt haben könne. Man wird dem entgegnen , dass einerseits in den grossen aus 8 und mehr Strophen bestehenden Chorliedern , wie sie Aeschylus zu bauen liebte, eine Zerspaltung der einzelnen Strophen nicht nöthig war, da eich die Vielheit der Theile des Chors in dem wechselnden Vortrag der ganzen Strophen zur Geltung bringen konnte, und dass anderseits selbst bei den nur aus einem Strophenpaar oder einem Strophenpaar und einer Epode bestehenden Chorliedern , wie sie häufig bei Sophokles und Euripides vorkommen, durch die Theiluug des Chors in Halbchöre genugsam für dramatisches Leben gesorgt war. Ich habe mir diese Einwendungen selber vorgehalten , ehe ich auf der schlüpfrigen Bahn weiter ging, und habe mir namentlich bei den grossen Chorgesängen des Aeschylus die grösste Vorsicht zur Pflicht gemacht. Aber auf der anderen Seite ist doch eine Theilung des Chors über die Theilung in Halbchöre hinaus recht wohl denkbar, und ist uns oben- drein ausdrücklich überliefert, dass in einzelnen Stücken, wie in den Sieben gegen Theben, der Chor nicht in geschlossenen Reihen als einheitliches Ganzes seinen Einzug hielt, sondern nach und nach in einzelnen Abtheilungen oder Mann für Mann (ano^ddriv) in die Or- chestra eintrat. Ausserdem spricht die Wahrscheinlichkeit und das Ge- setz des Ebenmasses dafür, dass überall da, wo der Chor in Verbindung mit der Bühne trat, also insbesondere in den Klageliedern oder Kommoi, •dem einzelnen Schauspieler eher einzelne Choreuten als der Gesamtnt- chor antwortete.

Sollte sich aber der Chor in kleinere Theile auflösen, so stunden ausser der Theilung in Halbchöre noch drei weitere Wege offen : ent- weder traten die einzelnen Reihen fevya) nacheinander in Thätigkeit, spalteten sich also entweder die Halbchöre in 2 oder der Gesammtchor in 3, 4 oder 6 Reihen, oder es sprachen nacheinander sämmtliche Glieder des Chors, oder endlich es übernahmen blos die Vordermänner

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die Vertretung der Orchestra gegenüber der Bühne. In letzterem Falle lösten in der Komödie 6 oder 4 Choreuten einander ab , je nachdem der Chor in seiner breiteren oder in seiner schmäleren Seite der Bühne zugekehrt stund. Aehnlich war das Verhältniss in der älteren Tragödie, nur dass die Zahl der Vordermänner nur 3 oder 4 betrug; nachdem aber durch Sophokles Einfluss die Zahl der Choreuten von 12 auf 15 erhöht worden war, lag nach der oben S. 201 erläuterten Aufstellung des Chors die Vertheilung des Gesangs unter den Koryphaios und seine beiden Parastaten am nächsten ; es konnten aber auch die sämmtlichen 5 Glieder der Vorderreihe als Vertreter des Chors eintreten, namentlich wenn der Chor die zweite der oben S. 201 geschilderten Aufstellungen eingenommen hatte. Jede andere Art der Chortheilung, wie z. B. die Heranziehung von 7 oder 9 Choreuten , hätte eine unleidliche Dis- harmonie ergeben; höchstens iässt sich mit Muff, Chortechnik d. So- phokles S. 1920) noch daran uenken, dass bei dem Wechselgesang des ganzen Chors der Koryphaios sich nicht betheiligte;, also in der jün- geren Entwicklungsstufe der Tragödie nicht 15, sondern nur 14 Choreuten zu Wort kamen.

Kehren wir nun wieder zur äusseren Form der Chorlieder zurück, so leuchtet von vornherein ein, dass die antistrophische Composition am meisten angezeigt war, wenn der Chor oder die Halbchöre in ihre Zyga auseinandertraten; denn dann konnte passend das 1. Zygon dem 3. und das 2, dem 4. entsprechen. In gleicher Weise kam die Bedeutung des antistrophischen Baus zur Geltung, wenn statt der ganzen Reihen die Vordermänner den Gesang oder das Gespräch übernahmen. Auch wenn der Wechselgesang zwischen Chorführer und seinen Parastaten sich wiederholte, oder wenn die einzelnen Choreuten so auftraten, dass sich allmählich der Chor in die sich entsprechenden Reihen aufrollte, hatte die Anlage von Strophe und Antistrophe einen Sinn. In allen anderen Fällen war die frei?, von der Wiederkehr (avaxvxlrjöig) losgelöste Form der Composition die natürlichste und sächgemässeste, und kann man

20) Vergleiche dazu meine Eecension in der Jenaer Literaturzeitung 1877 N. 7, S. 111. Nur nehme ich meine dort bezüglich der Parodos des Ion geäusserte Vermuthung zurück, nachdem ich durch Arnoldt, Eurip. Chortechnik S. 167 f. eines Besseren belehrt worden bin.

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höchstens noch in längeren Klageliedern erwarten, dass einzelne Sätze, welche symmetrisch postirten Choreuten , wie z. B. den beiden Para- staten zukamen, auch in der Form sich entsprechen.

Was aber die speciell metrische Form anbelangt, so ist man am meisten berechtigt Vortrag durch verschiedene Elemente des Chors an- zunehmen, wenn das betreffende Chorikon in verschiedenen Metren ab- ofefasst ist; denn es hat keine Wahrscheinlichkeit, dass der Dichter zu einem wesentlich verschiedenen Metrum , also z. B. von lyrischen Perioden zu einfachen Trimetern und Tetrametern übergegangen sei, ohne zugleich einen Wechsel in der Person der Vortragenden zu be- absichtigen. Von den anderen Chorgesängen kommen zumeist diejenigen in Betracht, welche sich in mehrere, durch die metrische Form und die Interpunction scharf von einander geschiedene Gruppen oder Perioden zerlegen lassen, so dass wir also nach dem oben Gesagten bei den daktylo-epitritischen und päonischen Strophen am wenigsten an Einzel- vortrag denken dürfen. Endlich wird auch noch zu beachten sein, ob sich das Metrum mehr zum Gesang oder mehr zum Sprechen eignete; denn zu jeder Zeit war ein Wechsel der Person mehr beim Zwiegespräch als beim Gesang gebräuchlich. Dabei gilt es zu gleicher Zeit, wenn auch nur mit dem Gefühl ohne stringente Beweise herauszufinden, ob der betreffende Absatz zum vollen Chorgesang oder zum Vortrag durch Einzelne geschaffen sei.

Wir beabsichtigen nun nicht , hier auf den wenigen Blättern den ganzen reichen Stoff zu erschöpfen. Vielmehr wollen wir, wie wir in der Ueberschrift des Kapitels andeuteten , nur die antistrophisch com- ponirten Chorgesänge berücksichtigen , und werden also den weit er- giebigeren Kreis der freien Compositionen ganz bei Seite lassen.

Aristophanes Acharn. Parodos v. 204 36 Der Ge- sang, mit dem der Chor, den Araphitheos verfolgend, auf die Bühne tritt, besteht aus 5 Theilen, aus 2 respondirenden Strophen, von denen jede wieder in 2 Partien, in vier den stürmischen Lauf begleitende tro- chäische Tetrameter und ein aus 26 Füssen bestehendes kretisches Melos zerfällt, und aus einer mit alka eingeleiteten Schlusspartie von 3 trochäischen Tetrametern. Deutlich angedeutet ist durch die den Gesang und die Betrachtung abbrechende Partikel alla, dass dieser 5. Theil von einem

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andern als die vorausgehenden vorgetragen wurde, und da derselbe eine Aufforderung an den Chor enthält, so kann kaum ein Zweifel bestehen, dass ihn der Chorführer sprach. Die 4 vorausgehenden Theile hängen dem Sinne nach eng zusammen, so dass sogar die Antistrophe mit der Strophe durch die Partikel verbunden ist. Zwar klingt der 2. Theil der Strophe ly.necpevy' oi%stcu wie eine Antwort auf das vorausgehende dlXa uoi jLiTjrvext, aber da in der Antistrophe die Tetrameter mit den Kretikern auf das engste zusammenhängen , so werden wir auch die Strophe richtiger so fassen, dass der Chor zuerst sich gegenseitig zur Verfolgung auffordert und die ihm begegnenden Leute (bdomoQoi) nach dem Verräther Amphi- theos fragt, und dann, als er den Verfolgten weder sieht noch über denselben etwas erfährt , in die Worte ausbricht exjiecpeuye x. r. X. Die 4 Theile sind also so gedichtet, dass sie die Einheit des Chors fest- halten und recht gut unbeschadet des Sinnes von dem einen Gesammt- chor hätten gesprochen werden können. Aber wofür alsdann die Glie- derung in Strophe und Antistrophe, und wofür der Wechsel im Metrum? Das letztere kann man allerdings gut aus den Bewegungen erklären, mit denen der Chor seine Worte begleitet: der Chor stürmt anfangs in eiligem Laufe (zyoxaioig) auf die Bühne, und geht dann mit den Päonen zum kretischen Tanze über. Aber wenn wir auch davon absehen wollen, dass in der Antistrophe ein gleicher Wechsel in den Bewegungen nicht angezeigt ist, so schliesst doch jedenfalls die eine Erklärung einen zweiten begleitenden Erklärungsgrund nicht aus, und weist die Analogie der übrigen antistrophisch componirten Gesänge darauf hin , dass die Theilung unseres Gesanges in Strophe und Antistrophe mit der Theil- ung des Chors in Halbchöre zusammenhängt. Bedenkt man weiter, dass die Aufforderung rffie nag snov divjxe /.. t. L sich besser in dem Munde einzelner, die übrigen anfeuernder Männer ausnimmt, aus der resigni- renden Betrachtung ixniiptvf oY^etai hingegen deutlich das Gros des Chores spricht, so wird man unserer Vermuthung, dass die 2X4 tro- chäischen Tetrameter von den Vordermännern der beiden Halbchöre, die 2 kretischen Gesänge von den Halbchören selbst und endlich die trochäische Schlusspartie von dem Koryphaios gesprochen worden seien, einen hohen Grad der Wahrscheinlichkeit nicht absprechen. Die 5 Theile unseres Gesangs hat bereits Arnoldt, Die Chorpartien des Aristoph. Abb. d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. II. Abth. 28

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S. 30 ff. richtig erkannt, dieselben aber sämmtlich Einzelchoreuten zu- gewiesen. Ich höre deutlich in den Schlussversen einen Einzelnen sprechen, aber ebenso unverkennbar klingt mir aus den Strophen und namentlich aus den Kretikern der Gesang einer Mehrzahl entgegen ; wenn irgend ein Rhythmus, so war der päonische für den vollen Chor- gesang und nicht für den Sologesang geeignet.

Aristoph. Ach. 280 346. Das Einstürmen des Chors auf den Dikaiopolis wird mit "den 4 Versen eingeleitet:

ovrog avrog torir ovrog. ßdlle ßdlle ßdlle ßakle. Treue nag rbr jllkxqop. ov ßah&Zg, ov ßaleJg;

Natürlich waren dieselben nicht bestimmt alle von einem ge- sprochen zu werden ; naturgemäss fallen sie den 4 Reihen oder deren Vordermännern zu; packender war ihre Wirkung, wenn die ganzen Reihen den Schlachtruf erhoben. Es folgt dann ein Wechsel- gesang zwischen Dikaiopolis und Chor v. 384 301. der sich unten v. 335 46 in gleicher Form wiederholt. Der bestürzte Dikaiopolis spricht in trochäischen Tetrametern ; der leidenschaftlich erregte Chor entgegnet in feurigen Päonen. Dieser Unterschied des Metrums wirkt imposanter wenn wir der Einzelrede des Dikaiopolis vielstimmigen Chor- gesang entgegentönen lassen. Nun umfasst Rede und Widerrede in Strophe und Antistrophe 4 Absätze; es liegt also auf der Hand, dass die 4 Reihen des Chors nach einander dem Dikaiopolis entgegentreten. Zwischen Strophe und Antistrophe wird der Streit von Dikaiopolis und Chor gleichmässig in trochäischen Tetrametern , also in einem dem ge- wöhnlichen Gesprächston nahe stehenden Versmasse geführt: hier wird also dem einen Dikaiopolis immer nur ein einzelner Choreute geant- wortet haben, mag dieser einzelne nun durchweg der Koryphaios ge- wesen sein , oder mögen sich bei steigender Heftigkeit von v. 324 an alle 4 Vordermänner an dem Streite betheiligt haben.

Aristoph. Equ. 322—34 = 397 408. Arnoldt, Chorpartien des Aristoph. S. 43 ff. hat die ganze Parodos mitsammt der daran sich

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schliessenden Dialogpartie von 247 bis 487 unter die 24 Choreiiten vertheilt. Bei dieser Vertheilung ging es aber nicht ohne Gewaltthätig- keiten ab. Die 4 gut zusammenhängenden Verse 457 60 sind unter 2 Choreuten vertheilt worden, was schon desshalb bedenklich ist, weil Aristophanes Gruppen von 4 Tetrametern besonders liebte; die 6 gleichen Trimeter 482 7 boten weit weniger Grund zur Theilung als die aus 2 äusserlich verschiedenen Versen bestehenden Gruppen 303 313 und 382 390; endlich bricht Arnoldt mitten in der jambischen Partie ab, statt seine Vertheilung entweder bis zum Schlüsse des Aktes fort- zusetzen , oder mit dem bedeutsamen auch äusserlich gekennzeichneten Einschnitt v. 460 zu schliessen. Mehr aber als alles dieses stört mich der andere Umstand, dass bei dieser Vertheilung alle Chorpartien gleich behandelt und in gleicher Weise einem Choreuten zugewiesen sind. Ich betone nicht den metrischen Unterschied, der ganz und gar unbeachtet blieb , ich weise nur darauf hin , dass der ganze Ton einiger Partien uns auf vollen Chorgesang hinweist. Wenn der Chor emphatisch in geräuschvollen Rhythmen v. 303 ff. ausruft, dass Markt Hafen Ge- richte die ganze Stadt von der Frechheit und dem Geschrei des Kreon erfüllt sind, so musste auch von diesen Worten die Stadt widerhallen, indem sie nicht von der schwachen Stimme eines Einzelnen gesprochen wurden, sondern aus vielen Kehlen allgewaltig erklangen. Ebenso ver- langen die stürmischen Worte des Eingangs

iiale Ticue xov Tiavov^yov xal Ta(ta§i7i7ioöT(jaTop x. r. I.

einen vielstimmigen , das Schlachtgeschrei einer Reiterschaar wieder- gebenden Vortrag; und zwar wurde dieser Eingang offenbar, wie schon Sauppe eingesehen hat, von den 2 Halbchören der Ritter in je 4 tro- chäischen Tetrametern gesprochen, welchen zwei Gruppen die 4 Schluss- tetrameter 457 60

w ytvvixwTaioy x(Jtag ipv%riv r' äyiora thxvtujv x. t. L

entsprechen, mit denen der ganze Chor oder doch die Vertreter sämmt- licher Reihen des Chors den Wursthändler zu seinem Siege beglück- wünschen.

Von besonderem Interesse für die in diesem Kapitel behandelte

28*

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Frage ist die Strophe v. 322 34 sammt ihrer Gegenstrophe v. 397 408, die ich der Bequemlichkeit des Lesers zulieb hersetze:

322 Idga dfjjjfc' ovx an1 a^x^g idrjXovg ava'i-

deiav, tj7Z8() fiovT] TiQodTaTel (>r)TO()U)y ;

fl av nicfTevmv djueXyei tujv §eva>v Tovg xa^Til^iovg,

TZQwrog d)v. o (T *Innoda.jjLov heißeren d^emfxevog.

dXX1 ecpavi] yay ävrjQ tfreyog noXv

aov juiaouheüog, uiare fie yaiQUv

og ae navöei xal nayeiGi. dfjXog eoriv ai>To&ev,

uavovoyia rt xal &yaöet

xal xoßaXixevfxaaiv.

dXX w Toaepelg o&ev ttsq eiaiv ävdyeg oineQ eloiv, 334 vvv del§ov cog ovdev Xeyet to ouHpyovuyg ryaipfjvai.

397 '£2g fit Tiybg Ttär draideverai xov ue&lo-

rrjot rov yytojuaTog rov TiaQSöTTjXozog.

ei oe urj /j.toa>? yevoljLtrjv ev Kqaxivov xj'diov,

xal didaöxoLurjv nyoGctdeiv MoqöLfiov T^aywSiav.

tu neol narr' enl näoi re Tioayjtiaai

dwQodoxoiöiv ItC av&eaiv TQüjv,

eid-e (pavlwg, äone{) ei>Qeg, exßaXoig %r\v ev&eoiv

äaaijLti yaQ tot'' av uovov,

7iive tu?'' im GVjLMpoyaig'

tov 'lovXiov t' av oTojjiai yeQovra nvqooninr\v 408 fio&evr,'' irjnaiandoai xal Bax%eßax%ov aoai.

Dass in den Vortrag jeder dieser Strophen sich mehrere theilen, scheint mir Arnoldt mit vollstem Rechte aufgestellt zu haben. Dass namentlich in der Strophe mit dlV w ryacpeig eine neue Person einfällt, ist zu deutlich vom Dichter angedeutet; aber auch der Uebergang zu den jubelnden Daktylen im 5. Vers erhält eine stärkere Begründung, wenn zum Umschlag der Stimmung auch noch der Wechsel der Person hinzutritt. Handelt es sich nun weiter darum, wie viele Theile man anzunehmen habe, so kann man zwischen 3 (4. 5. 2.) 4 (2. 2. 5. 2.)

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und 5 (2. 2. 2. 3. 2.) schwanken. Doch wird man die Fünftheilung am ehesten wieder aufzugeben geneigt sein, da in Strophe und Anti- strophe der 7. Vers mit dem 6. ziemlich eng zusammenhängt. Die Dreitheilung hat Arnoldt erwählt, ich ziehe die Theilung in 4 Gruppen vor, da sie dem Aristophanes besonders geläufig ist und den 4 Reihen des Chors entspricht.

Eine weitere Frage dreht sich darum , ob man alle 4 Theile auf gleiche Weise sich vorgetragen denken soll. Hätte man blos die Strophe, so würde man leicht die Frage in verneinendem Sinne beant- worten, da die Aufforderung an den Wursthändler sich am besten in dem Munde eines Einzelnen ausnimmt, die 3 vorausgehenden Theile aber recht gut von einer Mehrheit könnten gesprochen sein. Aber zur entgegengesetzten Annahme drängt uns die Antistrophe, in welcher der

4. Theil dem Sinne nach ganz auf gleicher Stufe steht wie der dritte. Ich ziehe es daher vor, alle 4 Theile von den Vordermännern der 4 Reihen nacheinander vorgetragen sein zu lassen.

Aristoph. Equ. 551 64 = 581 94. Wir haben schon oben

5. 175 gesehen, dass in der Parabase der Wolken die Ode und Antode sich gewisser Massen von selbst in vier Gruppen zerlege. Ein ähn- liches, wenn auch minder scharf ausgeprägtes Verhältniss haben wir auch in den vorbezeichneten Oden der Parabase der Wolken, ohne dass ich jedoch Vortrag durch die 4 Reihen des Chors mit Zuversicht zu behaupten wage:

541 "liinC ava.% Iloasidov, <p

Xalxoxgorwv innwv xrvnog xal %QE[ASTiöiJ,bQ avdavEi, xal xvavEfißoXoi &oal

555 /UlOd-OCpOQOl TQlTjQBig,

/Lieiyccxiatv #' a/nilka Xafi-

71QVVOIJLBVWV EV OLQ^aOlV

xal ßaQvdaiiAovovvratv, dsvO* &#' eo x°Q°r> <*> XQvaortQLuw\ ^ 560 dsfopivcov ueÖecdv, ^owiagaTE, co I'EQaioTiE not Kqovov,

218

fpoyuiujyi rt (puraz\ bx

TLüV üXKOJV Tb {fotioV *Ä&1\-

564 valoig nyog tu mxQeorog.

581 J12 nohüuyt FFallag, in

rijg UfMOzazrjg, ajia-

(7iov noXsuia Tb xal :ionr

xaig dvvaubi #' vjib{KpbOüv- 585 orjg usdbovaa yw^ag,

devQ'' dcpixov laßovaa rrjv

Iv öryariaTg xb xal aayaig

fjjuszsQav Svvbyyov,

Nixr\v , Y[ yoyixuiv ioriv txalya, 590 rolg t' iyd-QoioL /utS-' r\^i(x)v axaaiaQbi'

vvv ovv dbvyo (pavrjfri ' dbl

yay rolg avdyaoi xolodb 7ia-

°!i T^Xvil nogioai Ob vi-

594 XTjV billbQ TlOXb XCtl VVV.

Aristoph. Equ. 973 96. Das beissende Spottlied auf den Kreon in glykoneischem Rhythmus besteht aus 6 jedesmal durch einen Pherekrateus abgeschlossenen Strophen; ich wage daher die Vermuth- ung, dass sich in seinen Vortrag die 6 Querreihen (t,vya) des Chors getheilt haben.

Aristoph. Pac. 346 60. Das Preislied auf den Frieden, an das zwei andere Chorlieder desselben Stückes v. 385 99 und 582 600 anklingen, besteht aus 4 grossen Perioden. Da mit jeder derselben Rhythmus und Sinn einen Abschluss erhält und die 24 Personen des komischen Chors wohl nur ausnahmsweise alle zusammen sangen, so vermuthe ich auch hier, dass sich die 4 Reihen des Chors in den Ge- sang theilten in folgender Weise:

El yay Ixybvoix' Ideiv xavxrjv fit noxt xrjv ijUbüav ' nokka yay dvbOymti]v | noayiiaxa. Tb xal axtßadag, ag elayb <i>o(>uioji'.

219

y.Qvy.tT? av iC evQwg (hxaGrijv ()\uuvv ovdti dvoxolov,

ovdt rovg Toonovg yt- dr[.iov axlr^uv luaTzsy xal tiqotov.

a'/./C anakov av iC Yfioig I xal 7TqXv j'sarrFyov d-

TiaÜMyh'ra nyay udrwv '.

xal yaQ ixavov ygovoi' d-

TtoXXvfie&a xal xarai eh au ?&a nXavwun'oi

4' slvxuov xdx Avxeiov avv doyti avv äonuJi.

dt XV un adXiaxa xa9'~

ovjLie&a TioiovvTtg, ayt

(pya'Ce oe yd(> aviox^äio^

uXez1 dya&rj rig i)ulv rv%7].

Aristoph. A v. 1470—81 = 1482—93, 1553—64 = 1694—1705, Ran. 534—48 - 590—604, 1099—1108 = 1109—18. Die vier Stro- phenpaare bestehen aus je 4 trochäischen Systemen , von denen jedes katalektisch schliesst, so dass ein gemessener Raum für die Pause nach dem Periodenschluss übrig bleibt; vgl. Metrik S. 149. Gleichwohl möchte ich hier keine Theilung der Strophe unter die 4 Reihen des Chors annehmen, da die Strophen zu wenig Umfang haben, als dass eine Theilung angezeigt sei, und dann, weil an der ersten Stelle der Frösche auf den Chorgesang gleich ein ähnlich componirter Sologesang des Dionysos folgt, der gleichfalls aus 4 trochäischen Systemen besteht, ohne dass natürlich an einen getheilten Vortrag gedacht werden kann. Bemerkenswerth dürfte indess immer die Vorliebe des komischen Dich- ters für die Vierzahl sein, an welche er sich aus Liedern, in welche sich die 4 Chorreihen theilten, gewöhnt zu haben scheint.

Aristoph. Lys. 781—804 = 805—28. Hier tritt in der Erzähl- ung des Männer- und des Weiberchors die Viergliederung noch deut- licher hervor als in den eben verzeichneten vier trochäischen Strophen- paaren, so dass es mir schwer hält zu glauben, dieselbe hänge mit der Vierzahl der Reihen oder vielmehr ihrer Vordermänner nicht zusammen. Ich lasse den Mythos der Männer, in seine 4 Theile zerlegt, ohne weitere Erläuterungen folgen:

Mv&ov ßovXopiai Xe§ai riv"1 vjulv, ov not* ijxovo' avrog en TiaXg wv .

220

ovrwg' r\v VBavioxog Mü.avwjv rig, ög

tpBvyvov ya^iov dcpixBr' ig eptflLiiav

xdr rdlg oqboiv wxti.

xqr' t'kayodi'iQti*

nlfgdjLiwog dyxvg,

xal xvva rtr' bI/bv.

xovxbti xcattfifre na'uv oXxad'1 vnb fiiaovg.

ovrw Tag yvvalxag ißdtkvy&t]

xelvog, fjfislg t' ov&iv fjTTcrv t

tov MeXaviwvog oi avjcpyuvtg.

Aristoph. Lys 1043— 58= 1059— 72 u. 1188—1203 = 1204—15. Das Lied v. 1043 72, dem ein ganz gleiches unten nachfolgt, wird zur Einleitung der feierlichen Friedensspende (s. 1040 2) vom ver- einten Chor der Weiber und Männer gesungen, und vertritt, wie Agthe, die Parabase S. 144, richtig bemerkt hat, die Stelle einer parabatischen Ode und Antode. Wichtig ist, dass wir nun nicht blos nach Art der Parabase Ode und Antode haben , sondern dass auch die Strophen ge- rade so wie in der Parabase der Wolken und Ritter (s. S. 217) in 4 Pe- rioden zerfallen, von denen indess je 2 wieder zu einer höheren Ein- heit zusammengefasst zu sein scheinen

Ov naQaaxBva'Qofieo&a

twv Tioknwv ovöiv\ u'u'dfJBgj

(p'kavQov bIjibIv ov^bbv

dlkd nokv TOVfi7iaXiv navT? dyaS-d y.al XByBiv

xal &{xjlV' Ixavd ydy r.d xaxd xal id nayaxBijuBva.

d'kV BJiayyBkkBTü) nag dvriQ xal yvvr\,

bX zig d^yvQidiov ÖbI-

xai Xaßeiv, jtipäg i) dt/ i) ryslg.

wg tiIbud 'örlv

a%opLBV ßaXhavjia.

xav tzot' bIq7]vi] <pavfj,

oong dv vvvl oavuor\-

xai Tiay* fifiüJv,

dv kdßn fifjxfa? dnodin.

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Strophen der Tragiker.

Aehnliche Erscheinungen, wie wir sie bei Aristophanes beobachtet haben, begegnen uns auch bei den Tragikern; nur dass bei diesen die Vertheilung eines Gesanges unter mehrere einzelne Choreuten sich am meisten in der der Tragödie eigenthümlichen Gattung der Klaggesänge findet, die zum grössten Theil nicht antistrophisch componirt sind und desshalb ausser den Kreis unserer Erörterung fallen.

Wie also in der Parodos der Acharner jede der lyrischen Strophen mit einer Gruppe trochäischer Tetrameter verbunden war , so folgen anapästische Systeme des Chors auf Strophe und Antistrophe in der Parodos der Antigone und Alkestis und dem 3. Stasimon des Rhesus. Auch hier also wurden die Anapäste nicht von dem ganzen Chor, sondern von den Parastaten als Führern der Halbchöre vorgetragen, und zwar in der Alkestis und im Rhesus im Wechselgespräch zwischen den beiden Parastaten. Das Gleiche ist vielleicht auch in dem vierten Stasimon der Trachinierinnen v. 953 61 =; 962 70 anzunehmen, wo logaödische Anapäste der Halbchorführer den Schritt der Träger des sterbenden Herakles begleitet zu haben scheinen.

II W.u. Hif ävauoeaoa rtg II M.ß äy/ov cV ö.ya zov uazQav

ytron' movyig iancutig avycc, n^oi)xX<xiov. d£vqxovog tog ärjotov.

ifrtg //' anoixtOHBvhx ro naw, tmiog s~h'toi> yäy tSoui/.og rjde rig ßaaig.

to)' /fior ähcifiov yovov na <Vuv (pÖQtl viv: tog tpiXov

ui) Tayßulta Oai'oiui 7iQ03C7]OOfitya ßctquav

fiovvov uaidovo' ä(f((()' äipoaov ut^ti ßaair.

Jir.a InellvdvoanaKkaxTOigbdvvatg ///'. ß'alal . oP äravöarog tpaytrai'

yw()Hr ?7(>o doutov leyovow ti /(>?} S-avovxü. vir r\ xad"

dfokftov n Sm/fiec, r.iroi' o$tä x^ilrcu:

Eine Theilung der Halbchöre in 2 Zyga konnte am leichtesten im alten Chor von 12 Mann stattfinden. Die Sinneinschnitte und der Wechsel des Rhythmus machen eine solche Theilung wahrscheinlich in Sophocles Aias 221 32 = 245 56, wie Muff und Hense gut erkannt

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. II. Abth. 29

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haben. Ein noch viel einleuchtender Fall der Art findet sich in der Exodos der Schutzflehenden des Aeschylus v. 1018 ff. Hier verlässt der Chor die Bühne, indem er seine Segenswünsche für das gastliche Argos und seine fromme Verehrung der waltenden Götter in jonischem Rhythmus ausspricht. Dass sich dabei der Chor in Halbchöre theilte, geht deutlich aus dem Wechselgesang zwischen den beiden Führern der Halbchöre im dritten Strophenpaar hervor und ist durch die anti- strophische Anlage der ganzen Exodos angedeutet. Ausserdem aber zerfällt jede der 4 ersten Strophen in 2 scharf durch den Sinn, in dem ersten Paare auch durch die Form des gebrochenen jonischen Schluss- verses geschiedene Theile. Hermann führt daher in jeder Strophe die 2 Halbchöre ein ; aber das passt nicht zu der sonstigen Verwendung der Halbchöre, und gründet sich obendrein auf die falsche Deutung des Wortes bnadol in Vers 1022, unter denen Hermann die virgines socias verstand, unter denen aber nach Weil's Darlegung nur die dienenden Be- gleiter der Danaiden verstanden werden können. Wir lassen daher die Strophen von dem ersten Halbchor und seinen Begleitern , die Anti- strophe von dem zweiten Halbchor und dessen Begleitern singen:

HM. a %xe uav darudvazrag fidzayag &eovg yavdovreg oryocp. a

nokiovyovg t* xai dt yjvu' 'Eqaoivov

najivaLovxai nakaiov. OFT. a imodf§ao&e (T onaöol

utXog, alvog dt näliv jdvdeTItXaoyujv 1/Jtw ur^ tri NdXov

nyoyoag otßco/uer v^ivoig, HM. ß' norajuovg <T dl dia x<*>QaS Sslefiov JKOjua yjovoiv clvtigtq. a

nökvTSXvoi kinaQoig yevfiaöi yaiag

rodt uuXiooovTtg ovdag. OTI. ß' tnldoi J" "AQTtfiig ayva

oxoXov olxrt'Qoptva, firjö1 vtC dvayxag ydfiog el&oi Kv&tyeiag-

orvytQcoy neXoi xofT a&Xov. HM. a KvTTQidog J" ovx dfieXel freouog ffi tvtpQwy oryocp.ß

dvvarai yäy Jiug ayyiGia ovv 'Hqcc,

Tisrai (T' aloXojurjrig &eög tyyoig ml aefivolg. OTT. d iinaxoivoi 81 (fiXa juaryl Ttayeiaiv

223

IIo&oq (t t' oxdtv dna^vov xelt&ti dslxxoQi Tlti&ol-

didoxai (T dyuovla jlhhq' *A(pQodLxag

iptdvyai xQißoi x' tyojxioy. UM. ß qvyddeooiv d' tmvoiaig xay.d t' dkytj dvxiGXQ.ß'

noXtuovg #' al/naxotyxag 7tQO(poßovtuai

xi ttox1 tvnkoiav bTiQa^av xa^VTiofmoLOi diwyuolg: 0/7. ß o ri xoi jLioyoijLiov toxiv, xo yevoix' dv

dibg ov naqßaxog toxiv ^ityaka (py?iv dniyaxog-

uezd tio'Ümv tfe yaucov ddt xt'ktvi.d

xyoxtyär ntkoi yvvars.wv. ///'. a 6 utyag Zsvg dnaltSai oxyoop. y'

yaiiov Alyvnxoytvf] fioi. Hl\ ß tu fitv dv ßelxaxov tirj. Hl\ a oi) dt S-i'kyotg dv a&elxxov. ///'. ß ou dt y* ovx oio&a xb ftsXlov. ///'. a xi dt jtiilXü) ip^tva Jiav

y.ad-oqav oxpiv äßvooov; dvxiOXQ. y

///'. ß utxyiov vvv enog sv%ov. ///'. a xiva xaiqov ut diddoxeig ; ///'. ß xd d-ttiüv urjdtv dyd'Ctiv.

Eine ähnliche Theilung der Halbchöre in ihre Zyga scheint auch in der Parodos der Choephoren stattgefunden zu haben. Hier theilen sich in schärfster und bestimmtester Weise die zwei ersten Strophen- paare in 2 Theile: v. 22 26 = 32—36, 27—31 =37—41, 42—48 = 54 60, 49 53 = 61 65. Da hier von einem begleitenden Nebenchor keine Rede sein kann, so vermuthe ich, dass bei diesen zwei ersten Strophenpaaren die 4 Reihen des Chors zur Geltung kamen ; erst bei dem dritten Strophenpaare treten dann die beiden Halbchöre und bei der Epode der Gesammtchor ein.

Bei dem Chor von 15 Mann möchte man von vornherein eine Theilung der Haibchöre in Zyga weniger vermuthen; aber doch scheint eine solche Theilung in der Art stattgefunden zu haben, dass entweder die 4 Reihen oder die rechten und linken Parastaten und Tritostaten sich in den Vortrag der Strophe und Antistrophe theilten. Wenigstens

29*

224

weist darauf die Zweitheilung der Strophe hin in Eur. Med. 86 88 92 = 98—100—104 (siehe Hense im Rhein. Mus. XXXI, 584) Ale. 36 88 92 = 98 100 104, Bacch. 72 83 87 = 88 98 104, Rhes. 527— 31— 45 = 546— 50— 56 u. 692—701—703 = 710—719 722. Doch ist es auch möglich, dass die 2 Absätze der Strophe wie Antistrophe von den beiden Halbchören oder ihren Führern vorgetragen wurden, wie dieses sicher der Fall ist in der Parodos des Ion v. 184 189—193 = 194—200—204.

Auffälliger ist eine andere Erscheinung in den Chorgesängen der' Tragödie, dass sich nämlich so oft eine Strophe oder ein freies Chori- kon in 3 Perioden zerlegen lässt. Zeigt sich dieses Verhältniss in Partien, welche sich zum Einzelvortrag eignen, so wird man unbedenk- lich zu dem Koryphaios und seinen beiden Parastaten greifen, wie in Eur. Cycl. 608—11 19—23, El. 585—89—91—95. Aber eine Theil- ung der Halbchöre in 3 Unterabtheilungen ist namentlich bei einem Chor von 15 Mann nicht leicht denkbar und ich möchte daher in mehr- stimmigen Chorgesängen dem Aufbau der Strophe aus 3 Perioden keine Bedeutung für den Vortrag beimessen; vgl. S. 219 zu Arist. Av. 1470.

In 4 deutlich geschiedene Absätze theilt sich Strophe und Anti- strophe in Eur. Ale. 213 25 = 226 37. Hier ist eine doppelte Mög- lichkeit des Vortrags gegeben ; entweder sangen die 3 ersten Absätze der Koryphaios und die beiden Parastaten und den vierten der Ge- sammtehor, oder es übernahmen die 4 Absätze die 2 Parastaten und 2 Tritostaten und trat der Koryphaios erst mit dem Vortrag der Ana- päste v. 238 ein. Eine Entscheidung des Dilemmas fällt mir schwer, da die Strophe ebenso sehr der ersten, wie die Antistrophe der zweiten Auffassung günstig ist.

Sieben Absätze hat das Chorikon in Eur. Orest. 1537 48, die sich mit völliger Sicherheit unter die 5 Vordermänner, den Gesammt- chor und den Koryphaios vertheilen lassen :

XX). o v. m iv) rvya-

sreyov eis ccywv , Vityor av oojitog

(poßtQO)' dfixfl Tovg "ATQudas niivti. XO. o ß il ()\m)uw: ayytluoutv el§ iiuliv r«#«,

225

t] aly ?%(j){itv ; XO. o y . daipaltartQor, <pilai. XO. u d ids tiqo dtD/Liartoi' iVTc TiQOxriQvaoti

&oaQujv o(T aiStyog arm xanvog. XO. o e ajirovoi nevxag wg TivywäovTtg do/uovi;

rovg TavraXsiovg oud' dcpiaxavrai cpovov. XO. rtlog t%ti daipicuv ßgorolg,

xtkog ona S-tlti.

utya'ka dt xig d ihwauig- $4Ü dlaoxoy'

sneo1 tJitot ueladya xadt dC aijLidxuJv

did xo MvQxilov ntai]p? ix dUpyov. KOP. dlld [irjv xal xm'dt ktvaou) Mtviltvjy douaty ntkag.

Auffällig ist es nur, dass in der entsprechenden Strophe v. 1353 65 an Stelle der 5 Vordermänner der eine Koryphaios getreten ist.

Noch verwickelter sind die Verhältnisse in dem grossen Threnos des Aesch. Agam. 1448 1566 und in der Parodos der Eumeniden. Na- mentlich über letztere sind die verschiedensten Vermuthungen von Bamberger Passow Müller und Hermann aufgestellt worden, die alle schon desshalb zu verwerfen sind , weil sie von der falschen Voraus- setzung eines fünfzehngliederigen Chors ausgehen. Mir möge es zum Schlüsse noch gestattet sein meinen eigenen Versuch ohne jeden Com- mentar herzusetzen.

Hl\ a tyti(S, eysiys xal ov xr\vd^ ', iya) dt ae.

///'. ß' tvdtig; dviaxw xdxokaxxioaa* vnvov,

idüjf.it&^ ti xi xovdt cpyoiuiuv tuara.

XOP. o y lov iov TTOiiaZ, ind&o^itv, (pl'/Lai. axy. a

6 (?' rj Tiollä drj nafrovöa xal judxrjv iyi .

6 k tTiäfrojusv TidSog dvaa^tg, oj ttojioi, äcptQxov xaxbv.

6 X> *$ dyxvovv ntnxaixtv oi%txai #' o d-qy

u g' vnrqj xyaxrj&tlo' äyyav uiltaa.

6 rf Iuj neu /tiog, inixkonog ntXti dvxiGtf). a

6 0- vtog dt y^a'iag daluovag xa&innaGU),

o i xov ixixav otßuov, ä&tov ärdya xal xoxtvaiv nixqov

6 ta tov /urjTQaloiav d: i^txktipag wr &tog. Abb.. d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. II. Abth. 30

226

6 iß' tl röäviV iytl rig üixaiwg t%eiv. ZYT. a e/llol (V bveidog i$ bvei^dxLov /uohbr otq. ß'

hvipsv dixav dupQifkv.Tov

jueoolaßel xevj^ip

vnb (p()8vag vnb loßov. ZYF. ß' 7id()€OTi f.iaaxiXT.oQog daiov dapiiov

ßayv r.b TitQißaQV XQVog e%eiv. ZYV. y roiavra dyiooiv oi veorrtyoi &eoi ävriGTQ.ß

XfMXT&DytSQ TU 7XÖ.V OlXOg TTltOV. cpovofoßfj S-QOjLlßof'

tuqI nöda. neyi xaga. ZYl\ ö' nd^taxi yäg "bfjupaXbr nyoadyaxtZv aljudrior

ß'koovQov aQOfierov äyog e%eiv. HM. a tcpearun dt udvrig wv utaauari otq. y

fiv%bv tyjiavag avroaavrog avzoxlrjrog,

naQCt rojLiov d'iwv ßgoxta piiv tliov,

nakcuyevetg dt Liotyag cp&ioag. HM. ß' xd/LLol ye Xvnybg xal rbv ovx exlvotrai. ävriotQ.y

vnb ye yav (pvyibv ov nm? sfav&SQOvrai '

mrtiTQCJiaiog ujv »V trt^ov er xaqa

tiidoTotf «£ t/LLüv naöerai.

Ich benütze den leeren Baum, um noch auf eine meines Wissens bisher unberücksichtigte Stelle des Aristoteles, de aud. p. 80lb 15 ed. Bekk. aufmerksam zu machen, die für die Einführung von Einzelchoreuten in gesprochenen Partien von äusserster Wichtigkeit ist. Es spricht dort der Philosoph von der Störung, welche ein schlecht articulirter Ton auf die andern ausübe, und fährt dann fort: <?to xal fiaXkop kyos tatqvovteg awituEv »j noXkiöi' eine, tkvtu Xtyövxwv, xa&aneQ xal, inl rtöv %o()ö(5f xtti 'tokv rjXtov (sc. awikfifv), otav rtgosavlfj ns tcfxcc xai xiB-agi^, cfia ro <rvyx(to&ca rüg (pwvüs vnn twp frsyun'. Ich bringe eben diese Bemerkung unmittelbar mit dem Drama in Verbindung; denn in der Poetik c. 15 extr. beruft sich Aristoteles bezüglich der bei Auf- führung der Tragödie vorkommenden Sinneswahrnehmungea auf seine früher herausgegebenen Bücher.

ABHANDLUNGEN

DER

PHIL0S0PHISCH-PHIL0L0G1SHEN CLASSE

DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN

AKADEMIE der WISSENSCHAFTEN.

VIERZEHNTEN BANDES

DRITTE ABTHEILUNG.

ABHANDLUNGEN

DER

PHILOSOPHISCH-PHILOLOGISCHEN CLASSE

DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN

AKADEMIE der WISSENSCHAFTEN.

VIERZEHNTEN BANDES

DRITTE ABTHEILUNG.

IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XLIX. BAND.

MÜNCHEN,

1878. VERLAG DER K. AKADEMIE,

IN COMMISSION BEI G. FRANZ.

Inhalt.

Seite

Die rhythmische Coutinuität der griechischen Chorgesänge. Von Wilhelm v. Christ 1

Busiris und Osymandyas. Von Dr. Lauth 73

Das Taufbuch der Aethiopischen Kirche. Aethiopisch und Deutsch von Ernst

Trumpp 147

Vita Adae et Evae. Herausgegeben und erläutert von Wilhelm Meyer . . .185

Die rhythmische Oontinuität

der

griechischen Chorgesänge.

Von

W. Christ.

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth.

Die rhythmische Continuität

der

griechischen Chorgesänge.

Das Alpha und Omega aller metrischen Untersuchungen auf dem Gebiete der lyrischen Poesie der Griechen bildet die Frage, ob die alte Musik in gleicher oder ähnlicher Weise wie die moderne an eine strenge Regelmässigkeit der rhythmischen Bewegung gebunden war oder nicht. Da die uns erhaltenen Texte der griechischen Gesänge, die der eigent- lichen Lyriker sowohl wie die der Dramatiker, der Annahme einer strikten Taktgleichheit wenig günstig sind , so setzte sich bei den Philologen seit Maybom, dem berühmten Bearbeiter der alten Musiker, die Meinung fest, dass die zum Gesänge bestimmten lyrischen Perioden und die zur Recitation geschaffenen Verse nicht mit dem gleichen Mass gemessen werden dürften, dass diese an einen bestimmten, leicht erkennbaren Takt gebunden gewesen seien, in jenen eine freiere Behandlung des Rhythmus Platz gegriffen habe. Ausser an den Texten der Dichter glaubte man an der von den alten Grammatikern und Metrikern wiederholt ausge- sprochenen Unterscheidung von metrum und rhythmus einen Anhalts- punkt für diese Auffassung zu haben. Lange Zeit erhielt sich diese Un- klarheit der Vorstellung, so dass man wesentlich nur zum Behufe der Kritik in den Strophen die Aufeinanderfolge der kurzen und langen Sylben notirte. Erst im Anfange unseres Jahrhunderts hat ein genialer Mann, der allerdings mehr Musiker als Philologe war, hat Aug. Apel mit jenem Vorurtheil gebrochen und in seiner i. J. 1814 erschienenen Metrik den Satz durchzuführen gesucht, dass in keiner Art der antiken Poesie Taktlosigkeit geherrscht habe und dass in Bezug auf die Regel- mässigkeit des Rhythmus die alte Musik der neuen vollkommen gleich

gewesen sei. Aber G. Hermann, der eben damals um die Herstellung und das Verständniss gerade der lyrischen Reste des hellenischen Alter- thums sich die glänzendsten Verdienste erwarb, hatte sich eine andere Vorstellung von dem Vortrage der griechischen Gesänge gebildet und vertheidigte dieselbe mit einer Hartnäckigkeit, welche einer besseren Sache würdig gewesen wäre, gegen das cephemere Phantasma1 des phi- lologischen Dilettanten. Und auch Aug. Böckh, wiewohl er anfangs der neuen Lehre mehr zugethan war, warf sich derselben doch nicht mit voller Hingabe in die Arme, hauptsächlich weil er für die von Apel neu eingeführten Zeitmasse die Begründung in den Sätzen der alten Rhythmiker vermisste; s. Böckh, de metris Pindari p. 92.

Gegenüber diesen Männern, welche damals durch das Gewicht ihrer Autorität, zumal wenn sie übereinstimmten, die philologische Welt ins Schlepptau zu nehmen gewohnt waren, hat H. Feussner als junger Mann in seiner Doctordissertation, de antiquorum metrorum et melorum discrimine, Hanoviae a. MDCCCXXXVI, die Lehre Apels wieder aufge- griffen und durch den Hinweis auf zerstreute Zeugnisse des Alterthums tiefer begründet. Seitdem haben so ziemlich alle, welche sich mit me- trischen Untersuchungen befassten, namentlich Rossbach, Westphal, Bellermann, H. u. M. Schmidt, Brambach, Brill, Vogelmann an dem Grundgedanken Apels festgehalten; aber alle werden mir zu- geben, dass der Streit über die Skandirung und Rhythmisirung der griechischen Chorgesänge noch nicht zum endgiltigen Austrag gekommen ist. Um das Wie der Durchführung des allgemein anerkannten Apel'schen Grundsatzes gehen die Meinungen noch vielfach auseinander; über die Ausdehnung des Taktwechsels (jueraßolrj (w&juov), durch den das Princip der Taktgleichheit wieder stark durchkreuzt wird, begegnen uns fast bei jeder Strophe variirende Ansichten ; endlich sind die verwickelten Compositionen der Lyriker zum grössten Theil unberührt oder doch wenigstens unentwirrt bei Seite liegen geblieben. Ich selbst klopfe schuldbewusst an die Brust und bekenne offen, dass ich lange Zeit zu keiner festen Ueberzeugung kam und auch noch als ich die Epinikien Pindars herausgab und meine Metrik schrieb, über die Ausdehnung der rhythmischen Continuität bei den Alten im Unklaren war. Was ich da- mals versäumte, oder vielmehr worüber ich damals mit mir noch nicht

völlig ins Keine zu kommen vermochte, habe ich in der Zwischenzeit eifrigst nachzuholen versucht und vorstehende Abhandlung enthält die Grundlinien meiner jetzigen Auffassung, um nicht zu sagen Lösung der obschwebenden Frage.

Mit allgemeinen Erwägungen, mit dem Satz, dass das Gefühl für Rhythmus dem Menschen angeboren sei und das Wesen der Musik die rhythmische Ordnung der Töne erheische , wird man in unser con- creten Frage nicht weit kommen. Bereits die Alten, wie Dionysius, de adm. vi die. Demosth. c. 47 u. 50 , haben auf das Bestimmteste /uüog und §v&ju6g, Melodie und Takt unterschieden; und wenn auch die voll- kommene Musik in der Vereinigung der geregelten Bewegung [(vS-fiog) und der harmonischen Mischung der Töne (^elog) besteht, so wäre es doch immerhin denkbar, dass die Griechen hinter jenem Ideal zurückgeblieben seien. Die hohe Vollendung, welche uns aus den griechischen Werken der Plastik und Architektur entgegenstrahlt, kann dagegen nicht mit ent- scheidendem Erfolge geltend gemacht werden. Denn nicht zu allen Kün- sten war der griechische Genius gleich glücklich angelegt, und schwerlich hätte sich je die einfache homophone griechische Musik mit dem Töne- reichthum der modernen Polyphonie messen können. Ja in bedenklicher Weise scheint sogar das byzantinische Kirchenlied, welches sich doch aus der altgriechischen Musik entwickelt hat, gegen die Annahme zu sprechen, dass die antike Melik in gleicher Weise wie [die moderne Musik an das Gesetz der Taktgleichheit gebunden war. Freilich darf der Taktlosigkeit der mittelalterlichen Kirchenmusik auch nicht nach der anderen Seite zu viel Beweiskraft beigelegt werden. Denn einmal wäre es nicht der erste Fall, dass eine Kunst, zumal eine nicht durch äussere Zeichen fixirte, im Laufe der Zeiten verloren gegangen wäre, um später wieder von neuem erfunden zu werden. Sodann werden die Kirchenlieder der griechischen Gemeinden von einzelnen Sängern im Stehen gesungen , während die meisten altgriechischen Lieder für den Chorgesang bestimmt waren und ihr Vortrag von Marsch- und Tanz- bewegungen begleitet war. Ein Mangel der rhythmischen Gleichmässig- keit aber, der beim Sologesang eines Stehliedes einem minder fein ge- bildeten Ohr kaum auffällt, würde den Zusammenklang und die Marsch- ordnung eines Chores völlig zu stören und in ein wirres Durcheinander

G

aufzulösen vermögen. Aber wenn man auch zugeben muss, dass schon allgemeine Erwägungen mehr für Taktgleichheit in der antiken Melik sprechen als für das Gegentheil, so kann doch auf diesem Wege unsere Frage noch nicht einer sicheren Entscheidung zugeführt werden.

Von grösserer Bedeutung sind die Zeugnisse der alten Schriftsteller, welche uns von dem rhythmischen Werthe der einzelnen Sylben im Ge- gensatz zu ihrer Quantität in der gewöhnlichen Umgangssprache und von der Gleichmässigkeit der einzelnen Intervalle in dem Gesänge und der Musik berichten. Aussprüche, wie die des Cicero, de orat. III 50, 196 cnon solum verbis arte positis moventur homines, verum etiam numeris ac vocibus. quotus enim quisque est qui teneat artem nu- merorum ac modorum? at in his ei paullum modo offensum est, ut aut contractione brevius fieret aut productione longius, theatra tota re- clarnant* weisen doch zu deutlich auf strenge, ja strengste Beobachtung des Taktes in den Canticis des antiken Dramas hin. Und wenn Quinti- lian IX 4, 55 von den Rhythmen, also speciell von den freieren lyrischen Dichtungen sagt crhythmi neque finem habent certum nee ullam in contextu varietatem, sed qua coeperunt sublatione ac positione ad finem usque decurrunt* so lässt sich doch an dieser bestimmten An- gabe von der Gleichheit der einzelnen Takte schliesslich nicht herum- mäkeln. Die Zeugnisse der Alten von der rhythmischen Ordnung sind zusammengestellt von Feussner in der bereits oben angezogenen Schrift; zu den damals bekannten Stellen kamen später noch durch Bellermann's und Vincent's Bemühungen die Auszüge aus Aristoxenos in dem Frag- mentum Parisinum und das so oft vermisste ausdrückliche Zeugniss über die [lax^a r^i^ovog rsryaxQovog und neyrd^goyog bei dem Beller- mannischen Anonymus neyl uovöizrjg. Den Werth aber aller dieser Stellen und ihre Beweiskraft für die uns hier beschäftigende Frage näher zu prüfen, kann uns wohl füglich erlassen werden, nachdem Feussner diesen Punkt schon in überzeugender Weise beleuchtet hat und neuerdings Cäsar und Westphal die rhythmischen Lehrsätze der Alten nach allen Seiten in möglichst helles Licht gestellt haben. Aber wenn man auch den zerstreuten Zemgnissen der Alten von der Taktgleichheit der lyrischen Gesänge unbedingten Glauben schenkt und die späten Zeug- nisse von den verschiedenen rhythmischen Werthen der Sylben unein-

geschränkt auch für die ältere klassische Zeit gelten lässt, so bleibt doch immer noch die Hauptaufgabe zu lösen, nämlich die, wie sich die lyrischen Gedichte, namentlich die Strophen Pindars und der Dramatiker jenem Gesetze der Taktgleichheit fügen. Denn so willkürlich wird doch jedenfalls nicht der Dichter, der in der besten Zeit des Alterthums seine Gedichte selbst in Musik setzte, mit dem Texte und dem natür- lichen Sylbenwerth umgesprungen sein, dass er sich nicht in der .Dehn- ung (rov') der Längen und der Zusammenziehung der Kürzen an ge- wisse Gesetze band. Dieses vorausgesetzt, muss man aber erwarten, dass sich aus den uns erhaltenen Texten durch Vergleichung der verschie- denen Verse jene Regeln wieder reconstruiren und somit die wahren rhythmischen Werthe der einzelnen Sylben aufdecken lassen. Einen Hauptgesichtspunkt, der bei dieser zwischen nüchterner Beweisführung und kühner Divination vermittelnden Thätigkeit ins Auge gefasst werden muss, bildet aber eben die Gleichmässigkeit der Takte und die rhyth- mische Continuität.

In der eben bezeichneten Richtung bewegen sich nun mehr oder minder die Reconstructionsversuche des rhythmischen Baues der griechischen Stro- phen. Die Schemata, in denen nur die natürliche Quantität der Sylben ange- merkt ist, werden nach und nach immer seltener; immer mehr gewinnen die Zeichen für drei- und mehrzeitige Längen, für unvollkommene Längen und Kürzen und auch für leere Zeiten in unseren Ausgaben und metrischen Hand büchern Verbreitung. Ja selbst der moderne Taktstrich hat bereits in die antike Poesie Eingang gefunden und scheint sich namentlich in der Weise, wie ihn Brambach gebraucht, als ein ganz vorzügliches Mittel zu bewähren, um mit ihm statt mit der immerhin doch mangelhaften Semasiologie der neuen und alten Rhythmik ein Gedicht in seine einzelne Füsse zu zerlegen. Aber fast kommt es mir vor, als ob man nachgerade allzu weit in der blos empirischen Behandlung der Sache gehe, als ob man mehr im Einzelnen taste und probire , als von der Erkenntniss be- stimmter Gesetze sich leiten lasse. Sicher wird der nur allzu häufige Widerstreit in der rhythmischen Zerlegung der Chorgesänge sich nicht ausgleichen lassen, ohne dass gewisse Kardinalpunkte in der Lehre von der Taktgleichheit durch Heranziehung sämmtlicher analoger Fälle fest- gestellt werden. Ich selbst bringe daher einmal in dieser Abhandlung

8

alle diejenigen rhythmischen Werthe zur Besprechung, welche wir zur Herstellung der Taktgleichheit in den griechischen Gesängen bedürfen. Es werden dabei viele Dinge berührt werden müssen , über die unter vorurtheilslosen Forschern schon längst keine Controverse mehr herrscht. Bei diesen werde ich mich kurz fassen und nicht von neuem die ganze Beweisführung wieder aufnehmen, um bei den bis jetzt noch nicht im Zusammenhang erörterten Punkten desto mehr ins Detail einzugehen. Ueberdiess werde ich mich wesentlich auf die lyrischen Partien der Dramatiker beschränken, nicht als ob die Lyriker ganz anderen Ge- setzen unterworfen gewesen seien oder als ob ich an den Schematen meiner Pindarausgabe nichts zu ändern und zu bessern hätte, sondern weil ich zuvor einmal in einem beschränkteren Kreise und an leichteren Beispielen die Durchführbarkeit meiner Sätze erweisen wollte.

I.

Die rhythmische Gleichstellung äusserlich verschiedener Füsse.

1) Rationale Takte neben irrationalen. Seit Alters galt es als feststehende Regel für den Bau des jambischen Trimeter und tro- chäischen Tetrameter, dass von den 2 zu einem zusammengesetzten Takte vereinigten einfachen Füssen der zweite auf eine zweifelhafte statt auf eine kurze Sylbe endigen dürfe, so dass das Schema der beiden Verse sich folgender Massen darstellte:

xr \ ^ -c | w ' -u- | ^

Es wechselten also reine und irrationale Takte in jenen Versmassen mit einander ab, und es kann auch kaum daran gedacht werden, dass im Vortrag, etwa durch längeres Anhalten der Länge des reinen Fusses der Zeitunterschied zwischen den beiden Füssen wieder aufgehoben worden sei. Gleichwohl blieb die Taktgleichheit in diesen Versen inso- fern gewahrt, als der Dirigent nicht nach einzelnen Füssen, sondern nach Dipodien den Takt schlug. Bemerkenswerth ist es aber doch, dass in den trochäisch-jambischen Liedern der Tragödie der syll. anceps so gut wie gar keine Stelle eingeräumt, also auch jene untergeordnete Un- gleichheit der einzelnen Füsse vermieden wurde.

In der lyrischen Poesie begegnet uns ein irrationaler Trochäus neben einem reinen in dem Glyconeus, dem Eupolideus und anderen freier behandelten Versen:

T7 | W V | W |

TT | TT |— uu)u_|_xr| T7|— ^|_

Theilweise, wie bei dem polyschematistischen Eupolideus, mag jene Verletzung der strengen Taktgleichheit auf Rechnung der nachlässigeren Thalia geschrieben worden, die es auch mit den Gesetzen des Rhythmus nicht so streng nahm, wie ihre Schwester Melpomene. Ausserdem aber wird auch die äussere Ungleichheit der einzelnen Füsse jener Verse sich im Gesänge zum mindesten gemindert haben, indem in denselben jeder Fus8 den Umfang von 3 Zeiten etwas überschritten zu haben, und spe- ciell der irrationale Trochäus dem nachfolgenden kyklischen Daktylus halbwegs entgegengekommen zu sein scheint.

Mehr ward die strenge Taktgleichheit gestört durch die syll. anc. am Schlüsse eines Kolon, wie in dem Verse des Alcäus fr. 15, in dem ich durch Doppelstriche die Gliederung in Kola angedeutet habe:

-CT | u V | _ v | u_ || _ -er | —v V | _ V | _ X7 || v | •— ||

(xaqfxaiqEL de. fteyctg ög/aoq | %cik/.ij) ' naoa <? ^Qf] y.ex6a/j.rjTai axeya }.af.i7iQaiöLV xvvlaioi, x.ar | xav Xevxoi xa&V7te()d,ev ucitioi Xocpoi

oder in dem Verse Pindars Nem. IV 5

X7 | v | w v | _ tt || _ u u | _ w | •— ||

yv~ux roGöov svXoyla qtoQfiiyyi avvaoQog. KaöfxeloL vlv qvy. äax.ovteg av&eot, (.dyvvov.

Denn hier erlaubten sich die Dichter sicher nur desshalb im Texte an den bezeichneten Stellen statt einer Kürze auch eine Länge zu setzen, weil am Ende des Kolon der Rhythmus in eine langsamere Bewegung auslief. Wir haben also in der That an dieser syll. anc. am Ende eines akatalektischen Kolon ein Anzeichen von einer grösseren rhythmischen Freiheit, als mit den strengeren Gesetzen der Taktgleichheit unserer Musik vereinbar ist. Bezeichnend aber ist es für die Entwicklung der alten Kunst, dass derartige akatalektische Kola mit schliessender syll. anc. bei den Dramatikern sich seltener als bei Pindar finden.

Abh. d. I. CL d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth. 2

10

2) Kyklische Daktyle neben Trochäen. In einer Anzahl von lyrischen Versen, wie in dem Glyconeus und Hendecasyllabus steht ein Daktylus neben Trochäen

_ -CT | <-> v|_u|_u|

Es wird jetzt allgemein zugegeben, dass jener Daktylus ein kyk- lischer Daktylus von dem Umfang von beiläufig 3 Zeiten y j J war und

dass beim Gesänge nicht ungleiche, sondern gleichlange Rhythmen ge- hört wurden. In gleicher Weise wurde durch den rascheren Vortrag der Daktylen der äussere Unterschied aufgehoben, wenn in einem Liede neben glykoneischen oder trochäischen Tetrapodien vierfüssige daktylische Kola stehen, wie in Soph. Antig. 388 ff.

■frecov ts xav vrce^taxav Täv

llXofXtVlüV OQOTQCOV ETOQ sIq STOQ.

3) Kyklische Päone neben Daktylen. Die kyklischen Dak- tyle mit dem rhythmischen Werthe von 3 Zeiten haben, nachdem sie Apel aufgedeckt, nach und nach allgemein Eingang in die metrische Theorie gefunden. Hingegen blieb es bis auf die neuste Zeit unbeachtet, dass es auch Päone von der gleichen rhythmischen Geltung gab, welche desshalb mit kyklischen Daktylen und reinen Trochäen zu einer Periode verbunden werden konnten. Den einleuchtendsten Beleg dafür bieten die im raschesten Tempo vorgetragenen Schlussverse der Parodos der Euri- pideischen Bacchen v. 157 ff.

"U u c w v v \J w

evia tov sviov ayaXXofxsvai &eov

ev WQvylaiai ßoalg evortalol re ~~ w u |~~ w v |"v v|"u u|

Vergleiche meine Metrik S. 240 ff., wo zuerst auf diese kyklischen Päone aufmerksam gemacht worden ist.

In den so eben erörterten Verhältnissen ist es auch begründet, dass in Strophe und Antistrophe der kyklische Daktylus und der Trochäus ihre Stelle tauschen können, wie in Phil. 1124 = 1147

7V0VT0V &IVOQ e(pTj[XBVOg. T7 | "~w u | ü I1"!

h'&vrj &rjQtüv ovg od' syei. "v | 'S" I ~u u 1 1~~ I

11

4) Jonicus neben Ditrochäus. Weitere Fälle der Gleichstel- lung äusserlich verschiedener Takte ergeben sich bei den zusammenge- setzten oder sechszeitigen Füssen. Der verbreitetste Fall ist der, dass

ein Jonicus vv und ein Ditrochäus mit gleicher Geltung neben

einander stehen, wie ganz offenbar in dem sotadeischen Vers:

u vi v u I v vi. ,

et v.a.1 ßaoilevg TtegjvKag, wg dvrjTog äxovoov.

Es scheint dieses der Taktunterschied zu sein, welchen Aristoxenus p. 298 M. als diayoQa nodatv xara o^/r^ia bezeichnet hat.

Da ein kyklischer Daktylus die Stelle eines Trochäus vertreten konnte, so ziehe ich mit Apel I 473 hieher auch die Gleichstellung von

v v V V V v V V

in den von Hephästion c. 11 und 14 angeführten Versen der Sappho und des Alkman

ü V V

öiövxe [tev d 2eldva xal ührftadeg, f.uaai »>txT£g, 7taqd d* eQxetf i"qcc syto de (.wva '/.a&evdw.

tieqlooov dt ydq ^ÄTtoXkoiv 6 ^ivxyog. II.

Scheinbare Unterbrechung des Rhythmus durch Fehlen eines

Takttheiles.

Eine der gewöhnlichsten Erscheinungen in den Liedern der griech- ischen Lyriker und Dramatiker ist die, dass mitten im Verse oder mitten in der Periode die Thesis eines Fusses im Texte keinen Ausdruck gefunden hat, so dass also im Texte zwei Arsen zusammenstossen. Es hat sich auch hier jetzt ziemlich allgemein die Ueberzeugung Bahn ge- brochen, dass diese Unterbrechung des rhythmischen Ganges nur eine äusserliche ist, dass thatsächlich im gesanglichen Vortrag die Reihe wieder hergestellt wurde, dadurch dass entweder der Sänger während der Zeitdauer der Thesis pausirte, oder dadurch dass er die voran- gehende Länge bis zum Umfange eines ganzen Fusses anhielt. Die Lehre

2*

12

der Alten von den leeren Zeiten (jcqovoi y.evoi) und <ler längeren Dauer (rovri) der Sylben berechtigt uns um so mehr zu dieser Annahme, als die Sätze des Anonymus neyl juovaixfjg von den 4 Arten der leeren Zeiten (xevbg ß()a%vg, uaxyog, rylörj/Liog, rszyaörj/Liog) und den 4 Arten der Länge (jiaxQoi di%Qovog, ryixyovog, tetqclxqov og , Tierxa/jjorog) vortrefflich zu derselben stimmen. Denn gerade diese Werthe bedürfen wir, um jene scheinbare Unterbrechung in den verschiedenen Khythmenge- schlechtern, dem diplasischen daktylischen und päonischen wieder auf- zuheben.

Ursprünglich ward nun offenbar der fehlende Takttheil durch eine Pause ausgefüllt; man kann dieses vornehmlich durch zwei Dinge be- weisen, einmal daraus dass in dem ältesten Verse der Art, in dem syn- kopirten Hexameter odir elegischen Pentameter, zu allen Zeiten Wort- schluss nach der Länge des unvollständigen Fusses eintreten musste, sodann daraus dass sich die Synkope überhaupt am meisten am Ende eines Kolon findet. Aber bei der Ausfüllung der unterdrückten Thesis durch eine leere Zeit oder die den Schluss eines Kolon begleitende Pause blieb es nicht ; die Dichter setzten sich bald über die Forderung des Wortschlusses an jener Stelle hinweg , und da nun unmöglich die Sylben eines Wortes durch eine Pause auseinandergerissen werden durften , so blieb nichts anderes übrig als die vorausgehende Länge auch noch über die Dauer der Thesis anzuhalten. Die Verschiedenheit des Textes in Strophe und Antistrophe lässt uns sogar vermuthen, dass der Sänger, je nachdem ein Wort oder gar ein Satz an der fraglichen Stelle schloss oder nicht, bald zur Einlegung einer leeren Zeit, bald zum längeren Anhalten der vorausgehenden Sylbe schritt. Die Sache selbst ist ausserordentlich einfach , da wir nur einmal von dem Buch- staben abzusehen und uns selbst bei dem Lesen zu beobachten brauchen, um sofort einzusehen, dass wir unwillkürlich sogar bei der gewöhn- lichen ßecitation des Pentameter die Länge des 3. Fusses länger an- halten und mit der nachfolgenden Pause bis auf den Umfang von 4 Zeiten bringen.

Es wird nun auch hier unsere Aufgabe sein , die einzelnen Fälle dieser rhythmischen Ergänzung zu behandeln und an deren Aufzählung specielle Bemerkungen anzuschliessen.

13

1) Synkope in jambis ch- trochäischen Versen. Da bei dieser Art der Synkope nur eine einzige Zeit durch rhythmische Mittel ausgefüllt zu werden brauchte, so findet sich dieselbe am häufigsten, und zwar nicht blos in Perioden der höheren Lyrik , sondern auch in stichischen Compositionen (s. Arist. Vesp. 248 72). In der Regel traf dieselbe den 2. Theil des zusammengesetzten Kusses. Als Beispiele können die von Hephästion c. 15 angeführten Asynarteten dienen:

drn.n]TQog ayvijg y.al KoQtjg | tr)v TtavrflVQiv oeßcov (Arcliilochus). Xaßovocc avyyoQEvaov, cu \ qtov dt y.ovcptio o' iyo'j (Aristophanes).

lEi[)Os rjviy uc7c6rag j sBeXajmpev ccotiJq (Euripides).

t6 7täv Jiog otßag 7iaqe/. \ ßavreg ov &e{4iOfcog (Aeschylus).

Der erste Fuss der Dipodie hat Synkope erlitten in den choliam- bischen Versen, wie in

ei fxh Ttovr/Qog, f.irj jcQoatQyev t<?) xvfAßti). elg ccy.qov I'Iy.wv iöo7teQ dXlaviüiJ'iytov.

ebenso in denjenigen zusammengesetzten Versen, in denen scheinbar die Thesen, nicht die Arsen zusammentreffen, wie in dem von Hephä- stion angeführten Verse des Kallimachus

Jr\\ir[V^i tj} Ttvkaij] Tfj tovtov ovy. IleXaoytöv.

2) Synkope in Logaöden. Fast gleich oft und unter den gleichen Bedingungen findet sich die Synkope in den verschiedenen Arten logaödischer Verse, d. i. derjenigen Verse, in denen kyklische Daktyle mit Trochäen vereinigt sind. Auch hier hat Hephästion unter seinen Asynarteten die Hauptformen angeführt:

V \J u I u ' I w "C I w

Evie /.loooyaix avai; \ ya~iQ, ecpaox 'ExyccvTidyg (Cratinus). Slpalov elöov h %oqi7> | 7tr]/.Titf zypvxa xaXyv (Anacreon). XQvaavyfig x^oxoc oitf avn | voi xQrjvai fiiw&ovoip (Sophocles).

14

Bekanntlich ist aus dieser Art der Synkope ein eigenes Metrum, das choriambische erwachsen, wie sich denn in der That mehrere chori- ambische Verse ganz deutlich als synkopirte Logaöden kund geben, z. B.

aOTtlda Qiipccg Ttoxa^iov -/.ccXXiqoov naq oy&ag (Anacreon).

3) Synkope eines daktylischen Fusses. Seltener als in jambischen und logaödischen Versen findet sich die Synkope in daktyl- ischen ; natürlich, da es hier galt 2 Zeiten durch rhythmische Freiheiten auszufüllen, sich also bedeutend weiter von dem natürlichen Quantitäts- werthe der Sylben zu entfernen. Eben daraus erklärt es sich auch, wesshalb die Dichter sich hier in der Regel die Beschränkung aufer- legten an der Stelle, wo eine Synkope stattfand, Wortschluss eintreten zu lassen; denn auf solche Weise wurde ein Theil der 2 Zeiten durch das Intervall ausgefüllt, welches auch in der gewöhnlichen Rede zwei Wörter von einander scheidet. Das bekannteste Beispiel daktylischer Synkope ist der elegische Pentameter

"^=^ I ww I i AI v vi v vi

ov yaQ drjv dvrjTolg vßqiog sqya Ttilei (Solon).

4) Synkope eines Päon. Noch gewaltsamer war die Unter- drückung der 3 zeitigen Thesis eines päonischen Fusses; ich weiss für dieselbe nur ein sicheres Beispiel in Pind. Ol. II 3

7|T0i Hioa [isv diog, 301v(.miada S3 eavaaev cHQcr/,Xertg.

5) Unterdrückung zweier Thesen. In den jambisch-trochä- ischen , sowie in den logaödischen Versen kommt nun aber auch der Fall vor, dass in 2 Füssen hintereinander die Thesis keinen Ausdruck im Texte gefunden hat. Am häufigsten findet sich diese doppelte Unter- drückung der Thesis im Anfang eines Verses und am Schlüsse eines Kolon; regelmässig aber mussten die beiden synkopirten Takte der gleichen Dipodie angehören. Beispiele dieser doppelten Synkope sind gar nicht selten, wie

7rel&ovTai d" aoidol oaftaoiv (Pind. P. I 3).

15

öevqo öevte, Mdloai, xqvoiov Ämoloai (Sappho). xQccTvveig ßiofxov, sgticcv %&ovog (Aeschylus).

'V V \J ' l— u w u

[aeIXixqooq d' £tt IfXEQTco viyvTai ttqogwtiii) (Sappho).

6) Unterdrückung der zweiten Länge des Jonicus. In mehreren streng gebauten jonischen Systemen geht der Rhythmus re- gelmässig und ununterbrochen fort bis auf eine und die andere Stelle, wo im Texte statt eines Jonicus a minore ein Anapäst steht. Westphal- Rossbach haben zuerst, so viel ich weiss, in solchen Systemen die voll- ständige Continuität dadurch hergestellt, dass sie die Länge des schein- baren Anapäst als eine vierzeitige Sylbe fassten. Danach werden also die jonischen Verse in der Parodos der Perser v. 102 ff. folgender Massen gemessen:

ÖEod-sv yaQ yf.azd MoIq w u | u v l1-1

€"/.QatrjU£V TO TtCCÄCU-

OV £7tiGKt]lpE ÖE ÜEQGCCig

7toXi(.iovg TtvQyodaUzovg.

Dieser Messung wird man unbedingt beitreten, wenn mit dem un- vollständigen Fuss ein Kolon und zugleich ein Wort schliesst, da in diesem Falle ein Theil des vierzeitigen Intervalls durch die Pause aus- gefüllt werden konnte. Aber auch wenn, wie in dem 2. Kolon, kein Wort mit dem katalektischen Jonicus schliesst, erheischt die Analogie und die Continuität des Rhythmus die gleiche Messung. Nur wenn der un- vollständige Fuss im Anfang des Kolon steht, kann man mit Buchholtz, Priscae latinitatis origines p. 334 auch an eine Auflösung der ersten Länge des Jonicus denken und demnach den Schlussvers in der ange- zogenen Strophe der Perser und den Proodos in der Parodos der Bac- chen des Euripides also skandiren ;

diETZEiv tTtTTioxoQfiag te xlovovg u v| w u I v u I ^

7ToIecov dvaGzaGEig.

V V

V u

vioiag (xtio yalag Uqov T/nwXov ctfAEiipaoa. &oa£io. w

^-"— W V

w— \J \J

16

Die Richtigkeit dieser Analyse hängt in dem 2. Falle mit der in dem folgenden Kapitel zu besprechenden Frage zusammen, in dem 1. von der Stellung der Clausulae.

III.

Kopflose Verse.

In unser Musik kann nicht blos ein unvollständiger Schlusstakt seine Ergänzung durch leere Zeiten erhalten, sondern können auch dem Beginne des Gesanges leere nur durch die Musik ausgefüllte Zeiten vor- angehen. Etwas ähnliches scheint auch bei den Alten vorgekommen zu sein, indem nicht selten in einem sonst regelmässig gebauten Liede der erste Fuss eine abweichende, unvollständige Gestalt hat. Man kann nun hier entweder annehmen, dass der erste Fuss ausser Takt gestanden sei und die rhythmische Bewegung erst mit dem zweiten begonnen habe, oder dass auch der erste Fuss durch Zuhilfenahme von rhythmischen Mitteln den übrigen gleichzustellen sei. Im Wesentlichen laufen beide Auffassungen auf das Gleiche hinaus, und ich möchte G. Hermann, der zuerst mit seiner Basis die aus solchen Versen sich ergebenden Schwierig- keiten zu beseitigen suchte, nicht der gebührenden Ehre berauben. Aber gleichwohl entschliesse ich mich lieber zu dem zweiten Auskunfts- mittel, weil es auf eine grössere Klasse von Versen ausgedehnt werden kann und weil solche Verstümmelungen des ersten Fusses auch mitten in einer Periode bei dem Beginne des 2. oder 3. Kolon vorkommen, wo man doch nicht wohl von einem praeludium numeri deinceps secu- turi (Hermann Elem. p. 69) reden kann. Ich nenne desshalb solche Verse kopflose Verse oder uhya ayMpala. Der Ausdruck war schon den Alten geläufig, jedoch in einem etwas verschiedenen Sinne, indem sie die trochäische Reihe im Gegensatz zur jambischen

tj v tr v xr

V T7 ^ T7

kopflos nannten; s. Metrik § 303.

In diese Klasse kopfloser Verse gehören :

1) Die antispastischen Verse, d. i. Verse, welche mit einem Antispast oder mit einem Jambus und kyklischen Daktylus beginnen, wie

17

o Movoayirag pe xaXei yogevocu (Pindar)

V V I V V

Tto&M tag cc7toixofievag (Enr. Hei. 1306)

v v v I v i I X7 v vi

ctQiGxov fiiv vdcoQ, 6 de \ XQvaog cu&6[xevov tcvq (Pindar).

Diese Verse lassen sich so messen, dass man die l.Sylbe oder den

1. Fuss als Auftakt oder Basis absondert; sie lassen aber auch die

Auffassung zu, dass der 1. Fuss vorn verstümmelt sei, dass also die Reihe mit einem Antispast statt mit einem Ditrochäus beginne:

v I i_ vi v >-',,,. v I ^ WV-'J.... W vi _ V <-',,..

Die letzte Auffassung verdient entschieden da den Vorzug, wo in der Antistrophe der Kürze eine Länge gegenübersteht, wie in Eur. Hei. 1306 = 1324

Tto&io rag aitoixo(.iivag 'löcciav Nvficpav oxoTtidg

ebenda v. 1313 = 133 1

XOQtüv l'fw TrccQ&evttov ßooy.ag ev(pvlAa)v ellxwv.

Meistens findet sich ein solcher unvollständiger Fuss im Anfang eines Verses oder einer Periode ; mitunter kommt er aber auch mitten im Vers beim Beginn des zweiten Gliedes vor, wie im eupolideischen Vers io d^etöfievoi, '/.atEQio j Ttqog vfxag elev^iqiog.

T7 "v | v W1 || v v| v' |

2) Der Telesillische Vers. Die Verse der Telesilla

a<T }^4QT£f.ng, to xoqcci, cpevyoioa xov ZdXcpeov

werden von Hephästion c. 1 1 als katalektische jonische Dimeter gefasst und demnach folgendermassen gemessen :

v v|_v ^ |

Der Vers ist bekanntlich ausserordentlich oft von Aristophanes an- gewendet worden, aber so, dass er die erste Sylbe als syll. anc. be- handelte. Man könnte nun in Versen, wie

6 <5' ä[.icpi&aXrjg "Eqcog

seine Zuflucht zur ünvollständigkeit des ersten Fusses nehmen und den- selben durch Annahme einer leeren Zeit ergänzen

A v v v I v A |

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth. 3

18

Aber da sich die Kürze im Anfange des Kolon findet, auch wenn

dasselbe mit dem vorausgehenden durch Wortgemeinsamkeit verbunden

ist, wie in den Fröschen v. 456 f.

oaoi [ie[ivrjie&1 ev- oeßr] xe öi^yof.i€v

so muss man wohl für Aristophanes von der jonischen Messung über- haupt abgehen und den Vers mit den Neueren als eine logaödische Tripodie mit vorausgehendem Auftakt auffassen , der blos durch den Ictus auf dem vorletzten Fusse an die jonischen Dimeter erinnerte:

<~i v v L vj w

•0- v u w X7 u u uL

Daneben kommen aber die Kola

v v | , | und xx | ^ «— j

nicht selten bei den Dramatikern in glykoneischen Strophen, haupt- sächlich im Anfange und am Schlüsse von Perioden vor, wo man nach den Versen der Umgebung gar nicht daran zweifeln kann, dass dieselben die Geltung einer Tetrapodie oder eines Dimeters hatten. So beginnt im Oedipus Rex v. 1186 die Strophe mit \

lio yeveal ßqoriov und schliesst v. 1195 mit

ovdiv (.ia.Y.a.QiLto und werden wir unten im speciellen Theil noch vielen ähnlichen Versen der Art begegnen. Auch Pindar scheint in Pyth. VIII den Vers 3 und in Ol. IX den Vers 7 und vielleicht auch das 2. Kolon von VV. 3 6 in ähnlicher Weise gemessen zu haben1). Wenn aber zu den angezogenen Versen des Sophokles noch Bellermann in seiner Ausgabe des Oedipus einfach be- merkt : cVers 1 und 4 haben statt der Basis blos einen Auftakt1, so ist mit dieser Bemerkung uns wenig gedient, zumal damit gar nicht erklärt

1) Wenn ich mich bezüglich Pindars reservirt ausdrücke, so hat dieses darin seinen ßrund, dass an einer anderen Stelle Nem. IV 4 die fragliche Sylbe in allen Strophen kurz ist- Bestimmter lässt sich die tetrapodische Messung von dem Distichon des Theokrit fr XVII aufstellen :

i'c TS (ptuvcc Aiäqiog %(x>vriQ 6 rur xw[t(pdiKv

fvfjojy ' Eni/ccQftos.

19

ist, warum jene erste Sylbe fast ausnahmslos lang ist. Vielmehr wird man die Taktgleichheit entweder mit H. Schmidt, Kunstf. II 53 durch dreizeitige Messung der ersten Länge oder durch Heranziehung einer

leeren Zeit herstellen müssen :

1 u o | _. v •— | oder ^ -- ~~w ^ i u ' |

■— -o- j ^ I oder ^ - X7 1 " >— j Die zweite Messung verdient immer im Anfang einer Periode den Vorzug und ist unbedingt da anzunehmen , wo statt der beginnen- den Länge auch eine Kürze zugelassen ist. Besonders zu beachten ist dabei noch, dass manchmal dem kopflosen Kolon ein überschüssiges, d. i. ein auf einen Spondeus statt auf einen Trochäus oder eine drei- zeitige Länge endigendes Kolon vorangeht , so dass sich gleichsam der überschüssige nnd der unvollständige Takt gegenseitig ergänzen, wie in Eur. Helena v. 1301 f.

ögeta 7iOTe ÖQOf.iddi '/.wIm w ~. w w -wu V

(.läcTjQ d-etov eov&rj. u | ° w /"

wo man geradezu schreiben und messen könnte:

OQElCt 710TE ÖQOf.ldÖL Y.C0- v ~w w I ~~"" w 1— I

ty f.i(xTrjQ &6(3y iovxh). "^ u |~~ w w ~ I

3) Kopflo,se Anfangsverse jonischer Systeme. Das jonische Lied in dem 1. Stasimon des Prometheus beginnt mit Gxivto oe xäg ovlofiivaq Tv%ctg, II()0[xi]&£v. Diesen Vers könnte leicht jemand choriambisch messen wollen:

w I u < I V \J V I \J

Aber dagegen spricht der Ausgang des Verses, indem fast in allen choriambischen Versen die 2 schliessenden Längen einen eigenen Dop- pelfuss, nicht den 2. Theil eines Doppelfusses bilden, mehr aber noch der jonische Charakter des ganzen Liedes, wesshalb schon Dindorf, Metra Aesch. Soph. Eur. et Arist. p. 6 richtig bemerkt: versus sunt ionici a minore, non choriambici. Stellen wir aber jonischen Rhythmus her, so erhalten wir im Anfang einen unvollständigen Fuss

An einer anderen Stelle, in der Elektra des Sophokles v. 1066 9 geht den vollständigen Jonikern ein Daktylus voraus, der also gleich- falls nur einen Theil des ersten Doppelfusses repräsentirt:

20

co yßovia ßgorolai Oa/ua, ~ ° v |- ^ - u |

/.axa (.toi ßoaaov olxTQav u w \ ^ u |

OTia TÖlg evEQff L4iQeidaig w u|- u- u |

dyoQevra cp&QOvo'1 oveidr^. w ^ |~w u u '

vgl. Aesch. Pers. 648 und 659 , Eur. Heracl. 910, Pind. Pyth. VIII 5.

Wenn wir aber hier den beginnenden kyklischen Daktylus als zweiten Theil des ersten unvollständigen Doppelfusses fassen, so geht diese An- nahme von der Voraussetzung aus , dass dipodiach gemessene Kola nie mit Tripodien und Pentapodien verbunden worden seien. In dem folgenden Kapitel werden wir dieser Frage näher treten, dabei aber sehen, dass einzelne Tripodien unter katalektischen oder akatalektischen Tetrapodien schwerlich unbedingt abzuweisen sind. Daher bleibt auch hier die Möglichkeit, dass der 1. Vers gar nicht in Doppelfüsse zu zer- legen ist, mithin auch nicht mit einem unvollständigen Doppelfuss an- fängt. Dann muss man annehmen , dass blos durch den Ausgang des 1. Verses auf 2 Längen der Uebergang zu den nachfolgenden gebro- chenen Jonikern angebahnt sei.

4) Endlich gibt es noch eine Reihe einzelner scheinbar mit einer ein- oder zweisylbigen Anakrusis beginnender Verse, bei denen der Zu- sammenhang der Strophe ergibt, dass sie vielmehr mit einem Ionicus a maiore anfangen. Dabei ist besonders darauf zu achten, ob die ge- wöhnlich als Auftakt betrachtete Anfangssylbe wirklich den Charakter einer syll. anc. trägt, ob sie nicht vielmehr in Strophe und Antistrophe gleichmässig lang ist; denn dann hat immer die Ansicht, dass jene Sylbe einen anderen rhythmischen Werth als den eines Auftaktes re- präsentire, von vornherein einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit. So ziehen wir die erste Sylbe in das rhythmische Gefüge in

v i/ I v u I

qcxTTXtov ItxUov xd noXV aoidol (Pind. Nein. II 2) vergl. Pind. Pyth II 8, Nem. III 1. IV 7, Soph. Oed. C. 211, 1244 und Sappho fr. 53.

YjüoqeIv 7Cqo d6f.icov leyovoiv aorceröv ri d-avfia (Soph. Tracli. 960)

t'ivi rtov nd()og w 1-iay.aiqa Qiqßa (Pind. Isth. VI 1). vgl. Pindar Nem. 111 8, X 1, Pyth. X 6, Eur. Hec. 927.

21

Mtvtla öia yag nvQog f]l& hiqto li^Bi (Eur. Andr. 487)

ffaeoif.ißQOTOi avyai

r/Jrag mcodex^dg (Eur. Heracl. 750 u. 757).

vgl. Eur. Andr. 125. 1034, Arist. Av. 1319 f.

Auch hier würde man um die von uns gebilligte jonische Messung herumkommen, wenn man die Verse in einzelne Takte statt in Doppel- takte zerlegen dürfte. Da aber dieselben nicht blos als Proodoi oder Epodoi auftreten, sondern sich auch mitten unter dipodisch gemessenen Versen finden, so spricht die grössere Wahrscheinlichkeit dafür , dass auch sie in Dipodien zu zerlegen sind, was dann die jonische Messung des ersten Fusses zur natürlichen Folge hat. Schwerlich indess hatte dieser Jonicus auf der ersten Sylbe einen gleich starken Ictus, wie die übrigen Doppelfüsse ; namentlich führt uns das rhythmische Gefühl bei dem an letzter Stelle angeführten Kolon unwillkührlich auf die Betonung

IV. Tripodien neben dipodisch gemessenen Versen.

Vollkommene Taktgleichheit fordert, dass nicht nur die einzelnen Takte einander gleich sind, sondern dass auch innerhalb der Periode immer gleich viele einfache Füsse zu einem zusammengesetzten Fuss vereinigt werden , dass mit anderen Worten nicht der eine Theil dipodisch, der andere monopodisch oder tripodisch gemessen werde. Entsprechen dieser höheren Forderung der Taktgleichheit auch die Gesänge der Griechen?

Bevor wir an die Beantwortung dieser Frage gehen, müssen wir zuerst festzustellen suchen, welche Versmasse nicht nach einfachen, son- dern nach zusammengesetzten Füssen zu messen sind. Denn H. Schmidt hat sich in seinen Kunstformen der griechischen Poesie die Sache sehr leicht gemacht , indem er die Kola aller Strophen monopodisch misst« Aber schon Apel, Metrik I 467 hat treffend von dieser Methode bemerkt, dass man mit ihr Alles rechtfertigen könne. Es spricht aber gegen die durchgängige monopodische Messung die übereinstimmende Lehre der alten

22

Rhythmiker und Metriker, welche nicht blos die jambischen und tro- chäischen Reihen, sondern auch die jonischen und choriambischen und ausserdem sämmtliche gemischten Verse dipodisch messen. Und setzt man sich auch leichten Fusses über den 'Unverstand der alten Schul- pedanten3 hinweg, wie will man die Thatsache erklären, dass in den anapästischen, trochäischen, glykoneischen und logaödischen Gedichten die Tetrapodie der Art vorherrscht, dass sie unter andern Heimsöth ge- radezu zum Grundschema der melischen Composition erheben konnte? Es geht also sicher nicht an, alle melischen Verse monopodisch zu messen. Aber bei welchen Rhythmen ist man berechtigt oder genöthigt dipodische Messung anzunehmen? Sicherlich vor allem bei jenen Vers- massen, in denen die Dipodie einen bestimmten äusseren Ausdruck ge- funden hat, also namentlich in anapästischen, epitritischen, jonischen und choriambischen Perioden. Zweifelhafter stellt sich die Sache schon bei den jambischen und trochäischen Perioden der Tragödie. Denn diese sind bekanntlich in der Regel so gebaut, dass alle Füsse rein sind ; es fehlt also in ihnen an äusseren Anzeichen, welche zur Zusammenfassung von 2 einfachen Füssen zu einem Doppelfuss nöthigen. Aber möglich, ja wahrscheinlich bleibt jene Zusammenfassung doch, da die den Di- metern Trimetern Tetrametern entsprechende Zahl von 4 6 8 einfachen Füssen unverändert beibehalten worden ist. Sodann fehlen bekanntlich auch in den trochäisch-jambischen Versen der Tragiker die zweifelhaften Sylben nicht ganz , stehen aber ausnahmslos nur an solchen Stellen, welche bei dipodischer Messung eine zweifelhafte Sylbe zuliessen, wie in Aesch. Prom. 163 = 182, Eur. Hei. 170. 174. 197, Phoen. 1717, Iph. Aul. 281. Endlich ist es auch nicht ohne Gewicht, dass wenn 2 Füsse hintereinander Synkope erleiden , dieselben regelmässig einem Doppelfuss angehören und sich nie auf zwei vertheilen. Ich bin daher geneigt auch für die reinen Trochäen und Jamben die dipodische Mes- sung als Regel aufzustellen, gebe jedoch zu, dass gerade der eigen- tümliche Bau dieser Verse Ausnahmen begünstigte und dass jambische oder trochäische Tripodien und Pentapodien namentlich wenn sie an letzter oder vorletzter Stelle der Periode stehen, wie in Aesch. Pers. 552 Eur. Phoen. 338. 1715, Suppl. 77, Soph. Ant. 881, nicht mehr Anstoss erregen dürfen wie daktylische Tripodien und Pentapodien in der gleichen

23

Stellung. Grössere Hedenken bezüglich der Messung nach Dipodien er- regen die Glykoneen und ihnen verwandte Verse, wenn man sie nach der Methode Hermanns skandirt. Denn sondern wir bei dem Glyconeus den ersten Fuss als Basis ab

dann bleibt eine Tripodie, keine Tetrapodie übrig. Aber wiewohl auch ich glaube, dass der erste Fuss jener Verse ursprünglich bei den äolischen Dichtern ausserhalb des Taktes stund und dass die logaödischen Kola nicht von Hause aus dipodisch gebaut waren , so legt doch schon die veränderte Behandlungsweise jenes Fusses bei Pindar und den attischen Dichtern die Vermuthung nahe, dass später mit dem Umsichgreifen der dipodischen Messung eine andere Auffassung eintrat und auch die ehe- malige Basis mit in das Taktgefüge hineingezogen wurde. Entscheidend aber spricht für die dipodische Messung der Glykoneen bei den Drama- tikern ihre Verbindung mit trochäischen und daktylischen Tetrapodien; auch ist von grossem Gewicht die syll. anc. in dem sogenannten ersten Glykoneion

bei Aristophanes Equ. 552 = 582, welche sich nur erklären lässt, wenn mit dem zweiten Fuss ein Metron schliesst.

Ausser Zweifel steht sodann die dipodische Messung in den Versen des gemischten jonischen oder choriambischen Rhythmengeschlechtes, wie in dem anakreontischen alkäischen sotadeischen eupolideischen kratineischen priapeischen Tetrameter und dem phaläkischen Trimeter:

\J

w

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w yj

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u v

<_»

- V

'—

/\

sowie in dem von Theokrit Idyll. 29 nachgeahmten äolischen Verse der Sappho

\J V I U \J V Vi. Vi |

Endlich hat nach dem Zeugniss der alten Metriker (vgl. Metr. § 183) die dipodische Messung auch in den daktylischen Hypermetern

24

Platz gegriffen, und werden wir namentlich ein aus Tetrapodien und Dipodien aufgebautes daktylisches System unbedenklich nach Doppel- füssen messen dürfen.

Aber auf der anderen Seite gibt es ebenso unzweifelhaft auch Verse, welche nur monopodische Skandirung zulassen. Dahin gehören vorerst alle diejenigen Verse, welche sich aus Tripodien aufbauen. Die älteste und verbreiteste Tripodie aber war die daktyliche von der Form

Ihr steht in dem ungleichen Rhythmengeschlecht der Dochmius zur Seite. Denn mag man denselben analysiren, wie man will, auf eine Tri- podie kommt man jedenfalls hinaus. Ferner liegen Tripodien zu Grunde den Versen

sTtug av elaiöoifx | a&faog a' dvrjQ (Sophocles)

ogag del Xtqv ' \ noXkoiai ydq [teXeig (Anacreeu)

ov TcarrJQ e%ei | Jiog eto7(aov av | vtp TtaqedQOv (Piudar)

'Eqaofioviör] XaqlXae, \ XQVf^a TOi V&oiov (Archilochus)

mortales immortales | si foret fas flere (Epigr. Naevii).

Bei anderen Versen aber erheben sich Zweifel, ob man sie in Tri- podien oder Dipodien zerlegen soll. So ist der daktylische Hexameter ursprünglich aus 2 Tripodien aufgebaut

<U U U V

tog (pocro öccxqv yiiov, xov <T exXv e (Dölßog l4noXXa)v.

Aber der lateinische Grammatiker Marius Victorinus p. 70 ed. K lehrt ausdrücklich, dass derselbe auch in 3 Dipodien zerlegt werden könne, und es fragt sich nun, welche der beiden Messungen in jedem einzelnen Falle anzunehmen sei. Sodann hat den kleineren asklepiadeischen Vers Apel I 476 in 2 Tripodien zerlegt

iL -xj \j u i L v v w i

nld-eg ex tieqÜtüjv | yäg sXacpavzlvav (Alcaeus)

25

Auch ist diese Analyse von Horaz und den lateinischen Dichtern durch die regelmässige Cäsur nach der 6. Sylbe bestimmt angedeutet; aber die alten Metriker messen unseren Vers dipodisch

X7 w u I i v v I w i

und diese Messung erhält einen gewissen Rückhalt daran , dass die griechischen Dichter die Cäsur nach der 6. Sylbe oft vernachlässigten.

Noch schwieriger stellt sich die Sache bei den eigentlichen Log- aöden, da ihr daktylisches Element auf monopodische, ihr trochäisches auf dipodische Messung schliessen lässt, mehrere unter ihnen der dipo- dischen Skandirung sich willig fügen, andere hinwieder hartnäckig wider- streben.

Unterliegt so schon die Vorfrage, welche Kola und Verse nach Dipodien und welche nach Tripodien oder Einzelfüssen zu messen seien, grossen Schwierigkeiten, so steigern sich dieselben noch erheblich bei Erledigung der Hauptfrage, ob die Griechen sich erlaubt haben in- nerhalb derselben Strophe oder Periode von dipodisch gebauten Gliedern zu monopodischen überzugehen. Von einer unbedingten Verneinung dieser Frage kann von vornherein nicht die Rede sein; denn sichere Thatsache ist es, dass Archilochus in den epodischen Dichtungen daktylische Tri- podien mit jambischen Dimetern und Trimetern verbunden hat, und dass sich auch die dramatischen Dichter nicht scheuten in Wechselge- sängen mit vorherrschendem dochmischen Rhythmus einzelne jambische Dimeter und Trimeter sowie logaödische Tetrapodien einzulegen, ja dass selbst Plautus, der in seinen Canticis den dipodischen Bau mit ungleich grösserer Consequenz als die Griechen durchgeführt hat, neben kretischen Dimetern und Tetrametern nicht selten katalektische trochä- ische Tripodien gebrauchte; s. meine Metrik S. 310. Es kann sich daher die Untersuchung nur um die zwei Punkte drehen,

1) haben die Dichter bei Verbindung von ursprünglich verschieden gemessenen Elementen jene rhythmische Verschiedenheit aufzuheben ge- sucht ?

2) dürfen die in dipodisch gemessenen Strophen vereinzelt vor- kommenden Tripodien durch rhythmische Mittel den Versen der Um- gebung angepasst und zu Tetrapodien erhoben werden?

Abh. d. I. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth. 4

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Um mit dem ersten Punkt zu beginnen, so war bei der Vereinigung von daktylischen und jambischen Elementen ein doppeltes Verfahren möglich: entweder behielt jedes der beiden Elemente die ihm eigen- thümliche Gliederung, oder es akkommodirte sich ein Element dem an- deren sowohl in Bezug auf die Zeitgrösse der einzelnen Füsse, als auch in Bezug auf die Grösse der zusammengesetzten Füsse. Das erste war aller Wahrscheinlichkeit nach in der epodischen Poesie des Archilochus der Fall, so dass also in ihr ein Taktwechsel innerhalb der Periode angenommen werden muss; das zweite scheint mehr oder minder in der nacharchilochischen Poesie, in der chorischen Lyrik und im at- tischen Drama eingetreten zu sein. Das ist durch die Umgestaltungen angedeutet, welche beide Elemente bei ihrer Vereinigung in der jüngeren Poesie erlitten haben. Ehedem konnte.n in den daktylischen Versen an allen Stellen Spondeen mit Daktylen wechseln; in den mit Trochäen und Epitriten verbundenen daktylischen Gliedern erlangte der reine Daktylus ein fast ausschliessliches Vorrecht. Doch war diese Veränderung mehr für das Zeitmass der einzelnen Füsse als für die Art der Skan- dirung von Bedeutung. Nach beiden Seiten aber übten die Modifica- tionen, welche im Bau der jambischen und trochäischen Glieder ein- traten, ihren bestimmenden Einfluss. Denn wenn in den Daktylo-Epitriten

an die Stelle des trochäischen Metron ^ xr das epitritische ^

trat, so trug dieses zur Ausgleichung des Zeitmasses der einzelnen Füsse entscheidend bei, zumal wenn die einzelnen Epitriten, was alle Wahr- scheinlichkeit für sich hat, folgenden rhythmischen Werth erhielten

r«— IM

0 0 0

Und wenn in den Daktylo-Trochäen das trochäische oder jambische Kolon sich der Freiheit der syll. anceps begab, so nahm es damit einen Charakter an, der die monopodische Messung ermöglichte und eine ver- bindende Brücke zu den monopodisch gemessenen Daktylen schlug.

Aber bei der Annahme einer blossen Annäherung ist weder die alte noch die neue Rhythmik stehen geblieben. Den Versuch einer völligen Ausgleichung machten nämlich die alten Rhythmiker, welche nach Ma- rius Victorinus p. 73 K. daktylische Hexameter von der Form

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statt in 6 einfache Füsse in 2 Tttyiodbt duydexaorjpoi zerlegten, deren jede aus 4 Füssen

ulu I v v I I

bestehe. Denn damit sollte doch wohl erklärt werden , wie in ge- mischten Strophen z. B. in dem Hymnus auf die Muse KctkXioneia. oocpä Movowv 7tQoy.ad^ayeti xeQ7tvwv y.al oo(ps [xvoxodoxa ^iaxovg yove Jähe Ilcciav evfteveig TtccQeoxe fxoi

daktylische Tripodien neben zwölfzeitigen trochäischen und glykone- ischen Tetrapodien vorkommen konnten. Aber die Zerlegung einer dak- tylischen Tripodie in einen Trochäus Jambus Pyrrichius Spondeus ist eine solche Ausgeburt verstandloser Schulweisheit, dass wir auf die- selbe in keiner Weise eingehen können.

Weit verständiger ist der Versuch neuerer Rhythmiker in den Dak- tylo-Epitriten die daktylischen Elemente mit den epitritischen auszu- gleichen. Schon Feussner nämlich hat den Vers Pindars

oooa de pr} Ttecpihrjxe Zevg axvQovxai ßodv folgender Massen gemessen:

v v uw li i i il i v I i vi AI

n ! i ! i j i i i i m I

4 J d d d' d 0 d §•■ 0 d Auf solche Weise wurden in den Daktylo-Epitriten nicht blos die einzelnen Füsse zur selben Zeitgrösse erhoben, sondern wurde auch die dipodische Messung von den Epitriten auf die scheinbaren daktylischen Tripodien übertragen, so dass eine vollständige rhythmische Ausgleichung der nach dem äusseren Sylbenwerth so ungleichen Elemente eintrat. Es ist nicht zu leugnen , dass eine solche Ausgleichung sehr gut dem hesychastischen Charakter der dorischen Musik und der daktylo - epi- tritischen Poesie entspricht. Auch ist es möglich, dass jene Messung wirklich manchmal vom Dichter beabsichtigt war; aber als Norm und Kegel kann sie nicht aufgestellt werden. Vor allem wird dieselbe nicht bewiesen durch die von Feussner angezogene Stelle der Harmonik des Aristoxenus p. 34 ed. Meib. xal rb avro2) jtuye&og noda re dvvazai

2) Die Handschriften haben ctiro to (leytSog und so liest auch ohne Beanstandung der neueste Herausgeher Marquard; aber der Sinn verlangt gebieterisch to «iro piye&os.

4*

28

y.al avQvyiav. Denn dieser Satz hat mit den Daktylo-Epitriten nichts zu thun, sondern bezieht sich, wie Marquard in seinem Commentar der Schrift S. 300 bemerkt, auf die gemischten jonischen Verse und will nur besagen, dass in diesen Versen die Grösse von 6 Zeiten sowohl einen jonischen Fuss als einen trochäischen Doppelfuss bilden kann, wie in dem Sotadeus

Sodann würde man aber auch mit der Adoption jener Messung zu rhythmischen Werthen kommen, die jeder Wahrscheinlichkeit entbehren und mit der Ueberlieferung der alten Theoretiker in direktem Wider- spruche stehen. Denn einmal steht am Schlüsse der daktylischen Tri- podie einige Mal (s. meine Metrik S. 587) ein Trochäus statt eines Spon- deus, wie in Pindar Nem. X 65

xca Tta&ov deivov 7iaXdf.iaig ld(paqy]Xi6ai diog so dass man also entweder auch einer syll. anc. den Umfang einer /LiaxQa rerQaarjjLiog geben oder der ersten Länge den Werth von 7 Zeiten beilegen müsste. Sodann kommt gar nicht selten der Fall vor, dass der 2. Theil des Spondeus unterdrückt ist, und dieses selbst ohne dass mit der ersten Länge ein Wort schliesst, wie in Pindar Pyth. I 5 devdov tzvqoq ' evdei d' dvd ov.rftxqoi diog alexog.

Es müsste also angenommen werden, dass eine Dipodie nicht blos durch einen einfachen Fuss, sondern auch durch einen Theil eines ein- fachen Fusses vertreten werden könne, oder mit anderen Worten, dass es Sylben von dem rhythmischen Werthe von 8 Zeiten gegeben habe. Solche Dehnungen kommen ja auch in der modernen Musik vorj aber weder kennt die Theorie der alten Musiker eine grössere Länge als die fiaxya nsvxd^ovog noch lässt der Charakter der antiken Poesie eine solche vermuthen.

Wir werden also zugeben müssen, dass die Alten sich erlaubten, dipodische und tripodische Rhythmen mit einander zu verbinden, ohne darin eine Störung der rhythmischen Gleichmässigkeit zu finden 3). Aber

3) In dem Texte habe ich nur diejenigen Verbindungen von Daktylen und Trochäen berück- sichtigt, in denen die dipodische Messung nicht zur durchgängigen Geltung gekommen ist, die Dak- tylo-Epitriten und die epodischen Daktylo-Iamben. Daneben gibt es aber auch noch daktylo-trochäische Verse und Perioden, in denen alle Glieder so gebaut sind, dass je zwei einfache Füsse einen zusammen-

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wenn sie dieses sich auch in Perioden gestatteten, welche aus verschie- denartigen rhythmischen Elementen zusammengesetzt waren, so fragt es sich doch, ob sie auch bei Verbindung gleichartiger Kola eine einzelne Tripodie unter Dipodien und Tetrapodien zu setzen sich erlaubten , ob mit anderen Worten in jambischen trochäischen jonischen choriam- bischen glykoneischen Versen und Strophen eine einzelne Tripodie oder Pentapodie geduldet werden dürfe. Dabei kommen aber von vornherein die akatalektischen Tripodien und Pentapodien gar nicht in Betracht, da diese aller Wahrscheinlichkeit nach durch Dehnung der vorletzten Länge den rhythmischen Werth von Tetrapodien oder Hexapodien er- hielten, wie

oig fxr\ (xerQiog alcov.

rag y.£QaO(poQOv nsqivxev 3Iovg.

Auch jambische und logaödische Kola, in denen drei vollständigen Füssen eine Länge vorausgeht, müssen ausser Berechnung bleiben, da auch sie durch dreizeitige Messung der beginnenden Länge zu Tetra- podien erhoben werden können, wie in Eur. Phoen. 684 ff. IlEQGscpaooa nai <fiXa

navTcov avaoaa, Ttctvxoiv öi Ja rqocpog.

Uebrig bleiben demnach nur die katalektischen Tripodien und die scheinbaren auf 2 Längen endigenden Dipodien und Tetrapodien mit und ohne Anakrusis:

gesetzten Fuss bilden. Es gehören in diese Kategorie insbesondere die hyporchematischen Daktylo- Trochäen und diejenigen trochäischen Strophen, in denen das trochäische Element derart vorherrscht, dass dem Grundstock der trochäischen oder jambischen Verse nur ein oder der andere daktylische Vers beigemischt ist. Diese Daktylen sind aber auch keine eigentlichen, sondern kyklische Daktylen und un- terscheiden sich auch äusserlich in ihrem Bau von den vierzeitigen Daktylen des heroischen Epos. Denn während im Epos sowie in den Epoden und den daktylo-epitritischen Strophen die Tripodie vorherrscht, ist hier das herrschende Mass der 4füssige Dimeter oder die Tetrapodie und der brachykatalektisch« Trimeter oder die Pentapodie. Als Beispiele dieser dipodischen Daktylo-Trochäen aber können gelten die Strophen in Aesch. Agam. 160—7, 975—87, Choeph. 585-93, Eum. 526—37, Soph. Oed. Col. 1670-87, Eur. Cycl. 356—74, 608-23, Bacch. 576-95, Arist. Av. 1313—22, Lys. 1379—90.

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Dass nun diese Kola vorkommen, bedarf keines Nachweises; dafür hat jeder Kenner der Dramatiker ein Dutzend von Stellen bei der Hand. Aber es fragt sich, ob nicht ihr Vorkommen auf Stellen eingeschränkt war, an denen sie keine Störung der dipodischen Messung herbeiführten. In dieser Beziehung ist aber vor allem zu beachten, dass solche Tripo- dien am gewöhnlichsten ihre Stelle am Schlüsse oder am Anfange von Perioden oder Versen haben. Am Versschluss aber geben die Pausen, welche an jenen Stellen nicht blos zulässig, sondern geradezu nöthig sind, ein ebenso einfaches als unverfängliches Mittel an die Hand, um die scheinbare Tripodie zu einer Tetrapodie zu ergänzen, und auch im Anfang hilft uns unsere Lehre von der häufigen Unvollständigkeit des ersten Fusses über die Schwierigkeiten weg.

Es finden sich aber Tripodien am Schlüsse von dipodisch gemes- senen Perioden und Versen in Pindar Ol. I 6

aXko d-ahcvoTEQOv sv ctfxeQa (pasvvdv ccgtqov Iq^iag dt' al&€Qog.

ebenso in Pind. Pyth. VIII 4 u. 6, X 6, Nem. III 3, Isthm. VII 5 u. 7, Simonides 37, 4 B.

ferner in Aristoph. Lys. 1307

xa otwv yoQol [teXovTi | aal nodwv KTimog.

ebenso Arist. Lys. 1295, Av. 853, Aesch. Suppl. 137, Eur. Iph. Aul. 295, Hec. 210.

Euripides Elect. 121

tpev q)ev rwv oyßzXitov tcovcov | v.ai ozvyeQCtg toag.

ähnlich Eur. Ale. 990, Heracl. 799, Med. 647, Cycl. 81, El. 447, Iph. Aul. 1088.

Soph. Philoct. 1175

ei öv tav s^ioi atvyeqav Tgtoada yav fx1 r^Ttioag aSeiv.

ähnlich Aesch. Agam. 687 u. 1506, Choeph. 331. 384 u. 811, Pers. 659, Prom. 166, Suppl. 662, Soph. Aias 701, Eur. Rhes. 345. 351. 360.860.

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Eur. Bacch. 536.

Jiovvaov yctQLv ol'vag | eu ooi rot ßgoplov /nelrjasi.

Vergleiche den Versus Reizianus Metr. S. 381, ferner Eur. Med. 438, Aesch. Prom. 129, Terentius Adelph. 614. Anacreon fr. 19 u. 20

7teTQr]Q ig tcoXlov xvfxa y.oXvfißw (ae&vwv eqüjxi. TQeipag &v(xov ig ijßqv teqevcov fj^iOTtcov vzt' ccvXaiv.

Sappho (?) bei Hephaestion c. 11

Kq^oocu vv 710&1 wo1 e/.i/Lie?J(og tioöegolv wqyßvvi}'1 änaXolg df-iaf iqöevza ßcofxov.

Anacreon bei Hephaestion c. 12

(.leyaXo) drjvre p "Eocog exoipsv ojote %aXv.Evg. 4)

Umgekehrt geht nicht selten, namentlich in daktylischen und log- aödischen Perioden eine einzelne Tripodie als Proodos mehreren Tetra- podien voraus, wie in Arist. Nub. 275

lAivaoi NecpiXai

ccq&ü)(.iev gjavEQal dqoGEqav cpvoiv y.tX. oder Soph. Phil. 176

(o 7taXa(xai dscöv, io övaxava yivrj ßQOxwv v.xX. Eur. Med. 180

dXXd ßäod viv

ÖEVQO 7Z0QEVG0V OIV.LOV.

und ähnlich in Eur. Andr. 790, Iph. Aul. 235. 256. 1088. 1276, El. 150 u. 452, Suppl. 960, Phoen. 331, Troad. 1081, Ion. 212, Cycl. 361, Rhes. 367, Aesch. Choeph. 345, Agam. 211, Soph. Aias 1199, Phil. 1090, El. 479, Arist. Av. 676.

4) Vielleicht kann jedoch in einigen der hier angezogenen Verse der tripodische Ausgang durch andere Messung, durch Absonderung der ersten Sylbe als Auftakt wie in

Kyrjooat vv 7io#' w«T ifxfxtlibjg noSsaßiu | "~v ^ ' | w ^ w |

oder durch Zerlegung des Verses in 2 Kola, wie in

fxtyakta ötvti f*1 "JEpw? u w | w w |

exoxpsp wäre /aXxsvs "C" j w u |

beseitigt werden.

32

Mit diesen epodischen und proodischen Tripodien könnten wir uns also leicht abfinden. Aber der Gebrauch der Tripodien ist nicht aus- schliesslich auf jene Stellen beschränkt ; es finden sich ausserdem einige Dutzend von Tripodien in der Mitte oder an vorletzter Stelle der Pe- riode. Lassen sich nun vielleicht auch diese Tripodien und Pentapodien durch rhythmische Mittel mit der dipodischen Messung der umgebenden Kola in Einklang bringen? Das ginge leicht an allen Stellen, wenn man sich erlauben dürfte der Schlusslänge die Bedeutung nicht blos eines einfachen Fusses, sondern einer ganzen Syzygie zu geben, wenn man also z. B. in den Trachinierinnen v. 527 ff. messen dürfte:

to (T äfxcpiveixtjTov 6^f.ta vvfxcpag - I >- *- I w wl

eleivov anfitvu y;\ w I X |

uärtö fxccTQog aqjaQ ßtßaxEV *■> ~ - | ~ ■- \

Ü07CEQ TiOQTig eqri(.ia. of ~ - | ^ !

Aber ich nehme Anstand eine so grosse Dehnung einer Sylbe, zumal

wenn sie nicht durch Zuhilfenahme leerer Zeiten etwas reducirt werden

kann, in die alte Rhythmik einzuführen. Hingegen lasst sich an vielen

Stellen mit anderen unbedenklicheren Mitteln auskommen. Nicht selten

bedarf es blos einer richtigeren Kolometrie, wie z. B. in den Thesmo-

phoriazusen v. 966, wo nicht mit Dindorf abzutheilen ist

qv&{aov yogslag vmxye Ttaoa ßctlve •/.aQ7iaXifxoLv tioöo'iv

sondern mit H. Schmidt im Einklang mit der Interpunction

QV&ftdv yoQEiag vrcayE Ttaoa ßalve yiaQTtaXifxoiv nodölv.

Manchmal wird auch mit Conjectur eine Abhilfe zu treffen sein, wie in Eur. Suppl. 825

(.lazegeg xöckawai ze/.vajv

wo Härtung mit Recht zhvcov getilgt hat, oder in Eur. Hei. 1501

[/Aca'/cov] cXwv in"1 oid/na "/.vaviyqod %e '/.v^drcov qod-ia rcofaä dalaoorfi

wo ich ylavxbv als Glosse von zvavoyjjoa zu tilgen vorschlage, oder in Eur. Cycl. 616

alV I'to) Magtov rtQaootiü)

33

wo das unsinnige Maycor mit /LiaQfiayovv vertauscht werden dürfte, oder in Iph. Taur. 1135

oegi di [lozia] ttqctovol xara rcQÖJQav vneq otoXov sxTtETaoovoi Ticda. wo loria eine Glosse zu nuda zu sein scheint5). Gewagter, aber nicht überkühn ist die Entfernung der Tripodie durch spondeische Messung der scheinbaren Basis, die ich in Anbetracht des feierliches Tones un- bedenklich annehme in Arist. Thesm. 368

Zev w 7tay"/.QocTtg ■- •- 1 >- »- |

und die vielleicht auch in Soph. Ant. 136, Eur. Hec. 482, Herc. für. 677 zu billigen ist. Auch eine Entfernung der Tripodie durch rhythmische Verbindung zweier aufeinanderfolgender Kola, wie in Soph. Oed. Col. 129 (vgl. Ant. 104, Iph. Aul. 176, Pind. Pyth. VIII 5)

ctg rQSfxofiev 'kiyuv

i ü , ; y | w|__/n|

und an allen Stellen, wo 2 Tripodien aufeinander folgen, wie in Eur.

Ale. 218

öijla [Atv, tpiXoi, dr^Xct / dXX' bf.icog

möchte ich nicht unbedingt ablehnen, wiewohl Apel von diesem Mittel einen übertriebenen, äusserst bedenklichen Gebrauch gemacht hat. Aber immer bleiben noch einige Fälle übrig, an denen man mit den ange- führten Mitteln weniger leicht auskömmt, wie in Aesch. Agam. 404 f. 775, Suppl. 42, Soph. Ant. 807, Aias 1209, Trach. 528, Oed. Col. 1246, Eur. Ale. 982, Andr. 799, Bacch. 873. 875, Med. 660, Hec. 453, Troad. 1295, Hei. 1303. 1453, Phoen. 1023—5, Orest. 992—4, Iph. Aul. 1040. 1045. 1080, Rhes. 680 6). Glückt es aber nicht an allen Stellen die Tripodien und Pentapodien mit Sicherheit zu entfernen , so wird das Zutrauen zur Anwendung jedes kühneren Mittels und selbst der Glaube

5) Umgekehrt sind nicht selten durch verkehrte Emendationen falsche Pentapodien in den Text gekommen, so serbst durch G. Hermann in Aesch. Agam. 170. 389, Prom. 425.

6) Mit den aufgezählten jambischen und logaödischen Tripodien sind auch noch die katalek- tischen daktylischen in Verbindung zu bringen, welche sich in einigen trochäischen Strophen, namentlich als xio'kov nQoioduov und itccQatiXfvzov finden, wie in Aesch. Prom 164, Pers. 131, Eur. Andr. 137. 464, Troad. 1081. 1094—8, Iph. Aul. 1485. 1489. 1494, Bacch. 1162, Suppl. 835.

Abb. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth. 5

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an die dipodische Messung der diesbezüglichen Verse erschüttert. Indess so viel steht doch unter allen Umständen fest, dass in jambischen trochä- ischen glykoneischen choriambischen Strophen Tripodien nur ausnahms- weise und fast nur am Anfang und am Schluss der Periode zugelassen wurden , und dass sich im Laufe der Zeit die Abneigung gegen Tri- podien immer mehr steigerte. Einer specielleren Untersuchung wird es vielleicht gelingen hier noch bestimmtere Grenzen zu ziehen und den Kreis der Freiheit noch mehr einzudämmen. Insbesondere wird es sich empfehlen dabei zu untersuchen, ob nicht zwischen Aeschylus und den jüngeren Dramatikern auch in diesem Punkte ein Unterschied besteht, und ob nicht einzelne Liedergattungen, wie insbesondere das Hyporchem, einer Mischung von Dipodien und Tripodien günstiger gewesen sind.

Wiewohl ich meine Untersuchung auf die Dramatiker beschränken wollte, so scheint es doch in diesem dunklen Punkte von Wichtigkeit zu sein noch einen Seitenblick auf die Lyriker und speciell auf Pindar zu werfen. Bei Pindar also ist es noch weit bedenklicher in logaödischen Strophen den Gebrauch von Tripodien neben Dipodien und Tetrapodien absolut in Abrede stellen zu wollen. Der thebanische Dichter hat sogar in Daktylo-Epitriten neben daktylischen Tripodien ab und zu auch dak- tylische Dipodien und Tetrapodien gebraucht (s. Metrik S. 585); gar nicht so selten aber finden wir bei ihm Tripodien in den logaödischen Strophen und zwar nicht blos an dem Versende. An einigen Stellen zwar lässt sich vielleicht ein Einklang durch Absonderung der Basis her- stellen, wie in Isthm VI 5

Yotco yaQ oaq)£Q, cavig sv xavxc^ vsqi&lct %ahx^av cufAcczog 7tqo cplXag nax^ag dfitverai.

Aber an anderen Stellen ist auch dieser Ausweg abgeschlossen, wie in Ol. I ep. 3 4 u. 7, Ol. II ep. 3, Pyth. V 4, ep. 6. Indess hoffe ich doch auch bei Pindar gerade dadurch, dass ich in den logaödischen Strophen von der dipodischen Gliederung als der herrschenden Regel ausgehe, in die Analyse jener schwierigen Strophengattung grössere Si- cherheit zu bringen.

35 V.

Die rhythmische Continuität innerhalb der Strophe,

Bei Quintilian IX 4, 51 lesen wir: inania quoque tempora rhythmi facilius accipient, quamquam haec et in metris accidunt. maior tarnen illic licentia est, ubi tempora etiarn inania7) metiuntur et pedum et digitoruin ictu et intervalla signant quibusdarn notis atque aestimant, quot breves illud spatium habeat. Wir sehen daraus , dass in den Rhythmen oder den zum Gesang bestimmten lyrischen Gedichten von dem Dichter oder Componisten die leeren Zeiten mit in den Rhythmus eingerechnet und nach ihrer Grösse bestimmt wurden. Damit steht in Einklang, wenn von dem Anonymus neyl juovoizrjg unterschieden wird ein

y.evdg ßgcc/vg /s

Y.EVOQ HCCXQOQ 7\

xevög f.i. TQior^og x xevdg ft. T£TQaat]i.iog x

Denn diese verschiedenen Zeichen setzen voraus, dass nicht eine beliebig lange Pause an dem Schlüsse eines Kolon oder einer Periode angenommen wurde, sondern dass dieselbe eine genau normirte Zeit auszufüllen bestimmt war. Etwas Auffälliges hat diese Lehre von vorn- herein für uns nicht; umgekehrt müsste es uns befremden, wenn es bei den Alten keine eingerechneten emmetrischen Pausen gegeben hätte. Denn ähnliche Pausezeichen haben wir ja auch in unsern Melodien- büchern, und kaum können wir uns vorstellen, wie bei Marschgesängen eine grössere Schaar hätte Schritt halten können, wenn es nicht genau festgesetzt gewesen wäre, wie viele Schritte während der Pausen am Schluss der einzelnen Perioden gemacht werden durften.

Aber auf der anderen Seite muss doch daran erinnert werden, dass es recht wohl auch Lieder ohne emmetrische Pausen geben konnte. Denn ohne Pause zwar kann keine längere Strophe gesungen oder de- clamirt werden ; wird dieselbe aber von einem Einzelnen vorgetragen, so braucht keine Störung befürchtet zu werden, wenn es in das Be- lieben desselben gestellt wird, ob er eine Achtel- oder eine Viertel- oder eine Halbezeit an dem Schlüsse der einzelnen Sätze ausruhen wolle.

7) So habe ich bei Halm das handschriftliche etiam animo gebessert.

5*

36

Und selbst beim Chorgesang ist auch ohne emmetrische Pausen ein ge- ordneter Zusammenklang möglich, wenn nur der Chormeister mit der Hand oder der accompagnirende Musiker mit der Flöte ein Zeichen gibt, wann mit dem Gesang des folgenden Satzes begonnen werden soll. Quintilian selbst deutet an, dass es bei den Alten in den mehr zur Declamation bestimmten Gedichten keine emmetrischen Pausen gab, und in den Melodienbüchern des byzantinischen Mittelalters gibt es wohl Zeichen für das längere Anhalten der Schlusssylben der einzelnen Kola und Perioden, aber keine für die den Versschluss begleitenden Pausen. Auch darf nicht übersehen werden, dass jene zwei Nachrichten, von denen wir oben ausgegangen sind, aus verhältnissmässig später Zeit stammen und uns keinen sicheren Schluss auf die klassische Periode der griech- ischen Musik und Poesie zu machen erlauben.

Treten wir nun ohne jedes Vorurtheil in die Untersuchung unserer Frage ein, so werden wir am besten von den gewöhnlichen xara oxiyov gebrauchten Versen ausgehen. Bei diesen treffen wir aber eine zweifache Behandlung der Pausen. Die ältesten Verse, der daktylische Hexameter und der jambische Trimeter haben wohl einen rhythmischen Abschluss, aber keinen Platz für eine emmetrische Pause weder in der Cäsur noch auch am Versende. In der Cäsur entrathen wir leicht eines eigenen Raumes für die Pause, da hier der Vortragende nur so kurze Zeit mit der Stimme einhalten durfte, dass der Verzug ausser Berechnung bleiben konnte. Aber am Ende des Verses kann und konnte Niemand ohne merkliche Pause auskommen ; gleichwohl aber hat auch diese keinen Ausdruck in dem Versbau gefunden. Bei dem Vortrag der Epen des Homer und der Jamben des Archilochus ward also gewisser Massen mit jedem Vers der rhythmische Gang unterbrochen und fing mit jedem neuen Vers eine neue selbständige rhythmische Periode an.

Anders sind die jüngeren Verse, der anapästische trochäische jam- bische sotadeische Tetrameter und der Hendekasyllabus gebaut; in ihnen allen lässt der Text Raum für die Pause am Versschluss , indem das letzte Metron unvollständig ist und um 2 bis 3 Zeiten hinter seinem gesetzmässigen Umfang zurückbleibt. Diese 2 Zeiten wurden wenigstens zum Theil durch /qovoi zevol ausgefüllt. Ich sage zum Theil, weil auch durch längeres Anhalten der Schlusssylbe bei kretischem, und der vor-

letzten Sylbe bei spondeischem Ausgang ein Theil jener Zeit in An- spruch genommen werden konnte. Dieses Verbältniss schien den Späteren so naturgemäss zu sein, dass Aristoxenus nach Marius Victorinus p. 63 K. in jenen älteren Versen eine kurze Schlusssylbe bevorzugte, damit doch wenigstens etwas Raum für die die Verse trennende Pause übrig bliebe: Aristoxenus musicus dicit breves finales in metris, si collectiores sint, eo aptiores separationi versus a sequente versu fieri idcircoque in sexta sede trisyllabos figura non ponitur, quia moram habet; at contra dissyllabos familiaris est, quia celerius desinit et eo magis, si posteriorem syllabam brevem habuerit8).

Aehnlich, so lässt sich von vornherein vermuthen, werden nun auch die Verhältnisse in den noirifiaxa xara nsyiodov oder in den zum Gesang bestimmten Gedichten gewesen sein. Auch hier konnte der Dichter ent- weder die zum Ausruhen nöthigen Zeiten in dem Texte offen halten, oder die Strophe so componiren, dass die am Schlüsse der einzelnen Absätze selbstverständlichen Pausen im Texte der Strophe ausser Be- rechnung blieben. Nur mussten sich bezüglich der Grösse und Stellung der Pausen die Verhältnisse in den noirj/Liara xara nsylodov etwas anders wie in den Tioirjuaza xaza Gxiypv gestalten. Im Allgemeinen nämlich pflegten die den einzelnen Versen des Epos und Dialoges entsprechenden Absätze (neylodoi) der Strophen von grösserem Umfang zu sein, so dass ein einzelner Satz nicht selten aus drei vier und mehr Gliedern be- stund, während es Regel war, dass ein Vers nur 2 Glieder haben sollte. Die Folgen dieses Unterschiedes in der Grösse der Sätze äusserten sich in doppelter Weise, einmal darin, dass die Ruhepunkte am Ende der einzelnen Kola an Umfang wuchsen und somit auch einen Ausdruck im Texte zuliessen, und zweitens darin, dass die Pause des Hauptschlusses am Ende der Periode sich nicht mehr in der engen Grenze von 1 3 Zeiten zu halten brauchte. Das sage ich aber nur in dem Sinne, dass uns in den lyrischen Strophen emmetrische Pausen am Schlüsse der Kola und längere bis zum Umfang eines Doppelfusses ausgedehnte Pausen

8) Keil in der Ausgabe des Victorinus ergänzte nach in sexta sede den Genetiv trimetri iambici. Mit Recht unterliess Hense, de Iuba artigrapbo p. 219 jene Ergänzung, da es zweifelhaft ist, ob sich jene Bemerkung auf den Trimeter oder den Hexameter bezieht.

38

am Schlüsse der Perioden nicht befremden dürfen, keineswegs in dem, dass wir eine derartige Gestaltung der Pausenverhältnisse in allen lyr- ischen Partien voraussetzen müssen. Denn gerade umgekehrt treffen wir in den parakatalogischen oder zum melodramatischen Vortrag bestimmten Partien, in den anapästischen Systemen und in den numeri continuati der Lateiner, weder emmetrische Pausen am Schlüsse der Kola noch längere die Grösse der Versschlusspausen überragende Pausen am Schlüsse der Systeme, und auch in anderen Compositionen, namentlich in allen Systemen und systemartig gebauten daktylischen Gesängen werden wir durch die Texte auf kleine und seltene Pausen innerhalb der Strophe hingewiesen.

Ein zweiter Unterschied der Pausenverhältnisse in den lyrischen Perioden gegenüber denen der stichischen Compositionen hängt mit der Verschiedenheit der Zeitwerthe der einzelnen Sylben zusammen. In den gewöhnlichen Versen hatte jede Sylbe den Werth entweder von 1 oder von 2 Zeiten, in der Lyrik gab es auch Längen von mehr als 2 Zeiten und Kürzen von weniger als 1 Zeit. Kam nun eine mehrzeitige Länge an den Schluss eines katalektischen Kolon zu .stehen, so konnte es recht wohl geschehen, dass ein Theil der überschüssigen Zeit für das Ausruhen der Stimme verwendet wurde, so dass man also z. B. in Strophen, wie

ßccQEia <T aOTtov <pccTig iftV 'kotc^ '

drj[iov,QdvTOv <$' dqäg xlvei XQSog '

(.tevei (T d/.ovoai x'i \iov

/ueqi^iva vvxTi]Q£cpeg.

zwischen folgenden zwei Notirungen schwanken kann :

w y\

Das Gleiche ist der Fall, wenn Kola oder Verse einer Strophe auf Spondeen ausgehen; denn auch da kann man, wie z. B. in demselben Stasimon des Agamemnon

dicoY.ei Ttalg Ttoravöv oqviv KOkzi TtQOOTQlfXfA ag)EQTOV sv&slg

zweifeln, ob man die vorletzte Sylbe dreizeitig messen

39 oder eine Pause am Schlüsse des Kolon

ansetzen soll. Das Richtige wird wohl sein, dass das eine und das an- dere stattgefunden hat, je nachdem der Gedanke in Strophe und Anti- strophe an der betreffenden Stelle fortging oder eine in der Interpunc- tion ausgedrückte Unterbrechung erhielt. Aber in jedem Falle war dem Bedürfniss der Stimme nach Ruhepunkten hinlänglich Rechnung ge- tragen, indem die Stimme nicht blos ausruht, wenn sie vollständig ver- stummt, sondern auch wenn sie länger auf einer Sylbe verweilt.

Gehen wir nach diesen Vorbemerkungen näher auf unsere Frage ein, so wird man zur Annahme, dass die dramatischen Dichter in ihren Strophen emmetrische Pausen gesetzt haben , dann am ehesten geneigt sein, wenn die Texte so gebaut sind, dass sie sich der Einfügung von Pausen in massigen Zwischenräumen und namentlich an dem Schlüsse von Perioden leicht fügen. Das ist aber zunächst der Fall, wenn die Verse oder Systeme katalektisch schliessen, wie in Eur. Orest. 831 ff. Tig voaog rt xlva ddxQva v.cti «- ~ —— -- I - «r I

rlg eleog fiei^iov nccra yäv - ■= | .<-< •- I

?j pccTQOKTovov cu/tct xBLQL #«7#a*> ~ —^ ~l— w I Ä I

oder wenn das erste Kolon der neuen Periode ein xülov äxscpalov ist, indem entweder eine ganze Sylbe fehlt oder die erste Sylbe kurz statt lang ist, wie in Eur. Hei. 1506 ff.

dvövJkeiav <T oltvo avyyovov w | <-»w| ßdlets ßaqßoqtov Äej^W, •*.*■; * *- I ' r - I av 'Idatcov eqiöcüv xtä. ^ =■ ~ | <- - I . . . .

oder in Soph. Ant. 100 ff.

ccktiq dekiov, ro xaA- - "I I

Xigtov £7tra7TvXii) cpaviv ~ «-» «| «- _ \

Grfßa TWV TvqoreQcov cpccog, ~ ^ *■* | ** ^ |

scpdv&tjg 7tox% u) xqvoeag wvX. ~ ~ I -' •- I .

Auch spricht es für emmetrische Pausen, wenn an vorletzter Stelle ein katalektischer Vers zu stehen kommt, da die griechischen Dichter es liebten vor dem Schlusskolon den Rhythmus noch einmal anstauen oder durch eine Pause unterbrechen zu lassen. Es ist daher von grosser Bedeutung, dass Aeschylus so häufig in den synkopirten Trochäen vor dem Schlusskolon eine daktylische Pentapodie setzt, wie in Agam. 165

40

ovx tyui 7TQoaeiY.aoai **■ I *- 1

Travr' STCiOTa&fitoiAevog w w I - i- I

ttAj}»' ^/tog, et ro /ndtav cltio q^qovTidog ay&og <- *- | - - - | ^ |

ygrj ßaXeiv «r^rt^uwg. _ w _ _ | _ _ _ |

Ferner gewinnt die Annahme fortgebenden Taktes an Wahrschein- lichkeit, wenn in dem Falle, dass der Schlusstakt des vorausgehenden Kolon durch die scheinbare Anakrusis des folgenden seine Ergänzung erhält, diese Anakrusis in Strophe und Antistrophe durch eine kurze Sylbe vertreten wird, wie in Soph. Ant. 360 » 370

nccvTonoQog ' artOQog in' ovöiv EqyEtai - ~w -'|WWw._~|_w_

to juellov c!Aiöa {xövov <- \ ~ •- | - |

(pev^Lv ovx, e7tdg~eTcu ~ |

voowv d' äf^rjyavajv (pvydg £vfi7t£(pQaOTai. —| ~ j ~ |

Auf der anderen Seite begegnen aber auch nicht wenige rhythmische Anzeichen, welche uns gegen die Annahme von eingerechneten Pausen ein- nehmen. Bedenken erregen schon die Verse, welche so schliessen, dass der noch nicht durch den Text ausgefüllte Takttheil von der Anakrusis des folgenden Verses in Anspruch genommen wird, da an solchen Stellen für eine Pause kein Platz mehr übrig bleibt, wie in Aesch. Pers. 1 28 ff.

Gftrjvog wg ey.?Jkoi7tev [xsXiooäv ovv oQya(.i^) otq<xtov tov d(.iq>iCEvy.rov s^af-tetipag

Doch erregt diese Stelle noch weniger Bedenken, weil einerseits die Anakrusis in Strophe und Antistrophe kurz ist und anderseits gleich auf die Anakrusis 2 dreizeitige Längen folgen, auf denen die Stimme hinlänglich ausruhen kann. Mehr Anstoss aber erregen Verse, in denen an der Stelle, wo man Raum für eine Pause wünscht, eine syll. anceps steht, also eine Jylbe, welche den regulären Zeitwerth noch etwas über- schreitet und um so weniger ein Pausiren der Stimme duldet, wie in Arist. Ran. 1100 ff. (vgl. Anacreon fr. 21)

yakeTtov ovv tqyov öiaiQEiv, ~~ <- ~ | w ']

OXCtV 6 [XEV TEIVfl ßlCtlCOg, w~w_w|_--_C7|

6 <5' ETiavaoTQeqjEiv dvvrjTcu ~~ »* - c | ~|

xäTiEQEidEO&ai roqtög v - I <- >*? |

41

oder in Eur. Bacch. 902 ff.

Evöaif-tcov fiiv og l/. üaläooctg ~ - .- ! y - ~

l'fpvye yEi(.ia li/^uva (T £/.iyßv - - | _^ -

€vdaif.nov (T og vtteq&e (.wyötov w -w| _ _• _ ^

eytved''' ' txeqa <T eregog WeQÖv w_ w . . ~ j ^_ w^ L

oÄ/%> zat fiwctfcei naqr^Ev. ~ —-- ^ \ ~ _ -

oder in Aesch. Prometb. 415 ff.

XaXy.iöog da yag evoc/.oi | _ w _ ^

naotttvoi, f-iäyag cctqeotoi, _< | _ w _

-/ml SxVdijQ bf-iiÄog, ot yag w >- j _ ^ _

eoyavov xortov /.rl. i . . . .

Nimmt man auch an derartigen Stellen nicht geradezu an, dass sie die Lehre von den emmetrischen Pausen über den Haufen zu werfen geeignet sind, so wird man doch jedenfalls zugeben müssen, dass sie eine Retardirung des Rhythmus an dem Ende der einzelnen Sätze vor- aussetzen, die mit den strengen Regeln der modernen Taktgleichheit wenig vereinbar ist. Aber völlig ins Gedränge kommt der Verfechter emme- trischer Pausen durch Stellen , wo nicht blos kein Platz für die Pause in dem Texte offen gehalten ist , sondern auch ein klaffender Hiatus den Schluss der ersten und den Anfang der zweiten Periode von ein» ander trennt. Stellen der Art sind Soph. Oed. Col. 1214 u. 1218 bazig tov nXiovog {.itQovg ~ | ^_ ■_ |

XQijCei tov (.ietqLov TtaoEig ~ <- i w •— I

uüeiv, o/.atoovvav cpvXda- - -r I I

Giov ev EjAoi '/.azadrjlog eotai. ~ —- \ - I

STtsl 7to)J.a f.iiv f.iay.qal - - \ ~ ^- \

ufxtQai -/.aTaÜEVTO dt] - ~ \ w !■ r- r -f* ! Xvnctg iyyvTeoto, xd reo- ~ *- | - | Ttovxa (3' ov/. dv i'doig otiov, ~ - | brav Tig Eg nXiov niot] xxl. | «-"I ^ | .; : .

Aesch. Choeph. 458 f.

oxdoig öi ndyy.oivog ad' E7tiQQO&El, ~ \ -' - I ~ >- j ~ d'AOvaov ig (päog /.ioXiov w ! "~ ^ - \ wl- I

ferner Aesch. Suppl. 147, Choeph. 627, Soph. Oed, R. 890. 1227,Trach. 108, Eur. Med. 416, Bacch. 82, Hec. 641, El. 442, Herc. f. 350, Arist. Thesm. 1156, Vesp. 1064; vgl. Alcman 16, 22, Anacreon 75, 3. Diese Stellen Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth. 6

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scheinen, wenn sie nicht wegemendirt werden können, wie man in Arist. Vesp. 1064 versucht hat, der Annahme von emraetrischen Pausen ent- schieden zu widerstreiten. Es gibt indess einen Weg sich auch mit ihnen abzufinden; der besteht darin an dem Schlüsse der betreffenden Perioden grosse einen ganzen Doppelfuss ausfüllende Pausen anzunehmen; in der Stelle des Oedipus Coloneus und der Bacchen ist sogar die Interpunk- tion der Annahme so grosser Pausen nicht ungünstig; doch verhehle ich nicht meine Abneigung gegen derartige Ausdehnungen der Pausen, wie sie in unserer Zeit namentlich M. Schmidt bei Sophokles und Pindar anzunehmen liebte, da wir ganz umgekehrt an der überwiegenden Mehr- zahl der Stellen durch die Formation des Textes auf kleine, nach un- serer Empfindung sogar überkleine Pausen innerhalb der Strophen hin- gewiesen werden. Ich ziehe es daher meinerseits vor, entweder zur An- nahme eines illegitimen Hiatus meine Zuflucht zu nehmen oder für jene Strophen den Beweis des Mangels emmetrischer Pausen für erbracht zu halten.

Es wird aber ferner die Lehre, dass die Pause, welche den Vers- schluss begleitete, keine emmetrische war und keinen Ausdruck im Texte gefunden hatte, wesentlich noch unterstützt durch die Stelle in der Ly- sistrate 1191 f. == 1206 f.

ov (pd-ovog eveorl [xot itaai TzaQ£%eiv (pegeiv tolg rtcuoLv, bnoxav ze ^vyarrjq xivl xavrjcpoQfj.

| _ w ww | _ w _ | _ w ww | _ w _

- J ^ w ww | _ « ^w | - w ww 1 _ W -

Denn hier soll gerade dadurch, dass zwischen die beiden kretischen Tetrameter eine Sylbe getreten ist, eine engere Zusammenfassung der beiden Verse bewirkt werden. Das ist aber nun doch nur dann möglich, wenn die Zeit, welche sonst durch die die zwei kretischen Tetrameter tren- nende Pause eingenommen zu werden pflegte, hier durch die dazwischen geschobene Sylbe ausgefüllt wurde; da nun aber jene Sylbe ausserhalb des rhythmischen Gefüges steht, so geht daraus hervor, dass auch die reguläre Pause keine Stelle im Rhythmus hatte, also keine emmetrische war. Dasselbe Verhältniss ist ähnlich, wenn auch minder prägnant in Arist. Vesp. 1520 ff., Soph. Oed. R. 487, Phil. 141, 1201, Aesch. Prom. 891 ausgeprägt.

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Endlich wird man auch gegen emmetrische Pausen eingenommen, wenn der Text solche nur in allzu grossen Zwischenräumen anzusetzen erlaubt. Es geht aber z. B. im Oed. Col. v. 228 ff. der Rhythmus durch 28 Takte ununterbrochen fort, ohne dass eine Stelle für eine Pause offen gelassen sei :

ovdevl fioiQiöla xioig eqyExat __-w_^w_^v_ww

tOV 7tQ07tCC&7] XO XLVELV ' -> - X II

dndxa (51 drcaxaig Ixegaig exega *-w._^___*_-_ww_

TtaoaßaXXofieva w w w w

tcovov ov yccQiv avTididtoGiv eyeiv, -—_ _-'>-_-.■->_ y

ov de tiovo"1 eÖQavtov rtdXiv exzoTtog w ^ -'-' ^ -'

av&tg dyoofiog ifiäg yß-ovog ex&OQe _^-_-_v___^_*-_

[M\ tl niqa xgeog _ w w _ -_- w

ifiy Ttolsi TtQOodipyg. w w - w - - A II

Denn wenn wir auch nicht fortlaufende daktylische Tetrapodien in dieser Monodie annehmen , sondern den Text nach den Anzeichen des Sinnes so, wie wir gethan haben, in 3 Absätze schreiben, so bleibt doch kein Platz für eine emmetrische Pause innerhalb des Gesangs, wir müssten denn, was wenig Wahrscheinlichkeit für sich hat, nach rb xivuv und nach tyjiv grosse, mehr als einen Fuss umfassende Pausen annehmen wollen. Etwas ganz Aehnliches stösst uns in der Parodos der Wolken v. 277 ff. auf, wo erst nach dem 16. Doppeltakt für eine Pause eine Stelle im Texte offen gelassen ist:

TtaxQog tat' 3Q*eavov ßaqvaytog

vipqhüv oq&ojv xoQtcpdg eni

devÖQO-/.6fiOvg, iva

xrjXeg?avelg oxoTtidg dqjOQtofie&a,

'/.aqnovg r' dqdofievav legdv ySova

xai noxafitov £a&Uov xeXadrjfiaxa,

%al növxov y.elddovxa ßaqvßqofiov '

Of.if.ia ydq al&tqog dxdfiaxov oekayelxai

fiaqfiaotaig iv avyalg.

Ausser in den daktylischen 9), anapästischen und jambischen Com- positionen lassen auch noch in den jonischen die Stellen, an denen der

w >_/ w I i_ •V

9) Zu beachten aber ist, dass der eigentliche Begründer des sUos xara 6äxrv}.oy, Ibykos seine Strophen so baute, dass ihre Gliederung auf das Bestimmteste zur Annahme von emmetrischen Pausen führt; vergleiche insbesondere fr. 1 u. 2 bei Bergk.

6*

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Text eine emmetrische Pause einzulegen gestattet, ausserordentlich lang auf sich warten, wie in der Exodos der Schutzflehenden des Aeschylus und in Horaz Od. III 12. Doch muss man nach der anderen Seite zu- geben, dass in jonischen Strophen die Stimme weit weniger ein Bedürf- niss nach öfter sich wiederholenden emmetrischen Pausen hatte, weil dieselbe auch ohne sie auf den 2 gedehnten Längen des jonischen Fusses ausruhen konnte. Weniger schon gilt diese Ausrede für die kretischen Liedern, in denen gleichfalls in längeren Zwischenräumen keine Stelle für eine Pause im Texte offen gelassen zu sein pflegt. Denn wenn auch der Creticus aus einer katalektischen trochäischen Dipodie entstanden ist und somit seine Schlusslänge leicht ein wenig über das Mass einer gewöhnlichen Länge ausgedehnt werden durfte, so reichte doch diese Kleinigkeit nicht aus, um die Stimme in erwünschtem Masse ausruhen zu lassen.

Wir haben bis jetzt für und wider die Annahme emmetrischer Pausen diejenigen Gründe erörtert, welche sich aus der für die Pause nöthigen Zeit herleiten lassen. Es kommt aber für unsere Frage auch noch ein anderer Gesichtspunkt in Betracht. In den 7ioii]uo.Ta y.aza axiyov beginnen nämlich alle Verse in gleicher Weise mit demselben Takttheil , also entweder alle mit der Thesis , oder alle mit der Arsis. Dasselbe Verhältniss ist in den daktylischen und päonischen Strophen beibehalten worden ; aber in den meisten anderen Strophengattungen, namentlich in den logaödischen und daktylischen wurde jene Ein- förmigkeit durchbrochen. Da pflegten vielfach die einen Verse mit der Thesis, die andern mit der Arsis zu beginnen, die einen akatalektisch, die anderen katalektisch, andere wieder brachykatalektisch zu schliessen. Jeden wohl, der sich nicht mit der blossen Notirung von kurz lang zu- frieden gibt, hat schon die Frage beschäftigt, wie diese Ungleichheit zu erklären sei. Von selbst kommt man dabei auf den Gedanken, dass die- selbe mit den Pausen in Zusammenhang stehe, und der specielle Theil wird zeigen, dass dieses in der That vielfach der Fall ist. Doch lehrte mich eine eingehende sorgfältige Untersuchung der Sache, dass mit den emmetrischen Pausen ein Generalschlüssel zur Erklärung der diesbezüg- lichen Erscheinungen durchaus nicht gegeben ist. Denn hätte die Rück- sicht auf die Verspausen den Grund abgegeben, wesshalb ein Vers mit

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der Arsis ein anderer mit der Thesis anfängt, so sollte man erwarten, dass regelmässig, wenn der vorausgehende Vers mit einer Arsis ab- schliesst, der folgende wieder mit einer Arsis anfange, und dass nie auf eine mit der Thesis abschliessende Periode ein Vers mit beginnender Arsis folge. Nun gibt es aber nicht wenige Verse namentlich in den daktylo-epitrischen Strophen, welche gegen diese Regel Verstössen, und sind die Ausnahmen durchaus nicht immer derart, dass man aus dem engeren Zusammenhang der betreffenden Verse den Mangel einer em- metrischen Pause erklären könnte. Wollte man aber sich damit aus der Verlegenheit ziehen, dass man in allen jenen Fällen die Pause statt blos die Hälfte eines Fusses einen ganzen Fuss oder gar einen Doppelfuss ausfüllen Hesse, so würde auch gegen diese Annahme der Text an vielen Stellen entschieden Einsprache erheben. Denn wie wäre es z. B. denkbar, dass in Pind. Isth. III 4 die beiden Verse

Zer, /LieydXai d' dqeral ^vardig trtovTai

e/. oe&ev ' Ccoei de {.läootov olßog oniCof-iivcov

durch eine Pause von der Grösse eines Epitrit oder von 7 8 Zeiten von einander getrennt seien ?

Ich kann daher nicht in der Rücksicht auf die Verspausen den massgebenden Grund erblicken, wesshalb verschiedene Verse einer Strophe mit verschiedenen Takttheilen beginnen. Auch fehlt es nicht an anderen Erklärungsgründen der fraglichen Erscheinungen. Die griechischen Dichter liebten den ersten einleitenden Vers einer Strophe und noch mehr den Schlussvers von dem übrigen Theile der Strophe durch eine rhyth- mische Unterbrechung zu trennen ; ebenso deuteten sie gern den engeren Zusammenhang zweier Verse durch rhythmische Continuität an, wie sie umgekehrt beim Uebergang zu einem neuen Gedanken selten die Unter- brechung des Rhythmus versäumten; sodann Hessen sie bei grösseren Einschnitten das letzte Kolon meist voll auf einen spondeischen Schluss auslaufen, und erhöhten beim Uebergang zu einem neuen Metrum die Bedeutung jener starken Schlussfigur noch durch den anakrusischen An- fang der neuen Periode; endlich nahmen auch noch die Dichter, na- mentlich die römischen Dramatiker auf den rhetorischen Accent der Wörter Rücksicht, so dass sie nicht leicht ein vollbetontes Wort oder deiktisches Pronomen im Versanfang anders als in der Arsis gebrauchten.

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Achtet man auf diese Momente, so ergibt sich meist eine sehr einfache Erklärung der Verschiedenheit der einzelnen Verse einer Strophe in Bezug auf ihren Anfang und ihren Ausgang. Aber erkennt man auch in jenen Regeln der Compositionskunst die entscheidenden Gründe der verschiedenen Versausgänge und Versanfänge, so kann man doch nicht leicht den Gedanken los werden , dass die Rücksicht auf die Pausen und die Continuität des Rhythmus auch mit im Spiele gewesen sei; man wird diesen Gedanken aber um so weniger kurzweg abweisen, wenn man sich an die Stelle des Quintilian, von der wir ausgegangen sind, erinnert, wonach es innerhalb ' der lyrischen Perioden gemessene leere Zeiten gegeben hat.

Was ist nun das Facit aus all diesen Erwägungen für und wider? dass wie die xard G%iyvov wiederholten Verse, so auch die Strophen der Lyrik nicht zu allen Zeiten und in allen Gattungen auf gleiche Weise in Bezug auf die Versschlusspausen behandelt wurden. Ich glaube aber 3 Stufen unterscheiden zu müssen, zu deren Abgrenzung ich sofort über- gehen will.

1) Die Theile einer Periode oder Strophe folgen so aufeinander, dass innerhalb derselben nirgends eine förmliche Unterbrechung der regelrechten Aufeinanderfolge von Arsis und Thesis eintritt. Dieses Ge- setz galt als Norm zunächst für alle Systeme , jedoch mit dem Unter- schied , dass bei den einen , den anapästischen , auch jeder Hiatus im Innern des Systemes ausgeschlossen wurde, bei andern , wie den jam- bischen, sich ein unberechtigter Hiatus einschlich, wie bei Alkman im Parthenion und bei Anakreon fr. 75. Die gleiche Composition ging aber dann von den gleichartigen Epoden und Systemen auch auf die mannigfaltiger gestalteten Strophen der älteren Kunstrichtung über. Namentlich wurde dieselbe durchgeführt in den beiden schönsten Stro- phen der äolischen Melik, in der sapphischen und alkäischen, dann aber auch in den meisten Strophen des päonischen und daktylischen Rhythmus. Als Beispiel setze ich nur die eine Strophe des Stasimon in Eur. Heracl. 608—18 = 619—29 her:

OvxLva (prjfxi &eiov ccteq olßiov -i---<w_w^_L>_-__ _-

ov ßaQVTCOt^iov ävdqa yevio&ai, -iww__-,_iw>_

ovöi top ocvtov del ßeßdvai d6f.iov -^-<w_--,_^w_ww evTv%la 7taqd d' aXkav dXXa

' «_-

47

JYLölqa duoxei '

zov f.iev acp1 viprjXcüv ßqa%vv wxioe,

rov <T atlxctv evdalf^ova tev%el.

fWQGif.ia d* övtl (pvyetv &e{.ug ov aocpiarig arciooExai

aXka fxaxav 6 7TQod-V[xoQ ael novov £'£«.

Hier geht der Rhythmus ununterbrochen von Anfang bis zu Ende durch und nur der Schluss der ganzen Strophe hat durch den brachy- katalektischen Ausgang des letzten Verses einen rhythmischen Ausdruck erhalten. Natürlich musste sich aber in einem so ausgedehnten Lied die Stimme des Sängers öfters eine Pause gönnen, auch fehlt es nicht an rhythmischen Anzeichen von Ruhepunkten am Schluss des 2. 4. 5. 7. Kolon ; aber der Spondeus erfordert so viel Zeit zum Vortrag wie der Daktylus , mit dem schliessenden Spondeus an jenen Stellen war also noch kein Raum für eine emmetrische Pause gegeben. Kurzum in unserer Strophe ist für die Pausen innerhalb der Strophe kein Raum im Texte offen gehalten worden, sei es, dass der Dichter darin einem alten Gesetze der Composition daktylischer Strophen folgte, sei es, dass er damit den geringen Umfang der Pausen andeuten wollte. Ganz das Gleiche ist auch in den kretischen Strophen des Aristophanes der Fall, wo gleich- falls kein Platz für emmetrische Pausen sich findet, gleichwohl aber durch die Form der Füsse das Ende einzelner Verse innerhalb der Strophe angedeutet ist; vgl. Metrik S. 428.

2) In der dorischen Poesie der Daktylo-Epitriten wurde eine Stro- phengattung ausgebildet, in der theils in regelmässiger Ordnung Arsis auf Thesis folgte, theils eine Unterbrechung jener Folge sowohl am Ende einzelner Kola, als am Schlüsse einzelner Verse nicht ohne Berücksich- tigung der für die menschliche Stimme nothwendigen Pausen zugelassen wurde. Es ist das der Standpunkt, welchen Pindar, wie es scheint, in allen seinen Gedichten eingenommen hat, und welcher auch theilweise noch auf die Strophen bildung der dramatischen Dichter übergegangen ist. Jene Unterbrechung des Rhythmus im Texte der Strophe war aber an gewisse Regeln gebunden, nämlich

a) in der Regel erhielt die Thesis eines Fusses am Versende keinen Ausdruck im Texte, so dass im Texte Arsis auf Arsis folgte, wie in

rcöv de ^ieHovtwv TeTtcpÄcovrai (pQaöai ' j- ^ '--> '- <- r\

TtoXXä (5' dv&()iü7voig nctQa. yvwfxav eneaev. j- -> 1~ l - -_/\

48

b) mit einer in einer syll. anc. oder in 2 Kürzen bestehenden Ana- krusis (Thesis) kann der zweite Vers beginnen, wenn der erste ein versus brachycatalectus oder catalectus in duas syllabas ist10), wie inEur. Hec. 908

toIov 'Elldviov vtrpog d/urfl oe kqvtttei w -

do(>i drj öoql rctQöav ~ ~ ~ ~

und ähnlich Hec. v. 940

e&pxioev x1 ol'xtov ydfxog, ov yäfxog aAÄ' a- ~ - f - - ~ ~

XäoroQog Ttg ol^vg ' - w w

av [xrjTE nilayog ahov ditaydyoi na"kw ~ :~ w w~ w ~~ w

c) Der Rhythmus verbietet die Aufeinanderfolge eines akatalektisch schliessenden Verses und eines mit der Thesis beginnenden Verses. Eine Abweichung von dieser Regel ward nur statthaft befunden bei einem vollständigen Wechsel des Rhythmus , bei dem Uebergang zu einem neuen Abschnitt, ab und zu auch, wie in Pind. P. III ep. Isth. I ep., Soph. Oed. Col. 1736, Arist. Nub. 290 bei dem Abschluss der Strophe durch einen versus epodicus11).

10) Beachtenswerth und für die Messung entscheidend ist es , dass ein anakrusischer Anfang auch nach den kleinen Versen

~ - ~ - - Eur. Hippol. 1104, Hec. 925. - ~ - - Arist. Av. 1318.

w w _ _ w , Arist. Av. 456

' *- - Soph. Trach. 499.

vorkommt ; es scheinen eben diese Verse als katalektische Tripodien oder als brachykatalektische jo- nische Dimeter angesehen worden zu sein, wenigstens den Hauptictus auf der vorletzten Sylbe gehabt zu haben.

11) Ausnahmen von den 3 aufgestellten Regeln findet man bei Pindar nicht; auch bei den Dramatikern begegnen nur wenige und diese wenigen haben theils ihre Entschuldigung, theils lassen sie sich leicht wegemendiren. So ist in Aesch. Agam. 368 = 386 zu schreiben

■nuQtaxiv (rtuQioTi vulgo) xoZxö y1 Egt/vivam w I u_ !"!" I w w I

7iQoßovXov rcaig (TtfJoßovXoTicag vulgo) u<fictTog ictas. Ebendaselbst v. 412 ist die ganze Ueberlieferung unsicher und folgt Westphal Metr. II2 530 einer falschen Lesart. In Eur. Med. 208 f.

&eoxl.vTti <T ("Sixa nad-ovact tuv Zrjvog oqxLuv Oifxiy uv

schlage ich die Tilgung von r«V vor, was aus der Correctur Z^vog entstanden sein kann. In Eur. Androm. 796 f.

'IXtccScc te 7i67.iv ote nccQog fvöoxtfiog 6 Jiog ivig hat schon G. Hermann mit Recht den Artikel 6 vor Aiog getilgt. In Eur. Troad. 832

cd de (luTEQttg ySQUiug. zu 6e aii ÖQoaoiviu Xovrgu

49

3) Die unter Nr. 2 entwickelten Gesetze galten für alle Strophen ; während aber in den Daktjlo-Epitriten, welche wir als Hauptvertreter der 2. Strophengattung betrachten, die Pausen blos in Berücksichtigung gezogen , nicht zum Ausgangspunkt der Composition erhoben wurden, führten die Dichter in einer dritten Art von Strophen das Princip der emmetrischen Pausen consequent durch, indem sie überall, wo sie eine längere Pause eingelegt wissen wollten, für dieselbe auch eine Stelle in dem Texte der Strophe offen Hessen. Ich sagte absichtlich 'längere Pause3, da die kleineren Ruhepunkte am Ende der einzelnen Kola auch in diesen Strophen meistens ohne Ausdruck im Texte blieben. Diese dritte Art der Composition scheint von den Marschliedern , namentlich von den Einzugs- und Auszugsliedern des Dramas ihren Ursprung genommen, von da aber sich auch auf andere Gesänge ausgebreitet zu haben. Bei- spiele werde ich in reicher Auswahl in dem Anhange geben ; hier will ich nur im Allgemeinen bemerken, dass das Princip der emmetrischen Pausen sich am meisten in trochäischen glykoneischen und jonischen Strophen durchgeführt findet.

VI.

Taktwechsel.

Derselbe Quintilian , der uns die Hauptauktorität für die strenge Taktgleichheit der antiken Musik ist , spricht an der nämlichen Stelle, Inst. orat. IX 4 auch von dem Taktwechsel oder der jusraßokrj §v&uov. Genauere Detailbestimmungen über jenen Taktwechsel hat uns der grie- chische Musiker Aristides Quintilianus p. 42 erhalten: usraßolrj da kon (w&uixi) fyv&'fiwv ctklouooig ?/ dywyfjg- yivovjai dt tuezaßolal xard XQonovg dwdexa

entschuldigt wohl die starke Interpunction die ungewöhnliche Aufeinanderfolge der Verse und die damit verbundene grössere Pause. Sehr auffällig ist die Anakrusis nach einer akatalektischen dakty- lischen Tetrapodie in Soph. Oed. K. 182 ff. = 171 ff.

ev <5' üXo/oi nokicti r' sni fiars^eg

(t/uv rtaQctßaiiaov uXkoxhtv uXkui

Xvyguiv Ttovwv IxsTrJQes sniaTsyd/ovaiy. Vielleicht ist hier zu messen

_w w _w w | _w w W |

Abh. d. I. Cl. d. k\ Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III. Ahth.

50

xax1 äyo)yr\v,

xard Xoyov 7ioöixov,

brav evog elg tva ixeraßcclvi] Xoyov,

rj brav evog elg TtXeiovg,

rj orav «if aovv&irov elg (xixröv,

rj ex fxixwv elg fiixzov,

rj ex qtjtov elg aXoyov,

r) eg akoyov eig aloyov,

rj ex xdv dvTi&eoei diaqpeQovTwv elg alhqkovg.

Also auch die alten Dichter und Musiker machten Gebrauch von der Freiheit des Taktwechsels, und scheinen dieselbe sogar in weiterem Umfang als die modernen geübt zu haben , namentlich seitdem Lasos von Hermione die freiere Art der Composition (di&VQajußixr) ö.ycoyri) in die Musik eingeführt hatte; s. Plutarch de mus. c. 29. Es liegt nicht in meiner Absicht die Lehre von dem Taktwechsel in der antiken Poesie im Einzelnen zu behandeln; ich beschränke mich darauf die Haupt- punkte hervorzuheben, welche mit der in diesem Aufsatz behandelten Frage in unmittelbarer Verbindung stehen.

Kaum den Namen eines Taktwechsels verdient es, wenn einer aus reinen Trochäen oder Jamben aufgebauten Periode ein einzelner irra- tionaler Trochäus oder Jambus beigemischt ist; wir haben die wenigen Fälle der Art, welche sich bei den griechischen Tragikern finden, be- reits oben S. 2 2 zusammengestellt.

Schon bedeutender ist der Taktwechsel, wenn von einer Art des sechszeitigen Taktes ((w&/ti6g /umzog) zum andern übergegangen wird; doch findet darin unsere musikalische Theorie keine Störung des Taktes, sondern nur einen verschiedenen Ausdruck der gleichen Taktgrösse; vgL oben S. 11. Die leichteste Art dieses Wechsels, der Uebergang von einem Ditrochäus zu einem Jonicus

HU HJJ

findet sich in dem sotadeischen Vers ; aber auch in den jonischen Stro- phen der Dramatiker sind Beispiele dieses Wechsels nicht selten.

Die anderen Arten des Wechsels sechszeitiger Rhythmen oder die Uebergänge von einer trochäischen Dipodie zu 2 kyklischen Daktylen

51

oder einer aus einem Trochäus und einem kyklischen Daktylus be- stehenden Syzygie

0 0 0 0 0- 0 0' 4

finden sich nicht mehr in den gewöhnlichen Versen; aber in den Chor- liedern und Monodien der Dramatiker sind diese Doppeltakte nicht selten einander gleichgestellt, und in dem speciellen Theil werden wir Gelegen- heit erhalten zahlreiche Beispiele dieser Gleichstellung nachzuweisen.

Schon eine Störung der Taktgleichheit enthält der Uebergang von einem Ditrochäus zu einem Creticus , da beide Füsse zu verschiedenen Rhythmengeschlechtern gehören und der erste 6, der zweite 5 Zeiten umfasst. Gleichwohl standen sich im Alterthum beide Rhythmen in Folge der ähnlichen Lage ihrer Taktheile (Arsis und Thesis) sehr nahe, und gehen namentlich bei den Komikern nicht blos kretische Verse häufig in trochäische über, sondern findet sich auch ein kretisches und ein trochäisches Kolon zu einem Verse vereint in

ovdiv zoti d-rjQiov yvvavKog äfia%toTeQOv.

Den Griechen erschien dieser Taktwechsel innerhalb desselben Verses nicht unerhört, da sie in ähnlicher Weise auch trochäische Tetrameter häufig so bauten, dass das 1. Kolon nur irrationale, das zweite nur ra- tionale Füsse enthielt, wie

rag cpvaeig vf.aov dedowcog Aal %6v avioda^ tqottov.

Der stärkste Taktwechsel , den sich die Griechen innerhalb einer Periode erlaubten, bestand in dem Uebergang von Daktylen zu Epitriten, da nicht blos die Einzelfüsse jener beiden Rhythmen äusserlich von verschiedener Gestalt und verschiedenem Umfange waren, sondern auch die epitritischen und daktylischen Kola und Verse, wenigstens wenn sie für sich stunden , auf verschiedene Weise , die einen dipodisch die an- deren monopodisch, skandirt wurden. Auf welche Weise indess die Ver- schiedenheit der beiden Elemente auf rhythmischem Wege gemildert und so der Taktwechsel auf ein Minimum reducirt wurde, ist im Voraus- gehenden bereits dargethan worden, und fügen wir hier nur noch hinzu, dass wenn die daktylische Tripodie mit einem stärkeren Ictus auf dem ersten und dritten Fusse

52

vorgetragen wurde , sich die daktylischen und epitritischen Elemente noch mehr einander näherten.

Dieses sind die Arten des Taktwechsels , welche sich die Griechen innerhalb desselben Verses oder doch innerhalb derselben Periode er- laubten ; sie bedeuten keinen vollständigen Umschlag des Taktes, son- dern enthalten nur Modificationen der Form, theilweise auch der Grösse desselben Taktes, welche den Griechen mit dem Princip der Taktgleich- heit vereinbar schienen.

Daneben findet sich aber auch in den Gesängen der dramatischen Dichter, namentlich in den längeren Monodien und in den von ver- schiedenen Theilen des Chors vorgetragenen Chorgesängen ein förmlicher Taktwechsel, so dass in einem neuen Vers oder einer neuen Periode von Daktylen zu Jamben, von Jamben zu Anapästen, von Trochäen zu Päonen , von Jonikern und Choriamben zu Daktylen, von Epitriten zu Jonikern und umgekehrt übergegangen ward. Die Fälle dieses Takt- wechsels gehören nicht mehr in den Kreis vorstehender Untersuchung, da sie die Continuität des Rhythmus durchbrechen und demnach höch- stens nur die Frage anregen , ob und wie der Uebergang von einem Rhythmengeschlecht zum anderen vermittelt worden sei. Nur beim Uebergang von Daktylen zu Jamben oder Trochäen ist es zweifelhaft, ob mit dem jambischen Vers geradezu ein neuer Rhythmus begonnen, oder der daktylische Rhythmus dem trochäischen sich der Art angenähert habe, dass kein förmlicher Taktwechsel stattfand, sondern beide Elemente Theile einer Periode (negiodog 6tuoioeidr}g) bildeten. Wahrscheinlich wal- teten über diesen Punkt, wie wir bereits oben S. 26 angedeutet haben, nicht zu allen Zeiten die gleichen Anschauungen. Archilochus, der in seinen Epoden zuerst jene Verbindung einführte , scheint einen förm- lichen Taktwechsel vorausgesetzt zu haben , indem er die beiden Ele- mente nach den eigenthümlichen Gesetzen , welche für jedes derselben seit Alters galten, zu behandeln fortfuhr. Aber im Laufe der Zeit muss eine Aenderung und eine grössere Annäherung, wenn nicht Ausgleichung der beiden Elemente stattgefunden haben. Das erkennt man daraus, dass bei den Tragikern die mit daktylischen Versen verbundenen jam- bischen an keiner Stelle eine syll. anc. haben und dass die daktylischen

53

Verse in der Regel aus lauter reinen Daktylen bestehen. Dadurch ward die dipodische Gliederung, welche den Jamben von Hause aus eigen war, verwischt und die kyklische Messung der Daktylen ermöglicht; waren aber diese Ausgleichungen durchgeführt, so stund nichts mehr der Ver- einigung des daktylischen und jambischen Verses zu einer gleichartigen Periode entgegen.

Nur über einen Punkt erhebt sich noch ein schwer zu lösender Zweifel. Wurden , so fragt es sich , die beiden Verse so eng ver- bunden, dass auch der Uebergang von einem Vers zum anderen durch eine genau normirte emmetrische Pause vermittelt wurde, oder begann nach einer beliebig langen Pause mit dem 2. Vers eine neue, für sich dastehende rhythmische Reihe? Dass emmetrische Pausen nicht überall und sicherlich nicht unter der Voraussetzung dipodischer Messung zwischen zwei Verse eingelegt wurden, ersieht man ausstellen, wie Aesch. Agam. 119 f.

ßoo*6}ie,voi layivav eQr/.vf.iaöa (ptQ^axi yivvav ßXaßtvca Xoio&tcov öqo^iojv.

Denn wollte man diese Periode dipodisch messen und von der Voraus- setzung emmetrischer Pausen ausgehen, so käme man zu folgendem Schema

_w~_ww|_ww__ww|_ww |XA

-h- - w I- - - I Niemand aber wird eine so grosse Pause zwischen Vorder- und Schluss- vers wahrscheinlich finden. Man wird daher in solchen Perikopen sich entschliessen müssen, entweder die Voraussetzung emmetrischer Pausen aufzugeben oder bei Normirung derselben von monopodischer Messung auszugehen:

Man wird sich aber zu diesen Annahmen um so leichter bestimmen lassen, als ein ähnliches Verhältniss in Soph. Oed. Col. 1736

ccv&ig cod' eQrjpog cctvoqoq cclwvcc xXaiiov' e£co.

auch bei dem Uebergang von Trochäen zu einem jambischen Epodos stattgefunden zu haben scheint.

Nun findet sich aber auf der anderen Seite bei Sophokles und Euripides die eigenthümliche constante Erscheinung, dass wenn auf eine kyklisch gemessene daktylische Tetrapodie ein jambischer Epodos folgt,

54

die Tetrapodie regelmässig mit einem reinen Daktylus schliesst, der Epodos mit einer Kürze beginnt und das Gesetz Vocalis ante vocalem corripitur1 sich auf die Schlussthesis des 1. und die Anfangsthesis des 2. Verses erstreckt, wie in Soph. Oed. Col. 676 f. = 689 f.

(pvXkäda iivqiokccqtiov avTqXiov

dvrjVEfiov xe navxtov.

toxvToytog Tcediiov etclvlooexcii

dx,r]Q<xTtp avv ofißQtij.

Soph. Phil. 1093 f. = 1114 f.

nxioxdÖEg o^vxovov did. TtvEVfiaxog

ZACDOl (X OVK ET LO%ü).

xöv xaÖE (xrjodfiEvov xov Xoov %qovov E[xdg Äct%ovx' dviag.

vgl. Soph. Phil. 142 f. = 157 f. 1130 f. 1207 f. Oed. C. 234 f. 540 f. = 547 f. 1671 f., = 1698 f. El. 125 f. = 141 f.12). Eur. Hec. 167. 209, Phoem 1502; vgl. Suppl. 836, Iph. Aul. 1338.

Woraus ist nun diese Eigentümlichkeit des Baus, welche die Dichter gewiss mit bewusster Absicht durchführten, zu erklären? Wollte man auch hier diejenige Messung billigen, welche wir oben für die

Stelle des Aeschylus vermutheten und demnach skandiren

_w w | ~ | _w w i w i oder _w w | w i _w ~ 1 - - i *

/\ w | _ w|_ w|_ ^ | w | _ w|_ -|-~|

so würde man manches unerklärt lassen und nicht allen Verlegenheiten aus dem Wege gehen. Denn nicht würde erklärt, warum nur dann ein langer Vokal am Schlüsse der Tetrapodie steht, wenn der folgende Vers wieder mit einem Vokal anfängt, und warum die letzte Sylbe des jam- bischen Epodus regelmässig lang ist, nie, wie man doch voraussetzen sollte, kurz oder zweifelhaft. Auch ist an den angeführten Stellen die monopodische Messung äusserst bedenklich , da der übrige Theil der

12) Eine Ausnahme von der Kegel steht in Soph. El. 150 f.

i<o navx'Kr^^nav Nioßcc, as <T e'yioye vEfiU) d-eov,

a x du xcc<pw Ttergalut

alcci öccxqv&is. aher jene Form des Pronomens « xe hat hier, wo es sich um eine bestimmte Person handelt, mit Eecht Anstoss erregt und zu Conjecturen Anlass gegeben. In der entsprechenden Stelle der Strophe . 135 steht auch die regelrechte Kürze.

55

Strophen sich der dipodischen Messung fügt und kyklische Tetrapodien sonst regelmässig in Dipodien, nicht in Einzelfüsse zerlegt werden müssen. Ich wage daher die kühne Vermuthung, dass in jenen Perioden der schliessende Daktylus zusammen mit der anakrusischen Kürze einen einzigen Takt bildete, indem ein kyklischer Päon mit kyklischen Daktylen und reinen Trochäen (vgl. S. 10) verbunden ward.

Im Uebrigen ist es sehr zweifelhaft, dass die Dichter beim Ueber- gang von einem Rhythmus zum anderen eine Continuität des rhyth- mischen Ganges beabsichtigten und die zur Herstellung derselben nö- thigen tempora inania eingelegt wissen wollten. Man käme bei Durch- führung dieses Grundsatzes zu Pausen, welche theils wegen ihrer zu grossen Kürze, theils wegen ihrer zu grossen Länge begründeten Zweifeln begegnen würden. Hingegen Hessen es sich auch hier die Dichter ange- legen sein, einen gefälligen Uebergang der beiden Rhythmen dadurch zu vermitteln, dass sie gern die erste Periode auf 2 Längen auslaufen, die zweite mit einer Anakrusis, meist einer zweisylbigen beginnen Hessen, wie in Aesch. Agam. 446 ff.

iv tpovaig '/.aktog tiegovt* w I -' L-

dXXoTQiag öial yvvaixog. w w ^ I w

Tads olya xig ßavCei, w w | -w-w|

<P&oveqov <T vre1 alyog €Q7tei. ** " v | - - - |

Aristoph. Vesp. 278 ff.

aW Sri 6t* ävTißoXoirj w w w w I 1

Tig Y.CCTIO XV71TCOV (XV OVTCÜ, w - | -' |

Xl&ov eipeig, e'Xeyev. w w | vvl-

Beispiele von Strophen mit Taktwechsel haben wir im Anhang unter Nr. 13, 14, 17, 18, 20 gegeben; zum Studium epodischer Stro- phenbildung ohne emmetrische Pausen empfehlen sich besonders Aesch. Suppl. 57—62, Soph. Oed. R. 167—77, Eur. Androm. 117—25, 135—40, 274—83, 294—301, Hippol. 1102—10, 1119—30.

Es ist aber nicht blos in jenen nach Art der archilochischen Epoden componirten Strophen die strenge Continuität des Rhythmus vernach- lässigt, es hat auch in anderen Strophen mit einheitlichem Rhythmus öfters das Schlusskolon eine abgesonderte Stellung für sich. Wir haben

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darauf bereits oben S. 45 hingewiesen, und fügen hier noch hinzu, dass es mit dieser selbständigen Stellung des epodischen Schlusskolons in Zu- sammenhang steht, wenn dasselbe mehrmals mit einem jambischen Vor- schlag (Basis) eingeleitet wird, wie in Eur. Suppl. 802 4

w Ttaldeg, w nv/.qov yikiov -l-w-wl-w- TtqoöTqyoQr^a (.ictreQuov - | - - - I— ~ •- |

Ttqooavdw oe tov &av6vTa. w | - ~ \— ^ I

Aber auch darin ist mit der Zeit eine Aenderung eingetreten, indem bei Terenz die Clausula mit dem vorausgehenden Vers in rhythmischer Continuität zu stehen pflegt; s. Conradt, Metrische Composition der Komödien des Terenz S. 16 ff.

Fassen wir schliesslich unsere Untersuchungen mit Bezug auf die im Eingang der Abhandlung aufgeworfene Frage zusammen, so werden wir sagen können :

1) Die Taktgleichheit galt als allgemeines Gesetz in gleicher Weise für die gewöhnlichen Verse wie für die melischen Compositionen , nur dass in letzteren nicht immer die gleichen Takte auch einen gleichen Ausdruck im Texte fanden.

2) Die Gesetze der Taktgleichheit waren bei den Hellenen nicht in gleich präciser Weise wie in der modernen Musik ausgeprägt und er- fuhren ausserdem in den verschiedenen Dichtgattungen eine bald stren- gere, bald laxere Anwendung.

3) Die grössere Freiheit der antiken Rhythmik zeigt sich zumeist in drei Dingen :

a) dass rationale Füsse neben irrationalen, sowie kyklische Daktyle neben Trochäen keinen Anstoss erregten,

b) dass aus dem verschiedenen Bau der beiden Hauptmasse der Alten, des daktylischen und jambischen, sich die Vereinigung von mono- podisch und dipodisoh gemessenen Elementen in die lyrische Poesie ein- schlich und die nie ganz beseitigte Einmischung von Tripodien unter Tetrapodien zur Folge hatte,

c) dass die Pausen am Schlüsse der Kola und Verse nicht immer in den Rhythmus eingerechnet wurden,

57

d) dass ein leichter Rhythmenwechsel, wie der Uebergang von Dak- tylen zu Trochäen und von Trochäen zu Päonen, nicht blos in den ver- schiedenen Periöden einer grösseren Strophe, sondern selbst in den Theilen derselben Periode nicht strenge verpönt war.

4) Die Hauptschwierigkeiten in der Analyse griechischer Gesänge drehen sich um die Frage, ob in dem jedesmal vorliegenden Falle die strengere oder laxere Praxis zur Anwendung gekommen sei, insbesondere ob die dipodische Gliederung vom Anfang bis zum Schluss durchgehe und ob die Pausen emmetrischer Natur seien.

5) Der von mehreren Gelehrten ergriffene Ausweg alle lyrische Kola nach Einzelfüssen zu messen würde allerdings über fast alle Schwierig- keiten hinweghelfen, kann aber desshalb nicht gebilligt werden, weil er viele Thatsachen im Bau der Verse unerklärt Hesse und eine allzu hohe Schranke zwischen den trochäisch-jambischen Versen der Komödie und der Tragödie aufrichten würden.

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth.1'

Beilagen,

Analyse einzelner Strophen der Dramatiker.

1.

Arist. Ban. 1099—1108 = 1109 18:

(.itya 7tQayf.ia, tcoXv vsr/.og, dÖQog 6 'jcoXejuoq egyerai. yaXsTTOv ovv e'gyov ÖicciqeJv, bxav 6 f.iev relvr] ßiaicog,

6 <T InavaöTQtcfEiv dvvrjxai xdjiEQEidEG&ai xoqcog. 5 dXXd /Lirj V xavxot Y.d$rio&ov elaßoXal yaq eiol noXXal yaregai Gocfio/.iaxcov. o xt neo ovv eysxov egrCeiv, XsyeTov, e/rixov, dvadtQso&ov xa xe rcaXaia v.al xa xaiva, 10 x(X7tOY.tvdvvEi£xov Xetcxov xl /.al oocpov Xeyeiv.

- - -«l---Al

Die Continuität und Gleichmässigkeit des Ehythmus steht in dieser trochäischen Strophe ausser allem Zweifel. Die leeren Zeiten oder die rhythmischen Einschnitte wiederholen sich zwar nicht in gleichen Zwischenräumen, sind aber so vertheilt, dass sie mit den herrschenden Gesetzen des Strophen- baues in vollem Einklang stehen : die erste Periode vertritt gewisser Massen die Stelle eines Pro- ömion und ist desshalb von kleinerem Umfang ; im Gegensatz zu ihr baut sich die letzte Periode, den anapästischen und trochäischen Systemen nach vorausgehenden Tetrametern vergleichbar, zu einer mehr als doppelten Grösse auf.

Aber wiewohl durch das ganze Gedicht der gleiche Rhythmus durchgeht, erleidet derselbe doch an verschiedenen Stellen eine kleine Variation durch das Tempo; unter den Perioden ist am leichtesten gebaut die erste, während in den folgenden durch die selteneren Auflösungen und den häufigeren Ge- brauch der syll. anceps eine gewisse Retardirung des Rhythmus eintritt; in den einzelnen Dimetern hinwiederum ist der letzte Fuss fast durchweg schwerer gebaut, und zeichnen sich die katalektischen, dem Periodenschluss zueilenden Dimeter durch eine graciösere Anmuth vor ihren Vordergliedern aus.

59

2. Eur. Hei. 229-51. Monodie der Helena.

cfev, q>Ev, zig rjv (Dqvywv «-<

7] zig 'EXXaviag mtö yd-ovog ~

eze/ue zdv daxQvoeooav 7Atw ~w «- _

Ttevxav; evÜev oXofievov oxacpog ovvccQfxooag <- ._

5 o nQuxfxidag etcXevoe ßccQßagci) nXdva ~ | ww .w _

zav i^tdv taf zoziav _

xaXXog inl zo dvazvyeg, - ~~

wg e'Aot yd^tov ifiov (fort, ydfxovg s/xovg). ~ s-

a c5s öoXwg d 7ioXvy.z6vog KvrCQig *- ww

10 Jctvatdaig äyovoa &dvazov ÜQiafxiöaig z\ «-. - | _ - - ( ww w^_ t

co zaXaiva GVf.i(pOQdg. _ - _

a de xQvaeoig üqovoig - _

z^£0£ VTrayxdfao(.ia OEfivov "Hqa -»- ~ _

tov lov.vTtovv 87iE(.i\pE Maiddog yovov, ^ \ >-

15 CC£ J(ÄO£(?ß ÖQE7COtU6VaV l'aiO 7CETlXlOV - ww

cSccfca nezccXa, yaX/.ioiY.ov tag Idihdv- -w- _ _w

ai> [aoXoi/li\ dvaQ7iccoag dt ai&tQog

Ttt^dg yaiav Etg ävoXßov _ w _

6£cv 6(0cv zaXaivav e'0-ezo «« < w _

20 Tlgia/niöaiaiv lEX?uxöog. -- - _

ro c5 £/cov ovof-ia jtaqd Sifxovvzioig qoccIgi -- w w | ^^ _ _w|_w_w|

f-iaifiißiov i'xßi qjccTiv. _ w w_

Der Rhythmus des jambisch-trochäischen Eidos ist vom Anfang bis zum Schluss in Doppel- füssen gegliedert; zwar ist diese dipodische Messung nicht wie in den jambischen und trochäischen Versen des Dialoges durch zweifelhafte Sylben angedeutet; aber sie ergibt sich sicher daraus, dass alle Verse entweder 8 oder 12 oder 16 einfache Füsse enthalten, also durchgängig eine Theilung mit 2 zulassen. Eine Ausnahme macht nach der Ueberlieferung nur der Vers

etil övozvyjg xaXXog cug eXot ya/.iov efitv. Aber hier habe ich mit aller Zuversicht xtiXkos umgestellt, da nur so sich der 7. und 8. Vers einem erträglichen Rhythmus fügen. Zweifelhafter bleibt es mir selbst, ob man ausserdem auch im 8. Vers yuy.ov ifxop in yufxotg Efxovs emendiren soll. Mit jener Aenderung würden wir allerdings eine einfachere, oft wiederkehrende rhythmische Form erhalten, aber möglich ist es doch, dass der Dichter an dem Schlüsse des Absatzes eine ungewöhnlichere Form mit Absicht gewählt hat.

Nur ein Mal, in v. 16, schliesst mit dem Vers nicht das Wort; wer daran Anstoss nimmt, kann auch das ganze ^A&üvuv in den 16. Vers setzen und den folgenden zu einem axl%os ihicpalog gestalten :

Unbedenklicher habe ich in v. 10 den Apostroph am Versschluss zugelassen, zumal a> xülcava avfxcpo(j(cs noch mit dem Vorausgehenden zusammenhängt und nicht durch einen Punkt, wie Kirch- hoff gethan hat, davon getrennt werden darf. Ueber die Messung von nevxav in v. 4 hege ich keinen

60

Zweifel; wohl aber könnte man zweifeln, ob man nicht diesen Dispondeus ähnlich wie in v. 177 und 350 an den Schluss des vorausgehenden Verses setzen soll, da mit demselben der Satz schliesst.

Endlich im Eingang der Monodie habe ich die erste Länge dreizeitig gemessen; man könnte auch annehmen, dass der erste Fuss, wie so oft, unvollständig (ccxecpa\og) sei. Aber ich ziehe meine oben aufgestellte Messung vor, da sie gut zu dem Tone des Liedes und zum langgedehnten Klageruf cpsv passt.

Eur. Suppl. 778—85 = 786—93 Stasimon.

xd fitv ev, %a de dvötvyfj' noku (.isv evdo^ia y.al OToaTrjldraig dogog dinXaLexai rt^id ' 5 l(.iol de Ttaiöcov (.tev eloiöelv ueXrj

nr/.QOv, ymXov deafia ö', eltceq oipofiai

xav cceXtttov oueQav,

löovoa rcävTiüv /.leyiarov dXyog.

oder w

Auch in diesem jambischen Liede lässt sich mit grosser Wahrscheinlichkeit die Continuität

des Khythmus herstellen. Nur an einer Stelle, am Schlüsse von Vers 4 findet sich ein entschiedener

Einschnitt des Rhythmus und des Gedankens, welcher die Strophe in zwei Hälften theilt; wesshalb

hier vielleicht, wie ich in dem Schema angedeutet, eine grössere Pause anzunehmen ist. Im Uebrigen

hängen immer je 2 Kola enger mit einander zusammen. Nur bei dem 1. Kolon kann man zweifeln,

ob man es als xülov axiyakov, wie wir in dem Schema gethan, oder als tripodisches Proodikon mit

vorausgehender Anakrusis fassen soll. Im letzteren Fall, den in der Strophe, nicht aber in der Anti-

strophe, die Satzbildung unterstützt, würde der Proodus von dem eigentlichen Körper des Gedichtes

durch eine Pause passend getrennt werden:

V w, . w_w,-y\

wenn man es nicht vorzöge, ihn ähnlich wie öfters den Epodus (s. S. 55) ausser rhythmischer Con- tinuität zu setzen.

4.

Eur. Phoen. 202—13 2U— 25. Parodos. Tvqiov old(.ia XiTtovo' tßav ccY.QO&ivia yio%iq OoLviooag anb vdoov, (Dolßq) dovla (.lEka&QCov, 5 clv V7id öeiqciol vicpoßoXoig

^_ /\

61

TlaQvaooov v.aT£vdo&i]v,

^loviov v.axd rcövxov eXd-

Tq vrXevoaoa 7T£qiqqvtcov

V7tsQ äxctQniOTiov Tcediiov 10 ^r/.sliag, Zecptgov Ttvoaig

\nrrevaavTog ev dgutvci)

v.aXkioxov "/.Ekadn][ia.

Da zum Gesang dieser glykoneischen Strophe marschirt wurde (s. Myriantheus, die Marschlieder d. griech. Drama S. 74), so müssen wir von vornherein Taktgleichheit und ennnetrische Pausen er- warten; beide ergehen sich auch ganz einfach aus der Zergliederung des Gedichtes. Doch war die Taktgleichheit keine so strenge, dass sie nicht kleine Modifikationen, welche ich in dem Schema zum Ausdruck gebracht habe, zugelassen hätte. Insbesondere wurde der Anfang der einzelnen Perioden in rascherem Tempo und mit erregterer Lebhaftigkeit vorgetragen, wesshalb sich hier öfter die Längen aufgelöst finden und an den Stellen, welche eine zweifelhafte Sylbe zuliessen, eine reine Kürze ge- setzt ist.

Leere Zeiten habe ich ohne Schwanken an dem katalektischen Schluss der einzelnen Perioden, also in v. 3. 6. 12 angenommen; die Interpunction in der Antistrophe v. 221, sowie der Wechsel des Tempos bewogen mich auch den Schluss von v. 8 lieber mit w ^ als mit w ■— wiederzugeben. Bei dem ersten Vers der 2. Periode muss man es zweifelhaft lassen, wie viele von den 6 Zeiten des Doppeltaktes durch die 3 Längen und wie viele durch die vorausgehende kurze Pause ausgefüllt wurden; schwerlich aber hatte der xqovos xevog den Umfang von auch nur 1 Zeit.

Sehr auffällig, und ein Zeichen der schlotterigen Observanz des Euripides in metrischen Dingen ist die Auflösung einer 3 zeitigen Länge in 2 Kürzen, wovon ich in der Metrik § 110 gehandelt habe.

5.

Soph. Ant. 332—42 343—53. Stasimon.

TtoXXä rd deivd v.ovdev dv- —y w

&Qti)ltOV deiVOTEQOV Ttzktl ' ^

tovxo v.ai tioXlov Ttegav ~ <-

7V0VT0V yfilUEQUj) VOTtO —«-

5 XC0Q£l 7t£QlßQV%lOl0lV

7TEQ0JV VTC' OldfACtOlV.

dscov di xdv vneQzaTav Täv ■- \ -, dcpfriTov d/.df.iarov drcoTQVETai - *- llXo/Lievcov dqtTQiov l'rog elg trog —- ~

10 t7t7TSl(p ytVEl 7CO?i£üC0V. <~. «- | -' "- { ^ I

Eine Erläuterung bedürfen nur die Kola 5 und 6. Des ersteren Kolon erster Doppeltakt lässt sich auf doppelte Weise messen, entweder so, dass man der 1. Länge den Umfang von 3 Zeiten gibt "- w, oder so dass ein Theil des ersten Fusses durch eine leere Zeit ausgefüllt wird ^ w. Beide Messungen sind zulässig, je nachdem die 1. Sylbe als syll. anc. behandelt ist oder nicht, und je nachdem die Wörter, welche den vorausgehenden Vers schliessen und den folgenden einleiten, eng zusammenhängen oder durch eine Interpunction von einander getrennt sind. Sodann ergänzen sich ge- genseitig der überschüssige Schlusstakt des 5. Kolon und der vorn verstümmelte {dy.£<paXog) Anfangs- takt des 6. Kolon. Man könnte dieses zum sprechenden Ausdruck bringen durch das Schema

62

Aber da in Strophe und Antistrophe an der 7. Versstelle ein Wort schliesst und die den Ver- schluss begleitende Pause auch in Betracht zu ziehen ist, so habe ich lieber das Schema den Anzeichen des Textes anbequemt. Im Uebrigen sind in unserem Liede , zu dem ja nicht marschirt wurde, die Taktverhältnisse freier behandelt, was sich besonders in dem 7. Kolon zeigt, das am Schlüsse vor dem Uebergang zu den beflügelten Daktylen eine durch die Zeitmasse nicht motivirte Retardirung des Ehythmus aufweist.

6.

Soph. Phil. 169—79 180—90 Parodos. olxTEiQto vw eya)y\ omog

[itf XOV XT]ÖOfA6VOV ßqoTiov

fitjde avvTQoepov o^' zyoiv övatavog fiovog aet, 5 vogel [iiv voaov dyglav, dlvei d' in l Ttavxl rw

%QEL(Xg lOta{lEVLt). w w

Ttwg Ttors, Ttwg öva^ioQog dvri%Ei; ^ ^ w

Ttakaiiai &eiov, . w

w dvoTava yevr] ßqoTwv, __ ^

10 oig firj fiETQiog aliov.

Im Allgemeinen wurde dieses Lied in einem weit gedämpfteren Tempo vorgetragen, wie die kurz zuvor analysirte Strophe aus der Parodos der Phönissen; es zeigt sich das in der Vermeidung jeder Auflösung und in der häufigen Wiederkehr der spondeischen Form der hasis. In dem glykoneischen Theile des Liedes verdient das 5. Kolon unsere besondere Aufmerksamkeit. In der Strophe beginnt dasselbe scheinbar mit einem Jambus ; rhythmisch aber bilden die beiden Sylben eine unvollständige (üxicpalog) Basis, deren rhythmischer Werth folgender Massen sich darstellen lässt :

Es passt aber zugleich die Form der scheinbar jambischen Basis gut zur Einleitung der neuen Periode. Das entsprechende Kolon der Antistrophe

OTixTtdv r\ Xaaitov \xE%d hat umgekehrt am Schlüsse eine kurze Sylbe statt einer langen ; auch diese wurde durch eine leere Zeit zu ihrem vollen rhythmischen Gehalte ergänzt, wenn man nicht annehmen will, dass der Dichter von dem Sänger auch diese kurze Sylbe über ihren natürlichen Gehalt bis zum Umfange von 3 Zeiten angehalten wissen wollte.

In dem choriambischen Theile der Strophe gehen die Choriamben in Joniker dadurch über, dass die letzte Länge des Choriamb mit dem beginnenden Daktylus der folgenden Zeile zu einem Fusse vereinigt wird. In der Strophe treten die beiden Kola schärfer auseinander, indem dieselben durch eine starke Interpunction von einander getrennt sind; in der Antistrophe hingegen Xi[ttjj t' olxTQog, avrj-AEOxa fj.EQLf.ivrifxaz'' e'xcov ßctQrj. sind dieselben sogar durch Wortgemeinsarakeit mit einander verbunden {avvr^nxuC). Der nachfolgende Vers hat die Form einer logaödischen Tripodie; eine solche vereinzelte Tripodie mitten unter Tetra- podien hat, wie wir im allgemeinen Theile gesehen haben, ihre grossen Bedenken. Hier wird man dieselbe um so zuversichtlicher durch Annahme einer Pause zu einer Tetrapodie ergänzen, als mit ihr eine neue, durch starke Interpunction in Strophe und Antistrophe von dem vorausgehenden Theile ge- trennte Periode beginnt, und in einer Parodos von vornherein strengere Taktebenmässigkeit als in einem anderen Chorlied der Tragödie zu erwarten ist.

63

Soph. Phil. 135—43 = 150—58. Parodos.

xi XQ7}, xi %Qiq jue, d£o7tor\ iv ±8va ^hov axiyEiv y] xi Xeysiv 7tQog dvöcf VTtomav, cpqdCe /tioi.

xiyva ydq xeyvag sriqag 5 TTQOvyu xat yvwf.ia, Ttaq1 oxco xo &eiov Jibg OY.rJ7iT()ov dvaGGExai. oe ö\ 10 xixvov, xod"1 eXi^XvSev Ttäv v.qaxog toyvyiov xo (.101 evvene, xi oot xqecov VTiovQyeiv ;

~l

I- -

oder «-• j

In der Strophe steht zweimal in v. 2 u. 6 ein jonischer Fuss inmitten zwischen 6 zeitigen Di- trochäen; ich habe denselben in Uebereinstimmung mit den neueren Metrikern so gemessen, dass ich der 1. Länge 3 Zeiten gab und den Daktylus als einen 3 zeitigen kyklischen Fuss fasste. Doch kann man bei dem zweiten Vers auch an ein xcSkoy c<xi<pecXov mit beginnendem Jambus denken.

Das 4. Kolon beginnt in der Antistrophe

Xey\ aiXdg noiag eveÖQog mit einer kurzen statt einer langen Sylbe, etwas was sich nur mit der freieren Behandlung des Ein- gangs glykoneischer Kola entschuldigen lässt, wesshalb ich Wecklein nicht beistimmen kann, der in der neuen Bearbeitung der Wunder'schen Ausgabe des Philoktet v. 3 u. 4 zu einem Langvers ver- einigt hat.

Ueber die rhythmische Vereinigung der beginnenden Kürze des letzten Kolon mit dem schlies- senden Daktylus des vorausgehenden habe ich im allgemeinen Theile S. 54 gehandelt. M. Schmidt Soph. Chorgesänge S. 12 hilft sich auf andere Weise, indem er jener Kürze eine Pause von nicht we- niger als 13 Achteln vorausgehen lässt. Eine solche Theorie richtet sich selbst. Stimmt man also un- serer allerdings gewagten Hypothese nicht bei, so bleibt nichts anderes übrig als das epodische Schluss- kolon ausser rhythmischer Continuität zu lassen.

Eur. Orest. 807—18 = 819—30 Stasimon.

6 i-ieyag oXßog a x1 ccqexcc wv-' w -'

fitya qjQOvova'1 dv' 'EXXdda zai w-/ w w

7tctQa ^if.wvvxloig oyExdlg -,— *-* w

Ttaliv dvijX&'' «| Evxvyiag l4xQ£idaig, "-"-' w

5 TtdXai rtaXaiag dito GV(xq>OQag doftcov, w | w

otioxe yavoEiag e'qig dg- —^ ^ *= vog S7Z0Q0VGE (ijXv&E codd.) TavxaXidaig, « «-«

/\ -^

64

oIktqotcctcc &oivaf.iara "Aal acpäyia yevvalcüv texeiov ' 10 o&ev cpovi^ cpovog i^af.ielßcov

(5t' CU[.lCCTOQ ov txqoXeitiei i- | —- "- ~ i

ÖlOOOioiV IdzQEldaig. | "" oder ^ \

Von den drei deutlich von einander getrennten Perioden haben Nauck, Kirchhoff, Schmidt Kunstf. III 414 die letzte v. 10—12 mit Wortbrechung geschrieben:

o&ev q)6v(p cpovog i^a^Ei ßcov <J*' aifiarog ov jvqoXeI- 71 El diooöloiv ^AzQEidaig.

Gegen diese Zergliederung erregt das Widerstreben des Textes in Strophe und Antistrophe äusserstes Misstrauen; denn auch in der Antistrophe endigt das Wort nicht mit dem Schlüsse jener Verse, sondern nach der 1. Sylbe des folgenden Verses. Auch die handschriftliche Ueberlieferung spricht gegen jene Theilung; wenigstens in den beiden Handschriften von St. Marcus n. 468 u. 470, aus denen mir die Versabtheilung zu notiren mein lieber Freund Römer die grosse Güte hatte, sind die Verse gerade so abgetheilt wie bei uns und Dindorf. Dass nun aber diese Abtheilung auch die richtige ist, geht aus unserer rhythmischen Zergliederung zur Evidenz hervor, da nur so Platz für eine hier absolut nothwendige Pause gewonnen werden konnte. Bezüglich des Schiasskolons hege ich auch hier den Zweifel, ob dasselbe nicht besser ausser rhythmischer Continuität gesetzt, oder als di- meter ionicus catalectus gefasst würde.

Eur. Hec. 629—37 = 638—46. Stasimon.

/\ w

Efxoi Xorlv OV/.l<pOQCCV, ^ I

if.wl xq^v Ttrjfxovav yeveo&ai, w i

'löcciccv bze ttqiotov vlav

l4Xe^avÖQog eiXazivav 5 era(AE&\ aliov eti' olö^a vavozoXrjOcov cEXivag ETti layaoa, rdv naXliGTav 6 xQtaocparjg Z^liog avyaCEi.

Dass die Strophe aus 3 Perioden besteht und dass an dem Ende des 2. und 4. Verses mit dem starken spondeischen Periodenschluss zugleich eine Pause verbunden ist, passt gut zur Sache. Auch die antispastische Form des 1. Doppelfusses in V. 4 nach einem überschüssigen Ditrochäus steht mit unserer Lehre gut in Einklang; vgl. S. 19. Aber unsere Berechnungen werden in bedenklicher Weise dadurch gestört , dass in der Antistrophe die Verse 4 und 5 , welche nach unserer Analyse auf das engste zusammenhängen, durch einen Hiatus von einander getrennt werden:

xccxöv 2i/uovvrldi ycjc

oXe&qiov ejxoXe ov[.icpoQa t? ctrt aXXtov.

Ich weiss mir hier nicht anders zu helfen, als indem ich zur Annahme eines illegitimen Hiatus meine Zuflucht nehme; siehe oben S. 41.

65

10.

Eur. Hec. 444—54 = 455 65. Stasimon.

av qa novxiag ccvqcc, ~

aze 7tovT07iOQOvg xofxiKeig w -

-9-odg dy.drovg £jt' oldfxa XL[.ivag, w w not /.iE tccv fiskeav TtoQEVösig; x 5 Ty dovXoovvog Ttqog olxov Y.Trj&eio' dcplBofxai; 7j ztcjQiöog oqiiov mag rj WO-iddog, ev&a \xov\ y.aXXi- otcüv iddrcov nariqa 10 (paoiv^47tLdavdv7tediaXi7taivEiv. w «-

Durch Annahme einer im Satzbau und im Rhythmus begründeten Pause in V. 4 haben wir den Uebergang von Glykoneen zu Jonikern zu begründen gesucht. Zweifeln kann man, ob man in V. 8 mit Porson den Artikel xov vor xaXktaruyv streichen, oder in der Antistrophe xovyaiaiv statt xovquls lesen soll. Ich habe das erstere aus leicht einleuchtenden rhythmischen Gründen vorgezogen.

Ueber die Messung der Tripodie v. 9 sehe man den allgemeinen Theil S. 32. Ich habe mich hier dazu verstanden, die scheinbare Tripodie durch rhythmische Mittel zu einer Tetrapodie zu er- gänzen, weil am Schlüsse des vorletzten Kolon sich häufig eine grössere Pause findet; man kann aber auch mit mindestens gleich gutem Eecht die Continuität des Rhythmus vor dem Schlussvers unter- brochen sein lassen und dann die Tripodie einfach durch den Gebrauch der Tripodien am Schlüsse der Perioden erklären.

11.

Eur. Med. 846—55 = 856—65. Stasimon.

ncog ovv ieqcov 7to%a\.itov | **■ ~ —-

■>\ >-\ t\ >i

r[ Ttokig r\ qpiXiov w w

7t6f.iTtii.iog as xcoqa l w w w

TUV TtCLldoXbTElQCtV E^El, I w w w

5 tülv ov% oaiav jugr' dXXtov ; \ —— *- "•- oxtipai rexEiüv TtXaydv, | »- *■« ~

OXElpOU (fOVOV OlOV CUQSl. | ' -'

(irj, Ttqdg yovccTtov ge rtavTtog \ ~ ^ Ttdvtrj a' IxETevofxev, 10 teuvo. qpovEVOyg. Hier hängt rhythmisch das 1. Kolon mit dem 2. und das vorletzte mit dem letzten zusammen; nur bei dieser Annahme, welcher ich in dem Schema Ausdruck gegeben habe, lässt sich mit der Takt- continuität durchdringen; doch lässt sich auch hier an der zweiten Stelle an eine rhythmische Abson- derung des Schlussverses denken. Leere Zeiten habe ich bei dieser Strophe nicht angedeutet, aber wenn das Satzgefüge oder die menschliche Stimme solche erheischte, so war für dieselbe an mehreren

Stellen Raum vorhanden ; denn mit dem Doppelfuss ' w w in v. 1 und 9 Hess sich auch das Zeit-

mass ^ ~~ "" w vertauschen, und die Füsse in v. 3—8 Hessen sich auf verschiedene Weisen,

durch ' ~ so gut wie durch ^ /x ~ rhythmisch wiedergeben; ich habe nur nicht gewagt das

Leimmazeichen am Schlüsse des 3. und 7. Kolon zu setzen, weil die Interpunction in der Strophe und Antistrophe zu wenig zusammenstimmt.

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth. 9

66

12.

Eur. Heracl. 892-900 = 901—9. Stasiraon. €f.wl yogog /uev r^dvg, et Xlysia Xioxov yccQig elvi öaixl, rodelet d' Evyagig l4cfQodixa, xeqivvov dt tl Kai cpiXtov aef 5 Evxvylav löea&ai

xtov rcaqog ov doxovvxcov. TtoXXa ydq xlkxei

MolQCC TEÄ£GOld(i)tElQ'

aitov xe xqovov Ttalg. ibid. v. 910—18 = 919—27:

EGXLV €V OVQCCVü) ßeßaxioQ

&Eiog yovog, co ysQcud '

cpsvyco Xoyov tag xov Z4iöa

dof.wv '/.axtßa nvqog

ösiva cfXoyi acoiia dcuo&Eig '

c'Hßag r1 EQazdv ygöiZsi

Xiyog XQvaeav xar' avXav'

co 'Y/nevaiE, diooovg

Ttaidag diog rfeicooag. Gegen die Richtigkeit der Analyse des zweiten Strophenpaares wird, Continuität des Rhythmus vorausgesetzt, kaum ein begründeter Zweifel erhoben werden können. Denn dass die Messung von H. Schmidt Kunstf. III 181, der unter anderem das erste Kolon mit

wiedergibt, wiewohl dasselbe in Strophe und Antistrophe auf zwei gewichtvolle , kräftig austönende Längen schliesst, das Richtige nicht trifft, werden mir vorurteilslose Beurtheiler leicht zugeben.

Mit dem ersten Strophenpaare aber wüsste ich nichts anzufangen, wenn man den überlieferten Text

Xcoxov yccQig svl dal el'jy <$' Evyaqig ^äcpQodlxa der Analyse zu Grunde legen müsste. Aber alle Schwierigkeiten heben sich, wenn man die wahrhaft ingeniöse Conjectur Madvigs Adv. crit. I. 109 annimmt, wie ich oben im Texte gethan habe. In der Antistrophe ist dann xov <$' ttcpha&ui statt xov <5' {t<peX£o&ca zu schreiben.

Indess muss ich doch zugeben, dass eine Zerlegung der beiden Strophenpaare ohne Annahme emmetrischer Pausen und ohne strenge Durchführung der dipodischen Messung einfacher und anspre- chender ist. Namentlich gestehe ich selbst, dass mir die Absonderung des 1. Pusses im 2. Strophen- paare wenig wahrscheinlich dünken will.

13.

Eur. Iph. Aul. 164—84 = 185—205. Parodos.

elioXov dfiqji ?zaQa/.xiav w- w w I w I

ipa/xafrov ^ivXiöog ivaXlag, ~w *■' ~ w I ww w I EvQirtov did ysv(.iaxtov

67

'/.aXaaoa gtevo/ioq^/xcov,

5 XaXxida itöXiv i/.idv TtQolinova' r - rw

dyyidXiov vöariov ZQoepöv —^

Tag xXeivag ^Qed-ovaag, —y

^Ayaiiov Gxqazidv log "/.azidolfiav w| ~

dyavcov re rcXdxag vavoutoqovg 17- w| «-

10 i-il&Üüv, ovg STciTqoiav iXazaig yiXiovavGiv -^| ~

tov ^avd-ov MeveXaov ~

atlbTEQOl JTOGEig —- >-'

Evtrtovo' L4ya/.U[xvova t' svnaTQidav **. |— -- -,

GrsXXeiv ettI xav cE?Jvav cm' |— w w

15 EvQiota dovaY.OTQuqjov,

Haqig 6 ßovv,6Xog av e'Xaße, ww w _w

dtüQOv rag l4qjQ0Öitag, «-

oV €tt2 XQrjvalaioi öqoooig ww w _

"Hqcc üaXXdöi t' I'gw Icuv -

20 [lOQcpag d Kvjtqig soyev. -

In dieser Strophe geht der Dichter von Glykoneen (v. 1—7) zu Jonikern (v. 8 10) üher und kehrt von den Jonikern wieder zu Glykoneen (v. 11 19) zurück. Diese Partien sind aber nicht schroff von einander geschieden , sondern vermittelst gefälliger Uebergänge gewisser Massen in einander ge- schoben. Es drückt sich dieses in dem Texte aus, indem namentlich am Schlüsse von V. 10 jeder Satzeinschnitt fehlt; es hat dieses aber auch in dem Khythmus seinen Ausdruck gefunden, indem der letzte Takt des 1. Abschnittes V. 7 durch die Anakrusis des folgenden seine Ergänzung erhält, wenn man hier es nicht vorzieht, die beiden Perioden durch eine längere, 5 Zeiten füllende Pause von ein- ander zu scheiden.

Der erste glykoneische Theil der Strophe zerfällt wieder in 2 durch katalektische Pherekrateen bestimmt begränzte Perioden; in den zweiten ist durch Vermittlung einer Tripodie ein anapästisches Element eingeschoben, das sich sonst nicht mit Glykoneen zu verbinden pflegt, in dieser Strophe aber, die durch häufigen Rhythmenwechsel charakterisirt ist, nichts auffälliges hat. Man könnte nun diese Anapäste, sowie die vorausgehenden Joniker v. 8 10 unter Annahme einer vollständigen fieraßoXt] QvS-fiov von den übrigen Versen absondern und für sich messen wollen (vgl. S. 53); aber da sich die- selben doch leicht durch einfache rhythmische Mittel mit den umgebenden Versen verknüpfen lassen, so habe ich es um so mehr vorgezogen die Continuität des Rhythmus in der ganzen Strophe durch- zuführen, als dieselbe einen Theil des Einzugsliedes bildet.

14.

Eur. Bacch. 120—34 = 105—19. Parodos.

co &aXd(.iEV[ia Kov^q- w ^ -

xlov ^d&Eol te KQijvag w w -

zlioyEvitOQEg evavXoi, w I ww w -"-

ev&a TQixoqv&sg dvTQOig —— w v-"-

5 ßvQOozovov xvx.Xcof.ia w w - rode (.toi KoqvßavTeg tjvqov. w w I —' ^ -

dvd de ßd'/.yia gvvtovcij ~~ y -

w _|

9*

68

xtqaoav äövßoa 0Qvyiiov ^^ *? *-- 1 «- *> .-

avXwv TcveviiaTL fxavQog %e lPlag slg w -| -

10 X6?a ^^«^ wivtcov EvaOfictoi Baxyav. -«| - w l - w

7ictQo. de fxaivofievoi ^cctvqoi «-"- ^ |

(.lari-QOg e^avvaavro &eäg - | « - >-

£tg (Je yoQEVfxara < - - 1 7^

ovvrjipav TQiEzrjQidtov, ~ w | _ w i_

15 atg ycciQEi diovvoog. w w | >-

Weder der Text noch die metrische Analyse der Strophe unterliegt einer erheblichen Schwierig- keit. Zweifeln kann man nur, ob ich mit Recht die einzeln stehende Tripodie v. 13 durch Annahme einer leeren Zeit entfernt habe. Ausserdem würde die Möglichkeit des Uebergangs von Choriamben

zu Jonikern noch besser in die Augen gesprungen sein, wenn ich den Jonicus statt mit w w mit

seinem rhythmischen Werthe ' w "" bezeichnet hätte.

In den beiden ersten Perioden v. 1 3 und v. 4 6 ist hier im Unterschiede von dem sonstigen Brauch das Schlusskolon nicht durch eine Pause von dem vorletzten Gliede getrennt, sondern im Ge- gentheil mit demselben enge dadurch verknüpft, dass die erste Sylbe desselben noch zur Ausfüllung des Schlusstaktes des vorletzten Kolon verwendet ist. Etwas Aehnliches haben wir oben im allge- meinen Theil S. 54 bei dem Abschluss eines daktylischen Systems durch einen jambischen Epodus kennen gelernt. Es kam eben in erster Linie nur darauf an, durch die abweichende Form der Clausula den Abschlus yaafxmq) der Periode anzudeuten; das konnte aber ebenso gut durch Ausrücken, wie Einrücken geschehen.

15.

Eur. Suppl. 42—47 = 48—53. Parodos. r/.ETEVcü oe, yeQccia,

yEQccQcov £/. GTOiiariov nqog yovv rclmovaa xo gov, an 6 f.101 texvcc Xvaai q>&if.izvtov ve'/.vcov, ot "ActTaXeinovoi /neXt] 5 öaväraj Xvol^ieXeX, &rjQoiv oqeIoioi ßoQav.

w w I ^ -*| w w |U /X

W W, w w| w w,^_^

In diesem einfachen jonischen Liede liegt die Continuität des Rhythmus so auf platter Hand, dass sie keines weiteren Commentars bedarf. Die Pausen haben in demselben mehr rhythmische als logische Bedeutung ; das heisst sie kennzeichnen weniger die Marksteine des Satzbaues , als sie der Stimme des Sängers in angemessenen Zwischenräumen Zeit zum Ausruhen geben ; nur an dem Schlüsse der ersten Periode fällt die leere Zeit in Strophe und Antistrophe mit der Satzinterpunction zusammen"

In dem 3. Vers sind einmal die 2 Längen des Jonicus durch eine fxaxgd rstQuarifxos vertreten ; siehe darüber oben S. 15.

16. Aesch. Prom. 128—35 = 144—51. Parodos.

prjdiv cpoßt]&ijg ' w I

cpiXia yctQ ads rd^ig t* ~ | - - I

69

TtTEQvycov &oa7g a(.dllctiQ •* w | w <-•

7rgooißa rovöe itdyov TtavQcpag w w | w w

5 (.ioyig Ttaqeinovoa cpQtvag ' _ w

XQaiTivocpoQOt. dt ^' ETcefAipav avqai. /s w w

xr^TTOü ya(> a/w yaXvßog difj^ev ccvtqcov ~ w | w

f-ivyov, sk d' Mnhrfei (.tov %av ~_^~|-^^_w|__

&E(XEQwn iv aldio' 10 av&rjv (5' a7T6dfAog o#w titeqcüto).

Ich habe in dem metrischen Schema gleich den 5. und 6. Vers zusammengefasst, weil sonst die zusammengehörigen Theile des Doppeltaktes zu sehr auseinander gerissen worden wären. Nach der verschiedenen Interpunction in Strophe und Antistrophe zu schliessen hatte vielleicht jener mittlere Fuss in der Strophe den Werth von ^ ~~ w """, in der Antistrophe von "- ** w ; doch das sind unbedeutende Subtilitäten , welche an der Hauptsache, der Continuität des Rhythmus nichts ändern. Die Strophe besteht aus zwei Haupttheilen, v. 1 6 u. 7 10, welche möglicher Weise auch von zwei verschiedenen Reihen (£vya) des Halbchors vorgetragen wurden (siehe meine Abhandlung von der Theilung des Chors S. 68). Dieselben sind mindestens durch eine leere Zeit, vielleicht aber ausserdem noch durch eine Pause von 6 einen ganzen Takt ausfüllenden Zeiten von einander getrennt. Ueber die vorn verstümmelte Form des 1. Fusses in V. 1. 5. 7. 10 siehe oben S. 19.

17.

Eur. ßacch. 370—85 = 386—401. Stasimon.

ooia noxva dstuv, w

oola J' et xarä yav w

XQvaeccv niiqvya cftQEtg, w

rads IIev&iiüq äiEig ; *-

5 a'i'eig oiy oaiav w

vßqiv Eig rov Bqofiiov, -

rov ^Ef.ttXag tov TtctQa. xaXXiOTEcpdvoig

EvcpQoavvaig dalfiova 7vqojtov /.ictxaQtov ;

ho zdd'1 eyst,

SlCtöEVElV te yoQolg, w

10 /uETa r' ccvXov yslctoai, -

cmoTzavGai te (XEQi(.ivag,

bnöxav ßorQvog eX&rj «*

ycxvog sv öairl &£tov, -

xiooocpoQoig ö"1 iv &aXiaig 15 dvdqäoL /.QarrJQ ittvov ofxcfißaXkrj.

Die richtige Analyse unserer Strophe hängt von der Erkenntniss ab, dass dieselbe aus 4 Theilen (v. 1—6, 7-8, 9 13, 14—15) besteht, welche von einander durch den Umschlag des Metrums, vom jonischen zum choriambischen und vom choriambischen zum jonischen getrennt sind. Diese Architek- tonik des Liedes hat in der überlieferten Kolometrie ihren Ausdruck gefunden und wurde auch von Dindorf Metra p. 264 sq. anerkannt; für sie spricht ausser der metrischen Form auch noch die Satz- bildung, indem gleichmässig in Strophe und Antistrophe mit dem Taktwechsel auch ein Sinneinschnitt

_ <-> W

1_ /\

_ w W

l_ /\

w ,_ w

i /s

_ - w

L_ /\

_ W W

u- /\

i. w„>-

'— 7\

1

w w _

_ w -_

-

--- *■<

w w _

7s

_ w w

*_ /\

_ W w

1 /\

_ w w

_ w V-

w w

■— ' 7\

1

w w _

_ w w

-

w w _

_ w W

<-

- -1

70

oder eine Interpunction zusammentrifft. Trotzdem haben gerade Metriker in unserer Zeit, Westphal- Eossbach Metr. III1 320 und Schmidt Kunstf. III 52 jenes einfache Verhältniss verkannt, und die Kola 6 u. 7 sowie 13 u. 14 zu einem zusammenhängenden, durch keine Pause unterbrochenen Verse vereinigt. Zweifeln kann man nur, ob der Uebergang von einem Metrum zum anderen durch leere Zeiten vermittelt worden sei; siehe darüber oben S. 53 ff.

18.

Soph. El. 1058-69 = 1070-81. Stasimon. tl tovg avto&ev (pQOvif-tcordxovg OltüVOVQ w w ioooa)/.i£voL XQOopag xjj- - -

dof-dvovg, ay? cor xs ßldaxco- - *-'

aiv a<jp' wv t' ovaoiv evqco- ~ ^

5 Gl, lad'' ovy. ht1 Xaag teIov^ev; *-

all'' ov xdv zfiög dox^arcdv xal xdv ovQccviav Qtpiv Öccqov ovx cc7t6vr]TOi. w ySov'ia ßgoxotoi ®d(Aa, 10 xaxd [xoi ßoccoov olyixqdv OTta xdlg IWg#' LdxQEidaig dyoQEvxa ojsqovg'' ovelörj.

Unsere Strophe besteht aus 3 durch verschiedenen metrischen Charakter deutlich von einander gesonderten Perioden : die ersten 5 Kola haben jonischen Khythmus, die drei folgenden glykoneischen, die letzten 4 wieder jonischen. Nur dadurch, dass man die Wortschlüsse oder Cäsuren, die namentlich in dem 3. Theil der Strophe durch die Uebereinstimmung in Strophe und Antistrophe von unabweis- barer Bedeutung sind, ganz vernachlässigte, nat man sich verleiten lassen auch die jonischen Theile der Strophe in die Zwangsjacke des glykoneischen Rhythmus zu spannen. Es genügt die letzten 4 Kola der Strophe und Antistrophe nach der gewöhnlichen Abtheilung neben einander zu stellen, um die Unrichtigkeit der vulgären Kolometrie einzusehen

w y&ovia ßgotölai &a- ovxe xi xov ■d-avelv nqoinq-

/ua, %axd [xol ßoaoov ob/.- di^g %6 xe f.nij ßteixEiv sxoi-

tqccv OTta xolg eveq^ L4xqel- fxa ötövfxav zXovo' 'Eqi-

daig, dyoQEVxa cptQOva^ ovEidiq. vvv . zig av Evnaxqig wöe ß'Aaoxoi;

In dem ersten Theile stimmen zwar nur in der Antistrophe die Cäsuren mit unserer Abtheilung, doch ist auch da der jonische Charakter unverkennbar. Aus der Erkenntniss der 3 Abschnitte ergibt sich dann von selbst die Grösse der Pausen. M. Schmidt Soph. Chorges. 40, der in der Hauptsache hier mit uns übereinstimmt, hat nur zu kühne und unerwiesene Messungen seiner Zergliederung zu Grunde gelegt.

19.

Arist. Nub. 804—13 = 700—6. Monodie des Chorführers.

oq' ala&cvEi TtlELOxa dt1 17- I w ■- [— w w

(xäg dyd& avxiy' h^cov /x ~ ~ w I -

(.lövag Üeiov; wg

71

iTOif.iog od' eoriv dnavta dqav, | w ^a. »- | *■' —, | w w | w_#«v| 5 off' aV '/.eleuflg. - -' | ~ |-ww_w|_w_=|_.^j

(Tü <T «vd(iog ey.7ierchjyfj.ivov *- <■* w I '— I

xcu cpccvEQtog enrjQfievov yvovg aitoXaipeig o xi tzXüoxov dvvaoai Tayjcog ' q)iXel ydq n wg rd tol-

10 öüt' Ir^or TQcmtö&ai .

Von den Gliedern der Strophe hängt das 1. mit dem 2., das 6. mit dem 7. und das 9. mit dem 10. eng zusammen, wesshalb dieselben die neueren Herausgeber, sowie auch H. Schmidt, Kunstf.

11 225 in je einen Vers vereinigt haben. Rhythmisch ist aber nach unserer Analyse auch noch dem 2. Kolon das 3., dem 8. das 9. und dem 4. das 5. verbunden, indem jedesmal der Schlusstakt durch den Anfang des folgenden Verses seine Vervollständigung erhält. Auffallen könnte nur der Mangel einer Pause nach dem 1. Vers oder dem 2. Kolon, sowie nach dem 5. Vers oder dem 8. Kola. Aber an der ersten Stelle wird die Pause ersetzt durch die gedehnte Dauer der vorletzten Länge, wobei man sich erinnern möge, dass in den Hymnen des Mesomedes die Dreizeitigkeit einer Sylbe geradezu durch Hinzufügung eines Leimmazeichens ausgedrückt wurde (vgl. Metrik S. 39) ; an der zweiten Stelle schliesst aber nicht blos mit dem Vers nicht der Satz, sondern dient auch der rasche pausenlose Vor- trag der Worte divuam ra/ecus zur rhythmischen Ausmalung des in den Worten liegenden Sinnes.

20.

Aesch. Agam. 750—62 = 737—49. Stasimon.

TTaXaLyarog d' ev ßQOTÖlg ytqiov Xoyog TtrvxTca, fAtyav TeXeo&evTct cpcoTog oXßov Tey.vovofrai fxrjd1 änaida &viqov.£iv, iv. ö' dya&ag zvyag yivei 5 ßXaardveiv d'/.OQeavov olCvv.

diyct <5' aXXtov f.iovog)Qcov eifii ' ro övooeßig ydq eqyov j-ietcc {.isv TiXeiova tiktei, 0(peTeQcc <J' eIxotcc yivvq. oiY.tov (T ccq'' ev&vdixiov y.aXXlrtaig novf,iog asi.

- wl

In dieser Strophe findet ein Wechsel des Rhythmus innerhalb des sechszeitigen Rhythmus statt. Die 5 ersten Verse bewegen sich im jambisch-trochäischen Takte; die 2 grossen Verse 6 und 7 haben jonischen Rhythmus, die 2 letzten Kola gehören der choriambisch-glykoneischen Versgattung an. Die drei Rhythmen sind mit einander verwandt, und bleibt es nur zweifelhaft, ob man einen förmlichen Taktwechsel annehmen und die einzelnen Perioden alsdann für sich skandiren soll, oder ob es vorzu- ziehen sei trotz des theilweisen Taktwechsels durch Pausen die Verbindung zwischen den einzelnen Theilen der Strophe herzustellen.

72

Entgegen der von Dindorf, Metra p. 39, Westphal Metrik II 532, Schmidt Kunstf. I 172 ge- troffenen Anordnung habe ich im Eingang der Strophe titvzxca noch in den ersten Vers hineingezogen, was sich durch den Satzhau tund die Analogie der übrigen auf einen Spondeus ausgehenden Verse empfiehlt.

._< _ /\

21.

Arist. Equ. 1264—73 = 1290—99. Oden der Parabase.

TL "/.CtXXlOV aQ%0(AtVOlOlV

r\ '/.a.%a.7tavo\.dvoioiv 7} d-oäv %7t7icov sXarrßag deldeiv, prjdev ig yivoioxQaTOv, 5 [trjde Qovf-iavriv tov dvioxtov av hmeiv exovar] xaqdia; •Aal yaQ ovzog, co gp/A' y^4itolXov, äei Tteivfj, d-aleQOig daxQvoioiv \

aag artzo/uevog (paqezQag \

10 Ilv&idvi iv diy xaxwg nevsa&ai. ^ |

Die?e3 Lied, eine Nachahmung eines pindarischen Prosodion, ist desshalb für unsere Frage von besonderem Interesse, weil es zeigt, dass auch Daktylo-Epitriten sich in den sechszeitigen Doppeltakt fügen lassen. Doch ist daraus noch keineswegs der Schluss zu ziehen, dass die gleiche Messung bei allen daktylo-epitriti sehen Strophen anzuwenden sei. Vielmehr scheint Aristophanes die alten in wech- selnden Dipodien und Tripodien sich bewegenden Daktylo-Epitriten so umgeformt zu haben, dass auch sie mit der neuen herrschenden Form in Einklang kamen. Das 3. und 4., das 5. und 6., das 7. und 8., endlich das 9. und 10. Kolon unserer Strophe hängen enger zusammen und finden sich in den meisten neueren Ausgaben in je eine Zeile zusammengeschrieben. Ich habe es vorgezogen die kleineren Kola beizubehalten, weil sich so der Uebergang der alten grossartig angelegten Daktylo-Epitriten in die neuere elegantere Liedform besser veranschaulichen Hess. Im Uebrigen stimmt meine Messung, von der Einführung der Doppelfüsse abgesehen, fast ganz mit der von Rossbach-Westphal, Metrik II2 688 über ein.

Busiris und Osymandyas.

Von

Prof. Dr. Lauth.

Abb. d. I Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth.

10

Busiris und Osymandyas.

Von

Prof. Dr. Lauth.

Die Ueberlieferung ägyptischer Königsnamen in graecisirter Form bei Manetho und den Classikern mit den Angaben der Denkmäler und Urkunden zu vergleichen, ist ein zu natürliches Bestreben, als dass es sich nicht schon bei dem Entdecker des Hieroglyphenalphabets: Cham- pollion-le-Jeune, bethätigt hätte. Wie seine Entdeckung in erster Linie auf der Vergleichung der Namen Ptolemaios und Kleopatra des Philen- ser Obelisken beruhte, so drang er allmälig bis zu den Benennungen der einheimischen Pharaonen aufwärts und gelangte so frühzeitig zu der wichtigen Constatirung der Könige Amosis, Amenophis, Thutmosis und Ramesses, wie sie Manethös Auszügler darbieten, auf den Monumenten selbst. Ward er auch in chronologischer Beziehung durch ein falsches System seines Bruders Champollion-Figeac auf Abwege geleitet, so ist dieses mangelhafte System zum Glücke nicht sehr von der Wahrheit entfernt und andererseits behaupten seine grossartigen Untersuchungen, wie er sie vom Turiner Museum aus in seinen lettres au Duc de Blacas niederlegte, namentlich für die Ramessiden der XIX. Dynastie jetzt noch ihre Richtigkeit, wenn auch einzelne Fehlgriffe mitunterliefen. Seine Nachfolger suchten die Lücken der Beweisführung zu ergänzen, bisher nicht mit so durchschlagendem Erfolge, dass eine erneute Prüfung des Gegen- standes J) überflüssig erscheinen könnte, besonders wenn ausser den acht manethonischen Quellen auch die abgeleiteten Auszüge und Notizen berücksichtigt werden.

1) Vergl. hierüber den Excurs am Ende dieser Abhandlung.

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Zu den letzteren gehört Diodor, der im Allgemeinen dem Herodot folgt, aber insbesondere das Werk des Hekataeus von Abdera ausschreibt, wie er selbst I 46 andeutet. Nachdem ich bei anderen Gelegenheiten die Namen Moeris, Asychis, Sesostris und andere auf historische oder chronologische Persönlichkeiten gedeutet habe, sollen uns die bei ihm in den Kapiteln 45 50 vorkommenden Könige Busiris und Osyman- dyas diesmal ausschliesslich beschäftigen. Sie versetzen uns, da ich ihre Identität mit Sethosis I und Ramesses II. Sesostris erhärten werde, in die Blüthezeit des ägyptischen Reiches.

Hiegegen erhebt sich gleich im Anfange ein bedeutendes Hinder- niss, indem Eratosthenes, der Nachfolger des Manetho an der Alexan- drinischen Bibliothek, die absolut scheinende Verneinung mit ov fxa Jia ausgesprochen hat2): „Niemals, beim Zeus, hat es einen solchen Ty- rannen Busiris gegeben, ja nicht einmal einen König dieses Namens ." Sieht man indess etwas näher zu, so verliert dieser Einwurf alles Ge- wicht. Was nämlich den ersten Theil betrifft, dass es niemals einen solchen Tyrannen Busiris gegeben habe, so bringt schon Diodor I 88 eine genügende Erklärung bei, indem er wörtlich sagt: „Die mit dem Typhon gleichfarbigen Menschen sollen vor Alters von den Königen bei dem Grabe des Osiris geopfert worden sein; nun aber seien unter den Aegyptern wenige Leute rothhaarig, unter den Fremden aber die Mehrzahl: desshalb habe die Fabel über die Fremdentödtung des Bu- siris bei den Hellenen Geltung erlangt. Dies ist aber nicht ein Bu- siris genannter König, sondern die Benennung eines Osiris grabes in einheimischer Sprache". Dass er dessungeachtet IV 18 den Busiris durch Herakles tödten lässt, gehört zu den Unachtsamkeiten dieses Schriftstellers, der ja auch die Gleichheit von Osymandyas und Sesoosis nirgends ahnt, so nahe sie ihm auch liegen musste.

Wir sind gegenwärtig im Stande, den Ursprung des Namens Busiris aus einer so lautirten Localität ausgiebig nachzuweisen. Eine Menge von Städten, die sich ja naturgemäss stets um Tempel ansiedelten, führte

die Benennung cf] r|J) Pe-Osiri „Haus des Osiris", besonders die 16

2) Bei Strabo XVII, 1.

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Oertlichkeiten, wohin man die Bestattung der 16 Körpertheile des von Typhon verstümmelten Osiris verlegte. Desshalb trifft man noch auf der heutigen Landkarte Aegyptens mehrere Abusir. Die Tödtung der Fremden anlangend, so wird sie von keinem Geringeren als Manetho selbst behauptet, wie Porphyrius (de abstin. p. 199 R) mit den Worten berichtet : Kartlvotv iv cHllov nokti rfjg Alyimrov rbv rfjg ävd-QwnozToviag vouovA/Liwoig, atg juaQTvytl Mavt&vjg iv reo Tityl aQ%a'Cö jjiov zal tvatßtlag. 3E&vovto dt Tfi c'H()q xal tdo/d/aä^ovro xaS-cmtQ ol 'Qrjrovjiitvoi zad-ayol iioö/oi aal övöcpyayi'Qoutvof i&vovro dt rfjg fjtutyag ryug, avS-* wv XTjoi- i'ovg txtltvotv 6 'Auwoig rovg Xöovg änoTt&tü&ai. Das Nämliche findet sich bei Plutarch (de Is. Osir. c. 73) angegeben: *Ev EUi&vlag nolti 'Qüvtag av&Qi'novg aaxtnian^aGav , wg Mavt&wg laroQrjxt, Tvipcuviovg zalovvTtg xal rrjv rtip^av avTiöv hxtuuvrtg TjtpaviEpv xal diionti^ov .... iv ralg zvvaoiv fj/iitQaig. Die ehemaligen Opferungen solcher rothhaarigen Ausländer be- zeugt auch noch das bei den Opferthieren gebräuchliche Siegel: ein ge- fesselter und in die Kniee gesunkener Mensch, dem ein Messer an der Kehle sitzt. Die Hera ist nichts anderes als die Eilithyia von Klkab

früher ±ö J|Q Enchab genannt und in dem koptischen Worte eXiiwfe, eX^coJfe noctua ardea erhalten, obgleich der Vogel, welcher sie sym- bolisirt, mehr dem Geier ähnelt.

Ist hiemit der locale Ursprung des Namens Busiris erwiesen und damit zugleich des Eratosthenes Verneinung des Tyrannen Busiris ge- rechtfertigt, so übrigt noch die Erledigung seiner zweiten Negation, dass es überhaupt keinen König dieses Namens gegeben habe. Dem Anscheine nach hat er hierin ebenfalls Recht, da in der langen Liste Manetho's keine Nummer dieses Nomen proprium aufweist und das Pro- totyp des Herodotischen HavoiQig zur Zeit der ersten Perserherrschaft noch nicht vorliegt. Allein ebensogewiss ist, dass der Legendenring des Königs Sethosis I in seinem von Belzoni zuerst entdeckten pracht- vollen Grabe (Biban-el-moluk) regelmässig statt der Lesung Sutechi, woraus durch Metathesis der Vocale Setuchi und dann durch Assibilation ^t&cvoig gebildet ist, die Figur des sitzenden Osiris aufweist. Darum spricht Champollion mit Fug von einem Pharao des Namens Usirei* und fügt man als Präfix den Artikel p dazu, so erhält man P-usiri,

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welches durch Erweichung nach Analogie von Anepu = "Avovßig, end- lich zu ßovoiyig werden rnusste. Die Analogie des Namens fpa/tierwcp am Colosse des Memnon = Amenophis III beweist, dass wirklich der Artikel den Eigennamen vorgesetzt werden konnte. Den eigentlichen Grund für diese exceptionelle Benennung wird uns die weiterhin fol- gende ausführliche Besprechung im chronologischen Theile enthüllen. Für jetzt begnüge man sich mit der Thatsache, das Sethosis I in seinem Grabe den Namen Osiri wirklich führt und daraus ergibt sich mit Nothwendigkeit, dass Eratosthenes mit seiner Läugnung nur gemeint haben kann, es habe kein König während seiner Begierungszeit Busiris geheissen. Man sieht, dass die monumentale Eigentümlichkeit, nach welcher sich die Legende Osiri nur in dem Grabe findet, mit dem grossen Cyrenaeer insoferne übereinstimmt.

Derselbe Eratosthenes bietet aber in seinem sogenannten Laterculus der 38 Thebaeer unter Nr. 34 eine Spur, aus welcher hervorgeht, dass ihm ein nach seinem Tode Busiris oder Osiris genannter König nicht unbekannt gewesen : Qrjßalwv Ad*' sßaollsvos J£iözoöi%e()/Lifjg cH()ax/.ijg y.qaxaiog. Vergleicht man diese Legende mit der entsprechenden der Aus- zügler Manetho's, Africanus und Eusebius: ^socoor yig dg vjzo

tüjv Alyvnxiwv /Liera j'Ooiqiv tiqiutov ro/Luo&fjvai, so ersieht man deut- lich, dass ursprünglich zwei Könige genannt waren, welche sich in der Ordnung Osiris— Sesostris folgten. Dadurch nun, dass Eratosthenes den Helden des Aegypterlandes : Sistosis, (Nebenform zu Sesostris und Se- soosis) mit dem griechischen Herakles identificirte, entstand jene bei Diodor IV 18 stehende Notiz: Mara äs rbr Avraiov dävajov na^löun' elg AVyvmov, avnle (^HyazXrjg) Bovöiqiv xov ßaoikta §€voxtororvvta xovg Tzaysmdrj/LLovvTag. Unter dem Eindrucke, dass Busiris ein grausamer Fremdentödter gewesen und ein passendes Seitenstück zum Antaeus (Sutech-Typhon, dessen Namen ja ohnedies in Sutechi ^a&ajaig steckt) musste sein unmittelbarer Nachfolger Sistosis-Herakles als Rächer des Unrechts auftreten und ihn tödten, während die ursprüngliche Nach- richt nur trocken gemeldet hatte, dass nach dem Tode des von da an Busiris genannten Königs Sethosis I der* ägyptische Herakles: Sistosis zur Herrschaft gelangte.

Man wird nunmehr besser als es bisher möglich gewesen, die enge

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Verbindung begreifen, in welcher die Könige Busiris und Osymandyas bei Diodor I 45 50 aufgeführt sind, vorausgesetzt, dass es uns gelingt, auch die Identität von Osymandyas mit Sesostris zu erweisen. Am Schlüsse werde ich nachweisen , dass die analoge Verbindung dieses BovoiQig mit M.r\väg bei Diodor denselben chronologischen Sinn hat, wie Herodots II 142 Paar M.r\v - 2£e&öjg. Ja, es drängt siqh die Ver- muthung auf, dass die offiziellen Tafeln von Abydos mit Mena bis Sethosis und Sesostris das Vorbild dazu gewesen sind.

Bevor ich diesen Nachweis beibringe, ist noch die Frage zu be- antworten, woher es komme, dass sowohl im Laterculus des Eratosthenes als bei den Auszüglern Manetho's der berühmte Sesostris inmitten der Könige der XII. Dynastie getroffen wird, während die Denkmäler ihn doch entschieden und unwiderleglich in der XIX. Dyn. aufführen. Offen- bar hat nur die Aehnlichkeit der Namen dazu verleitet. Wir wissen

zwar nicht, wie Manetho die monumentale Form (" I^Hl | Vesurtesen

7 V. I I 'vwwv _/|

graecisirt hatte, die in der XII Dyn. dreimal wiederkehrt. Vermuth- lich lautete sie bei ihm Fsoo^rootg oder nach Abwerfung des Rhotacis- mus: FeoTooig. Darauf deutet die Legende unter No 33 des Later- culus : Iß' (ky) eßaotievöe[2€\öT. Id/LLjueyejLtrjg, worin offenbar Vestosis I und Ammenemes II stecken, wie analog in Manetho's li/Lijueyrjg derselben XII. Dyn. die Königsnamen 3A{ij.i£Vs{irig III Mdyrjg enthalten sind. Nun las man bei Herodot von dem berühmtesten Pharao Sesostris, und bei Diodor von dem damit identischen Sesoosis, Grund genug, diese Formen in dem Festosis der XII. Dyn. wiederzuerkennen und Festosis als Variante = Sestosis und Sistosis aufzufassen. Ein weiterer Grund der Vermengung lag in der Bezifferung : Vesurtesen II und III, die in jener Nummer 33 des Laterculus verbunden sind, erscheinen auch bei Mane- tho's Auszüglern amalgamirt und tragen die Ziffer ;/ 3 (dritter) vor sich. Dieselbe Nummer 3 musste der wirkliche Sesostris (Ramesses II.) in der richtigen XIX. Dyn. ursprünglich führen, da ihm sein Vater Sethosis I. (Busiris) und sein Grossvater Ramesses I vorausgegangen waren. Ferner mochte auch die Gleichartigkeit der Kriegsthaten des Vesurtesen III mit denen des Ramesses II Sesostris zu der Ver- wechslung beitragen, da beide in ihren respectiven Dynastieen die Glanz- punkte bilden.

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Endlich ist der Umstand in Betracht zu ziehen, dass der Namens- bestandtheil Vesur sowohl bei jenem Vesurtesen III der XII. Dyn. als bei Ramessu II vorkommt und zwar mit der weiteren Gleichheit, dass ebenmässig der Rhotacismus stehen bleibt oder abfallt. Aus der letz- teren Form f . if'yjl mik Vernachlässigung des Sonnenzeichens Ra und Hinzufügung des ihm schon bei seinen Lebzeiten eignenden Beisatzes 1 1 nuter-aa „der grosse Gott", ohne r:nuti-aa, ist das bisher so räthsel- hafte Compositum 30av-[ia-vdv-a-g endgültig erklärt.

Der Unterschied in der Anwendung dieses Elementes vesu(r) bei

jenen beiden Namen besteht nur darin, dass Vesu(r)tesen der mit «^^

vlbg cHUov eingeleitete Hauptname, V e s u (r) m a dagegen der Thronname ist, den Ramessu zugleich mit seinem Regierungsantritte annahm. Der- selbe ist regelmässig eingeleitet durch ^^s ßaoilevg rdijy re ava) xal

rcov xdtco %u)q6)v und solche Thronnamen werden daher in geschicht- lichen Urkunden wie z. B. in dem Turiner Königspapyrus, welcher die Regierungszeit hinter jedem angibt, fast ausschlüsslich und allein auf- geführt. Manetho bringt solche dagegen nur ausnahmsweise und die Hauptnamen bilden bei ihm die Regel. Diese beiden Namen sind ge- wöhnlich im Siegelringe eingeschlossen (cartouches, Schilder uneigentlich genannt), weil sie zum Siegeln der Acten verwendet wurden. Ausser diesen beiden, die den Schluss des Protocolles bilden, erscheinen noch in der Ordnung von hinten nach vorn: der sogenannte Goldsperbertitel

der Geier-Uraeustitel mit ^^ und die Bannerdevise durch v\

mit Yf und o bezeichnet.

In dem Protocolle des Königs Ptolemaios V. Epiphanes sind diese fünf Namen und Titel der Reihe nach in folgender Weise übersetzt 3) : 1. Bao ikevori :og tov veov xal na^alaß 'vxog rr\v ßaoileiar naga tov TiarQog. 2. Kv qlov ß aa ilei üjv /ueyalodo^ov tov r.r\v Äiyvmov xaraOTr\- öa/uerov xal ra TiQog rovg d-eovg evoeßovg. 3. ' ivx inaliov vn eqt tyov tov tov ßiov tüüv ärß-QcajcuJV ETzavoQfrtooavTog, xvoiov r^iaxovraetTjoiü^wy

3) Ich hebe das unterscheidende Merkmal durch gesperrten Druck hervor.

za&aTzey 6 c'H(paiOTog 6 jLttyag [fieyalov] ßaoiXsuig xa&aTisQ oaHhog (/Lityag versetzt). 4. B aoiXev g xwr xs ävu) xal xcjv xax io %uj qüv , sxyovov &etuv <f>iko7ia.Tot}U)v, ov 6aHcpaiarog edoxi/uaosv, w o'Hfoog edwxev xr\v vixrjv, elxovog 'Cwarjg xov Jiog. 5. Ylov x ov cHllov: IIxoisua.Lov altovoßlov, xov fiycmriiih'ov inb xov <&&ä. Hiezu kommen die Beinamen &eov 'Em- (pavovg, Ev/aQiöTov und die Betitlung seines Standbildes als nxolepaiov xov ma/LivvavTog tfj Alyvnxo), während die zehn Phylakterien um das Pschent (Wyjvx) ausdrücken sollten, ort sorlv rov ßaöileatg rov iriioDavr\ noirjOavTog xr\v xs ävco y.al xr\v xaxco yio^av. Man sieht, wie reichhaltig ein solches Protocoll und wie verschiedene Möglichkeiten es darbot, einen König zu bezeichnen. Desshalb konnte Syncellus p. 117 mit Recht sagen : diüJVVJLioi yäy xal xQ/xorv/uoi noXkayov xwv Alyvnxiwv oi ßaöilstg evyrjrxcu. Es wäre nun sicherlich höchst interessant, das eben zergliederte Namenregister des Ptolemaios V Epiphanes mit den Proto- collen der Könige Sethosis I und Ramesses II zu vergleichen. Da die Denkmäler für diese beiden ebenfalls die Fünfgliedrigkeit aufweisen und wir glücklicherweise in der griechischen Uebersetzung, die Hermapion von einer Obeliskeninschrift gemacht, ein weiteres Analogon besitzen denn dieser Obelisk war von Sethosis I bestellt und darum der Mittelstreifen oxlyog devxeyog auf ihn bezüglich, während sein Sohn Ramesses II den oxlyog nquixog und öx. xqixog auf den 4 Seiten hinzu- fügen und das Denkmal aufstellen Hess so scheint Nichts an dem Vergleichungsmateriale zu fehlen. Allein der Text ist von Ammianus Marcellinus leider! unvollständig überliefert und ausserdem hat das Original selbst nur eine eklektische oder musivartige Mittheilung der beiden Protocolle beliebt.4) Wir können daher diese Quelle nur subsidiär beiziehen, um die in griechischer Formung überlieferten einzelnen Theile des Namenprotocolles von Sethosis I und Ramesses II zu erläutern und zu bekräftigen. Ich bemerke zum Voraus, dass ich in Rücksicht auf den Zweck dieser Abhandlung nur diejenigen Legenden näher erörtere, welche zu den Rubriken 1, 4, 5 gehören, oder als chronologische Bei- namen sich anderwärts aufspüren lassen.

4) Vergl. hierüber meine „Obelisken und Pyramiden". Sitzungsber. 1866. Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth. 1 1

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Chamoas = Chamo i' 8.

In seiner Bannerdevise, die man mit Birch5) vielleicht treffender als Palastmotto bezeichnen dürfte, führt Sethosis I die Legende Q"1wv 1 Cha-m-oas, die ich in meiner vorigen Abhandlung6) dem ho- merischen og hmC Ivl Orjßijg verglichen habe. Die Uebersetzung „Thronend in Theben" ist unanfechtbar und bei den Aegyptologen so ziemlich all- gemein adoptirt. Als neues Element der Forschung geselle ich dazu die Thatsache, dass in der sogenannten Sothisliste (Kanon des Syncellus) unter Nr. 14 ein König Xctaöig mit 14 Jahren erscheint, der noth wen- digerweise mit Sethosis I identificirt werden muss, da er zwischen 'Ayuivofjg (Nr. 13) und Miauovg (Nr. 15) in der Mitte steht, die unbe- stritten den Königen, Hyuatg und 'Paasaafjg Miauovv der Auszügler enti-prechen. Ja, es hat diese Sothisliste in diesem Xauo'i'g allein unter allen Quellen die richtige Stelle des Sethosis I bewahrt ; die übrigen verwischen dieselbe durch Dissographie der Könige 2, 3, 4 der XIX. Dyn. sowie durch Vermengung von Sethosis I und II. Schon die That- sache, dass unser Chamois unmittelbar vor Ramesses-Miamun (Sesostris) steht, würde genügen, die Vergleichung dieses Namens mit Cha-m-oas zu rechtfertigen. Dass nach Sethosis I auch andre Könige z. B. Ra- messes IX., diese Legende in ihrem Protocolle, sogar im Hauptnamen geführt haben, ist oben durch wai1 evi Orfti^ schon angedeutet worden. Uebrigens bieten auch die Byzantiner die Reihenfolge Xau-JLaiOTyig.

Viel directer als dieser homerische Nachklang ist die Uebersetzung eines andern Theiles der Bannerdevise des Königs Sethosis 1 in der Obeliskeninschrift des Hermapion. Die Stelle "Anolliov zqaTtQog \rav()og} 6 tOTOjg eil'' l4lrj&tiag ist doch nichts anderes als die wörtliche Ueber- setzung von ^ (mit t/ und. o) 5fc^ Har-phra, Ka neckt nebst Snü?^7^. welche Gruppen sich darin so finden, zugleich mit %J) j n . welches dem ov "Hliog cpilel entspricht.

Fragt man nach dem Grunde, warum von Sethosis I ausnahmsweise

5) Transactt. of the Soc. f. Bibl. Arch.

6) „Troja's Epoche".

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die in Namensform auftretende Legende Xafiotg überliefert worden ist, so liegt es nahe, an die Bedeutung dieses Namens zu denken, der eine deutliche Hinweisung auf die Stadt Theben enthält. In der That nennt Diodor I 45 zwischen Mtjväg, dem Protomonarchen Mena, der Memphis gegründet, unmittelbar den BovaiQig und bringt ihn mit der Gründung Theben s in Verbindung: <Paol xrlaai %r\v vjxo jiitv Alyvnrimv xaXoviuerr}v J iog-7ioliv ri]p fLißy aXr\v, vno dt tüSv cEllrjvtov (jrjßag, nur dass er einen seiner 8 Nachkommen, deren letzter dem ersten gleichnamig gewesen, damit combinirt. Man hat darin Busiris I und II erkennen wollen ; allein es sind ohne Zweifel Ramses II und III gemeint, die beide Miamun beigenannt wurden.

Denn nachdem er mit Beiziehung der Verse aus der Ilias : ovd' ooa Qr\ßag etc. von der Pracht Thebens gesprochen und die 100 mnöjvag anb Meucpecog äxyi Oijßujv erwähnt hat, fährt er fort: ov {iovov de rovxov tbv ßaöilta (Bovöiqiv) naoeilrupaaev äXlä xal rcov vars^ov äggctVTwv »nolkovg slg rrjv av%r\Giv Tr\g nolewg 7ie(piloTiiirjo&ai. Wirklich blühte unter Se- thosis I die Kunst man denke nur an die Riesenarchitektur des Amontempels in Karnak, an Qurnah und die Prachtsyringe seines Grabes und von seinen Nachfolgern haben Ramses II und III unstreitig am meisten in diesem Sinne geleistet, späterer Könige zu geschweigen.

Ramenma(t). Osymandyas.

Die Legende des Thronringes von Sethosis I: Ramenma(t) mit der wahrscheinlichen Bedeutung Sol munimen veritatis ist trotz ihrer Häufig- keit nicht in die griechische Tradition übergegangen ; auch in der Ueber- setzung des Hermapion ist keine Spur davon anzutreffen. So wie aber auf dem Rücken des Sitzbildes von Bokenchons in der Münchner Glypto- thek Sethosis I und sein Sohn Ramesses II in unmittelbarer Succession auftreten, so begleiten auch bei Hermapion die Legenden des einen die des andern. Und analog mit dem Fehlen der Gruppen Ra-men-ma(t) ist der Thronname des Ramesses II: Ra-vesur-ma(t) = Sol dives veritate nicht anzutreffen, aus welchem mit Hinzunahme von nuti-aa doch un- streitig Diodor' s 3Oovtuavdvag entstanden ist (cf. supra). Dagegen bietet Hermapion dreimal den Satz : ov aHhog nyotxotvev, die wörtliche Wieder-

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gäbe des inschriftlichen &^© sotep-en-Ra, welcher Zusatz als Accessorium des Thronringes zu betrachten ist.

Sethosis- Maiephthas-Busiris.

Der Hauptname Sethosis kehrt unter den Varianten JSe&tog, ^kd-iooig, JSe&otaaog, ^tfrvoijg häufig wieder; alle diese Spielarten erklären sich

durch Voraussetzung der monumentalen Legende Sutech-i £ö (1(1, aber

nicht der allgemein supponirten: SetcHe-; denn in diesem Falle würde Manetho sicherlich die graecisirte Form ^fj&ig gebraucht haben.

Ich habe aber noch einen besondern Grund, Sutechi als ursprüng- liche Lautirung anzusetzen, nämlich die sonderbare Variante, welche sich

hauptsächlich am Tempel von Gurnah statt der Type W so häufig findet.

Es ist eine bisher unerklärte Hieroglyphe (über welche unser Typarium leider! nicht verfügt), vermuthlich ein Schmuckgegenstand und mit der

Phonetik [Ij^J =0= setuch impraegnare gleichlautend. Unwillkürlich muss

man hiedurch auf die Nummer 29 des Eratosthenischen Laterculus ver- fallen : x&' tßaoiXevas [.Se] %ü)(g)[iae(pd-a{g) xoa/nog (pili](paiG%og, die mit der Originallegende Setuch-Ma(r)o-e(n)-phthah vollständig übereinstimmt.7) Es scheint, dass man in der Westregion (Qurnah) den typhonischen Namen Sutech vermeiden wollte.

Im Grabe dagegen wird der Name constant so geschrieben, dass

statt der Figur des typhonischen Gottes Sutech Oj sowohl als des eben

besprochenen Schmuckgegenstandes setuch, die Figur des Osiris in den Namensring eingesetzt wird. Dies ist offenbar der Ursprung des Namens Osiris und Busiris, den Sethosis von seinem Todestage an ge- führt hat. Hiebei ist zu bemerken, dass nicht allenfalls die Figur

tjj oder ihre Variante pvl ausgemeisselt ist, wie so häufig in den Rin- gen des Sethosis II, sondern die Osirisfigur ist ursprünglich darin vor- handen und bildet somit einen wesentlichen Bestandtheil seiner Legende.

7) Der Wechsel des X mit 0 erklärt sich aus der Kreuzung X, welche in der Rundung des letztern oft vorkommt; ein ähnliches Beispiel liegt in Bw/os = Bori&og Butau vor (Dyn. II, 1).

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Auch ist aus diesem Grunde, dass Osiris innerhalb des Ringes steht, nicht an den gewöhnlichen Titel AS\ Osiris zu denken, den alle Verstorbenen ohne Unserschied des Geschlechtes und Ranges führten. Dieser Titel ist gerade im Grabe den Namenlegenden des Königs sehr häufig eben- falls praefigirt und zwar unter der Form: A J\ 1 J^ Co tath dH „der ver- storbene (Osiris gewordene) König Ramenmat". Aber gerade wegen seiner Allgemeinheit konnte dieser Titel Osiris nicht zu einer Art Nomen proprium für Sethosis I werden, weil ihm die unterscheidende Bezeich- nung abgeht und er auch ausserhalb des Ringes steht.

Warum ist denn aber Sethosis I mit dem Namen Osiris oder Bu- siris seit seinem Absterben bedacht worden? Die ausführliche Antwort werde ich im chronologischen Theile bringen; sie gipfelt in dem Nach- weise, dass Sethosis I an einem dritten Tage eines Monates gestorben

ist, der von Alters her /wwvv Aj\ „Tag des Osiris" genannt wurde.

Busiris-Epaphos- Abib-Nemmesu.

Busiris, der Stellvertreter (sjiijusXi]Tr]g) des Osiris und Genosse des Antaios8) (Typhon, wegen des Namens Sutechi!) wird sehr häufig mit dem Epaphos in Verbindung gebracht. Dies kann nicht befremden, da nach Herodotll 153 o St^Airig xara rrjv cEkhjyior yliüaoäv ton ^'Ejiacpog und der Apis (Hapi) bekanntlich eine Incarnation des Osiris Jiovvöog war, welcher desshalb zu Osirhapi 3S2ol^07itg = ^eyamg wurde. Auch Mnaseas hatte nach Plutarch de Is. Osir. c. 37. die Gleichung Osiris- Epaphos: dt Mvaotav toj ^Enacpip nQoon&svra röv J iovvoov xal ihr 'OoiQiv xal rbv ^Et^aniv. Nach Syncellus (pp. 237, 288, 298) heirathete Jo-Isis den Telegonos und gebar den Epaphos. Dessen Enkel Busiris, (Sohn des Poseidon und der Libye, der Tochter des Epaphos) beherrschte als Tyrann die Nilgegenden und opferte die reisenden Fremden.

Diese Sagen und Mythen9) erhalten ihr Verständniss erst, wenn

8) Diodor I, 17.

9) Vergl. hierüber Pott in den Jahrbüchern für classische Philologie. 1859, Supplementband.

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man sich auf den festen Boden der ägyptischen Geschichte begibt» Hier wird sofort ersichtlich, dass dieser Busiris, der Enkel des Epaphos, wieder kein anderer als der historische König Sethosis I ist. Das Enkel-Verhältniss erklärt sich, wenn man einen Augenblick auf das chronologisch - kalendarische Moment seine Aufmerksamkeit richtet. Denn da, wie oben angedeutet ist und weiterhin bewiesen werden wird, dieser Pharao am dritten Monatstage, der „Osiristag" hiess und zwar im Monat Epiphi starb, der urkundlich Apap lautete, so mochte in Rücksicht auf die Epoche des 1. Apap, der König Busiris nicht so uneigentlich ein Enkel des Epaphos genannt werden.

Die heutigen Bewohner Aegyptens haben den koptisch-ägyptischen Kalender und seine Monatsnamen beibehalten. Sie nennen den vorletzten Monat des Jahres Ebib, aus Epiphi, 'EneKpl erweicht und wie diese griechischen Formen aus den urkundlichen Apap, Epap, Epeph ent- sprungen. Hierüber kann durchaus keine Controverse stattfinden.

Mit fast ebenso grosser Zuversicht ziehe ich den einzigen Monats- namen hieher, der im Pentateuch vorkommt. Bekanntlich sind die Mo- natsnamen, deren sich die Juden noch heutzutage bedienen, erst während der babylonischen Gefangenschaft bei ihnen aufgekommen, wogegen die älteren Bücher die Bezeichnung 1., 2, 3. etc., also eine bloss numerirende Reihenfolge gebrauchen. Die einzige Ausnahme bildet der im Exodus XIII 4 angewendete Monatsname Abib und da exceptiones semper strictissimae interpretationis, so muss hier eine Hypothese helfen.

Man wende nicht ein, dass die Uebersetzungen z. B. die der Vul- gata, den Passus so auffassen, als sei in dem Satze „hodie (vos) egre- dimini mense novarum frugum" das Wort ^3$ Abib ein ebraisches sei mit der Bedeutung „Aehren, novae fruges". Denn ähnliche Versuche zu Etymologieen finden sich in der Bibel gar viele, die für den Philo- logen nichts Bindendes haben. Auch lehrt die Analogie des Verfahrens bei den Arabern, dass man in dieser Beziehung stets auf der Hut sein müsse. So z. B. erklären sie den Namen der nubischen Stadt Abu- Simbel als ,, Vater der Aehre", offenbar ungeeignet, da ringsherum Wüsteneien liegen. Die Schreibung Ibsambul, wie man früher aussprach, entbehrt schon dieser Bedeutung und nähert sich der antiken Legende Psampolis, worin natürlich weder von einem ,, Vater", noch von einer

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„Aehre" die Rede ist. Hieroglyphisch lautete der Name u J ^^

Abschek, wegen des facultativen ^z^ vielleicht Prototyp von Wapnolis.

So ist also der Monat A b i b nicht nothwendig der mensis novarum frugum, sondern diese spätere Etymologie muss hinter der Gleichung Abib = Ebib = Epiphi = Apep etc. zurückstehen. Was ist aber damit gewonnen? Ich denke, dass ursprünglich die Signatur des Jahres mit dieser Angabe beabsichtigt war und dass hajjom „diesen Tag" (hodie heute) im Monat Abib ziehet ihr aus", denjenigen notorischen Tag des Epiphi meinte, an welchem damals der Sothis- frühaufgang (der mit ^=g j\ per ausziehen, hervorkommen, bezeichnet wurde), innerhalb des ägyptischen Wandeljahres erfolgte. Nun werden unmittelbar an Vers 4 (Cap. XIII) die Vorschriften über die sieben Tage der ungesäuerten Brode angeschlossen, wohl nur desshalb, weil vom Tage des Exodus an bis zum Schlüsse des Monats Abib gerade sieben Tage liegen. Ist aber der Sothisfrühaufgang demnach am 24. Epiphi intendirt, so entziffert sich daraus für den Exodus die Te- traeteris 1493 1490 vor. Chr. Wie passend sich dieses Ergebniss zu dem im nächsten Abschnitt anderweitig ermittelten Datum des Exodus: 1492 1491 verhält, wird man um so bereitwilliger anerkennen müssen, als dieses Resultat mit rein ägyptischen und ausserbiblischen Mitteln erzielt wird.

Es übrigt noch ein Titel des Sethosis I, der entschieden mit der chronologischen Epoche 1585 v. Chr. zu schaffen hat. Ich meine die

Gruppe |(]i ' y nem-mesu ,,der wieder geborne" oder (wegen des

mit %) wechselnden Determinativs Q) ,,der Neugekrönte". Dieser Titel

erscheint z B in der Beischrift zum Triumphzuge des Sethosis I, der die gefangenen Schasu gefesselt vor sich herführen lässt und zwar mit dem Datum „Jahr 1" also 1585 v. Chr. Was mich bestimmt, diesem Titel eine so grosse Tragweite beizumessen, ist hauptsächlich der Um- stand, dass er sich in gewissen Abständen und gerade bei solchen Pharaonen wiederholt, die auch aus andern Gründen mit chronologischen Epochen der Sothisperiode zusammenhängen. Bis jetzt habe ich dieses nemmesu bei folgenden Königen angetroffen: Antefaa der XI. Dyn.,

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Amenemha I der XII. Dyn., Thutmosis III der XVII. Dyn., Sethosis I der XIX. Dyn., Ramses IX der XX. Dyn. Diese fünf Fälle berechtigen zu der Hoffnung, dass auch noch andere derselben Art sich nach und nach einstellen werden.

Was im Vorstehenden über das Namenprotokoll des Königs Se- thosis I beigebracht worden ist, wird seine endgültige Bestätigung durch die astronomische Darstellung seines prachtvollen Grabes in Biban-el- moluk erhalten. Das Verständniss dieses Denkmals wäre ihdess nicht leicht möglich ohne die innigst damit zusammenhängende astronomische Darstellung des sogenannten Ramesseums, wesshalb sich der nächste Absatz mit dem Hauptnamen und den Beinamen des berühmtesten aller Pharaonen beschäftigen muss.

Ramesses II. S esostris-Miam u n-Amumartaios-Rhapsakes. Der tausendfach wiederholte und darum wohlbekannte Hauptnamens- ring ^*( U~^wfnU^>] RamessU"M(er)iamun ist unbestritten in cPatii£öofjg

Miauovv graecisirt. Was nun den ersten Theil betrifft, so entstand frühzeitig, noch zu Lebzeiten des Königs, daraus eine Art Spitzname, indem man die Bestandtheile etwas veränderte und umsetzte. So findet sich im Papyrus Anastasi l die Legende Sestsu, Sesesu, unter Darius Ra-setetu, aus deren Metathesis Sesustra ^eocjar^ig. ^tGoioaig, ^taroaig entsprangen. Den Anlass zu der Einfügung eines t bot die Participial- form Ramesut (Kambyses) welche der fünfmal bei Hermapion wieder- holten Form cPaiusOT7]g entspricht. Da ich schon mehrere Mal10) diese Varianten besprochen habe, so fasse ich mich in ihrem Betreffe hier um so kürzer, als es mir jetzt hauptsächlich darauf ankommt, die chro- nologische Epoche dieses Königs, den ich als Osymandyas oben schon erhärtet habe, näher zu bestimmen. Ich verweise darum auf die wich- tige Notiz des Tacitus Annal. VI 28: prioresque alites (phoenices) Se- sostride primum, post Amaside dominantibus, dein Ptolemaeo qui ex Macedonibus tertius regnavit, in civitatem cui Heliopolis nomen advo- lavisse. Auf Grund der Theorie des Phönixcyclus und dieser hier an-

10) Vergl. meinen Aufsatz „Sesostris" in der Allg. Zeitung.

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gegebenen Epochenkönige habe ich schon früher den Beginn der Periode unter Ramses II Sesostris auf 1525 v. Chr. festzusetzen vermocht. Die nächstfolgenden Punkte werden sofort darthun, dass die Nachricht des Tacitus einer verlässigen Quelle, wahrscheinlich Manetho selbst enstammt und alle Beachtung verdient.

Ich gehe zu dem Beinamen Mmxjlwvv über. Er ist von Hermapion mit ov ^'AfAuatv ayanä und <V "A/^uiov (piXel richtig übersetzt und man hätte schon in Rücksicht hierauf niemals die Auffassung „amans Am- monem" adoptiren sollen. Der Gottesname Amun behauptet nur gra- phisch wegen des höheren Ansehens die Priorität und in sklavischer Abhängigkeit davon, oder mit willkürlicher Umstellung der Bestandtheile wie in dem Namen Ramestsu zu Sesustra ^wwGTQig treffen wir die participial gebildete Namensform AuovjLiaQTaiog11) bei Eratosthenes unter Nro. 38 seines Laterculus : Orjßalwv Xrj eßaaiXevasv A^iov/^a^TaTog errj '§y . Bunsen bemerkt dazu „Ultimo numero 3913 (annorum mundi) si annos addideris 62, annum habebis mundi 3975, ad quem usque hanc seriem pertinere in iis quae jam sequuntur, docet Syncellus." Ich citire diese Rechnung eines Andern desshalb, damit man nicht glaube, ich hätte dieses spezielle Weltjahr 3975 als Endpunkt der ganzen Reihe willkür- lich zu Gunsten meiner Hypothese erkünstelt. Gegen eine solche Unter- stellung schützt mich schon der Wortlaut des Syncellus p. 276 i) tujv Xrf ßaöiXewv .... evxav&a eXrj&v aQX7) Xr)§aöa elg rovzo t(p yc^oe (3975 ten) rov zoö/liov hei. Zieht man nun dieses Weltjahr von 5500 ab, wie es überall in diesem Laterculus zu geschehen hat, da Christi Geburt in das Weltjahr 5500 seit Jul. Africanus gesetzt wurde, so bleibt 1525 v. Chr. übrig.

Ich fasse dieses Jahr als die Epoche der Phoenixperiode Sesostride dominante, wie oben bereits auf Grund der Notiz des Tacitus erschlossen worden ist ; dass ich mich hiebei auf richtiger Fährte befinde, lehrt jene Regierungsziffer 14 bei dem Namen Miafxovg der Sothisliste, deren ich oben schon Erwähnung gethan habe.

11) Dass 'Afxov&uQTatoc steht, kann uns nicht heirren, da M in der bei Jahrzahlen noch jetzt gebräuchlichen Gestalt (|) unmittelbar auf 0, # hinführte.

Abb. d. I. Cl. d. k. Äk. d. Wiss. XIV. Bd. III. Äbth. 12

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Um diese Partialziffer 14 gehörig würdigen zu können, erinnere man sich, dass Manetho seinem Ramesses-Miamun eine Regierungsdauer von 66 J. 2 Monaten zuschreibt. Die Denkmäler bestätigen diesen An- satz trotz der ungewöhnlichen Länge einer einzigen Herrschaft, indem Mariette auf einem derselben das 67. Jahr entdeckt hat. Ja was noch beweiskräftiger ist, auf einer Stele zu Abydos12) spricht Ramses IV (etwa 200 Jahre später) von dem ,,was gethan Ravesu(r)ma sotepenra (Osyma-) der Grosse Gott (nuti aa v$v a-g) in seiner 67 heit von Jahr." Nimmt man runde 66 Jahre an, ohne die überschüssigen zwei Monate zu berücksichtigen und zieht jene 14 des Miatuovg davon ab, so bleiben 52 Regierungsjahre.

Nun trifft es sich gewiss nicht zufällig, dass in dem Leydener Papyrus I 350 unter dem Datum „Jahr 52, letzter Tag des Monats Mechir", von dem Lieblingsprinzen Chamoas (gleichnamig mit seines Grossvaters Sethosis I Bannerdevise) eine Festlichkeit angemerkt ist, welche in dem Schlusssatze gipfelt: „Anfang des Jahres der Zurück- weichung" ®vv^A fovwwv^w ^s *s^ a^80 urkundlich das Jahr 52 des Ramses II ein Epochenjahr und was liegt näher , als an den Be- ginn der Phoenixperiode zu denken, zumal uns schon anderweitige Spuren auf eben dieses Jahr = 1525 v. Chr. geleitet haben? Die stärkste Bestätigung dieses Resultates wird uns in der absoluten Be- stimmung des Regierungsantrittes von Ramesses II auf 1577 vor Chr. entgegentreten, bezüglich deren ich auf den nächsten Abschnitt einst- weilen verweise.

Es übrigt noch die Erledigung der Namensformen 'Payjazrjg, 'Pauyjrjg, cPsjityjig; denn so ist statt Diodor's cPs/u(pig zu lesen.

Bedenkt man, dass in der oben citirten Legende das Leydener Pa- pyrus zu Ramessu-Meriamun der Titel ? haq Anu „Fürst von On

oder Heliopolis" beigefügt wird, der auch sonst in seinem Hauptringe erscheint, und berücksichtigt man in Hermapion's Uebersetzung den Satz: nlrjQwöag rbv veatv rov <¥>oivizog äya&öjv, der sich nur auf ßaöiltvg

Vi) Pierret in der Revue archeol. 1869, April.

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cPa/u,eöi;r]s beziehen kann, so zerlegt sich cPa(/u,)ipcixrjg ungezwungen in cPatu6ö(ö)r]g-ha,q. Der Name Anu kommt hiebei nicht zur Geltung, wohl aber in dem Thronringe des Ramses III: Meriamun haq-Anu(t), der offenkundig dem cPatuifjivirog Herodot's entspricht. Es haben sich also beide Könige welche Diodor I 45 mit xov Telsvxaiov o^cjvvfiov ovra zip tiqüjtco gemeint hat gewissermassen in die Legende haq Anut getheilt und zwar aus dem Grunde, weil sowohl die Phoenix- periode als die Sothisperiode in Anu-Heliopolis ihren Ursprung gehabt hat; jene von 15.25 ist durch cPa{p)yaxrig (Ramesses II), diese durch 'Pa/Ltipivirog (Ramesses III) repräsentirt, dessen Epoche 1325 mit der Hauptepoche des ganzen Sothiscyclus zusammenfällt.

Der genugsam erläuterte Name 3Oovtuavdvag führt uns zur Betracht- ung des sogenannten Ramesseums, jenes merkwürdigen Baues im west- lichen Thelen, dessen Beschreibung Diodor nach Hekataeus so ausführ- lich geliefert hat. Die ganze Tragweite dieser Benennung des Königs Ramesses II gerade bei dieser Gelegenheit mit seinem Thronnamen Osy- mandyas wird sich sofort ermessen lassen, wenn man bedenkt und zu- gibt, dass dieser Bau die Thronbesteigu ng oder den Regier- ungsantritt des Königs durch ein Horo scop versinnlichen sollte. Treten wir nunmehr, durch vorstehende Untersuchungen wohl ausgerüstet, an dieses bedeutende Denkmal des Sesostris.

Das Ramesseum des Osymandyas.

Schon die Gelehrten der Description de l'figypte, obwohl der Schlüssel zur Entzifferung der Hieroglyphen damals noch nicht entdeckt war, erkannten in dem von ihnen Memnonium genannten Bauwerke des westlichen Thebens le tombeau d'Osymandyas. Wir freilich können den Charakter eines Grabes darin nirgends entdecken, da der Bau frei in die Luft emporragt und sich von einem Tempel nicht wesentlich unterscheidet. Es wird sich im Laufe unserer Untersuchung heraus- stellen, dass* der Ausdruck avf^ia und Mefxvoviov der ursprüngliche war, und dass der oberflächlich verfahrende Diodor die Bezeichnung racpog vom Grabe des Sethosis I herübernahm. Denn beide Monumente: das Grabmal des Sethosis I und das Memnonium des Sesostris, auf

12*

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seinen Regierungsantritt gemünzt, haben ihren Identitätspunkt im Datum, da sie unmittelbar aufeinander folgten. Wir müssen desshalb in den beiden astronomischen Darstellungen dieselben Aspecton anzutreffen erwarten.

Jetzt wird die Schilderung des Diodor schon etwas deutlicher. Nachdem er I 45 den Busiris (Sethosis 1) als Gründer Thebens behan- delt, geht er im nächsten Capitel zur Beschreibung der grossartigen Monumentalbauten dieser Stadt über und zwar von der Ostseite zur Westseite. Hier (tvrav&a) lagen die wunderbaren Grabsyringen der Könige, darunter die von Belzoni wiederentdeckte des Sethosis-Busiris die prachtvollste ist. Alsdann fährt er wörtlich fort I 46 : ,,Die Priester behaupteten auf Grund schriftlicher Ueberlieferung 47 Königsgräber, davon seien aber zur Zeit des Ptolemaeus Lagi nur noch 17 übrig ge- wesen, von denen die Mehrzahl zerstört war, als ich (Diodor) an jene Oertlichkeiten gelangte, in der 180. Olympiade (58 v. Chr. in dem Jahre als Jul. Caesar wider Gallien auszog I 4). Aber nicht nur die ägyp- tischen Priester haben dies aus den Verzeichnissen erkundet, sondern auch viele Hellenen, welche unter Ptolemaeus Lagi nach Theben ge- langten, und die ägyptischen Geschichten verfassten, wie z. B. Heka- taeus, stimmen mit meiner Aussage überein." I 47. „Von den ersten Gräbern nämlich, in denen nach der Tradition die Pallakiden13) des Amon bestattet sind, 10 Stadien14) entfernt befindet sich nach dem Zeug- nisse der Genannten das Denkmal des Osymandyas zugenannten Königs. Am Eingange zu diesem fxvfifjia steht ein Pylon von Rosen- granit, 200' lang und 45 Ellen hoch. Ist man durch diesen geschritten, so folgt ein viereckiger Peristyl aus Stein, von je 400' Seitenlänge; statt der Säulen ragen monolithe Figuren von 16 Ellen Höhe, von alterthümlichem Typus; die gesammte Decke auf die Breite von zwei Klaftern ist monolith, mit Sternen auf blauem Grunde bemalt. Auf diesen Peristyl folgt anschliessend ein zweiter Eingang und ein Pylon,

13) I^^Jjl doautu nuter „Verehrerinnen des Gottes", häufig Königinnen und Prinzessinnen.

14) Noch jetzt geht man von den Bab-es-sultanat „Königinnengräbern" an Medinet Abu vorüber, zum Kamesseum in ungefähr einer halben Stnnde.

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sonst dein vorigen ähnlich, aber von mannigfaltigerer Bildhauerarbeit. An der Seite des Einganges befinden sich drei Bildsäulen aus einem einzigen Steinblocke von Syenit.15) Davon ist das Sitzbild des Königs das grösste unter allen in Aegypten, da das Maass seines Fusses sieben Ellen beträgt."

Ich kann diese Colossalität selbst bezeugen, vergl. meine Reise- briefe VIII, IX, da ich vergeblich versuchte, ohne Leiter die Höhe des liegenden Kopfes zu erklimmen. Die Kraft der Zerstörungswuth des Kambyses verdient ebenfalls Bewunderung. „Die zwei anderen (Stand- bilder) aber an seinen Knieen (d. h. unter seiner Stuhllehne) rechts und links, stellen die Tochter und die Mutter des Königs dar, an Grösse hinter seinem Sitzbilde zurückstehend. Dieses (Riesen-) Werk ist aber nicht bloss seiner Grösse wegen merkwürdig, sondern auch in Hinsicht auf Kunstarbeit zu bewundern und durch das Material ausgezeichnet, indem man trotz seiner enormen Grösse weder eine Spalte noch einen Fleck daran bemerkt. Die Inschrift lautet : „Ich bin der König der Könige Osymandyas. Will aber Jemand erfahren, wie gross ich bin und wo ich liege (throne)16), so möge er eines meiner Werke über- treffen."

„Es gibt dort auch ein anderes Bild seiner Mutter vereinzelt, mo- nolith, von 20 Ellen Höhe und mit drei Kronen auf dem Haupte, zum Zeichen, dass sie sowohl Tochter als Frau, als Mutter eines Königs gewesen."

Diese letztere Angabe kann ich wenigstens zu zwei Dritteln monu-

muntal bestätigen. Die Legende der Gemahlin Sethosis I ist (^ p ( ( j

Tui17J (Thei nwi Lust, Zier), welche gleich ihrer Ahnmutter Thaja, Gemahlin Amenophis' III (Memnon), von semitischer Herkunft war

15) Der Zusatz Mefivoyog ist ein Missverständniss, entstanden aus der Legende mamenun „das Memnonium" oder „grosse Denkmal".

16) xelfiai = xB&eifxai „ich bin gesetzt". %

17) Bei Ideler Hermapion Nr. 22 steht statt des Hühnchens \\ der Geier j^ , was jeden- falls gefehlt ist. Stünde ^s. ti, so Hesse sich diese Variante mit den sonstigen vereinigen.

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das Bild der Tmei (Themis) in Marseille trägt ihre Züge und die sogenannte Judennase auf ihren Sohn Ramessu II Sesostris vererbte;

sie führt die Titel x X^^ ^ ' muth, suten, kirnet suten uert „königliche

Mutter, königliche Hauptfrau."

*" Nach dieser Abschweifung kehre ich zu Diodor's Bericht zurück, der sich nunmehr mit dem eigentlichen Ramesseum befasst: „Nach diesem Pylone folgt ein Peristyl, ansehnlicher als der zuerst geschilderte, in welchem mannigfaltige Bilder (ylvipal) vorkommen, welche den Krieg gegen die abtrünnigen Baktrer darstellen (vergl. Tacitus Annal. II 60, wo ebenfalls die Baktrer als Besiegte des Rhamses erscheinen ich übergehe Diodors dessfallsige Beschreibung als jetzt unwesentlich) I 48 ... . ,,An der letzten Wand befinden sich zwei monolithe Sitz- bilder von 27 Ellen Höhe, neben denen drei Eingänge (Ausgänge) aus dem Peristyl angebracht sind. Diese führen in ein hypostyles Haus, welches nach Art eines Odeons gebaut ist, jede Seite 200' lang. (Es folgt nun die Beschreibung der Gerichtshalle mit den Bildern der „Dreissiger" und des Archidikasten, alle ohne Hände18), damit deutlich würde, dass Richter keine Geschenke annehmen oder sich bestechen lassen dürfen).

I 49 . . . „Daran schliesst sich ein Umgang (ne^inaros) ver- schiedener Gebäude, mit den genehmsten Opfergaben angefüllt. Der König als bemaltes Bild reicht dem Gotte (Amon) das Gold und Silber Aegyptens in der beträchtlichen Zahl von 32'000.000 Minen Silberwerth. Unmittelbar darauf folgt die heilige Bibliothek mit der Aufschrift ipv%7jg laryslor.1'

Ich muss hier einen Augenblick anhalten, um diesen vielbesproche- nen Ausdruck monumental zu erhärten. An der Hinterwand sitzen der Gott Thot (Hermes) und seine Gehülfin die ägyptische Muse der Geschichte (Klio) Namens Safech und beide schreiben den Thron- namen des Ramses Sesostris auf die herzförmigen Früchte des Baumes asched (Terebinthe) mit der Verheissung der ewigen Fortdauer dieses

18) Auf einer Stele des Münchner Antiquariuras wiederholt sich diese Eigenthiimlichkeit drei Mal, weil es sich um Juristen handelt, die „Träger des Stahes am Sitze der Gerechtigkeit", also batonniers betitelt sind.

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seines Namens. Die Titel der beiden Bibliotheksgottheiten lauten „Herr der göttlichen Worte" (Sprache, Schrift, Hieroglyphen; und „Herrin des Hauses der Papyrusrollen." Letztere wird meist figurativ "^f, aber auch phontisch ^5^ sc ha geschrieben. Sehr häufig aber er- scheint im Sinne von Büchersammlung oder Bibliothek die bisher un- verstandene Gruppe ^^L^^l bau paidu, in umgekehrter Ordnung zu lesen pautu bau „Nahrungsmittel der Seelen", oder „des Geistes". Denn die Hieroglyphe *j* steht oft für 1, S, ^ "|\ paut nutrimentum und insoferne hat Leibnitz an der Pforte der Berliner Bibliothek rich- tiger sein ,, Nutrimentum Spiritus" angebracht als des Diodor yv%fjs IcetQetov zutrifft.

Unmittelbar hinter der Bibliothek folgt im Berichte Diodors die Götterhalle mit den Opfergaben des Königs. In der That sieht man jetzt noch die merkwürdigen Opferlisten, obschon hier schon Manches zerstört ist, sowie man die beiden Seitengemächer nur mehr aus dem Grundrisse zu erkennen vermag.

Was weiter folgte, ist jetzt bis auf Spuren von Ziegelbauten mit dem Stempel Ramses' II in Ruinenhügeln, gänzlich zerstört. Nach Hekataeus und Diodor, der seine Ansicht reproducirt, schlössen sich daran weitere Räume mit zwanzig Götterlectisternien, sowie ein gol- dener (Thier-) Kreis von 365 Ellen an Umfang, eine Elle breit, für die einzelnen Tage des Jahres bemessen, mit den Sternauf- und Untergängen und den daran geknüpften Zeichendeutungen der ägyptischen Astrologen. Diesen goldenen Kreis habe Kambyses der Perser plündern lassen. „So beschaffen", schliesst Diodor seine aus Hekataeus geschöpfte Beschreibung, „soll das Grab (zacpog) des Königs Osymandyas gewesen sein, welches nicht bloss in Bezug auf Aufwand sondern auch durch die Geschick- lichkeit der Kunstarbeit sich vor den andern Denkmälern weit hervor- gethan habe."

Vergleicht man diesen ausführlichen Bericht mit dem noch con- trolirbaren Thatbestande, so findet man Wahres und Falsches sonderbar gemischt : vom ersten Pylon an bis zur hypostylen Säulenhalle verhält «ich Alles richtig ; dann aber verkehrt, indem Hekataeus den Bibliotheksaal

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erst nach dem Opfertempel folgen lässt, während in der That letzterer gegenwärtig den Beschluss macht.

Einer meiner strebsamsten Hörer: H. Graf Prokesch-Osten hat in seinem trefflichen Reisehandbuche für Gebildete19) dieses Verhältniss (Seite 400 flgdd.) sehr gut characterisirt, wenn er auch die Identität von Ramses II mit Osymandyas auf eine ,,irrthümliche" Auffassung zu- rückführt, was sie nicht ist, da ich die Legende Vesu-ma-nuti-aa 'Oov/uardvag längst erhärtet habe. Ebenso dürfte sein Versuch, die Irrung des Hekataeus in der Aufeinanderfolge der letzten Räumlichkeiten aus dem Umstände zu erklären, dass Hekataeus als Uneingeweihter nicht in die geheiligten Gemächer eindringen durfte, durch meine Hypothese, dass der Grieche den letzten Theil seiner Beschreibung gleichsam von hinten her, nämlich durch einen andern und zwar entgegengesetzten Eingang sich vermittelt habe, vielleicht ersetzt werden. Endlich der Hauptstein des Anstosses, dass Hekataeus den geschildeten Baucomplex als Grabmal (xacpog) des Osymandyas bezeichnet, wird von ihm auf eine „Verwechselung" gedeutet, ,,da selbst die sorgfältigsten Nachgrab- ungen im Ramesseum keinerlei Spur von einem Grabe zu Tage geför- dert haben". Ich nehme Akt von dieser Constatirung und wiederhole meine oben gegebene Erklärung, dass das „Grabmal" auf Sethosis I sich bezieht, während das „Memnonium" dem Ramses II Sesostris gilt, dessen Regierungsantritt mit dem Tode seines Vaters naturgemäss zusammenfallen musste.

Begeben wir uns nun in das Innere des Bibliotheksaales, der hinter den Trümmern des Ramsescolosses, obgleich von Zerstörung rings be- droht, dessungeachtet durch eine günstige Fügung ziemlich gut erhalten dasteht und sowohl durch seine regelmässige Anlage, als vermöge der an seinem Plafond angebrachten astronomischen Darstellung als Perle aller Menmonien bezeichnet werden muss. Für meinen vorliegen- den Zweck nehme ich Umgang von allen sonstigen Einzelnheiten seines reichen Inhaltes an Bildwerken und halte mich ausschliesslich an die Deckenscenen, um daraus die Epoche des Osymandyas ab- zuleiten.

19) Nilfahrt bis zu den Katarakten. Leipzig Brockhaus 1874.

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Hören wir zuerst die kurzgefasste Beschreibung des Innern, wie sie Graf Prokesch-Osten (Seite 405) gibt: „der nächste Saal ist der- jenige der Bibliothek, über deren Eingang, nach Diodor, geschrieben stand: „Labsal der Seele"; er hat acht Säulen und zeichnet sich durch seine astronomischen Deckengemälde aus, in denen die zwölf Monate des Jahres mit den Dekanen, Planeten, Hauptsternbildern, und den Schutzgottheiten der Monate und Tage dargestellt sind. Auf der Wand aber sehen wir Thoth, Safch und Atmu 20) den Namen des Königs auf die Blätter des Baumes Ascht des Baumes des Lebens einzeich- nen, und Safch ,,die Herrin der Schriften und die Vorsteherin der Bi- bliothek", spricht: „Ich vermehre Dir Deine Jahre auf Erden, die Summe zusammengezählt sei: 10,000.000."

Aehnlich lautet die Beschreibung bei Lepsius21): „Viertes Decken- bild. Diese Darstellung ist an der Decke des Tempels (?) Ramses II im westlichen Theben erhalten. Das oberste Band (der Tafel 34) enthält die Gruppen der zwölf ägyptischen Monate, so dass der erste und letzte in der Mitte zusammenstossen. Darunter sind auf der rechten Seite wiederum (wie Bl. 33) die 36 Dekane, zum Theil mit der Anzahl ihrer Sterne verzeichnet. Einzelne Sternbilder sind auch ihren Figuren nach dargestellt, z. B. in der Mitte der sich umschauende Mann im Schiffe, das Gestirn des Orion, und daneben die schiffende Göttin, das Gestirn der Sothis oder des Sirius. Links von ihnen folgen die drei Haupt- planeten, gleichfalls in Schiffen.

In der mittleren Abtheilung ist die Gruppe des Nordpols darge- stellt, auf welche von beiden Seiten Götter mit Disken über dem Haupte zuschreiten. In der unteren Abtheilung werden die Götter der zwölf Monate einzeln von dem Könige ßamses angebetet (Denkm. III 170, 171)."

Diese Beschreibung Hesse sich leicht erweitern und mit Hinzunahme des Begleittextes vervollständigen, aber selbst dann würde etwas fehlen :

20) Dies scheint ein Versehen zu sein, da Champollion (lettres) hinter je einer der beiden zu- erst genannten Gottheiten: Thot und Safech, die Repräsentanten des Gehörs (Setemu) und des Sehens notirte, welche den Eintretenden auf das zu Erwartende sinnvoll vorbereiteten. Jetzt sind diese letzteren Bilder zerstört.

21) Die Wand- und Deckengemälde des Berliner Museums Bl. 34.

Abh. d. I Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth. 13

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die Hauptsache, nämlich die Erklärung der Tragweite des Denkmals. Einen Versuch, diese natürliche und sich von selbst auf- drängende Frage zu beantworten, enthält desselben Verfassers „Chrono- logie der Aegypter" S. 118, 119. Ich citire ausführlich, um jeden Schein zu vermeiden, als hätte ich die Ansicht dieses Aegyptologen un- genau wiedergegeben.

„An der Decke im Tempel Ramses II erscheinen die Decane nicht fortlaufend mit bestimmten kalendarischen Angaben verbunden. Die genauere Zeitbestimmung mochte entweder in solchen Andeutungen ausgedrückt sein, die wir noch nicht verstehen, oder in der Zusammen- stellung mit den Deckenfeldern liegen, welche neben dem erhaltenen in demselben Saale vorhanden waren, uns aber verloren gegangen sind. Auf der erhaltenen Darstellung ist aber ohne Zweifel die Zusammen- stellung mit den einzelnen Monaten, sowie die Einschiebung der Person des Königs oder auch seiner Namensschilder an gewissen Stellen nicht ohne Bedeutung.

Es drängt sich ferner die Bemerkung auf, dass in dem Streifen über der obersten Darstellungsreihe nicht ohne Absicht zwischen Mesore und Thoth ein Raum leer gelassen ist, welchem in der untersten der Kynokephalos entspricht, der gleichfalls zwischen den Monatsgöttern des Mesore und Thoth eingeschlossen ist. Zwischen dem Ende des letzten und dem Anfang des ersten Monats lagen im ägyptischen Kalender die fünf Epagomenen, und es wäre möglich, dass sich hierauf die fünf kleinen Disken beziehen, welche in dem entsprechenden Felde der mitt- leren Darstellungsreihe an dem Nacken des Stierkopfes stehen.

Wenn wir nun in dieser Darstellung eine noch genauere Andeutung der Errichtungszeit des Tempels mit seinen Sculpturen suchen dürfen, so liegt es nahe, den langen Strich unmittelbar hinter den Decanen des Orion und vor der Isis-Sothis, welcher genau über der Mitte des Kynokephalos und der ganzen Darstellung steht, für den Scheidepunkt des festen Jahres und den Aufgang der Sothis, deren Schiff ihn be- rührt, zu halten. Er würde also mitten über den Epagomenen, nach unserer Zeichnung über dem zweiten Discus stehen, jedenfalls an das Ende des bürgerlichen Jahres fallen. Wäre wirklich der zweite Tag der Epagomenen gemeint, so würde der Zeitpunkt 16 bis 12 Jahre vor

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dem Jahre 1322, also in das Ende der Regierung Ramses' II fallen, dessen Grabtempel nach Diodor das Gebäude sein sollte. Wilkinson ist auf ein ähnliches Resultat gekommen, Am nächsten aber würde diese Erklärung mit der von Tomlins on übereinstimmen, nach welcher der Aufgang des Sirius auf den vierten Tag der Epagomenen gefallen wäre. Dieser Schluss beruht aber auf einer Stelle der Seiteninschrift der Decke in der Publication von Burton, welche zu berichtigen ist. Sie lautet: er verleiht dir zu glänzen wie Isis Sothis am Himmel, das Gestirn (*{)!Jq, nicht xlj©) des Jahresanfangs". So weit die Deutung des H. Lepsius.

Das chronologische System von Lepsius beruht auf seiner Annahme eines Schreibfehlers in dem Namen MsvocpQrig, des Epochenkönigs bei Theon von Alexandrien, indem er daraus ,,mit leichter Aenderung" Mevocpfrrjg oder Mevecp&rig gestaltet und darin Menoptah, den Sohn des Ramses II Sesostris erblickt, unter den also die Epoche der Sothis- periode (1325 ) 1322 v. Chr. fallen müsse. Allein ich habe schon wiederholt darauf hingewiesen, dass wir auch die Variante Mevaxpyrjg besitzen und da diese Namensform acht ägyptisch ist: Mei-n-phre „Lieb- ling des Sonnengottes", so dürften wir nur in dem Falle an Menoptah denken, wenn monumentale Gründe dazu nöthigen würden. Diese fin- den sich aber nirgends und so ist das chronologische System von Lepsius, obschon scharfsinnig und von vielen acceptirt, auf einer un- soliden Basis errichtet. Sein Ansatz des Ramses II Sesostris auf 1400 bis 1334 v. Chr. kann also auf keine höhere Beachtung Anspruch machen, als die vielen andern willkürlichen Systeme, die bereits so zahlreich sind, dass nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung irgend eines der Wahrheit nahe kommen zu müssen scheint.

Aehnlich auf eine fälschliche Sothis-Epoche gestützt, hatte schon Cham- pollion-Figeac, ausgehend von der Notiz des Syncellischen Kanons p. 193 (Pseudo-Sothis), dass im 5. Jahre des Koy%aqig 700 Jahre des bei Ma- netho „Hundssterncyclus" genannten Zeitkreises voll werden, woran sich unmittelbar die Hyqschos mit 254 J. und die XVIII. Dynastie mit 348 J. anschliessen, die Folgerung abgeleitet, dass Ramses II Miamun Sesostris von 1469 1403 v. Chr. regiert habe. Allein die trübe Quelle, aus welcher er diese Notiz schöpfte, meint mit dem Titel xvvixög xvxlog

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nicht einmal die Sothisperiode, sondern ein Buch, welches dem ächten des Manetho: myl JZw&sog (sie!) nachgebildet war. Wir müssen also auch diese Basis verwerfen, obschon sie zufällig von der Wahrheit nicht weit abführt, und uns nach einer haltbareren umsehen

Monumentale Bezeichnungsarten der Sothis-Aufgänge.

Es ist eine ziemlich allgemeine Klage, dass die altägyptischen Denkmäler, bei aller sonstigen Reichhaltigkeit und Ausführlichkeit, in Bezug auf Chronologie bisher nur geringe Ausbeute geliefert haben. Die Schuld dieses unbefriedigenden Ergebnisses liegt aber weniger an den Denkmälern, als an den Forschern selbst, die den reichen Schatz des jetzt schon zugänglichen chronologischen Materiales nicht zu heben verstanden haben. Wer meine „Schalttage des Euergetes und Augustus", meine Abhandlungen ,,über die Sothis", von meinem „Moses der Ebraeer" und den ,,Zodiaques de Denderah" zu schweigen, ja wer nur meine ägyptologischen Aufsätze in der „Allgemeinen Zeitung" aufmerksam gelesen hat, wird bemerkt haben, dass es am Stoffe nicht fehlt, dass aber die „Schulweisheit" von diesem ßeichthume bisher nicht einmal geträumt hat.

Es wäre zu weitläufig und zum Theil auch gegen den Grundsatz .,ne bis in idem", wenn ich hier alle dessfalsigen Angaben noch einmal recapituliren wollte. Ich beschränke mich auf die Vorführung mehrerer Hauptdata von unwiderleglicher Beweiskraft, namentlich solcher, welche auf die Bezeichnungsart der Sothisaufgänge helle Schlaglichter werfen.

I, Die Inschrift von Tanis oder das Decret von Canopus.

Abgesehen von der weitläufig darin entwickelten Theorie über das Verhältniss zwischen dem fixen und dem Wandeljahre, wird lin. 18 des hieroglyphischen Textes der praktische Fall so eingeführt:

^f£*ä^ ieWLi^W«^-

in

in r-TT-i

Die griechische Uebersetzung lin. 36/37 lautet: rfj fjutyq, w i] tiarelXsi ro äoTQüv tu Tijg ^'loiog, i) vouiQtTai dia raJv ieyüv yyauuazcoy rsov trog

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üvai . aysTcu de vvv, kv rm tvarip %%u} vov^via rov TIavvl /nrjvog. Der demotische Randtext bietet das Nämliche, nur dass er zwischen den

Ausdrücken flg (sie !) ^^^ und ^ [1 (j (j ^«^ jg|J„diegöttlicheSothis"

und „der Stern der Isis" wechselt.

Also das 9. Regierungsjahr des Euergetes I, welcher 247 v. Chr. zur Regierung gelangt war, entsprach dem Dekret zufolge dem Sothis- frühaufgange am 1. Payni des Wandeljahres! Ich habe schon früher gezeigt, dass diese Fixation nicht in erster Linie dem Quadriennium 241 238 (letzteres ist Epochenjahr), sondern der unmittelbar voraus- gegangenen Tetraeteris 245 242 entspricht, wo „laut eines früheren Decretes" in den Tempeln bereits die Consolidirung des Jahres erfolgt war, ehe sie 238 v. Chr. durch das Decret von Canopus zu einer all- gemein begangenen öffentlichen Feier und zn einer Einrichtung auch des bürgerlichen Kalenders erweitert ward.

Der Gewinn, den dieses absolute Datum der Inschrift von Tanis abwirft, ist ein doppelter: wir erfahren nicht nur eine bestimmte Epoche der Regierung des Königs Euergetes I mittels des Sothisfrühaufganges am 1. Payni des Wandeljahres, sondern wir werden zugleich aufmerk- sam gemacht, dass die Incidenzpunkte, wie z. B. der Anfang einer Tetra menie oder eines Wandelmonates, mit Vorliebe notirt wurden. Welche weittragenden Ergebnisse diese Beobachtung für die Chronologie liefern wird, davon werde ich bald ein Beispiel anführen.

II. Die Epoche des Rhampsinit zu Medinet- Abu 1325 v. Chr.

Die Grabungen des Herrn Greene haben 1854 die Südwand des Tempels von Medinet-Abu biosgelegt und darauf einen Fest -Kalender, dessen wichtigstes Datum schon von Champollion bemerkt und von de Rouge, sowie von dem Astronomen Biot behandelt wurde. Nachdem unter dem 26. Pachons (erstem Monat der dritten Tetramenie) die Krönungsfeier, die Taf. XXXII auch unter dem 1. Tybi (erster Monat der zweiten Tetramenie, der der Aussaat, erscheint, erwähnt ist) folgt col. 12 folgender (senkrecht angebrachte) Passus:

fiLH" A* ^ra o^^nsiHitv ' S^ö^TÜ öoä -=- is^^Ho 1 1 ! lim d

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„Erster Monat der Ueberschwemmungsjahreszeit : Erscheinung der Sothis, Fest, Tag der Opferung an ^/noy^aooy&i]^ (und seinen Götterkreis am Feste dieses Tages)". Champollion und de Rouge hatten Recht, zu über- setzen: ,,le 1. Thoth, fete de l'apparition de Sothis." Denn der Schluss des Passus redet ja bestimmt vom Feste dieses Tages, also musste ein solcher unter dem conventionell gewordenen Ausdrucke „Thot" statt „erster Thot" miteinbegriffen und nicht allgemein der ganze Monat ge- meint sein, da ja auch Theon in seiner Berechnung ähnlich sagt: „xamag tag fj/Lieyag anolvaov anb Oü)&" und nicht anb rov tiqc'tov 0( '#, oder anb tfjg vov^ir\vlag tov Owd; obschon sicher der erste gemeint ist22).

Diese für die ägyptische Chronologie so wichtige Angabe des Fest- kalenders von Ramses III ist von Brugsch (Materiaux etc.) gänzlich misskannt worden, indem er darin wohl auch den ,, ersten Thot" er- blickt, aber den Ausdruck „Erscheinung der Sothis" als Eponymie, wie ungefähr rovjLirjvla, ansieht, also da3 Factum des himmlischen Phä- nomens in Nichts verschwinden lässt : es ist eben wieder einmal die Hauptsache verkannt worden.

Dieses absolute Datum, welches die Tetraeteris 1325 1322 v.Chr. garantirt und zwar als entsprechend dem Quadriennium 8 11 der Re- gierungsjahre des Ramses III, dem desshalb als Nellog (<&ovü)Qig, oder Oovwyig!) bei Manetho am Schlüsse der XIX. Dyn. und zugleich seines zweiten Bandes nur 7 Jahre eignen, weil die folgenden (bis 32-j-x) dem dritten Bande und der XX. Dyn. angehören darf als der Grund- und Eckstein der gesammten ägyptischen Chronologie betrachtet und demgemäss gewürdigt werden.

111. Der Opferstein von Elepliantine.

Inmitten von Columnen mit Opfergegenständen und ihrer betreffen- den Anzahl zeigt dieser am Quai der Insel Elephantine als Block verbaut

22) Die Auslassung des Numerale 1 beim Monate Thot rührt vielleicht daher, dass die Epo- nymie des ersten Monatstages ebenfalls dem Gotte Thot eignete. Denn die Neomenie: 7\ -^=7^

" /wwv\ p^

paut enti hebai hat zum Patron den Thot: ^x^^r^ „Tag desThöt, Fest". Die Namen Tachi (Göttin des ersten Monats) taehu ^t)l grus Ibis und tahu-ti a J^. Owv& Thot = 'EourtS

sind aber identisch.

103

gewesene, durch den Prinzen Jerome Napoleon in's Louvre verbrachte Stein folgende im rechten Winkel verlaufende Inschrift:

m7^°1i!1,!2J „Monat dritter der Erntezeit, Tag 28, das ist der Tag

h

$ des Aufganges der Sothis. Gebühr an diesem Tage für (die ^ Priester)."

Die Rechnung ist leicht gemacht: der 28. Epiphi ist vom

^T 1. Thot des Wandeljahres um 3 -f 30 -f- 5 38 Tage entfernt,

n denen 38X4 152 Jahre entsprechen. Diese zur Epoche

1325 v. Chr. (vergl. II) hinzugezählt ergeben das Jahr 1477

v Chr. als den Anfang des Quadrienniums von 1477 1474.

(fw/~ Dieses Datum: 1477 ist gerade um 100 Jahre später als die

"j| Epoche des Osymandyas : 1577, weil eben der 28. Epiphi um

25 Tage hinter dem 3. Epiphi liegt und 25 X 4 = 100 ist.

Ueber den König, unter den dieser Stein von Elephantine fällt, hier

nur so viel, dass es nicht Thutmosis III gewesen ist.

Das vom Mathematiker Theon aus Alexandria herrührende Beispiel

eines Sothisdatums auf Grund der Aera des Menophres lautet auf den

29. Epiphi, ist aber um fast eine ganze Periode: 1460 4 Jahre vom

vorigen entfernt und stützt sich zugleich auf das fixe alexandrinische

Jahr, statt auf den annus vagus, was eine weitere Differenz von 40X4

= 160 Jahren bedingt.

f

Das Datum des Papyrus Ebers: -v "f fTT" £££° J^F* -^ ZW * deute ich

vs&i' /www

noch immer auf den letzten (30. Epiphi) und den dazu gehörigen Königs- namen ^Äsfo/v-^^My «^ als aenigmatische Schreibungauf Chu-n-ra,

den Thronnamen des JZup&ag, der nicht umsonst vom Chronologen Era- tosthenes unmittelbar mit 3Afxov&a^rmog (Mia/uovr) verbunden wird. Denn die Epoche des Chuenra Siptah 1469- 66 streift an den Ueber- gang der Sothis auf den 1. Mesori, der eine Epoche bildet, gerade wie Ramses Miamun von Eratosthenes wegen der Epoche der Phönixperiode „Jahr 52 letzter Mechir" = 1525 aufgeführt wird.

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IV. Das Sothisdatum der Epoche des Osymandyas.

Um dieses gehörig würdigen zu können, muss nunmehr die ganze Darstellung am Plafond und dieser Platz ist nicht zufällig so ge- wählt, da es sich ja um eine astronomisch-kalendarische Thatsache han- delt — in ihren wesentlichen Theilen zergliedert und von Legenden Alles mitgetheilt werden, was zu der von mir hier zum ersten Male be- haupteten Epoche des Denkmales in nothwendiger Beziehung steht.

Die Dreitheilung des Plafondgemäldes.

Zwischen dem zertrümmerten Colosse des Königs und der Wand mit den Bibliotheksgottheiten, die oben schon erwähnt sind, ragt der Wunderbau des von Diodor nach Hekataeus so genau beschriebenen Osymandyaeums. Weder seine Fronte, die nach Südosten gerichtet ist, noch seine Wanddarstellungen interessiren uns hier weiter, da es jetzt darauf ankommt, die Epoche des herrlichen Denkmales zu ergründen und damit einen Haltpunkt nicht bloss für die Chronologie des be- rühmtesten Pharao, sondern auch, da er den Höhepunkt der ägyptischen Macht darstellt, für die gesammte altpharaonische Geschichte und damit des Alterthums überhaupt zu gewinnen.

Betrachtet man das Deckengemälde auch nur flüchtig oder ober- flächlich, so muss die Dreitheilung in's Auge fallen, und da diese drei parallelen Streifen kein natürliches Abbild des Himmels darstellen können, so müssen wir von vornherein, wie beim rechtwinkligen Thier- kreis von Denderah, an eine astronomisch-kalendarische Darstellung zum Behufe eines Horoskopes denken. Meine Zergliederung des Ganzen wird diesen Charakter des Denkmales (jLLvfj/Lia) über allen Zweifel er- heben.

Die drei Abtheilungen haben etwas Gemeinsames in den drei run- den Scheiben oder vielmehr Globen, welche sich, wie ich mich an Ort und Stelle durch Autopsie überzeugt habe, gerade so aus der Sculp- turfläche erheben, wie die 10 Geier und 11 Disken, welche am Plafond des rechtwinkligen Zodiacus von Denderah die im griechischen Texte der Facade und noch einmal auf dem Dache genannten 21 Jahre LKA ausdrücken. Wir haben also drei verschiedene Jahresformen

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an der Decke des Osymandyaeums vor uns: links (auf unsrer Tafel) stehen zwei Disken und zwar je einer bei dem untersten und dem obersten Streifen ; rechts, wo die Legenden des Begleittextes zusammen- stossen, steht ein Discus, der zum mittleren Streifen gehört und ver- möge seiner Stellung diese Mitte noch deutlicher als das Centrum des Ganzen erscheinen lässt.

Ferner ist unbestreitbar, dass Anfang und Schluss der drei Jahres- formen wieder in der Mitte zusammentreffen, wenn man zu der eben genannten Längenausdehnung senkrecht die Breite oder geringere Dimen- sion in Kreuzung setzt. Unten sitzt der Kynokephalos auf dem Tat:

u; beide Zeichen symbolisiren die Tag- und Nachtgleiche und zwar

wie weiterhin erhellen wird, das Aequinoctium auctumnale; denn wäre das aeq. vernale gemeint, so wäre mit dem Kynokephalos der Oryx adossirt, wie dies auf den beiden Thierkreisen von Denderuh der Fall ist. Im obersten Streifen bildet Isis-Sothis den Mittelpunkt und im centralen Bande das Stierviertel, welches ich schon 1865 als Repräsentanten des Viertel tages aufgezeigt habe.

Auf das Einzelne übergehend bemerkt man, dass in dem untersten Streifen die zwölf Monate des fixen Jahres, symmetrisch zu beiden Seiten des Kynokephalos in ihren göttlichen Repräsentanten angebracht, von dem Könige mit Gebeten und Opfern bedacht werden. Da ich schon in meinen „Zodiaques de Denderah" ausführlich bewiesen habe, dass die zwölf Monatsnamen, wie sie in griechisch-ägyptischen Inschrif- ten und in der koptischen Literatur, auch in dem betreffenden Kalender bezeichnet sind, direct von diesen altägyptischen Götter-Namen und -Festen abgeleitet sind, so übrigt mir hier nur, dieselben vollständig herzusetzen: 1) Tachi (Tuhuti, Thot), 2) Ptah-res-anbu-f (Schutz- gott; — der Name Phaophi hängt vermuthlich mit dem Nil Hapi (cf. KQVJcpi und Mwcpi) zusammen ); 3) Hat hör (Athyr); 4) Sech et (Name der Bast, als Anspielung auf Kahika = Choiahk wegen Aehn- lichkeit der Bedeutung).

Die zweite Tetramenie setzt sich zusammen aus:

5) Che min (ithyphallisch, sonst Schaf- betu, entspricht dem Tybi)

6) Rokh-ur, Repräsentant des Mechir; 7) Rokh-nezes (vertritt

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth. l4

IOC

den Phamenot). Es verdient Beachtung, dass diesem Monatssymbole (schwarzer Schakal unmittelbar nach dem Schakal mit weissem Hals- bande) allein von Seiten des Königs keine Huldigung zugewendet wird. Auch sonst wird hier die Halbtheilung des Jahres bemerklich gemacht und z. B. im Kalender des Pap. Sallier IV das Uzatauge während der ersten sechs Monate als ^j^ linkes, für die folgenden sechs Monate als jrjpj? rechtes Auge dargestellt. Da nach der Stele von Neapel letz- teres der Sonne, ersteres dem Monde entspricht, so scheint es mir, dass die Zeit zwischen den beiden Aequinoctien von Frühling bis Herbst als die sonnige Hälfte des Jahres galt, weil der Tag die Nacht über- ragt, während die Zeit von der Herbstgleiche bis zur Frühlingsgleiche dem Monde zugeschrieben wurde, indem alsdann die Nacht den Tag überwiegt. Daraus dürfte sich ein Schluss auf die Epoche des Kalen- ders Sallier ableiten lassen. In der That beginnt das fixe Jahr des Osymandyaeums ebenfalls mit dem Herbstaequinoctium und die äusseren Kennzeichen des genannten Papyrus-Kalenders weisen auf denselben Zeithorizont. 23)

8. Rannuti, woraus, mit Präefigirung des Possessiv-Artikels Pha , der Monatsname Pha-rmuti entstand, wie ich schon vor 12 Jahren aus Conjectur behauptet hatte und jetzt durch die monumentale Variante

2=^§ Remut statt ^Jö"\\ö Rennuti erhärtet ist.24) Die Ableitung der

beiden zuletzt aufgeführten Monatsnamen : Phamenot und Pharmuti von den Götternamen Thebens : Amon und Mut, wie sie Lepsius (Chro- nologie der Aegypter p. 138) aufstellt, erweist sich schon hiedurch als ganz und gar irrthümlich und müsste, wenn überhaupt Jemand darauf weiterbauen wollte, zu total falschen Schlüssen über den Kalender ver- leiten.

Die dritte Tetramenie besteht aus folgenden vier Namen: 9. Chonsu, woher Pachons und die Varianten . 10. Chonthi, Beiname des Horus, aus dessen Auge ^^J*n>- äni (py) die Monatsbenennung Paoni, Payni

23) Cf. Chabas: „Le calendrier . . . Sallier IV" p. 7 „au revers la legende de Ramses II."

24) Es zeugt von wenig Wahrheits- und Gerechtigkeitsliebe der Aegyptologen, dass noch keiner diese Thatsache erwähnt hat. Dieser Mangel an dem wichtigsten Ingrediens wissenschaftlicher Forschung erklärt genügend die geringen Fortschritte in der ägyptischen Chronologie.

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entstand. 11. Apti oder Apap, woher Epiphi, und endlich 12. Har- machu, sonst Mes-Hor-Ra, woher Mesori.

Die Frage, ob denn in diesem Streifen des fixen Jahres, dessen Monatsnamen noch heutzutage in Aegypten gelten, die fünf Zusatztage oder Epagomenen gar nicht vertreten seien; beantwortet sich durch so manche Inschrift, worin sie als Anhängsel des Monats Mesori er- scheinen und also mit diesem implicite schon gegeben sind. Etwas

Aehnliches findet statt bei dem Gebrauche des Wortes ^^ ^ { ^ ronpi

poMni(^) annus, welches öfter z. B. in dem Kalender des Rhampsinit zu Medinet-Abu, für das früher einmal gebrauchte Jahr von 12 X 30 oder 360 Tagen erscheint, während es doch sonst die fünf Epagomenen miteinschliesst, also den Werth von 365 Tagen darstellt. Ob das Jahr

mit der Einschaltung durch \ ronpi sop(?) ausgedrückt worden sei

und also 366 Tage bedeutet habe, wissen wir noch nicht bestimmt; doch ist es wahrscheinlich 365Y4 Tage gross.

Der obere Streifen stellt das Wandeljahr zu 365 Tagen dar. Die Monate laufen ebenfalls, wie im unteren Streifen des fixen Jahres, von der Mitte aus und kehren ebendahin zurück, so dass sie wieder, obgleich bandartig geordnet, mit ihrem Anfang und Ende in der Mitte, wo Isis-Sothis in ihrer Barke steht, zusammentreffen. Diese Monate sind alle eingeleitet durch die Gruppe ^^ abdu äJiot mensis, worauf dann die specielle Bezeichnung gemäss den drei Tetramenien folgt:

T^JM bis mTTI*H = L, 2., 3., 4. Monat der Tetramenie Schat

/www ^ Cl) /www ^ w

(Ueberschwemmung tueei fiuctuatio) i <=> bis 1111-=- 1., 2., 3.,

A/WVW

4. Monat der Tetramenie Pert (Saatzeit npco hiems). Hiebei verdient es Beachtung, dass vom 3. Monate dieser Saison an die Legenden die umgekehrte Schriftrichtung befolgen, wie dies auch, obschon nicht consequent in dem unteren Streifen geschieht die Legenden Rannuti, Chonthi, Harmachu für die Monate Pharmuti, Payni und Mesori weichen von diesem Princip ab, nicht zufällig, sondern weil die betreffenden Legenden den Götterfiguren in der Richtung anbequemt sind. End-

lieh folgen die 4 Monate der dritten Tetramenie: i /www bis mm /www

O /WA/VW

/WA/WA /W/W/W AA/WftA

14*

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1., 2., 3., 4. Monat des Jahreszeit schemu lyom tributum aestas. An den letzten, der dem Mesori des fixen Jahres entspricht, schliesst sich Osiris als Repräsentant des Orion und der fünf Epagomenen, ent- weder den Schritt oder das Gesicht abwendend von der Isis-Sothis, die zunächst folgt und sowohl Anfang als Ende der Bewegung in sich vereinigt. Sie steht hier als haq*t chabesu Führerin der Lampen- sterne" oder Dekane. Dass diese aber hier vorzugsweise in ihrer Anwendung auf den Kalender als Vertreter der Dekaden oder lOtägigen Wochen stehen, beweist schon der Umstand, dass alle 36 Dekane sich nur auf der einen (rechten) Seite des Streifens angeschrieben finden, was doch bei einem wenn auch noch so sehr projicirten und bandartigen Himmelsbilde nicht der Fall sein könnte.

Dass dieser obere Streifen das Wandel jähr darstellt, ergibt, sich aber nicht nur aus der Qualität der Monatsbezeichnungen mittelst numerischer Fortschreitung innerhalb der drei Tetramenieen, wie sie constant bei den Datirungen der Denkmäler gebraucht wird sondern auch aus der Anbringung der mobilen Planeten in diesem oberen Streifen. Es folgen sich nämlich die fünf damals ausschliesslich be- kannten Planeten in folgender Ordnung, von der Mitte angefangen nach links hin :

1) Har-tasch der Südstern: "Eqtcjoöi, der Mars;

2) Har-ka: Saturn, der „Stern des Ostens" genannt;

3) Har-chuti: Jupiter „der Weststern, rückläufig";

4) Sebeq (c&ok): Merkurius „der Kleine" betitelt;

5) Bennu: Venus, der Stern des Osiris, wandelnd.

Es erhellt aus dieser Reihenfolge, welche die Planeten weder nach ihrer Grösse, noch nach ihrer Distanz von Erde oder Sonne aufführt, dass eine bestimmte Constellation, also ein Horoscop beabsich- tigt ist.

Der mobile und wechselnde Mond durfte im Streifen des Wandel- jahres natürlich auch nicht fehlen ; er befindet sich unmittelbar vor der Legendencolumne des Mercurius als J>fpG Sotep25). Wir werden

25) Im Grabe Sethosis' steht |X )i w i nuter osch „der gepriesene Gott."

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weiterhin sehen, dass der Begleittext dicht nebenan auf diese Himmels- körper als „Götter des Südens" Bezug nimmt, und dass diese Zusam- mengehörigkeit vom Randtext und dem oberen Streifen das wichtigste Element der ganzen Darstellung bildet, indem daraus mit zwingender Nothwendigkeit das bestimmte Datum des Horoscops gewonnen wird.

Da dieser Begleittext auch den Sonnengott erwähnt and zwar unmittelbar vor der Legende des Mondes aah io£ Lunus, so steckt er entweder in dem grossen Discus zu Häupten des oberen Streifens mit- einbegriffen oder in einer der Legenden, die zwischen den Planeten Jupiter und Mercur Venus in den drei Columnen mit den Namen

ojnn äbesch wfeuj candidus, albus ^^ schept ujenujton

/www ^\

illuminans _f=r\<=>v\ nesru t,DJ ignivomus bezeichnet sind. Jedenfalls ist mit der unmittelbar vor diesem nesru angebrachten Legende 1:2=1 "y\ sehe du, von zwei Schildkröten determinirt, also dualiter zu fassen und scheduti zu lautiren, der beständige Gegensatz zu Ra dem Sonnengotte auf der Höhe seiner Entwicklung d. h. zur Zeit des sol- stitium aestivum gemeint. Denn auf den Sarkophagen und sonst z. B.

Todtenbuch c. 161 wiederholt sich oft der Passus: "f V0^^™^ (Schildkröte, Deutbild) vivit Sol, moritur testudo. Daher stammt nach meiner bestimmten Ueberzeugung das koptische Wort ujtit „Satan as."

Nun besehe man sich die Stelle, welche das Schildkrötenpaar in unserer Darstellung einnimmt: es steht (unter dem Ende des letzten Monates der ersten Tetramenie) unmittelbar vor nesru, dem Feuer- speier und bezeichnet das Wintersolstitium, welches in dem Jahre des Denkmals dem Sommersolstitium wirklich vorangeht.

Eine fernere Eigenthümlichkeit bildet die Legende des Königs rechts, ohne allen Zusammenhang mit den Namen der Dekane, da diese die entgegengesetzte Schriftrichtung befolgen. Es muss also dieses Namenprotokoll des Königs in Beziehung gesetzt werden zu der un- mittelbar vorhergehenden Legende Bennu Osiri. Ich vermuthe, dass dieser Osiris hier zugleich auf den an dem identischen Tage verstor- benen Vater Sethosis = Bovöiqis geht und somit die Namensringe seines

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Sohnes Osymandyas Ramessu am andern Ende, mit conträrer Schrift- richtung, als Gegensatz sich passend anschliessen.

Dass ich mich mit dieser Vermuthung auf richtiger Fährte befinde, ergiebt sich aus den Legenden der beiden Endpunkte des Mittel- streifens: links stehen die beiden Namensringe mit Osymandyas Ra- messu, rechts, ohne Ringeinfassung o|vj (Ra)- Vesu-Ma, dem Haupt- bestandteile des Namens Osyma(-ndyas). Dem ersten Namenpaare ist die Legende *y ^y Khebti „die beiden Schirme (Schatten) I)hiäi(^-) umbra,

protectio, beigeschrieben. Die Figur des Königs Osymandyas trägt in den drei Fällen eine Scheibe auf dem Haupte, gerade wie die andern 9 {— 8 oder 17 Figuren des Mittelstreifens, welche ausserdem durch ihre Namen als Repräsentanten einzelner Tage des Monats charakterisirt sind. Wir hätten also drei königliche Tage darin zu erblicken, vermuthlich den Geburtstag, den Tag der Mitregent- schaft und den Tag der eigentlichen Thronbesteigung. Diese 17 -j- 3 = 20 Tage scheinen zwei Dekaden zu bilden; allein ihre Auf- einanderfolge ist nicht regelmässig. Denn rechts, vom Mittelpunkte aus angefangen, was auch durch die Schriftrichtung gefordert wird, werden wohl die Repräsentanten der Tage 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11 des Monats in üblicher Ordnung aufgeführt. Aber links ist die Folge: 15, 13, 16, 30, 20, 12, 21, 25(?), 14(?) Es fehlen also die Repräsentan- ten der Tage 1, 2, 3, 17, 18, 19, 22, 23, 24, 26, 27, 28, 29 d. h. 13, und mit Wegrechnung der drei Gedenktage des Königs würden immer noch zehnTage oder eineganzeDekade fehlen. Ich glaube daher, dass die Auswahl mit Rücksicht auf die dies fasti und nefasti des Kalenders getroffen ist und nur die günstigen Tage gewählt sind, welche dess- halb in den zugehörigen Textcolumnen dem Könige alles Gute zusagen. Bei weitem wichtiger als diese Frage, ist für unsern gegenwärtigen Zweck das eigentliche Mittelfeld des Centr als t reif ens mit der sonderbaren Darstellung, die ich schon vor zwölf Jahren in meinen „Zodia- ques de Denderah" als „scene de l'intercalation" bezeichnet habe. Man begreift auf den ersten Blick, dass dieses wichtige Element des Kalenders passend zwischen die beiden Jahresformen annus fixus und annus vagus in den Mittel streifen verlegt ist, weil es ja thatsächlich

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die Differenz zwischen beiden darstellt. Auch musste das Osymandyaeum, wenn es ein Horoskop darstellt, wie hoffentlich Niemand mehr be- zweifeln wird das bestimmte Jahr der vi erjährigen Schalt- periode kennzeichnen, ob es x/4, 2/4, 3/4 oder 4/4 d. h. einen gan- zen Tag Ueberschuss über die Zahl der 365 Tage hatte. Der Früh- aufgang des Sirius oder der Sothis war hierin ein genauer Regulator, da er dreitausend Jahre hindurch zu Aegypten eine solche Stellung einnahm (Petavius), dass er genau ein astrales Jahr zu 365]/4 Tagen bedingte und also im ägyptischen Kalender nicht, wie im Gregorianischen, eine zeitweilige Ausschaltung oder Unterlassung der Einschaltung nöthig würde.

Ich habe vor zwölf Jahren behauptet, dass der nach je vier Jahren

erwachsende Tag einen eignen Dekan besass: pe siu ua g*ft, Stella

unica 26) genannt, dessen Symbol, ein kleiner Widder, mit der Tages- oder Sonnenscheibe ausgestattet ist. Er steht genau zwischen den Dekanen JE/uat und Tnip^iax „Theiler, Kopf des Theilers (Halbirers)", mit den Nummern 18 und 19, trifft also genau in die Mitte der De- kanenreihe und somit des Jahres selbst. Ich schätze mich glücklich, einen Text produciren zu können, worin dieser Einzelstern neben Sonne, Mond, Osiris-Sahu oder Orion, dem Vertreter der fünf Epagomenen, sowie der Isis-Sothis eine religiöse Bedeutung be- ansprucht. . N

In einem hieratischen Papyrus des Museums von Bulaq (Nr. 3)27), der einem Priester (Pater divinus) Namens Heter in's Grab mitgegeben wurde, und der eine um so grössere Wichtigkeit besitzt, als dieser Heter, Sohn des Harsiesis und der Taiho, mit dem Priester Heter (cf. supra identisch ist, dessen Todes-Epoche ich auf das 7. Jahr Hadrian's: 123 n. Chr. bestimmt habe, lautet ein Passus pl. 13, lin. 6 8 folgen- dermassen:

„Du ergreifst den Mond in der Nacht, du gehst auf am Tage gleichwie das schöne Licht des leuchtenden Sonnengottes. Es sind

26) Nicht pe siu sat „der Stern des Pfeiles", wie Lepsius Chronol. d. Aeg. p. 76 bietet.

27) Cf. Mariette: Les papyrus egyptiens du Musee de Boulaq.

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alle Länder beleuchtet in der Nacht vom Monde, dem schönen, an dem Feste des 15. Monatstages, um zu schaffen Freudestunden im Gefolge

der Strahlen. Du erglänzest am Firmamente 1^*r$ y>\fl£l a*8 Einzelstern; du bis wie (als)Sahu (Osiris- Orion) am Leibe der

Nut ^.STQM©AroP8). Dein Scheinen innerhalb dieses Landes ist

wie das des Mondes, wenn er sein Uzatauge ^g erfüllt (d. h. in der Nacht des Vollmondes).' Isis ist mit dir als göttliche Sothis

iA*qJ) am Himmel: nicht trennt sie sich von Dir in Ewigkeit."

Man sieht, wie hier der Einzel stern einerseits dem Osiris, dem Vertreter der 5 Epagomenen und der Isis-Sothis vorangestellt wird und doch andererseits mit diesen letzteren zwei unzertrennlich verbunden ist. Diese Doppelstellung des Einzelsternes als Repräsentanten des Schalttages erklärt sich aus der Thatsache, dass das betreffende Emblem: das Stier viertel, wie ich längst nachgewiesen und zuletzt in meinem Artikel über ,,die Pyramide des Cheops" 29) wiederholt be- tont habe, sowohl mit dem antiken Symbole des Nordpols und des Monats Phamenot: dem weiblichen Hippopotamus, als mit dem (sperberköpfigen) Horus, dem Vertreter des Monats Mesori, in Ver- bindung gesetzt wird. Der Sinn dieser Doppelstellung ist der, dass der Einzelstern als Dekan des Schalttages astronomisch in die Mitte des Jahres fällt (zwischen Tapesmat und Smat); aber kalendarisch vom Mesori, gleich den 5 Epagomenen, absorbirt oder annexirt d. h. an das Ende des Jahres gesetzt wird, so dass er dann zwischen Osiris- Orion und Isis-Sothis zu stehen kommt. Die Inschrift von Tanis, worin diese Stellung des Schalttages hinter den 5 ' Epagomenen am Schlüsse des Jahres und unmittelbar vor dem Sothisfrühaufgange weit- läufig erörtert ist, sowie die constante Uebung des koptischen Kalenders bis auf den heutigen Tag, dem 6. Epagomen dieselbe Stellung am Ende anzuweisen, spricht entschieden zu Gunsten meiner Annahme.

Auch fehlt es nicht an einem monumentalen Beweise dafür, dass

28) Diese Legende habe ich in dem Sitzungsberichte der k. Ak. d. Wiss. vom 5. Juni 1875 p. 144 auch aus einer Inschrift von Philae citirt.

29) Allg. Zeitung Beilage 1876 Nr. 84—86.

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die Tetraeteris oder vierjährige Schaltperiode den Aegyptern bekannt und von ihnen gebraucht war, was übrigens nur eine einfache Consequenz der Sothisperiode im Verhältniss zum Wandeljahre gewesen ist. Aus dem Decrete von Kanopus lin. 22 entnehmen wir, dass der in dem bürgerlichen Kalender neueinzuführende Schalttag „hinzugefügt werden sollte als Festtag t^uü der beiden Euergeten." In der That war

diese Einrichtung keine eigentliche Neuerung, da wir schon viel früher, z. B. in einem Ramessidengrabe 30) das Zeichen QJ, welches Jiebai ge- lesen und mit navriyvQig übersetzt wird, bei der Einschaltungsscene an- gebracht finden. Dass es sich in dieser Darstellung um ein wirkliches Schaltjahr des religiösen Kalenders handelt, ergibt sich mit einer gewissen Notwendigkeit daraus, dass in der späteren Zeit das Zeichen

für die Zahl 4 gebraucht wird. Ferner lehrt das unterhalb ange-

brachte Datum aus dem Wandeljahre: TTT^^njj »Athyr Tag 26," |7mS ! ! „Choiahk Tag 6", dass in jenem Schaltjahre, wie es auch durch die Theorie gefordert wird, die Dekaden übergreifen d. h. dass die Epagomenen mit den 5 ersten Tagen des Thot eine Dekade bilden, so dass die Zählung das ganze Schaltjahr und folglich auch das 2. Jahr des Quadriemiums hindurch vom 6. bis 15., vom 16. bis 25., vom 26. bis zum 5. des nächsten Monats reichen, während im ersten und dritten Jahre der Tetraeteris die Dekaden von 1 10, 11 20, 21 30 laufen. Hierüber werde rch weiterhin noch ein ausführliches monumentales Bei- spiel beibringen.

Aus dem Gesagten lässt sich jetzt schon so viel folgern, dass am Plafond des Osymandyaeums kein wirkliches Schaltjahr dargestellt ist, sondern das erste Jahr einer vierjährigen Periode weil eben

der Stiervorderschenkel allein, und kein dabei angebracht

ist. Es ist längst erwiesen und von Lepsius 31) zuerst vermuthet worden, dass die sieben Sterne des Grossen Bären (Heerwagens) ***££ dem

30) Vergl. meine „Zodiaques de Denderah" pl. VI, c.

31) Chronologie der Aegypter p. 144.

Abb. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth. 15

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conventionellen Stierschenkel **^3, wie er in Denderah und sonst er- scheint, identisch sind; man braucht sie nur mit Verbindungslinien zu umfassen, so erhält man den Stiervorder Schenkel, das ächte Sym- bol des Viert eltages, dieses für den Kalender so wichtigen und trotz meiner seit 12 Jahren gemachten Entdeckung so sehr vernachlässigten Elementes«

Häufig wird mit diesem Schenkel der Kopf des Stieres ver- bunden und so entstehen Figuren, wie im Thierkreis des Heter, in den astronomischen Darstellungen von Philae, Edfu und wie in dem uns jetzt beschäftigenden des Osymandyaeuins. Man sieht, wie einerseits das weibliche Nilpferd (Drache, Phamenot als Jahresmitte) Anspruch auf das Stierviertel (Vierteltag) erhebt, andererseits der sperberköpfige Horus mit o auf dem. Haupte und dem Dreizack in der Rechten, eine

Umwendung ^zzß an, auch ^^ y\ annu on rursus (— reversus) oder

Umkehrung desselben Stierviertels wie auf einer Drehscheibe bewerk- stelligt, weil eben der Monat Mesori nebst den 5 Epagomenen auch den Vierteltag (2/4, 3/4, 4/4) sich annexirt.

Die übrigen Symbole stehen damit im Zusammenhange: das kleine

gekauerte Krokodil U^saq co^i oov/yog crocodilus in Verbindung

mit der Scorpiongöttin Selq 3$^ (Wsk/jg) welche eine Tagesscheibe auf

dem Kopfe trägt und die Hände wie zum Empfangen vor sich hinstreckt, bezeichnet das Verhältniss von Nacht und Tag.32) Da ihre Legenden der Richtung des weiblichen Hippopotamus ädaequa!, sind und dieses Thier selbst von einem mächtigen Krokodile am Rücken überragt wird, und sich auf ein kleineres Krokodil wie auf einen Stab stützt, so scheint damit angedeutet zu werden, dass eigentlich die Nachthälfte des Jahres von dem Ueberschusse des Vierteltages profitiren sollte, aber factisch die Taghälfte gewinnt, weil eben das Ende des Mesori, von dem es annexirt wird, noch in den Sommer fiel.

Das Stierviertel hat in seiner bauchartigen Einfassung die Legende

ffi yj^ mesti: es ist das kopt. Oep-Mici pars quarta (cf. Tep, pars

32) Vergl. Horapollon hierogl. II 35.

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und mici quartus), welches Athanasius Kircher uns glücklicher Weise überliefert hat. Ich werde weiterhin zeigen, dass ausser der Schlange jUfiol mici serpens, die in der Hand des Horus auf den Namen des Monats Mesori anspielt, auch eine Krone des Namens mes existirte, die für unser Denkmal von entscheidender Wichtigkeit ist und bisher nur ver- kannt wurde, weil man bei diesem mes ausschliesslich an juec, juici natus etc. gedacht hat. Nun, dieses Stierviertel m e s t i ist von fünf Scheiben rückwärts umgeben, welche offenbar die 5 Zusatztage oder Epagomenen bedeuten. Wir haben also noch einmal den Beweis, dass factisch damals schon der überschüssige Vierteltag an das Ende des Jahres hinter die fünf Epagomenen gesetzt wurde.

Dies ergibt sich auch aus dem unterhalb angebrachten Paare: Löwe und Krokodil, welche in entgegengesetzter Richtung sehen als das Paar Krokodil und Skorpion: während diese beiden andeuten, was astronomisch eigentlich sein sollte, besagen jene beiden, was kalen- darisch wirklich geschah, dass nämlich der überschüssige Vierteltag der Sonnenhälfte des Jahres zugerechnet wurde. In der That entspricht der Löwe als Symbol des Sonnengottes Horus 33) und allenfalls vermöge

seiner Legende j|Nf (I v^ <^ maau moti leo , verglichen mit jw m

maui mot€ splendor fulgor, dem Tage, sowie umgekehrt das Krokodil besonders sein Schwanz ^ , qam, dem Ende und der Nacht34) eignet.

Es übrigt noch, die länglichten Fruchtkörner zu erklären, welche, 19 an Zahl, in der Mitte des Centralfeides wie ausgestreut liegen. Es ist dies, um es kurz zu sagen, der mysteriöse Name des fruchtbringen- den Nils, der wegen des Begleittextes (vergl. den nächsten Abschnitt) nicht fehlen durfte, und sonst z. B. im Pap. Sallier II 2, 8 phonetisch

g <=>i||^rjf neptra w^npi granum (grenier, granificus) geschrieben wird.

Es scheint hier also nicht die Aussaat (pert), sondern die Ernte also der Sommer gemeint zu sein.

33) Cf. Horapollon I 17.

34) Cf. Horapollon I 69, 70.

15*

116

Der Begleittext.

Nachdem wir die bildliche Darstellung in ihren wesentlichen Theilen gründlich zergliedert und die Textcolumnen, als nebensächliche Zuthat, nur im Allgemeinen berücksichtigt haben, sind wir gehörig vorbereitet, den Begleittext selbst in Angriff zu nehmen, vollständig zu übersetzen und die wichtigeren Legenden eingehender zu behandeln.

Die Seitencolumne, welche längs des untersten Streifens, recht- winklich zu den Figuren und Texten des fixen Jahres, sich entwickelt, beginnt (hier auf unsrer Tafel) linker Hand und lautet folgender Maassen :

„Harphre d. h. Horus der Sonnengott als Thronfolger (Anolltov), der starke Stier (ravyog XQarsQog) der die Wahrheit liebt (cpilab]d-r}g)3b) der König des oberen und des unteren Landes: Ra-vesu-ma-sotepenra 3Oov{iavdvag, der Sohn des Sonnengottes: Ramessu Meriamun (*PajLieööfjg

Mia/uovv) hat errichtet sein Memnonium v\ööö Marne nun, dem Vater

Amonra, König der Götter (Amunra suten nuteru = 3A}jLov^aoovd-r\q) als Centralbau (oder im Innern) des Hauses Ravesuma-sotepenra (Oövfjiavdvaeiov). Er hat erbaut eine Halle (ctotä. aroa porticus) mit Säulen aus Lotosbüscheln auf der Treppe zu seinem Adyton, dem präch- tigen, als Huldigung für den Herrn der Götter: Amunra, den Fürsten fliyq) Thebens. Die Mauern bestehen aus Stein, die Einmeisselungen auf den Wänden aus der Schrift des Gottes Tahuti (Thot). Ihr (der Halle) Atrium ist gebildet aus hartem Sandstein (H&og özeQsbg), wie auch aus Sontholz der Landschaft Uti. Man ist zufrieden darüber stets (?)36) von Seiten des Südhimmels und der prächtigen (Decan-) Sterne des Firmamentes : sie gewähren (desshalb) eine lange Reihe (Er-

streckung) von Tetraeteriden UJJ^==^ -Festen dem Sohne des Sonnengottes :

Ramessu Meri-Amun, dem gleich Ra Lebenspendenden in Ewigkeit."

Dieser Text, der sich hauptsächlich auf den Bau selbst bezieht, ist

doch nicht ohne Absicht , vermöge des festen Materiales und der

35) Vergl. die Uebersetzung des Hermapion bei Ammian. Marcellinus und meine ak Abh. „Obelisken und Pyramiden" Sitzungsb. 186t'..

36) Diese Stelle ist etwas zerstört.

117

durch Thot verbürgten und auch wirklich erreichten Fortdauer ge- rade an der Seite des fixen Jahres angebracht. Auch enthält er die Ueberleitung zu den Tetraeteriden des Mittelstreifens mit dem Embleme der Einschaltung, sowie zu den Planetengöttern des obersten Streifens. Ich habe desshalb mit dem untersten Streifen den Anfang gemacht.

Was den Mittelstreifen betrifft, so hat er eigentlich nur die (links) symmetrisch von der Mitte auslaufende Legende als Begleittext: ,,Es lebe der König des oberen und des unteren Landes: Ravesuma- sotepenra, des Amonrasonther37) Liebling". Es lebe der Sohn des Sonnengottes : Ramessu Meri-Amun, der Götter am Himmel Liebling". Ausserdem eignet ihm der grosse Discus am rechten Ende, bei welchem gewiss nicht unabsichtlich die Legenden der beiden Langstreifen mit

dem Worte ZI djet <7eT alwv Ewigkeit (Permanenz) zusammenstossen.

Denn das Schaltwesen ist ein getreues Abbild der himmlischen Nord- polgegend und sichert die Perpetuität der Zeitrechnung. Desshalb sind auch an beiden Endcolumnen des Mittelstreifens die Namen des Königs symmetrisch angebracht, damit, wie so manche Inschrift (z. B. Bokenchons) lehrt, sein Gedächtniss fortleben möchte im Munde der kommenden Geschlechter.

Das Hauptinteresse übrigens beansprucht der Seiten- Text des oberen Streifens (Tafel), der längs der Columnen des Wandel- jahres sich erstreckt, weil er uns die Mittel bietet, im Zusammen- halte mit den dazu gehörigen Emblemen und Legenden, die Epoche des Osy m andyaeums und damit des Regierungsantrittes von RamsesIISesostris genau zu bestimmen. Es sind zwar gegen das Ende hin einige Gruppen zerstört; indess genügt das Erhaltene zu der Ueberzeugung, dass kein wesentlicher Gedanke damit für uns ver- loren ist, weil eben die dem oberen Streifen benachbarten Columnen uns über den Sinn genügend aufklären. Der Text des oberen Lang- streifens lautet :

,,Es sprechen die Götter und Göttinen am Südhimmel (d. h. die

37) Man beachte, dass in der Legende 'Apov-Qa-zo-v&riQ Amon-Ba-suten-nuteru „Amon- Ka König der Götter", die Lautverbindung v# der analogen v6 in Oavfxcc-vdv-ag entspricht.

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Planeten Mond- und Sonnenphasen) zu den Herrscher mit dem weissen und dem rothen Hute (Symbole von Ober- und Unterägypten) : Rave- suma-sotepenra (Osymandyas), dem Sohne des Sonnengottes: Ramessu Meri-Amun: „Es gewährt dir Ra deine Metamorphosen wie die des Mondes, dass deine Jugend neugeboren wird an jeder Procession (Festlichkeit, Feier), dass du ausstrahlest Lichthelle wie der Horizon- tige (Sonnengott Harmachis) wenn er sich darbietet (aufgeht)38); dass du erglänzest (aufleuchtest) gleichwie Isis-Sothis am Firma- mente, am Morgen des Jahresanfanges39). Sie bereitet dir

10 Millionen von Tetraeteriden , Nile, nicht mangelhafte ( ^ §'*-a

-xoA^, <ypo£ parvus, deficiens). Es erscheinen dir die Dekansterne (Khabesu) jede Dekade40), um zu häufen (ce-yg) deine Jahre; wohlge- sinnt ist dir (die Neomenie (?) Jedermann) wegen deiner Sculpturen, der unwandelbaren. [Du fährst in] deiner Barke daher gleichwie Sahu(0rion- Osiris) am Firmamente: deine Dauer ist wie seine Dauer, o Sohn des Son- nengottes: Ra.vesuma-sotepenra, Leben spendend wie Ra in Ewigkeit." Das Aufleuchten wie Sothis ist der Regierungsantritt, der dem helia- kalischen Aufgange entspricht. Es ist auffallend, dass im letzten Satze gegen alle sonstige Gewohnheit, der Titel § viog cHliov, der sonst nur vor dem Ringe mit dem Namen Ramessu Meri-Amun vorkommt, hier mit dem Thronnamen Rav es um a sotepenra verbunden ist, aus welchem OovjLia-vdvag sich gebildet hat. Das Befremdende schwindet etwas und wir brauchen gerade keinen Schreibfehler anzunehmen, wenn wir be- denken, dass gegenüber, in dem Schlusssatze des unteren Kurzstreifens, der Name Ramessu Meri amun schon vorgekommen ist, also der Thron- name ein passendes Seitenstück dazu bildet. Man könnte also höchstens den Irrthum, wenn es einer ist, dahin beschränken, dass der Steinmetz,

38) Nicht „er verleiht dir" (zu glänzen), wie Lepsius Chron. p. 119 übersetzt. Denn es steht deutlich ^^ » taf s u = „er gibt sich, bietet sich dar."

39) Nicht „das Gestirn des Jahresanfangs" wie Lepsius ibid. hat. Uebrigens hat schon Brugsch (Nouvelles recherches etc.) diesen Fehler so corrigirt.

40) Wie man trotz solcher Legenden, die ich in einem Aufsatz der Z. d. aeg. Spr. besprochen habe, die Existenz der Dekade noch immer bestreiten kann, ist unbegreiflich.

119

eben im Hinblicke auf dieses vis-ä-vis, sich das § zweimal erlaubt hat, statt dass er hier in dem Schlusssatze des oberen Kurzstreifens ^\^ hätte setzen sollen. Aber wie, wenn er absichtlich so einmeisselte in dem Bewusstsein, den Hauptnamen des Baues anbringen zu müssen?

Bestimmung der Epoche des Osymandyas.

Wir haben gesehen, wie die ,, Götter und Göttinen des Südhimmels" über den Planeten Venus und Mercur sowie dem Monde und den Sonnenphasen in dem seitlichen Begleittexte des oberen Streifens absichtlich zuerst aufgeführt sind. Es wird nun auch einleuchten, dass die Legende: „es erscheinen dir die Dekane jede D e k a d e" nicht ohne Grund da beginnt, wo daneben der 18. und 19. Dekan, d. h. die Mitte dieser Repräsentanten der zehntägigen Wochen angebracht ist, gleich als ob sie die Ueberschrift zu diesen 36 Dekanen, neben ihrem textuellen Zusammenhange mit der übrigen Seitenlegende, mitbezeichnen sollte.

Die Richtung der Monatsbenennungen des Wandeljahres folgt einer- seits der Richtung dieser Seitenlegende ganz parallel (von links nach rechts), andererseits schreitet die Zählung innerhalb der Tetramenie um- gekehrt von rechts nach links fort, wie die Namencolumnen der Dekane. Selbstverständlich sind letztere rechtwinklich zur Seitenlegende senk- recht gestellt. Dieses Verhältniss brachte mich zuerst auf den Gedan- ken, dass derjenige Monat, dessen Fortschreitung von rechts nach links

mit der Gruppe der Seitenlegende: 1 Jahresanfang auf ihrem

V

Gange gleichsam begegnet, der gesuchte Monat des Wan- deljahres sein müsse, in welchem die Isis-Sothis helia- kalisch d. h. zugleich mit dem horizontigen Sonnengott am Osthimmel erschien. Ein ähnliches rechtwinkliges Zusammen- treffen hat uns oben der Stein von Elephantine gezeigt.

Dieser Monat des Wandeljahres aber ist TTT£S der , dritte der

A/WW\ A/WW\

schom- Tetramenie, oder der Epiphi. Nun umfasst freilich dieser ganze Monat in Bezug auf die Rechnung den grossen Spielraum von 30 X 4 = 120 Jahren, welche vor dem Mesori: 35 X 4 = 140 & al80

120

360 J. vor der Sothis-Epoche 1325 v. Chr. liegen und also von 1585 bis 1465 reichen würden. Allein es gibt zum Glücke noch ein ge- naueres Mittel der Bestimmung.

Betrachtet und zählt man die Dekane oder Dekaden und be- ginnt wie billig mit der JSai&ig*1'), als der ,, Führerin der Dekane", da sie hier der übrigen Centralbilder wegen ebenfalls nach der Mitte ver- pflanzt ist, weil sie ebenfalls den Anfang bildet so trifft man bei keiner dessfallsigen Legende eine Bemerkung angeschrieben, als bei dem

Dekane Nr. 31: \^t'^^c7p Si-Ket 2ixh. Die zwei unmittelbar darunter folgenden Gänse mit der Lautung Hapi gehören zum vorhergehenden Dekane \<=^ Ket-Ksr als Patron und dieselbe Rolle dem Dekane JEixfa

gegenüber spielt das unterhalb stehende Jö**-0» welche Gruppe durch

die Patronin des 23. Dekans : nll* sat eccooT ovis das (darunter gross

abgebildete) Schaf, nämlich rfg^**^ erläutert oder verständlich wird.

Von dieser Legende und dem am Schlüsse beigefügten eigenthümlichen Zusätze werde ich sogleich sprechen. Jetzt gilt es, die Rechnung auf Grund der ermittelten Dekade zu machen.

Die Dekade Nr. 3 1 : 2ixez entspricht o f f e n b a r , da die dem Epiphi vorangehenden zehn Monate des Jahres 10X3 oder 30 Dekane beanspruchen, der Zeit vom 1. bis zum 10. Epiphi. Dadurch ist die Epoche des Osymandyas d. h seiner Thronbesteigung, auf den dritten Theil des obigen Spielraums beschränkt, nämlich auf das Inter- vall 1585 1545 v. Chr., vorausgesetzt, dass es gelingt, den Zusatz wirklich als eine Eigenthümlichkeit zu erweisen. Dies ist aber der Fall, wie schon aus seinem exceptionellen Herunterreichen bis zur Basis wahrscheinlich wird.

Erwägen wir zuerst den Namen der Patronin dieses Dekans, 2ixer. Fast auf allen astronomischen Denkmälern42), besonders aber im Grabe

41) Lepsius Chronol. p. 71: Text des Salmasius (Hephaestion). Auch auf den Zodiaques de Denderah beginnt die Kuh der Sothis den ganzen Katalog.

42) Vergl. meine Zodiaques de Denderah pl. IV, c. f.

121

Sethosis I steht *^=> ^g oder ^gr^S^^ (cf. oben die Legende des Papyrus von Bulaq) d. b. „Bauch der Nut." Die Hiraraelgöttin »rCR3 s^a^ des Conventionellen (Trag-) Himmels l J zeigt natürlich zwei Wölbungen ihres Bauches, vor und hinter dem Nabe], und thatsächlich entspricht die Distanz vom Dekan Nro. 23 bis Dekan Nro. 31, wo wir die „zweite Isis des Bauches der Nut" als Patronin treffen, annähernd dem Raumverhältnisse der gesammten Himmelswölbung.

Wir wissen nun schon aus Plutarch (de Iside et Osiride c. 12) um wie viel mehr und authentischer aus den Originaltexten, dass Isis und Osiris Zwillingsgeschwister und Kinder der Nut (!P««) von Seb und Thot waren und schon im Mutterleibe einander liebten: ~loiv de xai TJoiqiv tQÖJVTag äk/JjXwv xal tiqIv fj yevto&cu y.axa yaorpög (Pe'ag) vno oxotio ovvelvcu.

'WWV\

Vergleicht man nur den Text von Denderah43): <=> ÜLo i'iVl ^'^ ^P=^ ,,bis zu sieben Tagen verbrachte er im Bauche seiner Mutter Nut"44), welche Zeit mit der siebentägigen Trauer um den Tod des Osiris (col. 9) parallel gesetzt wird, mit der Thatsache, dass der

dritte Monatstag als Eponymie die Legende bietet ^ \\J\^=^ ?>Tag des Osiris, Fest (Panegyrie)", so muss man auf die Vermuthung ge- rathen, dass die sieben Tage vom dritten an gerechnet gerade so die Dekade voll zu machen bestimmt waren, wie uns der Plafond des Osy- mandyaeums in dem Mittelstreifen rechts die auf den dritten Monatstag unmittelbar folgenden Tagespatrone Amset, Hapi, Tiaumutef, Kebhsonuf etc. gezeigt hat, wo uns das Fehlen der drei ersten Monatstage befremdete. Es begreift sich nun, dass die „2. Isis des Nut-Bauches" weil sie eben die Zwillingsschwester des Osiris ist, der dem dritten Monats- tage entspricht, ebenfalls auf diesen dritten und zwar hier des Monats Epiphi45) hinweist. Dadurch wird die Epoche desOsymandyas

43) Brugsch: Materiaux pl. IX cqI. 9—10.

44) Dieselbe Schlusslegende bietet der Begleittext des Zod. circ. von Denderah: „am (im) Bauche seiner Mutter Nut."

45) Im Grabe des Sethosis fehlt bei „Nut-Bauch" der Zusatz Isis, wohl desshalb, weil sie sich ob des Todes ihres Bruders und des Königs Osiris d. h. Busiris verbarg. Der Dekan Iixet ist auf-

Abh. d. I C1. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth. 16

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d. h. des Regierungsantritts von Ram ses- Sesostris auf 28 + 30 + 5 = 63 X 4 = 257 J. vor 1325 v. Chr. bestimmt, d. i. 1577, wenn das Ereigniss in das erste Jahr der betreffenden Tetraeteris fiel. Dass dies der Fall war, lehrt die Anbringung des einfachen Stierviertels im Mittelfelde.

Wie lautet nun jener von mir oben in Aussicht gestellte eigen- thümliche Zusatz zu dem 3. Epiphi?

Er ist, wahrscheinlich wegen des beschränkten Raumes, sehr ein- fach und unscheinbar, aber dessungeachtet von der höchsten Wichtig- keit. Nach der Copie des H. Lepsius besteht er aus folgenden Hiero- glyphen: lllflf«» die keinen Sinn ergeben, weil ein dreimalig su su su ohne Beispiel dasteht. Liest man aber mit mir lllffinY nen su(ten)

mes und beachtet des Determinativ des stabhaltenden Mannes oder Würdeträgers dahinter, so wird man übersetzen dürfen: „dieser (Tag) ist des Königs Krönung/' Ich habe oben schon bemerkt und die con- stante Uebung der ägyptischen Schreiber aenigmatisch zu verfahren,

spricht dafür, dass H mes hier dasselbe Wort ist wie jlj^ mesu ,,die

Kronen", nur dass statt der Krone der Gekrönte selbst dahinter steht. Dieselbe Gruppe mes bezeichnet im Mittelfelde den Vierteltag mici (quarta

pars) und in dem Seitenbegleittexte steht ^Sal^H \^ „deine Jugend

wird (neu-) geboren (jede Processionsfeier)." Hier zeigt Schon das Kind

S) bei ehr o tu F)po^-, dass [p y in seiner gewöhnlichen Bedeutung „geboren" Aiec zu fassen ist; zugleich aber deutet der Ausdruck

S ^=r se-chä riib Iv Tidotj i^odelq, dass der Schreiber Wortspiele bildet,

die auf jenes \\ unter dem 3. Epiphi das erwünschte Licht werfen, so

dass nen su(ten) mes in der von mir erhärteten Bedeutung ,, dieser (Tag) ist die Königs-Krönung" gesichert wird. Ich werde weiterhin, wenn ich auf die Epoche des Sethosis I zu sprechen komme, auch seines Titels

l\ I _e ^ der Datirung seines siegreichen Feldzuges gegen die S ch a s u

fallend gross geschrieben zum Zeichen, dass der Todestag des Busiris und der Kegiei ungsantritt des Osymandyas dem identischen 3. Epiphi entspricht.

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gedenken und nachweisen, dass dieses nicht eine „ere des renaissan- ces" (Brugsch) noch ein nichtssagender Titel (Lepsius) ist, sondern die Epoche des Sethosis I: 1585 v.Chr. bezeichnet. Auch dieser Titel, „wiederholend die Krönung" zu übersetzen, ist von weittragender chro- nologischer Bedeutung, da er ausser dem genannten Resultate in Betreff des Sethosis I (XVIII. Dyn.) uns sogar die Epoche des Hauptes der XII. Dyn. Arnenemhal mit dem identischen Titel nem-mesu bestimmt auf 2545 v. Chr. festsetzen lässt.

Die eben besprochene Legende nem-mesu „wiederholend die Krönung", womit eine neue Aera des betreffenden Regenten in Bezug auf den Kalender gemeint ist, enthält zugleich wegen der Wahl des Ausdrucks mesu eine Anspielung auf den unmittelbar vorangegangenen Tod des Vaters Sethosis. Dieser starb am Abend oder in der Nacht des 2. Epiphi, und seinem Tode entspricht, wie beim Osiris (cf. oben „Bauch der Nut") am Morgen die Throngeburt seines Sohnes und un- mittelbaren Nachfolgers Osymandyas Ramses II Sesostris.

Wir haben hiefür, nämlich für die präcise Stunde des Regierungs- antrittes, ein paralleles Beispiel in dem von H. Dr. Ebers 46) veröffent- lichten Texte bezüglich Thutmosis III. Hier ist nach der Erwähnung der Regierungsdauer dieses berühmten Pharao „von Jahr 1 bis Jahr 54"

sein Todestag auf den letzten oder 30. Phamenot und zwar *öl\ UJ^o

„zugleich mit dem (Untergange des) Discus" also am Abend angegeben. Sein Sohn und unmittelbarer Nachfolger Ra-aa-cheperu (Amenophis II) gelangte am Morgen des nächsten Tages „als die Sonnenscheibe am Himmel aufleuchtete" zur factischen Regierung.

Also auch hier berührten sich, wie bei Sethosis I Busiris und Osy- mandyas (Ramses II. Sesostris) Tod und Geburt d. h. Krönung fast unmittelbar und es lag ohnehin in der Gewohnheit der Aegypter, den Tod mit dem Untergange, den Regierungsantritt mit dem Aufgange der Sonne zu assimiliren. Dass Sethosis' Grab denselben Charakter des 3. Epiphi zeigt, wie das Osymandyaeum, rührt daher, dass in dem Grabe vom Abend an gezählt wird. So bestätigt also diese scheinbare Aus- nahme meinen Ansatz in erwünschtester Weise.

46) Zeitschrift für aeg. Spr. 1873 S. 7. Brugsch 1876.

16*

124

Ich hatte also Recht, wenn ich in meinem Artikel über „die Pyra- mide des Cheops" ankündigte, nicht bloss Jahr, Monat, Woche, (Dekade) Tag, sondern auch die praecise Stunde des Horoscops und des damit gemeinten Ereignisses angeben zu können.

Wenn nun die Epoche desOsymandyas auf den 3. Epiphi == Sothis- frühaufgang = 20. Juli (des alten Styles) so musste der erste Thot jenes Wandeljahres 124-31-f20=:63 Tage später treffen, d. h. mit dem 20. September zusammenfallen. Das ist die Bedeutung des Kynokephalos oder der Herbst-Tag- und Nacht-Gleiche.

Ich habe oben ein weiteres Beispiel über die Dekaden ausserdem über die Einschaltung eines ganzen Tages (4A) im vierten Jahre des vierjährigen Cyclus (26. Athyr bis 6. Choiakh) aufzuzeigen versprochen und will nun mein Wort einlösen.

Auf einem leider! fragmentarischen Pfeiler des Duc de Choiseul Gouffier entdeckte Champollion-le-Jeune47) eine kalendarisch- astrono- mische Darstellung, deren erste erhaltene Legende so lautet: pj^luunn<g-nn „vierter Monat der Scha- Saison (Choiakh) Tag 21 bis Tag 30''. Darauf folgt in unmittelbarem Anschlüsse ) ru §<§^' „erster Monat (Tybi) der Saat-Saison, Tag 1 bis Tag 10." Aehnlich lautet ein Beispiel der dritten Tetramenie: l^^%^n°iofin »er8ter Monat der Ernte-Saison (Pachons) Tag 11 bis 20.u Diese drei Angaben genügen, um sich den Dekaden- lauf des ganzen Jahres zu construiren, da immer von 1 10, 11 20, 21 30 fortgeschritten wird, während im zweiten oder vierten Jahre des vierj. Schaltcyclus die Bewegung von 6. 16-, 16. 26., 26. 6. ge- schieht. Auch dieser Kalender eignete entweder dem ersten oder dem dritten Jahre des Quadrienniums. Er ist passend mit dem Gotte Thot von Nubs (Uvovip 'leyaGvxafiivog) verknüpft, da dieser dem ersten Monats tage und dem ersten Monate (letzteres durch seine weibliche Seite Tachi), vorstand. Auch ist dieser Kalender in Beziehung gesetzt zu einem Könige, dessen Name leider! abgebrochen ist (ver- muthlich ein Ptolemäer); derselbe opferte dem Thot, „um das Land zu

47) Young: Hieroglyphics X pl. XXVII. „months".

125

schützen." Eine andere Figur: fe^ ba „Seele" in einem Kahne,

darunter eine Schlange mit ® auf dem Haupte und der Legende J|vi

Wange, (Wärme) „brennende Wange" hat hinter sich den Text ,,der Opfernde erbittet Wasser, Wind, Felder von ihm '^jy*^. in seiner De- kade am Teiche von Nubs."

Ich denke, hiemit ist der Beweis vollständig erbracht, dass Osy- mandyas entweder am 3. Epiphi des Jahres 1577 vor Chr. den Thron seines Vaters Busiris wirklich bestiegen hat, oder dass dieses Ereigniss wegen des Sothisfrühaufgangs auf diesen Tag verlegt wurde. Daraus ergibt sich die Folgerung, dass der von ihm desshalb angeordnete Bau bestimmt war, das betreffende Horoskop mittels der Darstellung am Plafond der Mit- und Nachweit zu überliefern. Die Wichtigkeit des Gegenstandes erheischt es indess, noch andere Beweise für die Richtig- keit dieses absoluten Datums, zunächst aus Sesostris Zeit selbst, bei- zubringen.

Die astronomischen Denkmäler.

Es dürfte wohl kaum einem Widerspruche begegnen, wenn man sowohl in Bezug auf die aligemeine Archaeologie, als insbesondere das ägyptische Alterthum die Thesis aufstellt:

Jedes Denkmal, und wäre es auch mit einem ausführlichen Texte versehen, gewährt uns nur einen Theil der archäologischen Ausbeute und niemals den vollen Ertrag des möglichen Aufschlusses, so lange wir nicht den chronologischen Anhaltspunkt ermittelt haben. Es war desshalb mein Bestreben von allem Anfang an dahin gerichtet, sichere Merkmale zu ergründen, vermöge deren die betreffenden Darstellungen in die Zeitreihe eingestellt werden könnten. Schon meine erste Arbeit aegyptologischer Art „Ueber (die demotischen Beischriften und) den Thierkreis des Heter" 48) hatte auf Grund der Stobart'schen Tabletten das 7. Jahr des Kaisers Hadrian (124 n. Chr.) als das Datum des astro- nomischen Sarkophagzodiacus erzielt. Ais ich dann später die beiden

48) Zeitschr. DMG. 1803, Seite 358 flgd.

126

Tbierkreise von Denderah 49) behandelte und für den rectangulären Thier- kreis im Pronaos den 17. November =r 21. Athyr 34 n. Chr. als Geburtstags ho roscop des Kaisers Tiberius, sowie für das Rundbild im Dachzimmer den 1. September 36 v. Chr. als Epoche der neuen Aera der Kleopatra (&w vewreya rIaig) entdeckt hatte, war es mir bereits zur Ueberzeugung geworden, dass alle alt ägyp- tischen Denkmäler astronomischen Charakters je ein H o- roscop des dargestellten Ereignisses enthielten.

Die Auffindung des trigraphischen Decretes von Canopus (Inschrift von Tanis) im Jahre 1866 gab meinen chronologischen Forschungen neue Nahrung, indem dieses interessante Aktenstück eine vollständige Theorie der S othisperiode nebst einem soliden praktischen Beispiele lieferte, worauf weiter n gebaut werden konnte. Allein amtliche Be- schäftigung an einem Gymnasium verzögerte meine dessfallsigen Unter- suchungen, sowie andererseits auch noch graphische und sprachliche Räthsel zu lösen waren, ehe daran zu denken war, die schwierige Frage der ägyptischen Chronologie wieder aufzunehmen. Erst 1874 gelangte ich wieder dazu ; die academische Abhandlung „die Schalttage des Euer- getes I und des Augustus 50)u, sowie die bald darauf folgende: „Die Sothis- oder Siriusperiode"50), endlich die Abhandlungen : „König Nechep- sos, Petosiris und die Triakontaeleris"50) „Augustus-IIarmais"50) beweg- ten sich nicht nur auf dem Gebiete der Theorie, welche in's Reine zu bringen war, sondern erschlossen ganz bestimmte praktische Fälle der Chronologie.

Ich befände mich nicht in dem unliebsamen Falle, ausschliesslich eigne Werke citiren zu müssen, wenn man von anderer Seite meinen Ergebnissen die gehörige Aufmerksamkeit geschenkt hätte : aus den Resultaten meiner „Zodiaques" wäre für jeden Aegyptologen dieselbe Nutzanwendung möglich gewesen, die mich in den Stand setzt, eines der wichtigsten Denkmäler chronologisch zu bestimmen.

49) Les zodiaques de Denderah 1865.

50) Sitzungsbericht vom 7. Februar. Sitzungsbericht vom 4. Juli 1874. Sitzungsbericht vom 5. Juni 1875. Sitzungsbericht vom 5. Mai 1877.

127

Was ich am Schlüsse meiner drei letzten oben angeführten Ab- handlungen als zuversichtliche Hoffnung ausgesprochen, dass uns die Thierkreise von Denderah, weit entfernt, durch ihre junge Epoche an Werth zu verlieren, vielmehr als astronomische Bilingues für die pharao- nische Chronologie dienen würden dass der vorläufige Abschluss meiner theoretischen Arbeiten demnächst Beispiele der praktischen Zeit- rechnung erwarten lasse kurz, dass möglicherweise ein Glücksfund in Aussicht stehe, der sowohl über die jüngeren als die älteren Sothis- perioden authentischen Aufschluss zu ertheilen geeignet erscheine : das hat sich wider alle Voraussicht schnell, wenn auch in anderer Weise verwirklicht. Meine im Jahre 1877 erschienene51): „Aegyptische Chrono- logie'" beweist, dass ich mich gegenwärtig im Besitz von drei Dutzenden absoluter Daten befinde, welche was ihren Werth unendlich erhöht den verschiedensten Zeiten der altägyptischen Ge- schichte angehören und eine ununterbrochene Zeitreihe darstellen.

Es sind aber nicht ausschliesslich So thisf ruh aufgänge, welche hiebei in Betracht kommen, sondern auch andere Zeitperioden spielen mitunter eine entscheidende Rolle. Ich erwähne hier nur die Phönix- periode und ihre Epoche unter Ramses Sesostris und zwar am 30. Mechir seines 52. Regierungsjahres, wie ich sie in meinem „Moses der Ebraeer" 1868 bereits nachgewiesen und oben schon erwähnt habe. Hätte man hierauf geachtet, so wäre es ziemlich leicht gewesen, auch die Epoche des Regierungsantrittes dieser interessantesten Persönlichkeit unter den Pharaonen genau zu ermitteln und damit einen höchstwichtigen Zeit- punkt zu bestimmen.

Was ich jüngst in meinem Artikel „die Pyramide des Cheops"52) behauptet hatte, dass dieEpoche des Osymandy as mittels der astronomischen Darstellung des sogenannten Ramesseums in Theben sich genau nach Jahr, Monat, Dekade, Tag und Stunde bestimmen lasse, dieses gegebene Wort habe ich in Obigem eingelöst und damit einen wichtigen Beitrag zur antiken Chronologie überhaupt geliefert.

51) Bei Trübner in Strassburg.

51) Allgemein. Zeitung, Beilage Nr. 86 p. 1304 (1876).

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Die Rechnung selbst erwies sich als erstaunlich leicht und einfach; die Schwierigkeit lag in der Ermittlung der Factoren oder Posten, die freilich nicht von selbst sich aufdrängen, sondern mühsam und mit gewissenhafter Beachtung der ägyptischen Eigenthümlichkeit räthsel- hafter Einkleidung aufgesucht werden mussten.

Bevor ich jedoch daran ging, die Ergebnisse der Aegyptologie in Bezug auf Schrift und Sprache, sowie die Fingerzeige der ägyptischen Astronomie für die Erklärung des fraglichen Denkmals zu verwerthen, war es erforderlich, darüber in's Klare zu kommen, welcher König mit dem Namen Osymandyas gemeint sei. Bekanntlich erwähnt nur Diodor diese Namensform, aber zum Glücke mit solcher Ausführlichkeit und mit Angabe solcher Merkmale, welche über die Geschichtlichkeit des betreffenden Königs keinerlei Zweifel aufkommen oder bestehen lassen. Andererseits ist das fragliche Denkmal (jivrjjbia), dessen Identi- ficirung mit dem Ramesseum von Seiten der französischen Gelehrten der Description de PEgypte ich als bekannt voraussetzen durfte, wie durch ein Wunder von fast gänzlicher Unversehrtheit.

Der Phoenix des Sesostris (und Augustus).

Wären die Denkmäler der altehrwürdigen Urhauptstadt Aegyptens: Anu (On) Heliopolis in grösserem Umfange erhalten, so würden wir in dem Baue, vor welchem einst das Obeliskenpaar des Hermapion stand, sicherlich eine auf den Phönix bezügliche Darstellung antreffen. Denn sonstige Denkmalnotizen und die Nachrichten der Classiker03) lassen keinen Zweifel darüber bestehen, dass wirklich, wie im alten Helio- polis der Ursitz aller Ueberlieferung war, so auch der Phönix, das Symbol eines 1500 jährigen Zeitkreises, von Alters her dort eine Cultur- stätte besass, die in der Uebersetzung des Hermapion mit vews tov (poivixog bezeichnet ist. Da nun der König 'Pautox^g, welcher nach der Angabe der betreffenden Obeliskeninschrift diesen Tempel des Phönix mit Gütern anfüllte, kein anderer als Ramesses II Sesostris sein kann,

53) Herodot II 73; Tacitus Annal. VI. 28. Horapollon I. 34, 35; II 57. Plinius h. n. X, 2; Plutarch. de plac. philoss. II 32 ; Aelianus h. an. VI 58 u. Andere.

129

so sieht man ein, dass des Tacitus Nachricht über den Beginn einer Phönixperiode unter eben diesem Sesostris aus ächter Quelle stammt.

Die Texte nennen nun diesen Vogel Jj^ >)• n5* Bennu und der- selbe vertritt auch den Osiris und den Planeten Venus. Vielleicht be- zieht sich hierauf die monumentale54) Legende: JS££ jöA ™~™ W Mu^

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I^J^<l5'^[jl8 »Er (König Ramesses II) ward erzogen vom Baneb- dat (Mendet-Osiris) an dem Hauptsitze von Anu". Offenbar iat hiemit der Phönix von Heliopolis gemeint und als Vater des Sesostris wegen der Zweideutigkeit des Namens Osiris-Busiris (Sethosis I) hingestellt. Da ich nun die auf die Sothisepochen bezüglichen chronologischen Bei- namen der Könige öfter mit der Legende „Sohn der eponymen Monats- gottheit" gefunden habe, so deutet auch hier die Sohnschaft des Se- sostris mit dem Phönix als Vater auf eine chronologischeEpoche. Es gab auch falsche Phönixe. Ich bemerke hier nur kurz, dass der von Tacitus 1. 1. dem Tiberius 34 n. Chr. zugeschriebene Phönix, welchen nonnulli einen falsum Phönicem nannten, wie analog Plinius den dem Kaiser Claudius a. u. 800 zu Gefallen nach Rom bestellten Phönix, ausdrücklich als einen falschen bezeichnet, von der rectan- gulären Darstellung des Pronaos von Denderah abgeleitet wurde, wo aber das Horoscop auf den Geburtstag (JZeßaorfj) des Kaisers lautet. Dieser Ausdruck, im Zusammenhalte mit der zweimal dort angebrach- ten Legende: LKA Avxoy.QaxoQos TißeyLov KaloaQog veov 2eß aarov , vlov &tov ^EeßaoTov, ld&i)Q xa JZe ßaarfi, konnte geeignet scheinen, das eigentlich dem Augustus (^sßaoxog) zugedachte Ereigniss auf den Tiberius zu übertragen. Denn in der That war das J. 25 v. Chr., wo Augustus den fixen Kalender nach dem Vorgange des Ptolemaeus Euer- getes I55) einführte, zugleich ein Epochen jähr, indem die mit Se- sostris anhebende Periode damals zu Ende ging, Ihre Dauer von 500 Jahren: von Augustus bis Amasis: 25 525 = 500 Jahre, die allgemein56) bezeugt wird, bezieht sich nur auf eine der drei Tetra-

54) Young: Hieroglyphics II 62.

55) Vergl. meine akad. Abb. „die Schalttage des Euergetes I und des Augustus."

56) Cf. Lepsius, Chronol. d. Aeg. passim.

Abh. d. 1. 01. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III.Abth. 17

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menien, und man sieht aus des Tacitus Bericht, dass auch diese wieder in zwei Stücke zu je 250 Jahren getheilt wurde, welche Zahl folglich der Verschiebung von je 2 Monaten des Wandeljahres entspricht. Die ganze Periode umfasste demnach 1500 Jahre. Rechnet man diese Summe von 25 v. Chr. zurück, so gelangt man auf das Jahr 1525 v. Chr. als die Haupt epoche der Phönixperiode, wo sie ihren Anfang ge- nommen hat, und zwar unter Sesostris.

Dieses Resultat, welches ich schon früher erzielt hatte, könnte nur durch eine eingehende Untersuchung über die wahre Natur und den Ursprung der Phönixperiode über allen Zweifel erhoben werden. Allein der Rahmen dieser Abhandlung gestattet keine solche Ausführlichkeit und ich beschränke mich daher darauf, das rechnerische Ergebniss durch die astronomisch-kalendarischen Incidenzen festzustellen.

Wenn Lepsius in seiner „Chronologie der Aegypter" p. 189, unter Ptolemaeus Philadelphus (qui tertius ex Macedonibus regnavit) nach Biot's genauer Forschung, einen Wechsel der Epoche und zwar auf das Jahr 275 vor Christus ansetzt, wo die Sommersonnenwende mit dem 1. Pachons zusammenfiel, so kann ich ihm darin nur beistimmen. Hiemit steht im Einklänge, dass er eine Seite weiter (190) in dem Jahre 1275 v. Chr. den Epochenwechsel auf den 1. Tybi verlegt. Er kam zu diesem richtigen Ergebnisse, weil er (p. 188) vom 1. Thot (proleptisch 1775) ausging und je nach 500 Jahren den 1. Tag der nächsten Tetramenie eintreten liess. Er hätte aber demnach schon 775 auf den 1. Pachons gerathen müssen.

Ich meinerseits halte ebenfalls an Biot's Ergebniss fest, fasse je- doch, in Ueberein8timmung mit dem Leydener Papyrus (I 350) die ka- lendarische Bewegung als eine rückläufige, wie es der Ausdruck „Anfang des Jahres der Zurückweichung" gebieterisch erheischt. Da nun diese dem Sesostris gleichzeitige Urkunde es ist ein während seiner Re- gierung geschriebenes Tagebuch den „Anfang" der Phönixperiode auf den 30. Mechir setzt, so gewinnt es den Anschein, als ob, der rückläufigen Bewegung entsprechend, die einzelnen Abschnitte der Phönixperiode von dem jedesmaligen letzten Tage des Monats aus- liefen, während die Epochen der Sothisperiode die 120jahrigen hanti an den ersten Tag des betreffenden Monats geknüpft wurden.

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Wir hätten also den Anfang der Phönixperiode 1525 v. Chr. am letzten Mechir, und die folgenden fünf zweimonatlichen Abschnitte : 1275, 1025, 775, 525, 275 v. Chr. am 30. der Monate Choiahk, Phaophi, Mesori, Payni und Pharmuti (= l.Pachons), so dass die ganze Periode 25 v. Chr. unter Augustus wieder zum 30. Mechir zurückkehrt. Vorläufig ist diese zu den Nachrichten stimmende Eintheilung festzuhalten.

Wenden wir nun die so gewonnene Haupt-P^poche der Phönix-Periode : 1525 v. Chr. auf die uns jetzt vorliegende Frage nach der Epoche des Osymandyas an, und sehen wir zu, ob darin eine Bestätigung des An- satzes: 1577 v. Chr. liege. Vergessen wir nicht, dass der Phönix zu- erst £>esos tri de dominante in On oder Heliopolis erschien im 52. Jahre des Ramessu hyq-Anu und zwar genau in der Mitte des Jahres, Zählen wir nun diese 52 Jahre zu der Phönixepoche 1525, so gelangen wir unfehlbar auf das Jahr 15 77 v. Chr., das heisst, zu derselben Epoche des Osymandyas, die ich im Vorausgehenden aus dem auf seinen Regierungsantritt gemünzten Baue ermittelt habe. Ich denke dieses Ergebniss vereinigt in sich alle Gewähr der Richtigkeit.

Die aus diesem Haltpunkte der antiken Chronologie zu ziehenden Corollare ergeben sich zum Theil von selbst. Ich will hier nur auf eines näher eingehen: die Epoche des Augustus. So wie man die unter Tiberius und Claudius erschienenen Vögel Phönix als falsche be- zeichnen muss d. h. als solche, die keiner Incidenz oder Epoche inner- halb des Cyclus entsprechen, ebenso enthält auch der Phönix, den man auf den Münzen der Kaiser Constantius und Constans57) „modo supra rupem, modo supra sphaeram positum" wahrnimmt, nur eine Reminis- cenz an Augustus, das Prototyp jedes Augustus auch in Neu-Rom. Der Beweis hiefür liegt in der Umschrift : Felic[ium] tempforum] Re- parat io. Dieser Ausdruck deckt sich dem Begriffe nach vollkommen mit ccTioxaraaraaig, welche Horapollon II 57 ausdrücklich als Grundbe- deutung des Phönix angibt und die übrigen Quellen bestätigen. Wir haben hierin einen ziemlich directen Fingerzeig dafür zu erkennen, dass die mit Sesostris anhebende Phönixperiode unter Augustus 25 v. Chr.

57) Spanheirti : de praest. et usu Nunrnm. ant. I 287.

17«

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zum Abschlüsse gelangte. Dass man diese Gelegenheit wahrnahm, an den Namen des Augustus die Fixirung des Wandeljahres zu knüpfen, während die Sothisepoche 5 v. Chr. den Beinamen Harmais erklärt, habe ich anderwärts gezeigt.

Sothisepoche des Busiris-Epaphos.

Ueber das Zeitalter des Sesostris besitzen wir das Zeugniss des Aristoteles Polit. VII 9: nokv yaQ vn^xuvu rotg %Qovoig n)y Ml rat ßaaileiav fj ^eowax yiog. Trotz ihrer allgemeinen Fassung ist es meinem Ansätze doch günstiger, als den Systemen, welche ein jüngeres, um zwei bis vier Jahrhunderte späteres Zeitalter für diesen König an- nehmen. Lepsius kam wegen seiner Gleichung Mei/oyyrjg Meyicp&rig auf 1400 1334, Lieblein wegen Mevocp^rig Manebra (Thronname des Amenophis III) auf saec. XIII XII, Hincks bis auf 1167 herab. Von da ist es nicht mehr gar soweit bis zu der Gleichstellung des JZeowoTyig mit JZovöazog bei Flavius Josephus. Ich glaube meinem höheren Ansätze grössere Zuverlässigkeit zuschreiben zu dürfen, da er sowohl durch das Sothisdatum des Ramesseums, als durch die Epoche der Phönixepoche und diese selbst durch Tacitus, Papyrus Leydensis I 350, durch Miauovg ST?] td1' und durch den Id^ov^a^jalog im Laterculus des Eratosthenes empfohlen ist.

Aehnlich verhält es sich mit dem damit innigst zusammenhängen- den Epochenjahre: 1585 v. Chr. für Busiris-Epaphos; denn dass damit der Frühaufgang des Sirius am ersten Tage des Epiphi /|@(j^o58) ange- deutet und dieser Beiname auf Sethosis I Busiris gemünzt ist, er- gibt sich schon aus den Gleichungen ^Anig "Enacpog Anig = y'Ooi()ig (BovoiQig) und besonders scheint die oben berührte Notiz, welche den BovaiQig zum Enkel des ^'Enacpog macht, auf den Umstand hinzuweisen, dass derselbe König Sethosis I, welcher wegen seines am 3. Epiphi er- folgten Todes diesen exceptionellen Namen BovoiQig erhielt, wegen der Coincidenz des Sothisfrühaufgangs mit dem 1. Epiphi "Enacpog beige- nannt wurde.

58) So in einem Papyrus Bulaq., vergl. meine vorige Abhandlung „Augustus-Hermais", ge- schrieben.

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Hiezu stimmen einige Nachrichten der Alten. Nach Aelius Theon setzte Hesiod den Busiris um 1 1 Geschlechter vor Herakles, also um 12 yeveai oder 400 Jahre vor Troja's Katastrophe: 1584. Isokrates nahm für denselben 200 Jahre vor Perseus an und diesen setzte er um vier Geschlechter vor Herakles, woraus sich 11 ysveai von Busiris bis zu den Troica ergeben. Scheint dieser Abstand um ein Geschlecht zu gering, so muss man die verschiedenen Ansätze für Troja's Fall berück- sichtigen 59). Ebendaher erklärt es sich, dass Herodot II 145 den He- rakles runde 900 Jahre vor seine eigne Zeit hinaufrückt: 1350. Es sind dies genau zwei Geschlechter: 66 Jahre vor dem üblichen Datum der Troica: 1184 v. Chr. Wenn er also den Bovoioig irgend wo chrono- logisch fixirt hätte, so müsste er zu gleichem Endziele seiner Rechnung wie Hesiod und damit der Wahrheit sehr nahe gekommen sein.

Aber wie? hat er nicht etwas über JZt&tög, ich meine jene vielbe- sprochene Stelle II 142? Obschon Herodot den graecisirten Namen des zweiten Aethiopen der XXV. Dyn. Schabata(-ka) = JZfefrwg unter JS&fcäg versteht, so ist es doch wahrscheinlich, dass ihm von den Priestern eine Notiz über JZt&uyg-Maieip&ag überliefert werden wollte, und dieser Beiname <£>rir](pcu0Tog erklärt vielleicht den lysvg rov 'Hcpaiozov. Nun ist aber Sethosis I Epochenkönig, wie Menes-Phanophis und um so begreiflicher würde eine Berechnung des Abstandes beider. Es liegen zwischen ihnen 20 Monatsverschiebungen (hanti), oder 24 hanti = 2 Sothisperioden minus 4 hanti. Um die nach meiner Ansicht mit diesen 4 hanti identischen vier sothische Sonnenaufgänge rsroaxig ekeyov ix ^rj&twv (statt £'§ ij&ewv) rov rjliov ävazeilai etwas besser zu begreifen, ist es nothwendig, ähnliche Stellen bei Diodor über sothische Abstände zur Vergleichung heranzuziehen.

Diodor sagt I 51: fietct de rov nooei^r\^ievov ßaoilea (Ov%oQea NeZXor) dcodexa yevealg vareoov diade&uevog Tr\v xcct' j^iyvnxov fjyeuoviav Mol q ig x. t. I. Also zwischen Neilos Ramses III und Moeris = Phiops setzt er zwölf Geschlechter. Betrachtet man mit mir diesen Ausdruck yevea hier als Aequivalent für hanti oder eine

59) Vergl. meine Abhandlung: „Troja's Epoche.'

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Monatsverschiebung zu 120 Jahren, so verhält sich Alles richtig; denn in derThat liegen zwischen diesen beiden Epochalkönigen zwölf hanti oder eine volle Sothisperiode zu 1460 Jahren, welche von 2785 v. Chr. {MoTqiq l4&a>&T]g) bis 1325 v. Chr. ^PdjLitprjg Mave&iu&) herabreichen, wesshalb Herodot den letzteren Zeitpunkt (I 13) durch MdiQig rsrsXsvt^ycog be- zeichnen konnte. Man sieht, welch wichtige und richtige Notiz uns Diodor, ohne es selbst zu ahnen, für die ägyptische Chronologie über- liefert hat. Nur muss man sein /usra im aufsteigenden Sinne fassen und also seine Zeitfolge der beiden Könige umkehren.

Ein zweites Beispiel eines solchen vgt£qov-ttq6teqov bietet er I 62, wo er den König Merdrig-Mä^og, d. i Amenemes III Mara, den Erbauer des Labyrinths, um fünfGeschlechter vor die av&Q%ia setzt, welche durch den (Syrer) Ktrrjg beendigt wurde. Es versteht sich von selbst, dass von einer wörtlich zu nehmenden Zeitfolge hier keine Rede sein kann, da Amenemes III der XII. Dyn. angehört, während die ävaQxia in die XIX. Dynastie fällt, um beiläufig 960 Jahre davon abstehend. Allein wenn man den epochalen Charakter dieser beiden Endpunkte so- wie die dazwischen liegenden hanti oder Monatsverschiebungen berück- sichtigt, so empfängt diese Nachricht ihre rechte Bedeutung.

Amememes III Mayrjg (= Mayyog mit dem Epochalnamen Asychis (Sasyches, Petesuchis)60) repräsentirt den Zeitpunkt, wo der Sirius am 1. Tage des Monats Choiahk heliakalisch aufging, dessen eponyme Gott- heit die Suchet war. Damit ist nach leichter Berechnung das Jahr 2425 v. Chr. gekennzeichnet. Dieser Monat Choiahk ist der vierte der ersten Tetramenie. Geht man nun, analog wie in dem vorigen Bei- spiele, um fünf hanti (ysveai) aufwärts (jusrd !), so gelangt man zum Monat Mesori, dem vierten der dritten Tetramenie. Als Vertreter dieser Epoche hat sich mir der JiMpd-ag c£Q/ufjg d. h. Harmais ergeben, welcher illegitim erachtet wurde und daher innerhalb der Ramessiden- reihe der XIX. Dyn. die ärayxla: 1465 v. Chr. bezeichnet. Auf diese Weise werden die fünf ytvzai verständlich, obgleich es nur vier volle

60) Vergl. meine „Aegypt. Chronologie", sowie die Aufsätze: „der geometrische Papyrus" und »das Labyrinth" in der Allg. Zeitung Nr. 255, 2S4 (1877).

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sind, und verhelfen uns zum Verständnisse des xexyaxig ix ^rfttouv avaxulai xbv rjliov bei Herodot.

Ehe ich dieses rechnerisch nachweise, mag noch ein Blick auf Diodor I 45 geworfen werden, wo er an den Protomonarchen Mrjväg unmittelbar den König Bovoiyig anschliesst. Ist denn dies nicht iden- tisch mit Herodot's II 142: anb xov jiqujxov ßaoitiwg (Mrjvogl) ig xov cH(paioxov xbv iaea xovxov xbv xelevxaiov ßaoilsvaavxa (d. h. <Pdr](paiGxov)

Und nun besehe man sich die Distanz der Monate Phaophi (I, 2) und Epiphi (III, 3) als deren Repräsentanten Mrjvrjg <Parw(pig und ^€&tijg ^'Enacpog erhärtet sind : sie liegen um vier Stellen auseinander. Daher also stammt, wenn auch vom Berichterstatter nicht begriffen und mit einer selbstgefertigten Rechnung verquickt, jenes so vielbesprochene xsxoäy.ig tleyov ix J£r]&eiov xbv r\kiov avaxelkail Der ursprüngliche Sinn dieser Notiz war der, dass die Könige Menes und Sethos als End- punkte einer Reihe überliefert waren, deren Incidenzen mit den Monats- ersten des Phaophi und des Epiphi zusammenfielen. In Wirklichkeit liegen beide um 21 hanti = 2540 Jahre von einander entfernt.

Die Epoche des Exodus.

König Ramesses II Sesostris regierte, wie wir oben nicht nur aus Manetho, sondern auch urkundlich erfahren haben, 66 Jahre 2 Monate und da er als Osymandyas 1577 v. Chr. den Thron seines Vaters Sethosis-Maiephthas bestiegen hatte, so fällt sein Lebensende mit dem Jahre 1511/1510 v. Chr. zusammen. Sein 13. (oder 15.?) Sohn, der der Beinamen seines Grossvaters Menoptah als Hauptnamen annahm^ die zu Uusvcxpad- durch Vorschlag und Umsetzung statt Mtvoy&ag ge- worden ist, führte in seinem Thronringe die Legende Ba-(en-)ra, woraus Herodots fpeoujg und sogar des Lysimachus Bby.%oQig entstanden ist. Nun sind so ziemlich alle Aegyptologen darüber einig und Manetho' s Bericht beim Josephus über den Auszug der Aussätzigen gestattet wirk- lich keine andre Ansicht dass unter diesem Menoptah, dessen Sohn Sethosis II hiess, der Exodus der Kinder Israels aus Aegypten stattge- funden hat.

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Da nun Menoptah 19 J. 6 Monate regierte, so muss die Katastrophe, bei welcher er das Leben verlor, 1492/1491 v. Chr. gefallen sein. Als ich im Jahre 1868 61) durch die Entdeckung der Phönixepoche 1525 v. Chr. auf dieses Ergebniss geleitet worden war, musste ich unwill- kürlich an die Zahl „480 Jahre" erinnert werden, welche in der Bibel zwischen Salomo's Tempelbau in seinem 4. Jahre und dem Exodus überliefert sind. Man kann also nicht mit Recht behaupten, dass meine Rechnung von einer ausserägyptischen . Quelle provocirt und bedingt sei, sondern es hat sich mein Resultat ganz unabhängig von der bibli- schen Zahl ergeben.

Nachdem aber die Uebereinstimmung der zwei von einander unab- hängigen Quellen in Bezug auf das Jahr 1492 1491 als Datum des Exodus vorliegt, beansprucht sie sicherlich alle Berücksichtigung, Ich nehme hier Umgang von der Persönlichkeit des Moses, dessen Namens- legende ich aus Papyrus Anastasi I und Pap. Leyd. I 350 als das

ägyptische ffi ' yyf Mesu m*vc, Mec infans, puer erhärtet habe und

beschäftige mich jetzt nur mit der Summe ,,480 Jahre". Boeckh und Lepsius nehmen darauf bei ihren Berechnungen keine Rücksicht, indem sie sagen, auch die kirchlichen Chronographen wie Eusebius und Afri- canus hätten diese Zahl unbeachtet gelassen. Dies ist allerdings der Fall. Allein es begreift sich sofort, warum sie diese Unterlassungssünde begangen haben. Beide folgten nämlich der schon vor Flavius Josephus verfochtenen Ansicht, dass „Hyqschos" und ,, Kinder Iraels" identische Begriffe seien. So rechnet z. B. Africanus zwischen der ersten Olym- piade und Amosis, dem Vertreiber der Hirten, 1020 Jahre, setzt ihn also auf 1796 v. Chr., was annähernd richtig ist, aber auf den Exodus nicht passt, da dieser erst unter Menoptah, dem 18. Nachfolger des Amosis, wirklich erfolgt ist, beiläufig 350 Jahre später. Diese Chrono- graphen konnten also wegen ihrer falschen Grundansicht die Summe 480 nicht brauchen und darum erwähnen sie dieselbe nicht.

Für uns, die wir Hyqschös-Vertreibung und Exodus getrennt halten müssen, liegt die Frage wesentlich anders. Wenn man auch auf die

61) In meinem Buche: „Moses der Ebraeer"

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Verschwägerung des Salorao mit Pharao62) kein Gewicht legen wollte und selbst bei der extremsten Annahme, dass die Summe „480 Jahre" erst zur Zeit der Siebzig Dolmetscher in den biblischen Text gekommen sein sollte, so hatten doch die Zeitgenossen eines Manetho die Mittel zu einer richtigen Chronologie.

Vielleicht hat uns der Text Exodus XIII 4 „Heute ziehet ihr aus im Monat (des) A b i b" ein wichtiges Element zur absoluten Bestimmung der Epoche des Exodus bewahrt. Damit man nicht von vornherein gegen meine Gleichstellung dieses Monats Abib mit dem Epiphi-Abib der Aegypter den Vorwurf des Unerhörten erhebe, citire ich wörtlich, was schon Lepsius in seiner „Chronologie der Aegypter" p. 141 darüber gesagt hat: . . . „Epep = ^^>\ S'QNn. Zur Zeit des israelitischen Auszuges, den wir unter Sethos II setzen zu müssen glauben, entsprach in dem aegyptischen Jahre der wandelnde Epep ungefähr dem hebräi- schen Abib ; doch dürfte diese einzelne Uebereinstimmung noch zu keinen ferneren Schlüssen berechtigen , da uns die Namen der übrigen Mosaischen Monate fehlen." Lepsius setzt bekanntlich den Exodus um einige Jahre nach der Hauptepoche der Sothisperiode (1325 ) 1322 v. Chr., nämlich 1314 v. Chr. Um diese Zeit lag der Epiphi des Wandeljahres zwischen Mitte Mai bis eben dahin im Juni. Wenn diese Lage auch mit der „Aehre" zu stimmen scheint, so ist doch eine Con- gruenz mit dem ersten Monat der Ebraeer ausgeschlossen, welcher, unter dem späteren Namen Nisan, von der Frühlingstag- und Nachtgleiche auslief und noch fortwährend von den Juden bei Bestimmung des Oster- festes so angesehen wird.

Betrachtet man die Stelle, an welcher der Abib als ana'§ leyofievov auftritt, etwas genauer, so zeigt sich, dass er nicht identisch ist mit dem Exod. XII 2, 18 etc. genannten „ersten" Monat, in dessen dritter Woche (vom 14. bis zum 21.) das Pasah (jiaö%a) oder Osterlamm als Zeichen des Transitus Domini gegessen werden soll, und zwar am ersten Tage, dem 14., des Abends. Der siebentägige Cyclus der Azyma schliesst

62) Der merkwürdige Text über die Güter der Princessin Rakamat (Mariette Mon. div.) deutet an, dass Schescha(n)q's Zug wider ßehabeam auf Familienzwist beruhte.

Abb. d. I. Cl. d. k. Äk. d. Wiss. XIV. Bd. III. Äbtb. 18

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mit einem zweiten Festtage. Von diesem Osterlamme ist Exod. XIII 4 keine Rede, sondern von der Sacrification der Erstgeburt, jedoch so, dass die Vorschrift ,, Septem diebus azyma comedetis" auch damit in Verbindung gebracht wird. Es scheint demnach, dass zwei verschiedene Wochen in einen Brennpunkt gestellt worden sind, in denen je der erste Tag von besonderer Wichtigkeit erachtet wurde und dass, was in dem einen Falle ursprünglich in chronologischem Sinne: als die durch den notorischen Frühaufgang des Sothissternes bestimmte Signatur des Jahres gemeint war, der Anziehungskraft des ritualistischen Ge- dankens unterlag, ohne ursprünglich zum Osterlamm in einer Beziehung zu stehen.

Nun reicht allerdings die dritte ägyptische Decade vom 21. bis zum 30. Epiphi; aber die siebentägige Woche der Ebraeer die übri- gens in der siebentägigen Trauer über das Leiden des Osiris ihr Ana- logon hat entsprach unter gewissen Voraussetzungen dem Zeitraum zwischen 24. 30. Epiphi, wenn z. B. die Notiz überliefert war, dass der Exodus in demjenigen Jahre stattgefunden habe, wo der Sothis- frühaufgang am 24. Epiphi erfolgte. Dieser bestimmte Monatstag konnte unerwähnt bleiben, weil er ein notorischer war, wie wir z. B. Neujahrstag statt 1. Januar setzen. Dies war nun der Fall während der Tetraeteris 1493 1490 v. Chr. und wenn man die Mitte derselben: 1492 1491 in's Auge fasst, so würde diese Angabe auf's Genaueste mit der oben schon auf doppelte Weise ermittelten Epoche des Exodus übereinstimmen. Es mag noch erwähnt werden, dass der Name der ungesäuerten Brode rvf-Xö mazzoth (vom Singular mazzah-mazzath) in

dem ägyptischen jjj 1(1(1 o masit 63) sich wiedererkennen lässt. Wenig- stens hat Brugsch64) diese Gruppe damit verglichen und durch „Syl- vesterbrod" übersetzt. In der That wurde das masit, wörtlich „Ge- burtsbrod" in der Nacht vor dem Jahresanfangsfeste gegessen.

Zum Schlüsse möchte ich, ohne dieser Hypothese ein entscheiden-

63) Der Wechsel zwischen s und z findet sich bei dem gleichlautenden Stamm M&.C€ ~Z Md».7€ vitulus.

64) Zts. f. aeg. Spr. 1876.

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des Gewicht beimessen zu wollen, darauf hinweisen, dass im Neuen Testamente eine Art Gegenstück zu dieser verschleierten Sothisangabe vorkommt: ich meine die Stelle Matthaeus II 2 sqq. über den Stern der Magier. Da ich anderwärts65) darüber ausführlich gehandelt habe, so genüge dieser einfache Hinweis, obgleich die Bezeichnung des Monats Mesori, der unmittelbar auf den Epiphi folgt, als „Fest des Jahresanfangs" eine Digression fordern würde.

Auf dem Doppelkalender (Verso) des medicinischen Papyrus Ebers66) ist diese Gleichstellung unbestreitbar, da sie sich auf die eilf parallelen Fälle der übrigen Monate stützt. Aus der Ptolemaeerzeit hat Brugsch 67) ein solides Beispiel beigebracht, welches sich ebenfalls durch eine Parallel- stelle als richtig erweist.

Was aber dieser scharfsinnige Verfasser in einem Vortrage vor der Wiener Gesellschaft Concordia geäussert haben soll, dass er an einer Säule, die noch in Aegypten steht, den Satz gelesen habe: „[Datum]; an diesem Tage zogen die Emri (Ebraeer) fort" das scheint auf einem Missverständnisse entweder des berichtenden Hörers, oder des Redners, zu beruhen. Denn in seiner Monographie „l'Exode" geschieht dieser monumentalen Nachricht keine Erwähnung. Wäre sie aber zu- verlässig, und Emri statt des bisher dafür gehaltenen Aperiu das Aequivalent von Ebraei, so wären wir, da auch das Datum dabei steht, mit einem Schlage aller Ungewissheit über die wirkliche Epoche des Exodus enthoben.

Schlusswort.

Die chronologische Fixirung der Epochen des Königspaares Busiris- Osymandyas sowie des unter ihren unmittelbaren Nachfolger Menoph- thas fallenden Exodus, wie sie in Vorstehendem zu bestimmen versucht worden ist, erhält ihre endgültige Bestätigung durch die continuirliche Reihe sämmtlicher Epochenkönige, welche in meinem Werke: „Aegyptische

65) „Augustus-Harmais (Sitzungsberichte 1877 vom 5. Mai).

66) Vergl. Allg. Zeitung Beilage Nr. 348 (1877).

67) Zts. f. äg. Spr.

18*

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Chronologie" durch drei Sothisperioden 4380 Jahre seit Bytes-Menes bis auf Hadrian-Antonin durchgeführt ist.

Unter dem Ausdrucke „Epochenkönige" verstehe ich übrigens nicht alle Pharaonen, welche Manetho's Auszügler aus dessen Werk Alyvnna- v7io/LiyrituaTa aufführen, wie dies seltsamer Weise von Brugsch in dem Anhange zu seiner „Geschichte Aegyptens" geschehen ist, sondern ich begreife darunter nur diejenigen Monarchen, in deren Regierung eine Epoche oder Unterabtheilung der Sothisperiode eingetroffen ist und zwar in der Weise, dass von der Coi'ncidenz des Siriusfrühaufgangs mit dem ersten Tage der successiven Monate des Wandeljahres ein ent- sprechender Epochalnarae gebildet wurde.

Auf den vorliegenden Fall angewendet, ist diese Theorie in dem "Enacpog verkörpert, welcher Beiname chronologische Tragweite besitzt, indem König Sethosis I Busiris denselben aus Anlass der Coi'ncidenz des Sothisfrühaufgangs mit dem 1. Epiphi (Epap) erhielt. Daraus er- gibt sich die Epoche 1585 v. Chr., da der 1. Epiphi um 30 -f 30 + 5 = 65 Tage vor dem 1. Thot liegt, womit die Hauptepoche 1325 v.Chr. bezeichnet ist. Jene 65- Tage nun entsprechen einem Zeiträume von 65 X 4 = 260 Jahren, um welche Epaphos vor 1325, also 1585, zu stehen kommt.

Daraus folgt, dass die nächst frühere Epoche der Coi'ncidenz des Sothisfrühaufgangs mit dem 1. Payni um 30 X 4 = 120 Jahre vor 1585, also 1705 v. Chr. gefallen ist. Ich beziehe darauf den Epochalnamen Mesphres (Mes-p-Har), welcher dem Könige Thutmosis III eignet, weil in einem auf diesen Pharao bezüglichen hieratischen Texte des Papyrus Berolinensis VI. die Stelle vorkommt: „Ein königlicher Befehl des

>mf l^fnry an sem Gefolge." Da der Titel nem-mesu „der wieder- geborene" oder ,, neugekrönte" uns schon bei Sethosis I Busiris-Epaphos begegnet ist und hier mit dem Sperber vv des Horus vergesellschaf- tet erscheint, so wird die Gleichung Mesphres-Thutmosis III wahrschein- lich und dies um so mehr, als ja auch das Compositum Meocpyayjuov&coGig in Manetho's Liste keine andre Aullösung gestattet.

Höher hinaufsteigend gelangen wir zu dem Epochalnamen Utriooiv- viog. Nicht selten wird die Hyqschos- Vertreibung und der damit amal-

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gamirte Exodus der Kinder Israels unter diesen König sowie unter A/uwotg gesetzt. Daraus folgt einfach, dass beide einer einzigen Persön- lichkeit eignen und dass ITsTiaotuviog der Epochalname des 'A/uwoig ist, mit einer nicht missverständlichen Hinweisung auf den ersten Monat der dritten Tetramenie : üa/iorg n^ujwitc, jetzt Baschens genannt. Damit erhalten wir unwiderleglich die Epoche J825 v. Chr.

Gehen wir von diesen beiden Vorgängern des Sethosis I in der Epochenreihe auf seine entsprechenden Nachmänner über, so bietet sich als nächster der 2uf&ag 'Ey/Lifjg des Eratosthenes dar. Der Epochal- name 'Ey/Lifjg = 'Eyjtialog, c'AQfj,a'Cg ^Qjua/tg ist öfter von dem Zusätze Javaog begleitet. Ich habe nun nachgewiesen und eine in Vorbereitung begriffene Abhandlung über diesen König wird den ausführlichen Beweis erbringen, dass der Epochalname "Aqfiayig diesem Pharao wegen der Coüncidenz des Sothisfrühaufgangs mit dem 1. Mesori zu Theil ward, dessen eponyme Gottheit von Alters her Harmachis gewesen ist. Der Zusatz Javaög dient dazu, diesen Siphthas von einem menschlichen Vor- gänger, 1460 Jahre früher, der ^Q/Luxyjg-hon ,,der junge Harmachis" hiess, so wie von dem Gottec^(>(ao;/^'-Harmachu selbst zu unterscheiden.

Das Intervall bis zum 1. Thot beträgt 120 -f- 20 140 Jahre, weil die fünf Epagomenen hinzutreten. Als Vertreter dieser Epoche, welche zugleich eine Hauptepoche ist, bietet uns der Text von Medinet-Abu,

wo die Gleichung |3M ^j\*j} „1. Thot = Erscheinung der Sothis" vorkommt, die monumentale Sicherheit, da diese Legende zum Königs- namen Ramessu III (haq)-Anut, dem 'Pa/mpivnog Herodots, gehört. Der dazu sich gesellende Epochalname Mave&wd- „die Gabe des Thoth" ent- hebt uns allem Zweifel.

Mit diesem Könige Ramesses III schliesst Manetho(th), der ägyp- tische Geschichtschreiber und Chronologe, seinen II. Band. Sein III. Band umfasst 1050 Jahre, welche von dem Epochenjahre 1325 v. Chr. bis 275 v. Chr. reichen, wo Manetho(th) seinem Auftraggeber und Beschützer Ptolemaios II Philadelphos sein Werk ßißlog zfjg Swfreiog überreichte. Dieses Jahr 275 v. Chr. bildet eine Epoche innerhalb der Phönixperiode, da damals die Sommersonnenwende mit dem 1. Pachons coiincidirte. Man ersieht hieraus, dass beide Zeitkreise: die Sothis

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und der Phönix, in den beiden Endpunkten jener Summe 1050 Jahre zur Verwendung und Geltung gelangen, wie ich ja auch oben in dem Namenpaare Busiris-Osymandyas die Repräsentanten für die Sothisepoche 1585 und die Phönixepoche 1525 aufgezeigt habe.

Der unbefangene Leser wird hienach zu beurtheilen vermögen, auf welche Gründe gestützt ich diese beiden Vertreter der höchsten Blüthe des ägyptischen Reiches, die Mitte der Dynastieen des hochberühmten Diospolitenhauses von Amosis bis Rhampsinitos, auf 1585, 1577, 1525 v. Chr. angesetzt habe. Nicht in Folge eines willkürlichen Systems mit beliebiger Auswahl convenirender Zahlen, sondern auf Grund einer durch Manetho und die Denkmäler vermittelten Theorie, welche durch alle Einzelnheiten bestätigt wird, ist dieses Ergebniss erzielt worden.

Excurs über die Lesung der Königsnamen.

Die richtige Lesung der in den Namensring eingeschlossenen Legenden bildet die Vorbedingung ihrer Vergleichuug mit den graecisirten Formen. Wie sehr es in dieser Beziehung selbst bei den hervorragendsten Aegyptologen an philologischer Genauigkeit mangelt, soll zunächst an dem betreifenden Namensprotocolle der drei hier einschlägigen Könige nachgewiesen werden.

Herr Chabas hat in einer sonst sehr gediegenen Schrift 68) p. 76 die Königs- namen der XIX. Dynastie transscribirt, gelesen und ihrem Sinne nach übersetzt ; dass dies nur sehr unvollkommen geschehen ist, lehrt eine Gegenüberstellung seiner Auffassung und der oben erhärteten.

Bei aller Analogie wird man ziemlich bedeutende Abweichungen wahrnehmen. Ich will nur auf drei Hauptpunkte aufmerksam machen, deren irrige Auffassung von Seiten des französischen Aegyptologen ein ernstliches Hinderniss bei der Vergleichung mit Manetho's Graecisirungen bereiten könnten.

Die Lesung S e t i konnte nicht die Grundlage der Formen 24*fa)Oig, Ze&olooog, Se&voyg, 2e&io(gyMaie<p&d(g) bilden. Damit würde uns zugleich die Möglichkeit geraubt, den Xa^dig der Sothisliste auf die Legende der Bannerdevise: Cha-m-oas zu beziehen und die Reihenfolge der Byzantina : Xäp, Zworgig, 'Egurjg, (DaQa(o-NaQaxa> (NaxcoQ) zu verstehen. Ein Blick genügt, um darin des Eratosthenes Nr. 29, 36 38 2£&io(g) Maieq>$d(g), 'AtiovixaQtaiog, 2iq>$ag c%% und Qqovoqw r/rot Ne'dog und

68) Recherches p. servir ä l'histoire de la XIX »e dynastie.

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damit die Repräsentanten der chronologischen Epochen 1585, 1525, 1465, 1325 v. Chr. zu erkennen.

Die Uebersetzung von Ramessou =: Sol genuit eum, welche indess immer noch besser ist, als die allgemein beliebte A Sole natus, scheitert an der Participialform Ramesut, woraus des Hermapion ^afieöT^g geflossen ist und welche die Form des Spitznamens Rasestsu = Sesustra ~£atuoTQig erzeugt hat. Ueber ^Oav^avdvag gibt natürlich H. Chabas wegen seiner fehlerhaften Lesung Ra-ousor-ma-es ohnehin keine Auskunft.

Die Uebertragung der Form Me(r)i-Amun durch amans Ammonem =: Mia[.iovv, Miaf.wvg wird durch Hermapion widerlegt, der diesen Beinamen durch ov Z4fxf.ia)v yilei (aymiq) wiedergibt. H. Chabas bleibt sich nicht consequent, wenn er den analog gebildeten Beinamen Meri(en)-ptah, der des Exodus-Pharao Eigenname ge- worden ist, als dilectus a Ptah auffasst, was richtig ist, da Eratosthenes dafür die Uebersetzung OtlrlcpatOTog und die Rosettana r^ca7iy\nivog v-ito xov ®$a darbietet. Wir müssen daraus die allgemeine Regel ableiten, dass die Pharaonen sich als Lieblinge der Gottheiten, nicht aber als Liebhaber derselben darstellen wollten.

Bei so bewandten Umständen hätte H. Chabas sich über meine Analyse des Papyrus Prisse doch etwas vorsichtiger äussern sollen, als er es gethan hat.69) Dass ich in der Beweisführung etwas lakouisch verfuhr und z. B. auf die Beiziehung von Parallelstellen verzichtete, lag in der beschränkten Bogenzahl jener Arbeit, nicht aber an einem Mangel des philologischen Vermögens, welche1* rsich umgekehrt auf seiner Seite gezeigt hat.

Eine ähnliche Bemerkung habe ich aus Anlass der von Vic. Em. de Rouge commentirten und vom Sohne herausgegebenen Stele de Pianchi zu machen. In den Anmerkungen zu der betreffenden Uebersetzung liest man öfter den Satz: M. Lauth n'a pas reconnu cette ville, wo es sich um Identification en der in diesem langen Texte vorkommenden Städtenamen handelt. Der berühmte Aegyptologe, der offenbar meine Uebersetzung fleissig benützte, hat übersehen, dass es bei der beschränkten Bogenzahl für mich ein Ding der Unmöglichkeit war, alle die zahlreichen Städte- namen ausführlich zu behandeln.

Uebrigens sind die Vergleichungen der Monumentallegenden mit Manetho's Graecisirungen bei H. Chabas und de Rouge trotz mancher Schwächen doch ungleich besser ausgefallen, als bei H. Maspero in seinem Buche : Histoire ancienne de TOrient z. B. da, wo er die III. Dynastie tabellarisch aufführt : keine einzige der neun Gleich- ungen stimmt, was um so mehr befremden muss, als in jener ältesten Zeit die Könige nur mit einem einzigen Namen auftreten. Sonderbarerweise geschieht in diesem erst vor ein paar Jahren erschienenen Buche meines „Manetho" gar keine Erwähnung, dagegen wird sehr häufig H. Unger's „Chronologie des Manetho*' citirt, welches Werk aus dem meinigen so Vieles entlehnt hat.

69) Zts. f. äg. Spr. 1871.

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Auch in Betreff des Namens der Einfassung oder Umrahmung, in welche die Königsnamen eingeschrieben sind, herrscht überall noch grosse Unsicherheit. Die Franzosen nennen sie nach Champollion's Vorgang cartouche, die Engländer scutcheon, die Deutschen (Lepsius) „das Schild." Ich habe im „Manetho" p 134 bei Gelegen- heit des Königsnamens XeveQiqg ( 0$ I 1 r= Chen(nu)-ra auf eine Darstellung des

Louvre hingewiesen, wo diese Legende von einem unverkennbaren Siegelringe und zwar auf der Platte angebracht ist.

Ich kann den Beweis für die Richtigkeit meiner Ansicht jetzt durch die Legende ^ a™~va ^^ 3 cjiennuTo^ vervollständigen, welche die Einrahmung cz> hinter der

Lautung chennu zeigt, während sonst der Siegelring Q dahinter als Determinativ- zeichen steht.

H. Brugsch bedient sich bereits in seiner „Geschichte Aegyptensu Anfangs der Bezeichnung ,, Schildring" deren Zulässigkeit mir nicht ausgemacht erscheint, da es schwer fällt, mit diesem sonderbaren Compositum einen bestimmten Sinn zu verbin- den. Sollte es übrigens eine Uebergangsform zur definitiven Adoption meines „Siegel- ringes" sein, so hätte ich natürlich nichts dagegen einzuwenden. Es wäre ja er- freulich, wenn man sich endlich nicht mehr der Einsicht verschlösse, dass der Begriff „Name" p*vti; der dem wegen zunehmender Länge der Legenden in die Länge oder Höhe ( x 1 gezogenen Siegelringe Q eignet, mit dem,, Siegelringe" doch augenschein- lich enger zusammenhängt, als mit cartouche, scutcheon oder „Schild".

Mit wenigen Ausnahme sind die Königsnamen Nr. 4 und 5 des Protocolls in solche Siegelringplatten eingeschlossen und erheischt eine solche Abweichung von der Regel immer eine besondere Erklärung. So z. B. ist auf dem Decrete des Ptole- maeus Lagi in Betreff des Tempels von Bnto [Pe-ut Haus der Ut {Arp;io)\ die Le- gende Ptolemaios ohne Umrahmung, weil eben Alexandros II wenigstens nominell regierte, und der Name des Xerxes: Chschiarscha entbehrt diese Auszeichnung aus dem Grunde, weil in derselben Inschrift der Libyer (Saite) Chabbasch als legitimer König hingestellt wird. Ferner habe ich schon bei einer früheren Gelegenheit auf die Legende Amenmesu (ohne Ringeinfassung) hingewiesen, die zu Benihassan in dem nämiichen Texte wie die damit versehene Legende des Chu-en-ra (Siphthas) vor- kommt. Offenbar ist damit angedeutet, dass Amenmesu nicht so allgemein wie dieser anerkannt war.

Ein drittes Beispiel wollte H. Goodwin in der Gruppe 4- 1\ i~G j^ <2 rW *~

Amhauf des Todtenbuches c. 115, 4 gefunden haben. Allein ich habe gezeigt71),

70) De Rouge : Chrestomathie egypt. I, 106.

71) Sitzungsb. vom 4. Juli 1874.

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dass dieses nur eine Variante des ebendaselbst (3/4) vorkommenden Appellativs / mj£v pjf hL ' Amhau-uf ,, Sippe, Verwandte" ist, so dass dieser angeblich

praehistorische König höchstens ein sham-king genannt zu werden verdient. Dagegen beansprucht der Name Bytes, den Manetho als einzigen der praehistorischen Nexveg erhalten hat, die Ehre königlicher Geltung, wenn ich ihn auch bis jetzt nur durch

die ringlose Legende der Papyrus d'Orbiney und Anastasi I., nämlich <^e o=-d J*j

B a t e u belegen kann.

Zweifelhaft ist der Fall des Syrers im grossen Papyrus Harris. H. Birch fasste

die Stelle (1 QA ^^ 1 ^o 1 ^w als Nomen proprium Aar isu und hat damit ziemlich

allgemeinen Beifall geerntet. Allein ich meinerseits erkannte darin eine reflexive Verbalform : „fuit qui fecit se regem, Syrus quidarn". Zum Beweise, dass, wie hier

das Pronomen 1^> als Object die despectirlichen Determinative des Pfahles j und des

o ■'•-•■ *

Privatmannes ^ erhält, citire ich die analoge dem ißaollevoev entsprechende Legende

des Turiner Königspapyrus beim Ne(f£QxeQ^S der V. Dynastie: ™~™ Jn transegit

(annos). Hier hat das Pronomen *^ der dritten Person das Deutbild der würdigen Person hinter sich. Ausserdem entspricht bei Diodor diesem Syrer der Kiryg, in der Sothisliste KrtQTiog Grund genug, jenes Aarisu als Nom. propr. anzuzweifeln, wenn man es nicht geradezu verwerfen will.

Ein entschiedener sham-god ist in der neuesten Zeit von H. Lepage-Renouf 7 2) in die ägyptische Mythologie eingeführt worden. Er traf nämlich die Legende

~h~ I 3) Var. MT \\ w| uud las desshalb flugs Amesi in der Stelle des Todten-

buches 17,11 wo das Turiner Exemplar richtiger ^jp Chem(em) liest, mit solcher Entschiedenheit, dass er sagt: „there can be no doubt that here as well as in the other place the god's name is Amesi, not Khem or Sechem." Es ist billig zu verwundern, dass der gelehrte Engländer diese angebliche Berichtigung in einem Artikel vorbringt, der ex professo über die zahlreichen Schreibfehler (blunders) der ägyptischen Texte handelt. Auch hat er richtig geahnt, dass diese blunders in der Regel aus der Transscription hieratischer Legenden in Hieroglyphen herrührt. So nahe der Wahrheit, hätte er bemerken sollen, dass die fehlerhaften Varianten, welche ihn zu der Lesung Amesi veranlassten, aus der ächten Lesart ^^ Chem(em) ent- standen sind. Sowie nämlich statt der Legende <=^a R \\ \\ 3 D u h u t i woher Qwii> = 0w#, häufig die Sinnvariante „der in Hermopolis ujMOTtt(&) (Aschmunein) :

72) Zts. f. äg. Spr. 1877 p. 97. Äbh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss.XIV. Bd. III. Abth. 19

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(1-|-:izZZ£5y\© Amchmennu" vorkommt, so hat ein Schreiber in obigem Falle „der

in Xifi^iig, Xefifxw: 1] J ^TTxSil statt des einfachen ^P geschrieben.

Der Zug «ae*>, etwas nachlässig hingeworfen, wurde zu dem formähnlichen «— s und statt dieses blunder's tritt dann die constante Variante I ein. Dass übrigens dieses Siphon genannte Zeichen nicht überall „decidedly phonetic" ist, er- gibt sich aus der häufigen Schreibung 1 1 j I AA^AA \\ © statt EE EE ö ^§\ © , wofür Brugsch aus dem bilinguen Papyrus die entscheidende Lautirung 2va-xofiv-evg beige- bracht hat. Wie entstand aber I I aus EEIEE? Einfach durch die hieratische Acht

^ , welche aufrecht gestellt zu f f und dann zu II wurde. Eine weitere Frage

wäre die, ob die Legende X ^^ , welche auch zuweilen das Femininzeichen <=> bei

sich hat, und in sofern zu den acht Göttern von Hermopolis stimmt, als auch diese paarweise als männliche und weibliche erscheinen, zu dem erhärteten yofxv des Meni- phitischen Dialectes die thebanische Form hemen darstellt, wie in F)^Miie = £€Miie octoginta sich die beiden Mundarten ebenfalls gegenüber stehen. Daraus würde sich die Lautirung Miv, aus dem Namen &d}.uvig erschlossen, als ursprüngliches Hm im erklären, da das durch das Verdoppelungszeicheu ^ \\ angedeutete Prototyp Chemem in Chemin abgeschwächt wurde.

Das Taufbuch

der

Aethiopischen Kirche.

Aethiopisch und Deutsch

von

Ernst Trumpp.

Abli. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III.Abth. 20

Einleitung.

Das nachfolgende Taufbuch der aethiopischen Kirche ist aus einem Mss. der hiesigen k. Hof- und Staatsbibliothek genommen (Cod. Aeth. 29), das erst im vorigen Jahre direct aus Abesinien1) gekommen und angekauft worden ist. Es ist auf Papier geschrieben und eine ganz neue Abschrift von einem des Aethiopischen nur wenig kundigen amhärischen Copisten gefertigt. Die Handschrift trägt daher sehr bedeutende Mängel an sich, wie fast alle neueren Copien. Die Orthographie ist verworren, da fast durchaus V und <h, th und *^, ft und 0, & und 0 mit einander verwechselt sind. Da derartige Abschriften ohne alle Auctorität für die Rechtschreibung sind, so habe ich kein Bedenken getragen, die gewöhn- liche Orthographie wiederherzustellen ; die Abweichungen habe ich in den Anmerkungen angegeben, jedoch für jedes Wort nur einmal, da es nuzlos gewesen wäre, dasselbe zu wiederholen. Gefährlicher sind die vielen grammatischen Verstösse, die dem Verständnisse des Textes hin- derlich sind. Wir können natürlich nicht entscheiden, ob der Abschreiber sie schon vorgefunden oder durch eigene Nachlässigkeit sie erst in den Text hineingetragen hat. Wollte ich einen lesbaren Text herstellen, so blieb nichts übrig, als zu corrigiren wo der Fehler klar vorlag; ich habe jedoch in den Anmerkungen die Textesworte immer beigefügt, da- mit der Leser sich sein Urtheil selbst bilden kann. Es ist immer etwas missliches, einen Text aus einem einzigen Mss., das dazu noch von der Hand eines unwissenden Abschreibers stammt, herauszugeben, leider aber konnte ich in den Katalogen aeth. Mss., die mir zu Gebote standen, keinen Titel einer entsprechenden Handschrift entdecken ; selbst in der

1) Die Schreibung mit zwei s ist falsch und sollte darum aufgegeben werden. Der eingeborne

> - " - Name ist U(\H : (bäbashä), Arabisch jjbju*.

20*

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Sammlung der Magdala Handschriften fehlt ein #»Ä'rh<£. ' tlCÄvY** ' oder o°ftt\\^ '• ^9°*^^ '• Aber gerade aus diesem Grunde, dass die einschlä- gigen Handschriften so selten zu sein scheinen, entschloss ich mich, die mir zugängliche zu veröffentlichen, da ich mit Hilfe der vorhan- denen lateinischen Uebersetzungen des „Ordo baptismi ecclesiae Aethio- picae" die Fehler derselben entdecken und die vorhandenen Lücken und Auslassungen andeuten konnte, so dass im Ganzen dem Verständniss des Textes kein wesentliches Hinderniss im Wege steht. Finden sich mit der Zeit noch weitere Handschriften vor, wie wir sicher erwarten dürfen, so werden sich die Mängel des hier gebotenen Textes leicht ausgleichen lassen.

Die liturgischen Schriften der aethiopischen Kirche machen keinen Anspruch auf Originalität, sie sind alle, bei der bekannten Abhängig- keit dieser Kirche vom Stuhle des hl. Marcus in Alexandrien , Ueber- sezungen der alexandrinischen Liturgie und zwar sehr wahrscheinlich aus dem Arabischen. Nach Denzinger (Ritus Orientalium I, p. 2) hat der alexandrinische Patriarch Gabriel, Sohn des Tarik, das Ritual der Jacobiten geordnet und corrigirt und A. D. 1141 eingeführt, das dann durch den Bischof Cleonas in's Arabische übersezt worden sein soll. Die Uebersezung in's Aethiopische wurde wohl nicht lange später ange- fertigt, obschon uns darüber alle positiven Nachrichten fehlen.

Vergleichen wir nun den Ordo Baptismi der alexandrinischen Kirche, wie er bei Denzinger (I, p 191 sqq.) sich vorfindet, mit dem der aethio- pischen Kirche (I, p. 222, sqq.), so ergeben sich, troz der Ueberein- stimmung im Ganzen, doch manche Abweichungen und Auslassungen, woraus wir den Schluss ziehen müssen, dass die aethiopische Kirche einzelnes anders gestaltet und pro ratione temporis et loci umgear- beitet, resp. gekürzt habe.

Die älteste lateinische Uebersezung des Ordo baptismi ecclesiae Aeth. ist die von dem Priester Petrus Tesfa Sion (dem Herausgeber des N. T. Aeth. Romae 15481) zu Rom 1548 publicirte unter dem Titel: Modus baptizandi, preces et benedictiones, quibus utitur ecclesia Aethio- pum, ex lingua Chaldaea seu Aethiopica in Latinam conversae, a Petro

1) S. Ludolf, Comment. p. 297.

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Abbate Aethiope. Diese Uebersezung ist in die Bibliotheca Patrum maxima übergegangen und auch von A. Migne in seiner Patrologia Latina, T. 138, p. 930, sqq. wiedergegeben worden; sie enthält jedoch nur die Taufe selbst, nicht aber die sich unmittelbar daran anschliessende Confirmation nebst Communion.

Es gibt daneben noch zwei weitere lateinische Uebersezungen, die von Assemanus und Renaudot (s. darüber bei Denziger I, p. 191); die von Assemanus hat Denzinger in seiner Sammlung wiedergegeben (I, p. 222 sqq.), indem er zugleich die Varianten aus Renaudot dazu an- gemerkt hat. Diese beiden Uebersezungen scheinen aber nicht aus der gleichen Quelle hervorgegangen zu sein, da die von Renaudot kürzer ist, wesswegen sie auch Denzinger für älter hält.

Von diesen drei Uebersezungen weicht unser aeth. Text in vielen Puncten ab. Kr ist weit kürzer (wohl um ein gutes Drittel) und ein- facher, so dass man sich bei einer eingehenden Vergleichung des Ein- drucks nicht erwehren kann, dass er eine ältere Quelle ist, aus der die anderen Formulare durch spätere Zusäze und Erweiterungen ge- flossen zu sein scheinen.

Unser aeth. Text stimmt mit den erwähnten drei lateinischen Ueber- sezungen fast wörtlich überein bis zur Hersagung des Glaubensbe- kenntnisses durch den Priester; von da an tritt eine bedeutende Abweichung ein. Die anderen Formulare haben nämlich nach Ablegung des Glaubensbekenntnisses drei Gebete mit Rubriken ; dann nimmt der Priester Oel und salbt wiederum Schultern, Brust etc., wie im Ein- gang, dann folgen zwei Gebete und ein stilles Gebet des Priesters beim Taufbecken. Hierauf spricht der Priester wieder das Dankgebet (%ftorfr ' Aho'fc'll" ■■) und räuchert. Alles dieses fehlt in unserem Texte ohne dass man etwas vermisste: denn die eingeschalteten Gebete sind nur Um- schreibungen von dem, was schon dagewesen ist und die zweite Salbung mit Oel vor der Taufhandlung ist allem Anschein nach eine spätere Erweiterung, entstanden aus dem Streben, die Ceremonien zu vermehren.

In den biblischen Lectionen ist wieder Uebereinstimmung, nur dass Ps. 61 und Ps. 113, 20 fin. (nach der Zählung der Septuaginta) in den lat. Uebersezungen nicht erwähnt werden.

Auch die folgenden Reihengebete {itf^Oh •■) sind in den lat Ueber-

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sezungen viel weiter ausgedehnt als in unserem Texte. Es folgt dort zuerst das Gebet pro infirmis , dann pro peregrinantibus , pro pluvia, pro fructibus terrae, pro aquis fluvialibus, je mit eingeschalteten kurzen exhortationes des Diaconus an das Volk; erst dann kommen die Gebete pro pace, pro pontifice, pro congregatione, pro Catechumenis, die unser Text allein vorschreibt ; danach schalten die lat. Uebersezungen noch zwei weitere Gebete ein: pro offerentibus munera und: pro iis, qui dormi- erunt, die in unserem Texte ebenfalls fehlen. Erst dann folgen die zwei Gebete: ,,Auf deinen Knechten", und: „Gott der Propheten."

Man kann mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass diese den Zu- sammenhang zum Theil störenden Einschaltungen späteren Datums sind, zumal in den lat. Uebersezungen nach den Gebeten : „Auf deinen Knechten", und: „Gott der Propheten" nochmal die Gebete pro pace, pro pontificibus, pro rege, pro congregatione, pro catechumenis folgen, eine ermüdende Ueberladung, die in der älteren Liturgie nicht anzu- nehmen ist. Auf diese folgt in den lat. Uebersezungen wieder eine Reihe von Gebeten, die unser Text nicht kennt, ohne dass sich dadurch die geringste Lücke fühlen Hesse.

Dass der Text der lat. Uebersezungen auf ein späteres Datum hin- weist, lässt sich auch aus der am Ende desselben erwähnten Liste der Heiligen schliessen. Einzelne Namen derselben sind zwar bis zur Un- kenntlichkeit entstellt, der zulezt genannte jedoch, Takla Häimänöt (Glaubenspflanze) fällt nach Isenberg (Amharic Dictionary sub voce) in das 13. Jahrhundert1), so dass der Text der lat. Uebersezungen nicht vor dem 14. Jahrhundert festgestellt worden sein könnte. Unser Text dagegen erwähnt gar keinen aethiopischen Heiligen; über die Zeit des erwähnten aegyptischen Heiligen Marmehnäm ist mir nichts bekannt.

In historischer Beziehung bietet der aethiopische Taufritus manches Interessante dar. Schon Ludolf hat in seiner Historia Aethiopica Lib. III, cap. 6, 15 bemerkt: „videas igitur vetustissimas priscae ecclesiae cere- monias alibi obsoletas et fere nunc ignotas hie adhuc durare. Multa in

1) Ludolf freilich sezt ihn um 620 A. D. an (Hist. L. III, c. 3, 15), aber sicherlich mit Un- recht. Isenberg, der lange im Lande lebte, hatte bessere Mittel seine Zeit festzustellen, wofür ge- wichtige Data und Einrichtungen in der aethiopischen Kirche sprechen.

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Baptismo, Eucharistia, Agapis, Jejuniis, Sabbatis et Festis usurpant, quae ab hodiernis Latinae ecclesiae moribus aliena sunt, ut penitius consideratis Habessinorum ritibus imaginem quandam veteris ecclesiae contueri te putes." Er beschreibt den Taufritus (wobei er übrigens, wie er selbst darauf hinweist, der lat. Uebersezung gefolgt ist) treffend mit folgenden kurzen Worten (Lib. III, cap. 6, 31): „Sacerdos a lectione Psalmi LI orditur et suffitu thure facto nomina baptizandorum ex- quirit, deinde recitatis aliquot orationibus et Diacono auditores saepius hortante, ut orent, oleo sacro diversas corporis partes ungit manumque capitibus singulorum imponit. Quo facto Neophyti dextram erigunt et occidentem respicientes, Satanam ceu tenebrarum principem abjurant. Mox orientem versus, tanquam ad justitiae solem conversi, erectis alte dextris, veluti sacramentum Christo dicunt, et praeeunte Presbytero symbolum fidei christianae profitentur, eoque interrogante , credere se respondent. Post quae unctio iteratur et aliquot pericopae ex evangelio Joannis, Actis apostolorum et epistolis Paulinis leguntur addita liturgia consueta. Tandem oleum in aquam baptismi inamissum in modum crucis diffunditur, multisque precibus rursus dictis sacerdos in locum, ante fores aedis sacrae hunc in finem cavatum, descendit adductosque a Dia- cono ter toto corpore mergit et in nomine Dei Patris et Filii et Spiri- tus Sancti baptizat. Praesto sunt viri viris, foeminae foeminis, qui as- cendentes e flumine vel lacu juvant et attollendo quasi suscipiunt, inde susceptores vel susceptrices priscis dicti. Sic abluti et dermo uncti, quasi modo geniti, alba interula, ad puritatem animi significandarn. ve- stiuntur vesteque rubicunda, in memoriam salutis sanguine Christi partae, superinduti tunc primum in ecclesiam introducuntur, ubi Christianis immixti sacrae coenae participes fiunt. Discedentibus lac et mel datur et manu capiti imposita hac benedictione dimittuntur: ite in pace filii baptismi."

Zu dieser Beschreibung Ludolfs ist nur zu bemerken, dass er über- sehen hat , dass der Act nach der Taufe nicht mehr zu derselben ge- hört, sondern die Confirmation darstellt, die bei den Orientalen sich unmittelbar an die Taufe anschliesst und ebenfalls vom Presbyter voll- zogen wird, nicht vom Bischof.

Die Taufe wird immer noch in erster Linie als baptismus adul-

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torum aufgefasst, obgleich dieselbe auch Kindern ertheilt wird, für die ihre Sponsoren eintreten ; ein eigenes Formular, speciell für die Taufe von Kindern, scheint die aethiopische Kirche gar nicht zu besizen; es wird nur eine benedictio puerperae erwähnt, die der Taufe voranzu- gehen pflegt.

Da sich an die Taufe der adulti die Handauflegung und Salbung (Confirmation) , und an diese wieder die Communion anschliesst, so werden auch Kinder, die sich unter den baptizati adulti befinden, bei diesem feierlichen Act zur Eucharistie zugelassen, sonst aber nicht. Der gleiche Gebrauch findet sich auch in den andern orientalischen Kirchen und herrschte früher auch längere Zeit in der lateinischen Kirche.

Am auffallendsten dürfte in unserem aeth. Texte die dreimalige Wiederholung der Taufformel sein , für die bis jetzt kein weiterer Be- weis vorliegt. In der heutigen aeth. Kirche ist dies jedenfalls nicht mehr Sitte, wie ich auf Privaterkundigungen hin gehört habe1).

Dass die Taufe nicht wiederholt wird, wie früher der aeth. Kirche vorgeworfen wurde, ist sicher: denn das jährliche Tauffest, das die aeth. Kirche am 11. Jan. (unserem 6. Jan.) feiert, wird zum Andenken an die Taufe Christi im Jordan gehalten. Es gibt für dieses Fest eine eigene Li- turgie, welche ebenfalls in unserem aeth. Mss. enthalten ist und den etwas irreleitenden Titel führt: TfH: ■■ tf»ÄVli£ •' TJ^+'Th ' H£;i*3'fl'fl '• Y\0° ' TflJö (MDCÜ •■ TC s auf das wir später noch zurückzukommen hoffen. Gemäss dieser Liturgie versammelt sich das Volk in der elften Stunde der Nacht im Wasser; der Priester räuchert und spricht zuerst die Litanei, dann verschiedene Psalmen und Gebete und nimmt zulezt die Segnung der Wasser vor zur Vertreibung aller Daemonen und aller Krankheiten. Von einer Taufe aber ist nicht die Rede. Es muss weiteren Nachforschungen vorbehalten bleiben, welches Taufformular gegenwärtig in der aeth. Kirche im Gebrauche ist und welche ältere Formulare sich etwa noch auffinden lassen ; erst dann wird sich eine eingehendere Ver- gleichung anstellen lassen. Ein kleiner Beitrag dazu möge indessen die Veröffentlichung des nachfolgenden Taufbuches sein.

1) Ich habe darüber bei Dr. Krapf angefragt, der mir schrieb, dass ihm die dreimalige Wie- derholung unbekannt sei, doch könnte es sein, dass gewisse Priester die Formel wiederholen in dem abergläubischen Wahne, damit um so gewisser die bösen Geister beschwören zu können.

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1) <W>*H«n»*C : H9 s Wir würden hier den Accus. <n>7f"°"^ : erwarten, allein bei Ci- taten von Büchern steht in dieser Handschrift consequent der Nominativ, auch wenn, wie hier, ein Acc. darauf folgt.

2) j&flA/h i 3) -fdi(D^ i 4) ^HrvhC^h i

5) Der Text ist hier wahrscheinlich verschrieben, indem diese Worte, die nachfolgen, durch ein Versehen hieher gesezt wurden.

6) /*'CP'fm : 7) Ä"}*J s 8) £A»*fl/h«h :5 ^er Indicativ jedoch gibt hier keinen Sinn. 9) -\^ ' , es fehlt hier das Suffix- 10) f^TaoM' '

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth. 21

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?»<7H.Än,h,c i fc?°Am hfl-u- ATrfH.Tri a)<n?:'W '• K?b-l\ » hCA-f-A

<PU£- flJAÄh HfA4»A i iOxi'i'M » (\a°*Pöti : A.Arnfi : Ä'JflLV'e

n*Ä?nir i*»ve •■ 'jAKAh fl>vA-i*n^oh **■»*:+& « A-n?» •• -w -■ >/-^h

<0- 'VJ&A i 0°-}dA i 4»^A -S.n i 7f*>* i H£* i A£VK* 7JWh nß>1\4'(D9n i WA- i AAr»-J- i fl>tf-A» « /*'/*•? fl»tf*A~ fcl^AVi ' rn/,'> flJW-A- 9na}(\£ ' fctf-JB, JV70* £"V<:5) i fH£A- A<PU£- <»A£"J: h<?H.M i axwZ-'itf ' Kffrh hCA#A Hfl* i Ah » y°AA»iJ- » fl>J>°AA 4»3A i "»IdA i AfMi *> i fflh'J/H •• J&JiH.^ i fl>HA£Jr »A'JAtf» : «JA?"

ÄA»> > -^.n i Ti'J* i HJR-> i fliJ?,nA : %.?$'} i ÄAVi « fl^flA hü^ ?i^H.?i i ?i0?ll>-flrh,C •■ Ä?°A3l> h:iH. i Vf-A- i Äfl-ii- AMH.M <d/w»ä"^> •" Auffrft ' hCA*A *>A?iA i fl>VA*nt^A -W 'tf'^h haowt, .- A-fl?» ?»A«w» « hW HA-t-l-h i Ä9°Ah i Ä-Ä-4» fl^PU^ flJAÄ-h i MttM ! ®^Ä"1i5:> i KVh-ti IfiCA-f-A « ffl^-J^A *3-A « ffl>

x-c >ä*c i ^.n i th* i hj&> ©/.AP- n&Mc*) w-a» « ^^->->*

flJVf-A- i /^/.f i oitf-A» i A7A » flJtf-A- AiJ^Ali m/'-Th « fl>^AP- •• 4»-nÄ »

?$wh h"» « jk.v>*> i a>^a •• fl»/*'^ i athnri1) -• nhnnjxt ßj^Ä-^v

Ä.PA-A i JlCA^A •• HA-* i tl-tlih* i flih-flC A'JAtf» •• ^AJT» •• h°Vi *

]) ÄAAA •* 2) ,7iMW" ■' 3) A^^ ■' fehlt im Text und ist wohl nur durch ein Versehen des Copisten ausgefallen, da 'VdO* s 3\"19° : fii&'l' s ein bekannter Ausdruck ist. 4) Fehlt im Texte. 5) £;}<{ : 6) £/**AG * 7) fttfD} : , s. die Uebersezung.

157

fohrii i ^^ah - vxr i mtoftfrh* Vah Mi^fte-fc* a>h£.<h2)

h&O- -• VH« - ahtim- i (Dh<£hih i aiHnT i «»-"NlA M"flfch8) ■• fcfr •• *"£•> •« in* i H£-> i £Aoc i "l-nt i flj&m? i öiäa/u » n&tPtx Ä"r> *

IDHJRm««»* JH1A I Ä*^-> :: IDj&flA hU-} I ÄA-J* I Äho-t-lh l fD£4JTC :

<14tW*tf*- : AJiA i J&fflö«»* «öJE-ää. i AöA.lf"1»- •■ hU'J i fl)£flA lK-h i Ä^H.KnrlwC fc9°Ah} h'Mu W-A- i airK-ln •■ A*» i A-flrh-fcu« +3-A i aifK-ln i <»A£- :*PüÄ* MM.M « <***&%& '• hS A-A Hfl fr» '/;*%!> i +äoh^ W-A"ö,>- i JWhH-n i ?tjr»X-A^-lh i a>*M- -(iCVt nh°Vi i ^->hc ?»9°AA t* ht-P -• ttmPl- : -i(\ hh9°£ i **+ «

©j&nA : -s.^*^ i äa^ « ßi^nA hu-» i

hA-7-h i Ä^-flC-fch i hh i Ä'PdJitf0- -Vfl « 4»-?-A A?°h i (DUdi^

"»CVHi » flJ9°AA i ATf-nh » fl>9°AA « ÄA i ££CU-h i A"»h « ä«??^ fr7H> » a>£'flKVh. " ^m> i MA i A'/JMT* i «DAACPI« -'im.h* a>db. i "IIRC*0- fl<">?£A 4»SA i fl<PU£- P fl>AÄ"h i MH.to <»«w>£"1fc> i Ä,f A«A i HA»* i A-flrh-> I <d*M1C « A*JA<*» : «JA?" M? «

4) <DUfl- i KA^V-tlf^* A-Jvn?°# « a>£-nA i hv} i

'JAJiA i OJVA'i-n«J~A s HW-A- « JK-^Tf i Milh-üth.C - h-ü i A^H.?i öKwij^^jr > .■ Ä«f A-A *1CA*A i nM-l* i hA « fl»Wfl- i ÄA^-fclf <»»• a>li(i i oh«

ny^^s"-!- i <da* i Ä^h5) i (D/sfr*. i ä-a^pj je-chn- Ä^h ?%a nh.

'^n»h i JtA^ i £M: i ^«79° i A^^ * AACf-i- -hatfx* ' AH^K*h. Aö°-AV •■ ^Afll? i a»-A+ i fc£,h » Ai^H. •■ W-A- •■ Mn.h-aAuC h9°^\ *

i) MlKtib 2) ^.^ : 3) h^-fl^h

4) Hier sind einige Worte im Texte ausgefallen. Bei Denz. I, p. 223, heisst die Rubrik : oratio pro iis, qui dederunt nomina sua ad baptisraum. Demgemäss müssten hier die Worte stehen: %ft°'t s fl}^"}»!« : JiA : , wie gleich nachher im Gebete.

5) fkPlh : j offenbar verschrieben, s. auch die Uebersezung.

21*

158

a>£fiA : w*'} ÄAfc i aht-t- i hu i fliwn- i fcA^-fcir^ h*» -• £<:

cd^-H i ?0K*£ ' 7il6ir<">~ i +A.A » flJjrVOA i AdA»lf ff1»- ' Wi-b ' ÄA»-i* fr7li.tal<h.C •' Mll,h h$n. - W*A- i hn-ii- A^H^i fl><w£"W Auf A«A i >A?iAh i flJ^A+n^Oh **»<£♦& tl-tih « AfcA- Ä^-nC-fch ?iA •■ (DUO- hh^-tira»- .■ -MiM-tf»-1) (D^tX^oo- £-A«P* AÄ^

hA<w» .• +cn- » -iiui fli^-chn- i a^k^ti i 4»?-A i wf.AnA- fc^-mh

-lr£A * "»Afr^h •• fl)£Yh>-2) i Jt0°AA fl»A£"h i MH.M i a>h9°fti\*i KVfrtl i -hCA-f A « flJJ&Yl-V- i ftrh£ 9°AA.ü-3) i Ä«7*»<n»- •• An 1&.M <D«iHS C*04) : oXMtf-l-lf 7Al£- i Ah » 7AKA i <DVA*n«f»^ -mh MH.M X\a» i ^"»/"M « i»M*ü5) AM i m^asi AÄJt^C^h 0iÄ«7fP«n». : AfhV " flJ^j^üC^ -' öJ^AP-^- i £-A<PJ Afc^-flG-fch ffl04»fl* >

n<PU£- i fl>A£-h i ^H.M a^ß-U* ■■ AuffrA ! *1CA*A » A*JA«w» ^AJ^ p fc"*? «

«d^ti : fox-^ i hüt •• hitw*»- -. (D-nfairo»- * AfcA •• je-rn«*»* fli^-nA i hm « n-niti mi-mi+v* -w hin.hn<h.c

h9°Wi ' h'MU i W-A« i fcfWJ« i A?i«7H.?i> < <d<w£"W.V K.? A-A hCA*A <

. . . 6) nx'j'h i hA •• foua- hti°i±iro^ ^Yi^^ •• hn^o^ mj-acv \ flAdA.ir«»0- * -ncy> Ä^h - (dYOxTC^Xi h^» .• yh9°<- - -t/&A •■ j^Ah Hi&'7*aii;n^ ?iA^ .- /"A"T> -flh A^rüC^ h$\L W-A- hlilh -n<h.c •• A»?°Ah* «

£flA •■ ^*-} i AAP k flij&nA hü^

Mn.h-n<h,C i >%9°AhJ i Ä^H. i tf-A- i Äfl-ii- i AMH.to ■• ataDfr-ltf -.

Kffrti IncMti i >A?iAh HD^A^fl^oh haai£+& A-flh •• h<w»

1) ^-u|y fto«n>. 2) Sing. ^.Vi-'J : 3) j^AA.!! •* s. die Uebersezung. 4) AA.^ I CW l 5) K*>*A

6) Hier sind im Texte offenbar die Worte, die so oft wiederkehren, nämlich "JATiAh : Q>*j ft-Ml^Oh : , ausgefallen. Darauf weist der Text bei Denzinger (I, p. 196) hin: „item rogamus ac etiam atque etiam obsecramus te."

159

(\9°tim.C H<*»7£fl *3-fl i ^tlOC) * -1JRA « fc-PTtf- * AfcA « £*?£ W •• «m/^^tm-2) : <DftAAA-<">* hftö» s Mi- Wö\\o°* « AMilC-fch I hti •• Oh. •- (DaDfjfa s h^Kfrv0^ .- af-ti-t ■■ ilCVJ •■ iwh'P'Th : OhM- » A^ffl^ : h9°K?h9°C flWli- i KhiPC i h9°h9°bXi '• mP* t»«fii- « ^Ati-ttl •• ÄJPAM » *Pi-7 flMT^i- i Afl"1»- •• nh*» » Ai-^h : AAuf

MA,r n"7i*i- •• Tfl-nh JcMjm •■ ^^ft i tof-£ •• Ä.jz.n?» i

<D-f)i;-£<n>- s M I Mi" ' fSlpa»- : TrRth : (Dao&'Vtf? : tDÜfla^ : ^JK.

OH* * HA^AiP * aifl>-A^ö»- [fiftfHli"8) ^"79° A&* i AACfi- -Im. ht- G*£tl?-a»~ i "?1R<: A<w>£A » fr-S-A i n^PUÄ- fl>A£"il ' MH.M wmXrltf : ^?rVA Incti* A i A'JA'w» : «ja?° i fc"l? « <d?i?0'H i POK"1? i hldlff^- i rojE.-nA 8 Hl-h Ä/W- «

**»<£+£ i rt-nh i aoAit i (da^.4) i A-flcn « myn,5) i ;h£a>^ äaaa »

Mi" i-Jt?°<:6) ' "»fli-ftCP i -Im.fc^P i Jifttf» •■ Mi- 1 ^hA i in>p,(n*in>. Atf-A»«"»- i <w>WA> •• CVhfi? fl>K«7P<n* » A£i- rt^Y^i- i ^*7<w» : \\ao £Yh>. i 0>«A-£ .- mh°Ty A^Äfl *-S-A i fl«PU£- OiAÄ-h : MH.W <D<w»£"tttf : Ä,eA«A i *)Cft*A i Hfl* Ah 9°Mt>ib » idj^AA *^.A i

^'J^.ft « fliMr> I Olhi-H I i&?iH.>. i <DHA£3r : fllA'JA^ i ttlF * h°%l « ffl?i90'H i f OÄ'^ i hrUtfav fl>£*nA H'Ji- •• ÄA»i- ' M!tfWlrli,C » 9°ftA»V «" h?°AM ! Kn-ü- 1 AMH.M m«H»£"W « Auffrft heften oiyn, -■ AjZ.«»^ i A>Mi:> i {PCrhö»-7) : K«7H> •• A?iA i f-^/^i^h S ?A?iAh ©^A-hni^Oh N$H i rtii?k i CA, : h^-^fl <w»4»Äfth i (Dh9°&(h& i ^">n^ «wi^^/*' ^h8) i AÄ«7ilCi:h : hA i «DUO- Äft^i:^«»»- * Afci- YlCh-tnh '- *Ä*A^ hoo : jB,«7>p : Aft9°h * 4»3-A i -TiÄ"^ < ><pfl«n»- : <DAn<^- h<^» •" j&Vh>- Ah i 'J'Pe i ^4-P i «00**4. i Afr7H.Jt -Y.C Wdlt?-^ Ä-A«P> AW-A-

3) /jhöfli- : Wahrscheinlich ist davor die Praes. fl ausgefallen; s. die Uebersezung.

4) Waid : fl>A«S. ' ß) tD^n, I 6) i-*?"C 7) jPClftf»-

8) WiftCh ! (D0°w}**lt*,'t,\\ " , was keinen passenden Sinn gibt. Tesfa Sion übersezt richtig (Migne, 1. c. p. 933): de excelsa sede regni sui; danach haben wir den Text berichtigt.

160

?»JPilf«n»- | W-A-2) P Afc-f-3) ! yjE."??* i H-VhV •• h*» i JK^flihf i J*A

ItÄh *.^rt « ©^/"h« : -1|£A I y^^Tlh P h^ : £«7fK- « >?lHHh

Kj>C*ö°- i h9°-nft>£ i «»rhÄ-A"1* i fltfti ^©'ttl i HA'JAr i OJrtOC JiJPilfö»- : tf-A» P -1r£A i ÄA/i« (DK-tTr P «o-AT^-f" P Aflö»- nh"»

Ä+'Jh •■ AÄ.f^A,?0 1 n^i** i Tn-nh •• n?i£ h.c9°?ii >n.£ «da.!

1£"7 <w»7^A i MhjE. p fliCVi-rt p £flfc p m-A-fr-^ff». : m^jK.^- ÄHA4) /".? « flJÄ.tA.V p htf-JP, p M i ISlpa»' : fl^h-f- * ATT}* P "7£ 7Ä-A f/xK-A i flJliflö«»- ^A i fa&at^ HA*JAr p fl>A£.<">- mdfl-f- -• Wjp° A£* i AAC? + -Tim.Ä^ i flJ^AP-ö»- i 'TiW p wi^ti [*3-A )] (\K PfrA p hCA*A i A*JA<*> p ^Ar P K"^ "•

ßjjtrn ' ;*-wic i h&h i ■^n»iftf°* ■• flj-7-nA h^i- *a«"I- « nfi^

fl>A£-h <PU£- MM.M - Kffrll » ftCA*A ©KW/h p ©Äft-NJA- i m-h P V<£rtG) p h««» : £Yl->- •' 10«H> i fc$>°tf*A- i CW-A p <DjrVM»j& i WA- Ä'A"»^ i Ji^Tfl* J<bA i öJW-A- p 'VA.? i H^rhK-Ä*7) ' ,/£«7lT'f- m£7,fc

eje. hrin* ' i<r./i ' . . . 8) nA<^- .- Marfan .- *ica*a «

aJh9°1i •• ffiraow .• 7*0»- i aofia -. 9*1» i& » a>->hAd •• A-flA"0- •■ A?tA J&fli*0* ■■ at^^\ •' hR>\r<fl>~ HPT> i fl>je.JÄ'^ i «D'>7A •• O^-fl « aijB.'fiA ÄSnüÄh i A/Z.'H'J | tfO JkhA i /K-flA AA.I> mtiKtw i ViV- i AKf jK-nA- ■• llfl-tlf«»0" hA i ^'"hrhn^öi»- i öJ/uJK.'V^T' P A'Jh i ^.0,1^»»- fcAHA i ACT^ (DtufhCiahFa»- tD^nfi p h^Tf ÄhujUi rtji'n'J flJW-A- l-fl^h (OhPlrl-ttl fl)W-A" i -IJiAh •• öJVf-A" <*DA>i*H:h ©W-A» f «wC'i.+h * fl>tf-A» <^»W3"th i fliW-A» öfraii-h « flj?ly,'H .• ^ao^ : 7^öp- .- 0D-J7/V •■ ft-fl/h i m^i/^h h¥W* A(JA •' flJ^'flA »

AÄ9°^ i -nh i nhcA*A i h9°iM •• fl»w-A» ;h7h ■• «oä-^v •• ©w-a- «

1) hCI* I 2) |Dtf-A- I 3) ^n+ P 4) *J0A s 5) Fehlt im Texte.

6) Nach V<£A * folgt im Texte noch einmal fttio»' : AÄ,fA-A s IflCA-fA

7) fthbb : 8) Hier fehlen einige Worte im Text; s. die Uebersetzung.

161

VhAf ' ?ir Yx»° ' frwfth* •> & £ h.A'J i flA2) « Äfl>-A»fl -fc-f- ^d/.T- e «f^ffC ) T0 ftfih a vo&t r ^ä-C ä4) « "»Afchf- * Pvl/M 9°d^<P i £ «fx-X'C & htih * Tf « °M1<: » rh'PC^Th -■ ^d^ £ «f^-frC •■ Äg fcflh i tnv ö»'>-nA •' 4»£vw> : (DTiA •• ao'Xia^^ WV * Mb -nft/ft : XA i -f"l£"I A»öo* ^m.K-^öo- i fliAJiA «• Ä«rh Ad * A»"1»- i W-A- %??•<**>' ' -flÄ-d i -flfcA« HÄ/WVfe ! A»* hlllh-ü ,h.i: ' -\a\J\* •' Fditti i id'UA i jrw^ .• r «f^-ffC > ä fcfih ' ää fl^-flA Ä<P>o>- 5) i AJi-Ji- : AA?° i (DÜKH- AAfl toflMl-

^inc i wahi-fr * hfi i «Dun- AA°?-/;irtf«»- « atpt-nc h&o* ^.n»

lf<n>- .-rfijLMlA •• hm i

Ä^-flC-fch « JiA i £fc,Af. *£"fch i -Irfl i *^fl > h9°h flJÄ>rh* ChA"»- *£-"fch M£"C » AAA,Jf^- KP ool^ti i *S.A i M* i MH> Ufa ' 9°tlti»\ra^ i (DCRha»* ' fltf*A- •• iP^O^ » i^JK- «»M^U > Afl<">-

Krw-A- r^n/. fctf-jp, <D£AnA«G) *mi<: .• H>h n<pu£- ©Aß-h

Hfl* •• Ah ^AA,i> * <D9°AA 4»^A a**'i&tl ' tl-ttdt^ a)MMH •• JE.X

H.3r .- fliHA^.3: fliA'JA^ .■ ^A?° h°Vi «

inj^l^U- •" 'Ü-flA ••

AjPAh<n>- A*n^ih (DMUhnv tidiVC?* MMMn-Xx ' PKM* ' a°tl+

1) Es ist im Texte die amharische Ordinalendung ^", Nom. (f?0)m'} Acc.) angehängt, ebenso an einige andere (aber nicht an alle).

2) Diese Worte sind Amhärisch. ^.A"} : stent uier statt <ies gewöhnlichen |bAU*J : diese (Accus. Plur.). Also wörtlich: Ps. 113—20, diese (Verse) sage! Das Zeichen )=j bedeutet „bis."

3) 4M"X"C ! 5 gewöhnlich «f^TC : geschrieben , ist Amhärisch und bedeutet „Zahl" (nu- merus).

4) Der Text ist hier sehr corrumpirt und verschrieben; wir haben das Citat nach Denzinger (I, p. 225) hergestellt.

5) Wir würden hier den Accus. Ä*P")hfl) J erwarten, allein Citate werden im Nominativ aufgeführt, worauf wir schon p. 155, Anm. 1 hingewiesen haben. Docb steht hie und da auch der Accussativ, wie S. 162, L. 9.

6) ©A'flA* * , waa uier keinen Sinn gibt» da der Subjunctiv erwartet wird.

162

Ah i (lh<L 1 *fl^ i [(DdiVC?*1) '] aobfrao : ntäOhXi : Af-rh*>A

*flje. » h<*> •• ^Ä*^ ^"fch i 7AhAh i aivA-Wl^oh h0»<£#& a-nh nft?!-2) •• tf-A-**- fcA i <n>xh> -mh <*.>- •■ -*£A i ru%h 4»-M i h"» - je-'VÄ-C i AAA ffl-b * "7£ •■ m^Wb (Dpfttpo»* AhA- i hlUC-hh «DÄA-f^AF*«"»- i h<*> ^/"h« ■■ JuW Tjr»-^- 'Hfl>-?i* i ^«79° A£^ •• AACP-f« ? -1m.h> i ItK^^ilTr '- <0A-1-A4- Aj&ö»^ •• n*PUÄ" < a)A£"h « Hfl* i Ah ?°AA.U- fliiPAA « 4>^A «*»? £A i A«lrM- i aifc^-H « £?iH.fc i fl>HA£fc i mtfiHao •. <ja?" » h^l « whF-ll f £Ä,A« i hlT> Ä^^fli i (Ihl-t-3) rtA9° i aiÄAA ! «D^^nC a>Ä/W* y£«7? * i aiÄA»* i a»%A * (DM-üE-t i hÄ* i (Dfl-nC h&

V»ll i £*flA i 6 h-ü 4»^A 6 a)A£" ^-S-A 6 a^hi: » aold.h fc-^A i ai^^Ä" hm « aWl-f" F"?^* i fl>£A«T •• H£-f i a)"££* /"AA * flWJ-f- •■ ^JK. •• nfcCJv? i tf»A4»A fr>H i JM1A »

n-4-h * hin.h'üth.c •• h-n h'>xu w-a- ttir •• ©fl-4-h ©aä- <PU£- i MlLM Ä.PA-A i 3nCA*A a>(K-1fi «"»IAA **A ftl-frUnA * fljh?°Tf i ih-flA i <wj-Mtf«>-C iffflv flJjfMlC < J&fc-fc « <D£flA « hli'J : fl-4-tl h^H.h-nrh-C H^flCli AVf-A- i A'flfc H^Ä*^ a>-A+ ^h9° "• aihrTf £>/"?i hü"} i AH^m^* •• h9°0&*-n*) fli.P^Ä-A» fc-}*5) 9°^^ •■ (DWth .- hü^ i ."VP (D?*r9°& i aij&flA i Km9"+h i nA"» » Ä-fl •• ©flAtf» .- idaä« i runA^ ""^A * 4»-^A ••

hfln ! Kflii^+h •■ nA^ Jwi i <»nA<w> .• <DA£* •• fljnA<w» .■ ^^^a

4»^.A « /^AA i Am^+h nA<w : A-n .■ mOA"» i aiAÄ" i fliflA^

<w»^ÄA *^«A k

fl>?ijr,'H jz.'J'f-'V hü** r ^ltJ?'^ •• AH-hmy* ! ßJ^flA /^AA ••

1) Wohl nur durch Nachlässigkeit in den Text gekommen, da es sachlich unrichtig ist. S. die Uehersezung.

2) ?iA«/d : , was in diesen Zusammenhang sich nicht einfügen lässt; es ist möglich, dass davor etwas ausgefallen ist, in diesem Falle aber müsste auch statt ftA s ?iA* s gelesen wer- den. In Denzingers Text (I, p. 202) steht: pro famulo tuo ; demgemäss haben wir fÜ\}'\% * gesezt.

3) Fehlt; dagegen steht: CDAA?" ' 4) A^'fl «* 5) tf'J'f" :

163

£flA i [H7* i ÄA»-f •■ AdA i «t^vh* •?£ : h<7»U. » h^H.K-flrh.C ÄrAhV i Ä:^H. » tf-A- « HAmCll « tf-A-1)] Ji^-^fl /<iAfl flTfl-nh Hfl*»0?? i [Ä'J'I- Ofh-t: i] MÄn-J'^flJiVifl»- « A"7.eTh * 4»£*"» fl>-ft'h ftrh/; i tfBft'K'J-n?!2) i «Dflirt'Jh i Atf-A- X^'T^I* 'JA?0 « IlMf < -1£ Ah i mfchycMhh i Afr7lf.Ml,fi.C « HlAjBli i ÄTTHs "7£ AMftTh <w^.A i flHvh£*fl i K9°%.->& atp-ncv mvn "»Aln-Hi * ->n?»Ah mVA-MH^Dli ' hü"» U: ■■ KW <d«w>£4»£ .- rt-flh h«w> .• ->"°.m

<M.ao. i flirrt : j&Yi-W : ^fc, ; (DflArh. <D?A-fl<h i ffl^.f| : #.<J.J| : A^A<w> : «JA?» i haV* A£Yh?

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A£VK> ÄA-I'

nei »

>f%tf"f-h MH.K ■" iMrtjBlw»1»

flcH- i [n]3)fc'Mic? i &£• i A?»A i j&m*0* +£■<*> - *«nK+

•nc-fch « <w£flA i -»i.jp-f-? <0£äA. - hm i A<>A»ir<n»-

Afc^-flC'fch i £-A«P> i A'idfW* i fPl9° *»<*> - AdA,lTöD* i -fldA i «füAh i [tu]4) ArMPC^ i 4^-A? ffl>fl,A»öD- « 7/»7i« *

If?+ i

*£•<*» i fr7H.Jwi,fi,C Whöa £flA » ÄA£ «

hltl i £flA Mll> « h<7H.h'flrh,C •■ Hfl* •■

1) Die Worte in Klammem fehlen hier im Texte, sie stehen aber in dem Gebet, das am Ende des Taufritus noch einmal (aus irgend einem Grunde) geschrieben steht. Da sie nothwendig, des Sinnes wegen, hieher gehören, so haben wir sie eingesezt. Dafür spricht auch der Text bei Denzinger (I, p. 208).

2) Hier als Substantiv gebraucht: Sammelort, eine Bedeutung, die in Dillmann's Lexicon nicht angegeben ist. In der anderen Relation dieses Gebets steht dafür JT*?iAÄ" ! {9°Ö^iß^ s geschrieben).

3) f] fehlt im Text, es muss aber hier wohl stehen. Bei Denzinger (I, p. 230) lautet die Rubrik: orationes, quas dicit sacerdos, cum imponit manus super eos, qui confirmandi sunt.

4) Im Texte fehlt fl)

5) <H»*}<£.J| s 4*^?«ft ! j was nicnt von 'fiöii : abhängt , sondern hier statt des Accu- sativ gesezt ist nach Denzinger's Text (I, p. 230) : „mitte super eos divitias misericordiae tuae et Spiritum Sanctum", da auch das nachfolgende den Accusativ voraussezt.

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth. 22

164

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1) ^Aih * 2) Im Texte verschrieben -fft, : 3) fllfl/WJ^A ! 4) fl)fla7'7*fHW» :

5) Im Texte folgt hiernach ohne allen Zusammenhang die Doxologie: ff fl-f: : j\\\ : etc., die gedankenlos hier angefügt ist.

Nach Denzinger I, p. 209 heisst es : unctio participationis aeternae vitae et immortalitatis, Amen. In dem aethiopischen Taufritus, p. 281, fehlt dies, jedoch mit Unrecht, wie der aethiopische Text beweist.

6) Text 3>i^, : 7) Im Texte steht HO*!5 ' und nach demselben f{[\ s was aber hier unpassend ist. Die Doxologie scheint überhaupt aus Versehen hereingekommen zu sein. Bei Denz. p. 231 heisst es: accipite Spiritum Sanctum per virtutem Dei Patris, per virtutem fllii Jesu Christi et per virtutem Spiritus Sancti (ohne Doxologie).

165

(Dh9°li ^A-fl^tf»»- : AfcA i £m<*»* i fcAflrt « ÄöV) t»JihA«A i J?.fl CJ»A"»- , HJPCAfc2) i [<D]3)lfAcW i fli+^rh : BTC « fflÄflC^ P d£<: i <Djr>flA i fc°7H.* ' fr7H.Ml,fi,C i fc:*H, tf-A- - hfclb i AMh\M i <d<*>£"U* ! ^P A-A i *1CA*A •' HhAAlitf»- i A*3 Afch Oirh'PC^h ^Ä-^i-} (D'iW -fch rfc^T* hh hrao^Xf) .. Kntsji : H^^A? : <D£?iriJ: V7H> i <*> -ncytti i m* i WriA^A HÄA-HJA-h [ADM-flC-fch VM1C -S.fi hChtl-tW o°- i A+A4« i TSP0*^ i 4»£-A> £i>T<"»- ■■ In-Üd » ÖPA-flrfVI- ■• 7Ä-rh i JthA.A i fl^h* <D*"»£"lft*6) i WF1A.A « ofi£ i fflÄ" £•* i WflA^A - Tfl-fl flJfOMi-T- i h°V} '• CRh*^ h«7H,^ \\a° ' £<L Xa*>* .- q-hnnh i ©/"Co-Mi •• fflj&chn- « nih-Hi * bmfrXi •■ (D(is>'9° tfr i <dA£-ii7) i fl>tf°7£A i ^-S-A i HA»* i A-flrhTh A'JA"» « ^9° Ä"X7 « flPjtjP-Tf •• ;*-WlC < fl?%&,h i atfach ' h^Tf i

?i07H./i'flrh,C ^-SA i HhAAin»»- i A^S-Afch i fli^d^*^- * hhn?a*$l a>9°?:A>ahn '• 8)fc?-f- ! Mli.* flClu»*-9) 1 A?iA- MMA* lÜiA-MA-h S"H1C -S.n > ÄChA-tlf"»- i AJtf-flC-fch jRYbT^ Ah-flC •• «DAA-flrhTh fc"*? « MiAJt I n^h-Th i <Doo£<\tfr fchA^A w* i <Drh"£> p h»Mi a.a i yj&^T-ih : fc^? « WnA.A i Tfl-n ropöwj* WVh « Mia.a

Ä«7?»«n»- : fcA : KAflA?1 : A^AÄJl I AA9° 0J^4»C (D^htC nArh^ :

1) 0«}/; : 2) Statt HJP°CAi ■" steht im Text »flCAT* : Der Abschreiber hat JT» mit »fl vertauscht (was im Amhärischen häufig ist) und bei JP°CA3l : wonl an das amhä'rische 9°hC s (Linsen) gedacht, wesshalb er das entsprechende aethiopische Wort »flCA*J ! einsezte mit der Colletivendung öt = amhärisch ötsh.

3) CD fehlt. Wir haben den Text nach der Rubrik bei Denzinger (I, p. 231) hergestellt: tum induunt, qui baptizati sunt, vestem albam et coronam super capita sua ex myrtho et palma.

4) KA<w,4-fl ! 5) hl'QC'fch : onne Praeposition. 6) «/».R"^

7) Der Text hat hier /tfl-fl s , was nicht in den Zusammenhang passt, da das Gebet an den Vater gerichtet ist. Darauf weist auch der Text bei Denzinger hin, s. die Uebersezung.

8) Im Text steht vor fxi'b nocn "Mi00 : » was aber mer deinen Sinn gibt. Bei Denz. (I, p. 231) heisstes: Tu Domine, qui praeparari fecisti has Coronas, benedic eis. Es weist daher nichts darauf hin, dass hier im Texte etwas ausgefallen wäre, darum haben wir Ttifttro s gestrichen.

9) acxiffl* i

22*

16B

AdAir«"»- ■• ÄJ5 i fl>ftö7d *A oa>-?*<i*>' i tfJfiJiA-f-tf1»- j id"/.?» fl>ftf- •■

^ftf-öD. n#W AlVf- i tiCft-ftf ?h i 4»£'AV p AM i WA- « Wh, Hrh'PC^'ll* i <dä*^ '/£fl7S0'V ■■ ATfA-tf- « (D9°C^^' <£S0-f* » ÄÄ-4» öi«w»^«7/*'^ .- öiAÄ'h i -fcC fl>IK.3n ?°AA2) <*»'J£A *^A "VAf ^ AH,Ji i fl>HA<0. " a>A*JA"» : °,M» i A"^ »

flJhrif ^-v-nc ; ?»£,h i -s.n •• h£&tofcU'tffr •■ ) ... AK^nc-fch * fchA.A •■ frnc i ÄÖ£'J i Ä3TIA.A '/j?^rr> fc"r> i MnA.A ft*£* | K^7 » hfrA.A #70 » HÄ.JR-1 ^*P?i A0C ■' (Dd.tl?-a°' ! AK«7-nC-f:h | ?°A-M ÄP i <ötf»'J<(.A fr-S-A n,J/UA- aifiy-A/.* Afc^AhV i "»<£ A-fl?» a>A£'h » MH.M * Ä.PA-A hCA-FA Hfl* Ah4) -■ fl»A 0*>-UA .- 4»SA : A'Hrh> i wWtt Jft?iH,3: ' <DM\dX : «öA'JA'w» .- 'JA!'0 i

id^jp-h •■ fr^aomah i ?i?°Am.C +3-A "7/hP^ fc^H ! £"M<yD'> !

hu'j Hn^-tKu'^ frnfro* i /^^c;- 1 a>£A'f-£ : Äf° i ymv. = ax^h» ••

flUTD^-)^ .- A,f A*A .- liCA^A «

afK9°K:'hd,ü' f ü-n?'^- ■■ ^iA.0 [fl*"»1^ i] 5) h^AA X*AJt.-> Alf-f-ßJA^ i

nfc.?A«ft > hCA-fA fl>hdn •■ n-tlC h&O- AdA.lfö»»- i M\\ - J?,-flA i

j&^n^h •• h^H.^-nrh.c Än-ü- •• Ahin.M man^^ .. ^?a-a .• ^ca

2) Vor 9°AA : steht im Texte fl) , was nach dem Zusammenhang: (wenn der Text hier nicht verdorben ist) nicht am Plaze ist. Vergleiche dazu die Uebersezung.

'S) Hier sind einige Worte ausgefallen. Nach Denzinger's Test (s. die Uebersezung) müsste hier etwa stehen (D-'HlA : M\i.h ' Mn.h'(\<h,C h-Q ' -%C ' hi^AhV KWCl !

4) tf*Ah s HA"'IJ : i sinnlos verschrieben.

5) Fehlt im Text, muss aber nach allen Angaben hier stehen. . (Denzinger 1, p. 232: mel im- maculatum).

107

•f-ti ttdti£bo°' £-A«P> t AftCP^ •• -Ym^V fflA-flft i Hfc,£"7fi'} > fc/.n* » ^7^.ft 4>S.ft » -JAÄAh ©Tft^n^oh *-*"?+£ i iVnJi h«w» i -1'£ii?-o*>- i £-A«PV i h*» .- ^/"h« .- /^^h i 4-3-rt i ffl^^h hnv. i fl>Ä«7fPtf»- .■ A'HA-^ i h"» « JE-lK^A- i A£Ä-*7° -■ -HtHTfh '■ atf»C

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jvn-H'*- i fc^-nc-fch fiTflnh toM-flo). <L6ir-t-h (Dh-nRfra»-

^niV i ÄhA i (DRIFav*) i ÄfcJJ0*? i K*£-* i 010*0"°* nyjZ.'W'l* HVJ flA i *flM* : flÄA»;*- fflnftJiA^.AMHVH nWF (DM.1* ' k9°<\Yl fyKrfö £*7«7A f»nÄA»h •• P-rh'jn •■ <w»T9°4» flÄA»^öw- A^h^A an -flC^A fl>AVf-A»ö»- 4»*? AI "»Afch* a^ti-f'O^ s m[\t\\M ■"«»• ' A4» <?.fl « «feCtfA « axM-ft i XP-Cj.fl a>nÄA*»f* « 4-3.fl i -fc^Ä-tfA * OJ7Afl>-&,SpA : fflflÄA-"/- •■ 4»-f.ft *^C90V^9° « at&bfliC fliW-A-"0* rt°7 o;H- i flÄAH^- , ainA^A-f-^- i AVfl„?-V p ©rh-PC^ - mnÄA-f* W-A-ö°- i «Ä'.^'J ' flJrt0?*)* i h/WC? AMtt.Jwirh.C ' A^A«w

1) |D fehlt im Text. Bei Denz. p. 232: et inveniant.

2) Im Texte fl^UJ^" s , was nicht passt, da <PUJ£* : Apposition zu dem vorangehenden ist.

3) Im Text steht nach J*l*7fP0©- : noch (D'tl't* ! 5 wenn dieses richtig wäre, so müsste nach demselben ein Wort ausgefallen sein. Bei Denzinger (I, p. 232) steht nur: „et da eis cognitionem justitiae;" wir haben darum Ohtl'i* s gestrichen.

4) Zum Schlüsse folgt noch einmal ÄA*"1!* •' AM Q^th't' '• '"Iß* '• s. p. 163, L. 2.

168

Taufbuch*

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, Ein Gott!

Buch der heiligen Einweihung in das Christenthum und Buch der heiligen Taufe1). Du2) sprichst den L. Psalm und das Gebet der Danksagung3). Und er soll räuchern und die Namen derer erkundigen, die getauft werden, und der Diaconus soll sagen: Betet!

Dann soll der Priester dieses Gebet sprechen.

,,0 unser Herr Jesus Christus, der den Himmel geneigt und auf die Erde herabgestiegen ist, dessen Wort den Felsen spaltet, und schärfer ist als ein Schwert, vor dem sich bewegten...4), heile5) diese deine Knechte, welche sich zu deiner Lehre gewendet haben und zeige ihnen den Weg, auf dem sie wandeln sollen und unterweise sie durch die Erkenntniss des heiligen Geistes . . . .6) und schenke ihnen Vergebung ihrer Todsünden7), auf dass sie würdig werden der heiligen Taufe, -welche die zweite Geburt ist und sie den heiligen Geist erlangen,

1) Beide Worte stehen als Synonyma.

2) Es ist damit der Priester gemeint, da in den Rubriken der Priester meistens in der zweiten Person angeredet wird.

3) Das ÄA°'f" » Ath°"k*lh * *st em km'zes Danksagungsgebet für gnädige Bewahrung, das zum Canon Missae gehört. S. Renaudot, Liturg. Orient. Collectio, Tom. I, p. 2. Es lautet: Gratias agamus bonorum auctori misericordi, Deo patri domini, Dei et salvatoris nostri Jesu Christi, quia ipse protexit nos, adjuvit et servavit nos, suscepitque nos ad se, misertus est nostri, perduxitque nos ad hanc horam. Ipsum nunc precemur, ut custodiat nos hoc sancto die et omnibus diebus vitae nostrae, in omni pace, omnipotens Dominus Deus noster.

4) Hier fehlen im Texte einige Worte ; s. Denzinger I, p. 193 (cujus praesentia commotae sunt aquae et retroconversae sunt).

5) Das (D steht, wenn Nebenbestimmungen vorangegangen sind, um den Hauptsaz kräftig hervorzuheben; im Deutschen kann es in diesem Falle nicht wiedergegeben werden.

6) Der Text ist hier in Unordnung und verdorben ; bei Denzinger (1. c.) steht : ut sint in donum incorruptibile Spiritus tui Sancti.

7) 1lhM&all\'} s5 wörtlich: die nicht verschwinden = peccata mortalia; cf. S. 172. Anm. 4.

den analogen Ausdruck: *^|rtl,^^'f,fl,,* s HA'JAjP' :

169

damit sie mit hellem Auge schauen die Stärke deiner Erkenntniss und dich preisen, unsern Gott. Dir gebührt der Preis, und deinem Vater, dem Erbarmer, und dem heiligen Geiste, dem Lebendigmacher, jezt und immerdar und in die Ewigkeit der Ewigkeit, Amen!"

Und der Diaconus soll sagen: Betet!

Und derPriester soll für die, die getauft werden, sprechen:

„0 Herr Gott, unser Gott, Allmächtiger, Vater unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi, wir bitten und flehen von deiner Güte, o Lieb- haber der Menschen, für alle deine Knechte, welche unterrichtet wurden: erzeige ihnen Barmherzigkeit, nimm weg aus ihnen und von ihnen allen Ueberrest des Gözendienstes! Dein Gesez und deine Ordnung und deine Furcht und dein Gebot lege in ihr Herz, und mache sie würdig, dass sie verstehen die Kraft deines Wortes, in dem sie unterwiesen wurden, und damit sie zu rechter Zeit das Bad der Wiedergeburt erlangen zur Vergebung der Sünden, und mache sie zur Wohnung des heiligen Geistes durch die Gnade deines eingebornen Sohnes , unseres Herrn und Hei- landes Jesu Christi, welchem (ist) Preis und Macht jezt und immerdar und in die Ewigkeit der Ewigkeit, Amen!"

Gebet welches über das Oel gesprochen wird, womit sie die salben, die getauft werden; und du hältst das Oel- gefäss in deiner Hand und betest darüber und sprichst:

„Herr, unser Gott, Vater unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi, deines eingebornen Sohnes, der um unseretwillen gekreuzigt wurde in den Tagen von Pontius Pilatus, um eines guten Bekenntnisses willen1): wir bitten und flehen zu dir, o Liebhaber der Menschen, zu deiner Güte, sende die Kraft des heiligen Geistes über dieses Oel, damit es rein werde, das widerstehe jeder Verkehrtheit und jeder Bezauberung und jedem Gözendienst und jeder schlechten That, damit sie sich zurückwende2), durch die Kraft deines eingebornen Sohnes, unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi, in welchem dir (zukommt) mit ihm und dem heiligen Geiste Preis und Macht, jezt und immerdar und in die Ewigkeit der Ewigkeit, Amen !"

1) Cf. I Tim. 6, 13.

2) Bei Denzinger (I, p. 195): „et retrovertat omne opus malura."

170

Gebet über dieses Oel;1) und es soll der Diaconus sa- gen: Betet! Und der Priester soll sprechen:

„Herr, Gott, unser Gott, Allmächtiger, Vater unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi, wir bitten und flehen zu deiner Güte, o Lieb- haber der Menschen : denn du allein bist der wahre Gott mit deinem eingebornen Sohn, unserem Herrn und Heiland Jesu Christo und dem heiligen Geiste: siehe in Gnaden herab auf dieses Oel und mache es zum Zerstörer aller Dämonen und jeder Bezauberung und jeder Magie und jedes Gözendienstes, und bereite es zu, dass es ein reines Oel werde für Seele und Leib und zum Bekenntniss2) unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi, welchem (ist) Preis und Ehre in die Ewigkeit der Ewig- keit, Amen! '

Darauf salbst du seine Stirn und seine Brust.und sein Herz und seine Schultern und die Fläche seiner Hand in- wendig und auswendig, und seinen Rücken, und sprichst: ,,ich der Priester N. N. salbe dich im Namen der einigen heiligen christ- lichen Kirche Gottes, Amen! Dieses Oel soll zerstören das Werk des Satans und des Feindes, der sich ihm widersezt, Amen!"

Und der Täufling soll „Amen!" sagen. Und der Priester soll dasGebet der Danksagung sprechen und die Knie3) der Täuflinge beugen. Und der Priester soll über sie beten und sprechen: '

Gebenedeiet sei der Herr , unser Gott, der Allmächtige, und gebe- nedeiet sei der heilige Name seiner Herrlichkeit; und gebenedeiet sei der eingeborne Sohn unser Herr und Heiland Jesus, um dessenwillen alle Völker aus der Finsterniss in das Licht des wunderbaren Glaubens gerufen werden, aus dem eitlen Irrthum des Gözendienstes zur Erkennt- niss der Wahrheit.*'

1) Es ist dies ein anderes Weihegebet, welches statt des vorangehenden gesprochen werden mag. S. Denzinger, I, p. 194, wo es in umgekehrter Ordnung steht.

2) Der aethiopische Text (D^vOO) : (und wir glauben oder bekennen) passt nicht in den Zusammenhang, da er mit dem vorangehenden in keiner Verbindung steht; wir schlagen daher vor, statt Y\UV*i : ix0*^! : (als Accusativ, abhängig von jMft*0} :) zu lesen.

Darauf weist auch der Text bei Denzinger (I, p. 194) hin : transfer autem et commuta (purifica) illud, ac fac oleum unctionis et catechuminatus, quod animam fidelem faciat in Jesu Christo."

3) In der Rubrik bei Denzinger (I, p. 223) steht hier sonderbarer Weise „brachia."

171

Und der Diaconus soll sagen: Betet! Und der Priester soll sprechen:

„Schreibe die Namen dieser deiner Knechte, welche du zu deinem heiligen Namen gerufen hast, in das Buch des Lebens und zähle sie zu den Schafen deiner Heerde und zu deinem Volke und zu denen , die deinen Namen fürchten ; schenke ihnen Gnade , damit sie im reifen Alter1) zum Glauben und zur Vergebung der Sünden gelangen; und mache die Wohnung derselben im heiligen Geiste2), durch deinen ein- gebornen Sohn, unsern Herrn und Heiland Jesum, dem Preis und Ehre (ist) in die Ewigkeit der Ewigkeit, Amen !

Gebet für diejenigen, welche ihre Namen für die Taufe angegeben haben.

Und es spricht der Priester:

„Wir bitten und flehen, o allmächtiger Gott, Vater unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi, für diejenigen, welche ihre Namen (zur Taufe) angegeben haben und welche durch den Glauben in deine Gnade einge- gangen sind3), mögen die würdig werden deine Gnade zu erlangen, welche zu dir gekommen sind : denn das ist die zweite Geburt zur Vergebung der Sünden, wozu sie zu dir gekommen sind, damit sie rein werden von ihren Todsünden4) und sie frei werden vom Dienste des Verderbens ; die Herrschaft ist in deiner Hand, o allmächtiger Gott, unser Gott!

Und der Diaconus soll sagen: „Betet für diejenigen, die ihre Namen angegeben haben, damit er sie würdig für die Taufe mache zur Vergebung ihrer Sünden." Darauf beugt der Priester ihre Füsse und spricht über sie dieses Gebet:

1) 0°(n% s KfaA : alß Zeitbestimmung im Accusativ.

2) Diese Wendung ist auffallend und der biblischen Ausdrucksweise nicht entsprechend. Wir würden eher erwarten: «D^ftf-ö1* : °^^[f^d A^TriLll s 4*-Wl : wie es S- 156> L- 4 des Textes vorkommt. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist der Text hier verdorben. Bei Denziger (I, p. 195) steht: praepara eos in templum Spiritui tuo Sancto.

3) Bei Denzinger (I, 195) heisst es: et ad fidem gratia tua accesserunt. Richtiger Tesfa Sion (bei Migne, T. 138, p. 931): qui ingressi sunt per fidem tuam in gratiara tuam.

4) S. p. 169. Anm. 4. *fan.ft"h : HA^A9° :, wörtlich: die Sünden, die für die Ewig- keit bleiben, im Gegensaz gegen die peccata venialia.

Die Uebersezung bei Denzinger (I, 195): „et emundentur a peccato mundano", beruht auf Miss- verständniss, und die in der Anmerkung dazu aus Assemanus citirte „in aeternum" ist nicht ganz richtig und darum unverständlich.

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth. 23

172

„Allmächtiger Herr Gott, Vater unseres Herrn und Heilandes Jesu, wir bitten und flehen dich an, o Liebhaber der Menschen, sei diesen deinen Knechten, die ihre Namen angegeben haben, gnädig und mache sie würdig der (Tauf-)Gnade, da sie sich zu dir genähert haben1), auf dass sie den heiligen Geist erlangen und von dir mit deiner göttlichen Kraft bekleidet werden und dass sie ähnlich werden deinem Sohne un- serem Herrn und Gott Jesu Christo, und dass sie eins werden mit ihm2);' schenke ihnen ein reines Herz und einen aufrichtigen Sinn, und darum beten wir dich an , indem wir bitten und zu dir flehen , unser Herr, dass du uns aufrichtest. Und erwecke unser Herz und unsern Sinn zu deiner Erkenntniss, und schenke ihnen Einsicht und Belehrung und mache sie würdig deine Knechte zu sein , und bewahre uns durch die Gnade des heiligen Geistes und erbarme dich über uns nach der Ver- heissung deiner herrlichen ewigen Güte, durch deinen eingebornen Sohn, unsern Herrn und Heiland Jesum Christum, in die Ewigkeit der Ewig- keit3), Amen!"

Darauf beugt derPriester die Füsse und Knie derTäuf- linge, und es spricht der Priester mit viel Flehen zum Herrn:

„Unser Gott, Allmächtiger, Vater unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi [wir bitten und flehen dich an] für die, die ihre Namen ange- geben haben , du wollest ihr Ohr öffnen und das Licht deiner Gnade und deiner Erkenntniss über sie leuchten lassen , damit sie erkennen die Kraft deines Wortes, das ihnen gegeben wurde; denn du hast die Macht zur Unterweisung4), allmächtiger Herr, unser Gott!"

1) Bei Denzinger (I, p. 196): „dignos illos effice gratia, ad quam accesserunt."

2) Bei Denzinger (I, p. 196) offenbar richtig: „et unura fiant cum unigenito filio tuo." Noch besser Tesfa Sion (Migne, 1. c. p. 932): et unum efficiantur cum eo.

3) Bei Denzinger (I, p. 196) lautet dieser Saz ziemlich verschieden: „mentesque nostras, cogi- tationes et intellectus excites atque attollas: da nobis intellectum sapientem et justum et concede famulis tuis, ut Spiritus tui Sancti gratia custodiantur, dirige eos in spem bonorum tuorum aeternorum, per unigenitum fllium tuum."

Mit dem aethiopischen Texte lässt sich diese Uebersezung nicht vereinigen. Bei Tesfa Sion (Migne, 1. c. p. 932) heisst es: da nobis mentem intellectivam et doctrinam. Fac nos servos tuos et custodi nos gratia Spiritus sancti. Dirige spe bonitatis tuae aeternae hos famulos tuos etc.

4) Die Uebersezung bei Denzinger (I, p. 196): „quia tibi est potestas misericordiae" beruht auf einem offenbaren Missverständniss des aethiop. Textes. 'tm9°l)C't' : bedeutet nur „Unterweis- ung", und da von der Wurzel 9°ii\& i keine derartige Nominalbildung existirt, so kann an „miseri- cordia" nicht gedacht werden.

Der Dia conus soll sagen: Betet! Und der Priester soll sprechen:

„Herr, unser Gott, Allmächtiger, Vater unseres Herrn und Hei- landes Jesu Christi, wir bitten und flehen dich an, o Liebhaber der Menschen, dass du durch das Geheimniss des heiligen Geistes1) zerbre- chest die Macht der Daemonen, die uns entgegen stehen, bedräue sie und treibe sie weg: denn du hast berufen deine Knechte, welche (in die Kirche) eingetreten und gekommen sind aus der Finsterniss ins Licht, und aus dem Tode ins Leben, aus der Unwissenheit in die Er- kenntnisse aus dem Gözendienst in deinen Dienst. 0 unser Gott, erforsche das Innere ihres Herzens, wie du erforschet hast Jerusalem mit der Lampe deiner Weisheit. Lasse nicht zu, dass ein böser Geist in sie fahre, sondern schenke ihnen Reinheit und Erlösung und gieb ihnen das ewige Leben und zeuge sie2) durch das Bad3) der Wiedergeburt zur Vergebung der Sünden, und mache sie zum Wohnsiz des heiligen Geistes durch deinen eingebornen Sohn , unsern Herrn und Heiland Jesum Christum, in die Ewigkeit der Ewigkeit, Amen !"

Darauf beugt er ihre Füsse und spricht dieses Gebet:

„0 Liebhaber der Menschen, Erbarmer, Vater des Lichts, Spender des Lebens, Quelle der Reinheit, und alles, was von Anfang an gemacht worden ist, hast du geschaffen und4) du hast einst ein Wunderzeichen gegeben > das meine Sünden aussühnt , denn du kannst alle unreinen Geister umwandeln: schenke ihnen die himmlische Wiedergeburt, damit sie wahre Kinder des heiligen Geistes werden, durch deinen eingebornen

1) Bei Denzinger (I, p. 196): „per mysterium nominis tui sancti." Tesfa Sion (Migne, p. 932): ut latenter et invisibiliter per Spiritum sanctum aboleas.

2) Der Text hat hier die starke Bildung fl>«AÄ" •' , die Dillmann nicht aufgeführt hat. S. 160, L. 9 jedoch, wo der Imperativ wiederkehrt, steht A^"0" s

3) Der Text hat nur Idfl^ : , in loser Unterordnung unter <0-A£-<n*' ! , wahrscheinlich jedoch ist hier fl ausgefallen, wie aus Text S. 160, L. 9 zu ersehen ist, wo die Phrase wiederkehrt.

4) Denz. (I, p. 197) weicht hier ganz ab. Dort heisst es: et singulis creaturis raensuram (ac remissionem) dedisti; tu omnia commutare potes, eja Domine, hanc animam commuta eique praesta coelestem regenerationem, ut non sit filia carnis, sed filia veritatis in Spiritu Sancto per unigenitum filium tuum etc.

Tesfa Sion (Migne 1. c. p. 932): et dedisti signum singulis operibus tuis ; quia autem idem ipse

mutare potes omnia, etc.

23*

174

Sohn, unsern Herrn und Heiland Jesum Christum, in welchem dir mit ihm und dem heiligen Geist (zukommt) Preis und Macht, jezt und im» merdar, in die Ewigkeit der Ewigkeit, Amen !"

Darauf beugt er ihre Füsse und spricht dieses Gebet:

,, Immanuel, unser Gott, Vater unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi, Spender des Lebens für unsere Seelen1) : leite, o Herr, diejenigen, die dich suchen2). Wir bitten und flehen dich an , o Liebhaber der Menschen , schaue von deinem Heiligthum und von dem hohen Thron deiner Herrschaft auf deine Knechte, die ihre Namen angegeben haben deiner heiligen christlichen Kirche, damit sie deinem heiligen Namen unterthänig seien, regiere ihre Seele und ihr Herz, damit sie dir auser- wählte und nüzliche Gefässe werden, o guter Herr, und mache sie be- reitwillig zu jedem guten Werke und mache reichlich in ihnen die gei- stige Gnade und entferne von ihnen allen früheren Unglauben3), damit sie annehmen dein heiliges Wort und die Kraft des Glaubens an dich erfassen, auf dass sie dein Gebot thun ; entblösse sie von dem Alten und erneuere sie durch die Hoffnung deines ewigen Lebens, und schneide ab von ihnen jede Macht des Feindes und erforsche das Innere ihres Herzens, wie du erforscht hast Jerusalem mit der Lampe deiner Weis- heit durch den Propheten Jeremias4), und lasse nicht zu, dass ein böser und unreiner Geist in sie fahre, auf dass sie nicht Personen von Fleisch und schlechter Gesinnung werden, sondern schenke ihnen einen Segen durch dieses reine und heilige Wasser und gieb ihnen das Wort des ewigen Lebens , und zeuge sie durch das Bad der Wiedergeburt zur Vergebung der Sünden und mache sie zum Wohnsiz des heiligen Geistes, durch Jesum Christum, in die Ewigkeit der Ewigkeit, Amen!"

1) Bei Denz. (I, p. 197): „auctor bonorum animarum nostrarum."

2) Bei Denz. (1. c.) „director eorura, qui te invocant."

3) (Hft't* : Vß*alfT't' : , Unglauben. ^hÄ'h s wird im Aethiopischen ähnlich wie das arabische wxä zur Verneinung des Begriffs des folgenden Nomens angewendet.

4) Denz. 1. c: scrutare latebras cordium eorum ut tempore Jeremiae dixisti: scrutabor Jerusalem lucerna. Und als Variante nach Asseman: ut dicis per Jeremiam prophetam: scrutabuntur. Ebenso Tesfa Sion (Migne, 1. c. p. 933).

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Und darauf legst du deine Hand auf sie und sprichst dieses Gebet:

„Im Namen deines eingebornen Sohnes, unseres Herrn Jesu Christi, reinige und bereite zu diese Seelen1), damit sie frei werden von jeder Unreinigkeit und damit alle Finsterniss von diesen Seelen fliehe, und jeder Gedanke, der den Glauben vermindert, und damit fliehe von diesen Seelen . . . .2) im Namen Jesu Christi.

Darauf soll sich ihr Antliz gegen Osten wenden, und du ziehest die Kleider der Täuflinge aus, und erhebst ihre rechte Hand, und sie sollen nach Westen schauen; und es spricht (das) „ich widersage dir, Satan" wer -erwachsen ist, soll es selbst sprechen, und wenn es kleine Kinder sind, sollen es ihre Sponsoren sprechen, und nicht sollen sie nunmehr an ihnen Kleider des Schmuckes lassen und sie nicht auf irgend eine Weise zieren auf folgende Weise:

„Ich widersage dir, Satan und all deinem Werk und deinen Dae- monen und all deinem Heer und all deinen Engeln und deiner ganzen Heerde und all deinen Fürsten und all deiner Verkehrtheit."3)

Darauf wendest du ihr Angesicht gegen Osten und hebst ihre Hände in die Höhe und sprichst (ihnen vor):

„Ich glaube an dich, Christus, meinen Gott, und an all dein uns erlösendes Gesez und an all deine Engel, und an all dein lebendig- machendes Werk, das das ewige Leben gibt."

Und darnach spricht er4) das Gebet des Glaubens (i. e.

1) VPfl : i8^ hier im collectiven Sinne genommen, wie der Zusammenhang zeigt.

2) Hier sind offenbar einige Worte ausgefallen. Darauf weist auch der Text Denzingers hin (I, p. 223) der hier noch beifügt: omnis cogitatio mala. In nomine unici filii tui Jesu Christi, munda et libera eas ab omnibus fraudibus Satanae, in sempiternum. Amen. Ebenso auch Tesfa Sion (Migne, 1. c. p. 933). Demgemäss müssten auch nach: „im Namen Jesu Christi" einige. Worte ausgefallen sein.

3) Die Formel bei Denzinger (I, p. 223) weicht hievon stark ab; sie lautet dort: abrenuntio tibi, Satana, et omnibus operibus tuis iinmundis, omnibus ministris, et incantationibus tuis malis. et omni virtuti tuae, omnibus prineipibus tuis, omnibus fraudibus, et omnibus adulationibus et illecebris tuis malis et tenebrosis, et omni jurisdictioni et infidelitati tuae."

4) Nach dem Zusammenhang der Priester. Darauf weist auch der Text Denziuger's hin (I, p. 223), wo es heisst : Postea sacerdos dicit symbolum fidei ; qui baptizandi sunt una cum eo dieunt : credimus in unum Deum etc. Dass die Täuflinge mit dem Priester den Glauben sprechen, ist auch durch die Uebersezung Tesfa Sion's bezeugt (Migne, 1. c. p. 934); in unserem Texte ist dies wahr- scheinlich durch Nachlässigkeit ausgefallen. Nach der Eubrik bei Denzinger und Migne soll dann der Priester sie fragen: glaubet ihr? Worauf sie dreimal antworten : wir glauben, wir glauben, wir glauben.

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den Glauben) und das Vater Unser. Und du sprichst den 68. Psalm Davids: „Errette mich, o Herr, denn das Wasser ist mir bis an die Seele gekommen;" Ps. 113: „Als (Israel) auszog" (vom 20sten Verse an); Paulus an Titus, 2, 11 3, 8; I Johannis 5, 5 13; Acta 8, 26 39. Und vor dem Evagelium sprichst du den 31. Psalm Davids: „Selig sind diejenigen, denen ihre Sünden vergeben sind und denen er (Gott) keinen Fehltritt angerechnet hat. Selig ist der Mann, dem Gott seine Sünden nicht zugezählt hat."

Evang. Johannis 3, 1 21. Und du sprichst die Reihen- folgen: „Für den Frieden/' „für den Bischof," für die Ge- meinde" und „f ü rdie, welche ihreNamen angegeben habe n". Und es soll der Priester seine Hand auf sie legen und sprechen:

„Auf deinen Knechten, welche vor dir beten zu deinem heiligen Namen, und welche ihr Haupt vor dir gebeugt haben, lass wohnen die Gnade des heiligen Geistes, sei du, o Herr, mit ihnen und stehe ihnen bei in jedem guten Werke und erwecke ihr Herz von jedem bösen Werke, auf dass sie mit deiner Herrlichkeit bekleidet werden1), durch deinen eingebornen Sohn, in welchem dir (zukommt) mit ihm und dem heiligen Geiste Preis und Macht , jezt und immerdar und in die Ewigkeit der Ewigkeit Amen!"

Und darnach sprichst du2):

„Gott der Propheten und Herr der Apostel, der du zuvor verkün- digt hast die Ankunft deines Gesalbten durch den Mund der Propheten [und Apostel]3), der du den Propheten Johannes gesandt hast, dass er dir vorangehe, wir bitten und flehen dich an, o Liebhaber der Menschen, für alle diejenigen, die zu dir gekommen sind: sende deine heilige Kraft

1) Denzinger's Text weicht hier bedeutend ab. Es heisst dort (I, p. 226) : Excita corda eorura ab omni opere malo, quod in terra fit. Fac eos vivos, ut scilicet cogitent omnia, quae sunt ad vitam, et recordentur omnium operum tuorum, o Domine, per filium tuum, ut tibi et ipsi Sancto Spiritui sit gloria in saecula saeculorum. Amen.

2) Bei Denz. (I, p. 226) steht hier die passende Rubrik: Postea dicit sequentem orationem supra fontem.

3) Bei Denz. (I, p. 202) fehlt „und der Apostel" mit Recht. Es heisst dort: per os prophet- arum tuorum sanctorum.

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dass sie auf diesem Wasser und Taufplaze weile und diese deine Knechte stärke, und bereite sie zu, dass sie das Angeld der Taufe erhalten, welches ist die Wiedergeburt zur Vergebung der Todsünden und zur Hoffnung des Lebens1), durch deinen eingebornen Sohn, in welchem dir (zukommt) mit ihm und mit dem heiligen Geist Preis und Macht jezt und immerdar und in Ewigkeit der Ewigkeit, Amen."

Und darauf betet der Priester die Reihenfolgen: „Für den Frieden", „den Bischof und die Gemeinde", das Gebet des Glaubens und das Gebet des Evangeliums2) und der Handauflegung3), und er soll die Hand auf sie legen und das Wasser mit dem Zeichen des Kreuzes bezeichnen und dreimal laut rufen, indem er spricht:

„Ein heiliger Vater, Ein heiliger Sohn, Einer ist der heilige Geist."

Und derPriester soll in das Baptisterium hinabsteigen und Oel und Chrisma dreimal in das Wasser giessen in Ge- stalt des Kreuzes, indem er sagt:

„Gebenedeiet (sei) Gott der Vater, der Herr der ganzen Welt, und gebenedeiet der eingeborne Sohn , unser Herr Jesus Christus , und ge- benedeiet der heilige Geist, der Paraclet!"

Und darauf sagst du den 150 Psalm und: Ehre ist (dem Vater etc.). Und der Priester soll sprechen:

„Gebenedeiet (sei) Gott, der jeden Menschen erleuchtet, der in die Welt kommt!"

Darauf nimmt der Priester den Täufling vom Westen und führt ihn gegen Osten. Und der Priester soll Wasser nehmen und taufen und sprechen:

1) Bei Denz. (1. c.) etwas verschieden: ipsumque disponat, ut sanctum regenerations baptismum recipere valeat in remissionem peccatorum suorum et in spem inamissibilem. Demgemäss würde es scheinen, dass nach ^J&flJ^ » im Texte ein Wort (etwa HÄ^^ft? oder HA^A9° ^ ausgefallen ist.

2) D. h. das Vaterunser.

3) Die oratio impositionis manus (super fideles), die hier nur erwähnt wird, steht hei Denzinger (I, p. 203) und lautet: Famuli tui, Domine, qui tibi ministrant, et sanctum nomen tuum invocantes tibi sese subjiciunt, esto in illis, Domine et in ipsis versare, adjuva eos in omni opere bono, ab omni mala ac terrena cogitatione corda illorum erige. Praesta, ut vivant et cogitent, quae sunt ad vitam intelli- gantque, quae tua sunt, per Filium tuum unigenitum Dominum Deum et salvatorem nostrum Jesum Christum, per quem etc.

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„Ich taufe dich im Namen des Vaters, und im Namen des Sohnes, und im Namen des heiligen Geistes. Wiederum taufe ich dich im Namen des Vaters , und im Namen des Sohnes , und im Namen des heiligen Geistes. Zum drittenmal taufe ich dich im Namen des Vaters, und im Namen des Sohnes, und im Namen des heiligen Geistes."1)

Und darauf soll der Priester dreimal den Getauften anblas'en und das drittemal sprechen:

„Nimm hin die Gabe des heiligen Geistes, des Paracleten!" Und nachdem er dieses Gebet vollendet hat, spricht er das fol- gende Gebet zur Entlassung des Wassers:

„0 Herr Gott, unser Gott, Allmächtiger, der du alles geschaffen hast durch deine wahre Weisheit, du bist es der die Wasser im Anfang in einen Sammelort gesammelt hat und alles festgestellt hat vom An- fang der Welt durch die Grösse deiner Kraft und deiner Einsicht; o Gott, der du dieses Wasser zubereitet hast zur Reinigung der Seele und zur Erneuerung vom sündlichen Irrthum , auf dass sie das Licht deiner Göttlichkeit scheinen lasse2), wir bitten und flehen dich an, weil du gutig bist und ein Liebhaber der Menschen, dass du dieses Wasser in seine frühere Natur verwandeln mögest, auf dass es wiederum zur Erde zurückkehre , wie zuvor, uns aber sein möge ein Helfer und Be- freier, auf dass wir preisen den Vater, Sohn und heiligen Geist in die Ewigkeit der Ewigkeit, Amen! Möge es geschehen, möge es geschehen!"

Gebet der Segnung bei der Handauflegung3) auf die- jenigen, die getauft wurden, vor der Salbung mit dem Chrisma: „Wir danken dir, o Herr, dass du deine Knechte würdig gemacht

1) Die dreimalige Wiederholung der ganzen Taufformel ist höchst auffallend. Bei Denz. I, p. 230 ist nichts davon erwähnt. Nach der alexandrinischen Form (Denz. I, p. 208) spricht der Priester bei der ersten Immersion: Ego te baptizo N. in nomine Patris, Amen. Bei der zweiten: Ego te haptizo N. in nomine Filii, Amen. Bei der dritten: Ego te baptizo N. in nomine Spiritus sancti, Amen.

2) Bei Denz. (I, p. 208) sehr abweichend: Tu ipse, Dominator noster per gratiam Christi tui et per illapsum Spiritus tui sancti hanc aquam consecrasti, unde famulo tuo in ea baptizato factum est regenerationis lavacrum.

3) Hiemit beginnt die Confirmation die unmittelbar mit der Taufe verbunden wird. Bei Denz. (I, p. 230) lautet darum die Rubrik: Orationes, quas dicit sacerdos, cum imponit manus super eos, qui confirmandi sunt.

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hast des Bades der "Wiedergeburt und des unvergänglichen Kleides1): sende also über sie den Reichthum deiner Gnade und den heiligen Geist, den du deinen heiligen Aposteln gegeben hast, indem du zu ihnen sag- test2): nehmet hin den heiligen Geist, das ist, den Paracleten : verleihe (ihn) auf dieselbe Weise, o Herr, deinen Knechten !"

Und der Diaconus soll folgendes sprechen: „Stehet auf, beuget euer Haupt vor Gott!" Und wiederum soll er sprechen: „Betet!" Und der Priester soll über sie beten3) indem er spricht: „Herr Gott, der die Macht hat und der allein alle Wunder thut, es gibt nichts, was dir unmöglich ist, o Herr, und durch deine Kraft (ist) alles: verleihe durch den heiligen Geist das Sigel des Lebens und die Festigkeit der Erlösung deinen Knechten, durch deinen eingebornen Sohn, in dem dir( zukommt) mit ihm und mit dem heiligen Geist Preis und Macht, jezt und immerdar und in die Ewigkeit der Ewigkeit, Amen!"4) Und darauf soll er seine Stirn und seine Augen salben mit dem Zeichen des Kreuzes, indem er spricht: „Die Salbung des heiligen Geistes, Amen!" Und du salbst seine Ohren und Nase und sprichst: „Das heilige Oel zur Gemeinschaft des ewigen Lebens, Amen !" Und du salbst die Fläche seiner Hand inwendig und auswendig indem du sprichst:

„Das heilige Oel unseres Herrn Christi und das Sigel, das nicht geöffnet wird, Amen!"

Und du salbst seine Brust und sein Herz, indem du sprichst:

1) Bei Denzinger (I, p. 230): indumento immaculabili.

2) In Denzinger's Text: die eis, aeeipite etc., offenbar falsch übersezt.

3) Nach den Rubriken bei Denzinger ein Weihegebet über das Chrisma. Denn I, p. 209 steht: Sacerdos tenet saneti chrismatis vas et coram altari orat super illud. Und I, p. 230: Postea sacerdos aeeipit balsamum et orat super ipsum, dicens.

4) Die entsprechenden Gebete bei Denzinger weichen ziemlich von einander ab, sowie vom Aethiopischen. I, p. 209 heisst es: elargire Sanctum Spiritum per saneti chrismatis unetionem, ut fiat vivificum obsignaculum et famulo tuo robur seu confirmatio. Und I, p. 230 ; confirma, Domine, virtute tua omnem gratiam Spiritus Saneti super hoc balsamum : fiat sanctum, Amen : fiat signum vitae, Amen : et confirmatio famulis tuis, Amen. Im Aethiopischen ist von Balsam oder Chrisma keine Rede.

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV Bd. III. Abth. 24

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„Die Vollendung des heiligen Geistes im Glauben und in der Ge- rechtigkeit, Amen!"1)

Und du salbst seine Knie und seine Arme und alle seine Glieder und die Mitte seines Rückens und sprichst: „Ich salbe dich mit der heiligen Salbung.*'

Und er soll seine Hand auf sie legen und sprechen:

„Seid gesegnet mit dem Segen der himmlischen Engel! Gott segne euch im Namen unseres Herrn Jesu Christi. Nehmet hin den heiligen Geist durch die Kraft Gottes und durch seinen Sohn Jesum Christum2), [der mit ihm und dem heiligen Geist Preis und Macht hat jezt und immerdar und in die Ewigkeit der Ewigkeit,]3) Amen!"

Darauf sollen sie diejenigen, die getauft wurden, mit weissen Kleidern bekleiden, und mit einer Krone auf ihrem Haupte von Myrten [und Palmen, und mit einem rothen, wollenen Kleide und mit gewundenen Palmzweigen4) und er (der Priester) spricht:

„Herr Gott, Allmächtiger, Vater unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi, der du gekrönt hast deine Heiligen und deine reinen Aposteln und deine treuen Propheten, die dir Wohlgefallen haben, mit einer un- verwelklichen Krone: sende auch je^t, o Herr, dein Licht, dass wir diese Krone, welche du deinen Knechten bereitet hast, auf ihre Häupter sezen nach der Hoffnung der heiligen Taufe5). Möge sie ihnen zur Ehre und zum Preise werden, eine reine Krone des Segens und der Erlösung, eine Krone der Grösse und der Gerechtigkeit, eine Krone der Weisheit und der Sanftmuth, Amen! Hilf ihnen, o Herr, dass sie dein Gebot und deine Anordnung vollbringen und dass sie deinen Segen erlangen durch dein

1) Bei Denzinger lauten die Worte I, p. 209: Spiritus Sancti gratiae perfectio atque fidei et justitiae clypeus. Amen. Und I, p. 231: perfectio gratiae Spiritus Sancti, fidei et justitiae. Amen. Das Wort „gratiae" (&J? :) findet sich nicht im aethiopischen Text und scheint auch nicht ausge- fallen zu sein. Der Sinn ist: die Vollendung im Glauben und in der (Lebens-)Gerechtigkeit, die der heilige Geist bewirkt.

2) Bei Denz. (I, p. 231) steht auch noch: et per virtutem Spiritus Sancti.

3) Wegen der Doxologie s. S. 164. Anm- 7.

4) Die Rubrik hei Denzinger I, p. 231 ist etwas verschieden: et rubram vestem undulatam et phrygiatam, seu acu pictam. Es ist nicht recht klar, wie „die gewundenen Palmzweige" des aeth. Textes zu fassen oder zu beziehen sind.

5) D. h. nach der Hoffnung, welche die heilige Taufe vorhält.

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Wohlgefallen und das Wohlgefallen deines Sohnes und des heiligen Geistes, welchem (ist) Preis in die Ewigkeit der Ewigkeit, Amen ! J)

Darauf sezest du (sie ihnen) mit deiner Hand auf2) und sprichst folgendes mit lauter Stimme:

„Heiliger Gott, der du gekrönt hast deine Heiligen und ausgesöhnt3) die Himmlischen und die Irdischen, segne du, o Herr, diese Kronen, die du bereitet hast, dass wir (sie) auf die Häupter deiner Knechte sezen, damit sie ihnen zur Ehre und zum Preise werden, Amen! (Zur) Krone des Segens und der Erlösung, zur Krone der Freude und des Jubels und zur Krone des Glaubens, Amen! Zur Krone der Weisheit und der Sanfmuth, Amen ! Zur Krone der Gerechtigkeit und der Gnade, Amen ! Schenke diejenigen , die man damit geschmückt hat, dem Engel des Frie- dens und der Liebe und der Ernte4), befreie sie von jeder eitlen Ge- sinnung und von der Begierde schlechter Gedanken und vom Verderben, bewahre sie vor jeder schlimmen Bürde und jedem Anfall des Feindes5)! Und möge über ihnen Gnade sein ! Und höre die Stimme ihres Weinens und ihres Gebets und lege in ihren Sinn deine Furcht! Stelle sie so, dass sie selbst6) in ihrem Leben nicht mehr durch Mangel gedrückt werden und erfreue sie mit dem Anblick der Kinder ihrer Kinder ; und mache auch diejenigen, welche geboren werden, zu nüzlichen Gliedern deiner allerheiligsten christlichen Kirche, der Gemeinde der Apostel, und immer stark im Glauben und führe sie den Weg der Gerechtigkeit und

1) Bei Denzinger (I, p. 210) lauten die Worte ziemlich anders und theilweise unverständlich : Tu etiam nunc coronam paratam ac mox ponendam super famulum tuum per baptismum conjunctum benedic, ut ipsi Corona gloriae sit ac honoris, Amen. Benedictionis et glorificationis corona, Amen! Corona virtutis et justitiae, Amen. Corona sapientiae et intelligentiae , Amen. Corrobora eum , ut praecepta tua perficiat bonisque regni coelorum potiatur, per Christum Jesum dominum nostrum, per quem etc.

2) Bei Denzinger (I, p. 231) ist diese Kubrik unrichtig dahin übersezt: Postea accipit Coronas in manus suas.

3) \\bC& ' (U> 1) bedeutet hier „reconciliare", wofür Dillmann in seinem Lexicon keine Be- legstelle angeführt hat.

4) Bei Denzinger (1. c.) lauten die Worte so : „Da famulis et famulabus tuis, qui eas induerunt, angelum pacis et Signum charitatis", was offenbar auf falscher Uebersezung beruht; desswegen die Ein- schaltung von ,, signum" und Weglasssung von "72*i<£C : Der Engel der Ernte bezieht sich auf Matth. 13, 30. 39.

5) Bei Denz. (I, p. 231): ab omni inquinamento inimici.

6) Chfl00" : steht hier im Nominativ (für AA»!/*"0" ») wie 'm Physiologus, p. 39, L. 8.

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des Reiches deines guten und gesegneten Sohnes, mit dem lebendigma- chenden heiligen Geist1), jezt und immerdar und in die Ewigkeit der Ewigkeit, Amen!

Und darauf legst du deine Hand auf ihre Häupter (und sprichst):

2) deiner Knechte die Krone der Ehre, Amen! Die Krone

des Glaubens, Amen ! Die Krone der Gerechtigkeit, Amen ! Die Krone der Stärke, welche von dem Feinde nicht besiegt wird. Mache denn deine Knechte voll Gnade und des heiligen Geistes durch die Gelindig- keit und das Erbarmen unseres Gottes, des Liebhabers der Menschen, deines Sohnes , unseres Herrn Jesu Christi , in welchem dir und dem heiligen Geiste (zukommt) Preis und Macht jezt und immerdar und in die Ewigkeit der Ewigkeit, Amen!"

Und darauf sollen sie von dem heiligen, lebendigmach- enden Geheimniss (== Eucharistie) empfangen, indem der Priester das glaubt, was sie angeht; sie sollen essen das Fleisch und ^trinken das theure Blut unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi.

Und darauf soll man denen, welche in Jesu Christo (wieder-)geboren worden sind, Milch [und] unverfälschten [Honig] geben, und er (i. e. der Priester) soll wiederum seine Hand auf sie legen, indem er spricht:

„Gesegnet sei Gott, der Vater unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi, der du sie würdig gemacht hast der Vergebung der Sünden und des Kleides, das nicht vergeht, des Angeldes des heiligen Geistes : wir bitten und flehen dich an, o Liebhaber der Menschen, dass du sie würdig machest, deinen heiligen Leib und dein theures Blut zu em- pfangen und schenke ihnen immerdar Gnade, damit sie ringen, dein Gebot und deine Anordnung zu vollbringen, [und] damit sie es erlangen zu deinen

1) Denzinger's Text weicht hier etwas ab: ,,fac eos utiles ecclesiae tuae sanctae apoatolicae et fortes in fide semper, Amen. Doce eos viam justitiae, Amen. Per voluntatem filii tui boni et benedicti et Spiritus Sancti vivificantis in saecula saeculorum, Amen."

2) Hier sind im Texte einige Worte ausgefallen, die sich aus Denzinger's Text (I, p. 231) er- gänzen lassen. Dort heisst es: „Tum imponit manus suas super capita eorum et dicit: Domine, o Do- mine, pater bone, Deus noster; imposuimus manibus nostris super capita famulorum tuorum coronam honoris et gloriae, Amen!"

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Heiligen, welche im Himmel, in deinem Reiche sind, zu gelangen,1) durch die Gütigkeit und das Erbarmen unseres Gottes, des Liebhabers der Menschen, durch deinen eingebornen Sohn, unsern Herrn Jesum Christum, in dem dir (ist) mit ihm und dem heiligen Geiste Preis und Macht, jezt und immerdar und in die Ewigkeit der Ewigkeit, Amen!"

Und er soll seine Hand auf sie legen, indem er spricht: „Mögen deine Knechte zunehmen an deiner Weisheit2) und mögen sie zu Herzen nehmen deine Furcht und bringe du sie zum reifen Alter und schenke ihnen Erkenntniss der Wahrheit und bewahre sie im fle- ckenlosen Glauben durch das Gebet und die Fürbitte unserer Herrin Maria, der Gottesgebärerin, der heiligen Jungfrau, und durch das Gebet Johannes, des Täufers, durch das Gebet Michaels und Gabriels und aller heiligen Engel, durch das Gebet und die Fürbitte des heiligen Quiricus und des heiligen Georgius, und durch das Gebet des heiligen Theodorus und Claudius, und durch das Gebet des heiligen Marmehnäm3) und Victors und aller Märtyrer, durch das Gebet und die Fürbitte der Propheten und Apostel, und durch das Gebet aller Gerechten und Mär- tyrer4) , welche dem Herrn Wohlgefallen haben , in die Ewigkeit der Ewigkeit. Amen!*

1) Das Suffix ist hier an den Infinitiv auf ö angehängt, was hie und da vorkommt.

2) D. i. an Weisheit, die von dir kommt.

3) Dillmann in seinem Lexicon liest ihn ^C^Wn?0 !

4) Bei Denzinger (I, p. 232) lauten die Namen der Heiligen sehr verschieden; nach „puri Mi- chaelis archangeli" folgen die Worte : et omnium ordinum coelestium, et Sancti Georgii Martyris, et Beati et Sancti Patris Salamae manifestatoris luminis: Patris Zzehoma, et Patris Imaata, Patris Ar- gavi, etArmah Kegis, Sancti Patris Pantaleonis, et Caleb Begis: Sancti Patris Aftzae (= Atzfae), et Deganae Sacerdotis: Sancti Patris Joannis, et Antonii, Marta, et Macarii, et Thecla Haimol (= Häi- mänöt), in saecula saeculorura, Amen!

Abh. d. I. Cl. d. k. Äk. d. Wiss. XIV Bd. III. Abth. 25

Vita Adae etEvae.

Herausgegeben und erläutert

von

Wilhelm Meyer

aus Speyer.

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss Bi. XIV. III. Abth.

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Vita Adae et Evae.

Herausgegeben und erläutert

von

Wilhelm Meyer.

Was die Genesis von Adam und Eva erzählt, ist ziemlich knapp und reizte zur dichterischen Ausmalung. Doch sind nur wenige solcher Sagen J) erhalten. Von einem Juden wurde in vorchristlicher Zeit die sogenannte Kleine Genesis oder das Buch der Jubila een ver- fasst. 2) In Form einer Offenbarung , welche Gott durch den Engel Michael dem Moses auf dem Berge Sinai giebt, wird die Zeit bis dahin erzählt. Die Erzählung von Adam und Eva entfernt sich nicht weit von der Bibel. Daher wurde dieses Buch von Kirchenvätern und griechischen Chronographen vielfach benützt. Georgius Syncellus er- wähnt daneben mehrmals: 6 teyouevog ßiog lida/Li, allein die Angaben stimmen zumeist mit dem Buche der Jubilaeen. Es ist unsicher, ob Syncellus aus derselben Quelle die folgenden Angaben hat p. 10 C(J ^3-

1) Das Hauptwerk für diese Fragen Pabricius Codex pseudepigraphus Vet. Testamenti, benütze ich in Vol. I, 2. ed. 1722, Vol. II 1723. Apokrypha nenne ich der Kürze halber alle nicht kano- nischen Bücher des alten und neuen Testamentes.

2) Von Dillmann aus dem Aethiopischen übersetzt in Ewalds Jahrbüchern II, 230. Stücke einer sehr alten lateinischen Uebersetzung gab Ceriani heraus in Monumenta Sacra I Mailand 1861 ; diese wurden mit ausführlichen Erläuterungen wiederholt von Roensch, Das Buch der Jubiläen , Leipzig 1874.

26*

äfmayslg vnb ayytlwv if&VTj&t} xa neyl tfjg Ttayaßaaecog utkkovxa toeoß-ai tü)v ly^r\yo^ojv xal xa Tityl xaxaxlvouov xov vdaxog ioo/UEPOV xal xa ns&l xijg nayovaLag xov aojTrjyog . xal ysvoatvog aqoavxog rj/nepas fi t-X&wv s§rj- yrjoaxo xölg nQUJxon'kaoxoig oaa sfivfj&rj JV ayyfkwv. Weiterhin p. 10 fin. Tw yv £T€l jutxaro^oag o Iddäfi tyvuj e)V dnoxakvxpeojg xo. ntyl xwv eVQi]- yo^ojv xal xov xax.axkvOj.iov xal ra ntyl usxaroiag xal r.f\g &siag öa^xw- atwg xal Tteyl xujv xa& kxaoxrjv ü^av r\ut{>ivr[V xal vvxxtQivr{v avantu- Jio/Lcevwv sv%vjv tw xThu i'£ okuov xwv xxio/Liaxojr d\: Ovmrß, xov im xf\g uexavoiag aQ%ayytkov. Diese sv%al xafr exdoxijr wyar sind in der Hand- schrift des Syncellus nicht mehr zu lesen: bei Cedren p. 9 stehen sie. Diese Kenntniss der Zukunft erhielt Adam c utxavoipag JV dnoxakvipt ujg> ; damit hängt wohl zusammen, was Epiphanius 31,8 gegen die Gnostiker nennt 'änoxalvyjeig xov *Ada[i alias ksyovair und Gelasius in der Epistola decretalis de non recipiendis libris a. 495 (Thiel, Epist. Pontif. 1,465) 'Liber qui appellatur Poenitentia Adae, apocryphus '. Renan hat im Journal Asiatique 5 serie t. 2 , p. 427 471, Stücke aus zwei syrischen und mehreren arabischen Handschriften veröffentlicht, welche die Gebete der Geschöpfe zu den verschiedenen Stunden des Tages und der Nacht, dann die Ordnung und Gewalt der verschiedenen Sorten der Engel aufzählen, endlich , in Form einer Rede des Adam an Seth, Mittheilungen geben über das Kommen des Erlösers und das Eintreten einer Wasserfluth und den Seth erzählen lassen , wie Adam begraben und dieses Schriftstück in der Schatzhöhle niedergelegt wurde. Das- selbe ist Testament des Adam benannt. Renan gibt gute Gründe dafür, dass dieses Testament eins sei mit der von Gelasius genannten Poenitentia Adae und der von Epiphanius genannten 3A7ioxakvif)ig xov l4dau, sowie offenbar hieraus die Angaben des Syncellus (Cedrenus) stammen. In diesen Stücken, abgesehen vom Buch der Jubilaeen, finden sich schon viele christliche Elemente.

Weit interessanter ist eine Schrift, welche Dillmann im 5. Bande von Ewald's Jahrbüchern veröffentlicht hat. Er nannte sie 'das christliche Adambuch des Morgenlandes'; im Aethiopischen Texte heisst sie ' Der Kampf des Adam und der Eva, den sie durchzu- kämpfen hatten nach ihrer Vertreibung aus dem Garten und während ihres Aufenthaltes in der Schatzhöhle nach dem Befehl des Herrn, ihres

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Schöpfers und Erhalters'. Auch dieser Titel ist zu eng. Denn nur in dem grossen ersten Theile, auf 68 Seiten von 125, wird erzählt wie Adam und Eva nach ihrer Vertreibung aus dem Paradies in Allem die schlimmen Folgen des Falles fühlen mussten ; Sonnenhitze und Einbruch der Nacht erregt ihnen Schrecken; Hunger und Durst quält sie; der Satan sucht mit allen Mitteln sie zu vertilgen oder zu neuen Sünden und strengerer Verdammung zu verführen ; alle Gebete und Bussen, wieder in das Paradies zu kommen oder sterben zu dürfen, sind frucht- los. Doch verheisst Gott, nach 5Va Jahren 5500 Jahren werde Er- lösung kommen. Im zweiten Theil wird geschildert, wie auf dem Berg am Paradies in der früheren Wohnung Adams, der sogenannten Schatz- höhle, Adams Leib von Seth und den folgenden Patriarchen bewacht wird und wie dort oben die frommen Nachkommen Seths wohnen, während unten am Berg die Nachkommen Cains hausen, denen es end- lich gelingt, die Sethiten herabzulocken. Hierauf kommt die Fluth. Im dritten Theil wird geschildert, wie Adams Leib nach Golgatha gebracht wird: daran schliesst sich die Geschichte bis auf Christus. Durch eine ausführliche Genealogie von Maria und die Rechnung, dass vom Sünden- fall bis Christus genau 5500 Jahre vergangen waren, wird den 'ver- fluchten' Juden bewiesen, dass Christus der verheissene Erlöser war.

Diese Schrift ist ein förmlicher Roman. Merkwürdige Scenen, viele Reden und lebendige Schilderungen machen sie dazu. Dieselbe kann nicht mittelbar oder unmittelbar auf Ephraem zurückgehen ; denn weder im Commentar zur Genesis noch in anderen Schriften Ephraems fand ich Anklänge an den sonderbaren Inhalt dieses Romanes. Doch ist der- selbe für die christliche Literatur des Orients wichtig: denn offenbar hat der Verfasser viele Sagen hinein verwoben ; dann spielen manche Stücke desselben , besonders die Sagen von der Schatzhöhle , bei den orientalischen Chronisten eine grosse Rolle.

Dillmann übersetzte eine äthiopische Handschrift der Tübinger Bibliothek, welche nachlässig geschrieben ist. Aus der Form der Eigen- namen schloss er, dass der äthiopische Text Uebersetzung eines arabi- schen sei ; Renan stimmte bei. Es gelang mir, den arabischen Original- text zu finden. Die arabische Handschrift in München No. 243 ist im Catalog also beschrieben: 'Das Buch t&ifityig des Vaters Epiphanius

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Bischofs von Cypern . . . über Schöpfungsgeschichte und Sündenfall, Leben der ersten Eltern ausser dem Paradiese, verschiedene Anschläge, die Satan gegen sie machte, Leben der Patriarchen und Propheten bis Christus. Neue Abschrift. ' *)

fol. 4. 'Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes, des einen Gottes, Amen. Wir fangen mit der Hilfe Gottes und seinem Beistande an zu copiren das Buch Elaksimaris, welches verfasst ist von dem Pater Presbyter Epiphanius, Bischof von Cypern, worin er spricht von den sechs Tagen .... f. 27. Wie der Mensch geschaffen wurde, welcher unser Vater Adam ist. f. 28 Erklärung der 4 Elemente, f. 29 Wie das Weib geschaffen wurde, f. 29 b Wie Satan auf Eva einen Anschlag machte (Satan sieht, wie gut es den Menschen geht; er geht in die Schlange, welche das schönste aller Thiere der Erde wurde ; so kam er unerkannt in den Garten, wo er Eva auf der westlichen Seite traf etc.). f. 31 Zwiegespräch des Herrn mit Adam. Zwiegespräch des Herrn mit Eva. f. 31b Herausgehen Adams und Evas aus dem Garten, f. 32 Wie der Sabbat geschaffen wurde.

Epiphanius hat in seinem Buche de mensuris et ponderibus c. 21 über die Werke der sechs Tage und über die Stiftung des Sab- bats gehandelt ; gerade diese i^rj/ne^lg findet sich in griechischen Hand- schriften auch einzeln. Da die Stelle theilweise wörtlich aus dem Buch der Jubilaeen abgeschrieben ist, hat sie Roensch, Buch der Jubilaeen, p. 259 263, besprochen. Hievon schien hier ein arabischer Text vor- zuliegen. Auffallend war allerdings , dass der griechische Text kaum 2 Blätter, der arabische 23 umfasst. Doch, da Lagarde Philol. XVIII, 352 sagt, im Britischen Museum seien syrische Handschriften (No 756 saec. VII et No 800 saec. IX nach Wright's Catalog) des Buches de mensuris et ponderibus mit weit umfangreicherem Texte, so mochte der arabische Text aus diesem syrischen übersetzt sein. Allein der arabische Text kann nicht einmal eine Erweiterung, geschweige denn eine Ueber- setzung des epiphanischen sein. Denn im Buch der Jubilaeen, wie bei

1) Herr Bibliothekar Dr. Aumer, der Verfasser des Catalogs, hatte die Güte mir das Nöthige zu übersetzen.

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Epiphanius, wird hervorgehoben, dass Gott 22 Geschlechter geschaffen habe, wie es von Adam bis Jacob 22 Häupter seien. Davon ist im Arabischen nirgends die Rede. Die Schilderung der Sabbatstiftung weicht ebenfalls stark ab; (am Schluss Arab. : Gott segnete die Himmel und die Erden ausgenommen die Satane; diese segnete er nicht.) Die Schilderung des 2. Tages stimmt im Buch der Jubilaeen und bei Epi- phanius auf das Wort: im Arabischen ist ein breites Gerede, wo zuletzt von den drei Himmeln und den Thoren derselben gesprochen wird.

Die Ueberschrift auf f. 3 ist also falsch; ohnehin kann sie sich nur auf f. 3 32 beziehen. Denn f. 32 b folgt deutlich gekennzeichnet ein neuer Abschnitt mit der Ueberschrift 'Erzählung des Herausgehens Adams und Evas aus dem Garten und ihres Aufenthaltes in der Höhle der Schätze auf Befehl des Schöpfers. Hierauf fürwahr setzte Gott den Garten am dritten Tage' u. 8. w. genau wie in Dillmanns Text. Dann folgen noch die Ueberschriften : f. 33 b (= Dillmann p. 14) Kunde von dem Versprechen der ö1/^ Tage, f. 44 (p. 25) das erste Opfer, welches Adam brachte, f. 46 (p. 28) die erste Erscheinung, welche der Satan mit Adam machte, f. 47 (p. 29) die zweite Erscheinung, welche der Satan machte mit Adam und Eva, f. 49b (p. 32) die Stelle, deren genaue Uebersetzung unten zu § 6 10 der Vita Adae et Evae gegeben ist; f. 180 Schluss, gleich dem äthiopischen. Angehängt ist noch eine chronologische Zusammenstellung über 1389 Jahre von Adam an.

Mit Hilfe des arabischen Textes kann die äthiopische Uebersetzung vielfach berichtigt und ergänzt werden, was wichtig ist, da ausser der Tübinger Handschrift noch keine andere bekannt geworden ist.1)

Zum Schlüsse mögen hier stehen die Ergänzungen einiger Lücken, welche sich bei Dillmann finden: S. 37 Dillmann: 'Jede der beiden Eeigen war einem .... gleich, denn die Früchte des Gartens waren viel grösser als die Früchte dieser Erde3, Arab.: Melone. S. 40 (f. 57) ... . bis zum Ende der Welt, Arab.: aber ich habe dir Frist gewährt bis z. E. d. W. S. 46 (f. 64) ergänzt Arab. 'Und der Engel

1) Den hienach berichtigten äthiopischen Text wird Herr Prof. Trumpp in diesen Abhandlungen veröffentlichen.

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Cherub kehrte um, um sie zu vernichten.' S. 52 (f. 70) ergänzt Arab. 'Und tranken nicht von den Wassern der Erde und ihre Aus- gänge waren nicht geöffnet, ihr geschlechtliches Temperament heraus- treten zu lassen.' S. 61 (f. 81) 'Gott befahl seinem Engel, er solle eine Feuerzange nehmen . . und damit das Opfer nehmen und dem Adam und der Eva darreichen': Arab. 'die der aufgehängten Moalla- kat gleicht.'

Dieser Roman von Adam und Eva ist für die christliche Literatur des Orientes von Wichtigkeit. Desshalb wäre sehr zu wünschen , dass der arabische Text *) zum Ausgangspunkt für eine neue Untersuchung dieses Buches selbst und der verwandten gemacht würde. Diese sind besonders: die Spelunca thesaurorum, syrisch im Vatican (Assem. Bibliotheca Orientalis 3, 281. Dillmann p. 9.); Clementis libri VIII qui arcani appellantur, arabisch im Vatican und wohl in Paris, äthio- pisch in Tübingen (Dillmann p. 8 u. 12, Renan p. 471); andere nennt Dillmann p. 8 und Renan p. 470.

Der umfangreiche Codex Nasaraeus, Liber Adami appellatus enthält zwar viele Notizen über Adam, Eva und die Kinder (siehe be- sonders I, 25. 51. 65. 67. 79. 95. 117. 191—205. 235. II, 125—135. 11.1. 129 ed. Norberg); allein es ist sehr schwer, aus dem Chaos von dämonologischen Vorstellungen den Kern herauszuschälen. Renan p. 436 wies darauf hin , dass das oben erwähnte Testament Adams damit in engen Beziehungen stünde; (vgl. I, 205 Adamum docui conciones de gradibus geniorum).

Es gibt noch zwei Darstellungen des Lebens von Adam und Eva. Obwohl gedruckt, sind dieselben doch wenig bekannt und noch weniger erkannt. Die eine, in griechischer Sprache, ist in der besten Hand- schrift überschrieben Ä irjyTJoig xal noXixsia 'Aoafi c&iöxaXvy&siaa lagä Ssov Mwofj tw freyaTTorri avrov diday&uaa na^ä rov äyyayyekov Miyaijl. Dieselbe ward zuerst von Lambecius erwähnt (Catalogus liber V cod. CCX et lib. VIII cod. XXXIII.), sodann von Tischendorf (Heidel-

1) Was f. 3—32 enthält, scheint von einem späteren Abschreiber zugesetzt. Der ursprüngliche arab. Text war wohl nicht umfangreicher als der äthiopische. Die Zeit seiner Entstehung vermögen Kenner vielleicht aus den Sprachformen zu bestimmen.

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berger Studien und Kritiken 1851, 2. Tb.) im Auszug gegeben, von Fürst, Literaturblatt des Orients 1850 Nro. 45 u. 46, fast vollständig über- setzt. Dillmann (Adamsbuch p. 12 u. Herzogs Encyclop. XII p. 312) gedenkt derselben als eines mittelalterlichen Erzeugnisses. 1866 gab Tischendorf in den Apocalypses apocryphae den griechischen Text nach 2 Wiener Handschriften saec. XII und s. XIII und einer Vene- tianer s. XIII heraus; die Entstehung der Schrift selbst setzte er in die saecula circa Christum natum. Da Tischendorf eine wichtige Mai- länder Handschrift s. XI nur flüchtig benützt hatte, so gab Ceriani, in den Monumenta Sacra 5, 1 p. 21 Mailand 1868, einen genauen Abdruck derselben; doch fehlt in derselben etwa der dritte Theil. Roensch entging es, dass der vollständige Text schon gedruckt war, und er hat in seinem Buch der Jubilaeen (p. 470 474) nur den lückenhaften Text Cerianis theils im Auszug theils in Uebersetzung gegeben.

Der Inhalt ist folgender: Adam und Eva erzeugen Kain und Abel und, obwohl ein Traumgesicht sie warnt, können sie Abel's Tod nicht verhindern. Dann zeugt Adam den Seth und noch 30 Söhne und 30 Töchter. Im Alter von 930 Jahren erkrankt, versammelt er seine Nachkommen. Seth fragt, ob Adam sich nach der Speise des Para- dieses sehne und ob er darnach gehen solle. Adam verneint es ; er sei krank. Gefragt, was Krankheit sei, erzählt er, wie nach dem Sünden- falle Gott ihm verkündet habe, dass 70 Plagen seinen Leib quälen wür- den. Wieder von Schmerz befallen, schickt er Eva und Seth zum Para- dies, um Oel vom Baum der Barmherzigkeit zu erbitten. Den wandern- den Seth beisst die Schlange und wird durch seinen Fluch verscheucht. An der Pforte des Paradieses verkündet ihnen Michael, sie sollten nicht wegen des Baumes bitten, von dem das Oel fliesse, sondern heimkehren, da Adam binnen 3 Tagen stürbe. Adam hält der Eva vor, welches Elend sie über die Menschen gebracht habe ; sie solle alle Nachkommen versammeln und den Sündenfall erzählen. Das thut sie in langer Rede: Sie habe West und Nord, Adam Ost und Süd des Gartens gehütet. Der Satan habe die Schlange beredet, nicht die Menschen anzubeten, son- dern mitzuhelfen, dass sie aus dem Paradies vertrieben würden. Zur Stunde, wo die Engel aufstiegen zur Anbetung Gottes, sei sie beredet worden, dem Satan und der Schlange die Pforten des Paradieses zu Abh.d.I.Cl.d.k.Äk.d.Wiss. ßd XIV. III.Abth. 27

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öffnen, habe sich von dem Satan in der Gestalt eines Lichtengels ver- leitenlassen von der verbotenen Frucht zu essen und habe auch Adam dazu< beredet. Da sei Gott mit den Schaaren der Engel erschienen und habe ihnen und der Schlange die Strafe verkündet. Beim Hinaustreiben habe Adam zuerst um Verzeihung, dann um Frucht vom Baum des Lebens gebeten. Die letztere sei ihm für den Tag der Auferstehung verheissen worden ; auf weitere Bitten habe er xqoxov xal vaydov xal xdka/iwv xal xird/LitojLiov xal Xoinä (mey/uaja slg diaryocprjr avrov mitnehmen dürfen. Adam verheisst der Eva, sie werde bald nach ihm sterben und be- fiehlt, seinen Leichnam zu salben. Während Eva betet, stirbt er. Eva und dann auch Seth sehen Gott mit Engeischaaren herabkommen. Sonne und Mond scheinen dunkel wie zwei Aethiopen. Adams Leib wird ge- waschen und in den siebenten Himmel gebracht. Später kommt Gott wieder mit seinen Schaaren, die Cherubim tragen den Leib in das Paradies, dessen Pflanzen solchen Duft ausströmen, dass alle einschlafen ausser Seth. Gott verheisst, einst werde er Adam auf den Thron setzen, den früher der Satan inne hatte; dann wird Adams und Abels Leib in Tücher gehüllt und im Paradies in der Erde bestattet. Eva starb sechs Tage nachher und wurde, wie sie erfleht hatte, im Paradies neben Adam begraben.

Die Ueberschrift dieses Stückes ist offenbar falsch; denn von einer Apokalypse Gottes durch Michael an Moses ist hier keine Spur. Wenn ältere Elemente in der Ueberschrift enthalten sind, so wäre daran zu erinnern, dass das viel gelesene Jubilaeenbuch eine Offenbarung ist, welche auf Befehl Gottes Michael dem Moses auf dem Berge Sinai aufschrieb.

Zu diesem griechischen Texte, den ich die A pokalypse nenne, gibt es, wie schon Lambecius bemerkte, einen parallelen lateinischen Text, den ich die Vita nenne. Von dieser Vita gibt es 4 verschiedene In- cunabeldrucke ; (siehe unten bei der III. Klasse der Handschriften). Der Text ist aber hier so gänzlich umgestaltet und verstümmelt, dass jede wissenschaftliche Benützung unmöglich ist und ich die Ausgabe dieser Vita, welche ich unten gebe, füglich die erste nennen kann.

Der Inhalt des lateinischen Textes weicht von dem des griechi- schen weit ab. So ist von dem Inhalt des ersten Drittheils 1 21)

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der Vita in der Apokalypse keine Spur. Wie hier erzählt wird, empfan- den nach der Vertreibung aus dem Paradies Adam und Eva Hunger und suchten umsonst solche Speise, wie sie im Paradies genossen hatten. Adam schlägt dann der Eva vor, sie solle bis an den Hals im Tigris stehend 37 Tage strenge Busse thun; er wolle im Jordan dasselbe 40 Tage lang thun; vielleicht werde Gott sie in das Paradies zurückführen. Es geschieht. Auf Adams Befehl versammeln sich um ihn die Fische und die Wasser des Jordan. Nach 18 Tagen kommt der Satan in Engelsgestalt zu Eva, beredet sie, dass Gott ihnen verziehen habe, und führt sie zu Adam, welcher sofort den Betrug erkennt. Auf den Vor- wurf, wesshalb doch er die Menschen so verfolge, erwiedert der Satan, nach der Erschaffung des Adam habe Michael im Namen Gottes ver- langt, dass alle Engel jenen, das Ebenbild Gottes, anbeten sollten. Er und die ihm untergeordneten Engel hätten sich geweigert jenen anzu- beten, da er nach ihnen geschaffen sei und unter ihnen stünde, und er selbst habe gedroht 'Si (deus) irascitur mihi, ponam sedem meam super sidera caeli et* eio similis altissimo.' Darauf seien sie aus dem Himmel gestossen worden. Desshalb habe er durch Eva auch den Adam der Wonne des Paradieses beraubt. Auf Adams Gebet verschwindet der Satan. Adam vollendet seine 40 Busstage, Eva aber trennt sich

von ihm und wandert nach Westen. Von Geburtsschmerzen befallen ruft sie vergeblich zu Gott, dann bittet sie die Leuchten des Himmels, es Adam zu melden. Dieser kommt zu ihr, und auf sein Gebet sendet Gott den Michael und andere Engel. Eva gebärt den Cain, der sogleich läuft und seiner Mutter ein Gras bringt.

Von hier an finden sich im lateinischen Texte vielfach dieselben Sachen und dieselben Worte wie im griechischen. Die gleichen Worte der Apokalypse habe ich dem Texte der Vita untergeschrieben; hier hebe ich die wichtigeren Sachen hervor, welche die Vita hat, aber nicht die Apokalypse.

Adam kehrt mit Eva und Cain nach Osten zurück, wo ihn Michael den Ackerbau lehrt. Durch einen Traum gewarnt, macht er Cain zum Landmann, Abel zum Hirten, doch diese Trennung war vergeblich. Später ward Seth geboren. Das folgende erste Gespräch des Adam zu Seth 25—30) fehlt in der Apokalypse gänzlich. Leider ist der la-

27*

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teinische Text gerade am Hauptpunkt fast unverständlich. Im Alter von 930 Jahren erzählt uemlich Adam dem Seth: als er aus dem Paradies vertrieben betete, habe ihn Michael dahin zurückgeführt. Dort habe ihm Gott verkündet, er werde sterben. Auf Adams Gebet um Schonung, habe Gott gesprochen : quoniam figurantur dies tui factus es1) diligens scientiam, propter hoc non tolletur de semine tuo usque in seculum ad ministrandum mihi. Darauf habe er Gott gepriesen und sei dann von Michael , der mit einem Stab die Wasser um das Paradies gefrieren machte, aus dem Paradies geführt worden. Der Inhalt dieses Gesprächs scheint zu sein , dass Gott den Adam sofort wollte sterben lassen, aber auf sein verständiges Gebet Schonung gewährte.

Am Schlüsse sagt Adam, Seth solle noch die übrigen Geheimnisse vernehmen, welche er erkannt habe, als er vom Baume der Erkenntniss ass: allein damit bricht in den besten Handschriften die Rede ab und es scheint ein Stück Text zu fehlen. Die andern Handschriften haben einen grossen Zusatz, in welchem die Geschicke der Menschheit bis zum letzten Gericht geweissagt werden. Allein es ist schwer zu sagen, wie viel von diesem Zusatz echt ist.

Was im lateinischen Texte folgt 30 51), bietet mit einer Aus- nahme (§ 49 u. 50) im Wesentlichen auch der griechische, nur ist die lateinische Fassung viel schlichter als die griechische. Der 930

Jahre alte und kranke Adam versammelt um sich seine Kinder , lehnt das Anerbieten des Seth zum Paradies zu wandern ab und erzählt, wie Gott im Paradies ihm verkündet habe, dass 70 Plagen den mensch- lichen Leib quälen würden (Vita § 30 34, Ap. § 5 8; in § 32 u. 33 mehrere Stücke, welche Ap. § 15 u. 17 stehen). Als Adam wieder von den Schmerzen geplagt wird, wünscht Eva einen Theil derselben übernehmen zu können. Adam sendet dann sie und Seth zum Paradies, um Oel vom Baum der Barmherzigkeit zu holen (Vita § 35. 36, Ap. § 9). Die Schlange fällt den Seth an und wird nur durch seinen Eluch, nicht den der Mutter verscheucht (Vita § 37 39, Ap. § 10— 12). Am Paradies beten sie lange; Michael verkündet ihnen, jetzt er-

1) Figura cordis tui factus es oder figura corporis mei factus es et? Herr Prof. Dühnanu eermnthet : Figura dei oder cordis (Geist, Intellect) tui factus es dil.

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hielten sie das Oel nicht; aber nach 5500 Jahren würde Gottes Sohn auf die Erde kommen, im Jordan baden und die Völker mit dem Oel der Barmherzigkeit salben; dann auch in die Unterwelt gehen und den Adam in das Paradies zurückführen ; jetzt sollten sie heimkehren : denn binnen sechs Tagen werde Adam sterben. Das thun sie und bringen Narde, Krokus, Münze und Zimmt mit. Adam, wie er das Geschehene hört, hält der Eva auf's Neue vor, welches Elend sie über das Menschengeschlecht gebracht habe. Dieser Inhalt von § 40 44 der Vita findet sich in der Hauptsache wieder in § 13 und 14 der Apokalypse. Nur die Prophezeiung des Michael ist verschieden. Ferner folgt in der Apokalypse auf Adams Vorwurf gegen Eva 14) eine lange Rede Eva's 14 30), worin sie den Sündenfall ausführlich und umständlich erzählt. Dieses ganze Stück fehlt in der Vita; nur die Angabe, dass Eva Westen und Süden, Adam Osten und Norden des Paradieses gehütet habe 15 Ap.), findet sich in der Vita § 32; dann berichtet die Ap. (§29), dass Adam bei der Austreibung Narde, Krokus, Münze (?) und Zimmt mitnehmen durfte, während, wie oben erzählt, nach der Vita 43) erst Eva und Seth dieselben mitnehmen. Nach sechs Tagen stirbt Adam; Gott erscheint mit seinen Engeischaaren, empfiehlt dem Engel Michael den Adam bis zum jüngsten Tage, lässt dann durch Michael und Uriel den Körper Adams und Abels in je drei Tücher hüllen und im Paradies bestatten. Dann gebieten diese Engel, die Menschen sollten stets ihre Todten so bestatten. Diese Erzählung der Vita 45 48) ist in der Apokalypse (§31 41) mit vielen, theil- weise wundersamen Zusätzen vermehrt.

Sechs Tage nach Adams Tod fühlt Eva das Nahen ihres Endes und verkündet ihren Kindern , dass nach Michaels Verkündigung zwei Strafgerichte, eines durch Wasser und eines durch Feuer, über das Menschengeschlecht kommen würden. Sie sollten also Tafeln von Erde und andere Tafeln von Stein machen und Alles darauf schreiben, was sie von dem Leben Adams und Evas wüssten. Dieses Stück der Vita 49. 50) fehlt in der Apokalypse. Eva stirbt und wird betrauert. Michael verkündet dem Seth, die Menschen sollten um einen Todten nicht mehr als sechs Tage trauern, da am siebenten Tag Gott geruht habe. Dann macht Seth die Tafeln. Mit Ausnahme des letzten Satzes

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findet sich das Andere ähnlich in der Apokalypse, § 42 und 43. In sehr alten Handschriften der Vita findet sich noch der Zusatz, dass Salomo die Tafeln gefunden und mit Hülfe des Engels Michael ent- ziffert habe.

Der lateinische und griechische Text haben beide ungefähr den gleichen Umfang, aber etwa von der Hälfte des lateinischen Textes findet sich keine Spur im griechischen und umgekehrt. Die andere Hälfte der beiden Texte stimmt überein , nicht nur in dem Inhalte, sondern sehr oft auch in den Worten. Hier muss also von beiden ein und dieselbe Schrift benützt sein. Welcher Art ist diese Schrift ge- wesen? Wie verhält sich zu ihr das was nur der lateinische, und das was nur der griechische Text überliefert hat?

Die Antwort hierauf wird am besten durch Untersuchung von einigen Stücken vorbereitet. Vor Allem ist zu bedenken, dass der la- teinische Text schon im 8. Jahrhundert abgeschrieben wurde und schon damals durch viele Schreibfehler entstellt war, also beträchtlich älter sein muss. In den zunächst vorangehenden Jahrhunderten war die Phantasie der Christen mit der Dichtung von Heiligensagen beschäftigt; hievon aber liegt der Inhalt unserer Schrift weit ab.

I. In der Vita § 1 11 ist geschildert, wie Adam und Eva in dem Wasser des Jordan und Tigris büssen. Diese Sage ist berührt in der (zu § 6 ausgeschriebenen) Stelle des R. Eli es er. Ausführlich ist dieselbe Sage erzählt in dem christlichen Adamsbuch des Orientes, Dillmann p. 32 u. 33; eine genaue Uebersetzung des entsprechenden ara- bischen Textes findet sich unter dem betreffenden Stücke der Vita. Die flüchtigste Vergleichung zeigt, dass die Sage in diesem Adamsbuche schon stark entstellt und verwässert war, dagegen in der Vita viel reiner und echter erhalten ist. Dieses Stück der Vita ist also sicher- lich nicht gefälscht, sondern stammt aus einer Quelle, aus welcher auch der Jude und der Araber geschöpft haben.

II. Die Lehre von dem Falle des Satan ist für die jüdischen und christlichen Theologen eine der schwierigsten. Die Art des Vor- ganges, welche in der Vita § 12 16 schön ausgemalt ist, der Satan sei gefallen, weil er sich weigerte den Menschen, Gottes Ebenbild, anzu- beten und habe dann aus Neid die noch glückseligen Menschen ver-

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führt, findet sich bei keinem der griechischen oder lateinischen kirch- lichen Schriftsteller erwähnt. Nur einige der frühesten scheinen mir ähnliche Anschauungen zu kennen. Tertullian, de patientia c. 5, sagt 'Natales impatientiae (und damit seines Falles) in ipso diabolo deprehendo iam tunc cum dominum deum universa opera quae fecisset imagini suae id est homini subiecisse impatienter tulit. ' Irenaeus 4, 40, 3 nimmt dieselbe Zeit und Ursache des Falles an 'Ex tcke yay ano- oraz?]g 6 äyyelos avrov xal e%d-Qos, «</?' ots tC,rjl(joos rb nlaö^a rov deov xal e%&Q07ioiijacu avro tiqoq t<V ösbr msxeiQrjOe. Diese Ansicht wird von Augustin de Genesi ad literam XI, 18 angeführt: Non nulli di- cunt ipsum ei (diabolo) iuisse casum a supernis sedibus quod inuiderit homini facto ad imaginem dei, dann aber wird sie entschieden zurück- gewiesen und dagegen behauptet Ab initio temporis diabolum superbia cecidisse; erst viel später habe er den Menschen beneidet und verführt. Diese Ansicht, welcher Augustin sich anschloss, wurde die herrschende, und ist z. B. in dem angelsächsischen Gedicht Kaedmons über die Ge- nesis grossartig dargestellt.

Die Lehre des Tertullian und Irenaeus berührt sich nur mit der Vita, dagegen ist diese Erzählung der Vita, dass der Satan aus dem Himmel Verstössen worden sei , weil er gegen den Befehl Gottes den Adam, sein Ebenbild, anzubeten sich geweigert habe, und dass er aus Schmerz über diese Verstossung auch die Verstossung des Menschen aus dem Paradies herbeigeführt habe, die Grundlehre des Muhamed; siehe besonders die zu § 1 3 ausgeschriebene Stelle des Koran (Sure 7, 11), dann noch besonders Sure 38 u. 73 und Sure 2, 15, 17, 18, 20; poetisch ausgeschmückt findet sich die Sage in Weils Biblischen Le- genden der Muselmänner. Dieselbe Sage findet sich im Hebraeischen. In Raimund Martini's Pugio fidei p. 563 wird aus dem R. Moses Haddarschan (a. 1050 1100) die Sage berichtet in fast wörtlicher Uebereinstimmung mit dem Koran. Säle (zum Koran) und Grünbaum (Beiträge zur vergleichenden Mythologie aus der Hagada, Zeitschrift d. morgenl. Gesellschaft 31 , S. 233) haben auf diese enge Verwandt- schaft hingewiesen. Bedenklich ist, dass, nachdem schon Zunz, 'die gottesdienstlichen Vorträge der Juden,' Zweifel äusserte, in neuerer Zeit die hebräischen Stücke des Pugio Fidei für gefälscht erklärt werden;

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siehe die Vorrede Pusey's zu Neubauer's Collection of Jewish interpre- tations on the 53. chapter of Isaiah, erwähnt im Athenaeum 1877 p. 650. Selbst wenn hier keine Fälschung vorliegt, ist es mir wahr- scheinlich, dass die hebräische Stelle aus dem Koran entlehnt ist, da eine fast wörtliche Entlehnung bei Muhamed sehr auffallend wäre.

Die unserer Vita und dem Muhamed gemeinsame Lehre über die schwierige Frage vom Falle des Teufels ist aber gar nicht so übel. Ich erstaunte, genau dieselbe Lehre, nur logisch entwickelt wieder zu finden bei dem italienischen Theologen Ambrosius Catherinus, im Liber de angelorum bonorum gloria et lapsu malorum, Opuscula a. 1542 p. 149, bis ich aus seinem Commentar zur Genesis Rom 1552 sah, dass er die Idee dem Muhamed entlehnt habe.

Wir haben es hier nur mit dem Bericht der Vita zu thun, welcher lateinisch schon vor dem 8. Jahrhundert existirt hat, und dem des Muhamed. Die Vita hat nicht aus dem Koran geschöpft, dagegen hat Muhamed vieles benützt, was er von Juden und Christen gehört hatte. Daraus ergibt sich , dass die Quelle der Vita vor Muhamed existirte und wiederum sehen wir sie im Oriente benützt.

Auch in dem Codex Nasaraeus findet sich die Sage: Gott ge- bietet den Engeln des Lichtes dem Adam zu dienen und ihn zu ver- ehren. Einer weigert sich und wird gestraft (p. 27 und 67 ed. Nor- berg). Die Sage ist wohl aus dem Koran entlehnt, nicht aus der Vita. Denn im Koran, bei Moses Haddarschan und im Codex Nasaraeus ist es der Satan allein, welcher den Gehorsam verweigert.

Nächst dem' Koran sind für Muhameds Lehre die Legenden wichtig, wie solche G. Weil in den Biblischen Legenden der Musel- männer, Frankfurt 1845, zusammengestellt hat. Weil erklärt 'Diese Sagen stammen, einzelne spätere Ausschmückungen abgerechnet, von Mohammed selbst her;' und Sprenger (Leben des Mahommed III p. CXI Note 2) meint sogar, dass die Ueberlieferung der jüdischen Sagen durch die Moslime für die Religionsgeschichte der Juden in Arabien einigen Werth habe. In einer Legende von Adam, Weil S. 12 43, sind meh- rere interessante Züge. Auch hier (S. 15) befiehlt Gott den Engeln sich vor Adam zu verbeugen. Israfil gehorchte zuerst ( = Michael) , dann

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die andern, nur Iblis nicht. Dann wird erzählt (Weil S. 20): Iblis habe lange vor dem ihm verschlossenen Paradiese gelauert, um die Menschen zu verführen. Endlich gelang es ihm, durch die Schlange hineinzukommen und in Engelsgestalt mit Menschengesicht (als einer der Cherubim, die stets Gott preisen) zeigte er sich Eva unter dem Baume. Damit hängt offenbar der griechische Text der Apokalypse zusammen, so schlecht er auch gerade hier überliefert ist: (§17) 6 oa- xavag tyivexo ev sidei, dyyskov xal v/uvei xov Ssbv xad-aneo oi ayyskoi' xal Tiaysxvipa (Eva) ex xov xei%ovg xal eldov avxbv o/tioior äyyekov . . . 19) r\voit,a dt avxv) xal slofjh&tv sota elg xbi' Jiaqadsioov.1)

Das höchste Heiligthum der Muhamedaner ist die Kaba. Nach der Sage (Wüstenfeld, die Chroniken der Stadt Mekka IV S. 4, Weil Legenden S. 36) baute Adam am Ort des heutigen Mekka einen Tempel. Derselbe ward von Abraham, Ismael und andern erneuert (Wüstenfeld S. 8, Weil S. 93), und aus ihm ward die Kaba. In der Vita Pelagii von Jacobus de Voragine (a. 1250) wird kurz berichtet 'domus dei . . quam dicunt Adam construxisse omnibus filiis eius, et Abraham et Is- mahel locum orationis fuisse.' 2) Ich glaube, dass auch diese Sage von der Kaba durch unser Adamsbuch angeregt wurde. Vita § 30 (vgl. unten S. 219) heisst es 'Congregentur ad me omnes filii mei . . et con- gregati sunt in tres partes ante conspectum eius coram oratorio, ubi adorabant (adorabat mehrere Codices) dominum deum = Apokalypse § 5 sld-ixwaav nyog tue ol vlol jlwv . . xal ijX&ov navxeg ml xr\v S-v^av xov olxov, Iv cb elorjQxexo EV§aö&aL xcp dsoj.

Die Verwandtschaft auch dieser Legenden und unseres Adams- buches scheint mir sicher; ebenso sicher aber auch, dass die Angaben der Vita und Apok. nicht aus jenen Legenden genommen sind, sondern dass Muhamed, Ibn Abbas und Andere, wie die Sage vom Falle des Satan , so auch die Sagen von der Engelsgestalt des Verführers und seinem Einlass in das verschlossene Paradies und von dem Oratorium des Adam aus dem Urtext der Vita und der Apokalypse erhalten haben.

1) Vgl. oben S. 190 die aus der arabischen Handschrift in München No 243 f. 29 b angeführte Stelle.

2) Vgl. Schahrastäni ed. Cureton 1842 p. 430.

Abh. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth. 28

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III. Berühmt ist die Stelle des Josephus (Ant. I, 2), dass die Kinder Seths zwei Säulen, eine aus Stein und eine aus Thon , er- richtet und darauf die bis dahin gemachten Erfindungen verzeichnet hätten, damit, möge nun die Zerstörung durch Feuer oder die durch Wasser zuerst über die Erde kommen, in jedem Falle eine Säule Nach- richt von den gemachten Erfindungen gebe ; die steinerne Säule stehe noch xard yfjv rrjv JZvyidda (^iQiada). Eine einzige Parallele hiezu kennt man in der Stelle des Synkellus (p. 40), wornach der egyptische Historiker Manetho geschöpft habe 'Ix r.6Sv «V rfj J?r]oiadixfj yfj xu- iieviov özrjlwv leyq dialtxrcp xal Uüoyoacpixolg yoduuaai xsyayaxrTjQious- vujv viib Qaj& rov tiquitov 'Eüiäov' ; dieselben seien ebenfalls vor der grossen Fluth errichtet worden. Eine weit genauere Parallele zu der Erzählung des Josephus bietet die Vita, § 49 und 50; denn der wesentlichste Zug der Sage ist der, dass zwei verschiedene Stoffe ge- wählt werden , um dem Wasser und um dem Feuer zu widerstehen. Dagegen schmeckt die Nachricht des Josephus, die Sethiden hätten die Säulen errichtet, um ihre Erfindungen zu verewigen, nach gelehrter Er- findung; natürlicher ist der in der Vita und etwa noch der bei Manetho angegebene Zweck. Das ist sicher, dass die Form dieser Sage in der Vita nicht aus Josephus oder Manetho stammt, sondern neben jenen selbständig ist.

IV. In der Vita § 36 hofft Adam, Gott werde den Michael senden ad arborem misericordiae suae de qua currit oleum vitae dcoori 6* T°v devdyov ev to (thi to klaiov «| avxov (skeov?) Apok. § 9 et dabit vobis ex ipso modicum , ut me unguatis ex eo , ut quiescam ab his doloribus. Dasselbe wird weiterhin erwähnt, Vita § 40 oleum de arbore misericordiae suae = Ap. § 13 to s'kaiov tov skeov, und wiederum Ap. § 13 to §v'kov er to §eei to elaiov. Dieses Oel vom Baume der Barmherzigkeit oder des Lebens ist also ein wesentliches Stück des griechischen und lateinischen Textes. Es wird selten erwähnt. Im Evangelium Nicodemi (c. 19 = Descensus c. 3; siehe dazu Thilo) erzählt Seth, dass ihn Adam zum Paradies geschickt habe: tog av odrjyrjorj &eog /ue JV dyyelov nobg devdoov rfjg ilerjiioovvTjg (cod. B add. Tot>r' tan s'ksog rov s'kaiov) xal sridoto s'kaiov xal dXslipco tov ifiov Tiareoa xal avaöTf\ ^no ZVS do&eveiag. Michael sagt ihm e'kaiov al-

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rüg ro rovg äaStvelg arioraiv rj ro devdyov ro (>£ov ro roiovrov hlo.iov dia ttjp rov aov narybg dad-eveiav ; aber erst nach 5500 Jahren werde Gottes Sohn kommen und den Adam mit diesem Oele salben. Hier hat das vom Baum des Lebens oder der Barmherzigkeit stammende Oel die Kraft, die Schmerzen der Kranken zu lindern. Hieraus erklären sich die beiden Stellen Marcus 6, 13 (oi dnooroloi) rfkanpov tiaicp nollovg äyyioOTOvg xcu t&eQaTU-vov und Jacobi epistola 5, 14 äadsveT ng ir vfilv, jTyogxafoaaod-a) rovg nyeoßvrsyovg rfjg sxxXtjaiag %ai- n^oasv^dad-ajoav in1 avrbv dleiipavreg avrbv Uaicp Iv ro) bvoiiari xvoiov.

Dagegen heisst es in den ßecognitiones Clementis Romani I, 45 : Christus . . cum esset filius dei et initium (ad salutem add. Co- dices monac. 52, 6257, 14263) omnium homo factus est. hunc pri- mum pater oleo perunxit, quod ex ligno vitae fuerat sumtum. ex illo ergo unguento Christus appellatur. inde denique etiam ipse secun- dum praedestinationem patris pios quosque cum ad regnum eius perue- nerint, uelut qui asperam superauerint uiam pro laborum refectione simili oleo perunguet. Das Oel ist auch hiernach vom Baum des Lebens genommen; allein mit der Salbung zur Linderung der Leiden vermischt sich die Salbung der Propheten, Könige u. s. w. , welche auch Adam erhalten hat (ebenda 1, 47). Nur der letzteren Salbung verwandt ist die bei 0 r i g e n e s erwähnte , wo von der Taufe der Ophiten die Rede ist (contra Celsum 6, 27) wg rov tutv rr\v GcpyayLda ntQiri&tvrog xalov- uevov narybg, rov dt Oipoayi'Qouevov Isyo/tievov veov xal vlov xai oltioxqi- vöu tvov ' xs/jjiojLiai xyiojLiari kevzw t'§ £vlov ^corjg. In späteren christlichen Schriften wird dieses Oel der Barmherzigkeit vom Para- diesesbaum nicht mehr erwähnt; auch hieraus erhellt, dass das Original unseres griechischen und lateinischen Textes sehr weit hinaufzusetzen ist.

Ferner ist die Erwähnung dieses Oeles und überhaupt die Wander- ung des Seth zum Paradiese ein unauslöslicher und gewiss ursprüng- licher Theil unseres griechischen und lateinischen Textes, im Evangelium Nicodemi dagegen wird dieselbe angeführt , um zu beweisen , dass das, was in anderen Schriften vorhergesagt sei, bei Christus zutreffe, er also der Erlöser sei: es ist demnach dort auf eine Schrift hingewiesen, in welcher von dieser Wanderung des Seth die Rede sei. Bis jetzt ist keine Schrift dieses Inhaltes gefunden; nur in unserm Adambuche ist

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ausführlich davon die Rede. Wir haben also das Recht anzunehmen, dass dies die Schrift gewesen ist, welche der Verfasser des Evangeliums Nicodemi benützt hat.

V. In § 41 und 42 der Vita verkündet Michael: Adam könne das Oel der Barmherzigkeit nicht erhalten; aber nach 5500 Jahren werde Christus, Gottes Sohn, herniederkommen, die Menschen erlösen , in die Unterwelt gehen und Adam in das Paradies zurückführen. Die Worte der Vita § 41 Michael apparuit dicens bis zum Schlüsse des § 42 stimmen wörtlich mit dem lateinischen Texte des Evangeliums Nicodemi (cap. 19 = Descensus cap. 3, Tischendorf pag. 372). Ent- weder ist das Stück des Evangeliums Nie. aus der Vita oder das Stück der Vita aus dem lat. Evangelium Nie. abgeschrieben. Hier entscheiden natürlich die griechischen Texte beider Stücke. In den beiden besten Handschriften der Apokalypse fehlt die Prophezeiung gänzlich , in den beiden schlechteren steht auch nichts von den 5500 Jahren oder von dem Sohne Gottes, sondern nur ein allgemeines Gerede, das mit dem lateinischen Texte nichts zu thun hat: dlV ItC eo%aTüJv tüSv xaigdv tote avaOT 'osTai näoa oa^ ano ^Add/j, ewg Trjg fjtu€()ag Ixüvrig Trjg ueya- Xrjg oöoi eaovrai Xa6g ayiog. tote avToig do&rjüsTai naoa sixpQOGvvrj tov TiayadsiGov xal eOTai 6 &sbg Iv jlieoco avTÖov xal ovx ioovTai bti e&jLiaf)- TavovTeg ivumiov avTov, otl äo&rjöETai dn: clvtiov rj zaodia fj novr^a xal do&i]08Tai avToXg, zaodLa ovpsti'Qo/liev?] to äya&öv xal laTyaveiv &€(p /Lioyqj. Dagegen hat der griechische Text des Evangeliums Nicodemi die Prophezeiung in einer Fassung, welche die Grundlage der allerdings freien lateinischen Uebersetzung ist. Demnach hat der Uebersetzer, welcher den lateinischen Text der Vita Adae et Evae machte, oder ein Abschreiber desselben dieses ganze Stück, welches wörtlich mit dem lateinischen Text des Evangeliums Nicodemi stimmt, aus demselben ab- geschrieben und hier interpolirt.

Diese Thatsache ist sehr wichtig für die Untersuchung über das Wesen der Schrift, welche der Vita und der Apokalypse zu Grund liegt. Denn diese Prophezeiung ist das einzige christliche Stück gewesen, welches sich in der Vita fand. Fassen wir die bisherigen einzelnen Untersuchungen zusammen , so wird das Wesen dieses ursprünglichen Adamsbuches klar werden.

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Das ursprüngliche Adamsbuch, welches dem uns erhaltenen griechischen und lateinischen Texte zu Grunde liegt, war vorhanden vor dem arabischen Adamsbuch, vor Muhamed und vor dem griechi- schen Evangelium Nicodemi; es steht parallel mit den Recognitionen des Clemens und dem Josephus. Ferner ist es durchaus frei von Po- lemik gegen Juden, Christen oder Heiden. Demnach ist wahrscheinlich, dass dasselbe in der Zeit vor dem Aufkommen des Christen- thumes entstanden ist. In diesen Zeiten konnte aber nur ein Jude eine solche Dichtung entwerfen. Dass dasselbe hebräisch geschrieben war, lässt sich ferner neben der Verwandtschaft mit Josephus noch daraus schliessen, dass einerseits im arabischen Adamsbuch, im Koran und dem Codex Nasaraeus sich Anklänge finden , andererseits es im Evangelium Nicodemi ausgenützt ist und in das Griechische und La- teinische übersetzt wurde. Der Verfasser hätte die Schrift überschreiben können 'Leben Adams und Evas, wie es nach Evas Befehl von Seth aufgezeichnet wurde. ' Er hat mit Geschick nur berichtet, was Seth selbst gesehen oder von seinen Eltern gehört haben konnte, Anderes wie die Schöpfungsgeschichte vermieden.1)

Von besonderer Wichtigkeit für alle Untersuchungen ist es natür- lich sich klar zu sein, wie der griechische Text sich zum la- teinischen verhält. Die Schilderungen von der Busse und von dem Falle des Teufels, sodann die Erzählung von den Tafeln, also § 1 21 und § 49 und § 50 der Vita, sind natürlich echt. Da sie in der Apokalypse fehlen, so ist die letztere nur das Bruchstück eines grösseren Ganzen. Die Interpolation aus dem Evangelium Nicodemi (Vita §41 und § 42) zeigt freilich, dass wir der lateinischen Uebersetzung viel Schlim- mes zutrauen dürfen. Doch besteht zunächst gegen § 25 29, welche im griechischen Texte fehlen, kein begründeter Verdacht. Der übrige Inhalt der Vita ist im Wesentlichen auch in der Apokalypse enthalten, also nicht verdächtig. In der Apokalypse ist vor Allem ein Stück

1) Variot, Les evangiles apocryphes, Paris 1878, p. 306 ff. kennt nur eine schlechte Fassung dieser Sage ; er glaubt, sie rühre von den Sethianern her und lässt es unentschieden, ob das Evangelium Nicodemi hieraus geschöpft habe oder umgekehrt. Es ist zwar in unserer Sage oft die Rede von Offen- barungen, welche Seth durch Adam erfährt, allein ich finde keine Anklänge an die Lehre der Sethianer.

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auffallend, welches in der Vita fehlt, nemlich Evas lange Erzählung vom Sündenfall und von Gottes Strafgericht im Paradies (Ap. § 15 29). Es deckt sich dieselbe zwar einigermassen mit Adams Erzählung (Vita § 32 34 und Apok. § 7 und 8), sie ist auch nicht frei von Unklar- heiten, wie man z. B. nicht recht sieht, was die Schlange, was der Satan in Engelsgestalt zu Eva spricht (Ap. § 18 und § 19); doch ist sie reich an alterthümlichen und eigenartigen Einzelheiten, wie z. B. das Auftreten des Satan ähnlich dargestellt ist in den Legenden der Musel- männer. Desshalb halte ich dieses Stück für echt. Da es leicht weg- gelassen werden kann , so hat der lateinische Uebersetzer dies gethan und nur zwei Züge daraus benützt. Erstens nahm er aus dem Anfange (Ap. § 15) die Angabe, dass Eva den Westen und Süden, Adam den Osten und Norden des Paradieses zu hüten hatte, und setzte sie in §32 der Vita ein, sodann aus dem Schlüsse (Ap. § 29) die Erzählung von den vier Pflanzen, welche Adam aus dem Paradies mitnehmen durfte; dieses Stück flickte er ziemlich ungeschickt am Schlüsse des §43 der Vita ein. So erhält auch das räthselhafte referre filios oder filiis in § 44 der Vita Licht aus dvdyyailov zolg Ttxvoig in Ap. § 14. Abgesehen von kleineren Verschiedenheiten, z. B. dass Ap. § 2 nach dem Traumgesicht Abel schon erschlagen gefunden wird, dagegen in der Vita § 23 Abel und Cain getrennt werden und erst später Cain den Abel erschlägt, ist es besonders die Schilderung von Adams Be- gräbniss und Evas Tod, in welcher der griechische (Ap. §31 42) und der lateinische Text (Vita § 45 48) ganz verschiedene Ausführung zeigen. Die Darstellung des griechischen Textes ist durchaus rhetorisch und überschwänglich , die des lateinischen massig und verständig. Die Reden Evas Ap. § 32 und § 42, sodann die pomphafte Darstellung der verschiedenen Erscheinungen Gottes schmecken sehr nach der Rhetorik und der Phantasie, welche man in vielen griechischen Heiligenlegenden kosten muss. Belehrend ist folgendes Beispiel: Vita § 46 heisst es schlicht ' Obtenebratus est sol et luna et stellae per dies septem.' In der Apokalypse § 35 sieht Eva die sieben Himmel offen und die Engel im Gebete für Adam und sagt ziveg elalv ol dvo al&iontg oi Tiayiördjutvoi etil %7]v n^ooBvyr\v rov naxQog aov ; Xsyei dt JEtj& rfj jnrjr()l avxov ' ovtoi elaiv 6 i]hog xal ?) oslrjri], xal avrol Ti^ogmjirovTsg xal n^ogtvyousvoi

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vmo tov naTOog uov Iddafi . leysi avTw fj Eva- xal nov eonv r.o cpdig amiSv, xal dia t.L yeyovaoiv [.lelavoeideig ; xal Uyei crurfj 2r)&- ovx äne- gtiv t.o opojg avTuJv , al)J ov dvvavTai (fa'ivuv ivdmiov tov (piorbg Tüjy bkojv, rov TiaTQog Tibv apiOTiov, xal tovtov %aüiv Ixovßrj to ipwg «tz' avrvov. Entweder ist hier der lateinische Text ein dürrer Auszug des ursprüng- lichen oder der griechische Text eine schwülstige Uebertreibung. Nun steht in dem Testament Adams, welches Renan im Journal Asiatique V. ser. 2 p. 457 aus dem Syrischen übersetzt hat, zu lesen 'Et le soleil et la lune s'obscurcirent, et il y eut des tenebres durant sept jours.' Dies Beispiel ist deutlich. Die unmittelbar vorangehenden Worte lauten 'Apres la mort de mon pere Adam, nous l'ensevelimes, moi (Seth) et mon frere (ipsum et fratrem meum ? vergleiche die folgende Stelle der Vita), ä l'orient du paradis . . et les anges et les vertus des cieux firent eux-memes ses funerailles, parce qu'il avait ete cree ä l'image de Dieu.' Dieselben Elemente stecken in dem schwierigen Satze der Vita § 45 sepelite me contra ortum diei (?) in agro habitationis illius, und in § 48 processerunt omnes virtutes angelorum et sanctificata est dormitatio mortuorum et sepelierunt Adam et Abel Michael et Uriel in partibus paradisi. Der Syrer kann aber nicht den lateinischen Text der Vita, sondern nur einen echten griechischen oder hebräischen Text ausgeschrieben haben. Das Resultat der Untersuchung ist also folgen- des : sowohl der griechische Text, die sogenannte Apokalypse des Moses, als der lateinische, die Vita Adae et Evae, haben uns Stücke ein und desselben Urtextes gerettet, den ich das hebräische Adamsbuch nennen möchte. Die ursprüngliche griechische Uebersetzung desselben ist in dem Text, welcher in der Apokalypse vorliegt, nicht nur sehr verstümmelt, sondern auch im Mittelalter stark umgestaltet und aus- geschmückt worden; jene ursprüngliche griechische Uebersetzung wurde frühzeitig, wohl bald nach dem vierten Jahrhundert, in das Lateinische übersetzt ; so ist dieser ziemlich gut erhaltene lateinische Text , die Vita, nicht nur vollständiger als die Apokalypse, sondern auch ein viel treueres Bild des ursprünglichen Textes.

Der Verfasser dieser Schrift schilderte das Leben Adams und Evas, indem er, was die Genesis bot, festhielt, dieses aber frei ausschmückte und erweiterte. Sein Streben war vielleicht ein rein dichterisches;

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höchstens könnte er noch erstrebt haben , auf diese Weise den Bericht der Genesis zu verdeutlichen; Polemik oder andere Zwecke scheint er nicht verfolgt zu haben. Die Aufgabe, welche er sich gestellt hatte, hat er zum mindesten in verständiger Weise gelöst Für uns liegt bei solchen Schriften wenig an der mehr oder minder vollendeten Form: die Hauptsache ist für uns der Stoff und die Gedanken; in dem ein- zelnen Schriftsteller lernen wir ein Stück seiner Zeit kennen. In dieser Hinsicht merkwürdige Züge finden sich viele in diesem Adamsbuche; oben ist an einigen Beispielen gezeigt, dass sie Volksanschauungen waren oder wurden in Zeiten und Gegenden, welche für die Bildung der christlichen Religion wichtig sind.

Mein Ziel ist gewesen, zu beweisen, dass uns die griechische und lateinische Uebersetzung eines Adamsbuches erhalten ist, welches wahr- scheinlich in vorchristlicher Zeit von einem Juden verfasst wurde. Wenn der Beweis gelungen ist, wird diese Schrift in Zukunft unter den apokryphen Büchern des alten Testamentes nicht die letzte Stelle einnehmen.

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Handschriften und lieber Setzungen der Vita

Adae et Evae»

Unser Adamsbuch hatte Einfluss auf die Entwicklung der vorder- asiatischen Sagen und Religionen. Durch die lateinische Uebersetzung in den Occident eingeführt, spielte es in der mittelalterlichen Literatur Europas eine ziemlich bedeutende Rolle.

Die lateinische Uebersetzung unseres Adambuches ist nach der la- teinischen Uebersetzung des Evangeliums Nicodemi, also nach dem dritten oder vierten Jahrhundert entstanden. Ihre Geschichte zu er- kennen, ist schwierig, noch schwieriger den Text wieder herzustellen.

Die von mir gefundenen Hilfsmittel schienen sich folgendermassen am besten zu gruppiren :

I. S Codex latin. Monac. 17740 (St. Mang. 10) s. IX. f. 37 T Clm. 18525b (Tegerns. 525b) s. X. f. 90 M Clm. 19112 (Tegerns. 1112) s. XII. f. 156

Sehr getreue Abschriften dieses Textes sind enthalten in den la- teinischen Handschriften in München No 5604 f. 156, 7685 f. 122, 11740 f. 291, 11796 f. 152. Diese vier Handschriften des XV. Jahr- hunderts habe ich nicht benützt. Der Text dieser Handschriftenklasse beginnt: Quando expulsi sunt de paradiso, und schliesst: tunc Seth fecit tabulas. Die drei Handschriften S T M sind nahe verwandt; so geht in S die Geschichte S. Brandani (mit sehr wichtigem Texte) voran, in T folgte sie, ist aber jetzt verloren. Doch ist wenigstens T nicht aus S abgeschrieben; eher könnte M aus T abgeschrieben sein;1) denn § 15 hat statt qui sub me: ibme S, üb . . T, ubi M. § 6

1) In T und M gehen Methodii dicta voran. Abh. d. I. 01. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth. 29

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exiet S, exiget TM § 45 venit T M: om. S omnes S: om. T M Am engsten schloss ich mich an S an, abgesehen von einigen ortho- graphischen Dingen , wie aesca § 1 und 4 und dem merkwürdigen Missbrauch von y: so sustynere § 5, statym § 17. 34. 39, fecisty § 17. 44, preteristy § 26, paradisy § 31, timuisty § 37, comedatys § 32, partys § 32, illyus § 43, constytutus § 41, baptyzabytur § 42, aman- tyssymus § 42.

II (17) Clm. 17151 membr. s. XIII— XIV fol. ultimo et f. 27

(5) Clm. 5865 s. XV f. 342

(9) Clm. 9022 s. XV f. 311

(3) Cod. germ. Monac. 3866 s. XV f. 195.1)

Dieser Text beginnt: Cum expulsi fuissent (essent 17) Adam et Eva de paradiso, hat nach § 29 einen grossen Zusatz, § 29 a. b. c. d, worin die Schicksale der Menschheit bis zum jüngsten Gericht pro- phezeit werden, dann am Schlüsse ebenfalls einen grossen Zusatz, § 51 a. b. c. d, worin erzählt wird, wie Salomo die von Seth aufge- stellten Tafeln findet und liest. Dieser Text scheint schon um das Jahr 730 existirt zu haben; siehe unten bei IV. Die Handschriften, welche mir zu Gebote standen , sind durch die Willkühr und Nach- lässigkeit der Abschreiber sehr entstellt und nur mit Mühe kann man combiniren , wie der ursprüngliche Text gelautet haben mag. In No 3866 gehen 3 Capitel aus der Vulgata voran, ebenso ist zwischen § 23 und 24 ein Stück Bibeltext über Cain eingeschoben

Die verschiedenen mittelalterlichen Uebersetzungen oder Bearbeitungen unserer Schrift gehen fast alle auf diesen Text zurück.

1) Jean. In Ly myreur des histors von Jean des Preis dit d' Outremeus I, p. 310 321 (Collection de Chroniques Beiges inedites, XI) ist auch diese Sage eingeschoben in ziemlich genauer Uebersetzung.

1) Der gleichen Art scheinen zu sein die Wiener Handschriften 1355. 1629. 2809 und die Grazer 33/3. Diese werden angeführt von Mussafia 'Sulla leggenda del legno della croce' Wiener Sitzungsher. LX III p 168. §§ 1—15 sind mit dem Titel 'Secunda temptacio Adam et Eve' einge- schoben in das Speculum ecclesiae des Honorius Augustod. in der Münchner latein. Handschrift 21534 s. XII f. 101 (21) , doch sind viele Ausdrücke geändert. Ebenso sind in der lat. Handschrift 4350 (43) in München s. XIV f. 28 die §§ 1 29 in ziemlicher Umarbeitung erhalten.

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S. 315 ist ein Stück Bibel eingesetzt, S. 314, 317—321 sind Vita Adae und die Legende vom Kreuzholze so ineinandergeschoben, dass man die Stücke jeder Sage leicht ausscheiden kann. Unser lateinischer Text, zeigt, dass der Herausgeber die Lesarten der Handschrift B in den Text, statt unter denselben hätte setzen sollen.

2) Eine andere französische Uebersetzung von Andrius findet sich in der französischen Handschrift in Paris No 95 (früher 6769). Denn in derselben ist nach Mussafia p. 202 ' detto delle tavole d'ar- gilla e dell' interpretazione datane dall' angelo a Salomone.' !)

3) Den Anfang des Gedichtes 'The story of the holy rood' aus Harleian man. 4196, in den Legends of the holy Rood ed. by R. Morris 1871 p. 62, bildet ebenfalls ein Stück aus der Vita Adae et Evae. Vers 1—86 und 91 106 sind gleich § 30—35, V. 168—218 = § 40—42, V. 349 372 enthalten ziemlich umgearbeitete Stücke von § 46. 47. 48.

4) Cant. In der Anglia I S. 287 331 und noch einmal in 'Samm- lung altenglischer Legenden' 1878 S. 124 138 hat C. Horstmann aus der Handschrift in Oxford Trin. Coli. 57 fol. 156 ein altenglisches Ge- dicht von 1200 Versen veröffentlicht. Dasselbe ist überschrieben 'Can- ticum de creatione' und im Jahre 1375 nach einem lateinischen Texte bearbeitet. Horstmann hat sich um diese Quelle oder um die ver- wandten Darstellungen auffallend wenig gekümmert. Das Gedicht ist eine poetische Verarbeitung unserer Adamssage und der Sage vom Holze des Kreuzes Christi: V. 1—44 enthalten eine Einleitung, V. 45 954 die Geschichte von Adam und Eva nach der 2. Recension des lateini- schen Textes. Doch hat der Dichter manches zugesetzt, wie V. 145 147, 157_163, 169—174, 327—345, 480—485, 487—492, 664—672, manche Stücke des lateinischen Textes weggelassen wie § 25 29, andere aus der Geschichte vom Kreuzholze eingeschoben, nemlich V. 493 498, 619—624, 697, 713—786, 796—816, 843—856, 892—896 und was nach V. 954 folgt. Das Ganze ist ziemlich geschickt gemacht und dargestellt.

1) Delisle, Inventaire des mss. Francais Paris 1876, nennt p. 12 No 12790: Histoire d'Adara et

d'Eve en vers.

29*

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4a) Horstmann (Samml. altengl. Legenden S. 227) bemerkt, dass in Ms. Egert. 876 fol. 321, Ms. Harl. 4775, Ms. Bodl. 596 fol. 1 sich eine Prosaversion befinde, welche sich an das eben genannte Gedicht anschliesse, ja öfter wörtlich mit demselben übereinstimme. Man möchte darnach annehmen, dass diese Prosa nach dem Gedichte gemacht sei.

5) In derselben Sammlung altenglischer Legenden hat Horstmann (S. 139 147) zwei grosse Bruchstücke zusammen 780 Verse eines altenglischen Gedichtes über das Leben Adams und Evas herausgegeben. Das erste Stück enthält in V. 1 138 den Rest einer Einleitung und in V. 139 352 die Umdichtung von § 1 19 des la- teinischen Textes, das 2. Stück enthält in V. 352 724 die Umdichtung von § 34 51c des lateinischen Textes und in V. 725 780 einen Epilog. Dieses Gedicht hat mit dem oben genannten Canticum nur den Zug gemeinsam, dass Adam ebensoviele Tage, als Gott zur Schöpfung brauchte, länger Busse thun will denn Eva (vgl. Cant. V. 118 123 mit V. 217 224) und dass beide Gedichte den § 37 so wiedergeben als ob nicht impetum faciens Seth momordit, sondern faciem Seth mo- mordit dort stünde. Sonst haben die beiden Gedichte nichts mit ein- ander zu schaffen. Unser Gedicht ist eine freie, durchaus selbständige Umdichtung des lateinischen Textes der zweiten Klasse; ein besonderer Vorzug besteht darin , dass die Sage nicht mit jener vom Kreuzholze Christi verquickt wurde. Der Dichter hat manches hinzugesetzt, z. B. V. 165—169, 489—500, 567—572, 598—600. In der Regel hat er die Erzählung gekürzt und so auch grössere Stücke weggelassen; z. B. fehlt nach V. 238 der Inhalt von § 8. Weniges hat er geändert; so betet bei ihm nicht Eva mit Seth an den Thoren des Paradieses, son- dern sie führt ihn nur dahin, versteckt sich aber dann aus Scham vor Gott und seinem Engel; vgl. 393—400, 447—450. Einiger Zu- sammenhang besteht zwischen diesem Gedicht und

6) The lyff of Adam and Eve, einer Prosaerzählung, welche Horstmann aus Ms. Vernon f. 393 in der Sammlung altengl. Legenden S. 220 227 herausgegeben hat. Denn auch hier findet sich eine Ein- leitung und ein Epilog und hier wie dort ist in die Einleitung an der historisch richtigen Stelle der Eall des Teufels erzählt, während er im

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Zwiegespräch Adams und des Teufels nur berührt wird; vgl. V. 1 24 des Gedichtes mit S. 221 Zeile 20 29 der Prosa. Eigenthümlich ist noch beiden Texten die besonders in der Prosa häufige Nennung von Jesus Christus statt Gott Vaters. In der Erzählung folgt die Prosa ganz dem lateinischen Texte, nur dass sie vielfach kürzt. Zu bemerken ist, dass § 8 ganz fehlt, ebenso § 25 29d; der Inhalt von § 31 fehlt ganz, der von § 32 'und 33 ist in die Einleitung geschoben (S. 222 Z. 3 6). Zugesetzt ist mancherlei: so heisst es zu § 18 Adam stod stille and abod his penaunce and tho he hedde don his penaunce, he com up and a thunder-blast com, and he and Eve his wyf wenten togedere and to was Caym bigeten. tho seide Eve etc. = § 19; ferner sind grössere Stücke aus der Bibel zugesetzt wie S. 224, 19 225, 2 die Geschichte von Kain, und 225, 9 17 von den Kindern Seths und Kains; unbedeutend ist S. 226, 40—43 und 227, 21—27. Dagegen hat der Schluss der Sage grosse Umgestaltung erlitten durch Verquick- ung mit der Sage vom Kreuzholze Christi ; Stücke dieser Sage sind enthalten in S. 225, Z. 2—7; 28—33; 36—42; 47— S. 226, 4; 12—19; 37—39.

Die Aehnlichkeiten in der Einleitung und einige Züge im Epilog machen es wahrscheinlich, dass diese Prosa und das unter No 5 ge- nannte Gedicht auf eine Art lateinischer Historienbibel zurückgehen und dass erst nachträglich die Prosa mit der Kreuzsage versetzt wurde.

7) Thomas Whright hat zu den Chester plays p. 240 aus Harleian manuscr. 1704 ein Stück (= § 25 29a) einer altenglischen Ueber- setzung unserer Sage veröffentlicht.

8) In die Fioretti della Bibia hystoriati, welche im XV. und XVI. Jahrhundert mehrfach gedruckt wurden, ist ebenfalls eine Ueber- setzung der Vita eingeschoben. In der von mir benützten Ausgabe Venedig 1515 ist cap. 30—45 § 1—21, cap. 47 = § 23, cap. 57—66 = § 25 35; der Rest der Vita ist durch die Legende vom Kreuzholze ersetzt.

9) In einer deutschen Historienbibel, welche Jo. Fr. Mayer (vgl. Fabricius cod. pseudep. I p. 36 47), dann Christgau und der Pastor Goeze besassen und welche sich jetzt in der Stadtbibliothek in

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Hamburg befindet, ist auf den ersten acht Blättern eine Uebersetzung unserer Sage enthalten. Beschrieben hat diese Handschrift zuletzt Merz- dorf, die deutschen Historienbibeln I p. 54 63. Nach Goeze's An- deutungen (Fortsetzung des Verzeichnisses S. 156) befindet sich eine ähnliche Uebersetzung in der uffen bachischen und in Schoebers Historien- bibel. Leider ist nichts davon veröffentlicht, als die wenigen Bruch- stücke, welche schon Fabricius und Goeze gaben.

10) Das erste Stück von Hagen s Gesammtabenteuern 'Adam und Eva' ist eine poetische Bearbeitung von § 1 22 und § 24 unserer Sage. 11) Dann hat H. Fischer, Germania XXII S. 316, veröffentlicht 'Die Busse Adams und Evas,' eine Interpolation in einigen Handschriften- sorten der Weltchronik Rudolfs von Ems. Dieses Gedicht entspricht § 1 21 unserer Sage. 12) Endlich finden sich in den von Merzdorf herausgegebenen Historienbibeln I S. 120 u. 121 einige Kapitel, welche den §§ 19. 20. 21 der Vita entsprechen. Das Verhältniss der drei Texte ist einfach: Hagens Text ist der ursprüngliche, darnach ist der in Rudolf von Ems eingeschobene gemacht und nach diesem wiederum der Text der Historienbibeln, in welchem theilweise noch die Reime erhalten sind. Die Vergleichung der drei Texte zeigt, dass in Hagens Text nur einige Stellen aus dem von Fischer edirten zu bessern sind, wo diesem eine bessere Handschrift zu Grunde lag, dass dagegen Fischer in der Aufnahme von Lesarten häufig irrte und die Lesarten der Fuldaer Handschrift fast alle in den Text hätte setzen sollen. Auch Merzdorf hätte gewiss Einiges anders gegeben, wenn er die Quelle seines Textes gekannt hätte.

III (4) Clm. 4756 s. XV. f. 214

(15) Clm. 15610 s. XV f. 165

(18) Clm. 18406 s. XV f. 95

(2) Clm. 2778 s. XV f. 264 x)

1) Der gleichen Art ist die von Mussafia p. 169 erwähnte Wiener Handschrift 1628. Wohl aus Clm. 2778 f. 264 ff. ist das grosse Stück der Vita genommen, das eingeschoben ist in eine Predigt- ammlung, welche sich in drei Handschriften des XV. Jahrhunderts findet: Clm. 2778 f. 227, 2800 und 5976 f. 82.

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Dieser Text beginnt ebenfalls: Cum expulsi fuissent (essent 4) Adam et Eva de paradiso und hat ebenfalls den grossen Zusatz in § 29 a. b. c. d. Doch in anderen Stücken unterscheidet er sich stark von II. Abgesehen von zahlreichen Auslassungen, z. B. in § 29. 32. 46. 49, und kleineren Zusätzen, z. B. in § 2. 23. 30. 31, und den grösseren in § 20 und 21 ist der Hauptunterschied, dass § 51 a. b. c. d. weggelassen ist, dafür aber in 4 grossen Zusätzen am Ende der §§ 42. 43. 44 und 48 die Geschichte des Kreuzesstammes vor Christus erzählt und am Schlüsse kurz von der Feier des achten Tages gesprochen wird. Die Zusätze über die Geschichte des Kreuzesstammes werde ich in einer besonderen Abhandlung über die Entwicklung dieser Sage herausgeben und dort nachweisen, dass dieselben nicht vor dem Ende des XII. Jahrhunderts gemacht sein können. Durchgängig stimmt der Text von III mit II gegen I. Da ferner die Handschriften der III. Klasse und die Handschrift 5865 (5) der II. Klasse in vielen Kleinig- keiten übereinstimmen (vglch. § 22. 24. 25. 31. 34), so ist wahrschein- lich, dass der Text der Klasse III entstanden ist, indem im XII. XIII. Jahrhundert in einem Vorgänger der Handschrift 5865 die gewaltsamen Veränderungen vorgenommen wurden, welche jetzt die Merkmale dieser III. Klasse bilden.

Es giebt einen Incunabeldruck (Inc.), welcher in verschiedenen Ausgaben vorhanden ist. Dieselben sind beschrieben in Notice sur Colard Mansion Paris 1829 (von Van Praet) p. 96 und in Recherches sur Louis de Bruges Paris 1831 (von demselben) p. 103; eine von Colard Man- sion um 1460 gemachte französische Uebersetzung ist beschrieben in der Notice p. 13 und den Recherches p. 94. Das erste Capitel dieses Druckes ist überschrieben 'De creatione Adae', die Unterschrift am Ende des Ganzen lautet 'Vita Ade et Eve'. Der Text ist nichts weiter als ein Auszug aus dem Texte der III. Klasse, dem zwei Capitel (nach der Genesis) vorangesetzt sind. Mit III gemeinsam sind viele Lücken und starke Interpolationen, auch der Zusatz über das Kreuzholz1) und die

1) Mussafia p. 170 'II legno trovato viene raesso quäl ponticello su d'un' acqua'. Viene la regina di Saba e *si rifluta a calcare il legno'. Das erste mag man in die verdorbenen Worte 'sibi optata ad flumen ante palatium' (za § 48) hineinlegen, von dem letztern find ich im Lateinischen keine Spur.

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Feier des achten Tages. Der Auszug hat ganze Stücke weggelassen 25—30 excl.; 37, 38, 39; 12, 31) und wimmelt von groben Fehlern. *)

Auf einem Texte derselben Klasse scheint mir das epische Gedicht desLutwin zu beruhen, welches in etwa 4500 Versen das Leben Adams und Evas schildert; (Unterschrift 'Hie hat Eva und Adam ein ende'). Von diesem Gedichte, welches nur in einer ziemlich fehlerhaften Ab- schrift in Wien No 2908, ms. Ambras. 259, chart. 4°. saec. XIV/XV. 106 Fol.) erhalten zu sein scheint, sind nur wenige Verse veröffentlicht;2) über den Dichter selbst, welcher sich zweimal (Blatt 2 und 35) Lutwin nennt, über den Stoff oder die Sprache seines Gedichtes sind bis jetzt noch keine Untersuchungen gemacht. Das Gedicht verdient aber ver- öffentlicht und genauer studirt zu werden: denn der Dichter gehörte zu den besseren jener Zeit. Er ist nicht ein getreuer Uebersetzer des lateinischen Textes, sondern er steht über demselben und verändert ihn öfters und meistens nicht ungeschickt; dazu ist die Darstellung ziemlich lebhaft.

In den ersten 1000 Versen (Bl. 1 23) wird die Erschaffung der Welt, des Paradieses mit den vier Strömen, sowie Adams und Evas, dann der Sündenfall und die Verstossung aus dem Paradiese ziemlich getreu nach der Genesis geschildert; zugesetzt ist vom Dichter (Bl. 1 und 2) die Einleitung mit einer Betrachtung über die Liebe zu Gott und zu der Welt und (Bl. 19 u. 20) eine andere Betrachtung über das Elend und die Schwachheit der Menschen seit der Verfluchung.

Mit Blatt 24 beginnt die Bearbeitung unserer Vita, welche bis Blatt 98 reicht. Um zu zeigen, wie selbständig der Dichter arbeitete, sollen hier die bedeutenderen Zusätze und Aenderungen hervorgehoben werden :

zu § 10) Nachdem erzählt ist, wie Eva sich täuschen Hess, folgt (Bl. 31 35) in etwa 175 Versen eine Betrachtung über die Schwach-

1) Eine Uebersetzung und Umarbeitung hievon ist wohl das a. 1514 bei Paul Raeff Canon, gedruckte dänische Buch De creatione rerum, näher beschrieben in der dänischen Bibliothek 1738 2. Stück S. 301—314.

2) Siehe Lambecius ed. Kollar II pag. 778; v. d. Hagens Grundriss p. 453; Hoffmann v. Fall. Verzeichniss d. altd. Handschr. in Wien No. 47; Goedeke, Deutsche Dichtung im Mittelalter. Buch 2 No. 99, 2.

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heit der Frauen und eine Ermahnung an Männer und Frauen, in Rein- heit zu leben.

zu § 18) Die Vita berichtet einfach, Adam habe seine Busse im Jordan vollendet , Eva aber sei aus Scham , dass sie sich zum zweiten Male habe täuschen lassen, nach Westen gewandert. Lutwin erzählt (Bl. 42 in etwa 100 Versen): als Adam seine Busse vollendet, habe er dem Drang der Minne nicht widerstehen können und Eva beschlafen; diese habe dann die Minne gepriesen, und ihre Freuden über die des Paradieses gesetzt ; als Adam entgegnete , wenn er nur ein Reis aus dem Paradiese hätte, so würde er nimmer mit ihr der Liebe pflegen, habe sie zornig sich von ihm entfernt.

zu § 23) Bl. 53 ff. ist in mehr als 150 Versen Cains Geschichte nach der Genesis eingeschoben.

zu § 44) Auf Adams Vorwurf gegen Eva folgt (Bl. 77 in über 100 Versen) eine Rede Evas und eine Betrachtung über ihren Fehltritt.

zu § 48 u. 51) Nach der Vita wird Adam bestattet; 6 Tage später stirbt Eva und wird von den Kindern beklagt; diesen erscheint dann Michael und gebietet ihnen, die Verstorbenen nur 6 Tage zu beklagen, am siebenten Tage zu ruhen. Bei Lutwin bleiben Eva und Seth am Grabe Adams und wehklagen; hier ist (Bl. 88) eine Rede Evas und eine Betrachtung über ihr Unglück in etwa 180 Versen zugesetzt; nach 6 Tagen erscheint der Engel und giebt ihnen die oben erwähnte Mahnung.

zu § 49 u. 50) Eva prophezeit den Kindern nur, dass eine Wasser- fluth, dann Feuersgewalt das Menschengeschlecht vertilgen werde; es ist aber keine Rede davon , dass sie steinerne oder thönerne Tafeln machen sollten, um die Geschichte ihrer Eltern zu erhalten.

Bl. 98 106 und schon einige Male vorher werden Theile von der Geschichte des Zweiges erzählt, aus dem später das Kreuz Christi ge- macht wurde.

Da Lutwin den Stoff so frei behandelte, so ist es nicht leicht zu sagen, welche Recension des Textes der Vita er benutzte. Ich glaube, dass es die dritte war. Dass § 29 a— d bei ihm fehlen, könnte auf Benutzung der Klasse I deuten ; allein dieses Stück ist sehr leicht weg- zulassen und ist auch in der Händschrift 18406 weggelassen, welche durchaus der III. Klasse angehört. Eine Benützung der Klasse II ist Ahb. d. I. Cl. d. k. Äk. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth. 30

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nicht wahrscheinlich, da von dem grossen Zusätze dieser Klasse nach § 51 über die Geschichte der Tafeln unter Salomo hier keine Spur ist. Für die Benützung der III. Klasse spricht, dass von den Stücken, welche dieselbe in § 29, 32, 39, 46 auslässt, auch bei Lutwin Nichts steht, da- gegen die Zusätze in § 21 sich auch hier finden1), endlich dass auch bei Lutwin die Geschichte des Kreuzholzes Christi behandelt ist. Frei- lich weicht er hier von dem Texte der III. Klasse sehr stark ab. Allein das ist bei ihm nicht auffallend und vermag den Beweis nicht zu ent- kräften, welcher darin liegt, dass in jener Handschriftenklasse und in Lutwins Gedicht, dieselbe Sage an derselben Stelle behandelt ist.

IV (P). Die Pariser lateinische Handschrift 5327 enthält ausser Heiligenlegenden und Verwandtem auf f. 83 87 Vita Ade et Eve. Es findet sich hier der Inhalt der §§ 29 a, b, c, d mit der Prophezeihung und der Inhalt der §§ 51 a, b, c, d mit der Geschichte der Tafeln unter Salomo, folglich geht der Text auf die II. Klasse zurück. Doch ist der Text dieser Klasse verkürzt und oft stark umgearbeitet. So ist eine Reihe von wohlklingenden (christlichen) Redewendungen eingesetzt, z. ß. altitonans § 13, cum palma ouantes regnare § 17, callem carpsit luctuosam §18. Der Hauptwerth der Handschrift ist ihr Alter; auf die Vita folgen nemlich einige Verse, in welchen sich ein Ragnardus nennt. Ein von anderer Hand geschriebenes und vielfach corrigirtes Stück f. 181 186 enthält die Vita Arnulphi. Darunter findet sich eine höchst merkwür- dige Unterschrift.2) Darnach hat der neunjährige Hieronymus, Sohn des Karl und Enkel des Pipin, dieses Stück geschrieben, und Ragnardus, Sohn der Helvidis und des miles Ragnerus, also wohl der Lehrer, welcher den Karolingerknaben die Sage vom Stammvater seines Ge- schlechtes schreiben Hess sollte es vergleichen. Dieser Hieronymus kann nur der uneheliche Sohn Karl Martells sein, welcher in dem Jahr 754 im Auftrag seines Bruders Pipin den Pabst Stephanus nach Rom ge-

1) in der Vita fordert Eva den Adam auf, das seltsame Wesen, das sie geboren, zu tödten; bei Lutwin drücken Eva und Adam ihre Verwunderung aus.

2) Waitz im Archiv von Pertz XI (1858) p. 263 und Delisle, Le Cabinet des manuscrits. I p. 315 Paris 1868, haben die Unterschriften des Ragnardus und Hieronymus veröffentlicht. Vgl. noch Delisle im Journal des Savants 1860 p. 381 u. Düramler, Neues Archiv 4, 146. Die neueren Darsteller der Karolinger zeit haben diese Verse nicht beachtet, z. ß. Hahn, Jahrbücher d. fränk. Reichs, p. 154.

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leitete. Jene Verse müssen also zwischen 730 und 740 entstanden sein. Ich könnte freilich die vorliegende Schrift nicht früher als in das IX. Jahrhundert setzen; allein unsere oder wenigstens meine Kenntniss der Schriften des 8. und 9. Jahrhunderts ist noch so mangelhaft, dass eine genauere Untersuchung sich lohnte. Es ist also unsicher, ob diese Ab- schrift der Vita das Autograph des Ragnardus ist, sicher aber, dass sie zum mindesten die Copie eines um 730 geschriebenen Textes ist. Wir sehen daraus, dass der Text der Klasse II, insbesondere die zwei grossen Zusätze nach § 29 und § 51 schon im Anfange des 8. Jahr- hunderts vorhanden waren.

Dies sind die Hilfsmittel, welche zur Herstellung des Textes mir zu Gebot standen. Diese selbst ist sehr schwierig. Offenbar haben wir eigentlich nur mit zwei Handschriftenfamilien es zu thun, dem Texte der I. Klasse einerseits, andererseits einem Texte, der uns in den jungen Abschriften der II. Klasse erhalten ist, aus welchem schon im 8. Jahr- hundert ein Auszug (IV. P.) gemacht und durch kecke Interpolationen im XII XIII. Jahrhundert der Text der Klasse III gebildet wurde. Der Hauptunterscbied der beiden Familien beruht in den § 29 a, b, c, d und § 51a, b, c, d, welche in der Klasse I nicht stehen. Kenner der hebräischen apokalyptischen Literatur mögen entscheiden, ob diese beiden Stücke nach Abstreichung der christlichen Elemente, welche sicherlich in ihnen stecken , für hebräischen Ursprungs erklärt werden können. Wenn wirklich, so würde z. B. die obige Behauptung von dem Ursprung der Sage über die Kaba eine neue Stütze gewinnen durch die Worte § 51 b 'oratorium ubi Adam et Eva adorabant dominum . . oportet te ibi aedificare templum'.

Es ist durchaus nicht zu kühn , wenn wir dem Text der Klasse I solche Auslassungen zutrauen. Denn so alt auch die Handschriften dieser Klasse und so jung die von II und III sind, so müssen doch viele Stellen nach II und III gebessert werden. So ist z. B. zu ändern § 12 nocitus (II. III) statt natus (I),.§ 15 sidera statt sedem, § 29 virgam statt vir- tute, § 47 qui eum supplantavit = Apokalypse rov anarrjoarrog oe statt quoniam eum plantavi. Besonders oft sind in I Wörter ausgefallen und

30*

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aus II und III zu ergänzen; vgl. z. B. § 10. 14. 21 ; in § 42 sind an zwei Stellen mehrere Wörter ausgefallen, welche in II und III und zu- gleich im lateinischen Texte des Evangeliums Nicodemi stehen ; in §37 und 38 finden sich 3 Stellen, an denen in II und III und zugleich in der Apokalypse das Gleiche gesagt ist, während in I die Wörter fehlen. Wenn ich mich dennoch bei der Feststellung des Textes an die Handschriften S T M anschloss und nur im Nothfall von ihnen abwich, so geschah dies desshalb, weil diese Handschriften einen festen und lesbaren Text bieten, während es meist schwierig, oft unmöglich ist, aus den schlechten Handschriften von II III IV den ursprünglichen Wortlaut dieser Familie festzustellen. Wann alte Handschriften dieser Familie gefunden sein werden, dann wird man aus diesen noch Manches aufnehmen können. *) Ich glaube, abgesehen von wenigen verzweifelten Stellen z. B. § 23. 27. 28. 34. 39, wenigstens den Sinn der ursprüng- lichen lateinischen Uebersetzung richtig wiedergegeben zu haben. Für sprachliche Untersuchungen schien mir der Text zu unsicher. Die Stellen des griechischen Textes, welche mir acht scheinen aber in der Vita nicht übersetzt sind, habe ich aus Tischendorfs Ausgabe (in den Apokalypses apocryphae) in den Text der Vita an den passenden Stellen eingeschoben, um ein möglichst getreues Bild des ursprüng- lichen Ganzen zu geben.

1) Im kritischen Apparate gebe ich die sämmtlichen Varianten von S T M, von denen der übrigen Handschriften eine spärliche Auslese. Was nicht in I steht , ist schief gedruckt. Meine Ab- schriften und Collationen stehen zu Diensten.

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Vita Adae et Evae.

Quando expulsi sunt de paradiso, fecerunt sibi tabernaculum et fuerunt VII dies lugentes et lamentantes in magna tristitia. post VII autem dies coeperunt esurire et quaerebant escam , ut manducarent et non inveniebant. Tunc dixit Eva ad Adam : domine mi, esurio. vade, 2 5 quaere nobis, quod manducemus. forsitan respiciet et miserebitur nobis dominus deus et revocabit nos in locum , quo prius eramus. et sur- rexit Adam et ambulavit VII dies ornnem terram illam et non invenit escam , qualem habebant in paradiso. Et dixit Eva ad Adam : do- 3 mine mi, putas fac me utinam moriar. et forte introducat te dominus

io deus denuo in paradisum , quoniam propter me iratus est tibi dominus deus. vis interfieere me, ut moriar? et forte introducet te dominus deus in paradisum, quia propter meam causam expulsus es inde. respondit Adam : noli , Eva , talia dicere , ne forte aliquam iterum maledictionem inducat in nos dominus deus. quomodo potest fieri, ut mittam manum

15 meam in carnem meam? sed surgamus et quaeramus nobis, unde vivamus , ut non deficiamus. Et ambulantes quaesierunt novem dies 4 et non invenerunt sicut habebant in paradiso, sed hoc tantum invenie-

Incipit vita Adam et Aevae S , De Adam et Eva M , De expulsione Adam et Eva de paradiso

5 (2), Penitentia Adam et Eva 4, De penitentia Adae 18, Vita et legenda ac hystoria Ade et Eve etc. 3 1 Cum expulsi fuissent (essent 17. 4) Adam et Eva de II. III Sollte dieses tabernaculum das Vorbild der in den orientalischen Schriften oft erwähnten Schatzhöhle sein? 4 Eva dixit M esurivi M esurio qui respondit: vade III 5 quaere, re eras. in I quid S 9 manducemus; add. usque quo videamus ista 3, usque videamus si 9, usque quo videamus si 17, donec videamus si 43 , quoadusque videamus 21 , usquoque vivamus 5 1 usquequo vivamus 2 (ieiunamus) 15 , usque vivamus 4, quo vivamus 18 forsitam S, T m. 1. respiciat M, S m. 1, T m. 1, 9 nostri II. III

6 vocabit I 7 circuibat 5 III, perambulavit M m. 2. 8 quam I 9 putas . . 10 dominus deus de- lenda videntur putas ne moriamur farae utinam 17. 3 , putasne portabo famem ut ego 9 , fame ego utinam 5, mi esurio post (usque 4, ad 2) mortem fame (fere 4) utinam 2. 4. 15. 18, putas ut interficiar a te ut ego 21, puto mori fame ut 43 12 mea causa II. III 15 sed vivamus I: surge II. III (praeter 2 : unde surgamus) 16 ut : et II. III (2 et) septem 9. 17. 43.

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bant, quod animalia edebant. et dixit Adam ad Evam: haec tribuit do- minus animalibus et bestiis, ut edant; nobis autem esca angelica erat.

20 sed iuste et digne plangimus ante conspectum dei, qui fecit nos. peni- teamus penitentiam magnam ; forsitan indulgeat et miserebitur nostri dominus deus et disponet nobis , unde vivamus. Et dixit Eva ad 5 Adam: domine mi, die mihi, quid est penitentia et qualiter peniteam, ne forte laborem nobis inponamus, quem non possumus sustinere, et

25 non exaudiat preces nostras et avertat dominus faciem suam a nobis, quia sicut promisimus non adimplevimus. domine mi, quantum cogitasti penitere , quod ego tibi induxi laborem et tribulationem. Et dixit 6 Adam ad Evam : non potes tantum facere quantum ego , sed tantum fac ut salveris. ego enim faciam quadraginta diebus ieiunans : tu autem

30 surge et vade ad Tigris fluvium et tolle lapidem et sta super eum in aqua usque ad Collum in altitudine fluminis. et non exiet sermo de ore tuo , quia indigni sumus rogare dominum , quia labia nostra inmunda sunt de ligno inlicito et contradicto. et sta in aqua fluminis XXXVII

20 plangamus II. III conspectu S. T peniteamur S. T. M in. 1 21 penitentia magna T. in pen. magna II. III indulgeatur T. M m. 1 , indulgebit 9. 4. 21. 43, indulget © III 23 quid est : quidem I penitentiam T. M peniteamus II. III, penitebimus 21 24 quem: quod I sustinere I. 17. 21: adimplere 3. 5. 9. III 25 exaudiet I, exaudiantur 3. 9. 21. 43, exaudientur 5. 17. III nostrae IL III 27 Pirke R. Elieser (ed. Vorstius 1644 p. 46): Prirao sabbatho (= 1. Wochentag nach dem Sabbath) ingressus est Adam aquas Gihon superioris, donec pertingerent aquae ad Collum eius et supplicatus est septem diebus sabbathorum vel hebdomadae , usque dum factum fuit corpus eius in- star cribri. Dann ist zu vergleichen :

das christliche Adamsbuch des Morgenlandes, ich gebe die wörtliche Uebersetzung des arabischen Textes, gleich S. 32 und 33 von Billmanns Uebersetzung des äthiopischen Textes (siehe oben S. 191): Und nicht hörte Adam auf in der Höhle der Schätze zu stehen, er und Eva, bis zum 7. Tage , und sie assen nicht und tranken nicht von den Wassern der Erde und nicht von ihrer Nahrung. Und als es der Morgen des 8. Tages war, sprach Adam zu Eva: 0 Eva, wir haben Gott gebeten , dass er uns etwas aus dem Garten gebe , und er hat seine Engel zu uns gesendet und sie haben uns unsere Bitten gewährt. Und jetzt stehe auf, wir wollen gehen zu dem Meere, dem Wasser, das wir zuerst gesehen haben, und wir wollen stehen und beten und fasten, während wir an ihm sind, vielleicht dass Gott von Mitleid ergriffen wird rnit uns ein zweites mal, sei es dass er uns zurückführe in den Garten oder uns etwas gebe oder dass er uns tröste mit einem anderen Lande als dem Lande, in welchem wir sind. 28 non II. III: om.l potes IL III: potest I ante rasuram tantum . . quan- tum . . tantum Inc.: tantas . . quantas . . tautas L tantos dies . . quantos (quantum 9, sicut 3) . . tantos IL III; at III om. 28 sed . . salueris 31 exiet S, exiget T. M: exeat IL III 33 sunt facta IL III 33 et contradicto IL III : contradicti I XXXVII S. T. M : XXXIV 3. 5. 9, XXX tribus 17. 43, XXX 2. 4. 15. 18.

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dies, ego autem faciam in aqua Jordanis XL dies, forsitan miserebitur 35 nostri dominus deus. Et ambulavit Eva ad Tigris flumen et fecit 7 sicut dixit ei Adam, similiter ambulavit Adam ad flumen Jordanis et stetit super lapidem usque ad collum in aqua. Et dixit Adam : tibi 8 dico, aqua Jordanis, condole mihi et segrega mihi omnia natantia, quae in te sunt et circumdent me ac lugeant pariter mecum. non se plan- 40 gant, sed me, quia ipsi non peccaverunt, sed ego. stattm omnia ani- mantia venerunt et circumdederunt eum et aqua Jordanis stetit ab illa hora non agens cursum suum. Et transierunt dies XVIII. tunc iratus 9 est Satanas et transfiguravit se in claritatem angelorum et abiit ad Tigrem flumen ad Evam et invenit eam flentem. et ipse diabolus quasi 45 condolens ei coepit flere et dixit ad eam : egredere de flumine et de

35 Und es stimmte ihm auch Eva bei und sie standen auf und gingen heraus aus der Hoble und kamen und standen an dem Rande des Meeres, in welches sie sich zuerst gestürzt hatten. Dann fürwahr sprach Adam zu Eva: Erheb dich, steig hinab an diesen Ort und steig nicht herauf von ihm bis zur Vollendung von 40 Tagen, bis ich zu dir komme und erflehe von Gott mit dem Brande eines guten Herzens, dass er uns verzeihe, auch ich will gehen an einen anderen Ort und in denselben hinabsteigen und thun nach deinem Beispiele. Dann fürwahr stieg Eva hinab in das Wasser und sie standen, indem sie beteten, und erbaten von Gott, dass er ihnen ihre Fehler verzeihe und sie zurück- führe in ihre erste Würde; und so blieben sie betend bis zur Vollendung von 35 Tagen. Adamsbuch, 38 congrega 43. 3. III 39 me om. I 40 ipsi : illa 5. III 41 et . . stetit . . agens . . suum IL III, (Gant. Flor.) : ex aqua Jordanis. steterunt . . agentes cursum eorum I.

Dritte Erscheinung die der Satan mit Adam und Eva machte.

Und fürwahr der Satan, der alles gute hasst, hatte sie in der Höhle gesucht, aber er fand sie nicht ; und er suchte nach ihnen und fand sie stehend im Wasser und betend ; und er sprach in seinen Gedanken : Adam und Eva stehen in diesem Wasser , indem sie beten und weinen vor Gott , dass er ihnen ihre Fehler vergeben möge und sie zurückführe in ihre Würde und sie erhöhe aus meiner Hand (Gewalt) sie wegnehmend ; aber ich will sie in Irrthum bringen, dass sie heraufsteigen aus dem Wasser und ihr Begehren ihnen nicht erfüllt werde. Und fürwahr dieser Heuchler, der Feind, der böse , der alles Gute hasst, konnte nicht zu Adam kommen, sondern er kam zu Eva wie ein Engel Gottes und sprach das Lob und den Preis Gottes und sagte zu Eva : wie ist dein Auge kühl {— wie gut befindest du dich) ; freue dich und sprich das Lob Gottes. Gott ist mit euch zufrieden und hat mich zu Adam gesendet und ihn beschenkt mit der Erlösung und ich habe ihn erfüllt mit dem Lichtwesen , wie er zuerst gewesen ; und fürwahr nachdem Adam sich gefreut über seine Rückkehr, hat er mich zu dir ge- sendet, dass du zu ihm kommest ich werde dich umgeben mit dem Lichtwesen wie ihn. und er hat zu mir gesagt: sag zu Eva: wenn sie nicht zu dir kommt, sage ein Zeichen, das uns auf dem Gipfel des Berges ward, als Gott seine Engel gesendet hat, die uns trugen und uns in die Höhle der Schätze hineinführten und das Gold auf der Südseite und den Weihrauch auf der östlichen Seite und die Myrrhen auf der westlichen Seite niederlegten. Erhebt euch zu ihm ! Adamsbuch. 42 XIHI 3, XIX 15. 18, XL 2, XXXVIII 43 iratus est om. III 43 transfiguratus est 5. III, transfigurabat se S angeli H. III Evam S. 2. 18 45 flumine et repausa et de IL III

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cetero non plores. iam cessa de tristitia et gemitu. quid sollicita es tu et Adam vir tuus? audivit dominus deus gemitum vestrum et suscepit penitentiam vestram ; et nos omnes angeli rogavimus pro vobis depre- cantes dominum, et misit me, ut educerem vos de aqua et darem vobis

so alimentum, quod habuistis in paradiso et pro quo planxistis. nunc ergo egredere de aqua et perducam vos in locum , ubi paratus est victus vester. Haec audiens autem Eva credidit et exivit de aqua fluminis 10 et caro eius erat sicut herba de frigore aquae. et cum egressa esset cecidit in terram et erexit eam diabolus et perduxit eam ad Adam.

55 cum autem vidisset eam Adam et diabolum cum ea , exclamavit cum fletu dicens : o Eva , o Eva , ubi est opus penitentiae tuae ? quomodo iterum seducta es ab adversario nostro, per quem alienati sumus de habitatione paradisi et laetitia spiritali. Haec cum audisset Eva cog- 11 novit quod diabolus suasit exire de flumine et cecidit super faciem suam

60 in terram et duplicatus est dolor et gemitus et planctus ab ea. et ex- clamavit dicens: ve tibi, diabole, quid nos expugnas gratis? quid tibi apud nos? aut quid tibi fecimus, quoniam dolose nos persequeris? aut

46 cessa de om. I, et oussitoist qu'elle 1'oi't parleir, eile cessat de sa tristeur et de gemir. Et ly dyable li dest 'Porquoy' etc. Jean. 48 nos om. 5. III rogavimus 9. 17. 21, rogamus 1.5, roga- verunt 5. III 50 plangitis II. III 51 egrede S. Als Eva diese Worte von ihm hörte, freute sie sich und glaubte , dass das Zeichen zuverlässig sei und erhob sich zu gehen , indem er vor ihr ging und sie ihm folgte, bis sie dem Adam nahe kamen; da verschwand er vor ihr und blieb vor ihr in der Nähe, aber sie kehrte nicht mehr zurück und sah ihn nicht mehr. Dann kam sie und stand bei Adam, er stand im Wasser und betete und erbat von Gott die Vergebung, sie rief ihn zu sich sprechend: o Adam! Adam wendete sich und fand sie und weinte, als er sie sah, und schlug auf seine Brust und von der Heftigkeit seiner Trauer wurde ertränkt seine Seele (sein Leben) im Wasser, und es blickte auf ihn Gott und auf sein Leben und wie er sein Leben verlor; und es kam zu ihm der Ruf Gottes und er richtete ihn auf aus dem Wasser und sprach zu ihm : 0 Adam steig empor auf die Oberfläche des Meeres zu Eva. Adam folgte dem Worte Gottes und stieg empor zum Lande zu Eva. er sprach zu ihr: wer ist derjenige, der zu dir gesagt hat, komm hieher herauf? und Eva erzählte ihm die Geschichte von dem Engel, der ihr erschienen und ihr das Zeichen gegeben hatte. Adamsbuch. 54 eam om. I 55 audisset I et Sathanam antecedentem illam 17 57 seducta es II. III, dechuite Jean cod. B : om. I, add. m. 2 antiqua in M adversari I. rio m. 2 antiqua in M 58 laetitiae I Da ward Adam traurig und erkannte, dass es der Satan war, und er nahm sie und kehrte zurück in die Höhle und diese Geschichte wiederfuhr ihnen als sie zum zweitenmale in das Wasser herabstiegen 7 Tage nach ihrem Herausgehen aus dem Garten; und sie fasteten 35 Tage und es waren ihnen seit ihrem Herausgehen aus dem Garten 42 Tage vergangen. Adamsbuch. 58 cum audisset Eva IL III : autem videndo I 59 in faciem suam super terram I 60 Adam autem exclamavit 17. (3), Adam soy escriat Jean; Adam tho spak Cant; rede?

225

*

quid pertinet ad nos malitia tua? nuinquid nos abstulimus gloriarn tuam et fecimus te sine honore esse? quid persequeris nos, inimice,

65 usque ad mortem impie et invidiose? Et ingemescens diabolus dixit: 12 o Adam, tota inimicitia mea et invidia et dolor ad te est, quoniam propter te expulsus sum et alienatus de gloria mea, quam habui in caelis in medio angelorum, et propter te eiectus sum in terram. respon- dit Adam: quid tibi feci aut quae est culpa mea in te? cum non sis

70 a nobis nocitus nee laesus, quid nos persequeris ? Respondit diabolus : 1 3 Adam, tu quid dicis mihi? propter tuam causam projeetus sum inde. quando tu plasmatus es, ego proiectus sum a facie dei et foras a socie- tate angelorum missus sum. quando insufflavit deus spiritum vitae in te et factus est vultus et similitudo tua ad imaginem dei, et adduxit

75 te Michahel et fecit te adorare in conspectu dei, et dixit dominus deus : ecce Adam, feci te ad imaginem et similitudinem nostram. Et egres- 14 sus Michahel voeavit omnes angelos dicens : adorate imaginem domini

65 irapiae (I) et invidiosae S ingemescens S 66 o Adam : ad Evam 5, Evae 2, ad eam 4. 15 18 67 exp. sum et alienatus a gloria III, al. sum om. I, exp s. a. gl. mea et alienatus sum de claritate mea II, Jean 69 Adam et dixit II (praeter 3) III 70 nocitus 3. 5. 2. 18. 21: natus I, dampnatus" 15 , om. 9. 17. 4. 71 dicis nichil michi fecisse 3, d. n. fecimus tibi 17 (5. 9) sum. in die enim qua 9, sum de gloria celesti. inde enim qua 5, sum de terra viventium et de gloria celesti. in die enim qua III, that same day god made the Cant. 72 et om. I 75 Michael hie et deineeps M 77 Vergl. oben p. 199. Koran (übersetzt von Ullmann) Sure 7, 11 Wir haben euch (Menschen) geschaffen, dann euch gebildet und darauf zu den Engeln gesagt 'Verehrt den Adam'; und sie thaten also (Israfil gehorchte zuerst . . die andern folgten seinem Beispiele, Weil Legenden p. 15) mit Aus- nahme des Satan, der nicht mit den Verehrenden sein wollte. Gott sprach zu ihm 'Was hält dich denn zurück ihn zu verehren, wie wir es dir befohlen haben?' Dieser antwortete: Weil ich vorzüg- licher bin denn Adam, da du mich aus Feuer und ihn nur aus Thon geschaffen. Gott erwiderte: Hinab mit dir, von hier hinweg . . Darauf sagte der Satan : Weil du mich in die Irre gejagt, darum will ich den Menschen auf dem richtigen Wege auflauern und sie überfallen von vorn und von hinten, von der rechten Seite und von der linken Seite, dass du den grössten Theil derselben undankbar finden sollst. Codex Nasaraeus ed. Norberg p. 67 (vergl. p. 27) Declaravit rex altissimus lucis dicens : reges ignis Adamo serviant, accedentes eum colant neque ab eius iusso defleetant. at unus malus ma- lique hie auetor, qui a iusso domini deseivit nee in obsequio domini stetit. iussa vero domini non ex- sequens cum suo curru in vineula dei se praeeipitavit. Beresch B. des B. Mose Hardaschan (Grünbaum in Zeits. d. deutsehen morgenl. Ges. 31 p. 233 nach Baim. Martini' s Pugio fidei p. 563) : Unser Lehrer Josua ben Nun sagte ' Als Gott Adam erschaffen hatte, sagte er zu den höheren Engeln : Werfet euch vor ihm nieder; der Satan aber war grösser als alle Engel des Himmels und er sprach: 0 Herr der Welt! uns hast du aus dem Abglanz deiner Herrlichkeit erschaffen und du sagst, wir sollen vor ihm uns niederwerfen, den du aus dem Staub der Erde geschaffen ? Da sprach Gott zu ihm : dieser aus Erdenstaub gebildete besitzt mehr Einsicht und Weisheit als du. Und als er sich nun Abh.d.I.Cl.d.k.Ak.d.Wiss. Bd XIV. III.Abth. 31

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dei, sicut praecepit dominus deus. et ipse Michahel primus adoravit, et vocavit me et dixit: adora imaginem dei Jehova. et respondi ego:

•so non habeo ego adorare Adam, et cum compelleret me Michahel adorare. dixi ad eum: quid me compellis? non adorabo deteriorem et posteri- orem meum. in creatura illius prius sum. antequam ille fieret, ego iam factus eram. ille me debet adorare. Hoc audientes ceteri qui sub me 15 erant angeli noluerunt adorare eum. et ait Michahel: adora imaginem

85 dei. si autem non adoraveris, irascetur tibi dominus deus. et ego dixi : si irascitur mihi , ponam sedem meam super sidera caeli et ero similis altissimo. Et iratus est mihi dominus deus et misit me cum angelis 16 meis foras de gloria nostra, et per tuam causam in hunc mundum ex- pulsi sumus de habitationibus nostris et proiecti sumus in terram. et

90 statim facti sumus in dolore, quoniam expoliati sumus tanta gloria. et te in tanta laetitia delitiarum videre dolebamus. et dolo circumvenie- bam mulierem tuam et feci te expelli per eam de delitiis laetitiae tuae, sicut ego expulsus sum de gloria mea. Haec audiens Adam a diabolo 17 exclamavit cum magno fletu et dixit: domine deus meus, in manibus

95 tuis est vita mea. fac ut iste adversarius meus longe sit a me, qui quaerit animam meam perdere, et da mihi gloriam eius, quam ipse per- didit. et statim non apparuit diabolus ei. Adam vero perseveravit XL

nicht niederwerfen und Gott nicht gehorchen wollte, verstiess ihn Gott aus dem Himmel und er ward Satan, und auf ihn sagt Jesaias 14, 12 : Wie bist du vom Himmel gefallen, Glanzstern, Sohn des Morgenroths? 79 IHU I: om. II. III et resp. e. n. h. e. ad. om. III 80 Adam om. I. III et c. comp. m. M. ador. II. III (Jean Gant.): I habet tantum et ante dixi 82 meum: me 5. 9. III in creatura : poster. omni (omnis 17, omni tempore 5) creature prior IL III illius =r quam ille 83 hoc . . 84 adorare om. 3. 5 audientes 17. 21. (9.) III: videntes I ceteri ibme erant angeli S, ceteri üb . . erant ang. T, ceteri ubi erant ang. M, cet. angelt qui sub me erant 9. 17. III (qui summi er. 21) 86 super sidera II. III (tantum modo 15 ad aquilonem): super sedem I. Vergl. Jes. 14, 13 enüvu) twv üariQoiv roxi ovQavov &yau) xov Qqovov fiov . . evoficu ofiotog rw vipiarw LXX. Da hingegen der hebräische Text hat 'über Gottes Sterne will ich erheben meinen Thron' (Zunz), gleich der Vulgata ' super astra dei exaltabo solium meum,' so war icöhl diese Bibelstelle im griechischen Texte unseres Adamsbuches nach der Septuaginta corrigirt. Dafür sprechen die vielen anderen nach der Septuaginta corrigirten Stellen im griech. Texte unseres Adamsbuches (bes. § 23. 24. 25). 87 et iussit me cum angelis meis expelli et misit foras (II. III) 88 tui causa IL III 89 expulsus sum 3. 9, expulsi sumus 5. 4 90 et .. 91 dolebamus om. 3. 9, et te in (tanta add. 4) laetitia delitiarum videre dolebamus (dolimus 4, debemus 5) 5. 2. 4. 15. 18, et quia te videre in laet. dei. mearum tole- rare non potuit 17, et tanta laet. dei. dolo I. tho badde y to the enuye that thow sholdest in that blisse byde that we losten Gant. 93 meae S 95 fac ut IL III: sicut I vergl. Adamsbuch p. 50 96 meam. om. S vergl. § 47 und Adamsbuch p. 42 98 in pen. stans 5'. 17. III.

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diebus stans in poenitentia in aqua Jordanis. Et dixit Eva ad Adam: 18 vive tu, domine mi. tibi concessa est vita, quoniam tu nee primam nee

100 8ecundam praevaricationem fecisti, sed ego praevaricata et sedueta sum, quia non custodivi inandatum dei. et nunc separa me a lumine vitae istius, et vadam ad occasum solis et ero ibi usque dum moriar. et coepit ambulare contra partes occidentales et coepit lugere et amare flere cum gemitu magno, et fecit ibi habitaculum habens in utero foe- 5 tum trium mensium. Et cum adpropinquasset tempus partus eius coe- 19 pit conturbari doloribus et exclamavit ad dominum dicens: miserere raei? domine, adiuva me. et non exaudiebatur nee erat misericordia dei circa eam. et dixit ipsa in se : quis nuntiabit domino meo Adae? de- precor vos, luminaria caeli, dum revertimini ad orientem, nuntiate do-

io mino meo Adam. In illa autem hora dixit Adam: planctus Evae venit 20 ad me; forte iterum serpens pugnavit cum ea. et ambulans in venit eam in luctu magno; et dixit Eva: ex quo vidi te, domine mi, refrigeravit anima mea in doloribus posita. et nunc deprecare dominum deum pro me, ut exaudiat te et respiciat ad me et liberet me de doloribus meis

15 pessimis. et deprecatus est Adam dominum pro Eva. Et ecce venerunt 2 1 XII angeli et duo virtutes stantes a dextris et a sinistris Evae. et Michahel erat stans a dextris et tetigit faciem eius usque ad pectus et dixit ad Evam: beata es, Eva, propter Adam, quoniam preces eius magnae sunt et orationes, missus sum ad te, ut aeeipias adiutorium

20 nostrum. exsurge nunc et para te ad partum, et peperit filium et erat lucidus. et continuo infans exsurgens cueurrit et manibus suis tulit her-

99 domine mi (meus 5. 17) 5. 17. 43. III, deo meo I, domino deus meus 9, domino fleo tuo 3 nee primo nee seeundo praevaricatus es nee seduetus II. III 2 moriar. qui non respondit ei verbum. hoc audiens (videns 18) Eva cepit III 3 oeeidentis II. III 4 ibi I. 9. 17. 4. 15. 18. 43, sibi 3. 5, sibi ibi 2 semen suum I : trium mensium (Cain add. 17) 3. 9. 17, fetum III, fetum tribus mensibus 5, puerum trium mensium 43 8 Adam S meo adae S 10 in illa autem hora dixit Adam I: et dixit ;tune 3) Adam (intra se 17) 3. 5. 17, ut Adam . . audivit 9, Adam entendit la plainte par le volenteit de Dieu, si dest Jean ; the eyr bar it forth anon . . , y wene Gant, et dum lumi- naria reverterentur per motum nemini horum (2, per nutum ipsorum 15, per meatum ips. Inc., pro nuncii ips- 4 , per nunc tempus ips. 18) intellcxit Adam, quod Eva gravi dolore torqueretur et ait III 12 domine mi (meus 5. 9) II. III : om. I infrigeravit I , (inrefrigeravit M) 15 pessimis quibus consumor III 16 due IL III haec om. I 17 eam a facie 5. 9. 43. III 19 sunt coram domino. et causa illius missus III (Inc.) 20 partum et fecit sie III (Inc.) 21 Apokalypse § 1 iyepvVoer 6vo viovs xov 6id(pwxoy (cod. A, ä6ia<pwro*> cod. D) xov Ityöfxtvov Kdiv. Prof. Dillmann ivies darauf

31*

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bam et dedit matri suae. et vocatum est nomen eius Cain. Et tulit 22 Adam Evam et puerum et duxit eos ad orientem. et misit dominus deus per Michahel angelum semina diversa et dedit Adae et ostendit ei labo-

25 rare et colere terram, ut habeant fructum , unde viverent ipsi et omnes generationes eorum. Postea enim concepit Eva et genuit filium, cui 23 nomen Abel, et manebat Cain cum Abel in unum. et dixit Eva ad Adam : domine mi . dormiens vidi visum quasi sanguinem filii nostri Abel in manu Cain ore suo deglutientis eum. propterea dolorem habeo. et dixit

30 Adam : Vae , ne forte interficiat Cain Abel ! sed separemus eos ab in- vicem et faciamus eis singulas mansiones. et fecerunt Cain agricolam, Abel fecerunt pastorem, ut ita fuissent ab invicem separati. et post haec interfecit Cain Abel, erat autem tunc Adam annorum CXXX. inter- fectus est autem Abel cum esset annorum CXXII.

35 Apokalypse § 3 : Kai Xiyu 6 &eog Mi/arj'/. xqi a^ayyilw dm xw

tddafx ' oxi xo jLivoxrjyiov o oldag, jlltj äi'ayyeilrjg Ka'iv xw viw oov, oxi 'y-

hin, dass die Lichtnatur Kain's bei der Geburt vielleicht aus Gen. 4, 1 stamme, wo manche er- klärten 'ich habe erworben einen Mann, den Jehovah' und Targum PseudoJonathan substituirt =s 'den Engel des Herrn.1 lucidus. Eva vero ignorans et admirans, quid hoc esset, quod pepererat, dixit ad Adam: domine mi, interfice hoc, ne nos forte interficiamur per illud. respondit Adam : nequaquam; sanguis enim et caro nostra est III (Inc.) e continuo S herbam dulcissimam III 22 ei S Cain. angelus vero domini ostendit Evae, qualiter puerum lactare (15. 18, ablactare 2) deberet et nutrire 2. 15. 18. Inc. (puerum nutriret) 4 Apok. § 1 (cod. A. C) eXaßey 'A6ufj. Evccv xrtv yvqalxa avxov xtd <cfTjX9iy eis t%v dvaxoKr^v. 22 Tunc Michael tulit Adam et 5. IJI 24 per om. I. 17 cum semini- bus diversis 17: causa seminis diversa I, semina diversa (II) III, pluseurs scienches (semenches?) Jean. et dedit Adae om. III loborare et colere 3. 17. III, laborem et colere 9, laborare et colorem 5, la- borem et colorem I 25 terram II. III: terrae I 26 eorum. postea: post eum 17. 5. 9, post eos 3. 1. 2 enim : iterum 17. 43, secundo 9 et ante genuit om. M 27 Apok. § 2 xvqie (jlov 'Jöafi, döov ey(o xcct'' ovccq zt) vvxri xtxix^ xo ai/aa xov viov fxov 'Afxikaßig rov S7tiXtyofisyov ~"Aßtl ßuXköfxtvov eis ro axofict Kä'iv xov dSeXcpov avxov xcti Inuv avxo äffXeTjjuoyws . . o\ov xuxenitv avxo. cf. Adamsb. p. 69 cui nomen I : nomine II. III et 29 Cain om. 9 Abel et manebat Cain cum Abel in unum 3. 17, in unum 5, et manebaut Cain et Abel simul 2. 4. 18. 43: om. I ad om. I 28 dormiebam et vidi IL III 29 haec nos: Cain. propterea dolorem habeo a dolore suo crucians eum et dixit I, Cain perdebat ore suo degluciens. dixit 9, C. deglutiens ore suo capiebat. et dixit 3, (ingredi in ore fratris sui Cain et deglutivit. et d. 17), Cain perdere et d. 5, Cain prodire (prodere 4) et d. III (de sanc, qui venoit de Abel, nostre fis, et astoit es mains Caym Jean), Cain gluciente sanguinem Abel fratris sui 43. me thoghte Kaym tok Abelis blöd and sop it op as he were wod Cant. 30 Vae ne 3. 9. 17: ne 5. III, vere I, forte om. I. 3. 9, interficiet I. 2 sed om. 3. 9. 4. sed forte separamus I 31 Abel fecerunt: Abel vero II. III 32 Abel cum hostias offerrent domino III. (Inc.) 33 addidi haec ex II {Jean) et III: tunc annorum CXXII I. 3. 17 35 vgl. Orient. Adamsb. p. 69: Adam erzählte dem Abel alles, was ihm begegnet war, und Kain ward eifersüchtig auf Abel, dem sein Vater Adam es gesagt hatte und wegen der göttlichen Dinge; vgl. noch p. 81.

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yijg vlog soxiv' allä jut] Ivtiov* dujöüj ooi yay avx'' avxov ffxsyov vlov ovxog yao drjkwosi navxa ooa JioirjOflg- xavxa slncbv 6 äyyelog nybg xov ^Adäfi, die(pvla'§ev xb orj/ua sv xfj xaodia avxov, jusx' avxov xai rj Eva,

40 e'xovxsg xr\v hunr\v tisqI "Aßel xov vlov avxwv.

Et post haec cognovit Adarn uxorem suam et genuit filium et vo- 24 cavit noraen eius Seth. et dixit Adam ad Evam: ecce genui filium pro Abel, quem occidit Cain. et postquam genuit Adam Seth , vixit annos DCCC et genuit filios XXX et filias XXX, simul LXIII. et multiplicati

45 sunt super terram in nationibus suis. Et dixit Adam ad Seth: audi, 25 fili mi Seth, ut referam tibi, quae audivi et vidi, postquam eiecti sumus de paradiso ego et mater tua, cum essemus in oratione, venit ad me Michahel archangelus nuntius dei. et vidi currum tamquam ventum et rotae illius erant igneae et raptus sum in paradisum iustitiae. et vidi

50 dominum sedentem et aspectus eius erat ignis incendens intolerabilis. et multa milia angelorum erant a dextris et a sinistris currus illius.

Haec videns perturbatus sum et timor comprehendit me et adoravi 26 coram deo super faciem terrae, et dixit mihi deus: ecce tu morieris, quia praeteristi mandatum dei, quia plus audisti vocem uxoris tuae

55 quam tibi dedi in potestatem , ut haberes eam in voluntatem tuam. et audisti illam et verba mea praeteristi. Et cum haec audivi verba dei, 27 procidens in terram adoravi dominum et dixi: domine mi, omnipotens deus et misericors sancte et pie, ne deleatur nomen memoriae tuae

37 ogyrjs vlog Apok.: darnach ist bei Tertullian de patientia cap. 5 irae filium procreavit mit den Handschriften zu schreiben, statt des thörichten iram f. pr. der Ausgaben. 41 Apok. § 4 xai fietu xavxu i'yyw 'ASufi xr\v yvvctix,K avtov xai £*• yaaxgl Ba^tv xai tyiputjaey xov 2rj&' xai Xeyei 'Aöafj, xfj Eva' 42 iSov iytvvriaa^iev vlov avxi "ApeX, ov dnexxatvev Kaiv' 44 Ap. § 5 £7ioir;o-ev 6e 'A&djj, viovs X' xai S-vyaxegag X'. simul LXIII I. II. (XXX fis et XXX filhes sique chu furent LXIII Jean cod. B.) : dafür III. 5. 43 extra Cain et Abel et Seth. vgl. Cod. latin. monac. 22053 s. IX (darin das Wessobrunner Gebet) f. 57 : XL diebus et dimidium fuit Adam ante prevaricationem in paradisum. post horam tertiam comedit fructum, ad horam nonam eiectus fuit de paradiso. et vixit DCCCCXXX annos et genuit XXX filios et XXX filias excepto Abel et Seth et annos IV milia CCXCIII fuit Adam in inferno. f. 95 Adam vixit an. DCCCCXXX et mortuus est VIII Kl. April, ibat in infernum et fuit ibi V milia annos CCXX et VIII. 44 et . . suis om. III. 5, et . . § 30 om. Inc. 45 ad filios suos narrabo vobis quae III. 5; et quia Adam vidit filium suum Seth pruden- tiorem inter alios, recepit eum ad locum secretum et dixit ei 43 46 vidi et audivi II. III eiectus sum I. 3. 9 48 ventus I, ventum velocem (volantem 2) III 50 ut (sicut, quasi) ignis II. III. 52 § 26 om. 17 54 dei: meum 9. III plus III: prius I, in primis II 55 voluntate tua II. III. 57 ad dorn. om. I et mis. deus II. III 59 maiestatis si tu separaveris animam meam a corpore quia 9.

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maiestatis. sed converte animam meam, quia morior et spiritus meus

60 exibit de ore meo. ne proicias me a facie tua quem de limo terrae plasmasti, nee postponas gratiae tuae quem nutristi. et ecce verbum tuum incedit mihi et dixit dominus ad me: quoniam figurantur dies tui factus es diligens scientiam, propter hoc non tolletur de semine tuo usque in seculum ad ministrandum mihi. Et cum haec verba audivi, 28

65 prostravi me in terram et adoravi dominum deum dicens: tu es aeternus deus et summus et omnes creaturae tibi dant honorem et laudem. tu es super omne lumen fulgens vera lux, vita vivens, incomprehensibilis magnitudinis virtus. tibi dant honorem et laudem spiritales virtutes. tu facis cum genere humano magnalia misericordiae tuae. Postquam 29

70 adoravi dominum, statim Michahel archangelus dei adprehendit manum meam et eiecit me de paradiso visitationis et iussionis dei. et tenens Michahel in manu sua virgam tetigit aquas quae erant circa paradisum et gelaverunt. et pertransivi et Michahel pertransivit mecum et reduxit me in locum, unde me rapuit. Audi, fili mi Seth, et caetera mysteria

75 sacramentaque futura quae mihi sunt revelata , qui per lignum scientiae comedens cognovi et intellexi, quae erunt in hoc seculo. Codices 3. 5. 9,17 (= II); Jean; P (= IV); 2. 4. 15 {— III sine 18) addunt varia verba, ex quibus haec composui (cf. pag. 219)

. . . quae erunt in hoc seculo temporali (futura III) quae facturus est deus creaturae 29a suae humano generi. apparebit dominus in flamma ignis. ex ore maiestatis suae dabit omnibus mandata et praeeepta (ex ore eius exiet gladius ex utraque parte

59 quia : quando ? 61 nee . . nutristi om. III quem nut. gratia tua II et . . mihi om. III dei ineidit vel incessit (= venitj?; verba incedunt me 9, u. tuum incendit me 5. 17, entens a ma parolle Jean 62 quomodo M figurantur dies tui : figura (figuratio 17) cordis tui 3. 5. 2. 15. 17. 18, f. cor- poris tui 9, f. corporis mei 4 factus es: facta est II. III (es 4) figura cordis tui facta est dil. (vel figura corporis mei factus es et)? tollitur M. T. 3. 9, tollatur S. vgl. oben p. 196. seinen tuum 17 65 deum II, meum I, om. III 66 deus et summus II. III: om. I tibi dant II (debent 9). III: tuae dent I 67 vita incompr. magn. virt. vivens II , om. III (solus codex 2 habet similia). 68 magnitudinis 5. 2: raagnitudine 9, magna 3, matutina I spir. virt. I: spiritalem viventem in aeter- num 5, viventi in saecula 3, om. 9. III 69 facis S. III: facias T. M. 9. 5. 70 ad dorn. I 71 visit. et iussionis I: visit. et visionis 5, visitationis 9, visionis 3. 17. III; in the visitacouns fro the sight cod. Wrightii et . . 73 mecum om. III 72 virgam II. Jean, yerde c. Wrightii: virtute I 73 gel. 5: congel. 3, conjalarent Jean, congelid togedyr into yse cod. Wrightii: celaverunt I 74 mi om. S mysteria om. 5. III 75 sacramentaque fut. P: futura sacramenta II. III, futura I que S: qui T. M. 76 erunt 2. 5. 18: erant I. 4. 15

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acutus 2) et sanctificabunt eum in domo habitationis maiestatis illius. et ostendet illis locum mirabilem maiestatis suae. et tune aedificabunt domum domino deo suo 29b in terra, qua pavit illos (quam praeparabit eis 3) , et ibi praeteribunt praecepta eius et accendetur sanctuarium eorum et terra eorum deseretur et ipsi dispergentur propter quod exacerbaverunt deum. et iterum (die tertio 17, septimo 9) saluos faciet illos a dispersione illorum, et iterum aedificabunt domum dei et exaltabitur novissime domus dei maior quam prius. et iterum superabit iniquitas aequitatem. et post 29c haec habitabit deus cum hominibus in terris videndus. et tunc incipiet aequitas fulgere. et domus dei in saeculum honorabitur et non poterunt adversa amplius nocere ho- minibus, qui sunt in deo credentes. et suscitabit sibi deus plebem fidelem, quam sal- vabit in secula seculorum. et impii punientur a deo rege suo qui noluerint amare legem illius. celum et terra noctes et dies et omnes creaturae obedient ei et non praeteribunt mandatum eius nee mutabunt opera suä. homines autem mutabuntur derelinquentes legem domini. propter hoc repellet dominus a se impios et iusti 29d fulgebunt sicut sol in conspectu dei. et in tempore illo purificabuntur homines per aquam a peccatis. condempnati autem erunt nolentes purificari per aquam. et felix erit homo, qui correxerit animam suam , quando erunt iudicia et magnalia dei inter homines et inquirentur facta eorum a deo iusto iudice.

Postquam factus est Adam annos DCCCCXXX, sciens quoniam dies 30 eius finiuntur dixit: congregentur ad me omnes filii mei, ut benedicam eos, antequam moriar, et loquar cum eis. et congregati sunt in tres

so partes ante conspectum eius coram oratorio , ubi adorabant dominum deum. et interrogaverunt eum : quid tibi est, pater, ut congregares nos ? et quare iaces in lecto tuo? et respondens Adam dixit: filii mei, male mihi est doloribus. et dixerunt ad eum omnes filii eius : quid est pater male habere doloribus? Tunc filius eius Seth dixit: domine, forte 31

85 desiderasti de fruetu paradisi, ex quo edebas, et ideo iaces contristatus? Die mihi et vadam ad proximas ianuas paradisi et mittam pulverem

77 annorum II. III sciens quoniam 17 : quod nesciens quoniam I, sciens quod III (II) 78 dixit ad Evam II. III Ap. § 5 iXS-sxiuaav nqog fie oi vioi fxov ndvx&g öntug oipopai ai'rovg nqlv rj ttitoS-apoifiai. 79 Ap. § 5 (codex A) xai av^x^aay ndvxeg- %v ydg oixia&eloa tj ytj eis xpia fxe'fjt]- xai tf\&ov 7idtnreg iitl xtjv Q-vgav xov oXxov (e^ngoaS-su avtov codex C> £» <w eis^QXfX0 f^a_ o&ai rw &hZ. Vgl. oben S. 201 80 ante conspectum patris eorum ante Oratorium II. III; byforn there Adam began to preye Cant . adorabat 3. 9. 17. 4. 81 deum. erat antem numerus XV milia virorum exceptis mulieribus et parvulis III (Inc.) et int. eum : et cum congregati essent omnes una voce dixerunt II. III 82 mei add. II. III 83 et 84 in doloribus II. III Ap. § 5 ttxria [xov, novog nolvg av^e/tt pc xai le'yovaiy zi touv novog xai vooog; ne forte 5. III Ap. § 6 2rj& Xe'yti atrw- fii, e fivTjO&rjg , ndrsg, tov nagadtiaov 4$ <ov rja&ieg xai d'kvTi^&rig fnt&vpyoai avxüv ; 86 Ap. § 6 eär ovxcjg iaxiv (indica ergo pater mihi si ita est 17), dvdyytiköv pof iyw tzoqsvoo-

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in caput meum et proiciam me in terram ante portas paradisi et plan- gam in lamentatione magna deprecans dominum, forsitan audiet me et mittet angelum suum ut adferat mihi de fructu quod desiderasti. re-

90 spondit Adam et dixit: non, fili mi, non desidero, sed infirmitatem et dolorem magnum habeo in corpore meo. respondit Seth: quid est dolor, domine pater, nescio; sed noli nobis abscondere, sed die nobis. Et 32 respondit Adam et dixit: audite me, filii mei. quando fecit nos deus, me et matrem vestram , et posuit nos in paradisum et dedit nobis

95 omnem arborem fruetiferam ad edendum et interdixit nobis: de arbore scientiae boni et mali, quae est in medio paradisi, ne comedatis ex ea, deus autem partem dedit paradisi mihi et matri vestrae: arborem orien- talis partis et boreae quae est contra aquilonem dedit mihi , et matri vestrae dedit partem austri et partem occidentalem. Dedit nobis do- 33 100 minus deus angelos duos ad custodiendos nos. venit hora ut ascen- derunt angeli in conspectu dei adorare. statim invenit locum adversarius diabolus dum absentes essent angeli. et seduxit diabolus matrem vestram, ut manducaret de arbore inlicita et contradieta. et mandueavit et dedit mihi. Et statim iratus est nobis dominus deus et dixit ad me domi- 34

jUßt xal ipiyxio coi xagnop ix xov nagaöfioov' imSijau) ydg xongop inl xrjp xscpaX^p [xov xai xXavoo/uai xal ngoaev^o/xat, xal elaaxovctxai fiov xvgtog xal djtoaxE'kei xop d'yyfXop avxov xal ipiyxio aot, Iva anonavar} o novo? und aov. (ut manduces et obliviscaris 17) ianua S 88 exaudiet III. (II) 89 ut III. 9. T marg.: et I (II) quo, quem III 90 respondit . . 91 meo om, 5 III Ap. § 6 Xiyei avxio 6 'Aöüfj,' ov%i, vli fxov Z>]3, äXXct pooop xal növov i'x^' Xiyei avxio 2r[-9-' xal ncSg ooi iyipopxo; 92 die nobis, quia penitus ignoramus III 93 Ap. § 7 dntv ök avxaj 6 'ASap' oxe inoitjafp rjftug o S-sdg, i/u8 xal xrjp f^rjxiga v[iü>v . . eötuxev tjfxip näv <pvxdp ip xiö nagaöeiatp' nsgl öe ipog ipfxeCKaxo tjfiip (J.t) iaS-ieip avrov, <?<' ov xal änod-p^axofxtv. 94 deus me II. III: deus I et posuit I: et om. g in parad. om. M 95 dixit II. III 96 Ap. § 17 o iaxip ip (xeow xov naga- delaov coniederemus II. III ex eo I. 5, om. ceteri. 97 deus . . 99 oeeid. om. III Ap. § 15 ip tw (pvXdoofip r[(xäg xov napaÖEiaop icpvXäxxofXfp exaaxog xo Xa%dp avxov fiigog and xov $eov' iyoj •($£ itpv'kaxxop ip tw xXijow pov poxop xal Svaip. 98 et erubie que est 17, et bone que est 5, boree quod est 3, om. I. 9 IOO Ap. § 7 ^yyiaap de t] üoa xaip üyysXiop xüp cpvXaaaopxiop xt]p firjxEQa vfj,(Sp xov äpaßlqpai xal ngoaxvvriaai xop xvqiop' § 17 txsqI tüyap brav äprjX&op ot uyytXoi xov &eov xov 7i(J0Gxvvrjoar cf. Protevangelium Jacobi (ed. Tischendorf cap. XIII): 6 'J6dfx ip xrj uiga xrjg 6o£oXoyiag avrov i\p (= cm^v) xal 6 o<pig . . xrjp El'ap fi6pt]p i^rjndxrjatp' ut venit hora asc. 17 ascenderent 5 1 Ap. § 7 xal tvQtp avxijp (xopt}p xal eSwxep avxiß 6 i^d-gog xal icpayev and xov gvXov iypujxwg bxi ovx elfxl iyyiaxa avxrjg ov'xe ot äyioi äyyf^oi ' ensixa eöwxep xdfxol cpayelp. 4 Ap. § 8 xai opyia&rj q/uip 6 &eög . . ineidrj iyxaxiXnxEg xrtp Sia&qxrjp /uov, vnrjpfyxa xw aw/naxc aov sßdofirjxopza nXriydg' ngiortjg nopog TxXrjy^g 6 ßiaafzog xwp ocpS-aXficöv , Sevxigag TiXriyrjg x7tg äxorjg 6 nopog, xal ovrwg xa&egtjg näaat al 7x7.t]yal rtagaxolovd-^o'ovaip aoi.

233

5 nus : eo quod dereliquisti mandatum meum et verbum meum quod con- fortavi tibi non custodisti, ecce inducam in corpus tuum LXX piagas; diversis doloribus ab initio capitis et oculorum et aurium usque ad ungulas pedum et per singula membra torquebimini. haec deputavit in flagellationem f dolori uno cum arboribus. haec autem omnia misit do-

10 minus ad me et omnes generationes nostras. Haec dicens Adam ad 35 omnes filios suos comprehensus est magnis doloribus et clamans magnis vocibus dicebat: quid faciam infelix, positus in talibus doloribus. et cum vidisset eum Eva flentem coepit et ipsa flere dicens: domine deus meus, in me transfer dolorem eius, quoniam ego peccavi. et dixit Eva

15 ad Adam : domine mi, da mihi partem dolorum tuorum, quoniam a me culpa haec tibi accessit. Et dixit Adam ad Evam : exsurge et vade 36 cum filio meo Seth ad proximum paradisi et mittite pulverem in capita vestra et prosternite vos in terram et plangite in conspectu dei. forsi- tan miserebitur et transmittet angelum suum ad arborem misericordiae

20 suae , de qua currit oleum vitae, et dabit vobis ex ipso modicum, ut me unguatis ex eo, ut quiescam ab his doloribus, ex quibus consumor. Et abierunt Seth et mater eius contra portas paradisi; et dum ambula- 37

5 confortavi S M: in T ras. et in Karg. m. 1? mandavi, statui IJ. III sexty and ten Story. sixty and two Cant. 7 et aurium (et des orelhes Jean), eres Story: ab ore 5. III 8 torquebimini: torquimini I, torqueris 9, torquebunt te III hie putavit I 9 sie I, dolorum una 9. 5, doloribus una 17, dolorum 2 arboribus I. 2,' ardoribus 9, doloribus 5 dolorum pro transgressione fruetus arboris 3 haec . . arboribus om. 4. 15. 18 10 omne genus nostrum IL III Ap. § 9 luvt«, teycuv 6 'Aödix xoTg vlolg avxov dvsaxiva^&v fxeyd'kwg xai elniv ' xi noiijau) ; iv ueydXt] Ivriß fi/ui exkuvoiv 6e xai j Eva "keyovaa Adam om. I 12 talibus: tantis IL III 14 ego IL III: om. I 15 Ap. § 9 xvqie uov 'AöccfX, dvdaxa . Sog txoi xo y/biinv xrjg voaov aov, xai vTttveyxdu avxrjy, on <$i' ifik xovxo (toi ykyovtv , 6? i/ui iv xa/xdxoig xvy/dvag xai növoig. ad om. T partem II. III: par I a me culpa I: a mea culpa 5. 2. 4. 18, mea culpa 9 16 accesserunt 3. 9 , aeeiderunt 5. III Ap. § 9 flnfy <5f AddfJ. xfi Eva' itvdoxu Kai noQEvov fiexd xov vlov rjy.wv 2r}& iikrfiiov xov naoaöttaov xai ini&iie %oiv ini rag xftpaXag vfiotv xai xXavaaxt d'fo'fxevoi xov &tov , Z-rnog o-TiXay/fiaxtrj in ifioi xai änoaxfiXrj xov äyyt'hov avxov xai dwatj [xoi ix xov divSpov, Ev ta qiti xo iXatov s"g~ avxov, xai svEyxfig fxof xai d'ktiipouai xai ävtcriavoouai ix xov tiopov fiov. cf. Ecang. Nicodemi XIX (Descen- SUS III) tag av oötjyrjo'T] fte <5t' dyyiXov nt)6g tri öivöyov xrjg iXerjUoavfrjg xai indoto i'Xaiov xai dXeiiptu xov ipov naxEQa xai dvttaijj and xrjg dn&tviiag. 17 prope 9, proximi 5, ad proximas 3, ad III: portas paradysi IL III 19 iubet (mittet Mj transmittere ang. s. de arbore I Inc. hat stets arbor oder oleum mirrae 22 Die Scene scheint erfunden zur Erklärung ron Genesis 3, 15 'des Weibes Same wird dir (Schlange) zermalmen den Kopf und du wirst ihn stechen in die Ferse.' Auch im christl. Adamsbuche des Morgenl. p.23 Dillmann, füllt die Schlange Adam u. Eva ein .zweites Mal an. A}>. # 10 inoQEv&r, de 2'^ xai rj Eva tig xd /ueqtj xov nagadeitrov , xai 7iOQEvo(j.ivwv avxtav Ahb. d. I Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIV. Bd. III. Abth. 32

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rent, ecce subito venit serpens bestia et impetutn faciens morsit Seth. et cum vidisset Eva flevit dicens: heu mihi miserae, quoniam maledicta

25 sum, quoniam non custodivi praecepta domini. et dixit Eva ad serpen- tem voce magna: bestia maledicta, quomodo non timuisti mittere te ad imaginem dei, sed ausus es pugnare cum ea? aut quomodo praevaluerunt dentes tui? Respondit bestia voce humana: o Eva, numquid non ad 38 vos est malitia nostra? nonne contra vos est furor noster ? die mihi,

30 Eva, quomodo apertum est os tuum, ut manducares de fruetu, quem praeeepit tibi dominus deus ut non manducares: nunc autem non potes portare, si tibi ineepero exprobrare? Tunc dixit Seth ad bestiam : increpet 39 te dominus deus. stupe, obmutesce: claude os tuum, maledicte inimice veritatis confusio perditionis ; recede de imagine dei usque in diem,

35 quando dominus deus iusserit in comprobationem te adduci. et dixit bestia ad Seth : ecce recedo, sicut dixisti, a facie imaginis dei. statim recessit plaga de dentibus a Seth. Seth autem et mater eius ambu- 40

eiSev r\ Eilet xov vtdv avxrjg xui 3-rßiov noXefioivxa avxov' exXavaev de 77 Eva Xeyovaa' o.'uot, ol\uoi, 6x1 idv £X9-w eig t^v rtfxk()av xrjg dvaaxdaewg , ndvxeg 01 e'cftttQTqoavreg xaxaqdaovxui ixe , Xeyovteg dxi oix ecpvXagev tj Eva xijv evxoXrjv xov &eov. eßdyaev 6e »J Eva ngdg xo S-rjQiov Xeyovaa. in partes 17 23 morsit S T m 1: momordit M. II. III 24 vidisset Eva flevit dicens II. III: audisset Aeva saevit heu I maledicti sunt qui . . custodiunt 3. 5. III ; J am corsed and all that breken godis heste ('mit. 25 dei S 26 Ap. § 10 10 av S-ijgiov TXovtjQov, oi> (poßrj av xijv eixdvav xov &eov 7ioXefj,rjaai avxrjv; nüjg ijvoiyt] xo axofia apv; nwg evia/vaav 01 oädvxeg aov; {riwg ovx. t ■fxvtjaS^g xijg inoxayr^g aov, b'xi ngoxegov inexayr^g rp eixdvi xov d-eov ;) te: dentes III ad: in III 27 ea 5. 9: eo I. aut . . tui add. II. 2 (Ap.): om. I et (praeter 2) III 28 Ap. § 11 xdie xd 3-rtgiov eßdtjoe Xeyov w Eva, ov ngdg qfJ.ccg 17 nXeove'g'ia aov ovxe d xXav&ftdg, äXkct ngdg ae' (eneiSrj r\ dg%ij x<^v &*lQi*>jv ex aov eyevexo.) nwg i\voLyr\ xd axdfta aov tpayeiv and xov gvXov Ttegi ov evexeiXaxd cot, 6 &edg firj (payelv avxov; (Sid xovxo ai cp vaeig t]fx,öiv tuexrjXXdyr]aav.) vvv oiv ov dvvaaai vneveyxelv , idv dndg^ouai eXey/eiv ae ; ad nos 9. 5 29 dolor furoris nostri II. III 30 de . . manducares 3. 9. 17. Apolc. Gant.: om. I. 5. III de fruetu 9: fruetum 3. 17 quem 3. 9: de quo 17 31 nunc . . expr. om. III potes 3. 5. 17: potest 1.9 32 si . . expr. II: om. I. (III) sed ibi 5 cepero 9, ineipiam 3, om. 5 exprobare 9, conprobare in cetero 5, conprobare 3, prevalere 17. Im Card, sagt die Schlange, seitdem Eva vom Apfel gegessen, habe sie selbst die Kraft den Menschen zu schaden. Seth tunc I Ap. § 12 Xeyei 6k d 2ij& ?xgdg xd 3-rjgioV xXeiaai aov xd aid/xa xai aiya , xai drto- att]S-t, und xijg eixdvog xov S-eov e'tug j/xegag xtjg xgiaeojg 34 perdicionis I, perdite II. III de I: ab II. III 35 dominus S. M: om. I probationem II. III perducere 17. 4 (III), producere 3.5.9 Ap. § 12 xoxe Xeyei xd S-rjgiov xai 2rj&' iöoii, äcpiaxajxcu und xrjg eixdvog' (xdxe ecpvyev xd S-ygiov xai ä(prixev avxdv nenXtjyfxevov add. cod. A) xai, iixoQe{&r} eig xi\v axrjvijv avxov. 37 recessit a Seth palpatum dentibus 5, rec. paulatim raordens 9, recessit 3. III. discessit bestia sed plagam eden- tibus 17, recessit a Seth plagato dentibus? Ap. § 13 inogevthr, 61 2"»j5- fittd xrjg urjpdg avxov Ei'ag Tt'ktjaiov xov "lagaäeiaov' xai exkavaav exeT Sedpevoi xov &eov dmug ä:ioateikr\ idv dyye'kov

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laverunt in partes paradisi propter oleum misericordiae , ut ungerent Adam infirmum. et pervenientes ad portas paradisi tulerunt pulverem

40 de terra et posuerunt super caput suum. et prostraverunt se in terram super faciem suam et coeperunt plangere cum gemitu magno depre- cantes dominum deum , ut misereretur Adae in doloribus suis et mit- teret angelum suum dare eis oleum de arbore misericordiae suae.

Apocal. § 13 Kai anmiuUv o &s6g Mixai)l %ov ayxayytlov xai el-

ibnsr avrolg- 2rj& , ävS-Qwm rov &eov, ftrj xapr\g sv/y6jLitrog tnl rfj Ixeaia jaiWfi Tisyi tov Svlov, Iv w §hi ro Uaiov, altlyai rov narJya aov Map ov yäo ysvriosxai oot vvv.

[Orantibus autein eis horas multas et deprecantibus ecce angelus Michahel ap- 41 parens eis dixit: ego missus sum ad vos a domino, ego sum constitutus a domino 50 super corpus humanuni, tibi dico, Seth homo dei, noli lacrimare orando et depre- cando propter oleum ligni misericordiae, ut perunguas patrem tuum Adam pro do- loribus corporis suL Dico enim tibi, quia nullo modo poteris ex eo accipere, nisi 42 in novissimis diebus, quando completi fuerint quinque milia et quingenti anni. tunc veniet super terram amantissimus [rex] Christus filius dei resuscitare corpus Adae

avrov xai dwaei avrolg ro e'laiov rov dXiov. 38 paradisi. . 39 paradisi om. III propter etc.: cf. Evang. Nicodemi XIX (Descensus cap. III): oleum de arbore misericordiae ut perungueres corpus meum , cum essem infirmus. 40 capita sua II. III 42 miseretur S. M Evang. Nie. XIX : et transmitteret tibi angelum suunij ut daret tibi oleum de arbore misericordiae 43 eis II. 2: ei I (III) 44 der griechische 'leset des Evang. Nie. lautet: fterd rijv sv/rjv dX&iav dyyeXos xvqiov Xeyei fxoi- ti, Srjd-. aireig; iXaiov aireis ro rovg da&evsig dviartüv r\ ro SevSqov ro qeov ro roiovrov elaiov &id rrjv rov aov 7iaro6g dadeveiav; xovro ovx eartv evgeSrjvai wvi. Dieser Text muss stark entstellt sein. Denn das, vcas die Apokalypse und der lateinische Text des Evangeliums Nie. gemeinsam haben ([*rj xdfir^g . . aov *A6u(i) muss auch in dem Zwischenglied, d. h. demjenigen griechischen Text des Evangeliums Nie, welchen der Uebersetzer benützte, gestanden sein. 47 Die Prophezeiung, welche in zwei Handschriften (A B) der Apokalypse zugesetzt ist , ist schon oben S. 204 gedruckt. 48 Das in [ ] gesetzte Stück ist aus dem lateinischen Text des Evangeliums Nicodemi XIX (Descensus III) eingeschoben; siehe oben p. 204 cum essem orans dominum ad portas paradisi, ecce angelus domini Michael apparuit mihi dicens Nie. angelus domini 5. 4 apparens . . dixit I. 17: apparuit . . dicens 3. (9) III 49 ad vos 3. III: ad te Nie. a domino ante super om. Nie. et alii 50 dico enim Nie. homo dei om. Nie. lacrimare : laborare (xd^rjg) lacrimis Nie. 51 Adam om. M dolore Nie. 52 corporis sui Nie. 3. 5. 4. 2: suis I. 9 Nicod. dm&i ovv xai eine narqi aov, bri fierd ro ovvreteaSrjvai duo xriaewg xoafxov trrj nevraxia/iXia nevraxoaia , rore xa- reÄdy iv rrj yfj 6 jnovoyev^g viog rov &eov ivavd-QOJTi^aag xdxeivog dteiipet avrov riS roiovra» iXaia) xai dvaarijaerai xai iv v6an xai nvevfiaxi dyiio nXvvel xai avrov xai rovg avrov xai rore dito ndaris vdaov iav&rjoerca' vvv de rovro yeveaS-ai dövvarov. dico enim tibi om. Nie. ex eo 9. 17. Nie.: hoc III, es». I (II) 53 diebus et temporibus Nie. quinque: sex I quingenti Nie. 5. 17: quinquaginta I, ducenti 3. 5, ducenti minus unus 9, ducenti uno minus 4. 15. 18 (Inc.), 5200 I seul- mons Jean, 5228 Story, 5500 Gant. 54 rex I, om. ceteri dei f. Chr. Nie. resuscitare 5. III.

32*

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55 et cum eo resuscitare corpora mortuorum. et ipse filius dei venieiis baptizabitur in flumine Jordanis et, dum egressus fuerit de aqua Jordanis, tunc de oleo misericordiae suae perunguet omnes credentes in se. et erit oleum misericordiae in generationem et generationem eis, qui renascendi sunt ex aqua et spiritu sancto in vitam aeternam. tunc descendens in terris amantissimus filius dei Christus introducet patrem tuum

60 Adam in paradisum ad arborem misericordiae.]

Tu autem, Seth, vade ad patrem tuum Adam, quoniam completum 43 est tempus vitae illius. adhuc sex dies, tunc exibit anima eius de cor- pore et, cum exierit, videbis magna mirabilia in caelo et in terra et in luminaribus caeli. Haec dicens Michahel statim recessit a Seth. et re-

65 versi sunt Eva et Seth. ac tulerunt secum odoramenta hoc est nardum et crocum et caiaminthen et cinamomum. Et cum pervenisseut Seth et 44 mater eius ad Adam dixerunt ei, quia bestia serpens morsit Seth. et dixit Adam ad Evam : quid fecisti ? induxisti nobis plagam magnam, delictum et peccatum in omnem generationem nostram. et hoc quod

70 fecisti post mortem meam f refert filios tuos, quoniam qui exsurgent a

Codices qui dam Nie: ad resuscitandum I. Codices alii Nie, et faciet resurgere 9, ipse facit resurgere cod. lat. monac. 19105 Evangelii Nie. & X 55 cum eo res. I. Codices qmdam Nie: conresuscitare Nie. cod. man. et alii, cum eo 3. 9. filius dei om. Nie. 56 in Jordane bapt. codd. cdiqui Nie, in Jordanis aqua alii (Mon.) et dum . . de habent Nie II. 2. 4: om. I. ( W>. 18.) dum 5. 2. 4. Nie. aliqui (Mon.): cum 3. 0. 17. Nie alii 57 perunget II. III: unguet JStc., unguere I omnes creden- tes in se Nie 9. 17.: omn. in se er. 3. 5. III, gentes (om. cett.) I oleum illud Nie. alii. genera- tionem et generationem II. III : generationem Nie, generationes et generationes I 58 eis : his II. III, eorum Nie. aliqui, om. I. Nie. alii renascendi II. III: nascendi Nie, renati I 59 descendens 5. 9. 2. 4 Nie: descendit I, descendet 17, ascendet 3, om. ceteri in terris 17. Nie Man.: in terram ö. 9. 4, in terras Nie. alii, om. I ceteri dei filius 5. 17. Nie et introd. I. 3. 17 tuum : suum Nie Mon., nostrum ceteri Nie 61 Ap. § 13 ai> dt nakiv noQtvov riyog zov nazioa aov, Eneidrj tTi^.t]Qü)&rj to {AETyov zTjg £iorjs avzov , el'o~u) zoiwv yfitowv i£tQXO[Xi'vt]g dV Trjg ipv%rjg avzov fieXltig xhtdaaaO-ai ztjv uvoüov avzrjg <poßtQai>. 62 illius I: eius 3. ö. 17, suae 9.

III et exiet II. III videbitis 3. 9. 2 64 Ap. § 14 tinwv 6i zavza 6 uyytXog imrjXd-tv ätftiBV, Ap. § 29 tvwdiag aoiouata ix zov TtaQa&siaov . . xqoxov xai vÜq6ov xai xd'kafxov xai xipüfxtufxov recessit a Seth. et II. III: recessit sed I 65 ac tulerunt: ad tulerunt I. 3. 17, et tulerunt 9. III secum ramusculum et odor. III odoramentum I odoramenta quae eis sunt data ab angelo 3 66 calamine I, calamite 9, calamitas 15, calamum 18 crionum I cy- namomum ramumque arboris paradisi 3, nardum, salfran et canelle Jean : III hat eine» Zusatz: der Engel gibt Seth einen Zweig mit drei Blättern vom Baum der Erkenntniss; beim Uebergang über den Jordan fällt der Zweig in das Wasser. 67 dixerunt ei omnia, quae gesta fuerant in via, et dixit III ei om. I bestia II. III: et iste I Ap. § 14 leyit dt 6 Iddu zft Eva' zi xazticjydaw £v rtfxlv xai in^yeyxag £95' rj/Liäg ö^yr^v [xeyd'kijt/, ijzig ioziv 9-dvazog xazaxvgievuiv navzog zov yet-ovg fifiüiv; xai Xeyti TiQog avzjjv xuktaov rzdvza zu xixva y'jjumr xai zd xixva rwc zixviov y/LMtiv, xai dvdyyu'kov avzoig zov zqotiov zrjg Tzapaßdotiog yfiäv. 68 ecce quid II. III 70 refer filiis tuis 9,

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nobis laborantes non sufficient sed deficient et maledicent nos dicentes: quoniam omnia mala intulerunt nobis parentes nostri, qui ab initio fuerunt. haec audiens Eva coepit lacrimare et ingemescere.

Apokalypse § 15 Tore keyei r) Eva nyog avxovg- dxovöaxe, ndvxa xa 15

r.txva uov xal xa xsxva xwv xsxvojv tuov, xdyo) dvayyelm v/alv, nujg rpid-

nptv i)tuäg b tx&ydg ityidxv. tyevero iv xqj ipvldaaeiv tj/Ltag xbv naodöu-

aov, sfpv'Aaxxouev ixaöxog xo laybv avxov ueQog dnb xov &tov- iyu) kpv-

kaxxov sv xo) xh'iym /uov vbxov xal dvoiv. snoyevdxj äe 6 didßolog dg xbv

/JSßov xov 'Ada/Li, onov i)v xa dyorjvixd &i^ia , instar} xa {rr^ia eutyioev

6 &fög r)ulv xal xa juev d^oevixd ndvxa dediuxev xoj naxyl vuojv xal xa

ft)]hxd ndvxa didwxtv kfiol, xal rxaoxog tj/liwv xb eavxov txrjyei. Kai 16

slalrjoev xai bcpei b diaßolog leywv dvdoxa , sl&e ixQog /Lie. xal dvaoxdg

rjlS-sv nybg avxbv b bcpig. xal liyei avxip b didßolog- dxovio oxi cp(Jovijiioj-

reyog sl vne\> navxiov xiuv ftr^'uav xal did xovxo rjX&ov xaxavofjoai os-

EVQOV dt at yieiQova navxiov xwv frrjyiwv xal o/liiIoj aor o/uujg nfjooxvvelg

xbv iJLayiaxöx6()ov ' (ha xi io&isis ex xojv 'Qi'Qaviojv xov 'Adafi xal ovyl

i-x T.ov xaynov xov nayadeiaov ; dvaoxa xal noirjoof.iev avxbv exßfa]&fjvai

ix xov nayadeioov, ibg xal fjuelg i§eßX irrjjLitv c5V avxov. leyti avxqj b bipig'

(poßoufiai, jLxrjTiots öyyiofrjj tuoi xvyiog. Ityti avxip b didßolog- pft ipoßov-

ytvov uoi oxsvog xdyib XakrjOü) fiid oxo.uaxbg oov Qrjjuaxa n^bg xb t§anaxr\-

aai avxov. Kai exyeuda&ri sv&eojg naya (cod. D, did A. B, dnb C) 17

nuv xer/Jiov xov nayadeioov nsyl djQav oxav dvrjl&ov oi äyyeloi xov Ssov

tov nQOCfxvvrjaat. xoxt b aaxaväg eyevsxo ev eidet dyyekov xal vjlivsi xbv

&tov xa&aney oi dyyekoi. xal na^EXvipa (na^xvipev cod. DJ tx xov xsl-

yovg xal tldov avxbv ojlwiov dyyskov. xal Isysi uoi' au ei r\ Eva; xal

iri.iov avxiö' iyuj s\fU, xal Isyet uoi' xi Jioielg ev xqj na^adtiöip. xal einov

avxip ' b Ssbg e&Bxo rjjuäg looxe ipvlaaoeiv xal eod-iew ef avxov. dnexQi&ri

uoi b diaßokog did oxouaxog xov bipeujg' xalmg noislxe , dkl' ovx to&iexe

referes iiliis tuis 17, refert filius nieus tuus ö, referunt filii nostri 3, referent filii nostri filiis suis III . vgl. oben p. 206 qui S. II. III: inqui T, iniqui M 71 laborantes 5. 9. 17. 2. 15: laborantibus I sufficiunt sed deficiunt I 72 omnia: haec II. III fuer. ab in II. III 73 ingemescere S: inge- miscere T. M III hat hier einen grossen Zusatz: Seth gesteht den Zweig verloren zu haben; zurückgeschickt findet er ihn mitten im Flusse wieder; Adam freut sich bei seinem Anblick und be- fiehlt den Söhnen ihn einst 'ad Caput sepulchri sui' zu pflanzen. Bas Stück der Apokalypse (siehe oben p. 206) fjebe ich nach Tischendorf; der Text ist besonders in der Mitte sehr entstellt , gegen den Schlu88 stark interpolirt.

238

dnb navrbg (pvrov. xdyw ktyw avrw- val} anb navrwv iaSloiiitv nayii; ivbg /ubvov, o ianv hf pit.aw rov nayadtiaov . ntol ov ivtrsikaro b irtbg rj/Ltlr ui) iaS-itiv t| avrov. intl Savarw dnoSavtlad-t. Tort Jisvei uoi 6 18 oopig' £?/ 6 %9tbg on Xvnovuai Tieyl vuwv, ort tog xtjjvtj iart' ov yd() &tXw v/Liäg dyvotTv avrb, äXXa dvaara' 8tvoo ovv xal qayt xal vorflov trjv tiutjv rov §vXov. iyw dt el.jiov avrw ' (poßovuai utj nort ooyioS-fj uoi b ftsog, xadwg t'mtv //wir. xal Uyti uoi (b (hdßoXog cod. B)' [ifj ipoßoir duu ydy (pcWfjS, dvoiyßiftovrai aou oi baSaXuol xal tata&t ibg &tol iv rw yivwaxtiv ri dyu&bv xal ri novi^ov rovro dt. yivwaxwv b &tbg. ort tataßt ouoioi avrov. i&p&ovrjasy vulv xal tlntv ov (paytaSt i$ avrov. av <)i nyoatyt Tip (pvTW xal bif'ti oosav utyakijv Jitol avrov. iyw dt nooot- ayov reo (pvrw xal sldor doiav utyakrjv ntol avrov. tinov <)t cct/rc5, on woaiov ianv Tolg b(p&a.Xuolg xaravorjoai, xal i(poßrjd-ijv Xaßtlv anb rov xaojiov. xal Ätyti uoi' oevQo dxo'/.ovSti not. dwaw aoi. "Hvoi£a $i (tjvoi£ev 19 cod. B) avrw xal tlaif/.ütv law tlg rov naoa&sioov xal diwütvatv tu7iou- adtv uov , xal ntoinarijaag okiyov iaroairn] xal t.tyti uoi ut,Ttutkr]&r]v, ov dwaw aoi (paytlv. xävra dt tlntv Sü.wv tlg rtkog (fti.taaai xal dnoXiaai us. xal Xtyti uoi ' buoaov uoi oti didsig xal rw dvSoi aov. iyw dt tinov avrw' oti ov yivwaxw noiw ooxw bubaw aoi, Ttkrpv o oida Ktyw aor ua tov &QOVOV tov ötanorov xal tu ytoovßlu xal rb gv/.ov tfjg ^coiyg, oti dwaw xal tw dv()oi i.iov (paytlv. ort (J7 tlaßtv usi' iuoi tov ooxov, tote ))l&tv xal tntßi] tri avTov tdtio oi i.il rov xaojibv. \)v tdwxtv uoi (pa.ytlv, tov top tv/c xaxiag avrov, rovr"1 tanv rfjg tJiidvuiug avrov- imdvuLa ydo ianv xtepah) naa^g auaoriag. xal txhva rbv x/maJov inl ri)v yfjv xal tlaßov anb tov xaonev xal tepayov. Kai iv avrfi tfj moa rjVtw%S-rjaav 20 ol bipfralfiol uov xal tyvwv ort yvuvt) ^firjv i >]g (fixaioovvTjg i)g ijuijv iv- asovfjierrj, xal tx'Aavaa Atyovaa' ri rovro inoir\odg uoi, ori imrfKloroiw&rjv ix rrjg do&jg fiov , fjs rjfirjV ivihdvutvri; txlaiov ()i xal ntül rov ooxov. ixdvog 8i xurrfk&tv ix rov (pvrov xal äqpavzog iytvtro. iyw 8i i'QrjTovv iv t.w utoti tuov cpv'/J.a oticus xa'/.vipw rrjv alayvin^' uov xal ov/, svoov ano t,wv (pvrwv rov TTaoajJtioov, tTitiärj , aua tipayov, ndvrwv rwv (pvrwv rov euov ut()ovg xarsoosov rd cpvü.a naoi'i rov avxov iibvov. laßovaa dt ipvlha «| avrov inoir]aa i/uavTfj ntoiQ< ' uara, xal iarlv dri* avrwv rwv (pv- rwv i% uyv tepayov. Kai ißbipa <pwvi] utydhi Ityovaa 3Addju 'Addpi nov 2 1 ti ; avaara el&i nobg fis, xal dtizw aoi /utya pi.varr)oiov. ort dt rjXSsv b

239

narrig vuwv, slnov avt(p l'yovg naoavofiiag, o'irtvsg xarrjyayov fi/täg dnb tiey'lris d'^g. atua ydy rfi&sv, rjvoiga rb arotua pov xal 6 dtdßoXog eXdXei xal fjügdprjv vov&erelv avrbv Xsyovaa devgo, xvqiS ,uov Add/tr, endxovabv aov xal <pdye anb rov xagnov rov devdgov , ov elnev 6 &ebg rov tu) (pa- yelv an' avrov, xal eOfl wg S-eog. xal dnoxgt&elg b narrig viunv elnev tpo- ßovpai iir] nore ogyiaftfi ,110t b &e'g. syd) ds slnov avror urj tpoßov- a/Lta ydg (pdyflg, tat] yivujaxoov xaXbv xal novrigov. xal rbrs ra/Jiog nsiaaaa avrbv, txpaysv, xal TJV€(px&T]aay avrov ot bfp&aX/Ltol xal tyvw xal avrbg %r\v yviivwatv avrov- xal Xeyei jlioi- w yvvat ' norrjod, rl xartjoydou) sv rjtuTv; dnt]XXoTgiojadg tu ex rfjg &6gqg rov &eov. Kai avrfj tfj üga tjxov- 22 aa/uev rov dgxayyeXov MiyarfA. aaXnl'Covrog ev aaXmyyi avrov- xaXwv rovg dyyeXovg Xeywv rdde Xeyei xvgiog- klotzte per' ijuov sig rbv nagd- dttaov xal dxovaare rov qr^tarog ev tp xglvaj rbv Addii. xal cbg tjxovöautv rov dgxayyeXov aalmQovrog einatttv Idov b &ebg dg rbv nagddetaov egye- rat xglvat r]fiäg. ttpoßi'jfrrjfti-v de xal exgvßtiuev. xal dvrjX&ev b &ebg elg rov nagadetaov enißeßrjxdtg enl dgaarog Xegovßlju xal 01 äyyeXoi vfxvovv- reg avrov. iv dt eiarjXxrev b &ebg sig rbv nagddetaov, s§t]vS-7]oav rd tpvrd ra rs rov xkijoov rov Addu xal rov xlrjoov rov sttov ndvra xal sönjoi- Qovro, xal b &govog rov &sov svrgt.n^sro, onov t)v rb ivXov rfjg %wfjg. Kai 23 sxaXsasv b xrsbg rbv Addu Xsywv ' Ad dpi, nov txgvßrig , vojuI^ojv ort ov% svoiaxoj os; /lit/ xovßrjosrai oixog rot olxodojurjoavrt avrov; rbrs dnoxgtS-elg 0 Tranig üuüjv etnev ' ov%ly xvgte, xgvßope&a cbg vofu^ovrtg ort ov% evgi- axoue&a nagd aov, dXld (poßov/Liat , ort yvtuvog slfit, xal aldso&rjv rb xoarog aov, d sonor a. Ksysi avrw b frsog' rig aoi vnsdstisv ort, yv/uvbg sl, si jLtrj bri syxarsksinag rr)v tvroh]V juov, r)v naosdwxa aoi rov cpvla^ai avri]v : rors Addft su,vi]a&r\ rov koyov bv sKa'kr\aa. avrip, ors ij&skov dna- rrjaai avrbv, ort dxivdvvov as notrjauj naod rov ß-sov. argaipelg dt, noog jiis ein sv uot,' rl rovro enolrjaag; euvrjairrjv ds xdydt rov (n]uarog rr}g b(psu)g, xal sinov ort, b bcpig f/narrjasv fie. Aeyei b irsbg rw Addpt- ensidtj 24 naorjxovaag rr)v svrokr\v /uov xal tjxovaag rfjg yvvatxog aov, sntxaraoarog r) yfj ev rotg soyoig aov ' r\vixa ydo soya^rj avrrp', xal ov dioast n)v layvv avrrjg. dxdv&ag xal roißolovg dvarsksl aoi, xal iv vdoorifri rov nooawnov aov cpayst rbv dorov aov. eo-rj dt sv xauaroig nolvryonoig' xaufi xal /ui) dvanavov , &'ußslg dnb ntxQiag , xal /lltj ysvarj yXvxvrtjrog , frlißslg dnb xavitarog xal arevuj&elg dnb tp'£eujg% xal xontaasig noXld xal jLir) n'kovxr^

240

öug, xal iiti%VV\hftsi xal slg Ttkog in) vjra^sig xal wv ixvyitvtg &ijyiu)v inavaovipovral ooi sv dxaraoraoiq. ort rrjv ivroki]v uov ovx scpvkaiag.

^T^acpsig di nyog jus 6 xv^iog ktysi uor iTtetdij ini]xovoag ov rov 6(ptujg 25 xal Jiayrjxovoag xrjv svToki]V uov. iorj iv uaraioig xal sv novoig dcpo^rjroig- ts^ij ztxva iv Tiokkolg roouoig. xal iv utq ojyq %k&flg xal dnoktosig rr\v Cujrp' oov ix zfjg dvayxr\g oov tfjg usyaki]g xal tojv vovvtSv' iiouokoyrjosi di xal uTiflg ' xvQit xvyis, owoov jus . xal ov uf) iniorytifui sig tjjv duayriav tfjg oaQxog' xal did tovto tlg tov koyov oov XQivtt ot. did tt)v syS^av i)v s&sro o iy&ybg sv ooi. oryacpipfj ds nakiv nybg tov uvdoa oov xal avrbg Oov xv^isvosi. Msrd dt rb slnslv uoi ravra sitjsv nn bipsi iv oyyfj us- 26 ydkij ksywv avrm' im-tdr) ijzolrjoag tovto xal iysvov oxsvog dydyiorov. i'ujg av TikavrjOijg rovg Traytiuti'ovg tfj xa^diq, inixara^arog oi> ix navt&v tojv xttjvüjv' OTSQf]^rjosi tfjg TQOfpfjg oov i)g ijofrisg xal yovv (payst rrdoag Tag TJusyag tfjg CwTjg oov im to) orrjfrsi xal tfj xoik'iq noQSVöst xal votsqtj- &fjost xal ysiQUJV xal Tiodcov oov ovx dips&rpsrai ooi ojtiov ovts JiTSQvi ovts tv uskog rwv anavron' cov ov sdsksaoag iv tfj xaxiq oov xal inoupag avToi)g sxßXfj&fjvat ix tov Tiayadtioov xal ftt'puj iy,Toav dvd utoov tov OjitQiiaTog avrov avrog oov trjprjosi xt(pah)v xal ov avrov TiTt^var ewg Tfjg fjjLisyag Tfjg xyiosojg. Kai ravra slncav xtksvsi Tolg dyytkoig avrov 27 ix tov nayadsloov ixßh^H\vai i]uäg' ikavvousvojv dt i)ud>v xal oduyo- utvojv na^sxaksotv b 7ran)() iiiubv Addu rovg dyytlovg htyiov iaoart ut tuxoov oTiojg TTayaxa'/Joio tov &sbv xal onkayyvio&fi xal kherjorj ut. Ott sycb uovog rj/Liayrov. avrol dt tnavoav tov i'kavvsiv avrin'. ißoitctv dt l4dätu asra x'KavSjiov ktycov ovyyj'orpov uoi, xvqis, o inoitjüa. rort ktyti v xv()iog rolg dyytkoig avrov ri inavoart ikavvovrtg rbi' l4ddu ix tov TiaQadsioov : in) iuov ioriv rb dudorr^ia r) xaxtug i'xyiva; rors ol ayytkoi Tftoovrsg stiI rr\v yfjv noootxvvrjoav toj xvyiu) ktyovrtg- dixaiog ti . xvott. xal svirvTi]Tag xolvtu. J£r(jaq~tlg di b xVQiog Trobg tov 'Addu slntv ovx 28 aip oa> ot dno tov vvv tivai iv T(p .laoadtlov). xal djioxQiOslg b siddii tintv xvois, dog uoi ix rov (pvrov rfjg %cofjg %va ipayuj nolv 1) ixßkrj&ijvai Us. tots o xvQiog ikaki)Otv lybg rb)' 3Addu- ov kTjlpfl Vvv drC avrov' OJQiO&T] yd(j Tolg Xsoovßlu xal tfj (pk&yivfl (>ou<paLq tt] OT^scpoutvi^ ifvkdr- Tsiv avro did os, onojg ui) ysvon dt' avrov xal afhavarog toj] slg tov ah~va, iyjjg di rbv noktixöv ov sfrtro b iy&ybg iv oor dkV titoyoutvov oov ix tov TiaQadtioov . idv (pvkaii^g iavrbv dm) navtbg xaxov eng ßovkb-

241

aerog dno&arelr , draüTaaecog nähr yerouertjg dvaOTrjöoj ae xal Tore Jo- &rjoezai ooi ix tov '§vlov Ttjg 'Qwfjg xal ä&avarog eorj elg rov alüra. Tavra 29 de elnior o xvQiog ixelevaer ixßhr\&r\vai Y\adg ix tov nayadeioov exlavoer de 6 Tiarrjü vuwr e/unaooder Tibr dyyelwr dnerarri tov nayadeloov , xal leyovaer ol ayye'koi avrip' xl &eXeig nonpwaer aoi, lidd/u; änoxyi&elg de o TiaTTjQ v/uojy einer Tolg dyyeloig Idov ixßakkere /ue * deo/uai vudr, äcpeTe /Lte ayai evuodiag ex tov na^adeioov, %ra fieTa to i^ek&elr jue iveyxvo &voiar tw &£($, oncog eloaxovaeTai juov o &eog. xal nQOöel&orTeg elnor ol ayye'koi Tip S-eip' 3Ia?jl alwrte ßaaiXev. xelevaor do&7\rai Tat 3Addfx &v/uid- uara eviodlag ix tov nayadeioov ' xal ixeXevoer 6 &eog il&elr Tor 'Addu cira idßfj eviodiag aqiouaTa ix tov nayadeioov elg diaT()oiprjr avTov. xal d(pevT.eg avror ol äyyeloi, ineavraier äjucpoteya yer% x^oxor xal rd()dor xal xakaaor xal xirdjiiojuor xal loind oney/uaTa elg diaTQOiprjr avrov, xal la- ßthr Tavra i§ijk&er ix tov nagadeiGov. xal iyerojLie&a enl Ttjg yr\g. Nvr 30 ovv Texria jliov, idrjXioöa vuir Tor TQonor ir ip rjnaT?]&rjuer ' v/tielg de opvld^aTe eavTovg jiirj iyxaTahnelr dya&or.

Et sicut praedixit Michahel archangelus, post sex dies venit mors 45

75 Adae. cum cognovisset Adam, quia hora venit mortis suae, dixit ad omnes filios suos: ecce sum annorum DCCCCXXX, et si mortuus fuero, sepelite me contra f ortum dei magnum habitationibus. et factum est, cum finisset omnes sermones illius, tradidit spiritum. Obtenebratus 46 est sol et luna et stellae per dies VII. et cum esset Seth amplexans

so corpus patris sui lugens desuper et Eva cum esset respiciens in terram intextas manus super caput eius habens et caput super genua imponens et omnes filii eius fletibus amarissimis lacrimassent: et ecce Michahel angelus apparuit stans ad caput Adae et dixit ad Seth: exurge desuper corpus patris tui et veni ad me et vide, quid de eo disponat dominus

85 deus. plasma eius est et misertus est ei Et omnes angeli canentes 47

74 venit (ante mortis) om. S : habet M. T. II. III omnes habet S 5. 9. 17. III : om. T. M. 3 77 cf. supra p. 207 diei 9 2, magnum I: magno 2. 5, in agrum 17, in agro 3. 9. 4. 15. 18 (contra ortum diei in agrum habitationis illius?) habitationibus I: habitationis illius II. III 78 finisset: cessasset loqui II. III 79 confer supra p. 207 80 et . . 81 imponens om. III 81 haec add. 9: im- ponens om. 3. 5, caput et imp. om. 17, omnia om. I. III 82 flentes 3. 17. III, flentibus 5, flerent9 amarissimas 3. 9, (amarissime 17) lacrimas 5. 9, lacrimis 5. III 84 Apok. § 34 nvdax« Z^S- ix roZ aoifxarog toi ncagog aov 'Aöä/u xcä dX&£ i«*s tfxov ut videas II (praeter 17) III quod I 85 plasma eius est I: pro plasmate suo 3. 5.9, om. 17. III et post est om. I, add. m. 2 in S. T: quia II. III Ap. § 37 eadXmatv 6 äyytlog xai ctvioTtjoccy navttg ol ciyytXoi (sie. Cod. D, iadk- Abh. d. I. Cl. d k. Ak. d. Wiss. Bd. XIV. III. Abth. 33

242

tubis dixerunt: benedictus es, domine, quia misertus es plasmae tuae. tunc vidit Seth manura domini extensam tenentem Adam; et tradidit Michaheli dicens : sit in custodia tua usque in diem dispensationis in suppliciis ad annos novissimos, quando convertam luctum eius in gau-

90 dium. tunc sedebit in throno eius , qui eum supplantavit. Et dixit 48 iterum dominus ad Michahel et Urihel angelos: afferte mihi tres sin- dones bissinas et expandite super Adam, et alias sindones super Abel filium eius, et sepelite Adam et filium eius. et processerunt omnes vir- tutes angelorum ante Adam, et sanctificata est dormitatio mortuorum.

95 et sepelierunt Adam et Abel Michahel et Urihel angeli in partibus para- disi videntibus Seth et matre eius et alio nemine. et dixerunt Michahel et Urihel : sicut vidistis , similiter sepelite mortuos vestros. Post sex 49 dies vero quod mortuus est Adam, cognoscens P^va mortem suam, con- gregavit omnes filios suos et filias suas, qui fuerunt Seth cum XXX 100 fratribus et XXX sororibus, et dixit ad omnes Eva: audite me, filii mei, ut referam vobis, quod ego et pater vester transgressi sumus praecep- tum dei et dixit nobis Michahel archangelus : propter praevaricationes

niaav ol ayytkoi Cod. C) in1 oiptaiv xetfievot xai eßdij^av <pa)vi}v cpoßtgdv Xeyovtfg' tiXoyrjfitvi] tj 66ga xvgiov dito noirj/xdxuiv avtov, ort ^Xf'rjafv xo nXdafia xcov /ttguiv avxov . . . 'Egexeivev xrjv xi'Qa avxov o 7ictTTJg td>v dkiuv xa&rjfxevog dnl d-gdvov avxov xai rjgtv xov 'Ada/J, xai 7iagddwx€v avxov rw dg/ayyeXio Mt%ctTJX le'yiuv dgov avtov eig xov nagdöfiaov ewg tgixov ovgavov xai diptg airov ixte eiog xJjg rjfxdgag exfivrig xijg opoßegdg Tr)S oixovofiiag fiov ijv noiyooj tig xov xdofxov ... §39 xrjv Xv7ir}v aov iniaxgeipa sig /agdv xai eniatgetpiu o~e tig xfjv dg^qv aov xai xa&icuo ae ini xov 9-qovov xov dnatr\aavt6g ae. 88 Michael S M dispensationis II. III, disposition Jean: defensionis I 90 qui eum supplantavit II: q. e. seduxit III, quoniara eum plantavi I Ap. § 40 tlntv 6 Q-edg xd> dg/ayye'Xio Mc/arjX' aigiaaaxe aivddvag xai axendaate xov 'Addfj. xo aiofia . . . elritv 6 d-fdg bve%&ijvai, xai xd adifia xov "Aßfk" xai eveyxdvxtg aXkag aivädvag dxtjdevaav avtov . . . ngoaeta'§fv c.occi aixovs tig ttt f*tg>j xov Tiagaöeioov tig xov xdnov bnov tvgtv %ovv 6 &tdg . . . § 42 exoiftij- &T]aav anavxtg . . xai ovSeig tyivioaxtv tni xijg yrjg nXrjv xov viov avtov ZrjS- ... $ 43 eXdtyaev 3It%atjX xw Zr}$- Xt'yiov ovtiog xr\6tvo~ov ndvta avS-giortov dno&Vfjaxovta eiog rjfxe'gag xtjg dvaoxdofiog. confer. p. 207 91 et Urihel S. II. III : et, super Im. man. 2 antiqua alios M, Uriel man. 2 rec. in ras. T 93 et . . eius II. III : om. I 94 dormitio II. III 95 Urihel om. M, add. m, 2 T in partibus 5. 17: partis I, in eo qui dicitur Calvariae locus III 96 eius alio nemine 17: eius et nullis aliis 5. III, om. I. 3. 9 97 vestros. in III folgt ein langer Zusatz aus der Sage vom Kreuzholze : der auf das Grab gepflanzte Zweig wächst zum hohen Baume, der einst von Salomos Jägern gefunden wird; reich geschmückt wird der Stamm im Tempel aufgestellt; als aber die Königin von Saba ver- kündet, an ihm werde Einer sterben , der das Reich der Juden vernichten werde , da wird er in die piscina probatica geworfen, wo er die Heilungen verursacht. Später stirbt an ihm Christus auf dem Calvarienberge. 98 quod I. 17: postquam II. III 99 qui M. II: quas S. T qui . . sororibus om. III 100 sororibus 17: sorores I 1 quod I: postquam II. III 2 et ante dixit om. II. III.

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vestras generi vestro superinducet dominus noster iram iudicii sui pri- mum per aquam , secundum per ignem : his duobus iudicabit dominus 5 omne humanuni genus. Sed audite me, filii mei ! facite ergo tabulas 50 lapideas et alias tabulas luteas et scribite in his omnem vitam meam et patris vestri quae a nobis audistis et vidistis. si per aquam iudica- bit genus nostrum, tabulae de terra solventur et tabulae lapideae permane- bunt. si autem per ignem iudicabit genus nostrum, tabulae lapideae solven-

10 tur et de terra luteae decoquentur. haec omnia cum dixisset Eva filiis suis expandit manus in caelum orans et inclinans genua in terram et adorans dominum et gratias agens tradidit spiritum. Postea cum magno fletu 51 sepelierunt eam omnes filii eius. cum essent lugentes quattuor dies, tunc apparuit eis Michahel archangelus dicens ad Seth : homo dei, ne

15 amplius lugeas mortuos tuos quam sex dies quia septimo die signum resurrectionis est futuri seculi requies, et in die septimo requievit do- minus ab omnibus operibus suis, tunc Seth fecit tabulas.

3 et generis vestri peccata 9. 3 , generi vestro peccatum 17 superinducet III: inducet II superinduxit peccatum I iram iudicii sui II. III: in iudicio suo I 4 in his IL III 5 humanuni om. I Josephus Antiquit. 1, 2, 3 fvergl. oben p. 202) vneQ de xov (trj 6iacpvyeit> xoig dv&Q(önovg xd evQrjfieva fxrjSe ngiv eig yvStaiv ek&elv tp&agijyca, nQoetgrjxoxog dcpaviafioy'Aödfxov xcöv oXcov eae- a&at xov tuev x«r' io~%vv nvpög xov exegov de xaxd ßictv xai nXrj&og vdaxog, oxri'kag ovo novr\<sd(ievoi, x^v fiiv ix nXivd-ov xr\v <}' k xeqav ix Xid-wv , dficpoxiQatg iveygaipav xd evqrjueva Iva xal xrjg nXiv- {fivrjg dcpaviaS-eiarig vno xrjg inoftßgiag y Xtd-ivr} [xeivaoa na^da^y /na&etv xolg dv9Q(6noig xd iyye- ypapfieva, SrjXoiaa xcti n'kiv&ivr\v in' avxtav dvaxeS-Tjvai' fxevei «51 a'jfßt tov öevpo xccxd yr\v xijv ZvQictäa. So stellt mein Freund Dr. Ben. Niese den Text wieder her. Die Handschriften , in denen diese Partie des Josephus erhalten ist, sind schlechte, i'va xai schrieb Niese, die Handschriften haben IV ei xai, dann einige xai ov[xß[j xfjv rikiv&ivr\v dcpavia^rjvai. Ich möchte 6e nicht nach fxerei, sondern nach 6rfrovaa setzen und, wie schon Voss und Fabricius, vor drjX. stark interpungiren. Statt avgidda haben andere codd. aiQiu6a. Die Stelle des Synkellos über Manetho siehe oben p. 202 5 Sed . . 8 genus om. 17 6 lapideas de petra 3. 5 luteas de terra 3. 5. 9. 4. (et per ignem compactas add, 3) 7 quae I. 9: quam 3. 5. III si 5. 9: sed I. 5. III 8 haec scripsi: om. I, tab. ille de terra lutea solu. et tab. lap. manent 9, et tabula illa de terra solvitur et tabule lapidee permanent 5, tabule lutee solv. et tab. lap. non solventur 17, tabule lap. non dissolvantur 3, et (tunc 4) tabula illa (lutea 4. 18) de terra (facta 4) solvitur et tabule lapidee permanebunt III 9 add, 9: si autem per ignem iudicabit dominus genus nostrum, tabule lapidee solventur et de terra lutee manent, add. 3: et tabule lutee per ignem decoquantur, ut cum dominus deus per ignem mundum iudicaverit, per- raaneant. 10 haec . . suis II. III: tunc Eva I 12 postquam factus est fietus magnus II. III fletu: festo I 13 Apok. § 43 iXa^aev iJft/«^ xw Zt,& . . it atf 'ig jpeQwv (*rj nevd tarne' t% 6e ißdopr, V/tipa xaxärtavaoy xai ei<pgdv&rixi in' airfi , öxt S* avxrj 6 Beog xai ol ayyekoi rjfielg evcpqaivo- fie&a fxexd xrjg 6txai'ag tpv/ijg xr]g fzexaaxdarig dnö ttjg yr]g. lugeas . . tuos I. 3: lugeatis . . vestros 5. 9. 17. III 15 signum om. 5. III 16 fort, septimus dies cum 3. 17. 2. 15. 18 scribendum et

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[Addunt Codices 3. 5. 9. 17. Jean fere haec: Tunc Seth fecit (duas 9) tabulas 51a lapideas et (duas 9) luteas (et composuit apices literarum 3. 5) et scripsit in eis vitarn patris sui Adae et matris suae Evae quam ab eis audivit et oculis suis vidit et posuit tabulas in medio domus patris sui in oratorio ubi orabat dominum, et post diluvium a multis videbantur hominibus tabulae illae scriptae (lapides illi scripti 3. 5) et a nemine legebantur. Salomon autem sapiens vidit scripturam et deprecatus est 51b dominum et apparuit ei angelus domini dicens: ego sum qui tenui manum Seth, ut scriberet cum digito suo (ferreo digito 5, ferreo stilo 3) lapides istos, et eris sciens scripturam, ut cognoscas et intelligas (ubi sint) quid contineant lapides isti omnes et ubi fuerit Oratorium, ubi Adam et Eva adorabant dominum deum. et oportet te ibi aedificare templum domini id est domum orationis. Tunc Salomon supplevit tem- 51c plum domini dei et vocavit literas illas achiliacas (ävvhaxdg = ä%eiQ07TOuqTOvg'?) hoc est sine verborum doctrina scriptas (9 ; achilicas quod est latine lapideas id est sine labiis doctrina scripta 17, achiliacas quod est latine sillabicas hoc est sine librorum doctrina scriptas 5, archilaykas . . that is to sayn withoute travaylle and withouten wit saunfayle Gant.), digito Seth, tenens manum eius angelus domini. et in ipsis 51d lapidibus inventum est, quod prophetavit septimus ab Adam Enoch dicens ante di- luvium de adventu Christi: ecce veniet dominus in sanctis suis (17, in sanctis tnili- bus suis 9, in milibus suis 3, in sanctis nubibus suis 5) facere iudicium de omnibus et arguere impios de omnibus operibus suis quibus locuti sunt de eo peccatores et impii murmuratores et irreligiosi qui secundum concupiscentias suas ingrediuntur et os eoruin locutum est superbiam.]

requies cum 3. 17. 18 omittendum est 17 omni opere suo 3. 5. 17. III opere suo. Octavus vero dies futurae et aeternae beatitudinis est, in qua omnes sancti cum ipso Creatore et salvatore simul cum anima et corpore nunquam de cetero morituri regnabunt per infinita secula seculorum. Amen. III-

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Incipit vita Ade et Eve.*)

Cum expulsi fuissent Adam et Eva de paradiso, fecerunt sibi tabernaculum et fecerunt Septem dies lamentationem in magna tristitia. post Septem dies ceperunt esurire et qnerebant sibi escam ut manducarent, et non habebant. § 2. Et dixit Eva Adam : esurio, vade quere nobis escas usquequo esuriemus. utinam miserebitur nobis dominus deus et revocet nos in locum pristinum. Surgens vero Adam quesivit Septem dies sibi edulium, et non reperit. § 3. Et dixit Eva ad (et P) Adam: do- mine meus putasne fame deficiamus. utinam ego mortua fuissem. forte introduxisset te iterum in paradiso dominus deus quia propter me iratus est valde. ut quid non trucidas me? Respondit Adam : noli talia referre ut non iterum mittat maledictionem super nos. quomodo mittam manum meam in carne mea ? sed surgamus querere victum et non deficiamus. § 4. Et quesierunt Septem dies nilque invenerunt nisi tantum pastum animalium. dixitque Adam ad Evam (et Eva P): quid nobis referre queo. nobis angelica aderat vita. ut quid patravimus talia? sed iuste digne plangimus et veniam flagitemus. forsitan indulgeat dominus annuetque vivendi victum. § -5. Re- spondit (dens P) Eva: quomodo peniteamus et misereatur deus. verum tarnen pro posse nostrum agere debemus et ego maius debeo quia subduxi te. § 6. Dixitque Adam: nequis tantum penitere ut ego. ego peragam (pergam P) quadraginta diebus ieiunium. tu auteur sta in flumen Tigris super quandam rupim in limpham usque ad Collum, et tuo non procedat sermo de ore, quia hau digni sumus dominum flagi- tare, quia ex ore malum cummissimus inorme. ego in amne Jordanis quadraginta dies et tu triginta et tres in latice Tigris , quamquam hoc (?) altitonans miserebitur nobis. § 7. sicque gesserunt unanimiter. § 8. talique modo flens imfit Adam: tibi inquio Jordanis, luge super me et ea que in te sunt cundolent mecum, non se sed me, qui ipsi non egent sed ego. actutum Jordanis adstitit illumque cicumdedit cursumque non peregit. § 9. sicque transierunt dies decim et octo. tunc mille- formis satan transfiguravit se in claritatem angeli et ivit quo Eva in flumine Tigris aderat reperitque eam flantem. tunc ipse diabolus quasi condolendo dixit ei: tecio (cito?) egredere de aqua, noli lugere maius. audivit enim dominus gemitum vestrum vestramque suscepit lamentationem et nos omnes angeli unanimiter pro vobis suppli-

*) Aus der Pariser Handschrift 5327, siehe oben Seite 218.

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cantes. quapropter misit me vos de limpha etuterae (educere et?) alimenta pristina (elira. prit. P) reddere. exi ilico, sequere me. § 10. Haec audiens ipsa nimis cre- dula processit ex aqua earoque eius admodum tincta de frigore amnis. et post pusil- lum cecidit in faciem solo tenus. sicque erigens (eriens P) eam diabolus una carpserunt iter usque dum venientes quo Adam fuerat. actutum dum eam ipse prospiceret ex- clamans cum fletu inquid : 0 Eva ut quid patrasti talia ? quomodo iterum es seducta ? § 11. Haec audiens Eva recordata est antiqui facinoris et se iterum affore inlusa. cecidit in terram geminatusque est dolor eius, dicens : ve tibi diabole ut quid nos persequeris aut quid tibi fecimus (nescimus P?)? numquid tibi aliquid abstulimus, inimice impie invidiose ferox atrox facte crudelis. § 12. Tunc diabolus ingemescens ait: o Adam emule meus pro te alienatus sum a gloria quam abui. aderam angelus pulcherrimus et propter te factus sum diabolus teterrimus Respondit Adam: quid est noxa? § 13. Respondit demon : quando te creavit altitonans ad imaginem suam, iussit venerari caracterem suam omnes angelos. § 14. sicque me lacessans Michael infit: venerare immaginem dei. et ego respoudi: ut quid hoc fassus fuisti? nonne ego prior illo plasmatus sum ? ille pocius me debet venerari qui posterior me for- matus est. § 15. simili modo ceteri qui sub me aderant retulerunt; et dixit Michael: si non egeris , putasne irascetur tibi deus. et ego respondi : si irascitur , ponam sedem meam super astra coeli eroque similis altissimi. § 16. haec cogitans loquens- que extemplo expulsus sum a gloria cum omnibus meis causa tui. et idcirco circum- veni Evam fecique vos pariter expelli de paradiso. § 17. Haec audiens Adam pro- rumpensque ingenti fletu ait: domine deus meus, vita mea tuis sit in manibus. fac ut iste adversarius longe sit a nobis et nos tecum cum palma queainus ovantes cum immani tripudio regnare. Et statim evanuit ille protervus. Adam vero cepta per- ficiens iussit Evam reverti. § 18. tunc Eva luctuosa voce ait: senior meus, ut opinor, opituiante domino tibi concessa aderit venia, quia nee semel (semet P) nee demum ultroneus prevaricatus es, sed egomiserrima adeo (adero?) seducta haut custodiens mandatum dei. nunc ergo segregemur abinvicem et ibo ad occasum solis eroque ibi usque dum de hac migravero luce. Sicque callem carpsit lutuosam et venit flens et heiulans proeul ab Adam et fecit sibi edem exiguam et tres ibi degens menses. § 19. usque dum tempus eius pariendi appropinquaret. sicque magnis conturbari cepit doloribus precesque uberrimas fudit ad dominum dicens: miserere mei domine et adiuva me inormeque mihi annue sublementum. Et non exaudiebatur nee ullum circa eam aderat suffugium. et reversa in se ait : quis meam funget domino meo Adam legationem ? vel quis meus aderit gerulus ? no (?) flagito vos polorum luminaria, dum revertitis ad orientem domino meo Ade meas nuntiate afflictiones. § 20. Statim ut ferunt planctus venit ad protoplastum dixitque intra se: ne forte iterum faciet cumflictum serpens cum Eva. et cepit ire reperitque eam admodo merentem. ipsa vero intuita Adam ait : ex quo vidi te domine meus refrigerium meum sumpsit corpus doloribus. et modo obnixe subplico quatinus genutenus pro me depreceris altitronum. forsitan auribus pereipiet liberetque me de his diris doloribus. heu nequeo maius

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ferre. quid peragam? Motus his fletibus Adam flagitavit pro propria cerve (?) domi- num uxore. § 21. continuo duodecim accesserunt angeli et duo virtutes caeli stantes a dextris et a sinistris. et Michael archangelus propius stans tetigit eam , inquid : beata es Eva, quoniam magne preces Ade inorme tibi offerunt suffragium et ego missus snra ad te tibi adminiculum prestare pariesque prolem valde lucidum. Ipsa vero haec audieus surrexit peperitque ut ei relatum fuit. sicqne continuo cepit am- bulare iufans manibusque afferens holera deditque sue genitrici ( eis P). et vocatum est nomen eius Cain. § 22. Adam vero aeeipiens Evam et puerum perrexit ad orientem; dominus autem per Michaelem archangelum semen trausmisit Ade docens eum laborare tellurisque legere fruetum quatinus vivere quivissent ipse ac generationes post eum eunete. § 23. iterum coneipiens Eva peperit filium voeavitque eum Abel, degebantque una Cain et Abel in domo suorum (suum P) parentum. quadam vero nocte cum se Eva sopori dedisset, vidit per visum quasi sanguinem Abel de mani- bus Cain profiliere solo tenus et illico exspergefaeta suo retulit viro omnia que viderat ( ret P). sieque tale reppererunt consilium quatinus segregassent eos ab in- vicem. feceruntque agricolam de Cain et de Abel pastorem ovium. sieque demum Cain trueidavit suum manibus adelphum. C triginta aunorum erat Adam, quando inter- fecit Caiu Abel. § 24. Post unum vero annum cognovit Adam uxorem suam et genuit filium nuneupatusque est Set. dixitque Adam ad (et P) Evam: ecce dedit mihi deus prolem pro Abel, quem Cain oeeidit. Postquam genuit Adam Set, vixit annos DCCC et genuit filios XXX et filias XXX et multiplicati sunt super terram nimis in nationibus suis. § 25. voeavit itaque Adam filium Set dicens: postquam fili de paradiso sumus eiecti, venit ad me Michael archangelus et vidi currum tan- quam ventum flantem et rota illius erat ignea. raptusque fui in paradiso iustitiae et ibi vidi dominum meurn intollerabilis aspectum et multa milia angelorum circa eum. § 26. unde mihi videtur quod cito migraturus adero de hoc seculo. § 27. sieque convertens ad dominum dixit: ne proieias me domine redemptor mundi affacie tua quem de limo terre plasmasti. ne postponas quem nutristi gratia tua. et ecce verbum tuum incendit me et tu deus dixisti michi , quia diligis scientiam , propter hoc non tolletur semen tuum a terra usque in seculum. § 28. et ego cum a te haec melli- flua audiens verba prostratus corrui ad umum et adoravi te deus dicens : tu es deus aeternus et summus (somnus P) et omnes creaturae tibi dant honorem et laudem. tu es super omne lumen lux vera. incomprehensibilis maiestas virtus vivens. tibi dant honorem omnes angelicae virtutes quia tu es misericors et pius super humanum genus per secula seculorum. amen § 29. et postquam oravi ad te domine, statim misisti Michaelem archangelum mecum adprehendensque manum meam eiecit me de paradiso quo raptus fui virgamque quam in manu gestabat elevans tetigit aquas que erant circa paradisum et ita gelaverunt ut super eas ops (ipse?) pertransivi et Michael mecum reducensque me in locum unde me sumpsit. sieque revertens ad filium suum ait: aut in me (audi me), Sed fili mi, cetera misteria admodum archana sacramenta que futura sunt mihi reserata et non nulla cognovi quomedens de ligno scientiae.

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§ 29 a quoniam prevaricatum istud aderit seculum et ea que facta fnerint delebuntur sive per ignem sive per aquam excepto quos deus reservabit. sicque demum de paucis orbs replebitur. 29 b. et sie edificabunt domum dei servientque eum ut dignum aderit. siquidem iterum refrigescet Caritas superhabimdabit iniquitas. 29 c. tunc veniet amantissimus dominus degens in terris cum hominibus. sieque impii derelin- quent preeeptum dei et amittent sententiam eius. 29 d. propterea repellet deus a se impios et iusti coram eo fulgebunt ut sol. purificabuntur per aquam a peccatis eorum. et felix aderit homo qui prius correxerit animam suam quam veniet magni dei iudicium, quia reddituri sunt de factis propriis rationem. § 30. Iterum dixit Adam : congregentur coram me omnes filii mei et benedicam eis , antequam moriar Et congregati sunt in tres partes ante conspectum eius dixeruntque una voce : quid tibi contigit genetor ? ut quid tamdiu in thoro recumbis ? Dixitque Adam : compes- site filii mei, quia diris torqueor (torqueo P) doloribus. Et dixerunt omnes una voce : quid est hoc pater ? § 31. Tunc filius eius Sed dixit: ut reor pater cupis de fruetu vesci paradisi. si vis mittam pulvere in capite meo proieiamque me ante ianuas para- dissi solotenus et plangam lamentacione ingenti. forsitan exaudiet deus et transmittet tibi (te P) per angelum de fruetu quo gestis. Responditque Adam : noli haec narrare, quia non coneupisco hec que hastruis, sed infirmor doloribusque sum fultus. Respon- ditque Sed: quid est hoc pater, noli latere. flagito ediscere quid sit dolor. § 32. Et respondit Adam: audi me fili mi, quaudo fecit nos deus, me et Evam, dedit nobis potestatem fruetus edendi (aäd. de) arboribus excepto de arbore scientiae boni et mali. deditque mihi partem orientis vestreque genitrici partem oeeidentis. § 33. et dedit nobis dominus deus angelos duos ad nos custodiendos. venit ora, ut ascen- derent angeli coram domino. statim ut nos repperit solitarios hostis noster seduxit matrem vestram fecitque eam comedere de ligno prohibito. et comedit ipsa et dedit mihi. § 34. repente iratus est dominus dixitque mihi : quoniam dereliquisti man- datum meum et verbum meum quod statui tibi non custodisti , ecce inducam in corpore tuo LXXX piagas diversis doloribus ab initio capitis et oeculorum et aurium usque ungulas pedum et per singula membra torquimini. § 35. Haec dicens Adam positus in doloribus cepit gemere Aevaque flere dicens : ut quid ad te haec dolores accesserunt, quia ego peceavi tequesosubduxi . . haec (teque subduxi? non haec?) super te sed super me debuisset venire.

§. 36. et dixit ad eam Adam: perge cum filio meo Sed ad portas paradisi et mittite puluerem in capite vestro, ante conspectum domini prosternite uos. Forsitan miserebitur nobis et transmittet mihi per angelum de arbore misericordiae , de qua currit oleum vite ut ex ipso unguatis me paululum ut quiescam ab is diris flagris ex quibus oppido consumor. § 87. His auditis habierunt Sed et Eva, quo iussit Adam cumque properassent ad ianuam paradisi, subito festinans callidus serpens cum impetu morsit Sed dixitque Sed : ut quid tarn dire me lacerasti ? pro dolo (dolor ?) qui tibi ..iessi (quid t. gessi ?) Haec audiens Eua flens et eiulans ait : heu miseram me, quia non custodivimus praeeeptum domini, ideirco nobis talia eveniunt. Et versa,

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ad serpentem iufit : o cruenta bestia fallax et maledicta, quare non metuisti dentes mittere in imaginem dei? et quomodo ausus es pugnare cum homine ? de (homine dei ?) quali modo tui in eum prevaluerunt dentes^? § 38. Respondit serpens umaua voce ut ferunt fissisci (physici?): o Eva, inque mihi, quomodo apertum est os tuum ut manducares de fructu, quo precepit dominus ne commederes: nunc autem nequis loqui contra nie? § 39. Tunc Sed ait : obmutesse serpens atrox contumax, increpet te deus, recede ab rmagine dei usque dum dominus iusserit ad probationem te per- ducere. Responditque serpens : ego abibo ut. asseris, sed tu dentibus sauciatus repe- dabis (repet. P.) § 40. Sicqne Eva et Sed pervenerunt ante portas paradisi as- persi pulvere prostraverunt se ad humum cum ingenti gemitu flagitantes de oleo miseri- cordiae. § 41. orantibus autem eis diu ecce archangelus Michael eis apparens dixit: ego missus sum a domino et ego constitutus super genus humanuni prepositusque paradisi. tibi dico Sed homo dei, noli lacrimare orando et deprecando propter oleum ligni misercordiae , ut perunguas patrem tuum Adam pre doloribus corporis sui. § 42. dico enim quia nunc nullummodo poteris ex eo accipere non novissimis diebus quando cumpleti fuerunt quinque milia quingenti anni. tunc ueniet, super terram amatissimus Christus dei filius resuscitare corpus Adae et cum eo resuscitare Cor- pora mortuorum, et ipse Christus filius dei veniens baptizabitur in flumine Jordanis. dum egressus fuerit de aqua Jordanis tunc olmim miserieordiae sue perunguet omnes credentes in se. et erit oleum miserieordiae in generatione et generationem que renas- censi sunt ex aqua et spiritu saneto in vitam aeternam. tunc descendit in terris ama- tissimus Christus dei filius. introducet patrem tuum Adam in paradiso ad arborem miserieordiae suae. § 43. tu autem Sed vade ad patrem tuum Adam, quoniam com- pletum est tempus vite eius. adhuc sex dies et exiet anima eius de corpore, videbis mirabilia magna in caelo et in terra et in luminaria celi. Haec dicens Michael sta- tin! discessit a Seth. et reversi sunt Eva et Sed. attulerunt autem secum odora- menta hoc est nardum et crocum et calimite et cenamum. § 44 et cum perve- nisset Sed, et mater eius ad Adam, dixerunt ei quia bestia serpens morserat Sed. et dixit Adam ad Evam : ut quid hoc patrasti flagicium? omnes generationes que post nos aderunt maledicent nos dicentes: quoniam hec mala intulerunt super nos parentes nostri qui fuerunt ab initio. Haec audiens Eva admodum ingemessens suspiria dabat. § 45. et sicut predixerat Michael archangelus, post sex dies venit obitus Adae. haec presciens Adam videlicet tempus migrandi dixit ad filios suos: ecce sum annorum DCCCCXXXI. scio quia moriar. sepelite me in agrum abitationis dei. Haec dicens tradidit spiritum. § 46. sieque sol et In na et stellae per dies septem non dederunt lucem sicuti prius. Sed vero amplexans corpus patris sui et Eva lugentes pariter cum omnibus filiis suis , et ecce Michael archangelus apparuit stans ad caput Adae et dixit: surge Sed de corpore patris tui et veni ad me videasque quid de eo disposuit dominus quia misertus est ei. § 47. Et ecce angeli canentes tubas dixe- runt : benedictus es domine , quia misertus es tue facture. Statim contemplatus est manum domini extensam tenentem dexteram Adae tradensque Michaeli dicens : sit Abh. d. I. Cl. d k. Ak. d. Wiss. Bd. XIV. III. Abth. 34

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in custodia tua usque in novissimis temporibus in quibus eius luctura convertam in gaudium. tunc sedebit in sedes sui hostis, unde cecidit. § 48. Tunc Michael preci- piente domino tres sumens sindones et involuit corpora Adae et Abel, et processiones coram illis fecerunt angeli dei et sepelierunt Adam efHabel in paradisum. haec in- tnens Sed et raater eius aliusque nemo , et dixerunt ad eos Michael et Oriel : sicut coram vestris hoc peractum est opus obtutibus, simili modo perendie vestros sepelite mortuos. § 49. Post sex vero dies quod mortuus est Adam, cognoscens Eva appro- pinquare diem mortis suae, congregavit coram se omnes filios suos filiasque et dixit eis : audite me filii mei, que referam : postquam ego et pater vester transgressi su- mus preceptum domini dei, innotuit nobis Michael archangelus quod propter pre- varicationes nostras ei peccata generis nostri iudicabit dominus seculum bis, primum per aquam secundum per ignem , in his duobus iudicabit dominus omne hominum genus. § 50. sed audite me filii ; facite tabulas lapideas et facite tabulas de terra luteasque. et scribite in eis omnem vitam patris vestri que a nobis audistis et vidistis. si per aquam iudicium aderit , tabule de terra solvuntur et remanebunt lapideae. si autem per ignem , lapideae solvuntur et luteae quocuntur. Et cum haec dixisset Eva ait: gratias ago tibi domine, qui me dignatus es plasmare. Et flectens ienua orans ad dominum tradidit spiritum. § 51. tunc lugentes nati eius quod parentibus essent orbati, sepelierunt eam et fecerunt quatuor dies enorme luctum. tunc apparuit Michael archangelus Sed dicens: homo dei, ne amplius lugeatis mortuos vestros quam sex dies, quia septima dies signum resurrectionis futuri extat seculi et in die septimo requievit dominus ab omnibus operibus.

§ 51a. Tunc fecit duas tabulas Sed magnas lapideas et de terra luteas et in eas craxavit gesta genitoris sui et matris posuitque illas in oraculum patris sui. sic- que post diluvium lapidee remanserunt et a multis lecta fuerunt. § 51b. post di- luvium vero Salomon sapientissimus illas reperit deprecatusque est dominum ut per angelum illa scripta ei adessent reserata. itaque largiente domino apparuit ei angelus dei dicens: ego sum qui tenui manum Sed, quando has craxavit caracteres stilo ferreo in lapides. et ego reserabo te doceamque te ut valeas ea legere. Sicque patratum est et iussit, ut Oratorium quo Adam et Eva adorabant dominum reedificaret et fecisset ibi domum dei domumque orationis. § 51c. tunc Salomon inquoavit tem- plum dei, et vocavit literas illas achylieas quod est in latino inlabicas hoc est sine labore doctrina scriptas digito Sed tenens manum eius angelus domini. § 51 d. il- licque inventum est, que prophetaverat septimus ab Adam scilicet Enoch dicens ante diluvium de adventu domini nostri Jesu Christi : ecce veniet dominus cum sanctis suis facere iudicium, arguere impios, gaudere sanctos de omnibus operibus que fecerunt et que locuti fuerunt et de cogitationibus reddent rationem coram magno iudice. et qui se concupiscentiis huius mundi cummiscuntur et os illorum locuntur superbiam ibunt in orcum, iusti vero plaudentes in regnum caelorum. (Adam vero post quadra- ginta dies introivit in paradisum et Eva post octoginta et fuit Adam in paradisum annos septem et sub die moverunt omnem BESTIARUM) EXPL1CIT.

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BINDING SECT. OCT 9 !973

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