ABHANDLUNGEN

DKH PRKUSSISCHEN

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

PIIILOSOPHISCi I-HISTORISCHK KLASSE

ABHANDLUNGEN

DER PREUSSISCHEN

AKADEMIE DER WISSENS( HAFTE?;! ^

JAHRGANG 1919

PH ILOSOPHISCH-HISTORISCHE KLASSE

BERLIN 1919

VKHI.Ad \WM AKADKMIK DKH WIS.SKXSCIIAFTKN

IN KOMMISSION HKI DEK MKKINK.IN'I. WlS^KNSdlAtTMCIlKR \Klil.K(a-l{ \VAI.Ti;i! UV. l.HIVTKK 1 ( O,

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LIBRARY

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UNIVERSITY OF TORONTO

Inhalt

öffentliche Sitzungen S. vii- viu

\'erzeiclinis der im .lahre 1919 gelesenen Ahliandhiugen S. ix— xi\

Bericht über den Krtolg der Preisaiissclireibung fiir 1920 und über eine

neue Preisausschreibiuig S. w-xvii

Statut der Paui-Kieß-Stif'tutig S. wii- xix

Verzeichnis der im Jahre 1919 erfolgten besonderen (ieldbewilhgungeii aus akademischen Mitteln /.in- Ausführung wissensiliaftlieber Unfei--

nehmungen S. mx \\i

Ver/.eichnis der im .labi'e 1919 erschienenen im Auftrauf odei- mit l'nler-

stütznng der Akademie bearljeiteteii oder lieiausgegi'lienen Werke S. \\i \xii Veränderungen im I'ersonalstandc der Akademie im Laufe des .lalires 1919 S. xxm xx)\ Verzeichnis der Mitglieder der Akademie am Sclilusse des Jahres I9l9 nebst den Verzeicinn'sseM der Inhaber der Bividlev-. der Helmholtz- und der Leilmiz-Medaiile und der Beamten der Akademie, sowie der Kommissionen. .Sliflungs-Kuratorien usw S. xx\ xxxvii

A I) li an d I u n goii

Ni'. 1. SAeiiAl': Zur Ausbreituni; de^ ( liriNteiilums in Asien . . , S. I -Sil

2. r.\Niii.: Bonifatinsfrageii S. 1 11

;>. A. VON I.K (' ixy. I'üi'kische Manieliaiea aus ( 'hi)ls('liii. II. (.Mit

■2 Tafeln) .^..1 1.')

4. Sri mpf: Spinozastiitlien .... S. 1—57

5. B.ANii: Vom Köktürkiselien zum < Ismanisehen. X'orarbeileii

zu einer vergleichenden (irammatik des 1 i'u-ki.schen. "J. und

3. Mitteilunu S. I 7!i

(!. Bhkssi..*!': .\us der ersten /eil t[es gioLien ahendliiridiseheii

Schismas. (.Mit 1 lafel) .S. 1 3:.'

7. K. Mevek: Biiichstüeke der älteren l.yrik Irlands, lüster Teil .^. I -7'J •S. Krdmann: Berkelevs I'hilos()|)liie im Lieble seines wissen- schaftlichen Tagebuchs S. 1 LJ-i

9. K. Mevkr: Die (iemeinde des neuen Itiindes im Lamlr Dnmas-

kus. Kine jüdi.sche .Sclnifl aus der .■^^eleukiden/eii . . . S. I - (JH

" 10. .'NAriiAr: Vom Klosterbiicli des Sabiisti S. 1 4:'>

- 11. i)E(iRiior: I)er'rhn|)a. das lieiliüste lleiliütum iles liiiildhismus

in «"hina. (Mit 0 Tafeln) S. i— Vtt;

1*2. DiKrs uikI K. Scmra.mm: Kx/.erpte aus l'hiloiis Mechanik

B.VII un<l \'III |v ulüo fÜMfles l'.urbl. f ! rieeliisch unil Deutseli S. 1 ,S4

JAHR 1919.

öffentliche Sitzungen.

Sitzung am 'Ili. Januar zur Feior des Jahrestages König Friedriclis 11. Der an diesem Tage Vorsitzende Sekretär Ilr. Koctlie eröflnete die Sitzung mit einer Anspraclie. Daravif erstatlete Hr. Krnian einen eingehen- deren Bericht über das akademische Unternehmen des Wörterhuclis der ägy]>- tischen Sprache und Ilr. von Walde yer-IIartz üher die Anthropolden- station auf Teneriffa. Es folgte der wissenschaftliche Festvorti-ag von Hrn. Rubner: Der Aufbau der deutschen Volkskraft und die Wissenscliaften. Weiter machte der Vorsitzende Mitteilung \on den seit dem Friedrichs- Tage 19l!S in der Akademie eingetrelenen Personalveränderungen, gab einen kurzen Jahresbericht nnd verkündigte znm Schlüsse, daß die Akademie die Helmholtz-Medaille dem ordentlichen Professor an der 1 iiiversität München, Wirkl. (Teil. Rat von Röntgen verliehen habe.

Sitzung am i{. Juli /.ni' l'cicr do I.rihnizisehen .la iii estages.

Hr. Planck, als Vorsitzender Srkrcrai'. (■rr)rtn('te die Sitzung mit cinci- An.sprache.

Darauf hielten die .seit dem letzten I.eihniz- 1 agc (4. .luii lUlS) neu eingetretenen Mitglieder ihre Anti-ittsredeii. die von <len beständigen Se- kretaren beantwortet wurden, nämlich ilie HH. Fiek. Krwiderung von Hrn. von Waldeyer-Hartz (i. Müller, Krwiderung \<in Hrn. Planck

Heider und Kükenthal. Krwidernng von Hrn. v(»n Waldeyer-Hartz Erh. Schmidt und fara t lirndory , Krwidcinng von Hrn. Planck. Daran schloß sicli die (Jedäclitnisrcdc auf Simon Sc h wendcnei- von Hrn. Ha berlandt.

Sodann wurden .Alitteilnngen geniai-lit über die Prciserteilung fiir die Akademische Prei.saufgaiie für das von Mihiszew.skysche Legat, über den Preis der (Jraf-Loub;it-.*^tit'tunii Inr 11I"JI a\is dcni (.rliicte der .Amerikanistik.

Vlll

über die Stiftung zur Förderunji' der Sinologie, über die Stiftung zur För- derung der kirclien- und religionsgeschichtlichen Studien und über das Stipendium der Eduard-Gerhard-Stiftung.

Schließlich wurd*" verkündigt, daß die Akademie die Leibniz-Medaille in Silber den HH. K. Debes in Leipzig, ('. Dorn in Davos, Johannes Kirchner in Berlin -Wilmersdorf, Edmund von Lippmann in Halle a.'S., Frhrn. von Schrötter in Berlin -Wilmersdorf und Otto Wolff in Berlin und die Leibniz-Medaille in Gold dem (iouverneur von Deutsch-Ostafrika. Hrn. Dr. Heinrich Schnee, verliehen habe.

IX

Verzeichnis der im Jahre 1919 gelesenen Abhandlungen.

Physik und Chemie.

Lande, Dr. A., Elektroiien})ahneii im Polyederverband. Vorgelegt von Planck. (GS. 9. Jan.; SB. 30. Jan.)

N ernst. Einige Folgerungen aus der sogenannten Entartungstheorie der Gase. (GS. 13. Febr.: Sli.)

Liebisch und Rubens, über die ojjtischen Eigenschaften einiger Kristalle im langwelligen ultraroten Spektrum. 1. Mitteilung. (Kl. 20. März; SB.)

Einstein, über die Frage: Spielen Gravitationsfelder im Aufbau der ma- teriellen Elementarteilchen eine wesentliche Rolle? (GS. 10. April; SB.)

Beckmann, über Signalvorrichtungen, welche gestatten, in unauffälliger Weise Nachrichten oi)tisch zu übermitteln. (Kl. 8. Mai.)

Beckmann, Sicherungen der Atmungsorgane gegenüber schädlichen Bei- mischungen in der Luft. (Kl. S. Mai.)

FÜnstein, über eine Veranscliaiüichung der Verhältnisse im sphärischen Kaum. (GS. 1.'). Mai.)

Einstein, über die Feldgleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie vom Standpunkte des kosmologischen Problems und des Problems der Konstitution der Materie. (GS. 15. Mai.)

Haber, Beitrag zur Kenntnis der Metalle. (Kl. 22. Mai: SB. 10. Juni.)

Planck, über die Dissoziationswärme des Wasserstoffs nach dem Bohr- Debyeschen Modell. (GS. 3(t. Okt.; .S7/. 27. Nov.)

Born, Prof. Dr. M., und Stein, Dr. 0., über die Obertlächenenergie der Kristalle und ihren Einfluß auf die Kristallgestalt. Vorgelegt von Einstein. (GS. 13. Nov.; SB. 27. Nov.).

Grommer, Dr. Jacob, Beitrag zum Energiesatz in der allgemeinen Rela- tivitätstheorie. V^orgelegt von Einstein. (GS. 13. Nov.; SB.)

Warburg, über den Energieumsatz bei photochemischen Vorgängen. IX. (Kl. 20. Nov.: SB. 4. Dez.)

Liebisch und Riibens, über die optischen Eigenschaften einiger Kristalle im langwelligen ultraroten Spektrum. 2. Mitteilung. (GS. 27. Nov. : SB.)

Haber, zweiter Beitrag zur Kenntnis der Metalle. (GS. 27. Nov.; SB. 1 1 . Dez.)

Mineralogie und Geologie.

Liebisch, über die Dispersion doppeltbrechender Kristalle im ultraroten Spektralgebiete. (Kl. 3. April.)

Botanik und Zoologie.

Haberlandt, zur Physiologie der Zellteilung. Dritte Mitteilung: Über

Zellteilungen nach Plasmolyse. (GS. 10. April; SB.) Correns, über Vererbungsversuche mit buntblättrigen Sippen. I. Capsella

Bursa pastoris chlorina und albovariabilis. (Kl. IS). Juni; SB. 10. Juli.) Heider, über die morphologische Ableitung des Echinodermenstammes.

(GS. 26. Juni.) Haberlandt, Zur Physiologie der Zellteilung. Vierte Mitteilung: Über

Zellteilungen in Elodea-Blättern. (Kl. 24. Juli; SB. 31. Juli.) Gorrens, Vererbungsversuche mit buntblättrigen Sippen. II. Vier neue

Typen ])unter Periklinalchimären. (Kl. 23. Okt.; SB. 6. Nov.) Haberlandt, über Zellteilung nach Plasmolyse. (Kl. 6. Nov.)

Anatomie und Physiologie, Pathologie.

Orth, über die ursächliche Begutachtmig von Unfallfolgen. (Kl. 20. Febr.) Orth, über Traumen und Nierenerkrankungen. (Kl. 6. März; SB. 20. März.) Fick, über die Entwicklung der Gelenkforra. (GS. 31. Juli.)

Astronomie, Geographie und Geophysik.

Struve, über die Masse der Ringe von Saturn. (Kl. 6. Febr.) Penck, über die Gipfeltlur der Alpen. (GS. 13. März; SB. 27. März.) Schweydar, Prof. Dr., zur P>rklärung der Bewegung der Rotationspole

der Erde. Vorgelegt von Struve. (Kl. 3. April; SB. 10. April.) Hellmann, über die Bewegung der Luft in den untersten Schichten der

Atmosphäre. (Dritte Abteilung.) (Kl. 24. April; SB.) Hellmann, neue Untersuchungen über Regenverhältnisse von Deutschland.

(Erste Mitteilung.) (Kl. 24. April; SB.) Einstein, Bemerkung über ])eriodische Schwankvnigen der Mondlänge,

welche bisher nach der Newtonschen Mechanik nicht erklärbar schienen.

(Kl. 24. April; SB.)

XI

G. Müller, über die Klassifizierung der Fixsternspektren, über ihre Ver- teilung am Himmel und über den Zusammenhang zwischen Spektral- typus, Farbe, Eigenbewegung und Helligkeit der Sterne. (Kl. 24. Juli.)

von Brunn, Prof. Dr. A., zu Hrn. Einsteins Bemerkung über die ujiregel- mäßigen 'Schwankungen der Mondlänge von der genälierten Periode des Umlaufs der Mondknoten. Vorgelegt von Struve. (Kl. 24. Juli; SB.)

Einstein, Bemerkung zu vorstehender Notiz. (Kl. 24. Juli; SB.)

Struve, über die Bestimmung der Massen von Jupiter und Saturn. (Kl. 18. Dez.)

Mathematik.

Schottky, über ürenzfalle von Klassenfunktionen, die zu ebenen Gebieten

mit kreisförmigen Rändern gehören. (Kl. Ki. Jan.) Caratheodory, über den Wiederkehrsatz von Poincare. (Kl. 10. Juli: SB.) Schottky, Thetafunktionen vom Gesclileclite 4. (GS. 11. Dez.)

Mechanik.

Müller-Breslau, über Versuelie zur P'rforschung der elastisclien Eigen- schaften der Flugzeugholme. (Kl. 4. Dez.)

Philosophie.

Erdmann, über Berkeleys Philo.sophie im Lielite seines wissenschaftlichen Tagebuchs. (Kl. 19. Juni: AM.)

Prähistorie. Schuchhardt, über germaniselie und slawische Ausgrabungen. (Kl. (5. Nov.)

Geschichte des Altertums.

Schäfer, Prof. Dr. Heinrich, über die Anfänge der Reformation Anie- nophis' IV. Vorgelegt von Krman. (Kl. 8. Mai; SB. 1'). Mai.)

Norden, der Rheinübergang der Kimbern und die (ieschichte eines kel- tischen Kastells in der Schweiz. (GS. 5. .luni.)

Hiller von Gaertringen, voreuklidische Steine. Vorgelegt von von Wi- lamowitz-Moellendorff. (Kl. Kl. Juli: SB. 24. .luli.)

Xll

K. Meyer, die (lemeinde des neuen Bundes im Lande Damaskus, eine jüdische Schrift aus der Seleukidenzeit. (Kl. 24. Juli: Abh.)

von Wilamowitz-Moellendorff, das Bündnis zwischen Sparta und Athen 421 (Thukydides V.). (Kl. 4. Dez.; SB.)

Mittlere und neuere Geschichte.

Schäfer, über neue Karten zur Verteilung des deutschen und [)olnischen Volkstums an unserer Ostgrenze. (Kl. 16. Jan.)

Tan gl, Bonifatiusfragen. (Kl. 3. April; Ahh.)

Bresslau, aus der ersten Zeit des großen abendländischen Schismas. (GS. 5. Juni: Abh.)

Meinecke, über die Lehre von den Interessen der Staaten, die neben und unabhängig von der allgemeinen Staatslehre im 17. und 18. Jahrhundert geblüht hat und als Vorstufe moderner Geschichtsauffassung von Be- deutung ist. (^GS. IH. Nov.)

Kehr, das Erzbistum Magdeburg und die erste Organisation der christ- lichen Kirche in Polen. (Kl. 20. Nov.; Abh.)

Tangl, über die Deliberatio Innocenz' III. (Kl. 18. Dez.; SB.)

Kirch engeschichte.

Ho 11. zur Auslegung des 2. Artikels des sog. apostolischen Symbols. (GS.

1). Jan.; SB.) E. Meyer, über das Marcusevangelium und .seine Quellen. (GS. 30. Jan.) S ach au, zur Ausbreitung des Christentums in Asien. (GS. 30. Jan.; Abh.) von Harnack, zur Abhandlung des Hrn. Holl : «Zur Auslegung des 2. Ar- tikels des sog. apostolischen (Glaubensbekenntnisses«. (Kl. 9. Febr.; SB.) Lietzmann, Prof. D. Hans, die Urform des apostolischen Glaubensbekennt- nisses. Vorgelegt von Holl. (GS. 13. März: SB. '11. März.) S ach au, über syrische und arabische Literatur, welche sich auf die Klöster

des christlichen Orients bezieht. (Kl. 22. Mai; Abh.) K. Müller, kritische Beiträge 1. und 11. (GS. ."). Juni; SB. 17. Juli.) von Harnack, über 1. Korinth. 14, 32ft'. und Rom. 16, 2öff. nach der ältesten Überlieferung und der Marcionitischen Bibel. (Kl. 19. Juni: N/y. 2(). Juni.) Moll, ülierdie Entwicklung von Luthers sittlichen Anschauiuigen. (Kl. 23. Okt.)

Xlll

Rechts- und Staatswissenschaft.

Seckel, die Haftung des Sachschuldners mit der geschuldeten Sache (prae- cise teneri) im römischen Recht und nach der Lehre der mittelalter- lichen Legisten. (Kl. 8. Mai.)

Stutz, die Cistercienser wider Gratians Dekret. (Kl. 10. Juli.)

Sering, über die Preisrevolution seit dem Ausbruch des Krieges. (GS. 17. Juli; Abh.)

Heymann, über die Geschichte des Mäklerrechts. (Kl. 4. Dez.)

Allgemeine, deutsche und andere neuere Philologie.

K. Meyer, ein mittelirisclies Lohgedicht auf die Ui Echach von Ulster. (Kl. 16. Jan.; SB. 30. Jan.)

Urtel, Prof. Dr. H., zur baskischen Onomatopoesis. Vorgelegt von W. Schulze. (Kl. 16. Jan.; SB. 6. März.)

W. Schulze, Tag und Nacht in den indogermanischen Sprachen. (Kl. 6. Febr.)

Brandl, über die Vorgeschichte der Schicksalsschwestern in Macbeth. (Kl. 20. Febr.)

Heusler, über altntjrdische Dichtung und Prosa von Jtmg Sigurd. (Kl. 6. März; SB. 20. März.)

K. Meyer, ülier Cormacs Glossar nach der Handschrift des Buches der Ui Maine. (Kl. 20. März: SB. 3. April.)

Lewy, Dr. Ernst, einige Wohllautsregeln des Tscheremissischen. Vor- gelegt von W. .Schulze. (Kl. ii. April; SB. S. Mai.)

Rogge, Dr. Helmuth, die Urschrift von Adalbert von Chamissos Peter Schlemihl. Vorgelegt von Roethe. ((iS. in. April: SB. 80. Ain-il.)

K. Meyer, zur keltischen Wortkunde IX, über einige kelti.sche Orts- luul Völkernamen. (Kl. 24. April: SB.)

Jacol)Sohn, Prof Dr. H., das Namensystem bei den Osttscheremissen. Vor- gelegt von W. .Schulze. (Kl. S. Mai: SIL 15. Mai.)

K. Meyer, über den irischen Totengott luid die Toteninsel. (Kl. li». Juni: SB. 2(5. Juni.)

K. Meyer, Sammlung von Bruchstücken der älteren Lyrik Irlands mit Übersetzung. I.Teil. (Kl. 1 0. Juli. : /UV/.)

Schuchardt, Hugo, Sprachursprung I. (GS. 17. Juli: N//. ."U . Juli.)

Schuchardt. Hugo. Spraehursprung II. (GS. HO. Okt.; .S7^. 1 H. Nov.)

XIV

Klassische Philologie.

Degering, Prof. Dr. H., über ein Bruchstück einer Plautushandschrift des 4. Jahrhunderts. Erster Teil: Beschreibung der Hs. Vorgelegt von Norden. (Kl. 8. Mai; SB. 15. Mai.)

Degering, Prof. Dr. H., über ein Bruchstück einer Plautushandschrift des 4. Jahrhunderts. Zweiter Teil: Überlieferungsgeschichtliclies. Vor- gelegt von Norden. (GS. 15. Mai; SB. 5. Juni.)

Diels und Dr, E. Schramm, Exzerpte aus Philons Mechanik Buch VII und VIII, griechisch und deutsch. (Kl. 2H. Okt.; Abh.)

Kunstwissenschaft und Archäologie.

Schuchhardt, über skythische imd germanische Tierornamentik. (GS.

30. April.) Goldschmidt, mittelbyzantinische Plastik. (Kl. 24. Juli.)

Orientalische Philologie. F. W. K. Müller, über koreanische Lieder. (GS. 27. Febr.) Jensen, Prof. Dr. P., indische Zaldwörter in keilschrifthittitischen Texten.

Vorgelegt von W. Schulze. (Kl. (>. März; SB. 10. April.) Lüders, über Asvaghosas Kalpanämandinikä. (GS. 27. März.) Bang-Kaup, vom Köktürkischen zum Osmanischen. 2. und 3. Mitteilung.

(GS. 27. März; Abh.) Erman, über die Mahnworte eines ägyptischen Propheten. (Kl. 3. April:

SB. 30. Okt.). von Le Coq, Prof. Dr. A., türkische Manichaica aus Chotscho IL Vorgelegt

von F. W. K. Müller. (GS. 30. April; Abh.) De Groot, über die Pagoden in China, die vornehmsten Heiligtümer der

Mahajana-Kirclie. (Kl. 22. Mai; Abh.) Jensen, Prof. Dr. P., Erschließung der aramäischen Inschriften von Assur

und Hatra. Vorgelegt von Eduard Meyer. (Kl. (5. Nov.; SB. 12. Dez.) Forrer, Dr. Emil, die acht Spraclien der Boghazköi-Inschriften. Vorgelegt

von Eduard Meyer. (Kl. 4. Dez.; SB. 18. Dez.)

Amerikanistik.

Sei er, über szenische Darstellungen auf alten amerikanischen Mosaiken. (Kl. 20. März.)

XV

Bericht über den Erfolg der Preisausschreibungen für 1920 und neue

Preisausschreibungen.

Preisaufgaben aus dem von Miloszewskyschen Legat.

Die 1915 aus dem von Miloszewskyschen Legat zum zweiten Male, damals mit dreijähriger Frist gestellte Preisaufgabe »Geschichte des theo- retischen Kausalproblems seit Descartes und Hobbes« hat 2 Bearbeitungen gefunden .

Die eine, imgemein umfangreiche, auch »die vorhergehenden Kausal- theorien« umfassende Arbeit mit dem Motto: »O-t-AeN rirNexAi £k toy mh ÖNToc« verdient Anerkennung des für sie aufgewandten Fleißes. Leider aber ist es ihrem Verfasser so wenig wie dem Bearbeiter des Problems vom Jahre 1915 gelungen, dem philosophischen Gehalt der Aufgabe ge- recht zu werden. Er begnügt sich mit einer zum Teil aus veralteten se- kundären Quellen geschöpften, an Zitaten überreichen, kaum irgendwo um das Problem konzentrierten, vielfach weit abschweifenden Darstellung. Nur da, wo physikalisch-mathematische Kausalfragen in Betracht kommen, be- kundet sich ein selbständigeres, hin und wieder auch über Landläufiges hinausgehendes Wissen und Urteil. In die Idee des theoretische'« Kausal- problems, die Arten ihrer Entfaltung und die Richtung ihrer Entwicklung einzudringen, ist dem Verfasser nicht gelungen : am wenigsten da, wo sicli seine Darstellung der Problementwicklnng seit Kant nähert und diese zu verfolgen sucht. Es fehlt dem Verfasser an der philosophischen Vorbildung, welche allein die geforderte Untersuchung erfolgreich machen konnte. Die Akademie ist deshalb nicht in der Lage, dem Verfasser einen Preis zuzu- erkennen.

Einen wesentlich anderen ('harakter zeigt die zweite Preisarbeit mit dem Motto: »O't'a^n xphma mAthn riNexAi, äaaä hänta gk aötoy tg kai ■r-n' ANÄrKHC.« Was immer der Verfasser aus dem Gebiet der neueren Philosophie in den Bereich seiner spezielleren Untersuchung zieht, ist aus den ersten Quellen geschöpft, um die theoretischen Kausalprobleme konzentriert, selbständig durchdacht und in lichtvoller Darstellung wiedergegeben. Deutlich scheiden sich, abgesehen von der Einleitung über die Vorgeschichte des Problems, zwei Teile der Arbeit voneinander: die Entwicklung der Kausalprobleme , von Descartes bis Kant, und von Jvant bis Sigwart. Mehrfache Korrek- turen erfordert die Einleitung. Vortrefflich al)er ist die historische Entwick-

X\l

hing in der ersten Phase zu einem historischen Cianzen abgerundet, so daß kleinere Lücken, das Fehlen einer Skizze der Problemlage um den Anfang des 17. Jahrhunderts, speziell der kausalen Naturauffassung von Galilei und Kepler, ferner von Crusius' Kritik des Leibnizischen Satzes vom Grunde sowie von Reids Begründung der Common sense-Lehre und ihrer Kritik durch Priestley, ebensowenig ernstlich stören wie kleinere, leicht ausmerz- bare Einzelverfehlungen. Weniger gelungen ist die Darstellung der zweiten Entwicklungsphase. Auch wenn zugestanden wird, daß uns zur unbe- fangenen historischen Würdigung der Problementwicklung im 19. Jahrhundert noch die rechte historische Distanz fehlt, hätte der Verfasser zu einem volleren historischen Verständnis gelangen können, wenn er die metaphy- sisch fundierte Rückbildung der Probleme in der spekulativen Philosophie von Fichte bis Hegel ähnlich eindringend behandelt hätte, wie die Fort- bildung bei Schopenhauer und Herbart, Comte, St. Mill, Feclmer und Lotze; und die Umbildungen durch Fries und Apelt sowie späterhin durch Her- bert Spencer niclit beiseite gelassen hätte. Dennoch bleibt so viel des Gelungenen, Eindringenden und Weiterfährenden, daß dem Verfasser der volle Preis in der Voraussetzung zuerkannt werden kann, er werde die erwähnten Mängel vor der Drucklegung in sorgsamer Darstellung beseitigen. Die Eröffnung des Umschlags mit dem Motto: »O'Y'AfeN xphma mäthn riNexAi, AAAA nÄNTA eK AÖroY xe kai vn' ANÄrKHc« ergab als Verfasser: Frau Else W entscher, Bonn a. Rh.

I*reis der Graf-LoubatStiftuny.

Nach dem Statute der von dem Grafen (später Herzog) Joseph Flori- mond de Loubat bei der Preußischen Akademie der Wissenschaften be- gründeten Preisstiftung soll alle fünf Jahre durch die Akademie ein Preis ^on HOOO Mark an diejenige gedruckte Schrift aus dem Gebiete der ameri- kanistischen Studien erteilt werden, die unter den der Akademie einge- sandten oder ihr anderweitig bekannt gewordenen als die beste sich erweist.

Die amerikanistischen Studien werden zum Zwecke dieser Preisbewer- bung in zwei Gruppen geteilt: die erste umfaßt die präkolumbische Alter- tumskunde von ganz Amerika; die zweite begreift die Geschichte von ganz Amerika, insbesondere dessen Kolonisation und die neuere Geschiclite bis zur Gegenwart. Die Bewerbung um den Preis und seine Zuerkennung be- schränkt sich jedesmal, und zwar abwechselnd, auf die eine dieser beiden

XVII

Gruppen und Schriften, die innerhalb der letzten zehn Jahre erschienen sind. Als Schriftsprache ist die deutsche und die holländische zugelassen. Die letzte Preiserteilung fand im Jahre 1916 statt und betraf eine Schrift über Volks- und Altertumskunde eines bestimmten Gebietes im nord- westlichen Mexiko. Die nächste Preiserteilung muß demnach im Jahre 1921 erfolgen, und zugelassen sind gedruckte Schriften über koloniale und neuere Geschichte von Amerika bis zur Gegenwart. Die Bewerbungsschriften müssen bis zum 1. März 1921 der Akademie eingereicht sein.

Paul-Rieß-Stiftung.

Statut vom 2. Okiober 1919.

Der am 18. f^bruar 1903 zu Berlin verstorbene Amtsgerichtsrat a. D. Dr. Paul Rieß hat der Akademie durch letztwillige Verfügung ein Kapital von 250(t00 3Iark vermacht zur Verwendung im Interesse der Chemie, Physik und Astronomie. Durch Allerhöchsten Erlaß vom 30. Januar 1905 ist der Akademie die landesherrliche Genehmigung zur Annahme dieser Zuwendung, vorbehaltlich der Abfindung von hilfsbedürftigen Verwandten des Erblassers, erteilt worden, und das Legat ist dann in dem durch diese Abfindungen auf 240000 Mark ermäßigten Betrage in ihren Besitz über- gegangen. In Wirksamkeit getreten ist die Stiftung jedoch erst seit dem am 1. April 1918 erfolgten Tode des Hrn. Paul Jüdel, welcher durch eine Bestimmung des Rießschen Testamentes als lebenslänglicher Nutznießer der Hinterlassenschaft eingesetzt worden war. Für die Verwaltung der Stiftung und die Verwendung ihrer Erträgnisse hat die Akademie mit Ge- nehmigung des vorgeordneten Ministeriums nachstehendes Statut festgestellt.

§ 1-

Die Stiftung, welche den Namen Paul-Rieß-Stiftung führt, ist nach

dem Wortlaut des Testamentes dazu bestimmt, die cliemischen, physikalischen

und astronomischen Wissenschaften zu fördern. Diesen Zweck wird die

Akademie zu verwirklichen suchen sowohl durch Unterstützung geplanter

XV m

aussichtsreicher wissenschaftUcher Unternehmungen als auch durch Krönung vorliegender ausgezeichneter Leistungen auf dem Gebiete der drei genannten Wissenschaften. Die Zuerteilung erfolgt jedes Jahr am Leibniztage der Akademie, für eine einzige oder auch für mehrere wissenschaftliche Arbeiten, in der Regel jährlich abwechselnd aus den Gebieten der Chemie. Physik und Astronomie.

§ 2. Das Kapitalvermögen der Stiftung, welches unangreifbar ist, wird ge- bildet aus dem Stammkapital und etwa künftig eingehenden Beiträgen. Es wird wie die übrigen Gelder der Akademie aufbewahrt und verwaltet.

§ '^- Die Akademie der Wissenschaften führt durch ihre physikalisch-mathe- matische Klasse die Oberaufsicht über die Stiftung und die Verwaltung des Stiftungsvermögens. Die Klasse hat daher auch die Entlastung zu erteilen, soweit dies nicht durch die Oberrechnungskammer geschieht.

§ 4.

Die Stiftung selbst wird verwaltet durch ein viergliedriges Kuratorium, in welches die physikalisch-mathematische Klasse aus den Fächern der Chemie, Physik und Astronomie je einen Vertreter wählt. Außerdem gehört dem Kuratorium als Vorsitzender derjenige der beiden Klassensekretare an, welcher den genannten Fächern am nächsten stellt. Die Wahlen gelten auf die Dauer von 6 Jahren, sie erfolgen vor dem Schlüsse eines Kalender- jahres, zum ersten Male im Dezember 1911). Wenn ein Mitglied des Kura- toriums vor Ablauf der Wahlperiode ausscheidet, so ist für die noch übrige Dauer derselben ein neues Mitglied zu wählen.

§ 5. Anfang Mai jedes Jahres teilt die physikalisch-mathematische Klasse dem Vorsitzenden des Kuratoriums mit, welche Summe am Leibniztage desselben Jahres verfügbar sein wird. Dieser fordert sodann dasjenige Mitglied des Kuratoriums, für dessen Fach in diesem Jahre die Stiftung in erster Linie bestimmt ist, und zwar nach der in § 1 namhaft gemachten Reihenfolge, zu einem schriftlichen Vorschlag auf. Auch jedes andere Mit-

XIX

glied des Kuratoriums ist zu einem Vorschlag berechtigt. Über alle vor- liegenden Vorschläge wird dann in einer Sitzung des Kuratoriums oder auch auf schriftlichem Wege abgestimmt. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Das Ergebnis der Abstimmung ist von der Klasse zu bestätigen.

§ 6- Falls in einem Jahre die verfügbaren Mittel der Stiftung nicht voll- ständig oder überhaupt nicht für ihre satzungsgemäße Bestimmung in An- spruch genommen werden, so fließt die verfügbare Summe in einen be- sonderen Reservefonds, welcher dem Zwecke dienen soll, in irgendeinem darauffolgenden Jahre eine Bewilligung zu ermöglichen, welche die für das betreffende Jahr aus den Erträgnissen des Stiftungskapiials verfügbare Summe überschreitet. Die Bestände des Reservefonds werden zinstragend angelegt und durch die erzielten Zinsen fortlaufend verstärkt. Sobald der Reservefonds die Höhe von 20000 Mark erreicht hat, werden alle weiteren Erübrigungen sogleich und endgültig dem Stiftungskapital zugeführt.

^ 7. Änderungen dieses Statuts sind nur durch absolute Majorität aller ordentlichen Mitglieder der Akademie und mit Genehmigung des vorge- ordneten Ministeriums zulässig.

Verzeichnis der im Jahre 1919 erfolgten hesonderen Greldhewilligungen aus akademischen Mitteln zur Ausführung wissenschaftlicher Unter- nehmungen.

Es wurden im Laufe des Jahres 1919 bewilligt: 2500 Mark den Mitgliedern der Akademie IIH. Rubens und Liebisch zur

Herstellung von Platten zur Untersuchung von Kristallen im

langwelligen Spektrum. 4000 " zur Fortführung des Unternehmens »Das Tierreich«. 3000 » zur Fortführung der Arbeiten am Nomenciator aniraalium ge-

nerum et subgencruni.

XX

2300 Mark dem Mitglied der Akademie Hrn. Engler zur Fortführung des Werkes »Das Pflanzenreich«.

6000 » dem Mitglied der Akademie Hrn. Hintze zur Fortfuhrung der

Herausgabe der Politischen Korrespondenz Friedrichs des Großen.

20000 >' der Orientalisclien Kommission zur Fortfülirung ihrer Arbeiten.

4000 >> der Deutsclien Kommission zur Fortfühnmg ihrer Arbeiten.

1000 » für die Bearbeitung des Thesaurus linguae Latinae (über den planmäßigen Beitrag von 5000 Mark hinaus).

5000 « für das Wörterbuch der ägyptischen Sprache.

1500 i> zur Bearbeitung der hieroglyphischen Inschriften der griechi.sch- römisclien Epoche für das Wörterbuch der ägyptischen Sprache.

()00() >' dem Mitglied der Akademie Hrn. Struve als außerordentliche Zuwendung für die «Geschichte des Fixsternhimmels«.

5000 » dem Mitglied der Akademie Hrn. Engler zur Fortführung des Werkes » Das Pflanzenreich « .

2000 " dem Mitglied der Akademie Hrn. Hei der zur Fortführung des Unternehmens «Das Tierreich«.

(iOOll n der akademischen Kommission zur Herausgabe der Enzyklo- pädie der mathematischen Wissenschaften.

1000 « dem Mitglied der Akademie Hrn. Erdmann für die Kant- Kommission. 200 ' 1 dem Mitglied der Akademie Hrn. Burdach für die Bearbeitung des Briefwechsels Laclimann Brüder Grimm durch Prof. Leiz- mann (Jena).

'.U)0{) " der Kommission für die deutsehen Geschichtsquellen des 19. Jahrhunderts. 'Mil\ » der Sächsischen Akademie (Gesellschaft) der Wissenschaften in

Leipzig für die Teneriffa-Expedition. 3()7 « derselben für desgleichen.

1200 » derselben zur Fortsetzimg des Poggendorffschen Handwörter- buchs.

1 2n() « Hrn. Dr. Ernst Knoclie in Halle a. S. zu Untersuchungen über die Biologie der Nonnen.

1 •)!•(( .. als Nachbewilligung für die photographisclie Aufnalime franzö- sischer Handschriften in Valenciennes.

\\l

5000 Mark dem Verlag des Jahrbuchs für die Fortschritte der Mathematik

als Zuschuß zu den Kosten der Herausgabe des Jahrgangs 19 19.

800 » Hrn. Prof. Dr. Hermann von Guttenberg in Berlin-Dahlem

für Untersuchungen über den Einfluß des Lichtes auf die IJlatt-

stellung der Pflanzen.

.">000 .. Hrn. Prof. Dr. Bodenstein in Hannover zu Arbeiten über photochemische Vorgänge.

1200 .. Hrn. Dr. Walter in Gießen füf Arbeiten über Vererbung. 1(1000 >• der Deutschen physikalischen Gesellschaft als einmaligen Zu- schuß für die physikalische Berichterstattung. Hrn. Prof. Dr. August Fischer in Leipzig als zweite Rate des Zuseliusses für sein arabisches Wörterbuch.

800

Verzeichnis der im Jahre 1919 erschienenen im Auftrage oder mit Unter- stützung der Akademie bearbeiteten oder herausgegebenen Werke.

Unter nehiimngcn der Akddciiiii' und ihrer Stiftunyen. Das Pflanzenreich. Regni vegetabilis conspectus. Im Auftrage der Preuss.

Akademie der Wissenschaften hrsg. von A. Engler. Heft G8. ()9. Leipzig

1919. 2 Ex. Corpus inscriptionum Latinaruni consilio et auctoritate Academiae Litterarum

Borussicae editum. Vols. 1, Pars 2, Fase. 1. ed. 2. Berolini 1918. Wilhelm von Humboldts Gesammelte Schriften. Hrsg. von der Preussischen

Akademie der Wissenschaften. Bd 15. Berlin 1918. Ibn Saad. Biograpliien Muhammeds, seiner Gefährten und der späteren Träger

des Islams bis zum Jahre 2i}0 der Flucht. Im Auftrage der Preussischen

Akademie der Wissenschaften hrsg. von Eduard Sachau. Bd 7, Th. 2.

Leiden 1918. Deutsche Texte des Mittelalters hrsg. von der Preußischen Akademie der

Wissenschaften. Bd ."JO. Paradisus anime intelligentis. Berlin 1919.

Bopp-Stlftuuy. Navahära- und Nisiha-Sutta. Hrsg. von Walther Schubring. Leipzig 1918. (Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes. Bd 15.) 2 Ex.

XXII

Dr. -Karl-Güttler- Stiftung.

Kolsen, Adolf. Dichtungen der Trobadors. 3. Heft. Halle (Saale) 1919. Kolsen, Adolf. Zwei provenzalische Sirventese nebst einer Anzahl Einzel- strophen. Halle 1919.

Savigny-Stiflung.

Kantorowicz, Hermann uifd Fritz Schulz. Thomas Diplovatatius. De claris iuris consultis. Bd 1 . Berlin und Leipzig 1919. (Romanistische Beiträge zur Rechtsgeschichte. Heft 3.)

Hermann-und-Elise-geh.-HecJcma'iin - WentzelStiflung.

Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur. Ar- chiv für die von der Kirchenväter-Commission der Preussischen Aka- demie der Wissenschaften unternommene Ausgabe der älteren christlichen Schriftsteller. Reihe 3. ßd 12, Heft 3.4. Bd 13. Leipzig 1918. 19.

Beiträge zur Flora von Papuasien. Hrsg. von C. Lauterbach. Serie 6. Leipzig 1918. 2 Ex.

Von der Akademie unterstützte Werke.

Bokorny, Th. Bindung des Formaldehyds durch Enzyme. Berlin 1919.

Sonderabdr. Lange, Rudolf. Thesaurus Japonicus. Japanisch-Deutsches Wörterbuch.

Bd 2. Berlin und Leipzig 1919. Schiemann, Theodor. ' Geschichte Russlands unter Kaiser Nikolaus I.

Bd 4. Berlin 1919. Schmidt, Adolf. Archiv des Erdmagnetismus. Heft 3. Potsdam 1918. Schwenke, Paul. Die Buchbinder mit dem Lautenspieler und dem Knoten.

1919. Sonderabdr. Schwenke, Paul. Altberliner Bücher und Einbände. 1918. Sonderabdr.

XXUI

Veränderungen im Personalstande der Akademie im Laufe

des Jahres 1919.

Es wurden gewälilt: zum ordentlichen Mitglied der physikalisch-mathematischen Klasse: Hr. Konstantin Caratheodory, bestätigt durch Erlaß der preußischen

Regierung vom 10. Februar 1911), Hr. Willy Kükenthal, bestätigt durch Erlaß der preußischen Regierung vom 12. April 1919:

zu korrespondierenden Mitgliedern der physikalisch-mathematischen Klasse: Hr. Karl Engler in Karlsruhe » Theodor Curtius in Heidelberg Gustav T am mann in Göttingen » Hugo Bücking in Heidelberg am 8. Januar 1920;

am 2«. Juni 1919.

zum korrespondierenden Mitglied der philosophisch-historischen Klasse: Hr. Willy Bang-Kaup in Frankfurt a. M. am 27. Februar 1919.

Der beständige Sekretär Hr. von Waldeyer-Hartz legte dieses Amt mit dem 31. August 1919 nieder; zu seinem Nachfolger wählte die physi- kalisch-mathematische Klasse Hrn. Rubner, dessen Wahl von der Preußischen Regienmg am 1(1. Mai 1919 bestätigt wurde.

Das ordentliche Mitglied der philosopliisch-historischen Klasse Hr. Heusler verlegte im Sommer 1919 seinen Wohnsitz nach Basel und trat gemäß § 6 der Statuten der Akademie in die Reihe der P]lu-enmitglieder über.

Gestorben sind: die ordentlicben Mitglieder der physikalisch-mathematischen Klasse: Hr. Simon Schwendener am 27. Mai 1919. . Emil Fischer am lä. Juli 1919:

das ordentliche Mitglied der philosophisch-historischen Klas.se: Hr. Kuno Mever am 11. Oktober 1919;

das auswärtige Mitglied der physikaliscli-mathematischen Klasse: Lord Rayleigh in London am 3. Juli 1919;

XXIV

die korrespondierenden Mitglieder der physikalisch-mathematischen Klasse: Hr. Edward Charles Pickering in Cambridge (Mass.) im Januar 1919, » Roland Eötvös in Budapest am 8. April 1919, « Friedrich Merkel in Cöttingen am 29. Mai 1919, » Gustav Retzius in Stockholm am 21.. Mi 1919, II Heinrich Bruns in Leipzig am 2H. September 1919, » Woldemar Voigt in Göttingen am 13. Dezember 1919.

Beamte der Akademie. Ernannt : Hr. Prof. Dr. Eduard Sthamer, bisher Assistent am Preußischen Historischen Institut in Rom, zum Bibliothekar und Archivar der Akademie, am 27. Juni 1919.

Gestorben : Hr. Prof. Dr. Han.s von Fritze, wissenschaftlicher Beamter, am 10. Juli 1919.

XXV

Verzeichnis der Mitglieder der Akademie am Schlüsse des Jahres 1919

nebst den Verzeichnissen der Inhaber der Bradley-, Helmholtz- und derLeibniz-Medaille und der Beamten der Akademie, sowie der Kommissionen, Stiftungs-Kuratorien usw.

1. Beständige Sekretare

Gewihlt von der Datum der Bestätigung

Hr. Diels phil.-hist. Klasse 1895 Nov. 27

- RoeÜie phil.-hist. - 1911 Aug. 29

- PloTick phys.-matli. - 1912 Juni 19

- Riibner phys.-math. - 1919 Mai 10

2. Ordentliche Mitglieder

PhysilulUch-n»thcmalUche Klüse Philosophisch-Iiistorische Klasse Datum der Beslätii;ung

Hr. Hermann Diels 1881 Aug. 15

Hr. Wühelm von Waldey er -Hartz 1884 Febr. 18

- Franz Eiüiard Sclmlze 1884 Juni 21

- Otto Hirschfeld 1885 März 9

- Eduard Sachau 1887 Jan. 24

- Adolf Engler 1890 Jan. 29

- Adolf mn Harnack . . . 1890 Febr. 10 Hermann Amandus Scliwar: 1892 Dez. 19

- Oskar Hertwig 1893 Ai)ril 17

- Max Planck 1894 Juni 11

- Carl Stumpf 1895 Febr. 18

- Adolf Erman 1895 Febr. 18

- Emil Warburg 1895 Aug. 13

Ulrich von Wilamowitz-

Moellendorff 1899 .\ug. 2

- Heinrich Müller -Breslau 1901 Jan. 14

- Heinrich Dressel .... 1902 Mai 9

- Konrad Burdach . . . . 1902 Mai 9

- Friedrich Schottky '903 Jan. 5

- (histav Roethe 1903 Jan. 5

- Dietrich Schüfer 1903 Aug. 4

- Eduard Meyer 1903 Aug. 4

- Wilhelm Schulze .... 1903 Nov. 16

- Ak>i.s Brandt 1904 April 3

- Hermann Strure '9'^^ -^"g- ^^

d

XXYI

Physikalisch-matliematische Klasse Plnlcisophisch-hietorischc KImsc Datum der Bestttigung

Hr. Hermann Zimmermann 1904 Aug. 29

- Walter Nernst 1905 Nov. 24

- Max liubner . 1906 Dez. 2

- Johannes Orth 1906 Dez. 2

- Albrecht Penck 1906 Dez. 2

Ut. Friedrich Müller .... 1906 Dez. 24

- Heinrich Rubens 1907 Aug. 8

- Theodor Liebisch 1908 Aug. 3

- Eduard Seier 1908 Aug. 24

- Heinrich Lüders .... 1909 Aug. 5

- Heinrich Morf 1910 Dez. 14

- Goltlieb Haberlundt 1911 Juli 3

Benno Erdmann . 1911 Juli 25

- Gustav Hellmann 1911 Dez. 2

- Emü Seckel 1912 Jan. 4

- Johann Jakob Maria de Groot 1912 Jan. 4

- Edtiard Norden 1912 Juni 14

- Karl Schuchhardt .... 1912 Juli 9

- Ernst Beckmann 1912 Dez. 11

- Albert Einstein 1913 Nov. 12

- Otto Hintze 1914 Febr. 16

- Max Serinff 1914 März 2

- Adolf Goldschmidt . . .1914 März 2

- Vritz Haber ! 1914 Dez. 16

- Karl Holl 1915 Jan. 12

- Friedrich Meinecke . . . . 1915 Febr. 15

- Karl Correns 1915 März 22

- Hans Dragendorff . . 1916 April 3

- Paid Kehr 1918 März 4

- ririch Stutz 1918 März 4

- Ernst Heymann . . . . 1918 März 4

- Michael Tangl 1918 März 4

- Karl Heider 1918 Aug. 1

- Erhard Schmidt 1918 Aug. 1

- Gustav Müller 1918 Aug. 1

- Rudolf Fick 1918 Aug. 1

Konstantin Caratheodory 1919 Febr. 10

- Wrlly Kükenthal 1919 April 12

3. Auswärtige Mitglieder

physikalisch-mathematische Klasse

Philosophiscli-historische Klasse

Hr. Theodor Nöldeke in Straßburg Friedrich hnhoof-Bhcmer in

Winterthur

Vatroslac von Jagii in Wien Panagiotü Kabbadias in Athen

xxvii

Datum der Bestätigung

1900 März 5

1900 März 5 1908 Sept. 25 1908 Sept. 25

Hugo Schuchardt in Graz 1912 Sept. 15

4. Ehrenmitglieder

Datum der Hestätiguiii;

Hr. Max Lehmann in Göttingen 1887 Jan. 24

- Max Lenz in Hamburg 1896 Dez. 14

- WUhelm Brauen in München 1899 Dez. 18

Ilttgo Graf von und zu Lerchei\feld in Berlin 1900 März 5

Hr. Hichard Schöne in Berlin 1900 März 5

- Konrad von Studt in Berlin 1900 März 17

- Andreas Heusler in Basel 1907 Aug. 8

Bemluird Fürst von BiÜow in Klein- Flottbek bei Hamburg . . . 1910 Jan. 81

Hr. Heinrich Wölfin in München 1910 üez. 14

- August von Trott zu So/z in Kassel 1914 März 2

- Rudolf von Valentini in Hameln 1914 März 2

- Friedrich Schmidt in Berlin 1914 März 2

- Hichard WUhtätter in München 1914 üez. 10

XXVIIl

5. Korrespondierende Mitglieder

Physikalisch -mathematische Klasse Datom der Wahl

Karl Frhr. Auer von Wekbach auf Schloß Welsbach (Kärnten) . . 1913 Mai 22

Hr. Oskar Brefeld in Berlin 1899 Jan. 19

- Otto Bütschli in Heidelberg 1897 März 11

Giacomo Ciamician in Bologna 1909 Okt. 28

- TJieodor Curt'ms in Heidelberg 1919 Juni 2G

- William Morris Davis in Cambridge, Mass 1910 Juli 28

- Ernst Ehlers in Göttingeu 1897 Jan. 21

- Karl Engler in Karlsrulie 1919 Juni 2G

- Max Fürbringer in Heidelberg 1900 Febr. 22

Sir Archibald Geikie in Haslemere, Surrey 1889 Febr. 21

Hr. Karl von Goebel in München 191 H Jan. 16

- Camillo Golgi in Pavia 1911 Dez. 21

- Karl Graebe in Frankfurt a. M 1907 Juni 13

- Ludwig von Graff in Graz 1900 Febr. 8

Julius Edler von Ilann in Wien 1889 Febr. 21

Hr. Sven Hedin in Stockholm 1918 Xov. 28

- Viktor Mensen in Kiel 1898 Febr. 24

- Richard von Hertwig in München 1898 April 28

- David Hilbert in Göttingen 1913 Juli 10

- Hugo Hildebrand Hildebrandsson in Uppsala 1917 Mai 3

- Emanuel Kayser in München 1917 Juli 19

- Felix Klein in Göttingen 1913 Juli 10

Leo Koenigsberger in Heidelberg 1893 Mai 4

Wilhelm Körner in Mailand 1909 Jan. 7

- Friedrich Küstner in Bonn 1910 Okt. 27

- Philipp T^enard in Heidelberg 1909 Jan. 21

- Karl von lAnde in München 1916 Juli 6

Gabriel Lippmann in Paris 1900 Febr. 22

Hendrik Antoon Lorentz in Haariem 1905 Mai 4

- Felix Marchand in Leipzig 1910 Juli 28

- Franz Mertens in Wien 1900 Febr. 22

- Alfred Gabriel Nathorst in Stockholm 1900 Febr. 8

Karl Neutnann in Leipzig 1893 Mai 4

- Max Noetlier in Erlangen 1896 Jan. 30

- Wilhelm Ostwald in Groß-Bothen, Kgr. Sachsen 1905 Jan. 12

- Wilhelm Pfeffer in Leipzig' 1889 Dez. 19

- Georg Quincke in Heidelberg 1879 März 13

- Ludwig Radlkofer in München 1900 Febr. 8

- T/ieodore William Richards in Cambridge, Mass 1909 Okt. 28

XXIX

Datum der Wahl

Hr. Wilhelm Konrad Röntgen in München 1896 März 12

- Wilhelm Roux in Halle a. S igjg Y)qz 14

- Georg Ossian Sars in Christiania 1898 Febr. 24

- Oswald Schmiedeberg in Straßburg 1910 Juü 28

Otto Schott in Jena 1916 Juli 6

- Hrigo von Seeliger in München 1906 Jan 11

- Emest Sohaij in Brüssel 1913 jyj^^j '>2

- Johann Wilhelm Spengel in Gießen 1900 Jan. 18

- Gustav Tammann in Göttingen 1919 jy^j 26

Sir Joseph John Thomson in Cambridge 1910 Juli 28

Hr. Gusttw Edler von Tsclurmiik in Wien 1881 März 3

- Hugo de Wies in Lunteren 1913 jj,„ kj

- Johannes Diderik van der Waals in Amsterdam 1900 Febr. 22

- Otto Wallach in Göttingen 1907 Juni ll?

- Eugenins Warming in Kopenhagen 1899 Jan. 19

- Emil Wiecherl in Göttingen 1912 Febr. 8

- WUlielm Wien in Würzburg 1910 Juli 14

- Edmund B. Wilson in New York 1913 Febr. 20

PllilosO]llliscll-liistorIsche Klasse Datum der Wahl

Hr. Karl von Amira in München 1900 Jan. 18

- Klemens Baeumker in München 1915 Juli g

- WiUy Bang-Kaup in Dannstadt 1919 Febr. 1.'3

- Friedrich von Bezold in Bonn 1907 Febr. 14

- Joseph Bidez in Gent 1914 Juli 9

- James Henry Breasted in ("hicago 1907 Juni 13

- Harry Breßlau in Hamburg 1912 Mai 9

- Rene Cagnat in Paris 1904 Nov. 3

- Arthur Chuquet in Villemombie (.Seine) 1907 Febr. 14

- Fram Cumont in Rom 1911 April 27

- Louis Duchesne in Rom 1893 Juli 20

- Fran: Ehrte in Rom 1913 Juü 24

- Paul Foucart in Paris 1884 Juli 17

Sir James George Frazer in Cambridge 1911 April 27

Hr. Wilhelm Fröhner in Paris 1910 Juni 23

- Percy Gardner in Oxford 1908 Okt. 29

- Ignaz Goldzilter in Budapest 1910 Dez. 8

- Francis Llewellyn Grifßth in Oxford 1900 Jan. 18

- fgnazio Gnidi in Rom 1904 Dez. 15

- Georgias N. Uatzidakh in Athen 1900 Jan. 18

XXX

Datum der Wahl

Hr. Bernard Haiissoullier in Paris 1907 IVIai 2

- Johan Ludx;ig Heiberg in Kopenhagen 1896 März 12

- Antoine Heron de Villefosse in Paris 1893 Febr. 2

- Harald Hjärne in Uppsala 1909 Febr. 25

- Maurice Holleaux in Versailles 1909 Febr. 25

- Cliristian Hülsen in Heidelberg 1907 Mai 2

- Hermann Jacohi in Bonn 1911 Febr. 9

- Adolf Jülk/ier in Marburg 1906 Nov. 1

Sir Frederic George Kenyou in London 1900 Jan. 18

Hr. Georg Friedrich Knapp in Straßburg 1803 Dez. 14

- Axel Kock in Lund 1917 Juli 19

- Karl von Kraus in München 1917 Juli 19

Basil Latijschew in St. Petersburg 1891 Juni 4

- Friedrich Loofs in Halle a. S 1904 Nov. 3

Giacomo Lumbroso in Rom 1874 Nov. 12

- Arnold Luschin von Ebengretilh in Graz 1904 Juli 21

- John Penthnd Mahaffij in Dublin 1900 Jan. 18

- Wilhelm Meyer-Lübke in Bonn ' . . . . 1905| Juli 6

- Ltidwig Mitteis in Leipzig 1905 Febr. 16

- Georg Elias Müller in Göttingen 1914 Febr. 19

- Karl von Müller in Tübingen 1917 Febr. 1

- Samuel Muller Frederikzoon in Utrecht . 1914 Juli 23

- Franz Praetorius in Breslau 1910 Dez. 8

- Fio Rajna in Florenz 1909 März 11

- Moriz Ritter in Bonn 1907 Febr. 14

- Karl Robert in Halle a. S 1907 Mai 2

- Michael Rostowzew in St. Petersburg 1914 Juni 18

- Edward Schröder in Göttingen 1912 Juli 11

- Eduard Schwartz in Straßburg 1907 Mai 2

- Bei-nhard Seuffert in Graz 1914 Juni 18

Eduard Sievers in Leipzig 1900 Jan. 18

Sir Edward Maunde Thompson in London 1895 Mai 2

Hr. Vilhelm Thomsen in Kopenhagen 1900 Jan. 18

- Ernst Troeltsch in Berlin 1912 Nov. 21

- Paul Vinogradoff in Oxford 1911 Juni 22

Girolamo Vitelli in Florenz 1897 Juli 15

- Jakob Wackernagel in Basel 1911 Jan. 19

- Adolf Wilhelm in Wien 1911 April 27

I^udcig Wimnur in Kopeidiageu 1891 Juni 4

- Wilhelm Wundt in Leipzig 1900 Jan. 18

XXXI

Inhaber dei- Bradley-Medaille

Hr. Friedrich Kästner in Bonn (1918)

Inhaber der Helmholtz-Medaille

Hr. Santiago Ramon Cajal in Madrid (1905)

- Max Planck in Berlin (1915)

- Ricliard von Hertwiy in München (1917)

- Wilhelm Konrad Röntgen in München (1919)

Inhaber der Lcibniz-Medaille

a. Der Medaille in Gold Hr. James Simon in Berlin (1907)

- Erneut Solray in Brüssel (1909)

- Henry T. von Bötliuger in Elberfeld (1909) Joseph Florimond Duc de I^oubat in Paris (1910) Hr. Hans Meyer in Leipzig (1911)

Frl. EUse Koenigs in Berlin (1912)

Hr. Georg Scliweinfurth in Berlin (1913)

- Otto von Schjerniny in Berlin (1916)

- Leopold Koppel in Berlin (1917|

- Rudolf Havenstein in Berlin (1918)

- Heinrich Schnee in Berlin (1919)

b. Der Medaille in Silber Hr. Karl Alexander von Martins in Berlin (1907)

- Adolf Friedrich Lindemann in Sidmouth. England (1907)

- Johannes Bolle in Berlin (1910)

- Albert von Le Coq in Berlin (1910) Johannes llherg in Leipzig (1910)

- Max Wellmann in Potsdam (1910)

- Robert Koldewey in Babylon (1910) Gerhard Hessenberg in Breslau (1910) Werner Janemch in Berlin (1911)

- Hans Osten in Leipzig (1911) Robert Davidsohn in München (1912)

- N. de Garis Davies in Kairo (1912)

- Edwin Hennig in Tübingen (1912)

- Hugo Rabe in Hannover (1912)

- Josef Emanuel Hibsch in Tetschen (1913!

- Karl Richter in Berlin (191.5)

XXXl]

Hr. Hans Witte in Neustrelitz (1913) .

- Georg Wolff in Frankfurt a. M. (1913) Walter Andrae in Assur (1914) Envin Schramm in Dresden (1914)

- Richard Irvine Best in Dublin (1914) Otto Baschin in Berlin (1915)

- Alhert Fleck in Berlin (1915)

- Jidius Hirschberg in Berlin (1915)

- Hugo Magnus in Berlin (1915)

- E. Dehes in Leipzig (1919)

- C. Domo in Davos (1919) Johannes Kirchner in Berlin (1919) Edmund von Lippmaiin in Halle a. >S. (1919)

Freiherr von Srhrötter in Berlin (1919) Hr. Otto Wolf in Berlin (1919)

Beamte der Akademie

Bibliotliekar und Archivar der Akademie: Dr. Sthamer, Prof.

Archivar und Bibliothekar der Deutschen Kommission: Dr. Behrendt Prof.

Wissenschaftliche Beamte: Dr. Dessau, Prof. Dr. Harms, Prof. Dr. Karl Schmidt, Prof. Dr. Frhr. Hiller von Gaertringen, Prof. Dr. Ritter, Prof. Dr. Apstein, Prof. Dr. Paetsch, Prof. Dr. Kuhlgatz, Prof. -

Registrator und Kalkulator : Grünheid.

Hausinspektor und Kanzlist:

Akademiediener: Hennig. Janisch, nimmt die Geschäfte des Hausinspektors wahr.

Siedmann. Ililfsarbeiterin in der Bibliothek: Frcäulein Kilian. Ililfsarbeiteriii im Bureau: Fräulein Meyer. Hilfsdiener: Glaeser.

XXXIII

Verzeichnis der Kommissionen, Stiftungs-Kuratorien usw.

Kommissionen für wissenschaftliche Unternehmungen der Akademie.

Acta Borussiea. Hintze (geschäftsfuhrendcs Mitglied). Meinecke. Kehr.

Ägyptologisehe Kommission. Erman. E. Meyer. W. Scliulze.

Außerakad. Mitglieder: Junker (Wien). H. Schäfer (Berlin). Sethe (Göttin- gen). Spiegelberg (Straßburg).

Corpus inscriptionum Etruscarum. Diels. Hirschfeld. W. Schulze.

«

Corpus inscriptionum Latinarum und Griechische Münzwerke. Hirschfeld (Vorsitzender, leitet die epigraphischen Arbeiten). Dragendorff (leitet die numismati.schen Arbeiten). Diels. von Wilamovvitz-Moellen- dorfif. Norden. Imlioof-Blumer (Winterthur).

Corpus medicorum Graecorum. Diels. Sacliau. von Wilamowitz-Moellendorft".

Deutsehe Geschichtsquellen des 19. Jahrhunderts. Meinecke. Roethe. Schäfer. Hintze. Sering. Holl. Kehr.

Deutsche Kommission. Roethe (geschäftsführendes Mitglied). Diels. Burdach. W. Schulze. Morf. Hintze. Kehr. Schröder (Göttingen). Seuflfert (Graz).

Dilthey-Kommission. Erdmann (geschäftsfuhrendcs Mitglied). Diels. Stumpf. Burdach. Roethe. Seckel.

Geschichte des Fixstemhimmels. Struve (gpschäftsfiihrendes Mitglied). G. Müller. Außerakad. Mitglied: Cohn (Berlin).

XXXIV

Politische Korrespondenz Friedrichs des Großen. Hintze (geschäftsfülirendes Mitglied). Meinecke. Kehr.

Fronte -Ausgabe. Diels. Hirschfeld. Norden.

Herausgabe der Werke Wilhelm von Humboldts. Burdach (gescliäf'tsführendes Mitglied), von Wilamowitz-Moelleiulorff. Meinecke.

Herausgabe des Ibn Saad. Sachau (geschäftsführendes Mitglied). Erman. W. Schulze. F.W. K. Müller.

Inscriptiones Graecae. von Wilamowitz-Moellendorft' (Vorsitzender). Diels. Hirschfeld. W. Schulze.

Kant -Ausgabe. Erdmann (Vorsitzender). Diels. Stumpf. Roethe. Meinecke. Außerakad. Mitglied: Menzer (Halle).

Ausgabe der griechischen Kirchenväter, von Harnack (geschäftsführendes Mitglied). Diels. Hirschfeld. vonWilamo-

witz-Moellendorff. HoU. Loofs (Halle). Jülicher (Marburg). Außerakad. Mitglied: Seeck (Münster), für die Prosopographia imperii Ro- mani saec. IV \1.

Leibniz -Ausgabe. Erdmann (geschäftsführendes Mitglied). Planck, von Harnack. Stumpf. Roethe. Morf. Kehr. Erli. Schmidt.

Nomenciator animalium generum et subgenerum. Kükenthal (geschäftsfülirendes Mitglied), von Waldey er- Hartz. Heider.

Orientalische Kommission. E. Meyer (geschäftsfülirendes Mitglied). Diels. Sachau. Erman. W. Schulze.

F.W. K. Müller. Lüders. Außerakad. Mitglied: Delitzsch (Berlin).

„Pflanzenreich". Engler (geschäftsführendes Mitglied), von Waldeyer-Hartz. Correns.

XXXV

Prosopographia imperii Romani saee. I HI. Hirschfeld. Dressel.

Strabo-Ausgabe. Diels. von Wilamowitz-Moellendorff. E. Meyer.

„Tierreich". Kükenthal (geschäftsftihrendes Mitglied), von Waldeyer-Hartz. Heider.

Herausgabe der Werke von Weierstraß. Planck (ge.schäflsfülirendes Mitglied). Schwarz.

Wörterbuch der deutschen Rechtssprache.

Roetlie (geschäftsfuhrendes Mitglied). Stutz. Heymann.

Außerakad. Mitglieder: Frensdorff (Göttingen), von Gierke (Berlin). Huber (Bern). Frhr. von Künßberg (Heidelberg). Frhr. von Schwerin (Frei- burg). Frhr. von Schwind (Wien).

Wissenschaf täche Untei'nehnmngen, die mit der Akademie in Verbindung stehen.

Corpus scriptorum de musica. Vertreter in der General-Kommission: Stumpf.

Luther-Ausgabe. Vertreter in der Kommission: von Harnack. Burdach.

Monumenta Germaniae historica. Von der Akademie gewählte Mitglieder derZentral-Direktion: Schäfer. Hintze.

Thesaurus der japanischen Sprache. Sachau. W.Schulze. F. W. K. Müller.

Sammlung deutscher Volkslieder. Vertreter in der Kommission : Roethe.

Wörterbuch der ägyptischen Sprache. Vertreter in der Kommi-ssion: Erman.

XXXVI

Bei der Akademie errichtete Stiftungen. j

•VI

Bopp - Stiftung. l

Vorberatende Kommission (1918 Okt. 1922 Okt.). '

W. Schulze (Vorsitzender). Lüders (Stellvertreter des Vorsitzenden). Roethe.

■i

Brandl. i

Außerakad. Mitglied: Brückner (Berlin). \

Charlotten -Stiftung für Philologie.

Kommission.

Diels. Hirsclifeld. von Wilamowitz-Moellendorff. W. Schulze. Norden.

Eduard - Gerhard - Stiftung. Kommission. Dragendorif (Vorsitzender). Hirschfeld. von Wilamowitz-Moellendorff. Dressel. E. Meyer. Schuchhardt.

Humboldt - Stiftung. Kuratorium (1917 Jan. 1 1920 Dez. 31). von W^aldeyer-Hartz (Vorsitzender). Hellmann.

Außerakad. Mitglieder: Der vorgeordnete Minister. Der Oberbürgermeister von Berlin. P. von Mendelssohn-Bartholdy.

Akademische Jubiläumsstiftung der Stadt Berlin.

Kuratorium (1917 Jan. 1—1920 Dez. 31).

Planck (Vorsitzender), von W^aldeyer-Hartz (Stellvertreter des Vorsitzenden).

Diels. Hintze. Außerakad. Mitglied: Der Oberbürgermeister von Berlin.

Stiftung zur Förderung der kirchen- und religionsgeschiehtliehen Studien im Rahmen der römischen Kaiserzeit (saee. I —VI). Kuratorium (1913 Nov.— 1923 Nov.). Diels (Vorsitzender), von Harnack.

Außerdem als Vertreter der theologischen Fakultäten der Universitäten Ber- lin: HoU, (ließen: Krüger, Marburg: Jülicher.

xxxvu

Graf-Loubat-Stiftung.

Kommission (1918 Febr.— 1923 Febr.). Sachau. Seier.

Albert-Samson-Stiftung.

Kuratorium (1917 April 1—1922 März 31).

von Waldeyer-Hartz (Vorsitzender). Planck (Stellvertreter des Vorsitzenden).

Rubner. Orth. Penck. Correns. Stumpf.

Stiftung zur Förderung der Sinologie. Kuratorium (1917 Febr. -1927 Febr.). de Groot (Vorsitzender). F. W. K. Müller. Lüders.

Hermann-und-EIise-geb.-Heokmann-Wentzel-Süftung'

Kuratorium (1915 April 1—1920 März 31).

Roethe (Vorsitzender). Planck (Stellvertreter des Vorsitzenden). J]rman

(Schriftführer). Nernst. Haberlandt. von Harnack. Außerakad. Mitglied: Der vorgeordnete Minister.

Max-Henoeh-Stiftung. Planck (Vorsitzender). Schwarz. Scliottky. Erh. Schmidt (Schriftführer). Caratheodory.

Paul-Rieß-Stiftung. Kuratorium (1920 Jan. 1—1925 Dezember 31). Planck. Beckmann. Rubens. Struve.

ABHANDLUNGEN

DER PREUSSISCHEN

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

JAHRGANG 1919 PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE KLASSE

Nr.1 ZUR AUSBREITUNG DES CHRISTENTUMS IN ASIEN

VON

EDUARD SACHAU

BERLIN 1919

VERLAG DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

IN KOMMISSION BEI GEORG UEIMEK

Vorgelegt in der üesanitsitzung ani 30. Januar 1919. Zum Druck eingereicht am gleichen Tage, ausgegeben am ö. April 1919.

Einleitung.

J_Jie kirchengeschiclitliclie Forschung liat im semitisclien Westasien nur selten und nur mehr ausnahmsweise die Grenzen P^dessas, des Theaters der Ghristus-Abgar-Legende, gegen Osten hin überscliritten. Und doch hat sich jenseits von Nisibis und vom Tigris frühzeitig eine große, in zahl- und volkreiche liemeinden und Provinzen gegliederte Christenwelt aufge- baut, die schon um dessen willen unser besonderes Interesse beanspruchen darf, daß sie nur selten in voller Freiheit unter der Gunst aller Verhältnisse wie die europäische Cliristenwelt seit Konstantin sich entwickeln durfte, ja, spärlich gesäte Zwischenräume abgerechnet, stets staatlicher Mißgunst und Verfolgung, dem Hasse religiöser und völkischer Majoritäten die Stirn zu bieten genötigt war vmd trotz alledem sich behauptet und außerdem noch ihre Mission, ihre Gemeinden bis in weite Fernen hinaus vorgetrieben hat. Nicht lange nach dem Ende des ersten Jahrtausends des Bestehens vernichteten die mongolischen und tatarischen Völkerstürme ganze Provinzen des asiatischen Christentums, und was die Not und Verfolgung späterer Jahrhunderte davon noch übriggelassen hat, ist verkommen und verwildert, ist aber nach meiner Überzeugung zu einer neuen Lebensblüte bestimmt, wenn einmal ein humaner Trieb der Weltgeschichte wenigstens die ein- fachsten Gnmdlagen bürgerlicher .Sicherheit und ( rerech tigkeit dort gelegt haben sollte.

Ein liervorragender V>rtreter christlichen Geistes, Patriarch Mär Abhä, denkt sich die Bevölkerung des Orients als aus vier Gruppen bestehend: Magiern, Juden, Heiden und Cliristen'. Und was er für seine Zeit, das

' Synoflicoii OnViitali- S. 550, j. 4 : S. 561, S. 9,

4 S A C H A u :

sechste christliche Jahrhundert, aussagt, gilt in gleicher Weise für jene Zeiten, in denen die Anhänger des neuen Glaubens auf den Handelswegen ihrer Zeit zuerst den Chäbür und den Tigris und damit die Grenzen des Parther- oder Sasaniden-Reiches überschritten. Gab es nun zwischen dem Gedankensystem der zoroastrischen Religion und dem, was die ersten christ- lichen Missionare vortrugen, Berührungspunkte? In dem Kampf gegen die Sünde konnten die Magier den Kampf gegen die Schöpfung Ahrimans, in dem Satan, der Christus versucht, Ahriman selbst wiederzuerkennen glauben. Für die Lehre von der Auferstehung und dem ewigen Leben bildete das Ristächez, d. i. die Auferstehung der Toten', ein zoroastrisches Gegenstück, und wenn vom Heiland eeöc cuthp die Rede war, konnten die Magier an Saosjans denken, den Sohn der jungfräulichen Eredatfedri, der am Ende der Welt erscheint und mit seinen Genossen die durch Sünde und Verwesung befleckte Welt neu und die Leiber der Verstorbenen wieder lebendig macht"'. Solchen allenfalls möglichen Berührungspunkten stehen andere Dinge gegenüber, in denen die beiden Religionen unüberbrückbare Gegensätze bieten. Die Magier konnten für die Leidensgeschichte Christi absolut kein Verständnis haben, und da.sjenige Element im Christenwesen, das Männer wie Aphraates vielleicht am höchsten schätzten, die Neigung zum Zölibat, erschien ihnen nicht allein als widersinnig, sondern auch als staatsgefahrlich. Für die Christen andererseits war das Opferwesen in den Pyräen ein Greuel bis zu dem Grade, daß ein christlicher Fanatiker sich dazu hinreißen lassen konnte, mitten im Frieden und in aller öfi'entlich- keit einen solchen Feueraltar zu zerstören, obwohl er wissen mußte, daß er damit sein Leben auf das Spiel setzte'. Die Heiligiialtung von Feuer, Erde und Wasser war den Christen ein Frevel, die Schöpfungslehre des zurwanitischen Magismus, wie wir sie durch den Armenier Eznik kennen- lernen, ein Abscheu, und nicht minder die volkstümliche, als eine Art familiäres Fürsorgeinstitut geschätzte Inzestehe. Daß trotz solcher Gegen- sätze viele Magier dem Christentum gewonnen wurden, dürfen wir aus den für die persischen Christengemeinden verfaßten Rechtsbüchern von Jesubocht und Simeon entnehmen, zugleich aber auch, wie sclnver ihnen dieser übertritt geworden sein mag, denn noch als Christen suchten sie

Siehe Kapitel 31 des Bundehisch. Windischmann, Zoroastrische Studien S. 238. HoFf'MANK. Auszüiie S. 35.

Zur Ausbrrifuiiy iIcs Cliristnitinns in Asien. 5

ihre alten Eherechtssitten beizubehalten, und gerade gegen diese hatten die fuhrenden Geister des Christentums den schwersten Kampf zu füliren'. Was von den Kulten des asiatischen Heidentums, von dem Dienst ftir Bei, Marduk, Istar, Nebo, Sin, 'Uzzä und andere in den Jahrhunderten nach Christi Geburt noch übrig gewesen sein mag, darüber fehlt es in der Literatur an zusammenhängenden Nachrichten. Diskussionen zwischen Be- kenneni des Christentums und heidnischen Priestern sind mir nicht be- kannt. Von einer männlichen und einer weildichen Mondgottheit Sin und Sinai und anderen Göttern ist die Rede im Ilexaemeroii des Immanuel, von 'Uzzä und Kaukabhtä in der Vita des Abraham von Kaskar''. Auch werden Baumkulte gelegentlich erwähnt, so in der Chronik von Arbela

S.52-53-

So fern das Christentum dem Magisnuis und dem Heidentum, so nahe

stand es dem Judentum, aus dem es hervorgegangen, und daß in den ältesten Zeiten die wandernden Christen den nächsten Anschluß in jüdischen Kreisen gesucht und gefunden haben, ist anzunehmen, wenn auch nicht überliefert. Die Anweseidieit von Juden in Edessa wird in der Abgar-Sage vorausgesetzt ', und der Name des ersten Apostels des transeuphratensischen Christentums Addai dürfte jüdischen Urspi-ungs sein, eine Abkürzung von einem Namen wie Adoni,tjä, wie "cbc von n^cbc, die Lesart "''cbl» Ezra 2, 46 von 'n^'cbB. Bekannt ist der tibertritt des adiabenischen Fürstenhauses zum Judentum unter Kaiser ('laudius, die Chronik von Arbela berichtet S. 30. 50 von Juden daselbst, und daß gerade Babylonien eine starke jüdische Be- völkerung hatte, harmoniert mit der Tatsaclie, daß wohl in keinem Lande östlich vom Euplirat das Cimstentum sich so mächtig entwickelt hat wie gerade in Baliylonien'. Nahe Beziehungen zwischen Judentum und Christen- tum, ein melirfaches (Jeben und Nehmen von geistigen Gütern ist auch durch die Kritik der syrischen Bibelübersetzung des Alten Testaments er- schlossen worden. Die syrische Übersetzung der Chronik ist ein jüdisches

' Sachal-, Svrisclie Kechtsbüclier. Hand III S. 366. 367. ("bei- den partliisch-ai-sacidi- schen Magismus und sein Verhältnis zum pereisch-sasanidisclien vgl. Schneiderwirth, Die Parther S. 186 ff.

' Sachai, Verzeichnis der syri-rhen Handschriften di>r Kgl. Bibliothek in Berlin Band I S. 211: Band II S. 558: auch .Iakoh von Sehügh DMG. 19, 107(1'

' BuBKiTi , Urchristentum im Orient S. 9.

' Siehe weiter unten das Verzeichnis der Bistümer Babyloiiiens (S. 26 ff.).

6 S A c II A u :

Targum, das jüdische Targum der Sprüche eine Bearbeitung der syrischen tTbersetzung, und die syrische tTbersetzung des Pentateuch ist ein Kind jüdischer Gelehrsamkeit, wahrscheinlich das Werk eines Gelehrten, der vom Judentum zum Christentum übergetreten war. Sobald aber die syrische Nationallit(>ratur einsetzt, weiß sie von Juden und (Jhristen nur als zwei feindlichen Völkern, von den Juden nur als Beihelfern und Urhebern der gegen die (Jhristen gerichteten Verfolgungen zu berichten.

Die Missionspredigt dürfte durch die Einlieit der Sprache im ganzen Kulturgebiet von Palästina -Syrien bis Babylonien-Mesene wesentlich ge- fördert worden sein. Überall sprach man aramäisch, und wenn auch in etwas verschiedenen 3Iundarten, so mögen sich die Bevölkerungen doch ebensogut miteinander verständigt haben wie gegenwärtig die Araber von Jerusalem bis Basra. deren Dialekte ebenfalls mancherlei Verschiedenheiten aufweisen.

Die Wege, auf denen das Urchristentum von Antiochien und Edessa ostwärts gewandert ist, dürften dieselben sein, auf denen Heere und Ka- rawanen einherzogen, denn in den römischen Kastellen fanden letztere vermutlich stets einigen Schutz gegen die Beduinen. Nach der Peutinger- schen Tafel, deren Straßenzüge speziell in Mesopotamien dieselben zu sein scheinen, welche Strabo beschreibt, führten zwei Straßen von Antiochien an den Eluphrat, eine südliche, die den Süden der Felslandschaft des (iebel Elakra' durchschnitt und über P]mma (n^5 2. Kön. 18, 34) und Calcida Kaaxic nach Beroea Aleppo und Hierapolis-Membit^ und von dort an den Euplirat bei Zeugma (Geräbis? Birecik?) führte, und eine zweite, welche die gras- reiche Marsch um den See von Antiochien im Norden kreuzte und über Gindarus dasselbe Ziel erreichte. In Mesopotamien scheinen nun die Ver- kehrswege des Altertums von den heutigen durchaus verschieden gewesen zu sein. Während jetzt und schon seit Jahrhunderten im Westen der Ver- kehr sich an den Euphratlauf ansclimiegt, bewegt er sich im Osten jen- seits des Tigris zwischen (Jebirge und Fluß, vermeidet also grundsätzlich das Binnenland zwischen den beiden großen Strömen, weil dort der Beduine herrscht. Anders lagen die Verhältnisse zur Zeit Strabos. Nadi ihm {XVI 1,27) zog man in 25 Tagen durch das Land der Zeltaraber durch die Steppe vom Euphrat bei Anthemusia bis nach CKHNAi-Maskene im Norden Babyloniens, indem man absichtlich den Fluß (den Euphrat) ver- mied, weil auf beiden Seiten dessell)en Stammesfürsten saßen, die über-

Zur Aiisbreitiuiy des Chrlstenium.^ in Ai^ie/i. 7

mäßigen Durchgangszoll erhoben. Die entsprechenden Straßenzüge der Tabula Peutingeriana sind folgende : Vom Euphrat bei dem Zeugma geht die Straße über Batnae im südlichen -Seriig und Harrän nach Ka^s-eFain, von dort nach Xisibis imd weiter bis zu einem nicht lokalisierbaren Kreuzungs- punkt, genannt Baba', von dort nach Singäi- und Hatra. Eine von Edessa ausgehende Route führt ebenfalls nach BaV)a, von wo sie sich dem Tigris zuzuwenden scheint. Eine zweite von Edessa ausgehende Route führt über die Cliäbür-Quelle an den Lacus Beberaci (Chätünijje-See) nordwestlich vom Ostende des Singär-Rückens und weiter ebenfalls nach Hatra. Hier treffen die beiden Linien von Nisibis und Edessa zusammen und führen weiter bis nach der Hauptstadt Ktesiphon. Wenngleich viele Einzelheiten in der Deutung dieser Straßenzüge unbekannt und unsicher sind, immerhin ist soviel siclier, daß sie Nordmesopotamien ganz im Sinne Strabos mitten durch die Steppen und fern von den beiden Strömen durchschnitten. Wenn das Singär-Gebirge schon um die Zeit des DynastiewecJisels 224 n. Chr. ein christliches Bistum gehabt haben soll, wie die Chronik von Arbela S. 62 angibt, so liängt das vermutlich damit zusammen, daß diese sehr abgelegene, ringsum von Bed\iinen eingefaßte Landschaft auf einem Straßenzuge des Altertums lag und daher von dem normalen Verkelir in Friedenszeiten gut erreicht werden konnte.

Die folgenden Blätter wollen versuchen, die Ausbreitung des östlichen Christentums', das seit den Jahren 484, 486 als das nestorianische be- zeichnet werden kann, vom Zweistromlande bis an den Merw-rüd, den Fluß von Margiana in Fortsetzung der Arbeiten von Assemani, Chabot, Hoffmann, Makquart und anderen zu skizzieren, wobei wir uns damit be- gnügen müssen, nachzuweisen, daß in dieser oder jeuer Stadt oder Land- schaft zu einer gewissen Zeit ein Bistum vorhanden gewesen ist, denn statistische Angaben darüber, wie zahlreich etwa die betreffende (Gemeinde gewesen sei, fehlen durchweg.

' Die arabische Geoi;raphii' kennt i^in RAb Sin^är, das vielleicht mit diesem Baba zu kombinieren ist.

' Vgl. Harnack, Die Mission nnd Ausbreituni; des Christentums, besonders den Ab- schnitt über Kdessa, Band II .'"I. 117 127.

k

S A C H A V :

Abkürzungen.

Syn. Or. = Synodicon Orientale ou Recueil de Synodes Nestoriens public, tiuduit et annote par J. B. Chabot, Paris 1902.

Chr. Seert = Histoire Nestorienne inedite (Chronique de Seert) par Mgr. Addai Scher. Paris 1907. 1909 (in der Patrologia Orientalis ed. üraffin et Nau, tom. I\' fasc. 3). Premiere partie (1) S. 219 312. Premiere partie (II) S. 221 334. Seconde partie (I) S. 99 201. Chr. Arbel. = Die Chronik von Arbela. Ein Beitrag zur Kenntnis des ältesten Christentums im Orient. Von Eduard Sachai . Berlin 1915. (Abhandlungen der Kgl. Preuß. Akademie der Wissenschaften, .lahrgang 19 15. Phil.-hist. Klasse Nr. 6.) Hoffmann = Auszüge aus den syrischen Akten persischer Märtyrer. Leipzig 1880. Assemani = J. S. AssEMAKi, BibUotheca orientalis. MbS = I. Teil. Mari bar Sulaiman.

AbM = II. Teil. Amr bar Mari in Maris Amri et Slibae de patriarchis Nestorianorum commentaria ed. H. Gismondi. Rom 1897. 1899.

Tractatus = Ebedjesus ,l»0l»|)O^Oja> iJOLi»d|> JJUOA in Scriptorum veterum nova collectio ed. Mai. Rom 1838.

Tukkäsa = Ebedjesus ^AA^3kX JiLkS üQjkaOk^ , Manuskript Chabof.

Jesudenah = Le livre de la chastete, par Jesudenah, eveque de Basra, publie et traduit par J. B. Chabot; in Ecole frangaise de Rome, Melanges d'archeologie et d'histoire, XVI. annee, 1896 S. 225!}.

Zur Au^sbreituny des Christentums in Asien.

Von den üuellen.

Unter den Geschiclitsquellen für das transtigritanisclie Christentum ist die um 550 verfaßte Chronik von Arbela zwar nicht die älteste die Märtyrerakten, deren Sammlung und ilrhaltung wir dem Patriarchen Ahai und dem Bischof Märuthä von Maiperkat verdanken, sind bedeutend älter , aber besonders merkwürdig dadurch, daß sie mancherlei von den älteren und ältesten Zeiten, deren Erinnerung in der Überlieferung erloschen ist, zu berichten weiß. Sie schöpft ihre Nachrichten in letzter Instanz wahr- scheinlich aus dem Archiv der Erzbischöfe von Arbela und der dortigen Lokaltradition. Sie verlegt die Anfänge des adiabenischen Christentums in die Generation vor Trajans Partherzug (116), gibt aber daneben zu verstehen, daß gleichzeitig, wenn nicht schon vorher, weiter nördlich eine Christen- gemeinde vorhanden gewesen sei, nämlich in Beth-Zabhdai, also in der jetzt nocJ) zum Teil christlichen Gegend um Gezire am Tigris, wohin die Mission den Weg über Nisibis gefunden haben mag. Eine der wichtigsten Nach- richten dieser Chronik' ist die, daß um das Jahr 224, als die parthische Dynastie von der persisclien abgelöst wurde, bereits mehr als zwanzig Ge- meinden mit Bischöfen an ihrer Spitze vorhanden waren, und daß auch in den beiden größten Städten der Zeit, Nisibis und Ktesiphon, Christen lebten, aber noch ohne Bischöfe. Danach bestanden christliche Gemeinden im Zen- trum von Mittelmesopotamien Singär, im ganzen Transtigrislande v(jn Arzanene über Zabdicene, Assyrien, Adiabene, Reth Gannai l)is in den Norden Babyloniens, in der Chaulonitis, Mesene, Susiana und im Nordosten Arabiens".

An zweiter Stelle sind die Märtyrerakten zu erwähnen, urs])rünglich wahrscheinlich liervorgegangen aus den Reisen und Erkundigungen des; Patriarchen Ahai (gest. 415) und zuerst nicht viel später schriftlich fixiert, aber erzählend von Ereignissen des vorhergegangenen Jahrhunderts, den Zeiten der großen Verfolgungen unter Saj)or II. in den Jahren 340 379. Wenn

' S. 61. 62.

'' Das von der Chronik S. Ö2 erwähuto Gebiet Beth Dailomäji' mit der Liind.schart Dailani am Kaspisclien Meer gleichzusetzen, erscheint bedenklich, l.st es vielleicht der Name eines (iaues im Zagros, an den sich eine Erinnerung in dem Dailamistän j11_«jj j Jäküts erhalten hat;'

Phil.-Iii>.l. M,l,. lUIU. .\r. I -

10 Sa c 1. A u :

man nun die Lokalitäten der Wirksamkeit und der Martyrien dieser Personen zusammenstellt, so ergibt sich ein geAvisses Bild von der Verbreitung des Christentums im vierten Jahrhundert, das folgende Orte und Landschaften umfaßt: Nisibis, die einzelnen Landschaften Transtigritaniens, Nordost- und Südostbabylonien, die Chaulonitis, Mesene und Susiana. F.s ist gewiß nicht zufällig, daß dies Verl)reitungsgebiet mit demjenigen übereinstimmt, das wir aus der Chronik von Arbela gewonnen haben. Über letzteres hinausgehend und den Fortschritt der Mission in der Zeit von 224 bis etwa 350 dar- stellend, erscheinen in den Märtyrerakten noch die Bistümer Susa in B6th Hüzäje (Elam) und das Urbistum der Persis, Rew-Arda.sir. Dagegen scheinen die in der Arbela-Chronik genannten Gemeinden von Arzanene und Singär in den Märtyrerakten nicht vorzukommen.

An dritter Stelle halben wir eine wichtige Quelle in den Acta con- ciliorum, deren Nachrichten bis zu dem ersten allgemeinen Konzil von 410 und seiner Vorgeschichte zurückreichen, und in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts abbrechen. Durch den Inhalt der gefaßten Beschlüsse, be- sonders aber durch ihre Datierungen, ihre Über- und Unterschriften mit den Namen der Konzilsteilnehmer und ihrer Diözesen bilden sie eine unschätz- bare Geschichtsquelle, die auch bereits von dem Herausgeber Chabot wie von Marquart in seinem Eränsahr vielfach benutzt worden ist. Ihre Samm- lung und Erhaltung verdanken wir dem um die Rechtsliteratur verdienten Patriarchen Timotheos (780 823), dessen hierauf bezügliche Tätigkeit nach den Untersuchungen des Herausgebers' zwischen die Jahre 775 790 fällt. Er dürfte bei seinem Werke geleitet gewesen sein von dem Bestreben, den Zusammenhalt der weithin zerstreuten Christenwelt zu kräftigen, sie zum Festhalten an der Säule des Katholikats zu mahnen, besonders solche Pro- vinzen, die in zentrifugaler Bewegung die Loslösung vom Katholikat und eine autokephale Sonderexistenz angestrebt hatten, wie die Kirchen der Persis und Ostarabiens, indem er ihnen die einheitliche P^ntwicklung der Katholikats- verfassung und ihre Rückführung auf das apostolische Zeitalter an der Hand der Akten nachwies. Seine Sammlung bildet die Grundlage aller kanonisti- schen Arbeiten der späteren Jahrhunderte, die infolge des Vordringens der arabischen Sprache in die christlichen Volkskreise meist in dieser Sprache abgefaßt sind. Sie sind minderwertig gegenüber der Leistung des Thimotheos

.1. B. CiiAUOT, Sj'n. Or. 1902. S. 13.

Zur Ausbiritu/ii/ des Clirislcntum.'^ in Asien. 11

und geben sich als erleichternde, abkürzende Bearbeitungen mit manclierlei Auslassungen und Mißverständnissen zu erkennen'.

Aus dem 9. Jahrhundert stammt die (Jollectio canonum des Erzbischofs Elias Gauhari von Damaskus, die um 893 verfaßt und in der vatikanischen Handschrift 157" vorhanden ist, sowie die, wie es scheint, nicht erhaltene Sammlung des Bischofs Gabriel von Basra (884 893). In dem Werke von Elias ist das Verzeichnis aller Bistümer, die zu den einzelnen Kirclien])ro- vinzen gehören, besonders wertvoll'.

Dem I I. Jahrhundert geliört der 1043 gestorbene Abü-alfarag Abdallah Ibn Altajjib an, Sekretär des Patriarclien Elias 1. in Bagdad. Außer mit kanonischem Recht hat er sich auch mit bürgerlichem Recht beschäftigt, und seine Werke sind in den Sammlungen christlich-arabischer Literatur viel verbreitet. Seine Collectio canonum ist im Vatikanischen i{!odex 153' erhalten. Auch von dem Patriarclien, dem er zur Seite stand, Elias I. (1028 1049) und von dem Bischof Elias Bar Sinäjä von Nisibis (gest. nach 1049) waren kanonistische Ar])eiten vorlianden, von denen sich einige Reste in vatikanischen Handschriften nachweisen lassen dürften.

Als eines weiteren Vertreters derselben Disziplin haben wir des 13 18 gestorbenen Bischofs Ebedjesu Bar Berikhä (= Benedikt) von Nisibis zu ge- denken, mit dem die nestorianisch-syrische Literatur in ähnlicher Weise wie die jakobitische mit Barhebraeus (gest. 1286) ein nicht unrühmliches Ende nimmt. Seine uns erhaltenen kanonistischen und zivilrechtlichen Arbeiten können meines Erächtens ein etwas höheres Verdienst für sich in Anspruch nehmen als diejenigen seiner Vorgänger Elias Gauhari und Ibn Altajjib. Was wir von seinem Leben wissen, läßt sicli in wenige Worte zusammen- fassen. Er war zuerst Möncli, dann Bischof von Singär und Beth Arbäje, d. i. vom nordöstlichen Mesopotamien, und zuletzt Erzbischof von Nisibis und Armenien, konsekriert von dem Patriarchen Jabhalähä 111. (1282 13 18). Nach seinem berühmten Catalogus librorum (Assemani III. I), der Hauptquelle aller Kenntnis von syrischer Literatur, müssen wir schließen, daß er eine vorzügliche Bibliothek besaß, und neben der syrischen Sprache beherrschte er auch die arabische. Das Jahr, in dem er Biscliof von Singär wurde, und

' Vgl. ,1. GiiDi, Zeitsclirifl der Deutscbeii niorgenländisclien üesellschart B;nid 43, S. 388.

' Scriptorum vetcrum nova collurtio od. Mai, tom. IV, Rom 1831, Codices Anibici S. 296.

S. Assemani II 458. 459, über F^lias III. I 513, über (iabriel III. I 202.

' Scriptornm vi teriiin iiova rollectio S, 286

12 S A c H A u :

dasjenige, in dem er als Erzbischof nach Nisibis übersiedelte, sind mir beide in der Literatur nicht begegnet. Von seinen juridischen Arbeiten ist der durch Mais Ausgabe bekannt gewordene Tractatus' das jüngere, von ihm verfaßt, als er noch Mönch war. Er ist später noch einmal zu diesen Studien zurückgekehrt und hat i 3 1 6, zwei Jahre vor seinem Tode, ein inhalts- verwandtes Werk verfaßt, das zur Zeit nur handscliriftlicli vorhanden ist, betitelt: d^ä,^ li*? ..oaeL^ »Ordnung kirchlicJier Entscheidungen"'«. Aus letzterem entlehne ich die folgende IS'otiz, aus der die Stellungnahme des Autors gegenüber seiner Aufgabe erhellt:

\d^iN 3>A ^30^1 ^.op 2^^jM.3wäo Isoe? l.*a3b3eo7p joAoi^Vy.» Z.<jQ)3aap .<^aaa2o ^^o^ 2^2 y,äax x^p^p lä^l \ap .iäe2p eörp o^iäpox \x U2

(Ms. Bl. 2a) iJioi lafiop :ia.*«a.-a :s«aj:

»Weil ich das Buch Kurzgefaßte Sammlung für die synodalen Canon es (d.i. den Tractatus) gemacht habe, als ich Mönch war, war ich nicht berechtigt, aus eigenem etwas hineinzutun und anzufügen \ wie es die richtige Ordnung fordert. Jetzt aber, da ich durcli die Güte des Mes- sias des Dienstes des Metropolitentlirones und der Hyparchie von Söbä (d. i. Nisibis), der Hauptstadt von Mesopotamien, gewürdigt bin, habe ich im Vertrauen auf den, der da sagt: ,Überall, wo du meinen Namen er- wähnst, werde icli zu dir kommen und dich segnen' angefangen, dies Bucli zu verfassen.« Das Datum der Abfassung ist in einer Schlußnotiz gegeben: >VXd.3>,-3LX u.äde ijupja «.^2 oor ulp uoaft^p Ipir ^s. ■nt<^\ ^p 6poüe> ^^ou^Ap 2^.\.tl3(i62 7 =- 1316) Laoup lioLSo ^xcxXe lliotsso >^2 ioju 2^j^ä:e (Hds. Bl. i6ob).

' Tractatus Kbedjesu X*JOupa}AOkXO XxOJjap ilaoa in Scriptorum nova colleotio t. X, Rom 1838.

'' Über die von mir benutzte Handschrift s. meine Syrischen Rechtsbücher, Band III, 1914, Einleitung S. XXVIII.

^ Dasselbe sagt der Verfasser in der Einleitung des Tractatus (ed. Mai S. 19) Kol. 2: ■Indem ich nicht die Worte der Väter durch simple Gedanken beflecke, die ich aus Eige- nem hinzufüge."

Zur Ausbreitung des Chr'istentums in Asien. 13

Dies zweite Werk unseres nisibenischen Erzbischofs p]bedjesu, das reiche Auszüge aus der älteren Rechtsliteratur enthält, soljte durch Text- ausgabe und Übersetzung bekanntgemacht werden'.

Aus syrischem Geiste geboren, aber in arabischem Sprachgewande in die Welt gesetzt sind die jüngsten der hier in Betracht kommenden Quellen- schriften, die von Assemani ausgeschöpften Patriarchenchroniken von Mdri bar Sulaimän und Amr bar Mattä, von denen jener um i 1 50, dieser bald nach 1350 schrieb". Beide Werke wie auch die Chronik von Seert, ver- faßt nach 1036, sind Auszüge aus der ältesten Geschichtsliteratur der öst- lichen Syrer, die im 7. uiid 8. Jahrhundert entstanden ist und derzeit als verloren gelten muß. Die Heimat fast aller nestorianischen Literatur sind die transtigritanischcn Landschaften und Babylonien, wa.s aber die Gemein- <len in Persepolis, Ispahan, Rhagä und die weiter östlichen in Margiana und Afghanistan an literarischem Besitz z. B. an Kirchenbüchern besessen haben mögen, ist bisher auch nocli nicht einmal in den geringsten Resten wieder zutage getreten. Und doch braucht man die Hoffnung auf litera- rische Funde aus diesen Ländern nicht ganz aufzugeben. Denn wenn alte Kirchhöfe bei den Orten Pischpek und Tokmak im Tal des Tschu in der bisher russischen Provinz Semirjetseliie uns Hunderte von christlich-syri- schen Grabsteinen aus der Zeit von der Mitte des 13. bis zur Mitte des 14 Jahrhunderts geliefert haben, und wenn zu Kara Koga im westlichen China Stücke altsyrischer Kirchenliteratur aus ihrem Sandbett befreit worden sind^, dürfen wir hoffen, daß die fortschreitende Erforschung jener Länder für die Studien künftiger Tage aus den Trümmerschichten mongolischer und tatarischer Verwüstung auch solche Materialien zutage fordern wird, welche eine Vertiefung unseres Wissens von den Schicksalen des inner- asiatischen Christentums ermöglichen.

' Das darin enthaltene Verzeichnis der Metropolitien und Bistümer ist veröffentlicht in Syn. Or. S. 619. 620.

' .S. die Ausgabe von Gismondi, Rom 1897, und die Untei'suchungen über die Quellen und die Glaubwürdigkeit der Patriarchenchroniken von G. We-stphal igor.

' S. Chwolson, Syrisch-ncstorianischc Grabinschriften, Petersburg 1890. 1897; Ko- KowzoFK, Christlich-syrische Grabinschriften aus .\hnalyk 1905: Kinige neue Grabsteine mit christlich-syrischen Inschriften 1907; Zur syriscli-tüi'kisclien Kjjigraphik 1909, russisch. Ferner meine Schrift Literaturbruchstiiekc aus Chinosisch-Turkestan, .SB. der Berliner Akademie der Wissenschaften 1905. 2,3. November.

14 Sachau:

Von den Kirchenprovinzen, Metropolitien, Hyparchien.

Die Christenwelt im Sasanidenreich wurde durch das Konzil von 410 bei der Gründung der Kirchenverfassung eingeteilt in sechs Provinzen oder Hyparchien, deren Vororte MHTPonÖAeic hießen, weshalb ihre Bischöfe, dem Range nach Erzbischöfe, Metropoliten' genannt wurden. Diese Provinzen

sind

1. Babylonien, Beth Armäje, Vorort Seleucia,

2. Susiana, Beth Hüzäje, Vorort B6th Lapat,

3. Nordostmesopotamien und die an das linke Tigrisufer angrenzen- den Gebirgsländer, Beth 'Arbäje, Vorort Nisibis,

4. Mesene, Maisän, Vorort Perät-Maisän (Basra),

5. Adiabene, Hedhnjjabh, Vorort Arbela (Irbil),

6. Garamaea, Beth Garmai, Vorort Karkhä dhe-Beth Selökh (Kerkük). Diese Rangordnung, die in der Folgezeit stets unverändert geblieben

ist, hat, vom geographischen Standpunkt betrachtet, etwas durchaus Sprung- haftes und fordert eine Erklä,rung in den hierarchischen Verhältnissen der Zeit ihrer Gründung. Päpä, der erste Bischof von Seleucia, hatte sich in schweren Kämpfen und nicht ohne Kompromiß die Stellung eines Ober- bischofs mit dem Anspruch auf das Recht der Konsekration sämtlicher Erzbischöfe und Bischöfe angemaßt und zum großen Teil auch errungen. V.v erhielt den heftigsten Widerstand aus Susiana, vertreten durch den Bischof Miles. Dort war das Christentum älter als in Seleucia, Susiana hatte schon um 224 Bischöfe, und bald darauf erhielt es einen weiteren Zuwachs christlicher Bevölkerung von den unter Sapor I. (nach 260) im Lande angesiedelten (befangenen aus Syrien. Päpä war unter Beihilfe eines susischen Bischofs, des Haibe'el von Susa". zum Bischof geweiht, und nun sollten sich die Bischöfe von Susiana vor dem Neuling von Seleucia beugen? Niemals. Päpä hat die Zustimmung dieses Landes nie erlangt^. Als dann beinahe hundert Jahre später das erste allgemeine Konzil in Seleucia abgehalten und mit Hilfe aus dem Römerreich und nach west- lichem Muster die Episkopalverfassung aufgerichtet wurde, stand wiederum

Arabisch miträn oder maträn, volkstümlich gesprochen inufrdn. ■' Chr. Arbel. S. 69.

'■' Über die Rangstelhino; der Provinz Siisiniia vgl. aiich We.stphai.. rntersuchiingen li-sw. .'^. 62- 64.

Zur Ausbreitung des Christentums in Asien. 15

Susiana abseits, ließ sich nicht vertreten. Der Vorort Beth Lapat hatte im Gegensatz zur Episkopalverfassung zwei (oder drei) Bischöfe gemäß dem älteren Usus, konnte dalier nach dem neuen Recht einen Metropoliten nicht haben. Wenn daher das Konzil in seinem § XXI trotzdem Susiana den ersten Rang nach Babylonien zuerkannte, so muß darin eine besondere Wertschätzung des Landes und ein besonderes Mittel, es für die neue Ord- nung der Dinge zu gewinnen, zum Ausdruck gekommen sein. Ersteres kann darauf zurückgeführt werden, daß in seiner Hauptstadt zahlreiche Martyrien unter Sapor II. stattgefunden hatten, und letzteres empfahl sich vielleicht mit Rücksicht auf den Umstand, daß Beth Lapat zeitweilig Re- sidenz des Königs der Könige war und daher der Vertreter der dortigen Christenbevölkerung unter Umständen am Hofe einen Einfluß auszuüben in der Lage war.

Auf die beiden südlichsten Provinzen läßt die Rangordnung gleich die allernördlichste, B^th Arbäj^, folgen. Wir dürfen wohl annehmen, daß der Vorort Nisibis, der seit dem Joviansfrieden von 363 beständig dem Perser- reich angehörte, durch seine Lage ganz nahe der Grenze als Vermittelungs- punkt zwischen Ost und West, zwischen dem Perser- und Römerreich und den Christen auf beiden Seiten der Grenze eine hervorragende Bedeutung gehabt hat. Die nisibenische Gemeinde war nicht etwa durch ihr Alter liervorragend, sie hatte 224 noch keinen Bischof, und erst um 300 er- scheint Babu als ihr erster Bischof, bald darauf aber gewann sie hohen Ruhm in der ganzen Christenwelt durch die Tätigkeit ihres berufensten Bischofs Jacobus Nisibenus, der auch am Konzil von Nicäa teilnahm. Dies mögen die Gründe gewesen sein, welche auf dem Konzil von 410 dahin gewirkt haben, daß B6th-Arbäje in der Ordnung der Kirchenprovinzen der dritte Rang angewiesen wurde.

Für die Anordnung der Reihe

4. Mesene,

5. Adiabene,

6. Garamaea

wüßte ich besondere Gründe oder Rücksichten nicht anzuführen, und wenig harmoniert mit der Voranstellung von 3Iesene der Umstand, daß gerade Mesene in der kirchengeschichtlichen tj'^berlieferung gegen Adiabene und Garamaea erheblich zurücktritt. Ob diese Landschaft vielleiciil als Aus- gangspunkt des Seeverkehrs und zugleich der christlichen Mission nach der

Ifi S A C H A u :

Persis, üstarabien, Oman und Indien eine die Binnenlandprovinzeu über- ragende Bedeutung hatte?

Die Kirche von Adiabene war in gewissem Sinne eine Mutterkirche von Seleucia, denn als diese Stadt noch ohne Bischof war, hatte ihr Arbela mehrere Male seine Bischöfe zu geistiger Hilfeleistung geschickt, und mit Hilfe des Bischofs von Arbela (sowie desjenigen von Susiana) war der erste Bischof von Seleucia, Päpä, eingesetzt worden'. Diese Umstände mochten dem Throne von Arbela einen Vorzug vor Garamaea verschafft haben.

Die Oberhäupter dieser Stammprovinzen der Kirchen bezeichnen sich in den ältesten Konzilakten von 410, 420, 424 als Bischöfe ihrer Städte. Bischof von Nisibis, von Arbela usw., obgleich sie mehr waren als ge- wöhnliche Bischöfe, vielmehr Metropoliten oder Erzbischöfe. Erst vom Konzil von 486 an ändern sich die Signaturen, und erscheint der Titel Metropolit, s. z. B. Päpä, Bischof von Beth Lapat, Metropolit von Beth Hüzäje', und breitspuriger im Konzil von 544. s. z. B. Henänä, Bischof von Arbela, Metropolit dieser Stadt imd des ganzen Landes Hedhajjabh^.

Die Konzilakten von 410 setzen das Dasein der seclis Stammprovinzen zu jener Zeit als bekannt voraus, lehren uns aber nicht, wann sie ent- standen sind, wann die regionalen Kirclien zu einer Verwaltungseinheit zusammengefaßt und der Auktorität eines zum Oberbischof erhöhten Bischofs unterstellt worden sind. Nach Ibn Altajjib und Ebedjesu sind Susiana, Beth 'Arbäjö, Maisän und Adiabene von dem obengenannten Bischof Päpä von Seleucia (gest. 326), Garamaea von dem 341 martyrisif'rten Simeon Bar Sabbä'e, dem Nachfolger Päpäs gegründet. Leider fehlt es in der übrigen Literatur an Nachrichten, die uns in den Stand setzen würden, diese für die Geschichte des Christentums bedeutsamen Entwicklungsknotenpunkte näher zu beleuchten. .Daß Päpä die Macht gehabt haben sollte, so gewaltig in die Geschichte der genannten vier Länder einzugreifen, erscheint wenig wahrscheinlich, wenn man erwägt, einen wie schweren, ja verzweifelten Kampf er um seine eigene Stellung zu kämpfen hatte, und wie er schließ- lich sich nur durch einen Kompromiß mit der Partei seines heftigsten Gegners und Nachfolgers Simeon Bar Sabbä'e zu behaupten vermochte*.

' Chr. Arbel. S. 33. 64. 67. 69.

'' Syn. Or. S. 306.

' Syn. Or. S. 350.

z* Labourt, La rhri.stianisnio dans reinpire Ferse S. i8f1'.

Zur Ausbreitung des Christentums in Asien. 17

Im besonderen steht die Beliauptung, daß Adiabene durch Päpä zum Erz- bistum erhoben worden sei, in direktem Gegensatz zu der Nachricht der Chronik von Arbela (S. 84), wonach dies erst durcli das Konzil von 410 geschehen ist. Die angebliche Gründung des Erzbistums Garamaea' durch den genannten Simeon läßt sich nicht verifizieren, wird aber in der Bio- graphie dieses sonst wohl bekannten Mannes mit keinem Worte erwähnt.' Meines Erachtens hatten zur Zeit von Päpäs Anfängen die Christen voll- auf zu tun, um sich von der langen Saporischen Verfolgung zu erholen. Als dann Päpä die ersten Versuche machte, die Ei)iskopalverfassui)g des Römerreiches auf den Orient zu übertragen, und diese Bestrebungen durch das Konzil von 410 zu einem gewissen Abschluß gelangten, in diesem Zusammenhang mögen auch die sechs Mctropolitien entstanden sein, wo- bei aber zu beachten ist, daß es bis 410 noch nicht gelungen war, die Episkopal Verfassung in Susiana durchzuführen, daß damals ein Metropolit von Susiana noch nicht vorhanden war', sondern erst in Zukunft einge- setzt werden sollte.

Die geographische Ausdehnung der sechs Stamm |)rovinzea deckt nun keineswegs die gesamte Verbreitung des Christentums zur Zeit des Konzils von 410. Im Kanon XXI seiner Akten ist die Rede von den Bischöfen der entfernten Diözesen, d. i. der Persis, der Inseln (Bahrain), Betli Mädhäj^, dem südlichen Medien mit Hulwän, ITamadän und DinaAvar, Beth Räzikäj^, dem nördlichen Medien um Rhagae-Rai, und den Gebieten von Abrasahr d. i. Parthieii. Ihre Biscliöfe waren nicht anwesend auf dem Konzil, es wird aber die Erwartung ausges[)rochcn, daß sie noch kommen und nachträglich die Beschlüsse des Konzils unterzeichnen werden. Hier- nach erstreckten sich also die christlichen Gemeinden um das Jahr 410 bereits bis an die Ostgrenze des heutigen persischen Kelches.

Über diese Grenze hinaus gelangen wir nach Merw = Margiana. Die Persis und Merw werden in der hierarchischen Ordnung als siebente und achte Metropolitanprovinzen aufgeführt. Nach Ihn Altajjib sollen beide als solche von dem Patriarchen Isaak (399 410), nach Ebedjesu von dem Patriarchen Jabhalähä (d. i. Jabhalähä I. 415 420) eingerichtet worden sein. Zur Steuer dieser Angaben wüßte ich nur das Folgende anzuführen : Wenn

' Vgl. den Streit zweier Bistümer des Landes um den Metropolitansitz bei Hofk- MANN S. 271.

' Syn. Or. S. 272. Fhil.-h.^t. Alßh. I9I<>. Ar. I. :i

\H •'^ A c II A r :

Isaak diese beiden jVletropolitien gegnindel hiitte. würden sie gewiß in den Akten seines Konzils erwähnt sein, was nicht der Fall ist, und daß er diese Gründung erst nach dem Konzil von 410 ausgeführt habe, ist des- halb wenig wahrscheinlich, weil er kurz darauf, noch in demselben Jahr gestorben ist. Von tatsächlichen Dingen ist zu erwähnen, daß die Ober- hirten dieser beiden Länder sich in den Konzilakten zum erstenmal als Metropoliten bezeichnen, jener von der Persis im Jahre 497, dieser von 3Iargiana 554^ Die Konzilakten erwähnen außer den bisher genannten Metropoliten noch einen von Beth Katräje (Ostarabien) und einen von Herät^. Als jüngere Kirchenprovinzon oder Metropolitien werden von Ibn Altaj-

jib und Ebedjesu aufgezählt

Hulwän,

Herät,

Samarkand,

Indien,

China, von denen die letzten drei nur geringe Spuren in der Literatur zurück- gelassen haben.

Ebedjesu zählt^ Hulwän als die sechste der Metropolitien nach den fünf Stammprovinzen Susiana, Nisibis, Maisan, Adiabene und Garamaea und berichtet, daß diese sechs Metropoliten allein das Recht hätten, den Katho- likos zu wählen. Unter dieser Provinz Hulwän verstehe ich außer dem südlichen Medien die Gemeinden an der Straße von Bagdad über Ker- mänsäh nach Hamadän, beginnend mit der Stadt Hulwän, hier mit dem biblischen Halali identifiziert, wo die Straße aus der babylonischen Ebene in den Zagros eintritt^ Es ist nun nicht richtig, w^enn Ebedjesu mit

' Syn. Or. 8.314, ,351.

- Chr. Arbel. S. 22. 23 und Syn. Ür. S. 423 Nr. 27.

■' Tiikk:isä, Bi. 26b: 2:ss ^07 .^2aiooilo v^oXm «.oja w»\*.3 ;...;sw.ä^x Xa'yxa aifJiAx^ e2 a.ae;LäaA e2 >,n'\'n\ ^.\,At i^ .äoi^? ^ai ^ U'a— 2

.,?.Q«^ON^3 2^.*3A^3 Die iiußei-en Metropoliten aOL^S k*jOJ siad diejenigen der

Persis, von Damasiiiis und die folgenden in der von ihm gegebenen Reihenfolge (s. weiter unten S. 21).

' Über die einstmalige Liige der Stadt auf der Stelle der heutigen (.Irtschaft Serpul s. Her/.feld, Reise dureh Luristan usw. in Petermanns Oeoi^raphischen Mitteilungen 1907. lieft III und IV S. s.

Zur Aiishn'ituny des Cliristfiitiiiiis in .l.sv/v/. llj

seiner Anordnung, welche der Persis und Margiana erst den 7. und 9. Rang anweist, sagen wollte, daß die Metropolitie Hulwän älter sei als die ge- nannten beiden, denn in den Konzilakten werden wohl Bisehöfe von Hul- wän erwähnt, aber von einer Metropolitie dieses Namens ist dort noch keine Rede. Immerhin wird Ebedjesu fiir seine Zeit Recht haben. Hulwän mag fnihzeitig durch seine Nähe und Nachl)arschaft im Verhältnis zur Katholikatsprovinz eine besondere Bedeutung gewonnen haben, seine Ver- treter konnten ohne Beschwerde zu jedem Konzil in Seleucia eilen, während die Oberhirten der ferneren Provinzen oftmals daran verhindert waren. Nach Ebedjesus Tractatus VIII, XV soll der Katliolikos Jesujabh Gedda- läjä' II. (628 643) die Kirchenprovinz Hulwän eingerichtet haben. Ihr Oberhau[)t war z. H. bei der Wahl des Katholikos Timotheos im Jahre 780 beteiligt'.

Über die Frage nach der Gründung der ül)rigeu vier Provinzen, Herät, .Samarkand, Indien, China, sclieinen die syrischen Kauonisten keine sichere Überlieferung vorgefunden zu liabon, denn während Ibn Altajjib sie alle zusammen mit Hulwän von .Jesujabh II. (628—643) gegründet sein läßt. dürfte die Angabe Ebedjesus. daß die erstgenannten vier Provinzen ent- weder vom Katholikos Selibhäzekhä (714 728) oder von Aiiai (410 415) oder Silä (505 523) eingerichtet seien, wenig mehr als ein Verlegenheits- raten sein. In den Konzilakten sowie in den Patriarchenchroniken von Märi und Amr findet sicii nichts, was zur AVertnng dieser Nachrichten dienen könnte.

Trotz mannigfacher Hemmungen und Nöte hat das ('hristent\nn wie unter Parthern und Persern, so auch unter den arabischen (Hialifen in Zeiten ruhigen Verkehrs immer wieder Mittel und Wege gefunden sich auszubreiten. Besonders günstig in dieser Beziehung scheint die Zeit dos äußerst rührigen und vielseitigen Katholikos Timotheos (780 823) ge- wesen zu sein, denn er berichtet in seinen von 0. Hraun herausgegebenen Briefen^, daß er für die folgenden Länder Metrojjoliten geweiht habe: das

' Die Ortschaft 2^Pb\ Jm>- (Jäküt) lag zwei Tagerei.'-iTi von Mo.sul entfernt und in B6th 'Arbäje, gehörig zum Gebiet von Mosul. Dies paßt einigermaßen zu dem Orte im Singär-Gebirge, dessen Namen icii al.s Djeddale geiiört habe {s. meine Heise in Syrien und Mesopotamien 1883 S. ,526).

' .Syn. Or. S. 603, Anni. 5.

' .*<. Oriens f'hi-istianus I, 1 3.S iV.

20 S A C H A u :

Land der Türken, das Land der Tuptäje', Südarabien, Medien, Dailain, Ghilän, Hyrkanien und andere Länder. Leider fehlt es gänzlich an ander- weitigen Nachrichten über diese Provinzgründungen. Wohl gab es in Medien, in den Ländern am Südufer des Kaspischen Meeres, im Lande der Türken und in Südarabien Christen und christliche Gemeinden, aber z. B. von einer nestorianischen Metropolitie in Südarabien ist nichts bekannt. Auch ist zu bedauern, daß Timotlieos uns die Namen der anderen Länder, für die er Metropoliten geweiht haben will, verschweigt. Vielleicht darf man auch mit der Möglichkeit reclnien, daß zu seiner Zeit der Titel Me- tropolit praktisch kaum mehr bedeutete als der Titel Bischof.

An dieser Stolle ist noch einer weiteren bei Ibn Altajjit) vorhandenen Nachricht zu gedenken, wonach derselbe Timotheos sechs Provinzen ein- gerichtet habe, drei davon seien exstinkt, drei noch (d. h, im ii. Jahr- hundert) vorhanden, darunter Armenien und Rai {—■ Beth Räzikäj^, das nördliche Medien). Daß aber auch Armenien als selbständige Kirchen- provinz zu existieren aufgehört hat, lernen wir aus dem Titel Ebedjesus (gest. 1318), denn dieser lautete Metropolit von Söbä (Nisibis) und Armenien. L.etzteres, oder wenigstens ein Teil davon, war also zu irgendeiner Zeit mit der Provinz Beth Arbäje = Nisibis vereinigt worden". Mit diesem Bericht von des Timotheos Gründungen berührt sich die Angabe des Ebedjesu im Tractatus VIIL XV, wonacli er außer Armenien und Syrien (Jeru.salem? Damaskus?) noch vier weitere Hyparchien gegründet liabe, die aber nicht mehr vorhanden seien (im 14. Jahrhundert). Diese beiden Nachrichten sind nicht miteinander vereinbar. Vielleicht ist bei Ibn Altajjib neben Armenien und Rai die Llyparchie Syrien durch Versehen ausgelassen, denn beide sind nicht eingegangen, sondern werden in den Hyparchienverzeichnissen von Ebedjesu im Tukkäsä als Damaskus, Jerusalem und die Meeresküsten und als Räzikäje, d. i. Rai, Kumm und Kasan, sowie von Amr Ibn Mattä als Jerusalem und Rai noch aufgeführt.

Die Verzeiclinisse der Kirchenprovinzen aus der Zeit nach Timotheos mögen hier zur Übersicht zusammengestellt werden.

' i^-»ÄOÄ». Ist hiermit der von Mas'udi erwähnte Türkenslamm der Tiibbat ge-

1' S. MARQrART, Kn'insalir S. 235. Die bisher übh'che Deutung Tibeter ist wenig icheinlich.

■-' Vgl. unten hier das Hyparchicn-Vciv.ciHinis in Ebedjesus liikkasa Nr. 13.

Zur Ausbrrituiiy (d's Chrlstintunt.^ in Aslfii. 21

I. Verzeichnis des Metropoliten Elias Gauhari von Damaskus,

verfaßt um 893. I. Die Hyparchie des Katholikos, Babylonien. (rundisäbür (Gundaisä- bür), d. i. Susiana, Nisibis, Albasra, d.i. Maisäu. 5. Mosul, d.i. die alte Pro- vinz Adiabene nach Übertragung des erzbischöflichen Thrones von Arbela nach Mosul. Bägarmai, d. i. Garamaea. Syrien. Rai, d. i. Medien. Herat. 10. Merw. Armenien. Samarkand. Persis. Rarda a. 15. Hulwän.

II. Verzeichnis des Patriarchatssekretärs Ibn Altajjib (gest. 1043).

I. Gundisäbür. Nisibis. Basra. Mosul. 5. Garamaea. Persis. Merw. Hulwän. Herät. 10. Samarkand. Indien. China. Armenien. 14. Rai.

III. Erstes Verzeichnis des Ebedjesu (gest. 13 18) aus dem letzten

Viertel des 1 3. Jahrhunderts, überliefert im Tractatus.

I. Elam (Susiana). Nisibis Temän (Mesene) Athor. 5. Garamaea. Persis. Merw. Hulwän. Herat. 10. Indien. Samarkand. China. Ar- menien. 14. Syrien

IV. Zweites Verzeichnis des Ebedjesu (gest. 1318) in seinem 1316

verfaßten T'ikkäsä'. i.Elam. SO)bä. Perät Maisän. Arbel, Hazzä, Athor und Mosul. 5. Kar- khä dhe Beth Selökh und Däkük. Halah. d. i. Hulwän und Ahmedhän. Dann die äußeren Metropoliten aOL^p iy,Aft*\''>y, iVi:

7. Persis und die Meeresinseln 2«S .»'lo « 2X3^J>o (Bahrain).

8. Damaskus, ,Ieru.salem und die Meereskü.sten l^Ou w.'käj(DO (die Küsten von Syrien und Palästina?).

9. Merw und Nisäbür.

10. Türken.

II. Räzikäj^, d. i. Rai, Kumin und Kä.sän.

12. Heriwän^, d. i. Her^w OuSOT -crp Iiou'äc (iemeint ist Herät. im Avesta Hara^va.

13. Arrän und Alanen. Der Tliroii von Barda'a und Seniklia, ein Teil von Armenien.

Ms. CHABdT Bl. 26 «ll.

22 S A c II A u :

14. Die Inseln der Meere ^UÄsuS 2^3 A, (Sokotray Ceilon':') und die inneren Metropoliten.

15. Die von Däbag und Sin und Mäsin. ,

V. Das jüngste Verzeichnis von 'Amr Ihn Mattä, geschrieben

um 1350'.

I. Gundisäbür. Nisibis. Basra. Mosul und Athor. 5. Arbela und Hazza. Garamaea. Hulwän. Jerusalem. Edcssa. 10. Persis. Merw. Herat. -^,Ja»(?) Sin. 15. Indien. Barda\ Damaskus. Rai. 'J'abaristän. 20. Dailam. Samarkand. Turkistan. rJi- . Segestan. 25. ^Jü'lj ^^^ '^^ Tankut. 27. Kasghar und Nawäkath.

Zu Nr. 23. Die Lesarten Gismonois 7^ und nJb- sind wenig glaub- würdig, ebensowenig inM- bei Ibn Khordädbih S. \oi, Anni. ni. überall ist zu lesen ^izJu>- Chamlikh. die Hauptstadt der Ghazaren, über deren Christentum ich auf Ibn Fadians Bericht bei Jäküt II. irv, 9 verweise.

Zu Nr. 25. Anstatt jilj jU-, d. i. Peking, ist vielleicht J-'i. j'«- Gän- balik zu lesen, d. i. Gambalyk, das nach Boniii, Journal Asiatique 1900, S. 587 ein dem Metro])oliten von Kasghar unterstehendes Bistum war = Urumtsi.

Anstatt ^U!l ist wohl zu lesen ^3^^'= ^- i- Hibalik = Almalik bei Bonin a. a. 0. S. 586 und Marquart, Osteuropäische und Ostasiatische Streifzüge, S. 498.

Zu Nr. 26. Tankut, zu lesen Tangut. Über dies Gebiet s. Bonin, a. a. O. S. 585. Hauptort dieses Landes war die Stadt Singanfu. der Fundort der syrisch-chinesischen Insclirift vom Jahre 781. S. auch Marquart. Streif- züge S. 88.

Zu Nr. 27. Die Metropolitie von lva.sghar war vom Patriarchen Elias III. (11 76 II 90) eingerichtet, s. Barthold, Zur Geschichte des Christentums in Mittelasien S. 58.

Zu Nawäkäth am Issikkul s. MARyuARx, Eränsahr S. 82, 3 und Bartholr a. a. 0. S. 38.

' Am Endo seiner Chronik ed. Gismondi S. 126. Varianten das. S. 132 und Asse- MANi II. 458.

Zur Avsbreifuny dfs Christentum.^ in Asien. 23

Die Verzeichnisse II. und III. sind im wesentlichen identisch und geben uns den offiziellen Umfang des nestorianischen Christentums zur Zeit des Patriarchen Timotheos (780 823), des Sammlers der Konzilakten. Auch I. stimmt damit überein, abgesehen davon, daß f>s durch die Erwähnung von Barda'a das Vordringen des Nestorianismus in den Kaukasus andeutet. Nr. IV, das zweite Verzeichnis des Ebedjesu, niaehr mehr den P^indruck einer persönlichen Arbeit teils durch die Nomenklatur, teils auch dadurch, daß es die Verbreitung durch den Seeverkelir berücksichtigt. Die jüngste Liste, Nr. V, verfaßt etwa 100 Jahre nach der Vernichtung des Chalifats von Bagdad, enthält wiederum den alten offiziellen Bestandteil, vermehrt durch mehrere späterhin von der Mission erreichte Gebiete im mittleren und östlichen Asien. Sie entstammt vermutlicli dem Archiv des Patriarchats.

In dem Wandel der Verzeiclinisse der Hyparchien s])iegelt sich der Wandel von Wörtern und Dingen. Die ältesten kennen nur altaramäische Naraensformen wie Beth Hüzäje, Beth Räzikäje, Beth Arbäje, Beth Katräje, Hedhajjabh, Maisän, Betli Garmai. In der Folgezeit treten an ihre Stelle biblische Namen, die der syrischen Bibelübersetzung und den exegetischen Studien der Schule von Nisibis entstammen. Elam statt Beth Hüzäje, Sobä statt B^th Arbäje. Tömän statt Maisän, Athör statt Hedhajjabh, und in der jüngsten Periode nehmen arabische Namen die Stelle der aramäischen ein, Beth Räzikäje wird Rai, 3Iaisän Ba-sra, Elam Gundisäbür, Athor Mosul, Orhäi Alruhä. Neben dem Wandel der Namen zeigt sich in diesen Ver- zeichnissen auch der Wandel der Dinge. }}ei Ebedjesu ist die alte Kirchen- provinz Adiabene noch eine Einheit, im ersten Verzeiclinis als Athor, im zweiten als Arbela-Hazzä-Athor-Mosul bezeichnet, dagegen sind bei Amr zwei Provinzen daraus geworden, die eine Mosul- Athor, die zweite Arbela- Hazzä genannt. Wir müßten danach annehmen, daß die Zweiteilung der Provinz zwischen der Zeit des Ebedjesu und derjenigen des Amr statt- gefunden hat, also zwischen 13 16 und der Zeit bald nach J350.

Anhang.

Im folgenden gebe ich in Text und Übersetzung eine Stelle aus Der Rechtswissenschaft des Christentums von Ibn Altajjib (s. oben S. 8), welche der vatikanischen Handschrift Borgiano 153. Blatt iq8b. ent- nommen ist.

24 S A C H A u :

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o.^"j Ji-'l^-l J^<»^1 -* iri- jj (n:^ *^JJ ^'\J^' J-^ J öy^ J* •^^^1 o-^^ j-^

j-yifi'J jjvJlj x^lj jJ_;*-j J|^/s.j jlj^ ■^J '-'fy^} -^ Jj -J^-J ^->^. '^J^'^

\J-__ jl jl^ is-f ^J^ '^' jJb'Wlj ^jJl j j^jVI J; i^j OÜ> <i.'-_. vUi* '<!' C- Ji'j

<;V jjj>^ ^Xj »J^^' ^^* ^^=^^ >^.-r- ^ ö:^"^' t>H^ "^^^ -^^ trJ^'^

J'/j iijlkil iiJLi j* ^J'^ (J*J ^j-t'Tj-' r^J J '-^-J oU Ü a! JÖI j'^j <_iä-l j^ yb (.L-l "Vlj o*-» j^ ^i J^ 3:^'^* '^ °y~^ V^--'^ äofrLx ^1 "V^^ c/^ j^^* j|_^i ^Jo^ jlSj jl^ iüLVl t^iy (j^. ^^ ji^ '-J^-:' ■'^. 0' J' *** '->j^i j^. Aioj J^_ jl ji.'U^ ■w^U'lj jJirU-l jjl j-j, 4^l^_ jl jl>41i --i^^^ l>_ |j -^1 J»j

Übersetzung. » Wenn die Diözese eines Erzbischofs ausgedehnt ist und große Städte hat, kann der Patriarch sie über mehrere Erzbischöfe verteilen zum Nutzen der Behütung des Glaubens, wie Timotheos mit dem Thron von Damaskus getan hat wegen der Verschiedenheit der Glaubensansichten im I^nde Syrien. Der Kanon der Väter ermächtigt den Patriarchen, Erzbischöfe einzusetzen, wo er will. Der Thron des Ostens (Seleucia) ist abgeleitet von dem Inhaber (des Thrones) von Antiochia, als der Osten dem Papa übergeben wurde. Anordnung der Throne der Erzbischöfe nach der zeitlichen Reihen- folge ihrer Wahl bei der Gründung. Papa ernannte (Erzbischöfe) zuerst für

Gundisäbür,

Nisibis,

Basra,

Mosul. Zur Zeit der 3 1 8 Väter (des Konzils von Nicäa) verlangten die Garamäer von Simeon Bar Sabbä'e einen Erzbischof, den er ihnen auch gab.

Zur Ausbreitung den ChrL<itentums in Asien.

zo

Zur Zeit des Katholikos Isaak wurden die Erzbistümer eingerichtet in der Persis und in Merw.

Zur Zeit der Jesujabh (Isö'jabh) wurden ?>zbistünier eingerichtet in

Hulvän.

Herät,

Samarkand.

Indien,

China.

* Timotheos hat sechs Erzbistümer eingerichtet, von denen drei erlosclien,

drei noch vorhanden sind. Zu letzteren gehören

Armenien und Rai.

Der Katholikos kann, wenn der Thron eines Erzbischofs erloschen ist, ihm den Thron eines seiner (des Erzbischofs) Bischöfe verleihen. So hat der Katholikos Sabhrisö', als (der Sitz des Erzbiscliofs von) Garamäa ver- ödet war, ihn auf den Thron von Sahrazür gesetzt, weil dort kein Bischof war. Als dann die Leute von Sahrazür baten, ihnen wieder einen Bischof zu geben, wurde ihm (dem früheren Erzbischof von Garamäa) noch ein Teil (der Diözese) von Khänigär, der nämlich einen Bischof hatte, unter- stellt; als aber letzterer gestorben war, gehörte ihm das Ganze (d. h. sowohl das Bistum Sahrazür wie ein Teil des Bistums von Khänigär). So ge- schehen in den Tagen des (Katholikos) Sergius.

Wenn der Thron eines Bischofs, der ursprünglich Erzl)ischof war (•'), vakant ist und der (zuständige) Erzbischof aus Habgier es versäumt, nüt Hilfe der Gemeinde einen andern (Bischof) zu ernennen, dann soll der Katholikos ihn dazu antreiben (1. <^ statt <^). Wenn er es dann tut, ist es gut; tut er es nicht, so ernennt der Katholikos eine geeignete Person und befreit sie (von der Oberherrlichkeit) jenes Erzbiscliofs so lange, bis dieser sich bekehrt und Buße tut.

Wenn ein Bischofsthron, über den ein Erzbischof zu verfügen liat, vakant wird, wenn seine Diözese in der Nähe des Erzbischofs liegt und die Zahl seiner Bewohner für einen Bischof nicht ausreicht, dann kann der Erzbischof die Diözese in seine Verwaltung nehmen, nachdem er di(> Erlaubnis des Katholikos dazu eingeholt hat. Der Katholikos kann überall binden und lösen (d. h. hat souveräne Gewalt).«

Fhil.-hisl. Al,l,. mm. Nr. I. .. A

2g S A (' II A i; ;

Von den Bistümern.

Bei dem Versuch einer Übersicht über die Bistümer der nestorianischen Christenwelt ist zunächst das Augenmerk darauf zu richten, wann das Da- sein eines Bistums bezeugt wird, wann es zuerst auftritt und wann es noch als bestehend nachgewiesen werden kann, und zwar innerhalb des Zeitraums von den Anfangen bis in die Zeit des Amr Ibn Mattä, d. i. bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts. Wir folgen in der Ordnung der Kirchenprovinzen der offiziellen Reihenfolge, soweit es eine solche gab.

Kirehenprovinz Babylonien.

Die Katholikats-Provinz hieß offiziell B6th-Armäj6, Aramäer-Land, Ara- mäer-Heim. Die Sprache der Aramäer ist die Kirchensprache des gesamten orientalischen Christentums geblieben bis auf den heutigen Tag und bis in die Grenzen Chinas, womit aber nicht ausgeschlossen war, daß man auch Übersetzungen der Bibel in andere Sprachen Asiens versuchte'. Wie lange sie sicli als Volkssprache in Babylonien erhalten hat, ist noch nicht unter- sucht. Beachtenswert in diesem Zusammenhang ist, daß noch ein arabischer Sprachgelehrter des 6. Jahrhunderts d. H., Algawäliki, gest. 1145, ein Bei- spiel der babylonischen Bauernsprache- seiner Zeit anführt, um sich darüber lustig zu machen.

Bistümer.

I . Selcucia am Tigris, das Bistum des obersten Bischofs oder Ka- tholikos, genauer Selevicia und Ktesiphon. genannt Mähoze = die Städte- arabisch Ahnadä'in, sasanidisch Bih-Arda.sir, arabisiert zu Bahurasir. Das Christentum in Seleucia-Ktesiplion geht bis in die Partherzeit zurück. Bald nach dem Dynastiewechsel 224 wurden den Christen daselbst von den Vor- stehern der älteren Gemeinde Arbela Geistliche geweiht, zuletzt Päpji (s. Chr. Arbel. S. 69). Im südlichen Teil des Stadtgebietes von Seleucia lag eine

' Wie sich aus einigen TurfVm-P'unden ergibt.

- Kr bezeichnet sie als Nabataeisoh (Mu'arrab S. 67, 3(1'.) O^jtäoA hS» 1jwm3 2-^ = J^ ^ 0^-5 V »Keine P^iircht vor dem Kamel«.

Zur Auübrcltv iKj dfs Cliristcntiuns in Asieit. 27

Ortschaft, genannt Kökhe, deren Kirche die Zentralkirche der uestoriani- schen Christenwelt, die Katholikatskirche war. In ihr mußte der neuge- wähltc Katholikos proklamiert werden, und diese Sitte wurde auch dann noch beibehalten, als der Katholikos längst nicht mehr in Kökhe, sondern in Bagdad residierte. In der Kirclie von Kokhe wurden in alter Zeit die großen Konzilien abgehalten, und dort, vermutlich in einem Nebenhau des- selben, war die Wohnung des Patriarchen des Ostens und ist es bis in die Zeit der älteren Abbasiden geblieben, abgesehen von einigen durch Ver- folgungen verursachten Unterbrechungen. So residierte Patriarch Henäniso' während der zweiten Amtshälfte seiner Amtsführung von 694-701 im Jona-Kloster bei Mosul, dessen I-age durch das heutige Nebi Jünus ange- geben sein dürfte, und Patriarch Abhäll (742 752) verließ Seleucia, wohnte eine Zeitlang in Wäsit, Kilfa und I.Iira, um schließlich nach Seleucia zurück- zukehren. Der Patriarch Iso jabh aus Hazza (850 860) Höh vor Mißhand- lungen aus Kökhe nach einem Jakobs-Kloster In Bä-'Abhe im Gebiet von Mosul und im folgenden Jahrhundert lebte Patriarch Mär Man (987 1000) eine gewisse Zeit in Anbär (heute Feilüge). In den Zeiten, als die Chalifen nicht in Bagdad, sondern in Samarrä residierten (von 838-883), sind die Patriarchen dem Hofe vielfach dorthin gefolgt.

Derjenige Katholikos, der zuerst während de.s größten Teils seiner Re- gierung außerhalb von Kökhe residiert zu haben scheint, dürfte Timotheos 1. (780 823) gewe.sen sein. Er wohnte zuerst auf einem Landgut, genannt Umm-(ia'far, dann in dem Kloster Krone Jesu (Kelil Isö ) in Bagdad. Welches die letzte Katholikos-Proklamation war, die in Kökhe stattgefunden hat, ist mir nicht bekannt. Noch im Jahre 1028 wurde Katholikos Elias I., nach- dem er in Bagdad gewählt war, sofort nach Kökh^ geführt und dort in der Kirche proklamiert.

Die Verdi-ängung des Katholikos aus den Reichszentren Seleucia und Bagdad, hauptsächlich in der Richtung nach Norden, ist ein Zeichen des Rückganges des Christentums, verdient aber auch Beachtung für die (be- schichte der nestorianischen Literatur, denn das Patriarchatsarchiv in Kökhe dürfte zahlreiche literarische Schätze besessen haben und diese sind, wenigstens zu einem Teil, durch die einzelnen Etappen' mit nach dem Norden gewan- dert. Die Geschichte der weiteren Entwickelung und Wanderung des Ka-

' I ?68 verlegte der Kntboliko.s seinen Sitz luich Arbela, 1 27 i nach Usni'i in Adharbaij^än.

28 S A i; H A V :

tliolikats, bis es 1780 in Kocanes bei Gulamerg- eine feste Heimat gewonnen hat, verdiente eine eingeliende Untersuchung. Vgl. Assemani, B. Or. III. II S. 428. 429.

2. Mähözä Hedhattä (=- Neapolis), arabisöh Riimijja, eine von Khusrau Anösarwän im Jalire 540 für Kriegsgefangene aus Antiochien gegründete Stadt.^ In den Konzilakten erscheint ein einziges Mal als Mitglied des Josefkonzils von 554 ehi Clodianus, Bischof-Metropolit von Mähoze Hedhattä, aber diese Unterschrift ist nicht ohne Grund von ('habot (Syn. Or. S. 366) angezweifelt, denn es ist auffallend, daß der Bischof einer neugegründeten Stadt sofort als Metropolit-P>zbischof bezeichnet wird, und außerdem erwartet man an der betreffenden Stelle die Signatur des Bischofs-3Ietropoliten von R6w- Ardasir oder desjenigen \ on Mesene. Der syrische Text zeigt indessen keine Spur einer Verderbnis, es ist daher mit der Möglichkeit zu rechnen, daß in der Erhebung der vor 14 Jahren gegründeten Stadt zu einem Erzbistum eine Laune ihres kaiserlichen Gründers zutage tritt. Dies Neu-Antiochien lag nicht weit gegen Süden von Ktesij)lion entfernt. In Marjusid-alittilä' I, 492 heißt es: «Rümijja, eine Ortschaft in Almadä'in, verödet«, womit wohl ge- sagt sein soll, daß sie noch innerhalb des großen Gebietes, das die Doppel- stadt Seleucia-Ktesiphon einmal eingenommen hatte, gelegen war.

3. Elias Damascenus (um 893) erwähnt in seinem Verzeiclmis der zur Katholikatsprovinz gehörigen Bistümer ein J*i/* j_-^ Hercules-Kloster, was verschrieben ist für J»^ j_^ Ezechiel-Kloster. »Ein solclies Kloster lag im Bezirk Nu'manijje, s. Masüdi, Murüg 8, 198, wo statt J»^ yJ zu lesen ist J'j> j'-i und Ja'kübi (Bibl. Geogr. VII) 321, 21 j-i O-'LiC!! oa« jj (>1»lH ^U)_ ■KJ (_$ jll Jiiy- « (Mitteilung von B. Moritz). Der Bezirk Nu'manijje lag im Nordosten Babyloniens zwischen dem Tigris und dem Grenzgebirge.

4. Beth-Deräje, arabisch Bä-Daräjä, das heutige Bedre unfern der persischen Grenze, nördlich von Küt El'amära, noch jetzt eine nicht un- bedeutende Ortschaft, unter der türkischen Regierung der Sitz eines Mudirs. Es gehörte in sasanidischer Zeit zur Landschaft Nahrawän (Nihrawän), so genannt nach einem Kanal dieses Namens östlich vom Tigris und unter- halb des Dijälä. Die Landschaft umfaßte das ganze Gelände vom Tigris bis an die persischen Grenzberge etwa von der Breite Bagdads südlich bis über Beth-Küsäje (s. Nr. 5) hinaus und war eingeteilt in fünf Gaue, Ober-, Mittel- und Nieder-Nahrawän, Beth-Deräje und Beth-Kusäj^. Von nnderweitigen Ortschaften Nahrawans erwähnt Jäküt IV. 846 die folgenden:

Zur Auftbreituny deü Christcn/iniis in Asii'ii. 29

Iskäf, Gargaräjä, Alsäfija und Dair-Kunnä (s. Nr. 6). Diese Gegend sclieint frOli christlich geworden zu sein, es ist zusammen mit den südlicheren Diözesen Mäsabadhän und Saimara das Missionsgebiet des 308 martyrisierten Pethion'. In den Konzilakten erscheinen Biscliöfe von Beth-Deräj^ in den Jahren 420 bis 790. Ein Bischof von Beth-Deräje war noch bei der Wahl der Patriarchen Elias aus Karkh-Guddän im Jahre I02 8«beteiligt.

5. Beth-Küsäj6, arabisch Bä-Kusäjä, Ürtsciiaft und Gau im südlichsten Teil der Landschaft Nahrawän, jetzt nicht mehr vorhanden und nur noch in Ruinen südöstlich von Bedre am Tschengula-Fluß nahe der persischen Grenze nachweisbar. In älteren Zeiten scheint liier kein Bistum vorhanden gewesen zu sein, denn in den Konzilakten wird ein solches niclit erwähnt, aber M b S berichtet S. 104, daß ein Bischwf von Bä-Kusäjä ebenso wie derjenige von Bä-Daräjä im Jahre 1028 an der Wahl des Katholikos Elias von Karkh-Guddän teilgenommen habe. Wegen Unterstellung des vereinigten Bistums Bä-Daräjä und Ba-Küsüjä unter den Bischof von Kaskar s. weiter unten S. 3 i .

6. Kunai uACJb (Aussprache ungewiß), arabisch Dair-Kunnä und Dür- Kunnä, gehört ebenfalls zur Land.schaft Nahrawän, 16 Farsakh unterhalb von Bagdad, nach Jäküt (gest. 626/1229) eine Meile ostwärts vom Tigris gegenüber Algudaida entfernt, während es nach Ibi\ Serapion, der nach 945 sclirieb, am Tigris lag. Es galt als das Kloster des angeblichen Apostels von Babylonien Mär Märi' und war seinerzeit eine berühmte Kloster.schiüo (J^-V j_^i , oy^"^^ Jj^). Im Anfang des 14. Jahrhunderts war es verödet, aber immer noch Wallfahrtsort der Christen (nach Maräsid-alittilä' 1, 437, verfaßt von dem 1338 gestorbenen Safi-aldin).

Ein Bischof dieses Ortes wird in den Konzilakten nur ein einziges Mal in den Verhandlungen des DädhisA'-Konzils des Jahres 424 erwähnt. Später verschwindet dies Bistum und soll nach Assem.vni, B. Or. III. II S. 741 mit dem Katholikatsbistum vereinigt worden sein.

7. Gokliä, Gaukai, eine babylonische Landschaft nahe den östlichen Grenzbergen, die ich nicht näher zu begrenzen weiß (Jäküt s. v. '^yr), wird bei Thomas von Marga (Book of governors ed. Budge II, 564) als ein Bistum seiner Zeit (um 840) erwähnt.

' HOFFMANN S. 61.

' Siehe AbM .S. i.

30 S A CH A u :

8. Zäl)lie, arabisch Alzawäbi, eine Landschaft im östlichen Babylonien auf dem Westufer des Tigris zwischen Bagdad und Wäsit, angrenzend an das Katholikatsbistum, mit dem Hauptort Alnu'msinijja, das am Tigris auf halbem Wege zwischen den genannten beiden Städten lag.

Zur Erklärung der Pluralform Zäbhe bemerkt Jäküt II, 903, »es gebe zwischen Hagdad* und Wäsit zwei Kanäle des Namens Zäb, den oberen bei Küsän, der nach seiner Meinung aus dem F.uphrat abgeleitet sei und sich bei Zurfämija in den Tigris ergieße; der Hauptort dieser Gegend sei das am Tigris gelegene Alnu'mänijja ; und den unteren, dessen Gebiet sein Zentrum habe in dem nahe bei Wäsit gelegenen Nahr-Säbus. An jedem dieser beiden Zäb liege eine Anzahl von Ortschaften«. Zu den topographischen Einzelheiten bemerkt Jäküt. daß Küsän ein Gau und Kanal' zwischen Alnu'mänijja und Wäsit, daß Zurfämija oder ZurlVmija eine große Ortschaft im Gau Küsän, aber zu seiner Zeit verödet, und daß Nahr-Säbus ein Kanal sei, der eine Tagereise oberhalb von Wäsit fließe. Hierdurch ist die Südgrenze des Bistums Zäbhe südwärts als über die Einmündung der Satt-Elhai in den Tigris hinausgehend, wo es an das Bistum Kaikar stößt, nachgewiesen.

Bischöfe von Zäbhe begegnen in den Unterschriften der Konzilakten in den Jahren 420 bis 790. Zu späteren Zeiten wird das Bistum auch nach seinem Hauptorte als Alnu'mänijja bezeichnet, erscheint zuweilen ver- bunden mit einem Bistum Alnil und einmal außerdem noch verbunden mit dem Bistum Bä-Daräjä (s. Nr. 3) unter dem Katholikos Elias 11. Ibn Almukli I 1 1 1 1 132 (s. M b S S. 129). Es ist ein Zeichen eines bedeu- tenden Rückganges des Christentums in jenen Gegenden, daß drei Bistümer, zwei innerbabylonische und ein nahrawanisches, unter einem einzigen Bischof vereinigt wurden. Das Bistum Zäbhe läßt sich durch die Angaben der Patriarchenchroniken von Märi und Amr bis in das F^nde des 12. Jahr- hunderts nacliweisen. Späteste Erwähnung unter dem Katholikos Elias III. Abü-Halim 11 76— 11 90 bei A b M S. 65.

9. Kaskar, arabisch Kaskar, Landschaft und Stadt im südöstlichen Babylonien, unter den Sasaniden Khusrau-säpür genannt. In jenen Zeiten scheint die Landschaft die größten Teile von Süd- und Ostbabylonien so- wie auch von Mesene umfaßt zu haben (s. Jäküt 4, 274; Maräsid 2,497).

Die Manisifl II. 459 nennen diesen WasserlaiiC JlI!| ia~ .

Zur Ausbi-eitung des Christentums in Asien. 81

Üie Stadt Kaskax pflegt mit dem von Alhaggäg gegründeten Wäsit gleich- gesetzt zu werden; sie dürften nalie beieinander gelegen haben, denn sie werden als zwei verscliiedene Ortscliaften genannt, Kaskar und W<äsit (z. B. bei M b S S. 109). Die Ruinen der Stadt Wäsit liegen in dem Winkel zwischen dem Satt-Elhai und dem Tigris unfern der heutigen Stadt Küt-Elhai.

Das Christentum in Kaskar ist durcli die Unterschriften seiner Bischöfe in den Konzilakten der Jahre 410 bis 790 bezeugt. Ein noch älterer Bischof von Kaskar namens P]bedjesu wird in der Chronik von Seert I, 236 als Zeitgenosse von Papa (gest. 326) und Mäni erwähnt. Der Bischof von Kaskar spielte in der Hierarchie eine bedeutende Rolle, da er der erste unter den Bischöfen der Katholikatsprovinz war und den Katholikos in Vakanz- zeiten zu vertreten hatte (nach den Bestimmungen des Isaak-Konzils vom Jahre 410, § XXI).

In den Akten des Henänisö'-Konzils von 775 wird mehrfach ein Bi- schof von «^äolÜrakli?, Örekh? und Kaskar augefülirt (Syn. Or. S. 5i6ft'.). Wenn, wie Chabot annimmt, Urakh dasselbe ist wie das biblische !T"is

t

■■Op^x, 'Opxohi, die heutige Ruinenstätte Alwarkä, dann muß sie also noch in altabbasidischer Zeit bewohnt gewesen sein. Daß dies in parthischer Zeit der Fall war, haben die Ausgrabungen gelehrt. Die arabischen Geo- graphen bezeichnen Alwarkä. als zum Gebiet von KaAkar gehörig'.

In späteren Zeiten begegnet das Bistum Wäsit einmal verbunden mit einem Bistum Alkubbe durch den Katholikos Ebedjesu aus Karkh-dluddän 963 986 (MbS S. 92). Nach Elias Damascenus (Assemani B. Or. III. II, 733; 11,458) war zu seiner Zeit das vereinigte Bistum Bä-Daräjä Bä- Kusäjä unbesetzt und die Verwaltung dieser Gemeinden dem Bischof von Ka.skar übertragen. Die späteste Erwähnung der Bistümer Kaskar in den Patriarchenchroniken findet sich im i 3. Jahrhundert unter dem Katholikat des Makklkhä II. 1257 1265 bei AbM S. 69.

10. Abdäsi, als ein Bistum der Katholikatsprovinz erwähnt von Elias Damascenus (Assemani II, 458). Nach Jaküt war Alxlasi ^_g^■■^^ arabisiert aus t.s*-'^-^', der Name eines Landgutes (oder einer Burg) im Gau von Kas- kar, zerstört von den Arabern. Der Name sei aber dann als Bezeichnung für die umliegende Kulturlandschaft geblieben. Abda.si wird bei Tabari

' Das hier besprochene ^So2 ist daher verschieden von dem Berge. Gchirgo &03o2 im Lande BÄth-Garmai, s. Jesudenal.i S. 231 Nr. 10, Text S. 5 Z. 14.

32 Sachat:

in den Ereignissen der Jahre der Flucht 145, 200 und 267 erwähnt; es lag südlich von Wäsit (Tabari III, 985) und ist den arabischen Geographen Ja'kübi, Istakhri, Ibn Haukai und Mukaddasi wohlbekannt. Es geliörte zur sasanidischen Provinz Dasti-Maisän und lag nicht weit von Almadhär (Ibn Roste S. 94. 95), vgl. auch Ibn Kliordädbeli S.TTn,5 ^-^^

1 1 . Alkasr und Alnahrawänät. Dies Bistum lag vermutlich im süd- lichsten und südwestlichen Babylonien, nicht weit von den Grenzen der Sumpfregion Albatä'ili entfernt. Die Form Nahrawänät ist sonst nur be- kannt als Bezeichnung der drei Teile des Gebietes Nahrawän (s. Jäküt 4, 846, 20) östlich vom Tigris und nördlich sowie südlich der Breite von Seleucia (s. oben Nr. 4 S. 28). Das hier gemeinte Nalirawänät dürfte da- gegen die Landschaft am Nahrawän-Kanal (Fluß?) bei der Stadt Nahrawän bezeichnen; beides lag südlich von Wäsit (s. ZDMG. 39, S. 9. Z. 5. 6. 24, auch S. 2, Z. loft'.j. Die Stadt Alkasr lag am Sürä-Kanal, zwei Meilen von Sürä entfernt (das. S. 7. 21).

Das Bistum Alkasr allein wird bezeugt in den Patriarchenchroniken im 1 1. Jahrlmndert unter Johannes IV. Ibn Ezechiel 102 1 1026, Elias von Karkh Guddän 1028 1049, Johannes VIII. Ibn Tii'gbäl 1050— 1057 und Ebedjesu Ibn Al'ärid. 1074 1090.

Das Bistum Alnahrawänät allein erscheint unter Patriarch Johannes, Ibn Al'a'rag 900 905.

Das kombinierte Bistum Alka.sr und Alnalirawänät wird im 11. und 12. Jahrhundert erwähnt. Die Patriarchen Isö jabh Dürkönensis (102 1 bis 1026) und Johannes Ibn Tirgbäl (1050 1057) waren Bischöfe dieses Bis- tums, bevor sie zu Patriarchen gewählt wurden. Letzte Erwähnung unter Elias II. Ibn Almukli 1 1 1 i i i 3 2 .

12. Niffar (Nuffar). In späten Zeiten erscheint in den Patriarchen- chroniken ein Bistum dieses Namens, unter Joliannes Ibn Al'a'rag 900 905, Mari Ibn Tübä 987 1000, Sabhrlso* Zunbür 1063 1072 und Ebedjesu Ibn Al'ärid 1074 1090. Die Ortschaft dieses Namens ist der durch die Ausgrabungen bekannt gewordene Trümmerberg. Nach 3Iaräsid III, 207. 22 1 lag er an einem Kanal Nars, der von dem Sasaniden Narses, Sohn des Bahräm (293 302), gegraben und aus dem Euphrat abgeleitet war.

Dies niittelbabylonische Bistum erscheint an einer Stelle verbunden mit einem andern Gebiet als ^Ül^ > Niffar und Alnil bei MbS 114 unter Katholikos Ebedjesu Ibn Al'ärid (1074 1090). Über die Lage dieses

Zur Aiisbreitung des Christentums in Asien. 33

Ortes sagt Jäküt IV, 86 1; »Alnil, eine kleine Ortschaft in der Marsch von Küfa, unfern Hillat-Bani Mazjad, durchflössen von einem großen Kanal, der aus dem Euphrat abgeleitet ist, gegraben von Alhaggäg Ibn Jüsuf und benannt Nil-Misr. Nach anderer Ansicht sei dieser Kanal von Sarät-Gä- mäsp abgeleitet.« Dieser Angabe fügen die Maräsid III, 260 das P'olgende hinzu: »Er (der Nil-Kanal) ist die Hauj^twasserader des Bezirks von Küsän, der sein überflüssiges Wasser imterhalb Alnu'mänijja in den Tigris gießt.« Die Ortschaft Alnil dürfte erhalten sein in dem heutigen Alnilijja, der Kanal in dem ausgetrockneten Satt-Alnil, vgl. DMG. 39, 3. 8 und L. Mas- siGNON, Mission en Mesopotamie (1907 1008) tom. I S. 55 und die Tafeln I. 51. 52. Alnil als Bistum grenzte vermutlich im Süden an das Bistum Niff"ar.

13. Alnil, ein innerbabylonisches BLstum, über dessen Lage s. unter Niffar (Nr. 1 2), mit dem es zuzeiten vereinigt war. Es wird im 11. Jahr- hundert erwähnt unter Elias aus Karkh-Guddän 1028 1049, Sabhrisö' Zunbür 1063 1072 und Makkikhä I. 1092 i 108. Unter letzterem waren einmal die drei Bistümer Alnil, Alnu'mänijja, d. i. Zäbhe und Bä-Daräjä (s. Nr. 4 und 8) vereint (s. MbS 129).

Über die Ruinen von Nilijja und den Kanal Satt-Alnil, an dem die Ortschaft lag, s. Sarre und Herzfeld. Archäologische Reise im Euphrat- und Tigris-Gebiet S. 233 249 und die Tafeln XXXII bis XXKIV; eine Ab- bildung aus älterer Zeit bei Loftus, Travels and researches 1857 S. 82.

14. Hertha dhe-'['ajjäje, arabisch Alhlra, in Westbabylonien südöstlicli von Meshed-Ali. Über die jetzige Beschafl"en]ieit des Platzes, den einst- mals Hira einnahm, s. B. Meissner, Von Babylon nach den Ruinen von Iura und Huarnak (Sendschriften der Deutschon Orientgesellschaft Nr. 2, Leipzig 1901) S. 18 und Massignox, a. a. O. S. 28. Während von den Fürsten Iliras erst einer der letzten, Nu'män III. Abi't Kabüs unter Khusrau Parw^z (590 bis 628) das Christentum annahm', war in der Bevölkerung das Christen- tum schon lange vorher verbreitet, und christliche Bischöfe von Hira werden durch die Konzilakten schon in den Jahren 410—585 und .später noch 790 bezeugt. Dies Bistum bestand noch gegen Ende des 10. Jahrhunderts unter Katholikos Mari Ibn '{uhk (987 1000) s. AbM 55. Für die Ver- breitung des Christentums im Gebiet von Hira zeugen die zahlreichen Klö-

' G. Rothstein, Die Dynastie der Laljmidon in Al-Hii-a. Berlin 1899, S. 142; (Iiiidi. <'hronicon anonymum S. 16.

Phil.-hist. Abh. 101!). Ar. 1. :,

;^4 S ACH Ar:

ster, die dort, vorhanden gewesen sind. S. die Aufzählung bei Massignon,

a. a. 0. S. 37 40.

15. Anbär = Perozsäpür, auch Anbär und Hit genannt (M b S 129), das erstere auf der Ostseite des Euphrat. ungefähr der Lage des heutigen Fellüga entsprechend, zugleich eine Landschaft, die sich unter den Sasa- niden von Hit und Ana am Euphrat quer über Land bis nach Katrabbul, einem nördlichen Vorort \on Bagdad unfern des Südendes des Dugail- Kanals, erstreckte, während Mu'äwija Hit und Ana vom Gau Anbär trennte und mit der Gezire (Innerbabylonien) vereinigte (Jäküt III, 929). Außer dem ersten abbasidischen Chalifen Abü-Alabbäs Alsaffah residierte hier zuzeiten auch Härün Alrasid. Als christliclies Bistum ist Anbär durch die Konzil- akten aus den Jahren 420—576, 605 und 790 belegt. In den Patriarchen- chroniken wird das Bistum Anbär oft erwähnt, allein zuletzt unter d€tm Katholikos Ebedjesu Ibn Al'ärid 1074 1090, vereinigt mit Hit unter Elias IL Ibn Almukli iiii 1132.

16. Alkubba. Marl Ibn Sulaimän bericlitet folgendes (S. > i Z. 12. 13: Übersetzung S. 92): »Der Katholikos Ebedjesu aus Karkh (iuddän (963 986) verband den Thron von Alkubba mit Wäsit und setzte Albawäzig an seine Stelle. Das gehörte damals zur Hyparchie Beth-Garmai. « Ich verstehe diese Stelle so, daß der Katholikos das Bistum Alkubba aufhob, und die Sorge der dort noch etwa vorhandenen Christen dem Bischof von Alba- wäzig übertrug, der zugleich damit aus dem Verbände der Eparchie Belh- Garmai losgelöst und in die Katholikatsin'ovinz übertragen wurde.

Albawäzig lag im äußersten Norden der Katholikatsprovinz am Tigris, ebenso Alkubba am Euphrat, falls wir es mit Kubbat-Alküfa identifizieren dürfen, das nach Jäküt IV. 33 eine Bezeichnung für Ort und Gegend AI- rahba am mittleren Euphrat unfern Majädin war. Freilicli bleibt dabei uner- klärt, warum Alkubba mit dem fernen Wäsit (Kaskar) vereinigt wurde anstatt mit dem nächstgelegenen Bistum Anbär. Vielleicht dürfen wir mit diesem Bistum Alkubba das Bistum Rahba, das AbM 57 unter dem Katholikos Elias I. (1028 1049) erwähnt, identifizieren, über Rahba, jetzt gesprochen Rahaba, und Majädin, s. meine Reise in Syrien und Mesopotamien S. 282. Die drei nordba])ylonischen Bistümer

Ukbarä. Maskin und Alhazira

Zur AusbreitutKj rifs Chri'<tp)ihniis in :\sii')i. 35

können als die Du^ail-Bistümer bezeichnet werden, da sie entweder am üiigail selbst oder jedenfalls in seinem Bewässerungsgebiet lagen. Der Kanal dieses Namens dürfte das Gebiet von Takrit mit dem Norden von Bagdad \ev- bunden, also eine Landschaft genährt haben, welche nach den heutigen Verhältnissen ihren Hauptort in dem bekannten Beled hat. Ich glaube nicht zu irren in der Annahme, daß das Bistum 'Ukbarä Bagdad, das Bis- tum Alhazira Takrit am nächsten lag. jenes das nördlichste, dies das süd- lichste war, während das Bistum Maskin eine nicht näher l)estimmbare Mittellage zwischen beiden eingenommen haben dürfte. Die einzelnen Ort- schaften zu lokalisieren scheint mir unmöglich, denn der Tigris hat hier vielfach seinen Lauf geändert und die Kanäle sind verschwunden, wenn auch vom Duijail vielleicht noch hier und da ein Stück sorhanden sein mag.

17. Ukbarä, .sasanidisch Buzurksäpür. nach Chr. Scert II, 221' von Sapor I. (241 272) gegründet und mit griechischen Kriegsgefangenen Iic- völkert, loFarsab von Bagdad gegen Norden entfernt. Vgl. Maräsid 11, 270. Die Haiiptorte in dem Bistum waren Awänä ]ao2 und .Sarifin, und diese sowie die Stadt Ukbarä selbst lagen so nahe beieinander, daß, wenn in dem einen Orte der Gebetsruf erschallte, er in den andern gehört wurde (Jäküt III, 384).

In den Konzilakten ist noch von keinem Bistum Ukbarä die Rode, es erscheint erst in den Patriarchenchroniken von goo an. zuerst unter dem Katholikos Sergius (860 872). zuletzt unter Sabhrisö' IV. (1222 1225).

18. Maskin, am Duirail-Kanal gelegen, und ursprünglich zu demselben Kreise gehörig, zu dem Awäiui geliörte, d. i. zu Ukbarä (Marä.sid III, 98). Zur weiteren Bestimmung der Lage von Maskin mag folgendes dienen : Es lag nicht weit von Awänä am Duiail bei dem Katholikos-Kloster J:^''»-' >'.- (Jäküt 4, 529). Dies Kloster lag westlich vom Tigris in der Breite von Harbä, hart an der Grenze zwischen Babylonien und dem Gebiet von Takrit (das. II, 650). Damit ist ein fester Punkt gegeben, denn Ilarbä" ist heutigen Tages noch als Ruinenstätte vorhanden (s. meine Reisenotizen Am Euphrat und Tigris, Leipzig 1900, S. 83 und Tafel III).

' Text verdorben, statt -1 ^'^•o-iy' lios -^yy—^-^J

' Nach Maräsid i. 295 lag Haihä im obersteii l'cil des Du;iai 1 - Gebietes iJ^J i^\ cJ- Danach dürfte dci' Duy;ail nicht weit nördlich von Harba oder der Breiti' des heutigen Belcd an."» dem Tigris abgeleitet gewesen sein.

36 S A c H A II :

Ein Bischof von Maskin wird unter dem Katliolikos Jöhannän Ibn Al'a'rag (900 905) erwälint.

19. All.iazira »eine große Stadt im Gebiet von Bagdad gegen Takrit liin, zum Dugail-Gebiet gehörig« (Jäküt 2, 292), »in der Nälie von Ilarbä« (Maräsid I, 309). Hiernach sclieint es mir wahrsclieinlich, daß Alhazira identisch ist mit jener ausgedehnten Ruinenstätte, die jetzt als Istabulät bezeichnet wird (s. meine Reisenotizen Am Euphrat und Tigris, 1900, S. 83 und Tafel III). Das Bistum Alhazira grenzte im Norden an dasjenige von Takrit. Es wird unter dem Katholikos Makkikhä II. 1257 1265 erwähnt (bei AbM 69).

Es folgen mehrere tigritanische Bistümer, Tii'liän, Karm^, Sennä und Beth-Wäzik.

20. Xrihän oder Xirhän mit dem Haui)tort Tegrith am Tigris, arabisch Takrit. Über die Grenzen dieses Bistums s. Hoffmann, S. 191. In den Konzil- akten sind Bischöfe dieser Landschaft bezeugt aus den Jahren 544 790 und in den Patriarchenchroniken in den folgenden Jahrhunderten bis unter dem Katholikos Makkikhä I. (1092 i 108). Hier war es, wo das monophysitische Christentum bald nach seinem Erscheinen am Tigris die Oberhand über das nestorianische gewann.

21. Karme, d. h. die Weinfelder, eine Ortschaft gegenüber Takrit, als Bischofssitz bezeugt in den Jahren 486, 497, 554. Ob vielleicht iden- tisch mit dem Bistum Tirhän?

2 2 Sennä oder Sennä dhe-Beth Remmän, arabisch Sinn-Bärimmä, auf der Ostseite des Tigris, nördlich von der Stelle, ^Y0 der Tigris die Ilamrin- Kette durchbricht und etwas südlieh von der Mündung des kleinen Zäh. Bischöfe dieser Diözese erscheinen in den Konzilakten in den Jahren 576 bis 790, und in der Patriarchenchronik des MbS 112 noch im 11. Jahrhundert unter Katholikos Ebedjesu Ibn Al'ärid (1074— 1090). Durch seinen Amts- vorgänger Sabhrisö' Zunbür (1063 1072) wurde das nördlich angrenzende Bistum Albawäzig mit dem Bistum Sinn-Bärimmä vereinigt (s. MbS i 10. 114).

Ein Simeons-Kloster in Sennä wird erwähnt bei Jesudenah, S. 258 Nr. 67.

23. Beth-Wäzik, arabisch Albawäzig am Tigris, nördlich von der Ein- mündung des unteren Zäb in den Tigris. In den Konzilakten niclit erwähnt, Avohl aber in späteren Zeiten unter Katholikos Phetion (731 741), Märi Ibn Tübä (987 1000), Elias aus Karkh Guddän (1028 1049) und noch unter Makkikliä II. (1257 1265).

Ziir Ausbn'ituiiij di's Clirisfrutums in Asien. 37

Albawäzig gehörte ursprünglicli zur H\ parchie Reth-Garmai, wurde dann zur Katholikats-Eparchie geschlagen, jedenfalls vor 893, denn Elias Ganhari von Damaskus kennt diesen Zustand schon (Assemani B. 0. II, 458).

Die folgenden vier Bistümer, 24 bis 27, deren bedeutendstes Hulwän ist, liegen an der bekannten Heerstraße \on Bagdad- Hamadän. Babylon- Ekbatana oder in ihrer Nähe. Daß sie zur Katliolikats-Provinz gehörten, ist nirgends direkt überliefert, aber wahrscheinlich, denn zu der angren- zenden Provinz Beth-Garinai gehörten sie nicht. Später wurde Hulwän durch den Katholikos Isöjabh Geddäläjä (628 643) aus dorn Verbände der Katholikats-Provinz ausgeschieden, zu einer neuen Kirchenprovinz, der achten neben Susiana, Nisibis, Mesene, Adiabene, (Jaraniäa, Persis und Margiana erhoben (s. oben S. 14). F^lias tiauhari zählt Hulwän als die letzte, vermutlich jüngste, in seiner Rangordnung der Metropolitien auf (s. oben S. 2 i).

24. Daskartä dhe Malkä, arabisch Daskarat-Alnialik, das heutige Eski- Bagdad auf der Straße von Bagdad an die persische (Frenze bei Khänekin, wird als Bistum in den Konzilakteu zweimal erwähnt, unter den Jahren 420 und 424, dann aber verschwindet es in der christlichen C^berlieferung.

25. Hulwän, begraben unter den Schutthügeln des Dorfes Sarpnl am Flusse Alwän an der Straße Bagdad-Hamadan. erscheint als Bistum in den Konzilakten in den Jahren 554, 585, 605 und wird bald darauf von dem Katholikos I.söjal)h aus Geddälä (628 643) zum Erzbistum erhoi)en (s. oben S. 19). In den Patriarchenchronikc^n ist ein Erzl)ischof von Hulwän nachzuweisen von 900 unter Johannes V. Il)n ATaraif (900 905) l)is in das 12. Jahrhundert unter Elias Ihn Almukli (i i i i - i 132). Nur einmal finden wir Hulwän mit Rai, der Hauptstadt von ()l)ermedien, zu einem Erzbistum vereinigt unter Eltedjesu Um Al'ärici (1074 1090) (s. M b S 114).

26. Baläsfarr', BoAoreci»oPA, eine Ortscliaft in der Nähe von IJulwän, wird als Bistum in den Konzilakteu der Jalire 424. 576 bezeugt, ver- schwindet al)er dann in der Überlieferung. Der Katholikos Sabhrisö' (596 liis 604) l)emühte sich um die Bekehrung der Nomadenstämme der Gegend von Baläsfarr (s. Labourt, Le Christianisme S. 21 i).

27. äuäoUbSS 2«S>i,T = die Gefangenschaft ((Gefangenenlager) von Belä-sfarr, wird ein einziges Mal in den Konzilakteu im Jahre 424 erwähnt.

Das Gebiet von Balnifarr gren/te an Bt'lli-tjaniiai, s. .lesudenah S. 256.

38 S A (• hau:

Woher die Kriegsgefangenen stammten, die diesem Ort den Namen ge- o-eben haben, ist nicht ü1)erliefert: vermutlich waren es Christen aus dem Römerreich, die etwa während der vieljährigen Kriege Sapors II. dort an- gesiedelt waren.

28. Über das bei AbM S. 57 erwähnte Bistnm Rahba s. oben Nr. 16 S. 34.

Die Bistümer Babyloniens bildeten gleichsam einen Ring um das ganze Land; sie lagen an den beiden Strömen östlich vom Tigris, westlich vom Euphrat, im Innern zwischen den beiden Strömen, nordwärts am tluphrat hinauf bis in die Gegend von Mejädin und nordöstlich an der Straße nach Hamadän bis über ilulwän hinaus.

II.

Kirchenprovinz Susiana.

In Susiana, der heutigen persischen Provinz Khnzistän, deren Haupt- lebensadern die beiden Ströme Karkhä und der im Unterlauf schiffbare Kärim sind, liat das Christentum frühzeitig seinen Einzug gehalten und sich weithin über das ganze Land verbreitet. Unter den Perserkönigen a\is dem Hause Säsän war das Land in sieben traue eingeteilt, und die Vororte von fünf dieser Gaue waren Sitze christliclier Bischöfe: Sük-al Aliwäz, Tustar, Süs, Gundisäbür und Rämhormuz. Die Bezeugungen dieses Christentums von der ältesten Zeit bis zum Jahre 410, von wo an wir durch die Konzilakten über die einzelnen Kirchenprovinzon während mehrerer Jahrhunderte sichere und fortlaufende Nachrichten erhalten, sind folgende:

Nach der Arbela-Chronik S. 22 gab es um das Jahr 224 n. Chr., als die Herrschaft von den Parthern auf die Perser überging, in Susiana schon zwei Bistümer. Beth Lapat = Gundisäbür und Hormizd-Ardasir =;= Sük-al Ahwäz, jetzt Ahwäz genannt.

Nach der Chronik von Seert I, 226 soll der Bischof von Alahwäz den Mäni zum Priester geweiht haben. Da letzterer unter Baliräm I. (273 276) getötet ist, so mag diese Weihung etwa um 250, 260 n. Chr. stattgefunden haben.

An der Weihung des Päpä zum Bischol' von Seleucia (etwa um 280) war Bischof l.Iai-Be'el von Susa beteiligt (Chr. .Vrbel. S 6q).

Zi(r Audn-eitung des Chrhtentuvnn in Asien. H9

Zur Zeit, als derselbe sicli den Rang eines Oberbischofs über die ganze Christenwelt im Perserreich zu erkämpfen bemüht war, tritt ihm als mäch- tigster Gegner seiner Ansprüche Bischof Miles ijQ>«\jao von Susa entgegen. neben ihm ein anderer susischer Bischof Abraham von Sustar (Tustar).

In der großen Verfolgung unter Sapor II. fiel neben dem genannten Miles auch ein anderer susischer Bischof, Gadja])li von Gundisäbür 34 1 n. Chr. der Kirche zum Opfer'. Susiana war das Ilaupttheater der Verfolgungen und Hinrichtungen. In dieser Provinz sowie in ihrem Stammlande, der Persis, verweilten die älteren unter den Sasaniden, während die späteren, nach Ja'kübi S. 321 zuerst der große Anösarwan, ihr Zentrum in Seleucia- Ktesiphon hatten. Die Verfolgungsperiode (340 379 und darüber hinaus) bezeichnet eine tiefe Ebbe in der Entwicklung des Christentuiiis, viele Bis- tümer werden zeitweilig unbesetzt geblieben sein. Mit dem Anfang des folgenden Jahrhunderts beginnt dann ein neuer Aufstieg (unter Jezdegird I. 399 420), und zur Zeit der Verfassungsgründung durch die Konzilien von 410 und 420 waren schon fünf susische Bischöfe daran beteiligt.

Ein Kloster des Malkisö' in Elam s. im Klosterverzeichnis des Jesudenah S. 268 Nr. 98.

Die beglaubigten Bistümer Susianas sind folgende :

1. Böth Lapat = Gundisäbür, Sitz des Metropoliten, der, wie bereits oben 8. 15 erwähnt, kirchenrechtlich den ersten Rang nach dem Katholikos einnahm. Die Stadt ist den arabischen Geographen bekannt, jetzt aber nicht mehr vorhanden. Ihre einstige Lage wird markiert durch die Ruinen- stätte Sähäbäd zwischen dem Trümmerfelde von Susa und der heutigen Stadt Tustar". Die Konzile, an denen die Erzbischöfc von (iundisäbiir teilnahmen, erstrecken sicli über die Jalire 410-585 und bis 790. In späteren Jalirhunderten wird dies Erzbistum noch erwähnt unter den Pa- triarchenjohannes Ibn Ara'rai> (900 905) und Märi Ibn Tt'hA (987 1000)'.

2. Karkhä dhe Lä<len* oder Karkhä, jetzt nicht mehr vorhanden, al)er identifiziert mit den Ruinen von Iwäni-Karkli am Karkhä-Fluß, etwas weiter flußaufwärts als Susa. Vielleicht war diese Stadt noch erhalten in einem kleinen Orte U-^oder «j-j>. der bei Istakhri und Ibn Ilaukal er-

' Chr. Seert I, S. 236.

'' Der muhammedaiiische Dynast .la'kiil) Ibn Laitli Al.saflVir staib in Gundisäbür 879 n.Chr.

' A b M 48. 55-

' Keilschritlliob Ladinnii.

40 •'*' A <■ 11 --^ '* :

wähnt wird, von dem Mukaddasi 51. 405. 408 berichtet, daß er im Bezirk von Susa liege. Die griechischen Kriegsgefangenen, die unter Sapor I. hier angesiedelt waren, begruben die Gebeine des im Jahre 34 1 martyrisierten Katholikos Simeon Bar Sabbä'e von Seleucia. Nach dem Verfall der Stadt (wann?) wurden diese Kolonisten nach dem nahen Susa versetzt'. Die Be- glaubigung dieses Bistums durch die Konzilakten erstreckt sich über die

Jahre 420 605.

3. Hormuzd-Ardasir = Sük al Ahwäz = Alahwäz, jetziger Hauptort der Landschaft am untern Kärün. Bis dahin geht vom Satt-el Arab ab die Schiffahrt, wird dort durch Felsen im Flußbett unterbrochen, aber ober- halb von Ahwäz wiederaufgenommen. Als Bistum durch die Konzilakten bezeugt in den Jahren 410 605.

4. Sustera = dem heutigen Tustar, als Bistum bezeugt in den Jaliren

410—605.

5. Süs :^ Susa, bezeugt in den Jahren 410—605. In späten Zeiten finde ich dies Bistum noch unter Katholikos Makkikha II. (1257 1265) erwähnt'.

6. Rämhormizd, heute Rämhormuz genannt, unfern der Grenze der Persis, erscheint in den Konzilakten nur dreimal, in den Jahren 544, 576 und 585.

Über die kirchenreclitliche Zugehörigkeit der beiden Erzbistümer des Karkhä-Tals, Mäsabadhän und Mihragänkadliak, finde ich aus älterer Zeit keine Andeutung. Da aber Elias Gauhari^ das letztere zur Kirchenprovinz Ahwäz-Susiana rechnet, so dürfen wir wohl für das erstere das gleiche annehmen, da beide topographisch eng miteinander zusammenhängen und von der übrigen Welt, so auch von der Katholikatsprovinz durch hohe Gebirgsmauern getrennt sind.

7. Mäsabadhän Macasatikh. Das unwegsame, heutigestags meist von Lür-Stämmen bewohnte obere Stromgebiet des KarkliA und seiner Neben- flüsse sowie die im Norden angrenzende Gebirgslandschaft bis zu der Straßenlinic Kasri Sirin llamadän führt in verschiedenen Teilen verschiedene Landseliaftsnamen. Von NW nach SO der Längenrichtung der Gebirgs- falten des Zagros folgend sind die folgenden Landschaften, meist durch

1 Chr. S(iert I, 288. 303.

2 AbM 69.

'■ ASSEJIANI II. S. 458.

Zur Ausbreitung des Chmtentums in Asien. 41

querriegelartige Bergfoi-mationen voneinander getrennt, zn unterscheiden: Gilän, Zarn;i, Karäzän, Mäsabadhän, dieses vertreten durcli die beiden Land- schaften Zangäwän und Sirwän, scliließlicli Saimara, auch Miluagänkadhak oder Belli Mihrakäje genannt, mit dem heutigen Hauptorte Ambäri-Saimara in dem südliclisten Teil des Stromgebiets, bevor der Sainiara-Karkhä in die susische Ebene eintritt'.

Diese Gegenden sind das Missionsgebiet des hl. Petliion. Als Zeugen des ältesten Christentums in Mäsabadhän erscheinen zwei Bischöfe in den Konzilakten, einer bei dem Josefs-Konzil von 554 und einer bei dem Ezechiel- Konzil von 576.

Ein Kloster, gegründet von Subhhäleniäran in Mäsabadhän, siehe in dem Klosterverzeichnis bei Jesudenah S. 262 Nr. 79. YXw anderes Kloster in Mäsabadhän, gegründet von Abraham, das. S. 282 Nr. 131.

8. Saimara-Mihragänkadhak' Beth Mihrakäjr. über die Lage dieses Bistums s. unter Nr. 7. Als christliches Gebiet wird es schon im Jahre 420 in der Überschrift der Konzilakten dieses Jahres erwähnt, wahrscheinlich als Bistum, doch ist dies nicht ausdrücklich angegeben'. Zwei Bischöfe von Saimara sind unter den Zeichnern der Konzilien von 497, 576 und 585 mit Namen aufgeführt. Es ist zu beachten, daß unter dem Jahre 497 der Bischof Abraham von B6th Mihrakäje an zwei anderen Stellen als Bi- schof von Beth Mihrakäje^ und Ispahau bezeichnet wird, damals also die .später getrennten Bistümer vereinigt gewesen sein müssen'. In der späteren Tradition verschwinden die beiden Bistümer Nr. 7 und Nr. 8, was jedenfalls daraus zu erklären ist, daß diese Bergwildnisse für den großen babylonisch-susischen Verkehr zu weit abseits lagen und für ihn nur schwer zugänglich waren. Vielleicht hat erst die islamische Eroberung, über die Albaladhiirl 307, 308 und Jäküt u. d.W. O^-^l. berichten, dem Christentum im Karkhä-Gebiet ein Ende bereitet.

Außer diesen durch die Konzilakten bezeugten Bistümern werden noch zwei andere erwähnt, die vermutlich Susiana angehören.

' Vgl. E. Herzfemi, Reise durch I.uristaii, Arabistan und Fars, in den Mitteilungen Fetennanns Band 53 (1907), S. 49 ff.

■' Jäküt schreibt Mihrigän Kadhak und Kudhak.

' Syn. Or. S. 276.

* Syn. Or. S. 310, 311. 316.

mi.-hiHt. Ahh. HH'.t. Nr. I. li

42 S A c H A i; :

9. In dem Clironicon anonymum (ed. Guidi S. 36, 20. 21) wird ein (Jeorg Biscliof von J^ol erwälint, der zur Zeit des Kalifen Omar (634 bis 644) von dem arabischen Eroberer Abu Müsä Alas'ari als Gesandter zu dem persischen Befehlshaber Hormizdän geschickt und von diesem getötet wurde. Die Kämpfe fanden statt in Susiana. Kurz darauf eroberten die Araber Susa und plünderten ein in Susa gelegenes Schatzhaus, welches das Haus Daniels genannt wurde. Es ist kaum möglich, in diesem Zu- sammenhang nicht an das bei Daniel vorkommende "'b'S und das griechische evAAioc, den Fluß von Susa (Karkhä), zu denken. Ob also vielleicht das Bistum Ülai nur ein anderer Name für das Bistum Susa ist, der, wie z. B. der Name Söbä für Nisibis, in den mit Bibelexegese beschäftigten Kreisen syrischer Kleriker aufgekommen war?

Ein letztes, vermutlich susisches Bistum, das erwähnt wird, heißt Dair Mikhräk. Nach der Chronik von Seert I, 221 war diese Ortschaft von König Sapor I. in Mai.sän-Mesene gegründet, während Jäküt sie zu Susiana rechnet'. Bei Ihn Roste S. 187 erscheint Dair Mikhrak in einem Itinerar zwischen Wäsit und Sük al Ahwäz, 1 3 Farsakh von ersterem ent- fernt (also etwa im Norden, Nordwesten von Susiana?)\

Wo nun auch dies Mikjiräk-Kloster gelegen haben mag, ist es, wenn wir der Chronik von Seert glauben dürfen, schon in alter sasanidischer Zeit vorhanden gewesen, denn sie erwähnt einen Bischof Andreas von Mikhräk unter den Gegnern Päpäs und berichtet, daß ein berühmter Hei- liger und Klostergründer, Abhdiso', der Apostel von (Jstarabien, durch den Katholikos Tomarsd (d. i. etwa um 390 n. (.hr.) zum Bischof von Dair Mikhräk geweiht worden sei (I. 1 236; I. II 311).

Es ist oben S. 38 darauf hingewiesen, daß die Provinz Susiana in sieben Gaue eingeteilt war und daß fünf derselben zugleich als christliche Bistümer nachgewiesen werden konnten. Ob auch die übrigen beiden Gaue, deren Lage nicht bekannt ist. Nähr Tirä^ und »Altmark« J^l J>- christ- liche Bewohner hatten, ist zur Zeit nicht zu erweisen.

' Jäküt 2, 695 jt—j^jä- JL^I ^ 3\j^ J^-

''■ Vielleicht identisch mit dem bei Mukaddasi 134, 13. 15 erwähnten i»l^l. Vgl. auch De Goe.ies Anmerkung ixx Kudäma 225 1.

^ Nach Kudiima 242,7 lag Xahr Tirä unfern von Almadhär, und Almadhär, der Hauptort des Gaus Maisän, lag am Tigi'is. Ja'kubi 322. 20. 21.

Zur Anshri'itung dex <7iristnitiii)i.'< i/i Aslt'ii. 43

III.

Kirehenprovinz Nisibis, Beth-'Arbäje.

Das Bistum Nisibis soll um 300 von dem 309 verstorbenen Bäbü eingerichtet worden sein, und schon durch seinen ersten Nachfolger. Jacobus Kdessenus, tritt es in der Kirchengescliichte jener Zeit bedeutungsvoll her- vor. Nach der Chronik von Seert II, 277 soll er dem Konzil von Xicäa beigewohnt haben. Weini wir der (Jhronik von Arbela glauben dürfen, hatte Nisibis um die Zeit des Dynastieweclisels (226) zwar Christen, aber aus Furcht vor den Heiden noch keinen Bischof, während nach der- selben Quelle in einem abgelegenen Teil der späteren nisibenischen Kirchen- provinz, in Zabdicene, der Gegend um Gezire. schon um das Jahr 100 ein Bischof bezeugt wird. Als Grenzstadt zwischen zwei mächtigen Reichen, bald römisch, bald persisch, spielte Nisibis für das östliche Christentum eine hervorragende Rolle, im 5. Jahrhundert durch seinen Bischof Barsaumä (gest. zwischen 492 495) und zur selben Zeit und später noch durch seine Schule, aus der die meisten der fuhrenden (ieister jener Christenwelt hervorgegangen sind.. In der Folgezeit wurde sie durch die Klosterschule von Dair Kunnä am Tigris verdrängt und ersetzt. Die .Vusdehimng dieser Provinz auf beiden Seiten des Tigris war eine sehr große, die tO])Ographischen Einzelheiten lassen sich aber in den nördlichen- auch heute noch wenig bekannten Ge- birgsländern nicht alle und nicht mit der wünschenswerten Sicherheit fest- stellen.

Der Erzbischof von Nisibis hatte kirchenrechtlich die zweite Stimme bei der Wahl des Katholikos in ."^eleucia. Im Mittelalter liat er dies Recht einmal verloren, ich weiß nicht, aus welchem Grunde; die Wiederverleihung desselben erfolgte unter dem Katholikos Sabhrisö' III. Zunbür 1063 1072'. Im 14. Jahrhundert führte Ebedjesu den Titel Erzbischof von Nisibis und .Vrmenien (s. hier Bistum Nr. 9). Ein großer Teil seiner Diözese lag auf armenischem Volks- und Sprachgebiet.

Bistümer. I. Nisibis. in der Literatur mit dem biblischen Söbha identifiziert, ist in den Konzilakten in den Jahren zwischen 410 und 790 bezeugt. Die dortige Gemeinde muß zu Zeiten eine bedeutende gewesen sein, da sie einen

A b M 58. 59.

44 S A c H A u :

solchen Prachtbau auffüliren konnte, wie die jetzt unter dem Sand- und Schuttfehle begrabene Jakobs-Kathedrale. Im 3Iittelalter wird das christ- liche Xisibis Seite]) erwähnt. Der letzte mir bekannte ^letropolit von Xisibis ist der um die Literatur verdiente, im Jahre 131 8 gestorbene Ebedje.su. Wann dies Erzbistum sowie überhaupt das nestorianische Christentum in Nordostmesopotamien ein Ende genommen hat, ob es die Mongolen- und Tatarcjistürme überlebt hat, ist nicht bekannt.

2. Arzon, Name der transtigritanischen Landschaft Arzanene zwisclien dem Batman Su und dem Bohtan Su, und Xame seines Vorortes, dessen Lage in einer Trümmerstätte am Jezidkhäne Su gefunden wird. Dies Bisümi erscheint in den Konzilakten zwischen den Jahren 410 und 585 (vor 585), und die Chronik \ on Seert erwähnt' einen Bischof Ma'nä von Arzon als Zeitgenossen des 552 gestorbenen Patriarchen 3Iär Abhä, sowie einen Iso jabli Bischof von Arzon, der s[)äter als der erste dieses Namens Katholikos war (582 595). In späteren Zeiten" begegnet dies Bistum im 12. und 13. Jahr- hundert unter den Patriarchen Barsaumä i 134 11 36, 3Iakkikh;i II. 1257 bis 1265 und Jabh'alähä Turca 1281 1317- In einer nestorianischen Hand- schrift der Kgl. Bibliothek zu Berlin, die vielleicht im 16. (15.) Jahrhundert geschrieben ist, erscheint das Bistum Arzon verbunden mit demjenigen von Hesnä, d. i. Ilesnä dhe Kepe oder Hasankef auf dem Westufer des Tigris.

3. Ostän d'Arzon oder Arzon de Beth Ostfin, d. i. übersetzt die Pro- vinz Arzon oder Arzon des Provinzhauses oder des Hauses der Provinz, ein Bistum unbekannter Lage, bezeugt durch die Konzilakten der Jahre 410^. 424, 554. Die eigentümliche Bezeichninig, ein Ausdruck der sasanidischen A>rwaltung, kommt unter den Angaben bei Ibn Khordädbih und Kudäma über diese Materie nicht vor, und ist mir auch sonst in der syrischen Lite- ratur nicht begegnet. Daß er aber richtig überliefert ist, beweist sein von Marquart nachgewiesenes Vorkommen im Armenischen bei Faustus von

' II, 155- 187-

- M b S 130, 131 ; Ab M 69, 72.

^ In § 21 der Konzilakten von 410 (s. Syn. Cr. S. 34, 8. 9) werden die beiden arzo- nischen Bischöfe in fblgendei- Weise bezeiclinet: A^IodOXe ^Ofälo ,T^**.ttfPr^? ■iVj^i-T'^ ■S^-ß>e23 2^.k3\.^ V0932p 3.aa.ttC>d.a2 An allen anderen Stellen ist *^^JQ3o23 2i^.Op anstatt ^ÄOQ»o23 2^_0 \x überliefert.

Zur Ausbreitung des Christenhuiis in Asien. 45

Byzaiiz'. Das Wort ostäii, arabiscli istän ist im Sprachgebrauch der ara- bischen Geographen die sasanidische Bezeichnung für Provinz.

4. Kubbe dhe Arzon, als Bischofssitz in den Konzilakten nur einmal im Jahre 790 erwähnt. Die Lage dieses Bistums sowie des unter 3. ge- nannten, und ihr Verhältnis zu dem unter 2. genannten Arzon ist nicht bekannt. Man vermißt in diesem Zusammenhang eine Beziehung auf die großen Städte jener Gegend, Söört und Bidlis, sowie auf die an Arzanene angrenzenden Provinzen wie Kordyene. Eine der letzteren ist vielleicht unter O.stän d'Arzon (hier Nr. 3) gemeint. Das Wort Kul)be bezeichnet die konische Form des Bauernhauses, das in Syrien, in der Gegend von Höms beginnend, weithin über die nordsemitisclien Länder verbreitet ist.

5. Beth Zabhdai = Zabdicene, die Tigrislandscliaft mit Gezire als Hauptort'. Dies Bistum l)estand scJion 410 und bestand noch zur Zeit des 13 18 gestorbenen El)edjesu. An dem Konzil von 497 hat ein Bischof dieser Diözese teilgenommen. Im Mittelalter ist es l)ezeugt^, unter den Patriarchen El)edje.su Ibn Al'ärid 1074 -1090, Barsaumä 11 34 11 36 und Jesujabh V. Baladensis 11 48 1175. Letzterer führte, bevor er Katholikos wurde, den Titel Bischof von (Jezire und Zabdä.

6. Kardü, Gordyene. Tigrislandschaft südöstlicii von Zabdicene\ Drei Inhaber dieses Bistums erscheinen l)ei den Konzilien der Jahre 424, 554 und 605, und die Chronik von Seert erwähnt II, 187 einen Bischof Bai-saumä von Kardü um das Jahr 533. Erwähnungen dieses Bistums aus dem Mittel- alter sind mir nicht l)ekannt.

7. B^th ."Moksäj^, Moxoene. Wenn in dem heutigen Namen des Ortes Möks südlich vom Vän-See * der Name der alten Landschaft erhalten ist, muß sie in jener Gegend um den Möks Su, einem Nebenfluß des Bohtan Cai, gelegen haben. Bischöfe dieser Landschaft nahmen an den Konzilien der Jahre 410 und 424 teil. Erwähnungen des Bistums aus dem 3Iittel- alter sind mir nicht bekannt.

' Eransabr S. 24. 169. Mar^iabi übersetzt Das Hans der Dynastie der Gegend von Alznik (Arzanene).

* Hartmann, nubti'iii .'^. 98. 162.

' MbS 114. 130. 131; AbM 61.

' Hartmann, a. a. O. 91.

- Nicht zu venvechsebi mit dem -.^— =u bei ilaUut, das weiter nördlicli in Armenien

in der Provinz Waspurakan ,j'»-^Ä_ Jl in Armenia HI. lag flbn Khordädbih 93).

46 S ACH au:

8. Beth Rehimai, Rehimena. nach Ammiaiius Marcellinus XXV, 7, 9 eine transtigritanisclie Landschaft, als Bistum durch die Konzilakten für das Jahr 410 bezeugt und als solches noch von dem 131 8 verstorbenen Ebedjesu erwähnt. Der Name verschwindet in der Folgezeit. Die Lage der Landschaft ist nicht überliefert, doch s. Haktmann, Bohtän S. 102.

9. Armenien w»ä2, 1 ^^^i Bischöfe dieses Sprengeis nahmen teil an den Konzilien von 424 und 486. Daß dies Armenien dem Metropolit von Nisibis' unterstellt war, ist nicht ülierliefert; daß es unter dem Erz- bischof Ebedjesu (gest. i 3 i 8) mit Nisibis vereinigt war, ist bereits oben S. 43 erwähnt.

10. Balad, jetzt Eski Mosul genannt, (Jrtschaft am Westufer des Tigris, nördlich von Mosul. Die Konzilakten erwähnen Bischöfe dieses Sprengeis in den Jahren 497, 554 und 790, und die Chronik von Seert erwähnt II, 187 einen Bischof Märi von Balad um 533. In den Nestorianerchroniken 1)6- gegnen wir Bischöfen von Balad vom 10. bis zum 14. Jahrhundert. Unter dem Katholikos Jabhalähä 111. (1281 1317) ist der Bi.schof von Balad zugleich Bischof von '^jLJ-^W

11. Sighär, Singär, das bekannte Gebirgsland im Zentrum von Meso- potamien, wird im Bistümerverzeichnis des Ebedjesu als zur Metropolitie Nisibis gehörig bezeichnet, und Ebedjesu sell)St war Bischof von Singär, bevor er Metropolit von Nisibis wurde. Vgl. auch das Sclireiben des Katho- likos Sabhrisö' an die Klöster und Lauren in der Gegend von Singä.r vom Jahre 598 (s. Syn. Or. S. 465). Die Chronik von Seert' glaubt zu wissen, daß ein Bischof Georg von Singär am Konzil von Nicäa teilgenommen habe, und erwähnt einen Biscliof Bäbhai von Singär um das Jahr 533. Im Mittelalter begegnen Bischöfe dieses Sprengeis unter den Patriarchen Märi Bar Tübä 98 7 - 1000 und Makkikhä 1092 i io8''. Im Singär-Gebirge sind Nestorianer und Jakobiten aufeinander gestoßen. Wie es einen nestoriani- schen Biscliof von Singär gab, so auch einen jakobitischen von Singär und Kliäbür (s. mein A^erzeichnis der syrischen Handschriften II, 587. I. Kol.), und neben jakobitischen Klostern (s. das. IL 558. 586. 760) auch nestorianische (das. I, 235 Nr. 28. 48)'.

' AbM 72.

^ II, 277.187.

■' AbM 55, MbS. 118.

' .Icsiidcnnli S. 241 Nr. 29: S. 251 Nr. 49.

Zur Ausbi'eitung des Chiistentiims in Asien. 47

12. Temänün, arabisch Thamänin, eine Ortschaft am Gebel Giidi, als Bistum von Ebedjesu angeführt. Erwähnungen desselben in den Nestorianer- chroniken bezeugen sein Dasein im ii. bis 13. Jahrhundert.

13. Kelät, arabisch Khilät, die jetzige Stadt auf dem Westufer des Van-Sees. Als Bistum bei Ebedjesu und in den Nestorianerchroniken im 12. und 13. Jahrhundert erwähnt.

14. Harrän. Bischöfe von Harnin werden erwähnt unter dem Patri- archen Phetion 731 -741, Timotheos 7S0 823 und Sabhrisö' II. 832 bis 836'.

15. Amid =- Dijärbekr und

16. Res'aina = Ra'sel'ain. Diese beiden Bistümer sind mir nur aus dem Bistümerverzeichnis des Ebedjesu im Tukkäsä bekannt.

17. 0^1*3030 32, arabisch Adhrama, eine jetzt verschollene, den ara- bischen Geographen bekannte Ortschaft auf der Straße von Mosul nach Ni- sibis durch die Ebene zwischen Tigris, Singär und Nisibis. S. das Itinerar bei Ibn Khordadbih S. 68. Ein Bischof von Adlirama wird unter Patriarch Elias II. 1 1 1 1 1 1 3 2 erwähnt ^

18. Mardin, syrisch Mard^, jetzt der Vorort im nisibenisclien Mesopo- tamien, wird als Bistum nur selten erwähnt, unter den Patriarchen Klias III., Abu Halim 1176— 11 90 und Denl.ui 1265 1281^.

19. Majjäfärikin, syrisch Maiperkat, in der Ebene zwischen Dijärbekr und dem Batman Sü, als Bistum erwähnt unter den Patriarchen Jabh'alähä II. 1199 1222, Makkikhä II. 1257 1265, Jabh'alähä III. 1281 1317*.

20. Hesnä, jetzt Hasankef, am Tigrisufer im Tür Abdin, als Bistum erwähnt unter den Patriarchen Makkikhä II. 1257 1265 und Jabh'alähä III. 1281 I3I7^

21. Kemül, Ortschaft unbekannter Lage, aber irgendwo in der Nähe des Gebel Giidi, als Bistum bezeugt unter den Patriarclien Makkikhä II. 1257 i 265 und Denhä i 265 1281''. Kemül gehörte zur Landschaft Gordyene, vgl. mein Verzeichnis der syrischen Handschriften der Kgl. Bibliothek in Berlin I,

' AbM 36. 40; Mb S. 67.

» AbM 60.

' AbM 70.

AbM 66. 69. 72.

» AbM 69. 72.

« AbM 70.

48 S A c H A r :

558, 2. Kol. opä^a? ^A^aas ^o- -.i»? lau.?. Bei Jäküt II. 644 hat sich der alte Name in der Form l>I ^.-> oder ^\ jj> erhalten'.'

22. Zur Kirchenprovinz Nisibis ist vielleiclit auch das Bistum iSj_jJ J^* zu rechnen, das unter den Patriarchen Denhä i 265 i 28 i und Jablialähä III. 1281 1317 erwähnt wird". Hoffmann S. 222, Anm. 1762, identifiziert das erstere mit Tall südlich von (Tulamerg und das zweite mit Berberri in der Diözese Gäwar.

Es ist zu beachten, daß dies Bistümerverzeichnis clironologisch in zwei Gruppen, zu zerlegen ist, nämhch Nr. i 10, die bereits in den unter dem Patriarchen Timotheos 780 823 abgeschlossenen Konzilakten erwähnt, und Nr. II 21, die dem Jukkäsä des Patriarchen Ebedjesu (gest. 13 18) ent- nommen sind.

IV.

Kirchenprovinz Mesene.

Die Landschaft Mesene, syrisch Maisän, arabisch Maisän, wird von Jäküt als das weite Gebiet zwischen Basra und Wäsit mit der Hauptstadt Maisän, in dem das Ezra-Grab j_j^ j^ liegt, erklärt. Basra und Wäsit (Kaskar) sind bekannte Punkte, ebenfalls das E/.ra-Grab am Tigris zwisclien Amära und Kurna. Topographische Fragen über diese Landschaft sind von besonderer Schwierigkeit und werden es bleiben, solange nicht eine streng wissenschaft- liche Untersuchung gesicherte Resultate über die Veränderungen der Erd- oberfläche jener Gegend in historisclier Zeit geliefert hat. Die großen Strom- läufe sind beständigen Veränderungen unterworfen, in Zeiten von Hochfluten entstehen neue Flußbetten, während ältere eingehen, entstehen Seen- und Sumpfgebiete, und außerdem trägt der Bau neuer Kanäle sowie die Ver- sandung älterer Kanäle sehr bedeutend zur bunten Gestaltung der Erdober- fläche bei. Eine Untersuchung über die Sumpfgebiete rJUaJl allein nach den arabischen Geographen würde vermutlicli schon eine dankenswerte Aufklärung bringen.

Mesene war die Schiff"ahrtsprovinz des orientalischen Christentums, von seinem Haupthafenort ging Scluffahrt und Handel und mit ihm die christliche

Vgl. Harimann, Bohtaii S. 37. A b M 70. 72.

Zur Ausbreitung des Christentuins in Asien. 49

Mission nach Ostarabien, Persien, Indien und weiter. Ebenso wie Susiana ist Mesene altes Christenland. Die Chronik von Arbela erwähnt, daß um 224 n. Chr. in Peräth-Maisän, d. i. Basra, schon ein Bistum bestand, und die Chronik von Seert I, 236 weiß von einem Bischof David von Basra zu be- richten, der als Missionar nach Indien gegangen sei, erwähnt außer diesem noch einen Bischof Johannes von Maisän, beide als Zeitgenossen Päpäs (um 300).

Unter den Sasaniden war Mesene in vier Gaue eingeteilt, und es hängt vielleicht hiermit zusammen, daß es auch vier Bistümer hatte. Die vier Gaue sind ' :

Bahman-Ardasir (= Basra),

Maisän, d. i. iS^ (?),

Dasti Maisän, d. i. Qbolla,

Abazkobädh^

Ein Versuch, die Lage und die Grenzen dieser Gaue zu bestimmen, wäre ebenso aussichtslos, als wenn man versuchen wollte die Grenzen von Mesene gegen Susiana und Südbabylonien, das Gebiet von Kaskar-Wäsit, zu bestimmen. Sicher ist unter all diesen Angaben und ihrem Zubehör immer nur allein die Lage von Ba.sra.

Die vier Bistümer sind folgende:

1. Perät, Perät de Maisän, Bahmanardasir, ol_;^l *^-*^ , d. i. Basra, der Sitz des Metropoliten, nach meiner Ansicht identisch mit der heutigen Stadt dieses Namens, an einem vom Tigris bei dem Zollhause ausgehenden Kanal, verschieden von dem weiter landeinwärts gelegenen, in Backsteinruinen noch vorhandenen, unter Omar gegründeten arabischen Basra. Der Metropolit der Stadt begegnet in den Unterschriften der Konzilakten von den Jahren 410 790. In späteren Jahrhunderten erscheinen Metropoliten von Basra unter den Patriarchen Märi Ibn Jübä 987 1000, Sabhrisö' Zunbür 1063 bis 1072, Ebedjesu Ibn Al'ärid 1074-- i09o\ Der Verfasser des Buches der Biene war ein Bischof Salomo von Basra um 1222.

2. Karkhä, Karkhä dhe Maisän, o^ ^J, soll ebenso wie Basra eine Schöpfung des Gründers der Sasanidendynastie, Ardasir, sein und lag am

' Ibn Khordädbih V. 5; Kudäma tT», I4- ' Nach Marquart, Eränäahr S. 4 i , Izedkobadh. ' A b M 55, Mb S HO. 114. Pkil.-hi.sl. Abh. 791!). Ar. I. 7

50 S A CH A U :

Ufer des Dugail (nach Hamza S. iv, i). Unter diesem Namen ist der Wasserlauf zu verstehen, der vom Kärün ausgehend parallel dem Satt-al Arab nach Süden läuft und bei 'Abbädän in das Meer fällt. Es ist nach Jäküt ein von Ardasir Ibn Bäbak gegrabener Kanal. Danach mag Karkhä östlich von Basra nicht weit vom heutigen Muhammera entfernt gelegen und eine ähnUche Bedeutung wie dieser Ort gehabt haben. Jäküt IV, 257 bezeichnet Karkh Mfiisän auch als eine Gegend in Babylonien (wohl ungenau), die auch den Namen Asteräbädh führte. Die Stadt wird mit dem in den pal- myrenischen Inschriften begegnenden S2n=, siobcs t;" CnAciNov xäpai iden- tifiziert. Die Bischöfe dieses Ortes sind durch die Konzilakten aus den Jahren 410 605 bezeugt. In späterer Zeit, unter dem Patriarchen Johannes Ibn AlVrag 900 905, wird ein Bischof P^bedjesu von Maisän erwähnt, der im Gegensatz zum Metropoliten von Basra als Bischof von Karkh Maisän zu deuten sein dürfte.

3. ;iou3 Ä^*3 Beth Remä oder Rimä, d. i. Büffelhausen, auch allein Remä genannt. Derselbe Name dürfte in dem j^.J, der Chronik von Seert 11, 311, enthalten sein, wo berichtet wird, daß der heilige Abhdisö', der Zeit- genosse Päpäs (um 300), nach dem Lande Maisän ging und dort öy^j und Umgegend zum Christentum bekehrt habe. Daß das Wort auch bei Tabari I, 830, 13. 14 (s. NöLDEKE, Geschichte der Perser und Araber usw. S. 40) vor- kommt, wo ^j Rimä Remä statt ^J zu lesen ist, hat Marquart bereits gesehen. Für die nähere Bestimmung der Lage der Stadt fehlt es an den nötigen Anhaltspunkten'. Nach der angeführten TabaristeUe soll Remä von Sapor I. gegründet und persisch Sädh Sapor genannt worden sein und lag in Maisän, d. h. im Gau ■(^y-^ Maisän. Nun berichtet Kudäma rr«, 15. 16, daß die vier Gaue des Landes östlich vom Tigris lagen, und zwar auf der Route von Kaskar (Wäsit) nach Ahwäz (Susiana oder Sük-al Ahwäz?), also vielleicht in der Gegend am unteren Karkhä oder zwischen diesem und dem Kärün bei Sük-al Ahwäz. Das Bistum Beth Rema ist durch die Konzil- akten in den Jahren 410 605 bezeugt. In späteren Schriftstücken ist es mir nicht mehr begegnet.

' Vgl. De Goijes Anmerkung zu Ibn Khordadbih S. v 6. Das rätselhafte tSr* durch Itj zu ersetzen, scheint mir deshalb bedenklich, weil nach den arabischen Geographen der Hauptort des Gaues Maisän nicht RrmA war, sondern Almadhar jlÄLl. s. Ibn Roste S. 187:

Lall ^j U- j\Ji\ Oa<_« jL_u OA* J>_; jl-JJ-i

Zur AlusbreituHg des Cfirlstentuvis i)i Anieti. 51

4. Nehargül ^o\jicrfA (d. i. der Kanal Gül), eine unbekannte ürr- schaf't, deren Bischöfe in den Akten der Jahre 410 605 erwähnt werden. Auch erzählt das Chronicon anonyinum S. 20. 27. 28 von drei Bischöfen von Nehargül, Gabriel, Sergius und Aristos, die unter Cluisrau Parwez (590 bis 628) und Jezdegird III. (63 i ff.) lebten. Die arabischen Geographen kennen nicht ein Nehargr'd, wohl aber ein Nehargur Jy^jr Ob beide Namen viel- leicht dieselbe Ortschaft bezeichnen? Nehargür wird als ein Tigris-Kanal bei Mas'udi (ed. De Goeje VllI, 54) erwähnt, und .läküt bezeichnet die Lage des Ortes als zwischen Alahwäz und Maisän.

Schließlich ist noch einer Stadt zu gedenken, welche nel)en Basra die bedeutendste und bekannteste des ganzen Landes war, der Stadt

5. Obolla '*^y\ ^y». denn bei AbMS. tA, 8 wird ein Metroi)olit Timon von Obolla zur Zeit des Patriarchen Narses 524 535 erwälmi. Obolla war der größte Hafenort jener Gegend, der in sich die Bedeutung der lieutigen beiden Hafenstädte Basra und Mohanimera vereinigte. Als Omars Heerführer, 'Utba Ibn Ghazwän, Obolla eroltert hatte, scliriel) er an seinen Herrn, »daß Obolla der Hafenort für die Schiffahrt nach Bahrain, Oman, Indien und China sei«. Wo aber lag Obolla'? Hierfür gel)en die aral)i.schen Geographen folgende Zeugnisse :

1. Obolla gehörte zum Gebiet von Basra. Mukaddasi S. \ N t. or. Basra bezog sein Trinkwasser per Schiff aus Obolla. Mukaddasi \\\.

2. Die Entfernung zwischen Basra und Obolla betrug 4 Farsakh nach Kudäma \^i, 5, 2 Poststationen -^^' nach demselben \ri.

3. Obolla lag am Tigris (Mukaddasi > > a '^.^ ^ «^Vl^: Lstakhri a \ , 15) und zugleich am Oitolla-Kanal <l'Vl j^ . dessen Länge zwischen Basra )ind Obolla 4 Farsakli betrug. Vgl. lstakhri a\, 8. 9: Jl iWl ^ W! a^ - ilVIj

4. Ob Obolla weiter -stromaufwärts oder stromabwärts lag als die Mündung des Basra-Kanals, die heutige Zollstation. kann icii nicht ersehen, doch scheint es mir, daß Obolla etwas weiter nördlich als der Basra-Kanal gelegen hat, wenn ich die folgende Stelle bei Mukaddasi w k , 6.7 richtig verstehe: JU-tJl Ji j* i^\ j^ ) -^ '^^^ J*- ^l-Vlj.

' Kl rTF:R. F>(lkiin(|p \I. 102; Ab]oh. Oboloh, Ahalla

52 S ACH au:

Nach diesen Angalien ist es mir zur Zeit das wahrscheinlichste, daß Obolla ungefähr auf derselben Stelle lag wie gegenwärtig die türkische Zoll- station (s. Am Euphrat jmd Tigris, 1900, S. 16 19), indem ich annehme, daß die arabischen Geographen bei der Angabe der P^ntfernung- zwischen Basra und Obolla an das arabische, von Omar gegründete Basra, nicht an die heutige Stadt dieses Namens gedacht haben.

Sehr auffallig ist die obenerwähnte Notiz des Amr Ibn Mattä von einem Metropoliten von Obolla, während in der Literatur weder vor- her noch nachher von einem solchen die Rede ist. Es hat schwerlich zwei Metropoliten in Mesene gegeben, aber auch nur von einem Bischof von Obolla ist sonst nichts bekannt. Das wahrscheinlichste dürfte sein, daß Amrs Ausdruck eine nicht ganz genaue Bezeichnung fiir Metropolit von Basra war.

Schließlich sei noch erwähnt, daß Elias Ganhari unter Maisän ein Bistum '>\^\ J1C nennt.

V.

Kirchenprovinz Adiabene'.

Ueber das älteste Auftreten des Christentums in Adiabene. seine Be- ziehungen zu anderen Gemeinden und im besonderen zu der Gemeinde der Hauptstadt Seleucia bietet die Chronik von Arbela wertvolle Nachrichten. Von den Bistümern dieser Provinz werden in § XXI der Konzilakten vom Jahre 410 die folgenden sechs verzeichnet:

1. Arbela, Sitz des Metropoliten, bezeugt aus den Jahren 410 790 (s. unten S. 53)'".

2. B6th Nuhädherä, Nuhadrä, Landschaft im nördlichen Assyrien, bezeugt in den Jahren 410 790, und in den Patriarchenchroniken nocli im 12. und 13. Jahrhundert erwähnt.

3. Beth Bäghäs oder Bäbeghes, Hochgebirgslandschaft im Wilajet He- khäri, bezeugt in den Jahren 410 605, auch noch im i 2. Jahrhundert unter Patriarch Elias Ibn Mukli 11 11 1132 erwähnt^

' Für die Topographie dieser und der folgenden Kirchenprovinz Beth Garmai ver- weise ich besonders auf G. Hoffmann, Auszug aus den syrischen Akten persischer MärtjTer, Leipzig 1880.

- Im Jahre 13 10 ist das Christentum in Arbela ausgerottet. ' MbS 130.

Zur Aasbreitunij des Chrktenlums in Asie//. 53

4. Beth Däsen, Däsen, die Landscliaft um Amedijje, bezeugt fiir den- selben Zeitraum 410 605, und noch im 13. und 14. Jahrhundert erwähnt unt^r den Patriarchen Denhä 1265 i 28 i und Jabhalähä III. i 28 i 1317'-

5. Remmönin, unbekannte Landschaft, erscheint nur ein einziges Mal als Bistum bei dem Konzil von 410.

6. Rabarinhesn, Dabarinos, wohl falscli überlieferte Namen eines der Lage nacli imbekannten Bistums, das in den Jahren 410, 544, 576 und 605 bezeugt wird.

7. Vielleicht gehört zur Provinz Adial)ene auch das Bistum Beth Tabhjäthä und Kartewäj^, von dem nur ein Inhaber l)ei Gelegenheit des Konzils von 585 erwähnt wird".

8. Beth Billkart, Beth Mälikart wird al.s arbelitisclies Bistum in den Akten des Konzils von 410 bezeugt. Armenisch als Mahker-tun. d. i. Haus Malikert, nachgewiesen'.

9. Ninive, d. i. die Ortschaft Nebi Junus gegenüber Mosul. Drei Bischöfe dieser Diözese werden in den Jahren 554, 576, 585 erwähnt.

10. Ma'althä, in der Nähe der heutigen Ortschaft Dehök, östlich von Simöl, an der Straßenlinie Mosul-Zäkhö, als Bistum bezeugt in den Jahren 497 605 in den Akten und späterliin im 10. 13. Jahrhundert in den Patriarchenchroniken.

11. Kephar Zammäre, eine Landschaft westlich vom Tigris, oberhalb der Khäbör-Mündung, an dem Karawanenwege von Mosul nach Nisibis*. Kin Bischof dieser Diözese wird im Jalire 790 erwähnt.

12. "Ain-Sifne, westlicii von Bäviän. Die Akten nennen einen Bischof dieses Ortes im Jahre 576.

Die Metropolitie Adiabeno (jder Arbela hat ungeteilt als solche bis zum Jahre 11 90 bestanden. Dann spaltete sie sich in zwei Teile, Arbela- llazzä und 3Iosul-Athör '. Diese Trennung hat von 11 90 bis gegen 13 16 gedauert. In welcher Weise während dieses Zeitraums die einzelnen Bis- tümer unter die beiden Metropoliten verteilt gewesen sind, ist mir nicht bekannt. Später hat darm eine Wiedervereinigung stattgefunden und Ebed-

' A b M 70. 72.

' Vgl. HoFKMANN 207.

' Marquart, P>ansahr S. 24, und Hartmann, Bolitan S. 40.

* Hartmann, Bohtan .S. 40.

•' As,SEMANi. Bil)l. Or. HI. H. 721.

54 8 A C H A u :

Jesu fuhrt in seinem 1316 geschriebenen Tukliäsä die Provinz unter dem kombinierten Namen

Arbela, Hazzä. Mosul und Athor auf. Hazzä war eine Ortschaft in nächster Nähe von Arbela, vielleicht ein Vorort, und Athör ist die aus den Bibelstudien der Nestorianer hervorgegangene Bezeichnung für Assyrien. In dem von Ebedjesu gegebenen Bistümerverzeichnis fehlen von den bisher genannten die 6 Nummern 5 12, dagegen werden die Nummern 2 4 er- wähnt und hinzugefügt werden die folgenden:

13. Margä, Almarg, Landschaft am Häzir, um die Ebene Naukur, nord- östlich vom Gebel Maklüb. Die Akten erwähnen einen Bischof von Margä im Jahre 790 und die Patriarchenchroniken unter dem Patriarchen Abra- ham III. 905 937 '.

14. Henäithä, eine Landschaft im nordassyrischen Gebirge, angrenzend an die Diözese von Ma'althä (hier Nr. 10), erwähnt im Jahi-e 790, zuzeiten vereinigt mit dem Bistum Ma'althä (Nr. 10)'- und mit Hefton '.

15. Taimenä, unbekannte Landschaft. Ein Bischof derselben wird im Jahre 790 erwähnt.

16. Hedhattä, Alhaditha, das heutige Hammäm Ali am Tigris, südlich von Mosul. Biscliöfe von Hedhattä werden in den Chroniken im 8. bis 12. Jahrhundert erwähnt*.

17. Hefton, Hibtvm, eine Gebirgslandschaft am (Großen Zäb, als Bis- tum vereinigt mit Henäithä (Nr. 14) bei dem Konzil von 790 erwälmt, ferner späterhin im 10. bis 13. Jahrhundert.

18. Adharbaigän (s. weiter unten S. 6i).

Von den folgenden beiden Bistümern ist nicht überliefert, ob sie zur Kirchenprovinz Arbela oder Mosul gehörten, vielleicht aber darf man sie aus geographischer Rücksicht hier anreihen :

19. Betli Derün, Bä-Dherün, eine Landschaft am oberen Großen Zäb. als Bistum erwähnt im 10., 13. und 14. Jalirhundert". Die neuesten Karten zeigen eine Ortschaft Badärün im Gau Schirwän, nahe dem Orte Kurän,

AbM 48.

HOFFMAXN S. 2 l(i.

Syn. Or. S. 608.

AbM 36. 37. 55. 7«. 114. iiH.

AbM 4S. 60. 72.

Zur .\usbreUu/iy (kf Clinstentums in Asien. 55

östlich vom Bach Kutschuk Su (Haruna Tschajy), einem Nebentluß des trroßen Zäb, nicht weit südlich vom 37. Breitengrade entfernt.

20. Dast, Dait Harir, eine Ortschaft im Gebirge zwischen Arbela und Tebriz, als Bistum erwähnt unter Patriarch Makkikha II. 1257 1265'. Eine Landschaft Descht ist in den neuesten Karten SSW von Urmija ver- zeichnet, im Norden begrenzt von dem Gau Tergäwai-.

21. Ö6s, in der Landschaft Margä. Ein Bischof dieses Gaus wird im Jjihre 1282 erwähnt '\

22. Elias Gauhari erwähnt unter der Provinz Mosul noch ein Bistum VV (Die Steppe).

VI.

Kirchenprovinz Beth- Garmai, Garamaea,

Über das frühe Eindringen des Christentums in diese Landschaft zwischen dem Kleinen Zäb, dem Hamrin-IIöhenzug »md dem mittleren Dijälä geben die Akten der Märtyrer von Karkhä dhe Beth Selökh ein unverdächtiges Zeugnis. »Von der Zeit des Königs Bäläs bis zum zwan- zigsten Jahr des Säbhör-Sohnes Ardser, welclies sind neunzig Jahre, war Karkhä ein gesegneter Acker und kein Unkraut darin«'. Das zwanzigste Jahr Sapors L ist 261. Neunzig Jahre früher führen uns in die Regierung von Bäläs, d. i. Vologeses III. (148 191) in das Jahr 171. Daß Karkhä dhe Böth Selökh schon zur Zeit des Dynastiewechsels einen Bischof hatte, berichtet die Chronik von Arbela.

Die Akten des Konzils von 410 kennen sechs Bistümer dieser Provinz: I. Karkhä dhe B^th Selökh, jetzt Kerkük an der Straße von Arbela nach Bagdad unfern des Kleinen Zäb, Sitz des Metropoliten. In den Akten ist dies Erzbistum bezeugt zwischen den Jahren 410 612 und in der späteren Literatur bis in das 14. Jahrhundert, die Zeit des Patriarchen Timotheos IL, der 13 18 ordiniert wurde. Zu diesem Karkhä nahm der Katholikos Jesujabh IL seine Zuflucht, als im Jahre 637 die alte Papst- residenz des Orients, Seleucia-Almadä'in, von den Muslimen erobert war*.

' A b M 69.

- AbM72; HoFFMANx. S. 224.

' Hoffmann, S. 46.

' Chronicon anonvnium cd. (iiini. S. 26.

5{i S A 0 II A i: :

2. Sahrkart, Sälikard. Die Lage dieser Ortschaft ist nicht mehr fest- zustellen, sie muß an der Straße von Täük nach Arbela, nicht fern von Kerkük, gelegen liaben. Bischöfe dieser Diözese werden in den Konziiakten in den Jahren 497 - 605 bezeugt. Einen Bischof Narses von Sahrkart soll es bereits vor dem Jahre 412 gegeben liaben'. In den Patriarchenchroniken wird dies Bistum nicht mehr erwähnt.

3. Lä.som, arabisch Läsim, einige Kilometer südwestlich von dem heutigen T^-ük', als Bistum durch die Konzilakten bezeugt zwischen 486 und 598, und später unter Patriarch Henaniso II. 774 778'.

4. Mähöze dh Arewjin (Vokalisation imgewiß), ein Bistum unbekannter Lage, dessen Bischöfe in den Akten in der Zeit von 410 605 erwähnt werden \

5. Rädhän, ein Gau nördlich von Bagdad zwischen dem Azem und dem Dijälä. Dies Bistum wird von den Konzilakten des Jahres 410 § 21 zu B6th Garmai gerechnet, während Elias Damascenus es zur Katholikats- provinz rechnet. Bischöfe dieser Diözese werden in den Akten für die Jahre 410 und 424 bezeugt, in den Chroniken noch im 10. und 11. Jahr- hundert ^

6. Harbath Geläl, ein Bistum unbekannter Lage, als solches durch die Akten bezeugt in den Jahren 424 605 und durch die Patriarchen- chroniken noch im 1 1. Jahrhundert''.

Ebedjesu gibt kein Verzeichnis der Bistümer der Provinz Beth-Garmai, sondern fertigt sie ab mit der Bezeichnung: Metropolitie Karkha dhe B6th Selokh und Däkük. Letzterer Ort, identisch mit dem heutigen Täük an der Straße Kerkük Bagdad, wird in den Konzilakten als Bistum nicht erwähnt, wohl aber bei Elias Gauhari. Bei M b S 50. 62. 74 werden

' Hoffmann, S. 270 Anm. 2133. * Hoffmann, S. 274. •' AbM 28. 27.

' Jesudenah erwähnt im Livre de la chastete, S. 14, einen l^OOLCX^I JOuiäoi^ M.äbM wäOXV^ ^^33 ^093i? 2f a*«b83 als Verfasser eines Buches über das Mönchsleben. Hier

ist v^e9ä23 verschrieben fiii' >^j.323, vrI. das. S. 280. Dieser Bischof heißt auch Bar Sähde und Sähdönä.

" ISI b S 88. 104. HO.

'■' MbS 110. 114.

Zur Au.sbreituny dei< Christentums in Asien. 57

Dakükä und Läsöm (s. hier Nr. 3) gleichgesetzt. Amr Ibn Mattä 67 erwähnt einen Metropoliten von Dakük unter dem Patriarchen Sabhriso" IV. (1222 bis 1225), woraus wir wohl nur soviel entnehmen dürfen, daß es eine Gemeinde Dakük, evtl. vereinigt mit Läsim, wenn letztere Ortschaft noch existierte, damals noch gab.

7. Sirzör, arabisch Sahrazür, das Gebirgsland zwischen Arbela und Hamadän, dessen Hauptort Nimräh hieß, als Bistum von Assemani, III. II. 775 zu Adiabene, von Hoffmann, S. 256 zu Beth Garmai gerechnet. Eni authen- tisches Zeugnis hierüber in der Literatur ist mir nicht bekannt. Die Konzils- akten kennen Bischöfe dieser Diözese in den Jahren 554 605, das Ghro- nicon anonymuni erwähnt einen Bischof von Sirzör unter Khusrau Parwez (590 628), und noch später unter dem Patriarchen Märi Ihn '[Vibä (987 bis 1000) wird ein Bischof von Sahrazür genannt'.

8. Khänieär, eine Ortschaft an der Straße von Bagdad nach Arbela in der Nähe von Dakük, als Bistum in den Konzilakten nicht erwähnt, wold aber von den Patriarchenchroniken im 9. Jahrhundert bezeugt".

Schließlich mögen liier noch einige Ortschaften erwähnt werden, die zwar als Bistümer in den Akten bezeugt sind, deren Lage aber bisher nicht sicher hat nachgewiesen werden können.

9. iJw»JK Tehal (Aussprache nicht überliefert), als Bistum in den Akten bezeugt für die Zeit von 424 605.

10. Ar^wän d'Ebhrä (d. i. Arewän von jenseits). Ein Bischof dieses Ortes nalim an dem Konzil von 424 teil. S. hier Nr. 4.

11. «\|»3a3 Burzän (Aussprache nicht überliefert). Ein Bischof dieses Ortes lebte zur Zeit des Konzils von 576.

12. Daräbhädh, Ortschaft unbekannter Lage, von Elias Damascenus als Bistum bezeichnet^.

13. Pustdar, ein Bistum, über dessen Lage Hoffmann, S. 261 zu ver- gleichen ist, wird im Jahre i i 10 unter Patriarch Elias II. von A 1) M 60 und MbS 129 erwähnt.

Über B^th W4zik, arabisch Bawäzig, s. S. 36.

' AbM 55. ■' AbM 38. 46. ' Hoffmann, S. 276. Plul.hUl. Ahh. Htm. .Ar. /.

58 S A c H A u :

VII.

Kirchenprovinz Persis.

Die bisher aufgezählten sechs Provinzen bilden den Stamm des öst- lichen Christentums, eingerichtet von dem ersten Konzil im Jahre 410. In der weiteren Ausbreitung treten dann noch die Persis und Margiana, später auch Hulwän als kirchenrechtlich organisierte Provinzen oder Hyparchien hervor, während es für die übrigen, vom Zentrum Seleucia-Kokhe weit entfernten Verbreitungsgebiete nicht überliefert ist, ob dort die Metropolitan- verfassung bestanden hat oder ob wir uns die einzelnen christlichen Gaue oder Ortschaften als kirchenrechtlich autokephale Gebilde vorstellen müssen. Über das älteste Auftreten des Christentums in der vom westasiatischen Verkehr so weit abgelegenen Persis sowie über die älteste Erwähnung dieses Erzbistums um das Jahr 497 verweise ich auf meine Schrift Vom Christentum in der Persis in den SB der Akademie vom 27. Juli 19 16.

Die Persis hatte sieben Bistümer:

1 . Rew-Ardasir, arabisch Resahr, an der Grenze zwischen Susiana und der Persis, bezeugt in den Konzilakten zwischen den Jahren 424 585. In den Patriarchenchroniken werden Metropoliten der Persis im 9. bis 12. Jahr- hundert' erwähnt.

2. Istakhr Persepolis nordwestlich vom Niriz-See, als Bistum in den Akten nur einmal im Jahre 424 genannt.

3. Däräbgird südöstlich vom Niriz-See, als ^istum bezeugt 424 und 554.

4. Ardasirkhurra = Gör = Firüzäbäd südöstlich von Käzenin, bezeugt in den Jahren 424 und 540.

5. Bih-Säpür, arabisch Säbür, gegenwärtig bezeichnet durch ein Trüm- merfeld im Nordwesten der Stadt Käzerün. Ein Bischof des Ortes wird in den Akten nur einmal 544 erwähnt.

6. Maskenä dhe Kurdv'i, Kurdensiedelung in nicht näher bezeichneten Teilen der Persis, die in den Akten durch einen Bischof im Jahre 424 ver- treten sind.

7. Die Insel Kis, der Südküste Persiens vorgelagert. Die Akten er- wähnen einen Bischof der Insel als Zeitgenossen des 552 gestorbenen Katho- likos Mä,r Abhä.

AbiM43.55: M b S 87. 89. g.-,. gy. loi. 102. 133: A1):M6i.

Zur Ausbreitung des Christentums in Asien. 59

Elias Gauhari erwähnt als Bistümer der Persis außer den hier aufge- führten Nrn. 2., 3. und 5. noch Schiräz, Karmän, jl^- >^.-^y-' und die Insel Socotra (s. S. 69).

VIII.

Kirchenprovinz Beth Katräje oder Die Inseln = Ostarabien und Bahrain,

Nach der Chronik von Arbela soll in diesem Gebiet schon um 224 ein Bischof vorhanden gewesen sein. Die Chronik von Seert I II 3 1 1 weiß von einem Abhdis6' zu erzählen, der in Ostarabien und Bahrain missioniert und ein Kloster gebaut habe ; er sei ein Zeitgenosse des Patriarehen Tomarsä (etwa der Generation vor dem Patriarchen Isaak 399 410 angehörig) ge- wesen'. Über die topographischen Fragen verweise ich auf die Chronik von Arbela S. 226". Es lassen sich folgende sechs Bistümer in Ostarabien nachweisen:

1. eäopo^o «.?äi, zwei niclit sicher nachweisbare Lokalitäten, die in den Konzilakten von 410 als Metropolitie bezeugt werden.

2. D^rin, Darin, Ortschaft auf der Insel Tänlt vor der arabischen Küste, als Bistum im Jahre 585 bezeugt.

3. Masmähig, arabisch SamAlii«, Ortschaft auf der Insel Muharrak. Drei Bischöfe derselben werden in den Jahren 410 und 576 erwähnt.

4. Hattä, die ostarabische Küste gegenüber den Bahrain-Inseln. Zwei Bischöfe dieser Diözese erscheinen in den Jaliren 576 und 676.

5. Heghar, arabisch Hagar, Hauptort <les ostarabischen Binnenlandes, in den Akten vertreten durch zwei Bischöfe in den Jahren 576 und 676.

6. Mazün, das heutige Oman. Vier Bischöfe dieses Gebietes werden in den Jahren 424, 544, 576 und 676 erwähnt.

I\.

Kirchenprovinz Beth-Mädhäje = Medien.

Medien ersclieint als Christengebiet in dem Titel des Katholikos Jab- hälähä I. vom Jahre 420. Sj)äter (wann?) hat eine Teilung der Provinz in eine Nord- und Südhälfte stattgefunden, und die letztere wurde vom Katho- likos Isöjabh aus Geddälä (628 643) zur Metropolitie erhoben unter dem

' Vgl. auch Chronicon anünymum S. 31. 32.

i^Q S A C II A U :

Titel »\Moer2o sO^ w.<n? ^Ad^p, d. i. von Halali, d. i. Hulwän und Ilamadän. Diese Nachricht verdanken wir dem Tractatus und Tukkäsä des Ebedjesu (s. oben S. 21). Die Nordhälfte der Provinz bestand zur Zeit Ebedjesus als eine der Äußeren Metropolitien in^3 1 \ Aft*^ >V** unter dem Titel ^Xbo poJOo -.«n? VCUfS?, d. i. der Räzikener (Razikene, Gegend von Rhagae, unfern Teheran), d. 1. Rai, Kum und Kasan.

Das südliche Medien, Bistümer.

1. Beth Madhäje. Die Konzilakten erwähnen in den Jahren 486, 497, 554 und 605 Bischöfe von Medien, ohne aber ihre Residenz anzugeben. Sie können nicht in Hamadän residiert haben, denn in den Akten des Konzils von 554 wird neben dem Bischof von Medien ein Bischof von Ha- madän erwähnt. Wahrscheinlich war Hulwän die Residenz dieses Bischofs, später dann diejenige der Metropoliten.

2. Hamadän. Die Akten kennen nur einen Bischof dieser Diözese im Jahre 576, in den Patriarchenchroniken wei-den Bischöfe derselben noch unter Patriarch Ebedjesu I. (963— 9S6) und unter Elias III. (11 76 1190) erwähnt'.

3. Ispahän, vertreten durch vier Bischöfe in den Jahren 424, 497, 554, 576. Einmal, im Jahre 497'', erscheint dies Bistum verbunden mit demjenigen von Mihrakäje (s. oben S. 41). Nach den Patriarchenchroniken bestand es noch im 10. und 1 2. Jahrhundert '.

4. Nihäwand (südlich von Hamadän, nordwestlich von Burüs'ird). Ein Bischof dieses Sprengeis nahm teil an dem Konzil von 790.

Elias Gauhari nennt als Bistümer von Hidwän: Aldinawar, Hamadän, Nihäwand und Alkara^-. einen Gau im Gebiet von Hamadän*.

Das nördliche Medien. Bistümer. 1 . Rai, Rhagae (s. die Ruinen im Südosten von Teheran), als Bis- tum bezeugt durch die Konzilakten von 424, 486, 497 und 544, als Metro-

' MbS89; AbM64.

^ Syn. Or. S. 316 Nr. 21.

^ Ab M 55. 60; MbSi29.

' Marquari'. Ei'ansahr S. 27. 71: Jäküt IV. 250.

Zur Avsbi-eihim/ des ClirlstentKins in Asim. 61

politie im Jahre 805'. Die Chroniken kennen noch einen Hiscliof Marcus von Rai unter Patriarch Johannes IV. (892 898). In späterer Zeit erscheinen dann die Bistümer Rai und Hulwän miteinander verbunden, im i i . und 12. Jahrhundert".

2. Kumm.

3. Kä-sän. Von diesen beiden am Rande der großen Salzwüste ge- legenen Gemeinden sind mir Bischöfe nicht bekannt. Als Christengebiete werden sie nur in Kbedjesus Tukkäsä angeführt.

Bei Jäküt II, 690 wird ein Kloster namens Dair Kardasir als zwischen Rai und Kumm in der Wüste gelegen angeführt.

X.

Media Atropatene-Adharbai^än.

Kbedjesu rechnet im Tukkäsä (s. oben S. 1 2) .Vdliarbaiirän zur Kirchen- provinz Arbela-Mosul. Einer geographischen Anordnung folgend, stellen wir hier einige in diesem Lande und an seinen Grenzen gelegene Bistümer zu- sammen, ohne damit behaupten zu wollen, daß sie eine kirchenrechtliche Einheit, eine Hyparchie, gebildet hätten.

1. Adharbaigän. Von den fünf Bischöfen dieses Landes, die zwischen den Jahren 486 605 bezeugt sind, bezeicimet sich der älteste als Bischof von Ganzak und Adharbaigän, woraus wir wohl entnehmen dürfen, daß die Stadt Ganzak, südlich vom heutigen 3Iarägha, seine Residenz ge- wesen i.st. Im 13. Jahrhundert erscheint ein Erzbischof von Adharbaigän unter dem Patriarchen Denhä(i265 1281)^.

2. Paidangarän, armenisch Paitakaran, arabisch Bailakän, eine Land- schaft im Nordosten von Adliarbaigän zwischen den Flüssen Kur und Arras, ist in den Konzilakten durch drei Bi.schöfe in den Jahren 540, 544 und 554 bezeugt.

3. Salamäs, westlicli vom Nordteil des Urmia-Sees, wird als Bistum im 13. Jahrhundert unter Patriarch Jabhalähä III. (1281 1317) erwähnt*.

S. Syii. Or. S. 10 Anm. 2 und meine .'syrische Ueihtsl)iicher II S. 57. 55. AbM47. 60; MbS. 114. A b M 70. AbM 72.

62 S ACH AU :

4. Urmia, Urmija, im Westen des gleichnamigen Sees, wird als Bistum im II. und 1 2. Jahrhundert genannt'.

4. Usnüch, Usnü wird als Bistum unter dem Patriarchen Jabhalähä III. I 2 8 I -1317 erwähnt".

5. Al-Rustäk in der Provinz Senidinän, nördlich von Räwenduz, als Bistum erwähnt unter demselben Patriarchenl

Für die Kenntnis der heutigen Bistümer in Ädharbaigän und im Zagros, die vom Patriarchen Simeon im Jahre 1653 aufgezählt werden*, finden sich nützliche Beiträge in der Schrift von B. Dickson, Journeys in Kurdistan, im Journal of the Royal Geographica! Society 19 10 April, vol. XXXV, Nr. 4, S-'357— 378.

XI.

Armenien. Armenien ist nie eine besondere Kirchenprovinz der Nestorianer ge- wesen, Avohl aber ein Bistum. Als Christenland erscheint es im Titel des Katholikos Jabhalähä I. im Jahre 420, und Bischöfe Armeniens nahmen teil an den Konzilien der Jalire 424 und 486, werden auch noch im 11. Jahr- hundert unter Patriarch Ebedjesu Ibn Arärid 1074 1090 erwähnt^ Daß im 14. Jahrlnnidert Armenien mit Nisibis vereinigt war, ist bereits oben S. 46 berichtet. In welchem Ort die Bischöfe Armeniens residiert haben, ist mir nicht bekannt.

XU.

Kaukasus. Ebedjesu erwähnt als die siebente der Äußeren Metropolitien »Arrän und die Alanen, der Thronsitz des Gebiets ist Barda'ah, und Siunik, ein Teil von Armenien«. Arrän ist die Landschaft im Südosten des Kau- kasus um Barda'ah am Terter, einem Nebenfluß des Kur, nicht weit von seiner Mündung in den letzteren, entsprechend einem Teil des heutigen Landes Karabägh. Siunik, syrisch Senikhä, ist die armenische Provinz Si-

!M b S 1 14. 129. 130; A b M 60.

AI) .AI 72.

AbM 72.

S. AssF.MANi III. II. 423 und Hoffmann 8. 204. 205.

M bS 112.

Zur Ausbreitung des Christentums in Asien. 63

sakan, nördlich von Adharbaigän'. Die Alanen bewohnten einen anderen, weiter nördlich gelegenen Teil des Kaukasus.

Die Patriarchenchroniken erwähnen Bischöfe von Barda'ah im lo. Jahr- hundert unter Patriarch Johannes Ibn Al'a'rag 900 905 und Marl Ibn Tübä 987 lOOO".

In den Konzilakten von 420 wird im Titel des Katholikos Jabhalähä I. als Christenland auch Gurzän-Iberien-Georgien erwähnt, die Landschaft um Tiflis. Gurzän und Arrän bildeten die nördlichsten Provinzen des Sa- sanidenreiches*. Bischöfe dieser Kaukasussprengel kommen in den Konzil- akten nicht vor.

xnr.

Der Südrand des Kaspisehen Meeres. In den Ländern auf den südlichen Gestaden des Kaspisehen Meeres treten uns mehrere Bistümer entgegen, von denen nicht überliefert ist, ob sie einem Metropoliten unterstanden und ev. welchem. In dem Verzeichnis von Ebedjesu werden diese nordpersischen Bistümer nicht oder nicht mehr aufgeführt.

1. Gilän, die I^ndschaft um den Sefid Rüd mit dem heutigen Haupt- orte Reät. Dies Bistum ist in den Konzilakten vom Jahre 554 bezeugt.

2. Gurgän, Hyrcania, die Südostküste. Die Akten kennen zwei Bischöfe dieses Sprengeis in den Jahren 497 und 576, geben aber nicht an, wo sie residiert haben. Die Akten des Konzils von 424 sind unterzeichnet von einem Domitian

Ich bin geneigt zu glauben, daß hier 2;s^0lX verschrieben ist für Us»n3r., und daß der Titel bedeutet

»Bischof des Gefangenenlagers von Gurgän«. Vgl. oben S. 37 unter den Bistümern der Katholikats-Provinz das Gefan- genenlager von Beläsfarr. Es ist wohl nicht zufallig, daß diese beiden Bezeichnungen in dem gleichen Zusammenhange und in dem gleichen Jahre

' Marquart, KranSahr S. 120. = A b M 48. 55-

S. Hoffmann S. 79 und Mar^uart EranSahr S. 115.

(54 S A c u A u :

vorkommen'. Ob nun Gurgän und Sebhithä dlie üurgän ein einziges Bistum bilden oder zwei verschiedene, ist nicht zu ersehen. Elias CTauhari erwähnt Gurgän als Bistum von Rai.

3. Amul. Die Akten kennen einen Bischof Suren dieses Sprengeis im

Jahre 554.

XIV.

Parthien. Der fernste Osten des Sasaniden-Reiches ist in den ersten beiden Kon- zilien der Jahre 410 und 420 durch die Länder von Abrasahr, d. i. die Landschaft, in der Nisapur liegt, oder einen Teil von Parthien ver- treten. In Ebedjesus Rangordnung der Kirchenprovinzen vom Jahre 13 16 werden Merw und Isisäpür (Margiana und Parthien) als die dritte der Äußeren Metropolitien aufgezählt.

1 . Abrasahr, Ni.säpür. Dieser Sprengel war im Konzil von 424 durch einen Bischof David vertreten. Im Konzil von 497 erscheint er verbunden mitTüs.

2. Tüs, das heutige Meshed. Ein Bischof Samuel von Tüs soll die Wahl des Katholikos Dädhiso' (421 456) erwirkt haben'. Über die Ver- einigung mit Abra-sahr s. hier Nr. i . Ein Bischof von Tüs wird noch im Jahre 1279 erwähnt.

3. Abiward, eine Stadt zwischen Serakhs und Nasa, eine Tagereise von letzterem entfernt, erscheint zusammen mit einer Ortschaft Sahrj^eröz^ als Bistum bei Gelegenheit des Konzils im Jahre 554.

XV.

Margiana.

Bistümer.

I . Merw. Die Nachricht von der Einführung des Christentums in diesem

Lande durch Barsabbä, zuerst bekannt geworden durch Märi Ibn Sulaimän

S. 23, ist in ausführlicherer Fassung in der Chronik von Scert II, 253 258,

veröffentlicht. Über Barsabbä^ und sein Werk s. weiter unten.

' Labourt, Le christianisme eh. S. 122 Anm. 3.

■' Nach MbS 31; AbM 17.

' Marquart, Eransahr 73.

^ llesp. Barsaba.s bei As.semani III. IL i5(): aiicli S. 245, Ni\ 36.

Zuv Ausbreitung des Christentums in Asien. 65

In den Konzilakten erscheinen Bischöfe von Merw zwischen den Jahren 424 585. Ein Erzbischof David von Merw hatte großen Anteil an der Kir- chenspaltung, indem er 524 die Wahl des Elisaeus zum Katholikos betrieb'.

Das Chronicon Anonymum S. 28. 29 berichtet von einem Erzbischof Elias von Merw als dem Missionar von Türkenvölkem zur Zeit des Chalifen Omar (634 644), und ein Erzbischof Elias von Merw war zugegen bei dem Tode des Katholikos Jesujabh III. im Jahre 660. Späterhin erscheinen dann die Erzbischöfe dieser Provinz in allen Jahrhunderten vom 7. bis zum i i ". Ein Kloster des David Bar Natura in Merw s. in dem Klosterverzeichnis bei Jesudenali S. 265 Nr. 87; ein Kloster des Georg aus Merw in der Nähe von Merw, das. S. 245 Nr. 36.

2. Merw-i-rüdh, Merw-alnid, einige Tagereisen südlich von Merw, ist in den Konzilakten im Jahre 554 durch einen Bischof vertreten.

V

Elias Gauhari erwähnt als Bistümer von Margiana noch (S'^jf-^. ,_r~^j_- und OjjL.J! unbekannte Ortschaften.

Nach der Christianisierungslegende von Merw^ hätte ein Christ griechi- .scher Abstammung in der Hauptstadt Almadä in die Gunst einer Prinzessin des sasanidischen Königshauses gewonnen. Nachdem sie als Gemahlin des Markgrafen von Merw dorthin gekommen war, ließ sie ihn, den Bar Sabbä, nachkommen (nach dem Joviansfrieden 363), und dieser verbreitete nun das Christentum in Stadt und Land. Die erste Kirche wurde nach dem Plan des Kaiserpalastes von Ktesiphon erbaut und Ktesiphon genannt, womit zu kom- binieren ist, daß noch im Mittelalter ein Stadtteil von Merw Ktesiphon* hieß.

Von ferneren Bezeugungen des margianischcn Christentums ist folgendes zu erwähnen:

Ein Bischof von Merw nahm an dem Konzil des Jahres 424 teil.

Ein Bischof Elias von Merw bereitete um 651. 652 der Leiche des Sasanidenkönigs Jezdegird ein würdiges Begräbnis.

' Chronik von Seert II, 149; AbM 22.

'' AbM 36. 37. 42. 55. .MbS 62. 77. 97. 99.

' In deutscher Übersetzung mitgeteilt in den Abhandlungen zur semitischen Religions- kunde und .Sprachwissenschaft W. W. Grafen von Baudissin zum 26. September 191 7 überreicht (Gießen 19 18) S. 399 409.

< jy-J» jäküt in, 570.

Phil-hüt. Ahh 1!)i;). Nr. I. II

(5(;; Saciiau:

Alberüni' erwähnt um das Jahr looo in dem Kalender der Christen seines Vaterhmdes Cliorasmien (Chiwa) den 2 1 . Juni als Gedenktag des Priesters Barsabbä, »der etwa 200 Jahre nach dem Messias das Christentum nach Merw brachte«.

Kirchenprovinz Herät.

In Ebedjesus beiden Rangordnungen der Kirclienprovinzen von etwa 1300 und 13 16 wird Herät als Metropolitie erwähnt, in der älteren mit dem Titel ouäoT wOfa IsoJhef^p, in der jüngeren als ou.3073 = von Har^w (im Avesta Haraeva).

1. Herät, als Bistum in den Akten bezeugt in den Jahren 424, 486 und 497. als Metropolitie 585, und in den Patriarchenchroniken im 9., 10. und 11. Jahrhundert". Eine christliche Kirche in der Nähe von Herät wird von Istakhri 265, 15. 16 und von Ibn Haukai 317, 20 erwähnt. Ersterer schrieb um 951, letzterer um 977.

2. Püsang, arabisch Büsang -; Ghorijän am Herirüd westlich von Herät, ist in den Akten im Jahre 585 durch einen Bischof vertreten.

3. Bädhisi, wahrscheinlich = Bädhaglns, eine Landschaft im Nordwesten Afghanistans, die mehrfacli im Zusammenhang mit Herät und Püsang ge- nannt wird. Die Akten nennen einen Bischof von Bädhisi und Kädistän im Jahre 585.

4. Kädistän, eine Ortschaft in der Gegend von Herät, erscheint, ver- bunden mit Bädhisi, das Bistum im Jahre 585.

Elias Gauhari erwähnt Segestan als einziges Bistum vom Herät.

Sakastene.

Sakastene, arabisch Sagistän oder Sigistän (Segestan), ist im Kernteil das Stromgebiet des Hilmend und seiner zahlreichen Nebenflüsse im Westen Afghanistans. Es ist in den Konzilakten durch fünf Bistümer vertreten.

I. Sagistän. Die Akten nennen zwei Bischöfe dieses Sprengeis in den Jahren 424, 544 und 576 ohne nähere Bezeichnung ihres Wohnsitzes. In .späterer Zeit erscheint ein Bischof von Chorasan und Sagistän unter dem Patriarchen Sal^hrisö' Zunbür 1063^1072^.

' S. meine Chronology f)l' anciejit nafion.s S. 296. - AbM 38. 55: MbS 114. ' M b S 1 10.

Zur Aii.-ibreUuiiy d/'S C/irint/'/ittniis in Asiiii. 67

2. Fara, Stadt im westlichen Afghanistan, am Fararüd gelegen, als Bistum 544 bezeugt.

3. Käs - Chä-sch am Cliäschriid südöstlich von Fara, als Bistum be- zeugt im Jahre 544.

4. Zerang (Drangiana) im südwestliclien Afghanistan, südlich von (lu- wain, ebenfalls als Bistum im Jahre 544 bezeugt. Durch Verfügung des Katholikos Abhä 1. (540 552) wurden diese Sprengel 2, 3 und 4 einem und demselben Bischof unterstellt, gleichfalls die im folgenden zu erwäli- nenden Sprengel 5 und 6'.

5. Best = Bust am Hilmend südlich von (Tirlsk. als Bistum im Jahre 544 erwälint.

6. Rukhwadh (Arachosien). vermutlioii die Landschaft in Südafghani- stan um den Argand-.Vb und um Kandahar, als Bistum bezeugt in dem- selben Jahr 544.

Ein Stephanuskloster in Sege.stan wird bei Jesudenah S. 282, Nr. 138 erwähnt.

Chusrau 11. Parw6z, der 609 Kdessa eroberte, soll viele seiner Be- wohner, also Cliristen, nach Segestan und Chorasan ver[)tlanzt haben".

Wenn wir das Christenttun weiter ostwärts verfolgen wollen, treffen wir zunächst auf Balkh oder Baktra am Oxus, aber die hierauf bezügliche Überlieferung ist sehr arm und ergibt wenig mehr, als daß in der be- kannten Inschrift von Singan-P'u in China 781 ein Presl)yter Miles als aus Balkh stammend erwälint wird. Von einem Bi.stum Balkh findet sicli keine Spur*. Es wäre nun sehr einladend weiterhin den Wegen zu folgen, auf denen die nestorianischen Missionare einhergezogen sind, \\m in Pi.spok und Tokmak im Flußgebiet des Tschu im heutigen Gouvernement Semir- jetschie chri.stliche Gemeinden zu gründen, von deren Dasein heute noeli ihre Kirchhöfe Kunde geben, um im fernen Ostturkestau ein Evangelium und ihre Kircliengesänge in eine der Landessprachen zu übersetzen und um scldießlicli bis in das Innere des Chinesischen Reiclies vorzudringen. Vielleicht bildete das bei Jäküt III, 234, 8 erwähnte Christendorf Tankra (Aussprache ungewiß) in der vermutlicli im Nordosten des Aral-Sees zu

' Syn. Or. 343.

'■' DüvAL, Ilistoirc d'Edesse .S. 369.

' Ein armenisches Zeugnis für da.s \'or<lringen des Clinstentiiiiis his HaktfiiMi s. Ini MARQrART. Ostenropnisrho und Ostiisiatisrlio Strpifziige S, 28^ .\nm. 2.

:i

68 S A CH AU :

suchenden Landschaft Säs eine P^tappe auf einem dieser Wege. Die Auf- zählung der östlichsten Metropolitien bei Ebedjesu (s. oben S. 19) ist wenig lehrreich, und wenn er die Erzbistümer Herat, Samarkand und China ent- weder von dem Katholikos Ahai 410 415 oder von Silas 505 bis 523 oder von Selibhäzekhä 714 728 gegründet sein läßt, so beweist das wohl nur, daß die Kirche seiner Zeit von dem Ursprünge des östlichsten Christen- tums keine genaue Kenntnis mehr hatte. Wir machen am Oxus halt und verweisen für das Christentum jenseits von Oxus und Jaxartes auf W. Bart- hold, Zur Geschichte des Christentums in Mittelasien bis zur mongolischen Eroberung. Deutsch von Dr. R. Stube, Tübingen und Leipzig 1901'.

Arabien.

Über die christlichen Bistümer von Ostarabiens, Balirain und Oman s. oben S. 59.

In betreff der Christianisierung von Nagrän geben die nestorianischen Geschichtsschreiber" folgenden Bericht: »Ein Kaufmann in Nagrän machte unter der Regierung Jazdagird L (399 420) eine Geschäftsreise nach Kon- stantinopel, kehrte von dort durch das Perserreich zurück, wo er nach Alhira kam, das Christentum kennen lernte und annahm. Von dort reiste er in seine Heimat Nagrän und verbreitete daselbst sowie auch in Himjar das Christentum«. Die Patriarchenchroniken verlegen diese Erzählung un- gefähr in dieselbe Zeit, in das Patriarcliat von Ma'nä (um 420)'.

Chusrau Anosarwän hat Jemen um das Jahr 570 durcJi seinen Heer- führer Vahriz erobert, wodurch die Möglichkeit gegeben war, daß sich Be-

' Über die Missionstätigkeit des Patriarchen Timotheos nach den Türken, vgl. Oriens Christianus I, 309 Anm. i .

" Chr. Seertl, TI, 330. 331: MbS 29: A b ^I 16. Der Name des Kaulmanns jL»- kann sowohl Hannän wie Hajjan gelesen werden. Die arabischen Nachrichten iiber Nagrän und sein Christentum, die abessinischen Christen und die Kirche ^— ^ = ^kkahcia in San'ä s. bei NÖLDEKE, Geschichte der Perser und Araber usw. S. lyyflt'. 201.

'' Chr. Seert meldet II, 144, daß unter dem Patriarchat des Silas (505 523) llüchtige Jakobiten nach Hira geflohen, von dort aber durch die Nestorianer vertrieben, und daß einige von ihnen nach Nagrän geflohen seien, wo sie den Monophysitismus des Julianus verbreitet hätten. Aus den Titeln der Vertreter des nagn'inischen Christentums, welche zu Muhammed kamen, ergeben sich keine Kückschlüsso auf die Sonderart ihres Bekenntnisses. S. Ibn Saad I, II S. 84. über Muhammeds Verhandlungen mit den Christen Nagräns s. Ihn Snad I II, 21. Ein Kloster von Nasiran wird bei Jiiküt II, 703 ei-wähnt.

Zur Aushn'ituny des Chrisknämm in Asien. 69

Ziehungen zwischen dem babylonischen Christentum und Nagrän anknüpften. Der Patriarch Timotheos I. (780 823) scheint das südarabische Christen- tum für nestorianisch gehalten zu haben, denn er setzte in Jemen einen Bischof ein (Oriens Christianus I, 143).

Weiter nördlich in Arabien gab es zu Muhammeds Zeit christliche Gemeinden in Diuna, Aila und Tema, und ein Bischof Johannes Ibn Rüba von Aila verhandelte mit Muhammed'. Über das Bekenntnis dieser Christen, ob monophysitisch oder nestorianisch, ist mir nichts bekannt.

Zu Rakka (Nicephorium) am mittleren Euphrat muß es einmal eine nestorianische Gemeinde gegeben haben, denn der Patriarch Makkikhä (1092 bis 1108) weihte ihr einen Bischof'.

Der episcopus Arabum als solcher ist der 724 gestorbene Georg in der syrischen Literatur bekannt hatte seinen Hauptsitz zu Knfa-'Äkolä in Westbaby lonien. Die Gemeinde war monophytisch. Zu ihr gehörten außer den Leuten von Küfa die Stämme Tajj, Tanükh, Tha'lab und Taghlib. Die Christen des Stammes Taghlib unterhandelten mit Muhammed'. Die Tanükh wurden unter dem Kalifen Mahdi (774 784) gezwungen den Islam anzunehmen'. " ,

Soeotra. Das Christentum der Insel Soeotra = Insel des Dioskorides ist in den Konzilakten nicht erwähnt. Die älteste Erwähnung desselben findet sich bei Kosmas Indikopleustes", der auch weiß, daß die dortigen Geistlichen ihre Weihen in der Persis erhalten hatten und aus der Persis ihnen ge- schickt waren kai kahpiko! eicm eK FTepciAOc xeiPOxoNOYMeNOi kai neMnÖMeNoi ^N ToTc AYTÖei. Soeotra war also kirchenrechtlich von der Persis abhängig, ebenso wie Indien''. Elias Gauhari zählt Soeotra zur llyparchie Persis (s. oben

' Ibn Saad I II, 37. Über -Muhammeds Verhandlungen mit Christen vom Stamme Taghlib s. Ibn Saad I II, 55: übei- ihre rechtliche Stellung im Islam s. Abu JmsuIVI^*-! ^'^> S. 28. 29. t- .

» MbSiiS.

' Ibn Saad I II 55.

' Oriens Christianus I, 142; Bachkhraei;s, Chron. Syr. S. 132. 133 und .lournal Asia- tique 1900 S. 287.

'■' Ed. Winsion S. 119.

" S. die Briefe des Katholikos .lesiijabh III. ed. Duval S. 182 und meine Schrift Vom Christentum in der Persis S. 17. 18.

70 8 A (; H A u :

8. 59). Hinweise auf den Zusammenhang des Christentums auf Soeotra mit dem Katliolikos in Bagdad in späteren Zeiten finden sich in den Patriarchen- clirouiken. Nach Mb 8 iio ernannte der nestorianische Patriarch Sabhrisö' Zunbi'ir 1063 1072 einen Bischof für Soeotra, und bei A b M 72 wird unter dem Patriarchen Jabhalähä III. i 2 8 1 i 3 i 7 ein Bischof ^'on Soeotra erwähnt. Die beiden arabischen Geographen Alhamdäni (gest. 3 34 = 944/5 n. Chr.) und Jäküt (gest. 626 = i 227/8) bericliten unter li^r^^*-, daß es dort zu ihrer Zeit nocli Christen ge1)e. Im übrigen vgl. W. (Hermann, Das Christentum auf Socotora in der Zeitschrift für historische Tlieologie Bd. 44 (1874), 8. 227 bis 258.

Syrien.

Syrien wird als nestorianische Kirchenprovinz in den älteren Konzils- akten nicht genannt. Wir begegnen erst im Jahre 780 einem Bischof von Damascus, der an der Wahl des Patriarchen Timotheos 1. beteiligt war', und zehn Jahre später, 790, erscheint ein Bischof Sallitä von Damascus (Syn. or. S. 608). Um 828 wird ein Sabhrisö', später Patriarch, zum Metro- politen von Damascus geweiht. Dem Ende dieses Jahrhunderts gehört Elias Gauhari an.

Der Metropolit von Damascus führte auch den Titel IsaoLäea »Der Zerstreuten, der Diaspora«-. Nach den Patriarchenchroniken sind Bischöfe von Damascus bezeugt zwischen 780 und der Regierung des Patriarchen Ebedjesu Ibn Arärid 1074 1090''.

Nach Elias Gauhari unterstanden dem Sitze von Damascus die fünf Bischöfe von Aleppo, Jerusalem, Manbit;- (Hierapolis) Almassisa (Mopsueste). Tarsus und Melitenc.

Bischof von Jerusalem war Elias (^auhari, l)evor er 893 Metropolit von Damascus wurde. Von dieser Zeit an sind Bischöfe von Jerusalem bezeugt bis in die Regierung des Jabhaläliä III. Turca i 28 i 131 7. Der Patriarch Sabhrisö' Zunbür 1063 - 1072 weihte einen Mönch Henänisö" zum Bischof von Jerusalem und schickte ihn später zur Inspektion der insulae maris' (Soeotra? Bahrain?).

' MbS 63.

^ Oriens Christiaruis I 307 Aniii.

' MbS 115.

* MbS HO.

Zur Au.'ibreituiig (/e.s Christf^ntwn,^ in Asir/i. 71

Für Aleppo wird ein Bischut' Ibn Tuba oc'weiht von demselben Pa- triarchen Sabhrisö' Zunbür 1063 1072'.

Ägypten. Die Patriarchenchronik erwähnt Biscliöfe Ägyptens um 987 und 1013". An letzterer Stelle wird berichtet, daß damals die Christen in Ägypten und Jerusalem von schwerem Unglück betrofi'en. daß die Kirche in Jerusalem zer- stört und nur wenige Christen in Ägypten übriggeblieben seien. Der Bischof von Ägypten wurde daraufhin von dem Patriarchen Johannes Maalthäjä in die Persis versetzt^. In etwas jüngerer Zeit wird das Oberhaupt des ägyptischen Christentums als Metropolit bezeichnet, um 1063 und 1092*.

Indien.

Über den Ursprung des indischen Christentums gibt die Chronik von Seert II, 236. 292 eine beachtenswerte Nachricht. Danacli hat ein Metro- j)olit von Basra, Düdi, an der zweiten Stelle David genannt, zur Zeit des Patriarchen Päpä, d. i. um 300, seine Provinz verlassen, ist nach Indien gefahren und hat dort viel Volk zum Christentum liekehrt. Diese an und für sich unverdächtige Notiz ist zweifellos einem der ältesten syrischen Ge- schichtswerke aus dem 7. oder 8. Jahrhundert entnommen''. Da aber die Person dieses Erzbischofs Düdi oder David anderweit nicht bekannt ist, so fehlt es an Mitteln sie näher zu kontrollieren.

Ein Bischof von Rew-Ardasir, der Hauj)tstadt des persischen Christen- tums, Ma'nä", Zeitgenosse des Patriarchen Acacius485 495, der die syrische Kirchenliteratur in das Persische übersetzte, schickte seine t^bersetzinigen auch nach Indien. So die Chr. Seert II, 117.

Bekannt sind die Nachrichten des zwischen 520 525 reisenden Kosmas Indikopleustes" über das indische Christentum mid seine kirclienrechtliche Abhängigkeit von der Kirclie des Persis (s. oben S. 69 unter Socotra). Über

' MbS HO. ' M bS 95. 101. 102. 'MbS 102. « MbS HO. 118.

■' S. Vom Christeiitimi in dfi- l-'er.sis .S. 6 « S. das. S. 14.

S. The Christian topogi-aphy cir. ed. Winsteui 8. 119 iiml Notes S. ,^45: auch Gkr- jiANX. Die Kirrlie dov 'rhnmasrhristen. 1877. S. 135.

72 SaCHAT!"

die Nachrichten betreffend die Einriclitung der indischen Kirchenprovinz s. oben S. 19; ferner Silbernagel, Verfassung und gegenwärtiger Bestand sämtlicher Kirchen des Orients, 2. Auflage, Regensburg 1 904, S. 317.

Unbekannte Bistümer. Abgesehen von mehreren in den Konzilakten erwähnten Bistümern, die bei der Besprechung der einzelnen Kirchenprovinzen aufgeführt sind und die geographiseli nicht fixiert werden konnten', findet sich teils in den Konzilakten, teils in anderen Quellen noch eine Spreu von Bistümern, deren Lokalisierung künftiger Forschung vorbehalten bleiben muß. In den Akten begegnen noch folgende Namen, die als Bischofssitze in den daneben angegebenen Jahren bezeugt sind:

^:Sd.9\, ^is^äL\2 410 äubou., ,Tia.S.M 486 i\ja is*3 790'

In dem Chronicon Anonymon ed. Guidi S. 30, 15. 16 wird unter der Sasaniden-Königin Börän 630.631 ein 2">y itr>ni\a Idkoäk» »Maruthas von (xusträ« erwähnt.

In der Chronik des Amr bar Märi sind noch folgende, meist sjjäteren Jahrhunderten angehörige Bistümer genannt:

AbM 38, 7 erwähnt bei Gelegenheit der Wahl des Patriarchen Narses um 524 einen Jakob, Metropolit von Allan j!A-c-. Ich vermute, daß hier ein Fehler der Überlieferung vorliegt. Ein Erzbistum dieses Namens ist nicht bekannt, und der altarabische Stammesname j%«- (s. Ibn Doreid S. 162) kann nicht gemeint sein.

Ein Bistum Kaimur _^ erscheint unter den Patriarchen Barsaumä 1 1 34 1 1 36 und Elias 111. 1 1 76 1 190^. Nach den arabischen Geographen war Kaimur eine Burg zwischen Mosul und Khilät, bewohnt von Kurden.

Ein Bistum Bädhijäl wird unter Patriarch Denliä i 265— i 281 genannt*.

Eine Ortschaft OJ^j^ erscheint im Titel des Metropoliten von Arbela bei demselben Patriarchen Denhä, s. Assemani II, 455: Metropolit von Ar- bela, Hazza und jj^y'.

' S. z. B. oben S. 57.

■^ Syn. Or. S. 672. 669. Index.

^ MbS 130. 131.

* AhM 70.

Zur Ausbreitung des Christentums in Asien. 78

Exkurs.

Vom ältesten östlichsten Christentum.

Das wichtigste Ereignis in der ältesten Cxeschichte des östlichsten Christentums ist der Kampf um die Übertragung der Patriarchats- und Episkopatsverfassung des römischen Reiches auf den Orient. Das Ergebnis, die von dem ersten allgemeinen Konzil des Jahres 410 gegebene Kiichen- verfassung ist für das orientalische Christentum ein festes Rückgrat ge- worden und hat es in den Stand gesetzt, der Ungunst aller Verhältnisse zum Trotz, die Jahrhunderte bis auf die Gegenwart zu überdauern. Diese Kämpfe erstrecken sich über mehr als ein Jahrhundert, sie beginnen um 300, werden unterbrochen durch die jahrzehntelange Verfolgung unter Sapor IL' und gehen mit dem Konzil von 424 ihrem Ende entgegen.

Die Quellenschriften über diese Dinge, Märtyrerakten, Konzilakten, Chroniken sind recht trübe, wie von allen Forschern auf diesem Gebiet, Westphal, O.Braun, Labourt, anerkainit worden ist; sie sind von der Denk- und Schreibweise einer späteren Zeit gemodelt, zum Teil nach hierarclii- schen Tendenzen geändert und gefälsclit, ganz abgesehen davon, daß zur Zeit ihrer ersten Niederschrift eine genaue Kenntnis der intimen Vorgänge wohl nicht mehr vorhanden war. Immerliin sind die in jenen Zeiten ent- standenen Gesetze genügend bezeugt und bilden den Grundstock aller gesetz- geberischen kanonistischen Tätigkeit der folgenden Jahrhunderte, so daß wir in ihnen einen sicheren Boden und Ausgangspunkt für weitere Studien haben. Diese älteste Gesetzgebung ist eine Reform", sie will einen neuen Zustand begründen und einen älteren aufheben, und gerade durch letzteres ist sie uns besonders wichtig. Denn dasjenige, was sie aufheben will, sind die ältesten Verhältnisse, wie sie sich von den Urzeiten an liier und da in verstreuten Gemeinden unter Parther- und Perserherrschaft entwickelt hatten, die Zustände der östlichsten Urkirche, über die uns direkte Nach- ricliten fehlen, auf die jetzt durch die Verbote jener Gesetzgebung einige lehrreiche Schlaglichter fallen. Und die so gewonnene Erkenntnis gewinnt eine Stütze und Bestätigung, wenn wir die mancherlei P>eignisse, welche

' Die Chronik von Arbela bezeichnet die Jahre 340 351 als die Zeit der schwersten Verfolgung (S. 80).

^ 2^30d^ *<■ Syn. Or. Text S. 30, 16.

Pkil.-hist. Ahh. IUI!). Kr. I. l(t

74 S A C 11 A u :

uns die Chronik von Arbela aus der ältesten Geschichte der Kirche über- liefert, zum Vergleich heranziehen. Da zeigt sich dann, daß die aus den (iesetzen, vielmehr aus den Verboten des Konzils von 410 abzuleitenden Zustände vollständig übereinstimmen mit den Einzelheiten der Chronik.

Die Reform des Kirchenlebens ist nicht ohne Kämpfe vonstatten ge- gangen. Als charakteristisch für die Kämpfe dieser ganzen Periode möchte ich zweierlei hervorheben: zunächst die große Heftigkeit der Anfeindungen, die gegen die Bischöfe von Seleucia gerichtet waren. Die Angreifer ver- klagten den christlichen Glaubensgenossen bei dem magisclien König der Könige, dieser setzte seine Behörden in Bewegimg, der Verklagte wurde in das Gefängnis geworfen, mißhandelt, abgesetzt, verjagt, in das Elend hinausgetrieben, wobei wir uns gegenwärtig halten müssen, daß es sicli meistens um Männer höheren und höchsten Lebensalters handelte. Dies war das Schicksal der Bischöfe Isaak (399 410) und DädhiscV (421 bis 456'). Gedroht wird mit der Strafe des Königs und des Konzils', und in dem allerdings nicht sehr zuverlässigen Berichte des Konzils 424 über Päpä wird erzählt, daß Anklageschriften gegen ihn in den Provinzen verbreitet worden seiend

Zweitens muß es jedem Kenner der syrisclien Literatur auffallen, daß im Zusammenhang dieser Kämpfe niemals von dogmatischen Fragen und Differenzen die Rede ist, während diese Dinge nicht lange darauf die Lite- ratur überschwemmen. Es wird nicht um den Glauben gekämpft, sondern fast ausschließlich um die Besetzung von Bistümern, also um Kirchen- recht und wohl auch um die Macht. Die Angreifenden sind schließlich die Unterliegenden ; es wird ihnen aber niemals nachgeworfen, daß sie schlechte Christen gewesen seien, daß etwa ihr Glaube nicht der richtige gewesen sei, sondern im Gegenteil wird ihnen ausdrücklich bezeugt, daß sie vor- treffliche Männer gewesen seien, die ihr Christentum durch den Märtyrer- tod bewiesen. So z. B. Bischof Miles von Susa, Päpäs Hauptgegner*.

Der in Rede stehende Kampf geht aus von dem Bischof Päpä von Seleucia. Die Berichte über diesen Mann sind arm an zuverlässigen Details und lange nach den Ereignissen geschrieben und zurechtgemacht, der beste

Syn. Or. S. 293. 2i Das. S. 273. Das. S. 296.

Svn. Or. S. 290.

Zur Ansbreituiuj dci ('/u-istr/ttmitK in Asien. 75

ist vielleicht der kürzeste und einfachste, derjenige in der ('hronik von Arbela S. 71. 72. Tatsache ist, daß Päpä nach der gesamten Überlieferimg der erste Bischof von Seleucia, der ursprünglich par inter pares, mit dem Anspruch auftrat, mehr zu sein als seine Kollegen im Bischofsamt, eine Art Oberbischof. Die Gemeinde in Seleucia hatte um das Jahr des Dynastie- wechsels 224 noch keinen Bischof, erst gegen Ende des Jahrhunderts (das Jahr ist nicht bekannt) weihte der zehnte Bischof von Arbela im Verein mit dem Bischof von Susa der dortigen Gemeinde einen Bisehof in der Person des Aramäers Päpä. Wie kam nun dieser dazu, sich über die an- deren Bischöfe der älteren Gemeinden, z. B. in Susiana, erheben zu wollen? Ks trifft nicht zu. wenn man seinen Anspruch damit l)egründen will, daß er von allen Bischöfen der nächste zum Hof der persischen Könige ge- wesen, also am geeignetsten gewesen sei, dort die Interessen der gesamten Christenheit zu vertreten, denn die Könige residierten damals noch nich regelmäßig in Ktesiphon-Seleucia. sondern in Susiana und ihrer Stamm- provinz, der Persis. Ich möchte eher annehmen, daß Päpä Kenntnis be- kommen hat von der Stellung der Patriarchen in der römisch-christlichen Welt, vielleicht durch Bischof Sa'dä von Kdessa', und sicher dürfte sein, daß er dort um die Unterstützung seines Bestrebens geworben hat. Ob aber in diesem Zusammenhang auch Konstantin eine Rolle gespielt hat, wie die Chronik von Arbela S. 7 i annimmt, ist zu verneinen, wenn Päpä die entscheidende Synode, in der er mit seinem Ansprucli hervortrat, schon in den Jahren 313. 314 gehalten hat, wie Westphal. Untersuchungen S. 83. 84 annimmt, immerhin aber möglich, wenn Päpä nach Basheliraeus 334 oder nach dem (^hr. Arbel. S. 75 kurz vor 329 gestorben sein sollte. Immer- hin ist es das wahrscheinlichste, daß die gewaltige Änderung in der Lage des römischen Ciiristentums durch Konstantin anregend und bestimmend auf Päpä eingewirkt hat und daß dieser Vorgang die kräftigste Stütze seiner Bestrebungen war. Worin im einzelnen sein Programm bestanden, welche besonderen Rechtssätze er in der angeblich von ilim berufenen Synode durch- zusetzen versucht hat, ist aus den vorhandenen Nachrichten nicht zu er- sehen, wahrscheinlich aber hat er die Stellung eines westlichen Patriarchen und damit den maßgebenden Einfluß auf die Besetzung der provinzialen Bistümer angestrebt. Und damit begegnete er heftigem Widerstand. Sein

' Chr. Arbel. .«!. 71.

7(i S ACH au;

Bistum war eines der jüngsten, er selbst war durch zwei provinziale Bischöfe geweiht, seine Auffassung war eine fremde, aus dem Westen importierte, und nun verlangte er, tief eingreifend in die Interessen der einzelnen (ie- meinden, das Kecht mit autokratischer MachtvoUkommenlieit ülier die Be- setzung der Bistümer in letzter Instanz zu entscheiden. Peinige Provinzen haben sich niemals Päpäs und seiner Nachfolger Ansi)ruch gefügt.

Die folgenden Zeiten der Verfolgung und einer Sedis\akanz in Seleucia von 2 2 Jahren war nicht geeignet, den kirchenrechtlichen Streit zum Aus- trag zu bringen, erst im Anfang des folgenden Jahrhunderts wurde er wieder aufgenommen und zuerst durch das Konzil von 410 unter Bischof Isaak (399 410) zum Abschluß gebraclit. Zur Bekräftigung dienten dann noch die Konzile von 420 und 424 unter Jabhalähä (415 420) und Dädhiso' (421 456). In der Folgezeit verschwindet dann dieser Gegenstand aus den öffentliclien Verhandlungen der Konzilien und macht anderen Fragen, der Einführung der Christologie des Nestorius, der Regehing des Ehe- rechts und anderen Dingen Platz. Indessen bis in das neunte Jalirlmndert läßt sich nachweisen, daß die Bischöfe von Seleucia nicht aufgehört haben, sich um die Unterwerfung der von Anfang an renitenten Kirchenprovinzen wie der Persis und Ostarabiens unter ihr Szepter zu bemühen.

Das Konzil von 410 hat die Bescldüsse des Konzils von Nicäa und die westliche Patriarchal- und F'piskopal Verfassung auf das östlichste Cliristen- tum übertragen. Wir geben im folgenden eine Übersiclit speziell über das- jenige, was das Konzil verbietet.

§ XIII verbietet, daß das Abendmahl nicht mehr wie nach altem An- denken in Privathäusern dargereicht werden soll. Die ältesten zerstreuten kleinen Ghristenkonventikel hielten sich verborgen, und nur durch Zufall entdeckte der Bischof von Beth Zabhdai, als er mit einer Karawane nach Arbela kam, daß dort eine kleine Christengemeinde vorhanden war. Sie hatten keine Kirche, ihren Gottesdienst mußten sie in einem ihrer Häuser halten, erst der vierte Bischof von Arbela, Abraham, baute seiner Gemeinde eine Kirche (unter Vologeses III. 148— 191). So die Chronik von Arbela S. 43. 48.

§ XVI verbietet, daß die Weihung von Priestern und Diakonen an profanen Orten stattfinde. Darin dürfte ebenfalls ein Hinweis auf jene älteren Zeiten, in denen die Gemeinden noch keine Kirchen besaßen, und ihre Gebräuche zu sehen sein.

Zur Ausbreitung di'S Christen tiuiis in Asien. 77

Derselbe Paragraph verbietet, daß junge Männer, welche keine ge- nügende Kenntnis der heiligen Schriften haben, ohne irgendeine Prüfung zu Priestern und Diakonen geweiht werden. Es mag in den älteren Zeiten, besonders in Zeiten der Verfolgung, oft schwer gewesen sein Männer zu finden, welche die nötige Bildung besaßen, um den Gottesdienst der Ge- meinde versehen zu können.

§ XIV verbietet, daß mehrere Chorbischöfe dem Bischof an die Seite gestellt werden. Aus welchen ^'erhältnissen diese hierdurch verbotene ältere Sitte hervorgegangen ist, wissen wir nicht. Da aber die Chorbischöfe (auch ISOL^jta Visitatoren genannt) die Bischöfe gegenüber den Landgemeinden vertraten', so mag der Besuch der zerstreuten, im schwer und nur in einem kleinen Teil des Jahres zugänglichen Zagros gelegenen Gemeinden für einen einzigen unmöglich, frühzeitig der Anlaß zur Bestellung von mehreren Per- sonen gewesen sein. Dies gilt besonders für die Provinzen Adiabene, Ga- ramäa und B^th Arbäje, ab(;r auch für Babylonien, Maisän und Susiana, denn hier bieten die Wasserverhältnisse während eines großen Teils des Jahres dem Verkehr schwer überwindbare Hindernisse.

§ VI. Das ältere östliclie Christentum hatte keine allgemeine, in regel- mäßigen Zwischenräumen wiederkehrende Synoden. Daher die Einführung von Synoden alle zwei Jahre, wofiir sjjäter im Konzil von 497 vier Jahre angesetzt wurden", da der erstere, aus dem Nicänum übernommene Termin für die Entfernungen und sonstigen Verhältnisse Asiens gänzlich unhalt- bar war.

§ XIII und IX. Die ältere P'orm des Gottesdienstes wird reformiert nach dem Muster des westlichen (iottesdienstes, den Bischof .Alaruthas den Orientalen in der Kirche zu Koklu-Seleucia vorführt. Worin die Besonder- heiten des älteren Kultus bestanden haben, wird nicht angegeben.

§ XIII und S. 258. 259. Die ältere Kirche hatte keinen allgemein gül- tigen Kalender für die Fest- und Fastentage und keine Behörde, welche allen Gemeinden eine normative Bestimmung hierüber hätte zugehen lassen können. Die Reform befiehlt nun die Einführung des westlichen Kalenders und räumt dem Oberbischof von Seleucia das Recht ein, für den Orient den Kalender zu bestimmen und über seine Durchfuhrung zu wachen.

' Vgl. Pabisot, Los chorev(''(|ue.s in der Revue de POrient C'liivtien 6 (1901) S. 157.419. ■■' .Syn.Or. .<^. 31.5. Chr. .\rbel. S. 87.

78 S A r H A u :

Das Hauptobjekt der Reform war die Einfüliruiig der westliclien Epi- skopalverfassiuig. Sollte eine Stadt mehrere Bischöfe haben oder nur einen? und von wem sollte die Bischofswahl vorgenommen und bestätigt werden?

Syn. or. S. 258. Während in älteren Zeiten es vorgekommen sein muß, daß eine Stadt zwei oder drei Bischöfe hatte, bestimmt die Reform, daß von da an für eine Stadt nur ein einziger Bischof zulässig sein soll.

§ I. XI. XVII und S. 258. Ein einziger Bischof hat nicht das Recht, weder im Leben noch sterbend einen Bischof zu ernennen, auch zwei Bischöfe haben dies Reclit nicht. Drei oder mehr Bischöfe oder andernfalls ein F>rz- bischof mit 3 5 Bischöfen XVII S. 270) sollen sich versammeln und einen Bischof wählen. Der Gewählte soll sich alsdann dem Oberlnschof und Patriarchen von Seleucia präsentieren und von ihm die perfectio 1 .\y)OiT empfangen, d. h. er ist gesetzmäßig installierter Bischof erst dann, wenn der Patriarch seine Wahl bestätigt hat.

§ XI verbietet, daß ein Bischof, die Grenzen seines Bistums über- schreitend, in einem anderen Bistum Handlungen vornehme, die ihm nicht zustehen. Durch ein so verbotenes Benehmen der susischen Bischöfe von B6th Läpat imd Karkhä waren nach § XXI S. 272 Ubelstände entstanden. Es mag in älteren Zeiten zuweilen Ungewißheit und Streit über die Grenzen der einzelnen Bistümer bestanden haben. Um dies zu verhüten, ist § XXI S. 272. 273 erlassen, der uns die Verbreitimg der östlichsten Bistümer um das Jahr 410 zeigt.

Zu diesen normativen Bestimmungen stehen die Gebräuche der älteren Kirche in einem geraden Gegensatz. Ein Bischof weihte sterl)end seinen Nachfolger. Abrali-am, der vierte Bischof von Arbela, weiht seinen Diakon Noah zum Nachfolger, ebenso der sechste Bischof Al)el seinen Diakon Ebedhmesihä (Chr. Arbel. S. 48. 58). In einem anderen Falle weihte ein Bischof der einen Gemeinde den Diakon einer ,'inderen zum Bischof, so Bischof Mäzrä von Beth Zabhdai den Diakon Simeon zum Bischof von Ar- bela (a. a. O. S.43). Ferner finden sich die Fälle, daß zwei fremde Bischöfe anderen Gemeinden Bischöfe weihen, so der neunte Bischof von Arbela Sahlüfä und Bischof .Subhhä-Lis(V von Beth Zabhdai für die Diözesen von Harbath Geläl und Ressönin (?), die Bischöfe Almdhabhühi von Arbela und Ilaibe'el von Susa für Seleucia (a. a. 0. S. 65. 69). In noch anderen Fällen wählt die Gemeinde selbst den Bischof, während ihr durch das Konzil von 410 jede Beteiligung an der Biscliofswahl genommen wurde. Gemeinde

Zur Ausbreitung des Christentums in Asien. 79

und Geistlichkeit wählen den Abel, den sechsten Bischof von Ax'bela, und geleiten ihn alsdann zum Bischof Zekhä-Iso" von Henäithä, damit dieser ihn weihe (a. a. 0. S. 54). Die Gemeinde von Arhela wählte in Zeiten der Verfolgung im geheimen ilire Bischöfe Abraliam und Märanzekhä, den ersteren noch zu Lebzeiten seines im Kerker schmachtenden Vorgängers Johannän (a. a. 0. S. 78. 79).

Der Kampf zwischen altem und neuem Recht führte zu heftigen Kon- flikten. Die Konzilakten berichten mehrfacli, wie unter dem alten System Zank und Streit und Schäden allerlei Art entstanden seien, die nun durcli das neue Recht, »die Gesetze, welche von den illustren Vätern und den glückseligen Bischöfen für die katholische Kirche im ganzen Römerreich aufgestellt und dort bis auf die Gegenwart sorgfältig beobachtet worden sind« ', behoben werden sollen. Also uralter einlieimischer Brauch gegen neues römisches Reclit! Die Olierbiscliöfe von Seleucia setzen ihre Präro- gative als selbstverständlicli voraus und verlangen strikte Durchführung des neuen, von Päpä zuerst angestreiften Rechtes, sie setzen Biscliöfe, die nacli lieimischem Brauch gewälilt waren, ab und belegen sie mit dem Kirclienbaim, greifen damit tief in private Interessen ein, die Gegner aber bestreiten die Zuständigkeit des oberbiscliöf liehen Gerichts und halten sich für durchaus unschuldig'. Der Ansprucli dieser orientalischen Päpste hat sich im allgemeinen durcligesetzt. Wie das bürgerliclie Recht Roms in den Orient gedrungen ist'^, so ist avich das römische Kirchenrecht das Recht der östlichsten Kirche des Orients geworden.

' Syn. Or. S. 280.

•■' S. Syn. Or. S. 287.

' S. meine Syrischen Rechtsbüclicr 1 Kinleitun;; .'^. Vlll. IX.

80 Sach au: Zur Ausbreitung dfs Christentums in Asien.

Inhaltsverzeichnis.

Seite

Einleitung 3

Von den Quellen 9

Von den Kirchenprovinzen 14

Von den Bistümern : 26

Babylonien 26

Susiana 38

Nisibis 43

Mesene 48

Adiabene 52

Garamäa 55

Persis 58

Ostarabien 59

Medien 59

Atropatene 61

Armenien 62

Kaukasus 62

Siidrand des Kaspischen Meeres 63

Parthien 64

Margiana 64

Herat 66

Sakastene 66

Arabien 68

Socotra 69

Syrien 70

Ägypten 71

Indien 71

Unbekannte Bistümer 72

Exkurs : Vom ältesten östliciisten Christentum 73

Berlin. si^llrucJit in der Ilcichsrlruokerei.

ABHANDLUNGEN

DER PREUSSISCHEN

t AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

JAHRGANG 1919 PHILOSÜPHISCH-HISTORISCIIK KLASSK

Nk.2

HON IFATl IS FRAGEN

VON

MICH AI J. 'rAN<iL

P)KHL1N 1919

VKKI,.\(i DKK AKADK.MIK DKK WISSKNSCll All KN

IN KllMMISSION liKI llKI!

\ kükim'.im; \\ issknsiii m- ri.iriii:!! \ ki,'i,i:(.i;i! wai.iii; in: (.i,'r\ii;i; r lo

\Oft>f \I,s I, .1 (.(K) ii)\-^i iü; M.IM.V'--:« Wl'l.i \'. .1 t.i 1 li \|- \';. \ 1 !;l.\i.'l;i > UM wiMi \'. .l.oit'. l;l IMI.l; k\!(l..l M!I|;N!.i; \ ^.l i i fuMl*

Vorgelegt in der Sitzung der philosüphisch-historischen Ivlasse am 3. Aj)ril 1919. Zum Druck eingereicht am gleichen Tage, ausgegeben am 7. Juni 1919.

Wenige Wochen nacli dem ersten Teil meiner »Stndien zur Neuausgabe der Bonifatiusbriefe« ' erscliien eine Arbeit IIkinfkii Boehjiers »Zur Ge- schichte des Bonifatius« ", die meine Neuausgabe der Briefe in den Epistolae selectae der Monumenta Germaniae gerade sclion benutzen, von der sie l)e- gleitenden Forschung aber noch keine Kenntnis nehmen konnte, ebenso wie fiir diese Boehmers neue Ergebnisse zu spät kamen. Der daraus ent- sprungene Schaden ist auf beiden Seiten nicht allzu groß gewesen, denn die Sonderziele unserer Forsclaing gehen sich fast ganz aus dem Wege. W^as BoEH.MEK, die bisherigen Gesamtdarstellungen sowie Einzelversuche weit überholend, herausarbeitet, ist das Wirken des Bonifatius in Hessen. Es geschieht in einer Weise, auf die ich hier mit Nachdruck aufmerksam machen möchte. Boeh.mer führt zurück bis zu den geologischen Grund- lagen der Bodengestaltung, erörtert dann Siedelungsverhtältnisse, Straßen- züge, Kulturzustände, wertet die Hemmnisse und Förderungen, die dem Missionar daraus erwuchsen, und gestaltet das Ganze zu einem lebensvollen und anschaulichen Bild'.

Was wir einheitlich, aber, wie Boeiimer rügt, ungenau als »Hessen« bezeichnen, war damals keineswegs ein Ganzes, nicht als Land und nicht ethnographisch. Von dem viel stärker besiedelten, zum Teil schon wohl- bebauten, dem Christentum wenigstens in Anfängen bereits erschlossenen Lahngau und der südlich an ihn sich reihenden Wetterau hebt sich scharf

' Neues Arcliiv 40, ()39-- 790.

' Zeitschrift des Vereins für iiessische (iescliiclite iiiul Landeskunde 50 (N. F. 40). 171 215.

' Hs lügt sich reclit hübsch, daCi der rntcrsuciuinn: B()f.h>u:bs zwei j^aiiz ähnlich ge- artete Arbeiten, Georg Wdi.kf. Die geofiraphischen \'(irausset/,ungen der Chattenfeldzüge des Gemianicus S. 53 123, und Binoemer, Zur Lage des Königshofes in Bergen S. 124 170, vorangehen und diesem Bande eine gewisse (ieschlossenheit verleihen.

1*

4 'I' A N c; L :

;ili (las ciqciit liehe Hessen, das noch nroßenieils iiiiuirtliehe. kulturell rück- ständige, rein heidnisclie Wald- und Sumpfland im Tal der Eder, Schwahn und unteren Fulda'. Aniöueburi;- und Fritzlar wurden in diesen beiden (lebieten die Stützpunkte der Mission, bei deren Durclifiilirung den Boni- latins gerade die stärkeren llcmmung(Mi im llesseidand mächtiger lockten.

Die scharfe Sclieiching dieser Arbeitsgebiete dient nun Boehmer als Hebel, die Kritik an die viel erörterte Adresse der Urkunde Gregors III. vom Jahre 738 (Bonifatiiisbriefe Nr. 43 S. 68) anzusetzen: (iregorius papa uni- versis optimatibus et poi)ulo provinciaruni Germaniae, Thuringis et Ilessis, Bortharis et Nistresis, Uedreciis et Lognais, Suduodis et Graflfeltis vel Om- nibus in Orientali plaga constitutis. Ich stinnne ihm vollkommen zu, daß die Aufzählung dieser Völkerschaften nicht dem Kopf eines päpstliclien notarius regionai-ius entsprungen, sond<'rn durch kiuidigen Mund, durcli Bonifatius selbst anläßlich seines damaligen letzten Aufenthalts in Rom, gewiesen ist. Icli stellte di(> gleiche Behauptung für die >- Altsaxones« in Nr. 2 1 auf- und nehme die gleiche Herkunft auch für die Aufzählung thüringischer Großer in Nr. 19 und ostfränkischer Edler in Nr. 83 als selbstverständlicli an. Aber die Wiedergabe der germanischen Namen stieß beim päpstlichen Schreiber anfein erstes hartes Hindernis, tmd die krausen Schriftzüge der Papstlirkunde taten ein Aveiteres, um dem Kopisten in Mainz bei der F^intragung in die Briefsaninilung Schwierigkeiten zu liereiten und die schließliche Überlieferung der Namen zu einer recht unerfreulicJien zu machen. So kommt es, daß wir mühelos nur die Thüringer, Hessen und Bewohner des Grabfelds erkennen, trotz Verderbungen in den »Uedrecii» die Wetterauer und in den «Ldgnai« die Lahngauer feststellen, an den »Borthari« und »Nistresi« aber nur mit unsicheren Deutungen tasten imd mit den »Suduodi« bis heute überhaupt nichts anzufangen wissen.

BoEHMEK stellt weiter fest, daß die 8 Namen zu 4 Paaren gegliedert sind, deren jedes 2 benachbarte Stämme umschließt, deren Siedelungen nach I^rledigung der führend vorangestellten Thüringer und Hessen nicht

' Der Lahngau scheint übi'iiicns Ijald näheren Anschluß an das nördliche Hessen ge- runden zu haben: schon liegen Ende der 20er Jahre des 9. .lahrfumderts faßte man in Fulda hei der Anlage dei- (.'hartulare die llrknndengrujjpen aus dem Lahn- und Hessengau als tiipographischo Einheit zusaunnen und schied sie von der ( 'berlieferung aus der Wetterau: vgl. SrENGKL, Fuklensia, Arch. f. L'rk.-Foi'sch. 7, 16 A. i.

- N. Ai'ch. 40, 759.

Bonifatiusfrngi'n. 5

iiinerliall» Tliüriiigeiis iiiul Hessens, soiulcni in (l<'n nnmittelbar anstoßen- den Naclibargebieten zu 'suchen sind. Dabei führt er in der Deutung der »Borthari et Nistresi« über die bislierige Erkenntnis hinaus, indem er iur die »Nistresi« die von Dümmler aufgestelhe und auch von mir bevorzugte Deutung auf die Bewoliner des Gaus Niftharsi an der Diemel bestätigt, für die Bortliari aber beide bisher versucliten Feststellungen ablehnt, die Haucks auf die Anwohner der Wohra, die als Zugehörige des Lahngaus unter die in der Aufzählung später folgenden »Lognai» fallen, imd die Deutung von Richthofen, Dlmmi.er und mir auf die Brnkterer an der Lippe und Rulir, da diese fernab von der Naehbarschaft der anderen Stämme siedelten und da so weit in säehsisches (iebiet hineinreichende Bezieliungen des Bonifatius sonst niclit bekannt sind. Kr setzt dafür die »Borthari« unserer Liste gleich den »Poratliani (Parathani)« in Arbeos Vita Haimhrammi ' und den im Kap. i i des Capitulare Saxonicum vom Jahre 797 genannten »Bortrini«". In der Tat stimmen die Angaben Arbeos. der sie nördliche Nachbarn der Tln'iringer nennt ', die Scheidung des Capitulare Saxonicum, das den »Bortrini« die »Septentrionales« gegenüberstellt, und unsere Auf- zählung, die sie in die Nachbarschaft der »Nistresi« und der Thüringer bringt, zusammen. Wir haben in den »Borthari« einen obersächsischen Stamm zu sehen, der westlich an die »Nistresi«, südlich an die Hessen, südöstlich an die Thüringer grenzte und an der oberen Weser siedelte. Der Vorgang Boehmkrs ermöglicht es aber vielleicht auch, die Spur der rätselhaften »Suduodi« etwas schärfer zu verfolgen. Der Lage der ande- ren Stämme nacli müssen sie zwischen der Wetterau und dem Grabfeid zu suchen sein: Haucks Deutung auf ilie Bewohner des Salagaus würde hier der Lage nacli entsprechen. Vielleicht ist aber auch noch folgende Deu- tung ins Auge zu fassen. Von bekannten Stützi)unkten der Missionstätig- keit des Bonifatius ist in unserer Aufzählung Fritzlar durch die »Hessi«. Amöneburg durch die »Lognai«, F.rfurt und (3rdrufl" durch die »Timringi« gedeckt; man vermißt von den wichtigen .AIissions])lätzen und s[)äter zum Teil Bischofssitzen noch Würzburg, und es scheint mir daher möglich, die

' K(l. Krusc H, M. (i. SS. rpr. Mcrciv. 4. 513.

' M. (i. (Japii. I, 72 und jetzt in cici- Aiisi;,il)c der- l.c-ies Siixdnuni cl 'i"liiirinj;unuii durch Frlii'n. von Schwerin in den Font, im-, (icnn. nnl. S. 49.

^ A.a.O. .in partlbu.s aiiuiliinis I)nriny;i)ruin» : Krisiii liuttc dar.nil'liin die (iloich- setzuiig mit den Brukterern bereits stark bezweifelt.

6 T A N li L :

»Sudiiodi« vielleiclit ;iucli südlicli des (iral)f(dd.s bis zum Maingebiet um Würzburg zu suchen.

Das Wesentliche an dem Ergebnis ]5oehmers ist aber, wie er selbst treffend hervorhebt, daß die »Nistresi« und '.Borthari« als säclisische, den Hessen und Thüringern benachbarte Stämme festgestellt und nach dem Zeugnis des Briefes spätestens für die Zeit um 738 Beziehungen des Boni- fjitius zu ihnen und damit Anfänge des (Christentums nachgewiesen sind. Bonifatius hatte zu Beginn meines AVirkens gerade hier eine böse Ecke vor- gefunden: Hessen und die angrenzenden Sachsenstämnie, durch ungebroche- nes Heidentum innerlich verbunden und dabei die Sachsen in kriegerischen Unternehmungen wie Siedelungen gegen die schwächeren Hessen im Vor- rücken begriffen'. Wer die cJiristliche Mission in Hessen sichern wollte, der mußte daher trachten, ihr auch bei den benachbarten sächsischen Stämmen Boden zu gewinnen. Ob solclie Pläne des Bonifatius sogleich mit den Anfängen der Hessenmission im Jahre 722 zusammenfielen, steht dahin; jedenfalls sind sie wesentlicli früher anzusetzen als der ins Jahr 738 gehörende Gedanke einer großzügigen und allgemeinen Sachsenmission, für die Bonifatius damals den Papst gewann und seine angelsächsisclien Landsleute zur Beihilfe warb". In diesem Zusammenliang erhebt sich die Frage, ob die so gewonnene Erkenntnis einer Staffelung der Missionsan- sätze bei den .Sachsen Einfluß übt a\if die Einreihung des merkwürdigen ])äpstlichen Bekehrungsaufrufes, der in allen früheren Au.sgaben Gregor II. zuerkannt und von Jafie und Dümmler zum Jahre 722 (723) eingestellt war, während ich ihn für Gregor IIb und die Jahre 738 739 in Anspruch nehme"'. Boehmer, der meine abweichende Einreihung nicht beachtet imd die in meinen »Studien zur Neuausgabe der Bonifatius-Briefe« nachgeholte Be- weisführung noch nicht gekannt hat, bleibt bei der alten Zuweisung zu (iregor II. und bringt den Aufruf tatsäclilich in Beziehung zu den ersten Missionserfolgen in Hessen im Jahre 722'. Demgegenüber habe ich keinen (irund, in meinem Ansatz waid<end zu werden. Der päpstliche Aufruf ge- seilt sich deutlich zu den Zeugnissen für den s[)äteren, erweiterten Mis-

' tJoEHMKR 8. 188 190.

- Vgl. den Anfruf des H(ii\il:itin.s an die iVnijel.saclisen Nr. 46 S. 74 und X. Arch. 40. 7_^8.

'■' Nr. 21 S. 35 und N. Arcli. 40, 754 - 760. '• S. 190.

Bonifatinsß'ayrn . 7

sionsplan des Bonifatius, indem er Teilerfo1e;e eben bei den Nistresi und Borthari, wie Boehmer so hübsch nachgewiesen hat bereits voraussetzt' und indem er sich ausdrückUch an das Gesamtvolk der Altsachsen wendet". Das stellt den päpstlichen Aufruf in enge Wechselbeziehung zum Aufruf des Bonifatius an die Angelsachsen, dessen Einreihung zu 738 nicht zweifel- haft sein kann.

Aber Boehmer knüpft mit neuen Deutungen auch noch aji andere, entsclieidende Wendepunkte im Leben.sgang des Bonifatius an: hier kreuzt er zum Teil auch meine Wege stärker, und hier muß ich ihm in eingehen- der Nachprüfung folgen.

Seinen ersten erfolglosen Missionsversuch in Friesland brach Winfrid nach kurzer Zeit ab, weilte 717 718 wieder in der angelsächsischen Heimat, begab sich im Laufe des Jahres 718 nach Rom, gewann das Vertrauen Papst Gregors II. und wurde von diesem am 15. Mai 719, unter gleich- zeitiger Beilegung des Namens Bonifatius, zum Missionar bestallt. Von Rom begab er sich über den Hof des Langobardenkcinigs und durch Bayern nach Thüringen, brach aber auf die Kunde von dem Tode des Fricscii- lursten Radbod seine Tätigkeit wieder ab und ging abermals nacli Frics- land, wo er diesmal mit dem Krzbischof Willibrord zusammoivvirkte. \i\\ entscheidenden Augenblick aber entzog er sich der Werbung WilliI)ror(ls, der ihn durch die Bischofsweihe dauernd an sich und die Friesenmissiou zu fesseln suchte, und begann nunmehr, des päpstlichen Auftrags wieder eingedenk, sein Wirken in Hessen und Thüringen. Dies die Darstellung, die im Ansciduß an den Bonifatiusbiographeii Willi])ald im wesentlichen übereinstimmend bisher allgemein gegeben wurde. Sie aber versucht Boehmer nunmehr umzustoßen ', lehnt Willibalds Bericht als unglaubwürdig ab und sieht das Walten Winfrids 716 721 einheitlich im Zeichen der Frieseii- mi.ssion. Der Aufenthalt in Thüringen sei nur eine Kpisode gewesen, ver- anlaßt durch den päpstlichen Auftrag, hier Umschau zu halten und über die Eindrücke nach Rom zu berichten \ Ein weitergehender Auftrag zur

' Nr. 21, S. 35: »et pro liis. (|ui Vfrlmiii rxlioi-talidiii.s fidei .Icsn ('liristi iloniini riosti-i susceperunl et qui adhiit suscepturi sunt.«

'■' A. a. <).: 'Universo populo pidviiicii; AltsaxoMiiiii."

^ S. 192—199.

S. 192: »So ist es alli'iii Ansdiciii nach zu rr'kiäi'en. dal.i I'apst, (ii-efror 11. den Kiit- schliiß faßte, den angelsäehsisrlieri Mönch, der in l'rieslaiid Mission treiben wollte, vorigst

8 T A N (i L :

Missionstätigkeit auf deutscheni Hoden östlicli des Rheins sei vom Papst 719 nicht erteilt, von Winfrid auch gar nicht erbeten worden.

Ich bin der letzte, als Anwalt für die unbedingte Zuverlässigkeit Willibalds aufzutreten, aus dem cinfaclien Grunde, weil ich bei der Anfechtung dieser Zuverlässigkeit geführt habe. Ich habe den Bericht Willibalds über das Todes- jahr des Bonifatius (755) als unhaltbar erwiesen, als erster seine Angabe über ein dreijähriges Wirken des Bonifatius an der Seite Willibrords in Friesland widerlegt' und als einziger mit der allseits gläubig wiederholten Schilderung vondemausnahmsweisenZugeständnisderschriftliclien Ablegung de#Bischofs-

eides aufgeräumt".

In diesem Fall aber würde ich Boehmers neuen Deutungsversuch aucli dann ablehnen, wenn wir Willibalds P)ericht gar nicht besäßen, da die Ur- kunden zu bestimmt widersprechen: die Bestallungsurkunde des Bonifatius durch den Papst (Nr. 12) und der Brief des Bonifatius an Bugga, der zwar verloren, aber in seinem für unsere Frage in Betracht kommenden Inhalt durcli Buggas Antwort (Nr. 15) ausreichend gedeckt ist. Man versteht die ganze anspruchsvolle Vorbereitung nicht: die Reise Winfrids nach Rom, den nionate- langen Aufenthalt, di(^ Namensänderung und feierliche Bestalhing durch den Papst, wenn es sicli niclit um mehr und anderes handelte, als um die Rück- kehr ins alte friesisclie Missionsgebiet und diesmal sogar noch in Zusammen- arbeit und Unterordnung unter den Missionserzbiseliof Willibrord. Boehmer hat ganz Recht, daß die Bestallung kein bestimmtes Gebiet nennt, .sondern sich noch ganz unbestimmt und allgemein ausdrückt gegenüber der bischöf- lichen Bestallung, die drei Jahre später den Missionshereich des Bonifatius mit »den Gebieten Germaniens östlich des Rheinstroms« umgrenzt. Aber

als Beobachter oder apostolischen Kundschafter nach Thüringen zu senden.» S. 194: -Er sohle sich nui' ül)er die rehgiösen Zustände des Landes informieren und alsdann darübei' nach Rom berichten.«

' Ich freue micli, daß l>oi:ii\ii:n S. 203 206, jianz unabhängig von mir. zu demselben Krgcbnis kommt: abei" aus meiner (Mierset/.ung der üonifatiusbriefe in den »Gescliichts- sclii-eibern der deutschen N'orzeit« 92.11 12 hätte ei' sehen können, daß die .\rl)eit bereits getan war. Die Erklärung, die ich N. /Vi-ch. 40, 745 für den Irrtum Willibalds gab. daß ei' seine Zeitangabe als Hechonexempel aus dem Vergleich der Datiei-ungen der ihm wohllie- kaniiten Urkunden Nr. 12 und 16 gewann, oluie zu bedenken, daß zwischen der ereten Be- stallung und der liischofsweihe des Bonifatius noch andere Dinge lagen als die Ai-beit in Friesland, halte ich auch Jetzt als die ungleich einfachere und überzeugende gegen die ge- künstelte von Hoi;ii.mi;r aufrecht.

- N. Aldi. 40. 739 74 I .

Bon ifatiusfragen . 9

in (lieser Allgemeinheit, der Bevollmächtigung »ad gcntes quasciuuiue infi- delitatis errore detentas« greift sie docli entscheidend über die Enge einer besonderen Friesenraission hinaus. Und der Schluß der Urkunde mit der Übergabe einer eigenen Dienstbelehrung und der Vollmacht eigener und un- mittelbarer Berichterstattung an den Papst für den Missionar', spricht er nicht überzeugend dafür, daß Winfrid, sieh selbst überlassen und dem Papst allein imd unmittelbar verantwortlich, in einen eigenen und selbständigen Wirkungsbereich gestellt werden sollte? Es war sonst nicht pä[)stlieher Brauch, Priester über die Köpfe ilirer Bischöfe hinweg derartig zu bevoll- mächtigen!

BoEHMER sieht einen schwer<'n Anstoß gegen die bisherige Deutung darin. daß Winfrid »einem ihm vom Papste ausdrücklich erreilten Bef^lde bewiißt zuwidergehandelt habe« und hält es »nach allem, was wir von Winfrid wissen, für ausgeschlossen, daß er eine so offenbare Insubordination je auch nur in Gedanken hätte begehen können'«. Aber erstens konnte von einer offenen Übertretung nicht die Rede sein, da der päpstlidie Auftrag in seiner Unbestimmtheit und Allgemeinheit Friesland nicht ausschloß; dann aber hat Winfrid in dem Schreiben an Bugga die Ändenmg seines Ent- schlusses durch den Eintritt außerordentlicher Ereignisse ausdrücklich zu rechtfertigen gesucht: durch den Tod des Friesenfürsten Radbod, des schlimm- sten Feindes der Mission, und durch ein Traumgesicht, das Winfrid aber- mals den Weg nach Friesland wies. Deutlich liest man das Bestreben her- aus, die Änderung des eigenen Entschlus.ses und die Umgehung des päpst- lichen Auftrages durch das (ieheiß eines Höheren, durch die Berufung auf göttliche Eingebung, zu rechtfertigen. .\uch liier wird das Aufgebot der Gründe unverständlich, wenn Winfrid sich bis dahin kein anderes Ziel ge- steckt und vom Papste hatte vorzeichnen lassen als die Friesenmissioii.

So bleibt denn die bisherige Auffassung als die unvergleicldicli wahr- scheinlichere bestehen, daß Winfrid 718 bereits mit dem festen Entschluß nach Kom ging, sich ein neues und selbständiges Arbeitsgebiet anweisen zu lassen, und daß als solches schon damals die mittel- und niederdeutschen

' Nr. 12, S. 18: .I)i.spi|)liti;im dciiiqiio saoianioiili. quam ad iiiilianilos I)eo praevio predi- tiiros teuere slndeas, ex (onmila ol'fitioruri] sanctae iinstrae aposfi)licati scdis iiisliiiclioiiis tuae gratia praeliljata voliiinus ut inleiidas. (jiiod voro actioni siisccpti' tit)i deesse porspexcris. iiobis, ut valueii.s, inliinan- curalji.s.- ■' 8.198. Phil.-hisl. Ahh. 191U. Nr. 2. 2

] 0 T A N G I. :

(;('l)iete ösllidi des Rlieins in ATissicIit j>en(iinmeii und vom Papst zuge- wiesen waren, daß aber die Enttäuschung, welche die erste Umseliau in Tliüringen bereitete und die Kunde Aom Ableben Radbods bei Winfrid noch einmal einen Rückfall in die Bahnen seines ersten Missionsversuchs vom Jahre 716 herbeiführten'.

Willibalds P>zählung aber von Art und (irund des Abbruchs der Mit- arbeiterschaft des Bonifatius bei Willibrord gebe ich mit I^oehmer gern preis und stehe nicht an. die eigene Vermutung, die er an die Stelle setzt', für sehr beachtenswert zu erklären: daß es (Gegensätze kirchlicher Anschauung und kirchlichen Brauches waren, die l)ei dem stark unter irisch-northum- brischem Einlhiß stehenden Willibrord und dem ausschließlich römisch be- einflußten Bonifatius aufeinanderstießen und eine Entfremdung der beiden Männer herbeiführten. Die Priester, die später dem Bonifatius in Thüringen feindlieh entgegentraten', waren nicht Irokelten, sondern, wieBoEHMER gegen- über der älteren Annahme überzeugend hervorhebt, sicher Angelsachsen und nach seiner erwägenswerten Vermutung vielleicht Willibrord-Scliüler.

Mit neuer Forschung knüpft Boehmer an die letzte Romfahrt des Bonifatius an, zunächst bezüglich der ('hronologie, bei der wir uns vcm vornherein sehr nahe stehen. Die nach Willibalds Angabe ungefähr einjährige Dauer dieser Reise verteilt er gleich mir auf 737 738, sucht aber einen bestimmteren Abschlußpunkt durch die ansprechende Vermutung zu gewinnen, daß die Synode, deren Zusammentritt Bonifatius vor seinem Scheiden aus Rom noch

' Vgl. außer Hauck K. G. i, 457 fl'., Sciim'-rku, Bonilatius, S. 35 t'. iiiul meine kurze Dar- stellung, Gesell. Sehr. d. deutselien Vorzeit 92, S. VII - VIII. Ich glaulje, daß Bokumkr die geo- graphisclien Kenntnisse WinlVids doch untcrscliätzf, wcini er S. 192 annimmt, ilaß Winfrid bei seiner Komfahrt 718 allem Anschein nach wohl noch keine Ahnung davon gehabt habe, daß es ii-gendwo in der Welt eiji Volk der Hessen gelie. Solche Kenntnis /u erwerben, konnte ch on der erste Festlandsautenthalt im Jahre 716 Gelegenheit bieten, in dessen Zeit beispiels- weise die Freundschaft Winfrids mit dem Fianken Xitiiard lallt. (Vgl. X. Arch. 40. 731 flf.) Ob der Schluß des Briefes an Nithard Ni'. 9. S. 6: ..Propterea si Dominus onmipotens vohierit. iit aliquando ad istas partes renieans, sicut propositum habeo perveniam» ausdrücklich auf eine beabsichtigte Wiederkehr nach Friesland oder allgemeiner auf eine solche nach dem Festland zu beziehen ist, nuig dahingestellt bleiben. Boehmfh wird ihn. das kann nicht geleugnet werden, zugnnsten seiner Deutung in .Vnspruch nehmen dürfen.

2 S. 192 193, A. 4.

■■ Vitae Bonifatii ed. Lkvison, S. s.]- Die Namen, die Willibald nennt. Torchtwine und Eanbercht und wohl auch Berehthei-e uiul Hunraed. sind, wie Bokhmkh hervorhebt und übrigens schon der Herausgeber Levison bemerkte, unverfälscht ani;elsäclisisch.

Bonifatitisfragen. 1 1

abwarten wollte, wahrscheinlich Mitte Mai 738 abgehalten wurde'. In der Tat fugt es sich hübsch zu der ausdrücklichen Bestimmung des 4. Kanon der römischen Synode von Ende 743, daß Synoden an den Iden des Mai abgehalten werden sollen'", daß die Abfertigung der ])ayrischen Legaten am 15. Mai 716, die erste Bestallung für Winfrid am 15. Mai 719 erfolgten, was auf eine Beziehung dieser wichtigen Urkunden zu Synoden und auf eine gewisse Stetigkeit im Zusammentritt dieser Synoden um die Mitte Mai für die erste Hälfte des 8. Jahrhunderts schließen lasse. Für die Reise des Bonifatius würde sich daraus etwa die Umgrenzung Juni 737 bis Juni 738 ergeben.

Viel wichtiger ist Boehmers neue Auffassung ül)er den Zweck der Keisc. Das Erge))nis der ungewöhnlich wiclitigen Verhandlungen, die damals in Rom geführt wurden, ist iji den Urkunden Ciregors III. Nr. 42 44 niedergelegt, deren zweite, Nr. 43, mit Boehmers neuer Auslegung an der Spitze dieser Ab- iiandlung besprochen ist, deren erste, Nr. 42, eine neue allgemeine Empfehlung und Bevollmächtigung des Bonifatius an Bisehöl'e luid Kh-risei enthält und deren dritte, Nr. 44, sich in gleicher Sache au die Bischöfe Bayerns und Alamanniens wendet. Daß den Worten in Rom die Tat in Deutschland auf dem Fuße folgte, zeigt die nächste Papsturkunde. Xo. 45, vom 29. Oktober 739, die bereits Bescheid und Glückwunsch enthält auf den Bericht des Bonifatius über große Bekehrungserfolge bei den Sachsen und über die Neuordnung und EinrichtungderKirclie in Bayern. Neben großen undallgemeinenOrganisations- fragen, die in Bayern begannen, in Hessen, üstfranken und Thüringen sich fort.setzten und zur Erörtnuny: der synodalen Tätigkeit auf deutschem Boden überleiteten, muß damals in Rom auch die Sachsenmission erörtert worden sein, wofür außer der ebengenannten Stelle der Aufruf des Bonifatius an .seine angelsädisischen Landsleute (Nr. 46) und, wenn ich recht urteile, die gleichzeitige Saclisenbulle (iregors 111. (Nr. 21) zeugen.

Im Verlauf jener Verliandlungen in Rdui uuiß es dem Papst gelungen sein, anders geartete Absichten, mit denen Bonifatius nach der ewigen

' .S. 1 7 1 u. 172, Anm. I5i)iiilatiiisbi-iel' Nr. 41, S. 66 : •Xiuic auteiii liic exspectaiites saceixlotuin concilium vel synodus ccHisiiltuin ailliuc ii^iiaraiiiLis, <[iiaiido hoc (ieri fariat apostolicus puiitifex."

- M. G. Coiic. 2,13: -iit... oiiiiies cpiscopi, qiii Ijuiiis apnstolicae setlis oi-dinatioui .subiaceaiit, qui propinquo simt, annue Idtis Ma^ii iiieiisis saiictoi-uiii principuiii apustoloniiii Petri et l'auli limiiiiljus prao.senteiiliir. ("lier die Kiiii-eihiiiig dieser Synode (74,5 .Sej)t. liis I)e/..| vgl. meine Ausnilirnngen N. Arcli. 40. 77(): Hokhmi n mjcIiI. mocIj olme Kenntnis da- von, auch die.se Syriode dem .Mai 743 /u/nweisen.

•1*

12 T A N G L :

Stadt gekommen war, entscheidend zu beeinflussen. Zeuge hierfür ist Bonifatius selbst in dem Brief Nr. 41, den er an seine Getreuen in Hessen über seine Aufnahme bei Papst Gregor III. richtete: »apostolicus pontifex . . . consilium et preceptum dedit, ut iterum ad vos revertamus et in certo labore persistamus« '. Hauck, der als erster aus diesen Worten einen Unter- schied zwischen ursprünglicher Absicht des Bonifatius und päpstlicher Ent- sclieidung scharf herauslas, deutete diese Absicht dahin, daß Bonifatius aus seiner Tätigkeit in Hessen und Thüringen sicli zu lösen und ganz der Sachsenmission zu widmen gedaclite'. IIaucks Annahme schien mir so überzeugend, daß ich sie gern aufgrifl''' und dem Papst das Verdienst zu- schrieb, seinen »Germanischen Legaten«, wie sich Bonifatius im gleich- zeitigen Aufruf an die Angelsaclisen erstmalig nannte, vnr allem mit Nacli- druck in seinem bisherigen Wirkungskreis festgehalten und daräber hin- aus nur einer Ausdehnung seiner Tätigkeit zugestimmt zu haben, der Mi.ssion bei den Sachsen, der er nicht widerspracli, und der Organisation in Bayern, die er ihm ausdrücklich auftrug.

Hier nun setzt Boeiibier mit einer ganz anderen Deutung des strittigen Satzes ein: Nach ihm war es überhaupt nicht die Absiclit des Bonifatius. wieder nach Deutschland zurückzukeliren. sondern er sei 737 nach Rom gepilgert, um in Rom zu bleiben und in der Stille eines römischen Klosters sein Leben in Welttlucht, Gebet und Beschaulichkeit zu beschließen. Als Stützen für seine Deutung führt er aus Briefen der unmittelbar vorangehenden Jahre (Nr. 34 imd 35) Klagen des Bonifatius über (ireisentum und Ermattung ( er hatte eben den Sechziger überschritten ) und das Beispiel angel- sächsischer Landsleute an, die sich in Rom zur Ruhe setzten.

Ich will nicht leugnen, daß diese Deutung Boehmers nicht nur manches Bestechende für sich hat, sondern daß sie sich noch weiter ausbauen läßt. Die kirchenrechtlich so anfechtbare Frage der Designation eines Nachfolgers, die Bonifatius während jenes Aufenthaltes ebenfalls mit Erfolg angeschnitten

' S. 66. Der schon oben S. r i Anm. i erwähnte Brief ist erst gi'gen Ende des i-ömischen Aulenthalts des Bonifatius und bereits nncii .Ansferligiing der l'apsturkunden Nr. 42 44 ge- schrieben; deren Worte »;id uceeptuni hiborem . . . a nobis rst absohitns.. (Nr. 42. S. 67) und "(Uim edocantes ad vos. carissimi, i'enieancUim al)Solvinius. (Nr. 43. .*^. 68) haben auf den Bericht des Bonifatius sichtlich abgefiu'bt.

- Kirch, (icseh. Deutschlands. 3. 4. Aull.. i, 497 f

^ (iesch. .Sehr. d. deiitseli. \'orzeit. ()2. Xl\'f.

Bonifatinftfrugen . 1

hatte', erhielte dann ja eine völlig veränderte Beurteilung; es würde sich dann ursprünglich um die unmittelbare Bestellung eines Nachfolgers für den zvi- rücktretendenBonifatius gehandelt haben. Bleibt es also künftig dem einzelnen überlassen, ob er sich der neuen Deutung anschließen oder an der Ansicht festhalten soll, daß dem Tatenmenschen Bonifatius der Gedanke an solches Ausspannen aus unentbehrlicher Tätigkeit nicht wohl zugemutet werden könne?

So liilflos sind wir denn doch nicht: die Entscheidung fällt mit aller Sicherheit durcli den Bonifatiusbrief Nr. 40, dessen Kinreihung da- durch feststeht, daß zwei von den vier (betreuen, an die der oben schon melirfach genannte Brief aus Rom vom Jahre 738 gerichtet ist, Tatwin und Wigbert, in ihm mit der Leitung des Klosters Fritzlar betraut werden. Bonifatius stand entweder unmittelbar vor dem Antritt seiner Reise oder befand sich bereits auf ihr, als er die Nachricht von dem Ableben des Abtes Wigbert von Fritzlar erhielt. In dieser Lage, in der es ihm nicht möglich war, i)ersönlic]i einzugreifen, ordnete er durcJi unser Schreiben die Führung der (ieschäfte im Kloster, von den leitenden Stellungen (Tatwin und Wigbert) bis zu den niedrigeren, dem Werkmeister Bernhard und dem Koch Sturmi, dem späteren ersten Abt von Fidda. Er ermahnt die Mönche, in treuer Wahrung der Regel und brüderlicher Liebe zu verharren "US(|ue ad praesentiam /Y'ivraoms w>«^rf/i"« ■'. Das lieißt, Bonifatius hat seine letzte Romfahrt mit der festen Absiclit der Rückkehr nach Deutscldand angetreten.

Wiederliolt spricht Boehmer von der Dauer des Reiseverkehrs und Nachrichtendienstes zwi.schen Deutschland und Rom und schätzt diese für die Zeit des Bonifatius auf mindestens zwei Monate ein'. Für die viel- jährigen und regen Beziehungen des Bonifatius zu Rom hat dies nm' in- sofern Belang, ob wir uns den Nachrichtendienst als einigermaßen rasch

' Vergleiche meint' .\iisl'üiirungcn N. Aicli. 40. 76611'.

* Dabei ist die Hezielmnf; dieses Briefes zur Koinfalirt 737 wie testf;er;inimt; das Zii- samiuenfallen mil der nächst ziivDrlicijeMden io'ößeien Reise des HoMif'atius. von der wir wissen, dem ei-sten längeren .Vulentlialt in IJayern 734 oder 735 (N;ilier(^s darüber gleich unten bei Besprechung der Vita .Sturmi). ist ausgeschlossen, da Bonifatius auf dieser I{eise Sturmi erst zum Schüler gewann.

' So S. 199: "Die Heise von .Mainz bis lioni dauerte damals mindestens 2 Monate«; ähnlich S. 202 und 203: »Die Reise von Hessen nach Rom. Zu der.s(dben hat er, da er die schon vom Jahre 719 her ihm vertraute Route über den großen St. Berrdiard heimtzte. mindestens 2 Monate Kebraueht.-

14 Tangi,:

oder umgekehrt als schleppend vorzustellen haben: eine »Bonifatiusfrage« entsteht daraus nur für 741 742, wo es sicli darum handelt, ob zwischen der Weihe des Papstes Zacliarias (3. Dezember 741 ) und dem Zusammen- tritt des Concilium Germanicum (21. April 742) ein dreimaliger Naclirichten- wechsel Rom-Deutschland (Verständigung des Bonifatius vom Pontifikats- wechsel in Rom, das Schreiben des Bonifatius an den neuen Papst [Nr. 50] und die Möglichkeit, daß Papst Zacliarias zu der bevorstehenden Synode noch rechtzeitig Stellung nehmen konnte), zeitlich unterzubringen ist'; oder etwa für das Jahr 744, wo es sich um di(> schwierige Einreihung der Schreiben Nr. 57 und Nr. 58 handelt'.

Darüber hinaus aber wird dies zu einer wichtigen Frag«; der mittel- alterlichen Geschichte überhaupt. P]s kann gerade für das Verständnis der politischen Geschichte \on entscheidendem Wert sein, festzustellen, in welchem zeitlichen Abstand Ereignisse an einer Stelle auf Entscheidungen an anderen Orten Einfluß geübt haben können. Die Entscheidung der Frage, ob die zehn Wochen Abstand zwischen Wahl imd Weihe (jregors VII. zur Einliolung der Einwilligung König Heinrichs IV. gereicht haben können, das Verständnis von Entschließungen Innozenz' 111. in der Frage des deutschen Thronstreits hängt, um nur ein paar Beispiele zu nennen, davon ab.

BoEHMKR führt drei Beispiele an ': zunächst die Reise Papst Stephans II. ins Frankenreich, der von Rom bis Pontliion (14. Oktober 753 bis 6. Janiiar 754) nicht weniger als 84 Tage brauchte. Abei- diese Reise ist durch die Ver- handlungen in Pavia und dvirch einen längeren Aufenthalt in St. Maurice im oberen Rhonetal imd durch einen weiteren kürzeren Aufenthalt auf fränkischem Boden unterbrochen. Brauchbar sind hier nur die Angaben des Liber Pontificalis über den Tag des Aufbruchs aus Rom (14. Oktober) und aus Pavia (15. November)*. Zieiien wir davon die Zeit der Verhandlungen mit dem Langobardenkönig in Pavia ab, die wir mit all den Förmlich- keiten und dem Dazwischentreten fränkischer Gesandter auf mindestens eine Woche veranschlagen können, so bhübt das Ergel)nis, daß Stephan II.

' Vgl. N. Arcli. 40, 772 776.

'' Vgl. N. Arch. 40, 776—782. ,

■* S. 202 A. I.

' Ks ist niclit unwiclitig, (l:iß uns <!i(- Vitii SlepliMiii. l.ili. I'dniif. cd. Dihiiksnk 1.445 l)is 446. die beiden Ziihlen in i\i^v ungleicli /nvci'jjissigei'OM fortlnulenden ■ragcs/iihluiig. nicht ti;ii-h i'örnisclicTn Kalender- bietet.

Bonifntiusfragen. 15

mit seinem recht stattlichen Gefolge den Weg Rom-Pavia in wenig mehr als drei Wochen zurückgelegt hat: und das genügt uns gerade, um Boehmers zweites Beispiel glatt auszuschalten; denn der Erzbiscliof Sigerik von Ganter- bury blieb mit seinen 40 Tagereisen von Rom nach Pavia, auf die er ^s im Jahre 990 glücklich hraclite, hinter dem Papst um nahezu die Hälfte zurück. So überaus aufschlußreich das Itinerar Sigeriks daher für die historische Geographie ist', als Krkenntnismittel für die Reise- und Marsch- geschwindigkeit des Mittelalters fällt es ganz außer Betracht. Das dritte Beispiel aber ist nicht schlüssig, weil es nur Gesamtabstände, nicht die Maße für die Einzelleistungen bringt. Willibald erledigte zAvischen dem 24. A])ril und 22. Juli 740 eine Reise von Rom nach Bayern, einen etwa zweiwöchigen Aufenthalt bei Herzog Odilo, die Weiterreise nach Eichstätt und zwei kleine Reisen zu Bonifatius, der sich damals auf bayrischem Boden aufhielt'.

Meine eigenen Beispiele leite ich durch zwei ein, die sich zwar nicht auf Romreisen, aber auf beschleunigte Überwindung größerer Entfernungen bezielien. Schon vor Jahren habe ich auf die Schnelligkeit hingewiesen, mit der die Kunde vom Tode des heiligen Bonifatius weitergetragen sein muß, und auf die sehr hastige Jlofreise, die daraufhin I.ul zu König Pii)[)in und zurück nach Mainz antrat und für die wir für etwa 20 Tage eine tägliclie Üurchsclmittsleistung von über 40 km annehmen müssen'^. Ich reihe daran das in der Literatur nach dieser Seite noch nicht erörterte Beispiel von der Verl)reitung der I'odesnachricht Karls des Großen und dem Zug des Nachfolgers nach der Pfalz zu Aachen. Als der große Kaiser

' \'gl. ilie .si.'iif wiTlvolli' i;clc-lirt(' Krliliitcnmi; (liiicli .1. .Ii N(i. Mitlcil. d. Instituts f. österr. (iescli. -Forsch. 25. i 90.

■' Von der Keise von Horii nacli Dciilsohliiiul. die im Aiil'tr;ii;c Kiidi.irds sriii Ncitni- Uatleicli mit den (iebeincti dci- Iloiiigeii !\larceiliriiis und l'ctrus antrat, ist uns Icidii- nur die Streekcnlri.stuni; I'avia St. .Manri< c bestiniiiit iilierlicl'ert; sie ahei' war als (Iterwindung von 210 km Luftlinie in 6 lagen um so anselinliciier. als sie den t'liergang ül)ei' den groLV»n St. Bernhard ein.scldoLv VgL Wiiii. Maiimaki. Kinhards Transiatio SS. Maroeilini et l'etri in kulturgeschiciitlicher He/.ieljung. I. 'i'cii. i'i-ogiainrn des (iyinnasiutn Frideiieianuni /u l,anl)acii. (irünberg 1884. M.\TirfAH gelangt auf (irund weiteiei- Zeugnisse, die sieh allerdings auf andere und mäßig lange Strecken lie/ieiien. S. 2^ zu ilein Krgebnis: »Füui Meilen (37,5 Um) täglich 7.iiriiek7.ulegeii. sclieinl nach unseren Feststellungen, wenn sie i'ibi'rhaupt einen solchen Schluß gestatten, bei längeren und nicht dur<ii besondere Verhältnisse beeinilußteu Reisen die durchschnittliche Leistung eines Heiters daiualigei- Zeit gewesen /.ii sein, vorausgesetzt. daß er eben die Reise auf ein und demselben Pferd machte.-

^ Das Todesjahr des Bonifatius, Zeitschr. d. Ver. i. hess. Gesch. 37 (N. F. 27). 244.

] {] T A N G I, :

;iiii Morgen des 28. Januar 814 entschlafen war, wurde Ranipo als Eilbote an Ludwig den Frommen abgeordnet, der damals in Doue, nahe der un- teren Loire, Hofhielt. Die Luftlinienentfernungen sind: Aachen-Paris 345 km, Paris-Orleans i 10 km, Orleans-Doue 180 km, insgesamt 635 km. Rampo vollführte seinen Boteni-itt in Iiöchster Eile', wie wir annehmen dürfen mit häufigem Pferde Wechsel, und kommt so nach Orleans gesprengt. Der schlaue Bischof Theodulf errät den Anlaß des hastigen Rittes, ordnet heim- lich einen Eilboten an Kaiser Ludwig ab und bringt so Rampo um die Ehre, als erster die Trauerkunde zu melden. Alle anderen Verbreiter des Ereignisses aber man sieht, daß es wetteifernd geschah hatte er überflogen; sie langen erst nach ilmi der Reihe nach an'. Das Verhältnis Ludwigs zu dem Hof des greisen Vaters war kein gutes gewesen; er machte sich auf Widerstand gefaßt und bot daher eine bewaffnete Gefolgscliaft auf, soweit er sie in der Eile zusammenbringen konnte. Der Umstand, daß er unmittelbar vor Empfang der Todesnachricht zum 2. Februar 814 einen Hoftag nach Doue einberufen hatte, mcjchte dieses Aufgebot aus dem Kreise noch anwesender lloftagsteilnelimer erleichtern. Am fünften Tage nach Eintreffen der Meldung brach er mit Frau, Kindern, Gefolg- scliaft und Troß auf". Kvwze Aufentlialte werden uns nur aus Orleans und Paris berichtet. Nach dem Bericht der fränkischen Reiclisannalen rückte Ludwig der Fromme am 30. Tage nach dem Hinsciieiden des Vaters, also am 27. Februar, in Aachen ein'. Mochte Rampo, dem Pferdewechsel und

' Den ciiigehendsteii liericht über das (tanze gibt der sog. Asti-Diiomus in der Vita Hiiidonuifi c. 21 M.G. SS. 2. 618 f.. Daneben, dicliterisch ausschniüci-cend, Krnioldus Nigelliis: M. (1. Poet. lat. 2. 27 V. 91 »nocte dieijue volat«.

* \'ita Hlud. SS. 2.618 "inde aliinii atque alium liuiiisee rei tri.stes siiscipiens nuntios-.

■' »Tertia ianique dies« minder glanliwürdig und wold dem Hexameter zuliebe Ennoldus Nigellus 11 V. 119.

'' Ann. i'egni Franc, ed. KuRzi. in SS. rer. Germ, ad a. H14 S. 140 »Cuius i'ei nuntium cum Hludowicus filius eins in .A.quitania apud 'rcixladum villam. ubi et ipse tiinc hibernabat, plurimis defcrentibus accepisset. tiicesimo, postqnam id acciderat. die Aquisgrani venit-. Das »postquam id acciderat« kann sich wohl nur auf das große Ereignis, den im -voran- stehenden Satz lierichteten 'l'od Rai'ls, l)eziehen. So aucii von Simsox. .lahrbüciier Ludwigs des Fronmien 1.15 und Mühlimcher Heg. 519 (500) i. Der sog. Astronom rechnet die 30 Tage zwar- eist vom Aui'ljruch aus Aijuitanien an. aber er benutzt an dieser Stelle und von da ab ständig bis 829 (üe Heieiisaimalen und zeigt dabei die Gabe, seine (,)uelle wiederholt zu mißdeuten. Die Xantener Annalen ed. von Simson. SS. rer. (ierm. ad a. 814 S. 5 berichten Ludwigs Eintreffen in Aachen »mense Martio«. eine kleine Schiebung, die sieb aus der weiteren Frist erklärt, welche die Iviinde \ 0111 Eiutrell'en des neuen Kaisers erheischte.

Bonifatiusfrayen. 17

alle sonstigen Förderungen eines Königsboten zustanden und den der Ehr- geiz stachelte, raschest und als erster die Botschaft zu überbringen, in noch so unermüdlicher Eile binnen wenigen Tagen die 635 km Luftlinie, d. h. nahe 800 km wirkliche Streckenlänge von Aaclien über Paris- Orleans nach Doue durchmessen haben, so l)lieben für Ludwigs Zug doch liöchstens 20 und mit Abstricli der beiden Rasttage 1 8 Tage und damit eine durcii- schnittliche Tagesleistung von reichlicli 40 km, die aber in dem Maße höher stand als die Luis, weil sie im Heereszug mit wohl mehreren Hundert Reitern und entsprechendem Troß und in der Zeit kurzer Wintertage erfolgte.

Die Nutzanwendung auf das nhnische Itinerar ist die. daß das, was im Westen erreicht wurde, auch nach dem Süden hin möglich gewesen sein muß. Wir finden sie bei einem Papst bestätigt, der viel weniger be- dächtig reiste als Stephan II. und der vollends seine Boten zu höchster Eih- anspornte.

Nach dem Tode Leos III. (i2.Juni 816) wurde Stephan IV. gewählt und am 2 2. Juni geweiiit. Er ließ die Römer sofort dem Kaiser Treue schwören und ordnete an den Hof Ludwigs des Frommen, der in jeneji Monaten dauernd in Aachen weilte, eine Gesandtschaft ab. die wegen der raschen Vornahme der Weihe beruhigende Erklärungen al>geben', \()r allem aber di'' unmittelbar be- vorstehende Reise des Papstes selbst ankündigen sollte". Das Ergel)nis dieser (Gesandtschaft, den Beseheid ülier Anerkennung und Reise und über Zu- sicherung des (ieleits, mußte <ler Papst abwarten, zumal da er dem Kaiser anheimgegeben hatte, den Ort der Zusammenkunft zu be.stinunen '. Noch ehe zwei Monate seit seiner Weihe ganz verstrichen waren die (Jesandtcn mußten unterdessen in gewaltiger Eile ihre Aufgabe gelöst liaben, brach

' Ann. rcgiii Fianc. S. 145 .i|iii (|iiasi pid sua cDiisccratiinic irn])Ciatori suggcicrcnt . Ähnlich der A.stronoin SS. 2. 620 '(iiiae super (irdinatione «'ius iiiijx'ralori salisfaccret ■.

•' iianz itlinh'ch liatt«; im .laiiri' 804 Lt'o III. von Mantua ans bei Karl dcui (Jroi.ieii zunächst durch Boten anfragen la.ssi-n. uh und wo doin Kaisci- i-ini; Zii.saiiiiiicnkunrt gciicliiii .sei. Die Anfrage erreichte Karl den (IroLicn Mille Ncjvi'mlier in .\a(liiri iiiiil zirlte auf ein Zusaniinentreffi-n zu Wi'ilinarhli'ii. (\iin. nuni I'i.iiic. S. iii) und vnN Simson. .lalii- biieher IvarLs des (iroßen 2. 3151!'.) Im 40 Tagen intiLite daln-r dii' Kiiclvk<!hj' des I>(it nach Mantua und dii' I{eis<' des I'apstis erledigt weiden. Dir Zusanimerd<unlt fand ii Keims stall, von wo der I'apst dann über- Itayeiii nach Kavenna /.iiriieligeleitet wurde. I)i( Wiederkehr dei'selhen Ortlirlikeiten bei dei' Keise Sfe|)lians l\'. beweist. dal.i iiiaii 8i() ein fach auf dn.s V'orbihl von 804 zuriickgrilf.

' Thegan, Vita liludovici S.'^. 2. 594 "et dirigens legatos stios ad siipradictmii prin cipem nuncians ei, ut libenter eiun \ ideie voluisset in bjco. ubieum(iiie ei plaeiiisset .

Phil.-hisi. Mh. lillii. Nr. 2. S

eil

18 T A N G I, :

er selbst von Rom auf und zog in eiliger Reise nach dem Frankenreich', wo wahrscheinlich am 2. Oktober zu Reims die feierliche Begegnung mit Ludwig dem Frommen stattfand', der 4Tage später die nochmalige Krönung des Kaisers durch den Papst (nach der Aachener Selbstkrönung von 8 1 3) folgte; das war der ebenso wichtige wie für das Kaisertum bedenkliche Hauptzweck der Reise. Von Königsboten geleitet, trat darauf der Papst die Heimreise an, machte auf dieser den Umweg über Ravenna, befand sich dort Anfang November und traf wenige Tage später wieder in Rom ein. Als er am 25. Januar 817 starb, verzeichneten die fränkischen Reich.sannalen seinen Tod als erfolgt »noch vor Ablauf des 3. Monats seit der Rückkehr nach Roni«l Dieser dritte Monat lief, vom 25. Januar zurückgerechnet, vom 25. Oktober bis 25. November 816. Da die letzten Oktobertage bei der Weite des Reiseweges ausgescidossen sind, ki)mmt für das Wieder- (Mntreft'en in Rom nur ein Novemberdatum, aber, dem Sinne der Stelle entsprechend, kein allzu spätes, wohl nocli aus dei- ersten Hälfte des Monats, in Betracht. Stephan IV. hat daher die Reise nach Reims in etwa reich- lich 5 V^'^ochen, die Rückreise, und noch dazu auf dem recht beträchtliclien Umweg ül)er Ravenna, in vielleiclit noch etwas kürzerer Frist vollführt, wälirend seine (Jesandten den Ritt von Rom nacli Aachen in höchstens 4 Woclien bew'ältigt haben müssen*.

Am 7. Dezember 983 war Kaiser Otto II. in Rom gestorben. Als aber am Weilmachtstag desselben Jahres zu Aachen die Königskrönung an seinem

Ann. i-ei;ni Fnini-. S. 144 »iiDiuliniKjur (iiioliiis post ronsccratiDneni siiimi cNactis iiicnsibus quam maximis poterat itiiieiilnis ad iiiipci alorcni veniii' contenclit" .

- Über dt-n Tag vgl. \. Simson. .lalirb. Ludw igs di"< Froiniiit'n i. 68 A. i. Die (,)uellen iirtiiRMi nur den ]\Ionat, OktolxT. dcssi-n /.weite Hälfte al)er außer Hetracht bleiV)t, da dei' Kai.ser Keims sclion verlassen liatte, und die Zeit fiir die ['nterbringinig der Rückreise des Hapstes nicht i-eichte. Als Kiömingstag käme außer .Sonntag den 5. liöchstens noch der 12. Oktober in Betraeiit; die ersti^ ( tktoberu oelie hat aber die weitaus größere Wahrschein- lichkeit für sich, da sie genau in der Mitte der Abieisi' des i'apstes \ on Rom und dem Wiedereintreffen daselbst liegt.

' Ann. regni Franc. S. 145 »teitio postqnam Roman veneiat niense, sed nondum exacto>.

' Hotenfahrt geht rascher als Herrenfahrt: dieser Satz läßt sich nicht nur aus diesem null anderen lioispielon ableiten, ihn machte sich auch der Dichter des Nilielungenliedes zu eigen, wenn cv \\\ guter Kenntnis des höfisclien Lebens König Etzels Boten, die Spiei- le,uf(! Wei-bel und Swenimi'l zui' Ladung der Burgundenkönige in 12 Tagen von Pas.saii u.-H'b Worms, die Fürsten mit ilirer (iiM'olgscIialt in d<'i' gleichen F'rist aber nui- von Worms l>i< MM die Douau au t5avei-ns (ireuze ir<'laiii;eri läßt.

Bonifatinsfracicii. 1 '.)

kleinen Söhnlein vorgenommen wurde, da hatten die Erzbis<'höte Johüini von Ravenna und Willigis von Mainz noch keine Almung. daß sie den Nachfolger krönten, sondern glaubten, die feierliche Handlung an dem v(»i den deutschen Fürsten bereits gewählten jugendlielien ^litkönig !)ei Lcli- zeiten des Vaters zu vollziehen. Aber sehr bahl danach sprengte der Bot(^ heran und zerstörte die Festesfreude durch die Trauerkunde'. Die Nacli- richt brauchte daher von Rom nach Aachen nur wenig mehr als i 8 Tage. Auch hier liaben wir es wie bei Ranipo mit (iewaltritten zu tun.

Am 22. April 1073 wurde Gregor Vll. ziun Papst gewählt und am 29. oder 30. Juni geweiht. hi<lerNachholung der Priesterweihe, die Hildebrand, der bisherige Archidiakon der römischen Kirche, sich erst erteilen lassen mußte, kann der Grund für den Aufschub der Papstkrönung ni-ht gelegen liaben, denn die Priesterweihe war bereits am 22. Mai erfolgt. Ks muß etwas anderes abgewartet worden sein, das Kintrclfen der Bestätigung duirli den deutschen König Heinrich IV., die Gregor VII. nach dem Zeugnis Runizos am Tag nach seiner Wahl einholte und die (hirch die Entsendung des italischen Kanzlers, des Bischofs Gregor von Vercelli, zur Krönnngsfeier tatsächlich erfolgte". Der deutsche Hof hielt sich damals in Oberdeutschiand auf. wo am 19. Mai ein Hoftag zu Augsburg stattfand. Die reichlich zwei ^luiiatc vom 23. April bis Ende Juni haben daher zur .Xbordiuiiig einer päpst- lichen Gesandtscliaft ül)er die Brenner.straße nach Augsburg (Rom Augsbtu-g 745 km Luftlinie) und zum Eintreffen der königlichen (iegengesniidtschafi in Rom gereicht. Gregor VII., der, was wir nicht \ergessen dürfen, seine politische Laufbahn damit begann, daß er als Begl<'iter des abgesetzten Papstes (iregors VI. von Rom nach Köln auf die Festung wanderte und da- bei unliebsame Gelegenheit hatte, mit oberitalischcn und detusclicii ^'(■l•kf■lll■s- fragen Bekanntschaft zu machen, hat diese Erfahrung dadurch ü:enützt. daß er während seines Pontitikats in Ausnahmefiillen ganz kurzfristige Ladungen deutscher und ol)eritalisclier Bischöfe zu nnnischcn .Synoden \i>i'nalnn.

' Tliietmar von .Mer.sil)iiij;. 1\ . 2(). cd. \\\ w/.v. S. 04 »iiiox li-i;;itus tl'i.^li rmiiiio i;ihi,i perturbans gaudia advciiit>.

- Für dieDateii, Kinzellicitfii und /i'uynis.sr \f;l. .Mevkr vd.n l\^().^Al . .ImIiiIi. Ileiiiricli.i l\ . 2, 208 22 1. Bonizo.s taLsäcliliclii' .Viifjahcn wcihIimi hestiUiiit durrh dm liiicf di^ Alilf- W'alo von St. Arnulf in Metz (Wattoridi \'itac l'ont. i, 741). woiiacli \\u\ driiiscinn Hol' in der Tat Beratungen iiher dio von einer S'citi i-cclil ^t.-nk MOürlni litonr Aii'-ri^cjniiin^ ( ir'-:;iir> \ IL stattfanden.

3*

20 T A N n I, :

Am 24. Jnmiar 1074 zitierto er dcji Patriarchen Sigeliard von A(|uilpja und dessen Siiffragane zur Fastensynode nacli Rom'. Diese Synode fand am ersten Fastensonntag 9. März statt". In der Frist von 6 Wochen mußte dalier der Patriarch verständigt sein, selb.st seine Suffragane laden und die Möglichkeit haben, die Zurüstungen zur Reise zu treffen und diese au.s- zuführen. Das war nur möglich, wenn der Botenritt Rom Aquileja von 515 km Luftlinie binnen 14 Tagen erledigt wurde.

Am 31. Januar 1074 zitierte Gregor VH. den Bischof Jaromir von Prag, den mährischen Bischof Johann und (Gesandte des Böhmenherzogs Wratislav zum Palmsonntag (13. April) nach Rom". iJi.schof Johann von Mähren er- schien nicht, ebensowenig ließ sich Herzog Wratislav vertreten, aber Bischof Gebhard-Jaromir von Prag fand sich tatsächlich in Rom ein\ In 10 Wochen hatte sich daher die Fintfernung Rom-Prag zweimal bewältigen lassen.

Am 12. Dezember 1074 lud Gregor VII. den Erzbischof Liemar von Bremen, am 4. Dezember den Erzbischof Siegfrid von Mainz und mehrere seiner Suffragane zur Fastensynode (22. 28. Februar 1075) nach Rom^. Die beiden Ladungen dürften gemeinsam durch ein und denselben Boten nacli Deutschland überbracht und daher erst um die Mitte Dezember von Rom abgegangen sein. Dazu fügt sich auch trefflich die Klage Liemars, die Vorladung sei so spät in seine Hände gelangt, daß ihm kaum 4 Wochen zur Reise nach Rom zur Verfügung gestanden hätten". F> trotzte der La- dung und wurde daher durch die Synode vom Amte suspendiert und vom /Vbendmahl ausgeschlossen'. Der Mainzer überkam die Aufgabe, noch

Eegister Gregois VII. I, 42 in der im Druck befindlichen Xeuausgabe von Caspar, M. ü. Epist. seli^ctae 2, 64.

■•' Meyer von Knonau, Jahrb. 2. ,:;47.

^ Reg. I 44. 45, Casi'ar S. 67.

' Meyer von Knonau, .Tahrb. 2, 357, A. 67.

' Reg. II 28. 29, Caspar S. 160 161. Neuere Versuche, die Zitierung des Mainzers in das Jahr 1073 zu setzen und auf die Kasteusynode vom .Fahre 1074 zu beziehen (so Meyer VON Knonai-. Jaiirb. 2. 304 1.), weist C.wpar S. 161, A. 6 durch den Hinweis der Stellung und T^berlieferung des Schreibens im Originah'egister Gregors VII. mit Recht zurück und bringt die Ansicht der Streiter für 1074 (so Dietrich SchXfer. N. Arch. 17, 418 ff.) wieder zu Ehren. Angesichts der Überlieferung im Originalregister will ich auch von einem Aus- gleichungsversuch der Tagesangaben .11. Idiis. II. Nonas«, der sonst naheläge, absehen.

'■ Brief Liemars an den Bischof Ilezilo von Hildesheim, Sudendorf, Registrum i, 8, Nr. 5 ..ex qua die date mihi sunt littere. vix IUI septimane supersunt ad eain septimanam! qua synodus celebrabitur«.

' Reg. II 52a, Ca.spar S. 196.

Bnnifritiiisfnirirn. 21

seine Suflragane von Konstanz. Straßl)urg. 8[)ey('r, Kamberg, Augsburg und WOrzburg zu verständigen, und wir wissen, daß er sich wenigstens bei Hermann von Bamberg persönlich bemühte, ihn zur Folgeleistung zu be- wegen. Siegfrid von Mainz war am 12. April, dem Tage der Ausfertigung der neuen und letzten Ladung Hermanns von Ramberg, sicher in Rom': wie lange zuvor und ob schon zur Zeit der Fastensynode wissen wir nicht; jedenfalls befand er sicli nicht unter den durch die Synode Gemaßregelten. während Werner von Straßburg und Heinrich von Speyer suspendiert und Hennann von Bamberg mit gleicher Strafe bedroht wurde, die denn auch trotz seinem verspäteten Erscheinen in Rom schließlich über ihn herein- brach'. Das Schreiben (Jregors \'I1. an Heinrich IV. vom 8. Dezember 1075 ', in dem der Papst schwere Vorwürfe gegen den deutschen König erhob, gelangte am Neujahrstag 1076 zu Goslar in des Königs Hände'. Heinrich IV. berief daraufhin auf den Sonntag Septiiagcsima (24. Januar 1076) die be- rühmte Synode nacli Worms. Die Erklärung der zu Worms versammelten Bischöfe und das Begleitschreiben Heinrichs IV. sind nicht datiert, aber in ihrer Einreihung diircli die Zeit des Zusammentritts der Synode fest umgrenzt. Die Überbringung der Botschaft hatten die Bischöfe Huzmann von Speyer und Burchard von Base! und ein mit den italischen Verhält- nissen wohlvertrduter Graf ?]berhard übernommen'. Die drei wiegelten zu- nächst auf einer Ver.sammlung in Piacenza <lie lombardischen Bischöfe auf, blieben aber selbst hier zurück und schickten mit dem Schreiben einen Parmeser Kleriker Roland und einen königlichen Ministerialen nach Rom. Zur Zeit der Fastensynode befanden sich die Schriftstücke bereits in den Händen des Papstes. Das Pmtokoll dieser Synode trägt nur .laiiresliezeicii- nung"; in früheren Schreiben hatte aber der Papst wiederholt auf die erste Fastenwodie (14. 20. Februar) geladen, auch- Bernold nennt die gleiche Zeit, während Lambert von Her.sfeld als den Tag der von ihm allein be-

' Cod. Udalrici Nr. 44. eil. .Iaffk. Bibl. ici-. (ummii. 5, 94.

- Reg. II 76. ("a.si-ak S. 231).

•^ Ficg. III 10. Ca.simr S. 263. \);\s l'agcsdatiiiii lautet allerdings »VI. Idu.s .lanuarii". iTitspräche also dein 8. .laiiuar 1076. alter zwingende saohlielie Gründe nötigen hier zur .\n- nuhnie eine.s Irrtum»-, der in dei' l'ni.sctz.ung des Monatsnamens bereit.s bei den Iden statt den Kaienden gelegen haben dürfte (('A.srAR S. 263, A. i)".

* IJernoldi, Chrttn. .SS. 5,432 -fjuae legatio in ortavis Doinini ad regem |ier\enit".

^ Meyer von Kno.nau, Jahrb. 2, 629 fr.

" 1075 (nach stilus P'lorentinu.s : 1076) und die zu 1076 stiminonde Indiktion Xllll.

22 'I" A N (; I. :

liaupteten Zitierung Heinriclis IV. den Montag in der zweiten Fastenwoclie (2 2. Februar 1076) nennt'. Die Fristen sind in diesem Fall besonder.s knapp; denn die beiden Botenfalirten Rom-CJoslar und Worms-Rom müssen in wenig mehr als je 3 Woclien erledigt worden sein, und es ist sehr be- zeichnend, daß gerade die Kundgebungen, die den lirucli zwisclien König und Papst lierbeiführten, von beiden Seiten mit verdoppelter Eile über Ajiennin und Alpen getragen wurden.

Das Bild, das uns diese in die .lahre 1073-1076 sich zusammen- drängenden Zeugnisse entrollen, ist ganz einheitlich: es setzt für Boten- lahrt und Reisedauer zwischen Korn und Mitteldeutschland die Zeit von höchstens einem Monat voraus, von der in besonders dringenden Fällen so- gar noch eingespart werden konnte.

Die Erklärung der staufisch gesinnten Fürsten von Bamberg-Halle, .September 1 201 bis Januar 1202, wurde durch den Erzbischof Eberhard von Salzburg, den Markgrafen Konrad von der Lausitz und den Abt Eber- hard von Salem an Paj)st Innocenz III. überbracht". Am 22. Januar i 202 war Markgraf Konräd in Halle a. S. noch Zeuge in einer Urkunde Philipps von Schwaben '. Erzbischof Eberhard von Salzburg war auf dem Hoftag in Halle nicht zugegen, sondern weilte damals in Maria-Saal in Kärnten* und scheint auch in der nächsten Zeit dort gebliel)en zu sein, so daß er als Führer der Gesandtschaft \'on den beiden anderen Teilnehmern erst in Kärnten eingeholt werden mußte, was von Halle aus zu einem nicht ganz unbeträchtlichen Umw(\!;' nötigte. Vom 13. und 20 >l;ii'z 1202 datieren be- reits Urkunden, die Eberhard \ 011 Salzburg bei Innocenz 111. erwirkt hatte'.

' Zusammenstellung der Zeugnisse bei Mkver von KNtiNAr 2. 632, A. 25. - Über das Zustandekommen der Erklärung vgl. jetzt (irnuKii. Das Itinerar des Königs l'liilipp von Schwaben, Berliner Diss. 191 2. S. 30 f.. A. 4.

'' BÖH.lIER-FlCKEU 64.

■' Meii.i.rk, Salzburger Heg. S. 172 173. Nr. 15 17. *

' Meii.leh S. 174, Nr. 21 und 22. Die Urkunde Innocenz" 111. vom 13. .März 1202. -Mkii.iku Nr. 20, .Iaksi H. Mon. bist, ducal. Carinth. 4.4. Nr. 1528. in der Eberhard von Salz- burg mit der Untersuchung einer Besitzslörungsklage des Klosters Viktring in Kärnten be- traut wird, bi-auchte seine persönliche Anwesenheit in Rom an sich keineswegs vorauszu- setzen: da aber die nächste eigene Urkunde Eberhards nacli seiner Heimkehr demselben Kloster Viktring gilt (Mkim.ki! Nr. 24). so ist es höchst wahrscheinlich, daß Eberliard damals die Vertretung des Klosters in Rom führte, und daß daher auch schon die Urkunde Innoceni'lll. für Viktring vom 11. März 1202 (Jaksch, Mon. bist. duc. Carinth. 4, 4, Nr. 1527) der persön- lichen Fürsprache Eberhards verdankt wurde.

Bonifativsfragen. 23

Er mußte daher mittlerweile schon Zeit gefunden haben, seine persönlichen Angelegenheiten an der Kurie zu betreiben und die Ausstellung der Ur- kunden durch die pä])stliclie Kanzlei in die Wege zu leiten, also mindestens etwa seit Anfang März in l\om weilen. Für die Keise Halle -Rom mit d<>iii Umweg über Salzburg-Kärnten bleiben daher höchstens 5 Woclien verfügbar.

Im Jahre i 203 unternahm Bischof Wolfger von Passau eine recht be- hagliche Romreise, deren Tagesleistungen uns in den nacli verschiedenen Seiten hin so ergiel)igen Reiserechnungen Wolfgers fiir die Strecken Wieiier- Neustadt-Rom und Rom-Augsburg genau verzeichnet sind'. Kr brauchte zur Hinreise die Zeit vom i . April bis 9. Mai und voUfulirte die etwas straflere Rückreise von Rom nach Augsburg in genau einem Monat (24. Mai bis 24. Juni). Wie bescheiden dabei seine Tagesleistungen waren, ergibt sich daraus, daß sie sich für Kärnten mit denen der V'enusfahrttändelei Ulrichs yon Lichtenstein decken', und daß die Leistung Rom Bologna von Giraldus (.'ambrensis um ein volles Drittel geschlagen, statt in 9 in 6 Tagen er- ledigt wurde^. Zur Hinreise Bologna-Rom hatte Wolfger vollends 19 Tage gebraucht; die Sehnsucht, vor das Antlitz Innocenz" IIL treten zu können, liat ihn daher nicht verzehrt 1 Ich iialie schon vor vielen Jahren darauf hingewiesen, daß die l)eiden einzigen stärk<'ren Tagesleistungen Wolfgers (etwa 60 km) bezeichnenderweise der Überwindung der Waldwildnis des Semmerings und der Fellaschlucht galten.

Erheblich höhere Leistungen als der gemächlich reisende VV'olfger voll- führten in jenen Jahren zwei seiner bischöflichen .\mtsgenossen. Der Reichs- hofkanzler Konrad hatte bis in ilas Jahr 1200 den kirchlichen Zensuren Innocenz" III., denen er wegen des Übergangs von Ilildesheim nach Wttrz- burg und der Beibelialtung seines früheren Bistums \ erfalleu war, getrotzt, bis der aus dem lieiligen Lande auf dfui Umweg über Rom iicimkehrendc Kardinalerzbischof Konrad von Mainz ihn dringend zur Nachgiebigkeit mahnte: und im gleichen Siiuie wirkte das Schreiben Innocenz' III. an Thiemo von Bamberg vom 26. Januar 1200 ein, in dem der Papst deut-

' Alles ein/.eliif liei I.rnwii;. Ri'isi'- iiiid Mniscli^esrli« indiLtUrMl inj 12. und 13. .Inhi-- hinidert .S. 102-103.

- M. Tanoi.. I);is Itiiifiar Herzog Lccipoldv \'l. iiri .lidjrc 1217. HlSlter d. \'ci'. I'. I„iihIi'S- kiiiiile villi Nif'der-Ostorri'ifli N. I'. 32, q6- -9H.

' Vgl. iiH'ini- Bespieeliiiiig \nii Liid\\i!f> Keise- und Maisejigescliu iiulii^keil. Vlitteil. i\. Ili.Stitllts f. listeir. (ie'-rii.-I'iiiseli. K). 714.

24 l' A N G I. :

lieh durchblicken ließ, daß er im Falle der Unterwerfung geneigt sein würde, Milde walten zu lassen'. Noch am 15. März 1200 finden wir Kon- rad neben Thiemo von Bamberg das Sclireiben vom 26. Januar mußte mittlerweile in spätestens etwa Monatsfrist seinen Weg nach Bamberg ge- funden haben als Teilnehmer am lioftag zu Nürnberg'. Noch vor dem 9. April traf er in Rom ein; denn unter diesem Datum konnte der Papst dem Domkapitel von Ilildesheim bereits die Unterwerfung Konrads melden. Der Reichshofkanzler mußte dalier die Strecke Nürnberg- Augsburg-Verona- Rom mit einer Luftlinienentfernuug von 870 km in rund drei Wochen be- wältigt'haben.

Von Erzbischof Albrecht von Magdeburg berichtet die Magdeburger Schöppenchronik, daß er am 8. Se])tember 1206 au einem Hoftag K.Phi- lipps in Augsburg teilnahm und am .Mauritiustag (22. September) in Rom eintraf''. Die Zuverlässigkeit des Berichtes vorausgesetzt, ergäbe sicli darr aus eine selbst den guten Dm-chschnitt weit übersteigende Leistung, die aber in einzelnen Zeugnissen aus der Zeit Gregors VII. ein Seitenstück findet*.

Mit großer Schnelligkeit hat sicli die Nachriclit \on der Ermordung Philipps von Schwaben (2i..)uin 1208) verbreitet; denn der päpstliche Kardinallegat Ugoliuo von Ostia hatte von ihr bereits 9 Tage später in Mantua Kunde', was bei der Entfernung Bamberg-Mantua von 530 km

> Potth. 942, Reg. liinoc. 111. I. 11. 278 li;ihi/.f. Kpi.stoliic liinoc. 111. i. 527: »vel si mi- seiicordia digiius extiterit. secuiuluni beiiignitatein apnstolicMe sedis illaiii ciiiii eo miseri- cordiani i'aciamus. ppr quam iiervus ccclcsiasticac (liscipliiiac iiiiniiii(> dissolvatm-" . Vgl. Winkelmann, Jahrb. Philipps von Sciiualjcii S. 167 I'.. 5121'. (iniiiKR. Das Itiiierar des K. Philipp von Schwaben, Berliiiev Diss. 19 12 S. 13.

- Böh5ier-Fk:kf.r ,\i-. 42 : übet- das Itincrai- Philipps /.n Brginn des .lalii-es 1200 vgl. ( ii' iiiiFu n. a. (). S. 24.

' ("hi'onikeii der deutschen .Städte 7. 131. Winkelmann, .lalii Ijüchcr Philij)ps von Schwaben 411 A. 3 hält einen Reichstag /.n Augsburg am 8. Sej)tend)er 1206 nach dem Itinei-ar K. Philipps für unmöglich; dorn widerspricht aber (iuiiuER. .1. a. O. S. 48. Die Ileerlahrt gegen Otto IN'., in der WiNKi:i.5iANN ein cntsclieidcndrs llindei-nis sah. war damals bereits beendet. Zudem wird zum 16. Oktobei' durch eine ganz andere (^)uelle. die Krf'urtei' Petei'schronik, ein lioftag zu W'ürzburg gemehlet. K. Philipp hatte daher das uiederrheinische (iebiet auf alle Fälle verlasseiL

■* Diese Beispiele beweisi'n zugleich, dal.i 11alli;r din'chaus im Rechte \\ar. für die Meldung einei' wichtigen Nachricht von Krfurt nach Koni die KriSt eines Monats als völlig ausreichend (iinznschätzeiL (Heinrich \ I. und die römische Kirche. Mitteil. d. Instituts f. öslerr. Oesch.-Forsch. 35, 661.

'' (Ji'i'iuEH, Itinerar Phili|)ps von Schwaben S. 59.

Bonifatiusfrayen . 2 5

Luftlinie einen täglichen Verbreitungsradiiis von 60 km Luftlinie oder gegen 80 km wirklicher Entfernung bedeutet.

Ein Romwaller wie der Erzbischof Odo von Ronen, der sich 1253 von seinen mehr als bescheidenen Tagesleistungen, von denen 10 unter 20 kni blieben, durch 14 Ruhetage erholte, scheidet für unsere Zwecke natürlich aus'. Dagegen liefert das Itinerar des isländischen Abtes Ni- kolaus von Thingeyrar einen recht achtbaren und uns schon geläufigen Durchschnitt: Mainz-Basel S Tage, Basel -Aosta 6 Tage, Aosta-Rom 1 7 Tage '".

Ein Itinerar, das uns Matthäus Paris überliefert, ergibt: Paris -Cham- bery i 2 Tage, Chambery-Turin 6 Tage, Turin-Bologna 9 Tage. Die Reilic läßt sich durch eine andere, an gleicher Stelle überlieferte nach Rom zu ergänzen: Bologna-Imola i Tag. Imola-Lucca i Tag, Lucca-Rom 7 Tage, insgesamt in mäßigen Leistungen Paris-Rom 36 Tage ^.

Als Teilnehmer an der Romfahrt Heinrichs VH. wurde der Bischof Theobald von Lüttich am 26. Mai 131 2, dem Höhepunkt der schweren Straßenkämpfe in Rom, schwer verwundet und starb am 29. Mai'. So- bald Theobalds Tod in Lüttich bekannt geworden war, beraumten Dekan und Domkapitel einen Tag für die Wahl eines mamburnus, d. li. Tempo- ralienverwalters an. Dem widersetzte sich der Adel, da er Teilnahme an der Wahl beanspruchte. Die Wahl wurde trotzdem Sonntag, den 2.. Juli 1312 vorgenommen und fiel auf den Probst Arnold von Blankenheini, während nach dem Herkommen zu dieser Stellung stets Laien gewählt worden waren. Die Folge waren schwere Kämpfe, bei denen der mam- burnus erschlagen wurde'.

Bringt man die Frist für .Vnberaumung der Wahl und die Verhand- lungen mit dem Stiftsadel in Abstrich, so muß die Kunde vom Tod des Bi.schofs Theobald in weniger als Monatsfrist nach Lüttieh gelangt sein.

Die Appellationsschrift, welche die Kardinäle am 13. Mai 1408 aus Pisa erließen, ging dem Grafen Hermann 11. von (Jilli am 6. Juni

' LuDWKi, Reise- und Mai'scIii.'cschwiriiliLilieit S. 107 (V.

■' Lrnwifi. a. ;i. (). S. I20(V.

' r.tuwir,, ;i. a. O. S. laört".

' V'jll. über diese Vorjiäiitre 'lui:i;oui)\ n s. (lescliiclifc dci- Stadt Uoin im Mittelalter.

5. Aufl. 6,55—56.

* Vgl. nKN.\i X, Histoire du |>;ivs de l.ii'uc. },. Aull. S. jo8. Phil.-hisl. Abh. IUI!). Kr. 2. 4

2() T A N V. I, :

zu\ Wenn man bedenkt, daß das Datum der Appellationsschrift iiocli nicht gleichbedeutend ist mit dem der Versendung, so bleibe]! für die Beförde- nmg von Pisa nach Cilli walirscheinlicli weniger als 3 Woclien.

Eine Urkunde aus Cambrai vom Jahre 1431 trägt folgende Datierung: »Datum et actum in camera ])aramenti palacii episcopalis Cameracensis anno etc. 1431 ind. IX. die Veneris 23. mensis Mareii, apostoliea sede ut fertur vacante« '. Papst Martin V. war am 20. Februar 1431 gestorben, sein Nach- folger Eugen IV. wurde am 3. März 1431 gewählt und am 12. März ge- weiht. Der Tod Martins V. war einen Monat später in Cambrai schon be- kannt, dagegen noch nicht die Erhebung des Nachfolgers.

Man sieht, das Ergebnis bleil)t vom 9. bis ins 15. Jalirlnuidert das gleiche, weil die Vorbedingungen für Marsch luid Reise im wesentliclien dieselben blieben: Zustand der Straßen, Ritt, etwaiger Pferdeersatz, Rasten und Her- bergen'. In all(>n Fällen, in denen ein gegebenes Ziel olme Abscliwenken und entbehrliche Rasten straffer festgehalten wird und das trlff't auf Gesandtschaftsreisen und Botenfahrten in erster Linie z\i - , wird den zum Teil reclit widrigen äußeren Umständen ein sehr achtbarer und steter Durch- schnittserfolg abgerungen, der ein(^ Tagesleistung von 30 bis 40 km aiich mehrere Wochen hindurch als guies und gesichertes Flerkommen erscheinen läßt, bei außerordentlichen Anlässen aber (Tod des Bonifatius, Karls d. Gr., Ottos IL, Philipps von Schwaben, aber auch bei einzelnen Bischofsreisen) zu Kraftleistungen von ungewöhnlicher Höhe ansteigt.

Die Anwendung auf die Zeit des Bonifatius ergibt, daß die Annahme einer mindestens zweimonatigen Dauer des Nachrichtendienstes viel zu zag-

' GÜNTHEH, Zur Vorgeschichte (lt>s Koii/.ils von l'isa. N. Aivh. 41.643 teilt jetzt aus

eiiK^r Danziger llandsehi'ilt die bislier onhekannte Antwort des (Irafi-ii H'']iii; II. vom Cilli

mit. die in ihrem Text ausdrücklich den Eniplanatsta;; rieinit.

- Repertorium (iermanicum. I'onlitlkat Kükens IV. i.lS. Nr-. 271.

Das Bild ändert sich mit einem Schlafe, seit ein neresrelte-- l'üstx\eseii wenigstens in Anlangen einsetzt und ein geregelte]- Dienst der ( )r<linari|)osteri. Knriei-e und Stafetten ausgebildet wii-d. (\'gl. W. Mimmkmioi r. Der Nachrichtendienst zwischen Dentschlan.l und Italien im 16. .lahrhurulert, ISerliner Diss. 1911.) Jener nnühertrolVene Meisterknriei-. der im •luni 1545 in 50 Stunden von Koni nach Trient zum Konzil ritt (^Iimmknhofk S. 34) der D-Zug vor dem Weltkrieg brauchte i6Stu;;den: . stellte wohl auch die Ki-aftleistung Rauipos in den Schatten. Nui- als Kuriosuin Hige ich die.ser Zusammenstellung noch an, daß l'apst Pins VI. seine beriUimte Reise Rom Wien vom 27. Februar bis 22. >Iärzi782 ausl7ilirte. während Kaiser .lo.sef II. für seinen (iegeidjesuch mit der knapperen Zeit vom 6. bis 23. De- zember i 783 langte. (\'gl. Sr-iii.irrKK. Die Reise des Papstes l'ius VI. nach Wien. Font. i-er. Anstr. II. Abt. 47. I',. i. luid 2. Hälfte.)

Bo)dfntiiiiifrfi(jt'ii. 27

liaft ist. Ob von Fritzlar, von dem wir l)eisi)ielH\v('ise ausgehen wollen, der längere, aber damals viel begangenere Weg über den großen St. Bern- hard (Fritzlar-Basel 410 km. Hasel- Aosta 200 km. Aosta-Rom 600 km = i2iokmLL.) oder der kürzere über den Brenner (Fritzlar Augsburg 330 km, Augsburg-Verona 335 km. Verona-Rom 410 ^ 1075 ^m LL.) ge- wählt wurde, mußte es möglicli sein, Rom in einem Monat oder wenig darüber zu erreichen. Bonifatius selbst mag seine Romreiseii mehr nach Pilgerart eingerichtet und daher auf einen längeren Zeitraum ausgedehnt haben. Auf ihn persönlich mag wenigstens teilweise das Beispiel Sigeriks von (.'anterbury oder ()(h)s von Rnuen zutreffen. Reisen, deren kurze Tages- strecken und häutige Rasten sich durch <len lk>su(*h (h'r auf dem Pilger- wege liegenden heiligen Städten und Kirchen erklären, bei Ai)ordnung von Boten an den Pai)St wird er auf tunlichst rasche und Ablenkungen vermei- dende Erreichung des Reiseziels gesehen haben.

War ich der Fnrscliung von II. Bokiimkr gern i^efolgt, weil sie auch dort, wii ich mich ihr nicht anschließen konnte, anregte, so gehorche ich lediglich <lem Zwange, wenn ich atif den AngritV antworte, den F. .1. Hkndki. jüngst gegen die Vita Stiirmi unternommen hat'. »Um etwas zur Auf- hellung des Dunkels beizutragen", das über die (iründung und Frühzeit des Klosters Fulda noch herrsche, kündigt er ^nni' Untersuchungen an: I. Die (jiündung Fuldas und die Vila Sturmi. 2. Die t'hartuln St. Bonifatii. 3. Das unechte Privileg des Papstes Zacharias und die F.ntsteliuugszeit der Pippin-Fälschung. 4. Die Datierung und Einreiliung der Urkunden Nr. 22 28 und das Todesjahr des Hoinfatius. 5. Karls des (iroBen angeli- liche Verleihung von Immuidtät un<l Abtwahlreclit. Die beiden ersten Untersuchungen sind jetzt veröfl'entlicht. die drei iolgenden steJH'u uns noch bevor. Da ich an dem Dunkel, das über die Frühzeit Fuldas noch herrscht, einigermaßen mitschuldig liiii. muß ich wohl oder übel als Käm])fer auf den I*lan treten: ich beschränke mich in der Abwehr fast ganz auf die erste Untersucliung über die \'it;! Sturmi tuid hoffe, den Lesern s(dion dabei zu zeigen, welches Lichtes sii- xoin Auflielhuigsverfahren Bkndi.i.s gewärtig sein dürfen, werde Hrn. Bendii. aber s[)äter l)ei den Urkundenuntersuchungen erst recht dienen.

' Sliidien zur iill.eslen ( icscliiclilf der Abtei l'"ul(l,-i. Histur. .liilirlmrli 38, 758 772.

28 '■' '^ ^' '- '■ ■•

Bkndkl bestreitet die VerfasserscliMf't Ki^ils ;iii der Vita Sturnii, nimmt ihre verhältnismäßig junge handscliriftliclie t:i)erlieferung zum Anlaß, ihre Entstehung nicht in Karolingerzeit, sondern erst um die Mitte des i i . Jahr- hunderts zu suchen. Ihre früheste Benutzung gesteht er erst In der Vita Lulli des Lambert, von Hersfeld zu. Das Verhältnis zu Otlohs Vita Bonifatii sei erst noch näher zu ergründen. »Schließlich könnte Otloh der Verfasser beider Viten sein.« »Aber selbst, wenn Eigils Urheberschaft erwiesen wäre, so wäre für die Glaubwürdigkeit seines Werkes nicht viel gewonnen. Die Schrift wäre doch erst über ein halbes Jahrhundert nach dem Tode des Bonifatius entstanden.« Überhaupt ist »das mittelalterhche Heiligenleben kein Geschichtswerk, sondern, eine Dichtung«. Die Folgerungen sind, ab- gesehen davon, daß alle Einzelheiten der Vita ül)er die Gründung Fuldas unglaubwürdig erscheinen, die, daß Sturmi überhaupt nicht Fuldas erster Abt gewesen, sondern dies erst seit 768 geworden sei, nachdem Lid, der die Abtei von Bonifatius überkam, zurückgetreten war und Hersfeld ge- gründet hatte. Die Geschichte \ on der Einsetzung Sturmis durch Bonifatius war in Fulda zu Beginn des 9. Jahrhunderts noch gar nicht geläufig. Die Zusammenfassung lautet endlich (S. 756): »Damit entfällt jeglicher Grund, an der bisherigen Wertung der Vita Sturnii als (ieschiclitsquelle festzuhalten.«

Der Name Eigils, der nach der Absetzung Ratgars (817) und einer stürmischen abtlosen Zwischenzeit im Jahre 818 die Leitung des Klosters Fulda überkam' und bis 822 führte, läßt sich aus der Urheberschaft der Vita Sturmi nicht einfach wegstreichen, wie etwa der spät und ganz un- verbürgt zugefügte Name Fredegar aus der bekannten Frankenchronik oder die Ersetzung des »Ego N.« durch »Ego Lampertus« beim Ajinalenwerk Lamberts von Hersfeld oder die von anderer und späterer Hand erfolgte Beifügung »nomine Ansbertus« zum nameidosen Verfasser des Berichtes über den Kreuzzug Friedricli Barbarossas, sondern Eigil fuhrt sich an der Spitze der Vita zugleich als Verfasser eines ausführlichen Widmungsschrei- bens an die Nonne Angiltrud ein, der das ^'erdienst der Anregung der Arbeit zugesprochen und das fertige Werk überreicht wird. Hat daher Eigil Widmung und Vita nicht verlaßt, dann hat ein Späterer seinen Namen mißbraucht, dann liegt hier nichts (Geringeres als eine Fälschung auf den Namen Eigils vor.

' Vgl. M. Tangl, Die Urkunde Ludwigs d. Fr. für Fulda vom 4. Aug. 817, N. Arch.

27, 28ir.

Bonifdf'nisfrnf/cii . 2 9

So hat das P'.rgobnis des Anj;rifls I.evison in einer ablehnenden An- zeige zutreffend bezeichnet, in der er Bendel das Übersehen wichtigster Quellenstellen nachwies'. Voran steht hier das ausdrückliche Zeugnis des Fuldaer Mönches ("andidus. des Biographen P]igils"'. das Sturmi als ersten Abt und Gründer Fuldas und Eigil als seinen Biographen nennt. Derselbe Mönch Brun oder Candidus hatte, wie ich hinzufügen kann, vom Abt Eigil den Auftrag erhalten, das Leben Bauguifs, des zweiten Abtes von Fulda, darzustellen^. Dieser Auftrag hatte guten Sinn, weil das Leben des ersten Abtes Stumii Eigil selbst bereits geschildert hatte.

Levison weist noch auf zwei weitere Quellen hin. Liudger schildert in seinem Leben (Jregors von Utrecht, der Quölle, die uns als Ergänzung von Willibalds Bonifatiusbiograpliie unentbehrlich ist, Sturmi als ersten Abt von Fulda, der die Waldwildnis Boclionia durch seine Tätigkeit in eine blühende Klostersiedelung umwandelte und ^ ou seinem Meister Bonifatius das Vorrecht erhielt, in seiner Klo.sterkirche einst den Leiclinam des großen Missionars aufzimehnien '. Auch dies, die Ursprünglichkeit der Bestattung des Bonifatius in Fulda, wird von Bendkt, angezweifelt.

Von durchschlagender Wichtigkeit ist der Fuldaer Abtkatalog, der in einer Hand.schrift des lo. Jahrhunderts überliefert ist, aber anscheinend auf noch ältere Vorlage zurückgeht. Er nennt übereinstimmend mit der Vita Sturmi 744 als das (iründungsjahr Fuldas, Sturmi als ersten Abt und Gründer und rühmt als dessen besondere Verdienste die Erwerbung Umstadts bei Pippin, ILimmelburgs bei Karl d. i'V. und die überaus nütz- liche Leitung eines Kanals der Fulda durch die Klosteranlagen'. Dieses

' N. Arcli. 41. 768 11. 1 26.

- Vita Eigilis alihatis Fuldciisis eil. (i. Wait/. M. li. .SS. 15, 232 c. 22: Siinili iiaiiKiuc consilio atqiic (l4!voIi()iie idciii hoiiac voliintatis vir aniiiviTsarhitn Styrmcs primi ahbati.s '•t fuixlatoris niDiiastiTi i Fuhiae . . . (■cU^brare .saiicivit . . . Li-ctioiieni (jiioquc libri illius, quem de \ ita sii pr-a d ict i abbatis e t i>ri!;''ie nion asteri i nuperrime noiniiiati Christi gratia iargiente ci)ni|)o.s u it. fr-ati'ibiis ad ineiisam re<-itare praccepit.

" Vita Klgilis r. i .SS. i 5, 223 -ex eo igitur tempore, quo nie venerabilis pater Aegil vitaiii Kaugulphi cart abbatis iiostri iain de ei'ga.stulo corporis absolui intima exhoi-tatione persuasit btteris explioarc. Vgl. auch die poctisciie \'ita Kigils M. G. I'oetac^ lat. 2. 97. Die.se Vita Bangulfi ist leider veilorcn.

Vita Gregorii abbatis 'Iraieclensis auclore Liudgero c. 5 SS. 15. 72.

' Catalogus abbatuni Fuldensiiini, SS. 13, 272: •.\iino doniiiii 744 [Hiiiins pater el fundator Fuldensis coenobii Styrnii per annos 36 eundeiu locum prudentei- evexit. (^)ui apud Pibpinum Otniuntestat. apud Karolum Hamulunburg adquisivit; sed et inter alia multa

:}0 Tant. I,:

Lob auf Sturinis Walten ist aber nieiits anderes als ein knapper Auszug aus den Kapiteln 20 und 21 der Vita Sturm i. Ist jetzt noch (^tloli in den 60er Jahren des 1 1 . Jahrhunderts statt Eigils der Ver- fasser der Vita Stunni, die spätestens im 10. Jahrhundert sclion ihren Benutzer fand?

Aber noch andere Zeugnisse kann ich beisteuern. Die Beschwerde- sclirift der Fuldaer Mönclie bei Karl d. (ir. gegen ihren Abt Ratgar vom Jahre 812 spricht von Sturmi als Bonitatiusschüler und erstem Abt, gedenkt seines einjährigen Aufenthalts in Montecassiiio und beruft sicli auf nocli lebende Zeugen', also das gerade tiegenteil von Bkndkls Annahme einer Tradition, die sich erst nach dem Anfang des 9. Jahrliunderts gebildet ha])en soll. Die gleichen Dinge bericlitet Rudolf von Fulda in seinem Leben Liobas und rühmt dazu in deutliclier Anspielung auf Eigil Sturmis edle Herkunft". Offenkundig aber tritt die Bemitzung der \ita Sturmi in der Vita Eigils des Mönches Candidus zutage', und das Machwerk des i i . Jahr- hunderts erscheint nun gar sclion zu den Zeiten des Hrabanus Maurus bekannt und benutzt.

Und dabei steht noch die Frage der Benutzung bei Kudolf von Fulda aus, zu deren Verständnis wir uns alier zuvor der liandschriftlichen Über- lieferung der A^ita zuwenden müssen.

Die Vita Sturmi ist uns nur in jüngeren Handschriften erhalten; sie teilt dieses Mißgeschick der ül)erlieferung mit mancher Chronik und vielen

utilia parteiii lluiniuis Fiildac iiinnasterid ynT iU(iiac(iiii'tuiii introduxit taute iitilitatis. nl vix vcrliis explicari queat: qiii per omiiia utilis et laiulaliilis i(). Kai. .lan. obiit.

' l>ibelln.s siipplex munachoriim KiiUlensimn. M. (!. K|)]). 4. 549: über flas .lalir (8i2| Vi;l. V. SiMsoN, .lahrb. Ludwigs d. Fr. i. 373: »(,)in'a priiiius abbas iiDSter Sturmis in inonasterio sancti Beiiedicti per annum conversans luie postea rediens secundum electionein sancti Uonifacii babitum eorum et vistituni diiudicaiitis nnbis istum constituit. cuius rei plures ad- liuc lestes supersunt.«

- ^'ita l^eobae abbatissae Ilisi-ofesiieiiuensis aucture KudoHo ed. Watiz. c. 10 11. SS. 15. 125 126: »Sturmi discipulum suum virum geiiere et moribus nobilem« : vi;'. Vita Sturmi c. 2. SS. 2, 366 »nobilibus et christianis pai'ciitibus j;i'nei-atuS".

■' ('an(bdi N'ita Eifd;iiis c. 3 SS. 15, 223 »luterea igitur Styi'mi priiiuis abbas et fundator Micinastcrii K'uldae, i|ueiii saiictus Honitaeius praece])toi' eins heremitaui suuiu vocitave solebat". Vgl. Vita Sturmi e. 5 SS. 2, 367 »Honil'acius . . . eremitaui suu m omni caritatis afTectu suscepit c. 6 SS. 2. 368 »Honil'acius mernor eremitae sui Sturmi«. ... »Cumque indicatum sancto fuisset episcopo eremitaui suum Stürmern adfuisse« und c. 1 1 S. 370 »ad eremum eremitam suum Stürmern al)ire sanctus permisit episcopus«.

Bonifativsfragen. 31

Urkunden, und es wäre unkritisch, daraus allein einen Verdachtsgrund gegen eine solche Quelle herzuleiten. Die tTberlieferungen sind eine Würzburger lls. vom Jahre 141 7 (W), eine Erlanger aus dem 13. Jahrhundert (E) und eine Bamberger aus dem 15. Jahrhundert (B). Auf W mit nur ganz un- zulänglicher Heranziehung von E war die Ausgabe von G. H. Pkrtz in den Monumenta Gcrmaniae aufgebaut. Sie gibt von den starken Verschie- denheiten der beiden Hss. kein Bild. Darauf hat erst G. Richter auf- merksam gemacht', zugleich unter dem Hinweis, daß die neu hinzutretende Hs. B sich an die Seite von Y^ stellt, aber Ableitung aus gemeinsamer Vor- lage wahrscheinlich macht: und erst E. Stengel hat aus dem Material und den Beobachtungen von Richter den Scliluß gezogen, daß uns die Vita in zwei verschiedenen Fassungen vorliegt, einer ursprünglichen, gerade durch die jüngere Hs. W gedeckten und einer späteren kürzenden und ändernden Überarbeitung, die in E und B erhalten ist". Aus einer ganzen Reihe von Stellen in verschiedenen Werken Rudolfs von Fulda, der Vita Leobae, dem Werk De reliquiis sanctorum, den Fuldaer Annalen hat Stengel den Nach- weis geliefert, daß Rudolf von Fulda die Vita Sturmi zweifellos gekannt liat, und daß gerade die zweite Fassung überall die Verbindung zu Rudolfs Texten herstellt. Nicht jede der 16 Stellen ist hierfür gleicrh beweiskräftig, aber das Gesamtergebnis ist so gesichert, daß man sich ihm gar nicht ent- ziehen kann. Daraus ergibt sich der Schluß, daß Rudolf diese zweite Fassung entweder .schon vorgefunden oder selbst geschalten haben muß, und in diesem zweiten Sinne entscheidet sich Stengel. Ohne diese Arbeit Stengels zu nennen oder sicli mit ihr auch nur in wenigen \V(jrten auseinanderzu- setzen, hat Bendel seine Anschuldigung der Fälschung der Vita Sturmi im I I.Jahrhundert ausgesprochen: dabei kennt er Stengels Fuldensia und weiß sie doclt sonst zu zitieren, wenn es gilt. Sri:N(;rL eins am Zeuge zu flicken 'I

' G. Kiiui'KR, Die ei'Stcn .Aiiirui;;!- der- B;ui- und Kunstliitiijkeit dos Klostei's Fnhhi. Dissertation, Freiburj; i. Br. 1900. iiiicii cisrliii-neii .ds Verörtentlicliurii; des Fuldaer (icschiclils- vereins. Ich würde es si-iii- Ijc^nibeii. w<miii >ic|] von dem zweil'clioscn Bcdfiifiiis der Miiniimi-ntii (iermaniac nach ••ini r \cnans<;al)c zu den lici I'tdl'. (i. Rk hiei! in Fnld,! seif .lahren voriiandenen N'orarbeltrn zu eiinT solciien eine BriirUe schlaffen lieLie.

- F. .SrENGEL. Fuldensia, Areh. f. I rk.-i'orsch. 5, 4 1 IT. Aidiaiif;: iindoir vcm i''nl(la lind die Vita Sturmi S. 141 147.

^ V'i;l. Bkndei.s Be.spri'chnnj; von Sikm:ki.s rrkniidenbiieh (h-s Klosters l'ulda i. B. erste Hälfte in den Studien und .Miileihinj^pn zur (iesch. d. lienediktinerordens nnd seiner Zweite, N. F. 6. 372 .391. 480 509 und die Krkläriini: \')n vos dkk Kdit und niii'. ebenda .'">. 639. .S. 389 beliaupti't ei-, S m:n(;i:i,s Fuldensia "anliuiM-ksaui studiert» /u haben!

32 T A N G L :

Mit dem Nachweis, «laß Bkndkl seinen Anoriff allzu leichtfertig unter- nommen, eine ganze Reilie entscheidender Quellenzeugnisse übersehen hat, ist der Streit um die Vita Sturmi eigentlich schon entschieden. Aber die Schönheit und Bedeutung der Quelle verdient es, ihrer Erzählung einmal im Zusammenhang kritisch zu folgen. Sie wird die Proben, der wir sie unterzielien wollen, gut bestehen.

Kigil, gleich seinem Meister Bajuvare von edler Herkunft und mit Sturmi verwandt, war als Knabe nach Fulda gekommen und hatte über 20 Jahre unter der Leitung Sturmis gestanden'. Vom Todesjahr Sturmis (779) zurückgerechnet, erfolgte P^igils Eintritt ins Kloster wohl in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre des 8. Jahrhunderts, als(j bald nach dem Tod des Bonifatius. \"on dieser Zeit ab berichtet <'r als Augenzeuge; für Früheres und Wichtigstes, den Entwicklungsgang Sturmis und die Grün- dung Fuldas, beruft er sich auf die Mitteilungen von Gewälirsmäimern, unter denen die aus Sturmis eigenem Mund, obwolil er ihrer nicht ausdrücklicli gedenkt, wohl obenan gestanden haben dürften". Für die Zeit aber, wann er seine eigenen Erinnerungen und die Mitteilungen seiner Gewährsmänner aufgezeielmet hat, bleibt zwischen dem Tod Sturmis (779) und Eigils Abt- wahl (8i<S) ein weiter S])ielraum, dessen Umgrenzung (i. Hlitkr lii.sher am l)esonnensten versu«;ht Jiat'. Die Vita Sturmi ist aufgezeichnet nach dem Jahre 791, in dem Abt Baugulf den Bau der neuen Kirche l)egonnen liatte. und anderseits noch bei i-ebzeiten Karls des Großen, also vor dem 28. Ja- nuar 8\^\ HüFFERS Versuch, diese Grenze nocli weiter auf die Königszeit

* Die Herkunft und Verwaiidtscliaft berichtet in der Vita Kiij;ilis SS. 15. 223 über das Weitere sein eigener Bericht in dem Wi(hiiun!i;ssehreil)en der Vita Sturmi SS. 2, 366: »Nani et ego Eigil in discipulatu illius phis ([uam viginti annos conversatus ei'ani et sub ipsius coenobii disciplina all inf'antia usqne in haue aetalem ruitritus et ernditus suin.

'^ »(}ua])ropter nonnuha eoruni (juac seripsi vidisse me testatus suni. : ihigegen zuvor: »et ([uemadmodum a viris satis fidelibus, immo vasis Chi-isti, illius viri principia et eon- \ersationem et l'undamina praedicti monastcrii agnuvi. luiic ut ])c)tni hbellu ingessi.«

■' Korveyer Studien S. 124.

* Vita Stui-ini c. 20 SS. 2, 375: »Ipse \eiv) Sturmi . . . <-()e])it . . . temphuii, id est ecclesiam, qimd tnnc habebant ornare«: \gl. Annah Fuhlenses antiq\iissimi ed. Kurzk S. 138 ad a. 791: ..initiuni ecclesiae S. J5oniiacii«. Anderseits S. 375 76: Quam tradi- tionem (von liammelburg duich Karl den (iroßen) Iralres gratautes susci])ientes. Domino pro illius iiicolumitaic ])reces ni>que hodie fundunt.« Vgl. den Libellus su])plex, M. (i. Epp. 4. 548 »quod liceat nobis orationuni . . . modum teuere, quem j)atres nosli-i habuerunt. pro anueis nostris vivontibus atque del'unetis. id est quotidianam preeem pro t.-. domine auguste«. wahrseheiiilicli iiei'eits mit Anspielung auf die \'ita.

Bonifnt'utsfrayi-n. 33

Karls einzuengen, weil stets nur vom »König Karl« die Rede sei (also vor Weihnacht 800), scheint mir, da Sturmis ganzes Walten noch weit vor Karls Kaiserzeit lag, schon recht unsicher, al)er immer noch eher berechtigt als Stengels nicht näher begründete Annahme, daß die Abfassung umge- kehrt gerade in die Kaiserzeit Karls falle'. Denn nirgends finden sich in der Vita etwa feindliche Spitzen gegen die unbilligen Anforderungen des harten Abtes Ratgar oder Anklänge an den Libellus supplex, dessen Ur- heberschaft man ja ebenfalls Eigil zusprechen wollte'"; und auch die An- regung des Werkes durch die Nonne Angiltrud gewinnt nicht an Wahrschein- lichkeit, wenn man sie bis zu drei Jahrzehnten vom Tode Sturmis abrückt.

Das Schwergewicht liegt immerhin ganz in den vieljährigen immittel- baren Beziehungen des Biographen zu seinem Helden : sie konnten es ihm ermöglichen, die Erinnerungsbilder auch nach Jalirzehnten im wesentlichen richtig festzuhalten.

Der junge Sturmi. aus edlem bajuvarischen Geschlecht entsi)rossen, wurde von Bonifatius anläßlich eines längeren Aufenthalts in Bayern als Schüler gewonnen und zunächst zur geistlichen Ausbildung in das Kloster Fritzlar gebracht. Diese Nachricht Eigils läßt sich zeitlich sehr wohl unterbringen. Der erste Anlaß, als Bonifatius im Jahre 719 auf dem Wege von Rom nach Thüringen Bayern rasch durchwanderte, fällt ganz außer Betracht. Um so besser paßt der zweite Aufenthalt, als Bonifatius, noch bei Lebzeiten <les Herzogs Hukbert, Bayern in längerem Verweilen predi- gend, prüfend und Irrlehrer bekämpfend durchzog '. Den einzigen Anhalt, die Regierungszeit Hukberts luicli unten abzugrenzen, bietet eine Freisinger Urkunde, die vom 12. Februar des i 2. Regierungsjalires seines Nachfolgers Odilo datiert'. Da Herzog Odilo am 18. Januar 748 starb, muß die Ur-

' Urk.-Hucli (1. Kl. Fulda i, 2.

' GRE(i()R KiririKR. Die ersten .^ufüii^i' dfi- liaii- und KuM.stt;iti^l^(■it in Fulda. Dis.ser- tntion, FreiburR 1900. S. lof. iiiul danach ^\" AirFMiM ji. (;i-.scli.-(,)ii(dl('n. 7. Aull. i, 25,3, A. 3. Aljer der Annahme Rmhtkrs, daß die Stininiunj; jener Kämpfe nnt RatRar auf die \'ita .Sturmi liereits eiiifjewirkt habe und daLi ans ihr -Jone sozusagen streng monastisrlie Fär- bung- sich erkläre, die Kii^il seinem Bericht ül)er die Urgeschichte des Klosters gegeben hat, vennag ich in keiner Weise zu folgen.

^ Willibald Vita Botufatii ed. I.kvison S. 351'. und mit anderen Worten, aber gleichem .Sinn Higils Vita .Sturmi e. 2, .SS. 2, 366.

* iirrrKBAi'F. Die Traditionen des Hoehstilts F'reising i, 29 .N'r. 2 "XU die mensis Februarii in loco nuiicupante Machinga anno XII Oatiloni diu'is».

Phil.-hisl.Abh. 1911). Nr. 2. 5

34 Tangl:

künde s])ätestens am 12. Februar 747 ausgestellt sein. Die Epoche des Regierungsantrittes Odilos muß daher unbedingt vor den 12. Februar 736 fallen, kann aber anderseits auch nicht allzuweit zurückliegen; denn Willi- bald ordnet seine Erzählung in dieser Zeitfolge: Pontifikatswechsel in Rom, Begrüßung des neuen Papstes Gregors 111. 731, Erhebung des Bonifatius zum Missionserzbischof 732, Gründung des Klosters Fritzlar (732 733), Aufenthalt in Bayern unter Hukbert. Da Bonifatius 735 Streit mit der altfränkischen Geistlichkeit führte, in dessen Verlauf er in Rom Nachfor- schungen im Register Gregors I. anstellen ließ', ist für dieses Jahr seine Anwesenlieit in Hessen- Thüringen anzunehmen und für das Wirken in Bayern daher 734 am wahrscheinlichsten'".

Schon wenige Jahre später (737) konnte Bonifatius bei der Neuordnung der Verhältnisse im Kloster Fritzlar nach dem Tode des Aljtes Wigbert den jungen Sturmi zum Küchenmeister bestellen '. Nach der Rückkelir des Bonifatius aus Rom (738) empfing Sturmi die Priesterweihe und Avar darauf etwa 3 Jahre in der Mission tätig'. Die Jahre 739 742, auf die wir dabei gelangen, fügen sich wieder trefflich in den Zusammenhang ein. Es ist die Zeit, da Bonifatius den großzügigen Versuch der Sachsenmission unternahm, zu der er seine angelsächsische]] Landsleute so eifrig zur Mit- arbeiterschaft warb und bei der er wohl auch seinen bajuvarischen Jünger beschäftigt haben wird. Die kaum einjährige Hersfelder Episode' und die Suche nach einer besser geeigneten Stätte schließen diese Reihe auch bis zum nächsten festen Zeitpunkt, der Gründung Fuldas 744, ge- sichert ab.

F'rfahren so Eigils Angaben erfrei]licl]e Bestätigung, so muß anderes unwese]itliches Beiwerk ebe]iso bestimmt preisgegebe]i worden. Sturmi kann nicht als u]imün(liger Knabe von seinen Eltern der Obhut des Missionars

' Elp. Nr. 32 34; über die Kiiireiluinj; zu 735. S. 55 A. i.

^ So bereits Fischer, Uonifatius S. 272: Hiezi.kr, Gesch. Kaverns i, 103 »etwa 735-. Hauck I, 496 A. 3 ..Jedenfalls voi- 736, vielleicht im Siimnier 735«. Boeiimer S. 213 ..vor 736..

' Ep. Nr. 40 (s. oben S. 13) ..Styrme in coqnina Sit».

'' Vita Sturmi c. 3 SS. 2, 366 .. Post iion longiini tciiipüris preshvter oninium voluntate onmiiiinque consensu servonim onlinatus coejjit mystica dicta ('hristi circumqiiaque tempo- ribus oportunis populis instanter pi-acdicarc.. .

■' Vgl. über die Hiclitigkcit dei- Lesart der durch die WürzlHirger Hs. gedeckten nrsprüngliciien Fassung ..non iam anno« gegenüber der von Pertz an dieser Stelle bevor- zugten Erlanger IIa. »nono iam anno.. Stenciel, Fuldensia, Ai-cb. f. l'rk. Forsch. 5. 142 143.

Bon ifathisfragen . 3 5

übergeben worden sein'. Zum Küchenmeister in Fritzlar kann Bonifatius 737 keinen Unmündigen bestellt haben; und der Empfang der Priesterweihe vollends setzt damals ordnungsmäßig das 30. Lebensjahr voraus". Sturmi muß seinen Anschluß an Bonifatius als etwa 2 5Jä]iriger junger Mann aus eigenem freien Entschluß vollzogen haben. Eigil aber liat die Erinnerung an seinen eigenen Klostereintritt »al) infantia« zu Unrecht auch auf seinen Meister Sturmi übertragen.

Den Entschluß Sturmis, der Seelsorgc zu entsagen und sich mön- chischem Anachoretentum zu widmen, auf den das Mißlingen der Sachsen- mission vielleicht nicht oline Eintluß gewesen war, billigt Bonifatius zwar, beschließt aber, den Eifer des Asketen seinen höhereu Zielen dienstbar zu machen. Sturmis erste Wahl fiel auf die Stätte des späteren Hersfeld, an der er sich in eilig und notdürftig zureclit gezimmerten Hütten mit wenigen Genossen einrichtete; aber sie fand wegen der zu befürchtenden Gefährdung durch die nahen Sachsen nicht den Beifall des Erzbischofs '. Der Auftrag, fuldaaufwärts eine besser gesicherte Stelle ausfindig zu machen, führt Sturmi bei dem zweiten Versuch in die Gegend vom Fulda, die er mit dem Scharf- blick, den er bei Hersfeld schon bewährt hatte, als zu einer Klostergründung in jeder Weise geeignet erkannte. Die lebendige Schilderung aller Einzel- heiten dieses Pfadfindertums bietet uns ein Kulturbild für Zeit und Gegend, das wir uns aus der Reihe der Quellenerzeugnisse doch nicht gleichmütig streichen lassen möchten und von dem wir kaum eine Einzellieit preis- zugeben brauchen. Der endlos sich dehnende Bucheimrwald ist der Wald- tiere noch fast ungestörte Heimstätte, aber aucli menschlicher Siedelung nicht mehr völlig fremd und von einem Straßenzuq; bereits durch(|uert*.

' Vita Stiii-iiii S. 366 " Tiiiic cliaii] pm-r Stiiriiii |jrc(atu parcatiiiri ,il) eo sn.sccptiis« .

'' \'j\. die ZusamiiK'iisti'lliiii^ ilrr liis ins 4. .iahiliuiuliTt ziiriickrciciiriHlen Helene S. 198, .V. I nielniT .\ii.sjial)e der lloiiiratiiisliriele. Aul' eine AiilVatie des lionilatius inri'statt<'t später I'. Zacharias am 4. Nnveiiiber 751 (S. 198). in Aiisiiahineriillcn die Wciiic von l'iiestern und Diakonen Inreits nach vollindeteni 25. Lebtiisjalii' einticlfu /u lassen. \'oi- d<Mn Kin- treflen dies<T päpstlichen Voihnacht wird sieh dei- in solehm Dingi'n so i;e\vissenh;(ft<' lioni- latius sicher stren;; an die hi'Slehende N'orsebrifl ^(ehalten haljen.

^ Diese IJegrilndung <ler \'ita ist dinclians uiaiilivviirdiL; nnd wird diiicli den Hinweis ant da.s der Sachsenjii'en/.i' noch nähere I'ritzlai- niehl w iderhüt. da /.wischen der (iinndniif^ l'Vit/lats inid Sturmis Versnchen das WiediTanrield'n der Sa(hsetd<äinj)('e nnd das Sciieitern des .Missioiis Versuches laf^.

' Auch hiei-t'lii- ist II. I!oi-.ii.mkhs nene Aiheit sehr willUonunen. die S. 195 zwei .StralSenzüge von Maiir/. nach Ihiiringen leststelll : eiiifii niirdlielieren. iler iini;el'ähf (h'n

36 T A N 0 L :

Die Wahl dieses Geländes findet den vollen Beifall des Erzbischofs; und während sich Sturmi der Anfechtungen einzelner im Buchenwald be- reits seßhafter und um die Beeinträchtigung ihrer älteren Rechte besorgter Siedler zu erwehren hat, begibt sich Bonifatius an die Pfalz des Major- domus Karlmann, des Gebieters über die Osthälfte des Frankenreiches, um sich von ihm das Ödland, das es im wesentUchen noch war, zum Zweck der Klostergründung schenken zu lassen'.

Die äußere Form, in der uns Eigil diese Verhandlungen des Boni- fatius mit Karlmann mitteilt, ist die der mit »in(iuit« und »dicens« ein- geleiteten direkten Rede, in der er ganz gleichartig schon zuvor zur Be- lebung der Darstellung die Wechselreden zwischen Bonifatius und Sturmi in eigener und freier Erfindung einflocht. Hier aber steckt liinter dieser Form doch mehr. Nicht nur, daß uns die Tatsache der Ausfertigung einer Schenkungsurkunde Karlmanns durch die unmittelbar anschließenden Worte der Vita ausdrücklich bezeugt", und daß uns die Zuverlässigkeit dieses Zeugnisses dadurch verbürgt ist, daß diese Urkunde in Fulda zu Ausgang des 1 1 . Jahrhunderts noch vorhanden war, sind wir zur Annahme berechtigt, daß uns Eigil in Karlmanns Rede zugleich den wesentlichen' Inhalt dieser Urkunde überliefert hat «dicens: Locus quidem, quem petis, et qui, ut asseris, Eihloha nuncupatur, in rijaa fluminis Fuldae, (juidquid in hac die proprium ibi videor habere, totum et integrum de iure meo in ius Domini trado, ita at ab illo loco undique in circuitu ab Oriente sci- licet et occidente a septemtiione et meridie marclia per quatuor milia passuum tendatur«. Über diesen Text halte icli noch heute mit jedem Wort das Urteil aufrecht, das ich über ihn vor genau 20 Jahren abge- geben habe, «daß er für den Rechtsinhalt der Urkunde einen ausreichenden imd selbst für gewisse Schlüsse auf Form und Fassung der Urkunde einen

späteren »langen Hessen» entspracli, von l'rfurt über Kisenacli. Kreii/J)ei'i.' a. d. Werra, dem Fnldaiibergang bei Altnioischen oder Melsnngen über Trevsa. Ebsdorl' nach Aniöueburg und über Butzbach nach Mainz und den andern, südlicheren, den sogenaiuiten "Kaufmanns- weg« über Vacha a. d. Werra, Hersleid. Fulda, am Kand des Vogelsberges auf die alte Itömerstraße zu im 'J'al der Nidder und über Hochheim nach Mainz.

' Die Phantastik, die K. Ri'iikl, Die Franken, ihr Kroberungs- und Siedelungssysteni S. 37 60 an die Mißdeutung ui:d Verzerrung des ganzen »Berichts der Vita Sturmi« wandte, ist von Brandi, Götting. gel. Anz. 1908, 40 44 schlagend zurückgewiesen worden.

■' SS. 2, 370 »Porro rex ( den Königstitel ninunt Eigil für die Hausmaier ständig vorweg ) iussit chartani suae traditionis soribi. i|uaiii ipse propi-ia manu firmavit..

Bonifatiusfi-ugen. 37

teilweisen Anhaltspunkt gewährt«'. Das gilt vor allem von der Art der Landzuwendung im Umkreis von bestimmtem Durchmesser. Stengel hat für diese Art von Schenkung, die für ( )dland bezeichnend ist, Belege bei- gebracht": er hätte sie schon aus der älteren Zusammenstellung von Brandi^ etwas vermehren können, und er hat ilas wichtigste Beispiel vergessen : In ganz gleicher Weise wurde nach dem Zeugnis der im Jahre 790 auf- gezeichneten, unbedingt glaubwürdigen Notitia Arnonis zu Anfang des 8. Jahrhunderts durch den Bayernherzog Theodo die Maxirailianszelle, das heutige Bischofshofen im Pongau, an die Kirclie von Salzburg übergeben : »et Theodo dux tradidit ipsum locum ad sanctum Petrum ad Salzpurch monasterium et ex omni parte miliarios 111«'. Aber nicht nur darin liegt die schlagende Ähnlichkeit, sondern in der weiteren Ausgestaltung, die diese Schenkung erfuhr. An die Stelle der Flächenangabe durch die un- gefähre Größe des Durchmessers setzte schon der zweite Nachfolger Theodos, Herzog Odilo, eine Umgrenzung: »dedit <|UO(iuo idem dux Otilo ad eandem celiam sancti Maximilian! sursuni et versum per Salzaha tlumen ex utraque ripa ipsius lluminis saltuni ;id venatioiiem at(iue ad pascua pe- corum alpes et silvam a loco, cpii dicitur Strupe, et ad Purch et illas alpes, ubi Swarzaha oritur, et sie in occidentem et acjuilonem, ad orientem et austrum uscjue ad Stegen«'. Die wenigen Namen gestatten trotzdem eine sichere Deutung'': Es sind genau die Grenzen des Pongaus, die durch sie umschrieben werden. Bendei. hätte sich durch die Beachtung dieses Falles das Ko])fzerbrechen über zwei Dinge in der Fuldaer Sdicnkung er- sparen können. Er findet den Umfang der Schenkung Karlmanns mit

' Die Fuldaer Privilc^ienlVattc, Mitteii. d. Instituts (. üstfri'. (ii'sch.-For-.scli. 20.220. Prt.i ok-Hartcng, Diploiiiati.seh-liistni-iscli<' Fdrsclniiiiien S. 235 hfUlai^t in dem seit di'iu 12. .Iiihrliiiiiil<;rt eiiigeti'eteiH'ii Verlust den Kiiti^aiif; der » wicIitiusttMi idlcr l'nldiii'r UrkiiiKle]]-. Brandi. Göttinff. f^ei. Aiiz. 1908^' urteilt über die i^igiistelle. diil.i sie sieh »wie eiji Urkundeii- au.sziig" lese. Vgl. Jetzt den neuen re\lid)diiiek und die einf;eliende iMliiuleruiii; durcii •Stkncki- Fuldaer L"rkuiidenl)ucli i. 2 Nr. 4 und Fuidonsia, Arcli. 1'. l'rK.-Forsel]. 5. 77 .S6.

■■' Urkundeiddicli des Klosters i'ulda r. 5.

' A. a. (). 13 f.

' Hai: riiALER, .Sal/hnrger l ikundenbucli i. 15.

' Salzburger l'rkundeidiueii 1.31 iilierli<>i"eit in den Hre\es nntiliae ans dem 9. .lahr- hundert.

'' Vgl. die treiriirlien und vollkDUunen ülier/euyenden Frliiuternngen von Kuiakd Rirn rr.R. Immutiität. I-andesliolieit und Waldsehenkimueu. Al)liandluugen /um histoiiseljen Atlas der' oslerreieliiselien AI()eTdiindei'. Ar-cliiv I'. österr. (tescii. 94.5611',

38 Tangl:

ihrem Durchmesser von 8—9 Kilometern für die Anfänge eines' Klosters viel zu stattlich. Der Durchmesser der Landsclienkung an die Maximi- lianszelle im Pongau, mit deren Bedeutung es Fulda selbst in seinen An- fängen doch getrost aufnehmen konnte, beträgt aber reichlich das Drei- fache und stimmt mit den 3 Meilen, unter denen hier bereits deutsche Meilen zu verstehen sind, weder nach der Länge noch nach der Breite auch nur entfernt, so daß die Abweichungen des Fuldaer Klostergebiets von dem Normaldurchmesser der Karlmann-Schenkung demgegenüber als sehr geringfügig erscheinen.

Diese Umgrenzung fand dann im 10. Jahrhundert, spätestens 977, Aufnahme in die größte Salzburger Fälschung auf den Namen König Ar- nulfs' und wurde in ihr im 11. Jahrhundert erst noch weiter und gründ- lich verfälscht.

Ganz ähnlich erging es der Karlmann-Schenkung für Fulda. Sie wurde in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts in die neue Form einer genauen Grenzweisung gekleidet und im 12. Jahrhundert durch den Mönch Eberhard von Fulda zu einer Urkunde des heiligen Bonifatius verfälscht, in welchem Gewände sie als die sogenannte »Chartula S. Bonifatii« überliefert ist und bis in die jüngste Zeit arglos als echt, hingenommen wurde. An diesem Urteil, das ich über diese Urkunde längst gefaßt hatte, halte ich auch heute fest. Die Bemühungen Stengels'", die Fälschung der Bonifatius-Urkunde bereits dem Mönch Rudolf von Fulda in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts zuzuschreiben, haben mich in keiner Weise überzeugt; denn die Fälscliung steht in untrennbarem Zusammenhang mit einer andern, ebenfalls auf den Namen des Bonifatius unternommenen', deren Urhelierscliaft durch Eber- hard auch Stengel nicht leugnen kann. Außerdem fehlt sie in den Ful- daer Urkundenverzeichnissen des 1 1. Jahrlumderts, und auch ein so eifriger Sucher nach Bonifatius-Überlielerung wie ( )tloh hätte sie sich, wenn sie bereits vorhanden gewesen wäre, für seine Bonifatius -Vita nicht entgehen lassen. In dieser Frage muß ieii daher den Bedenken, die Bendel im zwei- ten Teil seiner Abhandlung über die Chartula S. Bonifatii vorgebracht hat, wenigstens teilweise recht geben.

' Mühlbachei- Reg. 1850 (1801) Salzbiiriier Ui-kundenbucli 2.56 Ni-. ,^4.

- Fuldaer Uikundenbucli 1,7 Nr. 5,6 und Kuldeiisi;). Aich. f. l rk.-Forscl]. 5. 54-77.

' Fuldacr l,'rkun(lrril)ii('li 1.21 Ni'. 14.

Bonifntiiisfragen. 39

Die zurückhaltende Art, in der ieli mieli seinerzeit über die Fassung des Urkundenauszugs geäußert lial>e, findet in einer Einzelheit eine Be- stätigung. Die Worte »de iure meo in ins Domini trado« sucht man ver- geblich in anderen Fuldaer Urkunden, wohl aber begegnen sie abermals bei Eigil in seinem Bericht über die Schenkung von Hammelburg durch Karl den Großen': hier aber stehen wir, da wir noch das Original dieser Urkunde besitzen', aui" ganz gesichertem Boden, und wir erkennen, daß diese Wendung auf Kigil selbst und allein, nicht auf seine urkundlichen Vorlagen zurückgeht. Umgekehrt stimmt die Anrede, die Eigil den Boni- fatius an Karlmann halten läßt, verblüffend gut mit dem Briefstil aus der späteren Zeit des Bonifatius, liat beispielsweise mit dem Schreiben an Pippin Nr. 107 die kurzen Sätze und den Wechsel von Singular und Plural ge- mein und weist durch das Wort »inmarcescibilis« ^ sogar auf ganz be- stimmte Spur. Dies Wort, das dem klassischen Latein noch fremd ist, wird erst im Kirchenlatein eingebürgert, als auch dort sonst recht seltene Vokabel vom angelsächsischen Modedichter Aldhelm gern gebraucht und in Nach- ahmung dieses Vorbildes von Bonifatius, l)esonders eifrig aber von Lul ver- wendet\ der nach meiner Annahme den Bonifatius im letzten Jahrzehnt bei der Abfassung seiner Briefe unterstützte'. Ich hnlte es daher nicht fiir ausgeschlossen, daß den persönlichen Verhandlungen ein schriftlicher Antrag des Bonifatius voranging, der in Eigils Bericht in brauchbarer Wieder- gal)e vorliegt.

Als Zeit für das Einschreiten des Bonifatius liei Knrhnann kommt nur das Jahr 743 in Betracht. Die Vermutung Stkn^els, daß es sich an die bezeugte Anwesenheit des Erzbischofs bei Hof anläßlich der Synode von Estinnes anfangs März 743 anschloß, ist immerhin erwägenswert.

Ebenso ist der 12. März 744 als Tag der Gründung Fuldas gesichert''. Die Angaben der Vita verdienen hier volles Zutrauen und finden für das

' S. S. 2. 375 "de iiiif suo in iii.s Doniini et .sancti Bdiiifarii ad coonobiiiin Fuldae tradidit-.

2 jNI. (i. Dii)l. Karol. 1, 162 DK. 116.

' S. .S. 2, 370 >f|uateniis voliis inimarccssibilu inutui.s coriiiu altissiiiii) lege . . . inaneat«.

* Vgl. meine Honitatius-.Stndicii I. N. Arcli. 40.733 inul die Aiisüabo d<'i' Briefe .S. 192 A. i.

' N. .\rcli. 41. 43.

" SS. 2, 370 -anno ineainationis Cliiisti septinijii'ntesiino rinadragesinio qiiarti), regnan- tibus in hac gente Franconini diiobus IVatribus Karlomaiino atqiie Pippino, iiidictioiie XII, mense priino, duodecinio die niensis eiusdein-.

40 I A N G L :

Jalir in den ältesten Fnldaer Annalen Ik'stätigung. Auch die Fassung spricht dafür, daß sie in einer Inschrift festgehalten war, die Kigil für seine Vita übernahm. Alle weiteren Versuche aber, aus dieser Datierung und ihrer verderbten Weiterl)ildung in der Chartula S. HoniAitii Schlüsse auf die Da- tierung der Karlmann-Urkunde zu ziehen', scheinen mir aussichtslos.

]^esonders mache ich nocli darauf aufmerksam, daß die Bezeichnung des März als «mensis ])rimus« eine spätere Kntstehung im 9. (geschweige denn im 1 i. !) Jahrhundert ausscliließt ; denn sie zäldt neben der Fortsetzung Fredegars, dem Kanon 4 der Synode ^-on Verneuil vom Jahre 755 und einer Freisinger Urkunde von 765 767" zu den jüngsteji Zeugnissen des der Merowingerzeit geläufigen, im Karolingerreich seit Karl dem Großen aufgegebenen Jahresanfangs vom i. März.

Für andere Fragen, nuf die Hendel ebenfalls eingeht, das Todesjahr des Bonifatius, den Streit Sturmis mit Lul, der an der Balire des Heiligen schon wetterleuchtet und wenige Jahre später ausbrach, die Verbannung und Rückberufung Sturmis und die Rolle, die dabei das päpstliche Eixem- tionsprivileg spielte, kann ich lediglich auf meine früheren Arbeiten ver- weisen'. Ich habe ihren Ergebnissen nichts hinzuzufügen und nichts ab- zustreichen und k;inn zur Willkür und (Gewalttätigkeit, mit der Bendel jetzt die Datierung ihm unbeq<iemer Fuldaer Privaturkunden los zu werden suclit, nur den Kopf schütteln. Da Bendel diese Frage überdies nocli besonders behandeln will, wird sich Gelegenheit finden, ein letztes Wort zu sprechen.'

Seit jeher sind wir uns bewußt, daß die Eigenart der biographischen Literatur die historische Überlieferung ebenso willkommen l)elebt, wie sie andererseits durch ihre stark ausgejjrägte persönliche Seite den Benutzer zu gewisser Vorsicht mahnt, und daß bei den mittelalterliclien Heiligen- leben infolge des er))aulichen Neben-, ja vielfach Hauptzwecks dieser Viten noch weitere Abstriche an ihrer Verwertbarkeit als (leschichtsquellen von- nöten sind. Aber wir könnten uns sehr glücklieh schätzen, wenn hierbei Dichtung und Wahrheit immer in so guter Mischung uns vorgesetzt würden wie in Eigils Vitn Sturmi.

' Stkn(;icl. Arcli. f. Trli. -Forsch. 5, 77 86.

- Rn TKRAi I-, 'rrnditioiiiTi des Iloclistif'ts Frcisiiii; i. 50 Nr. 22 \()iu Heniiissieber falsch lail'iii'löst mit ...liili lO" stntt »September 10«.

' Das Todesjahr des üoiiilatiiis, /eitsehr. des Verenis I'. hessiselie ( ieschichte, 37, 223 bis 250. Die Fuldaer frivilcgieiifrage. Mitteilungen des Instituts f. österr. Gesch. Foi-sch. 20, 192 252.

BonifaHiisfrdgen. 4 1

Nachtrag. Die Forschungen von Wolfgang Riei>l, Das Nachrichten- wesen des Altertums mit besonderer Rücksiclit auf die Römer, Leipzig. Teubner, 19 13, deren Kenntnis ich dem f'reundlielien Hinweis des Hrn. DiELS A^erdanke, bringen eine volle Bestätigung des Ergebnisses, das ich für das Mittelalter gewonnen habe: 30 40 km Tagesleistung gelten für Märsche, Nachrichtenverbreitung und Botengänge auch bei größeren Ent- fernungen alvS guter und gesiclierter Durchschnitt, der bei wichtigen und dringenden Anlässen häufig um das Doppelte und darüber überschritten wird. Wenn die Werte für die Durchschnittsleistungen wie für die Steige- rungen nach dem Bild, das ich aus den zahlreichen Belegen bei Riepi, ge- wonnen habe, im klassischen Altertum sogar etwas höher liegen, so wird dies wohl der besseren körperlichen Durchbildung der Menschen und dem günstigeren Zustand der Straßen verdankt.

li.rllii. -.-.Iruc-ki in .l.-r H.iilisiinii-kfr

Phil.-hist. Abh. HnH. Nr. 2 «

ABHANDLUNGEN

DER PREUSSISCHEN

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

JAHRGANG 1919 PHILOSOPHISCH- HISTORISCHE KLASSE

i Nr. 3

I

TÜRKISCHE MANKHAICA AI S ( IIOTSCHO. H

r

VON

Prof. Dr. A. von LE COQ

IN BERUN

MIT 2 TAFELN

BERLIN 1919

VERLAG DKR AKADPIMIE DER WISSENSCHAFTEN

IN KOMMISSION BKl IIKR VEREINIGUNG WISSENSCHAFTUCHKR VERLEfiKR WALTER DE (iRUYTER V. CO.

V0RHAL8 G. J. ÜÖSCIUJ^'SCMK VKRLAÜSHANlJLtNG. J. lil" TTKNTAi;. VKKLA(iSm'CMHANl>Li:NÜ. GEORG EEUJEB. KARL J. TRÜBNEK. VEIT U. COMl'.

Vorgelebt von Hrn. F. W. K. Müller in der Gesamtsitzung am 30. April 1919. Zum Druck eingereicht am gleichen Tage, ausgegeben am 'll. Juli 1919.

Die hier veröffentlichten türkischen manichcäisch-religiösen Bruchstücke sind zum Teil, wie T. M. i8o und T. II D. 75a, sehr stark verstümmelt; zum Teil, wie T. M. 419, T. II D. 169. III un<l 178, bieten sie der Übersetzung- große Schwierigkeiten durch das Vorkommen unbekannter Wörter an Stellen, deren Zusammenhang unterbrochen ist.

Ich kann daher nur den Versuch einer Übersetzung bieten, habe mich aber zur Veröffentlichung dieser Handschriftenreste entschlossen, weil einer- seits die Überwindung der erwähnten Schwierigkeiten seit dem Erscheinen meiner Arbeit »Manichaica keiiu'rlei Fortschritte gemacht hat, anderer- seits, weil ein befreundeter Religionsgeschichtler mich, des Inhalts der Bruchstücke halber, lebhaft zu diesem Schritt ermuntert hat: es besteht die Hoffnung, daß durch das Studium der Realien die Deutung erleichtert und gefordert werden werde.

Da meine früheren Versuche sachlicher Erklärungen eine unfreundliche Kritik in der »Theologischen Literaturzeitung (191 2)« erfahren haben, sehe ich, obwohl ich eine Berichtigung veranlaßt habe (ebd. Spalte 732), davon al), die vorliegenden Stücke anders als durch ihre Übersetzung zu erklären, und beschränke mich darauf, eine kurze Zu.sammenfassung des Inhalts zu geben.

Das stark zerstörte Bruchstück T. M. 180, welches, beiläufig bemerkt, mit T. M. 419 zu der Ausbeute der Ersten Turfan-Expedition der HH. GrC'nwekel und Hlth gehört, entliält eine Schilderung des Auftretens des »falschen Mithras«; ob es sich um einen bevorstehenden Kampf zwischen dem wahren Mithras und seinem dämonischen Nebenbuhler handelt, geht aus der Handschrift nicht mit Sicherheit hervor.

Noch stärker zerstört ist das zweite Stück, T. II I) 75a: es gehört wie die übrigen Handscliriftenrestc dieser Arbeit zu den Ergebnissen mcinei'

1*

4 A. V. Le CoQ :

ersten Turfanreise (Zweite Turfan-Expedition). Wichtig ist darin der Hinweis auf »die Kinder (o'ilan) der Dämonen, die von den Himmeln zur Erde nieder- gefallen waren« und die Erwähnung »des Samens jener männlichen Wesen«. Es ist ohne Zweifel ein Stück der manichäischen Kosmogonie; wie so häufig bei diesen Resten, setzt die Zerstörung gerade an der Stelle ein, von der man Aufschlüsse erwarten dürfte.

Die übrigen Bruchstücke enthalten Gesänge, von denen einer, T. M. 419, als »Lied« (wörtl. Melodie, küg), die übrigen als »Hymnen« (bSS, bäSik, mittel- pers.) bezeichnet werden.

Das »Lied« enthält einen Lobgesang auf eine manichäische Gottheit, ist aber deutlich nacli buddhistischem Muster verfaßt. Der Name des tür- kischen Verfassers (?), des Fürsten (tigin) Aprm-c(jr wird wiederholt erwähnt.

Von den Hymnen (öäi, büäk) befinden sich drei auf einem Blatte, das mit einem ebensolchen zweiten Blatt zusammen ein wohlerhaltenes Doppel- buchblatt bildet. Dies zweite Blatt enthält einen soghdischen manichäischen Text mit kurzem türkischen Endkolophon in »köktürkischen« Runen; das Buch, von dem noch weitere Blattreste mit iranischem Inhalt gefunden worden sind, dürfte ein liturgisches Werk gewesen sein. Die beiden ersten Hymnen sind vollständig, gut erhalten und inhaltlich einfach : sie sind ge- richtet: I an »den Gott der Morgenröte«, II an die »Vier großherrlichen Wesenheiten«. Der dritte Hymnus ist der wichtigste; er beschäftigt sich in der Hauptsache mit dem Schicksal der Seele nach dem Tod und schildert eine der dann erscheinenden Schreckgestalten. Leider bricht der Text zu früh ab ; die Anzahl der unerklärten Wörter ist bedeutend.

Das letzte Bruchstück, ein durch Wurmfraß beschädigtes Buchblatt (ebenfalls die Hälfte eines Doppelbuchblattes!) entstammt gleichfalls einem liturgischen Werke; dieses Buch enthielt, neben mittelpersischen Hymnen, auch jene Blätter des Bußgebets der manichäischen auditores, die auf Taf. I und II des in dem »Anhang zu den Abhandlungen« veröffentlichten »Chu- astuanift« wiedergegeben worden sind. Es scheint ebenfalls das Schicksal der Seele eines Gestorbenen und das Erscheinen einer Schreckgestalt zu schildern; leider fehlt der Anfang und das Ende.

Türkische Manichaica aiis Chotscho. II.

T. M. 180. (Taf. 1.)

Stück aus der Mitte eines größeren Buchhlattes. 17' 2x131 '2 cm groß, glattes, dünnes, gelbliches Papier.

Auf Zeile 15 der Vorderseite findet sich eine Korrektur: die zu ändernden Worte sind mit Deckweiß

abgedeckt und die Korrektur oyli ni n in n darüber geschrieben wurden. Diese Art, Schreibfehler usw.

zu berichtigen, ist in manichäischen Texten hiiulig. Fundort : Ruine a.

Vorderseite. Anfang abgerissen !

i j//ind äkii pdr/jl zwei

a ///r 0/ bulyjjl {boly/;/?) . . .jener wird finden (sein?)

3 ... mitrii yir iizä . . Mithra auf der Erde (oder auf der Krde des M.)

4 biz ani'i ködnr an//g/j' wir dieses '.' ;', jenes {.')

5 biz ti{y)'ürlär •• ati[i)ny »omii bari[i.'\ wir. sagen sie •• Das Gesetz und Wesen l^') jenes

6 sgnyäsmiik ot »* 0/ yük ist der Kampf ••Jenes Dänionen-

7 \o\yuti'i bälgu.iii mingüsti Sohnes Kennzeictien und Reittier {vähana)

8 ud bolyai »» buu yir ü:a näny wird (ein) Stier Sein •• Auf dieser Welt durchaus

9 anday t{ä)v kür yälvii arcii solchen Trug, List, Zauberei und Hexenkunst

10 yo(f kirn ol timasar s{u]mTiu gibt es nicht, die er nicht vermöge 1 Mit (für)

des Dämonen

11 [k^ücingä qripny uyai»m'iticä Kraft alles wird ei' voiniögen! .A.ls()

12 ... q(a)m(ay/ budunqa nomc'iqa .... dein ganzen Volke und dem Gesetzeslehrer

13 j//rvu milrii buryan t(ä)ngrii . . . Gottes Sohn, Mithra der Bur^an, M [07]''' kälgäi tipän kig//j/t/ wird kommen, sagend,

15 . . kirtü t(ä)ngrii o^/ii'i m{ä)n m{cJ)n tig^j^ . .der wahre (oder des wahren) Gottes Sohn bin

ich. ich . . .

16 .... 'ilig btidu\nuy\ .... das Reich und das V(jlk

17 d[in]dar .... electus

Knde abgerissen !

R ü c k s (; i t e. .\nfang abgcris>>en!

I ... dindarqa y(ayajl ... dem ulechts

I . . . jjlarning uluy/i ... ihrer groß// ....

3 ... [dt]ndar bnl'/ai •• t(ä)n^gri^ . . . wild ein eleiUis werden. An den göttlichen

4 HIHIHI b()gülänmäk qutuy [Bui'yan (;')] zu *glauben wird er das Glück und

5 qiv'iy bulm'is bolyai •• ötrü Heil gefunden haben. Darauf

6 ol yäk oyuti'i 'igid mttrt\i] jener Dämonensohn, der falsche Mithra, j ol dindarqa ' incä ai'^[i\ zu jenem elevtus also wird sprechen:

8 muncada baru t{ä)ngrii ir/utii Seit dieser Zeit seid ihr *hoßend gewesen,

6 A. V. L K C o Q :

9 mitrii bur%an Mlgäi tipän sagend, Gottes S«jhii, Mithra der Bur%an

10 küdüglii ärtii)ng{i):lär •• qmfi m(ä)n m{ä)n wird kommen •• Jetzt ich, ich bin

11 kirtü t[ä)ngrn oyulii gop bu[(iunuy] der wahre Sohn Gottes, das ganze Volk (l* ?) ,2 mangrill I quvradn y«*«»[c?]// hat versammelt; Verehrung {?)

3 m(a)nga yttkünü{n)glär •• minü k[iTfu>] mir sollt ihr darbringen ! An mich sollt ihr glauben

M [m\itrü tipän kir/gümmy('.} m(a)ng[o] und mich den wahren Mithra nennen!

IS [tän]grii yirin vi(ä)n kirtü t{ä)ng\rii] Den Götterhimmel, ich des wahren Gottes

,6 ol mani mllJH (Sühn) jenei- Maui (P ?)

Ende abgerissen!

Anmerkungen.

Vorderseite. Z. 4. ködür. Unbekanntes Wort.

Rückseite. Z. 10. küdüg/i. Kin unbekanntes Wort, vicUeidit eine Ableitung auf -(//» von dem Stamm kiit-, küd-. kiidör-, hüten, lauerij, hoffen. Z. i 1 und 12. Die sUrke Ver- stümmelung der Zeilen verhindeit eine zuveilä.ssige Lesung. Ob eine Form des V^erbums mangramaq .brüllen» oder vielmehr des Zeitwortes mängärämiik .herrschen, verwalten« ein- zusetzen ist, ist ebenso ungew'ß wie die Art der Form selbst. Z. 16. Ob Mani zu lesen ist oder mani .mich., steht dahin. Z. 13 zeigt mini; zuweilen wechselt aber der Vokal in derselben Handschrift.

T. II. D. 75. (Taf. I.)

Durch Wurmfraß sehr beschädigtes Stück eines Buchblutts, 17 X u cm groß, weißliches Papier.

i^indort Ruine K. Halleiibau.

\' o r d e r s e i t e.

1 [snvniiny des ^\'assers

2 wräk y-üräk) ay(i)rda .s'/ im schweren

3 bu bis ay{i)r larqa diesen fünf Schweren

4 üstälür wii-d i'rhölit

5 , ,///V'* ^<'ll I

6 //«;• ymä wieder

7 Jlaranayin ymä ich will wieder

8 ärksiräyin icli \\\\\ kraftlos sein

n , : iyimi '

'" qilayin ' bu ich will tuen dies . . .

" kiU'i mint;! seine Kraft .

'= Jlqonrrns holmazun soll sich niciit niederla.sseu

■3 /7/«7 br)lm\ay\in ich will nicht sein

'4 ämyil\k\ kotürmüyin lip " Qual will ich nicht ertragen, sagend.

TürMsche Manichaica aus Chotschn. II. 7

"5 r t t i/mä aut'ida kin und nach diesem:

■* [o\i azing ymä ol qamay Deine concupiscentia wieder (besteht aus) allen den

17 [y\äklär or/lanlari kim knklärdän Dämonensöhnen (Kindern), die von den Himmeln

>' y[ir]gärü tüxmülär ärti " ... zur Erde niedergefallen waren.

'9 ol irkäkläming jener männlichen Wesen

»o .... urw/i II ymä ol tiii läming . . Samen « (und) wieder jener weiblichen Wesen

" erloschen.

Anfang und Ende zerstört.

A n m e r- k u n p.

Die in ■eckigen Klammern stehenden ersten 5 Zeilen der Vorderseite (die Schrift der entsprechenden Zeilen der Rückseite wai- gänzlich erloschen!) sind nicht mehr erhalten, da bei der der V'erglasung vorhergehenden Behandlung das durch Wurmfraß und .Salzablage- rungen sehr stark zerstörte Papier in Stücke zerfiel. Am wichtigsten war Zeile t, mit der Erwähnung der -fünf schweren (Elemente?)-.

Die Rückseite ist ebenfalls stark zerstört und zeigt nur bekannte, nicht zusanunen- hängende Wörter; Z. 13 und 14 sind in loter Tusche geschrieben, stark erloschen und links durch Wurmfraß zerstört: auf Z. 13 glaube ich zu erkennen: tü[kädi al]tinc knn ai . . . Ende das sechsten (■') Sonne (und) Mond . . . Z. 14 beginnt mit nrrltilafi täijzjlimäk. Die Z. 15 und 16 sind unbeschrieben, zwischen ihnen steht chinesisch ;^tfp -- Abschnitt 6 (I". W. K. .Mi'm.ek).

Von den übrigen 7 Zeilen ist noch wichtig die 17., die in roter Tusche die Worte trägt baslanl'i yitinr adam a'/uni tiiy/// . (tur///?) -^ Anfang des siebenten adam arfihi oder Anfang des 07«» des siebenten Adam (Menschen?).

T. M. 419. (Taf. II.)

Durch Warmfraß beschädigtes Buchblatt, 24Xi5V»'""i groß, weiches, wolliges Papier.

Fundort: Ruine a.

Vorderseite.

\bailanfi\ apri ncor Es hat begonnen das Lied des Aprin-öor tigin

" [ligin kügi l]a>/»ullari bi liuda . . seine Veree tiuda (tvoda etc.)

3 \bä[]giiai r(ä)ilni tiyiir . . .sein Kennzeichen ist das Juwel! heißt es.

< [bä/]ffüsi r{ä)dni tiyiir . . sein Kennzeichen ist das .luwel ! heißt es !

5 [rädni]dä yig mäning ädgü O du Trefflicher im Juwel, ilu mein guter

« \iängr\im alpim bägräkim r(ä)dni da Gott! mein Held! mein Füret! o du Trefflicher im

: yig mäning t{ä)ngrim alpim Juwel, mein Gott! mein Held!

« bägräkim •• bilägütOs yiHi mein Fürst! Ein *nie zu schleifender scharfer

(Demant)

8

A. V. Le VjOq:

Donn('i-keil,lif'ißtes!Kin*niezuschleifenderscharfer

(Demant) Donnerkeil, heißt es! Du, im Demant- Donnerkeil (ntvi?)

mein Wissender! mein Gerechter! mein Strahlen- der!

Im Demant-vajra {ötvi?) du mein Wissender! mein Weiser! 3 yangam Mn t(ä)ngri y(a)ntqintäk mein Elefant! Du dem Glanz des Sonnengottes

Gleicher, mein

Teurer (»Busenfreund-)! mein Weiser! Du, dem Glanz des Sonnen-

gottesv Gleicher, mein Teurer! mein Weiser!

Du mein schöner, gerechter Gott!

Du mein Berühmter! Du mein Sehnen (?)! Du mein schöner, gerechter 8 t{ä)ngrim buryßn{i)'m buluncsuzum * » Gott, du mein Burchan ! Du mein * Unerreichbarer

(niclit zu Findender) !

\ls ist beendet das Lied des Aprin-i'or tigin.

9 r((7)c[/rftJyMr •• bilägüsi'n yitii

lo v(a)ii[r iiyür] •• v(a)zirä[a] ötvi

" bitigligim tüzünüm y{a)ruqum ••

" t)(p)itrdo ätni biligligim bilyäm

14 köküzlügüm bilgäm •• kün i{a)ngri

5 y(a)ruqintäk köküzlugüm bilgäm i6 körtlä tüzim l(a)nyrim

17 külügüm köziincüm körtlä tüziin

>9 \l\nkädi [o]/>r«ncor ligin kiigi "

Ende des Blattes (?)

Rückseite.

adruq özjj verschiedene . . .

j yuzlügüm du mein Ansehnlicher! ...

3 adinciy amraq anderer geliebter ....

4 qmraq öz//äm geliebtes . . .

5 •• •• qas'inciy'imin u/j Durch mein . . ?

6 qady7trarm(ä)n qadyurduq empfinde ich Sorge, Sorge empfunden habend

7 qasi körtläm qavis[u)ysayurm{ä)n ersehne ichVereinigungmitmeinemSchönbrauigenl

8 »t »t öz qmrayimin öyürm[ä)n An meinen eigenen Teuren denke ich,

9 nyü njljär m(ä)n ödü/// /jicän {üciin ;') denkend

10 öz qmra[yim'in] opngsäyür m(ä)n •• •• meinen eigenen Geliebten zu küssen, ersehne ich!

11 bara[y'i]n tisär bac amraqim Wenn ich gehen möchte, mein . . ? . . Lieber!

12 Äa[r]M ymä umaz m[ä)n bay{'i)r-saytim zu gehen vermag ich nicht, du mein Barmherziger!

13 •• •• kiräyin tisär kicigk[iä\m Wenn ich hineingehen möchte. Du mein Kleiner! M kirn ymä umaz m{a)n jjkin y'ipar hineingehen kann ich nicht! . . . Du mein Moschus- 15 y'idl{i)y{i)m •• •• y{ä)ruq t[ä)nyrilär Duftender! Durch der Liehtgötter gnädiges Gebot i6 y(ä)rliqapmin yavas(i)m birlä mit meinem Sanftmütigen

>7 yaq'isipan ad{i)r(i)lmal{f)m »' •• * Vereinigung erlangt habend, wollen wir nicht ge- trennt werden!

Türkische Manichaica atis Chotscho. II. 9

i8 kä^lüg briitilär küc bir'ög {Ues birüng?) Ihr starken Engel! gebet (mir) Kraft (?)I

közi q{a)ram birlä k[ül]üsüg//l Mit meinem Schwarzäugigen ... ^ -

» kütüsüffin oluratim •• in *Fröhliehkeit wollen wir uns setzen!

ai [iükä^d\i aprin\ ior tigin ... Es hat geendet [das Lied (?)] des Aprin-öor tigln.

Ende des Blattes (?).

Anmerkungen.

Vorderseite. Z. 2. 4/ tiuda, zwei fremde (soghdische?) Wörter. Z. 9. dtvi unbe- kanntes Wort. Z. 6. bägräk fürstlichster; auch festerer, härterer (härtester).

Rückseite. Z. 5. qa.s'inciy unbekannt. Z. 7 und 10. -uysa- {-uqsa-, -öksä-) Desiderativ- formen von qav'ii- and öp- (aus dem angefügten, der Vokalharmonie unterworfenen Verb öksä- zu erklären ••). Z. 11. bac (bäc?) unbekannt. Z. 16. yrl'iqazunin, Anwendung der Im- perativform als Nomen; cf. Bano, Studien III, §8.

T. n, D. 169. (Taf. ü.)

Dies nnd die beiden folgenden Stücke finden sich in der tiicr befolgten Reihenfolge auf einem Blatte

(16x9.4 cm groß) eines Doppel bucliblatts; das andere Blatt enthält soghdische manichäische Texte.

Derbes, festes, vergilbtes Papier. Fundort: Gewölbe des nordwestlichen Teils von l{uiiie K.

•'*■'■ _ I.

I Vam vay'i nnng bat Des Gottes Vam^ Hymnus

» lang t{ä)ngri kälti lang t{ä)ngri özi kältii Der Gott der Morgenröte ist gekommen ! Der

Gott der Morgenröte selbst ist gekommen ! j tang t(ä)ngri kälti lang t{ä)ngri özi källi (Wiederholung). 4 lurunglar qamuy bäglär qadailar tang (an- Erhebet euch, alle Fürsten und Gefährten !

grig Den Gott der Morgenröte lasset uns

s ögälim körügmä kün l(ä)ngri »siz bizni lobpreisen! Sehender Sonnengott, du uns « kötäding körünügmä ai l[ä)ngri siz bizni behüte! Sichtbarer Mondgott, du uns 7 qurlyar'ing lang l{ä)ngri » y'idtiy yipartiy » erlöse! Gott der Morgenröte! Moschus- duftender,

^{a)ruq iuy-yaittq hty lang t{ä)ngrf %\>. leuchtender Gott der Morgenröte! Fünf •.■''• - .- ._ lang (gearteter) Gott {oder Fünf Götter)

' Nach F. W. K. MÜLLER ist dies Zeichen eine soghdische Ziffer mit der Bedeutung 5. Im Texte ist sie also bii (türk. _/"«/{/) zu lesen und zu transkribieren.

Ob das Zahlzeichen aus den umnichäischen Lettern 'ain &^ und ye 9 zusammengesetzt ist, erscheint mir zweifelhaft.

' väm, soghd. ; neupers. ^i, =1 turnen, .iplendor (VuU.); Steinoass gibt die Bedeutungen moming, dawn, break of day, lighl, gplendour. Im Türkischen ist mir lang nur al,^ Morgen- röle bekannt. Gut Türkisch müßte der Titel wenigstens lauten vam lay'i uung baii. Phil.-Mst. Abb. 1919. Nr. 3. 2

A. v.Le Coq:

9 t{a)ngri *^' tany i(a)ngri yidliy y'ipartiy der Morgenröte ! Fünf (gearteter) Gott der

Morgenröte ! Duftender,

lo y(a)rugluy yaSuq Im] fang t{ä)nyri tang leuchtender üott der Morgenröte! Gott der

t{ä)ngri X \ Morgenröte I

Ende. T. n, D. 169. (Taf. II.)

n.

I J9P(a)7 ro<(a)n 3Mw[a)r \irifi nung baSfa^ Hymnus (?) an die »Vier großherrlichen

Wesenheiten "

' t{ä)ngri y[d)ruq küctüg bilgä y(a)lvarar Vor Gott, dem Lichten, Starken, Weisen,

li'iz demütigen wir uns (und)

3 öt(ü)nür biz kün ai t{ä)ngri y(a)i'in beten zu ihm. Den Sonnen und Mondgott,

t(ä)ngri den Lichtgott,

4 nom qut'i m{a)rmani /{ä)risti'' larqa die Majestät der Religion, die Engel des

qut qo/ur^ Mar Mani beten [wir] an!

5 t[ä)ngrima ät'ötümiiz ni közäding üzü- O mein Gott! LTnseren Körper behüte! Un-

tümü: ni sere Seele

6 boSung qiv qolur biz y{a)ruq t(ä)ngri läutere! Heil erflehen wir! Für die lichten

lärkä Götter

7 adasuzin * tural'im ögrincUgin ^ ungefährdet wollen wir leben ! ' In Freuden

8 ärälim wollen wir sein!

Ende.

T. n, D. 169. (Taf. II.)

m.

1 Adinciy türkcä baSik (Ein) anderer türkischer Hymnus.

2 täzün bilgä kisi lär tirilärim i(ä)r>gri ning Wir gerechten, weisen Menschen wollen uns

versammeln ! Gottes

' basta. In jedem der drei Hymnen tritt eine andere Form des Lehnwortes bäiä, bä^äh auf: in I bas, in II basta, in IH baiik {basig).

^ Der dem Türkischen fremde Laut f wird hier durcli j^ , in anderen manichäisch- uigurischen Texten spätsoghdischer Schrift durch m wiedergegeben.

^ Augenscheinlich ist hier das l'ronomeu biz zu ergänzen.

* adasuzin statt adasuzun; ebenso

^ ÖgrincUgin statt ögrünclügün. Vielleicht war der Schreiber kein Türke.

" Nämlich : Gott, (sein) Licht, (seine) Kraft (und seine) Weisheit. Vgl. Flügel Fihrist p. 64. 95.

' turmaq hier vielleicht im Sinne von »leben«.

Türkische Manichaica aus Chotscho. IL 11

3 bxHgin biz iiir/ä/im m tört ili(i Schrift (Buch) wollen wir anhören 1 Den vier

fürstlichen

* t{ü)nfri lärkä tapinatim tört uluy Göttern wollen wir Verehrung darbringen!

Von den vier großen

5 amgäkdä qurtulal'im tört iliy t{a)ngri Qualen wollen wir befreit werden : (nämlich)

von Verleugnungen

6 lärdä ta'iiymalar * l{ä)ngri nomin iuda^pna- der vier Götter: mangelhaften Befolgungen

laT » des Gesetzes Gottes;

7 lünäriff yäklärkä tapunw/malar tümäniig Verehrungen der finsteren Dämonen: zehn-

tausenden

8 inW« qiti'/malar tübinlä nl'oqma übler Handlungen. Schließlich auch muß man

9 ötmäki bar tünärig t(a)muqn tuimäki sterben, (und) es gibt ein In-die-finsteie-Hölle-

lo bar tümäniig yäktär kälir tit/ür tiimanliy Stürzen. (Da) heißt es, kommen zehntausende

Dämonen ; schwarzneblige

" yäklär ayar tiyür tünärig liincülii Dämonen *schweben herbei, heißt es. Fin-

stere Nacht

la basar tiyür » tunumly ^ lägir tiyur » tüi üzä bedrückt (den Gestorbenen), heißt es, *Bedräng-

nis befällt ihn. heißt es : auf die Brust sich

3 oltmp tültürür tiyür tänmii ü:ültär setzend macht sie ihn *träumen heißt es:

verirrte (.^) Geister

■4 taitqar tiyür » tardic täk ät'ozin kommen heraus, heißt es: wie ein . . . ? .seinen

Körper

«5 qodur tiyür lavari lur'/tiru qatir tiyür legt er nieder (stirbt er), heißt es. Seine

Habe bleibt zurückgehalten, heißt es.

<6 t(ä)rtrü Bactiy qurta yäk kälir ti(y)ür * tolitiy Kine falsche (lügnerische), behaarte, greise

Dämonin kommt, heißt es; der Hjgel-

<7 (d)bulit täk tonqi qailiy qatliy bcana wölke gleich ist ihr . . ? mit Brauen ver-

sehen: wie ein blutiges bcann ?

i8 täk q{a)raqi ti(y)ür»qnxyuq täk q(a)ra hm ist ihr Blick, heißt es; wie ein Nagel, von

amki schwarzer Farbe ihre Zitze,

19 ti(y)ür » burninta boz'bntit önür h(y)tir •• heißt es; aus ihrer Nase eine graue Wolke

steigt hervor, heißt es;

>o t{a)m'/aqinta q{a)rn tülün tasiqar ti(y)ür aus ihrer Kehle schwarzer Rauch geht heraus,

heißt es :

»• tüii ol qanrnrj tümän yilau yinäri {.') ihre Brust ist (besteht) ganz aus zehntausend

Schlangen ; ihr . . . :'

" ol yingnä yilan » ärngäki ol qamtty .... ist die* Fadenschlange; ihr Finger ist ganz ... .

Ende des Blattes.

' Das über und «wischen die iBucbstaben l und y gesetzte u ist eine alte Korrektur.

2*

12

A. V. Le COQ

Anmerkungen. Z. 2. tirilörim. lies tirilälim. '/.. 3. Die vier Götter-Könige oder -Fürsten : wohl wieder •jj'Vl ^UäuJl, die »vier großherrlichen Wesenheiten , wie in T. II, D. 169, It Z. 16. t(a)rtr'ü, (in 178 t(a)tT'ü\ lügnerisch, falsch; vgl. mein Br. SrmNs Turfcish Khuasluani/t, J. R. A. S., 1911, Z. 135, wo i[ä)rtrü und igdäyü parallel stehen, qurta: das folgende MS. ähnlichen In- halts (T. II, D. 178) zeigt die Form qurtya. '/.. 17. ahulil oder nbulit: der erste Buchstabe wohl ein Irrtum des Schreibers, tonqi [tonuq-i ?) und bcana; rätselhafte Wörter, letzteres wohl eine Entlehnung. Ebenso unerklärt die Wörter iänmü (lanmii) Z. 13: tnrdir 'L. 14; yinar (mnar :') Z. 21. Z. 2 2. yingnä kann auch yingan. yinyra, vingan usw., selbst vyagra gelesen werden; die Übersetzung ist entsprechend unsicher.

T. II, D. 178.

Blatt eines Doppelbuchblattes mit abgerundeten Ecken, 13.5x13.5 cm groß: starkes, bräunlichgelbes

Papier. Auf beiden Seiten des anderen Blattes manichäischer Hymnus in mittelpersischer Sprache.

Fundort: Gewölbe im nordwestlichen Teil der Ruinengruppe K.

I aUur tiyüT k{ä)ntü

a qilm'iS qilinci közünür t

3 tiyür yir suh qutii 'irtnür

4 liyür ni sub qutii 'iylayur

5 tiyür 't 'iqac quti ul[a)yur '

6 tiyür könii buryuq köiüngü

7 da közünüpän tänmis üz

8 ütüg tuiupaii » trazuk

9 'iiiniä olyurtur tiyür

10 <[roi«]Är aiy[sar?] q[il]inöi aitiy

11 bolur ['i]rincü qilmiis u qitinci 'istig bolur

Vorderseite.

sagt, heißt es Die von ihm selbst

getanen Handlungen erscheinen, h- heißt es. Die Majestät der Erde und des Wassers wird

unglücklich, heißt es. Die Majestät des Feuers und des Wassers weint, heißt es. Die Majestät der Gewächse und Bäume

jammert laut, heißt es. Der gerechte Beamte hat ergriflFen die wie in einem Spiegel erscheinende, verirrte See- le. In der Wage wird sie niedergesetzt, heißt es.

Wenn die Wage aufsteigt, wird ihre Handlung . . ? , ihre übel getane Tat wird . . ?

Ende der Seite.

t{ä)trüv, sacl{i)y qurtya yäk

kälipänin tänmii üzüt lärig tutupanin iünärig

Rückseite.

das Kommen (Acc. oder Instr.) der lügnerischen, be- haarten, greisen Dämonin (und) ihre Ergreifung der verirrten (irrenden) See- len. In die finstere

^^d^^ri. Die Punktierung bedeutet Ausfall eines Buchstabens.

Türkische ManicAaica aus Chotscho. II.

13

4 tamuqa tartar tiyür

; töpüsin tongtaru tiqar

6 tiyür tamudaqti yäklär

7 lutar tiyür muntrumuntuz

8 yäklär k(ä)lir tiyür min/Jk//

9 parkan Urupan {nrtqtanf) pirkäsäyür

10 tiyür ö"A*&s

11 üzüt anta körür tiyür

II öläm gut qolupan bolmaz (hHlmazi)

Hölle zieht sie (sie), heißt es:

auf ihr Haupt einschlagend, stößt sie (sie) hinein,

heißt es. Die in der Hölle befindlichen Dämonen

ergreifen (sie), heißt es. Die . . . . ?

Dämonen kommen, heißt es ... .

heißt es. Viele

Geister dort sieht sie.

Um den Tod zu flehen, ist zwecklos. (Sie fleht um den Tod, findet [ihn aber] nicht.)

Ende der Seite.

Anmerkungen.

Vorderseite Z. 6. huryuq. Man vergleiche vielleicht chinesische Bilder buddhistischer Totengerichts-Szenen. Z. lo und u. aifiy und istig unbekannt Rückseite Z. 7 muntru- muntia unbekannt Z. 9 parkan, pirkäsäyür unbekannt

14

A. V. Le Coy :

Wörterliste.

abtdit [nbul'it?) s. bot'it a(i{i)r{t)l- 419 R. '? admciy III, 419 R. 3 arv'is 180? ärhsirä- 75^ ärngäk III" ay- 178'° äki 180' o/;j 419*' ämjÄ: [g) III' ^ 02 !(öy)- III" op-ögsä- 419 R. «rf 1808 uruy 75=°

ÜCÖ l8o3-8, ni"7

ÜSti« III'3, 1787', 178 R. »•■'

-o(u)ysa-, -ö'(ü)5'Ää- ; qav'isoysa- 419 R.''; öpö^ÄÖ- 419 R.'°

«7/0« 75''

ög- [ögälim) I5

ögrinclig 11'

o/-; o/ter- III'3 (sonst stets nlur-y, olyur- 178?; nlur- 419 R. »°

u/(a)- 1785

ön- ni'9

tVArä^ 7 5 '9

irincü (s. auch 't) III^, 178"

Sac (Jä<??)4i9 R. "(Lehnwort?)

-6ar« [muncada b.) 180 R. ^

J(W- III"

bailan- 75 Anm.

bay(i)rs(iy 419 R. "

ftö^ l4

bägräk 419*'

bälgü 4 1 93- 4, 1 80'

burun III'9

6o2 III's

bngnlän- 180 R. *

Äw/ti; III"- '9 6oi III'S

6j7ö-

■gü-süz 4 1 9

8.5

buh

uncsuz 419'

biliglig 419"- '^

-joan, -pä«; Urupan 178 R. 9; tutupan 1788, R. 3; <j)ja'n iSoM. R. 9M; qoiupan 178 R. " ; Ää/i))än 1 7 8 R. ^ ^o>«- nüpän 178'; yaq'isipan 419 R. ■'

pitkäsä- 178 R. 9

tapun- III'

i!(ä)fr« 178 R. '

<(ö)ri;rK III'«

iardic III'*

taMy- III'4-

<(ä)» i8o9

taysut 419' - '

-/ö/t in'4"'8

tö^- 111'=

l{a)myaq III'"

to»- II [6

«n- (i') III'3, 178'

lang I^ 3 ■(■ 7- 8. 9- >o

tätigri: langt. 1''°; ai t. 1*; ?n/<r> huryan t. i8o'3; kürt t. 4i9'3'4; kün ai t. Il3: yasin t. 113 ; fort ilig t. 1113

t'übintä III^

ft5;5« 178 R. 5

tütün III'"

turyur- HI's

türkcä ITl'

töi ni""

tö^ III9, 7 5 '8

ffi/eör- III'3

toliliy III'*

tumanliy 111'°

tümänlig III'- '"

tünäriy III'- 9",

1783

tüncülä III"

tor/ji {ton{iu)q-i ?) III''

t'ingtar- 178 R. 5

tunumluy (tonvm-; torum-;

tiirum-) III" ft-: <!-5ar 419 R. '3; /j.y«r

llI'°flF., 4193 ff.. 1783 ff. /tn/- III'

■tiy,-tig;ait>yiTS'°; 'w<»p 178" <i!9- 178 R. 5 -A': türkcä III'; közüngücä

178«-' .SffcVVy III'«, 178 R.^ söngiii- 1 80« Vrw- 1783 'ü'/fe- 1784 '/ji/rf 180 R. « ■^jma, -gmä; taniyma III*;

tudayma III«; tapunu^/malW;

qiiiyma IIP; körügmä Is;

körühiigmä •gärü; yiigärü 75'* kfifiir- (erti-agen) 75'4 knriiir 1 8o4 k'üdüyli 180 R. Arür r8o9

*or//(7 419'«-", R. ' közünc 419' knzüngv 178« ^•o'c; qaram 419 R. '9 Arü^ 419'- '9 *ö* 75" köki'nlüg 419'*- '5 külüsüg 419 R. »o kiilüg 419'' ^önt 178« *!>- 419 R. '3- '4

*!>« l8o'5, R. "-'5

kim 75''. 180'°. frin {antada k.) 75'5

Türkische Manichaica aus Chotscho. IL

15

I

qadai \*

qadyur- 419 R. * qaraq III'' qoiyuq III'' qasinciy 419 R. s qai 419 R. ^ qaitiy IIl'J qami-{u)r/ta- 419 R. 7 qantiy IH'' 90p 180", R. " j«/; ot tub qul'i 178«; 'i 'iqac q. 1785; yjr *«i q. 1788

5«/ (no»i j.) II'

qut qiv 180 R. ■»

qurta III'«

qurtya 178 R.

jo/- ; ju/ qol-lh ; qiv qol- II*

9»p (^< q.) 180 R. 5

-/ä; tüncülä

-ma; oioqma IIP

munca 180 R. *

mingü 1 8o7

ndnj7 1 80'

y[a)riiqazniiiii 419 R. '*

yasuqluq P

y(a)iin Ha

yaq'ü- 419 R. '7

y{a)lvar- II'

yä/tii i8o9

yanj/a 4i9'3

yuzlüg 419 R. '

ytpar y'idliy 419 R. «4'5

yi'/j' 419'»

yiSr 4195-7

y«nar(?) III"

yingnä (?) III"

a<iam 75 Anm.

«K 75'*

ayun (ayuni?) 75 Anm.

ö/M 4I9"'-"

bai (für däjä) I'

baita (für 6öä) II'

ioÄiAr (für bäiä) III'

fi(a)7 II«

bcana (pcana) III''

6ni« 419 R. "

Lehnwörter.

bi tiuda 419* j 6«, soghd. Ziffer fiir I'-» I parkan 178 R. »

frazuA: 178«"'

/luda 419'

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A.v. LECoa: Türkische Manichaica aus Chotscho. II. Taf. I.

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Phil.-hht. Äbh. 1919. Ni: :i. \'oi(li'i'S('ite.

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ABHANDLUNGEN

DER PREÜSSISCHEN

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

JAHRGANG 1919 PHILOSOPHISCH-HTSTORISCHE KLASSE

Nil 4

SPINOZASTUDIEN

VON

C. STUMPF

BERLIN 1919

VERLAG DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

IN KOMMISSION BEI bEU VEREINIGUNG WISSENSCHAFTUCHER VERLEliER WALTER DE (IRLYTER I'. CO.

VOKKAL.') O. J. OllMUfrNSCHE VKKLAOSHASDLtJNfi. J. «ITTENTA«. VKRI.AfiSBl tHHANDLlNi; GEOKC HIlUIEIl. KARL J. TBCBNKB. VKIT f. ( ÜMI'.

Vorgetragen in der Gesamtsitzung am 14. November 1918. Zum Di'uok eingereicht am 27. Mai 1919. ausgegeben am 16. August 1919.

I. Der Parallelismus der Modi innerhalb der Attribute Ausdehnung und Denken.

I. Die Beweisfüliruiig für den Parallelitätssatz Ktli. II, pr. 7.

Spinoza gilt gemeinhin als Urheber der Lehre vom psychophysisehen Par- allelismiis, wonach Körperliches imd Geistiges nur verschiedene Erscheinungs- formen oder Seiten einer und derselben Wirklichkeit sind luul ihre Ver- änderungen demgemäß durchgängig parallellaufen. Selbst ein Kenner wie Freudenthal hält es nicht für nötig, dieser Behauptung Einschränkungen beizufügen, ausgenommen die, daß manches in Spinozas Darstellung dunkel Ideibe' eine Eigenschaft, die man schließlich auch der heutigen Lehre nicht abstreiten kann. Einzelne Spinozaforscher heben zwai- wesenthche Unterschiede hervor (s. u.), aber das historische Verständnis leidet an diesem Punkte meines Erachtens noch zu stark unter dem Hineintragen gegenwärtiger Anschauungen. Im folgenden soll ausgefiihrt werden, daß der Parallelismus zwischen den Modi der Ausdehnung und des Denkens, wie er im siebenten Lehrsatz des zweiten Teiles der Ethik behauptet wird, eine alte Lehre der aristotelisch-scholastischen Psychologie zum Ausdrucke bringt, deren Sinn mit dem des gegenwärtigen Parallelismus nichts zu tun hat. Hiermit soll natürlich nicht gesagt sein, daß der Satz von Spinoza ohne Rücksicht auf das brennende Zeitproblcm des Zusammenhanges zwischen Leib und Seele aufgestellt wäre - das Gegenteil liegt klar vor Augen , sondern nur, <laß seine Lösung des Problems erst aus jener alten Tradition verständlich werden kann.

Spinozas naturwissenschaftliche Studien uild der mächtige Eindruck der jungen mechanischen Naturerklärung hatten in ihm die Überzeugung

' Über die Entwickelunft dor Lehre vom psycliophvsischrn Pnrallelisrrms hoi .Spino/.i. Ati-liiv f. (I. )re.s.-mitf PsycLulogi«' H<1. I\. S. 74 (V.

1*

4 S T f :m 1' F :

von der geschlossenen Naturkausalität begründet, die kein Hineinwirken psychischer Kräfte dulde. Sie war noch verstärkt worden durch die vom Okkasionalismus erhobenen Einwendungen gegen die Möglichkeit einer Wechselwirkung zwischen heterogenen Substanzen. Auch die Lehre des Descartes hinsichtlich der tierischen Bewegungen als rein physikalischer Er- scheinungen und sein Hinweis auf die Reflexbewegungen, die sich auch beim Menschen ohne Zutun psychischer Funktionen vollziehen, wirkten sicherlich mit. Spinoza verweist gelegentlich auf die mechanischen Hand- lungen der Schlafwandler als Beispiele rein physisch bedingter und doch zweckmäßiger Handlungen'. Insoweit kann man auch wohl von einer ähn- lichen wissenschaftlichen Sachlage wie heute reden. Aber im Zusammen- hange des zweiten Teils der Ethik spielen diese Dinge keine Rolle. In der Begründung des Lehrsatzes ist von irgendwelchen empirischen Tatsachen, die durch diese Anschauung allein oder besser erklärt werden könnten, überhaujjt nicht die Rede.

Der Lehrsatz »Ordo et connexio idearum idem est, ac ordo et connexio rerum« wird gemäß der Anlage des ganzen Werkes metaphysisch, und zwar deduktiv begründet. Der Beweis ist in zwei Zeilen erledigt unsere heutigen Parallelisten können's nicht so kurz machen : »patet ex Ax. 4. p. i . Nam cujuscunque causati idea a cognitioue causae, cujus est effectus, de- pendet«. Das beliebte Q. E. D. fehlt, wie in ähnlichen Fällen kürzester, durch bloße Rückverweisung erledigter Begründungen.

Um zu verstehen, um was es sich hier handelt, ist zunächst daran zu erinnern, daß die negative Seite des Parallelismus, die Unmöglichkeit gegen- seitiger Einwirkung zwischen zwei beliebigen Attributen, bereits 1, 3 be- hauptet und bewiesen wurde. Dieser Satz lautete : » Quae res nihil commune inter se habent, earum una alterius causa esse non potest. « Der Beweis: »Si nihil commune cum se invicem habent, ergo (per Axiom. 5) nee per se invicem possunt intelligi, adeoque (per Axiom. 4) una alterius causa esse non potest. Q. E. D.« Das 4. Axiom, worauf dieser Beweis ebenso wie der zu

' Kthiea p. TU, prop. 2. schol. Im folgenden werden die Teile und Lehrsätze der Ethik in der abgekürzten Form III. 2 - III. Teil. 2. Lehrsatz zitiert. Der »Kurze Traktat- ist nach Sigwarts Übersetzung aus dem Holländischen (1870), die Briefe sind nach der neueren Numerierung, die übrigen Werke nach der 2. Gesamtausgabe von van Vloten und Land (1895) zitiert.

Spinozastttdi^n. 5

II, 7 gestützt wird, hat den Wortlaut: »Eflfectus cognitio a cognitione causae dependet, et eandem involvit. «

Für den Beweis zu I, 3 ist das Entscheidende der Zusatz des Kausal- axioms: et eandem involvit. Der Begriff der Ursache ist nach Spinozas rationalistischer Auffassung des Kausalverhältnisses in dem der Wirkung eingeschlossen. Das Ursachverhältnis fallt ihm zusammen mit dem des lo- gischen Grundes zu seinen Folgen. Wie der Schlußsatz nicht bloß nach den Prämissen, sondern aus ihnen erkannt wird, seine Erkenntnis also die der Prämissen einschließt, so schließt die Erkenntnis der Wirkung die der Ursache ein. Daher auch der stets wiederkehrende Ausdruck »sequitur« für »ist verursacht, geht real hervor«. Auch die Leugnung der Realität der Zeit hängt damit zusammen. Darum vermag Sjnnoza sogar das Ver- hältnis eines Attributs zu den darunter befaßten einzelnen Modi als Kausal- verhältnis zu fassen; ist doch der Gattungsbegriff in der Artxmd im einzelnen Ding enthalten. »Res ideatae ex suis attributis conse(iuuntur et conclu- duntur (11,6, cor.). Wir sind seit Hume's Kritik an eine andere Auffassung der Kausalität, zum mindesten im Gebiete des Naturerkennens, gewöhnt. Aber Spinozas ganzes Sy.stem steht und fällt mit dieser Fassung, und wir haben sie als eine Voraussetzung seiner Deduktionen zugrunde zu legen.

Von hier aus ist der Beweis zu I, 3 in der Tat einleuclitend. Denn wenn, nach der Voraussetzung des Lehrsatzes, zwei Dinge unter sich nichts gemein haben, in dem Sinne, daß der Begriff des einen den des anderen nicht einschließt, so folgt, daß keines die Ursache des anderen sein kann.

Spinoza spricht allerdings in I, 3 nicht direkt von den Attributen, auch nicht von Substanzen, sondern von res. Diesen Ausdruck gebraucht er al)er nicht etwa im Sinne von körperlichen Einzeldingen (wie später in II, 7), sondern in dem allerallgemeinsten Sinne von »etwas«, wofür auch wirkeine andere Melirzahlbildung haben als »Dinge«. Er wünscht dem Satz die größt- mögliche Allgemeinheit zu geben und ihn in dieser Form zu beweisen. Aber die nächste Anwendung, die er von dem Lehrsätze macht (im Beweise zu I, 6), ist die auf Substanzen: keine Substanz kann eine andere hervor- bringen. Und daß dasselbe auch für Attribute gilt, folgt ohne weiteres aus der Definition des Attributs als dessen, was der Verstand als das Wesen der Substanz ausmachend erfaßt, sowie aus dem Satze (1, 10). daß jedes Attribut für sich begriffen werden muß. Daß endlich auch die Modi ver- schiedener Attribute, d. h. die luiter ver-schiedene Attribute fallenden Einzel-

(i S T ij Ji I' 1' :

dinge oder Einzelvorgänge, nicht aufeinander einwirken können, folgt daraus, daß jeder modus nur den Begriff des Attributes, dem er zugeliört, einschließt'. So können z. B. Leib und Seele nicht aufeinander wirken, da die Seele unter das Attribut des Denkens, der Leib unter das der Ausdehnung fällt.

Dieses Negative also hat man bei dem 7. Lelirsatz des 2. Teiles bereits als feststehend vorauszusetzen. Er fügt nur das Positive hinzu, daß inner- halb der Ideen, d. li. der Modi des Attributs Denken, dieselbe (Ordnung und Verknüpfung stattfindet wie innerhalb der Dinge, d. h. der Modi des Attributs Ausdehnung. Der Beweis stützt sich auf das bereits herangezogene Kausal- axiom. Aber Spinoza braucht hier nur den ersten Teil des Axioms, nicht den Zusatz »et eandem involvit«. Setzt man im ersten Teil des Axioms für cognitio idea, so ergibt sich, daß die hlee der Wirkung abhängt von der Idee der Ursache. Faßt man weiter Ursache und Wirkung unter den allgemeinen Ausdruck res, so folgt, daß die Ideen voneinander nach der- selben Gesetzlichkeit abhängen wie die Dinge.

Rein formell wäre also alles in Ordnung. Der Sinn des Satzes aber wäre zunächst nur der, daß unsere p]rkenntnisse auseinander in derselben Ordnung und Verknüpfung hervorgehen wie die Dinge; uiul zwar könnte sich der Satz so verstanden nur auf eine ideale Erkenntnis beziehen, die deduktiv und fehlerfrei von den Ursaclien zu den Wirkungen fortschritte, nicht auf Schlüsse, die sich empirisch mit Hypothesen und Fehlgriffen nach und nach an die Ursachen herantasten. In Spinozas Ausdrücken: nur auf die adäquate, nicht auf die imaginative und konfuse Erkenntnis. Tatsächlich soll jedoch der Satz nach Spinozas Intention ganz allgemein Psychisches und Physisches einander zuordnen und wird in solch all- gemeinem Sinne weiterhin verwendet. Jeder Zustand unseres Körpers ist nach der Fortsetzung seiner Darstellung von einer inadäquaten, konfusen Idee dieses Zustandes begleitet, und die inadäquaten Ideen folgen sich mit derselben Notwendigkeit wie die adäquaten (II, 36).! Aber nicht bloß die Zu- stände unseres Kör2)ers, sondern auch jeder physische Zustand eines Körpers der Außenwelt soll eine Idee seiner selbst mit sich führen (II, 13 schol.). (Gegenüber einer solchen allgemeinen Verknüpfung und Parallelität der Ver- änderungen bilden die Fälle, wo es sich um wissenschaftliches Denken von

' 11.6 dem.: UTiiiiscn.jus(-|ue jittributi modi coneeptnm sui atti-ibtiti. iion atitem alterins invohuiit.

Sinnoznstiirlii'n. 7

der idealen deduktiven Form handelt und unsere Gedanken sich dem wirk- lichen Lauf der Dinge genau anschmiegen, verschwindende Einzelfälle, aus denen der Satz in seiner Allgemeinheit unmöglich gefolgert werden kann. Es bliebe, wenn nicht weitere Voraussetzungen dem Beweise zu Hilfe kommen, sehr wohl denkbar, daß die Parallelität sich auf diese Ausnahmefälle be- scliränkte, daß hingegen die meisten physischen Verändenmgen überhaupt ohne psychische Begleiterscheinungen erfolgten und daß die Vorstellungen im allgemeinen anderen Gesetzen folgten als die Dinge. Das stolze Q. E. D. würde nicht bloß der Form nach fehlen, sondern wäi'e auch sachlich niclit am Platze.

Hier greift nun das berühmte und liochbedeutsame Scholion des Lehr- satzes ein. Spinoza erinnert den Leser,' daß er hier vom göttlichen In- tellekt rede, und daß alles, was vom unendliclien Intellekt als seine Wesen- heit ausmachend (d. h. als seine Attribute, 1, def. 4) erfaßt werden kann, nur zu einer einzigen .'•Substanz gehöre, daß also die denkende und die ausgedehnte Subst^mz eine und dieselbe sei, die nur bald unter diesem, bald unter jenem Attribut verstanden werde. Das gleiche gelte von den Modi der Attribute, also von den einzelnen Seelen und Körpern. Eine und dieselbe Substanz aber so muß man den King schließen kann un- möglich zweierlei oder gar (in Anbetracht der unendlich vielen Attribute) unendlich vielen verschiedenen Gesetzlichkeiten der Aufeinanderfolge uifd Vorknü[)fung ihrer Zustände unterliegen.

Zugleich wird durch dieses Scholion der Parallelitätsgedanke ungeheuer erweitert. Denn wenn die Berufung auf die Eiidieit der Substanz überhaupt lieweiskräftig ist, so gilt das Gesetz der Parallelität der Veränderungen niclit bloß für ideae und res, die Modi des Denkens und der Au.sdehiuing (und zwar uneingeschränkt, da auf Gott bezogen alle Ideen adäijuat sind, II, 46), sondern auch für die Modi aller der unendlich vielen .sonstigen Attribute der göttlichen Substanz. Spinoza versäumt nicht, dies selbst hervor- zulieben. Der Lelirsatz liätte darum von vornherein in dieser allgemeinsten Fas.sung au.sgedrückt und im ersten Teil iles Buches, der von Gott und seinen Attributen im allgemeinen handelt, etwa im Anschluß an den 3. Lehr- satz, vorgetragen werden müssen. Warum dies nicht geschah, wird aus unseren weiteren Ausführungen hervorgehen

Zunäclist leidet aber das Gefüge der Beweisführung nun wieder an einer schweren Lücke. Denn wenn man überlegt, was für Spinoza nacli

8 S T u 31 r 1 ;

seinen bestimmlen Erklärungen der Begriff Substanz bedeutet, so büßt der Grundgedanke des Scholions seine sclieinbar so zwingende Schlußkraft wieder völlig ein. Substanz ist ja für ihn nicht, wie für die vorausgehende Philosophie, etwas die Attribute Durchdringendes, Bedingendes, Beherr- schendes, das ihre innere Einheit herstellte und sie damit zu einem gleich- förmigen Verhalten zwänge, sondern nur die Gesamtheit der Attribute selbst. «Die Substanz besteht aus den Attributen« heißt es immer wieder: »Gott oder alle Attribute Gottes'« usw. Auch die Lehre, daß jedes Attribut nur aus sich begriffen wird und nichts mit anderen gemein hat, führt zu der Folgerung, daß die Attribute den Begriff der Substanz nicht in sich schließen: denn sonst würden sie eben doch etwas gemeinsam haben. Gerade in dieser Fassung der Substanz als Gesamtheit der Attribute liegt eine der merkwürdigsten Unterscheidungslehren Spinozas gegenüber der gesamten aristotelisch-scholastischen Tradition, auch gegenüber Descartes ; ein Zug, der ihn als Vorläufer Humes und vieler Modernen erscheinen läßt.

Hieraus geht nun sclieinbar hervor, daß die Attribute bei Spinoza gewisser- maßen nebeneinander liegen, wie sich auch wirklich Zeller einmal aus- drückt', jedes gleichgültig gegen die anderen, ohne Wesenszusammenhang mit ihnen, daß das Wort Substanz nur ein Sammelname sei, der zur Ab- kürzung an die Stelle der unendlichen Reihe der Attribute gesetzt werde. Zweifellos wäre dann der Vorwurf berechtigt, daß Spinozas Ansicht über Leib und Seele doch schließlich auf einen krassen Dualismus hinauslaufe"' und seine Lehre von den unendlich vielen Attributen die Welt in unendlich viele unzusammenhängende Welten auflöse.

Wäre dies aber wirklich die richtige Auslegung, so würde nichts im Wege stehen, daß jedes Attribut auch seine eigene Gesetzlichkeit hätte, und daß die Ordnung und Verknüpfung der Modi ebenso unendlich mannigfach wäre wie die Attribute selbst. Statt der zwei miteinander gehenden Uhren bei Geulincx und Leibniz hätten wir zwei, ja unendlich viele, die recht

' I, def. 6: substantiam constantem infinitis attributis. I, lo schol.; constat infinitis attributis. Ebenso schon im Kuciien Traktat S. i6 und in den Anmerkungen S. 9 und 47, die jedenfalls Spinozas Meinung wiedergeben, wenn sie auch vielleicht nicht von ihm selbst herrühren. Auch im Anhange dieses Traktats S. 151 (Zusatz zum 4. Lehrsatz).

^ Geschichte der deutschen Philosophie, 2. Auflage, S. 638.

' Vgl. u. a. E. Bkciiku, Der Begrifl' des Attributs bei Spinoza (Abhandlungen zur Philo- sophie und ihrer Geschichte, herausgegeben von Benno Erdmann). 1905. S. 53.

Spinozastudien. 9

wohl im verschiedensten Tempo laufen könnten. Dafür ließe sich auch noch anführen, daß Spinoza vor der Abfassung der Ethik die Atti-ibute sogar selbst als Substanzen bezeichnete und daß es in dem Briefe an Simon de Vries vom Jahre 1663, also mitlen in der Abfassungszeit der Ethik, nach der Definition der Substanz heißt: »Dasselbe verstehe ich unter Attribut, nur daß die Bezeichnung Attribut auf den Verstand Bezug nimmt, welcher der Substanz eine solche bestimmte Natur zuschreibt^«

Nun schürft uns freilich Spinoza immer wieder, so auch gerade im Scholion des 7. Lehrsatzes, ein, daß jedes Attribut nur eine besondere Aus- drucksweise der nämlichen Substanz sei: »una eademque substantia per di- versa attributa explicatur, comprehenditur«. Aber eben der Sinn dieser Formeln, die man doch unmöglich mit K.Thomas'' als eine unaufrichtige Akkomodation deuten kann, muß aufgezeigt, und es muß ihre Vereinbar- keit mit der anderen Formel dargetan werden, wonach jedes Attribut nur aus sich begriffen werden kann. Dann erst kann man den ganzen Beweis des Parallelismus als schlüssig anerkennen, als schlüssig natürlich immer vom Standpunkt und unter den Voraussetzungen Spinozas. Denn nur um eine immanente Kritik kann es sich hier handeln.

Alles läuft darauf hinaus, daß ein innerer Wesenszusammenhang zwischen den Attributen bestehen muß, infolgedessen sie nicht unver- bunden, sondern nur in engster Zusammengehörigkeit innerhalb einer und derselben Realität existieren können.

2. Akt und Inhalt gemäß aristotelisch-scholastischer Psychologie.

Hier setzt eine neue Quelle der spinozistischen Parallelismuslehre ein, und zugleich diejenige, die sie von der heutigen durch eine unüberbrück- bare Kluft scheidet. Es ist die psychologische Bestimmung des Verhält- nisses zwischen Denken und Ausdehnung, wie sie vom 10. Lehrsatz des zweiten Teiles an entwickelt wird. Man muß Spinoza gewissermaßen rück- wärts lesen, d. h. das Frühere nach dem Späteren deuten. Erst die folgen- den Lehrsätze zeigen, was er mit den vorausgehenden will. Im ganzen ersten Teil spricht er überhaupt von den Attributen nur prinzipiell und im allgemeinen. Im Scholion zu I, 10 erwähnt er nebenbei, daß

' Näheres in der sorgfältigen Arbeit Bkchers, besonders S. 338". ' K. Thomas, Spinoza als Metaphysiker, 1840, S. 136 ff. I'Ml.-ftist. Abh. 1919. Nr. 4.

10 s

T U M I' I'

wir zwei davon kennen, folgert im 2. Korollar des 14. Lehrsatzes, daß aus- gedehntes und denkenden Ding entweder Attribute oder Modi Gottes seien, behauptet im Scholion des 15., im 14. bewiesen zu liaben, daß die Aus- dehnung eines der Attribute sei, führt im Beweise des 21. Lehrsatzes Den- ken als Beispiel eines Attributs an und setzt dies auch im Beweis des 31. und 32. Lelirsatzes voraus. Aber erst im IL Teil Lehrsatz i uild 2 werden die beiden Attribute als solche dargetan und gewissermaßen offi- ziell vorgestellt. In der Erläuterung des 7. Lehrsatzes selbst sind sie gleich- wohl immer noch bloß als Beispiele benutzt. Erst vom 10. Lehrsatz an werden sie der eigentliche Gegenstand der Darstelhmg. Der Weg vom All- gemeinen zum Besonderen, die synthetische Methode, wird konsequent fest- gehalten.

Wir erfahren jetzt, der menschliche Geist sei nidits anderes als die Idee des menschlichen Körpers, der menschliche Köri>er nichts anderes als das Objekt dieser Idee. Damit ist gesagt, daß die beiden Attribute und ihre Modi nicht nebeneinander liegen, sondern in innigster Wechselbe- ziehung zueinander stehen und daß diese Beziehung uns gegeben ist. Es bleibt zwar dabei, daß jedes der l)eiden ohne das andere gedacht werden kann und muß; der Begritf des einen schließt den des anderen nicht als Teil in sicli ein. Aber sie bilden gemeinschaftliche Glieder eines Ganzen und weisen ihrer Natur nach gegenseitig aufeinander hin.

Es handelt sicli für Spinoza um ein der damaligen Philosophie allge- mein bekanntes und geläufiges Verhältnis: das des Bewußtseinsaktes zu seinem Inhalt. In jedem Bewußtseinszustand, wie er der Selb.stwahr- nehmung gegeben ist, sind nach dieser alten Lehre beide Elemente zu un- terscheiden, und zwar laufen die wesentlichen Unterschiede und Einteilungen der Akte parallel denen der Inhalte, da sie durch diese in ihrer Eigenart bestimmt werden, um die Lehre und ihren ICinlluß zu verstehen, muß man auf die aristotelisch-scholastische Philosophie .zurückgreifen, die zu Spinozas Zeiten noch in weitesten Kreisen volle Autorität genoß.

Schon Plato, für den allenthalben die Stufenfolge in der \'ollkonimen- lieit des Seins sich mit der der wahrhaften Erkenntnis deckt (die fast nichtseiende Materie ist auch fast unerkennbar, Gott das fiejicnov /uäOtjfia), läßt auch die Unterschiede der immanenten Objekte genau parallel gehen mit denen der Erkenntnistätigkeiten. Vgl. besonders Kep. sogdff., wo der Untei'schied der eTrio-n'-i/ui] von der So^a durch den des wahrhaft Seienden

Splnocasfiiillfii. 1 1

vom sinnlich Einzelnen und die Untereinteilungen vörjais Siävoiaund iriaTis eiKaata wieder durch den Unterschied der direkt erscliauten von den l)loß in Bildern gescliauten (regenständen begründet werden. Ebenso wird im Theaetet die liöhere von der niederen Erkenntnis (Walirnehmung) da- durch unterschieden, daß diese auf das sinnlich Einzelne, jene auf die Koivd gerichtet ist.

Wie in dem Prinzip der Parallelität von Sein und Erkennbarkeit (der Natur nach), so folgt Aristoteles seinem Lehrer auch in dem der Parallelität zwischen Akt und immanentem Gegenstand'. voeTv und ai&ddvearßai sind llim verschieden, weil die votrrd (rä Ka66\ov) von den aloßiiTa (to. KciB'eKaaTov) verschieden sind, obsclion die votjTci für ihp nicht mehr gesonderten realen (iegcnständen entsprechen, sondern nur als Gedankendinge existieren. Der Unterschied der immanenten Gegenstände also bestimmt den der darauf gerichteten Akte.

Das Denken ist für Aristoteles ein Leiden durch das Intelligible, wie das Emj)finden ein Leiden durcli das Sen.sible. Der Verstand nimmt die intelligiblen Formen in sich auf, wie der Sinn die sensiblen, wenn auch die wirkenden vofjrä niclit draußen existieren, sondern in den sinn- lichen F^inzelvorstelluhgen der Möglichkeit nach enthalten sind und aus ihnen durch das ttoiijtikov erzeugt werden.

Im (Jebiete des Denkens selbst ist jeder Unterschied des (iedachten zugleich einer des Denkaktes, im Gebiete des Empfindens jeder Unterschied des Empfundenen einer des Empfindens. Hören und Selien sind verschie- tlene Tätigkeiten, weil Farben und Töne verschiedene Iidialtsklassen sind. Aristoteles schließt sogar einmal (De anima 426, a, ^7), das Hören müsse eine Art Verhältnis, etwas Relatives, sein, weil das Gehörte, nämlich der Zusammenklang {crv/jKfxovia), ein Verhältnis sei, Klang und Hören aber so- zusagen eins seien.

Selbst die emotionellen Akte unterliegen diesem (besetze: das sinnliche Begeljren ist seinem Wesen nach bestimmt durch das r]§v kcu Ävirtipov, das höhere Begehren durch da.s äyaO'ov Kai kukov.

Überall werden die Akte spezifiziert durch die immanenten Objekte.

' Am schärfsten ha.i Fr. Breniano (Psychologie des Aristoteles, bes. S. Soll"., .S. iijfl.) (h'e Durchfuhrung dieses Prinzips bei Aristoteles aufgezeigt.

2*

12 Stumpf:

Für Aristoteles ist durch die Verschiedenheit der Akte weiter auch die der Vermögen gegeben. Die Denkfähigkeit (vovs Svvdfjiei) ist von der Wahrnehmungsfähigkeit (aloOrjcris Bwäfiei) ebenso verschieden wie das wirk- liche Denken vom wirklichen Empfinden. Doch reduzieren sich hier die Unterschiede: nicht jeder Akt verlangt einen Unterschied des Vermögens. Das Vermögen zu Entgegengesetztem, z. B. zum Lieben und Hassen, ist das nämliche. Ja, sämtliche Denkakte entspringen nur dem einen Denk- vermögen.

Noch weiter erschließt Aristoteles aus den Hauptunterschieden der Akte auch die der Subjekte, den des körperlichen und geistigen Teiles der menschlichen Seele und den der vegetativen, sensitiven und intellek- tiven Seele. Hier geht also die Reduktion der Einteilungsglieder noch weiter.

Auch nach der Seite des Objektes liegt eine weitere Parallelreihe: den Sinnesinhalten entsprechen die Unterschiede der wirklichen Eigen- schaften der Außendinge. Der Sinn erfaßt die Formen der Dinge ohne den Stoff (424, a, 17 ff. ; 425, b, 23). Warm und Kalt, Trocken und Feucht, die 'i8ia aio-drjTO. des Tastsinnes sind zugleich die Haupteigenschaften der Körper (422, b, 25 ; 423, b, 26). Wegen dieser Parallelität meint Aristoteles sogar unsere Sinnesqualitäten als die einzig möglichen erschließen zu können (424, b, 2 2 ff.). Innerhalb eines Sinnes sind wieder die Empfindungsunter- schiede parallel denen der wirklichen physikalischen Vorgänge : ai Se 8ia(f>opa.i Twv \j/o(f)ovvTWU ev TW KUT evepyeiav \l/6(f)U) SrjXovvrai (420,3, 26 ff.). Das ö^v der Töne entspricht den kleinen, kurzdauernden, das ßapv den großen, langdauernden Bewegungen. Allgemein ist die Energie der Wahrnehmung und die des Wahrgenommenen dieselbe, und das Wissen ist eins mit seinem Gegenstande; darum entsprechen die Einteilungen des Wissens und der Wahrnehmung denen ihrer Gegenstände, der möglichen und der wirklichen'.

Diese Lehren sind mit der aristotelischen Philosophie überhaupt auf die Hochscholastik übergegangen. So lehrt Thomas von Aquino Summa theol. p. 1 qu. 14, art. 2 : Intellectus noster vel sensus informatur in actu per speciem sensibilis vel intelligibilis. Qu. 77 a. 3 : Oportet quod ratio potentiae di-

' 425,b,26; 426,3,15; 431, a,l; 43I,b,2lfF.: i) "^v^fi ra ovra irüs ea-n irävTa. ij yäp alcr6t]Ta ra ovra !] voijTii, ecm S' i) i'iTTKrTij /jt) ^ev eirio-Ti]Tä ttms, i; o' atirOiims ra altrOtiTÖ . . . TeuveTai ovv 1) im<TTi]iiij Ken i] uiaOtjcris tis to TrpäyfxaTa, t) fiiv Swä/jei eis Bvvafieis, i] c'evreXeyela eis ivre- \e^e/as k. t. \.

Spinozastiidicn. ' 1 3

versificatur, ut diversificatur ratio actus. Ratio autein actus diversificatur secundum diversam rationem objecti'. Die Einteilung der fünf Sinne, die Besonderheiten des menschlichen Erkennens gegenüber dem höherer Geister u. s. f. werden aus diesem Prinzip hergeleitet (qu. 79, a. 3, qu. 84, a. i, a. 7). Wie bei Aristoteles werden auch die emotionalen Akte demselben Gesetz unterstellt, wobei als Objekte die erstrebten Ziele gelten: Actus voluntarii speciem recipiunt a fine, qui est voluntatis objectum (S. theol. II, qu. 4, a. 3). An die Reihe der realen Objekte schließt sich aber hier noch eine weitere an: die der Ideen im Geiste Gottes. An der scholastischen Ideen- lehre ist Aristoteles nur durch den allgemeinen Gedanken beteiligt, daß die Ordnung der Welt im göttlichen vovs liege, wie die Ordnung des Heeres im Feldherrn (Met. XII, c. 10). Dagegen wurde Piatons Ideenlehre von der Scholastik in der neuplatonisch-augustinischen Umdeutung: Ideen = Ge- danken Gottes übernommen und weitergebildet. Jedes Einzelding ist durch eine Idee in (iott vertreten'. Aber nicht bloß die wirklichen, sondern auch alle bloß möglichen Dinge haben ihre Ideen ; jene erkennt Gott durch die scientia visionis (practica), diese durch die scientia simplicis intelligentiae (speculativa)^. Es ergibt sich so für die Scholastik folgendes Schema paralleler Reihen^: 1. Subjekte. 2. Vermögen. 3. Akte. 4. Inhalte = mentale Ob- jekte. 5. Reale Objekte. 6. Ideen Gottes.

' FIbenso Summa c. gentiles I, c. 47: Actus intellectus, siciit et aliartiin nniniae po- teatiarum, secnndum objecta distingniintiir. III, c. 139/140: Actu.s speciem i'eeij)iuiit ex ob- jectis (hier mit Beziehung auf die VV'illoii.sakte, die durch die vorgestellten Ziele spezifiziert werden). Und wieder ebenso Quaestioiies disputatae, IV. De anima, art. 13: Potentiae distin- guuntur per actus, et actus per objecta . . . Actus ex objectis speciem liahent (mit Rück- weisung auf Aristoteles und weitläufiger Hegründung). (Joudin, I'liilosi)|)hia Divi Thomae III. p. 30 formulieit das Gesetz .so: Potentiae animae speoificantur ab aetibus et objectis, ad quae de-stinanlur a natura: ab actibus quidem imniediate, ab objectis vero niediantibus actihus.

- Summa theol. I, qu. 15, u. 2: Unaquaequc autem creatura hab<'t piopriam speciem. secundum quod aliquo modo participat divinae essentiae similitudinem. Sir igitur inquantuiii Deus cognoscit suam es.sentiam .... cogiioscit eam ut propriaui rationem et id(^am liujus creaturae. Vgl. qu. 4, a. 2: Opoi'tet omnium rerum perfectiones praeexistere in Deo secundum emincntiorem modimi. (^u. 14, a. 6: <,)Mii!i|uid ])erfectionis est in (|uafuiii(|ue creatura, totuui praeexistit et continetur in Deo secundum modum excellentem. <^)n. 14, a. 11: Dens cognoscii singularia.

' Ib. qu. 14, a. 9: qu. 15, a. 3.

* Nocli eine weitere Parallelreihe bilden die lialiitus (dl«- aristotelischen tfeis), d. h. die von den Akten zurückbleibenden Dispositionen, Neigimgen, Fertigkeiten ia der Ausübuiin bestimmter Tätigkeiten. Doch könmien diese hier nicht in Botiacht.

14 ' S T i: !M I' l' :

Die am stärksten difFei-enzierte Reilio ist die letzte (der Natur nach erste); nacli i hin nimmt die Giiederzahl innerhalb der Reihen immer melir ab, wenn" auch i selbst bei den Scholastikern außer den aristotelischen Klassen noch die mehreren wesens\ erschiedenen Klassen der reinen Geister umfaßt. Überall aber laufen der einen Reihe bestimmte Gruppen der anderen parallel und sind durch sie determiniert.

xVuf die Parallelität von i und 3 bezieht sich die häufig angewandte Regel: »operatio sequitur esse« (die auch für nicht-psycliische Tätigkeiten gilt). Auf die von 4 und 5, indirekt auch \on 3 und 5, die Definition der Wahrheit als »adaequatio (conformitas) rei et intellectus'«.

Von den drei letzten Reilien sagte man auch, das nämliche Objekt sei im Geiste intentionaliter oder objectiv, in der Wirklichkeit formaliter, in Gott eminenter - Ausdrücke, die in gleichem Siim auch noch von Descartes' und dem jungen Spinoza ' gebraucht werden. Das mentale Objekt hieß auch si)ecies sensibilis und species intelligibilis (das durch den Sinn und den Verstand aufgenommene elSos des Aristoteles). Zwisclien ihm und dem realen Objekt besteht nach hochscholastischer, gleichfalls auf Aristoteles zurückgehender Lehre das Doppelverliältnis der Kausalität und der Ähn- lichkeit. Infolgedessen wird durch das mentale das reale Objekt wahr- genommen und erkannt. Das, worauf sich Wahrnehmen und Denken be- ziehen, ist nicht das mentale, sondern das reale Objekt; die species sind nur das, wodurch, aber nicht das, was wir erkennen. Erst wenn der Geist auf sich selbst reflektiert, wird er diese sjjccies gewahr. So lehrte wenigstens Thomas*; aber der Punkt gehörte zu den umstrittenen der Schule. Es regen sich hier die Keime der späteren Untersuchungen über die Erkenntnis der Außenwelt.

Unter den obigen Parallelismen ist der grundlegende, für die Erkenntnis erste und zentrale, der von 3 und 4 (bzw. nach dem eben (besagten 3 und 5). Dieser wird als direkt gegeben betrachtet. Von da werden nach beiden Seiten weitere erscldossen.

' Summa theol. I, i]u. 16, a. i und 2.

'^ Anhang zu den Objectiones sccundac (Definition 3 und 4).

' Principia pliiiosophiae Carte.sianae. 8. und 9. Axiom.

* S. besondere die wiclitige Ausführung Summa tii. 1. (|u. 85, :i. 2. .\uch in der Gottes- nnd Engellehve spielen <lie species intelligiliih's eine ivolie. \nl. i|u. 14. a. 2 nnd 12: (in. s^. a. I und 2.

Siiinozdstudlrii. 1 5

Diesen Komplex von Lelirsätzen üherliefcrt die Spätscliolastik, abge- sehen von der kritiscli-nominalistisclien Schule, in der Hauptsadie unver- ändert weiter. Auch Duns Scotus, sonst vielfach Thomas' Gegner, hält au den Paralielreihen prinzipiell fest'. Sie bilden einen eisernen Bestand der Lehrbüclier, ähnlich wie die metaphysischen Lehren von Materie und Form, von den lo Kategorien, den 5 Prädikamenten, den 3 Passiones entis. Über Kinzellieiten wird gestritten: ob die Seelenvermögen von der Substanz der Seele verschieden seien, ob ein intellectus agens anzunelimen, ol> die Seele beim Wahrnehmen und Denken rein passiv sei, und so fort. Aber das (u'uud- scheina bleibt.

Es ist auch noch das nämliche bei den Scholastikern der zweiten Hälfte des 16. und der ersten des 17. Jahrhunderts, die auf Spinozas Zeit und wissenschaftliclie Atmosphäre von allergrößtem Eintluß waren, wie den jesuitischen Kommentatoren des Aristoteles in (oimbra oder Fr. Toletus und Fr. Suarez". Nicht minder bei den Vertretern der Scliolastik auf deutschen

' Allerdings mit einer Kinscliränkuiig. wie sie seinci' distitigiiierenden Alt entspricht: di«,' Vermögen seien nnr exirinsece. nicht intrinsecc dnrch die Akte und Objekte unterschie- den. Aristoteles spreche nur von der Unterscheidung a posteriori seu per nianifestationem. In sich selbst .seien die Vermögen überhaupt nicht unterschieden, sondern identiscii mit der einheitlichen Natur der Seele, ((^uaest. (|nodlil>. 13 art. 3 fin. Opp. 1891 tl'. XX\' p. 507 11'. Dazu die Ausführungen des Kommentators III p. 687 IV. Auch Stöckl. Gesell, d. Pliilos. des >litU^laltei-s II. 845 11".)

'' P. F'onseca (einer derConinibricenses) ('omni, in libros metaphysicos Aristoteiis, 1599, T. I. p. 103: Kjns est actus, cujus est poteutia. p. 692: cum potentia, quemadmodum sumit speciem ab objecto, sie et nnitatem suniat. T. II. p. 841: I)i<endiuii, objecta esse mensuras, habitus aiitem et poteutia.s mensurata, ipiatenus objecta suapt" natura sunt normae ae regulae cogiiltionis veritatisque. habitus autem et potentiae i-egniala.

Fr. Toletus. Conun. in tii-s libms .\ristotelis de aniina. 1600. I". 68 (|u. 8: An potentiae et actus per objecta distingnanlur et deliniantui'. .Aul' diese Fi-age antwortet Toletus nach .Anfühning gegnerischer Einwürfe: In hac re philosophdrnni cnnsensns cii-ca dno. in nno autem discoiflia est. ("onveniunt pi-imo omnes. qnod del'i r)in n I u !• potentiiie per actus et objecta tanquani pi-r notiora nobis et ista sunt (listin<-tins potentiarnm secnnduni nos. Die schwierige Frage sei nur. ob die <>bjekti> und Akte irgendwie /iii- Form und iimeren Ui-saclie der Potenzen gehörieti. worin /. B. .Scotus und Thomas anseinaiidergingeM.

Wie man den allgemein /.ugesiandenen (inmdsatz im ein/einen anwandte, möge eine aufs (leratewohl herausgegrifl"ene Stelle des dicken Bandes zeigen, f. 128 wii'd die These disknticit: Phantasie und sensns communis seien dasselbe, weil sie das nämliihe Objekt hätten: diese Behauptung wird dahin richtiggestellt, daß die Pluintasie doch etwas hinzulüge. indem sie «la.s Objekt auch in seiner .\bwesenlieit erfas.se. .Also sei das Objekt doch nicht ganz das nnudiclii-: das höln-ri' X'iMinögcn erfasse dns()bjekl des niederen, abei' noch etwas

16 S T U M !• I- :

Universitäten, wie Scheibler (Gießen) und Martini (Wittenberg)'. Alle diese Autoren werden von holländischen Gelehrten, von Fr. Burgersdijck und dessen Schüler Heereboord. den Spinoza einmal erwähnt, als allgemein benutzte und maßgebende Quellen des philosophischen Studiums zitiert*. So fehlt es nicht an Quellen, aus denen Spinoza die Kenntnis der ununter- brochenen aristotelisch-scholastischen Tradition in Hinsicht des Parallelitäts- prinzips schöpfen konnte. Wenn sich auch in den mir zugänglichen Schriften der beiden soeben genannten holländischen Gelehrten keine ausdrückliche Erwähnung des Prinzips findet, so legt es doch Burgersdijck in seiner Darstellung der Psychologie, die die aristotelische Lehre mit nur wenigen

darüber hinaus. Toletus will also die Verschiedenheit der Phantasievorstellung von der Wahr- nehmung verteidigen, wagt aber nicht das oberste Prinzip für die Unterscheidung der Fähig- keiten zu bestreiten, sondern gibt ihm lieber eine ziemlich sophistische Auslegung.

Fr. Suarez Tract. de anima, Opp. 1856 ft'. III, p. 574 f. (die Vermögen spezifiziert durch die Akte), p. 578 no. 15: Actuum nomine hie intelligimus qualitates illas, quibus animae potentiae attingunt extrinsece sua objecta, quales sunt cognitiones et appetitiones in facto esse.... Actus immanens, ut est qualitas, sortitur speciem ab objecto, ad quod terminatur. *

' Chr. Scheibler, Liber de anima, 1614, p. 39 : Unde facultates illae differant. Kespon- detur breviter, quod inter se distinguantur per actus et objecta. Actus vero sumendi sunt ita ut teudunt ad objectum tale . . . Visiva ergo facultas e . g. differt ab auditiva, quia illa provenit ab actu respiciente objectum visibile, haec etc. Atque hoc est, quod dicitur: poten- tiae per actus et objecta definiri. Vgl. auch die Definition des Intellekts p. 399: quo res intelligibilis cognoscitur, sive apprehenditur et judicatur. An dieser Definition sei zweierlei zu unterscheiden: objectum und actio.

Jac. Martini, Partitiones et quaestiones metajjhvsicae, 1615, p, 82 f. unterscheidet Akt und Inhalt als conceptus formalis und conceptus objectivus (wie wir »Vorstellung- im Sinne des Vorstellens und des Vorgestellten gebrauchen). Beide gehen abei- jjarallel. For- fiialis enlm conceptus totam suam unitatem et rationem habet ab objecto . . . Objecta enim externa sunt mensura nostrao cognitionis et C(jnceptuum in anima. Cum igitur conceptus objectivus nihil alind sit quam objectum per (-(joceptum formalem apprehensum et cogaitum, si formalis conceptus est unus, quod etiam objectivus sit unus.

Aus desselben Verfassers Exercitationes ntAiles de anima, 1606. sei nur die Unterschei- dung des Velle uud Nolle als zweierlei Aktqualitäten aus diesem Gesichtspunkt hervorge- hoben (wie auch Chr. Wolff Voluntas und Noluntas scheidet) : Ut enim duplex est volun- tatis objectum, ita et duplex datur actio. Bonum igitur intellectum est objectum quod vult, malum intellectum est objectum quod non vult. (Exerc. XVI).

- Den Suarez nennt Heereboord »omnium metaphysicorum papa atque princeps«. Von dem Fürsten Aristoteles aber sagt er: »Solus Aristoteles regnum hodie tenet atque obtinet in scholis atque academiis, et ex eo ac connuentationibus in eum hodie philosophari consuevit Juventus.«

Spino^astudlfv . 17

Abweichungen bis in kleine Einzelheiten getreu wiedergibt', überall zu- grunde. So z. B., wenn er bezäglich der dem sensus communis zugeschrie- benen Fähigkeiten (Phantasie, Gedächtnis, Urteilskraft) die Verschieden- heiten der Objekte und Tätigkeiten nicht so groß findet, daß man darum mehrere verschiedene (irund vermögen annehmen dürfte". E!r glaubt das Unterscheiduiigsprinzip selbst eben gerade wegen seiner unbestrittenen Grel- tung stillschweigend voraussetzen zu dürfen.

I)aU das Friiizij) auch heute^ioch im alten Sinne V'ertii'tung findet, möge ncljcnbei er- wähnt wei-den. So hat Kranz Brentano, der von Aristoteles ansging. die Uriti'i-scheidung der psychischen Tätigkeit (des Aktes) von ihren immanenten Objekten mit Naclidruck wieder aufgenommen, sie als Hauptunterscheidungsnierkmal der psyehischen gegein'iber den physischen Phänomenen tjenutzt und die Verschiedenheiten dieser -Beziehung auf ein Objekt« seiner Ginteilung der Seelentätigkeiten zugrunde gelegt (Psychologie vom fnipirisclien Standj)unkte 1874, .S. 115. zöoff.l. Zwischen dem immanenten Gegenstan<l nnd dem daitinC gerichteten Akt besteht atich nach Bi-entano eine durchgängige Farallelität voi' allem in Hinsicht iliivi- .Stärke. In seiner Polemikjgegenjdie Annahme unltewußter psychischer Zustände heißt es .S. 157: -Die Intensität des Vorstellens ist immer gleich der Intensität, mit wi'lclu'r das \'or- gestellte erscheint, d. h. sie ist gleich der Intensität der Ki-scheinungen. welche den liilialt des Vorstellens bilden. Dies darf als selbstverständlich gelten und wird danmi f;ist ansnaliins- los von den P.sychologen und Physiologen entweder au.sdriicklich beliau])tet oder stillschweigend vorausgesetzt." Ks verhält sich nach Brentano ehen.so mit d('ni inneren Bewußtsein, d. li. der Vorsti'lluug. deren Gegen.stand eine psychische Tätigkeit selbst ist (der idea nientis des .•^pinoza). Das Si-ln-n imd die Voi-stelhing vom Sehen sind i-inaiuler der Intensitiit naeii V'leich (.S. 175 ff.).

Diese Lehi-e hält Brentano trotz mancher sonstiger Wandlungen in spätei-en Schril'icMi fest. Untei-s. z. Sinnespsychologie 1907. S. 65: ..So gewiß wir zwischen der eniptindenden Tätigkeit und dem. woiauf sie gerichtet ist, also zwischen Kmplinden und Hnipfinulenein zu unlei-scheiden haben .... so unzweifelhaft ist es doch, daß die Intensität des Empfindens und des Kmpfundenen. die Intensität des sinidichen Vorstellens nnd des sinnlich Vorgestellten imniei- und aufs genaueste einander gleich sein müssen. I.otze bat dies, nachdem es von gewisser .^eite verkannt worden war. neu und mit Nachdruck hervorgehoben.- S. 73: Die notwendige tileichheit der Intensität fiir Km]>tindeti und I^nipfundenes und iiberbaupt

' Collegiom physicum, 2. Aufl. 1637: Disj). 25 32. Im alphabetischen Katalog der Berliner .Staatsbibliothek i.st auch eine besondere .Schrift Burgersdijcks -De aninia huniana Lngd. 1628- angeführt, die hier von Bedeutung wäre. Sie ist aber unter den Bestünden nicht aufzufinden und hat sich auch in Holland nach Prof. Ueymans' Nachforsehungen nicht aiifu-eibcn lassen. Hr. Bibliotheksdirektoi- .Schwenke teilt mii- mit, daß der 'Titel aus dem alten Katalog des 18. .lahrhunderts in den gegenwärtigen herübergenonimen ist nnd die Schrift dort als Bestandteil eines Sammelbandes juristischer Disputationen aufgeführt war. Dieser .Sammelband wurde später aufgelöst; weiter läßt sich aber das Schicksal des Buches vorläufig nicht verfolgen.

* Vgl. o. Toletus über dieselbe Fi-age. Phil.-hüt. Abh: 1919. Nr. 4.

18 SruMi'f:

fiir jede psychische Tätigkeit und ihr inneres Olyekt. wo immer dasselbe selbst einer In- tensität teilhaft ist . .

Aber nicht bloß bezüglich der Stärke, auch in anderen Hinsichten betont hier Brentano die Parallelität. Ist das Empfundene ausgedehnt, so ist ihm auch der Empfindungsakt aus- gedehnt und hat dieselben Teile wie jener. "Jedem Teil des erfüllten .Sinnenraumes ent- sjjricht ein darauf bezügUcher Teil unseres Empfindens.« S. 66.

Lotze, auf den wir Brentano hinweisen hörten, hat (abweichend von seiner eigenen früheren Anschauung) im Mikrokosmus, in der Metaphysik und den verötfentlichten Vor- lesungen in der Tat gelehrt, daß bei den Sinnesempfindungen sowohl dem Inhalt wie der Tätigkeit Intensität zukomme und daß die Intensitäten des Aktes denen des Inhalts parallel gehen. Bei den Vorstellungen hingegen hat er Stärkeunterschiede überhaupt geleugnet. Mikrokosmus I S. 228 ff. Metaphysik S. 519 ff. Grundzüge der Psychologie S. 16.

Man sieht, wie bei diesen iieivorragenden neueren Psychologen das alte Parallelismus- prinzip und die Sj)ezifikation der Akte durch die immanenten Objekte sogar in einigen Beziehungen noch spezieller dui'chgeführt ist als früher. Seine Richtigkeit ist damit gewiß nicht erwiesen. Aber man begreift besser, daß es auch Spinoza in diesem Lichte erschien.

Sogar bei einem Forscher, der' die Trennung der Akte von den Inhalten scharf be- kämpft, Natorp, findet sich dasselbe Prinzip ausgesprochen in Hinsicht des Verhältnisses der Inhalte zum Bewußtsein überhaupt. Einleitung in die Psychologie nach kritischer Methode. 1888, S. 12: »Die Bewußtheit wird gewissermaßen bestimmt durch die Bestimmtheit des Inhaltes . . . Daher sind das fundamental Bestimmende eben die objektiven (inhaltlichen) P^inheiten.«

3. Denkeji und Ausdehnung = Akt und Inhalt. Kehren wir nun zu Spinoza zurück. Daß man ihn so wenig ohne die Scholastiker, wie diese wieder ohne Aristoteles verstehen kann, ist heute anerkannt. Wenn noch Sigwart meinte, in Spinoza sei »keine Spur von Scholastik« zu finden, wenn Trendelenburg und Kuno Fischer gleich- lautend behaupteten, er habe zwar viel gedacht, aber wenig gelesen, wenn Kusse noch 1886 eine lange Abhandlung über die Unterscheidung von esse und essentia bei Spinoza schreiben konnte, ohne mit einem Worte die das ganze Mittelalter seit Avicenna durchziehenden Verhandlungen über diese Unterscheidung zu erwähnen, so hat Freudenthal im Gegenteil nach- gewiesen', daß Spinoza, der zehn Sprachen beherrschte, sogar ungewöhn- lich viel gelesen hat und von den Scholastikern jedenfalls Thomas von Aquino und eine Anzahl Spätscholastiker aus dem Kreise der von Heereboord angeführten er selbst nennt sie in der Regel nur kollektiv scholastici, metaphysici, theologi kannte. Für jeden, der auch nur ein einziges

' Spinoza und die Scholastik. In der Festschrift: Philosophische Aufsätze, E. Zeller "Widmet. 1887. S. 83 ff.

Spinozastiidien. 1 9

der größereu scholastischen Systeme wirklich kennengelernt hat, lag es von vornherein zutage, daß Spinoza mit den Ausdrücken, Begriffen und Lehrsätzen dieser Epoche ganz gesättigt war und nur in ihren Formen überhaupt philosophisch denken konnte.

Aber das obige Schema erfährt bei ihm eine gewaltige Vereinfachung. Infolge seines pantheistischen Standpunktes gibt es nur ein Subjekt aller Zustände, Gott. Die Seelenvermögen streiclit er, da das einzige, was wir kennen, doch nur die wirklichen Akte seien: ein nominalistischer Zug innerhalb seines sonst extremen Begriffsrealismus'. Am anderen Ende der Reihe fallen die realen Dinge und die göttlichen Ideen in eins, da die Dinge nur als Inhalte des göttlichen Denkens existieren, ebenso wie die Denkakte nur als Akte dieses Denkens. Und so bleibt nur das zentrale Mittelstück des ganzen Schemas: die Unterscheidung der Akte von ihren immanenten Objekten, aber auf Gott übertragen, dessen Modi sie sind. Die Parallelität zwischen den Modi der Ausdehnung und des Denkens ist daher nichts anderes als die der immanenten Objekte und der darauf gerichteten Akte, wie sie seit Aristoteles gelehrt wurde.

Schon aus dem Scholion des 7. Lehrsatzes ergibt sich diese Deutung, obgleich hier die beiden Attribute nur als Beispiele benutzt werden. Einige Hebräer, sagt Spinoza, hätten das Zusammenfallen der Modi der Ausdelinung und des Denkens in Gott bereits wie durch einen Nebel gesehen, wenn sie behaupteten, Gottes Intellekt und die von ihm gedachten Dinge seien ein und dasselbe. »Beispielsweise ist der in der Natur existierende Kreis und die Vorstellung des exi.stierenden Kreises, die gleichfalls in Gott ist (quae etiam in Deo est), einunddieselbe Sache, nur durch verschiedene Attribute ausgedrückt. Deshalb werden wir, mögen wir die Natur unter dem Attribut der Ausdehnung oder dem des Denkens oder sonst einem betrachten, die nämliche Ordnung und Verknüpfung der Ursachen und der aufeinanderfolgenden Dinge finden.«

Hieraus geht klar hervor, daß die res, von denen Spinoza in seinem Lehrsätze spncht, die immanenten Gegenstände des göttlichen Denkens sind. Ihre Wirklichkeit ist nichts anderes als ihr Gedachtwerden durch Gott.

' I, 31 schol. II, 48 schol.: demonstratur, in Mente nullam dari facultatem absolutam intelligendi, cupiendi, amandi etc. Unde sequitur, ha.s et siniile.s facultates vcl prorsus fictitias, vel nihil esse praeter entia metaphysica, sive universalia, quae ex particularibus l'ürniare solemus.

3*

20 Stum.-i-:

Was iliin anderseits der Ausdruck idea bedeutet, sagt die dritte Deiiuition dieses Teiles und die ihr beigefügte Erläuterung: »Per ideam intelligo Mentis conceptum, (juem Mens format propterea quod res est cogitans.« Spinoza fügt erläuternd bei: »Dico potius conceptum (juam pcrceptionem', quia perceptionis nomen indicare videtur, Mentem ab ob- jecto pati: at conceptus actionem Mentis exprimere videtur.« Er legt also Gewicht darauf, daß unter dem Ausdruck Idee eine Tätigkeit des Geistes verstanden werde.

Zu dem Ausdruck conceptus selbst, den Spinoza liier fiir seine Meinung prägnanter als perceptio findet, kann man vergleichen die Definition des .1. Martini, Partitiones, 1615, S. 82: per conceptum form,alem intelli- gimus ipsum actum, quo intellectus rem alicpiam scni communem rationem concipit'.

Daß also Spinoza unter idea in dieser Definition und darum sich<'r auch in den auf die Ideen bezüglichen Lehrsätzen ^iY. dieses Teiles nicht den Denkinhalt, sondern den Denkakt versteht, scheint mir unleugbar. Er nimmt dabei sogar den Aktbegriff in einem engeren Sinne als die Aristo- teüker. Für diese bedeutete Akt nichts weiter als einen wirklichen Zustand im Gegensatz zu dem bloß möglichen, ganz im Siime der aristotelischen (ersten) Energie. Aber das Denken ist dem Aristoteles, wie das Empfinden, ein wirklicher Zustand des Leidens durch das Objekt. Dieses wirkt auf (las denkfähige Subjekt und verwandelt das bloß mögliche in ein wirk- liches Denken. Spinoza hingegen schließt sich mit anderen Schriftstellern

' Hiermit spielt er offenbar auf die Definition von idea bei Descartes im .\rihaiig(> zu den Objectiones seeiindae an. wo der Ausdruck perceptio gebi-aucht wii'd: eine Definition, die Spinoza selbst früher in seinen Principia philosophiae Cartesianae. Def. II. wörtlich wieder- holt hatte. Aber auch Descartes selbst saj^t anderwärts conceptus, Axioma X (bei Spinoza .AxiomaVI):in onuiis rei idea si ve concej)tu continetur existentia etc. Ebenso ResponsionesI": in eonmi oniniuiii. (|uae (-larc et distinctc inlelliguntnr, (^oneeptn sive idea existentiain pcssi- bileni contineri.

- Audi sonst u ird in den Lehrbüchern dieser Zeit viel von den conceptus gehandelt. Der Ausdruck gehört seit Abälard, dessen Begriffslehre öflers als Konzeptualismus bezeichnet wird, zu den Kunstaiisdrückeu der Scholastiker, scheint aber zu systematisch durchgeffdirter Verwendung erst in der späteren Zeit ijelangt z\i sein. Vgl. u. a. P. Fon.seoa, Institutionnni dialecticanim libri octo, 1610, p. 20.

Interessant ist eine Erklärung des Thomas, die die späteren scheu vorbereitet: (Juan- dncunque (intellectus) acfu intelligit. quoddam intelligibile foi-mat. quod est quaedam proles ipsius und« et mentis conceptus noniinatur (Declaratio quorundamarticuloi-um contra Graecos etc.).

SjniHiZiistitdicil. 21

seiner Zeit der in der skotistisclien Schule herrselienden Lelire von der Aktivitiit des P^rkenntnisvorganges an'. Um so weniger also ist daran zu denken, daß er l>ei idea nur den Inhalt des Vorstellens oder Erkennens im Auge liätte.

Worauf Spinoza mit dieser Lehre von der Aktivität des Intellekts zuletzt abzielt, ergibt die Weiterführung des Lelirgebäudes und seine Krönung durch die Theorie der Affekte luid des höchsten Affekts, des amor Dei intellectualis. Das adäquate Erkennen ist ihm ein agerc (III, 3 : V, 20 schol.), daher siiul auch die in solchem Erkeimen wurzelnden Affekte Tätigkeiten (V, 3), und das Erkennen Gottes ist höchste Lebensbetätigung (V, 18 dem.: quatenus Deum cont("mi)lamur, eatenus agimus).

Nur wenn man zugibt, daß idea im Sinne der Tätigkeit des Vor- stellens oder Erkennens gebraucht wird, versteht man auch den voraus- gehenden 5. Lehrsatz, wonach das formale Sein der Ideen (;ott zur Ursache hat, insofern er als denkendes Wesen betrachtet wird. Im gleichen Sinne wird am .Schlüsse des Scholions zum 48. Lehrsatz dieses Teils die Idee definiert als cogitationis coneeptus, und wird sie im Beweise des 5. Lehr- .satzes im Scholion zum 49. modus cogitandi genannt. Auch betont Spinoza bekanntlich gegenüber cartesianischen Theorien vom EinÜusse des Willens auf das Erkennen sehr, daß die Idee als solche bereits Zustimmung oder Verwerfung, Bejahung oder Verneinung in sich scldieße (idea, quatenus idea est, aftirmationem aut negationem involvere), welche doch nichts anderes als Funktionen, Akte sind"'*.

' Aucb Suai-ez hatte dieser Lehre vorsichtig zugestimmt. Tr. de an. Opp. III, p. 627.

Im Kurzen 'l'ral^tat wird einmal (II, c. 16. Sigw. .S. 105) ganz aristotelisch das Kr- kennen (Verstaan) ein bloßes leiden genannt. Dies wird daiiin erläntert. daß die Dinge .selbst (die vorgestellten Inhalte! den Ausschlag für Bejahung oder Verneinung geben. -Wir sind es niemals, die von einem Ding etwas bejahen oder verneitien. sondern das Ding selbst ist es. das in uns etwas von sich bejaht f)d('r verneint.- Dies stinunt durchaus mit der Er- kenntnislehre der Kthik überein: aber die Wendunj^, daß das Krkennen selbst darimi ein bloßes Leiden sei. wird dort veimieden.

"■' Spinoza lehrt in dieser Hinsicht .lusdrilcklich ein gegensei tiges Kinschließon von Vorstellen und l'rteilen. Im Beweise desselb(^n Ix'hi-satzes heißt es: Ilaec ergo aCfirinalio (daß die WinkelsMmrae des Dreiecks 2 R) sine idea trianguli nee esse nee coiicipi potest. l'orro liaec trianguli i<lea haue «-andeni ai'finnalioneni involvere (lebet. Diese Paradoxie ist nur lösbar, wenn man Statteines F.insehließens vielmehr völlige Identität setzt: wie er auch selbst hinzufügt: adeoqu<' haec .-itlinnatio ad pssentiani ideae Irianeuli pertinct ne<' aliud pr.ietr'r ipsam est.

22 S

TUM i> r

Spinoza selbst stand im Kurzen Traktat hierin noch auf Seite der Aristoteliker, wenn er das Erkennen (het Verstaan) ein reines Leiden nannte. In der Ethik dagegen macht er in dieser Hinsicht einen scharfen vSchnitt zwischen dem Erkennen und der bloßen Wahrnehmung, intellectus und imaginatio: «Intellectus per quem solum nos agere dicimur ima- ginatio per quam solum dicimur pati« (V, 40). Hierin folgt ihm, worauf Trendelenburg hinweist', Tschirnhaus in seiner Medicina Mentis, wenn er auch Spinoza aus P'urcht nicht erwähnt: er definiert den Intellekt als facultas concipiendi sub forma actionis, die imaginatio aber als facultas percipiendi sub forma passionis.

Endlich führt auch folgende Erwägung zu dem gleichen ?]rgebnis. Die beiden Attribute Ausdehnung und Denken, wie überhaupt alle Attribute, sollen nichts untereinander gemein haben, daher ganz unvergleichbar sein. Handelte es sich aber bei idea und res im siebenten Lehrsatz um den Unterschied der vorgestellten von den wirklichen Dingen, der vorgestellten von der wirklichen Ausdehnung, so würde man eine solche Unvergleich- barkeit vom Standpunkte Spinozas wenigstens entschieden nicht behaupten können; denn auch die vorgestellte Ausdehnung wäre Ausdehnung, ebenso wie das gedachte Denken Denken. Sie gestattet Linien zu ziehen. Gestalten zu konstruieren, die ganze Geometrie zu entwickeln. Es wäre der näm- liche Gegenstand, nur einmal im mentalen, einmal im realen Sinne ver- standen. Unmöglich kann also Spinoza unter den ideae und den res, wenn sie unvergleichbar sein sollen, die erscheinenden gegenüber den wirklichen Dingen verstanden haben. Es bleibt nur der Gegensatz zwischen Akt und Inhalt.

Eine Stelle aus der frühen Schrift »De emendatione intellectus« (p. 11) betont den Unterschied zwischen der Vorstellung und dem Vorgestellten: »Der Kreis ist nicht die Vorstellung des Kreises. Diese hat keine Peripherie und keinen Mittelpunkt.« Da aber Spinoza von dem Bewußtseinsinhalt (dem mentalen Objekt) hier ausdrücklich verlangt, daß er mit dem wirk- lichen Gegenstand durchaus übereinstimmen müsse (p. 13), so ist klar, daß auch da die Verschiedenheit nur gegenüber dem Bewußtseins akt ver- standen sein kann.

Daß Spinoza im zweiten Buche der EtJiik von dem gewöhnlichen Sprachgebrauch in Hinsicht des Wortes idea prinzipiell abweicht, wenn

' Historische Beiträge zur Philosophie Bd. Ill, S. 291.

Spinozastudit'n. 23

er ihn auf den Denkakt bezieht, scheint ihm selbst nicht entgangen zu sein; die Erläuterung der Definition im Anfange des Teiles weist darauf Iiin. Es war eine ähnliche Umdeutung, wie sie Piaton im Sophistes vor- nahm, als er den Ideen Bewegung und Leben zuerkannte. Ich möchte es sogar niclit für unwahrscheinlich halten, daß auf Spinoza in diesem Punkte der piaton isierende Jude Philo, dem die Ideen zugleich Kräfte sind, durch Maimonides' Vermittlung eingewirkt hat, muß aber die Prüfung den Kennern dieser beiden Autoren überlassen. Übrigens soll auch nicht be- hauptet werden, daß Spinoza selbst diesem Wortgebrauche in der Ethik stets treu geblieben wäre. Bei solcher Umdeutung eines uralten und auch in seiner Bedeutung seit Jahrhunderten feststehen<len Ausdruckes ist es fast unvermeidlich, daß die ältere Bedeutung gelegentlich wieder durch- schlägt. Solche Stellen würde ich also nicht als einen Einwand gegen die vorgetragene Auslegung des siebenten Lehrsatzes gelten lassen. Man scliickt einem ganzen Teil eines Werkes nicht feierlicli die Definition eines Ausdruckes, der in diesem Teil eine entscheidende Rolle S2)i('lt, voraus, um sie dann bei der Anwendung zu ignorieren und sich an eine Bedeutung zu lialten, die man in dieser Definition offensichtlich abgelehnt hat.

Im Deutschen geben wir diesen Begriff von idea am besten mit »Vor- stellungs- oder Denktätigkeit« wieder. Der Ausdruck cogitare hat bekannt- lich bei Spinoza wie bei Descartes einen viel weiteren Sinn; er bezeichnet Bewußtseinstätigkeit überhaupt, einschließlich der Gefühls- und Willensakte. Die ideae sind also eine besondere Klasse der modi cogitandi. Immerhin setzen jene emotionellen Bewußtseinszustände nach Si)inoza Ideen voraus und gründen sich auf solche'; ganz ebenso wie gegenwärtige Psychologen Vorstellungsakte als die Grundlagen des Fühlens und WoUens bezeichnen".

' . J.Axiom des J.Teils. Ebenso schon D«- intellectus emendatione am Schlüsse (8. These), und im Anhange des Kuraen Traktates.

' Vgl. Ixjsonders Brentano. Psychologie, S. 104 fl". In der F<»nnulieruug des IiilialLs- vci-zeichnis-ses : »Die psychischen Phänomene sind Vorstellungen oder imben Voretelkingepi zur Grundlage.-

Eben.so wie di<jscr Lehre der Vorwurf des Intellektu.i lisnius mit l'nreclit gemacht worden ist, da sie doch keineswegs die eigenartige Natur der emoti<»nellen Funktionen leugnet, ebenso unberechtigt erscheint mir dei-selbe Tadel gegen Spinoza. Baenscli iiciuil dessen Aflektenlehre in seiner Einleitung zur Übersetzung der Ethik S. XN'IIH'. »die iiußei-ste Konsequenz des Intellektualismus-, weil SpiuDza die Affekte selbst als lde<;n lasse. Aber Ideen sind eben doch nur die Grundlage, nicht das darübergebaute Wesen dei' Affekte. In der Willenslehre allerdings nähert sich Spinoza jenem Standpunkte stark durch die Behauptung.

24 S T U M I' F :

Hiernach bedeutet der Satz «Ordo et cojinexio idearum iflem rst ac ordo et connexio rerum«-: die Ordnung und Verknüpfung der göttlichen Vorstellungsakte ist die nämliclie wie die der gött- lichen Vorstellungsinhalte. Es ist der Parallelitätssatz der aris- totelischen Psychologie, übertragen auf die Gottheit, deren Modi die einzelnen Geister und Körper und ihre Zustände sind.

Auch darin folgt Spinozas Lehre der Tradition, daß die Objekte das Bestimmende sind, daß die Akte durch sie spezifiziert werden. Denn überall sind es die (Gesetzlichkeiten der Ausdehnung, die Naturgesetze der materiellen Welt, die Spinoza als maßgebend auch für den Geist und das Denken betrachtet, nicht umgekehrt'. Seine Lehre i.st in dieser Hinsiclit durchaus und konsequent naturalistisch, wenn sie aucJi nicht als Materialismus bezeichnet werden darf, sofern ihm das (Geistige gleich real ist wie das Physische'"'.

daß die Ideen in sich selbst schon ein Bejalien und Venieinen und daß diese Akte Willens- f'nnktii)nen seien, was er in dem Satze zusaininonlaßt: »\'i>luntas et intellectus ununi et ideni sunt.« Kr gebraucht hier den Ausdruci< voluntas mit Bezugnahme auf' Descarles' Erkeantnis- U;hre in einem ungewöhnlichen, nichtemotionaien Sinne und konnte sicli dies erlauben, nachdem er in die Definition des Intellekts selbst schon ein aktives Moment hineingenommen liatte, ähnlich wie Wundt in s<'inen Bogriil' der Apperception. Wird abei' Wundts Lelii-e darum gerade Voluntarismus genannt, so würde auch für Spinoza dieser Ausdruck zum mindesten so gut passen wie der des Intellektualismus. Bessei- aber, man sieht von solchen mehi'deiitigen Etikettierungen, wenn sie nicht gleichzeitig genau definiert werden, ab.

Im übrigen ist zuzugeben, daß Spinoza Affekte gelegentlich auch dii-ekt als Ideen bezeichnet, nicht bloß als auf Ideen gründend. .So V, 3 dem.: affectus. qui passio est. idea (!St conf'usa. Anderseits kommt auch in Betracht, daß in der' Ethik außer der Identifikation des WoUens mit den bejahenden Urteilen noch eine ganz andere Auflassung des WoUens aufti'itt. wonach es eine besondere Form des Grundaffektes der cupiditas ist. ein eouatus (appetitus) in suo esse perseverare (111,9. schol.). In diesem Sinne steht der Wille neben dem Intellekt (1,31: Intellectus . . . ut et voluntas. cupidita.s, amor etc. I. 32 dem.: Volunta.s «ertus tantum cogitandi modus est sicuti intellectus).

' II, 13, schol. : Von jedem Körper muß es notwendig in Gott eine Idee geben, und diese Ideen müssen sich untereinander ebenso untei-scheiden wie die Dinge selbst (idea.s inter se. ut ipsa objecta, diflerre) : die eine nmß vollkommener sein als die andei-e, mehr Realität enthalten usw. Fm dabei' zu eikennen, welcher Untei schied zwischen dem mensch- lichen Geist und den übrigen Geistern besteht, müssen wir die Natur des menschlichen Körpers untersuchen. Je tauglicher ein Köi-jier ist, vieles zugleich zu tun oder zu leiden. um so tauglicher der Geist, vieles zugleich wahrzunehmen usw. (Geküi-zt.^

'•' Spinoza wehrt sich in einem Briefe an Oldenburg (Ep. 73) ausdrücklich gegen die ihm von gewissen Leuten zugeschobene Lehi;e. Gott und Natur, worunter sie die körper- liche Materie verständen, seien identisch.

SpinozastudiPTi. 25

Wir verstehen jetzt auch, warum Spinoza die Lehre vom Parallelis- mus der Modi innerhalb der Attribute erst im zweiten Teile »De Mente« bringt. Er hätte sie, wie erwähnt, in ganz allgemeiner Form nicht bloß für Leib und Seele, Körperliches und (Geistiges, sondern fiir sämtliche unendlich vielen Attribute, als einen Lehrsatz der allgemeinen Gotteslehre aufstellen müssen; und der beigefugte Beweis würde in der Tat, wenn er überhaupt zwingend wäre, allgemeine Geltung haben. Lehrsatz und Beweis halten sich durchaus in der Sphäre des ersten Teiles der Ethik »De Deo«. Aber was Spinoza vorschwebte, war eben das psychologische Verhältnis von Akt und Inhalt, an welchem allein er den Parallelismus erläutern konnte, und hinsichtlich dessen eine von niemand bestrittene allgemeine Überzeugung bestand, so unbestritten, daß er besonders darauf hinzuweisen für überflüssig hielt. Wie und inwiefern er sich dieses Ver- hältnis auf die übrigen uns unbekannten Attribute übertragen dachte, werden wir weiter unten überlegen.

Ist dies das Verhältnis der beiden Attribute, so erhellt zugleich, wie- fern Spinoza dadurch die Forderungen erfüllt sehen konnte, die er an die Attribute überhaupt stellte: denn Akt und Inhalt sind erstlich heterogen, unvergleichbar, durchaus verschiedenen Begriffsregionen angehörend, dis- parater als irgendwelche Inhalte untereinander sein können; zweitens aber bilden sie gleichwohl eine untrennbare Einheit, sind nur Teilausdrücke oder Seiten einer und derselben Tatsache, die wir nur durch Abstraktion voneinander lösen können.

Ob es sachlich unbedingt richtig ist, daß man den Begriff des Aktes denken könne, ohne irgendwie auf den des Inhalts Bezug zu nehmen, ist freilich eine andere Frage. Es scheint hier vielmehr ähnlich zu stehen wie bei den Korrelativbegriffen: größer und kleiner, Vater und Kind u. dgl., die sich nach dem alten (von Brentano wiederaufgenommenen) Ausdruck in obliquo gegenseitig einscliließen' : das Denken der Ausdehnung die Ausdehnung Inhalt des Denkens. Aber jedenfalls Undet kein Einschluß in recto, d. h. in der Weise statt, daß der eine Begriff ein Merkmal des anderen wäre''.

' F.Brentano, Von der Klassifikation der psychischen Phänomene, 191 1, 8. 122 ff. 133.

' Gewis.se Analogien zu Spinozas Auffassung von dem Verhältnis der beiden Attriliutc bieten auch die aristotelischen Kategorien, die sämtlich Seiendes in vei'schiedenem Sinne des Wortes, unter verschiedene höch.ste Gattungsbegriffe Fallendes bedeuten und doch z.u- Phil..hist. Ahh. 1919. Nr. 4. 4

26 Stumpf.

Als lehrreiche Bestätigung für die enge Wechselbeziehung, in der sich Spinoza die beiden Attribute dachte, kann noch der Brief an Schuller vom 29, Juli 1675 herangezogen werden, wo Spinoza auf die Frage des Tschirn- haus, ob sich nicht ein positiver Beweis geben lasse, warum wir von Gott nur diese zwei Attribute erkennen können, eine Art Deduktion gibt. Er bezieht sich auf die Definition des Geistes als Idee des Körpers. Daraus folge, daß der Geist eben nur den Körper und sich selbst, Ausdehnung und Denken, erkenne. Das Gedachte als solches habe Gott zur Ursache, sofern er unter dem Attribute der Ausdehnung, das Denken als solches Gott, sofern er unter dem des Denkens betrachtet werde. Aus diesen beiden Attributen selbst aber könnten keine anderen erschlossen oder begriffen werden. Also könnten wir nur diese beiden erkennen.

Der Kern dieses Gedankenganges ist die enge Wechselbeziehung der beiden Attribute unter dem Gesichtspmikt von Akt und Inhalt, wodurch ein Drittes nach der Natur der Sache ausgeschlossen erscheint.

Eine gewisse Schwierigkeit bietet das Korollar des 7. Lehrsatzes, aber nicht nur für unsere Auslegung des Lehrsatzes, sondern für jede: »Hinc sequitur, quod Dei cogitandi potentia aequalis est ipsius actuali agendi poten- tiae. Hoc est, quicquid ex infinita Dei natura sequitur formaliter, id omne ex Dei idea eodem ordine eademque connexione sequitur in Deo objective. «

Dies klingt zunächst, als stellte sich Spinoza auf den theistischen Standpunkt, nach dem die wirkliche Welt aus Gottes Gedankenwelt durch Schöpfung äußerlich hervorgeht, ausgenommen, daß er den Begriff der zeit- lichen Schöpfung mit dem den Scholastikern auch keineswegs fremden einer fortlaufenden Schöpfung (conservatio in esse) vertauschte. Aber so kann es natürlich nicht gemeint sein. Gerade einige Zeilen vorher, im Korollar des vorangehenden Lehrsatzes, an welches das gegenwärtige offenbar anknüpft, hatte Spinoza noch betont, daß das esse formale der Dinge nicht darum aus Gottes Natur folge, weil Gott sie vorher erkannte, sondern daß die Dinge ebenso aus ihren Attributen folgen wie die Ideen aus dem Attribut des Denkens. Unter dem «Handeln« Gottes kann er also nicht das Nach- außensetzen oder die transzendente Verwirklichung eines Gedachten ver-

sammen eine reale Einheit bilden sollen; ferner das mögliche und das wirkliche Sein des Aristoteles, von dem das gleiche gilt: Aufstellungen, die Spinoza sehr gilt bekannt sein mußten, die freilich auch nicht von inneren Schwierigkeiten irei sind und die er selbst als aufklärende Analogien nicht anerkannt haben würde.

Spinozastudien. '21

stehen, sondern nur die Folge der wirklichen Dinge selbst, die den Inhalt des göttlichen Denkens bilden, nach den ihnen immanenten Gesetzen der Ordnung und Verknüpfung. Diese Abfolge deckt sich nach seiner Behauptung mit der Abfolge der göttlichen Denkakte.

Es ist wieder ein Seitenblick auf die Theologie, der ihn hier leitet; und wenn er die der alten Theologie entnommenen Ausdrücke cogitandi agendi potentia gebraucht, so bedient er sich ilirer eigenen Sprechweise und faßt neuen Wein in alte Schläuche. Eine potentia im alten Sinne, eine bloße Möglichkeit oder Fähigkeit des Denkens wie des Handelns er- kennt er ja überhaupt nicht an, schon beim Menschen nicht, noch weniger bei der Gottheit (s. o.) Das einzig Auffallende ist die beigefügte Erläuterung (hoc est . . .), worin er eine innerhalb und eine außerhalb des göttlichen Denkens bestehende Welt, ein esse objectivum und ein esse formale der Dinge, auseinanderzuhalten und zu parallelisieren scheint. Er muß hier die Ausdrücke, die nach der Tradition für das Verhältnis von 4 zu 5 gelten, auf das Verhältnis von 3 zu 4 übertragen haben, da tur ihn die FYage nach dem Verhältnis des Psychischen zum Physischen eben in die Frage nach dem Verhältnis des Aktes zum Inhalt übergegangen war. Die Klarheit der Darstellung wird allerdings dadurch beeinträchtigt.

Auch der folgende Lelirsatz 8 bedarf einiger Erläuterung. Spinoza spricht hier von den Ideen nicht wirklich existierender Dinge, die nach den Scholastikern und noch nach Leibniz außer denen der wirklichen Dinge im göttlichen Geiste befaßt sein sollen'. Auf Grund des 7. Lehrsatzes könnte nämlich der Einwand erhoben werden, daß zu diesen Ideen die parallele Reihe der Dinge fehle. Diesen Einwand vor Augen, antwortet er: »Die Ideen der nicht existierenden Einzeldinge oder Modi sind in Gottes un- endlicher Idee (seinem Denken) ebenso begriffen wie die formalen Wesen- heiten der wirklich existierenden Dinge in den (bezüglichen) Attributen (iottes«'. Zum Beweise zitiert er einfach das vorausgeliende Scholion.

Wir dürfen seine Meinung so verstehen: diese Gedanken des bloß Möglichen folgen mit derselben Notwendigkeit aus dem Denkattribut, wie

' Vgl. oben Thomas über die Scientia simplicis intelligentiae oder Suarez Opp. 1, 203 ff. über Gottes Erkenntnis des Xichtseienden, ja Unmögliclieii.

' Ideae renim singularitim. sive modorum, non cxistentiuni ita debent comprehendi in Dei infinita idea, ac rerum singularium sive modorum essentiae formales in Dpi attril)utis coiitinentur.

4*

28 S T u M p F :

j jeder beliebige Modus aus seinem Attribute folgt. Das göttliche Denken produziert sie neben den Gedanken der wirklichen Dinge. Aber auch sie haben ihre mentalen Objekte, ebenso wie andererseits die wirklichen Dinge nur mentale Objekte göttlicher Denkakte sind. In beiden Fällen also die- selbe Zweiseitigkeit von Akt und Inhalt. Der Unterschied ist ntir, daß die Denkinhalte im letzteren Falle auch das Merkmal des Seins neben der Essenz einschließen, im ersten B'alle nicht.

Das Kojollar dieses Lehrsatzes, gleichfalls sehr kurz gefaßt', bezieht sich offenbar darauf, daß dieselben Dinge, die jetzt wirklich sind, vorher unwirklich war'^n und nach einer gewissen Dauer auch wieder unwirklich sein werden. D^ -aus könnte wieder ein Einwand gegen die Parallelitäts- lehre geschöpft werden. Spinoza will daher erläutern, wie sich ein wirk- liches Einzelding von beschränkter Zeitdauer seines Daseins im unzeitlichen Denken Gottes darstelle. Seine Antwort läuft darauf hinaus, daß für die Zeitabschnitte der Nichtexistenz dieselbe Betrachtungsweise gelte wie für Dinge, die überhaupt niemals wirklich waren, sind und sein werden: es ist eben das Merkmal des Seins mit diesen Vorstellungsinhalten nur unter der Klausel einer bestimmten Zeitdauer verknüpft. Das Sein im allgemeinen, ohne Ansehung irgendeiner Zeitbestimmtheit, ist in keinem Begriffe irgend- eines Einzeldinges enthalten; nur die göttlichen Attribute und ihre Ge- samtheit, die Substanz, schließen dieses Merkmal in sich. Aber das endliche Sein während einer bestimmten Zeitspanne, das durare, denkt sich Spinoza allerdings als Merkmal eines wirklichen Einzeldinges, mit dessen übrigen Merkmalen es additiv verknüpft ist. In dieser Weise müssen die wirk- lichen Einzeldinge von begrenzter Zeitdauer im Geiste Gottes sein.

4. Geist und Körper nach Eth. II, pr. 1 1 ff. Vollends erhärtet wird die entwickelte Auffassung des Parallelitäts- satzes durch Spinozas Lehre vom menschlichen Geist und seiner Erkenntnis des eigenen Körpers und der Außenwelt, wie sie in den Lehrsätzen 1 1 bis 3 2 niedergelegt ist. War vorher von den Attributen und Modi der Ausdehnung

' Hinc sequitur, quod, quamdiu res singulares non existunt, nisi quatenus in Dei attributis comprehenduntur, earum esse objectivum. sive ideae, non existunt, nisi quatenus infinita Dei idea existit; et ubi res singulares dicuntur existere, non tantum quatenus in Dei attributis comprehenduntur, sed quatenus etiam dui-are dicuntur, earum ideae etiam existentiam, per quam dui'are dicuutur, involvent.

Spinozastudien. 29

und des Denkens nur als Beispielen die Rede, so rücken jetzt zum ersten Male diese beiden empirisch bekannten Attribute in direkte Betrachtung. Aber auch hier wieder immer vom Allgemeineren zum Besonderen gehend, deduziert Spinoza zuerst, daß das wirkliche Sein des menschlichen Geistes in der Idee irgendeines wirklichen Dinges bestehen müsse (ii), dann, daß der menschliche Geist alles erfassen müsse, was im Objekte dieser Idee, also in dem bezüglichen Dinge, vor sich gehe (12), weiter, daß dieses Objekt ein Körper sein müsse. Körper und Geist verhalten sich also zu- einander als Objekt und Idee, als Inhalt und Akt (13)'.

Als eine beiläufige Konsequenz wird hier erwähntv daß alles, wenn- gleich in verschiedenem Grade, beseelt sein müsse, da-^s von jedem Dinge notwendig in Gott eine Idee, also eine entsprechende Seele, geben müsse. Auch dieser Schluß geht also durch Gott hindurch.

Nach Ausfuhnmgen über die Körper im allgemeinen und den mensch- lichen Körper im besonderen wird bewiesen (15), daß der menschliche Geist aus vielen Ideen zusammengesetzt sei, wie der menschliche Körper aus vielen Teilkörpern, die nur durch die gemeinschaftliche Betätigung zu einem Ganzen verbunden sind (hierzu auch die 7. Definition dieses Teiles zu vergleichen). Unter dem menschlichen Geist oder der Idee des menschlichen Körpers versteht also Spinoza die Summe oder die Gesamtheit der psychischen Funktionen, deren Gegenstände die Teile des menschlichen Körj)ers sind. Um den Einwand auszuschließen, daß er hierbei nur die intellektuellen Funktionen berücksichtige, hat Spinoza bereits im 3. Axiom dieses Teiles darauf verwiesen, daß alle übrigen Bewußtscinsformen, wie Liebe oder Begierde, sich auf Vorstellungen gründen.

Die Existenz des eigenen Körpers wird uns gemeinschaftlich mit der Existenz fremder Körper gewiß durch die körperlichen Affektionen, die den Gegenstand unserer Vorstellungen bilden (16 bis 19). Der menschliche Körper ist ja nichts in sich Abgeschlossenes, sondern wird durch andere

' So sehr sich diese Definition der Seele von dem Geiste der Aristotelischen Definition entfernt, ist doch selbst darin ein Nachklang zu spüren; denn wenn Aristoteles und mit ihm die Scholastiker seit Alexander v. Haies die Seele als die Form des organischen Körpers definieren, Spinoza aber als die Idee des Körpers, so könnte man sagen, Spinoza habe nur die »erste Energie« des Aristoteles mit seiner -zweiten Energie- (woi unter Aristoteles be- kanntlich das Tätigsein verstand) vertauscht. Aber freilich ist durch den panthoistischen Standpunkt der Sinn der ganzen Definition auch sonst verändert, und ich glaube nicht, daß in diesem Punkte wirklich Aristoteles die direkte Grundlage gegeben hat.

30 Stumpf:

Körper fortwährend in seinem Bestand erhalten, durch sie gewissermaßen determiniert (vgl. auch 25 dem.). Gott hat also die Idee des menschlichen Körpers nur, sofern er zugleich eine Menge anderer Ideen hat; somit er- kennt auch der menschliche Geist den menschlichen Körper nur durch die Vorstellung seiner Aifektionen, in denen die Vorstellungen äußerer Körper bereits enthalten sind (19). Unter Aflfektionen versteht Spinoza hier offenbar das Affiziertwerden (affectiones, quibus corpus afficitur), wel- ches eben den Begriff des Affizierenden einschließt. Er verwendet in diesem Zusammenhang auch wieder den Parallelitätssatz, bei dem aber (wie auch in pr. 9 und 20) »rerum« bezeichnenderweise durch »causarum« ersetzt ist: er will den integrierenden Kausalzusammenhang der Körperwelt, hier speziell den zwischen unserem Körper und der Außenwelt besonders betonen \ Die Beweisführung des 19. Lehrsatzes zeigt wiederum, wie der Par- allelitätssatz auf den aristotelisch-scholastischen zurückgeht; denn wieder liält es Spinoza für notwendig, die göttliche Erkenntnis heranzuziehen, für

^ Hierzu vgl. aucli die ausführlicLen Erörterungen über die Notwendigkeit, sowohl das Körperliche als das Geistige als Teile des Natiirganzen zu verstehen, in dem Briefe an Oldenburg vom 20. November 1665 (ep. 32).

Mit Unrecht findet Freudenthal (s. die S. i erwähnte .Abhandlung) in dem Ausdruck »causarum« statt »rerum« in pi'. 9, 19, 20 einen Rückfall in die Wechselwirkungslehre. So unmittelbar nach Aufstellung des Parallelilätsgesetzes und mit ausdrücklicher Berufung darauf wäre ein solcher Rückfall doch unglaublich. In jnanchen Dingen lassen sich Widersprüche bei Spinoza nicht leugnen. Aber daß er im Kontext seines Parallelitätssatzes selbst, ihn als Bew eismittel zitierend, einen technischen Ausdruck so verstanden hätte, daß er das Gesetz direkt aufhebt, hieße an seinem gesunden Vei-stande zweifeln. Er nennt, meine ich, die res hier causae, weil die immanente Kausalität der Naturdinge sich uns so lückenlos und oifenbar darstellt, wie man es von der immanenten Kausalität des Geistigen nicht entfernt behaupten kann. Daß sie auch da vorhanden sei, glaubt er erst aus dem Parallelitätsgesetz selbst erschließen zu müssen. Für die heutige Parallelismuslehre steht es ja in dieser Be- ziehung auch nicht anders. Denkt man an die Begründung des Parallelitätssatzes durch das 4. Axiom, das die Erkenntnis der Wirkimg in gleicher' Weise von der der Ursache ab- hängen läßt, wie die Wirkung selbst von der Ursache abhängt (s. o. S. 4), so wird die gegebene Deutung noch einleuchtender. Sollte man aber trotz alledem annehmen, daß Spinoza hier unter causae die res als Ursachen der Ideen gemeint hätte, so könnte ich es nur so verstehen, daß die Akte (Ideen) durch die Objekte determiniert, spezifiziert sind. Wir wissen, daß das Kausalverhältnis für Spinoza nichts anderes ist als ein logisches Ab- hängigkeitsverhältnis. Daraus folgt nun allerdings nicht, daß jede logische Abhängigkeit auch schon ein Kausalverhältnis wäre. Inmierhin könnte man annehmen, daß der Kausal- begriff hier wirklich so weit gefaßt sei, daß er mit dem der logischen Abhängigkeit zu- sammenfiele. Aber die Deutung wäi-e weit weniger wahrscheinlich und ungezwungen wie die obige.

Spinozash/ffien . H 1

die die wirklichen Körper immanente Objekte, die wirklichen Geister aber die zugehörigen Vorstellungsakte sind. Von da aus schließt er erst auf das menschliche Denken und sein Verhältnis zur Außenwelt.

Von den einzelnen Teilen unseres Körpers, deren Affektionen Gegen- stände unserer Vorstellungen sind, besitzen wir allerdings, das betonen die Lehrsätze 24 bis 28, soweit nur die gewöhnliche, auf Wahrnehmung des einzelnen gründende p]rkenntnis in Betracht kommt (quoties ex communi naturae ordine res percipit, 29 cor.) keine adäquate, sondern nur eine konfuse und verstümmelte Erkenntnis; und dies gilt infolgedessen auch für die äußeren Körper sowie fär die Erkenntnis des Geistes, die auch nur durch die Ideen der körperlichen Affektionen möglich ist. Diese konfusen Vor- stellungen sind »gleichsam Schlußsätze ohne Vordersätze« (28 dem.), näm- lich ohne Evidenz. Nur von dem, was vielen einzelnen gemeinsam ist, können wir, wie Spinoza alsbald (38 ff., III, 3) ausführt, adäquate Erkennt- nisse haben.

Demnach ist also der menschliche Körper als Ganzes der Gegenstand des auf ihn gerichteten Geistes als eines Ganzen, jeder Teil aber wieder Gegenstand eines auf ihn gerichteten Vorstellungsaktes. Die Leber, die Milz sind, um es einmal konkret zu machen, Gegenstände dunkler, auf diese Organe gerichteter Vorstellungen ; und vielleicht dachte sich Spinoza dies bis ins kleinste durchgeführt, sei es, daß er aktuell kleinste Teile anerkannte oder die Teilung physisch wie psychisch ins Unendliche gehen ließ. Der individuelle Geist ist die Ge.samtheit aller dieser gleichzeitigen Vorstellungsakte, die untereinander in gleicher Weise zusammenhängen wie die Körperteile. Spinoza begnügt sich aber mit der Formulierung der all- gemeinsten Folgerung aus seinen Grundsätzen. Sie näher auszuführen, wider- strebte ihm wahrscheinlich darum, weil er auf diesem Wege immer tiefer in das Gebiet unkontrollierbarer Phantasien geraten wäre.

Selbstverständlich drängen sich gegenüber dieser Formulierung des Parallelismus eine Menge kritischer Fragen auf, und zwar nicht nur vom Standpunkte der heutigen Philosophie, der diese Psychologie und Erkennt- nistheorie äußerst primitiv erscheinen muß, sondern auch von dem Spinozas selbst, auf den es hier allein ankommt. Denn wenn er den menschlichen Geist auch sich selbst imd seine Tätigkeiten, ja auch die göttliche Wesen- heit erkennen läßt, so sind damit noch andere Bewußtseinsinhalte als die körperlichen Vorgänge zugegeben und erscheint die Definition des mensch-

32 Stumpf:

liehen Geistes zu eng. Vielleicht hätte Spinoza geantwortet, die Defini- tion müsse nur das enthalten, was allgemein und immer dem Gegenstande zukomme, also das Minimum, das auch im unentwickelten Zustand der mensch- lichen Seele vorhanden sei, und hätte sich dabei auf den Vorgang des Aristoteles berufen, wenn dieser die menschliche Seele als Form des or- ganischen Körpers definiere, obgleich er ihr einen immateriellen Teil zu- erkenne. Wir wollen darüber nicht weiter mit ihm rechten. Erkenntnis- theoretisch aber entsteht, abgesehen von dem Außenweltsproblem', sofort die Frage, wie es überhaupt noch Täuschungen und Irrtümer geben könne. Spinoza macht sich denn auch sogleich, noch im zweiten Buch, an ihre Lösung. Aber diese Ausführungen gehören zu dem dunkelsten Teile seiner Lehre, und der Zusammenhang unserer Betrachtungen nötigt uns nicht, darauf ausführlicher einzugehen. Nur weil und insofern der Ausdruck idea hier wieder eine große Rolle spielt, sei einiges in dieser Richtung beigefügt.

5. Wahrheit und Falschheit nach Eth. II, pr. 320".

Die Falschheit in unseren Ideen ist fär Spinoza nur eine »Privation« dieselbe Formel, mit der die Scholastiker das Übel aus der gottge- schaffenen Welt hinwegzuschaften suchten; der Begriff selbst wieder nach Aristoteles {aTepijcrts). Falsch können nur unvollständige, verstümmelte Ideen sein (II, 33, 35). Für die Wahrheit aber war zunächst im ersten Teil die alte Regel gegeben: »Idea vera debet cum suo ideato convenire« (Ax. VI). In der 4. Definition des 2. Teiles wird dann als adäquate Idee die erklärt, die alle inneren Merkmale (denominationes intrinsecas Ter- minus der scholastischen Logik) einer wahren Idee an sich trage. In der Erläuterung dieser Definition betont Spinoza, er sage innere Merkmale, um das äußere, nämlich die Übereinstimmung der Idee mit ihrem Gegenstande auszuschließen. Er beweist im 34. Lehrsatz noch besonders, daß jede adäquate Idee zugleich wahr ist, und gebraucht fürderhin stets adäquate und wahre Idee als äquipollente Begriffe. Von dem überlieferten äußeren Kriterium macht er zwar in den Beweisführungen I, 30, 11, 32 und sonst öfters Ge- brauch; aber es ist ihm nur eine Formel für die Tatsache der Wahrheit, während der Sinn des Begriffes selbst ihm ein anderer geworden ist. Dies war ja auch die notwendige Folge der Wandlung, die mit dem Ver- hältnis 4 zu 5 vor sich gegangen war: früher war dieses charakterisiert

Spinozastuff ie?i . 33

durch die Doppelbeziehung der Kausalität und der Ähnlichkeit (s. o. S. 14); die wahre Vorstellung war ihrem Inhalte nach dem realen Objekt als ihrer Ursache ähnlich und darum wahr. Auch das Ding selbst wurde wahr ge- nannt, sofern es der göttlichen Idee dieses Dinges, woraus es hervorgegangen, ähnlich war. Für Spinoza gibt es aber weder das Kausalitäts noch das Ähn- lichkeitsverhältnis zwischen einem äußeren und einem mentalen Objekt, da beides in Gott zusammenfällt. Also kann eine conformitas rei et intellectus nicht mehr mit »Wahrheit« gemeint sein. In der Tat tritt ein inneres Kriterium an die Stelle. Es ist dasselbe, das wir heute Evidenz nennen. Die Frage nach der Definition und dem Kriterium der Wahrheit stand im engen Zusammenhange mit der ganzen Entwicklung Spinozas. Schon in der Schrift von der Verbesserung des Verstandes macht sich der neue Standpunkt bemerkbar. Er geht hier geradezu davon aus, daß die wahre Vorstellung von ihrem Gegenstande verschieden sei (s. o. S. 22). Von der Vorstellung als solcher (dem Akt) könne man zwar ein Wissen haben und von diesem Wissen auch wieder ein Wissen; aber zur Gewißheit über irgendeinen Inhalt brauchten wir dieses reflektierte Wissen nicht. Sie sei in und mit dem bewußten Inhalte bereits gegeben. Somit bedürfe die Wahrheit keines Kennzeichens. Die Ausführungen der Ethik II, 3 1 ff. kommen auf dasselbe hinaus. Zunächst werden alle Ideen in Gott als wahr erklärt, weil sie mit ihren Ideaten fibereinstimmen eine Verbeugung vor dem altehrwürdigen äußeren Kriterium. Aber im Scholion des 43. Lehrsatzes (in den Scholien erst erkennt man den lebendigen Puls der (Jedanken und zugleich gegenüber der Starrheit der Lehrsätze und syllogistischen Demonstrationen noch zuweilen das Ringen mit den Problemen) erklärt Spinoza, eine wahre Vorstellung haben, bedeute nichts anderes, als eine Sache vollkommen verstehen, und ehe man wisse, daß man über eine Sache gewiß sei, müsse man eben über die Sache gewiß sein , ganz dasselbe, was wir soeben aus der Schrift De emendatione int. hörten. »Was kann es Klareres und (rewi.sseres geben, das die Norm der Wahrheit wäre, als eine wahre Vorstellung? Wahrlich, wie das Lieht sich selbst und die Dunkelheit offenbart, so ist die Wahrheit die Norm ihrer selbst und des Falschen«'. Auch hier also ist der Weisheit Schluß, daß es

' Dieselbe Wenduiig im Kui-zen Traktat, II, c. 15, Sigwart S. 99, und in dein Brief an Burgh (Kp. 76), worin Spinoza diesem unduldsamen Konvcrtiti.Mi, seinem früheren Schüler, so wundervoll den Text liest.

Phil.-hi»t. Abh. 1919. i\>. ^. 5

34

1 TUMPF :

überflüssig sei, ein Kriterium der Wahrheit zu suchen; es liege einzig in der unmittelbaren Evidenz des Wahren in sich selbst. Von der Überein- stimmung des Vorstellungsinlialtes mit der Wirklichkeit ist nicht mehr die Rede.

Spinoza baut hier offenbar auf Descartes weiter, der bereits vollkommene Klarheit und Deutlichkeit als Kennzeichen der wahren Vorstellungen auf- gestellt hatte. Die Erkenntnis bricht sich Bahn, daß eine Vergleichung der Vorstellungsinhalte mit der Wirklichkeit ausgeschlossen ist, da uns niemals etwas anders als in der Form des Vorstellungsinhaltes gegeben sein kann. Ohnedies waren das convenire, die conformitas oder adaequatio von jeher recht mehrdeutige Formeln gewesen.

Soviel nur, um zu zeigen, wie auch diese letzten Ausführungen des 2. Teils, zu dem wir gewissermaßen einen fortlaufenden Kommentar ge- geben haben, unserer Deutung des Parallelitätssatzes zum mindesten nicht widersprechen.

6. Die spinozistische und die gegenwärtige Parallelitätslehre. Vergleicht man mit der im vorigen erläuterten Parallelitätslehre die gegenwärtige, so springt der ganz prinzipielle Unterschied in die Augen. Der Parallelismus im Sinne der gegenwärtigen Psychophysik, wie ihn Fechner zuerst formuliert hat, will und kann vom wissenschaftlichen Standpunkte nur als Hypothese gelten, die zwei Tatsachengruppen in Zusammenhang bringt'. Das Bewußtsein mit seinem ganzen Inhalt steht auf der einen, psychischen Seite, die physischen Vorgänge auf der anderen. Für Spinoza dagegen sind sowohl die beiden Glieder als auch ihr Verhältnis zueinander dem Bewußtsein unmittelbar gegeben: die res als die anschaulichen Bewußtseinsinhalte, die ideae als die zugehörigen Bewußtseinsakte, und das Verhältnis eben als das des Inhalts zum Akt, das in seiner Einzig- artigkeit selbst eine gegebene Bewußtseinstatsache bildet. Sein Parallelitäts- gesetz ist rein eine Angelegenheit der deskriptiven Psychologie (Husserl würde sagen: der Phänomenologie, da es a priori durch »Wesensschauung« begründet wird). Man könnte auch sagen, Spinozas Parallelismus sei ein

' Vgl. B. Erdmann, Wissenschaftliche Hypothesen über Leib und Seele, und meinen Kongreßvortrag »Leib und Seele«, Philosophische Reden und Vorträge (bes. S. 90 ff.): zugleich Beispiele für die Verschiedenheit der schließlichen Stellungnahme bei gleicher Auffassung der methodischen Seite,

Spinozastvdien. 35

immanenter, der heutige ein transzendenter, sofern nämlich im Sinne des heutigen die Bewußtseinssphäre überschritten und eine äußere, davon unabhängige Welt postuliert wird, deren Veränderungen denen der Bewußt- seinsinhalte parallel gehen bzw. ihre reale Unterlage bilden.

Die Außenwelt selbst ist ja für die heutige Weltansicht, wenigstens für die realistische, genau betrachtet aber auch für die phaenomenalistische (Mach, Ziehen), wissenschaftlich gesprochen eine Hypothese. Die Gehirnvor- gänge, als deren Innenseite die parallelistische Hypothese das Psychische an- sieht, sind überdies in vieler Beziehung noch unbekannt; und sogar über die Definition der physischen Vorgänge überhaupt sind in der theoretischen Physik die Akten noch keineswegs geschlossen. A priori kann nun zwischen den beiden Tatsachengruppen: der unmittelbar gegebenen des Bewußtseins und der erschlossenen der physischen Vorgänge, jedes beliebige Verhältnis obwalten, Wechselwirkung ebenso wie Parallelismus und reale Identität. Nur eben was an Erfahrungen und Sclilußfolgerungen über die Gehirnvorgänge und ihre funktionellen Beziehungen zu den psychischen Zuständen vorliegt, das läßt sich nach der Meinung der Parallclisten besser mit dieser ihrer Auffassung als mit einer anderen in Einklang bringen.

Der heutigen Parallelitätslehre hat man vielfach den Vorwurf des Dualismus gemacht. Wenn kein Einfluß herüber und hinübergeht, scheint jede der beiden Welten die andere überflüssig zu machen. Die physische würde gerade so verlaufen, wenn ihr psychisches Aequivalent gar nicht existierte, und umgekehrt. Die innere Notwendigkeit, die beide Erscheinungsgruppen miteinander verbinden soll, kann nicht aufgezeigt werden. Wie dem sei: gegenüber Spinoza ist dieser Vorwurf des Dualismus zum mindesten für die Attribute Ausdehnung und Denken unberechtigt. Sie liegen für ihn nicht unverknüpft und beziehungslos nebeneinander, sondern bilden not- wendig ein Ganzes und sind nur in diesem allerengsten Verhältnis zuein- ander überhaupt möglich. Dies ist das Wesentliche, das hier zu er- weisen war.

Ausgegangen ist Spinoza freilich von der durch Descartes' Weclisel- wirkungslehre gegebenen Problemstellung, wie er denn bekanntlich diese Lehre selbst noch im Kurzen Traktat vertritt'. Aber das ursprüngliche

' 11, c. 19. Er läßt hier zwar Leib 'und Seele nicht direkt aufeinander, aber jedes von beiden auf die •Lebensgeister« einwirken und so indirekt auch das andere beeinilussen. Die Lebensgeister spielen in der Kthik keine Rolle mehr. Die heutige Wechselwirkungstheorie

36 S T u M I' F :

Problem hat sich ihm infolge seiner metaphysischen Prämissen verschoben, ebenso verschoben wie das Problem der Außenweltserkenntnis, wie es Des- cartes aufgeworfen hatte. Die Zweifel an der Existenz der Außenwelt, mit denen der Vater der neueren Philosophie anhebt, scheinen bei Spinoza niemals Widerhall gefunden zu haben. Nirgends tritt das Bedürfnis her- vor, sich in diesem Punkte gegen den .Skeptizismus zu verteidigen und ihn zu überwinden. Eben darum aber, weil die beiden unter sich zusammen- hängenden und die Entwicklung der neueren Philosophie beherrschenden Probleme für Spinoza so gut wie verschwinden, hat er auch keinen Ein- fluß auf die philosophische Entwicklung der nächstfolgenden Zeit gewonnen.

Mit dieser Verschiebung des psychophysischen Grundproblems hängt auch zusammen, daß Spinoza kein Interesse hat an der näheren Erforschung derjenigen Gebilde und Prozesse, die wir heute als die alleinigen unmittel- baren Unterlagen des Seelenlebens zu betrachten pflegen, der Gebilde und Vorgänge des Gehirns. Das Gehirn war schon im Altertum mehr als ein- mal als der eigentliche Träger oder Vermittler des Bewußtseins in Anspnich genommen'. Auch in der Spätscholastik wird oft lebhaft über seine Rolle bei den Sinnesempfindungen disputiert (Suarez u. a.): und bekanntlich hatte Descartes speziell die Zirbeldrüse als Sitz der Wechselwirkung vermutet. Gegen diese Vermutung polemisiert Spinoza einmal (V, praef.) nachdrücklich, hat aber seinerseits keinen Anlaß, irgendeinem Teile des Körpers eine engere Beziehung zum Seelenleben als den übrigen Teilen zuzuerkennen.

Die sachliche Berechtigung jener Thesen der aristotelisch-scholastischen Psychologie, die Spinoza seiner Parallelismuslehrc zugrunde legt, würde allerdings von der heutigen Psychologie keineswegs ein.stimmig anerkannt werden. Wird doch schon die Notwendigkeit, Vorstellungsakte von Vor- stellungsinhalten zu scheiden, von vielen bestritten. Der Verfasser selbst ist zwar für die Unterscheidung von Erscheinungen und psychischen Funk- tionen, die im wesentlichen auf den Unterschied von Akt und Inhalt hinaus- kommt (nur daß der Begrifl" des Inhaltes mehr umfaßt als der der Er- scheinungen) eingetreten. Aber eine Parallelität beider Elemente schien mir

steht der des Traktats insofern nahe, als auch sie ja keine unmittelbare Wechselwirkung der Seele mit den Knochen und Muskelbündeln lehrt. Sie sef/.l nur an die Stelle der Lebens- geister das Nervensystem und seine Prozesse. Abej- auch die Lebensgeister waren als mate- rielle Flnida gedacht.

' Vgl. die Zusammenstellungen bei Soury, Le Systeme nerveux central Bd. I. und bei Ziehen, tjber die aligenieincn Bezieluuiüen zwischen Gehirn und Seelenleben.

^pinozantudien. 37

nicht annehmbar. Vielmehr glaubte ich die Unterscheidung umgekehrt nur auf eine innerhalb gewisser (Frenzen unabhängige Veränderlichkeit be- gründen zu können', analog wie die Unterscheidung von Attributen inner- halb einer Gattung von Sinnesempfindungen demselben Prinzip der unab- hängigen Veränderung folgen muß und nur so ihre Berechtigung hat'. Liefen Aktverschiedenheiten und inhaltliche Verschiedenheiten durchgängig parallel, so würde man in der Tat fragen müssen, was noch zu dieser Unterscheidung überhaupt berechtige und ob nicht die sogenannte psychische Welt mit Be- grifl'en und Ausdrücken der physischen beschrieben werden könne oder umge- kehrt, so wie es tatsächlich die rein phänomenalistische, sensualistische Psy- chologie und die spekulative Naturphilosophie, jede in ihrer Weise, anstreben.

Kann man also Spinoza auf Grund seiner aristotelisch-scholastischen Psychologie vom DuaUsmus freisprechen, so kehren doch die Schwierig- keiten an anderer und noch tiefer liegender Stelle wieder.

Ich möchte die Untei'schcidung der gegenwärtigen Parallelisniuslehre von der Spinoza.s nicht als etwas ganz Neues in Anspruch nehmen. Nur die Rüciiführung auf die aristo- telisch-scholastische Psychologie dürfte neu sein. In» übrigen hat sicli besonders Baensch die Klärung der Lehre angelegen sein lassen'. Er untei'scheidet liei Spinoza einen drei- fachen Parallelisnius, den er als den ideellen, metaphysischen und erkenntnistheoretischen bezeichnet. Daß Ausdehnung und Denken sich wie Urbild und Abbild verhalten und jeder Modus der Ausdehnung sich in einem des Denkens "widerspiegeln- solle (ideeller P.), möchte ich aber nicht als Spinozas Meinung anerkennen. Denn für Spinoza sind idea und res so vollkommen disparat wie die Attribute selbst, deren Modi sie sind. Den Parallelismus im Buche De .Mente würde ich weder als ideellen noch als metaphysischen oder erkenntnis- theoretischen, sondern vielmehr als psychologischen bezeichnen. Daß freilich die alte Lehre von der conformitas erst allmählich in diese umgebogen wurde und daß sie auch in der P^thik noch hereinspielt, ist nicht zu leugnen.

Auch Frau Prof. Tumarkin (Bei-n), eine Schülerin Diltheys, hat den wesentlichen Unterschied zwischen Spinoza und dem heutigen Parallelismus hervorgehoben *.

Am engsten berührt sich, wie ich erst nachträglich bemerkte, Hermann Schwarz an einer Stelle seiner Abhandlung über Spinozas Identitätsphilosophie ■' mit meiner AutTassung, indem er idea uiitDeukakt übersetzt und die Umdeutung des ganzen Leib-Seele-Problems durch die Zurückführung auf das Verhältnis von Akt und Inhalt richtig hervorhebt. Eine nähere Begründung ist aber nicht beigefügt und wohl darum die Deutung unbeachtet geblieben.

' Erscheinungen und psychische Funktionen. Abli. d. Berliner Akademie vom Jahre 1906.

' tTber den psychologischen Ursprung der Raumvorstellung, 1873. S. i35ff. Die Attribute der Gesichtsempfindungen. .\bh. d. Berliner Akademie vom Jahre 191 7.

' Die Entwicklung des Seelenbegriffes hcA Spinoza als Gnmdlage für das Verständnis seiner Lehre vom Parallelismus der Attribute. An'h. f (iesch. d. Philos., Bd. 20, .*>. 332 ff. Vgl. auch die Darstellung in v. .\stere Sammelwerk »(iroße Denker- S. 24.

* Spinoza. 8 Vorlesungen, 1908, S. 50 ff.

" In dem Sammelwerke -Philosophische Abhandlungen, Max HeiitV.c gi-widuift-, 1905, S. 242 ff.

38 Stumpf:

IL Die unzähligen Attribute.

Von hier aus empfangt nun auch die vielbesprochene Frage nach den unendlich vielen Attributen Gottes bei Spinoza einiges, wenn auch nicht volles Liclit. Erregte schon die scheinbare Juxtaposition zweier Attribute Bedenken, so werden diese natürlich durch die Vermehrung der Attribute nur gesteigert. Aus dem Dualismus droht ein Pluralismus, ja Infinitismus zu werden, die Welt oder die Gottheit in ein Aggregat unendlich vieler Einzelsubstanzen zu zerfallen. Wirklich sprach z. B. Böhmer von einem Polykosmismus Spinozas man könnte dann ebensowohl Polytheismus sagen. Kuno Fischer schließt seine ganze Darstellung mit der Hervorhebung des vollkommenen Widerspruches in bezug auf Einheit und Vielheit in Spinozas Lehre. Becher gibt gleichfalls zu erkennen, daß er hier eine Inkonsequenz erblicke: »Hätten wir nur den Attributbegrifi^, so müßten wir beim Plura- lismus stehen bleiben, aber die göttliche Einheit nimmt, diese Konsequenz beiseite schiebend, alle Attribute in sich auf.«

Spinoza definiert zu Beginn der Ethik Gott als absolut unendliches Wesen, d. i. als eine Substanz, die aus unendlich vielen Attributen besteht, worunter jedes eine ewige und unendliche Wesenheit ausdrückt. Am 9. Lehrsatz des i. Teils sieht man, daß hier die scholastische Definition Gottes als des allerrealsten Wesens zugrunde liegt: »Je mehr Realität oder Sein ein Ding hat, um so mehr Attribute kommen ihm zu.« Auch der Gedanke, daß Gott außer der körperlichen und geistigen Welt noch andere uns unbekannte geschaffen haben könnte, war von theistischer Seite schon ventiliert worden (Suarez). Auf diese unendlich vielen Attribute, von denen nur zwei uns bekannt seien, kommt Spinoza in allen metaphysischen Schriften zu sprechen. Schon im Kurzen Traktat wird die Lehre ebenso vorgetragen und begründet \ und noch in den letzten Lebensjahren verteidigt er sie gegen die von Walter v. Tschirnhaus erhobenen Einwände. Er hat aber die Einwendungen dieses scharfsinnigen Gelehrten, der auch Leibniz nahe- stand, nur sehr kurz beantwortet. Auch in der Ethik selbst schneidet er

' Kurzer Traktat, S. 18, ebenso S. 9 Anm. und S.48 Anm. (Hier scheint Spinoza oder der Herausgeber fast die Hoffnung zu hegen, daß wir allmählich noch mehr als zwei Attribute wirk- lich erkennen würden, da er sich äußert, bisher seien uns nur zwei bekannt.) Auch im 2. Kapitel und im Anhang ist die unendliche Zahl der Attribute betont. Ebenso im Brief an Oldenburg vom Jahre 1661 (Ep. 2).

Spinozastudien. 39

die hier auftauchenden Fragen ab. »Klarer kann icli dies fiir jetzt nicht auseinandersetzen «, so schließt das oben besprochene berühmte Scholion zu II, 7. So sind denn bis heute immer wieder ähnliche Bedenken erhoben worden.

Die Frage ist nun, ob auf Grund der Betrachtungen über das Ver- hältnis der beiden bekannten Attribute zueinander vielleicht auch hierüber gewisse aufklärende Folgerungen gezogen werden können. Spinoza selbst leitet dazu an, wenn er nach der Erläuterung des Parallelitätssatzes hinzufugt: »Ebenso verstehe ich es mit den übrigen Attributen.« A'ergeblich zw;ir wäre der Versuch, streng beweisbare Aufstellungen darüber zu machen, was er mit den unendlich vielen Attributen eigentlich gem'^int und wie er ihr Verhältnis zueinander und ihre Vereinbarkeit mit der göttlichen Einheit sich zurechtgelegt habe. Es fehlt eben an zwingenden Belegen aus seinen Schriften. Aber man kann immerhin fragen, auf welche Weise man aus seinen eigenen Grundbegrilfen und Theoremen heraus die Lehre nach dieser Seite ergänzen könnte, und kann versuchen, sie sich dadurch gewissermaßen verständlicher zu machen, als sie dem Urheber selbst ge- wesen sein mag, der offenbar bis zuletzt über dieses Problem nachgesonnen hat. Der Sinn der folgenden Untersuchung kann also nur der sein, fest- zustellen, was Spinoza auf die hier entstehenden Fragen von seinem Stand- punkt aus hätte antworten können oder vielleicht sogar müssen. Dem Philosophen muß es erlaubt sein, in philosophische Systeme noch etwas tiefer einzudringen, als es die Akten an sich gestatten. Hat doch schon Eduard Erdmann geglaubt, seine Auffassung der Attribute als bloßer Ver- standesformen Spinoza zuschreiben zu dürfen, wenn er selbst kein ein- ziges Zitat dafür beibringen könnte. »Ich dürfte dies, wie icIi auch sagen darf, daß jeder Mensch, wenn er zu schielen versucht, die Pupille ver- ändern muß, obgleich nur sehr wenige Schielende wissen, daß dem so ist.« Aber so schlimm steht es, wie wir sehen werden, doch auch in unserem Falle nicht.

Vier Fragen sind hier vornehmlich aufzuwerfen :

1. Wie denkt Spinoza über die Möglichkeit einer aktuell unendlichen Zahl überhaupt?

2. Wie verträgt sich die unendliche Zahl der Attribute mit der be- haupteten Einfachheit Gottes?

40 Stumpf:

3. Was läßt sich unter den niclitgegebenen Attributen denken? In welcher Richtung wären sie etwa zu suchen?

4. Welche Verhältnisse können oder müssen zwischen ihnen obwalten?

I. Möglichkeit einer aktuell unendlichen Zahl.

Spinoza scheint den Begriff einer aktuell unendlichen Zahl sonst nicht für zulässig zu halten. Er spricht mehrere Male darüber aus Anlaß seiner Behauptung, daß Gott das Attribut der Ausdehnung zukomme'. Seine Gegner hatten gefolgert: dann müsse er unendlich ausgedehnt sein, also unendlich viele Teile haben, was absurd sei. Diese Absurdität einer aktuell unend- lichen Zahl scheint nun Spinoza zuzugeben, wenn er auch die gewöhnlichen Argumente der Peripatetiker mit einer gewissen Mißachtung anführt. Er ))egegnet dem Einwände vielmehr dadurch, daß die Ausdehnung, von der er hier spreche, als Attribut Gottes betrachtet, überhaupt keine Teile habe. Nur die einzelnen Körper innerhalb ihrer könnten geteilt werden, die Aus- dehnung selbst nicht. Er setzt dabei oft'enbar den engsten Begriff von »Teilung« voraus, nämlich Teilung in selbständig existierende Dinge. Die Abschnitte des Raumes, die wir unterscheiden, können nicht selbständig für sich existieren. Darum und insofern hält er sich berechtigt, zu sagen, der Raum habe keine Teile'.

Spinoza lehnt also hier nicht die aktuell unendliche Zahl ab, sondern die Teile. Wenn er nun aber zugibt, daß der Begriff der unendlichen Zahl

' Diese Lehre selbst, die Ausgedehntheit Gottes, erklärt Spinoza in den Cogitata ineta- physica noch für unmöglich. Zwar die Vollkommenheiten der Ausdehnung müßten eminenter in Gott sein, aber nicht ihre Unvollkommenheiten, z. B. die Teilbarkeit. Hier wird auch noch behauptet, daß wir Ausdehnung ohne Existenz vorstellen könnten, was später, wie für alle Attribute, geleugnet wird. In De emendatione intellectus (Schluß Nr. 2, 3) unterscheidet Spinoza die Vorstellung einer unendlichen Ausdehnung, die der Verstand unabhängig von allen anderen Vorstellungen bilde, und die einer bestimmten Ausdehnung, die ihm von außen gegeben werde. Im Kurzen Traktat verteidigt er die Ausdehnung als Attribut Gottes (S. i9ff.), und zwar bereits in ähnliche)- Weise wie in der Ethik.

- Daß die Substanz (Gott) unteilbar, lehrt die Ethik 1, 13. Die Ausdehnung Gottes. wird in der angegebenen Weise im Scholion des 15. Lehrsatzes verteidigt, t'ber die ^lög- lichkeit des Unendlichen und über die doppelte Ausdehnung vgl. auch den Brief an L. Meyer vom 20. April 1663 (Ep. 12). Nicht uninteressant sind Spinozas Betrachtungen über das un- endlich Kleine und die Diskussion der zenonischen Schwierigkeiten im 2. Teil der Principia philosophiae (.\irtesianae. pr. 6 schol. Diese Dinge waren aber von den Spätscholastikern noch viel eingehender und mit großem Scharfsinne diskutiert worden.

Spinozastudien. 41

in sich selbst absurd sei, so würde dies auch für die unendlich vielen Attribute gelten. Es kommt noch die Schwierigkeit hinzu, daß er lehrt, alles, was in der Mehrheit existiere, existiere nicht durch sich', während die Attribute durch sich existieren sollen.

Köimte man nun J. E. Erdmann darin zustimmen, daß die Unterscheidung der Attribute überhaupt nur eine subjektive sei, so ließe sich ihre unendliche Zahl allenfalls auch als eine bloß potentielle Unendlichkeit fassen. Zu- gunsten der Subjektivitätstheorie könnte man hier sogar anführen, daß Spinoza die Zahl mit der Zeit und dem Maß zusammen als bloße Modi des Denkens, genauer des sinnlichen Vorstellens, erklärt'"'.

Aber die Erdmannsche Auffassung ist schon bei Ausdehnung imd Denken undurchführbar. Und was sollten vollends die unendlich vielen sonstigen Auffassungsformen? An eine bloß potentielle Unendlichkeit denkt überdies Spinoza bei der Definition des allerrealsten Wesens sicher nicht. Was ondlicli die Subjektivität des Zahlbegriffes anlangt, so würde eine logische Ab- surdität doch auch in bloß subjektiven Vorstellungsformen unzulässig sein. Die unendlicli vielen unbekannten Attribute müssen also doch wirkliche göttliche Eigenschaften sein, die wir nur niclit näher kennen.

Hat Spinoza tatsächlich die Absurditäten im Begriff einer unendlichen Zahl als solche anerkannt, so wüßte ich ihn gegen den daraus wider seine Attributenlehre folgenden Einwand nur dadurch zu verteidigen, daß er die unendliche Zahl als eine Zahl in anderem Sinne wie die endlichen Zahlen (Anzahlen) gefaßt habe. Er hat dies nicht ausgesprochen, aber man darf es wohl mit Wahrscheinlichkeit als seine Meinung in Anspruch nehmen.

6. Cantor, der in neuerer Zeit diesen Gedanken nicht bloß gefaßt und ausgesprochen, sondern in weitestem Umfange durchgeführt hat, nennt aller- dings gerade die Lehre von den imendlich vielen Attributen die Achilles- ferse des spinozistischen Systems*. Er denkt dabei an die Forderung der absoluten Unendlichkeit^, die Spinoza aufstellt (ens absolute infinitum

' Ep. 34 (an Huygeiis).

* De intellectus einendatiune, 5. Schlußtliese. Ep. 12 und 50. In den C'ogitiita ineta- physica heißt es einmal (I, c. 6) sogar, man könne genau genommen Gott nur im uneigent- lichen Sinne einen nennen (sofern eben Eins auch schon als eine Zahl gilt). Ebenso Ep. 50 (2. Juni 1674).

* Über die verschiedenen Standpunkte in bezug auf das aktuelle Unendliche. Zeit- schrift f. Philosophie Bd. 88, S. 231.

* »Das Absolute ist unvermehrbar und daher mathematisch undeterminierbar.« Phil.-hist.Abh. 1910. Xr. 4. 6

42 Stumpf:

I (ief. 6), während Cautors transfiiiite Zahlen eine fortwährende Weiterzeugung noch höherer Unendlichkeiten gestatten und verlangen. Sie sind sozusagen ein potentiell aktuelles Unendliches. Darum bliebe eine Schwierigkeit auch dann übrig, wenn man Spinoza von dieser Seite her zu Hilfe kommen wollte. Aber wir dürfen aucli daran noch erinnern, daß Spinozas Gotteslehre einen stark mystischen Anstrich hat, daß er darin von Gif)rdano Bruno, wohl auch von Nicolaus von Kues und weiter zurück von den mittelalter- lichen und patristischen Mystikern l)eeinflußt ist, jedenfalls sich mit ihnen in Übereinstimmung weiß, und daß den philosophischen Mystikern aller Zeiten Widersprechendes im Gottesbegriffe möglich schien (coincidentia contradictoriorum bei Nicolaus v. Kues).

2. Die Vielzahl der Attribute und die Einfachheit Gottes.

Die unendliche Zahl der Attribute also zugegeben : wie verträgt sie sich mit der be]iau])teten Einfachheit Gottes?

Die Ausleger, die immer wieder diese Frage als eine spezielle Schwierig- keit der spinozistischen Lehre behandeln, scheinen nicht zu wissen oder zu bedenken, daß die Verträglichkeit mehrfacher Attribute mit der Einfachheit Gottes das Problem ist ja das nämliche, auch wenn nur eine endliche Zahl angenommen wird von der gesamten Scholastik, mit besonderer Ausführlichkeit von der Spätscholastik, besprochen und unter ungeheurem Aufwand von Scharfsinn und von Distinktionen zu lösen Acrsucht wurde. Wirklich lösbar ist die Frage natürlich nur unter der Bedingung, daß die Unterscheidung verschiedener p]igenschaften in Gott als eine rein subjektive (distinctio merae rationis) behandelt wird, was fär die Attribute Spinozas sicher nicht zutrifft.

Gerade für Spinoza ist nun aber diese Frage weniger brennend als für seine Vorgänger. Er hat, was nicht bemerkt zu werden pflegt, in den späteren Schriften fast niemals die Einfachheit, sondern nur die Einheit oder Einzigkeit Gottes, diese allerdings mit besonderem Nachdruck, be- hauptet^ Wo er aber wirklich in den späteren Schriften noch von der Ein-

^ So in der Ethik I, 14 und cor. i: II. 4.

Die Eint'acliheit wird behauptet Principia philosophiae Cartesianae P. I, prop. 17: Deus est ens simplicissimuni. Ebenso in den angehängten Cog. met. II, c. 5. Dagegen im Kurzen Traktat nur die Einheit oder Einzigkeit: S. 24 und 27. An der erstei-en Stelle werden die Eigenschaften Gottes zusammengefaßt, älmhch wie in der Etliik am Sclilusse des i. Teiles, und wird ebenso wie dort die Einzigkeit hervorgelioben, aber nicht die Einfachheit. Be-sonders

Spinozastudien. 43,

fachheit spricht, wie in den Briefen an Huygcns (Ep. 35, 36, vgl. Kurzer Traktat S. 20), da zeigen die näheren Ausführungen, daß er in erster Linie die Zusammensetzung Gottes aus räumlichen Teilen abwehrt, die ihm wegen des Attributs der Ausdehnung vorgeworfen wurde. Er leugnet nur die physischen Teile, in die die Substanz zerfallen würde (Ethik 1, 12, 13 u. ö.), nicht aber die sogenannten metaphysischen Teile; wie denn auch der öfters wiederholte Ausdruck der Ethik und anderer Schriften (Kurzer Traktat S. 16), daß die Substanz aus den Attributen bestehe, ihre unbedingte Einfach- lieit ausschließt. In den Cogitata metaphysica, einer der frühesten Schriften. wird allerdings ausdrücklich die Einfachheit in jedem Sinne, auch liin- sichtlich der metaphysischen Teile (modi), behauptet. Aber diesen Stand- punkt hat er eben mit der Ausbildimg seiner Lehre offenI)ar verlassen.

Wenn man die scholastischen Bezeichnungen anwendet, die Spinoza wohlbekannt waren, so würde bezüglich der attributiven Teile nicht von einer distinctio merae rationis, aber auch nicht von einer distinctio realis oder auch nur formalis oder modalis (Scotus, Suarez) zu sprechen sein, sondern von einer distinctio rationis cum fundamento in re. Die Attribute sind zunächst verschiedene Begriffe, unter denen wir Gott auffassen: aber daß wir dies können und müssen, wurzelt in der göttlichen Natur und nicht bloß in unserem Verstände. Die Definition des Attributes zu Beginn der Ethik: »quod intellectus de substantia percipit, tanquam ejusdem essentiam constituens« besagt in anderen Worten das nämliche. Spinoza nennt die Attribute gelegentlich geradezu realiter distincta'. Aber das kann nicht im technischen Sinne der Scholastik gemeint sein, sonst würde in der Tat nicht nur die Einfachheit, sondern auch die Einheit Gottes aufgehoben und Polytheismus an die Stelle gesetzt sein.

So hebt sich meines Erachtens dieser Stein des Anstoßes dadurcli, daß Spinoza die absolute Einfachheit Gottes gar nicht gclelirt hat.

V)ezeichnt'nd ist auch eine Stelle im Briefe au L. Meyer vom Jahre 1663 (Kp. 12): »Sequitur quod Substantia non multiplex sed unica duntaxat ejusdem naturac cxistat.« Man müßte als fiegonsatz zu multiplex envarteu: simpIex. .Aber Spinoza weicht dem Ausdruck geradezu aus.

Es .scheint also, daß Spinoza in der früheren Zeit die scholastische Lehre von der absoluten Kinfachhcit Gottes festhielt, in der späteren Zi'it aber (den Kurzi'n Traktiit rücke ich mit Freudenthal entschieden näher als die übrigen kleinen Schriften an die Ethik heran) gerade mit Rücksicht auf die Vielheit der realen Attribute davon abgi'komnien ist und die Einfachheit nur in Hinsicht der physischen Teile festgehalten hat.

' I, 10 schul., wo er gleichwohl die Einheit betont und ihre Verträglichkeit mit der Viellieit der Attribute als eine durchaus klare Sache bezeichnet.

6*

44 Stumpf:

3. Die unendlich vielen Attribute als Analoga von Denken und

Ausdehnung.

Man hat versucht, etwas darüber zu bestimmen, was sich Spinoza etwa unter den unendlich vielen nichtgegebenen Attributen gedacht habe. Daß es ihm mit dieser Lehre voller Ernst gewesen und daß nicht, wie F. H. Jacobi meinte, eine bloße Akkommodation vorliege, kann nicht be- zweifelt werden. Spätere Pantheisten wie Schelling und Hegel würden freilich nicht zugegeben haben, daß uns das Wesen des Absoluten nur zum unendlich kleinsten Teile bekannt, daß es durch Natur und Geist nicht erschöpft sei. Insofern könnte man sagen, das Ideal des Rationalis- mus, die restlose Durchdringung des Weltganzen durch die Vernunft, sei bei Spinoza vielmehr einem fast vollständigen Verzicht geopfert. In Wirk- lichkeit liegt es aber für ihn doch nicht ganz so schlimm ; wie sich weiter unten zeigen wird.

Bratuschek, ein Schüler Trendelenburgs, hat geglaubt, die Natur der unendlich vielen Attribute aus einer Stelle Spinozas herauslesen zu können'. Im 20. bis 22. Lehrsatz des 2. Teiles der Ethik ist von der »idea mentis« die Rede, d. h. der Vorstellung, die wir von unserem Vorstellungsakte selbst haben, dem Selbstbewußtsein. Da der Geist die Idee des Körpers ist, so haben wir hier, sagt Spinoza, die Idee einer Idee; und er fugt bei, daß dieses ins Unendliche gehe. Ja, es heißt auch ausdrücklich, daß die Idee des Geistes mit dem Geiste selbst auf die nämliche Weise vereinigt sei wie der Geist mit dem Körper. Also haben wir hier, schließt Bratuschek, die unendliche Reihe der Attribute, die gleichwohl alle substantiell ver- einigt sind und deren Modi untereinander durchgängig parallel laufen".

' »Worin bestehen die unzähligen Attribute der Substanz bei Spinoza?« Philosophische Monatshefte 187 1.

- Kuno Fischer hebt richtig hervor, daß Spinozas Wege sich hier von dem Sensaa- lisnius trennen, da es sich bei dieser Vorstellung der Vorstellung nicht um ein sinnlich an- schauliches Vorstellen handeln könne. Nur ist es nicht richtig, daß sich Spinoza damit von Locke entfernt habe, denn Locke ist eben auch nichts weniger als Sensualist, da er die reflection von der Sensation klar und bestimmt scheidet.

Man kann die idea mentis auch wieder zum Beweise dafür anführen, daß unter »idea« im 2. Buche der Ethik der \'orstellungsakt und nicht der Vorstellungsinhalt verstanden ist Denn der Inhalt kann sich nicht selbst zum Inhalt haben, wohl aber kann der Akt Inhalt eines neuen Vorstellungsaktes werden.

Spinozastudten. 45

/

Danach hätten wir bei Spinoza die vo^crews vötjcris des Aristoteles in un- endlicher Vervielfältigung*.

Aber die Deutung ist mit Recht abgelehnt worden. Das gedachte Denken und das denkende Denken sind eben doch beide ein Denken, das eine »formaliter«, das andere »objective«. Es ergibt sich nicht eine neue Kategorie, und Spinoza selbst versäumt nicht, dies ausdrücklich zu ver- merken: »mentis idea et ipsa mens una eademque est res, quae sub uno eodemque attributo nempe cogitaüonis, concipitur. « Wir hören ja auch immer wieder, daß der menschliche Geist kein anderes Attribut als Ausdehnung und Denken erfasse ; was er doch täte, wenn -die Idee der Idee ein neues Attribut bedeutete. Im 64. Brief, wo Ausdehnung und Denken in gewissem Sinne deduziert werden, fügt Spinoza ausdrücklich hinzu, daß aus diesen beiden kein anderes Attribut erschlossen oder begriffen werden könne, was doch nach dieser Hypothese der Fall sein würde. Endlich ist Spinoza auch sicherlich nicht der Meinung gewesen, daß hier eine aktuell un- endliche Reihe vorliege. Nicht einmal an die Möglichkeit, in der Reihe beliebig weit zu gehen, scheint er zu denken. Sie ist ihm vielmehr schon mit der idea mentis selbst abgeschlossen. Er nennt diese die Form der Vorstellung, sofern sie ohne Beziehung auf den Gegenstand betrachtet werde. Damit will er wohl sagen, schon der primäre Vorstellungsakt sei außer auf den primären Gegenstand auch auf sich selbst gerichtet und damit die Reihe abgeschnitten; »denn eben damit fahrt er fort , daß einer etwas weiß, weiß er zugleich, daß er dies weiß und daß er weiß, daß er es weiß und so weiter ins Unendliche^«. Wenn Spinoza das Ver- hältnis zwischen der idea mentis und der mens dem Verhältnis zwischen Geist und Körper gleichsetzt, so kann sich dies nicht darauf beziehen,

' Dieselbe Auffassung vertritt Windelband, Geschichte der neueren Philosophie* (1907) S. 222: Da die idea mentis keine Vertretung im Attribut der Ausdehnung habe, schiene der Parallelismus der Attribute in Frage gestellt. Die Lösung dieser Schwierigkeit habe Spinoza in den letzten Lebensjahren im Briefwechsel angedeutet. Die Attribute sollten sich in eine Reihe ordnen, innerhalb deren jedesmal die Modi des vorhergehenden den Vorstellungsinhalt der Modi des folgenden Attributs bilden. Auf dem Grunde der körperlichen Welt erhebe sich eine Stufenreihe von Welten von immer höherer Geistigkeit. Dem Menschen falle nur die Teilnahme an den drei untersten Attributen, Ausdehnung, Bewußtsein und Selbst- bewußtsein, zu.

Auch A. Tumarkin gibt (Spinoza S. 57) eine Deutung, die auf dasselbe hinausläuft.

^ Vgl. auch die Stelle De iutellectus emendatione S. 1 1 f., wo ein regressus in infinitum abgelehnt wird.

4(5 Stumpf:

daß liier ein neues Attribut auftrete, sondern nur auf die reale Identität der beiden Glieder und die Parallelität ihrer Veränderungen.

Muß es also dabei bleiben, daß die Attribute in sich selbst unbekannt sind, wie uns Spinoza ja auch immer wieder versichert, so würden doch nähere Bestimmungen durch gewisse begriffliche Konstruktionen gegen die gebotene Diskretion nicht verstoßen. Wenigstens über die Richtung, in der die gesuchten Attribute lägen, könnte sich Spinoza eine Vorstellung gebildet haben. So ließe sich z. B. daran denken, daß die Dreizahl der Dimensionen unseres Raumes etwas Zufalliges an sich hat. Warum sollte es nicht Räume von jeder beliebigen Dimensionenzahl geben, und zwar alle gleichzeitig miteinander? Sie würden natürlich unter sich ohne jede räumliche Beziehung sein, da diese schon einen Raum voraussetzen würde, wären also weder als nebeneinander noch als einander durchdringend zu denken, aber sie wären zur Einheit verknüpft durch das Denkend Eine Unterlage dafür iindet man allerdings bei Spinoza nicht. Noch weniger hat er natürlich an die unendlich vielen möglichen Räume von verschiedenem positiven und negativen Krümmungsmaße gedacht, von denen die heutige Pangeometrie spricht. Für ihn gibt es keinen evidenteren Satz, als daß das Dreieck zwei Rechte zur Winkelsumme habe. Überdies ist diese wie die vorige Möglichkeit durch die Konsequenz des Systems geradezu ausgeschlossen. Es ist allenthalben Si)inozas Überzeugung, daß die Gesetzlich- keit, wie wir sie in der Natur finden, sich mit der Weltgesetzlichkeit restlos decke. 'I'rotz der unendlich vielen Attribute gibt es nur eine Gesetz- lichkeit, die in jedem in gleicher Weise und vollständig zum Ausdruck kommt. Gäbe es alter Räume mit mehr als drei Dimensionen, so gäbe es auch (iesetzlichkeiten, die über die dreidimensionalen hinausgehen. Und wiederum, gäbe es Räume von verschiedenem Krümmungsmaße, so gäbe es (>benso viele verschiedene Gesetzlichkeiten.

Aber in anderer Weise k(")nnen wir, glaube ich, Spinozas Gedanken näherkommen. Seit Riemann wird der Raum unter den allgemeineren Begrill" der Mannigfaltigkeit subsumiert. Es gibt schon in unserer Er- fahrung außer ihm noch andere Mannigfaltigkeiten, d. h. Gattungen von Vorstellungsinhalten, denen eine bestimmte mathematische (Gesetzmäßigkeit

' Eine \er\vanclte Anscli;iuung hat F. Brentano in den letzten Jahrzehnten seines Lebens ausgebildet. Er läßt die iiiehrdiiuensionaleii Räume untereinander durch das Null- dinieiision.'de, Geistige verbunden sein. Siehe C). Kraus, Franz Brentano, 1919. S. 77.

SpinQzastvdifn. 47

innewohnt. Man braucht nur an die Zeitlinio (wir meinen die phänomenale Zeitlinie, nicht die objektive, die jetzt als vierte Raumdimension behandelt wird), an die Linie der Tonhöhen, an die Intensitätsgrade der Empfindungen zu denken, auf welche alle die (Geometrie der Linie unverändert anwendbar ist. Auch bei den Farben gibt es lineare (^)ualitätonreihen wie von Schwarz zu Weiß, von Rot zu Gelb. So sind dt>nn auch dreidimensionale Inhalts- klassen denkbar, die den stereometrischen Gesetz<>n unterlägen und die darum ebensogut wie die dreidimensionale Raumanschauung uns ein konkr<'t anschauliches Bild der physikalischen Vorgänge darbieten würden, wiewohl in der Erfahrung tatsächlich keine solchen dreidimensionalen Inhaltsklassen außer der Raumvorstellung selbst gegeben sind. Mag nun Spinoza an solche Analogien aus der Erfahrung ausdnicklich gedacht haben oder nicht: den Begrifl' einer dem Räume analogen ^lannigfaltigkeit in abstracto muß er gehabt haben, da er die nichtgegebenen Attribute denselben (ie- setzen wie die gegebenen unterworf<'n und doch inhaltlich von ihnen ver- schieden denkt.

Hier läge nun die erste Möglichkeit, sich die imendlich vielen Attribute und zugleich ihren inneren Zusammenhang zurechtzulegen: alle diese Mannig- faltigkeiten wären in gleicher Weise Gegenstände des göttlichen Denkens. Dieses wäre gleichsam, um ein Lieblingsbild Spinozas bei so manchen Erörterungen zu gebrauchen, das Zentrum eines Kreises, dessen Peripherie- punkte die unendlich vielen übrigen Attribute darstellen würden. So hat sich offenbar Tschirnhaus zuletzt Spinozas Meinung vorgestellt. Er Avendet dagegen ein, daß danach das Attribut des Denkens sich viel weiter erstrecken würde als die übrigen Attribute. Es würde eine ganz exzeptionelle Stellung einnehmen, was der sonstigen Gleichstellung aller Attribute nicht entspräche. Spinoza hat aber in seiner Antwort leider diesen Punkt gar nicht berührt. Vermutlich teilte er Tschirnhaus' Bedenken gegen diese Auffassung der Lehre, aber er teilte die Auffassung selbst nicht.

Nun läßt sich aber eine analoge Verallgemeinerung des Begriffes wie beim Räume auch beim Denkattribut vornehmen. Neben dem uns empirisch aus der Selbstbeobachtung bekannten Vorstellen und den Bewußtseinsfunk- tionen überhaupt (cogitare) könnten zahllose andere Formen der sogenaimten immanenten Existenz von Gegenständen oder der intentionalen Beziehung, jenes undefinierbaren, aber allen Bewußtseinsfunktionen zukommenden Ver- hältnis.ses zwischen Akt und Objekt, bestehen. Wie Analoga für die räum-

48 Stumpf:

liehe Ausdehnung, so sind auch Analoga für das Denken ein möglicher Begriff. Und wie dort von Mannigfaltigkeiten, so könnte hier etwa, in Ver- allgemeinerung eines Spinoza nicht unbekannten scholastischen Ausdruckes, von Intentionen gesprochen werden'. Wir hätten dann ein unendliches Reich psychoider Zustände, von denen die gegebenen nur einen Einzelfall darstellten.) Spinoza selbst statuiert schon innerhalb der Erfahrungswelt weitgreifende Unterschiede des psychischen Lebens bei den verschiedenen Tieren, Pflanzen und unorganischen Körpern, welchen letzteren er gleich- falls ein Denken im weitesten Sinne des Ausdruckes zuschreibt. Von diesem Denken können wir uns auch schon kein Bild mehr machen. Und so lag der Begriff psychoider Intentionen, die überhaupt nicht mehr unter das Attribut cogitare subsumiert werden können, sondern nur Analoga dazu darstellen, durchaus in der Linie der Erweiterungen, an die er gedacht haben kann, wenn er auch den Begriff nicht mit diesem Wort und in dieser Weise förmlich ausgesprochen hat.

Dadurch ergibt sich eine zweite Möglichkeit für die Definition der un- endlich vielen Attribute, bei der auch dem erwähnten Bedenken von Tschirn- haus Rechnung getragen ist: Jeder der unendlich vielen Intentionen wird eine der unendlich vielen Mannigfaltigkeiten als ihr Gegenstand zugeordnet gedacht. Wir erhalten dann eine doppelte Unendlichkeit gegenseitig aufein- ander hinweisender, in engster Wesensbeziehung stehender Attribute. Man kann auch kurz sagen: eine reale und eine ideale Reihe von Attributen, beide

' Der Ausdruck findet sich nach Baumgartner (Überwegs Grundriß der Geschichte der Philosophie II, 1915, S. 376) schon in der lateinischen Version der Schriften Avicennas, die bereits die intentio prima und secunda, d. h. die Richtung auf das primäre Objekt, die Sinnesinhalte, und auf das sekundäre, die psychischen Funktionen selbst, unterscheiden.

Der nacbskotistische Scholastiker Petrus Aureolus setzt, wie ich bei K. Werner, Die Scholastik des späteren Mittelalters II, S. 68 lese, die Ausdrücke intentio und forma schlecht- weg für Akt und Inhalt: »Forma appellatur species rei coniprehensae, intentio vero species comprehensionis« . Suarez nennt die species intelligibiles auch species intentionales (Opp. HI, p. 616: Quidnam sunt species intentionales).

Nicht richtig übersetzt L. Schütz in seinem Thomas-Lexikon Intentio mit »Ähnlichkeit, Abbild«. Der Satz des Thomas : »Species recipitur in organo sensus per modum intentionis et non per modum naturalis fonnae« bezieht sich auf die aristotelische Lehre, daß das Warm- werden und das Empfinden der Wärme, die Aufnahme der Form mit der Materie und die ohne die Materie, zu unterscheiden sei (Brentano, Ps}ch. d. Arist. 79 ff.). »Recipitur per modum intentionis« heißt: die Foi-m, z. B.Wärme, ist Gegenstand eines psychischen Aktes, einer psychischen Beziehung; oder Betätigung.

Spinozastudü'» . 49

unendlich und Punkt für Punkt einander zugeordnet. Denken und Ausdehnung, wie wir sie kennen, und alle ihre Modi, also auch unser Geist und Körper, sind nur ein spezieller Fall dieser allgemeinen Zu- ordnung.

Dies scheint nun nach mehreren Äußerungen die eigentliche Meinung Spinozas gewesen zu sein, und jvir dürfen geradezu die Ausdrücke «idearum« und »rerum« in der Formulierung des 7. Lehrsatzes allgemein auf die Modi der idealen und realen Reihe in diesem Sione beziehen. Schon im Korollar des vorausgehenden Lehrsatzes heißt es : » res ideatae '.r suis attributis con- sequuntur«. In diesem Plural liegt offenbar die Voraussetzung, daß nicht bloß das Attribut der Ausdehnung, sondern auch andere (eben alle »realen« Attribute) ideierte Dinge als ihre Modi enthalten. Res und idea können hier nur in verallgemeinertem Sinne verstanden sein. In der Erläuterung des 7. Lehrsatzes selbst fügt Spinoza, nachdem dargelegt ist, wie die Ord- nung <Ier ganzen Natur dieselbe bleibe, möge man sie unter dem Attribut des Denkens oder dem der Ausdehnung betrachten, weil der wirkliche Kreis eben nur Objekt der Vorstellung des Kreises sei, bedeutsam hinzu: Ebenso verstehe ich es mit den anderen Attributen (et idem de aliis attri- butis intelligo). Die beiden Attribute gelten ihm also als Prototype für alle anderen. Und in der Antwort auf Tschirnhaus' Bedenken, warum der Geist nur das Attribut der Ausdehnung begreifen solle, erklärt er (66. Brief), die unendlich vielen Attribute, in denen ein und dasselbe Ding im unend- lichen göttlichen Intellekt ausgedrückt sei, entsprächen eben auch nicht einer, sondern unendlich vielen Ideen, die nicht den (ieist eines einzel- nen Dinges, sondern unendlich viele (Jeister konstituierten imd alle unter- einander keine gegenseitige Verknüpfung hätten. Wenn man dies beachte, bleibe keine Schwierigkeit mehr'.

Schon E. Böhmer folgerte aus dieser Stelle: »Inhaltlich ist jedes Attribut nur seiner Perzeption (Idee) bekannt»"'. Wenn er freilich weiter schließt:

' Ep. 66: Dicii, qiiod, fjuanivis <inaqiiiie(|ue n*s infinitis iiuidis exprcssa sit in iiifinito Dei intellectu, illae tarnen infinitae ideai-, quibus expriinitur, unani cjindciiKiiie rci .singiilaris Mentcm constituere nequcunt, sed infinitas: quanduque unatiuaequi' hiiiuin infinitanini idea- rum nullaii> connexionem invict^ni hal)ent.

Vgl. schon im Anhange dvs Kurzen Traktats die merkwürdige Stelle S. i55ff., vvn von den unendlich vielen Attributen, die ebenso ei ne Seele haben, die Rede ist.

' Spinozana, Zeitschr. f. Philiis. u. philos. Kritik Bd. 42, S. 102. Phil.-hi$t. Abh. 19W. Nr. 4. 7

50 Stumpf:

»Die Substanz ist als das Gemeinsame der Attribute nur Abstraktion . . . Der unendliche Verstand ist in Wirklichkeit nur eine Mehrheit von so vielen unendlichen Intellektionen, als es göttliche Attribute gibt . . . Gott ist ein Plural von Potenzen, ein P^lohim«, und wenn er das System als einen Polykosmismus bezeichnet', so werden wir jetzt prüfen müssen, wie Spinoza sich solchen Folgerungen hat entziehen können.

4. Wesensverknüpfung aller Attributenpaare.

Gibt das Voranstehende die Meinung Spinozas oder wenigstens die Ver- mutungen, die er über die Natur der unendlich vielen Attribute hegte, wieder, so ist damit zugleich etwas über die zwischen ihnen bestehenden Verhältnisse ausgesagt: nämlich, daß er je zwei unter ihnen in ähnlicher Weise zusammengehörig dachte wie Denken und Ausdehnung. Auch seine Antwort oder vielmehr sein Nichtantworten auf eine Frage Tschirnhaus' kann man hierher beziehen. Dieser legt ihm die Frage vor, ob nicht auch Wesen mit drei oder vier Attributen denkbar seien, da doch Spinoza den Satz aufstelle, daß ein Wesen um so mehr Attribute haben müsse, je mehr Realität es habe. Spinoza stellt dies nicht direkt in Abrede, sondern ver- weist nur darauf, daß er eine solche Behauptung nicht als Prämisse brauche (63. und 64. Brief). Aber er hätte es doch einfach zugeben können, wenn es seiner Meinung entsprochen hätte.

Daß damit die Frage nach dem gegenseitigen Verhältnis der unend- lich vielen Attribute erledigt wäre und keine weiteren Schwierigkeiten blieben, wird man allerdings nicht zugeben können. Denn es fehlt sozu- sagen die Querverbindung aller dieser unendlich vielen Paare. Wir er- halten statt der juxtaponierten Attribute zunächst scheinbar doch nur juxta- ponierte Attributenpaare.

Aber hier könnte man auf mehrfache Weise der Lehre zu Hilfe kommen, um diese Querverbindungen herzustellen. Zuerst etwa so: Jeder Intention sind zwei Mannigfaltigkeiten und jeder Mannigfaltigkeit zwei Intentionen zugeordnet. Aber jedes psychoide Einzelding ist nur die Idee der Modi einer einzigen Mannigfaltigkeit, so der menschliche Geist die Idee der Modi der Ausdehnung. Wir hätten gleichsam, um wieder das Symbol des Kreises

Kbenda S. 121. Bd. 57, S. 258.

SpinozastvAÜen. 51

zu benutzen, folgendes Bild, das nach beiden Seiten ins Unendliche fort- zusetzen wäre:

Der menschlische Geist (überhaupt der Geist im empirischen Sinn, alles Psychische in der uns gegebenen Welt) samt seinem primären Inhalt wäre durch einen dieser Kreise definiert. Alle übrigen Ps5'choide würden Analoga darstellen. Dieselbe Idee, die, auf die Ausdehnung gerichtet, menschlicher Geist genannt wird, konstituiert, auf eine andere, uns un- bekannte, Mannigfaltigkeit gerichtet, ein bloßes Analogon des Geistes. Auf die nämliche Mannigfaltigkeit ist dann wieder eine uns- unbekannte In- tention gerichtet, die wieder ein neues Analogon darstgllt usw. Um in einer Lieblingswendung Spinozas zu sprechen: Dieselbe Intention, insofern (quatenus) sie die Ausdehnung zum Objekte hat, ist menschlicher Geist, insofern aber die benachbarte Mannigfaltigkeit, ist sie nur ein Analogon davon, gehört sie einem anderen Attributenkomplex an.

Es ließe sich dies aber noch so erweitern, daß man jeder Intention sogar unendlich viele Mannigfaltigkeiten zugeordnet dächte und umgekehrt. Das Denken würde dann, wie bei Tschirnhaus' Fassung, ein Mittelpunkt sein für eine Peripherie unzähliger Manigfaltigkeiten, unter denen die Aus- dehnung eine wäre, jede von diesen aber wieder ein Mittelpunkt für eine Peripherie unzähliger Intentionen, unter denen das Denken eine wäre. Die göttlichen Attribute wären dann ein Unendliches höherer Ordnung. Der Geist als die Idee der Modi der Ausdehnung wäre hier gegeben durch einen Radius eines dieser Kreise. Jeder andere Radius entspräche einem Analogon dazu, das zwei andere Attribute unter sich verknüi)fte.

Für diese beiden Anschauungen würde sich die durchgängige Paralle- lität der Veränderungen innerhalb der einzelnen Attribute ex constructione ergeben. Denn von einem einzigen realen Attribut, wie unserer Ausdehnung, müßte die immanente Gesetzlichkeit mit logischerNotwendigkeitauf das ideale bzw. die idealen Attribute übergehen, die ihm zugeordnet sind, und wieder von jedem dieser Attribute auf das reale oder die realen, denen es zugeordnet ist. Und so würde alles mit allem in Wesensverbindung stehen. Gilt

52 Stumpf:

die Parallelität auch nur innerhalb eines Paares, wie Ausdehnung und Denken, und gehört jedes Glied dieses Paares zugleich einem benachbarten Paar an, so muß notwendig die Ordnung und Verknü])fung der Modi auch in diesem die nämliche sein, und so überhaupt. Damit erhielte Spinozas Bemerkung im Scholion des 7. Lehrsatzes: »et idem de aliis atributis intelligo« ihre volle Rechtfertigung.

Aber freilich : Positives wüßte ich nicht dafür beizubringen, daß Spinoza sich das Verhältnis in einer von diesen Weisen zurechtgelegt hätte. Man kann nur sagen, daß solche Möglichkeiten in der Richtung seiner Gedanken gelegen haben müssen. Aber er selbst scheint sich bewußt gewesen zu sein, daß sein System in dieser Beziehung nicht fertig geworden war; wie er denn das Scholion mit dem Bekenntnis schließt: nee im])raesentiarum haec clarius possum explicare«. Vielleicht lag seinem mathematikliebenden Geist auch der Gedanke nicht fern, daß sämtliche Mannigfaltigkeiten unter- einander und ebenso sämtliche Intentionen untereinander nur Glieder einer unendlichen Reihe seien, in die sich das Wesen des Absoluten gesetzmäßig auseinanderlegt. Auch so wäre eine unzerreißbare Kette gebildet.

Die bloße Berufung auf die Einheit der göttlichen Substanz da- gegen würde nur dann eine wirkliche Gewähr für die einheitUche Ver- knüpfung aller Attribute und für die Parallelität ihrer Gesetzlichkeiten be- deuten, wenn die Substanz als etwas die Attribute Durchdringendes und sich wie ein gemeinsames Band durch sie Hindurchziehendes gedacht würde. Mit der Gleichung: »Substanz = sämtliche Attribute« würde dies aber nicht stimmen, und darum erschien es geboten, sich die Möglichkeiten zu vergegenwärtigen, die S])inoza auch ohne Änderung seines SubstanzbegrifFes gestatten würden, an der Einheit Gottes oder des Weltganzen festzuhalten, mögen sie ihm auch nur dunkel vorgeschwebt haben und in sich selbst bei weiterer Verfolgung wieder zu neuen Schwierigkeiten fuhren.

5. Der Zentralgedanke des Spinozismus.

Zum Schlüsse möge betont werden, wie sehr die identische Gesetz- mäßigkeit der Veränderungen innerhalb der unendlichen Vielheit der Attribute im Mittelpunkte der spinozistischen Philosophie steht. Darin allein, nicht in der absoluten Einfachheit der göttlichen Natur, liegt Spinozas Monismus beschlossen. Man kann beinahe sagen, die einheitliche Welt-

Spinozastudien. 5H

gesetzlichkeit sei ihm die göttliche Subst<anz. Jedenfalls ist sie ihm unter allen Kigenschaften <les göttlichen Wesens die wichtigste.

Es war seine Überzeugung, daß d.'is Attribut der Ausdehnung und die Kenntnis seiner (Jesetzlichkeiten allein schon genüge, um daraus nicht bloß die (iesetzlichkeit des Denkens, sondern auch die aller übrigen uns unbekannten Attribute, also die gesamte Weltgesetzlichkeit, zu erkennen. Man könne, lelirt er nachdrücklich, aus jedem Attribut die Substanz er- kennen. Jedes drücke ihre ewige und unendliche Wesenheit vollständig aus. obgleich keines mit einem anderen identisch sei. Die innere Struk- turgesetzlichkeit, auf die unsere Erkenntnis zielt, ist eben in allen die gleiche'. In diesem Siime sagt er gelegentlich auch, die Attribute seien nur verschiedene Definitionen der Substanz.

Schien durch die unendliche Vielheit der unbekannten Attribute der liationalismus, der eine erschöpfende Welterkenntnis fordert, preisgegeben. so ist er auf diesem Wege für Spinoza rehabilitiert und mit ihm zugleich der Naturalismus, dem die Naturgesetzlichkeit die Weltgesetzlichkeit über- haupt bedeutet.

Nur dann, wenn man den wesentlichsten Charakter der göttlichen Substanz und jedes einzelnen Attributs in der einen, immanenten Gesetzlich- keit sucht, gewinnt auch die Lehre von der Erkenntnis sub specie aetemitatüf ihren wahren Sinn. Spinoza behauptet, daß jede Vorstellung eines einzelnen wirklich existierenden Körpers bereits die ewige und unendliche Wesen- heit Gottes in sicli schließe. Wir brauchen uns nur vom einzelnen Modus zum Attribut zu erheben, dem er angehört, um Gott in ihm zu erkennen. Verstände er unter dem Attribut der Ausdehnung nichts weiter als den Allgemeinbegriff der allen Körpern gemeinsamen Eigenschaft, ausgedehnt zu sein, so gäbe es doch kaum eine wertlosere, inhaltsärmere Erkenntnis als diese, den leeren Begriff des leeren Raumes. Anders wenn die »infinita Dei potentia«. die unerschöpfliche Fülle der potentiell in der Ausdehnung eingeschlossenen Gesetzmäßigkeiten, der Beziehungen, Gestalten und Ver-

" Schon diese Identität der Gesetze verbietet uns, mit Kiino Fiscbei- die Attribute als Kräfte zu fassen, wenigstens als Kräfte im Sinne der heutigen Naturwissenschaft, da für die Verschiedenheit von Kräften gerade die Verschiedenheit ihi:er gesetzlichen Wirkungsweise das Maßgebende ist Aber es kommt natürlich darauf an, was man unter Kräften vei'steht. Sofern Spinoza die Modi aus den Attributen heivorgehen. durch sie verursachen läßt, kann uiau sie auch als Kräfte bezeichnen, wie er dies selbst im Kurzen Trakt-it noch getan hat.

54 Stumpf:-

änderungen darunter verstanden wird. Das Avar es doch auch, was unsere klassischen Dichter und Schleiermacher zu Spinoza hinzog. Die bloße Sub- sumtion aller Dinge unter einunddenselben leeren Allgemeinbegriff hätte wenig Anzielmng auf sie ausgeübt.

Wie weit man in solcher Ausdeutung der starren, immer in gleichen Ausdrücken wiederkehrenden Formeln seiner Darstellung gehen darf, ohne die geschichtliche Wahrheit zu verletzen, kann allerdings gefragt werden, wird sich aber niemals ganz bestimmt entscheiden lassen. Man hat dabei namentlich mit dem Umstände zu rechnen, daß die Definition der Substanz als der Summe oder des Ganzen der Attribute von Spinoza selbst nicht stets in diesem strengen Sinne festgehalten wurde. Denn wenn er am Schlüsse der Ethik den amor intellectualis Dei als einen Teil der unend- lichen Liebe bezeichnet, mit der Gott sich selbst liebt, so schreibt er Gott Selbstliebe und damit auch (zulblge seiner Affektenlehre) Selbst- erkenntnis zu. Dasselbe hat man -aus anderen Stellen gefolgert, und kurz vor seinem Tode hat es Spinoza in einem Brief an Oldenburg (Ep. 75) direkt ausgesprochen. Dann muß also jene Gesamtheit der Attribute selbst wieder Gegenstand eines darauf gerichteten unendlichen Denkaktes sein und damit das Attribut des Denkens alle anderen umspannen und durch- dringen. Man kommt so doch zur Definition der Substanz als eines alle Attribute Durchdringenden, in allem sich Regenden, allem immanent zu- grunde Liegenden. Das ist ja auch der eigentliche Sinn pantheistischer und panentheistischcr Weltanschauung, während die Definition Gottes als der Gesamtheit der Attribute Gott und Welt einfach identifiziert und ebensowohl als Atheismus bezeichnet werden kann. Diese Alternative hat sich aber Spinoza allem Anscheine nach nicht klar vorgelegt, oder er ist von der Grundlegung bis zum Abschlüsse der Ethik unmerklich aus der einen zur anderen Auffassung übergegangen. Die innere Folgerichtigkeit des Systems freilich mußte darunter leiden. Denn dieses kennt keine Substanz ijebcn den Attributen, kein Übergewicht eines einzelnen Attributs über die anderen und kein Erkennen, das nicht in dem Attribut des Denkens schon inbegriffen wäre. Die Inkonsequenz ließe sich nur ver- meiden oder vermindern, wenn hier von Erkenntnis in einem anderen Sinne gesprochen würde, als es dem Attribut Cogitare entspricht, was aber wieder nach anderen Richtungen zu Unzuträglichkeiten führen würde.

Spinozastudien. 55

Mit Sicherheit geht aus dem Gesamteindruck seiner Darstellung wie dem Wortlaut und dem Tone vieler einzelner Ausführungen dies eine hervor, daß nicht der Parallelismus der Attribute an sich, auch nicht der pantheistische Monismus an sich, sondern die Überzeugung von der lui- Acrbrüchlichen Gesetzlichkeit des Weltlaufes einschließlich aller mensch- lichen Begebenheiten und Handlungen, alles Denkens und Wollens, Liebens und Ilassens der Mittelpimkt von Spinozas Weltanschauung war. Sein Monismus verdient den Namen, wie schließlich jeder, nur sehr cum grano salis, sein Parallclismus wird durch den erkenntnistheoretischen Primat der Ausdehnung eingeschränkt und ist ihm überhaupt nur darum wiclitig, weil damit die ausnahmslose Naturgesetzlichkeit der P>eignisse von dem Attribut der Ausdehnung auf alle übrigen übergeht. Die Notwendigkeit des Geschehens selbst al)er steht ihm unbedingt und um ihrer selbst willen fest. Zu diesem (jedanken hatte er sich in der Jugend aus äußeren und inneren Bedräng- nissen durchgerungen und darin seinen Frieden gefunden. P> ward ihm gleichsam die p'ormel für den Gleichgewichtszustand der menschlichen Seele gegenüber der Welt und dem Leben'. Und zwar ist dies»" Not- wendigkeit für Spinoza nicht, wie fiir seinen ))hiloso])hischen (Jcgncr Leibniz oder für die Stoa, deren l.ehre und (ieist sonst im 1 7. Jahrhundert weit- hin nachwirkt', eine einsichtige, von einer höchsten Intelligenz erkannte und anerkannte, sondern (prinzijuell wenigstens) eine blinde. Wenn er die Kausalität mit der logischen Folge identifiziert, so ))edeutet dies doch nicht, d?iß der Prozeß der Bewirkung ein Vorgang des Schließens selbst wäre, sondern nur daß ein Sachverhalt durch einen anderen in der ^Veise bedingt ist, wie der Inhalt eines Schlußsatzes durch den der Prämissen.

' Sieheden Anfang der Schrift Do intellcctus einendatione und dnzu P^tli. V,6: »(^uatcniis Mens res omnes ut necessarias inteliigit, eatenus majorem in afTectus potentiam iiaijet, seii minus ab iisdem patitur.«

Bezeichnend ist, daß im Kurzen 'I"i-aktat 1, c. 4 unter den i;igensch.T('ten Gottes nls erste die Notwendigkeit seines Wirkens angeführt und behandelt wird. Dazu wird man in der Scholastik schwerlich ein Soitenstück finden. Im übrigen sind Belege zu diesem Punkt überflüssig -- man müßte fast jede Seite zitieren.

'' Hierüber vgl. besondere Diltheys Ausführungen im II. Bande seiner gesannnellen Schriften (1914). Nach S. zSsff". ist es sehr wahrscheinlich, daß die Stoa durch Vermittlung der niederländischen Humanisten, z. B. des Lipsius, aber auch durch Telesio und llobbes auf Spinoza eingewirkt hat. "

56 Std M PF r

Es bedeutet nicht ein Concludere, sondern nur ein Sequi'. Nur durch die blinde Notwendigkeit alles Geschehens erachtete er die quälende Frage nach dem Warum als definitiv abgeschnitten. Auch die r>ehre von der Selbsterkenntnis Gottes vermag den prinzipiellen Ausschluß der lebendigen Vernunft aus den »Wiu-zeln aller Dinge« nur scheinbar zu mildern. Denn diese Selbsterkenntnis ist eben nur die Selbstsjjiegelung des in sämtlichen Attributen identisch abrollenden Weltprozosses, der aber in keiner Weise aus ihr folgt. Sie ist nur ein Zuschauen, nicht ein Bewirken". Vor allem aber: das Weltgeschehen verwirklicht keinen Sinn, Zweck oder Wert. Die Welt ist ein System der Geometrie, und in der Geometrie hat der Begriff des Guten keine Stelle. Jede Art von Teleologie, auch die weitherzigste wie die Lessings, Herders, Goethes, bleibt grundsätzlich ausgeschlossen. In diesem Punkte gestattet die Lehre S])inozas nirgends auch nur von fem eine mildere Deutimg oder Konzession. Die unverbrüchliche, aiif sich selbst beruhende, sich selbst genügende Notwendigkeit alles Seins und (Geschehens ist der stahlharte Kern seiner Weltanschauung.

' Allerdings gebraucht Spinoza einmal beide Ausdrücke in Verbindung miteinander. II, 6, cor.: eodem modo eademque necessitate res ideatae ex suis attributis consequuntur et concluduntur ac ideas ex attributo (jogitationis consequi ostendimus.

^ II, 6, cor.: Esse formale rerum, quae modi non sunt cogitandi, non sequitur ideo ex divina natura, quia res prius cognovit.

Spiuoz(istväli')i .

Inhalt.

Seit.-

I. Der Parallelisinus der- Modi iniierlialb der Attriljiitc Airsdi-Iinimsf und Diiiikcii ... 3

1. Die Bewei.sfiihruDg für den Parallelitütssat/. Klli. II. pr. 7 3

2. Akt lind Inhalt gemäß ari.stotelisch-scholastischei' I'sycliologi«' 9

3. Denken und Au.sdehnung = Akt und Inhalt 18

4. Geist und Körper nach I"th. II, pr. 1 1 tV. 28

5. Wahrheit und Falschlieit nach Kth. II, pi-. 32 fV. 32

6. Die spinozistische und die gegenwärtige I'arallelilätslehre 34

H. Die unzähligen Attribute 38

1. Möglichkeit einer aktuell uni-iidlichen Zahl 40

2. Die N'ielzah! dur Attribute und die l'.intachlieit (iotte-s 42

3. Die unendlich vielen Attribute als Analoga von Denken und Au.sdehnung. . 44

4. VV'esensverkniipfung aller Attributetipaare .")()

5. Der Zentralgedanke des Spinozismus .'i2

Hcrlin. i;fiilni<-kt in <I<t K.-irhsilnickrrn.

I'hit.-hi»t. Abh. IUI!). Ar. /.

ABHANDLUNGEN

DER PREUSSISCHEN

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

JAHRGANG 1919 PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE KLASSE

Nr. 5 VOM KOKTÜRKISCHEN ZUM OSMANISCHEN

VORARBKITEN ZU EINKR VERGLEICHENDEN GRAMMATIK

DES TÜRKISCHEN

2. MITTEILUNG: TliKK KINKiK SCH ALLNACHAHMEN DE VERBA

3. MITTEILUNG: DAS FORMANS -71/ BEI VERBEN AUF -a USW.

VON

W. HANG

IN DARMSTADT

BKRLIN 1919

VERLAG DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

IN KOMMISSION BKI DKK VKREINKiUNG WISSEiNSCHAFTLlCIIER VERLKCiKIl WALTER DE GRUYTER U. CO.

VOKHAI« (i. J. (i<)S< HKNSCHK VERLAIiSIlANIIE.lTN«. J. IM' TIKN TAG. VKRLAr.SBlIfHHANDI.I'N'^ liKOKIi KKI31KK. KARI. J. TRÜBNKR VEIT l'. roMP.

Vorgelegt in der Gesamtsitzung am 27. März 1919. Zum Druck eingereicht am gleichen Tage, ausgegeben am 20. August 1919.

n. über einige schallnachahmende Verba'.

W enn es mir vergönnt gewesen wäre, als Jüngling zu Füßen des jungen Steinthal zu sitzen, so hätte ich wohl dieser Mitteilung den jugendlich kecken Untertitel »ein glottogonischer Versuch« mit auf den Weg geben müssen. Wie die Verhältnisse liegen, haben mir jegliche apologetische Absichten fern- gelegen: mein Bemühen galt nur den Formen, deren verwirrende Fülle zu meistern mir kaum auf den ersten Wurf geglückt sein wird. So habe ich das Empfinden, ich hätte gut getan, abermals 30 Jahre zu warten, bis die alten Quellen reichlicher, die neuen reinlicher fließen. Das aber wäre dem Wüten des Kronos gleichgekommen: ich ziehe vor, den Fachgenossen gegenüber den Untertitel »Vorarbeit« nachdrücklich hervorzuheben.

I.

§ 1. Das Verbum öksür- bedeutet im Dschag. Osm. Krm. »husten«, imll § 1 Dschag. auch »mit Krachen platzen«; das kiptsch. Glossar vom Jahre 1245 hat für »husten« die Form j^\, was Houtsma 52 öksür- liest. Dagegen finden wir CC60 Ofcur- »husten«, lies öskür-, dem das aderb, öskür- entspricht. Ich iialte öskür- für die ursprünglichere Aussprache, aus der öksür- erst durch 5

' Die Abkürzungen sind die auch sonst von mir gebrauchten. Außerdem bedeuten: KDsrn den ersten Teil meiner Abhandhing Vom Kök türkisclicn zum Osmanischen (.\B.\\V fiiripiyNr.ö); AtüD meine Arbeit Aus türkischen Dialekten (KeletiSzemle XVIII, Budapest 1918, SS. 7 j8) und BtüW meine Beiträge zur türkischen Wortforschung lo (Türän für 1918, Budapest 1918, SS. 289 310) und ihre Fortsetzungen, die durch ' bezeich- net sind: Mtü.Spr meine Monographien zur türkischen Sprachgeschichte (SHAW, Jahrgang 1918, 12. Abhandlung); Pel. ^= K. I'ehssier, Mischär-Tatai-ische Sprachproben (ABAW ffir 1918 Nr. 18).

Mit rkWb ist das kleine russisch-kirgisische Wörterbuch, PyccKo-KHpriiscKifi C.ioBapb 15 Kazan 19 10, gemeint. Hier und da habe ich durch iWb angedeutet, daß ein Wort im Wb fehlf.

r

4 Bang:

II §1 Metathese entstanden ist'. Dieses ösknr- zerlege ich in ös-kür- und sehe in ÖS ein schallnachahmendes Element, während ich für -Mir auf die folgenden Paragraphen verweise.

Das Nomen oksürük »Husten« ist eine -Ä:-Ableitung, wie wir deren noch 5 mehrfach finden werden; es ist bisher im Osm. und Krm. belegt; im Dschag. wird öksüräk registriert mit bemerkenswertem -ä-.

§ la. Ein nominales *ös dürfte auch vorliegen in schor. sag. koib. ktsch. üstä- »seufzen« > küär. östö-; letztere Form auch Prob. II 522 1024 ff. in der Bedeutung »ächzen«. Da es außerhalb dieser Dialekte nicht registriert 10 ist, so muß es vorläufig unentschieden bleiben, ob östä- das Ursprüngliche ist oder ob es für *öslä- steht = »6s machen« : vgl. die denominalen -/a-Verba in den §§ 4 ff.

Hierher ist wohl auch zu ziehen: cuwas. üshk »Husten« < *öslik und cuwas. nz9r- »husten« <*ö's/r-usw. (vgl. § 2 Schluß); vielleicht über *r;«r- usw. 15 wie gagaus. usür-, u'sürük (Prob. X 109 12)'".

§ Ib. Neben *ös scheint ein gleichwertiges *öt gestanden zu haben, das durch y-Prothese zu *yöt werden konnte. Wir finden:

I . Kiptsch. ötür- (Houts. 44) »husten«, CTitrundet im kar. L. ätkirik »Spei- chel, Schleim«; CG 136 yötkür-, auch alt. tel. dschag. ostt. Das Nomen yöt- ao kiir im Alt. Tel. Im Tob. yütkür- und yiitkürük »Auswurf, Schleim (beim

' Durch Metathese erkläre ich das auch sonst lehrreiche alt. tel. Xeh. yätkär »Schlechtig- keit, Falschheit, Versuchung: der Teufel", das Prob. 137254 in letzterer Bedeutung vor- kommt; yätkär steht für *yäktär und dies für yäklär. weil in den genannten Dialekten -ql-. -kl- zu -qt-, -kt- wird (vgl. Prob. I 1 53 4u özöktör »Flüsse«, s^^spal'iqtar »Fische«). Dieses

»5 yätkär aber wird schon längst nicht mehr als Plural gefühlt; daher tritt die Adjektivendung ■l--liy an: alt. yäktärlü, leb. yaktärliff «schlecht, falsch, ränkevoll, vom Teufel besessen». Daß die Erstarrung nicht ei'st jüngeren Datums ist, wissen wir aus dem manichäischen Chuastuanift, das schon yäktärlägün bietet (L^Ss; L5314).

Wie hier -l'iy an den eretarrten Plural geti'eten ist, so finden wir das Abstraktformans

30 -l'iq bei erstarrtem Dativ: Prob. IV656U kickä/ik kilip cayirdi »am Abend kommend schrie er« (vgl. Türän, Budapest 1918, 91 ft".). Sieh den Lokativ in ondatiq unten S. 4618.

' Gagaus. ü- entsteht: durch Kontraktion in üt- »mahlen« := osm. öyüt-, ün- -prahlen« = osm. öyün-, üf- »brüllen« = osm. öy'ür-. Ein Kehllaut ist auch verschwunden: in usfk »hoch« ^ osm. usw. yüksäk (vgl. Sul.-Kun. 154 öksek\), usüi »Waise« = osm. usw. öksüz, des Suffii-

35 anlauts wegen entstimmt aus uig. öy.süz »mutterlos«. Unerklärlich sind uns heute: un »Wolle, Haar« :=; yün, y'äh usw. (Dehnung in einsilbigem Wort?), sowie usen- »faulenzen« = osm. üsän- (vgl. schor. özäii, kumd. öiön »unfolgsam, nachlässig«?), das wohl durch -iä-n- (AtüD § i ff.) von einem auf Guttural auslautenden Nomen abzuleiten sein wird.

Vom Köktnrkm-hen zum Oimuinisclicn. 5

Husten) « , kaz. diütkir-. Von *yötiir- sodann : tub. küär. yödür-. Prob. V 1 8 7 1 582 n § ib wird yötkür- durch »spucken« (Blut) übersetzt. Im Schor. entrundet öädir-.

2. Tar. dschag. ostt. yötcil »Husten«, yötäl- »husten« : tar. tob. yütäl »Husten« und das a-Denominativ tax. yütfiln- »husten«: kaz. dzütnl; balk. zötel und zötel et-, jak. .sötöl (Böhtl. 161 a)'. Ablautend (?) tel. yödi'd und das 5 denominale yödülda- <,yödül-lä. Olme y-: Kar. T. ötäl (Wb. I 1265) entrun- det Kar. L. (itnl'\ sowie sag. cedil, &dil- > sag. cidil cidil-^.

§ 2. Für »niesen« gebrauchen das Osm. und Krm. eine Form aqsir-, dem das dschag. aqsir- entspricht; Nomina sind aqsir iq, aqsiriq und die -«-Ab- leitung aqs'iriS »Niesen«. Aderb, a^str-, a-x^stfi'^/j. Auch hier hatte schon das Kiptsch. die Lautfolge aqsur- (Houts. 50); bei Sul.-Kun. 9 findet sich: »aksirmak : eksinnak, atsa vurmak*. Niesen« . Der Gewährsmann von Kunos ist zu dem anlautenden e- in dem sonst gutturalen Worte wohl durch Un- kenntnis der folgenden Formen gelangt: osm. krm. ansir-, geschrieben y^ I. ansinq und amir- (fWb.; wird I 197 erwähnt) bei Hindoglu geschrieben -s 3*y~^*. tragaus. ansir-.

' Mit der progi-es-siven Rundung wie in Prob. \' 75 491 yötöUir »er hustet- <, yötälär. Was die Prothese von y- Ijei rundem Vokal anbetrifft, so vgl.: Kiptscli. yöräu- »lernen« (Houts. 109: neben ögrän- 51) ^ gagausiscli yäf-hi-; dschag. yöyiis neben uig. dschag. öffüi viel«; kar. T. yütc (=r gagaus. yev: »Haus-) ;-= äte usw. Das (iagausische gebraucht auch ju son.st häufig die y-Prothese: yöl- -sterben -. y'irdfk rEnte- usw. Vielleicht liegt hier doch slawische Beeinflussung vor?

' Schwierig Ist die Beuiieilung von leb. yö^ö- -husten-. Ist etwa y-Prothese anzn- nehineii und Kürzung^' 1"^ .stünde dann yöiri- für *oc-ä, vgl. sag. koib. üstä- (< oclä-) -ächzen, röcheln-; zu Sc- »Luftröhre«. Wie aber ist CC 138 öi'irac oder eher-/ (lies öcAräV) -Husten- ^i zu beurteilen? Hier scheint doch wieder eine Basis *'«' vorzuliegen, zu der *öv-ä-, *fk'-k(i- gehöieu würde.

Ein solches denouiinales Verbuni auf -a scheint aucli in dem (jaqa- vorzuliegen, das Pi'ob. VI 141 10 auftritt (fW^b.): mama qaqap bir yötäldi -die .\lte hustete- ; zu *qaq vgl. unten § 17 8. 3"

^ Die Entrundung im Schor und Sagaischen ganz' isoliert stehend und wohl dnrcli ö- veranlaßt?

Zu diesem itntr- vgl. den (Gebrauch von jeter in jeter iin cri, jet/r de hauts cri.s. Auf türkischem Gebiete ist sal- verbreitet: Prob. III 169 114 obai ml- -weh schreien- obaita- (!), HI 283 1 oibai! oihai ! »aldi -sie januncrte gewaltig-, ebend. '/.. 4 nibailadi: III 99 8, 158 279 aiyai 35 sat- -schreien, brüllen- =: 0170«^- (!) in III 132 78 (zu aiyai, aiqai vgl. unten § 7 a). Prob. 11292663 qh'ya sal- -ausrufen-, II 345 1458 q'iiya sal- -schreien, rufen- ( Wb. jii *o/-, q'iiqü ■sal-, qiiyi sal-) usw. Prob. IV 198 nu läürän sal- -Lärm machen«, was auch die wörtliche Bedeutung des osm. nd'ara ieur- -schreien- (Wb. I\' 1983) :=- kaz. tiayra 01- ist: -Lärm schlageu-. Unklar ist mir Sül.-Kl'n. 144 rn^n»' ur- -schwätzen-, weil mir meue uniiekaunt ist. 40

6 Bang:

II §2 Auch dieses aqsir- mit seinen jüngeren Varianten afiMf- und ansir- er-

kläre ich durch Metathese und vergleiche dschag. asqur-, asquruq (Sül.-Kun. 66 aber wieder esyuruk\) = *as-qir-. Da, wie wir noch mehrfach beobachten werden (vgl. die folgenden Paragraphen), neben -qir, -kir usw. gern -ir, 5 -ir usw. auftritt', so dürfen wir eine Nebenform *astr- fordern, deren -s- im Sag. und Leb. regelrecht stimmhaft geworden ist: azir- »niesen«, faktitiv bar. az'irt- < *as-tr-t-. Vgl. § i 2 a.

Bei Walde' ist s. v. sternuo {'^ h-z. etenitter) der gedankenreiche Aufsatz Grahmonts Ononiatopees et mots expressifs (Revue des langues i'oiiianes 44, 1901) p. 130 nachzu- >o tragen, wo auch frz. aUche, atsc/ii erwähnt wird.

§ 3. Ein andres Wort für »niesen« ist: dschag. tüdkür-, fakt. tüdkürt-, nom. tü^kürük; bei Raquette MSOS 1914 190a tuckur-, kaz. t0ck0r-, t0dlc0rt-, t06k0r0k. Mit Übergang von -ck- > -Sk- : dschag. kir. tüSkür-, °kürt-, °kürük. Weiter: tel. kar. T. cückiir-, auch CC 136; dschag. tar. cüikür- sowie alt.

'5 mcür-; balk. Gi/c%ür-, kar. T. döckür-. Bei Sul.-Kun. 51 wird cMkür- über- setzt durch atse etmek, d. h. etwa »hazzi machen«, und durch flSMrmak (YoussouF 287 »jaillir, rejaillir, saillir«). Wb. kennt auch osm. sückür-, dschag. sn§kür-; verdruckt ist Wb. III 15 10 schor. tutqur- für das richtige tuSqur-, eine gutturale Nebenform, die durch die Annahme eines onomato-

jo poetischen Ursprungs der ersten Glieder viel von ihrer sonstigen Un- erklärlichkeit einbüßt. Ein ungebräuchliches osm. ttsqir- »niesen« erwähnt das Wb. Ob es mundartlich im Gebrauch ist, konnte ich nicht erfahren. Dagegen ist das metathetische tiqsir- und das davon abgeleitete fiqstriq für

' Warum es, ganz allgemein gesprochen, so viele Wörter gibt, deren zweite Silbe 25 in einem Teil der Mundarten mit g-, l-- anlautet, während in anderen ^lundarteu der Silben- anlaut durch einen Vokal gebildet wird, ist eine der schwierigsten Fragen der türkischen Laut- und wohl auch Formgeschichte. Vielfach werden wir in der Tat annehmen müssen, daß nicht sowohl die Lautlehre als viehnehr die Formenlehre im Spiel ist; diese aber liegt noch recht im argen, und die bis jetzt erschlossenen alten Quellen geben uns oft neue 30 Rätsel auf, statt die alten zu lösen. Das gilt besonders von den Wörtern, deren Stammsilbe etymologisch uudeutbar ist: kokt, qulqaq «Ohr- :z^ qulyag, qulaq: zu äiäk -Esel« das Wort hat schon eine ganze »Literatur- taucht jetzt in einem manichäischen Texte die »ältere« Form äskäk auf (L* 16 12) usw. usw.

Gründe lautlicher Art scheinen z. B. im Worte für »Zange- zu wirken; dasselbe 35 ist von qis- »pressen« vermittels des Formans -ya-c, -'•/u-c (MtüSpr. 41 13, 42 a) gebildet: L* 8 10 ytßsyac, CC 96 chexchac, chescaz, osm. usw. qisqac alt. kir. qisqas, sag. qisqas; kaz. q'isqic. küär. q'isqiis, tel. schor. q'isq'is, sag. q'isq'is; dschag. qwqac, in dem -u- wohl Rundung durch q- erfuhr, sonst qisac =^ osm. -l-q'isac »von qis+ac'. Wenn dies besagen soll, daß -ac «c -70c entstanden ist, wird man zustimmen dürfen. Im Jakutischen lautet das \\'ort kitayas.

Vom Köktiirkischen zum Osmanischen. 7

das »Niesen mit geschlossenem Munde« (vgl. auch Youssouf 1154b) be- n§3 kannt.

Im Schordialekt gibt es Kmir- »schnauben-, simiriq •Nasenschleim", doch auch «iwtjr-

niesen«. Da s- aus c- entstanden ist, so entspricht die Sippe dem tel. cimyir-, cimir-

schnauben-, öimyirik, cimirik •Nasenschleim«, wozu auch kmd. ^'im'ir-, ie\. cimyir •schnau- 5 ben« und km6. fimiriq, te\. cimyir'iq -Nasenschleim- zu stellen sind.

§ 4. Im italienischen Teil des CC liegt p. 55 tüpknr- »speien« vor; der deutsche Teil bringt p. 174 4 die Nebenform ti'tkür-, die nach Wh. III 1531 auch vorkommt im Osm. Krm. Dschag. Leb. Tel. Alt. Scher. Kir. Kkir. Tax. Sag. Koib. Ktsch. Küar. Dazu tiiküri'ik »Speichel« > osm. tiikrilk; bar. ■» dafür tiigiirük und das Verbum tügür-\ Dagegen liegt wieder Schwund des Suffixanlauts vor in ostt. tüpür-, tnpnriik'\ Grundlage des Wortes ist ein schallnachahmendes *tüp = osia. Nif »das Geräusch des Spuckens«, zu dem gehören: dschag. ostt. <m/?^/- »ausspucken«, dschag. /w/ÄMr- und dessen nominale Weiterbildungen tüfkürük, dschag. tnfiirdnk »Wasser, das aus dem '5 Munde fließt«, discha.g. tüfilrdäk »id.«.

NB. Zu np. fe/" -Speichel«, vna. t'uK •Speichel- (Hübschmann. .\rm. Gram. 1 449/50) sind W. ScHULZES Bemerkungen in KZ 45 S. 95 nachzulesen. Nach meiner obigen Zusammen- stellung kann onomatopoetische Herkunft der Wörter wohl nicht mehr bezweifelt werden. Vgl. GrlrPhil I i, n unten: 2, 77 und 86; Hobn Nr. 390: Pott, Ktyni. Forsch.^ \\ 3 S. 13. i jo bat kvivA. tff-kem -sputare-.

Osm. j>ii/ «Geräusch des Blasens, Wehens- wird mit ät- und da- gebraucht; A&zxi püflä- > blasen, wehen«.

Labialer Auslaut des Schallelements auch in mandsch. cifembi (spr. difembi) < *6i/-e-n-bi und cifelembi <, * iif-e-le-n-bi -spucken, ausspucken«. Anderseits Guttural in oksimbi -speien, >5 ausspucken«.

§ 5. Beachten wir die Lehren, die wir aus § 4 ziehen müssen, so dürfen wir aus den mundartlichen Formen des Wortes für »blasen« eine ältere, vollere Form *üpkür- zu *üp erschließen: osm. ?'// »der Laut des Blasens« {üf tüf da- »heftig blasen«; Prob. IV 1174U qisnin yüsnnä ürdü iif tip »er blies dem Mädchen ins Gesicht, indem er ,üf' machte«) > kaz. jer/nid. « {0/ it- »blasen«); osm. ad. üfnr- »blasen, mit dem Munde spritzen, prusten« und Ableitungen; iiflä- »blasen, heftig blasen« {üfür üfiir üflä- »venter continuellement« Youss. 12 10). Schor. sag. koib. ühür- »blasen,

' Prob. IT 457 i«4« steht tukür- mit Dativ im Sinne von «nach jem. speien, jem. an- 35 speien«; im selben Stück Z. 3410 aber auch tügür-.

' Vgl. kaz. dschag. yxtqn »fein-, uig. ostt. yupqa ~> osm. yufqa\ geminiert alt. yuqqa^ ie\. i'tiqqa. Houts. 104 unter yopqn. CuwaJ. «'«%«!

8 Bang:

n§5 pusten«, auch »bellen«. Sodann schor. ügür- »blasen« > alt. wr-. Unter diesem Worte stellt Wb. I 1825 diese Sippe zu dem gemeintürkischen ür- » blasen, bellen« (kom., dschag., alt., tel. usw., kiptsch. bei Houtsma 55 jj\ »hauchen«, äur- gedruckt) > kaz. #r-. Im Cuwas. bedeutet V9r- (Paa- 5 soNEN 199) »blasen, bellen«, ebenso im Jakut. ür- (Böhtl. 49). Ob die beiden Sippen doch nicht besser getrennt bleiben?

Wb. kennt ein h&r. laly'ir- »bellen«; Prob. IV 27 i8 wird laly'ir- wohl besser durch winseln« (wie ein Hund) übersetzt'. Prob. IV 181 lu steht ügrär »sie janunem«; es liegt wohl das »irrtümliche« -ü- vor: üyrär <. ügürär. 10 Das osm. ürü-, das im Wb. durch »bellen« wiedergegeben wird, übersetzt Yoüssoüp

durch »hurler d'une voix plaintive, gemir (chien)«. Im Kar. L. lautet das Wort yür-.

§ 6. Im kaz. picqir- liegt wohl die ursprünglichere Gestalt des kaz. tel. piSqir- »röcheln, schnaufen« vor; in den Texten wird es auch durch »pruhtschen« übersetzt: 1 64 165. In den Texten des 2. und 3. Bandes IS der Proben lautet es pisqir- »schnauben« (II 1 10 764, 267600; in i46iou,3u). Ähnlich das osm. püskür- »mit dem Munde spritzen, speien; auspru- tschen, herausplatzen, lachen« usw. Diesem Wort entspricht sag. koib. püzür- (< *püsür-) » ausprutschen « .

Wieder ein anderes Schallwort bildet die Grundlage des sag. koib. 30 piTfir- »prutschen, prusten« (Prob. II 3 90 392; aber II 3 i 2 305 pirqir- »rutscht«« für »prustete« ?).

§ 7. Wir wenden uns jetzt zu einer Anzahl von Verben, deren zu- sammengesetzte Natur so klar zutage tritt, daß sie schon im Wb. erkannt worden ist: J5 I. osm. usw. hai »he, ei, o«: osm. haiqir- »schreien, lamentieren«;

osm. haiqirtS »Geschrei«; dschag. haiqir und haiqir- \ dann auch osm. haila- » schreien« usw.

' Zu 'inircaq »Packsattel« (vgl. meine Bemerkungen AtüD 25 ff.) hat das Tarantschi die Nebenform linircaq: ich vergleiche jak. link'ir »Geklirr« und linlc'ir gin- »klirren«, wozu

30 dann sachlich herbeizuziehen ist: Prob. I 5 Nr. 75 hTir ciiiir inircaq »der knirrschende, knarrende Packsattel« und Prob.V 2351030 inircayi sayaqtap »sein Sattel klapperte«. Das anlautende /- drückt sowohl diesem *ltn als dem obigen */al den Stempel eines Schall- wortes auf. Ramstedt nimmt KSz XVI 69 für liiiircaq ein sekundäres /- an, dessen Existenz ich bezweifle, bis sie mir nachgewiesen wird. Zum jak. (ßn- vgl. Böhti.. Wb. 62b: tob (und

35 so häufig mit Klangworten) g'ina silliäbilä »er spie aus. so daß es toh (ein Laut, der den fallenden Speichel nachahmt) machte«.

Vom KöktiirMschen zum Osmaiiischen. 9

2. uig. osm. usw. ai. kaz. ai-hai, kir. o?-7ai » Ausruf der Verwunderung, II § 7 o, acli« usw. Dazu tel. kkir. aiq'ir- = kumd. aiyiY- »schreien (bei der Treib- jagd)« ; vgl. besonders Prob. V 70 295 aiq'ii-- »brüllen« (vom Tiger) und

100 1334 (vor Schmerz).

3. osm. usw. a »Ausruf der Verwunderung. usw. Dazu «</«/'- 0^^^'- ' kaz. krm.) »brüllen«: »von a(?) + q'ir, vgl. ai-q'ir-, ba-q'ir-, ca-qir-, qic-qir-, alle in der Bedeutung: schreien, vgl. arvir-, anir-. haiqir-«^. Das Wort kommt auch Prob. Vi 46 182 vor und steht gern mit iw/ir- im Hendiadyoin: V 41 I 1453—4, 380 378 U.SW. Vgl. auch alt. tel. osm. a^ir-.

Zur lautlichen Seite von osm. ad. krm. anir- »schreien (vom Esel)«, >" ad. tob. anyir-, osm. anir- ist wohl § 2 zu vergleichen, doch kann in diesem Worte an auch ein Versuch sein, die Stimme des Esels möglichst genau wiederzugeben ' .

Über bc^ir-, baytr- und die anderen oben unter 3 genannten Wörter ist kaum etwas zu .sagen (vgl. § 159); man kann jedoch der von Radloff -5 aufgeführten Reihe u. a. noch hinzufugen:

4. osm. bögür- y^höyür- »mugir, meugler« (Youss. 95); osm. auch hoyur- » brüllen«, wozu Wb. ^--fxiqir-i^ hinzusetzt, wa« möglich, aber durchaus unwahrscheinlich ist: wir haben es eben mit den beiden Schallwörtern 'bö und *bo zu tun ^'>

5. dschag. kkir. Kar. T. ökiir- »weinen, jammern, brüllen, heulen«; osm. ökür-ökiir ayla- »heftig weinen« (vgl. osm. baytr-f/ayir bayir- »brüllen«): osm. ügür- »brüllen« (CC 136 nicht unbedingt sicher), osm. öyiir-. I,aut- gerecht verengert kaz. ükir- »schreien, laut weinen« usw. = tara ügir-

» rufen«. .\uch dieses gern mit fmqir- verbunden: Prob. V 577 1743 ö^wr///) >? huqinti »er brüllte vor Schmerzen«: im Balk. wird es vom Schrei des Esels gesagt. Entrundet kar. L. äkir-.

' Im Kkir. steht neben raqir- ein caüir-, das im Wh. nur durch » wimmern- übersetzt wird, doch kommt Prob. V 592 58 caftrip ■.schreiend-, vom Berkut gebraucht, vor. Hierzu auch dschag. canirti •Geläute« (bei Sul.-Ki'n. 39: rankh-di: ^ingtrdt das Klingen). 10

Im Mandschu bedeutet ang -Ge-schrei di-r Usei oder Streitender-, nng sembi ».«chrcieii« : sembi -sagen- entapricbt im Mand. bei Schallwörlern dem da- des Türkisclien (vj;l. §8); z.B. hak gembi -husten« (aber kanff und Arfwy -Husten«, kenysimbi "trocljen husten"), jir jnr sembi zwitschet n , jVw -fmht -.scliwinou.. kaka kiki sem' -lachend«.

[A. VON Le Cov teilt mir inzwischen eine .\nzahl von Tiersclireien mit. unter denen 35 ich (ur Qara -Chödscha Hanta- -schreien (Esel)« finde: mit der beliebten A-Prothesi- fiir *anla-. fiir weiches ich eine Basis * aii iin.setzen würde. Weiteres sieli unten .S. 2i.cj. )

Phil.-hist. Ahh. 1UW. Nr. .'.. 2

10 Bang:

ll§7 6. kaz. s'izytr- »pfeifen« (auch für das Balkarische belegt KSz XV 253).

im Kar. L. T. in der Bedeutung »zischen«; Böhtlingk 39 stellte schon dazu jak. isir-^. Vgl. krm. s'isla- »pfeifen«?

7. Das Verbum siy'ir- »pfeifen« fehlt im Wb. Es kommt z. B. vor: V Prob. I 64 181; 11 264 485 ff., 417 1309; Z 1287 sMq »Pfeife« (cf. die Anm. zur

Übersetzung) also wohl aus ''s'iy'inq über "'sir'iq, wozu s'iy'iriqi »Pfeife« usw. zu vergleichen. Hierher stelle ich auch tel. kmd. s'iyirc'iq »Grille«, osm. siy'irdziq »Staar«". Im Wb. ist noch kü.är. siqir-, s'iqqir- »pfeifen« zu ver- gleichen, ob es sich um Lautgemination handelt^ oder ob zwei von Haus 10 aus verschiedene Basen im Spiele sind, kann ich nicht sagen.

8. Osm. hincqir- »schnarchen, den Schluckauf haben, schluchzen« (Redh. »hiccough, hiccup«); vgl. hiöqtr- {sic)^; dschag. incqir- »weinen, schluchzen, wimmern« mit Hinweis auf 'incqir-, welches fehlt. Zur selben Basis u. a. wohl kom. incqa- oder incqa- »kröchzen« (CC 134). ;

15 Da auch in der Stammsilbe -nc- gern zu -c- wird (vgl. yanc-, CC 191 5 = Ps 24 4 yancti

= contrivit, Sul.-Kun. 99 yano- = döw-, ufalal-, rizä ät-; kaz. yänic-: jak.««- -schlagen-: sanc-, carte- »stechen«, kaz. cänc-, cänic-, kur. cäc-, bar. foöfe- Prob. IV 43 lou, 5412a, kir. sanS-, sc^or. sas-, sag. koib. sas-, jak. as- usw.), so dürfte auch tel. icqa- »ächzen, .stöhnen«, \)&T. itsqan-, durch Metathese alt. iqc.a-, hierher gehören; -qa- wie in \i.om. nckät zu *nckä-

20 (8.525). Hierher, als Lehnwort (:'), mong. inckala- »gemir, sanglotter, pousser des cris: trembloter«, während mong. incagamui, burj. incagänap. insaganam. mand. incamhi »wiehern- wohl in in-ca-n- aufzulösen sind?

Zu einem Schallwort *iq gehören wohl: alt. tel. iqs'i- »den Schlucken

haben« % kir. gedoppelt 'iqiq »das Schnucken«. Zu iqsi- stellt Paasonen 24

25 cuwas. iksü, J9ksü »Schlucken, Hick«'". Zu 'iqiq darf vielleicht cuwas.

Ganz sicher ist der Vergleich allerdings nicht, da jak. isir- auch mit ostt izyitr- »pfeifen« zusammenhängen könnte: das AVb. 1 1543 au erwähnte izytr- fehlt, dagegen findet sich 1391 kir. üq'ir »pfeifen, zischen«, wo -.?- lautgerecht aus -s- entstanden sein dürfte, so daß das Wort zu dschag. isqir- = osm. isqir- gehören würde. Dazu dschag. isqiris »Pfiff.. - Eine Übertragung scheint vorzuliegen, wenn das kom. s'iyirc'iq (CC 130) wirklich

Taube« bedeutet.

' »Konsonantenschärlung bei Schallwort«.

^ Wb. stellt tob. ifskir- {-ts- < -r) »aufstoßen, rülpsen« zu 'its < ic »das Innere«, worin ich ihm selbstverständlich nicht folgi'n kann. \gl. tar. käkir-, kir. kekir-. ostt. kikär-, 35 kaz. kikir- »aufstoßen«.

* Metathese im tel. i^qi-.

''• Zum Formans vgl. knnid. tub. qoiiiii- »wimmern, stöhnen, brummen«, kir. gi>ls»-

= alt. tel. leb. schor. qinzi- »heulen, wimmern, winseln« (-ni- wie in \.<^r alahzi- »schwanken«

~- kir. alaiida-, leb. alanna-, beide < -la-).

40 Für -si- tritt -Sa- auf in ostt. y'iiisa- »winseln«, vom Hund gesagt (Spr. 94a); vgl.

dschag. yansa- »schwatzen« = bar. yaiiza- uig. d.schag. yansaq, bar. yaiiiaq »Schwätzer«.

Vom KöktnrMschen zum Osmanisehen . 11

r/ßla- »Schlucken haben, hicken« (Paasonen i8) verglichen werden: Iqtq ll § 7 >v/ß-\-la.

9. Nur aus dem Balkarischen ist bis jetzt belegt: maq'ir- »miauen, blöken, meckern«, ein naher Verwandter von Nr. 4. Zum stimmlosen In- lautskonsonanten vgl. balk. caqir- »rufen, schreien« =^ osm. myir- (so auch 5 bei HouTS. 71, CC 141; cayur- bei Är85 23 in einem jüngeren Stück) x'ur- wie bay'ir- y^ bar- (bei den Gagausen daneben cir-). Im Cuwas. ist belegt: maGjr-, nuuura-, makra- »weinen, blöken«;; vgl. unten § 173.

IL

§ 8. Wenden wir uns nun zum zweiten Element all dieser Wörter, so könnte eine mechanische Betrachtungsweise uns leicht veranlassen, auch yötkür- und yödür- usw. in yötk-ür- und yöd-ür- < yöt-i'tr- zu zerlegen, wie dies NiK. OsTROüMow in der Tat und, wie mir scheint, mit Recht bei den Schall Wörtern wie mirqilda-, m'ifilda- versucht hat, die er in seiner Gram, des Kazaner Dialekts (Kazan 1876, S. 36 Nr. 7) in tnrrq-'ilda-, mir-ilda- auflöst, 's

Freilich sind Onomatopoetika auf -7 nicht unbeliebt: Prob. V 285 182-3 halamn iinü barq ettl\bati (lies bai'i) yergä yarq etti »des Kindes Stimme er- schallte, sein Kopf fiel (bei der Geburt) polternd zur Erde« ; V 415 1582 tarq etip osurdii »er ließ einen krachenden Furz« ; V 457 3003 yürügü qalq etti »sein Herz pochte« ; V 558 1105 yerdm asfi s'ilq etti »die Unterwelt erdröhnte« ; mit ju da- für ät-: Prob. V 55 i 853 riralas'i yarq dep qaldt »die Feuerbrände sprühten knisternd auf«. Wb IV 1827 kir. su burq qitip qainadi »das Wasser kochte mit Geräusch« etwa »bullerte, blubberte«.

Gegen die Abtrennung yOtk-iir scheint mir aber die ganze Lautgestalt des Wortes zu sprechen : Schallwörter auf -tk sind mir unbekannt, alle Schall- >5 Wörter auf -k (und -/ oder -s) haben meines Wissens vor dem auslautenden Konsonanten -/- o(^r -r-'.

osm. yania-, yatiiaq, balk. :ania-. :anidq. Ferner Spr. 94b ija'/Ja- »wehklagen« r= ostt. kkir. qaqia- (auch unter ^qaqsa- 3), wohl tel. qaqsi- wimmern, jammern«, vgl. kaz. iinsi- -winseln«. Ob hier alter Ablaut oder nur neuere Verderbnis vorliegt, ist schwer zu sagen; -sa- darf vielleicht mit dem in AtüD behandelten zu.saminengestellt werden, -si- 111. E. aber nicht mit dem St3 § 5 besprochenen: es scheint vielmehr zu dem ererbten Sprachgut gerechnet werden zu müssen.

' Vgl. Prob. I 378 76 aq carö'in üiigi cart ättt -die weiße Pfostentür erbebte- ; 1 394 118 »ari ädä tüStu »er fiel klirrend, dröhnend zu Boden« ; III 146 i sirt et- (ein wieder eingerenkter 35 Knochen) •knacken-, vgl. IV 362 n sirt it-, tnirt it- -knacken, krachen- (Finger und Rippen) ad. part ät- -mit Krachen zerplatzen« (vgl. osm. patla-); Prob. V 122 2073-4 tj'ilt et-, kert et-

•2*

12 Bang:

II §9 §9. Ich würde also vorziehen, den gutturalen Konsonanten zum

Formans zu ziehen und sodann selbstverständlich mit dem ge-

botenen Zweifel daran denken, -qir, -qur, -yir, -yur, -kir, -kür, -gir, -gür mit dem gleichlautenden Formans der faktitiven Verba zu 5 identifizieren. Diese Annahme würde uns auch erklären, warum das faktitive -qir, -yur usw., das in den älteren Phasen recht lebendig war, heute gegen die Formantien -t, -tur, -ur usw. doch eher zurücktritt.

§ 9a. Sollte dagegen der Guttural doch zum »Thema« gezogen werden müssen, so kann man sich vielleicht folgendermaßen mit ihm abfinden :

lu Basis ist bei allen diesen Bildungen ein Schallnomen, das durch -iq zum Verbum wird, worauf das Faktitivzeichen -ur antritt. Denominale Verba auf -ig' sind u. a. : kär ».spät, Abend« usw.: ostt. usw. käcik- »sich verspäten, Abend werden« > osm. gäcik-, kaz. klcik-; köz »Auge« : kir. usw. közük- »die Augen auf etwas richten, mit bösem Auge anschauen; eine Erscheinung,

5 Vision haben« usw. > osm. guziik- »zu sehen sein« usw., kaz. küzrik- »ver- hext sein (durch das böse Auge)«: yol »Weg«: krm. usw. yoluq- »zusammen- treffen, auf etwas stoßen; empfangen« > kir. dzolüq-, kaz. dzul'iq-: usw. usw. Bei Antritt von -ur hätte dann die resultierende Mittelsilbe schwinden können. Es ist mir eine Sippe bekannt, die möglicherweise so zu erklären ist:

2o von *bilr kann abgeleitet werden: dschag. bi'dä- »mit dem Munde blasen«, lies bülä- < *hiirlä- und vgl. tar. sai-t. dschag. pViln- »blasen, pusten« < *pürl(i-. Zu diesem *biir, *pnr sodann: krm. bürük- »Wasser aus dem Munde spritzen«, tar. püriik- »prutschen« > kir. Kar. T. hiirk- »aus dem Munde spritzen, prut- schen, sprühen (Regen)«, sart. piirk- »prutschen«; dschag. bürkür- »spritzen«

25 »blubbern- und »knirschen« (vom Trinken und Kauen); V^ 257 17-6-7 bult berdi y'ilt bernt er lasselte, er klirrte« {vgl. Paasonen 27 filt): V 450 2779 hört etip ciya ti'dtu -(der Kopf des Kindes bei der Geburt) kam mit Getöse zum Vorschein«, vgl. Z 2781 malt etip tüiup ija/d'i »(der Kopf resp. das Kind) fiel poltei'nd zu Boden«; ferner V^6o 1882 tiirs dep tüsö qaldi »er stieg rasselnd, klirrend vom Pferde : gedoppelt qars qars kill- »laut lachen, wiehernd

j" lachen« V^ 268 2139, 211 "97 usw.

Zu einem Teile dieser. Wörter wenigstens sind Weiterbildungen auf -ilda- bekannt: qars (Wb nur Dschag.) »Ton einer Explosion, eines Schusses, des Händeklatschens«; dazu kkir. qarsüda's- »sich gegenseitig zerren« (?), in den Texten dagegen: Prob. ^"2692163 qarsildai- »rasselnd« (Pfeil), 272 2371 qarsildat- »klirren machen«. Zu kürs zunächst sag. kiirslä^ (^g'-

35 kürilä-) »krachen«, dann tel. kürsüldä- »einen klopfenden Ton von sich geben«, kir. kürsüldö- schwer aufatmen«, Prob. V 7 4950 kürs et- und kürsüldöt- vom Schwirren, Sausen des Pfeiles; 47-48 tars fit- und tarsitdat- im selben Sinne. Vgl. auch kir. sirlUda- »knacken« zu *cirt (Pi-ob. III 6 2}. Vgl. § 19.

Varn Köktilrkischeri zum Osinanviclu^ti. 13

(kir. bürkiin- < *t/nrkiis- »sich gegenseitig bespritzen«), alt. tel. pürkür- n^()i r>=p7(rkü-'i, welches »prutschen«, nach Prob. I 1601511 »ausspeien« bedeutet; dazu Prob. IV 596 upwr^/ip »spuckend«. Zur Sippe gehört auch kar.L.birfän- < bürkün- entrundet » bespritzt werden « , wohl auch kar. T. birk- » zerstreuen « .

§ 10. Faktitiva auf -qur usw. sind u. a. die folgenden: yat- »liegen« ^ bildet neben yaür-, yatfir- auch yatijur- (dschag.), yatq'ir- (bar. Prob. IV 15 8n); ältestes Beispiel bis jetzt PT 654 yabfur-. || Zu tar- haben wir heute turus-, turyuz-, turyus-. durut-, durdur-: im Osmanischen noch durjur- = turyur- bei T' 3 I . II Von OS-, m- haben die ostt. Mundarten und das Kirgisisclie jetzt ozdur-: im Dschag. besteht daneben oz^iur-, das .jetzt in dem uig. Text bei w PT 6 2 vorliegt. || Ebenso hat as-, az- die Faktitiva asqir-, azyir-, azyir-, azyur-\ letzteres jetzt auch im Uigurischen belegt bei L' 281 19; osm. krm. kaz. ad. azdir-, schor. asdr-. || Zu kör- haben wir körgilz-. körgiU-, köryit- usw. (vgl. meine St M 2 5 1 ) ; im Uigurischen finden wir jetzt körkür- » zeigen « bei M " 19 II nebeo dem gehiiiften körtkiir- <i kör-t-kiir bei M* 18 3 usw.: vgl. das -^ gehäufte cuwa.s. k^ixirt- »zeigen« (Pa.^sonen 70) -^ k^(r)-i)ar-t, = *körtürt-^ usw. II So haben wir mit r- Schwund ' zu kir- das weitverbreitete kiyiir-, neben bar. kirit- »eintreten lassen« (Prob. IV 25 i; fWb ), tar. kir. kirytz-, dschag. kirgiiz-; girgür- neben girdir- (diese beide, wie es scheint, ungebräuchlich). || Zu bil- hat sich neben biklir-, bildi'ir- im Kazantatari.schen ein biU/ir- erhal- =0 ten, mit der leicht modifierten Bedeutung »sich zeigen, sichtbar sein, wer- den: bemerkt werden, sicli bemerklich machen« (vgl. Wh pildir- unter 2); uig. dschag. bilgiir-.

§ 11. Ich möchte nun annehmen, daß -qur, -yi'r usw. in dem faktitiven yatyur- .sowohl als in dem Schallverb b'igür- nichts andres als »machen« »5 bedeutet: yat^iur- »liegen machen«, bögilr- »bö machen«^; es wäre also unser Formans synonym mit dem faktitiven -f -^ dt-, it- »machen« (Sf S. 925). das ja anderseits, wie wir im § 8 sahen, bei Onomatopoeticis vielfache Ver- wendung findet. Hier noch verschiedenartige Beispiele: tiir (alt. tel.) »Ge- räusch des Fliegens«, ftir ^/V/«/; wrtl. »trrrrr machend« = »schwirrend« : vgl. 3

' Eine der schönsten Faktitivliäut'iingcn, die ich kenne, ist das i-uwaS. {am- -saugen":) ^m»rt- .säugen« •< *äm-iz-t-: vgl. zn am-, im- die Faktitiva: dschag. ostt. kar. I.. T. ämi:-. kir. kkir. emiz-, sag. koib. ktscli. emis-, .soj. tel. küär. amts-: tar. ämit-: kir. emgiz: kaz. imt:-, tob. imit-. Zu -2, -s vgl. St» S. 1252.

' Vgl. AtüD S. 18. . 3:.

' Vgl. Walde' .s. V. wi^/o .brüllen«; dort lut. mu und da.s gedoppelte ntulmut facere.

14 Bang:

II §11 Prob. III 309 lo dr etip üsüp ketti »sie flog ,tnT' davon«: pir (osm.) »Ge- schwirr«, gedoppelt pir pir ät-: Prob. V 319232—3 qaq eikän qa'n/a und quq etkän quzyun »krächzender Rabe bzw. Krähe« : Saq »Geklapper«, gedoppelt Saq Saq it- »klappern« »isw. usw. Im Jakutischen zu dem oben erwähnten 5 ImMr das Verb um VinMr g'in- (g'in- = »machen«) »klirren«: Böhtl. 155 sar g'ina tüs- »fallen, so daß es ,sar' macht«'; vgl. Prob. V 555 994 »im« qil'yan iinüm »meine Jammerstimme« (aber 583 1957 qalyanl).

§ 12, Zugunsten meiner Erklärung könnte angeführt werden, daßSchall- verba von der Art derjenigen, die ich im i.Teil dieser Arbeit aufgeführt

10 habe, im Cuwasischen mit ausgesprochenem, ja gehäuftem Faktitivformans erscheinen: %ardldat- »schnarchen«, außer den von Paasonen 34 herbeige- zogenen Wörtern vgl. tel. qarqildu-, qorqilda-, qorqulda- »knarren, schnarchen, grunzen«. Neben dem schon faktitiven yßrlat- steht das gehäufte yßrlat- tar- »murren, schnarchen«. Dem kaz. mirilda-, m'irq'ilda- entspricht cuwas.

>5 nür'ilDat- »murmeln, schnurren (Katze)«. Für kaz. qitaqla- gelten im öuw.

sowohl hdimkla- a\s> kdnaklat- »gackern«. So k&z. p'isq'ilda-, aber cuw. /j5i5/-

nal- »flüstern«; kaz. äartla- = cuw. Sartlaf- »knallen«; kaz. äat'irda- = cuw.

äajßrDat- »krachen, knistern« (vgl. auch Paasonen 130); usw. usw.

Im Altindischen erscheinen onoinat. Bildungen inei.st mit k^- -machen« verbunden 20 (Wackernagel, Ai. Gram. II, i S. 7 8): vgl. besonders die Nomina: ctt-kära- '\J&rm.',jkaiiat- kära- »Geklingel", iam-kära- »Geheul, Gesumme, Getöse- (Prob.IV34i 978 qab'irya tont etip üzüldo »krachend brachen seine Kippen-); W. Schulze ftihrt KZ 45 95 au: skr. thtit-kära- -das beim Aus.spucken entstehende Geräusch- (vgl. phtit kf- »pusten, kreischen« bei Wacker- nagel): Walde^ erwähnt unter bucca ein ai. huk-kära- -das Gebrüll des I^öwen-.

^5 § 12a. Das jak. Wort für »niesen«, 'ifirt- (Böhtl. §466), ist das einzige

jak. Verbum, das Böhtlingk für den Auslaut -rt anführen kann (im Wrtb. mit -rd). Es hat vollkommen das Aussehen eines Faktitivs: iCirt- <^'ifir-t (Böhtl. § 484 3). Seine Erklärung ist meines Wissens bisher von niemanden versucht worden. Erinnern wir uns, daß oben § ib neben ös ein öt stand,

so liegt der Gedanke nahe, neben as habe at^ gestanden und dieses at sei

' Das neue jakutische Wb wird wohl Schallwörter in größerer Anzahl bi'ingen: was mir an solchen bekannt ist, sieht sehr wenig »urtürkisch- aus, erinnert eher an mong. und mand. Bildungen dieser Art, über die sich schon Pon einmal ii-gendwo mit Recht sehr absprechend geäußert hat.

^ Vgl. immerhin dschag. atsa. a/se in §§ 2 und 3: als rein schallmalende Wörter be- w(^isen sie (Veilich nicht viel aber schließlich nehme ich ja auch nichts anderes an, als daß at ein Schall wort sei.

Vom KöktnrHoch^n zum Oimuinischfin . 15

die Grundlage von jak. it-ir-t-: das türk. al- wird zu jak. 'il- »nehmen«, yoMl«äi2n zu »U- »liegen« usw. Es läge demnach ein gehäuftes Faktitivum vor. Selbst- verständlich gebe ich diesen Versuch, dem Worte beizukommen, nicht für wertvoller aus, als er in der Tat ist; nur davon, daß wir uns einem Faktiti- vum gegenüberbefinden, glaube ich überzeugt sein zu dürfen. i

bÖHTLiNGKS § 185 (vgl. S. 2o6b!, in welchem er aus Sibilanten entstandene Jak. / be- spricht, ist mii- bekannt. Böhti-ingk vergleicht z. B. osm. isir- -beißen« mit jak. it'ir-x das Wort hat alle Allüren eines Schallwortes; ich erinner« auch an dschag. tar. usar- .furzen". Spr. 83a H-iar-, JSFOu XXVI 5 S. 26 tisur-, osm. bos. krm. ad. kir. osur-. dazu osm. osiiniq

FurZ", osuryan »Furzer- (Youss.), osm. iisuraq -Furaer« = o.suryaq in Jarkend (JSFOu I.e. 'o S. 43); Hoi'TS. 49 ftgur- eher atur-; alt. tel. leb. schor. küär. sag. koib. oci/-; kaz. tis'ir- „= os'ir-'^ (fWb), kaz. utr'iq -Furz« .,= osriq" (fWb), kaz. tob. tum. tisraq -Furzer" : jak. ntiiruk «Furz« und das denominale vtnruktä-. Auch hier nehmen wir vielleicht besser zwei lautlich leicht differenzierte Basen, d. li. Schallwörter, an; vgl. z. H. ruwas. pi^zar- »furzen«, kaz. pUildat-, kir. p'isildat- mit einer auf .Sibilanten endigenden Basis, anderseits ^ putt -- »pupp« in '5 JSFOu I. c. S. 41 42. (*ber die Wiedergabe des akustischen Eindriick.s des Verschluß- lauts läßt sich eben streiten.

Wer glaubt, mit einer einzigen Basis auszukonunen, kann sich u. a. auf jak. tita /

Durst, Trank" berufen, das zweifellos dem ostt. usaq »duretig« :=: dschag. osm. susaq {<.**usa-q oder eher *susa-yaq') entspricht; Böhtlinok 178b verglich schon ittai- -durstig =" werden« mit susa; ohne sich über die Kinzelheiten auszusprechen, die auch heute noch im Dunkein liegen: tj>r. f«a- -dursten-, Prob. VI 164 6u usitdi, utudiim, 165 4 usuyan - tel. suzäq

durstig" < *Mizayaq <. *m.sa-yaq; MSOS 1914 178a ussa-, Spr. €33 ussiir-, ussar-; h&XV.. ussdp und susdit »Durst- (vgl. kar. T. mitrsap •durstig«, suw-iapl'iy^ »Durst«); usstir- entspricht mög- licherweise dem kir. *i7*t<ra- <_ "siib-s'iz-ra- (St 3 1236 .\nm. 2), wie al)ei' ist das auslautende -/ '5 im jak. utat- zu deuten i" Ist das Wort ein Faktitivum {subsat-, sttxat- -tränken.) zu *utä-

( vgl. aio- »essen- >- jak. asä-i asat- -nutern«) und entspricht die.-* *utä- dem tar. usa- <; ussa-'.' Da utoy, sowohl «Durst« als -Trank •■ bedeutet (ebenso kir. xii,nin). muß diese Erklärung als möglich gelten, solange keine bessere gefunden ist^.

' Kürzung urspnTnglich kontraktioiislanger Auslautsilbe, z. B. in osm. sann (türkm. ?o Vamb. sä/in) = alt. tel. si/rSn »kalt, kühl, frisch- «C tel. ■täriigiin: im Ostt. «-Umlaut: tar. sorün. Spr. 92c sorun, MSO.S 1914 205a .löruv. <.'C 139 fereon lies ■■^ärr/'Un. Küär. siriigiin, leb. schor. säräri, sag. koib. ktsch. srran. Castrkn 123 siirnn. Mel. as. IX 150 siirori, fiiriiii mit sporadischen] ä-Umlaut. SiL.-KüN. 171 gibt die Aussprache sirin. die in der Tat bestanden haben muß. weil süron auf älteres *firon hinweist. 35

Mong. seregün. strigün, mand. sn-guicm (sprich sergiin.') .frais, rafraicliissant.. sind offen- bar von mong. seremüi, serimüi -s'eveiller. sc reveiller. veiiier... mand. sprrmbi "bemerken- usw.. siTehvn -wachsam- zu trennen: ob särägün einem älteren Kultiirkreis entlehnt ist, weiß ich nicht; vgl. kir. taza aua -frische Luft« (rkWh 26Tb 311) < dem Iran. bzw. Aral).

'■' Zu yÜT- u.sw. -gehen- gehört das Faktitivum yüriit-: im Jakutischen besteht nur nrit- »gehen«, zu <lem Böhtlinok im !? 486 S. 291 bemerkt; ..hier ist -< nicht Kausativaffix". Im Wb 163a erklärt er es für ein Frci|uentativum. wie auch im !; 488. Seine Fret^uentativa

16 B ANG :

n§i3 § 13. In diesem Unglücksparagraphen werde ich nun der Frage nach

der Herkunft des faktitiven -(fir, -yur leider nicht ausweichen können, ob- gleich ich nichts Sicheres zur Lösung derselben beizubringen habe.

Nahe läge es, das Formans mit q'il- »machen«, jak. km- »machen« 5 (< *q'i-l, bzw. -n'i) zu identifizieren und anzunehmen, das gleichbedeutende -'ir, -ur sei auf lautlichem Wege daraus gekürzt'.

Obwohl diese Erklärung in der Herleitung des faktitiven -t < dem Ver- bum ät- »machen« eine gewisse Stütze finden würde, birgt sie große Ge- fahren in sich; überblicken wir nämlich die hauptsächlichsten Faktitiv- 10 formantien :

-°e -t°r -7°r

-°z -t°z -y°z,

so springt in die Augen, daß -t°r, -t°z aus -°t und -°r bzw. aus -°t und

■5 -'^z zusammengesetzt, d. h. mit anderen Worten, daß sie gehäufte For- mantien sind. A priori wird man also geneigt sein, auch in -y°r und -y°z gehäufte Bildungen zu vermuten, obwohl bei dieser Annahme der erste Kom- ponent vorläufig in Dunkel gehüllt bleibt (vgl. die mongol. Bildungen in Anm. i).

2c. Unklar ist auch es wird gut sein, dies ausdrücklich zu erklären

ob -°r etwa aus -°z durch Rhotazismus entstanden ist oder ob umgekehrt -°z, etwa aus dissimilatorischen Gründen, für ursprünglicheres -°r eingetreten ist, wenn sie überhaupt nicht besser als zwei ganz verschiedene Formantien aufzufassen sind.

25 Die hohe Altertümlichkeit der beiden Formen -°r und -y^r ist jedenfalls

nicht in Zweifel zu ziehen ; für erstere ergibt sich dies auf das deutlichste

oder Intensiva auf -/ unterliegen aber, vom vergleichenden Standpunkt aus beurteilt, starken Zweifein. Statt yürüt- liat übrigens Kar. L. yüriittür-. ein gehäuftes Faktitiv.

Eine andere Kategorie von Wörtern auf -/ führt Böhti.ingk im !; 504 auf, ohne sich über ihren Wert zu äußern: hier tiiiden wir u.a. unser niat- und dann auch irät- .sich entfernen«. Ich halte auch dieses Verbuin für ein entwei'tetes Faktitiviun: i/'irat-, yirat-. irat- " entfernen«, aber v.. B. rei. irada por »geh weiter fort«, wrtl. »entfernend geh« d. h. -ent- ferne dich". Derartige Faktitiva verlangen nach einer ausführlicheren Monographie: vgl. vorläufig Hommelfestschrift II (.MVAG 1917) 290.

' Im Mongolischen sind die Faktitivforniantien -ga. -ye. -Iga. -Ige und -17«/. gül (Schmii>t. .S. 77) im Gebrauch: letzteres wird auf lautlichem Wege im Burjatischen -lw -jul. von dem aus sich eine Form *-ul leicht entwickeln könnte.

- jVlit ° bezeichne ich hier den ablautenden Vokal.

Vom Köktürkiftrhfin zum OsmianiscJmi. 17

neben anderen Umständen aus dem Auftreten des sog. »Suffixes« -s^ir (vgl. n§i3 $ 14), fiir letztere wolle man auch die Schallverba auf -g'jra- usw. (vgl. §§ 1 5ff.) im Auge behalten.

§ 14. W. W. Rädloff hat, soviel ich sehe, die verbale Endung -sur stets für ein einheitliches Klement gehalten, am deutlichsten wohl in den 5 Altt. Inschr. S. 414, wo er »das Affix -^7'« aufführt. Es kann aber keinen Augenblick bezweifelt werden, daß -s-ur aus, dem kooperativen -s und eben unserem faktitiven -°r zusammengesetzt ist. Der Beweis für die Richtigkeit dieser Ansicht liegt einmal in der Bedeutung der betreiTenden Zeitwörter, dann aber in der Tatsache, daß sich hier und da neben Verben auf -hir 10 solche auf -^ftr < -S und -fir nachweisen lassen; letztere sind für den Sprechen- den verständlicher, weil die auf -,^ur frühzeitig die unbetonte Mittelsilbe ein- gebüßt hatten (xxx > xx usw.), wodurch ihr etymologischer Wert verdun- kelt werden mußte'. Einige Beispiele werden genügen; die Dialekte werden nur angedeutet. «5

1. yap- »decken, bedecken«; osva. yaptä- »berühren, ankleben, kleben- bleiben«, kaz. yabiS- »zusammen zudecken, ankleben, hängenbleiben«, uig. yahiii-, kii. dzabis- »klebenbleiben« ; alt.yapS'ir- »ankleben, befestigen« = koib. yaps'ir-, ahn- osm. yapWü- »ankleben«, (\scha.g. yapuMur-, k&z. yabßfir-. Auch HouTS. 104 yapiStur- »heften»". ao

2. tap- »finden, erwerben« ;' alt. talnS- »sich finden, sich vereinigen, sich helfen«; osm. tfipisir-(\), tapi'ir- »hingelangenlassen, einhändigen, über- geben«, uig. tapSur »übergeben, hinbringen«, aber osm. tapiM'ir- »empfehlen, zu.stellenla.ssen« (Youss. : vieux mot), tel. tabUttr- »überbringen, zustellen« usw., kir. tabfisttr- »vereinigen, versöhnen« (das Simplex tabis- bedeutet »sich ^s finden, sich treffen; sich vereinigen, sich versöhnen«!).

3. täk-, täy-, dni- »berühren, treffen, anrühren« usw.; ostt. ta'giS- »sich treffen: ein Geschenk darreichen; tauschen, austauschen« - krm. drigi^- » wechseln«, osm. dd'yü-: Hovts. däg.yf/r- » verwech.seln « , dschag. (^/«A-.sV/r- »wech- seln«: osm. däyiMir- »verändern, umtauschen, umwechseln«, aber krm. da- 30 gi^tir- und ostt. tägiMür- »tauschen lassen«. Sül.-Kun. 57 dekiUir- »um- wechseln« bzw. »tauschen«. Hierher wohl auch Kar. L. tiwsiir- und Ijiwsir- (Wb. II1814) »verändern, verwandeln«.

' Zu den lautlichen Vorgängen vgl. den ersten Anhang über yaqii usw. - ProVj. I 26571 yafiiir'ip pa^ti -er tWickte ihn fest (oder: dicht) /.ii Hadon-. 3!

PhiL-hist. Ahh. 1919. Nr. 5. A

18 Bang:

II §14 4. qap- < *qab- »fassen, anfassen« : osm. qawU- »zusammenkommen, sich vereinigen«, iiig. qawii- (z. B. PT 268b) und qawuS-; uig. qawmr- »zusammen- legen« usw., z. B. M 22 12: iliglärin qawSurup »die Hände (betend) zusammen- legend«, M" 46 71 : iki ayalarni %aw.<<urup iki uluy änräklärni yapsurup

5 »die beiden Handflächen aneinanderlegend, die beiden Daumen sich

bedecken lassend'«: osm. qatmidr- »verbinden, in Verbindung bringen, zu- sammenlegen« (z. B. äl qaunsttr- »die Hände auf der Brust kreuzen, als Zeichen der Hochachtung«), uig. qawuätur- (z. B. qol qatmi^tur- »die Arme über der Brust kreuzen«)^.

m.

§ 15. Sprachgeschichtlich von großer Bedeutung, freilich auch schwierig zu beurteilen, sind die zahlreichen Schallverba auf -q'ira usw., von denen ich einige hier zusammenstelle:

1. Ostt. purqura- < dem Schallwort *pur und -q'ira; Bedeutung »niesen«. '5 Wb. verweist auf eine Form purqra-, welche im Wb. fehlt.

2. Kir. barqra- »laut sprechen, schreien« < *harqira-: vgl. alt. tel. par- qira- »knurren«, parq%ra§- »zusammen lärmen« (von Vögeln): kir. bariqra- mit Einschub. Hierzu bars 'Tiger'??

3. Kkir. qorqura- »röcheln« (Prob. V 2 76 2420 qorqüra- von einem Sterben- jo den) ; bar. qory'ira- » schnarchen « . YgVkorla- GC 134» schnarchen « , in den Aba-

kanmundarten belegt im Sinne von »murmeln, rieseln« (vom Wasser); anderseits tel. qorqulda- »grunzen« (vom Schwein), tel. qorqilda- »schnarchen, knarren«.

4. CC 138 sohranirmen = ich truyre (für Kuuns eruyre), d. h. traure; dschag. osm. soqran- »sich beklagen, weinen« nach Vämbery auch »brum-

25 men, murren«; Sul.-Kun. i 73 soätöwotö^: rriinldanmak, dudak alttndan javai javah söjlenmek »murren, zwischen den Lippen sprechen«; < soq'ira-n-, wozu zu stellen ist das lautgerecht verengerte tob. suqra- »unzufrieden sein, sich beklagen, murren, brummen«.

' Also Sj'nonym von osm. däwsir- -zusammenlegen, zusammenfalten, aufhäufen, ver- 3" sammeln» = krm. däwsir- und däüsir- »zusammennehmen, versammeln«, die ich über *täwisir-, *tägiiir- mit tag- »berühren« (oben unter 3) in Verbindung setze.

- Die inschriftlich belegten Verba Jeinsür- und yofisur- (IK6: vgl. Thoms. Anni. 1 1) machen nur deshalb auch heute noch Schwierigkeiten, weil die Bedeutung der Simplicia nicht durchaus festsieht. Thomsens Analyse von yoiisur- ist jedenfalls tadellos; nur ist 35 vielleicht yohasnr- zu lesen nach Kr. 627 und Anm. i.

Vom Köktürkischen zum Osrnanlschcn. 19

5. Ostt. Mrqura- »plätschern«, zu osm. tel. aar »der Ton des Murmeins ll§i: des Wassers«, z. B. .m sar aqfi oder gedoppelt sar sar aqti »das Wasser floß murmelnd« osm. auch mfil äaril aqfi. Vgl. osm. safilda- »rieseln, couler avec bruit« (Yoüssoüf), kaz. iarqilda- »laut lachen«, sarq'ildap köl- »laut lachen«. Sodann tel. osm. kaz. sarla- »rieseln, murmeln; stark fließen 5 (Wasser aus einem Faß): prasseln (Butter auf" der Pfanne)«.

6. Tel. dirqira- »rauschen (vom Wasser), pfeifen« = kaz. öirqira- »zwit- schern (vom Sperling)«. Vgl. kaz. f'ifilda- ■'schluchzen (von einem Kinde)«, wodurch hinübergeleitet wird zu kkir. öirqira- »wimmern« (vor Angst) in Prob. V 578 1785 usw. > kir. &'irqira- »wimmern« (Prob. III 2 14 1633). Das m (irundwort fir bedeutet im Osm. »eine Sperlingsart« : dazu tel. c'iWa- »zir- pen«: gedoppeltes circir bedeutet im Osm. »alles knarrende, knisternde«, dann »Schwätzer, Grille«. Hierher wohl ostt. öirla- »rufen«.

7. Diesem cir steht *i'ir sehr nahe, das in den folgenden Ableitungen weiterlebt: alt. tel. ä'irq'ira- »rauschen« osm. alt. usw. i'irla- »summen (von -s kochendem Wasser), murmeln, rieseln (vom Wasser), schwirren (von der Lerche), zwitschern«; vgl. weiter kaz. S'irq'ilda- »laut schreien, laut lachen« (vgl. auch sart. osm. [?] sirilda- »murmeln, rieseln« usw.).

8. Im Wb. fehlt kkir. Inrqira-; es kommt z. B. vor: Prob. V 459 3065 Uirqiraj) tkip yatqan »heftig weinend«, 580 1842 im Sinne von »poltern« (von au stürzendem Fels: »krachend«): vgl. kür. b'iryilda- »tönen, schallen«, kaz.

» grunzen « .

9. Prob. VI 464: qiz wäqraUlü: wai oyn däp »das Mädchen schrie: weh, ein Dieb.« Wb. hat dafür waqra-: es ist aber klar, daß wüqra- das Richtigere ist: *wai-qira-^, für das an der Parallelstelle 48 7 qiqas sal- »schreien« ge- "> braucht wird. Vgl. hier wieder: baq'ir-, baq'ira-, baqra- usw., für welche man an Zusammensetzung mit dem Ausruf bai denken könnte.

10. Schließüch erwähne ich hier schon osm . i^rff- »brüllen (von Kälbern)«, das YoussoüF 505 durch ujrhnek umschreibt. Da er daneben ein Nomen iyrik »animal (jui crie, qui mugit« kennt, so muß neben igrn- ein Verbum i" "igir- bestanden haben oder mundartlich noch bestehen; igrä- steht also tur *igird-. Dieses *tgir- wird auch durch osm. igirti, iyirti »Gebrüll« verlangt.

Eine Form *iflrä- ist bis heute meines Wissens nicht belegt" ; ich hätte dieses Wort sonst auch im § i 7 aufttlhren können. Da aber dschag. änrä-,

' Erstsilbiges -ai- > -ä- wie in är7 <c airi Heugabel u. dgl. 35

' Vgl. immerhin Sol.-Kun. 89 inkremek «trauernd weinen«.

W. Bang:

II §15 kir. enrä- »wimmern, jammern, schreien, blöken « (Prob. III 136 19; 403 10) virtuell dieses *inrä- vertritt, so bitte ich, die Wörter des §176 mit diesem zusammenhalten zu wollen.

CC 1345 steht im Original: 3t pgrani&lr = der hu//t gru/ici[t]; es ist 5 also nicht mit aller Sicherheit auszumachen, ob das Verbum igrän- oder 'iyran- lautete; schov.'iyran- »knurren (von Hunden)«, vgl. unten §177.

BöHTi.iNGK fuhrt jak. Wörter auf -k'irä- usw. im § 471 auf; dazu vgl. seine Anm. 300: ^ ist, wie BoBRowMKow (S. 122) bemerkt, eine öfters wiederkehrende Kndung bei Verben, die einen lauten, schneidenden Ton bezeichnen.« Soweit das jak. Material reiclit, scheint 10 es aus dem Mongolischen zu stammen.

§ 16. Die Beurteilung des Verhältnisses von -qira zu -qir hängt offen- bar auf das Innigste mit der Frage zusammen, inwiefern im Türkischen die heute einsilbigen, konsonantisch auslautenden Verbalstämme aus älteren zweisilbigen, vokalisch auslautenden .entstanden sind (Phonetik

'5 § 281). Die saubere Lösung dieser Frage ist aber von einer Anzahl von Vorarbeiten abhängig, die mit der vorliegenden Arbeit in gar keinem Zu- sammenhang stehen (vgl. vorläufig meine MtüSpr. § 26).

Die Bausteine werden wir uns mühsam aUer Ecken zusammensuchen müssen, ohne doch schon jetzt hoffen zu dürfen, daß sie einen festgefügten

20 Bau ergeben werden: dschag. öksüräk 1) z. B. könnte auf *öskürd- zurück- geführt werden, doch ist es isoliert, und ältere Formen des Verbums fehlen uns; m;m darf daher auch an den Suffixablaut -ik, -iik: -ak denken.

Im Kkir. kenne ich zu cinir- »klagen, jammern, wimmern« (Prob. V 4492752, 4121481 usw.), das Nomen cminq (V 356 1613— 14); Nebenformen

25 sind : cinginq (341 1005), ci-yir'iq (4 1 3 1501), eiyiltq (505 4634) und ciy'iraq (412 1482). Auch hier darf man vielleicht ein Verbum *eimra-, *eiyira- konstruieren?

§ 17. Auch bei der hier zu nennenden Kategorie von Schallwörtem spielt die im § 16 erwähnte Frage wohl noch eine Rolle. Im Wb. werden diese Verba olme Erklärung ihrer äußeren Form gegeben. Sie gehören

30 offenbar zum ältesten Sprachgut.

I. 93 münrä- »to bellow« (vom Maral), vielleicht auch mönrä- z\x lesen; vgl. kir. mönrö- »brüllen« > alt. tel. leb. mörö-, lies mörö-, bar. ?närö-; vgl. Prob. IX 346 2u miiräzip-märazip zu *müräi- und märas- (vgl. unten 3). Im Baikar. heißt »brüllen« (Rind) münnürn-, im Kaz. tn0krä- und megffr-

35 (dies bei Paasonen 87 unter rmiärvat-): ist als Grundform aller Formen *mü-kiir<'i-, */iii/-krn- oder *mnfi-k>/r(i usw. anzusetzen?

Vom Köktiirkischen zum Osman'iscfwa. 21

2. kom. usw. mw/lra »brüllen (Kuh, Kamel), schreien«: dschag. auch n§i7 munraä-. Im Sart. dafiir muyra-; vgl. tel. mügta-{?), das durch »brüllen (von der Kuh, eigentlich Muh sagen)« übersetzt wird. Grundform *mu-qtra- usw.?

3. Uig. usw. manra- »blöken; stöhnen, ächzen«; PT 584 »gemir«, L' 5 610 »schreien« (Mensch); Prob. II 3722351 manrad'i, kista'ndi »wieherte«. Prob. IV 167 10 manara- (? ? mantfa-) »blöken«. Vgl. die cuwai. Formen rnakra-, maGara-, inaoar- oben § 7 9. doch vielleicht auch kir. manqüda- »bfel- len«? Nach Quellen, die fiir mich nicht laufen, erwähnt Paasonen 84: alt. maara-, das zu obigem maüara- passep würde. Grundform *ma-q'ira-'^^ ■«

4. Voih. kinrä- »hell wiehern« (Prob. II 408 1008). Vgl. schor. Är/mni-n- » brummen, murren«, bar. kcigrän- »murren« ". Anderseits schor. usw. känrn-t- in at kährädip kistnp öad'ir »das Pferd wieherte hell«; dann osm. M^ra- » brüllen, vor Wut brüllen, wütend sein«, das von Kar. L. kükni-, entrundet aus kökrä-, zu trennen ist. Grundform *ki-kird-, *kd-kird-? -5

Ein Synonym ist sag. sanra- »hell wiehern«'.

5. \i\T. afira- (mit dem Zusatz » vgl. aMr- » ) »wimmern, schreien (von

kleinen Kindeni und jungem Vieh)«, dschag. anra.^-: tar. anraii- »stöhnen,

.seufzen«; kir. aiiira-, ancfira-, afiyra- (vgl. Phonetik § 448) »= aüru-»^: vgl.

oben § 7 3 und Anm. Grundform *a-qira-, *an-qira-?

Im Tarantschi bedeutet Aany; -Uselhengst« (vgl. oben S. 936); ich leite da.s Wort von *angir oder *aii-yir her* und erinnere an den "Brüllei-- lyxf-r,': (vgl. Wackernagel, Voces variae animantium' 61; Dähnhardt, Natureagen III i S. 187: Boisac^ 683; Berneker 267).

' Wenn Vämbebv da.s nur von ihm Cag. .Spr. 336 b aufgeführte mari- »briillen (vom Stier)- selbst gehört hat, .so ist es wohl als märi- zw interpretieren; das auslautende -(' wird 25 dann aus einer geschwächtt'n Fomi erschlossen sein: märaidur ^ niäridiir usw.? Wenn diese Annahmen unrichtig sind, bleibt mir das Wort unklar, man müßte denn auch hier noch den Ablaut -a: -i im verbalen Auslaut annehmen wollen. .Sul.-Ki'n. 144 hat mar'i- 'havla-, af af ät- bellen« [A. voNLECog kennt mafidl -muhte (von der Kuh)-, wo also •a- kurz gewesen sein muß. weil es Umlaut erlitten hat]. 30

' In einem unsrer ältesten Texte (T' 34) wird schon känrän- gebraucht, und zwar vom .Schall einer Schelle; als Parallelwoi't yaiira-, :=. bar. yanyur-, kaz. yangir- und mit selt- ■samer Erweiterung kir. diangiTiq- "Widerhallen-. 246 ein i/afiqir-, dessen -r- nicht ganz feststeht.

' Das gewöhnliche Wort fiir -wiehern- ist kisnä-, worüber der zweite Anhang untei- 4 35 zu vergleichen ist.

* Die beiden Bestandteile diases Wortes finde ich auch in dscliag. afujir, aiiqur »eine Knteuart- := kir. kkir. anyar, alt. aüai Wasservogel, kleiner als eine Ciaus, mit ruti^elber

2'i W. Ban«:

11^,., Es werden also wohl auch die Wörter für -Hengst" und »Wolf-, mit denen ich

KSz. XVII 129, Anin. 2 nichts Rechtes anzufangen wußte, Schallwörter sein:

»Hengst«: kokt, ad'fir (T^ 86) > aiyir, bzw. ast^ir, aqs'ir; jak. at'ir, das ich auf eine

Foi-m ohne Guttural zurückführe: *a(lii; im Wolgabulgarischen *ad'iT mit spirantischem -d-:

5 daneben irgendwo und -wann *ayir ~> üuwas. aßr (aber z. B. -dfy- in uig. qadyu > i'uwai.

'/ivj~/jt "Sorge«); balk. anr, dessen -z- der Erklärung bedarf (Phon. §§ 274, 338 und St3

1239 Anm. 4).

"Wolf«: kkir. qarüqir; bar. qarsqur; kir. qasqir .= qaiqir« (fW^B); iuwas. knskar; wrtl. wohl »der Heulende«? Zu *qars, einer Nebenform von qars; dazu *qarila- > cuwai. "" icasla- "Sausen, brausen, heulen« (z. B. vom Walde). Vgl. etwa alt. usw. tars »Knall, Krach«, osm. tars »Krach« : sag. tarUa-, koib. tarsla- »dröhnen«, sag. taslm- .lärmen« usw.

6. dschag. änrä- (»vgl. äfiil-, r'mii-'^ [?]), kir. e7ir(i- »jammern, weinen, wimmern«; dazu: dscha.g. nnrän- »leise weinen«, nnräi-, Vit. enrcis- »zu- sammen weinen, jammern, winseln«. Unter kir. enkildä- die vereinzelt ge- 15 bliebene Bemerkung: »von änkil -{- In; änkil ist wahrscheinlich tonnachah- mend, vgl. eiirä-, (Uni- f. Ich stelle hierher: dschag. ngrän- »seufzen, schluch- zen« (SuL.-KuN. 81 unter igranmakl) und bitte oben § 15 10 nachzulesen. Grundform *n-kirä-, *i-kirä-?

Synonym: dschag. sj«r«- »still weinen, wimmern«.

20 7. kaz. iV>r«- »knarren«, kir. ifiran- »stöhnen, ächzen« (auch Prob. V

325450), tel. 'mira- »brüllen (von Kühen)«; schor. iyira-, iyra- »knarren, klir- ren«, iyran- »knurren (von Hunden)«. Grundform t-q'ira? Neben *i' dürfte *t(/ gestanden haben, wozu oben § 7 8 zu vergleichen ist.

8. tel. qanra- »hell klingen (von einer großen Glocke); schnattern«; J5 .so aucli Prob. II 472 3167 von der Gans, während V 5741624 das faktitive (f anrät- in der Bedeutung »rasselnd« vorkommt. Vgl. tel. qanira- »läuten, einen läutenden Ton von sich geben«, dann aber auch qahqilda- »läuten, klingen (von großen Glocken)« : »schreien (von Vögeln), schnattern von der Gans«. Doch auch kaz. qaq'ilda- »schnattern« (Gans), Prob. IV 1413U qa-

Brust«, dschag. anynr, anqur (vgl. Pavei' de Courteille 38). In der Form anyir steht es jetzt in den Tubatexten des IX. Bandes der Proben (27 >). wo es Katanoff durch »Turpan« übersetzt. Es handelt sich um die von uns fälschlich »Rostgans« genannte Ente (Brehm, Vögel 1 245), von deren Schrei Bhkhm 246 sagt: »Die Stimme, die der russische Name »Turpan« klangbildlich zu bezeichnen sucht [:'], ist sehr stark und weittönend. Ein vielfach

35 abwechselnde?, immer aber klangvolles »Ang« oder »Ung« ist der Lockton-. Die Jakuten nennen die Rohrdommel anir sie heißt ja auch bei uns bos iaurus, frz. butor, ne. bittem, Rohrbrüller usw. Mand. anggir niyehe »eine Art Ente«, mong. n'iggir oder anggir nogoso »mac- reuse, anas nigra'; schallmalend auch uiand. cunggur niyehe »eine Art wilde Ente«.

Vom Köktiirhif^chen zum Osm^nvich^n. 23

qildai- vom krächzenden Raben. Die Basen *qa, *qaq, *qan' haben wohin §17 von Anfang an gleichberechtigt nebeneinander gestanden; vgl. cuwas. ka- G^lvat- lind qaqlat- »schnattern«.

Daß diese Verba, wie Phonetik S. 243 von qofira- und kirnrä- lehrt, unzerlegbar seien, kann ich nicht glauben. Das von mir vorausgesetzte 5 *mü-kürä- konnte zunächst zu *mükrä-, anderseits aber auch zu *mügürä-, *mügrä- und miifirn- werden. Überblickt man die vorstehend gesammelten Formen, so wird man diese Erklärung vielleicht annehmen : wenigstens will mir scheinen, daß mit einer Teilung *mün-rrf-' gar nichts gewonnen ist, und daß sich auch gegen eine Herleitung aus *münür-ä- gewichtige Bedenken 10 geltend machen lassen'.

Die einzelnen Ijiutvorgänge in diesen Wörtern kann man zum Teil bei dem türkischen Worte för »taub« verfolgen, das etymologisch unklar ist und bisher wohl stets als gegebenes Ganze beurteilt worden ist: osm. kür. sayir, dschag. sayir und sayrayu < *say'iroyu (verbal sayra- »taub sein« >5

' Zu diesem te\. qandira- •läuten, klingen (von Glocken)«? \'g\. t/oiira- "klingeln, läuten- in den Abakanmundarten, > alt. tel. ^owro-, kam. qonran- -murmeln« (CC 136) und das Nomen »Glocke« qmlraq, qonrau, qonrä, das im Kumd. al.s qondra auftritt (mit para.si- tischem -rf- ? ?).

Für «klingen, erklingen« hat das Sagaische noch .sinra- und siiira-f- ^^ -i: im Sch(»r. m dazu nüdraq »das Klingen, der Klang, das Geklirr«, von dem aus das Verbum xifuiar- =r xinra- wohl erst neu gebildet wurde (:').

' Dem Formans -ra bringe ich überhaupt einigen Zweifel entgegen. Wb. I 999 wird dschag. osm. o^a- »winseln: leise wiehern (von Pfeiden, wenn sie die Nähe des Wassers spüren)« in oq+ra zerlegt und auf nqla- imd dort aufo^to- verwiesen. Im I^b. liaben wir 35 oqran- »schreien (vom jungen Vieh)- alt. nqrim-: im Ktsch. ly/ra- -laut wiehern«, sag. oyran- «wiehern«, tel. (r/ron- »schreien, brüllen (von jungem Vieh)«. Fnter tr-/ra- wird nun auf osm. tel. (/yur- «brüllen« versv lesen. Da nun auch ein koib. lyjura'i- -laut wiehern- be- steht, das auf *o'/ura- hindeutet, so dürfte neben 07 eine Basis o anzusetzen sein, zu der sowohl oyur- als *o-qura- zu stellen wäre; *o-qura wurde zu oqra-, (r/ra und (r/ura-n-. Die v> Stufe *finra- ist bis jetzt nicht belegt.

' Bei kar. T. tnüwh- »schreien, jammern, brüllen- und der eiitrundeten Nebenform mivh- ist es nicht sicher, ob sie auf *miigrd- oder mänrä- zurückgehen : vgl. einerseits kiptsch. dschag. hügräk »Niere« sa<r. pügräk usw. > kar. T. bütchk, anderseits aber .limäk > kar. T. siiwik »Knochen«. Bei kar. L. miwiz und kar. 1". miiwüz »Hörn- weiß man nicht, 3'i ob sie auf münüz oder mügüz zurückzuführen sind.

Bei dem Nebeneinander von -g-, -u- : -tr- handelt es sich selbstredend ebensowenig um einen I>autwandel wie etwa in uig. dschag. «mh«A* -Knochen« = dschag. osm. «iimi/^, ostt. $üfiür- «einsaugen« •=: dschag. tar. .sam'ur- »schlürfen«, osm. -r-amasser et tirer avec- le mufle (boeuf, vache usw.)«, wo eine Lautsubstitution vorliegt.

24 W. Bang:

"§'7 < *say'ira-), tar. mit Schwächung der Mittelsilbe myriyu (Prob. VI i 74 yu), ostt.

sanrayu > kir. kaz. balk. sanrau: bei von Lk Coq Spr. 92 b die entsprechende

Kürzung sayrö^. Doch kann man auch say'ir für ein Schallwort' halten:

vgl. die ablautendo Doppelung .say'ir siy'ir »butor« bei Yoüssoüf, die diese

5 Annahme geradezu fordert. Vgl. unten S. 37.

IV.

§ 18. Ablautende Doppelungen wie unser Mingklang, ritschratsch liegen im Türkischen in großer Anzähl vor; ich stelle nur solche her, die aus zweisilbigen Gliedern bestehen, dazu auch einige ohne Ablaut: 10 I. auf -r.

Osm. tafär tunur »klappernd« ; (nominal taq, taqif) osm. krm. taqir tuqur »klopfend«; (nominal fiq'ir) osm. ttq'ir fiq'ir »blubberd« (beim Kochen): (no- minal qipir, qipirdi) qipir qipir »raschelnd«; osm. dinffir nng'ir »klimpernd«; osm. qadr qutur »klappernd« ; kkir. qab'ir-qubur »das Grunzen des Dachses«; 15 vgl. Prob. V 587 2070 ösi qtUr qdnr etti »sein Mund bibberte, zitterte« ; osm. sanir Sunir »klirrend, rasselnd« : iapir Saptr, Sajnr äopur »schmatzend« (vgl. auch SuL.-KuN. 176); osm. sa^'i'?- saqtr »klappernd«.

Eine Abart sind die entsprechenden Bildungen auf -dir, wie z. B. dscliag. salrlir saldir qil- »klopfen, klappern«, kkir. raldir cvldvr sxilä- »plappern.. Prob. V 81 697, kir. küldür küldür

20 hisnät- »laut wiehern lassen- Prob. III 201 »tsa usw. usw. Man könnte geneigt sein, sie für Weiterbildungen einer Base *salt, *kült usw. zu halten: dem scheinen aber Bildungen wie schor. sigdir sagdir .das Klirren« zu widersprechen, die nicht zu dem Typus der -«-Basen stimmen; sie könnten ja aber Neubildungen sein? Relativ selten sind -o-Denominativa zu dieser Gruppe: schor. iigdrat- »ein rasselndes Geräusch hervorbringen, zu *sigd'ira-, kaz.

35 cinfira- »klingen«, \&\. sand'ira-, sandara- »tönen, läuten«: vgl. innra- und te\. sanla- < *iania- schwirren, zischen (Vogel, Pfeil)«; vgl. oben S. 10 Anm. 6.

2. auf -l.

Osm. {vnr wir, iinrla-) mini urifil »schnurrendes Geräusch«; osm. {ccrßl,

mytl-) cayil cayil »murmelnd, rauschend«: osm. {iqU, iq'tnfi; vgl. oben § 7 8

S. 10 23) iq'il iqil »das Geräusch des schweren, unterdrückten Athmens« : osm.

[tir tir; vgl. tir, tifil) tiril tiril »bibbernd, klappernd (zittern)« ; Prob. IV 263 15

' Wb. IV 333 ostt. saryü daraus durch Metathese.

^ Vgl. zum lat. surdns die von Thurxeyse.n im .\rchiv für lat. Lexikogr. XIII SS. 17

bis 18 zusammengestellten Etymologien. Darunter bestechend die Anknüpfung an susurrar«

35 »summen«; vgl. kaz. cj^^ra,/ »taub, Taubheit« < *ro9ro-(j( zu osm. cor/ra- »das Geräusch des

Koahens hervorbringen (vom Topf, Kessel auf dem Feuer)«, krm. roqraq .Quelle«, kar. T.

royaraq (vgl. osm. vnqar- .munneln beim Kochen, vom Wasser«, d. h. also »summen»).

Vom Köktvrkischen zum Osmanischen. 25

tMngil tsihgil it- »laut schreien (Kamel)«, vgl. oben ^ i6: osm. {mü'il) rnü'illl^^i mWil uyu- »fest schlafend« besser wohl »schnarchend, röchelnd«, vgl. tel. kRz. pi^qir- »röcheln, schnaufen«, sag. kir. pisq'ir- »schnaufen, schnauben«', kir. ptsilda- »röcheln« usw. (vielleicht auch kkir. toa/i »heftiges Schluchzen«?); tar. miiqir- »schnauben« u. dgl. s

E^ wäre nun von höchstem Belang, zu wissen, wie diese Formen zu erklären sind: haben wir aucli in der zweiten Silbe ein schallnachahmen- des Element zu sehen (vgl. etwa unser holderdlpolder , bimmeldlbammel) oder aber stehen wir ursprünglichen Gerundien gegenüber, die ihren Auslaut- vokal im Laufe der Zeit eingebüßt haben"? ,o

Die Antwort auf diese Frage wird man nur zweifelnd geben, und zwar deshalb, weil uns einmal die alten Texte fast ganz im Stiche lassen^, dann aber auch weil verbale Bildungen, zu denen diese vorausgesetzten Gerun- dien gehören könnten, so gut wie ganz fehlen.

Eine weitere Frage ist sodann die: wenn es sich herausstellen sollte, 15 daß -tr in taqir tuqur lediglich schallmalend ist, ist es da nicht widersinnig, anzunehmen, das -tr von azir- »niesen« 2), tüpür- »speien« 4) usw. habe einen andren Wert, habe eine begriffliche Bedeutung? Ich muß gestehen, daß ich für meinen Teil nichts Widersinniges in der Annahme eines zweifachen Wertes von -ir sehen kann: denn, wie man auch schließ- ^ lieh das Nebeneinander von tüpkiir-, tüpür- wird zu beurteilen haben, die Tatsache, daß azir-, tüpür- usw. reine Verbalstämme sind und sich als solche von den mehr adverbiellen oder nominalen Schallwörtern wie taqir tuqur heute wenigstens durchaus unterscheiden, scheint mir diese Annahme zu rechtfertigen : ob deswegen gerade meine § 9 vorgetragene Vermutung, das 2% -kür von tüpkür- usw. sei mit dem Faktitivformans gleichzustellen, das Richtige triflft, wird hierdurch nicht berührt.

' Im rkWb. 317 a s. v. xpan*Tb «schnauben (vom Pferd)« auch ein mir anderweitig unbekanntes kir. osqur-.

' Vgl. z. B. Arä/-, faktitiv kätär- usw.: hiei-zu sodann Xe\. kädä «fort«, t\t. ie\. kädärä, 30 kir. kedärä «fort, beiseite« =: alt. tel. leb. schor. kädäri. bar. kidäri «seitwärts, beiseite« ; sag. koib. kedär «seitwärts« (.so auch Mel. a.s. IX 122; Castrkn 95b hat dafür das ursprüng- lichere kidSr, das er mit jak. An'dr »fort, weg« vergleicht). Weiteres vgl. BtüW Anm. 34. MtüSpr. 24 j«. Pfl. .s. vv. jana-mt und .fift-: sodann alt. tel. tortifra. tnitrn «voll, gefiillt« kir. tottür «voll, fett, korpulent«. ' 35

' Ich kann heute nur auf M' 24 j hinweisen, wo ein etymologisch nicht durchsichtiges (Ufuni aquru «leise« vorkommt.

PhiL-hitt. Abh. 1919. Nr. 5. 4

26 W. Bang:

Il§i8 Bedeutungsvoll scheint mir aber zu sein, daß von einer großen An-

zahl von Schallwörtern auf -ir und -il, wie ich deren in diesem Paragraphen zusammengestellt habe, denominale Verba vermittels der Silbe -da gebildet werden 19). Sie machen auf mich den Eindruck, einer relativ jungen 5 Entwicklungsperiode anzugehören und sich geradezu massenhaft nach einigen wenigen älteren Vorbildern gebildet zu haben.

Wb. führt -da auch bei solchen Dialekten, die sonst -//- und -rl- nicht zu -W- und -rd- werden lassen, auf -la zurück; wie ich glaube, mit Unrecht. Warum soll z. B. osm. (f'idi'irda- »rascheln, knirschen« ^ dschag. qic'irda- ein sekundäres -d- entwickelt haben,

10 während beide Dialekte in den andern Verben das -la unverändert lassen: äyärlä- »satteln«, %at'irla- »sich erinnern« usw.l' Ist etwa -da- zu zerlegen und -a das bekannte Denomina- tivformans, wo dann -d- der Rest dei' Abstrakta auf -t wäre?!' Vgl. z. B. schor. KU »Lärm" (< *suyult zu hiq, .inq-?] und kir. sülda- (<Z iüld, siilf-a) »lärmen, rauschen rasseln«? Gerade ein Wort, das, wie dieses, eine weitere allgemeine Bedeutung hatte, wäre als Vorbild für

•5 die anderen Verba sehr wohl denkbar.

§ 19. Aus der überaus gi-oßen Anzahl von Verben auf -ilda- setze ich die folgenden her:

1. Osm. mir «Miauen der Katze, Klageton der Tiere, kläglicher Aus- ruf«, mtj- mir nt-\ osm. m'ifil mifil söilä- »murmeln, undeutlich reden« : mtfilda-

osm. «murmeln, murren«, kaz. «schnurren (Katze)» : niirqilda- kaz. »murren, murmeln«, kir. »vor sich hin kichern, leise lachen« = kir. mtrzüda; niirla- osm. »schnurren (Katze), murmeln«, tob. »grunzen«. NB. im rkWb s. v. XHUKaxb »schluchzen« = mirstlda-.

2. Osm. q'ir »zwitschern«; alt. tel qtrla- »schnarchen, krächzen«, im '5 Tob. =- »heiser sein, röcheln« ; kir. qiftlda- »heiser sein, mit heiserer Stimme

sprechen«, nach rkWb 125b = Myp.<iHKaTb «schnurren (Katze)«. Vgl. balk. mwulda-, kaz. murla- »schnurren, spinnen (Katze)«.

3. *gor usw.; tel. qorqilda- »knarren, schnarchen «;kkir.g'or^M7'a- »röcheln«; kir. qoi-qul- »röcheln« ; tel. schor. qorqulda- »grunzen (Schwein)«. rkWb. 317b

auch qorstdda-; bar. qoi-y'ira- «schnarchen« ; kom. qorla- »schnarchen« (CC134 corlarmen = td) dnarke), in den Abakanmundarten »murmeln, rieseln«'. Vgl.

' Das kir. qorpulda- (< qor-p-ul-) »quabbern (wie mit Wasser gefiillte Stiefel beim Gehen)" ist wohl auch herbeizuziehen: vgl. k\r. SalpUda- »plätschern«. Grundlage derartiger Verben sind Schallwörter auf -p. die denen auf -q. -t, -s parallel laufen, ohne so häufig zu sein \vie diese. Dementsprechend sind auch Verba auf -pilda- verhältnismäßig selten. Sül.- KüN. 45 hat i'ilpilda- -- catir catir <jontdmaq .schwätzen« (vgl. WTi.): dazu ostt. cilpuUa- »plätschern«. CG 231 lirpilöepölr = l)oe fnatert (d.h. »er schwatzt«). Kaz. tirpilda-, tirbilda- strampeln«, wie Prob. IV 229 8 und 230 6 lärbildä-, lärpildä- -mit den Beinen schlenkern«

Vom Köktiirkisrfn'n zum Osmanischen. 27

o^m.Wx. qurulda- »schnarchen« und »zischen (Wasser auf glQliendem Eisen)« : n§i9 schor. qurqula- »glucksen«: alt. tel. qurqulda- »gackern; schnattern (Gans)«, tob. qwryulda- »krächzen« (Prob. V 1232087 kkir. qurquldat- »krächzen«); sart. qursullat- (<, qur-s-u-l-la-t-) »knirschen, krachen, klopfen«'. Dann osm. ^- rvlda- »das Geräusch des Kochens von sich geben«; gurgur »Geräusch des ^ Kochen.s: jedes glucksende, bullernde Geräusch«, verbal gurla-.

4. *tar usw. Alt. tel. soj. kir. tars »Knall (Peitsche, Flinte)«, kir. »klopfen- des, krachendes Geräusch«; tar^il kir. = tors; sag. tarsila- »von tars -{- la«- = koib. tarsla- »dröhnen, knallen, klatschen, knattern« ; alt. tel. leb. kir. kkir. tarstlda- »knallen, knattern«, bar. tarsildaq »Knall« = koib. tarslaq »Gekrach«. 10 Prob. V 58oi8MVom »prasselnden« Hagel gebraucht. Osm.tar^(!): sag. taräa-. Vgl. sag. fi'r.t »krachen«, kir. »klopfen«: schor. firsla- »krachen, mit Knall platzen«; alt. tel. kmd. kir. firsilda- »knarren, krachen«.

Eine entsprechende -/-Bildung ist tel. schor. Sart »Gekracii«; kir. Sartila- »von Sart + la* »krachend zerbrechen, krachen«; schor. kaz. Sartla-, wozu -5 sarla- im Tel. Osm. Kaz. zu vergleichen. Vgl. auch osm. cafirda- »brechen«. fafirdi »Geknarr, Geräusch des Platzens«, mit welchem aber das kaz. Sat'irda- » klopfen, knirschen, krachen, knistern« des Anlauts wegen nicht direkt ver- glichen werden darf.

5. *diz; osm. dizla- »surren, leise klirren«; osm. d'izilda- »summen«, 20 nominal d'izilCi, -d'i »Gesause, Gesumme«. Vgl. das isolierte kir. 'iz'ilda- »sum- men« in Prob. III 57, Nr. 5, Str. i i; 84 m; ostt. izil- »viel reden, schwatzen«. tax. yizil- »summen, sausen«"?« Man darfein näheres Verhältnis zwischen beiden Gruppen vermuten, weil anlautendes urtOrkisches d- vor .schließen- dem -z derselben Silbe heute nicht überall als 1/- erscheint: besonders be- ^s achte kir. düz »himdert« = j/iiz; kir. duz »Gesicht« = j/üz, Hz: kir. düz- »schwimmen« =z yiiz-, üz- (Phonet. 55§ 228, 231). Im balk. duldüz »Stern«

Derartige Verba .sind ja überhaupt oft aus der Kategorie der reinen i^challwörter hervor- gegangen: vgl. nur. tir. tir; tir'il tir'il. tiril tiril; osm. liritdä- »zittern, beben«. Schallwörter auf -p sind: kom. qarp >krach< (Rätsel 39 SBA'Wi9i2 349), krm. iolp -klatsch-: tel. talp prr (beim Flug)« und .\bleitungen : andere sind vorläufig nur aus .\bleitangen zu erschließen, wie z. B. *qalp aus tölös qalban -das Hin- und Herschwanken«. *k'ülp aus kkir. külpiin «das Funkeln des .Sonnenlichts, Glanz. Schimmer- (vgl. kir. qolpur- rkWb. 165b qulpur- «schillern- von Stoffen) u. dgl. mehr.

' Wohl eher mit -o- in der ersten Silbe: Sul.-Kuk. 80: <^urulda- [d.h. yßrulda-] 35 =i 'yfirildamak, %urnl yjirul [-/orul?] '/urlajup ujumak, ujurketi ho-jazdan katin ses ttmek.

' Zur Form vgl. zir, zirla-, zirilda- usw., aber auch kir. z'ifil- «sausen (vom Pfeil)-.

^*

28 W. Bang:

ll§i9 scheint die »Regel« sogar über zwei Silben hinweg zu wirken: uig. i/ultuz kom. dschag. yulduz usw.

6. Osm. dir »Sperlingsart«; cifiq »Art Saatkrähe; Art Spinnrad; Drei- kreuzer«, cuwas. t'hrikht- (< -U'i-t-) »knarren, knirren (z. B. Tür)« : kaz. dürilda- 5 »schluchzen«; kaz. cirqira- »zwitschern«; tel. dirla- » zirpen «j osm. eirlaq »Grille; Schwätzer«, kar. L. T. eirla% »Bach«. Mit -t: osm. dirtlaq »Grille; Häher«, rirtlaqla- »zirpen«; mit -p: osm. dirp- »sanft schlagen, klopfen (Herz)«. Gedoppelt: o»m. cirrir » Wies Knisternde, Knarrende; Schwätzer; Grille« usw. Ostt. cirilla- »zwitschern, zirpen« und anderes Wb. III 2127 10 bis 2130. Mit ^-< C-: kir. üWo- »schwirren (Lerche), zwitschern«: S'irilda- »laut schreien, laut lachen«; äirtilda- »klappern, knippsen«.

§ 20. Es mußte die Zeit kommen, wo -qilda- als Ganzes gefühlt wurde; ihr entstammen Bildungen wie Cq'it, schor. qitla-) simb. qttqilda- (kaz. qüaqla-; tav. qafaq »Hühnerstall«??), hat. qotqulda- »gackern«.

Vom Köktürkiscfien zum Osmanischeii . "29

Erster

Erster Anhang. Anhang

Zur Erklärung von yaqSi.

1. Nicht vom einfachen Verbum yaq- »gefallen, angenehm sein« (Wb III 23 24), sondern wieder vom Kooperativum yaqU- »aller bien, convenir, 6tre assorti, s'adapter, sajuster« (Youss.) leite ich auch yaq&'i »gut, schön« 5 ab: yaqU-'i > yaqä'i. Vgl. yaqMq »passend, gut sitzend; bienseance, conve- nance; beaute, gräce«. Es ist also yaqä'i ein durch frühen Mittelsilbenschwund entstelltes Gerundium; vgl. etwa yara- »passend sein, tauglich sein, gefallen« und die Gerundien yarai (<. *yara-y-a) »gut, schön« \ind yaramaz »untaug- lich, schlecht«, dann yarai- und davon yaraä'iq »ce qui cadre. qui convient; convenance, accord« (Prob. IV 302 m yaraiv^mtsu < -6a »wie es sich gehört, gehörte«). Wb stellt yaq.^'i ohne nähere Angaben zu yaq-, während Phonet. S. 225 es zu den unzerlegbaren Wörtern rechnete.

2. Die Geschichte von täkii ist offenbar ganz ähnlich verlaufen; ich gehe aus von *täk, *täk-, *tän, tan-, zu denen man die folgende Zusammen- -s Stellung vergleiche:

Wb III 102 I gibt das ostt. täkis »glatt, eben« mit Hinweis auf /öjrts; 1035 steht dann tegis als Dschag., tegiz als Kir. Ich halte -s für Entstim- mung von -z^ und verweise noch auf kaz. Üyiz »gleich, glatt, eben«.

Das ältere täkiz .steht bei Sul.-Kun. 185 in der Bedeutung rfw^, t/ovrw. ^o Ich möchte annehmen, daß es aus *tcikiz<i gekürzt ist: *täk-, faktitiv *takiz-, Gerundium *täkizä-.

Zu *t(ik- stelle ich sodann das Kooperativum *tnkiS- und de.'isen Gerundium *täkiM, das heute noch fortlebt in alt. tel. leb. küär. tar. täkH » gleich, gleichmäßig « = kir. teksi »eben, glatt, gleich«. Im CG 198 2 = Ps. 464 tekei = uniformiter. »5

Das hier vorausgesetzte *t(ik- ist in der lautlichen Variante *tän-^ wohl auch im tel. täfiii »ununterbrochen, angrenzend, gleich, übereinstimmend« zu finden (uig. tänii ist bisher ganz unsicher; vgl. Anm. zu QB 92 is); es

' Zu h »Spur« setzt A. von Le Cog Spr. 84a die ausdrückliche Angabe »sprich «• und das vulgäre yäs neben yäst »seine Spur»; ebenso hat er 83 c «71» für »yi'c »Mund» usw. usw. In Band VI der Proben gehen Formen mit -c und solche mit -1 nebeneinander her: •L, B. 91611 otu* tfiqus, aber toquz i84uff., yüs >foo» 84, aber yüz 1214, 1311 u. dgl.

* Vgl. osm. Htiz < *titizä, *ti-tiz-ä BtüW Anm. 34.

' Vgl. etwa tel. saii »Uarz», alt tel. saüis :^ kiptsch. saqi: »Mastix», osm. krm. saq'iz Harz«, wo im Osttürkischeo aus mii- unklaren Gri'mden der stimmhafte (iuttural auftritt: 3; sarfiz, tar. ««7t«.

so W. Bang.

Erster jst wohl ebenfalls ein Gerundium zum Kooperativum : *täf>ü-, *tdnüä>tn?iiS\ ^"^ Im Karaimischen ist *tänisi > tänsi »gleich« geworden: vgl. lautlich tänri > kar. L. tänri, töndri »Gott« usw.

Eine denominale Ableitung auf -Sa- (AtOD § i flf.) haben wir in dschag. 5 täkM' »ausgleichen« (vgl. Pavet S. 261) tähSä- (Sul.-Kun. 189, AtüD § i). Da« schon von Böhtlingk (Jak.-Deut. Wb 94) zu tan verglichene mong. tükSi wäre nach den obigen Ausführungen ein Lehnwort.

In Mem. Acad. St. Petersb. VII Ser. T. XXXV Nr. 6 S. 50 a erwähnt Radloff ein uig. täkSin (fWb), von dem ich nicht weiß, wo es belegt ist; tu wenn es besteht, so ist es wohl nach KOsm § 52 zu erklären. Im Mandschu ist bekannt: teksin »gleich, eben: gleichgemacht, geordnet: wohlgestaltet, geschmückt; Ordnung« und die Ableitungen teksiken \mA. teksüembi <. teksi- ken, -le-n-bi.

3. Die verschiedenen Wörter für »Nachbar« gehören ebenfalls zu dieser

IS Kategorie: kiptsch. kom. qon^i'i, dschag. qoMi, balk. qanSü, kir. qonsu, ad.

qofiSii, osm. qonSu, qoni-u, qomSu (zum Nasal vgl. osm. sansar, sansar. samsar

»Iltis, Marder«). Sämtlich zu qon-, qonui- »zusammensitzen; nachbarlich

leben, gute Nachbarschaft halten« usw.'.

Im Uigurischen haben wir dafür qoSni, in dem man Metathese an-

jo nehmen kann', wenn man nicht vorzieht, an qos-, qomn- »sich vereinigen«

zu denken. Raquette MSOS 1914 218 gibt qoiii'i »a person allowed to

live in «ome part of one's house«* und erst an zweiter Stelle die Be-

' Vgl. meine Erklärung von diis <; dzTi-a bei Pel. 39 unter j'ift- und von yanai <. yanasa bei Pel. Wer in tänii ein Verbalnonien auf -i sehen will, kann es tun, kommt 35 aber auch so nicht um ein verbales *tän- herum.

'■' Castkkn hat für "Nachbar« korutoge, wo -e das Possessivpronomen ist; Mel. as. IX 124 qondi'iq.

' Vgl. balk. asyji und ayjn < yaqsi »gut«.

Vgl. balk. qosul- »sich zugesellen, in eine Gesellschaft kommen«: das )L\r. qogüliis- 30 (fWb) < *5oiM/tti- bedeutet »sich vereinigen, /.usammentun« in Pi-ob. III 256 isu: dazu qosii- hisü "Vereinigung« rkWT3 276aiu.

Das Gerundium des Simplex, qoia, vertritt unser »zusammen mit, mit«: Prob. 1 loi yiiq, qozo parhaid'im »nein, zu.sammen (mit dir) werde ich nicht gehen- ; I 300 no xänbilä qoio parain »ich will mit dir zusammen gehen» usw.: IV 8411 pisninbtlä qoia kidinlär »geht mit 35 uns zusammen fort-. Im Taraiitsclii, wo ja das -a-Gerundium überhaupt im Verechwindeu zu sein scheint, haben wir dafür qostip: VI 763 bir munca kisiyä qosup »mit einigen Leuten« (vgl. 76 10, 77 8u); 90 7 mänl a-/iterimya qo.itip äwätmädT »er hat mich nicht mit meinen Brüdern fortgeschickt« : 94 man säm bir dhcü(/ä qohip äicätäi »ich will Dich mit einem Dew hin- schicken«. Vgl. auch Wb qoia.

Vom Köktiirkischen zum Osmanisch^n. 31

deutung »neighbour«. Die früh ansässig gewordenen ostt. Stämme haben Erster alle dieses Wort: ostt. qosna, tar. qoSna, aber Prob. VI 1 5 i 19 yjosna, Spr. 91a XÖina. Das auslautende -a kann das gerundiale sein {*qoä-un-a), wenn es nicht als jüngere Verderbnis aufzufassen oder gar unter Einüuß von äsnd »Freund« entstanden ist (Spr. 81 b dMtiä: vgl. Wb; Hörn Nr. 341 np. äSna $ »bekannt«). Vamberys Ansatz sart. qosan ZDMG 44 255 ist falsch.

Zu kör-, körüi-, göriiS- »sich sehen, zusammen treflFen ; in Verbindung stehen, bekannt sein« (vgl. jak. körüs-) stelle ich bar. körSii (Prob. IV 28; rkWb 279a körsi mit auffallendem -S- statt -.•*-; Lehnwort?'), kaz. kiir.ii, küri&i, wobei bis jetzt nicht auszumachen ist, ob -i- alt oder junger Ein- .0 schub ist; Prob. IV 254 1311 k1Jr.f1 mit dem »irrtümlichen« -ü-. Im alt. tel. leb. köriiä »Bekannter, Freund» kann das Verbalnomen auf -i4 angenommen werden (so Wb, das es unter körüs »Blick, Sehen« aufführt); ich ziehe vor, es aus *körMi, *köriiM abzuleiten. Prob. IV 395 i hu j/igitnin bir küri.^'i bir dttsU bar igän! mit Possessivum. Vgl. tanii »von tani + = »Bekannter«. >5

Das Cuwa.sischc hat neben kürzj noch nr:,> in kiirz,f arz9 »Nachbarn«. Paasonen denkt an afi »jenseitig« usw., was mir bei einem nicht seßhaften Nomaden Volke kaum zu passen scheint. Ist an är-, ir-, öriS-, iriä- »er- reichen, gelangen, ankommen, einholen« zu denken? Der Begriff" »Nach- bar« ist für den Nomaden, wie wir bei qan^'i sahen, eben der »des am m Abend zur selben Raststelle Gelangten«^.

4. Ist nun auch yorit (kaz. auch qafiS'i Bal. II 45) »gegenüberliegend: gegenüberliegende Stelle, vis-ä-vis, gegenüber« usw., balk. »gegen, nahe, in der (^ie) Nähe« zu qarU- »sich vermischen« usw. zu stellen? CC 21 hat qurii- im Sinne von »defendo«; vgl. Wb. II 180 kaz. qarU- »sich ent- >s gegensteilen « . Die semasiologischen Beziehungen, die zwischen diesen Wörtern bestehen müssen', werden erst dann ganz klar zutage treten, wenn ein-

' Vgl. kir. ari'in •Elle, Arschine- (rk'Wb4b3a) für *arsinx -ri- wohl durch Einfluß des russ. apraHHT«; das Altaiscbe hat hier -r»- > -rc- werden lassen : ar(!in. Doch vgl. AtüD 1 1 Anm. 2 ?

' Aus dem Jakutischen ist mir nur ial -Nachbar« bekannt; vgl. Böhtl. 29a und Wb unter aiV, sodann ailda-, aildai, ällai usw. Vgl. tnctis. viciuus, voisin Walde' 833- 4.

Dagegen bedeutet jak. körxii nur -Liebhaber-, Geliebter, unerlaubte heimliche Liebschart- (59b und § 284 unter den unzerlegbaren Stämmen): ich stelle es zu körüs- = koriis-; das im Jak. heute nicht mehr lebendige Gerundium auf -i, -i, -«, -ii hat sich nur in versteinerten Bildungen erhalten (vgl. Böhtl. § 528). ?5

' Entwicklung etwa: Mischang, (Hand-)Gemenge (mölee •< *mesculata zu misceo), Gegnerschaft, Gegenüber usw.

32 W. Bans:

Erster mg.! vduru, tidura, udur usw. (KÜsm S. 46) etymologisch geklärt sind. Be- denkt man ara\ arala-, aralaS-r. sich vermischen; sich begegnen, treffen« usw. {'aralaä Verbalnomen oder < *nralaia), so wird wahrscheinlich, daß auch cuwas. yjiß »Zwischenraum, Abstand, Entfernung« aus qar^ ent- 5 standen ist'^ [Mit *qar- oder "qari- operierte schon W. W. Radloff im QB 161 10 Anm.]

' ara ist, wie die anderen präpositionalen Begriffe, Gerundium zu *ar-; hierzu aaeli das -/-Abstraktum ar'it, das heute nur noch im Jakutischen in der Bedeutung > Zwischenraum - lebendig ist. Zu *ar- vgl. *ara- AtüD S. 22.

^ Das von Paasonen aus Zenker 723 c angezogeue ostt. hioi »Zwischenraum, Kluft. Schlund« ist wohl mit Sui-.-Kun. 135 qaui r=. qowiu], ici bos otan hohl* identisch und zu qoauf, qoyui zu stellen.

Vmn Kökti/rkij^ehen zum Ostnanischen . 33

Zweiter Anhang. ^™^'**"'

Anhang

Verba auf -tia und Abstrakta auf -nc. Es gibt mehrere Verba auf -na. die als offenbare Schallwörter wohl einer älteren Sprachperiode angehören und deren Analyse bisher meines Wissens nicht versucht worden ist. Man wird auf den ersten Blick geneigt 5 sein, sie für Üenominativa auf -na zu halten. Es sind die folgenden:

1. uig. kdknn- QB i 23 27 mit Anm. Bedentung: » bedrohen, tadeln, wider- .sprechen«? Vgl. uig. käk, CC 182 itek = odium, kir. kek »Zorn, Rache« ; uig. käkine »Antwort«. Denominale Bildungen sind bar. krrga- »drohen« = tob. kiga- »drohen« (dazu kigäii »das Drohen, die Drohung«) = alt. tel. leb. knkd- .0 mit der Hand drohen«; mit -la: schor. käktä- »tadeln, eineri Tadel aus- sprechen«, kir. kfktd- »anfeinden, zanken, streiten«.

2. uig. üsnä- »widersprechen«, von *//.«. Es gibt in den Abakan Mund- arten ein Nomen iis »Rache, Feindschaft. Haß« (vgl. kdk) welches voin Wb. = Öd gesetzt wird: da aber ÖV! in diesen Mundarten schon durch ör ver- 15 treten ist, so ist es immerhin möglich, daß üs mit dem Grundwort unseres üsnä- identisch ist.

M' 77 17 üzmi- geschrieben; 85 25 üz boz ein echtes Hendiadys (üz boz köftül »Zerstörungsgesinnung«; oder »Haßgesinnung«?).

Wb. I 1531 wird das regelrecht entrundete kar. L. isnä- verglichen, jo leider ohne jegliche weitere Angaben.

3. kom. dschag. tar. krm. ad. osm. nsnä- »gähnen«, kir. esnä-; dschag. kaz. tob. bar. isTid'-. Zu '"ds, *ifi. Bosn. dmn-: alt. leb. küär ästd-, das wohl fiir *dsld- stehen wird. Paasonen erwähnt bei cuwas. anasla-^ »gähnen« auch ein kaz. inäski-, zu dem er ein Fragezeichen setzt: ich kenne dieses Wort 's auch nicht. Zu *ds ferner auch das denominale schor. küär. dzd- »gähnen« : sodann das leider nur im Dschagataischen nacligewiesene iskd- (Wb. s. v.) oder dskd-.

Kar. L. T. ydsdld- mit dem vor -la häufig auftretenden Vokal, über den ich an andrer Stelle sprechen werde, und _y-Prothese, wie im gagaus. yesne-. Jak. ort/- von einer Basis *dt oder os; vgl. § 12a.

4. dschag. usw. kiSnä- »wiehern«, alt. tel. tö/r/- »wiehern« und »braten«, kaz. kUhiri-. (^uwa.s. knien-.

' Formell vgl. wohl cuwaS. s^ttu »Schnupfen«, »ytiasla- »niesen«. Auch diese Wörter stehen allein.

Phil.-hist.Abh. 1919. Ar. .5. 5

34 W. Bang:

Zweiter yüt das Osttfirkische kennt A. von Le Coq q'iäna- (Spr. 95c), Raqitettf,

""^ aber änamdq (MSOS 191 4 196). Der CG hat 134 pilki kp3inC95ir = Di pl)ert öi

lopcrten. Das komanische Wort ist also als kisinn- anzusetzen. Ich glaube

nun, daß Raquettes cina- dadurch entstanden ist, daß die Gruppe ki- pala-

' talisiert wurde: vgl. sein kirmrik »to enter« mit der Nebenform ci{r)mäk und seine Bemerkungen im JSFOu. XXVI 5 Helsingfors 1909, S. 26 und 3: kir- md'k > (Hrmäk, Mm > nm. Die dem Komanischen geläufige Form kiäind- wäre also zu *ciMnä- geworden und dann zu *c'Sind-, *cMtia'-. Die sowohl von Le CoQ als Raquette bekannte gutturale Form beruht wohl darauf, daß das

.0 Wort kaum anders als mit at und aiyir gebraucht wird? Auf diese Weise

könnten wir uns auch das soj. min- für min-, mi'in- »besteigen« erklären

{atqajmiin-, attnajmin-), wenn hier nicht der Einfluß von m- im Spiele ist'.

5. Allen Dialekten ist qaina- in der Bedeutung »kochen, ins Kochen

geraten« bekannt; das Wort bedeutet aber auch noch »lärmen, wimmeln«'.

'5 Ich stelle es zu alt. schor. sag. qai »das Zischen, der zischende Ton, das Brummen«, auch »die gui-gelnden Töne, die beim Rezitieren der Märchen hervorgebracht werden«. Eine neuere denominale Bildung ist: alt. usw. qaila- »brummen, summen, schnarchen; mit brummenden Kehltönen Mär- chen rezitieren«, im Tobolskischen auch »einen undeutlichen Ton von sich

20 geben, murmeln, vor sich hin ein Lied summen«. Zu dieser Sippe ist wohl auch tob. qay'ir- »schleifen«, kir. kaz. qaira- »knirschen mit den Zäh- nen«, kir. kaz. tel. schor. qaira- »schleifen« =: alt. tel. leb. qayira- »ein knir- schendes Geräusch von sich geben« zu stellen. Die Ableitungen qairya, qairqas, qairyas, qayiryas bedeuten »Schleifstein« u. dgl.; vgl. etwa lat.frmdo

>■, »mit den Zähnen knirschen«, trans. »mit den Zähnen zermalmen« und z. B. das verwandte engl, grindstone »Schleifstein«. Zu alt. tel. leb. usw. qiyira- mit -«- in der ersten Silbe vgl. Gombocz a. a. 0. S. 67. Ist osm. qaya^an »Schleifstein« (aber auch »Schiefer«) eine Ableitung von *qai-, *qaya-, wie ich deren in MtüSpr. 3635 zusammengestellt habe?

: ' Ks wird aber -/- besondoi-s voi- rnl^Liendcni -m- j;ern( zu -«-: vgl. außer .^tüD § 2:

uig. kir. kaz. qim'iz, dsfhag. qimiz, bar. q'im')\>t. sag. koib. c/kotw {-?/- auch in den Lehnwörtern rnss. K-yMbic-b. ung. kiimiiz): dschag. OT. tiniau -.Sclinupfen, Erkältung-, kir. tumaii -Heiser- keit, Schnupfen«, dann wohl auch all. htmü -Seuche, Fieber«, wie schon CC 138 SumOP =^ Öl fnuppe (fWb).

" Das schlecht belegte uig. ^arfna- -kochen, wimmeln« CUT). II 296) kann verglichen werden: leider ist uns die Lesart von B zu QB 146 unbekannt (vgl. QB XV die Differenz zwischen Text und Anmerkung). Das dschag. qatna- hätt« wohl fernzubleiben.

Vom Köktiirkischeit zum Osinanbcheu. ä5

6. Onomatopoetisch dürfte auch die Urform von kom. dschag. tar. alt. Zweiter tel. kkir. kar. T. caina- »kauen« gewesen sein; > kir. ^aina-, balk. tob. bar. küär. (!) tsaina-; scher, koib. sag. ktsch. küär. (!) taina-. Die weitere Ent- wicklung s. unten S. 46 Anm. i . Eine prächtige Vulgärform überliefert HoüTSMAS Glossar 80: soina-, Mina-, zu der sich die Ausspraclie qoi/in, 5 qdy'in (wohl auch quin) für »Seh wieger-« < qay'in, qain stellt. Der treibende Faktor war zweifellos der Nasal, der auch sonst im Kiptscliakischen das vorhergehende -a- > -0- wandeln konnte; auch vor Liquida finden wir diese dialektische Aussprache, und Radloffs Ausfall gegen dieselbe (Wb. II 220 unter ^qal-) ist durch nichts zu rechtfertigen. 10

Werfen wir nun einen Blick auf die unter i aufgeführten Formen, so springt in die Augen, daß hikinc in irgendeiner Weise ein verbales *käk- voraussetzen läßt (KSz. XVII 196).

Ist aber käkinc zu *h'ik- zu stellen, so wird damit auch für knknä- eine verbale Herleitung möglich: zu käk- wurde das Verbalnomen auf -n -s gebildet und an dieses *kuldn trat das denominale Formans -a; d. h. käknn- ist durch Mittelsilbenschwund aus *käkinä- entstanden. Vgl. (kir. j sar »Gesang«, *sar- »*singen«) tel. schor. usw. sarin »Gesang«, dazu sanna-, sarna- »singen« (dazu auch die »Streckform« saira-, sSra-?). Ebenso: *yaS, *yas- > cuwas. iii- »leuchten (Blitz) und dazu kir. dzastl »Donner und Blitz« 20 < *yaa'l; uig. kiptsch. tob. yai'in, leb.yaztn »Blitz« > kaz. yfWm, dzcUin um- gelautet, uig. tob. ^a^ja-, k&z. hau. yäSno- »blitzen«, halk. zaina-\ Formell ist zu dieser Gruppe zu vergleichen: (osm. kkir. caq »Ton des Schiagens, des Zusammenstoßes zweier Gegenstände«, daq- »schlagen; blitzen«) osm. caqin, dschag. caqiti, tel. ('ay in »Blitz«, tel. ray'ina- »blitzen«; mit *- < J-: ^s schor. ktsch. iaq- »Feuer anschlagen« [so!J, Myin »Funke« und die Neubil- dung Sayinna- < -la »Funken sprühen«.

Auf diese Weise läßt sich dann auch höchst einfach kom. kiUmi- be- greifen: *kiMn gehört als Nomen zu *kii- »wiehern« u. dgl., von welchem osm. kiiirdi »Gewieher« gebildet wurde als gäbe es auch *kisir, *kiiirdü-, 30 die vielleicht noch nachzuweisen sind".

' Nur im Osm. sind bis jetzt belegt: Vit-, Hin-, ii'ila- -glänzen, funkeln. : dazu dschag. ii'iq •glänzend. Helle. Licht«, iiin, iUm »Blitz«, iina- -glänzen«. Bei Sul.-Kun. 29: biz =: yildirim, aiin caq'in. Also auch hier die Anlautvariante a-: ya-. y'i-, i-'.' In yildirim vermute ich *ycUd'ir- zu *yal- -leuchten« oder dgl., das auch in uig. usw. yal'in »Flanime«, tel. l'alin 35 auch »Blitz« anzunehmen sein wird.

' Vgl. (fo/ »krik-krak«; ('nt'ir/la- -brechen, knirschen«, catird'i »üeknarr« usw.

S6 W. B A N G :

Zweiter [qj Hinblick auf knkinc »Antwort« wird es, auch ohne daß man sich

dadurch den Vorwurf des Leichtsinns zuzieht, erlaubt sein, die folgende Frage zu stellen: sind die Abstrakta auf -nc wirklich alle von der re- flexiven Verbalform gebildet oder gehn sie ursprünglich zum Teil auf 5 ein Verbaliiomen auf -n zurück, an welches -d sekundär' antrat? Brockel- mann scheint, wenn ich ihn richtig verstehe, ZDMG 70 (1916) S. 192 schon an diese Erklärung gedacht zu haben.

Ob wir in qaina- und cainu- ebenfalls -a-Denoniinativa zu sehn haben, ist mehr als fraglich.

10 ' Vgl. BtüW» § 7 am Schluß und Anm. 17, wo ich die Abstrakte wie aqinti ebenfalls

von dem Verbalnomen auf -n herleite.

Ymn Köktiirkischen zum Osmanischen. 37

in. Das Formans -7«/ bei Verben auf -a usw. ni § i

§ 1. Die Wörter wie tat. say7'iYU (oben S. 2312) sind zum Teil vom Wb. formell und lautlich mißverstanden worden. Unter tar. ostt. qariyu »blind« heißt es: »von (jariy-*\ Unter qariy- wird dann auf dscliag. qariq- (zur Bildung vgl. oben § 9a) verwiesen, das »krank werden durch das Schauen 5 auf den Schnee (von den Augen), blind werden, geblendet werden» bedeutet; außerdem wird auf uig. dschag. qarayu und auf ein im Wb. feh- lendes qarö verwiesen; zu diesem vgl. jetzt Spr. 94 b qdrö »Blinder«.

Für das tar. qariyu haben wir also ebenfalls Schwächung von -a- in der Mittelsilbe'' anzunehmen ; sie sollte durch i wiedergegeben wei-den, wie w

' Zu dschag. ffl«yrt7»/ > krank* gibt Wb. 1 176 die Erklärung: .von ayriq''.

* Sie wird bestätigt durch Raquette, MSOS 19 14 213b: yary« »a blind man« (vgl. Prob. VI 1911») und indirekt durch ta.r.gaTuyu yapalaq »eine Eulenart-, das im \\T). III 262 unter iyapalaq aufgeführt wird; hier ist das -«- des Inlauts eine von W. \V. Rauloff miß- verstandene Trübung aus -a-, die er durch -«- hätte umschreiben müssen; wäi« es ein -u-, ■' so hätte es «-Umlaut verursacht. Das Wort für "Eule- selbst ist wieder ein schlagendes Beispiel für Mittelsilbenschwund (vgl. KSz. XVII 133 fl'.): schov. cabanqulaq und caba-qulaq, koib. yabä-qulaq, bar. yapqutaq (mit der -Erklärung. : 'Von yap -f- qulaq- !). dschag. tar. yapalaq, kiptsch. kom. tob. kaz. krui. yaiaAir/, kaz. auch cabalaq, diabaUu], k\r. dinpalaq. Spr. 99c yuprulaq (vgl. KSz. XVII 1 23 in der Anm.). Das erste Glied dieser Wörter ist unsicher. »

Mittelsilbenschwund auch in schon carna< -Fledermaus«, alt. leb. yaryana/, kaz. dschag. OT yarqanal. alt. yarü-qariat unter iyaru -gegorbenes Leder- : kaz. diarqanat. kir. diaryanat. Auch hier ist das erete Glied nicht über jeden etymologischen Zweifel erhaben; vgl. bar. yarisq'i -Fledermaus-, osm. yarata (Youssouf auch yäranä; vgl. Houts. 105 yäräsä), yaras'iq, ilsch&g. yarasiq. Das i-uwa^. »ara-strii (Paasonen 130. 131) -Fledennaus- bedeutet wörtlich '5 kahler Spatz«: ob sara mit yarü zusammenhängen kann, ist unsicher: vgl. Kamstedt KSz. XV 137. Nach Wood, IF. XVIII 19, stelle ich noch her: an. ledr-btaka und lith. szikszno- spamis »Fledermaus-, wörtlich -Lederflügler-. In Selma Laoeslöfs En Herrgärdssägen, Kap. 7 fmde ich: De dar läder lapparna äro fru Sorgs fdglar; dieses /dcferfe/)/) ist im Schwedischen ein Synonym von flädermux. Weiteres bei Pott, Zeitschr. für Völkerps. u. Spr. 1 348. 30

Lider hat BB XXI 93 95 (vgl. 107 ff.) einige idg. Wörter für -Leder, Haut« u. dgl. mit Verben zusammengebracht, welche »spalten- usw. bedeuten; so mag auch yarü (vgl. Prob. I 120 8 yarü ädäryä man urändim -ich erlernte das Gerben«) zu yar-. dzar-, car- -spalten, enthülsen« (Spr. 99a yära- -spalten-, aber yärma und y^inrfr -Splitter- : vgl. Prob. VT 13621 yarerf? <; Yyorarfr aber 13616 yaryin; ebenso I33'5 ün'kni glip qoliya saUdT -er steckte den 35 Ring an den Finger- zu sal-, sola-) zu stellen sein, wie auch kaz. yar'i -Haut zwischen den F'ingern, Lederstreifen. , yar^aq (-^-Ableitung zu * yarfx-'i) -kahler Pelz: uugegerbtes Leder:

38 W. Bang:

III §1 z.B. in sa%liyek »um zu bewachen« (Pioh. VI Si i) <. saqlayati, areda »in- zwischen« (S 1 i2u) < arada, dann im Präsens: qüimän usw.

In den Texten erscheint für -i- jedoch sehr häufig -i- und sogar -f-; trotzdem aber wird der vorhergehende Vokal nicht umgelautet: 883 aji- ' 5 leriya <, ayalartya, 90 3 ayderim, 90 6 ayileriü, 98 8u ayilerimya, 96 lou 07»- lerimm, 96 6 u ayilerint.

Hätte qariyu irgend etwas mit qariq- < *qanq- zu tun, so müßte Um- laut eingetreten sein: *qeriyu. Eine Diskussion erübrigt sich jedoch, da wir das ganz klare qarayn > qärü ja neben qariyu, besser qdriyü, besitzen 10 [Prob. VI I73i6uff. findet sich melirfach qariyv\.

Ich halte qarayu für eine Ableitung auf -yu von *qara-, einem sonst un- bekannten Denominativum auf -o; es wird wohl zu qar »Schnee« gehören, so daß *qara- eigentlich »schneeblind, geblendet sein« bedeuten würde'. Außer tar. sayriyu < *sayir-a-yu zu *sciyira- > sayra- (Sul.-Kün. i 64 scrfii- ■5 ol-, iMtmä-) sind noch zu vergleichen:

I. uig. osm. bos. q'irayu »Reif«, dschag. qirayu, qirau und qiral; kir.

bar. kaz. q'irau kom. CC 234 kjroo, schor. sag. koib. q'ira, ostt. qirau, tar.

qirö; kumd. qurä, alt. leb. qurü'; kkir q'irö (Prob. V 2 10 157) fWb. Ich

stelle das Wort zu *q'ira- »grau sein« von q'i?- »grau«; vgl. die kaz.

ao Neubildung qiraulan- »grau werden« von Bart und Pelz^; dschag. qiral

Schwimmhäute an den Füßen der Gänse [Prob. V 8 58 yaryaq taman qas Leder-Sohlen-Gans] ; Sämischleder-, nach Raquette MSOS 1914 229a auch «leather (of sheep or goat's skin)«, Prob. I 4 Nr. 44iyar7a5 ton »kahler Pelz- ; u.a. Vgl. Dähnhardt, Natursagen III i S. 4.

Im Osttiirkischeii ist das alte türkische Wort für »Fledermaus-, wie es scheint, Ver- as gessen worden; dafür tar. iäpärüii, Spr. 93b iäpäräfi, iäpartik, MSOS 1913 129b und 130 säb-parrak, 1914 206b säb-pärräk; alles im einzelnen der Erweiterungen unsicher zu np. sab-parra. sappara GrIrPh. I 2 7 7 (vgl. u. a. die türkischen Erweiterungen von np. pöst. pösdn »Haut, Fell- Hörn Nr. 338: postäki, postäk, postuncäk). Nach A. von Le Cog sagten Frauen und Kinder sacqan (saiqan) yäpulaq. 30 1 Mit kir. qur, uig. osm. kmi. kor »blind- < np. kör (HCbschmann, Armen. Gram. I 173

Nr. 322) wird man nicht operieren dürfen, da das Wort unerkläi-t ist.

Im dschag. qir^/u (Zenker 697 0; Wb^i' 7V) könnte -AVurzelablaut» angenommen werden,

wenn das Wort besser oder außerhalb des Dschag. überliefert wäi-e. Katanoff, der es

nach BuDAGoPF II 50 zitiert, meint, vielleicht mit Recht, es sei falsch vokalisiert (vgl. seine

35 Ausgabe des Li in 3auHcoin. BocnJMii. (lIV^1i.I. hmii. pyccK. apxeo.ior. 06m. Band XIV, Petersb.

1902, S. 52 Anm. 60).

' Zu -«- vgl. KSz. XVII 120. Wai'um aber -k- im Kumd.? Etwa Rundung durch q- wie in qusqac -Zange- oben S. 637.

* In Kucä hörte A. von Le Cov yiro -alt (Tücher usw.)«, was wohl hierher zu stellen ist.

Vom Köktiirkinchen zum Osmanischen. 39

< *qira-l wie osm. güzäl, gagaus. göznl < *közn-l zu *közn- zu köz; > kir. lUSi közöP'.

2. dschag. kiptsch. qa-iayu »Striegel«, osm. qaSarfi, kaz. qaSau. Synon. kkir. qaäaq, dschag. qa^ayuc, -wuc. Diese zu osm. qam- »ein Pferd strie- geln«. CC 122: stregia ^ chasragu = chasrau, lies qa^rayti oder %aSrctyu, ' usw.; diese zu osm. qas'ir- »ein Pferd mit dem Striegel reinigen lassen«, von qaü'i- »abreiben, kratzen, striegeln«. Vgl. kaz. q'iryic »Striegel« zu q'ir-

kratzen « .

3. dschag. oqlayu »Walze, Zylinder« osm. oqlay'i, dschag. oqhu, Sui..- KuN. 9 auch aqlau, 6 1 c%/ar. Nebenformen dschag. oqlaq, -y. Wb. richtig : ■» » von oqla + « , und Vergleich von kaz. i'qlau » Rollholz, Mangelholz (zum Teig rollen)«. Osm. oqlawa (\), kir. oqtau <^ oqlau im niss.-kir. Wb. Kazan 1910 S. 266 unter CKajiKa. Die lautgerechte Form ist im Kazanischen uqlau;

' Da.s jak. kiria geht auf ein gekürztes *qir-/u zurück (vgl. Böhtl. §§ 287, 289, 372). Entlehnt sind mnng. /rirafftni (Kow.III 2546) und kirrigv, -gim (Kow.III 2549) tung.^erm/. kern/. 1; ' Eine -/-Ableitung als Synonym einei- -/•-.Ableitung haben wir in alt. leb. yasal

Schmuck« > schor. sag. «i«a/ von yaza-, yasa-: sag. auch cazaif "Schmuck« und schor. sag. cazam || alt. tel. leb. yäpaäl «das Gerät. Werkzeug, Instrument. Wafte« z>i yäpsä- »ausrüsten« ; schor. cäpitäl «Instrument« usw., al cäpsälX -Pferdegeschirr«: kumd. yä/>,väA- «Pferdegeschirr« || osm. cökäl neben cökük »Hefen, Bodensatz« zu iök- || Zu bultsa-. bolla-, molt'a- gehören dschag. »o liotdiau -Frist", boldzar, boldial (vgl. Svl.-^vh. bulcar : mulrar), kkir. boldzul Prob. V 2281a, ^^1l. bolit>l; dschag. auch boldiai; koib. ktsch. molt'ag, Castr. moläa%. Prob. IX 371 14 moldiay, balk. bolzäl. Es liegen also die Foi-mantien -y. -.{, -/ und -r vor. Warum wird Wb. I 602 dschag. ailar -Mulde, Trog« beanstandet, während es vollberechtigt neben ailaq. ailau, astau steht? Das tob. bultsa «Frist« wird wohl mit anzusetzen sein (bultsa- Prob. IV 3541a). >5

Neben osm. yular « Zügeli^ steht dschag. dzilau; Vambkry ("ag. Spr. 281b hat ferner diulau, diular «Leitseil eines Pferdes«; die Wörter gehören wohl zusammen, sind aber unklar.

Ein sekundäres -/ liegt offenbar vor in dschag. kii. ötkiil = kkir. ötköl < * ötkäl > kaz. ütJeäl «Furt«, schor. ölküi -Furt«; öt- und -gä, -gü, an das dann -/, -s antraten (-« <, -t wie .1° z.B. in scher, usw. otturyut »Sitz«, Prob. I 61 61 aucli kiin ottttrytti -Sonnenuntergang«, kar. utiry'ic. kom. oltvrgw). Sollte diese Analyse das Richtige treffen, so würde das -/ des de- verbalen -kill ungefähr dem -/äk des elienfalls deverbalen -kiiHik, -ijulvq-. -yulwj usw. ent- sprechen, das in den Turfanfraginenten eine große Rolle spielt, in den neueren Mundarten aber etwas zurücktritt. Hierher würde ich auch yätkil. piitkiil (.MtüSpr. 3541,42) stellen, 35 während k\r. d'imqit «feucht« als denominale Bildung zu dem -q'il gehört, das ich BtüW' §11 besprochen habe. Das osm. öngäl -ent^te. obstine« (Youssouf), das AVb. 1 12 15 önägiil gelesen wird, ist mir vollkommen unklar (vgl. Wb. I 12 14 unter f'mägi usw.).

Das -ä- von ütkäl <. * öt-kä-l würde sich folgerichtig als Ablaut wie in -yu-v. -ya-c er- klären (MtüSpr. 42 1«). Wb. gibt anderseits für önäyj usw. auch die Bedeutung -Rival, Neben- >• buhler- ; dieselbe Bedeutung soll osm. ängäl, krm. iirigäl haben (vgl. auch den kleinen Red-

40 W. B A V G .

in§i dazu das sekundäre uqlavla- »rollen, walzen, mangeln«. Houtsmas iiqlayu (S. 50) ist wohl besser mit 0- zu lesen'.

Als Grundlage kommt nur oq »Pfeil« in Betracht (in Anatolien oq a^adzi »Mangelholz« Wb. I 990), das im Osm. und Dschag. auch »Achse, 5 Deichsel, Dachbalken, perches qu'on emploie dans ia convStruction des tentes« (Zenker 125 c, Pavet de Courteille 68, Wb. 1. c.) bedeutet; im heutigen Ostt. ist oq im Sinne von » Wagenachse« belegt bei A. von Le Coq Spr. 83a, Raquette MSOS 1914178b—- tar. öq"^. Es hat also offenbar zunächst jedes rund- lich geschabte Holz bezeichnet, wie auch in dschag. sapan oqu =-- "Sapanm qulpu 10 a')iadzi- Ptluggrif'f« (Sul.-Kin. 166). Davon dann dschag. oqla- »wälzen«.

4. Für »Zunder, Feuerschwamm« sind mehrere Formen belegt: ohne Dialektangabe Wb. II 434 unter qabä zunächst qobuya, das Tarantschi sein muß: es weist w-Umlaut von -a-, und Verderbnis des Suffixes auf (vgl. KOsm. 17 Anm. i ostt. ücügä »Gedärm« < iMgii; vgl. unten 7); qobur/a

>5 also fiir "qabuya < *qabayn = uig. qawayu 10 23. Hierzu auch: sag. koib. qabö (»von qap + ö« !), schor. sag. qabä, koib. töI. qabü. Daneben eine Kurz- form: HouTS. 86 qaw, CG 90 d)OU, osm. qaw, in Tebriz goc nach Foy MSOS 1904 223; tur. kur. bar. kir. ÜT. qau, dschag. V. qow, alt. tel. kir. sart. kaz. qü, soj. qay und qag, küär. qog, tar. kkir. qö. Man wird sich die Entwicklung

10 wohl so denken dürfen, daß von einem Nomen *qab ein Verbum *qaba- ge-

HODSE unter rival), und es hat den Anschein, als hingen beide Wörter irgendwie zusammen. Wie ist Viv. egäs »feindlich, Rival, Gegner« zu erklären (-« wohl < -«)?

Sicher ist hier anzuführen: ]s.\r. lekpil »dunkle Flecken auf dem Gesicht oder dem Körper« metathetisch im -Ysepkil ^ A&chng. säpkil, kaz. sipki/ -Sommersprossen«: zu »öp- »5 -ausstreuen- usw.

Vgl. den Anhang über die Wörter auf -au/.

' Das im Wb. I1017 verglichene ostt. 071*^ -Rollholz, Mangelholz- bleibt besser aus dem Spiel, solange keine mundartlichen Varianten vorliegen.

^ Mit Dehnung in einsilbigem Wort. So erkläre ich jetzt auch tar. oti (MtüSpr. 29 le) 30 in Prob. VI 102 I ol tasnt kötüriip alidiyannin öin yoq -jenen Stein aufzuheben hatte er keine Kraft". Dies ö>i < *on ist Verbalnomen auf -n zu o-, das bisher v- gelesen wui-de; o- be- deutet »können, vermögen«, *on. ön also fa.st soviel wIp kfic. Zu n- auch das Abstraktam ui.c in der Touyuquq-lnschrift, die mir leider eben nicht zugängig ist, und M" 3261 in imcsuz särincsiz ämyäklär »unerträgliche Leiden, gegen die es keine Abhilfe, kein Mittel 35 gibt« = »unheilbar«; zu negiertem w- im Sinne von »nicht helfen können- vgl. KSz X^^I 198 199. Gehört zu o- auch uig. kiptsch. dschag. (ryan, oyun, yan -Gott- ? [Vgl. Radlofp QB zu 183 17]. Zu oyul vgl. den Anhang S. 661. [Oder ist gar ön nichts andres als eine Kontraktion von 'jyan = »*Macht, * Kraft - ? Es würde dann auch o^/nr (T' 213 unter XX VTIl) soviel wie »vermögend, mächtig- bedeuten.]

Vom KöktürMschen zum Osmanischen. 41

bildet wurde, zu dem qawayu gehört; daneben stand schon qay\ Auf eine in§i Etymologie verzichte ich, da ich nicht weiß, ob die Wörter von Haus aus den Feuerschwamm (Polyporus fomentarius) bedeutet haben; im Tölös be- deutet qabü >Bast des Daja-Strauches der zum Anmachen des Feuers ge- braucht wird«, qau im Kirgisischen »das trockne vorjährige Gras«, nach 5 VÄMBERY Cag. Spr. 320 qow auch »faules Holz«: die Bedeutung »Feuer- schwamm, Zunder« kann also etwas Sekundäres sein, vgl. AtüD. S. 10; die im Wb. qubur- und qnwar- gelesenen Wörter werden wohl qofnir- und qowar- auszusprechen sein und -o- < -a- durch u- und tc-Umlaut zu erklären sein.

5. Das Wb. kennt ein bar. yürgö »Windel« ; ohne Erklänmg. Ich lese 10 es yürgö und leite es aus "yörgägü ab, indem ich auf die Tatsache hin- weise, daß Wörter gleicher oder ähnlicher Bedeutung gern dieselben For- mantien annehmen. Neben tar. usw. yörgü- »einwickeln« (Prob. V^I 1895") steht zwar nur tar. yörgäk, koib. yörgök »Windel« > schor. sag. cörgäk (das Verbuni i'örgii-, das für das Dschag. belegt ist, ist des anlautenden ''- wegen -5 wunderlich^), doch gibt es zu «Iscliag. tel. kkir. rii/yii-. koni. rii/ya/t-, kaz. Ö0lya-, kir. Sulya- »wickeln« usw. neben dschag. culyaq »Windel, Lappen«, bar. tsulyaq »Schuhheu« auch kom. culyau »scapinus« (vgl. Düc.\nge s. v.) und kaz. delyau, kkir. &ulyö »Kußlappen«, tel. ädyü »Windel« =^ tob. tsid- yau, kir. Milyau »Fußlappen« ; im Balk. bedeutet culyau, ndyöu eingewickel- «o tes Paket«: aUe aus *6ulya-yu, metathetisch fiir *&uyla-yu\

' Aus diesem yoy hat sich auch das Jak. k'ia entwickelt; vgl. Böhtlinoks Sammlung im §341 und aus §443 ia- <i scey »melken«.

' Die Stelle ist jedenfalls nicht in Ordnung; ein pflügender Menscii will in seiner Gutmütigkeit einen Wolf vor den Jägern veratecken: i/ube.tTm .-e/ip börüni ynrgäp yosundurüp »s hir yärdä qoidi, was übersetzt wird: -da tat er ihn in seinen Sack und versteckte ihn an einer Stelle«. Wb. kennt nach dieser Stelle yuba »Sack-. Ich denke, daß yitba. das auch S. 190 nocli mehrfach erwähnt wird := tar. fua »Pelz- ist (Wl). III 628). für das mich A. VOM Le Coq auf seine Spr. 89a verweist guba. t)ü*'a »Pelzrock« (l^, li _>»■), für das ei- die nachlässige Aussprache yva kenut So ist denn alles in Ordnung: der Bauer wirft 30 seinen Pelz auf die Erde und wickelt den Wolf hinein. Ist das Wort i-uss. my6a, äuba Pelz« (vgl. ScHRADEB IF XVn29; vgl. Ki-LOE" und Weioands unter .Ioppe)? Wie dem auch sei, für von Le Coqs gabchu] hat das Wb. yabduq usf.

Für »Sack« gebraucht da.s Ostt., wie u. a. das Osm., ta/yar, layä' (Prob. VI 166 7u; KSz V 161 7ff.: ttpya, 13 tar/arini, i; tayädiki). Künos gibt in der Jarkender Version tayar, eben- 35 so Kaquette MSOS 1914 i88a.

* In der Krim entrundet zu cärgä-: dazu Kar. T. öärgl- und cär§}w »Windel«. Vgl. auch Paasonen 183, 185.

' Vgl. leb. <'t/^> tel. »WiiKlel, Umhüllung«, leb. cugla-, tel. cüla- »in Windeln wickeln«. Phil..hi»U Abh. 1919. Nr. 5. 6

42 W. Bang:

ni§i Im Sag. und Koib. lautet das Verbum sulya-, das Nomen soll nach Wb.

sulya sein. Auch hier wird sulyä das Bessere sein (vgl. unten S. 47 Anm. 3). Wohl nur Druckfehler ist es, wenn Wb. I 1057 alt. tel. oi-U »das Ein- wickeln, Windel« von »oro + yw« abgeleitet wird: vgl. ora-, oro- und «ro- 5 und die verbreitetere Ableitung oraq, ordg und ofig (von *ori-?) »Hülle, Windel«. Ein zweifacher Verbalstamm tritt auch zutage bei kiptsch. osm. usw. sar- »umwickeln«: osm. sar^fi <i * sa'n/u und kaz. sari- »aufwickeln«: osm. krm. (nicht kom.) safiq »Tuch oder Schal, den man um den Kopf bindet, Turban « : oder *sar-t-q.

10 Das schor. pöln- »in Windeln wickeln» soll nach Wb. aus dem Russi-

schen stammen (ne^ieHarb; vgl. allerdings pölönkö), doch kommt tar. kur. hüäü »Windel« zweifellos von *bilngil, < *bälägü: vgl. kaz. bilä-, kom. bälä- > kir. bölö- gerundet »in Windeln wickeln«. Cuwas. pißh-. Ich stelle bdlä- zu bäl »Kreuz, Taille« usw. und vgl. kir. heldnü < *bnl-lä-gii »der Strick, der

■5 um die Jurte gebunden wird, um dieselbe zusammenzuhalten« ; davon bfl- däülä-. Ein andres, ähnlich lautendes Wort siehe unter 7.

6. Es gibt ein zweifellos auf onomatopoetischer Grundlage erwachsenes Zeitwort dschag. buzla- »schreien (von jungen Kamelen)«, dschag. bozna-, buzna- »weinen, jammern, schreien«, dschag. bozla- »weinen, jammern, wim-

ao mern, kläglich schreien«, kir. bozda- »schreien (Kamel)«, alt. tel. leb. pusta- » brüllen (vom Rindvieh)«, te\. schor. musta- »brüllen (in tiefen Tönen)«: wohl auch tel. postn- »sich sehnen, streben, bitten, flehen, klagen« (?). Zum Nomen *buz-^ konstruiere ich neben den obigen Verben das synonyme *buza- » schreien, brüllen« und stelle dazu den Namen des Kalbes (wrtl. des »Brül-

'5 lers«): uig. dschag. kiptsch. buzayu, osm. buzay'i, kom. tob. kir. buzau', balk.

' Neben engl, to buzz, to whiz. osm. f'ia, ßs, vgl. besonders das wesensgleiche osm. wiz »das Geräusch des Summens, SchnurrenS", w'iz ic'iz "Summend« (ict> auch •schnell« = voizir wizir), w'izla- «summen«, wizilda- »summen, surren, summend kochen«, wtzild'i «das Brimimen, Summen«.

3" ' Im CC 128 buxau = buzau, 193 2 bU30D. Die hierher gehörigen Wörter werden

meist mit -v, -w geschrieben, vvei-deii also wolil auch so zu sprechen sein. Vgl. auch das Wort für »Kirche«: 1584 gicl)ÖD, 15810 gtd)Ön> (so im CC), 1983 (tI)OD, iu dc-m ich mit KuüN eine Zusammensetzung von öv, öw -Haus« (162 3, 187 5, 188 9) erbhcke. Im ei-sten Teil wird kokt. uig. y»^ stecken, entweder in der Bedeutung -gut, heilig« (Kuun), o3er

35 allenfalls in der von »Ober-, Haupt-« (St. 532 und Anm. 3); vgl. auch wohl kai\ L. yi% kin »Sonntag«, wo wieder eher »heilig« am Platze ist. Im Balkarischen heißt »Sonn- tag« Jyü%- kiin, wo iy'i'/^ »Woche- bedeuten soll. Spätere Vertretung des unklar gewor- denen Wortes!'

Vom Köktürkischen zum Osmanischen. 4H

buzöu. kaz. bezau, Ifizau, gagaus. biizä, alt. tel. kumd. pozU\ sag. puzü, pizä, iii§i pizö^, kkir. mM2'ö; cuwas. jjSrw. Auffällend sind die osttürkischen Formen: tar. mozai, OT. muzai; Spr. mözüi, Raquktte mözai; im Tar. dazu mozaiöi »Kälberhirt«, aber mit Umlaut mozeyini »seine Kälber« (Prob. VI 1 1 7 14).

Weitere verwandte Formen dieses Wortes siehe bei Gombocz, Die bulg. -tiirk. s Lehuwörter in der ungar. Sprache (Mem. .Soc. Finno-Ougrienne XXX, Helsingfors 191J) S. 51, Nr. 32.

Grzegorzewski (SWAW, CXL VI, 1903, S. 30 32) will das Wort auf np. huz zurück- führen, das ■caper. hircus» bedeutet (Hörn, Nr. 213, awest. hüza- bei Bartholomae, Altir. Wb. 969); auch wenn man mit Grzegorzewski von einem deminutiven buzak, 6«i^A: ausgeht, lo bleibt die Ableitung vollkommen unklar. Wenn in diesen Wörtern neben -au, -aic auch -ou, -ow auftritt, so liegt hier letzten Grundes ein «-. tc-Umlaut vor, wie anderseits ai zu äi umgelautet werden kann. CC. 124 wird z. B. paella (Dixanok: sartago; schon Klaproth Mem. rel. ä l'Asie III 247 interpretierte durch pdete'.) als Übersetzung von QaglOOU gegeben; CC. 234 sieht datur jaoIOD -e pl)anne- = kir. rizaulau »große Schöpfkelle aus Blech (zum 15 Kochen)- : alle aus yaylayv, das alle möglichen Bedeutungen hatte, die nur durch die ge- meinsame Basis yay -Fett« zusammengehalten werden.

7. Zu büä-, piUi- »schleifen«' gehören: osm. bilngi, -yi »Schleifstein«, kiptsch. bil(iicil(\), kom. kir. bilan, balk. bilrü, bar. pilnii, alt. tel. pilü und das mir zweifelhafte schor. pilä für zu erwartendes *pilfi. Rundung nach 6- in: «. koib. (Castren), kkir. bülö, sag. koib. ktsch. pülä, tel. pülü, ad. Kar. T. büldw.

' In den Texten meines Wissens nur potu (Prob. I 64 165, 178 isn usw.): aber 64 i6a, 164 pozüit »sein Kalb« (Akk.) <i. pozvzün, pozüzün. Die Entstehung von -k- <; -uzu- ist Phonet. § 103 nachzutragen: so wird auch kokt, bädvk •hoch« im Küär. zu pözük (Prob. 11 703 3), für welches Wb. nur die Kontraktion pok kennt. »s

' Schwächung von -«- > -t-, deren Bedingungen eingehender imtersucht werden müssen.

' Dieses Verbum ist ein Denominativ [bi-lä-) zu dem bisher b'i gelesenen Wort, das zweimal (M»59 9 4, 71 324) als Adjektiv bei b'icqu »Messer« vorkommt, also wohl -scharf» bedeuten muß; ich lese bx. Gehört hierher osm. usw. bi: -Ahle- > bar. sag. koib. pis -Ahle-, bar. alt. tel. -Schneide- (auch sag. in Prob. II 76183 oyunüii pizi -die Schneide seines Pfeils-)? 3" Das Wort wäre dann vielleicht ein Dual {*bi-z: vgl. BtüW 307: sonst auch AtüD 27).

Bedeutungs- und fonngeschichtlich leliireich ist der Vergleich dieser .Sippe mit der folgenden: dschag. osm. ad. iti- -scharf sein-, kom. osm. krm. ad. iti »scharf, spitz-, Kar. T. -Schärfe, Schneide-, uig. itig dschag. ad. ilik »scharf, spitz; schnell, eilig- (Spr. itik maü- -scharf, schnell reiten, gehen-), tar. geminiert i//(X: (auch »schnell- bei fließen) ; ebenso 35 IlAgtETTE. Mit ^-Prothese: uig. kom. yiti, uig. yitiy. dschag. yitik, küär. yidig, koib. ktsch. yidig, schor. sag. ridig (Mel. as. IX 128, 143 ctttig): alt. yidu, tel. yidu. Das uig. yiti (jetzt auch M 41 14; vgl. QB XV zu 177) muß Gerundium zu einem Verbum "it- sein, zu dem auch die faktiliven dschag. irtfir- und itkür- »schleifen- gehören. Dagegen kann kom. yiti, osm. iVi aus yitig itig mit dem hier gesetzlichen .Schwund von -g cntstandeu sein. Neben iti- muß ferner *itä-, *yilä- bestanden haben: zu letztei'eni gehört bar. yidäü »scharf- (l'rob. IV 8oi8tt'.) < *yitägü. Soll hier angeknüpA wci'den küär. idü -Kraft- -C *idägä,

6*

44 W. B A N G :

ni§i In Tebriz bläw, blöv nach Foy MSOS 1904, 221. Auch hier geht da« Ost- türkische zum Teil seine eigenen Wege: tar. büäi, OT büläi (Sul.-Kun. 26 bila'y und 27 Ulau sind wohl mißverstandene Lesungen; Wb. 1764 dschag. biläw; leb. küär. pilig <c*pilik)> bülf Spr. 85b. 5 Ich glaube, daß der Auslaut sowohl von biläi als von mozai auf die

Endung -7«! zurückzutiihren ist, die im Ablautverhältnis zu -yu steht. Den- selben Lautstand weisen auf: OT birnilnn- »sich einigen« <*birägül(in- und tar. üdäi » Dann « , wofiir auch Raquette urey gibt, entstellt aus OT. icäi = dschag. i<^ögü (mit Nebenformen wie kur. iödgä > alt. /A/, dschag. V. iöäk > kir. iääk .0 > kir. äVä*'); bar. ätsäii (Prob. IV 54; Wb. dafür ädzäii).

8. Etymologisch unklar ist osm. qilay'i, qilayu »Schneide einer Klinge (Schwert, Messer)«, Ich möchte es zu qil »Haar« stellen, zu dem ich als Denominativa konstruiere: *qil-a-, *q'il-i-. Hierzu gehören dann außer q'il-a-yu u. a. noch dschag. q'ilau »scharf (Säbel), glänzend (Helm); brauchbar, tüchtig.

'5 das möglicherweise auch in den Eigennamen Itägä, Idägä (Prob. IV 196«: 27 Nr. 6; 127») fortlebt, der meines Wissens bisher nur eine volksetymologische Deutung (Prob. IV 28) ge- funden hat?

An onomatopoetischen Ursprung könnte man vielleicht für alt. tel. iar »Schleif- stein" :^ tob. bar. tsar und carla-, Isarta- -schleifen, wetzen- < schor. «ar/o-, das VÄmberv

30 Cag. Spr. 274 als diarla- fiir Chiwa nachwies, denken, doch vergleicht anderseits Ramstedt KSz XV 140 np. can/^ (siehe Hörn Nr. 437 besonders S. 98). Freilich ist zu bedenken, daß das entlehnte Äry„ (vgl. Wb. ^cäq, iarq, cärk) nirgends den "Schleifstein« zu bedeuten scheint. Von car ist abgeleitet tel. leb. kmd. cary'i «Schleifstein-.

' Für mozüi weiß ich um so weniger, ob diese Erklärung ausreicht, als das Material

35 nur sehr dürftig ist; -ayu wird bei von Le Coy offenbar, soweit das vorUegende Material überhaupt ein Urteil erlaubt, durch vertreten, während {-<2yi) -ägi zu -t wurde: Spr. 85b hxiÜ "Schleifstein-, 84a iklla »alle beide-: ähnlich das nicht virirklich hierher gehörende pkt% »Handschuh (Falkenjagd)- = tar. jialäi ■=. alt. päläi (<■' Vgl. tob. pialai ■Fausthand- schuh«;-'). Das merkwürdige biro »einer- <i birägii ist nach einer ganzen Anzahl ähnlicher

Lautungen zu beurteilen, in denen die gutturale Suffixform auch bei palatalen Zahlwörtern durchgedrungen ist (BtüW= §§6 und 7 und Anm. 10 und n).

Im einzelnen schwierig sind özu kün »drittletzter Tag, heute vor drei Tagen- und ozäql yiVi »vorletztes Jahr« (Spr. 82c); letzteres scheint aufs neue -qi angenommen zu haben. Das kom. objOD kotl (CC. 136) »ehegestern- ist unsicher, da der zweite Buchstabe

35 unleserlich ist; lies ozawf^^ und vgl. Si'i..-Kun. 160 ozw^ kün »gätän gün«; unter Einfluß von kün ist das Wort auch palatal ausgesprochen worden: Wb. 1301 und 1144. Vgl. 6«^«» und nbürgün: umgekehrt alt. pasqün < tel. pasqi kün »vorgestern«.

Das tob. kölogä »im künftigen .Tahre« möchte ich für eine Kontraktion aus kilär y'ilya halten, doch scheint dem das ostt. kölürgä yiti »nächstes Jahr« (Spr. 96a) zu widersprechen.

40 Liegt Rundung von -ä- > -ö- vor -/- vor? Vgl. KSz XVII 120 ff.

Vorn KöktürkL^chen zum Osiruxn'ischen. 45

tapfer (Mann)« auch »Haarnadel«, und qilaula- »wetzen, schärfen, polieren»; i §u l besonders dschag. yi/öwWb.II 867, wo es »von qih abgeleitet wird, worunter wir doch wohl das Nomen zu verstehen haben. Zu *qili- dann wohl qiM »Säbel« und seine verschiedenen Formen'. Zu jak. Mlan »die äußerste

Spitze eines Gegenstandes ; die scharfen Spitzen der Haare eines 5

Pelzwerkes; Schneide eines Messers usw.« vgl. Böhtlingk § 334, 344 und etwa kkir. q'üqan » Acheln der Ähre« = alt. tel. qilyan. Das bar. q'ilah »Pferde- haar« geht auf das üeminutivuni *qilaq »feines Haar« zurück, das auch im l-uwas. y^hy^ »Pferdehaar (vom Schweif); Saite« vorliegt.

Das osm. dschag. yana »wetzen, ein Messer abziehen; wenden, drehen» dürfte ein la Denominativ zu yan »Seite« sein, vgl. besondei-s yanas- und seine Ableitungen, worunter cuwas. j^fnaiar »nebeneinander«. Als Gerundium gehört zu yana- das tel. kumd. yanai -^ *yanaya (Wb. III 82 »von yan -)- '.'') »von der Seite, nebenbei«; im Kirgisischen ist dafiir diana- »an der Seite gehen«, belegt. Statt yana- auch die -!-.\bleitung: koui. kuz. bar. yani- »wetzen, schleifen; sich an jemand anhäkeln« usw., auch »drohen- (CC 38 ianimieil aber ianablm), '? kaz. kir. diani- »(trocken) auf einem Streichriemen streichen, schleifen«. .\ls Nomen: yanü bar. »Streichriemen«, kaz. »das Schari'machen, Wetzen« und »Drohung«, kir. kaz. dianü Streichriemen « .

Durch den Auslaut ist der Anlaut verändert worden in: tub. nan .Seite«; dazu tub. nanai »in die Seite, seitwärts, neben« ^^ yanai. 20

Zu dschag. yavayan steht bei Sui-.-Kun. 98 die Erklärung käskin, bülülänmis < bütu- lä-n- (oben Nr. 7); balk. zaiiiydn bedeutet »Drohung, das Drohen«.

Im Cuwasischen besteht j\ina- -drohen«, im Jakutischen das lautgesetzlich entsprechende "an- »drohen-, in welchem -ä- wohl Ei-satzdehnung ist (''.'). Vgl. aber auch Böhti.ingk §91: Nemeths Arbeit in Nyelvtud. Közl. XLIII kann ich leider nicht einsehen, KSzXVi5otf. "s erwähnt er sän- nicht.

9. Unregelmäßig ist die Entwicklung der Endsilbe von kokt, küdägil, osm. güwäyi »Schwiegersohn« (R.\m.stedt KSz XVI 81: vgl. m. Bemerkung KSz XVn 199 Anm. 2) im Osttürkischen; der Grund dafür wird darin zu suchen .sein, daß es mit oyul eine Einheit bildet: tar. kiiyä (rful (Prob. VI 30 137 ff.), = Tcuy-CTigl bei Raquette MSOS 19 14 222b M öyul, küi öyül Spr 96c'. Die vom Wb. für das Tarantschi aufgoftihrte F"orin kilyä ist mir nicht bekannt, wäre aber auch nicht regelmäßig. Ebenso wird das osm. güwäyi zu güvoäi gekürzt, das im Gagaus. sogar als gimä erscheint. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß sich für das Osmanische noch 35

' Im Balkarischen bedeutet qUic nur »Rand, Geländer: Querholz«. Zur Bildung vgl. z. B. kiptsch. tikic »Stachel« von Hk- (Houtsma 68).

' Vgl. auch, was ich MtüSpr. lo 37 über die Entartung des Imperativs auf -äi > sagen konnte.

46 VV Ban«:

ni§i eine ältere oder mundartliche Form *gnyäwi =r kiptsch. küyägü usw. wird nachweisen lassen; vgl. ki-rn. güyäw, güyü (SrL.-KuN. 72 güjav = gijav\y. Das adherb. Mlräkän »Schwiegersohn« (vgl. zu -ü- Foy MSOS VII 229; überhaupt die dort angegebene Literatur und Pavet de Courteille 466-7) 5 scheint Lehnwort zu sein = mong. kargen (Kow. III 2651; Plural kürget), burj. huren, kvregen (Castren 213), tuug. kuräknn (Castren 81). Gehört körägän »schön, nett« (Vämbery, Gag. Spr. 329b: »veraltet«) hierher oder ist es eine Ableitung auf -dgan zu kör-? (vgl. MtüSpr. § 26; die entsprechen- den Wörter auf -gän, -kän Wb. II 1598 mit sehr berechtigtem Fragezeichen,

10 sodann Sul.-Kun. 71, 74). Zu körün- bildet das Cuwasische kurdnaoan in vivdr-k. »durchsichtig«, das eine junge Bildung sein muß, weil -ayan als Ganzes angetreten ist.

Zu uig. kündägü »Eidam« (bisher nur bei Klaproth i8b belegt) stelle ich sag. kündägä »Gefährte, Genosse« (-gif- -gfi)\ es liegt also hier der

15 Antritt eines Abstraktformans an den Lokativ vor: kün, kündä, kündägü »tägliche Genossenschaft«. Vgl. dschag. kündälik »Tagelohn« >osm. gü/idälik »die Dauer eines Tages, täglich; Tagelohn«, auch »journee d'ouvrier« (Youssouf) und osm. ondatiq »der Zehnte« (BtüW § lob und Anm. 37; vgl. oben S. 431), aber a'iMq, yiltiq usw. Vgl. Pel. 46a üdägä usw. »Hausgenosse«.

20 10. Zu osm. kösäyi dschag. kösägü »Feuerbrand, Feuerschürer« zu

*kösä- --=- kir. kösö- »das Feuer schüren» usw. vgl. meine Bemerkungen KSz XVII I 39^

II. CG 225 II steht im Original mit aller wünschenswerten Deutlich- keit faroü hapncpDir = bi fpiocr gct Uf bitter. Zu lesen ist sarowm qainäydir ^5 oder qainaydtr. Ich konstruiere ein *sa?-ayu zu *sar, *sara-. Nomen und Verbum scheinen heute verschollen zu sein, so daß die ursprüngliche Bedeutung sich kaum erraten läßt. Die Ableitimg auf -a-yu aber liegt

' Von den mundartlichen Formen verdient hervorgehoben zu werden tum. kit/äü »Schwager, Bräutigam, junger Ehemann«, das Prob. IV 74 auch für das Barabinzische in der

Bedeutung »Schwager« vorliegt. Vgl. imten § 3. An dem Übergang des -«- in -*"- trägt -y- die Schuld, das ja überhaupt ein Störenl'ried ist {tayan- > balk. tiyan- »sich stützen- u. dgl.). Tritt noch c- iiinzu, so kann die Palatalisation noch weiter gehen: cayna- »kauen- >■ kaz. Cäynä- > osm. ciynä-, cihä-. So erklärt sich denn auch das sonderbare osm. ciwi .Holznagel, Mock, Keil«; -w- ist Hiatustilger, *cii < cHy, cüi entstanden, wie <las Wort in anderen

35 Mundarten lautet; tob. tsiit »Stift, Holzstift, Keil-, kaz. ceV (vgl. BtüW 3038).

^ üehört osm. küskii. köskü »Schüreisen. (Sul.-Kun. 141 dschag. küskü »abgebrannter Uolzstumpl'-) zu i'iner Kurzform *kös- r= kösö- oder ist es durch Mittelsilbeuschwund entstanden?

Vom Köktiirkhcheii zum Oftmanisrhen. 47

vor im tel. mrU »das Sodbrennen«: im Wl). II iszff. finden wir außerdem iii§i tel. töiihn qainap yat »ich habe Sodbrennen« und im Anschluß daran das kaz. sarU qainti »es dreht sich das Herz mir im Leibe herum«. Die ka- zantatar.-russ. Wörterbücher werden also wohl weiteren Aufschluß geben'. Im Kirgis. bedeutet »Sodbrennen haben« nach Wb. II 798 q'idMda-, das 5 wie ein Schallwort 19) aussieht.

12. Osm. qazay'i »Raspel, Reibeisen« = qazint'i »Raspel. Kratzeisen« gehört zu qas-, qaz-, qazi- »graben«, osm. qdzi- auch »abkratzen, abschaben, rftcler«, neben welchem ich ein *qaza- ansetze.

13. Für »Fußfessel« kennt das Osmanische hoqayu, -yi, boyayt = dschag. m hoyjayu, Süi,.-Kün. 33 auch htiyayu: tob. buyau = *buqau, bitqqU', die fehlen; Kar. L. T. buyuw »Kette«, kir. btiyau im russ.-kir. Wb. Kazan 19 10 S. 306a; huT.puyau; kaz. biyau. Nebenform im Dschagataisehen }Yw/ß.nr/ja (Sul.-Kun. 33). Bei Sul.-Kun. 197 steht unter tusaq noch boqau. unter tuinndzil noch boya. Im übrigen sind *boq, *boqn- usw. unbekannt". ",

Neben dem genannten tu^q steht kaz. te.^qu > kir. titsau < *tii,iayv, zu tuSa- > kir. tusa-.

14. Ganz unklar ist schor. (?) qamrur/'i »Fischotter« = bar. qamnau, schor. qamdU (verdruckt für qamnü), alt. tel. qamdü^; erweitert durch -c in ktsch. qamnüi > sag. koib qamnüs (Mel. aslat. IX i 2 1 qnmnös; vgl. Castren 93)^ '"

' Gehört hierher i'uwa.^- *j^r- «simckeri', das ieli MtüSpr zu sazayan h(!rangezogen habeP

' Auch bu/an/u wird auf *6o^, *botja- zurückgehen; vgl. Lfi 2"] 32 wnanyu »Wohnort- zu 'min, M'1513 lonatr^/u »Gewand« zu tim. Es ist hier -y?/ an das dominale Verbuxn" to/z-a-«- getreten, wozu man dschag. tuuanma »Schmuck, Pomp- slullcn mag; ornanyii also < onm-a-n-'fi.

Für -7M tritt -ril ein in dschag. titiandiil »Fessel- bei Sul.-Kun. 197. a?

Zum Ansatz *boqa- vgl. auch dschag. hur/ar (Sul.-Kun. 33 ; buya-r wie oben S. 39 36 yitlar usw.) und das bei T'213 unter XXV l)esprochene buqars'i, dessen Bildung (vgl. MtüSpr. 3843) der Erklärung hairt. Vgl. 6j as.

' In den Texten, Prob. I 154 7, 234, 238 nur qamdv. Wenn die Länge heute nicht mehr bestehen sollte, so hat sie jedenfalls einmal bestanden. \'gl. die Bemerkungen zu yürgo. 30 oben S. 41 10 und pozu. oben S. 43 jj-

Um die Quanlitätsbezeichnung der auslautenden Silbe ist es überliaupt oft übel bestellt: Wb. .sag. porca -eine Blume-, aber Mel. as. IX 154 jx/rrö; Wb. .sag. piiriira •■ nudelartiger KäsC", aber Mel. as. IX 156 pücürS; Wb. schor. It/n -Grashügelchen- wohl zu steilen zu Mel. as. IX 134 l'ilö »Morasthümpel- (?); usw. 35

* Nebeneinander der Suffixe -7« und -'/uc (<, -yu-c: vgl. Mtü.Spr. 424) z. B. in dschag. ä:i/i -Leiter-, osm. i'nffiic. -/i -Strickleiter-; vgl. unten S. 50 15 das Wor; für »Spiegel».

Zu diesem *ö:- möchte ich ein älteres *üzä-, denominal zu ü.v »Oberteil« (KOsm. § 46) konstruieren und sodann daran erinnern, daß im Cuwasischen »Steigbiige!« 11. ;i. piixkit'.^' heifit,

48 W. Bang:

in§i Es liegt wohl eine Zusammensetzung mit dem Simplex tob. tara. kaz. qama »Otter« vor, das auch dem Kirgisischen bekannt ist; vgl. Raquette MSOS 1914 S. 214 qama »otter-fur«, Spr. 94c qdma »Art Fischotter«.

Da die Formantien -yi, -yu und besonders -yuc Nomina actoris bil- 5 den', so scheint der Name sich auf eine Tätigkeit der Otter zu beziehen: *qamlayu, *qamlayuc^.

Bei der unglaublichen Beweglichkeit des Tieres liegt es vielleicht nahe, auf das jetzt in den Turfanfunden wohlbezeugte Verbum qamäa- »sich be- wegen« hinzuweisen (T" 224, L* 41c), das ebenfalls ein Denominativuin

10 sein dürfte (AtüD § i ff.) '. Ob wir das zugrunde liegende Nomen mit qam »Schaman« * gleichsetzen dürfen, weiß ich nicht. Wer Radloffs Schilderung der ekstatischen Tänze und Sprünge dieser »Zauberer« im Gedächtnis hat (Aus Sibirien, II, S. 35 ff.), wird die Anknüpfung für möglich halten, aber auch zugeben müssen, daß die Kurzform qama dann noch unerklärt ist.

>5 15. Das etymologisch vereinsamte osm. dolaxfi setze ich her, um es

einmal zur Diskussion zu stellen. Es bedeutet »Kreis, umkreis«, beson- ders aber »um, wegen» (Wb. III 17 15; Nemeth, Türk. Gramm. § 99, G. Weil, Gramm. Osm. -Türk. Spr. § 93): Sm-.-KuN. 58 dolayi »Seite, Linie; taub«. Ich möchte eine ältere Form ^dolaji annehmen, die vielleicht noch zu be-

20 legen ist. Das osm. dola- bedeutet »umgeben, einwickeln, umwickeln« ; Ableitungen sind u. a. dolaS »verwickelt«, dolam »Umdrehung, das Umge- drehte, das Umwickelte, Falte, der Kreis einer Windung«. Das -o- ist offenbar eine Kürzung aus -ö-, das seinerseits durch Schwund eines Gut-

das dem \ia.z. basqic »Treppe. Leiter« entspricht: dürfen wir nun das gemeintürkische Wort 25 für »Steigbügel" hier an.sohließen :' Uig. dsc-hag. üzänyü, Houts. üzänü, -äiigü; osm. usw. üzängi. tel. üzänä, üzäil). tar. äzänffä, Spi'. 82 c üzäiigt; kaz. özängi, i'uwaj. mit y-Vrothesu jirana; da das Wort etymologisch isoliert ist, so trat in den Abakandialekten Verderbnis ein: sag. koib. ktsch. izäni, so auch kui'. izäna. bar. iziingü; soj. äzänä, jak. isänä. balk. ösenni. Anders Ramstedt KSz XVI 74. ' Um nicht mißverstanden zu werden, bemerke ich, daß -■y?, --/ii von Haus aus Verbal-

abstrakte bildet, die dann als Nominn ai'tui'is Verwondnn;; finden, .\hnlich die Wörter auf -ma, -mä; so ist z.B. das ge b ii <'h ii ( he Wort iür »Slotterer« im Osniaiiis-chen kiikäinä (vgl. die Anm. i unten S. 51 und den Schluß des Anhangs .S. 6517).

- Die (iruppe -ml- soll nach Phonetik §415 im Barabinzischen »ausschließlich- zu -mn- 35 werden. Warum gibt denn Wb. für diese Mundart tamtü, yimlä-?

^ Vgl. jak. yßmsä- »sich rühren, sich bewegen« = %amnä und das .Simplex %äm- » schreiten«, dessen Länge ich nicht deuten kann.

* Vgl. Nemeth in KSz. XIV (S. 8 des Separatabzugs), wozu die älteren Ansichten Schotts in ZDMG ^i 544 und Ki.aproth. M^m. rel. ä FAsie IIT 67 Amn. i noch von Interesse sind.

Vom Köktiirkischen zum Osmanischen. 49

turals entstanden war; vgl. s^chor. toglaq «rund, kugelrund« usw., dschag. iu§i schor. to^alaq »abgerundet«, tel. leb. toyoloq »kugelrund, rund; rundes Stück Holz, runder Holzblock, ein Knäuel«, alt. töloq »Knäuel«, kir. do^alaq »rund, Rad« und die wiederholte Ableitung: tel. to^oloqtn- < *toyoloqlo- »abrunden, ein Knäuel wickeln« = alt. tüloqlo-. Das osni. dnlay'i ginge demnach auf s eine Urform zurück, die etwa ^toyalayt, -yu gelautet hätte'; vgl. yirmi »zwanzig« < yigirmi, quräim »Blei« (so schon Houts. 89) = qoi'ya.hin.

Auf ähnliche Weise scheint dschag. tar. osm. tel. sag. koib. ktsch. tillä-, alt. leb. kir. /w/ö- »haaren, mausern« entstanden zu sein: ich möchte es zu tilg, tut »Haar, Flaum«, jak. tu stellen, bin dann aber gezwungen, in kom. 10 dschag. OT. tar. alt. leb. schor. sag. koib. ktsch. kir. kkir. soj. tilk, kaz. iek eine sekundäre Entstimmung im Auslaut anzunehmen. Zu diesem *tügln- > tülä- (sag. auch tiilln-\) gibt es u. a. bar. tnläü »das Mausern« = alt. tel. tiilü < *tülägii. Semantisch vgl. kir. dziindö- <-/a' »im Frühjahr dem Kamel die Wolle abreißen« = osm. y/m///- »to deprive of wool«, während 's das neuere {tükld-, tiiktn-) tüklän-, tiiktfin- »sich mit Haaren, Federn, Daunen bedecken« bedeutet, wie auch osm. iji'mlän-. Die sagaische Mundart kennt auch külä- »haaren, mausern«, dessen substituiertes Ar- wie das in koib. kUä- »suchen, bitten« (Wb. und Mel. as. IX 134) = ^«- zu beurteilen ist''.

§ 2. Sprachgeschichtlich von hohem Interesse ist osm. oqlawa (oben 3), ^c das aus *oqla-ya entstanden ist (zu -w- vgl. kiptsch. biläwü < bildgü); es er-

' Bei SüL.-KüN. 199 steht: tülej {tnlaj): zun, top. dolaj. Alles: wegen. Wb. kennt dschag. tolai -alle, insgesamt- ohne Erklärung: da aber das identische tel. leb. toloi durch »gefüllt, ganz, alle« iibei-set/t wird, so wird Radlokf an eine Ableitung von tt>l- gedacht haben. Wie er sieh deren Zustandekommen vorgestellt hat, ist scliwer zu sagen. Das osm. ^5 dolai bedeutet nach Wb. »Umfang, Umgebung, rundum-. Ob auch »wegen- :' Als Ableitung von *lola-, (lola- wären die Wörter Gerundien: * tolaya > tolai.

' Vgl. Phonet. § 199, aber auch KSz. XVII S. 132. Ist das uig. käi »schnell, fliichtig- (Wb. II 1154) etwa dem sonstigen liiz gleichzusetzen'.' Das \i.a.7.. tiyänäk »Klette- erscheint im Cuwaslschen als kiotnik, ohne sichtbare psychologische Gn'inde. Ks handelt sich in all diesen Fällen wohl um eine richtige Verwechslung von Lauten infolge von falscher Ap- perzeption, und zwar um so mehr, als auch die umgekehrte V(!rwecbsluiig vorkommt: tiirk. käp-, kep-, kip- »trocken werden- tritt im Cuwaslschen in der Form tip- auf. Beide Arten von Verwechslung finden sich meines Wissens die Fälle sind noch sorgsam zu sammeln nur im Wort- und Silbenan- und -auslaut, nie im Inlaut, was inii- wieder dafür zu .»iprechen 35 scheint, daß sie auf Fehlem in der Apperzeption beruhn. Fülle wie i/äyi =:; ijädi »sieben- (Grzegorzewski in SWAW, CXLVI 78 aus Halitsch) beruhn wohl auf Hiatustilgeraustausch!' Wie aber ist es zu erklären, daß tigänäk usw. im Balkarischen durch ciyana »Dorn. Dorn- strauch- usw. vertreten wird;'

Phil.-hist. Abh. 191D. Nr. r,. 7

50 W. Bang:

in §2 weist auch für diese Wörter den Ablaut im Formans -yu: -ja, den ich von anderen Fällen ausgehend in den MtüSpr. S. 42^ wahrscheinlich zu machen suchte'. Dieser Ablaut erklärt uns nun auch, warum die hier behandelten Wörter einmal kontrahiertes -ü, (< -ayu), dann aber wieder (< -aya)

5 haben. Außer den schon aufgeführten merke man: OT qonrayu »(Tlocke'"«, CC 234 konkret) »Schelle«, bar. kir. qonrau, kaz. 5«V?raM (vgl . auch Paasonen 34), tara qunrau, alt. qonrü; anderseits schor. qonrä < *qonra-ya.

§ 3. Die Akzentuation der hier behandelten Wörter geht heute in den einzelnen Mundarten weit auseinander. Trotzdem werden wir aus der Über-

'o einstimmung in gagaus. oqläwa (Prob. X Glossar 76 a), balk. culydu usw. (dar- unter Ä:ym »Schwiegersohn, Schwager, Bräutigam«) ostt. Ä/y# schließen dürfen, daß die Verbalstämme auf -a, -In usw. bei Antritt von -yu den Akzent auf der verbalen Ableitungssilbe hatten: *huzäyu, *oqldyu. *bilagü, *<kilydyu. Mit die-

Vgl. dschag. qonalya •Nachtquartier- (< *qon-a alya??: vgl. Prob. IV 321 7a gorndyi

»5 al- »sich lagern«) = tum. jonaZ-yt [qunalyi Prob. IV 372 is), dschag. qonalyu, Spr. 95 b jwjo/y« »Raststätte« wie 87c tnralyü «Aufenthaltsort- [<i*tura alyu??). Auf dieselbe Art ist ge- bildet: tel. kir. ayaly'i »Ausdruck, Wendung in der Rede, Redensart- =r dschag. ayaiyu »Ton- fall, Modulation-, zu *ai/a, Gerundium von ai- »sagen- und alyu. Eine Ableitung auf -ya ist hier nicht belegt; stralya (vgl. auch Sul.-Ki:n. 178) ist etymologisch ganz unklar. Neben

20 scher, suyalyi »Tränke, Wasserstelle, Luhme- finde ich Prob. N' 569 1462 kkir. sualc'i yär »Wasserstelle«; fWb. Man wird schwerlich an einen Druckfehler denken dürfen, da das Wb. (ohne Etymologie) ein schor. qamlci kennt im Sinne von »eine nicht zugefrorene Stelle im Eis, aufgetaute Stelle im Eis«; mit Schwund von -/- > tel. ^oröct > schor. qarari. sag. qaraldii, ktsch. qaralyi (vgl. Wb. II 162 auch qaraiil usw.): doch wohl zu qar »Schnee-;

25 Das Wort für »Spiegel« lautet: inschriftlich auf einem Metallspiegel küzkü oder küx{ü)kü,

HouTSMA kiizügü, kom. kir. kar. \..T . küzgü > kaz. k'6zgo;mg. tel köskü (uig. etwa AräsA:«?), tel. kumd. küskü (lies tob. für tel.:' Vgl. Mem. Acad. St. Petersb. XXXV, Nr. 6, 1887 S. 36b); osm. veraltet gözgii: Im Barabi nzischen küskä, wo auch auf küzgi verwiesen wird (fWb.). Daneben die erweiterten Formen: schor. küxkiis. küär. küsküts, wo der Auslaut aus -c ent-

30 standen ist. Herkunft ist unbekannt, Zusammenhang mit köz, kör- (vgl. St3i252) jedenfalls wahrscheinlich; vgl. tel. körünäs »Spiegel-, alt. leb. körnös, sag. körnäs und cuwas kuskihi, kvs-kaski. wo kus das Wort für »Auge- ist (vgl. unser Spiegel < speculum zu lat. specio u.dgl.). Eine des Kiptsch. wegen wichtige Form közüiiv zitiert T' 212 unter XXII (nach Vkrhitzki!').

35 Wir werden also wohl auch das kir. diaöaya »die im Frühling geschorene Schaf-

wolle« zu den folgenden Wörtern stellen dürfen: Hoütsma 102 yabayti »rohe Wolle-, osm. j/apa-yi »unbearbeitete Wolle, Fließ-; ich möchte sie von yap- »bedecken, herleiten; vgl. osm. dschag. yapaq »Fließ, Wolle«, anderseits *yapiy, *yabiy>yabü kaz. »Zudecken, Ver- decken, Pferdedecke-, alt. kkir. »Deckel- alt. »Fensterladen- (aber balk. zabu »Vorhang-),

40 tel. »Dach- usw.

Dasselbe Formans in dschag. V. anqraii »Glocke., Sul.-Kun. 193 Umrayu. .Klingel-.

1

Vom Köktiirkischeii :uin Osmanlschen. 5]

ser Annahme stimmen die weiteren Schicksale des anlautenden Gutturals von HI §3 -yu wohl überein: er schwand intervokalisch unter dem Einfluß der stark akzentuierten vorhergehenden Silbe. ^

Daneben muß sich jedoch teilweise eine andere Betonung breit gemacht haben ; sie ging wahrscheinlich von Wörtern aus, deren zugehöriges Verbuni 5 in Vergessenheit geraten war: *biizayü. *büzay'i> rnözüi, nutzai; "qärayit^ (/d- riyii > qaryu und qdrö\

Mit den hier vorausgesetzten Betonungsschwankungen bitte ich zusam- menzuhalten, was ich über den Akzent von qila-män usw. (xxx und xxx) ge- sagt habe (BtüW am Schluß des Anhangs: MtüSpr. § 7). 10

Derartige Schwankungen werden wir auch sonst vielfach anzunehmen haben, obwohl Nachweis im einzelnen zunächst schwierig ist. Ich möchte das an einem weitverzweigten Worte veranschaulichen: das Verbum köi-, fcüi-, kiw-, yöl- bedeutet »brennen, verbrennen«; dazu ist zu stellen: ktsch. küyä »Ruß« = kir. küyö, tar. küä, bar. kir. küö > tel. kö. Das sag. ostt. köyä 's bedeutet »Ruß, Kohle«, auch »der verbrannte Teil des Körpers« ; Spr. 96c kögä- »Holzkohle (Ruß)«, zu -g- vgl. AtüD 2 5 ff.'.

' Die Fomi jijx ' ^^ *^'^ Vämbi-by, Cag. Spr. 247 b, die Aiisspractie buzyu angibt, ist also sehr gut möglich: ob er sie selbst gehört hat. ist eine andere Frage.

Da.s ostt. .«oxö ■Dummkopf- (Spr. 92 a) gehört wohl zu der unklaren (BtiiW302 6) ao Sippe: osm. xaqayi .Rotz der Pferde- (vgl. lat. mentigo zu mentum), koui. kir. kaz. sagau •stumm, schwerfällig sprechend« usw., kaz. tob. sayau .stotternd, schlecht sprechend«, tel. naqü »eine Krankheit im Ohr«. Vgl. kir. maqau -der eine schwere Zunge hat, utideutlich redend«, aber kaz. «nicht leicht verstehend, nnverstiindig, unaufmerksam«.

Hier findet am besten Erwähnung: osm. käkägi, -yt «Stotterer« zu käkä-, dcnominai »5 von *käk. Dazu *käkäg > osm. käkä, ostt. käkäk «Stotterer« (vgl. dschag. tötäk); osm. käkäc «Stotterer«, im Osten «stumm«. Spr. 97a kfkäc, kekäc «Stotterer (der anstößt)«.' RAguETTE kennt MSOS 1914222b das denominale ktkäklä- «to stammer«. Wie ist koib. kiklö, kSkete, kikelö «stotternd« (Castrkn 94) zu erklären'.' Steckt in -lii etwa -lä-gü? Katanoff erkennt nur ktkto an (Mel. asiat. IX 123), so daß also ein neben *käk stehendes *kik an- zunehmen wäre: *kik-lä-gü. Vgl. das onomat. osm. kam küm söi/ä- «abgerissen, stotternd reden«.

Sind osm. tätäyi, tätiyi, täUdzi «Stotterer« noch irgendwo mundartlich in Gebrauch i* Oder tätä (SuL.-KuN. 187)?

Das Dschagataische hatte ein pupa- •murmeln, stammeln«, welches von Sul.-Kun. 162 a durch pä/läklä-, päpälä- übersetz: wird; von pupa- und päpälä- ist wohl ohne weiteres an- zunehmen, daß sie onomatopoetischer Hei'kunft sind; dazu päpä, päpätji, päpädzi.

^ Etymologisch unklar ist mir das Wort für «Motte«: Hol tsma 95 kii/>ä. tar. küä; kir. küyö = küyä bei Ravu btte MSOS 1914 222 b «a moth«, Spr. 96c kuyä «kleine schwarze Insektenlarve (fiir Felle, Federn usw. sehr verderblich)«; ha.\\i.. küye »Motte, kleiue Punkte, «o

52 \V. Bang:

III §3 Eine -/a- Ableitung ist sag. koib. /tö/«- »vonÄ:ö-t-/fl« »schwärzen, schwarz

machen (von Rauch und Ruß)«, das wohl eine Neubildung ist, während sag. koib. schor. kölä- eine ältere Form desselben Wortes repräsentiert; es bedeutet »dunkeln, indem man im Lichte steht, beschatten« = tel. kölö-

5 »verfinstern, beschatten, schwärzen vom Rauche, Ruß«.

Zu diesem Verbum stelle ich nun das Wort für »Schatten« : kiptsch. schor. sag. köläk (vgl. alt. kölök »vom Rauch oder Ruß geschwärzt«) und besonders uig. kiptsch. kom. kar. T kölägä, kar. L. entrundet kälägä, kaz. tara külägä^. Ob hier eine Betonung xxx je bestanden hat oder noch be-

lo steht, kann ich nicht wissen ; dagegen hat die Betonung x x x zu folgenden Kurzformen geführt: krm. ad. kölyä, krm. kölyä, bosn. külkn, osm. yölgä.

Was wir hier geradezu mit Händen greifen können, muß also auch bei köln-, der alten Bildung, vor sich gegangen sein: *köyäln-,*kv,y(Üä-> *köyl(i-, ' küylä- > kölä-. Vielleicht liegen Spuren dieser Entwicklung noch

■5 im schor. küiläk »Kohle, Ruß« vor uns, das doch wohl aus küüä-k ent- standen ist.

Es wäre also das osm. gölgä durch zweimalige Kürzung aus *köyälägä entstanden.

§ 4. Schließlich noch eine Bemerkung: ich habe im vorhergehenden

jo mehrfach denominale Verba auf -a konstruiert und angenommen, daß an diese besternten Verba das Sufifix -y« angetreten sei. Selbstverständ- lich kann man aber in der Theorie auch annehmen, das Suffix sei all- weiche auf Haarbänder gemalt werden-, ösm. (/ügä, güwä ••::^ güyä-, das fehlt: dafür kar. L. güyS, lies güyä. Kaz. köj/ä: i'uwas. k»vä bei Paasonen 67, wo auch misch, kätcä erwähnt

»5 wird. Castri'n kennt ohne Dialektangabe M -schwarzes Insekt, das meist in den Jurten lebt-. Steht mit diesen Wörtern in Zusammenhang alt. tel. leb. kör -Motte«? Das alt. quya »Motte« kenne ich leider nur aus dem WTj.; guttural ist es möglicherweise im An- schluß an ein stehendes Epitheton geworden: qara küyä y> qara^^küyä ^ qara ^quya oA. A^. Wir dih-feii solche Fälle Enklise nennen; vgl. balk. dyat -Schimmel« --^ aq at -weißes Pferd-

30 und sodann kök 0/ > kar. T kdgfjt, kar. L kögät »grünes Gras-. Das Wort für -Quark- scheint von Haus aus palataL zu sein: Houtsma 105 yiirümräk, ostt. irimcik. kir. irimiik; da es aber fast immer mit aq verbunden wird, so kennt das Kirgisische auch die gutturale Aussprache 'irimiiq, ja sogar ayrimsiq -l^uark-. Das dschag. Wort für »Festungsgraben- wird Wb.I 106 1 x-jlcjjl und (r_j^j)\ geschrieben und hinzugetugt -von or-, während 1229

35 »von nrk + steht. Es ist ein Heudiadyoin: ör qar'im ^ ör^qar'im ^ öryarim ^ örgärim. bedeutet also wrtl. »Wallgraben"; zu qar'im vgl. die Hommelfestschrift U 287.

' Weitere Formen sind : tar. kölänki. Spr. 96 c kolängä (vulg. kölägä) > kir. kölönkö <; -kä: krm. kölätkä. sag. koib. schor. kölätki, alt. leb. küär. kötölkä; bar. kölötskü, wofür Mem. Acad. St. Petersb. XXXV Xr. 6, 1887, S. a köiönkü auftritt.

Vom KöktnrkUichrii zum O.omonisr/ifii. 53

mählich als -ayu empfunden und von den Verben auf -a und -la auf kon- m §4 sonantisch auslautende Verba übertragen worden (vgl. etwa unser -keit, in dem das k von Wörtern wie trürecheit »Traurigkeit« > trürekeit auch bei Adjektiven durchdrang, die nie auf -fc, -ig usw. ausgingen oder Tisch: Tischler, nach Sattel: Sattler: verbales -/- in klügeln: Kliigler). 5

Auch die Entscheidung dieser Frage hängt auf das engste mit der oben im § 1 6 berührten zusammen : waren die Verbalstämme des Türkischen ursprünglich ein- oder zweisilbig? Der Lösung dieses Problems möchte ich in keiner Weise vorgreifen, kann aber anderseits schon jetzt nicht ver- schweigen, daß gerade unter den Wörtern auf -ayu sich eines befindet, 10 bei dem auch durch eine andre Ableitung die ursprüngliche Zweisilbigkeit eines heute einsilbigen Verbums erwiesen zu werden scheint: Im Teleuti- schen gibt es ein Wort qattait'i »Geschwür«, in welchem -tt- die Gemina- tion ist ; alt. qadaM = leb. gaday'i, wonach wir hier Übergang von -7- > -n- hätten. Ein Synonym ist alt. qadama < qada-ma. Die Wörter sind bisher -s meines Wissens nirgends erklärt worden; ich möchte sie zu qat- »fest, hart werden« stellen. Zu diesem qat- gehört nun einerseits dschag. qatqan, ([ab/an »stark, fest, hart«, anderseits dschag. qatayan »hart geworden« (auch Verbot, Hemmung« :^ qadayan »ein strenger Befehl, Verbotenes«; vgl. MtüSpr. § 26). Auch hier liegt also *qata- vor; die Form qafi-, die man ><> meiner Überzeugung nach unbedenklich hätte konstruieren dürfen, ist uns jetzt durch W. Peöhle für das Balkarische bezeugt (KSz. XV 236). Im Osmanischen soll qada- nach Redhouse »streng befehlen« bedeuten (Wb.).

Über alle Zweifel erhal)en ist die vorstehende Etymologie freilich nicht I Zur Geschichte des Dentals kann ich jedoch u. a. auf die folgen- 's den Wörter hinweisen:

tel. qattani : qattü »fest«; atta- »benennen«: qottoq »Penis«; sadü »Handel« (!), alt. qadani : qattü {\) : ada-(\); qottoq (l): sadü(\),

leh. qadayi: qad'ig; ada-; qottoq (\); sadig.

Es scheint mir, daß diese^r Liste gegenüber die Zweifel über das 30 alt. -d- verstummen dürfen.

Schwierig ist die Erklärung von osm. iyägii »Seite«, uig. (?) dschag. osm. äyägü »Rippe«'. Es wird wohl zu äi- gehören, das im Osmanischen

' HuuTSMA 57 führt ein Wort c!Jll Rippe auf, das er 'i'iyäy- üyiin liest: er verweist auf Pavet de Colbtkille 86 yLjl -les c6tes>. Ich möchte üyäk, dyüna lesen und verweise ^s aul kkir. üiAüi- -sich beugen- ^= änkäi-, eUkäi-, äüäi-. Raulokk W'b. 12 10 las dschag. nyägü

54 W. B A N G :

in §4 und Azeri »biegen» bedeutet und den folgenden Wörtern entspricht: uig. kiptsch. tar. küär. dschag. sart. OT. äg-, sag. koib. ktsch. eg-, sag. koib. t^-; kom. alt. tel. an-, bar. in-, kaz. kir. kkir. tel. t-. Darf ich hier eine Frage stellen, so wäre es diese: beruhen beim Verbum die stimmhaften Aus-

5 laute -g usw. z.T. überhaupt auf ihrer ursprünglichen Inlautstellung? Es hätte *ägü-, *ägi- einerseits das Simplex äg- geliefert, anderseits das Faktitivum *ägär-, *ägir-. Zu diesen Faktitiven gehören: i. mit Mittelsilben- schwund uig. osm. usw. ägri, osm. äiri »gebogen, knimm« als Gerundia (*ägiri, *ngäri; Wb. dagegen »von äg-{äk-) + ri'^}; 2. mit Schwund des Aus-

lo lautsvokals: sag. koib. egir »höckerig, bucklig, krumm«, sag. koib. ktsch. egdr »krumm, gebogen, bucklig« (Wb. »von eg + är* ; zum Auslautschwund faktitiver Gerundien bitte ich oben S. 25300". nachzulesen; wir übersetzen sie durch Adjektiva u. dgl.). Auf stimmhaften Guttural würde auch ämgäk (zu ö>w^a- »gequält, geplagt sein«) »Anstrengung, Qual« usw. kir. enbäk »zu-

■5 sammengekrümmt ; das Kriechen auf allen Vieren ; Mühe, Arbeit« schließen

lassen, das vom Wb. ansprechend durch Metathese aus *ngmä- erklärt wird.

§ 5. Daß sich trotzdem unter den oben aufgefiihrten Wörtern das

eine oder andere finden mag, in dem Suffixübertragung vorliegt, will ich

ausdrücklich nicht geleugnet haben. Sie darf vielleicht in dem Worte

30 für »Flechte (Hautkrankheit)« angenommen werden: *t(imirägü > osm. tä- miräyi. tob. tämräü, tel. tämrü, kaz. timräii; dazu im Kirgisischen tämirntkä^. ostt. tämrätkü, Raqüette MSOS 191 4 190a tmiuirätgu »eczeme«. Cuwas. Hmrt »aufgesprungene Haut«. Es gehört wohl zu tnmir usw. »Eisen« und mag ursprünglich »Rost« (vgl. im Wb. tat, tot, tut »Rost« und die Ableitungen;

»5 tob. tat auch »Fleck«; cuwas. %ura-tut, sari-tut »Sommersprosse, -flecken«) bedeutet haben ; daß das Grundwort lautlich seine eigenen Wege gegangen ist (Raqüette tumur »Eisen« usw.), ist selbstverständlich an sich kein Grund, die oben zweifelnd angenommene Erklärung zu verwerfen". Das jak. töbürüön beruht wohl auf *töbürön < *töhürägün usw.

3" »Rippe", zu dem er äyägü verglich. Er hat ebendort dschag. öyäk »die Bauch- und Hals- haut des Eichhörnchens-, das Si;l.-Kun. sonderbarerweise iiyak (157) liest. Dieses öyäk ist ein wohlbekanntes Wort; vgl. Wb. unter öyök, üyäk, üyök, iJk, ük; die Bedeutung ist über- all »Bauchteil des Felles« oder dgl. Ob es mit iiyäfiü zusauimenhängt, ist mehr als fraglich. ' Die Geschichte der Wörter, die wie dieses enden, hoffe ich noch einmal zu schreiben.

35 '' Neben tämrü muß *tämiä bestanden haben oder noch bestehen; es wurde zu *tämrä

und dies durch Metathese zu */ar>nä' :> schor. tärbä »Sommersprosse; Flechte«; -mr- "> -rb- wie z. B. in leb. yurbut Faulbeerbaum, Traubenkirsche, prunus padus« = bai-. yumrut, küär.

Vom Köktürkischen zum Osmanisehen. 55

Zu büt- gehört außer biltün, piUnn usw. zunächst dschag. bütä »ganz« in§s (SuL.-KuN. 36), woneben biUnn »ganz« auftritt; dies dürfte auf *hütägü zu- nickgehen. Das aufl^allende uig. qamarfu »alle« M' 65 27 könnte sich nach diesem *hiitngii gemodelt haben; daneben bestehen uig. qamay: kokt, qatnvy > osm. 7 qamu; (kokt.?) uig. dschag. qatnuq, alt. tel. leb. sag. schor. qarriiq. 1 Die Gesellschaft ist fremder Herkunft verdächtig: mp. hamSk »ganz, all«, bal. hamak, hamuk »all, jeder« bei Hübschmann, Armen. Gram. I 177 Nr. 332; ein np. Abstraktum hamagi »Gesamtheit« erwähnt Hörn GrlrPh. I, 2, 122. Zu uig. alYuyun, qamcpfun vgl. BtüW Anm. 18.

yumurt, tel. yimirit (vgl. auch Prob. I 15411U); schor. nibirt, nimirt, nuhurt; im Abakan nutnürl, ■•-•■ mumürt (Castren 104, 130; Mel. as. IX 130, 158 wonach auch nimirt), karagass. numurut (Castren 105); tub. nimirt, kctib. mumurt; i'-uwaS. hmrit: kaz. mit unregelmäßigem .?-: hnmort (woher stammt alt. tub. yodro = soj. fodera Castren 161?).

56 W.Bang:

Anhang Anhang.

über die Abstrakta auf -avl. Die türkischen Nomina auf -avl sind fast ausschließlich termini technici des Hof- und Heerwesens; es ist daher verständlich, daß man versucht hat,

5 dieses -aul auf Wörter zurückzuführen, die in der Terminologie der genannten Verwaltungen eine Rolle spielen oder wenigstens hätten spielen können. W. Radloff, der sonst den Wörtern auf -aul keine Erklärung hinzu- fügt, setzt Wb. I 1457 8 zu dschag. iräül (vgl. unten 2) die Bemerkung: »aus ir-\-qol (bohcko)«, d. h. er denkt sich das Wort aus ir, är »Mann«

io und qol im Sinne von »Armee, Truppen« zusammengesetzt. Zur Stütze dieser Ansicht hätte er sich auf Sul.-Kun. i 2 i berufen können, wo qaranl (vgl. unten i) durch askär qolu übersetzt wird, sowie auf die Tatsache, daß die Osmanen nach Youssouf dieses Wort in der dreifachen Form qaravl, qarayol, qaraqol kennen.

15 V. Thomsen, der in Det Kgl. Danske Videnskabernes Selskab, Hist.-

filol. Med. I I, Kopenhagen 191 7 S. 20 boytaoya des Goldfundes von Nagy- Szent-Miklös erklärt, denkt für -OYA an oyiil »Sohn«; wie er über sonsti- ges -aul denkt, ist mir nicht bekannt.

Ich selbst habe längere Zeit hindurch mündlich und brieflich ohne

20 Wärme die Ansicht vertreten, es könne in einem Teil der Wörter qul »Sklave« vorliegen, wobei ich an die Geschichte der Hofämter erinnerte, die schließlich in der Gründung der sogenannten Sklavendynastien gipfelte; ganz parallel verlief der Aufstieg unsrer Ministerialen, deren unfreies Blut heute in den Adern auch unsrer erlauchtesten Geschlechter rollt. Schließlich

25 scheint in dem Titel (?) «— ^AyWT'y im manichäischen Mahrnämag vom Jahre 761 62 (F. W. K. Müllkr, Ein Doppelblatt aus einem manich. Hymnenbuch ABAW 191 2 S. 8 80), der 1 1 80 yjardhU umschrieben wird, das unten unter i besprochene Wort vorzuliegen'.

W. ToMASCHEK, Kritik der ältesten Nachrichten über den skythischen

30 Norden 11 39 (SWAW 117 1889) sagt: -Hunnische Einzelstämme nennt Jordanes [Mon.

Germ. Hist. Auct. ant. V, i. 889] in größerer Zahl, sie begegnen sogar in der Liste der von

Ermanrik unterworfenen Völker, z. B Athaul (türk. ataghul 'Schütze', von atmaq

'werfen')". Die var. lect. sind: athaul HPVAXYZ, azal L, athual B, athal 0: vgl. auch MÜLLENHOFFS Anni. S. 164 unter Rogas. Das .türk. ataghul« ist natürlich eine kühne Kon- ii struktion Tomascheks, gegen die Jedoch vom rein sprachlichen Standpunkt aus nichts ein zuwenden ist.

Vom KöktiirMschpn zum Osmanischen. 57

Indem ich auf das oben S. 39 29 erklärte ötkiil verweise, schlage ich Anhang heute vor, -aul auf -a-yu-l zurükzufuhren, wo -a- zum Verbalstamm zu schlagen ist ; es würde also auch von dieser Form das oben §§ 4 und 5 zu -cryw Bemerkte gelten, zu dem ja unser -n-yu-l nichts anderes als eine sekundäre Weiterbildung ist. 5

Die diesen Substantiven zugrunde liegenden Verba sind, wie es scheint, heute zum Teil nicht mehr in Gebrauch, so daß eine gewisse Unsicherheit bei der Interpretation nicht geleugnet werden kann; dieselbe erhöht sich noch durch die auch anderwärts zu konstatierende Tatsache, daß Titel- und WOrdenamen sich allmählich unendlich weit von ihrer ursprünglichen Be- 10 deutung entfernen. Was gerade die auf -yu! anbetrifft, so könnten sie zum Teil einer vortürki sehen, d. h. etwa der hunnischen oder hephthalitischen Hof- und Heeresverwaltung entlehnt sein: andere werden sich bei den persischen und arabischen Geschichtsschreibern nachweisen lassen.

1. Das heute noch verbreitetste Wort auf -yvl, das möglicherweise vor- 15 bildlich für die anderen wurde, ist *qaraytil von qaro- »in die Feme schauen, sehen« (mong. karamui KowAIS^ir; hnrj. karnnam »sehen« und »wachen«; mand. karambi »in die Höhe steigen, um etwas zu. sehen: sich umsehen«). Dschag. tel. bar. kir kaz. tob. qaraul »Wache«, bar. »Korn am Gewehr«, Raqüette, MSOS 191 4 213 qaraul »a post of Observation, a watch«, tel. .o qarül »Wache, Grenzposten«, kkir. qaröl »Korn der Flinte«, tar. qoröl (besser qorül) »Wachtposten, Piquet, Grenzposten« ': Abakan beiCASTREN9i karöl »Visier an der Büchse« (vgl. Mel. as. IX 1 18); vgl. Vullers II 718, auch im »

Sinne von »Visier«: Kow. 11832b karngul »sentinelle, garde, piquet, coi-jjs- de-garde « : mand. karun » Vortrab, Kundschafter, Vorposten, Wache « (< *karüP. '5 einheimische Bildung oder Lehnwort?): Kow. 833a karaguUi »garde, sen- tinelle« = tung. kanddin »Hirt, Wächter«; kaz. tob. qarauU'i, kir. ({uraulS'i »Wächter«.

Für »Visier« hat rkWb. 223a unter npHUtJn. das ebenfalls zu qara- gehörende qaraqS'i < qnraqö'i': dieses bedeutet heute allgemein »Räuber. Dieb«, wrtl. aber ungefähr »Auflaurer, Luger« u. dgl. ; gemeint war ur-

' Prob. VI 53 Ji (/oröl, 5319 qaröl; 521a /anniil qoröl rirtäii »kaiserliche Poststation. Postpiquet".

' Das rkWb. I.e. hat auch közdöü »Visier« < köz-lä-gü, vgl. bai'. l-i'istöt- »zielen», kai'. L. T. Aröi/er- »die Augen auf etwas richten». V.ai. ki'clä- »schauen, ausschauen nach etwas»: 35 kaz. litbäü <. *i0hä-gü zu tßbä- »zielen».

PhiL-hist. Abk. 1919. Nr. .5. 8

58 W. B A N G : '

Anhang spriinglich der am Rande der Steppe auftauchende Reiter, der auf Beute auslugte. Bildung wie yasaqö'i < yasa-q-(yi {vg\. unten 6).

Cuwas. yjural »Wache«. %urntz9 »Wächter, Wache, Leibwache«. Im Barabinzischen fungiert qaraul- als Verbum in der Bedeutung von 5 »in die Ferne schauen« ; kaz. qarauUa- »Wache stehn, bewachen« imd »aufs Korn nehmen, zielen«.

Das Osmanische hat nach Youssouf: qai'aul, qarayol und qaraqol. Ob das auffallende -o- wie das des Präsens zu beurteilen ist (MtüSpr) oder ob hier psychologische Gründe am Werke waren, ist schwer zu sagen : die lo Aussprache qaraqol macht es mir jedoch sehr wahrscheinlich, daß man all- mählich dazu kam, hinter *qarayul oder dem erhöhten qara-^ol eine Bildung

wie qara qol zu wittern (vgl. Sul.-Kun. qaraul = askär qol-u), als

wäre es etwa »Hauptwache«.

Im Balkarischen ist Metathese eingetreten: qala'ür »Wache«: vgl. '5 ser bisch -kroat. Äaräw/o, Mläura »Wachtturm-s kleinruss. Äa/ö»Mr »Wacht- mann« (Bernekee 489 s. v. karavül). Anschluß an qala, qalä »Festung« darf wohl nicht einfach geleugnet werden.

Im Af7anischen karäwul, vulg. karSwal »advanced guard of an army; a sentinel, picquet« (Raverty 762). jo 2. Dschag. araul »Vorposten, Vorhut, Vortrab, Nachtrab« Wb. I 249

»vgl. qarauh. Sül.-Kun. 13 u. a. mit der Übersetzung q'ilayuz (Yodss. auch qüauz, qulayuz, Wb. auch qilawuz, qulawuz, qtday'iz, uig. qulayuz, dschag. qolauz, qolawuz mit ganz unwahrscheinlichem -0-). Dschag. äräül »Vorposten, Vorhut«, mit h- und y- Prothese Wb. I 755 m Jjli/* und J.>ly; vgl. Wb. II J5 1784 nach Redhoüse osm. härawul (sie) »eine vorgeschobene Wache, Pa- trouille«'. Dschag. «VäM/ Wb. 1 1457 mit der Angabe: »Bb schreibt Jjii^ und Jjlj'«.

Ich leite araul von ora- »suchen, durchstöbern, visitieren, inspecter«

usw. ab : *ara-yu-l > araul. Die übrigen Formen sind aus dieser durch den

30 Anlautwechsel a-: ya- usw. " entstanden : * y araul > yäräiil > äräül; *yaraul

' Vgl. Sui..-KüN. 77: hpraval =. •mukkadim, q'ilayuz vorangehend, Wegweiser«: für »vorangehend- ist »Vorhut« zu übersetzen.

^ Da Formen mit anlautendem y- bisher nicht nachgewiesen sind, ist es unsicher, ob auch das Wort für »Ohrgehänge« diesen Wechsel hat: asirya, isirya; Sül.-Kun. 66 eserya't 35 HouTS. 49 as'iryaq zu as- »aufhängen« [?]; sag. iz'irya; ostt. isarya = jak. ifarya; mit Schwund des .\nlauts: alt. tel. leb. schon, küär. kir. kaz. kar. L. T. .«?r<yo, so auch tob. und balk.

Vom Köktürkischen zum 0.mianische/!. 59

> yiraul, i/iratd, wie Jj\j_ ja gelesen werden kann. Ist diese Schreibung Anhang aber palatai zu sprechen, so ist anzunehmen, daß yirmil weiter zu yiräül, iräiil geworden wäre. Es ist kaum anzunehmen, daß das Wort nicht mehr lebendig sein sollte; aus einer neuen türk. Mundart ist es aber meines Wissens noch nicht aufgezeichnet worden; vgl. at^. haräwal (Raverty 1059): = VuLLERS hat unter den Bedeutungen des Wortes II 1447 auch die von »running footman « .

3. Üschag. yortarful, yortaul »eine Reiterschar, die ausgeschickt ist, Vieh fortzutreiben oder Beute zu machen«. Bei Sul.-Kün. weniger gut mit -U-: yurtaid *önde ilgar ile giden suari der an der Spitze galoppierende 10 Reiter«. Das Wort gehört zu yort- »schnell reiten, traben«: im Basch- kirischen, wo -o- > -u- verengert wird, lautet es heute yurtUl und bedeutet »der Überfall', Raubzug«.

Das Verbum cup- bedeutet in einer Anzahl von Mundarten »schnell reiten, galoppieren«, im Osmanischen aber »courir, faire une incursion«. -s Bedenken wir nun die Geschichte- des baschk. yurtül, so wird uns wahr- .scheinlich, daß das osm. capul für *rapUl <,*6apayul .steht: »incursion, ex- cursion; butin; pillage; razzia« ! Durchaus sicher wird diese Erklärung durch dschag. capuul »Angrifl'« (eine ziemlich nichtssagende Übersetzung; Wb. III 1917 191 8 ein Beleg aus Abg.; das Verbum ist sal-'): Sul.-Kun. 39 fapatU w »gegen den Feind ziehen, zur Beute machen« : Belege wären wünschens- wert. Im Kkir. finden wir C(tbül »das Schwingen, Kämpfen, der schnelle Ritt«, kir. SubUl bedeutet nur »Galopp«, iabüUü »Estafette« (< *('apayulfi).

Ravf.rty gibt fiir afy. <^apäiciil (355) die Bedeutungen »an advanced guard of cavalry«, für dapa'u aber »a raid, a foray, a coup de main, an »s inroad« ; (kipar bedeutet »a royal mes.senger, a Courier«. Zu ^apS'o vgl. Vämbery, Skizzen aus Mittelasien 275 »Tschapaos oder Raubzöge» ; < *6a- payu; dazu das sonderbare dschag. rapduqi (Pavet de Courteille 271).

Zum -a- der Mittelsilbe in *Aipuyvl vgl. das von ('apciyan (MtüSpr. 36 4).

Auf kleinen Beubaelitungcn wie der vurstehenden werden wir aliinäLlich die Laut- und Formenlehre des Osmanischen aufbauen können; man sieht aber, daß es ohne ein gleichzeitiges Eindringen in die Vorstelluiigswelt der Törkvölker nicht gehen wird: auch hier steht der Geist über der Materie, die sich unter der Einwirkung des Akzents und der durch ihn verursachten Störungen nur allzu leicht verändert.

' Russ. Ha6*n. wird von Gioanoff 292 für das Tobolskische durch yäldirüw. wieder- 3; gegeben; zu yäldir- •traben lassen«.

'' Vgl. dschag. tnUm sal- plündern* zu der Sippe tala-.

8*

60 W. Bang:

Anhang 4. Dschag. kütäHl » der Proviantaufseher, eine militärische Würde« Wb.

nach Vämbery 328b. Seine Quelle war wohl Sül.-Kun. 141 küteül = muhafiz, hekci. Zu hüt-: *kütägül.

Das Balkarische hat für »Wache, Wächter« das auffallende mege'id; es ist

5 wohl -ül von einem gutturalen Wort wie qaruul (balk. qala'ür) übertragen. Der

erste Bestandteil des Wortes ist mir unklar; an dschag. meryaul (sie) bei Sul.-

KüN. 145 = »bahadur, kahraman, pehlivan Held« wird man nicht denken

wollen, da dieses Wort selbst nicht ganz klar ist; wenigstens scheint es mir

wenig oder nichts zu besagen, daß das Wort für »Schütze«, mergän, nach

10 Wb. IV 2094 im Sagaischen auch »schwer, gewaltig, stark« bedeuten kann.

Das Mongolische hat zu manamui »wachen, bewachen« gebildet: ma-

nagul »Wache«, nach Kow.III 197 i auch »Vogelscheuche«, managulä »Hüter,

Wächter« ; es ist ferner zu beachten, daß das mong. sakigul (zu sakimwi)

nach Kow. II 1326 nicht nur »gardien, defenseur«, sondern auch »garde,

■5 defense« bedeutet. Zu mong ccigdagul »garde, sentinelle« vergleicht Kow. III

2iiob dj)\x»- = Sül.-Kun. 45 6i7idavul {Wb. ändaul) »nächtliche Wache zur

Prüfung des Lagers«; ccfydavul wird S. 37 durch »Nachtrab des Heeres,

Fußgänger« übersetzt und hierauf S. 39 unter öandavul verwiesen (vgl.

Wb. III 1850)'.

=Q Wörter wie diese mögen die gutturale Lautform auch bei palatalem

Anlautsglied durchgesetzt haben (vgl. oben S. 4429).

Das afV. kottwäl (Raverty 815) »the chief police officer of a city or town« dürfte unser Wort sein.

5. VON Hammer, Goldene Horde, 242 (und Anm. 3): »Die Beamten, =5 die für ihre [der Abgesandten] Unterkunft sorgten, hießen Je-

schaghul oder Mihmandar . . .<u S. 658 übersetzt er »Quartiermeister des Gesandten«. Zu mihmandar vgl. Vüllehs II 1244a; es ist also *aSayul zu a§a- zu stellen, das heute zwar u. a. nur »essen« bedeutet, als Denominativ zu »Nahrung« usw. aber auch sehr wohl »zu essen geben« meinen konnte: vgl. aSla- »zu essen geben« bei Sul.-Kün. 15; dazu auch aälar <*aS-la-r »ein zum Tränken der Tiere am Bnmnen befindlicher Stein«. Vgl. unter 9.

6. Osm. yasaul »sergent charge de surveiller la route par devait passer une escorte« (Youss.); dschag. Sul.-Kün. 102: Wb.; v. Hammer, 1. c.

Vgl. Wb. unter ciydaul, cindaul.

Vom iCöktürIHschen zum Osmaiiischeii. 61

658. Spr. 99a yascml. i/iisävi »Wächter, Diener« mit -u- < -0-; tar. yosül Anhang Prob. VI 39 i3u' («-Umlaut), yoml 40 gu, yasöl 40 4, 10, 17; das yosaul, aul' welches im Wb. verwiesen wird, fehlt; vgl. jetzt die uig. Urkunde von Le CoQS im Türän 1918 SS. 456 7. In literarischem Text unter Einfluß der Vorlage yasaul Prob. VI i 19 und 136. Kkir. yasöl Prob. V 198 1973. Aui§ 5 "yasayul zu yasu- »machen, schafifen, herrichten« : vgl. yasaq, yasaqc'i (: qa- raqd'i unter i) yusal, yusuv usw. So schon von Le Coq 1. c.

7. Wb. IV 587 nach Vambery Cag. Spr. 297 b sözäiil (Vambery sözaul) » Verkünder « mit der Definition aus Sui,.[-Kun. 173 sözavl »Ein mit dem Rücktransport der Flüchtlinge betrauter Mann«]. Aber 855: siizäiU »Offi- .<= zier, der die Nachzügler und Flüchtlinge zu sammeln hat«, oder, wie Pavet DE CoüRTEiLLE 355 bcsser übersetzt, »espece d'adjudant charge de forcer les fuyards ä rejoindre leur corps« I

Ich bezweifle, daß Vambery das Wort auf seinen Reisen gehört hat; denn er hätte wohl eher sözäiil für sein sözaul zu hören bekommen. Die -s Bedeutung »Verkünder« dürfte also auf Verknüpfung mit söz »Wort« be- ruhen. Da das Wort demnach bis jetzt nur auf Suleiman beruht, so nehme " ich an, daß es für *sürdi/l verschrieben oder aus dieser Form von einem Abschreiber »verbessert« worden ist. Es würde also *snrägiil zu sür-, sürä- » treiben, vor sich hertreiben« zu stellen sein (vgl. kkir. siirön < *sürägän » »das Antreiben der Pferde beim Wettlauf«). Eine unerwartete Bestätigung finde ich nachträglich in dschag. sürkäül, sürgäül (zu sürkä-, sürgä-, einer ->5:«-Erweiterung zu sür-; vgl. tutqaul, tusqaul unter 1 1); das Wort bedeutet: I. »eine den Feind verfolgende Truppe« und 2. nach Pavet de Courteille 354: »troupe chargee de pousser les trainards et de les forcer ä rejoindi-e 25 l'armee« (vgl. Wb. IV 822, Sdl.-Kun. 175, Vambery Öag. Spr. 297a sürgeöl). Grundform: *sürkägitl.

8. C€ 105 steht placenus = np. tataid = kom. bogaul. Für placerivs hat DüCANGE placenus scriba, das er durch publieus, tahdlio, frz. greffier über- 30 setzt und das er aus den Statuta Genuens. belegt mit einer Stelle: ronsul (lUquis vel potestas' seu scriba Placenus. Für bogaul wollte Blau ZDMG XXIX 1876 584 baqaul lesen, das nacli Wb. bedeutet: dschag. »ein Hofbeamter

' Die Übersetzung ■Unterbeamte. ist irreführend; die Bedeutung ist auch hier viel- mehr -Torwart«, wie z. B. Prob. VI 137 lu: andin km patiiäniü äiiglgä käldi, kälip i/<uaullarya 35 aitti usw.

' Vgl. CC 105 potMtas = kom. yaryuci: ital. podegtä.

62 W. Ban«:

Allhang der Chansküchc, im Range höher als der Baurtschi« : ostt. »der Koch«. Ich stelle dieses haqaul zu baq- »schauen, zuschauen, versuchen: aufmerksam betrachten, sich um etwas kümmern, sorgen für«. Es würde also haqain »den die Speisen unter seiner Aufsicht habenden Beamten« bedeuten; so 5 auch wohl das dem np. in die Schuhe geschobene tataul zu tat- »probieren, kosten, schmecken« (vgl. QB cap. 37 und 38). Lautlich ist nun gar nicht daran zu denken, dieses huqaitl mit dem obigen bogaul einfach gleichzusetzen, für das schon W. \V. Radloit auf Jjd> »Mundschenk« hingewiesen hat (Mem. Ac. St.Petersb. VII. Ser. Tome XXXV Nr. 6 S. 73a, nach den Jarliken

10 und Abusqa) und das er högäül liest. Im Wb. gibt er nur dschag. hökäül nach VÄmbery' im Sinne von »Nachtrab«; 1877 finden wir dann noch dschag. hukäwid (lies -ül) »=:; Mkäuh, welches fehlt. Sul.-Kun. 24 bekatU (sie) »Vorsteher, Vorkoster, Verwalter«.

VON Hammer, Goldene Horde 235 nennt die Truch.se.ssen (Bukaule),

"5 über die Näheres bei Rasideddin im Abschnitt über die Bajaut zu finden sei; 245 nennt er den Bekaul, den Truchsessen oder Vorkoster (!): 473 steht

' ein Diplom für den Oberstkriegskommissär oder BukaiU.

Sul.-Kun. 34 finden wir bukaul in der Bedeutung von »Oberkoch«. Wb. 1803 buqawul »die im Hinterhalt liegenden Soldaten«, dann auch »eine

20 Art Grenzsoldaten, die die Waren ohne ZoUstempel nicht passieren lassen«: mit tamyac'i soviel als »Zollwächter, die den Zollstempel auflegen«.

Eine ziemlich bunte Gesellschaft, die sich bei unsdtn Marschall, maire, lörd, Steward usw. wohl fühlen würde. Zur etymologischen Aufhellung könnte man boquul durch Rundung aus baqaul entstanden sein lassen, oder an

J5 *boqa- (oben S. 47 15, 26) denken ; bökänl könnte aus bnkdül gerundet sein, kom. bOQQUl = bögäiil zu *bögä- gehören, einem Verwandten von kom. bögäi- (in (;C 2 3 1 joehöi bogcpp barir mit schlecht leserlicher Interpretation : l)oe Q»l)t tDO[l] nn>ß 8Cric[I)tCt]), das bisher isoliert steht; dazu uig. bögü »weise« zu

*bög-? Wb. IV 1301 unter pögü die Anm., daß im QB sehr häufig bägü statt bögü geschrieben werde, B überall ß y. habe.

9. Dschag. äV7ö?;/ Wb. IV 1067 »vgl. Sayawaki'-; 937 kiyawal: Sul.- Kun. 1 77 siyaul^^ teSrifatdzi, mihmandar. von Hammer 1. c. 461 Anm. 1 5 Schigh- uul, eine Art huissler oder Gerichtsdiener. Mel. as. III 640 Anm. 7 iayaul: »Le Schagaoul ä Boukhara est un dignitaire, dont le devoir consiste ä rece-

("ag. Spr. 248 b bögeöl » Nachtrab •.

Vom KöktürkiKchpu zum Osmanisrhen. 63

voir Ips Ambassadeurs et les etrangers qui se presentent ä rEmir« und Ver- Anhang weis auf XaHüKOBT., OnHcanie ByxapcKaro XanexBa, p. i86. VÄmbery, Gag. Spr. 304 b.

Eine türkische Etymologie ist mir nicht bekannt; das Mongolische hat .^ngamui »serrer, presser, fouler aux jneds« (Kow. II 1443a) = türk. bas-, 5 was nicht zu passen scheint. Da die Bedeutungen u. a. auch »Speiseauf- seher« und »celul qui accompagne les arnhassadeurs« (Pavet de Courteille 380) sind, so dürfte ein Verderbnis' von Jeschaghul {*asayul, oben unter 5) vorliegen. Oder ist von einer Form 'aMyayuI auszugehen, in der -7a- durch das häufige Auftreten von -qa-, -ya- vor dem Formans -ynl veranlaßt sein .0 könnte?

10. Kir. sdkstifül »der Saksaul« = dschag. •w^'^aw/ (Haloxylon Ammoden- dron Bunge). Man könnte an Rlt. mksdn- < säk-ft(i-n »zurückschnellen, federn; biegsam, elastisch sein« denken, doch belehrt uns Basiner in seiner Na- turwiss. Reise durch die Kirgisensteppe nach Chiwa (Baer-Hel- 15 mersen, Beitr. zur Kenntnis des Russ. Reiches, XV, Petersb. 1848) S. 94, das Holz des Saxaul sei von außerordentlicher Härte, zugleich aber auch so brüchig, daß ein Mensch ohne Schwierigkeit sogar ziemlich dicke Äste abbrechen könne. S. 95 sagt er: »Im Chanate Chiwa sieht man die Kohlen dieses Holzes auf den meisten Basars. Sie sind sehr beliebt, weil k sie außerordentlich lange glimmen und beim Verbrennen einen ange- nehmen Geruch verbreiten«. Letzteres nun doch wohl infolge einer gewis.sen Harzhaltigkeit. Ich nehme also an, daß zu kiptsch. .mq'iz »Mastix, Harz« (vgl. oben S. 2934) ein Verbum *saq'iza- gebildet wurde, zu dem das Abstraktum *saqizayul lauten mußte : daraus wurde *saqsayitl und mit .«-Um- >; laut .mqsayul > mksmil. C. A. Meyer sagt, die Kirgisen nannten den Baum Sexugul (bei v. Ledebour. Reise durch das Altai-Gebirge und die soongorische Kirgisen-Steppe, Berlin 1830, II 279).

11. SüL.-KuN. 198 tiitqanl »geöid, boyaz, (lere ynl, muyjitereli derbend ve larik Schlucht, schmaler Weg, gefahr lieber Paß oder Weg«. Vgl. Wb. III 30 1487 unter 2.

Ich glaube, daß das Wort in diesen Bedeutungen fotqnul zu lesen und daß es durch Metathese aus toqtaul entstanden ist; die Grundform toqtayul

' Ist etwa (Ischag. i'v^aiä 'CiyilHon. qu-i g^rilnnUji Halsband, Vogelhalsband" (BtüW 302 5) aus * ciA-qa^/u-l entstanden':' 35

64 W. B A N G :

Anhang ist mir nur aus dem Eigennamen Toqfayul Mergcin Prob. III 64 ff. bekannt (sein Gefährte heißt Domda'yul Soqur zu tel. tomdo- < *tomda- »an einem Dinge Zeichen machen«), den ich zu toqta- stelle: dazu u. a. kir. toqtaü »das Anhalten, der Aufenthalt« vgl. besonders die Stelle aus dem Babur- 5 name, die Radloff Wb. III 1488 folgendermaßen übersetzt: »zur Zeit des Frühgebetes stiegen wir bei der Brücke zu Pferde; bis zum Tutkaule (dem Platze, wo wir anhielten) war durchaus kein Schnee, als wir aber vom Tut- kaule (dem Platze, wo wir angehalten hatten) weitergingen, war (überall) sehr hoher Schnee«. Die Entwicklung war meines Erachtens die folgende: 10 Anhalten, Aufenthalt, Aufenthalt auf der Paßhöhe, Paß, Durchgang, Schlucht. Schon Pavet de Courteille gibt die Bedeutung »passage« (p. 222).

Anderseits gibt Sül.-Kun. 192 ein Wort toktavul (toksavul) in der Bedeu- tung »Stadtrichter« ; Wb.h^at es III 1 153 als toqtaul »Polizist« (i 155 toqsavnd). In dieser Bedeutung würde ich das Wort tuqtaul aussprechen; es ist 15 durch Metathese aus tutqaul und *tutqayul entstanden, die von *tutqu-, einer Erweiterung von tut-, zu der auch tutqaq < tutqa-q »Angriff, Griff«, tutqcd < tutqa-l »Leim« gehören.

Neben toqsavoul gibt Wb. III 12 10 nach Vamberv (Cag. Spr. 262 b) tns- qavl SuL.-KuN. 194: y>toskavul = karaul, Sahbender Wachtsoldat«. Ob 30 toqsaul oder tuqsanl, tosqaul oder tusqaid die richtige Aussprache ist, weiß ich nicht bestimmt. Das Wort gehört wohl zu dem Verbum, das Sül.-Kün. i 94 tosmak, Radloff Wb. III 1499 50 besser /mä- liest (vgl. die Ableitungen); Wb. III 1501 gibt es denn auch nochmals, und zwar diesmal als iusqaul »Wächter, Wachtposten auf deoi Weg«. »5 VON Hammer, Goldene Horde 241,514. nennt die Wegmauthner Tetkauii,

245 Tutkaul.

12. Osm. (wohl veraltet) yiW/r/Mw/ »Fasan«, dschag. qtn/avoul, qirqaid, kir. (firyaul. dschag. OT. sart. qiryuul, tar. qiryol < *q'irqayul.

Es handelt sich offenbar um eine schallnachahmende Bildung, zu der 30 auch die mong. Bezeichnung des Fasans zu vergleiclien ist: goragul (oder gurafful?), gorgoul. Zur Deutung gibt es drei Möglichkeiten: das rauschende, schwirrende Fliegen des flugungewohnten Vogels oder sein Ruf, den mein Großvater folgendermaßen beschrieb: »lautet gewöhnlich Kock, das laut, hoch, stark und weit vernehmbar ist; beim Aufbäumen und beim schnellen 35 Entfliehen kockkockkock oder kockkockkockkeck oder beim letzteren kack: zuweilen beim Aufbäumen ein starkes Zick oder Tschih (Tierreich II i 83;

Vom Köktilrkischen zum Osmanischen. ^ 65

vgl. Brebm, Vögel, II 72). Die dritte Erklärung, die ich för die richtige Anhang halte, gibt uns Bbehms Beschreibung des Goldfasans (1. c. 76); er sagt, sein Ruf habe entfernte Ähnlichkeit mit dem Geräusch des Wetzens einer Sensen- klinge und sei mit keiner anderen Vogelstimme zu verwechseln, freilich auch nicht genauer zu beschreiben. Die Grundform *q'irqayul läßt nun ein 5 Verbuin *qirqa- voraussetzen, das offenbar in qir-qa- zu zerlegen ist; es ist heute vertreten durch: osm. usw. [qtr-) q'irq- »scheren, abscheren«, alt. tel. leb. q'irqi- »scheren«, schor. q'irya- »abscheren«, ostt. qiriq-, tar. dschag. sart. qirq- »scheren«; eine Ableitung ist ostt. qiryaq (-ya-q) »Wetzstein«'. Es ist also wohl anzunehmen, daß *qtrqayul soviel wie »Scherer, Schleifer, 10 Wetzer« bedeutet; ich erinnere an unseren Scherenschleifer, den land- schaftlichen Namen der Kohlmeise'. Im meng. tohSigid »Schwarzspecht« (zu toMimui) Kow. III 1795 haben wir wrtl. »Klopfen, Klopfer« zu sehen ■^;. vgl. rkWb. 71b unter ^HTeJ'fc: toquldaq, tonquldaq und sogar taq-taq; alt. tonirtqa. Für »Heimchen« haben Osm. und Dschag. nraq bödzäyi, nraq qvMt, zu oraq '5 »Sichel, Sense«, wrtl. also »Schnitter«.

Ergebnis: Die Wörter auf -r/«/ < a-yu-l sind nicht Nomina agentis, für die man sie ihrer Verwendung nach halten könnte, sondern Abstrakta wie unser Wache, Vorhut, Mannschaß usw.*. Auf türkischem Gebiet stehen ihnen in dieser Beziehung die Abstrakta auf -tiq am näclisten wie baMq »Ober- ^ befehl« und »Befehlshaber« > tel. paMq »Stammältester, Jaisang«, kir. dzaq- sHtiq »Güte« und »der Gute« (Prob. III 287 Nr. 2); eine eigentümliche, doch leicht verständliche Begriffsverengerung haben die folgenden Abstrakta er- fahren: atal'iq »Vaterschaft« aber auch »Pflegevater« (CG 142 ataltt) »Stief- vater«), anal'iq »Mutterschaft« und »Pflege-, Stiefmutter«, «W/M" (fWb.) »Heb- 35 amme« (Prob. IV 143 gff.), oyiäluq »Sohnschaft« und »Pflege-, Adoptivsohn« \

' Vgl. zur Bildung: qairaq ■Schleifstein- ; das ostt. qhraq -Wetzstein- < *qiyraq für qirya^j.

' Weiteres siehe bei Slol-viei, Die deutschen Vogelnamen, XXVIII und 155.

' Mong. auch tsondool »Schwarzspecht- < *tsondogul zu *twndo-.'

' Vgl. auch oben S. 48 Anm. i die Verbalabstrakte auf -y'i. -yu. -ma. 30

■'■ Vgl. mong. fe>r<%«/ (Kow. III 1897 a) »une reconnaissance ; un envoye pour faire

nne reconnaissance- mixA ciimagul, cinnul (Kow. III 2 138 9: -ul nach Kow. für 3 1) »audi- tion, espion«.

Für torcigul auch mong. lorrigur, wie denn überhaupt -yul und -gur wecliseln. Ein Iteflex der mong. Verhältnisse ist der Wechsel in dem entlehnten alt. arcül, bar. ardzül 35 gegen tel. arcür •Tuch, Beutel-; vgl. mong. orrmut »essuyer- usw. und nrcigul, arcigur. arcul, burj. arvul, arhil »mouchoir. essuie-main: bourse, petit sac-.

PM.-hut.Abh. 1919. Nr. 5. 9

66 , W. Bang:

Anhang Was dicscs oyul selbst anbetrifft, dem ich BtüW § 8a von anderer

Seite aus beizukommen versuchte, so halte ich es jetzt für ein Abstraktum auf -7«/ zu dem oben S. 4031 erwähnten o- »können, vermögen, helfen können « . Es würde also 0-7M-/ etwa »Kraft, Stärke, Hilfe, Schutz« bedeuten: die

5 Geburt eines Kindes bedeutet in jedem Falle für die Familie des Nomaden einen Machtzuwachs, für die alternden Eltern aber Hilfe und Schutz. Das Wort oyid scheint zunächst »Kind« überhaupt bedeutet zu haben (kokt, uri oylun »Deine Söhne«, qiz oylun »Deine Töchter« in IE 24; uri auch in T' 59, L^ 117, QB 109 37; ufi oyul MM 5 3, 5; M^ 20 20 Mnc uri känc qizlar, wo

10 känc dem osm. gändz = krm. gnn<^ "jung, Jugend«, Abstraktum auf -wd?, entspricht) und ist vielleicht zuerst als liebkosende Anrede gebraucht worden'. Bei der durch die Verhältnisse so sehr berechtigten Vorliebe der nomadi- sierenden Türken für den männlichen Erben die unendliche Zärtlichkeit dem Sohne gegenüber ist allen Reisenden aufgefallen erfuhr es dann

15 eine Einschränkung auf diesen, so daß oylum bald nur noch »mein Junge« bedeutete.

' Vgl. etwa osm. gözüm =r »mein Lieber-, dzanim = »mein Lieber« und sogar rein

adjektivisch «lieb«:

\om Köktilrkischrn cum Osma/mche/i.

(w

Wörter- und Formenverzeichnis.

Der RaumerspariiLS halber sind nicht alle mundartlichen N'arianten. die im Text vor- kummen, aufgenommen worden: dalur wurde in größerem Maße die deutsche tlbersetzung als Stichwort hergesetzt.

Die Zahlen beziehen sieh nur auf Seite und Zeile.

a 95

a-: 1/a-: i/'i- usw. 5830

< -aya 5O4

-a- < -ai- 1935

-aö, -yac 638

ffc?7»r 223

-070 > -flf- 5O4

070/ 52av

ayir- % uyrryu 37 n uyrimMq 52m -ayu > -ö- 44>6 -ayu > -Ü, 5O4 -a-yu-l 57» ai 9i

-«/- > -ä- 1935

aiyai sal- 535 uiy'ir- 9a 3I31 aiqtr- 9^ alanzi- 1O38 -0/7«, -0/7« SOmA'. (ilyuyun 559 anal'iq 653s -a-n-yu 47aaff. awptr 2230

anir- 9ii ankleben I7i6ff. an^'Mr 223° ansir- < *aqsir- 515 Anstrengung , a^r 2138

: a^r- 9io

i

I a^i'r 223«

1 a^jfr- 9io

aftjgar 2I38 I a»i7«r 223« J aÄTir- 9ii I a/ira- 21 7

aiisir- 5m , ftiisiriq 5i5 I o^inÄ 36.0

ag'ir- 9? i aqsir-

aqstriiq, -U 69, ■»

a^-Mrw ag'Mr« 2637

ara 32^ I cra«/ 58ao t ar^l 6535 I ordör 6536

ardznl 653S

ariY 328

i -a-r-st 4727 i «r^«w 3I29

arz,^ 31 16

a.yjr7fl 5835 I asqur- 62 ! ÖATld 3I4 , aMar 39^4, 6O30 i a^t 30..8 ! «taÄy 6624 I atsa, atse 1435

atse et- 616 I aufstoßen IO33, 35

-aul 56iflF.

ausspeien 13^ ; Auswurf 420 j ayalyu SOi? 1 azir- 66 i a2ir<- 67

«'/j.f< 3O28 I -ci < -«/ 4538

-ä- > -6- vor -/- 4440

äi- 5333 I -dj > 453« : eben 29i7

ächzen 49

(7^- 542

(>8

W. B A N G :

egäs 4O22

egär 54. i

-ägi y- -t M26

egir 54io

ägrän- 22i6

ägri 548

äkir- < ökür- 9^?

nmgnh 54i3

«?(!^fl7 3941

Enklise 348ff. (?), 52=8ff.

entfernen I632

a/i- 543

rar«- 5336

nhgäl 3941

änJcäi- 5336

enkildä- 22 14

omra- 1934, 22.2

«Mm/ 5823

Erstarrungen 43«, 46i8

asM- 3328

äsnn- 3322

Esel 631

Eselhengst 21 21

äSkäk 633

äM/ < ötäl 5?

ätMrik < öT 4.8 1 (äifedM 44io

Eule 37.3 ff.

äyägü 5333, 5430

äzä- 3326

6o« 19>7

baqaul 61 33 : haqir- 1926

baq'ira- 1926

baqra- 1926 I 6öir- < /^ö7«r- 11 7 j öary 11 17

harqra- 18.6

Bauch teil des Fells 5433 ; bädiik 4324 j beiseite 2531 I 6ä^M 6229 [ bälä- 42.2

bellen 8i, 7 ; 2l8 I benennen 5327

U 43>7ff.

biegen 54. ff.

bilä- 43i8

&<7«^i 43i8

biläl 445

MrwV 42i2

biräilän- Mi

b'i'n/ilda- 19».

6«VÄ:- < bürk- 134

birkln- < bürkün- 134

b'irq'ira- 19.9

ftiVo 4429

tea/i 264 I fe 4329

1 blasen Tas, 1220 ff. ' blind 373 ff.

Blitz 35.. ff.

blöken lU, 20., 21 5

bogavi 61 29

boldzal 392.

*6oya- 6225 ! boqarst 4727 ; boqaul 6224' I boqayu 47io

' Nach Abschluß dieser Arbeit liatte Dr. Theodor Kluge die Güte, mir die erste Lieferung seines Georgisch-Deutschen Wörterbuchs (Leipzig 1919) zu senden, wo ich S. 31b finde holcauli »Polizeipristaw" und hok'ouli »Beamter, der die königl. Befehle und die Urteile der Richter vollzog«. So steht denn also das -o- der Stammsilbe jetzt fest: ich lese auch boijars'i usw. (oben 4726) und ziehe zu der Sippe *boqa- ferner noch: Sul.-Kun. 34 bukat d. h. boqat :^ »sedd ab, bend [np. blind bei Vullers I 265 b nicht nur vinculvm, ligamenium ' usw., sondern auch claustrum a(|uae, agger; vgl. Wb. IV 1590] Damm, Deich«, sowie boqatla-. Es ist dann aber klar, daß zu *bög-, ^böyä- (6226) zu stellen sind: dschag. hökän, hokät •■Damm«, kir. bögö »Damm, Sperre» kir. bögo- »versperren«, kir. böyöt »Scheidewand« usw. (rkWb. 180 a = n^türiuia »Wehr«), ostt. pl'igä »Grenzmarke«, ^wj^ä^ » Flaschenstöpsel" (Spr. 86 b). Die dschag. AVörter sind wohl mit -g- anzusetzen : biigän biigäl ohne den doppelten Einti-ag zu ahnen hat Radloff im Wb. IV 1881 bügät »Danun« und bügätlä- »einen FlulS durch einen Damm sperren« ; Sul.-Kun. 32 : böMitlemek ^= ahar sujun jolunu bend-u sedd etmek. haylamak. kir (inkmek [;']. Aber ich kann nicht behaupten, daß der Konsonantismus mir ganz klar sei; im Kaz. lauten die Wörter gar bökit »Pfropfen. Spunt» (vgl. alt. tel. pok »Stöpsel,

Vom Köktürkischen zum Osmanischen.

69

bort 12a6

boz (üz boz) 33i8 bozyu 51 18 62^6

62 lo b<'iyii 62^'* bögür- 9.7 bökäi'il 62.0 böyiir- 9.? brennen 51 u brüllen Qjff., 9:.., 203-, 21.,

222., 23.8 brummen IO37 Biikaul 62i4 buk 12^5 buf/arst Mn buqawul 62i9 burq \Uz butaul 56i6 buzayu 42.7 fif. buzla- 42i<i bur/jiir/jii 47u hw^/jir 47>6 bügräk 2334 fräto- 122.. 6«^^ 4427,50.. ^wrA:- 1223 bürkür- ]2u ' bürkiis- 13.

I 6r</ 55. I &?i/r/ 55.

6m^«m 55i

-c- < -«('- 10. s

^abül 5922

öa-ycUivul 60.;

(!rt7ü/ rä7«/ 2429

doTÜr- 11 5

carfur- lU I iaina- 352 (4632)

raMr culdur 24.«

Äi?}?r- 928

eap-, dapa- 59i4

iapayan 5929

dapä'o 5926

i'apaul 59.9

dapauqi 5928

<?aj>M/ 59i7

ragfir- 11s

eaq'ir- %m

6ar 44i8 ! dar- <'6'a7ir- lU I dar/ II34

dar/j 442. flF.

da/ 3537

cat'irda- 27.6, 35^;

dayna- 4632 (352)

d^'rfiY, d<pdfi7- < *dö" 57

f^firgä- < ('örgi'i- 41 37

«(^//, d^rfjY- < d^" < *cö" 57

ciya/ta 4938

öiyaul 65u

ciydaul 6O35

cilpilda- 2636

(Hlpulla- 2636

cindaul 6O16

cing'ir cmig'ir 24.3 j cinfira- 2425 ! dinqrau 504. i (Hmir- 74 j dir 19.., 283 ! dfr- < doTiV'- 11 7 i djrdir 19.3, 288 j dirilda- 198, 284 I änlla- 289 I (!lrüy 283

dir/ö- 19.J i (!i;-/o- 285 i cirlaq 28?

(!ir/)- 28;

dirqtra- 197, 285

öirtlaq 286

dirtlaqla- 287

f'jtü/ 4633

cMkiir- 6.4

öücür- 615

Oayaraq 243-

i'oqar- 243-

Vei-schluß, Gefängnis.) und 6«>»/(7 .Damm, Sperre". Semasiologisch vgl. ^iyw, das im Alt. Tel. Sag. Koib. Ktscli. •Flußsperre durch aufgetiinntes Kis-. in den drei letzteren Dialekten auch . Flußwehr, bedeutet, während es im Kir. -Pfropfen, Spunt- meint: vgl. bar. tiy'in- dz'iy .pfropfen- und dann osm. tiqar, t'iyac -Pfropfen« usw.

Im CuwaJ. lautet -Stöpsel, Pfropfen- pjd.). im .lak. büii (< Uigo.'). Formell kann bögö < *biigä kaum etwas anderes als ein Gei-undiimi sein: vgl. dschag. tiya Wli. III 1346 und Sui..- KuN. 187.

70

W. Bang

roqra- 2435 öoqraq 2436 6öMl 3920

(^Ü 4I39

mg 41 39

ikd'ia- 41 16

aulydu 5O10

(5m/7W 4I19

duqraq 2435

Ä' 4634

Darm 448

dägSür- 17^9

däwä'ir- I829

dimqil 3936

-(ii'r 24i8ff.

d'iz'ilda- 27=0

cfii^/a- 2730

dolay'i 4815

domdcTful 642

Dorn 4929 0".

f/r l4i

drohen 337 0"., 45.7, =2 ff.

Durst, -ig ISigff.

duldüz 2727

Jm^ 2726

dzanim 66.7

dzabaya 50(5

dfi'Ä^ 3O23

diuliq- I2i7

Faktitiva 124ff., ISsff.

154., 16. ff. Fasan 64=7 Faulbeerbaum 5437 fein 737

Fell (Bauchteil) 5433

fest 5327

Feuerbrand, -schürer 4620

Feuerschwamm 40.. ff.

Fischotter 47.8

Flaum 49io , Flechte 5420 ff.

Fledermaus 3724 [ flüstern 14.7

fort 2530

Frequentativa 1542

frisch 1531

Frist 392.

Furt 3929

furzen lös ff.

Fußfessel 47.ofl'.

Fußlappen 41. 9

-g-: -n-: -w- 2337

gackern 14.$,

ganz 55.

-gä, -gii 393°, 449, 46.4

gädik- 12.3

gähnen 3322 I gänc 66.0 j gebogen 548

gerben 3733

Geschwür 53.3 j gichöv 4232

girö 3839

glatt 29.7

Glocke 23.8, 5O5

göi- 51.4

gölgä 52..

gözgii 5O28

gözük- 12.5

gözüm 6617

Grille IO7, 19.3, 286, 65.5

grunzen 14.3, I820

gurgur 27$

gurla- 276

gurulda- 274

gut 295

-gü, -gä 3930, 449, 46.4

-gü-l, yu-l 3929

gündälik 46.6

güzäl 39.

-70-, -qa- 63.0, 64.5

-7a, -yu 3930, 449, 50.

-yad, -ac 638

-ya-c, -yu-c 635, 393«

7a« 4O36

-yi, yu 446

-7t', yu, -yur 484

y'in^a- 1O40

-yu 37.

-yu, -ya 3930, 449, 50.

-yu, -yi 446

-yu, -yu-c 4736

-yu-c, -ya-c 635, 3939

-yu-l, -gii-l 3924

-yuluq, -gülnk 39^

Haar 49.o

hai 825

haila- 826

haiqir- 825

Handel 5327

Handschuh 4428

Äa%«^ 2I2.'

' A. VON Lk Coq (Spr. 98 c) hat dafür hnneiäk wohl aus hailgi äsäk: vgl. 97 c mädeiäk 'Eselstute' (zu 11p. mäda ür Ir Phil. 1 2 100, Hörn Nr. 956).

Vom Köktnrkischen zum Osmanischen.

71

hatda- 9j3

hart 53i6

Harz- 2934, 6324

Heimchen 65i5

Hengst 22i

heraval 5831

heulen 921, 1O38

hicqir- IO12

h/incqir- lOn

Holznagel 4633

Hom 2335

husten 3i

Hülle 425

-i <. -äffi 4426

-«■- < -u- 4326

-/- < -ü- vor -y- 463"

/- 543

ial 3I30

icäi 44«

idägä, -gil 44?

tcqa- IO19

üür^ 4342

7rf%a 44i5

ig- 542

i^'r/j 1932

igrä- 1928

igrän- 2O5

tTüro-, ifyra- 22ji

iyran- 206, 2222

-JÄ, -MÄ: -ä'4 20»o

i'Md 4427

iÄ*M IO25

i'M/tA: 652S inöqa-, 'incqa- IOm indqir-, inrqtr- lOi«, ij inkremek 1936

Intensiva I627 «n- 543 ; iwira- 2221 iüircaq 828 i'^ro- 2220 •tm- > -ww- 3430 ^nnart- 1331 -i'y-, -<Ä-- 12iofF. ■«■q'i/ iqtl 2430 ■^19 IO24 if^da- IO19 iq^- IO23 -ir-, -<r- 64 irät- I630 »rnw/ 5826 irimdik 5231 irimSik, ifimA'vi 523-, tsaryo 583s wir- IO3 Mr- 15? iskä- 3327 ««/>■- < üsnä- 3320 isyi' IO36 is^itr- lOas Ucfir-, iäqir- 102«, /tög'a 44.5 üi 4333 iflr- 157 iRrt- 1425 »/Mr- 4339 lÄft/bV- IO33 ittür- 4339 tyä]^!« 533J iyirti 1932 *y»X 4237 »yrd- 1929

iijrik 1930

^2^*7 2722

izilda- 2721

iryir- 1O27

izyur- IO26

«Xa/a- 11 1

jammern 921, 1I29

Jescliaghul 6024ff.

ßksii 1O25

jilt 1226

junazar 45i2

kaG<flDat- 232 ; Äa^/a- 22.0

kauen 352, 4632

-A:«-, -q'a- 525, "^, IO14, 19, 3327, 6I22, 63io, 64i5

käcik- 12 w

Mrfff 2530

kädär 2632 j Äwp'ß- 339

käk 338 I käkägi 5I25 I käknmä 4832 1 M^V- IO34 ' käknn- 33- ! käkrä- 21 13 I ÄöAra < /tö" 21 15

tonr 6610

känrä- 21 12

känrnn- 2131

Ä;ap- 4933_

Är^r^ II37

A;«r 4928

kHihk- 12.3

kUhiUk 430

käixikla, -lat- 14-6

/z

W. B A N c; :

kign- 33io HGzntk 493" kijeu 50ii kikir-, kikär- 1O34 kilä- = ft'te- 49i9 kinrä- 21 n kinäür- I832 Ä:ip- 4933 -^«V-, -5'iy- 64 -kirä-, -q'ira- 18. 4 Kirche 423= kiinä- 3332 Klette 4929 klingen 2131,2224,232 klingeln 23i6 knallen 14i7 knarren 14i2, 2220 knistern 14i8 Knochen 233s knurren 206, 2222 kochen 34it Kohle (Ruß) 51 14 51 5 5

kögät, köyöt %2y köi- 51 13 kölä- 52 1 kölägri 528 kölnhkl 5237 kölätkä, -ki 5238 kölgä, -yä 52ii kölögä 4438 kölürgci y'ili 4439 Ärö'r 3830

Ä-ör (Motte) 52>6

körngän 46?

Ä;örs?V 3I32 ' Ä-öriw 31 8 : kösägü 4620

tosÄ// 4636

köslöt- 5734 ' közdöii 5734 ! közlä- 5735 ; M2o7 392

közük- I2i4 ! közümi 5O33' I krachen 14i8

kröchzen IOm

krumm 54«

Kumis 343- I kufanaGan 46io

Miß 51 38 I küdägü 45>7

kühl 153.

küiläk 52i5

-M/ 3933 1 külä- 49i8

küldiir küldür 24i9

-külnk, -quluq 3933

kiilpöfi 2732

kündägä, -gil 4613, 1 4

künda'/ik 46. b

-Mr-, -ywr- 4.

kvräkän 463

1234

kürslä- 1234

kürsüldä- 1235

kvrüln- \2y, kürzd 31 16 ^wsM 4636 kiitnül 60 1

Myr/ 51.5,39

kiizik- 12.5

küzügii 5O26

-/ 39., .6, 25, 57., 64.7

lalyir- 8-

Lappen 41.7

Inrbildä-, -pi/da- 2638

läuten 2226,23.7

Knircaq 829

ÄwÄ'ür 145

rnarär-, maeara- \\%

makra- 11 8

wiß/^ 1227

Mangelholz 39..

manq'ildd- 21«

mahni- 21 5

maqau 51 24

maqir- \h

man- 21 24

Mastix 2934,6323

mausern 498

meckern lu

megeül 6O4 (vgl. ^-y«?« 5O1.)

meryaul 606

OT^«^' 540

miauen II3

Metathese 4., 2«, 4024,5435

mifäda- 11.4,14.4,26.9

m^rhlixit- 14i5

' Vgl. jetzt közüngii in einem manichäischen Hymnus bei .\. von Le Coq, Tnrk. M.inich. aus Chotseho. 1112« (AHAW 1919 Nr. 3).

Vom KöktiirJäscJien zum Osmanischen.

7H

mirla- 2622

niirqäda- 11. 4, 14i4, 26»

m'irsäda- 26ij

mirt 11 36

mürzilda- 26ii

TWti^ü/ mW«/ 25 1

miäqir- 255

mit 3O32

miwiz 2335

yniwh- 2333

-;«/- > -mw- 4834

-mr- > -r6- 5436

Motte 51 38

mozai 44;

möfirä- 2O31

WIM« 14«

mufira- 21 1

murin- 2637

murmeln 23i7

murren 14i4

murulda- 26^7

mütirä- 2O31

mi/wh- 23^.

miiwüz 2335

naara wur- Sn

Naclibar 30n

«a7ra 0r- 539

-«r 35i2, 363

-«(?- > -^- 10.^

Nebenbuhler 394o

Niere 2334

niesen 58, 61., Mas, ISm, 3334

-ft- : -g- : -w- 2337

-fiZ- IO38

hanai 45j<.

o- »können« 4031

Phil.-hiat. Mh. 1919. Nr.

] < -ayu 4426, 5O4 ! obai sol- 534 j 070« 4O36 j oyra- 2326 ! oyul 66. oyulluq 6626

OyM7J 4O36

oyur- 23.8 07«r 4O38 oyuran- 23.8 07«As' 4O27 Ohr 63T

Ohrgehänge 5834 oltur^/uö 3932

ö» 4O29, 37

ond 4O33

on&mz 4O34

ondal'ü/ 431, 46.8

09, Ö7 4O3, 8

oqlayu 399

oqlawn 4920

oqläwa 50.o

o^ro- 2324

omanyu i^lzi

osar- 15«

osqur- 2529

otturyuä 393.

0207« tow 4435 1 o^^öy/ y«// 4433

ÖSM 4432

-ö- < -(^i'- vor -/- 444"

öffkät < öd-kä-t 5.5

«>/ 732 ; ö^Mr- 923

öA: 543^

ökiir- 9i> 5.

öksiir- 3. öksiirnk, -äk 44, « öwij^'i 3940 önägül 3937 ön^w/ 3937 0r- 84 ö"r 5235 örgärim 5235 ö.skih'- 34 öste- 48

ÖYrt/ 56

ö^^w/ 3929

ötür- 4.8

öyägil 5336

öyoÄ 5430

öyö/«: 5432 ! Öy/m- > Im- 432 i öywr- > u'r- 433 I öywr- 923

öyilt-~> rd- 432 I özän, -ön 437 I Packsattel 828 " I purqira- I816 i pfirt II37

paSqün Mn 1 j)a//a- II37 i pälai 4428

;;e/j 4438

pälMklä- 51 36

Pelz 4I28

Penis 532;

päfKi 5I37

pcipälä- 51 36

pnpäyi 5I37

pfeifen 10", 4, 28

pü/ldi 4428

10

74

W. Bang:

picq'ir- 812

p'ir, ptr p'ir 14i, =

ptiyir-, pirq'ir- 820

pistlda- 254

p'iscfir- 825, 253

pUqilda- 14i5

pU(fir- 813, 253

pdZdiBat- 14i6

porda, 4733

j5öA 4325

j?ö7«- 42 IC.

pözi'ik 4324

Prothese von //- 4i7, 5i7

prusten 820

prutschen 814, is, 18, 20, 1223,

24, 132

pupa- 5I35 purqura- ISm pusten 8i, I221 pÜPÜrä, 4733 jom/, püflä- 722, 23 pw/ö!- 1221 pürgü- 133 /jMrA- 1224 pürkü- 13= pürkür- l3i pürük- 1223 //•- 816

pütkhl 3935 püzür- 817 -7 3923

-^'a-, -Aa- 525, 26, 1O14, 19, 4 3327, 6I22, 63io, 64i5 qahir-qubvr 24.4 5'OJ 34i5 r/ai7o- 34i8

qaino- 34i3

qaira- M^i

qada- 5223

qaday'i 53i4

qadama 53 is

qadafit 53i4

qadna- 3435

qalanr 58m

qalhan 2732 I 5'a?w 48io

qamayu 553

qamayun 559

qamiy, -q 554, ■^

qamnayi 47i8

qamSa- 48«

qamuq 555

qa?ld'ira- 23i6

qanira- 2226

qanqilda- 22^i

qafira- 2224

gag' 142 ^ gfcga 528 i qaqilda- 22>9 ' qaqlat- 233

qaqsa- 11 29 I qaqä'i- 11 29 ' qayja- 11 28

qaräci, qaracH < i qarayol 587 ! qaraldi 5O22 j qaralyi 5O24 I qaraqct. -ä'i 573" i qaraqol 58: j qaraul 57 19 J qaraul- 585

qaraulci 57=;

qarautta- 585 qaftpi 372 g-rvrp 2730 qarqilda- 14i2 ^-ör« 1232,229 g'ars (/«rs 1224 qarsildaS- 1233 g'ar^i' 31 22 qarSqir 228 qaSayu 393 qa^rayu 39? 9'a^-, qata-, qafi qataq 2814 gfoför g-M/Mr 24i4 qatna- 3437 qattani 53i3 qawayu 4O15 qawsur- I82 qayayan 3427 qay'ir- 3421 qay'ira- 3422 qaza-fi 477 g'i&ir g'a6ür 24i5 giiJ^a soZ- 537 -gü/ 3936 qüayu 44ii qäayuz 582. -/oi' 50.3 1 g-«:/«« 45?

qilaula- 45 1

I giiÄc 453

! cßtyan, -qan 45?

i gü?/ II37

I 9*«^-, -2ii- IO37, 38 g'tjwr 5'jjnr 24i3 5'fg'a^s 1925 -^r-, -fer- 64

53>.

Vom Köktürklsclu^a zürn OsinaniscJii'n.

75

•qira-, -kird- 18i4,2Öii q'irayu 38i6 qim/a- 65» qiryaul 642«

(/iryu (qaryu) 383^ qifilda- 26js (firla- 26»4 (/m/i- 65» q'itaqla- 14i6, 28i} qttla- 2813 qÜqilda- 2813 q'ii/ira- 34^6 qobur- 41« 707MÄ 32 11 qolpur- 2733 qonalya, -yu 50m, -5 qonra- 2Z*, lo qoArayu- 5O5 qofist- IO37 ^o/i^i' 30i5 qorjira- I820, 263« yor/a- 18«., 2630 qarpulda- 2632 qorqUda- 14ij, 18«, 26j8 qorqul- 2629 qorqulda- 14ij, 18", 26^9 qorquru- 18>9, 26>8 qorsuldu- 2630 qosülm- 3O19 qosulusü 3O3'' 90^/ 3O3» yoina 31 j ^o^i' 30>9 90^- 3029 ^o^/> 3O36

qotqulda- 28.4

yowi 32ii I qowar 41 8 I qotmUI 32-2 ' ^-oio 3O33

Qual 54.4

Quark 523°

quhur- 41 8 . quloyu~ 5822

qulpur- 2733

yzf^' 142

9'Mr 3830

-^^M/'-, -Ä"/«"- 4i

quryulda- 273

qurqula- 21^

qurqulda- 27»

qurs^llat- 274

qurSun 49?

qurulda- 27. , quwar- 41» ; y«yö 52»7

-r 3923 j -ra- 2323 j Raspel 47?

Raubzug 598

Räuber 573«

Reif 38.6

Rohrdommel 2236,244

Rollholz 39..

röcheln 8.3, I8.9, 253

rufen II5

rund 49.

Ruß (Kohle) 51.4

rülpsen 1O33

< -^ 29i8

Sack 4I34

; saycru 5I22 j sayir 23.5 j sayir .nyi?- 244 ' sayriyu 24.

sd7rö 243 I Saksaul 63.= I sal-, sola- 3736

sanc- 10.7

so/)fo 2934

sanra- 21.«

sanrayu 242

sanrau 242

suqay'i 51 2.

.s«</aM 51 2.

s«yir .sa^iir 24.7

Äoz/ij 2934, 6323

«ay« 5I23

sar 145, 35.8

saryü 2432 , .sann 35.8

sartna- 35.8

samu- 35i8 : Saxaul 63.2 I saroM 4624 I sacayan 472. ] sd^ö 51 20 ' säksäül 63.2

seÄpiV 4O23 I säpkil 4O24 I «arm 153° I särindsiz 4O34 I särägi'm 153-' I särügün 153. I seufzen 48 ; säugen 133.

snürün sal- 638 10*

76

W. B A \' c. :

Schaman 48ii scharf 4328 Schatten 526 scheren 656 Schighaul 623= schlagen, zerschlagen lOi 5 schleifen 3421, 43i8, 44.9 Schleifstein 3424, 43i8, 44i8,

6527 Schleim 4i9 schluchzen lOn, 12, 198 Schluckauf lOn, 23 schnarchen 10ii,14ii, 12, 14,

I820 schattern 2224, 283 schnauben 815, 253, 2s schnaufen 813, 263 Schneide 44ii Schnupfen 3334, 343^ schön 295 schreien 825, 26, 92, 26, 1I5,

18.6

schwanken IO38

schwärzen 52i

schwatzen 1O41

Schwätzer 19i3

Schwiegersohn 4527, 463

Schüreisen 4636

-««- IO37

sty'ir- 1O4

s'iy'irctq IO7, s, 30

sty'ir tq't 106

■stlq 11 20

smdar- 232 1

s'üidraq 2321

sinra- 2320

sinrä- 22ic,

sipMl 4O24

stq'ir-, siqqir- 10«

«^•70 5836

sirtq < *xiyr/'iq 1O5

s'irit- 1041

sisla- 1O3

s'izyir- lOi

Sodbrennen 4624

Sommersprossen 4O24, 5436

Soimtag 4236

soqran- I824

sörm 1531

sötöl 5;

sözäül 61 8

spalten 5733

Specht 65.4

Speichel 4.«

speien 74 (s. s])ucken)

Spiegel 5O25

spritzen 1224

spucken 52, 7?, 133

Star lOs

stechen 10. 7

Steigbügel 4739

Stotterer 5I25

stöhnen IO37

Striegel 393

sualßi 5O20

suyalyi 5O20

sunas 3334

suqra- I827

sur- 472.

.mmq 15.9

sili^kiir- 6.7

sümiir- 2339

süMk 2334

sünür- 2339

sür-, sürä- 61 .9

*mräül 6I18

sürgä- 61 22

snryänl 61 22

sürkä- 61 22

svrh'iül 61 2 2

mr&n 61 20

-i 3923

-kl-, -M- 43-, IO40, 2425, 3O4, 488

Sabül, -&ü 5923

Sayaul 6233 ! äayawal 623. i Savarixit- 14i8

iald'ir Sald'ir 24.»

Salptlda- 2633

iandaru-, -d'ira- 242; , A^amr ^/wr 24.6

äaftra- 2425 j Sanza- 2425 ! Sffjtwr ^a/>ir 24.6 I iajtwr sopur 24.6 I ia^', iar/ ^r/y 144 i iar, iar so/- 19^

Sartl sariil 193

äartldii- 193

^or/o- 195,27.6

Sarqilda- \%

Sarqura- 19.

Ä/r/ II35.27.4

iart'ila- 27.4 ' Martin- 14.7,27.5

,iatmia- 14.7, 27.7

aVA" < «'öA* 44.0

Vom Köktnrkisclien zum Osmani^chen.

ä'igctir iagdHr 24= S'igdnit- 24m äiyaul 6231 Simir- li sinM- 11j9 Siralya 50i9 sirilda- 19i8, 28io i'ii-lu- 19i5,28.c. ^irq'i/da- 19i7 äirq'ira- 19io, 15 itrt Ihs

iirfilda- 1237,28.. Solp 2730 äamprt 55. » iülda- 26.3 i«// 26. j -^M/- 17. fayar 4l3^ ta/j? 2730 tamr tunur 24.. tapSur 17^3 taq-ta(j 65.« toyir ^M/' 24.. tory 11 18

tors 1237,22.0,27; ^?m7 27» tarsäa- 27« tartfüda- 27io tariälduq 27io tars'ildat- 1237 tarda- 22.., 27* turslaq 27.» to/-.v 22.., 27.. tarilu- 22..,27i. /f<^Ä/- 22m tataul 61 J9

taub 23.3, 2435 Taube IO30 tayan- 4631 Mfc 2920 Wte- 3O5 faM 29.7 täkSin 30>, tämiräyi 542.

tö«t^ 29^7,30. W?Wa- 30; tö/ß 51 34 tätäyi, -iyi 51 33 m;? 49.9 Hgdnäk 49^9 ^<A»p 453- ß/o, 4734 A'mau 343' /fp- 49j3 /iV/ir ftV/i/* 24. i t'iqs'ir- 6^3 firbilda- 2637 f/nV //ri/ 243., 27; tirilda- 2729 tirpild('i- 263; firp'Üda- 2637 /Urs 27.3 ttrsddu- 21 li tirsla- 27 w ßsg'ir- 6j. ft'ft-: 2933 %Gn- 46 ji fodera 55.3 toyalaq 49 ^ töglaq 49. tnyolnqtn- 494

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/o/öi 4923

töloqlo- 495

/ö/og 493 I totor 2535 i tomdo- 64=

tonanyu 47=3

tofnrtqa 65.4 I tonquldaij 65n i tonrayu 504. I toqsatoul 64. s

/oy/ö- 643

toqtayul 6333

toqtaul 63ij

toquldaq 65.4

tosqaul 64.8

totqaul 6332

/06a- 5736

toftr/« 5736

Trank 15.9

Traubenkirsche 5437

tsingil tsingil 25.

Tschapao 59=7

t'S^riklü- 284

tuqtuul 64.4

tiimlyü 50.6

Turpan (Rostgans) 223

/M.S- 642 j

tuktndzU 47 14

/«iay 47.4

tuSqur- 6.9

*tutqa- 64.5

tutqaul 6329, 642f,

tückür- 6..

//</■ 7.3

fe/Zri- 7.4

78

W. Bang

tüfilrcnlt, -dük 7i5, -6

tüg 49io

tügür- 7ii

tüi 49io

tiikür- 78

tülä- 498

tiiläi 4922

tüpkiir- 7?

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-u- > -i- 4326

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übergeben 1723

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Mnte' 5336

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üsnä- 33.3 5«W- 524 Mswr- 4i5 ums < ö^«w2 434 üSän- 436

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üzängü 4825 M2^i?r- 4i4 ?72g'< 4737

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rar- 84

verbrennen, brennen SIm

Visier 57i9, 29

voll 2534

Vorhut, Vorposten 58jo

-w- : -ü- : -g- 233?

Wache 57.9, 27, 6O4

wai 1923

Wallgraben 5233

Walze 399 i wäqra- 1924 \ wechseln 1729 i weg 2530 : wehklagen ih» I weinen 921, IO12, I824

wetzen 45i, 10

Wetzstein 669 (Schleif- stein)

widerhallen 2l3<

widersprechen 33i3 I wiehern 21«i, .6, 2324, 3332 I wimmern 928, 1O13, 37, 3«, i lh9, 199, 2I17, 22i2, ., I Windel 41io j in Windeln wickeln 42.o

winseln 8», IO38, 40, II3", 23,4 ' wiril imril 24»« ' mz'dda- 4228

w'izla- 4228 Wolf 228

Wolle (rohe) 5O35

VMT- 533

yabayu 5O35 yana-, yani- 45io, u yanai 45i2 yanaS 3O24 yanr- IO15 yanäa- 1O41 yanra- 2I32 yapay't 5O37 yapalaq 37i4 yapi'ir- l7is yaqS'i 293 yor-, yMn/- 3734 yarai 299 yärma 3734 yarg 1I17, 2. yarqanat 3722 yasuqdi 582, 61« yasaul 6O33 yaii'n 3521 yavlov 43i5

Vom Kökti'irkischen ~vm Otimanischfn.

79

yazal 39i6

y(igi=^yndi »sieben« ynMärlügnn 4^8 yähtnrlü 4^6 ynldir- 5936 yäldihhr 5935 yäpsal 39'8 ytrindi Zln yätknr 4ii yntkil 3935 y«^ 4234 yj:/< 12^5 //ir«/- 163r yirmi 49? y/% 4336 yizü 27j3 yorfro 55 13 yoluq- 12i6 yofiäur- 183» yo;•^ 59>« yortayul 59«

1 yödö- 5j3 4936 . yörf«/ 05

yödiildä-

yödür- 5i

yörgö- 41 13 ; yöYo7, yö/ff/- 63

yötki'rr- < öT 4ig

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ytiÄa 41 J5

yttfor 39ift

yvmurt 55 10

yurtül 59i2

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yünlä- 49.7

yürgö 41 10

yürümmk 523-

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Zange 63«

2:*n/- 2737

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Berlin, gedruckt in der Reichsdruciicrei.

ABHANDLUNGEN

DER PREUSSISCHEN

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

JAHRGANG 11)1<) PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE KLASSE

Nr- 6

AUS DER ERSTEN ZEIT DES GROSSEN ABENDLÄNDISCHEN SCHISMAS

VON

H. IJRESSLAU

IN HAMBURG

MIT 1 TAFEL

BERLIN 1919

VERLAG DKR AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

IN KOMMISSION BKI DER VEREINIGUNG WISSENSCHArrLICIlER VERLEGE« WALTER DE GRUYTER V. CO.

VORMALS O. J. (iÖSI'HEN'SrHF VERLAUSIIANDLI'NO. J. UUTTENTAG. VEBLAGSBUCHHANDLUNfi. KEORG RKIMER. KARL J. TROBNER. VEIT V. COMP.

Vorgelegt in der Gesaiatsitzung am 5. Juni 1919. Zum Druck eingereicht am gleichen Tage, ausgegeben am 25. August 1919.

V on der ungeheueren Masse von Geschäftspapieren, Briefen, Protokollen, Urkundenkonzepten, Petitionen und Eingaben, Klage- und Verteidigungs- schriften, Rechnungen und Akten aller Art, die sich in der Zeit des großen abendländischen Schismas zu Avignon in den Bureaus der päpstlichen Be- hörden und den Wohnungen der Kardinäle angesammelt haben muß, ist nur ein sehr kleiner Teil auf uns gekommen. Nur die wichtigsten Archivalien der päpstlichen Kanzlei imd Kammer sind im Laufe von mehr als drei Jahrhun- f derten, in der Zeit von 141 8 bis 1784, von Avignon nach Rom gebracht worden und uns dort erhalten geblieben ; die große Masse der Akten der eigentlichen Verwaltung, zumal der Papiere, welche keine dauernde, sondern nur eine vorübergehende Bedeutung hatten, ist zum Teil wohl schon während der Wirren in der letzten Zeit des großen Schismas, zum Teil in späteren Jahr- hunderten, als Avignon nur noch die Residenz päpstlicher Legaten und Statt- halter war, unrettbar verschleudert, vernichtet und verloren worden.

Da ist es denn ein überaus glücklicher Zufall, daß ein freilich nur ge- ringer, aber dennoch höchst wertvoller Teil dieser Akten in neuester Zeit in unerwarteter Weise wieder zutage gekommen ist. Sie waren in die Hände von Buchbindern gekommen, die aus ihrem starken Papier durch Zusammenleimen Pappeinbände von Handschriften herstellten; zwei solche Handschriften sind neuerdings aufgefunden, und durch sorgfältige Auflösung dieser Einbanddeckel sind die ursprünglichen Bestandteile der Pappe, freilich nicht in ganz unversehrter Gestalt, wiederhergestellt worden.

Die eine der beiden Handschriften befindet sich in der Stadtbibliothek zu Reims; sie bildete den Einbanddeckel des Cod. 688 dieser Bibliothek; Henri Loriquet, der den Katalog der Reimser Handschriften ' verfaßt hat, hat diesen Einband in seine Bestandteile aufgelöst imd aus ihnen, die er nach sehr äußerlicher Anordnung zusammengestellt hat, die neue

Bd. 39 des Catalogue gi-iieral des manuscrits des bibliotheques piibliiiucs de France.

4 Br esslau:

Handschrift n. 775 gebildet. Über ihren Inhalt hat U. Bekliere in der Revue Benedictine 24, 456flF., 25, 19 ff. ausführlich gehandelt. Aber sein Be- richt über die 149 Blätter, aus denen die neue Handschrift besteht, ist nicht frei von mancherlei Irrtümern und Mißverständnissen, und seine Wieder- gabe der zum Teil für die Lehre von den Papsturkunden sehr wichtigen Texte ist so wenig erschöpfend, daß eine neue Edition ein dringendes Bedürfnis ist. Die zweite Sammlung solcher Stücke, auf die schon Bekliere in einer Anmerkung zu seiner Abhandlung in dankenswerter Weise aufmerksam ge- macht hat', befand sich in der Stadtbibliothek zu Carpentras; Herr Lia- BASTKES, ehemals Vorsteher dieser Büchersammlung, hat den Einbanddeckel, aus dem er sie abgelöst hat und der schon lange von der Handschrift, die er einst umschlossen hat, abgerissen war, auf dem Boden einer Kiste mit wertlosen Papieren, die zur Vernichtung bestimmt waren, aufgefunden und ihn durch sorgsame Behandlung mit lauwarmem Wasser in seine Be- standteile aufgelöst. Er hat dann in einer außerhalb Frankreichs wenig bekannten Zeitschrift, den in Aix-en-Provence erscheinenden Annales de la societe d'etudes proven<;aIes i, 168 ff. von seinem Funde Mitteilung gemacht und sechs der Blätter, die am besten erhalten und am sichersten lesbar waren, veröffentlicht". Demnächst hat er seinen Fund, der 89, also nicht ganz so viele Blätter wie die Reimser Handschrift zählt, an die Pariser Nationalbibliothek geschickt, wo er gegenwärtig als Cod. n. 1887 der Ab- teilung Nouvelles acquisitions latines aufbewahrt wird'. Ob aber auf diese

1 A.a.O. 25,47 N. 3.

' Es sind i. ein Brief des Infanten Johann von Aragon an Clemens VII. (1382), 2. ein Brief Margaretens von Burgund, Flandern und Artois an den Kaidinal von Embmn,

3. ein Bericht des Inquisitors über die Vollstreckung des Urteils gegen einige Waldenser,

4. eine Rechnung über die Ausgaben für ein dem Amadeas von Saluzzo gegebenes Gast- mahl, 5. ein Brief des Captal de Buch, 6. ein Brief Bureaus de la Riviere.

^ Vgl. Omont, Bibliotheque de Tecol.' des chartes 66. 22. Während Liabastres von einer 'Decouverte de pieces manuscrites du XIV« siede provenant de rarcheveche d'Embrun' sprach, weil ein Teil der Blätter, aber keineswegs auch nur die Mehrzahl, mit der Person des Kardinals von Embrun, Pierre II. d'Ameilh, irgendwie im Zusammenhange steht, be- zeichnet sie Omont als 'Recueil de lettres, suppliques etc., provenant de la chaneellerie ponti- ficale d'Avignon'. Diese Bezeichnung tiirt't in der Tat für einen größeren Teil der Blätter zu. aber auch sie gilt keineswegs für alle. Der Buchbinder, der den Deckel der Hs. von Cai-pentras hergestellt hat, hat ebenso wie der, von dem der Reimser Einband verfertigt ist, Papierblätter der verschiedensten Art. auch Privat- und Kaufmannsbriefe, die gar nicht aus den Akten der päpstlichen Verwaltungsbehörden oder aus dem Besitz von päpstlichen Beamten stammten, zusammengeklebt.

Atui der ersten Zeit des großen abendländischen Schismas. 5

Weise alle Blätter, die Liabastres von seinen Einbanddeckeln abgelöst hat, nach Paris gekommen sind, ist nicht sicher zu sagen. Henri Omont war, als ich mich in Paris mit ihm darüber unterhielt, der Meinung, daß in Carpentras noch weitere Stücke zu finden sein würden. Ich habe mir dann bei einem Besuch in Carpentras darüber Gewißheit zu verschaffen ge- sucht, aber damals war die Bibliothek ohne Leiter, und der Diener, den ich befragte, konnte mir ebensowenig Aufschluß geben wie der auch be- reits in den Ruhestand getretene Nachfolger des Herrn Liabastres, den ich später in Avignon kennen lernte und der von dem ganzen Funde keine Kenntnis hatte. So muß denn die Aufklärung dieses Zweifels einer späteren Zeit vorbehalten bleiben.

Ich habe durch Omonts Güte, dem ich dafür verbindlichsten Dank schulde, sowohl die Reimser wie die Handschrift von Carpentras-Paris längere Zeit in Straßburg in aller Muße benutzen können' imd manche Ergebnisse ihrer Untersuchung im zweiten Band der neuen Auflage meines Handbuches der Urkundenlehre bereits verwertet. Ich beabsichtige, sobald ich die Zeit da- zu finde, in den Schriften der Straßburger Wissenschaftlichen Gesellschaft Stücke beider Handschriften, die unmittelbar mit der päpstlichen Kanzlei zusammenhängen und für die Papstdiplomatik von Interesse sind, zu ver- öffentlichen. Von ihnen sondere ich aber, um sie hier abzudrucken und zu erläutern, eine kleine Anzahl von Stücken ab, die nicht sowohl für die Urkundenlehre als vielmehr für die politische und für die Kirchengeschichte von Interesse sind. Sie sind, soviel ich weiß, sämtlich bisher ganz unbe- kannt und ihrem Inhalt und ihrer Bedeutung nach sehr verschieden ; eines von ihnen ist von höchster Merkwürdigkeit und entbehrt jedes Seitenstückes unter den Quellen für die Geschichte der ersten Zeit des großen Schismas; ich setze es an die letzte Stelle und gebe einen Lichtdruck davon dieser Mitteilung bei^.

' Bei der oft recht schwierigen F^ntzifferung der stark beschädigten Papiere hat mir mein Freund und Kollege Archivdirektor l'rof. Kaiser vielfach Unterstützung zuteil werden lassen, wofür ich ihm zu besonderem Danke verbunden bin.

' Andern Ursprungs als die hier benutzten sind die Papiere aus dem Nachlaß des Kardinals Pierre Gerard, welche auf einem der Familie des Kardinals gehörenden Schlosse sioh bis auf unsere Zeit erhalten haben, dann von einem Herrn William Poidebard er- worben und neuerdings von N. Vai.ois. La France et le grand schisme d'Occident II, 439ff. besprochen sind.

B

R E S S h A l'

I.

Reverendissime pater et domlne! Per ea, que avidivi, estimo, quod dieta cleri Flandrie noii tenebitur die prefixa [et ideo] .... adhuc expectent hie. Dominus Burgundie infra tres dies debct esse cum domino rege. Am- bassiator [regis R.] .... dieta prefixa" cum Anglicis, prout firmiter tenetur,

hie tenebitur, quia Anglici nichil in contrarium man[daverunt. Ab]

Odinetum, quem dominus Burgundie mittit ad dominum nostrum et domi- num Biturieensem. Vestre reverende p[aternitati]'' omnipotens feli-

eiter et votive.

Scriptum Parisius XIII. Maii.

Adresse: Reverendissimo in Christo patri et domino meo confiden- tissimo, domino cardinali Ebredunensi.

» dahinter confix getilgt. '' oder patemitatis.

Diesem kurzen Briefe, f. 19 der Pariser Handschrift, ist darin eine Transkription Manteyers beigelegt, der noch einige Buchstaben mehr ge- lesen hat, als zur Zeit, da ich die Handschrift sah, lesbar waren. Diese Buch- staben sind, soweit ich sie wiedergebe, oben in eckige Klammern einge- schlossen. Der Brief, dessen Absender nicht bekannt ist, ist am 1 3. Mai 1379 geschrieben; das Jahr läßt sich aus dem Itinerar des Herzogs von Burgund sicher bestimmen; Philipp der Kühne, dessen Ankunft in Paris binnen drei Tagen erwartet wurde, war in der Tat am 1 5 . Mai 1379 auf dem Wege dahin, traf am 17. in Paris ein und blieb daselbst bei dem Könige Karl V. bis zum 29. Mai'. Auch Bertrand de Chanac, Erzbischof von Bourges, der in unserem Briefe genannt wird, war um dieselbe Zeit in der Umgebung des Königs". Demnach muß die von dem Grafen Ludwig von Flandern ein- berufene Versammlung des flämischen Klerus, die in unserem Briefe als noch bevorstehend erwähnt wird und auf der beschlossen wurde, Informa- tionen über die streitige Papstwahl einzuholen und zu diesem Zwecke Boten nach auswärtigen Universitäten, insbesondere nach Bologna, zu senden',

' p]. E^ETiT, Itineraires de Pliilippe le HardI et de Jean sans Peur, ducs de Boui^ogne (Paris 1888) S. 144 f.

^ Valois I, 132. N. 5.

' Vgl. Rodulfus de Rivo, ed. Cbapeaville, Gesta epp. Tung.eus. 111. 32.

Aus der ersten Zeit des großen abendländischen Schisinas. 7

später stattgefunden haben, als Valois meint, der sie schon in den März 1379 setzen wollte'.

II.

Reverendissime pater et domine mi! Paternitati vestre reverendissime presenti pagina notum fiat, quod reverendissimi domini mei Albanensis, Vivariensis, sancti Angeli cardinales et ego hie cum aliis dominis cardinalibus sumus, cum quibus super hiis, pro quibus venimus, consilia et coUoquia habuimus diversa. In quorum conclusione in terminis remansimus satis bonis, non tamen talibus, sicut remansisse veUemus. Et quia certus sum, quod hinc breviter discedemus versus curiam profecturi, egoque omnia, in quibus remansimus invicem, vestre paternitati predicte explicabo lacius oraculo vive vocis, non curo aures paternitatis eiusdem mea scriptura gravare. Preterea aliqua sanctissimo domino nostro scribo pro[pria m]anu mea, que, quia certus sum, quod omnia communicabit vobisciun, hie inculcare omisi, alia non scribens, sed eandem paternitatem reverendissimam conservare dignetur sator totius orbis terre. Que mihi rescribere dignetur omnia sibi grata.

Scriptum Nicie die ultimo Octobris. Totus vester P. sancti Eustacii

diaconus cardinalis.

Adresse: Reverendissimo domino meo domino cardinali Ebredunensi.

Dieser Brief, Blatt 1 1 der Pariser Handschrift, ist von der Hand eines Schreibers geschrieben; das Wort "ultimo' in der Datierung und die Unter- schrift oder wenigstens ein Teil derselben, vielleicht nur die Worte 'vester P.', sind mit anderer Tinte eigenhändig von dem Absender nachgetragen. Der Absender ist der Kardinal Petrus Flandrini (gestorben 23. Januar 1381), der Adressat ist der Erzbischof Petrus Amelii von Embrun, den der Papst Clemens VII. am 16. Dezember 1378 noch in Fondi, wo er von den fran- zösischen Kardinälen am 20. September gegen Urban VI. erwählt worden war, zum Kardinalpriester von S. Marco ernannt hatte. Der Brief ist am 31. Oktober 1380 in Nizza geschrieben, wohin sich die beiden einzigen

' Valots I, 258. In der von ihm N. 3. 4 angeführten, undatierten Appellation muß also die Angabe, daß seit dem Tode Gregors XI. noch nicht ein Jahr verflossen sei, un- genau sein.

8 Bresslau:

noch überlebenden' italienischen Kardinäle, Petrus Corsini, Kardinalbischof von Porto (genannt der Kardinal von Florenz) und Simon von Brossano, Kardinalpriester von S. Johannes und Paulus (genannt der Kardinal von Mailand), begeben hatten. Sie waren bei der Wahl Clemens' VII. anwesend, hatten an ihr aber nicht teilgenommen und beobachteten später zwischen den beiden einander bekämpfenden Päpsten eine Zeitlang eine neutrale Haltung, wurden aber von beiden Parteien lebhaft umworben'. Zu ihnen sandte Clemens VII. im Herbste 1380 außer dem Absender unseres Briefes die drei in ihm genannten Kardinäle Anglicus Grimoaldi, Bischof von Albano, Petrus de Sortenaco, Presbyter von S. Laurentius in Lucina (genannt der Kardinal von Viviers), und Guilelmus Noellet, Diakon von S. Angelo, um über den Anschluß der Italiener an die französische Partei zu verhandeln. Über den Verlauf der Verhandlungen ist unser Brief das älteste Zeugnis; er ergibt, daß die avignonesischen Gesandten ihren Zweck nicht erreicht hatten und zur Abreise entschlossen waren. Sie haben dann am 17. No- vember aus den Händen der Italiener deren bekannte Denkschrift über die Wahl Urbans VI. entgegengenommen^; wann sie Nizza verlassen haben, wissen wir nicht; einer von ihnen, der Kardinal von S. Angelo, war dort noch am 26. August 1381 anwesend, als der Kardinal von Mailand sich endlich, am Tage vor seinem Tode, entschloß, die Verwerfung Urbans und die Anerkennung Clemens' feierlich zu erklären*. Schließlich folgte,' vor dem Mai 1386, auch der Kardinal von Florenz dem Beispiel seines Kollegen und trat zur avignonesischen Partei über.

' Von den beiden anderen Italienern, die Urban VI. mitgewählt hatten, war Franciscus Tibaldeschi, Kardinalpriesler von S. Sabina (genannt der Kardinal von S. Petrus), bis an seinen Tod (6. Sept. 1378) in der Obedienz Urbans geblieben; Jacobus Orsini, Kardinaldiakon voi) S. Georgias ad velum aureiim, war in Fondi bei der Wahl Clemens VII. anwesend ge- wesen, aber ohne aus der Neutralität herauszutreten am 13. oder 14. Aug. 1379 gestorben; sein letzter Akt war ein Glaubensbekenntnis zugunsten des Papstes, den ein zukünftiges Konzil anerkennen würde (vgl. Valois, La France et le grand schisme d'Occident 1,321 mit N. 5).

■■' Über die Verhandlungen Karls V. von Frankreich und Clemens" VII. mit ihnen vgl. Vai.ois I, 32ift'., II. 361.

' Vgl. das Protokoll über seine Übergabe bei Gayet, Le grand schisme d'Occident IIb, 21.

* Bulaeus, Hist. universitatis Parisiensis IV, 586: vgl. Vai.ois a. a. O. II, 361 mit N. i. 2.

Alts der ersten Zeit des großen aliendlündisdien Schismas. 9

m.

Beatissime pater! Aliqualiter peccuniis denudatus cum duobus meis cappelanis ad vestram sacram curiam a[cce]ssi, non absque specialibus causis, quas nullatenus habebam referre, nisi vestre piissime sanctitati pro eo, quod aliqualiter laboraveram in aliquibus partibus absque vestris sanctissimis litteris, tarnen in eiusdem profectum pariter et honorem. Et dun" mendi- carem pluribus dominis et cardinalibus et aliis, nusquam potui ad beatissi- mam presenciam vestram habere ingressum; ymo consumpta paupertate, quam habebam, coactus recessi de curia et ivi ad partes maris fortuitu, ubi nimium fui consumptus. Veruntamen, si adhuc possem fidenter vestram beatitudinem visitare, non parcerem laboribus, quin ymo venirem et dare[m] operam cum dei adiutorio fructuosam, insinuans namque me notum precipue cum pluribus baronibus Alamanie, presertim cum vestre sanctitatis fi[l]io duce Leopolde Austr[ie] et cum nonnullis comitibus p[atrie]'' atque cum dominis Lombardie et alibi, unde, quando veni Avenionem, habebam spe- cialem tractatum. Super quibus omnibus humilis creatura vestra episcopus Ypon[ensis]° pluribus, qui habebant refferre, scripsit. Quare, si utilis sum in aliquo, Pisis moram stimulatus ducam, donec hie vester humilis et fidelis dominus archiepiscopus Smirnensis michi aliquid intimabit.

Scriptum apud villam Alguerii Sardinee XX. die mensis lanuarii in- dictione III.

Humilis servuius sanctitatis [vestre] Michael episcopus Sythiensis.

Adresse: Clementis.simo meritisque beato in Christo patri et domino, domino Clementi sacrosancte Romane et universalis ecclesie summo pontifici atque vicario'' .... Jesu Christi verissimo.

» *o statt dum Hs. ■> Ergänzung zweifelhaft; auch p[artis] paßt kaum besser. " oder Ypori[ensis] ? <• dahinter ein nicht leserliches Wort, anscheinend auf imi endend.

IV. Me[m]oriale f'ratris lohanni.s de Padu[a o]rdinis Minoruin" . . . Primo videlicet idem fratej loliannes ofert se iturum ad partes Lom- bardie, videlicet ad d[ominu]m de Mediolano, ad dominum Papie, ad do- minum Mantuanuni, Tridentum et Tervisium, ad dominum ducem Austrie, ad dominum de Verona, ad dominum Ferariensem. ad dominum Paduan[u]m, I'hil.-hiKt. Abh. nmt. Nr. (i. 2

10 B U E S S L A u :

ad dominos Venetorum, ad commune Ut[in]i et portare ac predicare supra dictis dominis et communitatibus declaracionem factam in Fondis per do- minos cardinales, declaracionem Yspanie, declaracionem factam per dominum Mediolanensem card[inalem]. p]t ut predicta execucioni mandare possit, petit supra dictas declaraciones in publica vel autentica forma.

Item petit litteram familiaritatis sive salvi conductus.

Item petit litteras specialis recommendacionis ad supra dictos dominos, in quibus contineatur, quod exercere* possit officium per suum ordinem sibi commissum, insuper", quod possit in suis territoriis esse securus de persona".

Item petit, quod possit ire tempore necessitatis sine habitu fratrum Minorum, portare pecuniam et ire sine socio absque apostasie nota.

Item petit, quod ista .fiant sibi gratis pro deo, cum in magna pau- pertate positus sit, et quod amore dei sibi fiat aliquod subsidium pecu- niarum, ut melius et forcius ista possit execucioni mandare.

Auf der Rückseite von dritter Hand: Pro fratre Minore.

» das Folgende abgeschnitten. ^ exerce Hs. ' insupei- - persona von zweiter Hand mit anderer Tinte nachgetragen.

Die beiden, in gewisser Beziehung an Erscheinungen unserer Zeit er- innernden Schriftstücke (Blatt 13 und Blatt 64 der Pariser Handschrift), in denen ein Bischof und ein Bettelmönch, die beide kein Geld haben, sich dem Papste von Avignon zu Agitationsreisen für seine Anerkennung an- bieten, seien hier wegen der Verwandtschaft ihres Inhaltes zusammengestellt, obwohl sie zeitlich etwas auseinander liegen. Der Bischof Michael von Sitia auf Kreta\ der vorlängst gänzlich ohne Mittel, aber von zwei Kaplänen begleitet nach Avignon kam, trotz aller Bettelei keinen Zutritt zum Papste erlangen konnte und nun am 20.. Januar 1380 aus Alghero auf Sardinien seine Bitten schriftlich vorbringt (n. III), ist bisher unbekannt; Gams" und ihm folgend Eubel' kennen in Sitia fiir die in Betracht kommende Zeit nur einen Bischof Johann aus Siena (1364) und einen Bischof Hugo Varoli (1384). Welchen Sitz der Bischof gehabt hat, der sich früher für ihn ver-

' Die Insel Kreta stand unter der Herrschaft Venedigs, das nicht zu Clemens VII.,

sondern zu Urban VI. hielt; doch vgl. Valois II, 219. N. 5.

^ Series episcopor. eccl. catholicae S. 401.

' Hierarchia catholica I', 455.

Aus (Pr forsten Zeit des großen nbendlnndm-Jieu Schmnas. 1 1

wandt liahen soll, ist zweifelhaft, da die Lesung (Yponensis oder Ypori- ensis) unsicher ist; aber weder ein Titularbischof von Hippo noch ein Bischof von Ivrea, der von Clemens VII. ernannt wäre und deshalb als dessen humilis creatura bezeichnet werden könnte, ist bekannt. Der Erzbischof von Smyma, der dem Bittsteller über die Entscheidung des Papstes Nachricht geben soll, ist der 1379 von Clemens ernannte Karmeliter- mönch Georgius Dalmatii'.

Die Supplik des Franziskaners Johannes von Padna ist jüngeren Datums; sie erwähnt die 'declaratio Yspanie', d. li. die Erklärung vom 19. Mai 1381, durch welche der König Juan I. von Kastilien in Salamanca Clemens VII. anerkannte, und die oben' erwähnte Erklärung de.^ Kardinals von Mailand vom 26. August 1381; sie wird also aus dem Ende dieses Jahres herröhren. Um dieselbe Zeit, in der zweiten Hälfte des Jalires 1381, hat ein in Paris lebender Anhänger Urbans VI. ein Gedicht in vierzeiligen Strophen verfaßt, in dem er die Partei des avignonesischen Pa|)stes aufs heftigste bekämpft^. In der, übrigens recht dunkel und unklar gefaßten 46. Strophe dieses Gedichtes* ist von einem Bettelmönch die Rede, vor dem der Dichter nachdrücklich warnt: 'de quoy je tiens por fol, qui se fie en piace' et qui tropt croit frere, (|ui ])orte la besace"; dieser Mönch muß al.so in Frankreich, vielleicht gerade in Paris, für Clemens VII. tätig gewesen sein. Man könnte versucht sein, hier an unseren Bruder Johann von Padua zu denken, über den wir sonst keinerlei Nachrichten besitzen: aber gerade Frankreich fehlt unter den Ländern, die zu besuchen er sich erboten hat, und gewiß sind noch manche andere Mönche aus den beiden Bettelorden für den einen oder den anderen der beiden Gegenpäpste als Agitatoren aufgetreten.

V.

. . [Reverentissime pater et]* singularissime domine mi! Non sine grandi cogor cordis a[mar]itudine nunciare, (^uod, uti plurium Komipetarum [narra-

' EuBEL a. a. O. I'. 456: über f'leincns' Beziehungen zu Sniyrna vgl. Valois II, 224 mit N. I.

' S. S.

' Herausg. von Paii. Meykr. mit sachlichen EiläuU rungen von Vai.ois, Romania 24. 197 fl".

' A. ii. U. S. 215.

•' über dies Wort vgl. F. Mkver, a.a.O. S. 200

2*

12 Brksslau:

cione* cr]edebain et tandem nuncii domini ducis Gerunde relacione percepi,

Anglici in Portugalliam suis** properarunt [cum mjultitudine

armatorum, [cum] quibus dominus Portugalliae rex domino regi Castelle guerram inferre se parat, [prout idem^ njuncius a certo narravit, asserens dictum dominum ducem a domino suo patre litteras habuisse, qui'' a rege Castelle [de hac re fuit" infjormatus. Quid succedet, ignoro. Sed ego propere ad videndum, si deus dabit, quod eorum conceptum valeam [annuUare' . . .]. [Recor]dabitur dominus noster, quod sepius dixi me de hoc dubitare. Et nunc cognosco per effectum, quod persona, que in istis . . . ., du[bit]ans hanc ligam dampnabilem et exosam deo et mundo per me posse impediri, procura- vit per IUP'' litteras regis scribi, ut in Avinione rcsiderem nee inde rece-

derem, nisi de regis speciali mandato alia ardua causa sie mihi cum

tanta instancia scriberetur. Sed nunc intelligo ex effectu eins artem [dampjno- sam. Supplico autem, stimuletis sanctissimum dominum nostrum papam, ut super tanto negocio aliqua consistoria [teneat]" .... in magno iudicio, vestro servo nunciare velitis, ut caucius me habere valeam in agendis. Pater- nitatem [vestram conservet] altissimus longeve et feliciter iuxta vota.

Scriptum in civitate Biterensi die penultima Marcii.

Totus vester M. episcopus Ulixbonensis.

Adresse: Reverentissimo domino meo domino cardinali Ebredunensi.

^ dem Sinne nach ergänzt. ^ Lesung zweifelhaft.

Der Absender dieses Briefes, Blatt 28 der Pariser Handschrift, dessen Textlücken sich bis auf wenige kurze Stellen dem Sinne nach, wenn auch ohne Gewähr für den Wortlaut, ziemlich sicher ergänzen lassen, ist (]er Bischof Martin von Lissabon, ein geborener Kastilianer', den Gregor XI. 1373 zum Bischof von Silves ernannt und Clemens VII. am 7. Februar 1379 von dort nach Lissabon versetzt hatte'-. Er war ein treuer Anhänger des avignonesischen Papstes, und es ist gewiß zum guten Teil sein Werk ge- wesen, daß König Fernando von Portugal, wahrscheinlich noch vor dem Ende des Jahres 1379, zu Evora Clemens VII. als den rechtmäßigen Papst anerkannte^ was auch seinen damals guten Beziehungen zu Frankreich

' Nach Duarte Nunez, Cronica del rey D. Joäo I Kap. 7 (Cronica^ dos reis de Por- tugal III, 24) stammte ei- aus Zainoi'a.

^ EuBEL, Hierarchia catholica I=, 452. 507. * Vgl. Valois, a. a. 0. I, 231 mit N. 4.

Aus der ersten Zeit des großen abendländisc/ien Schismas. 1 3

entsprach. Im Jahre 1380 betraute ihn der König mit einer Gesandtschaft an die Höfe des Papstes und des französischen Königs; im Mai 1380 war er in Avignon bei Clemens A^II.', verhandelte hier auch mit dem Herzog Ludwig von Anjou^ und begab sich dann nach Paris, wo er am 14. Juli vor König Karl V. und seinem Hofe eine Rede hielt, in der er die Vor- gänge in Portugal vor der Erklärung von Evora darstellte und Karl auf- forderte, die Einheit der Kirche herzustellen^. Wenn er damals erklärte, daß sein Landesherr aufs eifrigste an diesem Werke mitarbeitete, so hatte er noch keine Ahnung davon, daß Fernando, einer der unzuverlässigsten Fürsten, die je in Portugal geherrscht haben*, eben in diesen Tagen eine vollständige Schwenkung in seiner Politik ausgeführt hatte. Schon seit dem Mai 1380 verhandelte ein aus Portugal verbannter, nach England geflüchteter Edelmann Juan Femandez de Andeiro dort mit dem Herzog Johann von Lancaster, Oheim König Richards IL, der auf (irund seiner Heirat mit Konstanze de Padilla Ansprüche auf die kastilianische Krone machte, über ein Bündnis zwischen Portugal und England: er begab sich dann heimlich nach Portugal, und am 15. Juli 1380 genehmigte König Fernando den Ab- schluß eines Vertrages, durcli den er sich verpflichtete, ein englisches Hilfs- heer von 1000 Geharnischten unrl 1000 Bogenschützen, das ihm der (rraf Edmund von Cambridge, Johanns Bruder, zum Kriege gegen Kastilien zuführen sollte, zu unterhalten und seine Erbtochter Beatrix mit Edmunds Sohn Eduard zu vermählen^. Von den Rüstungen zu dieser P^xpedition erhielt König Juan von Kastilien im Frühjahr 1381 Kenntnis und bereitete sich zur Abwehr des Angriffes vor; aus unserem Briefe erfahren wir, daß er den König Pedro IV. von Aragon davon benachrichtigte, der dann diese Mitteilung an seinen Sohn, den Kronprinzen Juan, Herzog von Gerona, weitergab. Bischof Martin von

' VAtois I, 234.

^ Vgl. dessen Briefe bei Valois 1, 235 N. i.

' Die Rede ist herausgegeben vf>n Vai.ois in der Bibliotheque de Tecole des chartes LH (1891), 485 ft-

* So schreibt mit Recht Pauli, Gesch. Englands IV, 541.

' Die Urkunden bei Ry.mer, Foedera VII, 253. 2620*. Wenn die neueren Schrift- steller z. T. den 5. statt des 15. Juli nennen, so beruht das auf falscher Cbersetzung des portugiesischen- 'quinze dias', das schon b<;i Rvmer iniy; mit 'quinto die' wiedergegeben ist. Vgl. Pauli a.a.O. S. 541; SrHinnMACHEit. Gesch. Spaniens VI, 37; Si häi-er. Gesch. Por- tugals I, 4738". und LucE in seiner Ausgabe des Froissart X. XXII N. 2. T'ber die englisohen Rüstungen vgl. be-sonders I.ite a. a. O. S. XXIV N. 2 bis XXV N. 7.

14 B H K S S L A u :

Lissabon, der von Paris nacli Avignon zurückgekehrt sein muß, hatte, wie unser Brief lehrt, schon durch Aussagen von Rompilgern, englischen oder portugiesischen, Nachrichten erhalten, die ihn einen solchen, auch für Clemens VII. bedrohlichen Umschwung der portugiesischen Politik vermuten ließen und von seinen Vermutungen' wiederholt mit dem Papst (das ist der dominus noster oben S. 12, Z. 8) gesprochen; nun, im März 1381, be- stätigte sie ihm ein Bote des Herzogs von Gerona^, und nun erst erkannte er. in welchem Zusammenhang ein wiederholter Befehl des Königs, er solle Avignon nicht ohne ausdrücklichen Auftrag seines Herrn verlassen, mit diesen Dingen stand: man wollte seine Einwirkung gegen die veränderte Politik Fernandos ausschließen^. Dessenungeachtet will der Bischof, wie er dem Kardinal von Embrun schreibt, noch einen Versuch machen, die Pläne der Gegner zu vereiteln; sein am 30. März 1381 in Beziers ge- schriebener Brief zeigt ihn offenbar auf dem Wege nach Spanien und von da in die Heimat. Hier aber war nichts mehr zu erreichen. Im Juli oder August* landete der Graf von Cambridge in Lissabon; bald darauf sagte sich Fernando von Clemens VII. los und trat zur Obedienz Urbans VI. über: der Bischof von Lissabon selbst mußte sich dazu verstehen, das possenhafte Beilager zwischen den beiden Kindern, Beatriz von Portugal und Eduard von Cambridge, einzusegnen^. Erst im August 1382, als die Heere Kastiliens und Portugals sich zwischen Badajoz und Elvas gegenüberstanden, fand er die Möglichkeit, für seine Überzeugung einzutreten; nach Froissarts wohl glaubwürdigem Bericht" gehörte er zu den Männern, welclie den Frieden zwischen beiden Königen vermittelten und damit einen abermaligen völligen Umschlag der portugiesischen Politik herbeiführten. Nun kehrte, nachdem

' dubitare Z. 8 und Z. 9 bedeutet vermuten, in welcher Bedeutung das Wort im Mittelalter oft begegnet.

''^ Ist das vielleicht derselbe Vertraute des Herzogs von Gerona, dem Clemens Vll. am 8. Juni 1381 ein Geschenk bewilligte, nachdem er dem Papst einen Brief seines Herrn, der 'cerlaines nouveUes' enthielt, überbracht hatte P vi;l. Valois U, 212 N. 4. Das Datum wfürde nicht notwendig dagegen sprechen; das Geschenk wäre dem Boten bei seiner Ver- abschiedung zuteil geworden, und diese könnte sich wohl bis zum Juni verzögert haben.

' Wer die 'persona' ist, die durch ihre 'ars dampnosa' diesen Befehl des Königs er- wirkt hat, läßt sich nicht enaten.

■* Nach Nunez, Cronica del rei Fernando (Cronicas II, 319), am 19. Juli; vgl. aber LucE a. a. ü. S. XXXIX N. i.

' Nunez a. a. O. (Cronicas 11. 321).

° Vgl. Froissart ed. Lice X, 194 ff.

Aus der ersten Zeit des großen abendländischen Schismas. 1 5

die verhaßten Engländer Portugal hatten verlassen müssen, König Fernando zu Clemens VII. zurück, und abermals wurde der Bischof von Lissabon mit einem portugiesischen Edelmann als Gesandter nach Avignon gesandt'. Er hatte sich um Clemens große Verdienste erworben, die der Papst zu be- lohnen nicht unterlassen wollte; am 23. Dezember 1383 erhob er Martin zum Kardinal; aber der Lohn ward keinem Lebenden zuteil: am 6. Dezember bereit« war der Bischof bei einem Aufstand in Lissabon ermordet worden'.

VL

.... Hie dicitur, quod dominus noster comes, qui est hie in partibus, disposuit revocare .... ad partes Sabaudie dominum principem ; si fiet, ignoro, et nescio, si erit pro meliori patrie*. Dens [seiet]. Dominus Galeatius iam pluribus diebus mortuus est. Eciam Amedeus'' Gal do- minum principem, die prima huius mensis mortuus est et sepultus hiis diebus Ripolis, ubi est dominus noster comes et dominus princeps cum eo. Dominus dux Brunsulichel, [consojrs regine, hac die Martis XXIIII. Augusti" p[ra]ndet cum domino meo comite Ripolis, et . . . [ali]qua coUoquia super statu ipsius ducis et pace tractanda inter ipsum ducem et filium domini Galeatii [conmitem Vijrtutum. Dominus comes, sicut dicitur, intendit trac-

tare pacem inter ipsos. et si paux** non fiat laborabitur, quia ex-

pectatur", quod finaliter

Adresse: Nobili ac magne providencie viro, domino lohanni de Caponi- bus legum doctori fratri carissimo.

» Lesung nicht ticAer. ^ dahinter scheint iux qui dyn (dum? dfis?) :u stehen, was

ich nicht zu deuten weiß. " dahinter noch einmal aug. ^ so statt pax. ' expatur Hs.

VII. ,

[Licet]* tuis virtuosis et strenuis [serviciis* conjsideratis tibi

plurimum teneamur personeque tue [vir]tuti cuiuscumque alterius ....

lis de Italia honorem, couimodum .... cacionem totis nostris conatibus affec- temus, nichilominus [tamen]* supervenientibus nobis nonnuUis arduis negociis illum succursum, [quem] vellemus'', tibi non possumus impendere de presenti. Nobilitatem tuam requirimus et hortamur, ut amplectens filialiter nostram

' Nufiez a. a. O. (Cronicas ü, 350).

' Vgl. Valoi.s II, 2o8f. mit N. i auf S. 209; Schäfkh 11. I26ff.

16 Bresslau:

bonam voluntatem nos pro nunc habeas excusatos. Nam tractu temporis et cicius, quam credas, dante deo de te et negociis tuis taliter faciemus, quod tu exinde poteris merito contentari. Insuper de hoc, quod nobis scripsisti, ut faceremus, quod carissimus filius noster Ludevicus rex Sicilie filium tuum secum reciperet" versus regnum decenter conduceret, significamus tibi, quod ex eo, quia mors Karoli extitit tarde scita, dictus rex non potuit neque potest sie repente disponere de suo transitu ad regnum prelibatum. Propter quod nos et ipse mittimus ad dictum regnum dilectum filium nobilem virum Ottonem ducem Brusvicensem tamquam capitaneum generalem, qui statim cum gentibus et financiis decentibus per mare diriget gressus suos. Et quia speramus in domino, quod in revolucione istius anni dictus rex dis- ponet in personam'^ ad dictum regnum recedere, scias, quod tunc dabimus ordinem, quod dictus filius tuus conducatur et secum vadat cum aliqua gente competenti taliter, quod deo duce erit ad tuum atque suum com- modum et honorem.

» dem ungefähren Sinne nach ergänzt. ^ von hier an ist der Text vollständig. ■= da- hinter fehlt et oder ac. ^ dahinter propriam durchstrichen.

Die beiden Stücke,, die vorangehen, sind zeitlich weit voneinander entfernt und hier nur deshalb zusammengestellt, weil beide auf die merk- würdige Persönlichkeit des Herzogs Otto von Braunschweig, Fürsten von Tarent, seit 1376 Gemahls der Königin Johanna von Neapel, Bezug haben.

N.6, Blatt 22 der Pariser Handschrift, ist ein Bruchstück aus einem langen Brief an einen Doctor legum Johannes de Caponibus, der in Avignon am Hofe Clemens' VII. vielleicht Prokurator war. Der größte Teil des Briefes ist zerstört; ungefähr in der Mitte sind einige Zeilen lesbar, die sich auf Privatangelegenheiten des Adressaten, einen beabsichtigten Hauskauf, be- ziehen und hier nicht wiedergegeben zu werden brauchen. Die politischen Nachrichten stehen gegen das Ende des Briefes. Der Absender ist ein Bruder des Adressaten. Auf den letzteren bezieht sich noch ein anderes Stück in unserer Handschrift, Blatt 23, ein französisches Brieffragment mit der Adresse: A nostre bien ame Mons. Jehan Capon docteur en loys und der Datierung: donnee a Rippaille' le XX[I]II jour d'ao. das also vielleicht

' Dfis ist, wenn der Brief wirklich ebenfalls ins Jahr 137 8 gehörr, vielleicht die älteste Erwähnung von Ripaille, uinvoit Thonon am Genfer See. wo die Savuyer ein Schloß besaßen, das unter Amadeas VIII., dem Gegenpapst Felix V.. zu einer gewissen Berühmt-

Aus der ersten Zeit des großen abendländischen Schismas. 1 7

gleichzeitig mit iinserem am 24. August 1378 geschriebenen lateinischen Briefe ist; von dem Text ist noch zu lesen: vouilliez traveillier et mettre paine et diligence a [ce que] briefvement sentence soit donnee pour luy .... Ob mit diesem Johann Capon ein Georgius Capon, anscheinend ein Kauf- mann in Avignon zusammenhängt, von dem in einigen anderen Fragmenten derselben Handschrift (Blatt 34. 60. 76) die Rede ist, muß dahingestellt bleiben.

Unser Brief scheint in der Nähe von Rivoli (Prov. und Bezirk Turin) geschrieben zu sein. Die Datierung auf Dienstag 24. August 1378 ist nach Z. 7 sicher; Galeazzo Visconti, dessen »vor mehreren Tagen« erfolgter Tod Z. 3. 4 erwähnt wird, war am 4. August 1378 gestorben. Der dominus noster (dominus mens) comes' ist Amadeus VI. von Savoyen, » der Grüne Graf» , der bis 1383 regierte'. Der 'dominus princeps' ist Amadeus von Savoyen- Piemont, Fürst von Achaja, Sohn des 1367 gestorbenen Fürsten Jakob von Achaja, dem 1369 nach dem Tode seines Bruders Philipp das Erbe dieser Linie des Hauses Savoyen zugefallen war. Der Grüne Graf, sein Oberlehns- herr, war auch sein Vormund, hatte ihn aber im November 1377 aus der Vormundschaft entlassen und in den Besitz seines Erbes eingesetzt. Daß er im August 1378 wieder am Hofe des Grünen Grafen war, lehrt unser Brief; die Eingangsworte deuten an, daß letzterer die Absicht hatte, den jungen Fürsten aus Piemont wieder nach Savoyen zurückzuberufen. Wer der Z. 4 erwähnte Amadeus ist, der am i. August 1378 verstorben war, ist bei dem hier lückenhaften Text nicht zu erraten ; da vor seinem Namen der Titel 'donainus' fehlt, handelt es sich jedenfalls nicht um eine ftirstliche Persönlichkeit. Die interessanteste Nachricht, die wir dem Briefe entnehmen, ist die, daß Otto von Braunschweig" im August 1378 gleichfalls in Rivoli

heit gelangte. Lecoy de la Marche konnte den Ort erst 1383 nachweisen, wie ich einer Notiz Deiisles über seine mir nicht zugängliche Schrift darüber, Bibliotheque de l'ecole des chartes 25(1864), 67, entnehme. Mit Rippulae. Ripulae, dem heutigen Rivoli, darf der Name nicht verwechselt werden.

' Vgl. aber ihn am ausführlichsten: Gabotto, L'etä del Conte Verde in Piemonte in Miscellanea di storia Italiana Ser. III, Bd. II, 75 333.

' Nachrichten üt)er ihn sind zasamniengesteUt von J. Waschow, Herzog Otto v. Braun- schweig, Füi-st von Tarent (Breslau 1876) und von O. v. Heinemann, Aus der Vergangenheit des Weifischen Hauses (Wolfenbüttel l88i): vgl. auch Margarf.tbe Rothbarth, Urban VI. und Neapel (Berlin u. Leipzig 1913). Kine neue, kritische und das in letzter Zeit erheblich angewachsene Quellenmaterial erschöpfende Biographie wäre dringend erwünscht. Phil.-hist. Ahh. lUm. Nr. 6. 3

18 B R K S S I, A u :

am Hofe des Grafen Amadeus von Savoyen verweilte. Im Juli war er an der Spitze einer neapolitanischen Gesandtschaft in Tivoli bei Urban VI. ge- wesen ; man hatte bisher angenommen, daß er von da nach Neapel zurück- gekehrt sei, wo bald nachher der Bruch zwischen der Königin Johanna und dem römischen Papste sich vorbereitete. Jetzt erfahren wir, daß er vielmehr nach Oberitalien gegangen war, dort mindestens bis in die letzte Woche des August blieb ; und es wird also um so wahrscheinlicher, was neuerdings bereits mehrfach ausgeführt ist', daß die Quellennachrichten, welche den Übertritt der Königin Johanna zur Partei der Kardinäle und Clemens' VII. auf die Ablehnung persönlicher Wünsche ihres Gatten seitens Urbans VI. zurückführen, nicht zutreffen.

Was Otto nach Oberitalien rief, waren seine eigenen Interessen und die der seinem Schutze anvertrauten Herren von Montferrat. Durch das Testa- ment' des 1372 verstorbenen Markgrafen Johann II. von Montferrat war Otto zum Vormund seiner vier minderjährigen Söhne und zum Regenten der Markgrafschaft bis zu deon Zeitpunkt ernannt, an dem der älteste von ihnen das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben würde. Außerdem war

ihm das Miteigentum an der Herrschaft über die Städte Asti, Alba önd Montevico verliehen, die ein gemeinsames und für alle Zeit unteilbares Besitz- tum des Herzogs und der vier jungen Markgrafen bilden sollten ; auch Kaiser Karl IV. hatte 1374 ihm und den Markgrafen gemeinsam das Reichsvikariat über die drei Städte und ihr Gebiet verliehen ', und König Wenzel hatte diese Verleihung in gleicher Weise bestätigt*. Nun hatte Otto es freilich nicht hindern können, daß der älteste der vier Brüder, der Marggraf Secon- dotto, ein unbändiger und zügelloser Jüngling, sich seinem Einflüsse mehr und mehr entzog; aber unmittelbar in die norditalienischen Dinge wieder einzugreifen, von denen ihn seine Vermählung mit der Königin von Neapel abgelenkt hatte, wurde er doch erst dadurch veranlaßt, daß seine eigenen Rechte auf Asti verletzt wurden. Gegen diese Stadt waren Secondotto, der seit 1377 mit Violante Visconti, der Witwe des Herzogs Lionel von Clarence, vermählt war, und sein Schwager Giangaleazzo, Graf von Vertus, Im Februar 1378 mit Heeresmacht gezogen und hatten sie zur Übergabe, den Bruder

Vgl. Romano, Archivio storico perle prov. Napoletane 26, 229ff.: Rothbarth S. laff.

Mitgeteilt von Benvenuto di S. Giorgio, Müratori, SS. 23, 566ff. BÖHMER-HuiiER, Regesten Karls IV. n. 5439. Benvenuto di S. Olorgii) n. ;i. O. S. 596.

Aus der rrstfm Zeit des großen abendländischen ScfUsmas. \\)

Herzog Ottos, Balthasar von Braunschweig. der die Roclite des Herzogs hier vertrat, zur Entfernung aus der Stadt genötigt. Dann hatte aber der Vis- conti die Stadt nicht etwa dem jungen Markgrafen überlassen, sondern diesen zu einem Abkommen gezwungen, durch das Asti tatsächlich in die Gewalt des Grafen von Vertus kam und so ein seit langer Zeit verfolgtes Ziel der mailändischen Politik erreicht wurde. Der dadurch aufs schwerste ver- letzten Interessen der jüngeren monferratinischen Markgrafen nahm sich Amadeus VI. von Savoyen an, trat aber alsbald in Verhandlungen mit dem Vater des Grafen von Vertus, Galeazzo Visconti, die am 4. März 1378 zum Abschluß eines Vertrages führten, durch den sich (^aleazzo verpflichtete, bis zum August keine feindseligen Handlungen gegen den Grafen von Savoyen, den Fürsten von Achaja und Otto von Braunschweig selbst zu unternehmen oder durch seinen Sohn unternehmen zu lassen'. Diese Verhältnisse waren es offenbar, die Otto von Braunschweig veranlaßten, sich von Tivoli aus im Sommer 1378 an den Hof des Grafen von Savoyen zu begeben. Aus unserem Briefe erfahren wir nun, daß Amadeus von Savoyen bemüht war, nach dem am 4. Aug. 1378 erfolgten Tode Galeazzos einen endgültigen Frieden nicht nur für sich, sondern auch für seine Verbündeten, vor allem Herzog Otto, mit dem Grafen von Vertus zustande zu bringen. Das gelang ihm jedoch nicht. Am 29. August wurde zwar in Pavia der volle Frieden zwischen Galeazzo und dem Grünen Grafen geschlossen'^: aber der Herzog von Braunschweig und die Monferratiner waren darin nicht eingeschlossen; vielmehr blieb die Spannung zwischen ihnen bestehen und der Streit um Asti zunächst unausgetragen.

Nicht lange nach diesem Vertrage, durch den Otto die Unterstützung des Savoyers verlor, kehrte der Herzog nach Neaj)el zurück, und erst der Tod des Markgrafen Secondotto, der am 16. Dezember 1378 an einer Wunde starb, die ihm einige Tage zuvor ein von ihm mißhandelter Dienstmann beigebracht hatte, rief ihn wieder nach Oberitalien. Die monferratinische Erbschaft fiel nun dem Markgrafen Johann II. z»i, der Otto als seinen Vor- mund und Lande-sverweser anerkannte, während der nächstjüngere Bruder zu den Visconti hielt und anscheinend am Hofe Giangaleazzos verweilte. Der Braunschweiger machte mm seine und seines Mündels Ansprüche auf Asti am kaiserlichen Hofe geltend, verlangte auch dringend von Giangaleazzo

' Gabotto a. a. f ). S. 242 fl'.

' CiBRARio, StoHa della inonarchin di Savoia III, 25,1. (Jaboi ro. a. ;i. O. S. 246.

3*

20 Bkesslau:

die Herausgabe der Stadt und rüstete, als sie verweigert wurde, zum Kampfe gegen ihn; allein schon am 22. Januar 1379 kam es unter Vermittlung eines Legaten Clemens' VII. zu einem Waffenstillstand bis Ostern 1381 zwischen Otto und den Visconti; in der Zwischenzeit sollte der Streit um Asti durch Schiedsspruch des Papstes und des Grafen von Savoyen geschlichtet werden'.

In den Besitz der Stadt sind Otto und Markgraf Johann, der ihm nach Unteritalien folgte, nicht wieder gelangt. Am 23. August 1381* fiel der Markgraf in einer Schlacht vor Neapel gegen den von Urban VI. mit dem Königreich Neapel belehnten Prinzen Karl von Durazzo; Otto wurde ge- fangengenommen. Am Tage darauf geriet auch seine Gemahlin in die Hände des Gegners; sie kam im Jahre 1382 in der Gefangenschaft um'; man glaubte fast allgemein, daß Karl sie habe ermorden lassen. Otto er- langte 1384 ob durch die Gnade Karls von Durazzo oder durch einen kühnen Handstreich seiner Freunde, bleibe dahingestellt seine Freiheit; er begab sich nach Sizilien, von dort nach Avignon, wo Clemens VII. ihn gnädig aufnahm und mit Geldmitteln reichlich ausstattete; er sollte 1386 das Königreich Neapel für den Herzog Ludwig II. von Anjou, den (Jemens 1385 noch als Knaben damit belehnt hatte und für den seine Mutter Maria von Bretagne die Regentschaft führte, wiedererobern.

In diese Zeit gehört n. 7, das zweite der oben abgedruckten Stücke, Blatt 78 der Pariser Handschrift, das Konzept zu einem Briefe Clemens' VII. an einen vornehmen Herrn, dessen Name auf dein zu Anfang verstümmelten Blatte leider nicht erhalten und auch anderweit wohl nicht zu ermitteln ist. Sein Inhalt bedarf im übrigen kaum einer Erläuterung; nur über die Datierung ist ein Wort zu sagen. Der Brief ist nach dem Tode Karls von Durazzo (24. Februar 1386) geschrieben, der, wie es heißt, in Avignon erst spät bekannt wurde; die Kunde davon wird wohl erst im April, wenn nicht noch später, nach Avignon gelangt sein*. Die Unterhandlungen mit Otto

Benvenuto di S. Giorgio a. a. O. S. 600; vgl. Gabotto a, a. O. S. 249.

^ Die Angaben über das Datum schwanken; den 23. August nimmt Rothbarth S. 56 an; den 25. Valois 11, 11; vgl. aber S. 11, N. 5.

' Über das Datum vgl. Valois II. 51; Rothbarth .S. 93 ff.

* Mors Karoli extitit tarde scita, oben S. 16 Z. 6. Schon am 2. März empfing man am angiovinischen Hofe die Nachricht 'que Charles de Duras avoit este tue et occis le V. jour du mois precedent' (Journal de Jean Le Fevre eveque de Chartres ed H. Moranville I [Paris 1887], 245). Aber die Nachricht war verfrüht; Karl starb an den Wunden, die er am 7. Februar erhalten hatte oder an einer später hinzugekommenen Vergiftung, erst am 24. Februar. Die Stelle unseres Briefes bezieht sich gewiß auf die Kunde von seinem wirklichen Tode-

Auf: der ersten Zeit des großen abemllnndv^chen Schismas. 2 1

von Braunschweig über die Übertragung der Würde eines Generalkapitans des Königreichs Neapel zogen sich lange hin, da die Königin-Witwe Maria Bedenken trug, die weitgehenden Forderungen des Herzogs zu bewilligen; noch am lo. Juli war sie entschlossen, auf seine Sendung überhaupt zu ver- zichten', und entschloß sich nur auf den dringenden Wunsch des Papstes, die Verhandlungen wiederaufzunehmen'; erst am 3. Oktober waren sie ab- geschlossen und wurden die Urkunden für Otto besiegelt, deren erste be- sagte, daß die Königin-Regentin conimet a niessire Otthe 1 office de capi- tainne general du royaume'"', am gleichen Tage erhielt Otto eine beträcht- liche Geldzahlung 'pro complemento VI" florenorum auri de camera, quos Camera apostolica sibi respondit pro domino rege Ludovico ratione capi- taneatus regni Sicilie'*. Vor diesem Zeitpunkt konnte der Papst schwerlich sagen 'mittimus ad dictum regnum dilectum filium Ottonem ducem Brus- vicensem tamquam capitaneum generalem' (oben S. 16, Z. 8), und so werden wir unseren Brief nicht früher als in die ersten Tage des Oktober setzen dürfen. Aber er wird auch nicht viel später geschrieben sein, denn seine Abfassung geht, wie die folgenden Worte zeigen, der Ausreise des Herzogs voran; und dieser verließ am 25. Oktober Avignon, um sich in Aigues Mortes einzuschilTen \ Die am Schluß des Briefes ausgesprochene Erwartung, daß schon gegen das Ende des Jahres der junge König T.udwig II. selbst in sein Königreich kommen werde*', ist bekanntlich nicht in Erfüllung ge- gangen, und erst im August 1390 landete der Knabe im Hafen von Neapel.

VIII. Recto. Ego nomine pro parte mea cardinales tamquam bone consciencie et deum t[imentesj et veritatem negocii melius .scientes iuxta c. »Cupientes«', ubi patet, quod non nocet parti . . .

' Journal de .lean L»; Fevre S. 293.

^ Ebenda S. 298. i

' Ebenda S. 320.

* Valois II, 121, N. I.

* Journal de Jean Le Fevre S. 323.

" Soviel ich sehe, ist hier zum ersten Male von diesem Plan die Rede; der Gedanke ist

dann im Friihjahr 1387 und im September 1388 wieder erörtert worden; vgl. Valois II, 141.

' Libtr seitus decretnl. I, Ct, Jf! »Cupientes" (F'rieubeko, Corp. iur. canon. II, 954).

22 H i< i;,s s I, A r :

Si due partes cardinalium, qui fuerunt Rome in conclavi, dicunt, [quod] noluerunt eum facere papam, sed evitare periculum ", et totus mundus

diceret contrarium, p[ocius] 5 est credendum cardinalibus probabiliter asserentibus quam aliis negantibus. Sumus parati facere per legatum convocari concilium et advocati, quo

st[atue-]'' tis, venire et ostendere de iure nostro et satisfacere inpugnant[lbus]. Sed (juod ipse nobiscum teneat concilium, nunquam factum est inter

Latinqs, quia iam subponeretur in ecclesia posse esse divisionem et duos habere

unam sp[onsam] ■o et facere eam adulterari.

Cardinales ut singuli sunt testes, ut collegium Alban[ensis] ' et alii non

[presentes] sunt iudices. Si fieret concilium auctoritate communi, ego' ecclesiam mihi commissam

facerem peca[re et constit-] uerem in ea duo capita, et longe toUerabilius est neutri duorum obedire

quam ambobus. '5 Item quidquid nunc facit U[rbanus], tirannice facit, sed tunc haberet

consensum coUegii. . Sed si ipse nominet bonas personas, ego illis et certis meis libenter dabo

auctoritatem quam p . . .'^ Quod inquiratur veritas^palam et publice per X. XX. etc. ex parte regis,

non displicet, vel in concil[io] eciam procur[atoribus] partis adverse auditis. Sed quod detur auctoritas iudicandi: nequaquam; propter cardinales'',

quia" laicis nuUo modo vel per laicum depu[tandis, tan-] M to minus scismaticis, presertim quia iudicaretur de promotis et beneficiatis. Rex recitat opinionem, que deliberata est de concilio; mictendum est

ad eum ad ostende[ndum non esse] bene deliberatum.

' Anglicus Grimaldi, Kardinalbischof von AV'ano, der mit fünf anderen Kardinälen bei der Übersiedlung Gregors XL nach Rom in Aviguon zurückgeblieben und dahr bei den Wahlen Urbans VI. und Clemens' VIJ. nicht aniresend gewesen war.

^ possum:' petunt? poscnntl'

Aus der ersten Zeit des großen abendländischen Schismas. 23

In quantum agitur pro instruccione sua, non aparet, quod' oportet ex-

pectare concilium, nisi plus aperiatis. Nam quoad dubium facti substancialis : hie potest sciri veritas melius

quam in concilio. >5 Si concilium diceret U[rbanum] esse papam, cardinales contra eorum con-

sciencias non adquiescerent et esset n[ovum scis-] ma. Non agitur nunc*, quare non sit tenendum concilium, fed quid respon-

dendum. Non deberaus vereri refutare concilium universale'', quia scimus, quod

reges Castelle et Arago[num] si[militer de eo] sensiunt. Item patres nostri palam refutarunt. 30 Quoad concilium illarum parcium' placet [consilium]

regum, quod conveniant illi, de quibus videbitur, et deliberent. Et si

pro parte alia veniant aliqui, non d[isplicet]. Quod detur potestas X. vel XX., hoc non dicitur"" inter regem et nos,

sed inter nos et U[rbanum], [qui fjrustra semper [refu]git convenire cum legatis nostris ut in Alam[annia] et

Arag[onia] et prius [ia]m in Italia; eciam rex Franc[oruml et tres cardinales et regina super hoc diu

laboraverunt.

" sed evitare periculum über der Zeile nachgetragen. ^ Die Ltsung der drei letzten Worte verdanke ich Hm. Tangl. "^ folgt durchstrichen subicerem. ^ propter cardinales

über der Zeile nachgetragen. ' folgt durchstrichen scisnia. ^ aparet quod «6er der Zeile

nachgetragen. s non agitur nunc über der Zeile nachgetragen: davor einige nicht mehr lesbare Buchstaben durchstrichen. •> univei-sale über der Zeile nachgetragen. ' folgt durchstrichen legatus iam voluit habere prelatos {oder prelatis?) in(?) regui Arag. ^ oder etwa datur?

allerdings wäre die Abkürzung dr ungewöhnlich.

Verso. Quia fine decembris Florencie (?) concilium etc. feriatur, que (?) sunt . . . Si per X. fieri non potest, longe minus per concilium, sed X. extranei

nesciunt factum in con[clavi] (?) .... Congregarentur* prelati bone consciencie etc. ad minus X. ex

utraque parte, p[er quos] ista difinirentur.

24 Bkesslau:

5 Ab utraque parte: verisimile est, quod quelibet pars ponet suos X.

tales de [iis, quibus] confidat, et sie non concordabunt ; et quod adversariis nos demus super

nos auctorita[tem, super] ecclesiam dei ac presertim super cardinales. In numero equali: si ille solum duos nominaret. Difinirentur: de beneficio X solid, non fieret hoc. Nee de aliquo. 'o Si rex Castelle nunquam obedire vellet Clementi, nunquam permicteret,

quod U[rbano] [ojbediretur^'. Utraque parte: veniunt omnes adherentes, igitur tarde habebitur con-

sensus. Sine uxore vir non posset litem matrimonialem eficaciter prosequi. Difinirentur: si illi dicerent Urbanum esse papam, illi, qui sciunt con-

trarium, [respon-]" derent propter hoc, presertim cardinales, qui sciunt veritatem et qui

[contra]

15 eos tenerent partem tuciorem.

Rex Castelle non habet querere, nisi quid expedit sibi ad salutem. Responsio est in piano : Credere cardinalibus eciam secundum U[rbanum]. Si dicit, quod** aliter primo dixerunt, consideret causam et sequatur

Alban[ensem] et ali[os]. In scimate^ Grecorum nunquam fuit positum per ecclesiam Romanam

a[liud],

sed dati sunt negociorum gestores, qui tractarent.

Sic dati sunt dominus de Luna et alii nuncii*^. Et si pars adversa [velit] mictere pari modo*, licet non placeat, relinqutmus bene [placi-] to regis.

Nunquam ecclesia Romana misit ad tractandum cum patriarcha Constan- tinopolitano de [unione]''

n sua ad Romanam ecclesiam, sed bene exortatorias et monitorias litteras

[sicut]*" super re certa. Tota questio videtur stare in hoc, utrum secunda instruccio cardinalium

infringa[t primam]'' vel reddat eam dubiam.

Ans der ersten Zeit des großen abendländischen Schismas. 2')

Duracio periculi facit' nominacionem Urbani et declaracionem Anania''' et

[eleccionem Cle-]'' 30 mentis censeri simul factas.

Ostendere, quod materia non patitur aliquam viarum' tactarum. Secundo, quod modus alius in materia scismatum certus est et hie servari

[debet]\ Servatus est scilicet mictendo personas instractas, ut in scismate Grecorum.

» garen über der Zeile, die hier durch ein Loch im Papier unterbrochen war; hinter con- gregarentur ist X durchstrichen. ^ das o von obediretur hat der Schreiber ausgelassen.

" zwischen Z. 13 und 14 am Rande links: d, d.h. conclnsio. ^ folgt ausgestrichen variant.

« so statt scismate. ' dahinter T, ein Paragraphenzeichen. ? folgt durchstrichen non

displicet. •■ so oder ähnlich ist zu (rgänzen. ' folgt durchsirichenes c. ^ oder decla-

racio in Anania. ' folgt durchstrichenes p.

Ein Papierblatt, f. 5 1 der Handschrift, 2 2 cm hoch und jetzt noch 18,5 cm breit", auf beiden Seiten ])eschrieben, aber so, daß nach der Nieder- schrift der Vorderseite das Blatt umgedreht ist, so daß die erste Zeile der Rückseite der letzten der Vorderseite entspricht. Der rechtsseitige Rand ist abgeschnitten, so daß am Ende der meisten Zeilen etwas fehlt, was in- des in den meisten Fällen mit Sicherheit oder großer Wahrscheinlichkeit zu ergänzen ist. Vorder- und Rückseite sind von derselben Hand beschrieben. Auf der Vorderseite sind mit schrägem Strich durchstrichen Z. i 7: Ego nomine inpugnantibus ; Z. 17 24: Quod inquiratur concilio; Z. 27 34: Non agitur laboraverunt. Nachträglich hinzugefügt ist Z. 2 von 'iuxta Caput' ab, Z. 14 von 'et longe tollerabilius' ab. Auf der Rückseite sind mit schrägem Strich durchstrichen : Z. 5 18: Ab utraque parte alios ; Z. 27 33: Tota questio Grecorum. Durch wagerechten Strich sind getilgt Z. I und 8. Zahlreiche kleinere Korrekturen sind unter dem Text angegeben. Nachträglich hinzugefugt sind wahrscheinlich Z. i und Z. 18, vielleicht auch Z. 12. Die Unterstreichungen von Z. 3 und 4 und Teilen der Zeilen 5, 8, 9, II, 13, die im Drucke durch Sperrung ausgezeichnet sind, bedeuten keine Tilgung, wie unten ausgeführt ist.

Zum Texte ist folgendes zu bemerken. Am Ende von Z. 2 der Vorder- seite scheint hinter parti ein mit a beginnendes Wort gestanden zu haben.

' Die Erklärung vom 9. August i:i78, vgl. Valois /, 77.

' Eine Abbildung der Vorderseite des Blattes ist dieser Abhandlung beigegeben : sie ist etwas verkleinert.

Phii.-hist. Abh. nun. ivv. n. 4

26 B R E s s L A u :

Wenn die Zeile ebenso lang wie die vorangehende war, würden ungefähr sechs Buchstaben fehlen. Zur Ergänzung bietet die angezogene Dekretale, Liber sextus I, 6, i6, kaum einen ausreichenden Anhalt. Sie enthält u. a. die Bestimmung, daß bei strittigen Wahlen der Gewählte und der Opponent personas instructas nach Rom senden sollen, und an diese Bestimmung könnte gedacht sein (vgl. Z. 3 3 Verso) ; aber was dabei als der Partei nicht nach- teilig bezeichnet werden soll, vermag ich nicht zu sagen'. Am Ende von Z. 16 steht ein p, das man zu petunt, poscunt oder possum ergänzen mag. In Z. 32 sind hinter qui die Buchstaben rustra wohl deutlich, und ein f davor sehr wahrscheinlich, aber frustra paßt nicht recht zu dem fol- genden refugit. Auf der Rückseite ist der Schluß der nachträglich oben hinzugefügten Zeile i (s. darüber unten) schwerlich zu erraten: aber es ist nicht sicher, ob hier überhaupt noch etwas gestanden hat. - Zweifelhaft bleibt mir auch der vorgeschlagene Schluß von Z. 2 ; vielleicht ist statt i con[clavi] zu lesen: et con . . ., aber dann weiß ich keine passende Ergänzung. Im übrigen sind die am Schlüsse der Zeilen der Rückseite vorgenommenen Er- gänzungen zwar nicht immer dem Wortlaut nach, aber wohl überall dem Sinne nach ausreichend sicher.

Für die Deutung und Beurteilung des merkwürdigen Schriftstückes sind alle diese geringfügigen Zweifel in bezug auf die Herstellung des Textes ohne Belang. Daß wir eine eigenhändige Aufzeichnung des Papstes Cle- mens (VII.) vor uns haben, ist auf den ersten Blick klar'. Es handelt sich um eine Selbstkonsultation, die der Papst mit sich anstellt, und wer sie liest, wird sofort an die berühmte Deliberatio Innocenz' III. denken, die in das Registrum super negotio imperii dieses großen Hierarchen aufgenommen ist. Wie hier Innocenz erwägt, welchem der drei Prätendenten auf die Kaiserkrone, Friedrich II., Philipp von Schwaben, Otto IV., die römische Kirche ihre Gunst und Unterstützung zuwenden soll, und w4e er die Gründe, die für und gegen jeden der drei geltend gemacht Averden können, zusammen- stellt, so werden in unserer Aufzeichnung die Wege, die aus dem Schisma

' Allenfalls könnte man an abseutia denken; doch beliiedigt diese Ergänzung wenig.

" Paläographisch würde sich der Beweis dafür führen lassen, wenn wir andere, um- fangreiche eigenhändige Schriften des Papstes besäßen. Das ist nicht der Fall. Alles, was ich in dieser Beziehung beibringen kann, ist eine bisher ungedruckte Originalsupplik mit dem eigenhändigen Fiatvermerk Clemens VII. (ein stark verkleinertes Faksimile bietet neben- stehende Abbildung). Und von ihm kann ich nicht mehr sagen, als daß er nicht gegen die Eigenhändigkeit unserer Aufzeichnung zeugt.

Aus der ersten Zeit des großen abendländischen Schismas.

•21

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herausfuhren können, erörtert und Vorschläge und Gegenerwägungen neben- einandergestellt. Nur daß die Deliheratio Innocenz' III. die Form einer gut disponierten und völlig ausgearbeiteten Denkschrift erhalten hat, die offenbar zur Mitteilung an Andere, wahrscheinlich das Kardinalkollegium, bestimmt war, während in unserer Aufzeichnung wirklich eine Art von schriftlichem Selbstgespräch vorliegt, das wohl eine amtliche Mitteilung nach außenhin vorbereiten konnte, in der Gestalt aber, wie es uns erhalten ist, gewiß niemandem zugänglich gemacht werden und nur dem Papste selbst Klarheit über seine Entschließungen verschaffen sollte'.

Eine gewisse Disposition fehlt freilich auch in ihr nicht. Zunächst wird die Frage des allgemeinen Konzils erörtert (Recto Zeile i 29)'", sodann der Vorschlag, einer kleinen Zahl von 10 oder 20 Männern die Vollmacht der Entscheidung zwischen den beiden Päpsten zu übertragen (Recto Z. 30—34, Verso Z. i 15); darauf folgt die Conclusio (s. Verso Note c), die beide Wege ablehnt und einen dritten bezeichnet, auf dem der König von Kastilien, auf den die ganze Erörterung abzielt', für die Obedienz des Papstes von Avignon gewonnen werden soll.

' In dieser Hinsicht kann also unsere Aufzeichnung eher als mit der Deliberatio Inno- zenz' III. mit den Selbstkonsultationen des berühmten Staatssekretärs der Königin Elisabeth von England, William ("ecil Lord Burlcij^h, verglichen werden, über die ich Histor. Zeitschrift 52, 295 ff. gehandelt habe.

* Dazwischen beziehen sich allerdings Z. lyff. schon auf den zweiten Vorschlag einer partikularen Vei-sammlung.

■" Er ist also offenbar der rex in /. 21 Recto. und die regina, ebenda Z. 34, ist seine Gemahlin, s. unten S. 28. N. 4.

4*

28 Brksslau:

Die Aufzeichnung des Papstes setzt eine Mitteilung des Königs von Kastilien voraus, auf die sie die Antwort vorbereitet'. Diese Mitteilung war offenbar ebenso disponiert wie die tlberlegung des Papstes; sie enthielt zunächst den Vorschlag der Berufung eines Generalkonzils auf Grund von Beratungen, die in Spanien angestellt waren', ein Vorschlag, den der König Juan an ihn ist also offenbar zu denken auch in einem eindring- lichen Briefe an den König Karl V. von Frankreich vom 20. September 1379 gemacht^ und den seine Gemahlin, die Königin Eleonore, in einem wohl ungefähr gleichzeitigen Briefe'' an denselben lebhaft unterstützt hat. Und sie enthielt weiter, für den Fall, daß dieser Vorschlag von Clemens VII. nicht angenommen werden sollte, den Antrag, das unheilvolle Schisma durch die Berufung eines Partikularkonzils zu beendigen ; sie entsprach also in dieser Beziehung ganz den Gedanken, die der Erzbischof von Toledo, Pedro Tenorio, im Sommer i 3 79 in seinem Traktat an den Kardinaldiakon von St. Eustachius, Pierre Flandrin, diesem ans Herz gelegt hatte\ Aber sie ging in diesem Teile weiter, als Tenorio gegangen war, und maclite Einzelvorschläge, die der Erzbischof noch nicht vorgetragen hatte. Während Tenorio sich darauf beschränkt hatte, ganz allgemein zu beantragen, daß von beiden Seiten, von dem römischen und von dem avignonesischen Papst, Prälaten oder andere erprobte und zu solchem Werke geeignete Kleriker bestimmt werden sollten, die sich sorgfältig und ernstlich über alle Vorgänge in dem Kon- klave von 1378 unterrichten und danach die Pest des Schismas ausrotten sollten'', sind die Vorschläge, mit denen sich Clemens VII. in unserer Auf-

' Vgl. Z. 27 Recto: Non agitur nunc, quare, non sit tenendum concilium, sed quid respondendum ; vgl. Z. 17 Verso: responsio est in piano.

^ Vgl. Z. 21 Recto: Rex recitat opinionem, qua deliberata est de concilio; dazu die Aufzeichnung bei Baluze, Vitae paparum Avenionensium II, 855 : unde reges Cast.ellae et Aragoniae deliberaverant, quod celebraretur concilium.

' Baluze II, 882 ff". Über das Datum vgl. Vai.ois I, 205, N. 5.

* Mitgeteilt von Valois I, 205, N. 3.

•'' Gedruckt bei Martene et Durand, Thesaurus novus anecdotorum II, io99ff., der die Abfassung ganz irrig ins Jahr 1381 verlegt. Der Traktat Flandrins. auf den Tenorio antwortet, ist im März oder April 1379 vollendet, vgl. Bliemktzrieder, Literarische Polemik zu Beginn des großen abendländischen Schismas (Wien 1910) S. 41*; die Replik Flandrins auf die Antvi^ort Tenorios ist im Februar 1380 verfaßt (ebenda S. 60* L): endlich wird in dem Briefe Tenorios an den Kardinal von Amiens vom 21. September 1379, Baluze II, 886, auf die Versendung seiner Schrift bereits Bezug genommen. Diese ist demnach im Sommer 1379 entstanden.

" Valois I, 207.

Aus der ersten Zeit des grojSen abendläiid'iscJiea Schismaft. 29

Zeichnung in Z. 17 f. und von Z. 3 2 der Rectoseite an beschäftigt er hat sie in Z. 3 5, 8 9, i i. 13 der Versoseite durch Unterstreichung gekenn- zeiclinet und im einzehien glossiert und abgelehnt, erheblich präziser for- muliert. Zur Entscheidung des Streites soll eine Versammlung von Prälaten, Männern guten Gewissens, die in gleicher Anzahl, aber wenigstens zehn von jeder Seite, von beiden Päpsten ernannt werden, Vollmacht erhalten. Ob auch Zeit und Ort dieser Versammlung bestimmt vorgeschlagen waren, und ob etwa die erst nachträglich hinzugefügte erste Zeile des Verso dahin zu verstehen ist, daß sie zu Ende des Dezembers in Florenz zusammentreten solle, muß bei der mangelhaften Erhaltung des Wortlauts dieser Zeile dahingestellt bleiben.

Wann ist nun dieser Vorsclilag des Königs von Kastilien gemacht worden? Nach Z. 2 I Verso war der Kardinal Petrus de Luna, der nachmalige Papst Benedikt XIII., bereits zum Nuntius in Spanien ernannt worden; diese Er- nennung war am 18. Dezember 1378 erfolgt'; doch hatte der Legat bis zum Tode des Königs Enrique Trastamare in Kastllien keine Aiifnahme gefunden, und da oflenbar nicht Enrique, sondern sein Sohn Juan der kastilische König ist, von dem in unserer Aufzeichnung geredet wird, so bildet dessen Regierungsantritt im Mai 1379 einen terminus post ((uem für ihre Abfassung. Aber sie ist gewiß auch jüngeren Datums als die Briefe der Königin Eleonore und des Königs Juan an Karl V. von Frankreich, die, wie wir oben erwähnten^, im September 1379 goschiiebcn sind, in denen aber nur von einem Generalkonzil die Rede ist, und als die im Sommer dieses Jahres verfaßte Schrift des Erzbischofs von Toledo, in der zwar der Vorschlag einer Partikularversammlung gemacht wird, aber in so viel unbestimmterer Form auftritt. Anderseits ist sie jedenfalls älter als die Versammlung zu Medina del Campo, die der König Juan im Herbst 1380 berief, auf der in Anwesenheit der Legaten beider Päjiste über die Frage des Schismas verhandelt wurde, und die schließlich im Mai 1381 zu der Anerkennung (Jemens' VII. durch den König von Kastilien führte. Innerhalb der so gewonnenen Zeitgrenzen von Ende Se])tember 1379 bis zum Spätherbst 1380 fällt nun die Absendung einer Gesandtschaft des Königs Juan, die sich nach Avignou zu Clemens VII., nach Aversa zu den

' Valois I. 207. » S. a8.

lU) B U K S S L A u : '

s

italienischen Kardinälen' und nach Rom an den Hof Urbans VI. begab, um Zeugnisse über die Rechtmäßigkeit der beiden Papstwahlen von RT)m und Fondi zu sammeln; im Mai 1380 waren diese Gesandten in Avignon. Daß sie in Rom noch einmal versucht haben, Urban VI. für den Konzilsgedanken zu gewinnen, ist bestimmt bezeugt'; daß sie in Avignon den gleichen Ver- such gemacht haben, kann mit voller Sicherheit angenommen werden^. So erscheint es als sehr wahrscheinlich, daß sie die Vorschläge überbracht haben, über deren Beantwortung Clemens VII. in unserer Aufzeichnung seine Über- legung anstellt; und zu dieser Annahme, der zufolge diese in den Mai 1380 zu setzen wäre*, scheint es ausgezeichnet zu passen, daß der Papst Z. 6 Recto sagt: et advocati, quo statuetis, venire und Z. 23 Recto: In quantum agitur pro instruccione sua (d. h. des Königs von Kastilien), non aparet, quod oportet expectare concilium, nisiplus aperiatis: diese Worte richtet der Papst dann in Gedanken an die kastilischen Gesandten, von denen er weitere Eröffnungen über die Absichten ihres Herrschers entgegenzunehmen be- reit ist.

Unsere Aufzeichnung gibt uns sonach, wenn meine Vermutung zutrifft, Aufschluß über die Antwort, die Clemens VII. im Mai 1380 den kastilischen Gesandten erteilt und über den Inhalt des Briefes, den er ihnen an ihren König mitgegeben hat'^. Im übrigen bedarf sie kaum einer ausführlicheren Er- läuterung. Daß Clemens, ebenso wie seine Kardinäle, den Konzilsgedanken in jeder Gestalt ablehnte, ist längst bekannt; bemerkenswert sind indessen die weniger juristischen als kirchenpolitischen Erwägungen, mit denen er seine Entscheidung vor sich selbst rechtfertigt. Im einzelnen möchte ich nur zu wenigen Stellen ein paar Bemerkungen hinzufügen. In Zeile 28 f. Recto soll nicht etwa gesagt werden, daß die Könige von Kastilien und Aragon, wie der Papst, den Konzilsgedanken abgelehnt hätten, was ja der

' Siehe oben S. 8.

" Vgl. den Bericht des Rodrigo Bernaldez bei Baluze I, iioi; dazu Bliemetzrieder, Das Generalkonzil im großen abendliindischen Schisma (Paderborn 1904) S. 14 f.

' Valois I, 318 mit N. 5 gibt es als feststehende Tatsache.

* Gegen sie darf nicht geltend gemacht werden, daß es Z. 34 Recto heißt: tres car- dinales . . super hoc diu laboraverunt, obschon der eine dieser drei italienischen Kardinäle, der Kardinal Orsini, bereits im August 1379 verstorben war, denn es ist hier von Bestrebungen der drei Kardinäle in der Vergangenheit, in der Zeit, in der Orsini noch am Leben war, die Rede.

' Vgl. \' ALOIS I, 204.

Alis der ersten Zeit des großen abendländischen Schismas. |-} 1

Wahrheit offenbar widersprechen würde. Der Sinn des Satzes ist, wie ich glaube, der: Wir brauchen uns nicht (deshalb) zu scheuen, das Universal- konzil abzulehnen, weil wir wissen, daß die Könige von Kastilien und Aragon in dieser Beziehung ähnlich (d. h. übereinstimmend) denken. In Z. loVerso wird wohl eine Mitteilung der kastilischen Gesandten wieder- gegeben: ihr Sinn ist wohl, daß der König Juan die Neutralität, für die er sich in dem Schisma erklärt hatte, bis zur Entscheidung im Konzil weiter festhalten wolle. Auch Z. 1 2 Verso gibt wohl ein von seiten der Gesandten für die Notwendigkeit eines Konzils geltend gemachtes Argument wieder: wie der Papst selbst (Z. 9, 10 Recto) die Kirche als seine Gattin bezeichnet, so konnte auch die Ansicht von den Anhängern des Konzils- gedanken vertreten werden, daß der zwischen zwei Gatten (den beiden Päpsten) ausgebrochene Ehestreit nicht ohne Mitwirkung der Gattin, also der gesamten Kirche, entschieden werden könne.

Beilag

e.

Oben S. 26 N. 2 habe ich auf ein zum Zwecke der Schriftvergleichung dieser Abhandlung beigegebenes Faksimile des Fragmentes einer von Cle- mens VII. unterzeichneten Originalsupplik (f. 86 der Pariser Handschrift) hin- gewiesen, das auch sonst willkommen sein wird. Ich lasse hier eine Tran- skription dieses Stückes folgen.

quod cum ipse nuper de Quercubrivia et frater Gu[illermiis] Uate

de Brurolliis dumtaxat prioratus dicti ordinis ac diocesis Garnotensis et

a dicto monasterio sancti Petri dependentes, quos tunc temporis [obtinjebant

, et racione permutacionis huiusmodi dictus lohannes de Brurolliis et

dictus Guillermus de Quercubrivia ipsosque teneant et possideant

pacifice et quiete, quatenus permutacionem predictam ratam et gratam

habentes reservacionibus quibuscumque de dictis prioratibus vel eorum

aliquo forsam factis non obstantibus eique conced (absque* causa ra-

cionabili et legitima nequeat amoveri constitucionibus apostolicis aut statutis

' Die in ( ) eingeschlosstnen Wort/> xind in der Supplik gestrichen, also vom Papste nicht (/enfhmigt.

32 B R i: s s I, A ir : Ay.s de?' ersten Zelt des großen ahendländischen Schismas.

vel consuetudinibus contrariis (?)ipsius quibuscumque') non obstantibus

cum aliis non obstantibus et clausulis oportunis.

Fiat G.' Datum Avinione V. idus Decembris anno tercio.*

Recipe H. de Päd

In dorso: R[egistratum].

' Die in ( ) eingesMossenen Worte sind in der Supplik gestrichen, also vom Papste nicht genehmigt.

^ In dem erhaltenen Teile dieser SuppliJc fehlt die übliche Bitte, daß die Ausfertigung der Urkunde sine alia lectione erfolgen solle. Sie mag avf dem abgeschnittenen Teile des Blattes gestanden haben.

' Die Datierung [1380, Dezember 9) hat der dem Namen nach unbekannte Datator (s. mein Handbuch der Urkunder/lehre 11'^, illff.) eingetragen. Der Kecipevermerk ist von der Hand des Vizekanzlers, des Kardinals von Pampelona, hinzugefügt. Hinter dem Reiipevermerk folgte dessen Namensnnt'Tschri ft, die in anderen Originalsuppliken regelmäßig P. Päpil (d. h. Pampilo- nensis) tautet.

Berlin, gedruckt in der R«ielisdruckerei.

Preuß. Akad. d. Witsenseh.

Phü.-hist. Äbh. 1919. Nr. 6.

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Bresslaü: Aus der ersten Zeit des großen abendländischen Schismas.

ABHANDLUNGEN

DER PREUSSISCHEN

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

JAHRGANG 1919 PHILOSOPfflSCH-HISTORISCHE KLASSE

Nr, 7 BRUCHSTÜCKE DER ÄLTEREN LYRIK IRLANDS

GESAMMELT UND MIT ÜBERSETZUNG HERAUSGEGEBEN

VON

KUNO MEYER

ERSTER TEIL

BERLIN 1919

VERLAG DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

IN KOManSSION BEI DER VEREINIGUNG WISSENSCHAFTLICHER VERLEGER WALTER HE GRUYTER U. CO.

VOBHALS 0. J. OÖSCHtaiSCHK VKRLAGSH.UfDLUNO. 1. GUTTENTAG, VEttl.AUSUl CllHANDLUNG. CEORU BEIMKR. KARI. J TRÖBNEK. VHT X. COMl'.

Vorgelegt in der Sitzung der phil.-hist. Klasse am 10. Juli 1919. Zum Druck eingereicht am gleichen Tage, ausgegeben am 27. August 1919.

Vorwort.

Uie große Masse der älteren Lyrik Irlands ist uns, wie diejenige Griechen- lands und Roms, nur in Bruchstücken erhalten, welche sich als Zitate in verschiedenartigen Werken zerstreut finden. Manche von ihnen werden als Belege in Glossaren, andere in metrischen und grammatischen Abhand- lungen als Beispiele angeführt; wieder andere stehen in den Annalen zum Gedächtnis berühmter Personen und Ereignisse. Auch als Randeinträge in den Handschriften finden wir sie. manchmal mit Bezug auf den dabei- stehenden Text, öfter bloße Einfalle und Erinnerungen, wie sie dem Schrei- ber gerade in den Sinn kamen'.

Alle diese dmecta mernbra einer untergegangenen großen und blühen- den Literatur zu sammeln, übersteigt die Fähigkeit des Einzelnen und war besonders jetzt, wo dem Deutschen der Zutritt zu den Handschriften Groß- britanniens und Irlands auf ungewisse Zeit gesperrt ist, nicht in Angriff zu nehmen. So kann ich auch keine umfassende und planmäßig angelegte Sammlung bieten, sondern nur das Ergebnis einer langjährigen Lektüre, die meist auf ganz andere Zwecke gerichtet war. Vor allem aber mußte ich mir eine zeitliche Grenze setzen, da im Laufe der Jahrhunderte das Material schier ins Uferlose wächst". Ich liefere also eine Auswahl, bei der ich besonders bisher überhaupt nicht oder unkritiscli edierte und übersetzte Stücke drucke. Der Zeit ihrer Entstehung nach reichen sie vom Anfang des 8. bis zum ii. Jahrhundert, gehören also der alt- und frühmittel- irischen Sprachperiode an. Ihr Inhalt ist ungemein bunt. Ich habe mich bemüht, sie in gewisse Gruppen zu zerlegen, die aber nicht immer ganz reinlich zu scheiden sind.

' Einige der Vierzeiler, die einen abgeschlossenen Sinn geben, mögen auch von den Schreibern selber verfaßt sein.

' Davon geben die vielen Zitate aus mittehrischen Gedichten in dem von Bkrgin im Supplement zu Eriu veröffentlichten grammatischen Traktate einen Begriff.

1*

4 K. Meyer:

In der Übersetzung wird der historische Wert der Gedichte' stärker hervortreten als der dichterische, der nicht gering ist, von dem aber nur eine ganz freie Übertragung einen guten Begriff geben könnte. Die über- wiegende Mehrzahl rührt von Berufsdichtern her, von denen wir zwei Klassen zu unterscheiden haben, die der hochangesehenen filid (studierte Dichter, Kunstdichter, Hofdichter) und die der weniger geachteten Barden. Über ihre Rangordnung und die ihnen zustehenden Metren s. Thurneysen, Ir. Texte ÜI, S. loyff.

Zum besseren Verständnis hebe ich im einzelnen hervor, daß es bei Gedichten auf Personen u. a. darauf ankam, den Namen des Gefeierten oder Geschmähten niemals zu wiederholen, sondern ihn mit immer neuen,, seine Abkunft, Rang, Wohnsitz usw. bezeichnenden Umschreibungen zu nennen". Was die dichterische Diktion betriflFt, so wäre besonders die häufige negative Ausdrucksweise zu erwähnen*, die meist zu größerer Emphase dienen soll, oft aber auch schalkhaft gemeint ist; ferner der Gebrauch des Abstraktums, wo es sich um eine persönliche Beziehung handelt, wie z. B. wenn a ithc mil etaig (Nr. 63), wörtlich 'o Speisen von Kleiderlaus' so viel besagen soll als 'o du, der du dich von Kleiderläusen nährst' \ Die große Häufung von adjektivischen Attributen sowie die kur- zen Einschaltungen oder Flicksätzchen sind durch das Prinzip der fort- laufenden Alliteration (Kettenstabreim) hervorgerufen, über das ich 'Über die älteste irische Dichtung' I S. 5 gehandelt habe. Diese besondere Art Stabreim wurde noch bis ins 9. Jahrhundert angewandt °.

Ich hoffe, diesem ersten Heft bald ein zweites folgen zu lassen, wel- ches Bruchstücke von geistlichen Liedern, von Gedichten auf besondere Ereignisse, von solchen, die aus Sagen stammen, und von Gelegenheits- dichtung aller Art enthalten soll.

' Ich mache besonders aufmerksam auf die aus der WiJdngerzeit stammenden Ge- dichte mit ihren nordischen Lelinworten und Anspielungen auf physische Eigenschaften und Sitten der Nordleute.

''■ Davon liefert Nr. 23 ein besondere gutes Beispiel.

■' /,. B. n7 löig lobordaim 'kein Kalb eines kranken Hirsches' 1, nJt mess methchrainn 'du bist keine Frucht eines siechen Baumes' 33, usw.

* Vgl. ferner er(/e Nr. 23, rüamna Nr. 26. 11 Nr. 45, dthurcvd Nr. 47, mesce ehirmairi '^r.62. ßss fon fir Nr. 65, diultad dona Nr. 78 u.sw. So ist auch a marbad AnchrJst Cath Finntr. 89, 27 zu verstehen und nicht etwa in o marhaid abzuändern.

'" Mehr oder weniger streng durchgeführte Beispiele sind Nr. i, 7, 9, 10, ii, 14, 17, 22, 23, 45, 53, 54, 58, 64, 65.

BrucJistilcke der alteren Lyrik Irlands.

Gedichte auf Personen.

A. Loblieder.

1.

Tüarcaib findbenna fri dam nderca dam ara flaithcheniul nechta; ni löig i ligiu lobordaim laiges Leth nEilim imm Sechnasach saiges.

Ir. T. in 59 § 114, 60 § 119, 97 § 157: ilighu lobardam laides 157 illiuglui M leath nell 157 leth neill M imosechnasacb M.

Es erhebt der Hirsch fiir sein erlauchtes Herrschergeschlecht die lichten Spitzen des Geweihs gegen den Hirsch der Höhle: kein Hirschkalb ist er, das auf dem Lager eines siechen Hirsches liegt, er, welcher Elims um Sechnasach gescharte Hälfte angreift.

Bei der Lesart ncilim im könnte man an Dittographie denken und deshalb leth Null vorziehen; aber der Stabreim bestätigt die Lesart Eilim: Sechnasach. Die dann mit saige.s einsetzende Alliteration geht vom Anlaut der letzten Silbe von Scchnasach aus. Leth nE/im =z Ulster, so nach dem fabelhaften König Klim mac l'onrach genannt. S. CZ. Vlll 327. 5. TuL'RNEvsEN, Zu ir. Hss. l 84. denkt etwa an König Sechnasach mac Blathniaic, gest. 671. Wenn die Strophe, die als Beispiel fiir da.s Metrum anamain (in §119 larcnmirc na hanamna) angeführt wird, richtig überliefert ist, so haben wir zwei reimende Zeilen von neun und acht, und zwei von zehn und wieder neun Silben, was an ähnliche kymrisclie Metren er- innert. Kettenstabreim außer im zweiten Verse. ni/chta. Part, zu niyim wasche', im Sinne von 'rein', dann wie glan usw. 'glänzend'.

2.

Labraid lüam na lergge, faglaid fri füam fairgge, glass glüairgrinn fri gente. blass biiainbinn na bairddne. Ir. T. in 40 §35: fadlaig /. faghl.-n'dli B fuaim L gente lasbardne L na ryn.

Labraid, der Lotse des Schlachtfelds;, ein plündernder Held l)eim Meeres- tosen, glänzend festes Riegelschloß gegen Heiden, stets liebliche schmack- hafte Kost der Bardenkunst.

Bezieht sich, ebenso wie die nächsten Strophen, auf Labraid Loingsech, einen viellc^ichi historischen König von Irland zur Zeit der Römerherrschafl in Britannien.

6 K. Meyer:

3.

1 Is la Labraid, foroll fechta, fri slüag sainbress,

ba bricht bladmass, da chet cath ö Muir Icht sairdess.

2 Tuirmem a deilb nderscaigthi, a dreich üasna düisib, trenfer cach tüis, glegel a gnüis üasna gnüisib.

Ib. § 36: forull L nicht L delb B adnech L adech B uasan codd. duis L uasan B.

1 Labraid ist es, welcher zweihundert Heereshaufen südöstlich vom iktischen Meere ein gewaltiger Heereszug gegen eine besonders tapfere Schar besaß es war ein ruhmeskräftiger Zauberspruch.

2 Laßt uns seine erlesene Gestalt beschreiben, sein Antlitz leuch- tender als Kleinode, ein Kämpe jeder Front, glänzend weiß sein Angesicht vor (allen) Angesichtern.

Dies bezieht sich auf den Kriegszug Labraids an den Ärmellsanal [muir nicht), wohl eine Reminiszenz aus der Zeit der Pikten- und Ireneinfälle in das römische Britannien, wo- von es am Schluß von Orgain Dind rig (CZ HI 8 § 29) heißt : riia ragaib rige co Muir nicht, dia tue na Gaullu imda leis •!• da cKet ar fichit cet Gall cosna laignib lethnaib 'na lämaib et rie quibus Lagin dicuntur 'als er die Königsherrschaft bis an das iktische Meer ergriff, als er die vielen Gallier mit sich brachte, nämlich 2 200 Gallier mit den breiten Lanzen, nach denen die Männer von Leinster genannt werden'. bricht bladmass. So wird der Baum Eo ßossa Dinds. § 160 bricht n-eolais 'spell of knovvledge' genannt.

sen dia ngab Oengus Alpain, Alpu thulchach trethantriathach ; ruc do chaithrih costud clärach cossach lämach lethansciathach.

Ir. T. III 33 § 7 : ngaib L chathrachaih codd. labach LL.

Es war eine günstige Stunde, als Oengus Alba in Besitz nahm, Alba, das hnglichte. voll mächtiger Fürsten. Er brachte den Städten Krieg mit Brettern, mit Füßen und Händen und breiten Schilden.

Die Strophe wird (jriiibne zugeschrieben (Grüibni eees di Alpain •cc-). dem fili König Feradachs von Schottland (LL 28736). Thurneysen, zu ir. Hss. I 84, veiTOutet gewiß mit Recht, daß unter Oengus der Bruder des ersten irischen Eroberei-s von Schottland. Fergus Mör, zu verstehen ist. Der Silbenzahl wegen habe ich älteres chaithrib für chathrachaih eingesetzt. Vgl. den Acc. PI. caithrc C7^ VIII 198 § 18. Außer der richtigen Übersetzung des vieldeutigen cnstiid (vgl. fri catha ca>tt>id Alt. Dicht. I 39 § 6) ist es fiuglich, ob ruc do nicht als rnr di 'trug davon' zu fassen ist. Bei clärach ist wohl an einen Angriff auf Festungen mit Planken und Holzmasohinen zu denken.

Bruc/istnckf (In- älteren Lyrik Irlands. 7

5.

1 Aed Bennän dind Eoganacht iar Lüachair,

is mairg seotu dianad ri, * ceinmair tir dianad büachail.

2 A sciath in tan focrotha, a bidbada fobotha, cesu becän for a muin, is ditiu dond larmumain.

Tig. 6i8, FM 614: don codd. mairg setaib T cenmair dia tuathaib dian T lutbotha M cesa codd. as codd. don codd.

1 Aed Bennän vom Stamme Eogans westwärts von Lüachir, wehe den Schätzen, über die er König ist! glückselig das Land, dem er ein Hirte ist!

2 Wenn er seinen Schild schüttelt, so schreckt er seine Widersacher;

ist es gleich ein winziges Ding auf seinem Nacken, ist es ein Schutz fiir

Westmunster.

Auf Aed Bennän (mit den Helmzinken), den 619 gestorbenen König von Westmunster. mairg mit dem Akk. wie mairg ar mnä, mairg ar maccn, mairg ar süieJ LL 119b 11. «

6.

Niamdatli bennachtan bailc Pätraic, feib dosbert for Ociigus n-;ni,

dofessid for Cathal cäingorm, ruiri tailc tren träeta däl.

Ir. T. III 41 §43: bonachtaii codd baheilc L ba hilc H feb B coengomi L c'engorni B tren brath L trenbrut B treata B.

Der kräftige glänzende Schimmer des Segens Patricks, wie er ihn dem herrlichen Oengus erteilte, hat sich auf den hochberühmten Cathal nieder- gelassen, — ein starker gewaltiger Großkönig, der Völkerstämme niederwirft.

Die Strophe bezieht sich auf Cathal mac Finguine, Könif; von Munster (gest. 742), der ein Nachkomme von Üeiigus mac Nadfröich (gest. 490) durch dessen Sohn Eochaid war. Dieser Öengus soll 24 Söhne und 24 Töchter gehabt haben, von denen er je zwölf dem Dienst der Kirche weihte (Tar ffchtain do Pätraic iarum adropart da mac die ocus da ingin dec Deo, qui omnes sancH et sanctae sunt Rl 502, 148a 41). Der hier erwähnte Segen Patricks ist wohl das bekannte Gedicht, welches anhebt: Bemlacht De fnr Mtimain (Trip. 470). linfesbid = do-es-fid, das perf. Prät. zu saidim Pedkrsen § 803. Vgl. d/tessith Fianaig. 34, 17; do/eisid (-i- larrtistar) hrn occaib Laws I 250, 18. Da das Metrum (ollhardne) offenbar das Schema 8 '-1-7' hat, habe ich im vierten Verse bräth ausgelassen.

7.

Badbri cüicid Erenn uile, ard bara, brass bile, dobädi sis, ni sid chena, cach rig acht Rig nime.

LL 37 b 43 : chuicid her#n«.

8 K. Meyer:

Der Schlachtenkönig der ganzen Provinz von Irland, ein erhabener Grimm, ein mächtiger Baum; jeden König vernichtet er, ohne das kein Frieden! nur den Himmelskönig nicht.

Aus einem Gedicht (düan) Rechtgals üa Siadail, einem Dichter des 8. Jahrhunderts ', auf Öengus mac Domnaill, der hier als König von Ulster bezeichnet wird. Denn cüiied Erenn wird AU 1096 (II 56) mit i'laid glossiert. So wird Eochaid mac Neill AU 1062 mit rt[g]domna coicid Erenn als Thronfolger von Ulster bezeichnet. VgL auch Ottts Cbnchobur cen feil / i commus cöicid Herenn LL 355 m. i. Doch ist mir ein König von Ulster des Namens nicht bekannt. dobädi zu di-häid-, Pedersen § 660.

8.

Öengus oll fonn fri nath, febda fial, rian fri rath.

Ir. T. III 37 § 22: fian L rian B.

Der mächtige Öengus, ein Thema für Lieder, tugendreich, freigebig, ein Weg zur Gnade.

Zu der übertragenen Bedeutung von fonn 'Boden, Grund' vgl. Äed fonn fri fuilted feie Thes. II 298, i, wörtlich 'Äed, eine Grundlage für Verbreitung von Gastlichkeit'. Ferner fonn flatha f vre unten Nr. 19.

9.

Bran Berba ballglaine, bärc thacid thriüin, torc indlaig allmaire a hiathaib iüil. Ir. T. III 14 § 31, 44 § 57 : tor ninglaig H torc ilaigh B tor nindlaig LB'' inniathaibh B.

Bran vom fleckenreinen Barrowfluß, glückhafte starke Barke, ein Eber, der überseeisches Gut aus heimischen Gefilden zerbirst.

Zum Gebrauch von ball bei Gewässern vgl. tovd bän hallghss [liallmass), Anecd. I 54, atd topiir ballälainn tTsana Lism. L. 47 38, wo nicht etwa, wie Stokes annimmt, ein Eigen- name vorliegt. Unter allmaire sind Waffen, Schmucksachen, Wein usw. aus Britannien oder dem Kontinent zu verstehen, die nach Ii-land {Tath iüil) gekommen, von Bran im Kampf gewonnen und unter die Seinen verteilt werden (indlach). Über Bran Berba, der 795 starb, s. Thurneysen, Zu ir. Hss. 1 8. 80.

10.

Bran find, fi drong, derg rind, ri glonn. Ir. T. III 20 § 59, 48 § 81. 85 § 79: fidh B fige H gab rind H gab rim M rig L.

S. Thurneysen, Zu ir. Hss. 1 S. 80.

Bruclistiicke d^r älteren Lyrik Irlands. 9

Der blonde Bran, ein Gift für Kriegshaufen, eine rote Speeresspitze,

ein tatenreicher König.

Vielleicht auf den König der Deissi Bran Find (gest. 671). Vgl. Sitzungsber. 1915, S. 906. ft drimg, einer, der wie Gift auf Feindesscharen wirkt. Vgl. cath cofi Hib. Min. 41, 7 und unten Nr. 49 lau di nemib.

11.

Bran dond, din slüaig, seol ngairgge, garg rind, recht rän rüad n-orbbai,

orb gäeth, grian läech, län fairgge, fäel crü, chüan nad chorbbai.

Ir. T. III 13 § 26, 42 § 51 : gairgi LB' ga.rrLB'' fairrgi B fergi H ferga LB^ faelchru B nochorpa H nadcorba B.

Bran der braune, ein Schirm des Heeres, der rauh dahinfährt, grimme Speeresspitze, herrliches starkes Recht der Erbschaft, weiser Erbe, Sonne der Krieger, Meer in voller Flut, blutiger Wolf, Wolf der Wolfsbrut, der (seine Ehre) nicht besudelt.

fairgge (nicht ferge) ist im Reim auf gairgge die richtige Lesart.

12.

Di insi Med

ma dia ris Aigli;

ili cuile cossa,

ili düissi Elgge,

ili renna nime,

ili tonna mara:

liä däma Domnaill.

Ir. T. III 35 § i6: ilinsi L innsi H madiarais L niadiari B /aigli B cuili LB duile duis elge L duile dais eilgi B ili düissi ego nime -i- nad forelgi indel L neime -i- na foreilgi indel B duma L.

Zahlreich sind die Inseln Med, wenn du Aigle erreichst; zahlreich die Füße der Fliege, zahlreich die Schätze Irlands, zahlreich die Sterne des Himmels, zahlreich die Wogen des Meeres : zahlreicher sind die Gäste Domnalls.

Insi Mod, die Inseln in Clew Bay, deren, es der Sage nach 365 gebefi soll. Aigle, gewöhnlich Crüachän Aigli (Mons Egli) genannt (Trip. 112, 27) oder Crvachän Pälraic, jetzt Croaghpatrick, ein 2510 Fuß hoher Berg am Südufer von Clew Bay. Elg, einer der vielen in der Dichtung gebräuchlichen Namen für Irland.

PMl.-hist. Ahh. 1919. Nr. 7. 2

10 K. Meyer:

13.

Anmchaid Osraige amra, cäine fadla flathrige; dreeon bruthmar brüithe elta mac Con Cerca cathmile. Ir. T. III 32 § 4: Anmchad L Anaincaid ö ossairge LL flaithrige L dreccon L.

Der ixihmreiche Anmchaid von Ossory, herrlichster Aiifteiler der Für-

stenherrschaft; ein feuriger Drache, der Kriegerherden zermahnt, ist der

Sohn Cerca's, der Schlachtenkämpfer.

Über den Gefeierten, König von Ossoi"y im 8. Jahrhundert, s. Thurneysen, Zu ir. Hss. I 83. elta {iS) f. 'Tierherde', wie «it, büar, Imaile von Dichtern oft fiir eine Krieger- schar gebraucht. cathmile, des Reimes wegen statt cathmtl oder späterem cathmitid.

14.

Dünadach din slöig, sab catha in ciüin, cuimnech rechta rüaid ria sil buidnech Briüin. Ir. T. III 37 § 19: dunchad L cuininith L cuimnid B. recta codd.

Dünadach, der Schirm des Heeres, eine Stütze der Schlacht ist der

milde, eingedenk des starken Gesetzes an der Spitze des scharenreichen

Geschlechtes Briöns.

Der Gefeierte ist wahrscheinlich Dünadach mac Scandläin aus dem Geschlechte des Brion mac Fiachach Fidgente, König der Ui Fidgente, der 834 siegreich gegen die Wikinger Itämpftc und 835 starb. S. Rawl. B 502, iS2a 5 und AU. Meine Besserung cuimnech gibt Reim auf buidnech.

15.

Is he Feidilmith in ri diarbo opair öenlaithi

aithrigad Connacht cen chath ocus Mide do mannrad.

AU 839, Ir. T. III 17 § 46, 45 § 68 : dianid U diara B opair U monar cett. aenaidhchi B ectrad rig H ardrigi B etirrige L eitrige U muchad H.

Das ist der König Fedilmid, für den es das Werk Eines Tages war, (den

König von) Connacht ohne Kampf zu entthronen und Meath zu zerstören.

Bezieht sich auf Kriegszüge Königs Fedilmid mac Crimthainn von Munster im Jahre 840.

16.

Maith tra sin, a maicc Chellaig, a üi Brain!

do gfüad chorcra, do barr cass, do rose glass amal in glain,

nirscara fri horddan n-oll airet maras mong for muir.

Ir. T. III 16 § 41: do siiil ghlas do bharr cas imar in snaidh BM gloin H niscere B niscera M inned marus H.

Bruchstücke der älteren Lyrik Irlands. 11

So ist es gut, Sohn Cellachs, Enkel Brans! deine rote Wange, dein

krauses Haupthaar, dein Auge blau wie Kristall mögest du nicht von

großer Würde scheiden, so lange Wellenmähnen auf dem Meere sind!

Auf König Cellach mac Brain von Leinster (gest. 848). In der Lesart von BM ist snaid wohl eine Nebenform von snaide 'Schnitzel'.

17.

Fiu mör do maith Mäel Fäbaill, inmuin öenri ard-älaind, etrocht bass fo beun büabaill, bude a folt for find-güalaiiin.

Ir. T. 111 19 § 54. 47 § 76: inian ri amhra B beind HLB mbuabaild H a nm. B dar a gualaind H.

Vieles Guten ist Mäel Fäbaill würdig, geliebt ist der erhaben schöne

junge König; eine glänzende Hand um das BüfFeltrinkhorn, mit gelbem

Haar auf weißer Schulter.

Über zwei Fürsten des Namens Mäel Fäbaill, die beide dem 9. Jahrhundert angehören, s. Thurnevsen, Zu ir. Hss. I S. 81. Zu benn bfinbaill vgl. unten Nr. 23 das Adj. crrm- bSabaltach.

18.

Imchomarc Flainn, flaith nomdlig, bäes fomrig nad ricim sair

CO rig nAssail, ap druing dil fo gil chassail, fo chuind chain.

Ir. T. III 12 § 22, 42 § 47 : nodlig-ff bes L blaes ß' na raigim ß naricim L naricind B'> druing dein HM den B om. L geil H co cell Jl om. ß cuind H chnnd ß chunn caim B'>.

Einen Gruß an Flann, ein Fürst, dem ich verpflichtet bin! Torheit ist es, die mich abhält, nach Osten zu kommen zum Könige von Assal, dem Abt der lieben Schar in weißem Mantel, in schönem ....

Da As.sal ein Sitz der Könige von Meath war, so ist wohl Flann mar Mail Spchnaill, Oberkönig von Irland von 878 bis 916 gemeint, derselbe, der in der nächsten Strophe Flann Midi genannt wird. Zu nomdlig vgl. äil riün descin rTg nondlig Metr. Dinds. II 36, 10. ap 'Abt' allgemein für 'Herrecher'. cuind ist durch den Reim auf druing und durch Alliteration gesichert, mir aber ein unbekanntes Wort. Wenn es fiii- cuing stände, was kaum wahrscheinlich ist, wäre zu übersetzen 'unter schönem Joch'.

19.

A Flaind locha linib säme, at fond flatha fire, is gnäth la Fland, läthar n-äne, bare sech a dine.

LL 37 b: fine is ego.

2*

12 K. Meyer:

0 Flann vom See mit Reihen friedfertiger Scharen, du bist der Boden

wahren Fürstentums; die Herrschaft über sein Geschlecht hinaus eine

herrliche Satzung, ist Flann anheimgegeben.

Statt la Fland ist vielleicht do Fland zu lesen, was Stabreim mit tSthar geben würde. Unter dem See ist Loch Uair, jetzt Loch Owel, in Westmeath zu verstehen. höre (iä) f., Abstraktum zu bar, das in H. 3. 18, 65 a mit dem aus lat. maior [domus) entlehnten maoir {mair ib. 633) glossiert wird. Vgl. bär Bretan LL 162a 20 (sie leg. Metr. D. 1 10); bar betha com breithemnas BR 30, bruthmar bär Rl 502, 116'' 9 usw.

/

20.

A Flaind, at lüam in gaiscid grind co Maistin maill,

at glan, at gäeth, is garg do rind, at läech a Flaind.

Ir. T. III 9 § 10, 40 § 37 : a hai laind at tualaing gaiscid L a laind atri ualaing B os mhaisdin /?.

O Flann, du bist ein Steuermann der scharfen Wafifen bis hin zum

mächtigen Maistin, du bist glänzend, bist weise, grimm ist die Spitze deines

Speeres, du bist ein Held, o Flann.

Vielleicht ist mit L und Thurkkysen, Ir. T. III 153 at tualaing gaiscid grind' du bist der scharfen Waffen mächtig' zu losen; doch gibt meine Lesart Alliteration. mall als alli- terierendes Beiwort für örtlichkeiten [mag Cog. 122, 23, muir Metr. D. III 176, 135) ist schwer zu fassen; auf keinen Fall 'tedious', wie Stokes, KC XX 142, 12 übersetzt, oder 'lazy', mit GwYNN, 1. c. Eher wohl 'wuchtig, massig, groß, breit' oder dgl.

21.

Erig süas, a Donnchaid duinn, for Fötlai forchair foruill!

bid do chert ös chorplai Chuinn, a üi chöim chorcrai Chonaill.

Ir. T. 111 17 § 44, Zu ir. Hss. I 72: fotla // foreair // findgaiU B findglain M uas colblai^i? corpblae M coim H cain B.

Erhebe dich, brauner Donnchad, über das mächtige hochteure (?) Irland!

Es herrsche dein Gesetz über Conns eigenstes Gebiet, du holder rotwangiger

Enkel Conalls.

ITber König Donnchad von Irland (919 944) s. Zu ir. Hss. I 81. Aber die darauf- folgende Strophe gehört nicht, wie Thurneysen annehmen n)öchte, zn dieser. forchair, das im Reim auf Donnchaid steht, ist ein mir unbekanntes Wort: ich habe es übersetzt, als wenn es ein Kompositum von dem sonst nur als Suffix vorkommenden car 'lieb' mit for- wärc. corplai =: corp-blai, wie M schreibt, eig. 'Leibland'. Zu corcra vgl. nas gnüis corcorda LI' 120a 20 und oben Nr. 16 do grüad chnrcra.

Bruchstücke der älteren Lyrik Irlands. 13

22.

Amläib airchingid ätha airtheraig Erenn iathaige, dagri Duiblinne dene düthaige trene triathaige. Ir. T. III 15 § 32 44 § 58: aircendeach B ai-cingid cett. deni tuathaigi B.

Olaf, der Vorkämpfer der östlichen Furt des länderreichen Irland, der

edle König von Dublin, dem gewaltigen, ererbten, starken, beherrschenden.

Es ist wohl Amläib Cüarän (Oleifr Kuarän) gemeint, der 945 König von Dublin wurde.

23.

Murchad Maisten,

macc rig Erenn, erge Coire

Breccäin barrdeirg dar brug mBanba,

marcach eich dein dorngüalannaig,

dergaid gaithlenn, grib geratta.

Gilla gargmör ic guin idal,

airsid Eorpa, ecne tuinne,

töeb fri bratt ngorm, glan a glaissin,

üa rig Chaissil chombüaballaig,

cuilen miadach min merfota.

Ir. T. III 72 § 29: eirn- M cathlaind M ngrib ngerfota H arsid HB re brat HB vi brat M gglasin JU.

Murchad von Maistin, Sohn des Königs von Irland, der sich wie Brecäns rotschäumender Meeresstrudel über das Gelände Irlands erhebt, Reiter eines schnellen Rosses mit handbreiter Schulter, Speeresröter, helden- hafter Greif, grimmer Jüngling, wenn es gilt, Götzendiener zu erschlagen, alter Kriegsheld Europas, Lachs der Woge, die Seite in dunkelblauem Mantel von glänzendem Waid, Enkel des Königs von Cashel, wo Trink- hörner kreisen, ehrenvoller junger Wolfshund, milder, langgefingerter!

Trotz der genauen genealogischen Angaben ist es nicht klar, auf welchen Murchad sich die Verse beziehen. Thurneysen. Zu ir. Hss. S. 87 denkt zweifelnd an den Sohn Brians m. Cenneilig. Der Gefeierte war aber doch wohl König von Leinster, da er seinen Sitz in Maistin in der heutigen Grafschaft Kildare hatte. Wenn er Sohn des Königs von Irland ge- nannt wird, so genügt dazu vielleicht, daß sein \'ater Ansprüche auf die Oberherrschaft hatte. In den 'Illinois Studies' 1916 .S. 596 habe ich an Murchad m. Finn m. Mail niörda gedacht, der aber schon 972 fiel. Vgl. AU I 502 Anm. 2. Unter den 'Götzen anbetern' sind die heidnischen Wikinger gemeint. Über diesen Gebrauch von Tdal s. Stokes, RC XXI 135. areide Eorope auch RC XX 44. 6.

14 K. Meyek:

24.

Murchad Maisten, macc a äisse as ferr co n-anmain, barr gecach glüaises in fidbaid, cetach Carmain.

Ir. T. III 74 § 35 : is feir HB gliiaisses M fjluasfes H gluaisis B'>.

Murchad von Maistin, ein Jängling von bester Seele unter seinen

Altersgenossen, ein vielzweigiger Baumeswipfel, der den Wald in Bewegung

setzt, der mit Hunderten Carman bewohnt.

Bezieht sich wohl auf denselben Murchad wie das vorige und nächste Bruchstück. Auch Carman lag in Leinster. Unter dem Wald sind Kriegeischaren zu verstehen. So wird Fianaig. lo § 8 eine solche eo-chaill 'Eibenwald' genannt.

25.

A muinter Murchada möir, frisnä geib fid fiadmöin,

maidm for barngeinlib cu Böinn ro bar ngalimeirggib griansröill;

sceirdit broig snechta asa sröin occaib dar Kchtga imm iamöin.

Ii'. T. III 69 § 16: risnach 31 boin B ria B sgerdid brocc M agaibhther {sie) M iarm- hoin M.

Ihr Leute des großen Murchad, gegen den weder Wald noch wilder Morast verfängt, vor euren iiordisclien Standarten aus sonnigem Atlas haben die . . . Heiden bis an den Boyne eine Niederlage erlitten. Wie sie in später Abendstunde vor euch über das Echtgagebirge fliehen, sprützen Schneeflocken aus ihrer Nase.

Das Wort barn kenne ich nur ;uis dem Personennamen Lug-hamn Rl 502. 161 a 25 und aus Glossen, die es teils mit rrclitairc, teils mit breithem erklären, was hier nicht paßt Das in Contrib. 182 aufgestellte barn 'quantity' ist eine vox nihili, da barnih und bairtie in den dort angeführten Zitaten zu bairenn gehören. Zu sceirdim 'sprütze' vgl. in diabal ic sceirded na n-nifccdh nadh Lism. L. 3713. Unter den Schneeflocken ist der sich verdichtende Atem der keuchenden Flüchtlinge zu verstehen. Echtya (iä) f., das heute Slieve Aughty genannte Gebirge an der Grenze von Galway und Cläre.

26.

Läechri Bledma, bress Berba, tress tedma, tuir im Tharbga,

ri rorüad, rüamna gormga im Cholba soslüag Sadba.

Ir. T. III 13 § 25,42 § 50: laechri berba bres bledhma B^ laecrig H laechraid B bladma B bereas B roruaid L ngormgai H goimgai L colbai H soludh B soluaig L soluaid B' sluaig sil sadbai H sosluag cgo.

Briutfistnc.ke der älteren Lyrik Irlands. 15

Der Kriegerkönig von Bledma, der Kämpfer vom Berbaüusse, ein pest- artig verheerender Ansturm, Herrscher rings um Tarbga, blutroter König, rötlicher Glanz dunkelblauer Speere um Colba Sadba mit tapferen Scharen.

Bledma, wohl nicht verschieden von Bladma und vielleicht nur dem Reime mit ledma zuliebe so geschrieben. Doch s. Hogan s. v. Der Oi'tsname Cvlba ist wie colba Pfeiler' ursprünglich Neutrum. Vgl. Cairpre Colbi Dinds. 21; / Colbu Hogan s. v. Colba Sadba 'Sadbs Pfeiler wird sonst nicht erwähnt. Auch Taibga läßt sich nicht genau lokalisieren. Doch zeigt die Erwähnung des Flusses Barrow, daß wir es mit Siidleinster zu tun haben. Meine Konjektur soilüag gi-ündet sich auf das Voi-kommen des Wortes in der nächsten Strophe, wo es ebenfalls im Reim mit rorüad steht

27.

Imchomarc rorüad rogda d' fir imdich soslüag Sadba, a iath na trenfer tigba üaim do thriath glegel Gabla. LL 37 c 44 : sadha do threnfer im vierten Verse am Rande tnath.

Einen flammenden erlesenen Gruß dem Manne, der die treffliche Schar

von Sadb beschützt, von mir aus dem Lande der noch übrigen Helden

dem glanzvollen Herrscher von Gabla.

Als Beispiel des metrischen Fehlers a köen angeführt, was sich wohl auf die Wieder- holung des Binnenreimes trenfer bezieht, der durch die Randbemerkung wegkorrigiert wird. Fi reimt vielmehr glegel. Die Ortsnamen Saab und Gabla sind beide bei Hogan belegt, wenn auch ihre Lage fraglich bleibt. In einem von den Vier Meistern A. D. 876 zitierten Gedicht wird König Aed Findliath ri slegderg Sadbn genannt.

28.

Nimthorba gaim, graif nimgaib, cia gäirit daim Dromma Nö, ardomröet n Cairrgge Bläi, mad gabtha gäi düaine dö.

Tr. T. 111 12 § 21, 42 §46: ninithorbai M nimtorbai B gairni graip ningaib M gairnigip niogaib B graiph- B' nimgeib L cid B garit BL doroma B domrasd B mad gaibthe duan do B inagabtha L niagabthe M iiiagabt;ii B'.

Der Winter stört mich nicht, mich trifft kein Ungemach, wenn auch

die Hirsche von Druim schreien: der König von Carric Bläi hat micli

empfangen, die Liedesspeere sind gut von ihm aufgenommen worden (haben

gut bei ihm verfangen).

Da Druimm No (Nao AU 640) in Leinster liegt, wird wohl auch Carraic Bläi dort zu suchen sein. In torbaim vermutet Thürneysen nach brieflicher Mitteilung ein Lehnwort aus lat. turbare. Die Wendung nimthorba ist häufig in Gedichten, z. B. LB 232 m., Anecd. II 3, 17; femer nTgtorhand gach toir CZ X 53, 20. In LL 262 a ist nadattorbad mit nachattairmescad glossiert. graif (graiph B») ist doch wohl das aus lat. graphium entlehnte Wort fiir den

16 K. M

E Y Ett:

Schreibstift, auch vielleicht 'Brosche' ', welches eine der Entlehnungen mit unverändertem Singular zu sein scheint (Thurneysen § 915). Denn der Gen. lautet CZ II 135 § 11 graiph [i cinn mo deilge graiph). Daneben kommt bei Dichtern eine Form graph (graf) vor, welche in SR 1341 von der stechenden Zunge der Schlange gebraucht wird [nathir rongäel, garh a graph), dann oft in allgemeinerem Sinne 'Verletzung, Schädigung, Gefahr' oder dgl., wie z. B. Lee. 347 a: ar ternam dün ascachgraf; LL 33a 12: riiac ramilt 'na graf cach geic; Betha Col. C. ed. O'Kelleher 386, 12: mtna olc tiä giere graf. Diese letztere Bedeutung nehme ich für unser graif an.

29.

A ri Femin, fäilte frim-sa, a rith mara buirb tar brüachaib, a gnüis roderg, a rind ratha, a chomferg catha fri C'rüachain. Ir. T. III 88 § 103: bruach BM rath B coimiearg h ri cruachan B ri cruach M.

0 König von Femen, heiße mich willkommen, du Sturz des wilden Meeres über Küsten, du tiefrotes Antlitz, du Stern der Gnade, (fu Schlachten- grimm gegen Cruachan.

30.

Cuim Chüalann, cia 'sin chüiciud noscongbann? Do Domnall däilter in buiden büaball! Ir. T. in 70 § 19 und § 22 : isin cuigeadh M coigidh B.

Die Trinkhörner von Cüalu, wer ist in der Provinz, der sie ergreift?

Domnall werde die Menge der Hörner zugeteilt!

Die Trinkhörner sind das Symbol der Königshen-schaft von Cüalu. Vgl. ein Gedicht in Anecd. I 14 über die lenna flatha Irlands, wo auch coirm Cüalann erwähnt wird. Unter der Provinz ist Leinster zu verstehen.

31.

Cuir failti frimm, a ri Röirenn, a lind bäiti büaball, a glass ar oscaraib Erenn, a chostadaig Chüalann! Ir. T. III 73 § 30: rim B rium ß' baiti ff baite M buidi BB>'.

Heiß mich willkommen, König von Röiriu, du Trank, der Trinkhörner

überschwellen läßt", du Riegel gegen feindüche Gäste Erins, der du Cüalu

verteidigst.

In 'Miscellanea hibernica' (Illinois Studies 19 16, S. 596) las ich lind buidi, ohne zu beachten, daß bäiti mit seinem Reim &\ä fäilti die richtige Lesart ist Auch habe i«5h dort oscar nicht gut mit 'dunce' übersetzt, was hier nicht paßt.

' Wenn es in der Stelle Trip. 92, 7 dorochair a graif a hrut Pätraic diese Bedeutung hat " Wöi'tlich 'ertränkst'.

Bruchstücke der älteren Lyrik Irlands. 17

32.

Ri Achaid Uir ibardraignig crathaid in lüiii lethanmerlig, ocon maigin muiredruimnig Laigin ina lebargemlib. Ir. T. in 12 § 17: crathaigh B craithig M.

Der König des eibendornichten Acliad Ur, weithin schüttelt er die

. plündernde Lanze : an der liocligratigen (?) Stätte sind Männer von Leinster

in ihren Hand- und Fußfesseln.

Der König braucht nur die Lanze zu schwingen und die Feinde sind schon unter- worfen. — Acha'l Ur, jetzt Freshlbrd in dei- Grafschalt Kilkenny. crathaid des Reimes Achaid wegen =: crothaid. Zu lün (ä) f. 'Lanze' s. 'Death-tales', Index. - muirf-druimnech enthält wohl mvire 'Herrscher', doch ist der Sinn des Kompositums schwer zu fassen Vielleicht bezieht es sich auf einen Bergi-ücken, auf dem der Herrschei-sitz liegt. lebar yemel entspricht genau dem aus dem Altengl. entlehnten lany-fetir 'Langfessel'.

33.

A Mail Sechlaind, nit mess methchrainn, airgfea Rechrainn rebthruimm rüaid; a chliath chorrga thromda thogda, dorrga thogla Temra tüaid. Ir. T. III 88 § 105: nid T m B reacraind B thaghdha M teghdhai 2'.

0 Mäel Sechlainn, du bist keine Frucht eines siechen Baumes; du wirst das kriegerische kampflustige Rechru plündern, du wuchtige erlesene Phalanx spitzer Speere, du grimme Lanze der Zerstörung Taras im Norden.

Bezieht sich wohl eben o wie die folgende Strophe auf den 1022 gestorbenen König von Irland Mäel Sechlainn '. Zu nJ mess methchrainn vgl. m Ini crätb crmfedo Ciilumb '('. war kein Zweig eines welken Baumes' Rl 502, 122'' 26. Rechru (nn) f. ist der Name mehr als eines Ort«s. S. HotiAV. ünom. s. v. durr-tja zu doirr 'Zorn, Grimm', wovon neuir. ilirrrach, dorrdha abgeleitet sind. Vgl. doirr diuliad doichell CZ IX 486 § 2 ; cen dtiirr Kr. V 66, 11; Metr. D. III 60, 81; GSg. do druim a doirri' ib. 56, 41, und das Adj. doirrech 'zornig' in dem Eagennamen Dubän Doirrech YBL 325c 2.

34.

Mäel Sechlaind mac Domnaill dathgil, dorn i Tailtin tulgatänaig,

daig daim crannchor, nio chara, anfud mara murbratänaig.

Ir. T. III 71 § 25: daithgil T daithghil ß nach MT crannchar B anfad BTH mulbra- tanaigb H.

' Die inittelir. Form vom altii-. Sechnaill. Vgl. unten Nr. 105 (9. Jahrhundert). PhiL-hist. Abh. 1919. Nr. 7. 3

18 Iv. Meyer:

Mael Sechlainn, Sohn des weißfarbigen Domnall, der die Faust auf

Tailtiu mit geflochtener Brustwehr legt, ein Held wie eine Feuerflamme,

der keinen Loswurf duldet, mein Freund, Sturm des seefischreichen Meeres.

Tailtiu, jetzt Teltown in der Grafschaft Meath. Der Dichter will sagen, daß M. König von Meath ist. Lies vielleicht nad daim.

35.

Ingen laich as luchru a Laignib, nach len locht, comsolus eter a failgib is a folt. Ir. T. in 88 § 107 : luchra B lucru i M nis M.

Tochter des glänzendsten Kriegers von Leinster, der kein Makel an- haftet, gleich hellschimmernd in ihren Armringen und ihrem Haar.

36.

Cuirn maicc Donnchada dlegait buidechas, buide benngella; francaig fognama, fine chuindgeda, santaig senmeda. Ir. T. III 91 § 128: fochama B focama M fognama ego.

Die Trinkhörner des Sohnes Donnchads verdienen Dank, gelbe Horn-

pfänder. Die fränkischen Söldner, ein begehrliches Geschlecht, sind gierig

auf alten Met.

Wie in den ersten Jahrhundei'ten aus Galliern, so bildeten irische Könige in späterei- Zeit ihre Leibwachen oft aus Franken. Im 1 1 . Jahrhundert dienten dann öfters Wikinger als Söldner an irischen Höfen, was u. a. aus einem Verse Mac Liacs hervorgeht: a Goill 's a amais imda Q7, VIII 226 § 18.

37.

Snäifid sruth na Müaide möire mine miadaige meraige

macc rig Clüana cröine crine ciabaige celaige cnämaige;

ricfa broinn na Berba birda brogda bägaige blöedaige,

öegaire Cerna is Clidna is Cnogba is Cäinrige is Clärmide.

Ir. T. III 89 § 1 1 7 : snaidfidh B cluaine M ciabaigh B colaige B ciallaighe T blaedhaighe B baeglaige MT ricfa abhainn T cnodhba B cermna B caonraige is ciarruidhe is clarmidhe T.

Er wird den Strom des großen sanften berühmten wilden Moy durchschwimmen, der Sohn des Königs vom dunkelgelben verwitterten buschigen . . . knochenerfullten Clüain.

Bru<:hstikke der älteren Lyrik Irlands. 19

Er wird das Bett des Barrowstroms erreichen, des wasserreichen, ge- waltigen, ungestümen, lärmenden, der Hirte der Rinder von Cerna und Clidna und Cnogba und Cäinrige und des flächereichen Meath.

Müad (ä) f. ist der heute Moy genannte Fluß, der sich in die Bucht von Killala er- gießt. Welcher Ort mit Clüain gemeint ist, .läßt sich nicht bestimmen. Cerna und Cnogba werden auch sonst zusammen genannt. Ein Ort Clidna ist mir in Meath oder Bregia nicht bekannt. Cäenrige wird LL 389b 11 als zu den /orsluinti der Ui Briüin Chüalann gohöris erwähnt. Die Lesart von M celaige (statt ceölaige) ist vorzuziehen, weil sie Reim vmt vteraigfi gibt, obgleich ich das Wort nicht übersetzen kann. öegaire wie (mackail sWgtkey laich Rl 502, 86 a 14.

38.

A Dorchaide delbdathaig, a del tressa tromthoraig,

a minn marcslüaig munchoraig, a maicc charprüaid Chonchobair.

Ir. T. in II § 15. 41 §44: delchataig fl delbcathaigh Ä dcil H delb Ä truthoraig L tromtoraid B torthoraig ff' tromtura^ U mic HB carpruaid HB corpruaid L crapcruaidh /?'.

Dorchaide, du schöngestalter, Schlachtrute des schwergehäuften Kampfes, Diadem der halskettengeschmückten Reiterschar, leibesstarker Sohn Con- diobors I

Dorchaide als Eigenname auch Düanaire Finn 25, 4. munchnraih fasse ich als ein von * muin-chor 'Halskette' abgeleitetes Adjektiv, das TBC 2804 substantiviert vorliegt {muin- cliorach n-argait im chechtar n-ät), wo LL fälschlich mrmchoOrach liest. Ein muinchorach mit ganz anderer Bedeutung findet sich Anecd. III 29, 3 amämdervMar do imvg a mmäthar muinchoirchf mTairliche, mo chäine cetmuintire 'damit ich nicht durch die Erpressung ' ihrer betrogenen übelberatenen Mutter, meiner schönen Gattin, geschädigt werde'.' Dieses rnuin- chorach stelle ich zu main {maoin FM 866) "Betrug' ( Death-tales, Index) und cor 'Vertrag'.

39.

Ardn Ele airechtach, cöem in cele coimsercach: sochaide 'sa hoidid uair 5 chloidera chrüaid choimeltach.

Ir. T. III 12 § 18.

Der Überkönig von Ele, Haupt der Versammlung, hold ist der liebende Gefährte; viele liegen in kaltem Tod durch sein hartes wohlgeheftetes Schwert.

In Illinois Studie> S. 591 habe ich mimxerin<h und cnime'tach g<!druckt und über- .setzt, ohne v.n bedenken, daß der Reim auf airechtach eine kurze ei'Ste Silbe erfordert.

' S. Laws Gloss. s. v. frrach.

' -derustar. Konj. Pass. zu di-reg-. Pedehsen § 794, 3.

20 K. Meyer:

40.

Bendacht üaim for P^thni n-ollguirm, ingen Domnaill däiles bir,

ica n-esbius, lar cüairt chathrach fo neim iiathracli,

eire ochtair cethrair bachlach sithchenn srathrach, srfiaim de mid.

Ir. T. III 72 § 28: uam H uaind M neam B strathruch // sriiamh T do B.

Segen von mir auf die glorreiche Ethne, die Tochter des speere- verteilenden Domnall, bei dei- ich nach einer Runde durch die Stadt, wo icli nichts als Schlangengift erhielt, einen Metstrom getrunken habe, der eine Last für vier und zwanzig langköpfige Kerle mit Packsätteln ge- wesen wäre.

41.

Cia ö thucais-siu, a fir cerdda, in ndelg n-arcait gil? is döig lemm-sa is e macc düasach Domnaill doridnacht.

Ir. T. III 20 § 56 : tucaisiu in delg arcait leam dorn .

Wer ist's, von dem du die Brosche von weißem Silber erhalten hast, 0 Mann der Kunst? Es will mir scheinen, es ist der freigebige Domnall, der sie geschenkt hat.

Als Beispiel von debide docheil a chubaid 'debide. das seinen Keim vei birgt', so ge- nannt, wtil logisch zusammengehörende Worte [fer cerdda, mac Diimnaill) hier durch di-n Reim auseinaiidergerissen sind. doridnacht mittelir. Prät. Pass.. während es im Altirischeu aktiv ist.

42.

Muinter üi Chonchobair, crö tend imm thigerna, ruibne na roglöire, ogmöire ilerda.

Ir. T. III 92 § 136: 6 Conchubar T thenn T ilarda M.

Die Familie des Enkels Conchobors, ein fester Hag um einen Herrn, große Scharen des großen Ruhmes, Gelehrte mancher Art.

ogmoir, eig. ein 'Ogamist', ein in der Kenntnis des Ogam Bevi'anderter. Vgl. Morann mac Mniti int ogmoir CZ III 15: lim cen cop ogmöir 'es ist mir einerlei, wenn er auch kein Ogamgelehrter ist' Ir. T. III 73 § 31. Davon ogmöracht f. 'Oganikunde' AU 1328.

43.

Ua Bricc Bregain, önd Licc Lebair ticc i Temair toraib, muir dar Mumain, daig dubaig, traig dar tulaig Tomair. Ir. T. III 73 § 32: brecaim H ta.r H.

Brtichstiwke der älteren Lyrik Irlands. 21

Der Enkel Brecs von Bregon, vom Langen Stein kommt er mit Kriegs- haufen nach Tara hinein; ein Meer, das sich Ober Munster ergießt, eine Flamme, die nicht dunkel wird, ein Fuß, der über Tomars Hügel hinweg- schreitet.

Bregon (Mag Bregoin) liegt in dem Femen genannten Gebiet in Munster. Die Lage von I>ecc Lebar ist mir nicht bekannt. Statt dnhaig ist vielleicht nad dubaig zu lesen. Unter Tomur ist das Gebiet der Ui Thomair zu verstehen. S. Sitzungsber. 19 1 8 S. 1033.

44.

Nert tar buidne, cert co cuibde, fuidle faidbe,

troich do tbinme, triall dar Tidle, rigne imm Raigne. Ir. T. III 75 § 37: faibhdhe M troith M.

Gewalt, die sich über Scharen erstreckt. Recht mit Fug, ein schnelles Aufräumen, Vernichtung von Todgeweihten, ein Marsch über die Grebiete von Tidel, ein fester Griff um Raigne.

Der Gefeierte ist nicht genannt. fiädte NIM. \on fuidel(l) (ä) f. 'Überbleibsel'. Vgl. fuidlp na erand Corm. § 76. faidbe scheint mit Metathesis (nr jaibde zu stehen, NPl. \im fobaid •!• lüath etgaidh O'Cl. Vgl. (eich) crechfobdi 'beutegeschwinde Pferde' Br. D. D. §51: ferner laich angbaidi faidbe (Ir. Nenn. 75 § 37. Das Abstraktum dazu fnibde (iä) f. kommt Er. IV 136, 13 vor [faibde rath), wo eine Hs. ebenfalls die Metathese hnt. tinme r= tinbr, .\b8tr. zu to-ind-btn-. Tidel, Druimm Tidil, Cell Tidil sind ebenso wie Kaigne Ortsnamen. Hier liegt der API. vor. rignf (iä) f., eig. 'Steifheit'.

45.

Ri Raithlind, rose maillech, muir Manann, li dathphill, doss duillech, delb canann. Ir. T. m 96 § 153.

Der König von Rathlinn, ein mildes Auge, (wie das) Meer der Insel Man, schimmernd wie" ein farbenreiches Roß, ein blättergeschmückter Baum, von Aussehen und Gestalt ein junger Wolf.

Raithlinn ist die Form des Gen. auch in Lism. L. 2143, wo es auf aiffrinn reimt. So st auch ib. 2124 im Re'm mit maithgrtim zu lesen. Vgl. ferner Eoganaiht Raithlind Rl. 502, 149a und s. HoGAN s. V. Die See um die Insel Man herum ist wegen ihrer Klarheit und Durchsichtigkeit berühmt, worauf sich auch wohl die Bezeichnung Mutr Menti für die 'Irische See' bezieht.

22 K. Meyek:

46.

A öclaig öic, nochon urusa do thathäir, is mör do nert, is acat atä cert Cathäir.

Ir. T. III 75 § 36: nuclian H do tair H.

Du junger Krieger, dich zu schmähen wäre nicht leicht; groß ist deine Macht, du bist im Besitze von Cathäirs Rechten.

Wohl an einen Nachkommen König Cathäirs des Großen (4. Jahrhundert) gerichtet.

47.

Conchobur cath merggech mör tentech tren, diburcud d'arm rindech rüad grindech ger. Ir. T. III 82 § 60: diburgad H dibrugad B dibrugudh M.

Conchobor mit standartenführenden großen feurigen starken Schlacht- haufen, der ein spitziges rotes grimmes scharfes Geschoß schleudert.

48.

Rüaidri Rätha Broccäin bricc, beimm dobeir nathair do neoch, üa rig Chairn, dann bräthar Briain, is dath ind fiaich for a eoch.

Ir. T. III 78 § 48: dath f'ola in fiaigh arxochu M dathtuirb ind tiaich // ar codd.

Rüadri vom bunten Räith Broccäin, ein Natternstich für alle, Enkel des Königs von Carn, vom Bruderstamm Brians, mit seinem raben- schwarzen Roß.

tiber Räith Broccäin s. Hogan. Welches Carn gemeint ist, läßt sich nicht sagen.

49.

Gec ro-äs a hOrchaill Ulad, üall co Her,

räd nad chehd, is län di nemib co nem.

Ir. T. III 20 § 58, 47 § 80: rofas HB hörcaill H horcaill B radh B dal F do fi dia L neim HB.

Ein Zweig, der aus Orchaill in Ulster erwachsen ist, ein Stolz bis

ans Meer, eine Rede, die ihr nicht verheimlicht, voll ist er von Giften

bis hinauf zum Himmel.

di nemib, d. h. von tötlicher Wii-kung für seine Feinde. Vgl.^ oben Nr. 10. tlber den Ortsnamen Orchaill s. unten Nr. 107.

BrucMtilcke lier älteren Lyrik Irlands. 23

50.

Miscais na ngataige gaibes tech Temra, sraigles na slataige, seig foltfinn Ferna. Ir. T. III 74 § 34: gebas.

Der Haß aller Diebe, der von Taras Haus Besitz ergreift, der die

Räuber geißelt, der blondhaarige Habicht von Ferna.

Auf irgendeinen Oberkönig von Irland. miscais d. h. Gegenstand des Hasses. Der Reim Temra: Ferna weist ins 9. Jahrhundert.

51.

Brigit büadach, büaid na fine, siur Rig nime, när in duine, eslind luige,

lethan breö. Rosiacht nöibnem mumme Göidel, riar na n-öiged, öibel ecnai, ingen Dubthaig, duine üallach, ^

Brigit büadach, bethad beö. Ir. T. 71 § 36: aidead // aiged LL brigid uallach ß.

Die glorreiche Brigitta, der Ruhm ihres Geschlechtes, Schvi^ester des Himmelskönigs, hehr ist die Frau, gefahrvoll bei (falschem) Eidschwur, eine breite Flamme.

Sie hat den Himmel erreicht, die Pflegemutter der Galen, den Fremden willfährig, der zündende Funke der Weisheit, die Tochter Dubthachs, eine stolze PYau, die glorreiche Brigitta, die Lebendige des Lebens.

52.

Bairri breo bithbüadach, büaid mbetha brethadbail, ruithen reil rathamra

24 K. Meyer:

ruithniges Ebennag, lia lüagmar lainderda,

ni lüad nach liüin. E5 örda ilchrothach, üaisliu cach cäinchumtach, aire ard ollairbrech ernes cach n-olladlaic do buidnib balcBanba, barr broga Briüin. Ir. T. III 57 § 107: mbreatha B luagh B uaisli B nadlaicc B.

Barri, ewig glorreiche Flamme, Ruhmestitel der gewaltig urteilenden Welt, heller Strahl wunderbarer Gnade, der Eber's Ebene erleuchtet, glän- zender kostbarer Stein das ist keine Rede irgendeines Schwächlings.

Goldener vielfarbiger Lachs, erhabener als jede schönste Zierde, hohes

Haupt mächtiger Mengen, der den Scharen der gewaltigen Banva jeglichen

großen Wunsch gewährt, Krone von Briöns Land.

Auf den heil. Findbarr von Cork, der von Briön, dem Sohne Kchaids Mugmedöin, abstammte. Ehermag, poetische Bezeichnung des Südens von Irland nach Eber mac Miled. Zu ni lüad nach liwn vgl. cen labra len Lism. L. 2137.

53.

Descert Laigen longphortach, limtha a n-airm rigni rüada, clanda finda Fergusa, fir dia ndernus-sa düana.

Ir. 1'. III 89 § 98: laigin-demusa.

Die Männer von Süd-Leinster mit seinen vielen Lagern, ihre harten roten Waffen sind geschliffen, die echten Nachkommen des Fergus, Männer, für die ich Lieder gemacht habe.

Auf die Li Fergusa, die zwischen dem LiflFey und Wicklow in Leinster saßen.

54.

Is maith a thigedus, is tenn a menma-som, is mor a midemnus ar met a selba-som. Ir. T. III 92 § 137: tigedus B teand B midibas M sealbhason B.

Gut ist seine Hausführung, fest ist sein Sinn, groß seine Urteilskraft,

der Größe seines Besitzes angemessen.

Zu iiffCffn.s s. Ais!. M. s. v. midemnus findet sich im GSg. in SG. 402. 28: do reir ma miiiemnais-s' . ,

Bruchstücke der älteren Lyrik Irlands. 25

55.

At maithi a tige-som, at imdai a ithlanda,

at möra a fine-som, at imdai a söerchlanda,

at süairce a saimleptha, at läna a lethrenna,

büailte, it e a tairberta, at terca a döerchlanda.

Ir. T. ni 92 § 138: maith B imda B ad B saimlepa B samlepdha 31 ad B letrenda B atearca B.

Gut sind ihre Häuser, zahlreich ihre Tennen, groß ihre Familien, zahl- reich ihre Edlen, angenehm ihre Betten fiir Paare, voll ihre Wagengeschirre, ihre Geschenke sind Viehherden, wenig zahlreich ihre Unedlen.

saimleptha im Reim mit tairberta. Hier haben wir in saim das mit aind. samdh, Xma usw. verwandte Wort, das auch in sam-ildänach vorliegt. Vgl. ferner saim 'Joch' Corm. 514 und 1167; NPl. deich samn -i- länamtia Er. II 4, 12. lethrinn (auch Nom ^/Mn«) scheint 'Gurt, Strang' zu bedeuten. S. Windisch TBC. S. 548 Anm. 2. Hier bedeutet es wohl die Zugketten oder Geschirrtaue, die mit Ochsen und Pfei-den angefüllt sind.

56.

Ni gräd Gallbraite ri hüa Cein Conchobar do chor 'na inarad,

's e so a fir, indä nodibuirged län glaicce glasubull i roimse romessa i medön ardchaiUe

üa Rig na rig.

Ir. T. III 95 §145: inainnarad B innainnradh M ise codd. inarodibi'aiged B anda- nodibuirged M glaslibhall B uad ri M.

Gonchobur vom Stamme der Ui Chein liebte es um nichts mehr, Wikingerbeute in sein Gewand zu stecken das ist die Wahrheit! als wenn im Überfluß der vollen Ernte inmitten eines hohen Waldes eine Handvoll grauer Äpfel vom König der Könige herabgeschüttelt wurde.

Ein üa Cein wird AU 1096 al.s König von Tir Ciaräin (Tirkeeran) in der Grafschaft LondondeiTy genannt Zu inarad vgl. ionaradh 'clothing" O'R., das Nom. verb. zu maraim. roinuie 'Überfluß, P'üUe, Segen' (aus *ro-metse} auch Triads §202, LI' 91a 2, 0"Dav. 1399. Dazu das Adj. roimsech, z. B. rTatt r/jim-ech 'volle Flut' CZ XI 159 § 166.

Phil..hUt. Abh. 1919. Nr. 7. 4

'2C) K. M E Y E K :

57.

Ricfat mo rainn ratha räid co hüa Flainn flatha findnäir, cnüas crinmainn crainn cartait mäil, in diglaim daill do dingbäil. Ir. T. 111 69 § 10: cnuas om. codd. crinmaind (-i- cnuas) M cai-dait B cardat M ni 3/,

Meine Stanzen der holden Rede werden zum Enkel Flanns, des ge- segneten hehren Herrschers, gelangen; eine Ernte der Dichtkunst vom Baume, den die Dichter lieben, um die Nachlese eines Blinden aus dem Felde zu schlagen.

Die 'Nachlese eines Blinden' ist wohl auf einen Nebenbuhler in der Gunst des Königs gemünzt.

58.

Semplän sobartach, süi na sabgaile, drüi derg donnbuide, ' Rüi in rindmaige,

rigan na rön; is e fiiaramar ÖS a firglennaib, is daig didairigen

in duine mör.

Ir. T. 111 94 § 144: Seamblan B sobartach sai codd. drai codd. curai B daidh B is duine M.

Semplän mit tapferen Taten, ein Meister des Speerkampfs, ein roter dunkelgelber Druide, der Cü-Röi des Schlachtfeldes, eine Königin der See- hunde. Er ist es, den wir über seinen getreuen Talschluchten gefunden haben, eine gewaltig starke Flamme ist der große Mann.

sobartach, i. e. * so-bertach. 'Dunkelgelb' wird sich auf die Haar-, 'rot' auf die Haut- farbe beziehen. rind-mag, wörtl. 'Speerebene'. Rüi. der berühmte Sagenheld aus Munster.

Bruchstücke der älteren Lynk Irlands. 27

B. Spott- und Schmählieder.

59.

A Domungoirt, a drond geöid iarna gabäil, a gemm dubgorm demain, a bachlaig bäin imm brait,

a bei caillige cäiche, a chonadmairt chicaraig nach can ceöl isin chamäir, a cliossa cromma crebair, a chrüachaigi lenaim laic,

nir lessaigis in säithe. Ir. T. lU 103 § 200: a doma M geuidh M iarna gabäil mn. B geaiii B connadhmairt M cicaraigh B nacan M cAruachaidbi B cruachaiti M niralcssaigis M.

Domungort, du Höcker einer Gans, die man gefangen hat, du schwarz- blaues Juwel von einem Teufel, du blutleerer Geselle, auf Diebstahl er- picht, du Lefze einer einäugigen Nonne, du gieriges gefräßiges Stierkalb, das kein liebliches Lied am frühen Morgen singt, du krummbeiniger Käfer, geschwollener Bauch eines schwächlichen Kindes, du hast die Wissenschaft nie gefördert!

Mit Ausnahme von Vera 3/4 hat die Strophe Kettenstabreim. Man beachte die ver- schränkten Reime. Domungoirt, wohl absichtlich statt Domunyairt, ein Wortspiel mit goirt 'hungrig'. Zu conad vgl. conadh 'a greedy appetite; rage, fury' O'Bi-. und calma re conad/i a chrc.fs AU 1357 (im Reim mit ol/am). hnab lac auch Ir. I. III 93 § 141.

60.

A mir do duiniu, a delb in demain, a chir i cuiliu, a chrebair chuilig,

a athbrö ichtair, a airbe ibair,

a 51 iar n-itaid, a inair uidir! Ir. T. ni 91 § 127: duine B cuile B cuili M airbi M.

Du Knirps von einem Menschen, du Teufelsgestalt, du Kamm in der Speisekammer, du geile Schmeißfliege, du abgenutzter unterer Handmühl- stein, du Zaun aus Eibenholz, du Trunk über den Durst, du schmutz- farbener Leibrock!

4*

28 K. Meyer:

61.

A üi Flannäin, a läir mall,

a lethchoss geöid, a glass chamm fo gäir Gall!

Ir. T. III I02 § 190: ailandain B ahui flandain M geid B glais cham B glas cham M.

Enkel Flannäns, du träge Stute, du einbeinige Gans, du krummer

Riegel, wenn das Schlachtgeschrei der Wikinger ertönt.

Die Lesart ui Flannäin ist Ulandäin deswegen vorzuziehen, weil sie Stabreim mit täir gibt. Die Ui Flannäin werden in Rawl. 502, 119b 47 als ein fwsUnmud der üi Labrada erwähnt, die in der heutigen Grafschaft Down angesiedelt waren. a lethchoss geöid, wört- lich 'du eines Bein einer Gans'. a glas chamm, Nom. pro Voc. des Reimes wegen. Der Dichter schmäht, daß er dem Ansturm der Wikinger nicht wie ein festverriegeltes Schloß standhält. Vgl. oben Nr. 2 glass glüairgrinn fri gente. fo gäir 'beim Erschallen des Schlacht- geschreis'.

62.

A brollach snedach srethfiar, a fiacla con ar cloich äilig, a üi Thadcäin, a thoUtimpäin, a meic Alcäin, a bi ar burd

Arddäin, a säibfir! Ir. T. III 99 § 165: srathfiar M srethar B ui om. B mc B ardain B.

- Du lausiger schiefstreifiger Busen, du Hundegebiß auf einem Stein

im Düngerhaufen, Enkel Tadgäns, du durchlöcherte Zimbel, Sohn Alcäns,

du Pech auf der Tafel von Ardän, du falscher Mann!

snedach = kymr. ntddog. In Anbetracht der Regel, nach welcher der Dichter Namen, Abkunft und Wohnort des Besungenen erwähnen soll, fasse ich Ardän als Ortsnamen.

63.

A meic düir daill iflfirnn, a thicäill,

a graphainn ar gairdi do gipäin,

a geöid iarna gabäil,

a feöil tarra togäin,

a ithe i mil etaig, a üi brecaig Britäin.

Ii-. T. III 103 § 193: thigaill B ar grapaing B ar grapbaind ad gairde H gibain B gibbain M ghabail B i bhregaigh B hui bregaidh M.

Du harter blinder Sohn der Hölle, du mit der dicken Backe, du Rennreiter mit deinem kurzen Lumpenkleide, du Gans, die sich hat fangen lassen, Bauchfleisch eines Eichliorns, der du dich von Kleiderläusen nährst, du lügnerischer Sohn vom Stamme Britäns.

Bruchstücke der älteren Lyrik Irlands. 29

ticäill aus tiy-gäill. Vgl. gäilleavh jaw, gum, cheek' Dinneen. a graphainn u»w., wörtlich 'o Pferderennen wegen der Kürze deines Lumpenrocks', d. h. du siehst wie ein Jockey aus mit deinem kurzen Rock. Zu gipän m. vgl. heutiges giohög f. Vag, fringe'. Zu ithe i rnJi etaig vgl. Inngad i scdtaib scihair von PfeiTerkörnern speisen' Aisl. M. 71,30. Die Ui Brittäin gehörten zu dein in der heutigen Grafschaft Carlow ansässigen Sil Meldae. S. Rawl. 502, ii8b 27.

64.

Adastax lära i Uäim, leccu phüit dar pundainn,

cenn crüaid con ar cäirig,

maite odar äilig,

lue fri lüag, leccu chüar, üa Con cüan, ni cundail.

Ir. T. ni 82 § 64: phuint B puint M chairig M maidi B öilig H lue ri log H luige re log B lue (-i- luac) ri luag M ua chuan B conchuan M. ^

Er ist der Zaum einer Stute in der Hand, die Seite eines Klotzes (?) «her einer Garbe, ein grausamer Wolfskopf auf einem Schaf, ein schmutz- farbener Knüppel auf dem Misthaufen, einer der seinen Lohn mit Füßen tritt, eine schiefe Backe, der Sohn vom Stamme Chüans, er ist nicht gescheit.

Sowohl /wtV (Nom. />o/?) a\s puint (Nom. /jon/ ?) ist rair unbekannt. Ich nehme zweifelnd ein wort püt^ an, das vielleicht aus altnord. bütr 'Klotz' entlehnt ist. Oder wäre kymr. />ic< any. short thing' heranzuziehen? Imge re log (B) 'Eidschwur vor dem Lohn' scheint keinen Sinn zu geben. Die £7« Chon Cüan gehörten zu den Üi Choncholmir (O'Connors), s. RawL 159 b 56. cundail aus *cam-dil = kymr. cynnil.

65.

Muiredach mant capaill chröin, dar cössib, carpat bricce for benn, bei daim dona Dessib. Ir. T. 111 81 § 57: croin eodd. tar H beind H.

Muiredach, Kinnbacke eines gelbbraunen Gauls, ein Wolf, der sich Ober Ferkel hermacht, aufgespießter Gaumen einer bunten Kuh, (Jchsenmaul aus Dessi.

mant, Lehnwort ans dem Kymiischen. Vgl. mant in merhaill Ir. T. III 100 § 172, etwa 'stammelnder Gaumen'; Corni. § 897; Threc Fragm. 146, 12.

' Im Schottischen bedeutet piil 'a large buoy, generally of iiifliited sheepskin'.

30 K. Meyer:

66.

Methmac Muiredaig, mesce chirmairi, crossän liath ic linn,

screpall ar feöil n-aige, önmit ar eoch mall,

breccar claime i cinn.

Ir. T. III 84 § 71: methmc codd. aglind B feoil eoinmhe/ ar eoch B brecör H brec- cor M s. B.

Der feiste Sohn Muredachs, trunken wie ein Kammacher, ein grau- köpfiger Possenreißer beim Suff, ein Heller, den man für Kalbsfleisch zahlt, Hansnarr auf einem faulen Gaul, gesprenkelter Aussatz auf dem Kopfe.

Wenn methmac zu lesen ist, wäre die Bedeutung etwa 'dekadenter Sohn'. cfrmaire ist in meinen 'Contributions' unrichtig mit 'fuller' übersetzt. Zu den Belegstellen kommt noch: Triads § 117; Three Fragm. 222, 23; Betha C'olm. § 6.3; Ir. T. III 104 § 27. breccar im Reime mit screpall. Zum Suffix vgl. g/axar 'verdigris' Thes. II 417 a; ferner lassar, und sijhe Pedersen II'SO.

67.

Uch, a Lorcäin, isat lac, ni is räiti rit, a drüith,

a choss diochtäin riä (?) catt, ocus corr dlüith ina diaid.

Ni geba tiiaignim ri tenn, a thamain chrin fo choiss chäich,

a bun fleda ar cüaillib cell, a chäith lin i lladair fiaich!

Ir. T. III 80 § 54: isid lag BB>> isat olc H ri H tuaignem BB'' tuaigneim M a cos BB'> caich H chaech BB^ a lagair B a laghar B^ illathair M.

Wehe, Lorcän, du bist schlaff! Mehr ist gegen dich nicht zu sagen,

du Narr. Du Fuß eines Trichters .... Katze und eine feiste Krähe

hinterdrein. Du sollst nicht in den gewölbten Himmel kommen, wie sehr du

dich auch anstrengst, du dürrer Holzklotz, den jeder mit Füßen tritt, du

Rest eines Schmauses auf den Pfählen von Kirchen, du Spreu von Flachs

in der Klaue eines Raben!

riä ist mir unverständlich, wie überhaupt die ganze .\nspielung. Da geba und /Wo reimen sollen, wie auch in Vers 2 und 4 dreifacher Reim vorliegt, i-.t geba Konjunktiv.

68.

A drüith. cid täi dom airbire, dia tue duit mnai co mbungile? Isint samrud isaid tii do säith don arbur is d'feör adbul i nUrbile. Ir. T. III 100 § 170: cid dai M da tucar B da tncur JU mbuinghile B do feor B arbhuiie B,

ßj~uc/isti"/cke der älteren Lyrik Irlands. Hl

Du Narr, was fallt dir ein, mich zu schmähen, wenn ich dir ein Weib mit weißem (4esäß gebe? Im Sommer sollst du dich an Korn satt essen und an üppigem Gras in Urbile.

Meine Besserungen htc und d'feör geben die nötigen acht Silben. Zu hungik vgl. rin seist- barrghlais buinyhil Acall. 1545: aball harrglas bungel Er. IV 116. Hogan Onom. 21 a hat einen Ortsnamen Airhile, sch(;int aber anzunehmen, daß das V'erschreibung für Ard Bile ist.

69.

A fetänaig, a chornaire, a chleraige, a flss fon txr, a chriss cen sein, a scclaige! Ii». T. III 70 § 18: feadanaig BT chliaraige BT fan B gan B.

Du Pfeifenspieler, du Hornbläser, du wandernder Musikant, du, den

das ganze Land kennt, du Gürtel ohne Messer, du Geschichtenerzähler!

fetänach findet sich auch Alex. Z. 469 mit nrgänach, comaire, cuslennach usw. zu- sammen. — cteraige entspricht dein kymr. cUrddyn, derfardd.

/ 70.

Ingen gobann ben na cerdda, gnüis roglasse is rodergga.

Ir. T. III 60 § 1 20 : in gobann codd. in cherdda B..

Eines Schmiedes Tochter ist die Frau des Goldarbeiters, ein Gesicht

von tiefer Blässe und hoher Röte.

Die Besungene vereinigt auf ihrem Gesicht die Spuren ihrer Herkunft aus der Schmiede des Vaters (rodergge) und ihrer jetzigen Umgebung, der Werkstatt ihre.s Mannes {roglasse). Man beachte die kreuzweise Anordnung. Zwischen cerdda und rodergga besteht Debide-Ri'ini.

71.

Düngal meta üa Mail Inmain,

athchaillech ic imthecht idraid otraig,

Düngal duine i cnuc ac creic a anma ar echtaib,

ürad buide ar brat gamna, glac duibgeltaig gortaig.

It. T. in loi § 182: mael B otraigh M othraidh B icrec B acreic JM ar achtraibh M uradb B.

Düngal der Feige, Enkel Mael-Inmains, eine abgelebte Nonne, die über kotiges Flechtwerk spaziert; Düngal, ein Mensch, der seine Seele auf einem

32 K. M

E Y E R ;

Hügel zu sclilecliten Taten zum Verkauf ausbietet, gelber Flicken auf einem

Mantel aus Kalbsfell, Faustgriff eines hungernden düsteren Irren.

id-rad (o) n. fasse ich als Kollektiv von id 'Gerte'; otraig, GSg. von otrach (o) n. 'Kot' im Reim mit gortaig. Vielleicht hat echtaib der quantitierenden Assonanz wegen kurzes e, wie auch die Lesart von M zu zeigen scheint; dann steht es vielleicht fiir /echtaib. Zu ürad vgl. ürad a brat the renewing of his cloaks' BR 222, 21.

72.

Rocüala ni tabair eochu ar düana:

dobeir am as düthaig dö: bö.

If. T. m 67 § 3 : docuala R rochuala BT nithobaii- B nithabair M ara H indi B inni T is codd. dual H dubhaigh T.

Ich habe gehört, daß er keine Pferde (zum Lohn) für Lieder gibt. Er gibt was ihm naturgemäß ist ein Rind.

Statt anl as ist vielleicht a n-as zu lesen.

73.

A hüi Scandail, a scian espa, a cherc usci, a choss escra.

Ir. T. in 102 § 191 : scandlain M ecra B.

Enkel Scandals, du unbrauchbares Messer, du Wasserhenne, du (Dünn- leibiger wie der) Stengel eines Trinkgefäßes.

Ich kenne Ui Scandlain, aber keine Ui Scandail. Coss escra ist bei O'Mulc. § 464 ebenfalls' in übertragenem Sinne gebraucht, und zwar zur Bezeichnung einer Landenge. Eis heißt dort: Etnr -i- tor eile •/• is mbniig eite ar a meit, is tor ar a airde. Etur dano öndt as itur, ar ata cos escrar^ a.s fura tJagar "Etar, d. i. tor eite (Turm einer Viehherde), d. h. er ist eine Viehlandscliaft seiner Größe nach, ein Turm seiner Höhe nach. Etar wird auch von (lat.) itur abgeleitet, denn es erstreckt sich eine cos escrae von ihm aus, auf welcher gegangen wird,' was sich auf die schmale Landenge bezieht, welche das Vorgebirge Howth mit dem Festlande verbindet.

74.

A Dalläin doburthanaig digrädaig,

a cammäin chrmlämaig chonfathmannaig chüaränaig, a phitig phaitig phianänaig,

a thiagänaig etig aitig üarlämaig!

Ir. T. III 103 § 198: digraidhib B digradaibh M caniain B confacmandaigh B confach- mandigha M fitigh M tiganaigh M.

Britchstiicke iler älteren Lyrik Irlands. BB

Dallän, du ehrenberaubter Unglücksmensch, du krummer, zitterhän- diger, wolfszottiger Kerl, Sandalen träger, der du hinter Eßsachen und Flaschen her bist, du Quälgeist (?), du häßlicher, spaßiger Beutelträger mit kalten Händen.

diyrädaig im Reim auf chrinlämaig. Zu fathmamiach \^. folt fochöel fathmannach furri l"Tr.' 362, cach ßnna fathmainnech LU 81 a 13: ferner fada fathmunnchäel a folt Coii- .\mii. 145. Wir haben es vielleicht mit einem Lehnwort aus altengl. fa&am in der Be- deutung 'ellenlanger Faden' zu tun. pTtech, Adj. z\i pit 'Ration' im Reim mit etig. paitech XU /laift (ä) f. 'Flasche'. Vgl. /)ai« wi«rfa LL Ii7a50, (iä ^oÄaiY yf«a LB 129 a 35, Gen. na paitte LL 117b 2. Zu pianänach vgl. /jfanön Nr. 163. tVagänach, Ableitung mit der in diesen Gedichten besonders beliebten Doppelendung -än-ath von fiay (ä) f. au,<! lat. theca 'Tasche, Futteral, Beutel'.

75.

Nirb ingnad i tig Chrundmäil cäilfinnach

salann for arän cen imm: is menand

rosecc feöil a muintire amal seccas rüsc imm chrann.

Ir. T. 49 § 89. Vgl. 102 § 192: nib B nim Ä' taig L chunnniail // crandmail B mein auu BB» mar seacas // rusolainn L rus craind B.

Es war kein Wunder, daß es in dem rutenborstigen Hause Crunnmäels Salz aufs Brot gibt ohne Butter: das Fleisch seines Hausgesindes ist sicht- barlich zusammengeschrumpft wie die Rinde um den Baum.

76.

A ben fuil isin chuiliu, in tabrai biad do duiniu?

in tabrai dam, a ben bfln. siiill, loimm, imm ocus arän?

Atä form, meni tuca biad im dorn,

bcr-sa th'enech, a ben bän, is indisfet dorn deäii.

Ir. T. III 65 § 133, ib. S. 182 Anm.: uil B' cuili Ä' tabraidh B' duine B' miiie B thabra L berat B' henecch cen len // dodoan H.

Frau, die du in der Vorratskammer bist, gibst du einem Menschen zu essen? Gibst du mir, u weiße Frau, Speck, einen Schluck Milch, Butter und Brot?

Wenn du mir nichts zu essen in die Hand gibst, so bin ich ent- schlossen: ich werde deine Ehre davontragen, o weiße Frau, und es meinem Lehrer erzählen.

Zu atä form vgl. bäi for a menmandaiö a marbail Ilib. Min. 77 § 5. d^än kommt LL 369 d 57 als Personenname vor.

Phit.-hUt Abh. 1919. Nr. 7. 5

34 K. 31 1; V E K :

77.

Atä ben istir, ni abraim a hainm, maidid essi a deilm amal chloich a tailm. RC XX 158 § 7, H. 3. 18, 61 la: nach abar aium R esti H.

Es ist eine Frau im Lande, ihren Namen sage ich nicht; ein crepitus bricht aus ihr hervor wie ein Stein aus der Schleuder.

78.

Aes däna ind rig co rinnib, cona cHaraib ceölbinnib, cid bind la cäch dib a od, ni choistfem-ni a n-airfiteod. ' Fei. XCVI, O'Mulc. 830 d : ut dicitur aos dänae in rig co rinnib 7 rl. in F ceolbinde F.

Das Dichtervolk des Königs mit Versreimen, mit ihren melodiereichen Scharen, obwohl jeden von ihnen sein eigener Gesang süß dünkt, werden wir ihr Musizieren nicht anhören.

79.

Goll Mena do muintir Gräcäin, Gall ac cnüasach cnö,

ballän i mbi bainne lomma, dallän Dromnia Bö.

Ir. T. III 88 § 108: gragain B acnuasach B icnuasacb T ambi baindi loma B imbi banda loma 7' dalla B dallan T.

Goll Mena aus Gräcäns Geschlecht, (wie) ein Wikinger, der Nüsse

sammelt; ein Krug, in dem (nur) ein Tropfen Milch ist, armer Blinder

von Drumbo.

Min, Gen. Me/ia, ist ein mehrfach vorkommender Flußname, wie der des heute Main genannten Flusses in der Grafschaft Antrim. Nach Norden weist auch Drumbo, das nach HüOAN in der Nähe von Strangford Loch zu suchen ist. Muinter Gräcäm ist mir unbekannt. - dallän, im Anfangsreim mit ballän, in Anspielung auf den Namen Goll, der "einäugig' bedeutet.

80.

Goll Mena 'mun cromgabair, cerc i cill, crann eidnenach, bert fleda for lomgabail, lind dedblenach drolmänach, Brissiud stüaige ic stocairecht, stiüir d'fid lim long maUrämach, cäinte büaile ic brocairecht, ben chamlämach chomdälach.

Ir. T. ni 89 §115: dromlanach T brisid B dof id lim B dofird lini M stiuirfidh lim T.

Goll Mena auf dem krummen Klepper, wie eine Henne in der Kirche, ein efeuumgarnter Baum, einer, der eine Speiselast auf nackter Gabel

BruchsWcke der älteren Lyrik Trhincls. 35

trägt, ein kümmerliches Faßgetränk, einer, der beim Trompeten die Hand- habe zerbricht, ein Steuer aus weichem Holz langsamrudernder Schiffe, der Spottvogel der Gesellschaft bei der Dachsjagd, ein krummarmiges Weib, zu jedem Stelldichein bereit.

Zu stüag (ä) f. im Sinne von 'a eircular handle' vgl. Laws I 134, 4. O'R. hat brocairecht 'thievery'; doch ist mir dais Wort sonst unbekannt.

81.

A hüi Scelin scutemail, a scol cille cinn ar chinn, a folt gobann gatbeimnig, a chorann maccleirig minn. Ir. T. IIT 80 § 56: screitlin B screlin M screllin S* air cbind M.

Du närrischer Enkel Scelins, eine Kirchenschule, die sich unterein- ander zankt, Haar eines Schmiedes, der Reifen schlägt, geschorener Schopf eines stammelnden Klosterbuben.

scutemail, zu sentit -i- gnnaige -i- ax röi faitchtsa fora mhi, cöi fäiihiuda do cäch e H. 3. 18, 78 b. Vgl. Corm. § 1194.

82.

Find üa Buide, lind i mblede, diultad dona, ichtar eme. Ir.T. III 86 §90: bleidhe M.

Finn aus dem Geschlecht der Ui Buide, ein Trank, der im Becher

bleibt, ein übler Verneiner, unteres Ende eines Messerheftes.

Es gab eine ganze Reihe von Ui Buidi genannten Stämmen in verschiedenen Provinzen Irlands. S. Hoban, Onom. 663b und den Index zum Faksimile von Rawl. B. 502.

83.

A gilla duinn a Dermaig, ocata in ben donn deölaid, a bruig ar brut trebraid, a thonn do chedlaib clerig, is tu in caileeh d'Uib Cellaig, a chü clechtas ar cnämaib, a düan ar airech n-ellaig, a fertas äraid d'Elib.

Ir. T. III 85 § 84: dermuigh B deolaig B bruig ar brat B a mias bruind (-i. brondaigh) JV dib B chleachtus H feartais B

Du brauner Bursche aus Derry, der das braune, armselige Weib hat, du Schmutzfleck auf einem Drillichmantel, du Welle von geistlichen Melo-

H6 K. Meyer:

dien, du bist der Hahn der Üi Chellaig, du Hund, der an Knochen ge- wöhnt ist, du Lied auf einen Packgaul, du Leitersprosse von Ely.

hrviy, Vok. von brog, heute hrogh, 'filth, dirt, rottenness' Dinneen. Der Plural Elib bezieht sich auf die beiden Ek genannten Orte, FM TI 692.

84.

A Ui dinnim Dergäin, a drüith chäil ar chlocthaig, a rand lern sech lecnaib, a chertaig ö Chorcaig. Ir. T. III 90 § 119: Adinnim B ahu M chlochtaigh B a corcaig B.

Du schäbiger Sohn vom Stamme Dergäns, du dünnleibiger Narr auf einem

Glockenturm, du Körperteil, der weichlicher ist als (fleischige) Backen, du

Lumpenkerl aus Cork!

Die l'i Dergäin gehörten mit den Ui Gumäin und Ui Siläin chrecöra zusammen nach Rawl. 502, 125 a 34 zu den Ui Dile Deogbairi, die forsluinti der Üi Lugdach meic Thüathail Thigich' waren, alles Stämme, die bei Hogan fehlen. lern -i- gach mäeth H. 3. 18; •/• cach teith Corm. § 802, jedes Weiche , nicht mit Stokes 'everything warm". Vgl. Um Nr. 80.

85.

Ni fuilet a mäine, nocho atä a maisse, nocho mor a gere, nocho dene acht braisse.

Ir. T. III 90 § 120: aocdene fwrbraise B.

Schätze besitzt er nicht: sein äußerer Anstand ist um nichts größer; sein Witz ist auch nur klein; er tut nichts als renommieren.

86.

A mäelscolb do messair,

a eclas crainn, a chacc cuirre uidre ittige, a eöin re n-ossaib,

a fertas a broinn bicire, a Brenaindl li'. 1'. III 102 § 189: measair B eglas B etighe B rendossaibh B feartais B bicere M.

Du stumpfer Splitter von einem Trinkgefäß, du hölzerner Magen, du

Unrat eines dunkelfarbigen geflügelten Kranichs, du Vogel, der vor Hirschen

dahinflattert, du Stange aus dem Leibe eines . . . , o Brenainn!

eclas 'Magen', dessen Gen. Sg. ccli.i Wb 29 a 26 belegt ist, scheint in der späteren Sprache weiblich zu sein. bicire, das auf it/ige reimt, ist ein mir unbekanntes Wort.

' mac Maini m. Nadfraich m. Echach m. Dünlaing.

Bmehittücke der älteren Lyrik Ir/niid«. 37

87.

Cindus atä hüa Conaill ocus Conn macc Cinn-Fäelad? Ina ndernsat fri macc nDubäin, ni rob uräil a n-äerad. It. T. ni 85 § 82 : dersat M tri nie dubain B.

Wie steht es um den Enkel Conalls und Conn, Cenn-fäelads Sohn? Für das, was sie dem Sohne Dubäns angetan haben, war es nötig, sie zu schmähen.

88.

Drüth (Taileng cen intliucht, sacaird senoir ac süatliad,

traigle i nach uathad uidre, muccaid lar maidm a charann, crossän machaire ic merle, upaid i salann suirge. Ir. T. III 85 § 83 : cenithucht -W sacairt sacairt M tiaigl'- taebh .)/ fiiidhre B maide B rrosaiii H opaidh fi aiipaid M isanland M.

Der Narr der Gailenga ohne V^erstand, (wie ein) alter Priester beim Brotkneten, ein Schuhriemen, in dem auch nicht die geringste blasse Farbe ist, ein Schweinehirt, der sein Bein gebrochen l)at, ein vagabondierender Hanswurst beim Stibitzen, ein Liebeszauber in Salz.

Der erste Vers ist um eine Silbe zu kurz. Es gab eine ganze Reihe Gailenga

genannter Stämme. sacaird senöir mit vorangestelltem Genitiv. Zu traigle gl. corrigia, Ir. Gl. 74 vgl. C'ormac § 1253. Zu der relativen Konstruktion i nach vgl. du nach slän acht dt Uthhliadain Pass. and Hom. .5397. In meinen Contr. ist cüathnd zu streichen.

C Totenklag^en.

89.

Batar inmuini in tri töib frisnä fresciu aithirrech : töibäii Temro, töib Taillten, töib Äido maicc Ainmirech. CS 598, FM 591, Tig. 597 (wo die Langzeilen umgestellt sind): inniain (' inniain na 7' ionmin'ne tri M in ego frisnach freisge M tenuach T temni CM staobh aodha M.

Lieb waren die drei Seiten, die ich nie wieder zu sehn erwarte: die traute Seite Taras, Tailtin's Seite, die Seite Aeds des Sohnes Anmire's.

Auf den Tod König Aeds von Irland, der 598 in der Schlacht bei Dun Bolg fiel. Die Verse werden seiner Witwe in den Mund gelegt. .Sie enthalten ein Wortspiel auf löih in seiner Anwendung auf Ortschaften (wie engl, loitntryside, riversidi-) und auf den menschlichen Leib (Flanke). Vgl. attreb ukbit Timrn Alt. Dicht. I 17 § 4; Temair töibgi-l Morthimchell Er. § 64 usw.

38 K. Meyer:

90.

1 Roböi tan ba lind orddain Loch da Dam:

ni bu e in loch ba horddan, acht flaith Äeda maicc Cholggan.

2 Cuma dam, nad mair cara rodomchar,

ce be focher trillsi treb tre innsi Locha da Dam.

Tig. 6io, CS. 609: ordan T ordain C nirbo 6 an flaith Aedh C mar C rodomcair C rodumcar T cibe C trillsib T aninnsi C.

1 Es gab eine Zeit, da war Loch da Dam ein Wasser der Ehren; es war nicht der See, der voller Ehren war, sondern die Herrschaft Aeds, des Sohnes Colgu's.

2 Es ist mir gleichgültig, (jetzt) da der Freund, der mich geliebt hat,

nicht mehr lebt, wer es auch sei, der durch die Insel von Loch da Dam

hin geflochtene Wohnstätten errichtet.

Auf den Tod Aeds m. Colggan, Königs der Airgialla (Oriel) und Airthera (Orior) im .]. 610. Die Lage von Loch da Dam (See der beiden Hirsche), wo er seinen Inselsitz hatte, ist unbekannt. Über trilis Tlechtwerk' in mannigfacher Bedeutung s. Marstrandeb, CZ VII 3650". Aber er ist im Irrtum, wenn er trilis in Fei. 23. Apr. mit 'Schimmer' übersetzen will. Es bedeutet, aufs Meer angewandt, wie folt und mong, den Wellenkamm. Es steht öfters im Heim mit inis, z. B. Fei.' 90,31: CZ XI 156,4: Three Fragm. 34. 17.

91.

1 Ma domised-sa com thech üäe Mescäin Anfortach, usce dorbach dombör fo bith gono Fergusso.

2 In tan doregat buidne ceniüil Chohnäin sech Cuilne,

iarmifoiset di suidiu sil Mescäin i mBlattiniu.

AU, Tig. 617: mai U mad domtisad immo teach T hua U ba anfartach T dober T cep tan dochorat T.

1 Sollte der Enkel Mescäns, Anfortach, zu mir nach meinem Hause kommen, werde ich ihm wurmiges Wasser geben, weil er Fergus er- schlagen hat.

2 Wenn die Scharen von Colmäns Geschlecht bei Cuilne vorbeikommen

werden, werden sie die Nachkommen Mescäns in Blatine darum zur Rede stellen.

Auf den Tod von Fergus mac Colmäin Möir durch Anfortach üa Mescäin im J. 6 t 8. Nach HoGAN ist Blatine das heutige Platten oder Platin südwestlich von Drogheda. Cuilne {Cvillne, Cuille) ist dann irgendwo in der Nähe zu sucheo. Die öic Cuillne stammen nach Raul. 502, 121 b 55 von Breoda m. Echdach m. Däiri Barraig ab (vgl. ib. Z. 8). gehören also zu den Ui Bairrche. Vgl. ferner rJ Crinna oms Cuilli Ir. T. 111 74 § ^3.

Brnclistilcke der älteren Lyrik Irlands. H9

92.

1 Tonna mora mörglana, griän rodatoigsetar,

inna churchän flescach fann for Conaing concoirsetar.

2 In ben rolä a moing find inna ehurach fri Conaing,

is cass rotibe a gen indiu fri bile Torten.

Tig. AU CS 621: marii U morglan T inogalna V rodaitigsetai' C rodbatoigsetar U rodotoicsitur 1 iri curach tlesc fann U tleachadh find T coirsetar U condcoseatar T. AU läßt die ivDtnte Strophe aug. mong T in T for G is ed T rotibi T bili T tortan TC.

1 Die tief klaren Wellen des Meeres, (und) der Sand des Meeresgrundes hat sie (beide) zugedeckt : sie stürzten sich auf Coning in seinem schwanken schwachen kleinen Boot.

2 Das Weib, welches seine weiße Haarmähne gegen Coning in sein

Boot geschleudert hat, eine gehässige Lache hat sie heute gegen Bile

Torten aufgeschlagen.

Auf den Tod eines sonst unbekannten Conaing m. Aedäin durch Ertrinken in der See, A.D. 622. Die Verse sind schwierig zu deuten. Ich fjisse tonna und ffriän als Subjekt und beziehe das pron. inf. -da- auf Coning und sein Boot. Unter dem Weib mit der weißen Mähne ist doch wohl das Meer zu verstehen; doch bleibt mir dann die letzte Zeile unver- ständlich, da der Bile Torten genannte Baum sich weit Inlands in Meath befindet. Vielleicht war dort Coiiings Heimat. So lacht auch die Morrigan. wenn Bluttaten geschehen. Fian. 16 §42: dreman in caisgen tibes.

93.

Docelat mör n-amra ind arteni bite for ligiu Marcäin maicc Äeda maicc Marteni. Conn. § 26: dochelit B lige codd.

Viel Wunderbares bedecken die Steinchen, welche auf dem Grabe Marcäns, des Sohnes Aeds, des Sohnes Martenes, sind.

Wird König Güaire von Aidne (gest. 663 oder 666) zugeschi-ieben. O'Donovan meinte (Corm. Tr. S. 4), daß die Strophe sich auf einen 650 gefallenen König der Ui Maine namens Marcän beziehe. Dieser war aber ein Sohn Tommäns. S. CS 650, Tig. 652. Ein Marcän m. Äeda wird Itawl. 502, 152 a 39 erwähnt, er war aber ein Enkel Fiachras.

94.

Ni cumma a n-inmaine, cetu cummai a feba, fötän forsngenair Cellach ocus inti forsmbeba. H. I. 8 (AU), fol. 24a: aainmhaine fosngenair.

40 K. MEvrn:

Nicht gleich teuer sind sie (uns), obgleich ihre Wunderkräfte die

gleichen sind: die Scholle, auf der Cellach geboren ward und diejenige,

auf der er starb.

Bezieht sich wohl auf den Tod Cellachs niac Säräin, Abtes von Othan Mör (Fahan) in Inishowen. S. AU 657.

95.

Grüaire: Cian ö thibi do gäiri. is ar n-aire fri döini.

atchiu for indaib t'abrat is tind galgat nochöini. Ornait: Dethbir dam ceni antais adäm abrait di breissi,

ni bad fäilid Laidgnen clam cid e maras tarm eissi.

Corm. § 726 und 180: H. 3. 18, 64 c und 633: tibe C gaire C daine C nocbaine C in- mabrat HH^ abra C ba C niatfailtc H nifaghadh fäilti i?' mara 7/ marus H' maras C (fl*) marad C {B).

Güaire : Lang ist's her, seit du gelacht hast, wir geben auf Leute acht, ich sehe es an deinen Augenwimpern, schmerzlich ist der Ver- lust, den du beklagst.

(Jrnait: Es wäre nur recht, wenn meine Wimpern nie aufhörten von

Tränen zu tropfen : (denn auch) Laidgnen der Aussätzige würde nicht froh

sein, wenn er es wäre, der mich überlebte.

Ein Zwiegespräch zwischen König Uüaire von Aidne und Ornait, Pflegegeschwister des hier betrauerten Laidgnen Clam oder Lobor (L. des Aussätzigen), den ich 'King and Hermit' S. 9 ebenso wie O'Donovan, Corm. Tr. S. 26, mit Laidgnen, dem Sohne von Bäith Bannach von Clonfert-Mulloe identifiziert habe, und zwar aus folgenden Gründen. Bei der Aufzählung seiner Pflegegeschwistei' in 'King and Hermit' § 4 nennt Marbän einen Laidgnen mit Ailirän zusammen und fügt hinzu atä cechtar de fri\a\dän "sie sind beide an der Arbeit. in § 5 nennt er denselben dann Laidgnen lobor. Da Ailirän der 665 gestorbene Geistliche und Gelehrte von Clüain Iraird (Clonard) mit dem Beinamen sapiens (ir. ind ecnai) ist, der \'erfasser einer leider verlorenen Rhetorica genannten Schrift', so beziehe ich dän auf geistige und .schriftstellerische Arbeit. Auch Laidgnen mac Bäith führte den Beinamen sapiens und war der Verfasser eines Auszugs von Gi'egors Moralia ^. Dazu kommt, daß das Todesjahr dieses Laidgnen (661) für die Datierung der obigen Strophen gut paßt. Denn schon ein paar Jahre darauf starb König Güaire selbst. Es wäre doch seltsam, wenn wir zwei Geist- liche dieses immerhin seltenen Namens^ annehmen müßten, die beide um dieselbe Zeit ge- storben wären.

' Die Rhetorica Aterani existierte noch im 1 2. Jahrhundert im Kloster St. Florian. S. MANrrius, Gesch. d. lat. Lit. des Mittelalter^s I S. 10.

^ S. über Laidgnen mac Bäith Bannaig L. Gocgaüd, Rev. celt. XXX S. 36 ff.

' Der Name (Laidcnen. Lanlgnen] ist eine Koseform auf -p'/ von dem Vollnamen Lad- cenn "Schneckopf. S. .k\i. Dicht. 1 15 Anm. 2.

Bruchstiickr der älteren Lyrik Irlands. 41

96.

1 Marb frimm andess, marb antüaid, niptar inmuini athshiaig, tofoir, a Ri nime glaiss, a ndochairte tatharlais.

2 Marbäin inna bliadna-so, nirbo chüinti nech occo:

Mäel Düin, Bec macc Ferguso, ('onaing, Cuimmine Foto.

3 Ni beir Luimnech for a druimm de sil Muimnech i ILeth Cuinn marbän i nnöi ba fiu dö, do ('humminiu macc Fiachno.

4 Ma doteiged nech dar muir seissed i suide nGriguir, mad a hEre, ni büi inge ('ummine Foto.

5 Mo chuma-sa lar Cumminiu ön rofoilged a ärc,

cöi m'ocuil nisningaired, dord Gaill iar nderach a bärc.

6 Ni maid cride ce chie marb teinn, coich hi- a die, innä röimdetar lar (hu öä beo lar (Jummmiu.

7 üäe Corpri, üäe Cuirc, ba süi, ba an, ba airdirc, dirsan marbän i mmi gam, ni hach ni d'ecaib laram.

8 Sech ba hepscop som ba n, ba macthigem C'ummmi, tendäl Erenn ar soäs, ba hälaind mar adchoäs.

Str. I, 2, 4, 7, 8 Three Fragni. 6o: Str. 2 Rawl. 503, 12a i: Str. 3 5 FM 661 ; Str. 5 Harl. 5280, 46b, H. 3. 18, 19; Str. 6 ('orni. § 419, H. 3. 18, 68b und 634c; Str. 7 Corm. § 673. I iunmuin F dofoir V an docairte F 2 nibo caointe ni octa F 3 cumniiiie M 4 ma rodligthe l'ei' F heirinn ni baoi ni do F 5 // und Harl stellen die Langweilen um. coimocuil M coi ma- c«in mis ningarat H coi macan nisningarad Harl. nio coniaid fri coimine H fotroilge H

6 maidh H maeth Corm. M maoth // niaith R niäith V cia Curm. H con B inarbteind MB marb teimhe // mairbthim Cf/rm. H mairbteim Y codi 7/ Curm. MB iriart'eimdetar //' iunareimdetar //' innaroemdetar Corm. M innaroimdatfir )" inacn'jemdhatar B ua beoa H iarndieba Corm. B

7 Maith a cbeinel maith a rhrutb. ba lethan a comslonnadb. ua coirpre 7 ua cuirc u-sw. F

8 ba halaind mai- rochoa.s F adcLoas eyo.

1 Ein Toter im Süden von mirjlein Toter im Norden, es war keine willkommene Auflösung einer Kriegerschar o König des blauen Himmels, hilf dem .schlimmen Pakt, den du (uns) geschickt hast(?), ab!

2 Die Toten dieses Jalires im Vergleich mit ihnen ist keiner zu beklagen: Mäel Düin, Bec, Sohn des Fergus, C'oning, Cummme der Lange.

3 Der Lumnecii trägt vom Geschlechte derer von Munster auf seinem Rücken keinen Toten zu Schiflfe nach Leth Cuinn, der Cummine dem Sohne Fiachnas an Wert gleich käme.

4 Wenn jemand übers Meer käme, um den Sitz Gregors einzunehmen, wenn er aus Irland sein sollte, so gab es außer Cummine dem Langen niemand dafür.

Phil.-hist. Abh. 1919. Nr. 7. 6

42 K. Meyer;

5 Mein Schmerz um Cummine \on dem Tage an, da sein Leib zu- gedeckt worden ist, das Weinen meines Anges konnte ihn nicht be- wahren, (es ist wie) der Klagegesang eines fremden Händlers, dem man seine Schiffe geplündert hat.

6 Ein Herz bricht nicht, wenn es auch einen Toten schmerzlich be- weint, um wen immer seine Klage gehen mag, da die Ohren der Lebenden westwärts von ('liu durch das Wehklagen um Cummine nicht zerbrochen sincj.

7 Der Nachkomme (3orbres, der Nachkomme Gores, er war ein Weiser, war herrlich, war berühmt'. Ach über den lieben Toten im Wintermond I nach ihm ist nichts was stirl»t beklagenswert.

8 Außer daß er Bischof war, war ( ummine ein König, war ein Jung- herr, ein Leuchtfeuer Erins an Weisheit, war schön, wie man berichtet hat.

Icli habe alle Strophen, welche aus der Toteiiklage {marhnad) Colinäiis mocu Chliiasaig auf Cummine Fota, Bischof von Clonfert-Breiinan, angeführt werden, zusammengestellt, f'iimmine starb am 2. November (»»7 gam) des Jahres 662. Colmän soll sein Pflegevater [gewesen sein. Ob ich in der Anoi-dnun«; der Strophen das Richtige getroffen habe, ja ob sie bei dem wechselnden Metrum wirklich alle demselben üedichte entstammen, ist zweifelhaft.

Str. i. Da in der zweiten Sti'. vier Clestorbeue erwähnt werden, ist vielleicht mairb 7.U lesen. athUüay fasse ich als 'aufgelöstes Heer' mit Bezug auf die Toten, die gleich- sam ihres Dienstes entlassen sind. Aber die zweite Langzeile ist mir nicht klar geworden. Da do-chairte (io) n. einen schlechten Verti-ag oder Waffenstillstand bedeutet, bliebe der Dichter damit im Bilde. Vgl. dazu den abgeleiteten Personennamen Dochartach 'einer, der einen schlechten Waffenstillstand schließt'. tatharlais aus to-aih-ro-/ais, 2. Sg. Prät. perf. zu to-aith-ouir (Pedersen II 500), abstr. tathrhor. eig. 'zurücksenden, rückgängig machen', was hier keinen Sinn gibt.

Str. 2. Von den anderen hier genannten Toten war Mäel Düin mac Furudräin nach den Annalen König von Durlas (Tig.) und Conaing mac Congaile m. Aeda Släine (Tig.) fiel in der Schlacht bei Ogomain. \]hQv Bec mac Ferguso. den nur Tigernach erwähnt, ist sonst nichts bekannt.

Str. 3. Lumnech ist der alte Name für den Shannon bei Limerick, welche Stadt danach genannt ist. Leth Cuinn, die nördliche Hälfte Irlands. Dort, am linken Ufer des Shannon, lag die berühmteste Grabstätte Irlands, ("lonniacnois, wo König üüaire, der Gönner Cuniniines, imd wohl auch dieser selbst beigesetzt wurde*.

Str. 4. Statt (loteiged ist wohl noteiged zu lesen.

Str. 5. ocul \n) m. 'Auge', gelehrte Entlehnung aus dem Lateinischen. In msnin- yaired bezieht sich das pron. inf. auf ärc |ä) f. Gall hat hier noch die alte Bedeutung

' Oder mit F: "Edel war sein Geschlecht, edel seine Gestalt, weit verbreitet der Name seiner Familie {comilondudy.

- Siehe die hübsche Anekdote in CZ 111 218 § 37, wo erzählt wird, wie die Leiche des freigebigsten aller Könige auf dem Wege nach Clonmacnois sich wieder belebt, um einem Bettler ein letztes Almosen zuzuwerfen (enech dedenach GUairi).

BruchMückfi der ä'lterm T.j/rik Irlands. 43

(ursprünglich ;= Gallus) und bezieht sich auf einen Kauffahrer vom Kontinent. Im 7. Jahr- hundert waren das besonders Syrer. derach (zu di-reg Ped. § 794), eine Nebenform von direch.

Str. 6. marb teinn 'einen Toten, der Schmerzen verursacht '. coich be cuiuscunque .Sit', (ienitivkonstiiiktion zu da be. Das seltene Wort dte, welches Cormac mit cöinf. H. 3. 18. 68b mit röV glossiert, findet sich in diesem Sinne auch LL 119b 13: die mar maige .Miirthtmne dit eis und ebenda Z. 26.

Str. 7. Dem Stammbaum Cummines in LL 351c := Hl 502, 90g nach war der St^inini- vater seiner F'amilie König Ailill Flann Bec, dessen Knkel <'orc und dessen Urenkel Corpre waren. lii tm gäm ist gam Gen. PI., eig. 'Monat der (einsetzenden) Winterstünne'. Di'tin das wird die ursprüngliche Bedeutung von gam (urspr. gaim) 'Winter' sein, wie es die de.s verwandten XEtM(i)N ist. Vgl. Stiab Gam, Name eines 1300 Fuß hohen Gebirgszuges in der (Jrafschaft Sh'go. Auch das KoUektivum gaim-red {gam-rad) weist auf diese Bedeutung hin. O'DoNovANS Übersetzung des letzten Verses in form. Transl. S. 82 not lamentable, however. not to death (has he gone)' ist verfehlt.

97.

Ni (liliu nach ri lim-sa alailiu,

u })retha Mail Fothartaig inna gaimn<'n do Dairiu. AU, FM668: alaliu V odobretha M ina l'Jtl ghaimhnen M geimneii I .

Kein König ist mir lieber als der andere, seit Mäel Fothartaig in , seiner Totenhülle nach Daire getragen worden ist.

Wird dem 679 gestorbenen Dichter Cenn Fäelad zugeschrieben. Auf M. mac Suibni, König der Ui Thuirtri, welchi'r 669 starb und in Daire. jetzt Derry, beigesetzt wurde. gaimnen. Deminutiv von gaimen (s. Nr. 158), das Kalbsfell, in das die Toten gebettet wurden.

98.

1 Bronach Conaille indiu. <iethbir döib iar nUarchridiu. m ba ellmu biäs gen i nAirdd lar iiDub-dä-inber.

2 Sirechtach bronän file for tir Thaidc,

cen Dub Ciiile, cen niacc mBrain. cen Dub da inber for Airdd.

3 Sirechtach sellad fri a lechtlecca:

far coin, far milchoin, far tniiä do buith la far n-ecrata.

4 Mani icca<l dein ainne niacc ( runnmäil dorn sirecht-se,

ntptis fola ocus cro mo der do marb Imblecho.

Str. I Thr«e Fragm. S. 90. 10, FM 686, Str. i 4 AU 687 bronaigh (' doaibl] U eallma F healliiiha jy ard FiV ar aird f'sella f'buid t7 echtrata CT niona T dam f domirichtf V sirechtse egn.

' Vgl. tind (teiTid H») he frism om 'sie (die Distel) ist schmerzhaft für rohe Haul' I i>rni. S. 1027 und oben Nr. 95 tind ijalgat.

6*

44 K. Meyer:

1 Conalls Stamm ist heute voll Kummer, sie haben guten Grund dazu nach Uarchrides Tod; in Ard wird nach dem Tode Dub-da-inbers so bald kein Lachen gehört werden.

2 Wehmutsvoll ist der Kummer, der auf dem Lande Tadgs lastet, ohne Dub Cüile, ohne Brans Sohn, ohne daß Dub-da-inber auf Ard weilt.

3 Wehmutsvoll ist der Anblick ihrer Gral)steine: (und) daß eure Himde, eure Rüden, eure Weiber in den Händen eurer Feinde sind.

4 Hätte Crunnmäels Sohn mich nicht also für meinen Kummer ent- schädigt, so wären meine Tränen für den Toten von Imblech aus Blut.

Auf^die Schlacht bei Imblech Phich, dem heutigen Emlagh in Meath, im Jahre 688, wo u. a. Uarchride, Häuptling der Ui Chonaill von Murthemne und Dub-dä-inber, Fürst von Ard Chianachta, fielen. Das letztere Gebiet wird hier nach dem Stammesvater Tadc mac Cein Tir Taidc genannt. Es ist zweifelhaft, ob die Strophen alle demselben Gedicht ent- stammen. Str. I und 4 und Str. 2 und 3 scheinen d'-s Metrums wegen zusammenzugehören. Wer der Sohn Crunnmäels war und welche Hache er ausübte, ist unbekannt. fola ocus crö 'of blood and göre'. Wie so oft, versagt hier das Deutsche bei der t'berseizung aus dem Irischen, während das Englische die entsprechenden Worte besitzt

99.

Int Aed isind üir, in ri isind rüaim, int enän dil dein la Cerän i Clüain.

FM. 733, Tig. 737: ciaran codd.

Aed ist unter der Erde, der König ist im Friedhof, das liebe saubere Vögelchen ist bei Cerän in Clüain.

Auf den Tod Aeds m. Colgen in der Schlacht bei Ath Senaig im Jahre 738 und seine Beisetzung in dem von Ciarän gegründeten Cloumacnois. Die Verse werden seinem Besieger Aed Allan, König von Irland, in den Mund gelegt Daß sie in die erste Hälfte des 8. Jahrhunderts zu setzen sind, beweist die Form Ceran, die im Reim auf enän hei-zu- stellen ist. statt des späteren Ciarän. - - dein 'rein' ist ein seltenes früh ausgestorbenes Wort, das nicht mit dfiti, einer Nebenform von den. zu verwechseln ist. In übertragenem Sinne 'rechtschaffen, ehrlich' findet es sich Laws IV 360. 19: cach duinc dein dligthidt- und bei Gorman 16. Apr., wo so zu lesen und übersetzen ist:

secht noim deac na dathfir

deni mathi möra

'siebzehn Heilige waren die ausgezeichneten Männer, die reinen, guten, großen". Davon

das Abstraktum neine, z. B. is süaichnid ar deine a düar 'er ist wohlbekannt wegen der

Reinheit seiner Verse' CZ V 489, 3.

Die Hs. hat maihih nur um den Reim mit dathfir zu markieren.

Bmchstijckf der älteren Lijrik Irlands. 45

100.

Atchluin cäch etir inggnath ocus gnäth, abb hi Clüain mar Cetadach nochon ötfathar co bräth. FM 848: atcluin.

Ein jeder hört es, der Unbekannte sowohl wie der Bekannte: ein Abt in Clüain wie Cetadach wird bis zum jüngsten Gericht nicht gefunden werden.

Aul" den Tod Cetadachs, Abtes von ("lonmacnois. im Jahre 850.

101.

Mallacht ort, a (yhallainn chrüaid, a srüaim amal ceö do sleib, dorimmart ec do cach leith for dreich nithaig niamguirm Neill.

Ni caraim in n-usce ndüabais immetlH'it sech töib mfirais, a Challainn, ce nomöide. macc mnä bäide robädais. Str. I und 2 FM 844, Str. 2 AI' 845: imteit seoch V imtheit J/ robadis U.

Fluch über dich, grausamer Callinnfluß, du Strom wie Nebel vom Gebirge; du hast von allen Seiten den Tod auf das tapfere glänz- und nihmvoUe Antlitz Nialls gezwängt.

Ich liebe das unheilvolle Wasser nicht, das zur Seite meines Wohn- sitzes vorbeifließt: o Callinn, ob du dich gleich (deiner Tat) rühmst, du hast den Sohn einer liebenden Mutter ertränkt.

Aas zwei metrisch verschiedenen Gedichten auf den Tod König Nialls Cailne inac Aeda Oirdnidi. der 846 durch Ertrinken im Flusse Callinn umkam. Die relative Form immftheit, die ich einsetze, gibt die nötige Silbenzahl.

102.

1 Dursan, a De, d' Fedlimid, tonn bäis ba rom rodbäidi, fodera brön d' Erennchaib nad mair macc (Jrimthainn Cläiri.

2 Is süaichnid do Göidelaib, tan donänic dcdenbaig. roscäich ar in nErinn n-üaig önd iiair atbath Fedlimid.

3 Ni dechaid i rredrige marbän badid n-ingnathar, flaith fial fo rig nAlbine co bräth nicon gignethar.

Str. I CS 846. Str. 1—3 FM 845: rodbaidhe CM claire CM suaithnidh M doanic an- dedeubhaidh M ar an erinn uaigh .1/ rrcdhriijlii M badidinnigretliar .)/ gignethair M.

46 K. Meyer:

1 Ein Jammer ist es, o Gott, um Fedlimid! Zu früh hat ihn die Todes- welle ertränkt. Daß Crimthanns Sohn nicht mehr am Leben ist, bereitet den Iren Kummer.

2 Es ist den Galen offenbar, als der letzte Kampf gekommen war: von der Stunde an, da Fedlimid starb, ist es mit dem jungfräulichen Irland vorbei.

3 Kein Toter ist in das himmlische Reich gegangen, der so wunderbar war wie er; ein Herrscher so freigebig wie der König von Albine wird bis zum jüngsten Gericht nicht geboren werden.

Auf den Tod Fedliniids mac Crimthainn, Königs von Munster, im Jahre 847. Die erste Strophe stammt des verschiedenen Versmaßes wegen wohl aus einem anderen Gedichte als die /.weite und dritte, die zusammengehören. Cläre (io) n., ein Sitz der Könige von Munster. Vgl. i Cläriu Baile in Sc. § 10 (R). dedenbäig. wie augenscheinlich zu lesen ist, macht wegen des Reimes Schwierigkeit. Auch Rawl. 502, 85 a 40 wird da,s Wort vom Todeskampf ge- braucht. Es heißt dort von einem Könige :

re secht \m\blTadna reraig räm cn rondedaig dedenbäg

'sieben Jalu-e lang erstreckte er den Lauf, bis ihn der letzte Kampf bezwang'. Zu der idiomatischen Wendung, die in roscäich ar Erinn vorliegt, vgl. O'Mulc. 311, wo es von einem nicht länger Kampffähigen [vech nädichet i cath ^ dihill) heißt: roscäich aire '^ ist mit ihm vorbei'. redrige kehrt unten Nr. 106 wieder. Ich kenne das Wort sonst nicht. AVörtlich 'ebenes Reich', scheint es ein dichterischer Ausdruck für das Himmelreich zu sein. Ein Ortsname Albine ist mir in Munster nicht bekannt; denn der jetzt Delvin genannte Fluß, der altirisch so heißt, kann es doch hier nicht sein.

103.

1 Monüar, a döini maithi, ba ferr a laithi chluichi,

mör liach Ginäed macc Conaing hi lomainn dochum cuithi.

2 larna chuimrech isin rian mör liach rocestar int slüaig

ac aicsin a airbi bäin forsin träig ös Aingi üair.

FM 849, die erste Strophe auch AU H50: dhaoine maithe M laithe cluithe M cuithe M roceehtar M rocestar cgo airrbhi J7

1 Wehe, ihr guten Leute I besser waren seine Tage der Lust I Groß ist der Schmerz, daß Cinäed, Conings Sohn, in Sackleinen zu Grabe getragen wird.

2 Nachdem er gebunden in den Strom' geworfen war, erlitten die Krieger großen Schmerz, da sie seine weißen Rippen auf dem Strand über dem kalten Ange erblickten.

' Wörtlich das Rudern'. Vgl. dirsan in rTan rorä !Metr. D. II 14, 66. ^ O'DoNOVAN übersetzte in the sea'. aber rtan, eig. 'Wasserlauf, kann sich auch auf den Fluß beziehen.

BruchMiicke der älteren Ljjrik JrJands. 47

Auf (las Begräbnis Cinäeds. Königs der Cianacht Breg, der im Jahre 851 von seinen P'einden ertränkt worden war. Ob die beiden Strophen zusammengehören, ist wegen des wechselnden Metrums zweifelhaft. rocestar statt rocechtar ist wohl eine sichere Konjektur. Der aitirisch Ainge (iä) f., heute Nanny genannte Fluß fließt durch das Gebiet der Cianacht und mündet in die Bucht von Drogheda.

104.

Nad mair Cinäed co lin scor fodera gol i cach thig: öenri a löga fo nim co bruinne Roma ni fil.

Three Fragm. S. 150: in gach taigh bbfail.

Daß Cinaed mit einer Menge von Reiterscharen nicht mehr am Leben i.st, ruft Klage in jedem Hause hervor: bis hin an die Grenze Roms gibt <'s keinen einzigen König seines Verdienstes unter dem Himmel.

Auf den 858 erfolgten Tod des Königs der schottischen Pikten Cinäed mac Aipin.

105.

1 Sirechtach rosrethnaiged a scöl ndobröin for Ere,

o atbath ar sticht ruirech Mäel Sechnaill Sinna sncde.

2 Is imda mairg i cach du, is scfl mör la Göidelu, dorortad fin flann fo glenn, dorodbad ardri Erenn.

3 Ce du d'imrimm gabur ngel ocus d'imbud ech fri sam,

inid Mäel Sechnaill indiu atchiu i ndegaid da dam?

Str. I 3 FM 860, Str. 2 Three Fragm. siecht M seachlainn M in gach MF dorodba aainri F iomadh M enid J/ deadhaidh M.

1 Kummervoll hat sich der Schleier' der Trauer über Erin gebreitet, da Mäel Sechnaill vom schnellfließenden Shannon auf der Spur großer Könige gestorben ist.

2 An jedem Ort ist großer Jammer, e.s ist eine große Neuigkeit für Galen, ein roter Wein ist das Tal hinabgegossen worden, ein Hochkönig von Erin ist ausgelöscht.

3 Was soll das Reiten von weißen Rossen und die Fülle der Pferde für den Sommer, da ich Mäel Sechnaill heute hinter zwei Ochsen erblicke?

Auf den an einem Dienstag, dem 13. liov. 862, erfolgten Tod König Mäel Sechnaills von Irland. Zu sneid(-i- luath H. 3. 18, 539) vgl. srüamandai snedi merjola Alex. 253, ay seng sneid

Wörtlich 'das Segel'.

48 K. M

E YER :

Four Songs 20 § i. ce du d'imrimm, wörtlich 'welcher Ort fiir Reiten?', d. h. Reiten ist jetzt nicht 'am Platze'. Vgl. cia du duit comhäg fri hÄedf CZ IX 459 § i ^ Aus solchem und ähnlichem Gebrauch von du 'Platz' hat sich die Bedeutung 'passend, angemessen, ge- hörig' gebildet, dort, welches Peuersen § 52 als Kasusform zu dii stellen möchte, halte ich jetzt für ein selbständiges und davon zu trennendes Wort. i ndegaid da dam, in dem von Ochsen gezogenen Leichenwagen.

106.

1 Cobthach Guirrig chuiredaig, domna rig Lifi lenuaig, dirsan macc mör Muiredaig, ba liacli üa cöiinfind Cellaig.

2 Clethe Laigen legnide, .süi slän sothchernda sochlach, retglu ruirthech redrige, comorba Conläid Cobthach.

LB loib, FM868: cuirig cuiredaig L cuirrethaig M liffe L lipthe M sochemda L

slan segainn M ri'dlu ruirtech L retlu ruirech M redhrighe M.

I

1 Cobthach vom schareiireichen Currech, Thronerbe des mäntelreichen Life, -^ ach um den großen Sohn Muredachs! ein Jammer ist es um den holdseligen Enkel Cellachs!

2 Haupt der Gelehrten von Leinster, ein vollendeter, freigebiger,

hochberühmter Meister, ein Stern mächtigen Laufes im himmlischen Reich,

ein Nachfolger Conläd es war Cobthach.

Auf den Tod Cobthachs, Abtes von Kildare, im J. 870, den LB loi b sapiens et doctor nennt. Hier steht auch ein kurzes rhythmisches alliterierendes Loblied auf ihn, in dem er büaid bärtbelra bind 'Glorie der süßtönenden weißen Sprache' (d. i. Latein) und mit Bezug auf seine Abkunft tnathgein 'fürstlicher Sprößling' genannt wird. Er scheint sich besonders mit der Apostelgeschichte beschäftigt zu haben, denn das Gedicht erwähnt acta na n-apstal n-üasal. Es ist übrigens zu seinen Lebzeiten abgefaßt, da es am Schlüsse heißt: säerthuind cöemt[h\und cobair (zu lesen: Cobthach?) 'seine Hilfe befreit uns, tut uns Liebes' ^ Cuirrech, das heute Curragh von Kildare genannte Gelände, öfter mit dem Beiwort cuiredach, z. B. Rl 502, 84b 32 (hi ßaith Cuirricli cuiredaich), das auch auf Personen bezüglich vorkommt: m mair Cormac cuiredach Arch. lll 312, 5. sothchernda aus fo-thiycrn-d': eig. 'nach Art eines ' guten Herrn'. ruirthech aus ro-rethech wird H. 3. 18, 74 mit rith mör i cian glossiert. Vgl. ruirthech rfa« RC XX 258. In übertragener Bedeutung intlecht ruirthech Anecd. V26, 5; ciaptar ruirthig a rtg Alex. 572. Der um 520 gestorbene Conläed war der erste Abt- bischof von Kildare.

' So ist auch Tig. 603 mit CS zu lesen: ce du rige, ce du recht usw.

* Dies wird erklärt menic notcöemaiged cobair imm eiach dün in tan bimis ht nochtai. Zu cöemaim in diesem Sinne s. Thurneysen CZ XI 165. Andere Beispiele des Wortes: cäem in gairm noscöema Metr. D. 1 28; Cermait clTarach lucäemad Ir. T. III 15 § 36. In dem- selben Sinne auch cöemaigirn Metr. D. HI 350; LL 308b 37.

Bruchstücke der filteren Li/rik Irlands. 49

107.

Dünadach dind Orchaill äin, gäir fer ndomain, condmaib giall, cathmil cräibdech claiime Cuinn fo chrossaib cuill i nDruimm Chliab. FM 871: adomhan.

Dünadach vom glorreichen Orchaill, der (Schlacht-) Ruf der Männer der

Welt, mit Scharen von Geiseln, ein frommer Krieger aus Conns Geschlecht,

liegt unter Kreuzen aus Haselholz in Drumcliff.

Auf den 873 gestorbenen Fürsten von Cenel Coirpi-e mör, einem in der heiitigeu Baronie Carburv in der Grafschaft Sligo ansässigen Stamm, wie Hogan Onom. 217 b gegen O'DoNovAN, FM I 517 Anm. o gezeigt liat. der ihn nach Longford verlegen wollte. Dort liegt Drumcliff und gewiß auch Orchaill, ein Ortsname, dem wir oben Nr. 49 begegnet sind. Zu gäir fer nrioman vgl. Colmän (^lüana, gäir cach ttiir FM 924. condem {ü) f. eigentlich 'Dinquartierung', 'Gästeschar'. Vgl. connem naltgtan nöfbüasal SR 1656 von Adam und den .Seinen, denen die Krde zum Wohnsitz angewiesen wli-d: 'na cönnim comihrüaig ib. 3458 von Josephs Brüdern in .^Igypten. Im Buch von Fenagh S. 194, 4 wird ein aus Haselholz gemachtes Kreuz erwähnt, das als cathach in der Schlacht vorangetragen wird. Hier sind Totenkreuze gemeint.

108.

1 Gmä gnan ar cöimchlainde, cenn cräbuid inse hEbir, mad gab näsad nöibrainne comorba Cianäin chelig.

2 Ceinmair sämad sorchaidc dia mba cenn, ceimm cen chiä,

dirsan mind mör molbthaide, ar cara cöimfind Gniä.

Three Fi-agm. S. 196, FM 870: herahir FM do ghabh / noemprainne M molbhthaighe FM gniaa F.

1 Gnia, die Sonne unseres holden Geschlechtes, Haupt der B'römmig- keit von Eber's Insel, schön ist er in die Versammlung der Heiligenschar eingezogen, der Nachfolger Gianäns, des (iefthrtenumgebeiien.

2 Glückselig die erlauchte Gemeinde, deren Haupt er war, eine un- getrübte Würde. Ach um das große gepriesene Diadem, unseren hold- seligen Freund Gnia!

Auf den im .1. 872 gestorbenen Bischof und Abt des von Cianän gegründeten Dam liac (j. Duleek) (aucorita et epincopus et scriba opÜmux AU). Zu celech vgl. Cerball cräibthedi celech (Jhron. Scot S. 182. mind molbthaide wie ba molbthach in mind Metr. Dinds. II 10, 14.

109.

Mör liach Cinäed, grata mind, macc Coscraig co srethaib snö, in breo büada, baile bard, comarbba ard Achaid Bö. FM 874: snau. Phil.-hist. Ahh. JÜjy. Ar. 7. 7

dO k. Meyee;

Groß ist die Trauer um Cinäed, ein hochgeehrtes Diadem, den Sohn Coscrachs mit Reihen von strömenden Scharen, die Flamme des Triumphs, die Verzückung der Barden, den erhabenen Nachfolger von Achad Bö.

Auf den 876 erfolgten Tod Cinäeds, Abtes von Achad C'.-iinnig (Aghaboe) in Ossory.

snö (anau, snU) 'Strom' gehört zur erweiterten Wurzel snä-u-, die in i-ä*, skr. snauti vorliegt. 8. Walde s. v. tio. Im eigentlichen Sinne tar Segsa snü Metr. D. II 78, 15; i sruth na sirdrung na snäu SR 2183. Die Dichter verwenden es im Sinne von 'Menschenstrom, Menge' wie SR 6759 dann DauJd, sretha snö seil. Das Wort liegt wohl auch in snö-brat vor, das 'King and Herrait' § 23 ein dichterisches Beiwort für den Sonmier ist, etwa 'mit wallendem Mantel'.

Zu haile bard vgl. becc do mör molamair . . tria haile hard Arch. III 219. Wie die 'f'ontri- butions' S. 167 zeigen, ist der Sinn des Wortes baile besonders prophetia, aisling, fis.

110.

Bröen macc Tigernaig cen göi, cadla a erchloss fon mbith ce, Oengus do guin amal Bröin. cani öin do decraib De?

882, FM 880: a nm. U erclos codd. che 17 loen U decraidh M.

Bröen, der Sohn Tigemachs ohne Falsch, herrlich war sein Ruhm in dieser Welt. Daß Oengus gleich Bröen erschlagen ist, ist das nicht eins von den Wundem Gottes?

Auf den Tod von Bröen, Sohn von Tigernach und Oengus mac Mäele düin durch Feindeshand im Jahre 883. er-chlosg auch LL 287328: ttnfaid ferchlos Erendmay. Vgl. den Eigennamen Aurchlosach Rl 502 152b 10.

111.

1 Tromm ceö for cöiced mBressail ötbath le(j Liphi lessaig, tromma esnada Assail do brön tesbada Tressaig.

2 Scith mo menma, müad mo gnäs, ö luid Tressach i tiugbäs, osnad Oenaig Liphi läin Laigen co muir macc Becäin.

FM 884: tromcheo o atbath i liphi tromm Uuidh lifi laighin.

1 Schwer lastet der Nebel über Bressals Provinz hin, seit der Löwe des vestereichen Life gestorben ist; schwer ertönen die Klagelieder Assais aus Kummer über den Verlust Tressachs.

2 Matt ist mein Sinn, verstört mein Anblick, seit Tressach in den Tod ging; bis an das Meer von Leinster dringt das Seufzen des menschen- reichen Oenach Lifi um den Sohn Becäns.

Aus einem Gedicht von Flann mac Lonäin auf den 887 in der Schlacht gefallenen Häuptling der Ui Baiirche Maige, Tressacli mac Becäin. S. Zur kelt. Wortkunde § 230. Zu iiuy-bSs vgl. mani toirsed tonn tiugbäis Rl 502, 84b 41 ; dt-och tiugbSis SR 6725; LL 284a 44.

Bruehstiicke der älteren Lyrik Irlands. 51

112.

1 Ni forlaig talam togu, ni targa Temro tum,

ni tairchell Eriu irmar fer fo Mäel minglan Muru.

2 Ni essib bäs cen dolmai. ni roächt gnäs co marbu,

nir iadad talam trebthach for senchaid badid n-amni.

AU 886 (vgl. 879), FM 884: farlaig U talmain toccha M thaigai temru U i ttemraig tura M taircell U trebthaigh M badidamru U badidamhra M.

1 Es hat die auserlesene Erde niqht bedeckt, es wird zu Taras Türmen nicht kommen, das länderreiche Irland hegt keinen Mann wie den milden herrlichen Mäel Muru.

2 Es hat nicht den Tod ohne Zagen getrunken, es ist nicht in die

tremeinschaft zu den Toten gekommen, es hat sich die bebaute Erde nicht

über einen Kenner des Altertums geschlossen, der berühmter wäre als er.

Aul" den Tod des Dichters Mäel Mnrii von Othan (Fathan) im J. 887, den die Annalen iTgfili Brenn 'Dichterkönig von Irland' nennen. Außer einem großen Gedichte auf die Be- siedelungen Irlands besitzen wir leider nur Bruchstücke von ihm. Zu talam togu vgl. talam toga CO meit rath Er. I 39 § 4. Trmar - 'irach, zu rriu 'Land'. Vgl. fri hErinn n-traig LL 127330. dolma (ia) f. 'Unbereitschaft, Langsamkeit, Zögern', z. B. cid so, a Duid, a dohna nombiif YBL 123a 28. trebthaig M gäbe Reim auf senchaid. Ys i.st vielleicht tal- main trtbthaig zu lesen, indem sich beim I'assiv der Akk. statt des Nom. in der späteren Sprache öfter findet.

113.

1 Mör liach Muiredach Maige Liphi, läech linib cuire,

ri Laigen co lir lebenn, macc Brain, büaid nErenn uile.

2 Inmuin gnüis. cäiniu ngaib, cöim düis fo ligaib löraib, gilithir süss a sidib, robriss for milib möraib.

FM 882: coUer caoinibh güither sidhaibh.

1 Groß ist der Schmerz um Muredach von Life's Ebene, ein Held mit Reiben von Heereshaufen; ein König von Leinster bis an die Meeresestrade, Brans Sohn, der Ruhmesstolz von ganz Irland.

2 Lieb war sein Antlitz, das schönste unter Königen, ein holdes Kleinod mit reicher Farbenpracht; so weiß war sein Leib wie aus Feenland, viele Tausende hat er besiegt.

Auf den Tod von Muredach mac Brain, König von Leinster und Abt von Kildare {rei Laginentium et princfps Cille Dara AU) im Jahre 885.

7* .

52 K Meyer:

114.

Ba liach üä Cathail cain, foben suba Beraich,

macc rig Rätha Baccäin büain, Oinäed cinged gin nGabrüain.

FM 886.

Es ist ein Jammer um den edlen Enkel Cathals. es vernichtet die Freude

von Berachs Geschlecht, der Königssohn von Baccäns dauernder Veste,

Ginäed. der den Paß von Gabrän zu beschreiten pflegte.

Auf den 890 gestorbenen Cinäed mac Cenneitig, Thronfolger von Läigis (Leix), wo auch Räith Baccäin lag, aus dem Geschlecht der Fi Beraig, einem der forsluinti der Ti (rarrchon (Rl 502, 1 20b t4). gin ('Mund') Gabrüain dichtei'isch statt Belach oder Belat Gabräin, Name eines bekannten Passes zwischen Leinster und Ossory. Zur Form Gabrüan (Gabrön) vgl. Alt. Dicht. II 13. cingim mit Acc. wie in Nr. 121.

115.

1 Gilla Cellaig so aniar. gobar Oellaig lais 'na läim,

is mana der in scel garb, ni dalb, is marb macc Derb-äil.

2 Ni böi macc rig rigi tor fo Chellach ngormainech nglan.

teglach fo theglach ind fir ni fil fo nim. niamda gal.

YIA 890, die zweite Strophe auch AU 894: an scel as ni fail V ^ ri M niabtha U.

1 Cellachs Bursche kommt hier von Westen, Cellachs Roß führt er in der Hand; die bittre Nachricht ist eine Vorbedeutung von Tränen, es ist 'kein Lug:' tot ist Derbäils Sohn.

2 Es gab keinen Sohn eines scharenbelierrschenden Königs wie den

edlen Cellaeh mit leuchtendem Antlitz: ein Hausgesinde wie seines gibt

es nicht unter dem Himmel, so glänzend an Heldentaten.

Auf den im Jahre 895 erschlagenen Cellach mac Flannacäin, Thronfolger von Bregia {iTgdomna lireg n-uite AU). Die Strophen werden seinem Vater zugeschrieben. Derb-äil, der Name der Mutter.

116.

Hi cetäin chrüaid scarus-sa fri Mäel Rüanaid rän rathach, diä dardain gabus-sa ceill for ingnais maicc ni'athar.

FM 896 : cruaidh ran rath.

Bruchstücke der älteren Lyrik Irlands. 53

An einem grausamen Mittwoch trennte ich mich von Mäel Rüanaid

dem herrlichen, huldreichen: am Donnerstag ward ich inne, daß ich den

Sohn meines Vaters nicht wiedersehen werde.

Auf Mäel Rüanaid mac Flainii, Sohn des Königs von Irland, der 901 in einem durch den Stamm der Luigni in Brand gestecktem Hause umkam. Die Verse sind einem Bruder von ihm in den Mund gelegt.

117.

Ruiri echtadi Essa Rüaid, imma tecraitis mörsh'iaig, assib dig mbäis, bäeglach se, iar cräd ui lesse. FM 899 : immottecraitis.

Der tatenreiche Großkönig von Ess Rüaid, um welches sich große

Kriegsscharen ordneten, hat einen Todestrunk getrunken er hatte sich in

Gefahr begeben, nachdem er den Sohn vom Stamme Jesses vergewaltigt hatte.

Auf den Tod Fogartachs. Sohnes von Mäel doraid, Königs von Cenel Conaill mit dem Sitz in Ess Rüaid, der 904 durch einen Unglücksfall umkam. üa li-'sse ist eine oft vor- kommende Bezeichnung für Christus, lesse dreisilbig wie SR 5802, 5984 usw. Der Dichter sieht den Tod Fogartachs als Strafe für Kirchenraub oder dgi. an. Zu bäeglach xe vgl. fianda se (sie leg.) Festschr. Stokes 5 § 10.

na

1 Muiredach, ced nach cöinid, a chöimu?

is domna do dunebad, is nell co nime nöibu.

2 Mörthesbaid int ordnide, macc Cormaic milib maisse, a minn foroll forglide ba caindel cecha claisse.

AU 911: cainid coemu noemhu oirdnigi maissi claisi.

1 Muredach, was beklagt ihr ihn nicht, ihr Dichter? Es ist ein Grund zu allgemeinem Sterben, es ist eine Wolke (der Trauer) bis zu den Heiligen des Himmels.

2 Ein großer Verlust ist der Erlauchte, Cormacs Sohn mit tausend Vorzügen, das mächtige erlesene Diadem, das eine Leuchte jeder Ver- sammlung war.

Auf den Tod des im Jahre 91 2 im Refektorium des Klosters durch den Blitz erschlagenen Mnredach, Abt von Dniim Inasciainn, Jetzt Dromiskin in Louth.

54 K. Meyer:

119.

Dirsan bith i mbethaid dam d'eis rig Göidel ocus Gall: toirsech mo rose, crin mo ehre ö rothoimsed fe fri Flann.

Corm. § 606 : beith B Im dritten Vers ksen YH: erin cen degollam de rotoimsed Y ratoimsead B rotoimsid U.

Wehe daß ich noch am Leben bin nach dem König der Galen und Nordleute! Betrübt ist mein Auge, es verzehrt sich mein Leib, nachdem man Flann mit der Rute gemessen hat.

Bezieht sich wohl auf Flano mac Mail Sechnaill, König von Irland, der von 879 bis 916 herrschte. Da die Handschrift M von Cormacs Glossar die Verse nicht enthält, sind sie dort späterer Zusatz, wie sie denn ja auch nach Coiinaps Tode verfaßt sind. Die Lesart von B im dritten Vers ist vorzuziehen, weil sie den Anfangsreim toirsech auf •thoimsed hat, der sich an einer ähnlichen Stelle in Metr. Dinns. III 186,51 wiederholt: toirsech bäs de. rotoimsed /e fri cness rlgftr. wo die Hss. fälschlich rothoimstch lesen. fe hieß die Rute aus Eibenholz, mit der man den Toten Maß nahm {flesc idaith domitte frisna colnai Corm.).

120.

Immon cathbarr, imma clethe co rnan reilseng, immon rig reil, immon ngrein a hinchaib Eirenn, immon ndaig nderg ndergöir buidi bätar ili, immon mbarr fo tallat uili, imm Flann Midi. Ir. T. III 8 § 9: imma /?« relseang B reg- H reid sneid Ä" ima rig H rell B imma grein H ngren BB' ar infl in inncaibh B" breccatar nili H breactoir ile B" fontalla B".

Um den Schlachthelm, um den Dachfirst, der bis ans glänzend duftige Meer ragte, um den glanzvollen König, um die Sonne, die über Irland scheint, um die rote Flamme gelbroten Goldes waren viele versammelt, um die Krone, unter der alle Raum finden, um Flann von Meath.

Aus einer Totenklage des 930 gestorbenen Dichters Öengus mac Oengusa auf König Flann von Irland [ut dixit Oengus mac Äengusa i marhnaidh Floind S. 25 § 9).

121.

Ba dethbir do Göidelaib dia lectis dera fola nat. cing Tailtin töidenaig üä Flainn Flann in Broga. , FM 930: da taillte taoidhen.

Es wäre recht, wenn die Galen blutige Tränen vergössen, daß der Enkel Flanns, Flann vom Brug, nicht mehr das scharen reiche Tailtin beschreitet.

Auf den Tod Flanns, des Sohnes Mäel Finnias, Herrschers von Bregia, durch Cumascach von den Ui Echach im Jahre 931. Da wir Reim auf Göidelaib erwarten müssen, ist Tailtin töidenaig wohl sichere Konjektur.

Bruchstücke der älteren Li/rik Irlands. 55

122.

Mäel Mochta don Midemaig, mör liach in chröib chäin cliiimra. atbath cenn na hanmchairte, cäinchomrac moltach Magna. FM 940: craubh caoim cumhra caoacomrac.

Mäel Mochta von der Ebene von Meath, groß ist der Jammer um den

schönen duftenden Zweig! Das Haupt des geistlichen Zuspruches' ist

gestorben, die gepriesene Huld von Mugna.

Auf den Tod MSel Mo.chtas. Abtes und Schreibers von Clonard in Meath im .lahre 941. Ob statt cäinchomrac etwa cair chomraic zu lesen ist, was z. B. Lism. L. 737 von Colum (Jiile gebraucht wird? Sonst ist cäinchomrac, 'freundliches Entgegenkommen', das auch als Eigenname vorkommt, hier personifiziert gebraucht.

123.

1 Ma robith üa Bressail Bricc, gnb thuir thricc thressaig, for torc, öndiu CO bräth mbairnech mbalc ni ticfa Laignech fo Lore.

2 Lorcän Laigen i treib throch, maigen cet clpth, carad nath, dirsan d'föidiuch rolin bith, is crith, is coiniud, is cath.

3 Coimdiu cöicid Göidel ngäeth, ma rogüet for läech, ni lith,

ba lug lonn fri h'imni i n-ätli, is beimm do bräth ma robith.

FM 941 : tuir tric treasach oniu troch dfaidhiuch caineadh coimde ngaoidheal rogaeth.

1 Wenn der Nachkomme Bresal Brecs erschlagen worden ist, ein Greif von einem schnellen streitbaren Herrscher, euer Eber, von heute an bis zum zornigen gewaltigen jüngsten Gericht wird keiner aus Leinster kommen wie Lore.

2 Lorcän von Leinster in der Wohnung der Todgeweihten ! er, die Stätte von Hunderten von Ruhmessprüchen, er, der die Dichtkunst liebte, wehe über den Jammerruf, der die Welt erfüllt hat, es ist ein Zittern, ein Wehklagen, ist ein Kampf.

2 Wenn der Herr einer Provinz der weisen Galen, wenn euer Held getötet worden ist, es ist kein Fest; er war ein kühner Luchs zum Sprung in die P'urt, es ist ein Schlag der Vernichtung, wenn er erschlagen ist.

Auf den im Kampf gegen die Wikinger von Dublin im Jahre 942 gefallenen König von I.iein.ster Lorcän, den Sohn Fäeläns. t^bei' Konstruktionen wie grib thuir s. Alt. Dicht. 1

' Wörtlich 'der Seelenfi-eundschaft , d. h. der Beichtiger.

56 K. Meye&:

S. 2 2. Meine Emendation thressaig gibt Reim auf Bressail. Zu torc im Sinne von 'Anführer' vgl. Sitzungsber. 1918 S. 1033 und füge hinzu: Tar marbad in tuirc TüathaU LL 13t a 22 : marbaid in tret immon torc'. FM 866. Zu der Anwendung von maigen auf Personen vgl. magen cicrad Ir. T. I 104, 3.

124.

Dessid digal ocus dith for sil clainne Cuinn co bräth;

nad mair Muirchertach, ba'liach, dilechta lath Göidel ngnäth.

AU 942 : gaidhel.

Rache und Verderben haben sich auf immerdar auf den Stamm der

Kinder Conus gesenkt. Da Murcliertach nicht mehr lebt, es ist ein

Jammer! ist das Land der trauten Galen verwaist.

Bezieht sich auf den Tod des Königs von Ailöch, Murchertach mac Neill mit dem Beinamen ^a cochall croicinn der Mäntel aus Tierhaut', der 943 von den Dänen unter Bläkäri (ir. Bläcäir) bei Clüain Cäin im Gebiet der Fir Ross ei-schlagen wurde. gwUh ist ein beliebtes Beiwort der Dichter für die Galen. S. Cäin Ad. § 27 und Anecd. 11 28 §15: ar (lind Gall is Gäidel ngnäth.

125.

Dublitir dind ecnai üaig, ba büaid frecrai fri cech mbäig,

ba süi legind lebraig löir, ba dlüim öir ös Erinn äin. FM 990: leabhraidh.

Dublitir, Gipfel der vollendeten Weisheit, er war glorreich in Beant- wortung jeglicher Streitfrage, er war ein Meister der vollkommenen Buch- gelehrsamkeit, er war eine massige Wolke von Gold Ober dem herrlichen Irland.

Auf den Tod von Dublitir 5a Bruatair, Lektors von Lethglinn, j. Old Leighlinn in der Grafschaft Carlow, im Jahre 991. Zu dlüim öir vgl. Issäc, . . . ba cUütm öir SR 2831.

126.

Diarmait dind ind ecnai äin. fer co fialblait, co n-ollbäig, dirsan, a Ri na recht ran, ec do thuidecht "na chomdäil.

FM 991 : eccna allbäigh comhdhail.

Diarmit, der Gipfel der herrlichen Weisheit, ein Mann von freigebiger Kraft, von großer Huld weh, o König der glorreichen Gesetze, daß der Tod zum Stelldichein mit ihm gekommen ist.

Auf den Tod Diannits, Lektors von Kildare und Abtes von Clüain Ednech, jetzt Clonenagh bei Mountrath in Queen's County, im Jahre 992.

BnKhstncke der alteren Lyrik Irluruh. f)?

127.

1 Int ecnaid, int ardepscop, in nöib De co feib delba, rofäith üainn ind apstalacht ötluid Äed a täeb Themra.

2 Nad mair Aed don Bregmaig binn co ngelblaid glinn glethe rann, espa in glögemin gledenn grinn. testa legenn Erenn and.

FM 1004: ndelbha anabsalacht.

1 Der Weise, der Erzbischof, der Heilige Gottes von herrlicher Gestalt I Die Apostelschaft ist von uns gegangen, seit Äed von der Seite Taras ge- schieden ist.

2 Da Aed von der lieblichen Ebene von Bregia nicht mehr lebt, mit hellem gesichertem Ruhm, der Lieder schmückt, dahin ist das glanz- farbige, liebliche, leuchtende Juwel, die Crelehrsamkeit Irlands ist in ihm versiegt.

Auf den Tod Aeds, Abtbischofs vDn Trevet in Meath im Jahre 1005. Nach den Annalen von Ulster starb er im 72sten Jahre in Ai-magh. Trevet liegt nicht weit südlich von Tara. Zum Vergleich mit meiner T'bersetzung setze ich die Coigans (Trias Thaumat. S. 297) her:

Iste sapiens, archiepiscopus. .Sanctus Dei decorus forma:

Transiit a nobis Apostolus, quando decessit Aidus ex partibus Temoriae.

Quandoquidem non vivit Aidus de Bregniagia speciosa. vir celebris faniae,

lucens iucerna;

(O detrimentum!) ppetiosa gemma, decus claruni, iiiteriit in eo doctrina Hiberniae.

128.

A choscar derg dedenach fescor ocon Ath Buide, tricha laithe lemennach o sin co cenn a uide. FM 1022 (I 800): occan mbuidhe.

Sein letzter blutiger Triumph an dem Abend bei der Gelben Furt: von da an bis zum Ende seiner Lebensreise war ein Sprung von dreißig Tagen.

Auf den Sieg König Mäel Sechlainus des Großen über die Wikinger von Dublin bei Ath Buide (.Athboy) in Meath, einen Monat vor seinem Tode (A. D. 1022).

129.

Scela möra, maidm catha, dith flatha Findruis, rofersat Gaill grafainn fornn, atbath ar tonn indmais.

Ir. T. III 63 § 128: grafann B fornd ß um. L atbath am. L innabais L. Phil.-higt. Äbh. 1919. Ar. 7. 8

58 K. Meykr:

Große Neuigkeit! eine Niederlage in der Schlacht! Tod des Fürsten

von Findros ! Die Wikinger haben das Wettrennen gegen uns gewonnen,

unsere Woge des Reichtums ist untergegangen.

Findross, jetzt 'the Rosses' in Tirconoell. Jeraim grafainn auch LL 206'' 9, TFerbe 55. yrafann im Sinne von 'Schlacht': ;' ngrafaind Galt LL 33a 16. 52; ria grafuiny na crcch Er. V 246, 14.

13Ö.

Mac Mail da lüa in legind leir, a bäs d'Erinn is acbeil, i log a chertgnim do chein füair nem i tertid Apreil.

Fei. Lxxiv, Fel.= 114 (11. April): aicbeil chirtgnim.

Der Sohn Mäel-dä-lüa's, des fleißigen Gelehrten, sein Tod ist für Irland schrecklich; zum Lohne seiner langjährigen rechtlichen Taten ist er an den dritten Iden des April in den Himmel aufgenommen worden.

Auf Senöir, 'aircbiepiscopus Ibernie', dessen Todesjahr unbekannt ist.

131.

Colmän mac Commäin, mairg duine nachaciä, epscop samlaid din Muma sech ni raba, ni biä. Fei. Clxx (21. Nov.).

Colmän, Commäns Sohn, wehe dem Menschen, der ihn nicht beweint! Ein Bischof wie er aus Munster ist weder dagewesen noch wird er wieder- kommen.

Der Heilige, dessen Todesjahr unbekannt ist, lebte auf der Insel Ärv airthir, jetzt Inisheer, der östlichsten von den drei Araninseln in der Bucht von Galway. Sie zählten zu Corco Modruad und damit zu Munster.

Bruchstücke der älteren Lyrik Irlands. 59

Gedichte auf Örtlichkeiten.

132.

Ind räith i comair in däirfedo,

ba Bruidgi, ba Cathail,

ba hÄedo, ba hAilello,

ba Conaing, ba Cuilini,

ocus ba Mäele Düin.

Ind räith dar eis cäich ar üair,

is ind rig foäit i n-üir.

LL JH*" 29, Rawl. 512, 122648: diruda L deis cach rig K iarnuair L 7 na sluaig fooit Ä 7 na rig ronfoat L.

Die Feste gegenüber dem Eichenwald, einst war sie Bruidges, sie

war Cathals, war Aeds und Ailills, Conings und Cuilines und war Mäel

Düins. Einen nach dem andern Oberdauert die Feste; doch die Könige

schlummern in der Erde.

Wird dem heil. Berchäii zugeschrieben und bezieht sich auf Räil/i Imyäoi, jetzt Hatharigen in der Grafschaft Kildare. Die aufgezählten Besitzer der Feste gehören alle zum Geschlecht der L'i Berraidi, den Nachkommen von Oengus Berraide, die um Leccach, jetzt Lackagh in Offaley, ansässig waren.

133.

Tech Dtiinn dämaig, dün Congaile, carrac rüadfäebrach räthaigthe, räith rig fri län lir fethaigthe, fail nir, net gnphe grädaigthe.

Ir. T. III 22 § 66, 49 § 88, 98 § 161, vgl. Corm. § 968: suadh faebrach ruidles rataifii rro imneam neach gribe gnathaige »«tc. B rodricht riler feachtnaighthi B recht lan leir M rodrict re 1er fechtnaigthe L rothricht re lan 1er 7/ rath righ rech lan ler ß' foluing nert ngribe H foll ner neit nett LB feil neir fall neir M fail nir Corm. M.

Haus des scharenreichen Donn, Feste Congals, rotkantiger Felsen der Bürgschaft, Königsburg an stiller Meeresflut, Lagerstätte eines Ebers, Nest eines Greifen der Ehren.

über Tech Duüm s. Sitzgsber. 1919, S. 537.

8*

/

fiO . K. Meyer:

134.

Ni bu inmuin fid Fuirme san chan äsas imm Thuirbe: atomchumben a dule, nimanaig a fidrube. Corm. § 56: fil hi taeban in tuirbe U. 2. 15 adotnchumben Y anaicc Y.

Der Wald von Fuirme (?) soll (mir) nicht lieb sein, der rings um Turbe wächst: seine Blätter stechen mich, sein Waldhag schützt mich nicht.

M liest: Nip inmain fid fuirigin | ßl a täeb an tnirigin || atomchaine usw. und am Schluß irdruihe, was wohl aus fidruibe verlesen ist. Die Strophe wird Mac Sämäin (8. Jh.) zugeschrieben, 'odei' Mäel odräin', wie YBL hinzusetzt, d. h. wohl mac Mäel odräin. Über Mac Sämäin mit dem Beinamen Garbdaire s. Aisl. M., S. 7, 24. duh (iä) f. Kollektiv zu duü 'Blatt'. Vgl. Lai. /o/ivm. fid-rube (io) n. auch LL 193" 40 {bat fälis hat fidruba). r-^ Da die Verse unter dem Worte aittenn 'Ginster' zitiert sind, beziehen sie sich auf einen Wald von Ginstersträuchern, die in Irland oft die Höhe von Bäumen erreichen. Ob/uirwie hier wirklich Ortsname ist, weiß ich nicht zu sagen. Tuirbe dagegen ist ein bekannter Ort in der Graf- schaft Dublin, jetzt Turvey genannt, fuirigin und liiiriyin (M), was vielleicht die ursprüng- liche Lesart bewahrt, kann ich nicht deuten.

135.

Atä sund ös chind int slüaig find fota neim,

foceird faid hglüair ngrind cloc bind i cill Choluim hüi Neil!.

LL 37'' 22: focheird.

Es steht hier zu Häupten der Schar ein gesegneter, hoher, glanzbe- deckter Eibenbaum. Die süß tönende Glocke in der Kirche Columbas vom Stamme Nialls sendet hellen, lieblichen Schall.

Die Strophe ist als Beispiel des Fehlers rofota zitiert, was sich wohl darauf bezieht, daß das Versmaß 7' + 5- sein soll, während die Reimverse hier sechs Silben enthalten.

136.

Gnan önd üair ei-ges co fuined dar cech feice, cid mör tic dar slessaih sräite d'essaib eicne, is Cell Ite as ferr cosin tite teite. Ir. T. III 75 § 39: o fuineadh M thic B is ferr ß tidhe thede M.

Von der Stunde an, da sich die Sonne über jede Dachfirst erhebt, bis zu

ihrem Untergang wie weit sie auch reist über die Seiten von Straßen bis zu

lachsreichen Wasserfällen Cell Ite ist der beste Ort . . . , den sie besucht.

Cell-lte, die Kirche der heil. Ite, jetzt Killeedy in der Grafschaft Limerick. fite, durch Reim auf Ite und Alliteration mit teite gesichert, ist ein mir unbekanntem Wort Ein ab- geleitetes Adj. seheint LL 143'' 4 vorzuliegen: in titech tren Tripto[lim].

Bmchstiickp der älteren Lyrik Irlands. 61

137.

Dün da Lethglass linib tuile, siiairc, srethmas co saine, conid adba amra uile for bruig Banba braine. Ir. T. III 39 § 34: liriaib tuili B srethnas B amra om. B bruine codd.

Dün da Lethglas mit Segensfülle, glanzvoll, herrlich ausgebreitet, einzig- artig, so daß es ganz ein wundervoller Wohnsitz ist auf dem Rand- gebiete Islands.

Dün da Letfaglas, der alte Name für Downpatrick in der Grafschaft Down. Ich konstruiere for bruig braine Banba, worin auf die Lage des Ortes in der Nähe der Ostküste angespielt wird.

138.

Tir da Locha, forsiuhg fotha, fond fochrotha cricha cfian, caill cöilfota, cuibrend büadach, bärc roetrocht rüamach rüad. LL 37 b 8: caille cailfota bare reil.

Tir da Locha, ein weitgestreckter Grund, ein Boden, der die Hafen- gebiete erschüttert, ein schlanker, hoher Wald, ein sieggewohntes Gebiet, eine glänzende, helleuchtende, ruhmvolle rote Barke.

Aus einem Gedichte des 918 gestorbenen Dichters Flann mac Lonäin auf die Üi Delbna 'llre Da Locha, deren Gebiet in Connacht zwischen Loch Corrib und Loch Lurgan lag. Man beachte den dreifachen Binnenreim in der ersten Langzeile. Die Strophe ist als Beispiel für den metrischen Fehler clöen crette, d. h. etwa 'schiefer Bau', angeführt, was sich wohl auf caille und reil bezieht, durch deren Beibehaltung wii- eine schiefe Silbenzahl erhalten würden. Das Versmaß ist augenscheinlich 8' + 7'. fonn 'Boden, Gebiet': an fonn 7 an ferann gin Er. V 90, 21 : teora fuind crTche Crmaill Fen. 314, 14; is slnyed la forinaib dogres RC XX 132, 9.

139.

Less Rüadrach rcbänach, se slüagach sribänach, less n-enach n-ailenach, less f(^rach fidänach. Ir. T. III 92 § 135: leas.

Rüadri's Hof voller Lustbarkeit, voller Kriegsscharen und Strömen von Menschen, ein vogelreicher Hof voller Anhöhen, grasicht und baumreich.

nilmi bedeutet wie inis und kymr. yny.i nicht nur 'Insel', sondern auch eine von sumpfigem VViesenland umgebene Anhöhe.

62 K. Meyeh:

140.

Dün dithogla do slüaig, srüaim ndorcha ndoräm, räd erdairc do bith, bithfairgge forlän. Ir. T. 111 60 § 118: dothsluagh doram bith fairge.

Die unzerstörbare Feste deiner Kriegerschar, ein dunkler, schwer zu befahrender Strom, ein Ruhmesspruch für die (ganze) Welt, ein übervolles ewiges Meer.

141.

Femen indiu is ferr a chäch met a thened is a thüath, eolchaire na nöeb cen dith, crich dian cöem ceolchaire chüach. Ir. T. III 78 § 47 : cach HBB'' dan M diui H na BB^.

Schöner als je ist Femen heute mit der Menge seiner Feuerherde und Volksstämme: unvergängliches Land der Sehnsucht der Heiligen, Gebiet mit dem holden Kuckucksgesang.

142.

In Mumu re lind Fingein maicc Äedo, roptar läna a cuileda, roptar toirthig a treba. Tig. 618: muma fingen aeda lan toirrtigh.

Das Land Munster zur Zeit Fingens des Sohnes Aeds voll waren seine Vorratskammern, fruchtbar waren seine Heimstätten.

Fingen mac Aeda maic Chrinithainn. König von Munster, starb 619. Er stammte aus dem Geschlechte der Eoganacht Chaissil, s. Rawl. 502, 154c, 5. Die Verse, deren Reime recht ungehobelt sind, werden seiner Witwe In den Mund gelegt.

143.

Bec cech tir is cech talam, bec cech brig is cech bunad, bec cech glör is cech gredan acht medar mör na Muman. rZ VIII 561 aus Add. 30, 512, fol. 55^: medhair.

(xering ist jedes Land und alle Erde, gering jede Macht und jeder Bestand, gering alles Jauchzen und Frohlocken außer der großen frohen Lust von Munster.

Wird Sadb, der Tochter Conns Cetchathach. beigelegt, die mit Ailill Aulomm, König von Munster, vermählt vs^ar. S. Rawl. 502, 153 b 45.

Brmfistücke der alteren Lyrik Irlands. fi3

144.

Bendach, a De, Cenn Corad, corob ferr indä Femen, büaile donn rodluiged, bruiden tonn ocus tened. Ir. T. III 85 § 8 1 : coro B ina B ana M bruighean donn B.

Segne, Gott, Kincora, daß es schöner werde als Femen ist! Eine

kraftvolle Viehhürde, die nie auseinandergerissen wurde, ein Hof von

Wogen (des Überflusses) und (gastlicher) Herdfeuer.

Cenn Corad, seit Brian Böruma, aus dessen Zelt die Verse vielleicht stammen, Sitz der Könige von Munster, wähi-end Mag Femiu bisher als solcher gegolten hatte.

145.

Int Imblech rosöir Ailbe dia bachail

is öin ina erdarcus ö ü[i]r dar etan Cathail.

Imblech, das Albe mit seinem Stabe geheiligt hat, ist einzig in

seinem Ruhme durch die Erde, welche sich über Cathals Stirne gelegt hat.

Die Strophe findet sich in den Annalen von Inisfallen (Rawl. B 503) zum Todesjahre König Caihals mac Finguine (742), auf dessen Beisetzung in dem durch Albe gegründeten und nach ihm benannten Kloster Imblech Ailbi, jetzt Emly in der Grafschaft Tipperai-y, sie sich bezieht: Cathal mac Finguine ri hErend moritur, de quo Mar Muman dixif. Wenn hier Mör Muman als Verfasserin genannt wird, so ist das ein grober Anachronismus; denn diese Tochter Aed Bennäns starb 632. Es ist wohl Fer Muman zu lesen, ein Dichter, der im 8-/9. Jh. lebte. Außer den in meinem 'Primer of Irlsh Metrics' erwähnten Gedichten wird ihm in Ir. T. III 34 § 10 (BB 203» 31) ein Vers beigelegt, der wohl so zu lesen ist:

Moiono m&c Mäiti hUmai. Hier mag Mosono eine Koseform etwa für den Namen Sonid sein.

146.

Macha mainbthech medrait müaid, sailmthech a slüaig selbait nöib, ni tarla mürchlad a müir dar düil mar Dünchad üa mBröin. FM 987 and CZ III S. 36: Macamh molbthach Z sluagh M braoin M

Das reiche Armagh, welches edle (Dichter) froh besingen, ein Haus

der Psalmen sind seine Scharen, das Heilige besitzen: nie hat sich der

Deich seines Erdwalles über ein Wesen wie Dünchad vom Stamme der

Ui Bröin gesenkt.

Auf Dünchad üa Bröin, Abt von Clonmacnois, der im Jahre 988 ;im 16. Januar in Armagh starb. Die Strophe wird dem Dichter Eochaid üa Flannacäin (gejt. 1003) zugeschrieben. Bei Colgan, Acta Sanctorum Hiberniae, S. 106, findet sich eine Vita des Heiligen. -- Zu mainbthech s. Wx. Dicht. I S. 49 § 31.

64 K. Meyer:

147.

Mag Raigni rindänach i rric tress tulguirt,

äibind a . . . ärach, airdirc a ainm : clär lethan länfota longphortach linmar, füair ardrig n-änrata co n-ilur airm. Ir. T. III 95 § 147: taulguirt M ainarach B amiarach M airdrigh anrata B ilar nairm B.

Die grasreiche Ebene von Raigne, in die der bittere Frontkampf' sich erstreckt, lieblich ist ihr . . . , berühmt ihr Name. Eine breite, langgedehnte Fläche, voller Heereslager und Scharen, sie hat einen heldenhaften Hoch- könig gefunden mit einer Menge Waffen.

Im dritten Vers muß ein Reim auf rindänach stehen, etwa fiud-arach 'gesegnete Ge- wahrleistung'.

147 a.

Dairbri deligthe Dairbri, ili aidbli ossoca,

eochrann öcläechda uillech direch duillech dossfota.

Ir. T. III 13 § 23, 42 § 48: uis oca M hosaea B ocbada L ocslattach B' dellech duillecA H drongach duillech B' dosada B.

Ein erlesener Eichenhügel ist Dairbri, (wo) viele gewaltige Hirsch- lein (sind), (und) ein heldenmäßiger Eibenbaum, ein vielkantiger, gerader, blätterreicher, langbuschiger.

Über einen Dairbri genannten Ort in Munster s. Hogan s. v. Mit den Hirschlein sind junge Krieger, mit dem Eibenbaum ihr Antührer gemeint. Dair-bri (g), im Reim auf aidbli, ist die ui'sprüngliche Form des Wortes, nicht dairbre, und die Bedeutung 'Eichenhügel', dann 'Eichwald' und schließlich 'Eiche'. Der Personenname Dairbre ist kein echter, sondern, wie so mancher andere, nur zur Erklärung des Ortsnamens aus demselben erschlossen.

' Wörthch 'ein frontbitterer Kampf.

Hruch^tncke der nlteren Lyiik Irlands. ()5

in. Vermischtes. A. Aus Natur^edichten.

148.

Mingur, gringur, certän cruinne, cäi for barraib, bind a guth, rongab [gathjland tria gäi ngrene, rocar . . . siebe in suth. O'Mulc. 830 e.

Kleines Getöse, liebliches Getöse, zarte Musik der Welten, ein Kuckuck mit süßer Stimme auf Wipfeln; Sonnenstäubchen spielen im Sonnenstrahl, die jungen Rinder haben . . . des Berges liebgewonnen.

Gringur dem Reim auf minyur zuliebe statt yriun-gur geschrieben. Ebenso (/ringen LL 164'' 10 (Metr. D. I 38) = griun-gtn lieblicher Ursprung' im Keim mit Frigrenn. Tai -gur vgl. (onn-gur 'WogenschwalT, smUt-gur 'Qualm', dtnn-gur 'Staubwirbel'. Es ist wohl identisch mit gnr 'Eiter' ' und stellt sich zur }/ gnr- 'erhitzen', indem es das Sieden und Wallen be- deutet Vgl. unser 'Brandung'. certän cniinne auch in 'King and Hermit' § 25 von In- sektenschwärmen gebraucht, wo ich es mit 'the little musicians of the world' übersetzt habe. " Zu meiner Konjektur gathland hat mich u. a. der Kettenstabreiiu veranlaßt, der sich durch die ganze Strophe hinzieht und auch in der Lacuna in der vierten Zeile wohl ein mit ••■ anlautendes und auf gathland reimendes Wort verlangt, gathlann. eig. 'Spieß', wie LL 146'' i6 mo gathlann inn umaide. Eine Nebenform gaithlenn oben Nr. 23. suth könnte auch 'Wetter' bedeuten. S. Corm. § 604 und 1226.

149.

Fegaid üaib sair fothüaid in muir müaid milach: adba rön rebach rän rogab län linad. Ir. T. in 38 § 24, 102 § 187: muad LBM mhuaidh mhilach // riabach H roghab muir lan H ragab M.

Erschaut vor euch gen Nordost das wilde (?) tierreiche Meer. Der Wohnsitz der Seehunde, der lustigen, glänzenden, ist in voller Flut.

'L\x fegaid üaib vgl. atchonnaic an ingen Uaitht griantaitnem na n-etach ri-examailVerni.6ga.: a fir feachus üait an cnämh 'O Mensch, der du den Knochen vor dir erblickst' RC XVI 17. muir milach 'mare belluosum' Horaz. müaid (i), hier im Reim mit -tüaid, eine Nebenform von müad (o). Die genaue Bedeutung ist unsicher. Etwa wild'. Es wird auch SR 7906 vom Meer gebraucht (Umn müad Mara Alind); vgl. 7858. Ebenso _/br mörthuinn mSajrf O'Mulc. 268. Zu adba rön vgl. rön rian 'Pfad der Seehunde' Four Songs 20 § i, was an hrän-räd in alt- englischen Gedichten erinnert. So heißt die See L'Z VIII 197 § 5 magen mongach rönach.

' Ein Kompositum in-gor (iongar U'R ) in derselben Bedeutung hat Stokes Br. D. D. § 164 verkannt, wo er es mit 'misery' übersetzt.

Phil..hi»t. Abk. 1919. Nr. 7. . 9

66 K. Meyek:

150.

Int (in bec roleic feit do rind guip glanbuidi, foceird fäid ös Loch Läig Ion do chräib charrbuidi.

Ir. T. III 99 § 167: roleg B fochwd B guib codd. cafbhuidhe B crandmaige M.

Der kleine Vogel hat aus der Spitze des blanken gelben Schnabels

einen Pfiff erschallen lassen; die Amsel sendet von dem gelbbuschigen

Baume einen Ruf über Loch Läig.

Ich lese carrbuide und fasse es des Reimes wegen als für corrbuide geschrieben. Vgl. eich corrderga 'rotschnauzige Rosse' Br. D. D. 51. Gelb ist eine der Lieblingsfarben der Galen.

151.

Ach, a luin, is buide duit cäit 'sa muine a fuil do net, a dithrebaig nad clind cloc, is bind boc sithamail th'fet. LBr. S. 36 marg. sup. (Gael. Journ. IV 115): fuil as tfet.

Ah, Amsel, du bist zufrieden, wo auch dein Nest im Busche ist. Ein- siedler, der du keine Glocke läutest, süß, sanft, friedlich ist dein Pfeifenton.

In fuil soll der Punkt über dem / nach der Schreibweise von LB die Nasalierung ausdrücken. clind steht nach der Aussprache von Ostmunster für ding. Ein Sub- stantiv ding 'Glockenschall' findet sich Hardiman 11 412: td ding na nmrhh teis an ngaoith.

152.

Tüatha abacc usci üair, glüair conanat i cach däil.

O'Mulc. § 3 : in gach.

Die Bibervölker des kalten Wassers, reinlich hausen sie in jeder Ver- sammlung.

153. Sliab Cüa cüanach corrachdub, golaid gäeth imm a glimie,

gäirit coin imm a chluidthi, beccid borbdam banodur isind fagomur imme,

eigid corr ös a chluichthi. Ir. T. III 87 § 99 : gairit macluighthe coin add. ego isin uime cluichthi.

Das Guagebirge, wo Wolfsrudel hausen, rauh und schwarz es klagt der Wind um seine Talschluchten, Wölfe heulen um seine Klüfte; im Herbste bellt der weibchenfahle, grimme Hirsch ringsumher, über seinen Felsen schreit der Reiher.

Bntchstiiclie der älteren Lyrik Irlands. 67

Stiab CSa (Mons cavus), das Knockmealdowngebirge an der Grenze von Tipperary und Waterford. Meine Konjektur coin gibt die nötige Silbcnzahl und Alliteration. c'uiiitke, von clod, wie c/uichthe von doch. banodur (nicht hänodur), im Reime axti fagomur, soll wohl die im Herbste graubraun werdende Farbe der Behaamng bezeichnen, die der- jenigen der Weibchen ähnelt.

IM.

üar ind adaig i Möiii Möir, feraid dertain ni deröil, dorddän fristib in gäeth glan gessid os chaille clithar. Ir. T. ni 67 § 2 : deaitan •!• sneachta B dertan risthib // dorrdan rostibh B oschailli clithair B.

Kalt ist die Nacht in Möin Mör, ein gewaltiger Regensturm gießt

herab; eine wilde Weise, gegen welche der reine Wind anlacht, brüllt über

dem Schutz des Waldes.

Die Strophe findet sich auch im Buch der l'i Maine fol. 191 a, mit der Lesart dnrdan im 3. Vei'S und den Glossen gesid •{• bi>anaid und caille clithar •{■ guirün. iibim 'lache' wird, wie hier vom Winde, besonders oft von Wellen gebraucht: doroichtis na tonna adochum cu tihtts uimme Lism. L 2171 : conacca carraig mbie ß-issitibed an tonn RC X 88,2, wo Stokes ein Verbum tibim 'schlage' vermutet und CTeieo), CTieeu heranzieht; rothib tond tairis LL 175a 20 die Welle hüpfte lachend über ihn': Ivid dar cech tuind dia tibed 213a 42. Aber der Ge- brauch mit einem Objekt im Akk. tibit lulmag Alinne LL 162b 8 'sie (die Flüsse) ... die Ebene von Alenn' ist schwer zu erklären. Es liegt wohl Korruptel vor, da alle anderen Hss anders lesen (Metr. Dinds. II 82. 44). IJcs vielleicht tibit tar mag Alinnr. Ein anderer metaphoiischer Gebrauch findet sich Rl 502. 84 b 13, wo es dichterisch heißt 'die Herrschaft lächelte einem Könige' (rothib ind/laith linih/eh . . . fri hAilitl).

155.

Ronbris, ronbrüi, ronbäid, a Ri richid rindglaine, rongeilt in gäeth feib geiles nemäed forderg fidnaige. (»"Mulc. 830g, H. 3. 18, 614'» (Zur Kelt. Woitk. ij 108): in richid codd. geilius codd. fidnaidhe H aod codfl. nemaed ego.

Es hat uns gebrochen, os hat uns zermalmt, es hat uns ertränkt, o König des sternerglänzenden Himmelreichs. Der Sturm hat uns ver- zehrt wie tiefrotes Himmelsfeuer Holzwerk verzehrt.

156.

Täinic gaimred co ngainni, rolinsat lethe linni, arlegat duile degnad, rogab tonn medrach miniii. IL 3. 18, 624 und 661, H. 4. 22, 67'": gemred //' geimredh H'' ngainde W letha H^ linne

codd. airicgat W //' iarleghadh //' degna W dighna //' rongab codd. medrech W med-

rarh IP minne codd.

68 K. Meyer.

Der rauhe Winter ist gekommen, die Wasser haben die Flachlande angefüllt, Fröste lösen die Blätter, die lustige Woge hat angefangen zu grollen.

Zum API. linni vgl. linni crö I>L 275'» 44. ar-legaim 'löse auf zur vleg, Ped. § 758. Ich fasse degnad, das durch reodh (kymr. rhew) glossiert is^, als NPi. eines Neutrums. medrach (in Leb. Gab. mit greadhnach glossiert) ein häufiges Beiwort der See. z. B. a tond medrach mend LU 40^ 5, muir medrach mend, ib. 15; ttagam tar muir medraig möir Eg. 1782, all» 2. minne (iä) f. eig. 'Stammeln, Murmeln'.

157.

Rucht fothuind fithend föi, andord ela, inmuin öi,

osnad echtge, älaind lüad, lin mucc müad, mend medras eöi.

Corm. § 662 : inmhain aui.

Das Grunzen aus dem Sauenlager . . . . , der Schwäne Gesang, dem

Ohre lieb, der Schrei des Käuzchens, ein lieblicher Ton, die Zahl der

wilden Schweine, klar erschallt des Kuckucks Ruf.

Wird Fer Muman (8./9. .Ih.) zugeschrieben. Durchgehender Kettenstabreim. ruehl, von O'Cleiy durch ro-iachtadh erklärt, bedeutet r.iuhe Geräusche mancherlei Art: rabert sun a rucht rmled bar aird LL 80'' 34; rucht claidih loo'' 25, 176'' 4: von tierischen Lauten: rucht ruip Anecd. II 48, 17. Es gehört gewiß zu lat. meto und seinen Verwandten; s. Walde s. V. erUgo. fothond wird durch muctaithe erklärt. Ob das für muc-laige 'Schweinelager' verschrieben ist!' ßthend föi ist mir unverständlich, auch fehlt eine Silbe. öi fasse ich als Dat. zu ö (s) n. 'Ohr. Vgl. ar aui Torm. § 44. Es läge dann eine alte Konsti-uktion vor, die sich bei Dichtern erhalten hat. Über evhtaih (ä) f. siehe Sitzungsber. 1919 S. 394.

158.

Gochuill choss ngall, gaimin bran. Corm. § 683 : cochall coss Y cocholl chos B gemin B brain YB.

Die Fußbekleidung der Schwäne, die Winterröcke der Raben.

Als Beispiel fiir gall •(• ela 'Schwan'. Wird Fer Muman zugeschrieben. Wohl aus einem Winterlied. gaimtn (o) ni., ursprünglich das Winterfell der Tiere.

159.

Daith bech buide a hüaim i n-üaim, ni süail a uide la grein, for fuluth sa mag mär, dag a dagchomul 'na cheir. ACC § 46, H. 3. 18, 612 a : dagh beich B foiaid san mag H daj;: a dath cumang a cheir R.

Bnichstilcke der n'lteren Lyrik Irlands. 69

Von Höhle zu Höhle (schwärmt) behend die gelbe Biene, keine

winzige Reise macht sie in der Sonne; munter fliegt sie davon in die

große Ebene, dann schlüpft sie tapfer in ihr Wachs hinein.

Ich fasse daith pi-ädikativ; doch könnte es auch attributiv verwendet sein, indem bei Dichtern ein Adjektiv dem \omen voraufgehen, das andere folgen kajin, wie ich 'Four Songs' S. 6 gezeigt habe. fvluth, Abstr. zu fo-lu- (PED. § 769). S. Corm. § 663. a dag-chnmut wörtlich 'ihre gute Vereinigung'.

B. Aus Liebes^edichten.

160.

Cride he, daire cnö, öcän e, pöcän dö. Ir. T. ni loo § 177: ogan pogan.

Er ist ein Herz, eine Ntiß des Eichenwaldes, ein lieber Junge ein Kflßchen ihm!

161.

Mac rig Müaide mid samraid füair i fid üaine ingin, tue mess ndub a draignib, tue airgib sub ar sibnib.

YBL ii8a marg. inf. : nieas dub.

Der Sohn des Königs vom Flusse Muad fand im Mittsommer in einem grünen Walde ein Mädchen ; die gab ihm schwarze Frucht von Brombeer- sträuchern, sie gab ihm mit {Liebe8)zeichen (?) Erdbeerfrucht auf Binsen.

Müad (ä) f., jetzt Moy genannt, der sich in die Bucht von Killala eingießende Fhiß. Wenn airgib auf draignib reimen soll, wie sub auf dub, so steht es wohl für airdib, was ich übersetzt habe. Lst dagegen äirgib zu lesen, so wäre es DPI. von ärach und etwa 'als An- gebinde' zu übersetzen.

162.

Cöinmair 'na luing indfota oca mbiat a lennata oc imram ard allata iar n-ingnais a mennata. Fei. XCVU: lennada.

Glückselig, wer in seinem langgespitzten Schiff mit seinen Herzliebsten hoch und stolz dahinfährt, von seinem Heimatsitze geschieden.

lennata (ä) f., die mit dem Deminutiv sufiix -nat gebildete weibliche Nebenform zu lennän 'Liebling'. Vgl. gilla cen tennoit hingen cen lendän Kr. IV 124, 11.

70 K. Meteb:

C. Aus Liedern der Freundschaft. 163.

Ar corrucän cumraide, ollurcbal ar nglanbaile; nisfüar cöem a chomdile, ciaso döer, is dagduine. LL 37 c 48: ollurgbail.

Unser süßer kleiner Kranich, großer Stolz unserer ruhmreichen Stätte, ich habe keinen Freund gefunden, der mir so lieb wäre ; ist er gleich ein Unfreier, ist er ein Edelmann.

Da man sich Kraniche als zahme Haustiere hielt (vgl. petia cuirre Aisl. M. 51, 28), so wird corr im Sinne von 'Liebling' gebraucht. oll-urcbä! (im Reim mit cnrrueän, eig. 'große Erhebung'. Vgl. indochäl. cumraide, lig. 'süßschmeckend oder duftend' (cnö cumraide Ir. T. III 106, 22) in übertragenem Sinne auch LL 129a 14 rT cumraide in Chairn; muinter chumraide Er. VIII 16 § 18.

164.

Cara dam 1 Cill da Chellöc, mad äil düib, dofessid: pianän i mbi corca fäsaig, Cianän dona Dessib. Ir. T. III 105 § 210: niucarasa acill B' mad ail duib om. B conrofesidh B arafesed M pianan •!• rus M.

Ich habe einen Freund in Cell da Chellöc; wenn ihr es wünscht, sollt ihr wissen, wer es ist: ein kleiner Quälgeist (?), in dem wilder Hafer wächst, Cianän vom Stamm der Dessi.

Wird einem sonst unbekannten l a Derglega ' zugeschrieben. Cell da Chellöc, jetzt Kilraallock in der Grafschaft Limerick. Die Glosse rus in M (Thirn. Zu ir. Hss. I 72) ist mir unverständlich.

165.

Atä cara oobel cain dam-sa for maig Laigen lir, segguine seng, soäes bär, dian comainm säl soillsi gil. Ir. T. III 22 § 65, 49 § 87 : cobal BL combail B' seguine B sedghuineach B' sedgumed L soas B soaes L comainm HLB' slän LB'.

Ich habe einen edlen freigebigen. Freund auf der Ebene des meer- umspülten Leinster, einen schlanken Hirscherleger, einen Weisen vom besten Alter, der den Beinamen 'Meer des weißen Glanzes' fuhrt.

' Gen. von Derg-liaig 'Wundarzt, Chirurg'.

Bruekstiicke der älteren Li/rlk Irlands. 71

Die f-esart cohel statt co mbail ist der Alliteration wegen vorzuziehen. Der Komparativ coblu zu cobel (aus *com-fel) steht Fei. Epil. 74 (sie leg.). Thurneysen RC XHI 274 liest segguinech und vergleicht Corni. § 1168, wo die Hss segguiue (sedguim: LM), sedguinid (seguinidh Y), segguinech [seghuincch B) lesen, alles drei mögliche Fonnen. Es wäre denk- bar, daß soainm 'schöiiei' Name' zu lesen ist, was noch eine Alliteration geben würde, die im 1. und 3. Verse auch dreifach gehäuft ist. Der Name, auf den versteckt hingewiesen wird, fing wohl mit Muir- oder Ler- an.

166.

Mo chara-sa Cnäroine caras iath nEli n-achtach,

bid fäilid frim dämine cia domecma cet marcach.

Ir. T. III 63 § 1 29, H. 3. 1 8, 654 : mo carasa no diliu H charas L rocbar H achtach uo echttach H dameni H domfacced LL nobeinn tricha H.

Mein Freund Cnämine, der das tatenreiche Land von Ele liebt, wird

mich mit meiner kleinen Gästeschar willkommen heißen, wenn aucli

hundert Reiter mit mir kämen.

Wird in LL und H. 3. 18 dem Dichter Flann mac Lonäin (gest. 896) zugeschrieben. Unter dämtns ist das Gefolge (die Schüler, Pflegesöhne und Gesinde) des Dichters zu ver- steheu. Ei«, jetzt Ely O'Cari-ol in Munster.

167.

Conchobar üa Cadla, crim muicce fiada ar äth n-aba,

cuin dorala in cara i n-üathad?

Duine darbu brigrad briathar,

fer ara tabar tirad ocus brö ocus criathar

ocus fuine ocus imfuine cen ithe do Räith chliathbän Crüachan.

Ir. T. III 100 § 178: muici fiadha B darbo M brighräd B criath- B cria M imuine M cliathad cruachadh B.

Conchobar vom Stamm der Ui Chadla, Zungenfarn an der Furt des

Flusses, wann ist der Freund allein? Ein Mensch, dem der Schwall

der Worte zuviel war, ein Mann, dem Dörren und Mahlen und Sieben

und Backen und Kochen für die Burg von Crüachu mit weißem Geflecht

auferlegt wird, ohne daß er selbst zu essen bekommt.

Die Strophe enthält sechs Verse von neun Silben. Die Li Chadla finde ich sonst nicht erwähnt. crim muicce ftada, das 'lingua cervina' (engl, hart's tongue) genannte Farrea- kraut. Zu i n-nathad vgl. in tan biid i n-Uathud Rl. 502, 112'' 50. Es ist nicht etwa robrifrad zu lesen, wie ich Contr. S. 262 annahm, da brigrad auf ttrad reimt.

72 K. M E Y E R : Brw/isti/cke der älteren Lyrik Irlands.

Inhalt.

Seile

I. Aus Gedichten auf Personen 5

A.. Loblieder i 58 5

B. Spott- und Schmählieder 59 88 27

C. Totenklagen 89 131 37

II. Aus Gedichten auf örtlichkeiten 132 147a 59

III. Vermischtes 65

A. Aus Naturgedichten 148 1 59 65

B. Aus Liebesgedichten 160 162 69

C. Aus Liedern der Freundschaft 163 167 70

Berlin, gedruckt in der Reiclisdruckerei.

ABHANDLUNGEN

DER PREUSSISCHEN

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

JAHRGANG 1919 PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE KLASSE

Nr, 8

; BERKELEYS PHILOSOPHIE IM LICHTE SEINES WISSENSCHAFTLICHEN TAGEBUCHS

„nAEON HMICY nANTOC" l VON

l BENNO ERDMANN

BERLIN 1919

VERLAG DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

IN KOMMISSION BEI DER VEREINIGUNG WISSENSCHAFTLICHER VERLEGER WALTER DE GRIIYTER U. CO.

VORMALS O. J. UÖStHKNS« IIE VERLACiSHANBI.lUG. J. GUTTENTACi, VKBLAGSBIK llHANDl.L'NC UEOBGKEiaER. KARL J. TROBNER. VEIT U. COMP.

Vorgetragen in der Sitzung der phil.-hist. Klasse am 19. Juni 1919. Zum Drucli eingereicht am gleichen Tage, ausgegeben am 30. August 1919.

Vorwort

Wir besitzen in dem 1871 zuerst veröffentlichten wissenschaftlichen Tage- buch Berkeleys ein einzigartiges Dokument philosophischer Gedankenent- wicklung, aber in unzureichendem Text und in einer Druckfolge, die das Verständnis des inneren Zusammenhangs der Aufzeichnungen unmöglich machte, bis ihm eine glückliche Entdeckung, wie sie nur dem Kundigen gelingen konnte, die Wege bahnte. Leider aber hat Theodor Lorenz die äußeren Kriterien, die seine Entdeckung ermöglichten und sicherten, in einer Kürze mitgeteilt, die seine scharfsinnigen und wohlfundierten Beob- achtungs- und Deutungsergebnisse als gewagte Hypothesen erscheinen ließen. Sie sind deshalb völlig unbeachtet geblieben. Die Ergänzung, die Lorenz mir auf meine Anfrage vor längeren Jahren bereitwilligst gegeben hat, war für mich überzeugend und ermöglichte eine Nachprüfung der von ihm ge- lieferten äußeren Daten an dem inneren Zusammenhang der Aufzeichnungen. Eine einfache und in allen Einzelheiten sicher lösbare Aufgabe war diese Nachprüfung trotz der mir von Lorenz gleichfalls zur Verfügung gestellten Textbesserungen und -Ergänzungen nicht. Ich wäre an der peinlichen Kleinarbeit, einen im wesentlichen gesicherten Text herzustellen, schier erlahmt, um so mehr, als Lorenz anscheinend keine Gelegenheit gefunden hat, die von ilim in Aussicht gestellte zweite Kollation mit dem Manu- skript vorzunehmen. Auch den inneren Zusammenhang zu ermitteln forderte harte und zeitraubende Arbeit, sehr viel mehr Monate, als ich ursprüng- lich Wochen in Aussicht genommen hatte. Mich hat die wundervolle Per- sönlichkeit Berkeleys und die im[)etuose Paradoxie seiner philosophischen Gedanken seit Jahrzehnten zu einer genaueren Beschäftigung mit seinen Schriften gereizt. Dennoch wäre die Arbeit wohl, wie manches andere, liegen geblieben, hätte ich nicht das Gefühl gehabt, eine Art Vermächtftis

4 Erdmann:

von Lorenz erfüllen zu müssen, der, seit Jahrzehnten in England lebend, inmitten der Kriegsjahre verschollen ist, und hätten sich mir nicht im Laufe der Prüfung manche virertvolle historische Erkenntnisse erschlossen, wäre endlich der Abschluß der Arbeit nicht das einzige Mittel gewesen, dem Tagebuch Berkeleys die ihm gebührende Wertung zu verschaffen. Schließlich hat der Abschluß der Untersuchung mir auch über die geistige Depression hinweggeholfen, die meine Arbeitskraft seit dem Ausgang des Krieges und seinen Folgen für unser Vaterland lähmte.

Der Assistentin unseres philosophischen Seminars, Frl. cand. phil. Gertrud Jung, sage ich für ihre so sachverständige wie sorgsame Beihilfe zur Textverbesserung auch an dieser Stelle herzlichen Dank.

Berlin, 14. August 19 19

Erdmann

Abkürzungen.

Fr. AI IV: The Works of George Berkeley ... by Alexander Campbell

Fräser, Oxford 1871. Fr. BI ^IV: The Works ofGeorgeBerkeley ... by A.C. Fräser, Oxford 1901. Fr. C: Selections from Berkeley annotated ... by A. C. Fräser,

Oxford 19 10. Fr. D: A. C. Fräser, Berkeley, Philosophical Classics III, 1881 u. ö. Ich zitiere die Cheap Edition, Edinburgh and London 1903. C. P. B. : Berkeleys, von Fräser sogenanntes Commonplace Book. (00): Die Aufzeichnungen des C. P. B. nach meiner Zälilung'.

Der Sperrdruck im Text rührt durchgängig von mir her.

* Es ist keine große Aufgabe für den kritischen Leser, diese Zählung, die leider nicht einfach fortlaufend sein konnte, auf Grund der drei Anhänge zu dieser Untersuchung, vor- erst der Anhänge I und II, herzustellen und den Text von Fr. B nach Anhang I und II zu bessern.

Berkeleys Philosophie im Lichte seines misstnschaftlichen Tagebuchs.

Inhalt.

Seite

Einleitung 7 f.

Methodologisches zur Geschichte der Philosophie 7

Berkeleys wissenschaftliches Tagebuch in den Ausgaben von Fräser 9

Lorenz' Hypothesen über das Tagebuch und seine Textverbesserungen von Fräsers

Ausgabe B 14

Abhandlung 19 f.

Zeitbestimmungen zum Tagebuch, den Statuten und den Eintragungen IT XXIII 20

Die frühesten nachstatutarischen Eintragungen: Die Idee des Immaterialismus . 27

Entwicklungsbedingungen der Philosophie Berkeleys 31 f.

Die religiöse Grundstimmung Berkeleys 32

Sein Anfangsstudium der Mathematik 35

Der scheinbare Einfluß der Platonischen Philosophie 36

Die religiöse Reaktion gegen den Rationalismus der Philosophie des 17. Jahr- hunderts (Malebranche u. A.) 38

Der Einfluß der Lehre Lockes auf Berkeley 41

Berkeleys Umbildung von Lockes Lehre zum Immaterialismus 44

Die lediglich kritischen Funktionen von Berkeleys Abstraktionstheorie 47

Berkeleys Lehre von den spirits in den Schriften Berkeleys bis 1734 61

Die Entwicklung dieser I^hre im Tagebuch 66 f.

Die Unsterblichkeit der Geister und deren Abhängigkeit von Gott 67

Die endlichen Geister 70 f.

Der Begriff der Existenz '. 72

Kraft und Kausalität 76

Die Erkenntnis der fremden Geister 82

Das Identitätsproblem 82

Die Substantialität der Geister 85

Der Gesamtcharakter der Lehre im Tagebuch 91 f

New Theoiy und Treatise 91

My Doctrine« 95

Stellung zur Mathematik und den Naturwissenschaften 96

Stellung zur philosophischen Überlieferung 99

Schlußbemerkungen 99 f.

Anhang I: Reduktion des Tagebuchtextes von Fr. B auf Fr. A 103 f.

Anhang IT: Textverbesserungen von Lorenz zu Fr. A 106f

Anhang III: Die in der Abhandlung zitierten Tagebuch-Eintragungen 114 f.

Anmerkungen 1 16£.

Die Geschichtsschreibung der Pliilosophie hat den sachlichen Entwick- lungszusammenhang der philosophischen Gedanken bloßzulegen. Sie soll ihrem Ziel nach wie jede Wissenschaft international die langsam sich zusammenschließenden Fortschritte der philosophischen Problem- stellungen und -Lösungen in den verschiedenen, an dieser Entwicklung beteiligten Ländern aufdecken. Ihr Material bilden die philosophischen Strömungen und Systeme in ihrer Abhängigkeit von der jeweils vor- handenen Kulturlage, in ihrem Einfluß auf dieselbe sowie in ihrer Abhängig- keit voneinander. Ihre Aufgabe kann somit weder lediglich in einer zu- sammenfassenden Wiedergabe der einzelnen Systeme, noch in einer isolierenden Behandlung der in ihnen enthaltenen Probleme und Problemlösungen gesucht werden. Eine solche Wiedergabe ließe die Weiterbildung der einzelnen Probleme in ihrem wechselseitigen Zusammenhang selbst dann nicht deutlich erkennen, wenn die Systeme nicht nach der »Beschreibung ihrer Urheber«, sondern nach den Ideen erfaßt wären, die den systematischen Darstellungen gestaltend zugrunde liegen. Die isolierende Behandlung der Probleme da- gegen vermag den inneren Ztisammenhang der philosophischen Gedanken, der sich, jede Zeit erfüllend, in verschiedenen Strömungen und Systemen spiegelt, niemals zum Ausdruck zu bringen.

Die Aufgabe der philosophischen Geschichtsschreibung, die fort- schreitende Entwicklung der Probleme im Zusammenhang der leitenden Systeme und der sie ergänzenden Gedankenströmungen aufzuzeigen, ist schon deshalb leichter gestellt als gelöst.

Zwei weitere Schwierigkeiten kommen hemmend hinzu.

Ejs gibt wie überhaupt keine rein objektive Geschichtsbetrachtung, so auch keine solche der Geschiclite der Philosophie. Jeder Geschichtsforscher trägt die Ideen seiner Zeit, die Überlieferungen seines Volkes, seinen

8 Erdmann:

eigenen Standpunkt und selbst den Eigenwillen seiner Persönlichkeit in seine Auffassung des geschichtlichen Verlaufs hinein, auch wenn er nicht in der Weise der politischen Historiker die Vergangenheit lediglich um die ihm wertvollen Bedürfnisse der Gegenwart orientiert, dem Vergangenen also, uneingedenk eines tiefsinnigen Wortes von Ranke, sein Eigenrecht verkümmert oder gar vorenthält.

Außerdem sind bei der Bestimmung eines jeden Gliedes der historischen Entwicklung zwei philosophische Betrachtungsweisen zu vereinigen, die in verschiedenen Richtungen verlaufen. Die objektive Entwicklung der Gedanken geht andere Wege, als ihr subjektiver Ursprung im Geiste der Philosophen. Eine Geschichte philosophischer Probleme, etwa des Substanz- oder des Kausalproblems, könnte, ähnlich wie eine Geschichte der Infinitesimal- rechnung oder des Satzes von der Erhaltung der Energie, geschrieben werden, ohne daß einer der Träger dieser Entwicklung auch nur genannt zu werden brauchte. Es würde genügen, ihren Anteil an der Fortbildung der Gedanken aus den Problemlagen ihrer Zeit nach seinem sachlichen Gehalt und seinem Einfluß festzustellen. Die Geschichte der Philosophie dagegen würde bei so isolierender Betrachtung, ähnlich wie die Geschichte der als olfenbart geltenden Religionen, der bildenden Künste oder der Literatur, das Verständnis fiir die Bedeutung der Persönlichkeiten in ihrer Wechselwirkung mit dem Milieu ihrer Zeit verlieren. Sind es letzten Grundes überall und immerdar die führenden Geister, welche die Geschichte machen, so sind sie es auf den genannten Gebieten in besonderem Maße. Wie Einer ist, so ist nicht bloß sein Gott, so ist ihm auch die Welt.

Deshalb verlangt die philosophische Geschichtsforschung, daß die individuelle Entwicklung der Persönlichkeiten mitberücksichtigt werde. Sie fordert damit den Einschlag biographischer Fäden in das Gewebe des sachlichen Entwicklungszusammenhangs.

Freilich nur einen Einschlag. Das Biographische gehört in die eigentliche Geschichtsforschung nur so weit hinein, als es den objektiven Zusammen- hang bestimmen hilft, selbst wo es möglich ist, die individuellen und die Milieubedingungen der subjektiven Entwicklung sicher zu verfolgen.

Quellenmäßig ist allerdings diese Sicherheit auch in der Geschichte der Philosophie nur in bescheidenem Umfang zu erlangen. Die primären Quellen, die von den Autoren selbst veröffentlichten Schriften, gewähren zumeist auch dann keine festen Anhaltspunkte, wenn über ihre zeitliche

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. 9

Folge kein Streit sein kann. Die Wege der Begründung unserer Gedanken sind eben meist andere, als die ihres Ursprungs waren. Und nicht häufig ist das Bedürfnis, auch wo dem Urheber der Ursprung seiner Lehr- meinungen aus dem dunklen Gebiet des Unterbewußtseins und dem meist verschlossenen der unbewußt vollzogenen geistigen Arbeit feststeht, darüber Rechenschaft zu geben. Der Regel nach sind wir auf sekundäre Quellen angewiesen. Auch diese aber bieten niu* ausnahmsweise einen festen Boden; eigentlich nur dann, wenn es sich um Formulierungen der Gedanken un- mittelbar nach ihrem Status nascendi handelt, die ohne alle Nebenabsichten und emotionelle Trübungen, gleichsam protokollarisch, niedergeschrieben sind. Das Beste hat, wie in allen Geisteswissenschaften, die aus eigenem Erleben quellende, nachverstehende Intuition zu leisten.

Ich kenne nur ein umfassenderes Dokument dieser Art: das wissen- schaftliche Tagebuch des jugendlichen Berkeley. Es ist durch die unvergängliche Frische seiner meist kurzen Eintragungen sehr viel reizvoller als etwa die Bemerkungen Kants zu seinen Vorlesungskompendien, und durch die volle Unbefangenheit seines Urhebers ungleich lehrreicher, als die schon in Rücksicht auf direkte Veröffentlichung geschriebenen Tagebuchaufzeichnungen Schopenhauers.

Es gewährt fürs erste einen vielfach überraschenden Einblick in die Entwicklung und den Zusammenhang philosophischer Gedanken, die durch ihre Fortbildung, insbesondere bei Hume, sowie durch die Kritik, die sie herausgefordert haben, teils in den Vorstufen des französischen Positivismus, bei d'Alembert und Turgot, teils in der schottischen Philosophie, vor allem bei Th. Reid, und in deren Gegenkritik durch Priestley (^), zu den fruchtbarsten des achtzehnten Jahrhunderts gehören. Sie gewähren solches historische und systematische Verständnis insbesondere auch für den- jenigen Bestand dieser Lehrmeinungen, durch den Berkeley sich unver- gängliche Verdienste um den nicht allzugroßen ehernen Besitz an philo- sophischer Erkenntnis erworben hat: für die psychologischen Theorien der Gesichtswahmehmung und der Abstraktion, sowie für die erkenntnistheo- retische Begründung des idealistischen Spiritualismus. Man kann die An- erkennung, die Stuart Mill in seinem feinsinnigen Aufsatz über »Berkeley's Life and Writings« ausgesprochen hat, übertrieben finden: »we think it recognised that of all who, from the earliest times, have applied the Phil.-hisl.AbA. 1919. Nr. 8. 2

10 E R D M A N N :

powers of their minds to metaphysical inquiries, he is the one of greatest Philosophie genius: thoiigh among these are included Plato, Hobbes, Locke, Hartley, and Hume; Descartes, Spinoza, Leibnitz, and Kant . . . The doctrine of the acquired perceptions of sight . . ., the non-existence of abstract ideas . . ., the true nature and meaning of the externality, which we attribute to the objects of our senses: the three have made Berkeley the turning-point of the higher philosophy in modern times. « (^) Sicher aber ist, daß er trotz Herbert Spencers abfälliger Kritik des Metaphysikers Berkeley in seiner Psychologie (B. VII, eh. 3 u. 4) an allgemeiner Bedeutung Hartley, dem James und Stuart Mill besonders viel verdanken, voransteht, und in eben dieser Hinsicht Hume nicht nachgestellt werden darf. Kants unbilliges Urteil über Berkeley hat hier den Blick der deutschen Forscher getrübt. In der Überlieferung unserer Geschichtsschreibung hat er, auch in den bestfundierten Darstellungen von Windelband und Ernst Cassirer, nicht die gebührende Würdigung gefunden. {^)

Aber die Bedeutung des Tagebuchs reicht über den Gedankenkreis der Philosophie Berkeleys weit hinaus. Noch fehlt uns eine eindringende Darstellung der Art, in der wissenschaftliche, speziell philosophische Ge- danken entstehen und sich entfalten, im Sinne der Versuche der allge- meinen Kunstwissenschaft, in das Wesen der künstlerischen Produktion einzudringen. Auch dafür sind, gemäß den oben gegebenen Andeutungen, die Eintragungen Berkeleys in sein »note-book«, um ein Wort Stuart Mills zu gebrauchen, ein Musterbeispiel, dem kaum ein anderes zur Seite gestellt werden kann.

Abgedruckt ist das Tagebuch zuerst von Fräser in Bd. IV seiner ver- dienstvollen Ausgabe der Werke Berkeleys vom Jahre 1871, daraufhin, allerdings nur zum größeren Teil, in Bd. I seiner zweiten, neugeordneten, teils vermehrten, teils verkürzten Ausgabe vom Jahre 1901. (*)

Fräser hat in der kurzen Charakteristik des Tagebuchs, die seine umfangreiche Biographie Berkeleys enthält (AIVS. 27 36), dessen ent- wicklungsgeschichtliche Bedeutung richtig gewertet und ebenso zutreffend den Standpunkt bezeichnet, von .dem aus die mannigfachen Schwankungen und Widersprüche in solchen Aufzeichnungen gedeutet werden müssen. Aber er konnte schließlich doch nicht umhin zu erklären: »There is little method in the arrangement, though a progress in so mething like chrono- logical Order may, perhaps, be traced in some parts« (A IV S. 419,

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen TagebucJiS. 1 1

30). Glücklich hat daraufhin A. J. Balfour in seinem Essay über Berkeley diesen Eindruck formuliert: »That a collection of this kind, never intended to meet any eyes but those of its author, should contain much that is crude and even absurd, that there should be frequent repetition and no method, is, of course, inevitable. A soliloquy from which these characte- ristics are absent is most surely intended to be overheard. To my taste, therefore, these defects, if defects they be, only add to the vividness, and, therefore, to the interest, of the fragment of intellectual autobio- graphy so fortunately preserved. « (*)

Wiederholt sind dementsprechend einzelne Äußerungen des Tagebuchs zur Erläuterung der Lehre Berkeleys verwendet worden, insbesondere von Fräser selbst in seinen verschiedenen Arbeiten über Berkeley, speziell in seiner kleineren, die größere ergänzenden Darstellung des Lebens und der Lehre des Philosophen (Fr. D), ferner von A. Penjon in seiner Studie über Berkeley (1878), zuletzt, um von zahlreichen kleineren Schriften hier ab- zusehen, von E. Cassirer in seinem Werk über das Erkenntnisproblem (1907) und von Ant. Thomsen in der biographisch wertvollen Schrift übi^r David Hume, sein Leben und seine Lehre (1 191 2 S. 2 i 7f., 2 25f., 2 96f , 4 j 7).

Eine Analyse des Tagebuclis hat jedoch niemand versucht. Diese Zurückhaltung war bis 1905 begreiflich. Über Fräsers Veröffentlichung hat ein Unstern gewaltet.

Seine Beschreibung des Nachlaßmanuskripts beschränkte sich auf zer- streute knappe Bemerkungen. Es ist ihm zufolge »a small quarto volume in Berkeley's handwriting . . . Here and there the writing is nearly obli- terated, apparently by the action of water . . . On the title-page is written, 'G. B. Trin. Dub. alum.," with the date 1705 . . . The manuscript com- mences with these words in Berkeley's own handwriting: . . . 'Mem. The following Statutes ... A. D. 1705' (i) . . . This curious manuscript volume contains also a description of the Cave of Dunmore ... in Berkeley's hand- writing« (A IV S. 419, 23, XII; vgl. B I S. I, 5). Daß ergänzende und berichtigende Bemerkungen Berkeleys vorhanden seien, sowohl »in the margin« als auf »blank« oder »opposite« Seiten, ergab sich nur aus einigen Anmerkungen Fräsers; zumeist war lediglich notiert: »Author«. Der Abdruck war überdies nicht ganz vollständig. Fräser hatte erklärt: »The original manuscript is followed throughout, except the Omission of some of the repetitions of identical thought in the same, or almost the

•2*

12 E R D M A N N :

same, words« (A IV S. 419). Er war außerdem ungleichmäßig insofern, als einzelne der Zusatzbemerkungen in eckigen Klammern dem Text einverleibt waren (z.B. A IV S. 422, 427, 430), während die übrigen ihren Platz in den Anmerkungen gefunden hatten.

Ernstlichere Schwierigkeiten bereiteten Fräsers schwankende Zeitbe- stimmungen. Aus seinen Angaben folgte sicher nur, daß das Manuskript im Januar 1705 der damaligen Zeitrechnung von Berkeley begonnen war (Fr. A IV S. 23). Außerdem zeigte sich mitten im Text das Datum »August 2 8th, 1 708 « (bei Fr. A IV S. 467). In Aufzeichnungen, die weit hinter dieser Textstelle stehen, fand sich auffälligerweise eine Beziehung auf Mr. Newton (A IV S. 493), zu der Fräser selbst anmerkt: "Newton became Sir Isaac on April 16, 1705«, eine Titelbezeichnung, die im Manuskript, wie Fräser gleichfalls anmerkt, erst später (A IV S. 498) angetroffen wird. So werden Fräsers schwankende Zeitangaben einigermaßen verständlich : »The Commonplace Book . . . represents Berkeley's studies, and the course of his thoughts, apparently from about bis eighteenth tili about his twenty- second year . . . at or about the age of twenty . . . apparently in 1 705 and some foUowing years«, »in 1705 and in the two years foUowing«, »1705 and the three foUowing years«, »in 1705 and the two or three foUowing years«, wozu gleich der Ansatz bei Fr. B hinzugenommen werden mag: »This Commonplace Book throws a flood of light upon Berkeley's State of mind between his twentieth and twenty-fourth year. » (^)

Nicht minder auffällig war es, daß Fräser den nach seinen Angaben (A IV S. 23) ersten Teil des Manuskripts, zwei datierte Gruppen Statuten, die erste nach seiner Angabe »in the handwriting of another«, die zweite ohne Herkunftsangabe, sowie zwischen beiden stehende Fragen und Thesen von Berkeleys Hand, seinem »Life and Letters« eingeordnet hatte, während er den zweiten Teil, das in engerem Sinne von ihm sogenannte Common- place Book, in den »Writings of Bishop Berkeley hitherto unpublished« (A IV S. 419 501) zum Abdruck gebracht hatte, ohne dort jenes ersten Teiles zu gedenken. Ebendort (S. 503 f.) findet sich auch die »Description of the Cave of Dunmore« mit der Ortsangabe, sie sei »written at the end of his Commonplace Book, but no date is given«.

Alle diese Unzulänglichkeiten aber mußten für den kritischen Leser hinter den Umstand zurücktreten, daß es unmöglich war, irgendeinen Ent- wicklungszusammenhang in den fortlaufenden Eintragungen AIVS. 419

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebucfis. 13

bis 501 zu erkennen. Schon die ersten dieser Eintragungen in Fräsers Abdruck des von ihm in engerem Sinne sogenannten Commonplace Book zeigen den bereits im einzelnen ausgebauten Standpunkt der späteren Lehre : das Bewußtsein eines »Prinzips«, das Berkeley denf Newtons entgegensetzt, von dem aus er die Meinungen des landläufigen Realismus sowie die Lehren von Bayle, Malebranche und der Cartesianer kritisiert; sie bieten die öfter seit 1871 zitierte Formulierung »existence is percipi, or percipere« mit der' Randbemerkung: »or velle, i. e. agere« (Fr. A IV S. 422 = Fr. B 1 S. 10). Sie enthalten Anmerkungen über die zu befolgende Darstellung in einem offensichtlich geplanten Werk usw. Dagegen finden sich viel später, nach dem oben schon erwähnten Datum vom August 1708, Niederschriften, die allerhand offenbar Unfertiges enthalten, auch nichts von geplanter Aus- gestaltung zu einem Werk verraten.

Ich gestehe, daß es mir lange Zeit hindurch hoffnungslos erschien, irgendeine Ordnung in diesen anscheinend wüsten Haufen zu bringen. Auch andere haben wohl auf die Durchfuhrung eines solchen Versuchs um so eher Verzicht geleistet, als Fräser selbst energischer noch als in der oben bereits angeführten Bemerkung (A IV S. 30) von einem »chaos« gesprochen hatte, »in whicli the reader finds the philosophical remarks in the Common- place Book«. Sein allgemeiner Bericht über die Eintragungen (^) zeigte sogar demjenigen, der ihn an ihrem Bestände prüfte, sofort, daß hier Gewalt vor Recht gegangen war.

Die Sachlage wurde noch bedenklicher, als Fräsers zweite Ausgabe der Werke (B, 1901) erschien. Es war schon seltsam, daß er hier den ersten, 1871 in die Biographie des Philosophen eingerückten Teil des Tagebuchs einfach fortgelassen hatte, ohne dessen in der zwar in einzelnen Punkten ergänzten, aber wesentlich abgekürzten Biographie und in dem Vorwort zu dem Abdruck des zweiten Teiles auch nur mit einem Wort zu gedenken. Überraschender noch war, daß in diesem zweiten Teil(*) die Reihenfolge der Aufzeichnungen zwar erhalten war, daß sich aber, abgesehen von zahlreichen interpunktionellen und orthographischen Ände- rungen und verwirrender Willkür in dem Gebrauch eckiger Klammern, dem kritischen Leser, der einen vergleichenden Blick in die ältere Ausgabe geworfen hätte, wesentliche Textabweichungen hätten ergeben müssen ; über ihre Herkunft hatte Fräser allerdings kein Wort verloren. Ich habe vor Jahren, auf solche Unterschiede aufmerksam geworden, bei Gelegenheit

14 K

R M A N N

seminaristischer Übungen von geschulten Mitgliedern eine sorgsame, von mir kontrollierte Textvergleichung ausführen lassen. Sie zeigte, daß die Ausgabe B, oifenbar zum Zweck der Erläuterung im Fraserschen Sinn, einen an vielen Stellen* ergänzten oder veränderten Text gibt, der niemals direkt, meist überhaupt nicht von Fräser als ergänzt oder verändert erkennbar gemacht worden ist. Daß diese Umformungen einer erneuten Kollation zuzuschreiben sind, ist ausgeschlossen. Es ist nur anzunehmen, daß Fräser seine Anmerkungen über Zusatzbemerkungen Berkeleys nochmals durch- gesehen und da, wo in A nur »Author« steht, fast durcligängig den Ort der Zusätze im MS (vermutlich auf Grund seiner Abschrift) angegeben hat; meist durch ein »on margin«, einmal durch ein »on blank page of the MS«.

Die Aussieht auf eine Ausgabe des Tagebuchs, die allen Textansprüchen genügt und zugleich nach Lorenz' äußeren Angaben und den nachstehenden Bestätigungen aus dem inneren Zusammenhang die ursprüngliche Reihen- folge herstellt, liegt, wie schon im Vorwort zu erwähnen war, in weiter Feme. Soll das Tagebuch bis dahin, wie es verdient, nutzbar werden, so blieb nichts übrig, als die Ergebnisse unserer Seminarkollation der Texte von Fr. A und Fr. B zu veröffentlichen (s. Anhang 1), die in das Hand- exemplar des Berliner Seminars von Lorenz eingetragenen Textergänzungen und -Verbesserungen ebenfalls mitzuteilen (s. Anhang II) und zum Zweck des Verständnisses sowie der Nachprüfung des hier Gebotenen die Ein- tragungen in ihrer richtigen Tagebuchfolge zu numerieren: (oo). Diese Zählung konnte nach der Beschaffenheit der Texte bei Fräser und den Angaben von Lorenz nicht einfach fortlaufend erfolgen. Sie erfordert drei Gruppen: (I XXllI: i 877, 878 917; a f), von denen die beiden mittleren Glieder Zwischenzählungen notwendig machen (z. B. 7 a). Der kritische Leser wolle deshalb in seinen Exemplaren der Ausgaben Fr. A oder B die Zählung gemäß dem Vorschlag in der Anmerkung zu den »Abkürzungen« am Schluß des Vorworts vornehmen.

Den ersten Anlaß zu den vorstehenden Ausführungen und der im Anhang A mitgeteilten Kollation hat, wie ich dankend erkläre, die Rezension von Fräsers Ausgabe B geboten, die Theodor Lorenz im Mind 1902 ver- öffentlicht liat. Lorenz irrte zwar, auf die Ausgabe B angewiesen, darin, daß er annahm, ihr Text des »Commonplace Book« sei ein einfacher Abdruck der Ausgabe A; aber im übrigen zeigte sich auch hier der trefflich geschulte Forscher, als den er sich seit 1 900 durch zwei Beiträge zur Lebensgeschichte

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschafllichen Tagebuchs. -1 5

Berkeleys im Archiv fiir Gesch. der Philos. ausgewiesen hatte. Er machte darauf aufmerksam, daß die neue Ausgabe Fräsers trotz mancher Vorzüge vor der älteren gleichfalls wenig korrekt sei. In welchem Maße sein Urteil speziell für den Abdruck des Commonplace Book in B zutrifft, ergab sich aus einem offenen, durch eine kurze Entgegnung Fräsers hervorgerufenen Brief von Lorenz an den Herausgeber des Mind.(^) Lorenz hatte Gelegen- heit gehabt und benutzt, das Manuskript des C. P. B. von Berkeley durch- zuarbeiten, und stellte daraufhin eine Reihe irrtümlicher Lesungen in Fräsers Ausgabe B fest. Auch wies er an einem herausgegriffenen Beispiel nach, daß Fräser unbedenklich gewesen war, Berkeleys Text stillschweigend durch willkürliche Zusätze zu verändern, die der Erläuterung dienen sollen.

Überraschender noch waren die Eröffnungen, die Lorenz in dem Aufsatz »Weitere Beiträge zur Lebensgeschichte G. Berkeleys« vom Jahre 1905 machte. (•*) Seine Kollation hatte ergeben: »The first part [des Manuskripts] is formed by the notes which are printed in Professor Fraser's new edition on pp. 7 58 [Fr. A S. 419 467]. All these entries are written on the right pages of the manuscript only, the left pages being left blank for the addition of marginal notes. The last of these right pages is formed by the mysterious line which seems to read 'August 2 8th, 1708, The Ad- venture of the Shirt', and by the subsequent paragraph beginning with the words 'It were to be wished . . .' Then foUow three blank pages, after which we find the first set of Statutes« die Fräser nur in AIV S. aßf. abgedruckt hat ... »These Statutes are foUowed by the Queries . . . and the second set of Statutes (written by another person) « auch diese von Fräser in B nicht wieder aufgenommen »The remaining part of the manuscript is formed by the Contents of pp. 58 92 in the new edition [B 467 501], ending with the words: 'This is my end and not to be inform'd as to my own particular' « .

Im Anschluß an diese erste genauere Beschreibung des Manuskripts berichtete Lorenz über eine » startling discovery « , die ich gleichfalls in seinen Worten wiedergebe: »On the blank pages preceding the first set of Statutes, I found clear and unmistakable impressions of a former binding, showing beyoud doubt that the manuscript originally consisted of two separate volumes, which were bound together after Berkeley's death, a date which is confirmed by the fact that the volume, in its j^resent shape, bears the guilt-lettered inscription on its back: 'Bishop Berkeley MS'. Of course,

16 E R D M A N N :

the truth flashed across my mind at once that the two parts were bound together in the wrong Order! The earlier of the two note-books which now form the contents of the so-called 'Commonplace Book', began with the Statutes of January 1 706 [unserer Zeitrechnung], which were foUowed by the Queries, the Statutes of December i 706, and the whole series . . . printed on pp. 58 92 [B = A IV S. 467 501]. I should add, however, that I have reason to believe that, originally, the words 'as they consider' on p. 89 [B = AIV S. 498] formed the last entry in this first volume. The following pages pp. 89 92 [B = A IV S. 498 501] seem to have been written by Berkeley after completing the second volume (represented by pp. 7 58 [A IV S. 4 1 9 468] in the new edition) which is fiUed from the first page to the last. « Zu weiterer Stütze seiner Annahme fügte Lorenz hinzu: »A comparison of p. 9 [= AIV S. 42 i] and p. 87 [= AIV S. 496/7] shows that several passages occurring in these two pages are almost identical, and this is still more striking in the original manuscript, as Professor Fräser has omitted some paragraphs on p. 87, which are to be found on p. 9 as well. According to my theory, p. 87 Stands at the end of the first little manuscript volume, as Berkeley wrote it originally, and p. 9 at the beginning of the second. From this Standpoint, the repetition appears quite natural, whereas it is almost impossible to think that exactly the same train of ideas should have been jotted down by him first at the beginning and then again at the end of a volume, the contents of which must be supposed to have covered a period of years.«

Die vorstehende Beschreibung des Manuskripts ließ leider Zweifeln und Bedenken Raum. Lorenz hatte auch hier nur Fräsers Ausgabe B zur Hand. In dieser aber fehlt, wie die Schlußnotiz des Anhangs A zeigt, nach dem von Lorenz als Endwort der letzten Eintragung im ersten Heft zitierten Satz:

. . . as to my own particular (916) die bei Fräser AIV S. 501 stehende Bemerkung:

The Materialists & Nihilarians need not be of a party (917). Ebenso ist bei Fräser B, vielleicht weil er als bloße Wiederholung an- gesehen wurde, der kurze in A IV S. 498 abgedruckte Satz:

An idea cannot exist unperceiv'd (382) nicht vorhanden. Auch Lorenz' Begründung seiner Hypothesen über den ursprünglichen Zusammenhang des Manuskripts wirkte nicht überzeugend.

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschafllichen Tagebuchs. 17

Der äußere Grund dafür, daß urspi-ünglich zwei Hefte vorlagen, die nacli Berkeleys Tod versehentlich in verkehrter Reilienfolge gebunden waren, hätte, um zwingend zu werden, genauerer Ausführung bedurft als durch die oben angefahrte Erklärung: »I found . . . beyond doubt« gegeben ist. Das gleiche gilt für die zweite Hypothese, daß die Sätze bei Fr. B S. 89 92 (A IV S. 498 501) nach Abschluß des ursprünglich zweiten Heftes von Berkeley in dem ursprünglich ersten eingetragen seien. Lorenz hatte damals vor, »eine zusammenfassende Darstellung des Lebens und der Philosophie« Berkeleys zu geben und das »Commonplace Book« neu herauszugeben. (**) So war seine Zurückhaltung begreiflich. Ebenso begreiflich aber, daß man abwarten wollte, bis das geplante Werk erschienen war.

Nicht ganz so verständlich ist, daß, soviel ich gesehen habe, weder bei uns, noch sonstwo irgend jemand die inneren Gründe für Lorenz' Hypothesen, die doch mitentscheidend sind, geprüft hat. Nicht einmal Lorenz' Ausstellungen an Fräsers Ausgabe B haben Beachtung gefunden. Mir hatte sich bei einem ersten Durcharbeiten des Tagebuchs Lorenz' Urteil: »Viewed in this order, the succession of Berkeley's entries appears quite natural, if one tries to foUow the growth of his philosophical ideas« fast durchweg bestätigt. Aber es blieben die äußeren Lücken der Beweis- fuhrung. Sie veranlaßten mich im W. S. 1 9 1 2 , Lorenz brieflich um genauere Auskunft zu bitten. Sie wurde mir in einem Antwortschreiben vom 27. Januar 19 13 bereitwilligst zuteil. Danach sind »beide Teile des MS. 's rechtsseitig beschrieben. Aber der ursprünglich erste war noch nicht völlig ausgenutzt, als Berkeley den zweiten Teil zu benutzen anfing. Oder viel- mehr: Berkeley hatte jenen ersten Band an beiden Enden zugleich begonnen. An dem anderen Ende (d. h. dem der ersten Seite des C. P. B. entgegen- gesetzten) steht nämlich seine Abhandlung über die Cave of Dunmore'. Auf den dazwischenliegenden Blättern finden sich Notizen zu seinem

' Es ist dies die oben (S. ii) bereits erwähnte undatierte Beschreibung, die Fräser zuerst A IV S. 503 f. (= B IV' S. 75f.) veröffentlicht hat. über eine zweite, anscheinend kor- rigierte Version Berkeleys, datiert vom »January 10. 1705/6-, also von dem gleichen Datum, das die ersten Statuten des C. P. B. zeigen, hat Swift B. Johnston aus den Molyneux , Papers, von denen noch zu reden sein wird, in der Zeitschrift Heimathena Nr. XXVI, 1900 berichtet. Darin liegt, vorausgesetzt, daß Berkeley das Datum der ursprünglichen Niedei-schrilt dieser Version nachträglich eingefügt hat, eine Bestätigung für <lie oben- stehende Annahme.

Phil.-hist. Ahh. 191H. Nr. S. 3

18

E R D M A N N

Ludus algebraicus', zu seiner Abhandlung De motu" usw. (ohne wesentliches Interesse). Icli halte es nicht für unwahrscheinlich, daß Berkeley, nachdem er seinen (ursprünglich) zweiten Band V9m ersten bis zum letzten Blatte rechtsseitig vollgeschrieben hatte, den ersten wieder vornahm (in dem es noch freie Blätter gab) und die bei Fräser S. 89 92'^ gedruckten Notizen niederschrieb *. «

Auf vier Blättern fügte Lorenz seinem Brief eine anschauliche Beschrei- bung des MS. 's bei. Danach endet das jetzt erste Heft der offensichtlich nach Berkeleys Tod erst gebundenen Handschrift auf seinem vorletzten Blatt mit den Worten: »This a vain distinction« (875; bei Fr. A IV S. 467 = B I S. 58); das letzte Blatt ebendieses Heftes enthält auf seiner ersten Seite die oben schon angeführte, bei Fr. den eben zitierten Worten un- mittelbar folgende Einträgung (876): »August 28"', 1708. The adventure of the [Shirt?]« und die nächstfolgende (877): »It were to be wished . . . Clov. B 7.« Auf der Rückseite dieses Blattes, also auf der letzten Seite des jetzt ersten Heftes, finden sich von der Mitte aus linksseitig zwei breite Eindrücke des ursprünglichen Heftes, die von einem über die ganze Seite reichenden saumförmigen Eindruck eingeschlossen werden. Auf der neben- stehenden rechten Seite, der ersten des jetzt zweiten Heftes, finden sich dagegen von der Mitte aus drei etwas längere und schmälere unumrahmte Eindrücke. Nach Lorenz' Aufzeichnung:

Ul

J

/

Letzte Seite des

\

Erste Seite des

Uli

ursprünglich zweiten

\

ursprünglich ersten

Heftes.

/

Heftes.

\

' Der Ludus algebraicus bildet einen Teil der als von Berkeley herrührend geltenden Miscellanea matiiematica vom Jahre 1707.

^ Die von Berkeley 172 1 veröffentlichte Abhandlung.

' Also die bei Fr. B abgedruckten Eintragungen, bei denen die beiden oben S. 16 bereits erwähnten, im Anhang I verzeichneten Sätze (382) und (917) fehlen.

■• Man beachte auch die oben gegebene Mitteilung von Lorenz, daß das ursprünglich zweite Heft des MS.'s »is filled from the first page to the last..

Berkeleys Philofiophie im Lichte seines wissenschaftliclien Tagebuchs. 1 9

U I dokumentiert sich als Anfang des ursprünglich ersten Heftes auf der ersten Rückseite, also der ersten linken Seite durch Berkeleys Eintragung (I), welche die ersten Statuten als ». . . agreed . . . Jan. lo. A. D. 1705« bezeichnet, also das zweifellose Anfangsdatum für das Tagebuch als einzige Bemerkung trägt. Auf der nebenstehenden rechten Seite des nächst- folgenden Blattes »beginnen dementsprechend die Statuten der ersten Society« (bei Fr. A IV S. 25). Nehmen wir hinzu, daß das letzte Blatt von Uli da.s Datum "August 28"", 1708« zeigt, so ergibt sich, daß Lorenz' Hypothese durch den Bestand des MS. 's völlig verifiziert ist. Es ist somit schon nach diesen äußeren Kriterien Tatsache, daß die beiden Hefte erst nachträglich, vermutlich nach Berkeleys Tod, in verkehrter Folge gebunden wurden, die Bemerkungen beiFr. AIV S. 419 468 und S. 468— 498 {= Fr. BIS. 9 58 und 58—89) demnach in verkehrter Folge abgedruckt sind. Zweifelhaft bleibt nur, wo tat- sächlich und von welcher Hand geschrieben sich im MS die Notiz findet, die Fräser A IV S. 419 mit den Worten: »On the first page is written 'G. B. Coli. Trin. Dub. alum.' «und B I i in der Wendung: »On the title-page is written, 'G. B. Trin. Dub. alum.', with the date 1705« angibt. Lorenz' Brief an mich und dessen Einlage mit der Beschreibung der MS-Blätter ich habe 1913 versäumt, danach zu fragen geben darüber keine Auskunft. Ich vermute, es handelt sich um eine nachträgliche Einschrift von fremder Hand. Gleich- viel aber das ändert an der festgestellten Tatsache nichts, so wenig wie Lorenz' Schweigen über die beiden mehrfach erwähnten Eintragungen Berkeleys (382 und 917), die bei Fräser B fehlen.

Über die zweite Hypothese von Lorenz, daß die Eintragungen Berkeleys, die bei Fr. AIV S.498 501 (= BI S. 89 92) gedruckt sind, erst nach Abschluß des zweiten Heftes niedergeschrieben seien, obgleich sie auf den Schlußseiten des ursprünglich ersten Heftes stehen, läßt sich nur entscheiden, nachdem wir der inneren Konstitution des Tagebuchs sicher geworden sind.

Leider aber läßt sich auch dieser Aufschluß nicht ohne weiteres gewinnen. Die Mängel der beiden Abdrücke Fräsers reichen über die im Anhang A verzeichneten Textdifferenzen beider Ausgaben beträchtlich hin- aus, sehr viel weiter noch, als die von Lorenz aufgeführten Verlesungen Fräsers im Mind 1904 und im Archiv i905(*2) erkennen lassen. Schon am letztgenannten Ort hatte Lorenz am Schluß der von ihm aufgeführten Ver-

20 Erdmann:

lesungen erwähnt: »There are other discrepancies between Professor Fraser's Version and the original manuscript; but this may suffice, until a correct edition of Berkeley's note-books is published. « In dem bereits erwähnten Brief an mich vom Januar 191 3 schrieb Lorenz: »Ich schlage Ihnen vor, mir das Exemplar des Philosophischen Seminars zuzuschicken. Ich würde es nach meinem eigenen Handexemplar korrigieren und eine diesbezüg- liche Notiz mit meiner Unterschrift beifügen. Ich sehe nicht ein, warum die korrekte Form nicht allen zugänglich sein sollte: der Benutzer des Exemplars könnte sich dann, wenn er will, auf mich beziehen, gerade als ob es sich um eine von mir veranstaltete Ausgabe handelte.« Ich habe dieses von wissenschaftlichem Geist erfüllte Anerbieten dankend angenommen. Lorenz hat daraufhin in unserem Exemplar der Fraserschen Ausgabe A damals seine Korrekturen sorgsamst eingetragen. Sie sind so zahlreich und zum Teil so wesentlich, daß ich sie, um Fräsers Drucke des Tagebuchs, nach dem Vorstehenden, speziell den grundlegenden Druck A, nutzbar zu machen und Lorenz' verdienstvolle Arbeit zur Anerkennung und Verbreitung zu bringen, in Anhang II verzeichnet habe.

Das Verständnis des Tagebuchs fordert vorweg, daß wir die Zeit der Eintragungen Berkeleys genauer bestimmen, als Fräsers oben erwähnte schwankende Berichte ergeben.

Der Anfangstermin des Tagebuchs ist durch Berkeleys Randbemerkung

zu den ersten Statuten (Fr. A IV S. 23) gesichert:

Mem. The follovving Statutes were agreed to and signed by a Society consisting of eight persons, January 10, A. D. 1705 (I).

Es beginnt also nach unserer Zeitrechnung mit dem 2 1 . Januar 1 706.

Weniger fest steht der Schlußtermin. Mit Bestimmtheit läßt sich gemäß dem Datum auf dem letzten Blatt des ursprünglich zweiten Heftes nur der Endtermin für die große Mehrzahl der Eintragungen feststellen: August 28*, 1708. The Adventure of the [Shirt?]' (876).

Die Bemerkungen (878 —916) des ersten Heftes, die bei Fr. A IV S. 498 501 (B I S.89 92 ; aber ohne Nr. 917) gedruckt sind, scheinen nach Lorenz' oben (S. 16) erwälmter Vermutung »to have been written by

' Es bedarf deshalb kaum des Hinweises darauf, daß die Zitate der Briefe von Locke an seinen liolländischen Freund, den Remonstranten Philipp van Limborch, in Nr. 702 und 736 ebenfalls das Jahr 1 708 voraussetzen, in dem diese Briefe zuerst erschienen sind.

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschafllichen Tagebuchs. 21

Berkeley after completing the second volume . . . which is fiUed from the first page to the last« (Arch. f. Gesch. d. Philos. XVIII, 1905, S. 554). Ich kenne Lorenz' Gründe für diese Hypothese nicht. Aber sie scheint mir aus inneren Gründen gesichert. Die Eintragungen 878 898 geben eine Zusammenstellung von sachlichen und methodischen Grundgedanken der Ideenlehre des Tagebuchs in Form kurz formulierter Thesen', die in der Randbemerkung :

These arguments must be proposed sliorter [d. i. weniger zahlreich?] and more separate in the Treatise (878 a)

direkt auf das »early 17 10« veröffentlichte Werk hinweisen, während die letzten Niederschriften des zweiten Heftes (etwa 834 877 bei Fr. A IV S. 464 468 = BI S. 54 58) nichts von solchem Abschluß verraten. Selbst die Eintragmigen (899 913), die sich wesentlich auf Berkeleys Ablehnung der Infinitesimallehren beziehen, zeigen diesen Cliarakter. Auch die Wen- dungen in (911, 912 und 916), in denen Berkeley als Irländer spricht (»We Irishmen«''), die drei weiteren Bemerkungen endlich (914 916), gehen direkt auf den Treatise, so zwar, daß wir diesen kaum anders als, wenigstens vielleicht im ersten Entwurf', nahezu vollendet denken können:

' Es wäre lehrreich, diese 21 Bemerkungen mit den elf vergleichen zu können, von denen K. Edwards Beardsley in seinem Life and Correspondence of Samuel .Fohnson, New York 1874, S. 71 aus einem Brief vom 24. März 1729/30 nur berichtet: »He [Berkeley] proceeded briefiy to explain or defend under eleven heads the philosojihical ideas which he had published.-

' Als Irländer hat sich Berkeley, der in seiner Jugend den .lakobitischen Aufstand in seiner Heimat miterlebt hatte, um diese Zeit besonders stark gefühlt. In einem Brief an Sir Percival vom Jahre 1709 schrieb er: ■! must own this corner furnishes scarce anything that deserves to be commemorated. We Irish are a nation in its nonage, put under the guar- dianship of a people that do evcrythlng for us, and leave us the liberty of transacting nothing material for ourselves, or having any part in the affairs of Europe« (Fr. D S. 16 Anm.) Man vergleiche auch die später unterdrückte Bemerkung im Treatise § iio über Newton als «philosopher of a neighbouring nation«. Über politische Differenzen der Studierenden in Dublin um den Anfang des 18. Jahrhunderts vergleiche das weiterhin zitierte Book of Trinity College S. 64 f.

' Fräser berichtet A IV S. XII, in dem zweiten Bande des Berkeley-Nachlasses, dessen erster das Tagebuch enthält, finde sich ein undatierter »draft of the Principles of Human Knowledge, from Sect 85 to Sect. 145-, also die Erörterung der Konsequenzen seiner Lehre, nach Erledigung der Einwürfe, bis nahe zum Schluß des Werkes, »nearly as in print« (vgl. Lorenz im Archiv f. Gesch. d. Phil. XVII, 1904, S. 159). Außerdem enthält die Library iif Trinity College einen von Fra-ser aufgefundenen, in A I und B III von ihm veröffentlichten

22 K K n >i ANN:

Engagements toP. on account of y"' Treatise that grew up under his eye, on account also of his approving my harangue. Glorious for P. to be the protector of usef'ull tho' newiy discover'd truths (914)-

How could I venture thoughts into the world before I knew they would be of use to the world !' and how could I know that tili I had try'd how they suited other men's ideas? (915)

I publish not this so much for anything eise as to know whether other men have the same ideas as we Irishmen. This is my end, & not to be itiform'd as to my own particular (916).

Für eine nahezu vollendete Ausarbeitung spricht demnach nicht nur das »I publish not this . . in (916), sondern auch das »Treatise« in (914) sowie mittelbar (915). Damit halte ich Lorenz' Hypothese über den späten Ursprung der Eintragungen Berkeleys (878 916) im ersten Heft des Tage- buchs aus inneren Gründen für gesichert. Die Bemerkung (914) bietet uns zugleich eine Handhabe für die Zeitbestimmung dieser abschließenden Ein- tragungen. Die Reflexionen (878 913) gehen nicht auf die New Theory of Vision, zu der fast nur, wie sich später deutlich ergeben wird, das erste Heft des Tagebuchs gehört, dies aber zahlreiche Eintragungen enthält. Da überdies (914) direkt den »Treatise« nennt, so haben wir keinen Grund zu zweifeln, daß das »P« in ihm auf Lord Pembroke geht, dem Berkeley seinen Treatise gewidmet hat.(*^) Der späteste Termin für die Nieder- schriften (878 913) würde also die Zeit vor Beginn der definitiven Aus- arbeitung des Treatise sein; (914 916) gehören vielleicht erst der Zeit um den Abschluß dieser Niederschrift an. Damit kämen Avir kaum bis zur zweiten Hälfte des Jahres 1709. Denn am 29. Juli 17 10 schrieb Berkeley an seinen Gönner und späteren Freund Sir John Percival, nachmals Earl of Egmont, mit dem er 1709 1730 in regem Briefverkehr stand, (**) nach der Mitteilung Fräsers aus diesen, bisher nur auszugsweise veröffentlichten Briefen »If when you receive my book, you can procure me the opinion of some of your acquaintances ... I shall be extremely obliged to you.«(*^) Der Treatise ist also damals allem Anschein nach versandfertig gewesen. Danach dürfen wir das Ende 1 708 als wahrscheinlichen Schlußtermin für die Eintragungen des Tagebuchs ansehen.

»rough draft- der Einleitung zu den Principles, der nach Lorenz im November und Dezember 1708 »in small but pretty regulär daily portions« geschrieben ist (Mind 1902, S. 252). Es ist also sicher, daß ein Teil des Werkes, und möglich, daß es ganz in einem ersten Entwurf niedergeschrieben war.

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. 23

An diesen Daten ändern die Randbemerkungen Berkeleys nichts. Sie scheinen sämtlich, auch die korrigierenden, wie sich noch zeigen wird, vor Beginn der Treatise-Reinschrift nachgetragen zu sein. Zudem hatte Berkeley kaum Anlaß, nach seinen weiterhin noch zu besprechenden Urteilen über den Treatise schwerlich auch ein Bedürfnis, später noch auf das MS. zurückzugehen.

Wir dürfen also abschließend feststellen: Berkeley hat das erste Heft des Tagebuchs sicher Anfang 1706 begonnen und das zweite wahrscheinlich imAugust i 708 abgeschlossen. Selbst die anscheinend nachträglichen Eintragungen 878 916 im ersten Heft reichen schwerlich über den Anfang 1 709 hinaus.

Auch innerhalb dieses dreijäiirigen Zeitraumes haben wir Anlaß, für die innere Analyse wesentliche zeitliche Gliederungen anzunehmen.

Als Berkeley im Januar 1706 sein Tagebuch mit der Bemerkung (I; Fr. A IV 23) zu den ersten, von fremder Hand geschriebenen ausführlichen Statuten anfing, reichte seine philosophische Bildung, wenn wir voraus- setzen, (laß die zumeist vielfach direkt auf Lockes Essay bezogenen Ein- tragungen Nr. II XXIII (Fr. A.IV S. 25 26) nicht nur von Berkeley ge- schrieben, sondern auch selbständig formuliert sind, noch nicht tief. Sie machen durchweg den Eindruck des Anfängerdenkens. So auch die wenigen, in denen vielleicht das Ltcht der künftigen Lehre aufzudämmern beginnt:

Whether solids seen b. 2. c. 9. s. 9 (IV) Power is not peiceived by sense. (XX).

Anscheinend waren sie alle zweiuiidzwanzig für die Besprechungen der »Society« bestimmt, deren jugendlich spezialisierte Statuten, von Berkeley in Nr. I als »agreed to and signed- bezeichnet, voranstehen. Über den Charakter dieses Vereins sagen die Statuten direkt nur, daß es sich um wöchentliche Versammlungen von acht Mitgliedern zum Zweck mündlicher Verhandlungen über vorherbestimmte Gegenstände, also um einen Debattier- klub handelte. Vorgesehen war auch ein »Keeper of the Rarities«, der in der Regel vor den Wochensitzungen »should attend at the Museum«. (**) Wer die sieben anderen Mitglieder waren, wissen wir nicht. Jedenfalls wohl war Berkeley, wenn nicht der Gründer, so doch das geistige Haupt des Vereins. Gar nichts erfahren wir von dessen Schicksal. Aus den zweiten Statuten vom Ende des Jahres 1 706, die den XXII von Berkeley geschriebenen Fragen und Thesen unmittelbai- folgen, gfht hervor, daß der

24 E

R D M A N N

Verein in seiner ursprünglichen Art dieses ?2nde nicht überdauert hat. Möglich, daß er das Jahr 1706 hindurch bestanden hat. Möglich ferner, daß die Besprechungen durch die XXII Fragen und Thesen ausgefüllt waren. Möglich aber auch, und nicht eben unwahrscheinlich, daß Berkeley jene Eintragungen Anfang 1 706 programmatisch niedergeschrieben hat, ohne daß die Vereinigung, deren Majorität in jeder Sitzung das Thema für die nächstfolgende bestimmen sollte, .sich an diese Sätze gebunden hielt. Möglich endlich nicht weniger, daß einerseits die Strenge und Peinlichkeit der ersten Statuten, andrerseits die den Mitgliedern gewährte Freiheit, daß »when the subject of the Conference lias been sufficiently discussed the members may propose to the Assenibly their inventions, new thoughts, or observations in any of the sciences« möglich endlich, daß diese Antinomie dem Verein, wie ungezählten anderen solchen jugendlichen Ver- anstaltungen, ein frühzeitiges Ende bereitet hat.

Noch weniger sind wir über die zweite Vereinigung, vom Dezember 1 706, orientiert, von deren wenigen Statutenparagraphen oben schon die Rede war. Auch diese (nach Lorenz) gleichfalls von fremder Hand geschriebenen Statuten sind als »Agreed« bezeichnet. Aber es fehlen auch hier die Namen der als » underwritten « bezeichneten Mitglieder, ebenso Angaben über deren Zahl. Nur die Aufgabe ihrer wöchentlichen Donnerstags- sitzungen wird bestimmt: »To discourse on some part of the New Philo- sophy«. Was mit dieser gemeint ist, wird nicht gesagt. Möglich, daß wir der Kürze dieser Bestimmungen einen Hinweis auf die gefährliche Umständlichkeit der ersten Statuten entnehmen dürfen. Nichts verlautet ferner über das Schicksal dieses zweiten Vereins. Wir wissen nicht einmal, ob er wirklich zustande gekommen ist. Und selbst wenn wir dies an- nehmen, ergeben die mir bekannten Nachrichten nicht das geringste darüber, ob er in irgendeinem Zusammenhang mit der Ende 1 707 gegründeten Dublin Philosophical Society stand, mit der die von William Molyneux, dem Freunde Lockes, 1683 gegründete Dublin Society erneuert wurde, nachdem deren erste beide Entwicklungsphasen mit dem Tode ihres hoch- verdienten Gründers und Sekretärs ihr Ende gefunden hatten. (*^) Schon weil W. Molyneux' Sohn Samuel, damals i Sjährig, undergraduate im Trinity College, (1^) dem Berkeley seine Miscellanea mathematica ( i 707) gewidmet hat, das Amt seines Vaters in dieser Gesellschaft erhielt, ist es nicht unwahrscheinlich, daß Berkeley von Anfang an Mitglied auch dieser Gesell-

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. 25

Schaft war, des Vorläufers der gegenwärtigen Royal Dublin Society und der Royal Irish Academy. Dafür spricht zudem, daß das vom lo. Januar 1705/6 datierte Exemplar von Berkeleys Beschreibung der Höhle von Dunmore (s. oben S. 17, Anm.) sich, ebenso wie der offenbar jugendliche Essay »Of infinities« nach Johnstons Bericht unter den »Molyneux Papers« der Gesellschaft mit dem »endorsement«, anscheinend Sam. Molyneux', unter den in der Gesellschaft gelesenen Abhandlungen findet. Das Datum beider Mitteilungen läßt sich allerdings nicht mehr sicher bestimmen (vgl. weiterhin S. 26f.); nur der Endtermin, i 709, steht mit dem Fortgang S. Molyneux' von Dublin fest, sowie Berkeleys Mitgliedschaft um 1710.

Gar kein Schluß aber ist von dem allen auf das Verhältnis des oben besprochenen zweiten Trinity- College -Vereins zu der Dublin Philosophical Society zu ziehen, auch nicht daraus, daß das von Johnston aufgefundene Exemplar der Beschreibung der Höhle von Dunmore das Datum des Gründungs- tages der ersten Gesellschaft trägt (vgl. oben S. 17).

Es war notwendig, auf diese Schranken unseres Wissens hinzuweisen. Denn um die drei Gesellschaften und die Beziehung von Berkeleys Tage- buch zu den beiden ersten hat sich neuerdings ein seltsamer Legendenkreis gewoben, der zerstört werden muß, ehe die Zeit und der Charakter der Ein- tragungen Berkeleys spezieller festgelegt werden können. Fräser hat das Gespinst mit einem Durcheinanderwirren (AIV 27) begonnen. Er berichtet über die Statuten der zweiten Gesellschaft: »The 'underwritten" names unfortunately are not given. We are left in the dark about Berkeley's associates at these Thursday evening meetings, for the discussion of the 'New Philosophy" ; and also very much as to the questions they discussed, and the conclusions (if any) which they reached.« Wenngleich er bei Abdruck der zweiten Statuten (A IV 26) dahingestellt sein läßt, ob es sich in ihnen um dieselbe Gesellschaft wie die erste oder eine ähnliche handelte, fahrt er unbedenklich fort: »The office of 'Keeper of the Rarities«, von dem nur die ersten Statuten reden, »probably implies that Observation and experiment were as much in vogue among them as the mathematical and mefatphysical speculations of the hitherto unpublished Commonplace Book in which the memorials of this Society appear. « Er nimmt also beide Gesellschaften als eine, überträgt die Statuten der ersten hinsicht- lich der »rarities« auf die zweite, deutet das in seinen Statuten erwähnte Museum al.s eine vorhandene oder geplante selbständige Sammlung [vgl. Phil.-hi»t. AbL 1919. Nr.S. 4

26 E RDM ANN:

Anna. (*^)] und schließt daraus auf eine Beschäftigung mit »Observation and experiment« im Sinne der naturwissenschaftlichen Interessen der Zeit. Er läßt ferner die »New Philosophy« der zweiten Statuten auf diese Inter- essen mithinweisen und bezieht die Eintragungen des Commonplace Book auf die »memorials« dieser zweiten, die erste einschließenden Gesellschaft. Daran knüpft er die Zeitbestimmung: »The other contents ofthat Book«, d.i. die bei Fräser A an anderer Stelle (AIV4i9f.) abgedruckten, . . . »may perhaps exemplify some of the questions which engaged these Tri- nity College inquirers in the two years before he [Berkeley] obtained his Fellowship«, d. i., da Berkeley am 9. Juni 1707 Fellow wurde, von Mitte 1705 (1) bis Mitte 1707. (*^) Johnston hat dieses Geflecht in dem mehr- fach genannten Aufsatz der Hermathena weitergesponnen. Er erklärt nach einem kurzen Hinweis auf die Geschichte der Dublin Society (**) und die obengenannten Berkeley-Manuskripte in den »Molyneux Papers«, indem er sich auf Fräsers Angaben über die beiden ersten Gesellschaften beruft, die zweite Trinity College -Vereinigung für ein »enlargement of the first« und faßt wie folgt zusammen : » So the history of these gatherings nins somewhat as foUows: In January 1705/6, a small coterie of College men arranged meetings for discussing subjects of common interest. A successful Session« wir haben eher, wie wir sahen, Grund, an einen mangelhaften Verlauf zu denken - »caused them to widen their lines for the foUowing year« wir wissen davon nichts, auch nichts darüber, ob die Mitglieder des zweiten Vereins ganz oder teilweise dieselben waren wie die des ersten , »and finally, at the end of 1707, to attempt the much more ambitious task of reviving the Dublin Society. « Ich sehe auch dafür keine Anhaltspunkte. Denn die Umstände, daß Samuel Molyneux dem vier Jahre älteren Berkeley nahestand und die Molyneux Papers die von Samuel Molyneux signierten obengenannten beiden Manuskripte ent- halten, sind natürlich nicht geeignet, diese Konsequenz zu tragen. Aber Johnston fährt fort: »Berkeley 's 'Description of the Dunmore Cave« ich nehme an, die von Fräser veröffentlichte Version »may have been the inaugural essay of the first stage, while certain corrections and additions that are in the copy seem to be a retouching for a subsequent reading at the more public meetings of the 1707 revival. « Möglich ist dies beides, wahrscheinlich aber nur das zweite. Denn für das erste wäre nur die Übereinstimmung des Datums in der späteren Version mit dem Gründungs-

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagelmchs. 27

datum der ersten Gesellschaft anzuführen, die natürlich nichts beweist. Bei dem Abdruck der auf die zweiten Statuten folgenden Tagebucheintragungen in der späteren Ausgabe (B I 7 f.) die beiden Statuten und die zwischen- stehenden XXII Fragen und Thesen Berkeleys fehlen dort, wie oben erwähnt ist Fräser auf die Stellung des Commonplace Book zu den beiden ersten Gesellschaften nicht zurückgekommen. Erst im Appendix von B III, beim Abdruck der von Johnston aufgefundenen Erörterung » Of infinites « , erklärt er (B m S. 409), indem er sich auf deren Abdruck durch Johnston in der Hermathena beruft: »Now in the Life and Letters of Berkeley (A IV p. 23) I have mentioned that in 1 705-6 he was engaged with some of his College friends in forming a Society for promoting research in the spirit, and according to the experimental methods, of the 'New Philosophy' of Boyle, Newton and Locke. The first meeting seems to have been held on January 10, 1 706, the date of the paper on the Dimmore Cave. Accordingly, this paper may have been a contribution by Berkeley at the inaugural meeting of this Society, which was probably the precursor of the revived Dublin Society of 1707.« Er bleibt also dabei, die beiden ersten Vereine als einen und denselben zu behandeln, folgt mit einigem Vorbehalt der Annahme Johnstons über den Ursprung der Dublin Philosophical Society aus dem zweiten Verein, glaubt das Datum der ersten Statuten als das der ersten Sitzung mit einem Vortrage Berkeleys über die Höhle von Dunmore an- sehen zu dürfen und bestimmt die New Philosophy der zweiten Statuten nach Geist und Methode als den InbegriflF der neuen Naturwissenschaft und Philosophie. Er nimmt diese Deutung offenbar deshalb an, weil auch in den späteren Eintragungen Berkeleys Beziehungen auf Lockes Lehren häufig auftreten und durch ebenfalls häufige auf Newton ergänzt werden; Boyles Namen hat er anscheinend in die wenigen Wendungen des Tage- buchs gegen die Korpuskulai-philosophie hineingelesen. P*)

Nach dieser leider unvermeidlich gewordenen Kritik können wir den Charakter und den Entwicklungszusammenhang derjenigen Eintragungen Berkeleys in sein wissenschaftliches Tagebuch bestimmen, die sich den zweiten Statuten unmittelbar anschließen, und zwar auf Grund der Reihen- folge, die sich uns aus der Bestätigung der Annahmen von Lorenz ergeben hat. Es handelt sich also, da wir die Bemerkungen (878—916) bereits als Schlußbemerkungen anzunehmen hatten (S. 2if'.), um die Einschriften

4*

28 V, R I) M A N N :

(i 877) in die beiden ursprünglichen Hefte, die Fräsers beide Ausgaben in verkehrter Folge enthalten, d. i. um

Nr. 1 382 bei Fr. A IV S. 468—498 = B I S. 58—89 Nr.383— 877 bei Fr. A IV S. 419-468 = B I S. 7—58 Auffallend ist von vornherein ein Zug, der sich als allen diesen Ein- tragungen bis hin zu den letzten (878 917) gemeinsam erweist, so daß er aus jedem Zitat, das hier weiterhin notwendig wird, in die Augen springt. Sie verraten von Anfang an, im Gegensatz zu den Fragen und Thesen II XXIII, nichts von Formulierungen, die zu Leitsätzen für eine Diskussion mit Anderen bestimmt wären. Sie machen vielmehr durchweg den Eindruck von Aufzeichnungen, die lediglich zum eigenen Gebrauch gemacht sind, von Niederschriften, in denen teils in zusammengehörigen Gruppen, teils in buntem Wechsel gestaltende Gedanken, gelegentlich mit Einschränkungen und Bedenken, Fragen und Erinnerungsnotizen, manchmal wiederholt, meist jedoch unmittelbar nach dem Status nascendi formuliert werden. Zumeist deutlich so, wie sie bei immer fester werdender Konzen- tration sich von verschiedenen Seiten aus ergeben. Im ganzen genommen sind es Zeugnisse einer deduktiv, von frOhgewonnenen Leitideen aus fort- schreitenden Entwicklung, die sich allmählich zu dem Plan eines »Treatise« verdichten. Es liegt somit gar kein innerer Anhalt vor, der uns das Recht gäbe, irgendwelche dieser Eintragungen (i 917) als Thesen für die Diskussionen des zweiten, Ende i 706 anscheinend gegründeten Vereins zu denken, geschweige, daß sie irgendwie zu der Dublin Philosophical Society in Beziehung gebracht werden könnten. Ebensowenig entsprechen sie, am wenigsten, wie sich zeigen wird, gerade zu Beginn, der nächst- liegenden Annahme, daß die »New Philosophy« der zweiten Statuten auf Berkeleys eigene Lehre gehen könnte. Wird jener Tagebuchcharakter der Einzeichnungen i 917 vorweg als gesichert angenommen, so ist zu sagen, daß das im engeren Sinne von Fräser sogenannte Commonplace Book, das er in seiner Ausgabe B allein wieder abgedruckt hat, mit dem zweiten Verein nichts zu tun hat. Es ist vielmehr Berkeleys wissenschaft- liches Tagebuch aus der Zeit von Ende 1706 oder Anfang 1707 bis gegen Ende 1708. Man wird sich demgegenüber nicht auf die Bemerkung Berkeleys in einem Brief an Sir John Percival vom (6?) Sep- tember 17 10 berufen wollen, daß er den Grundgedanken seiner Lehre, nachdem er ihn gefunden, »since carefully examined« habe, »both by my

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. "29

own judgment and that of ingenious friends « . (^) Eine Anspielung auf den zweiten oder irgendeinen Verein läßt sich zur Not in diese Reflexionen hinein-, sicher aber nicht aus ihnen herauslesen; auch nicht daraus, daß gelegentlich vielleicht wissenschaftlicher Gespräche mit einzelnen Freunden gedacht wird (558; vgl. 140, 155, 162).

Gleichviel zudem, wie es sich mit dem zweiten Verein verhalten hat: der Bestand gerade der ersten Eintragungen in das Tagebuch nach den Dezemberstatuten von 1706 widerspricht jedem Gedanken an eine Über- mittlung von Berkeleys eigener Lehre für Diskussionszwecke. Die ersten zwölf dieser Thesen enthalten gar keine Beziehung auf seinen neuen Stand- punkt, sondern geben von ihm zumeist weitabhegende Reflexionen über die Zeitvorstellung. Glücklicherweise fallt auf sie von einer ganz anderen Seite her Licht, von einem Brief des Philosophen her, »written after Berkeley was well settled in his own house « (23) in Rhode Island, also um das Ende 1729, an den dort gewonnenen Freund und Anhänger Samuel Johnson, den späteren ersten Präsidenten von King's College, New York, einen der Begründer der Philosophie in den Vereinigten Staaten. Es ist lehrreich, jene ersten Thesen des Tagebuchs mit dieser späteren, natürlich durch die zwischenliegende Entwicklung gefiirbten Erinnerung zu vergleichen:

Aus Tagebuch Thesen i 12:

The same nyn not common to all intelli-

gences [13 c. Matth. v. 22 & 30;']. (9.8a)

Whether succession of ideas in the Divine

intellect?(3)

Time, train of ideas succeeding each oiher. (4)

Succession explain'd by before, between, after,

&• numbering. (6)

Time thought infmitely divisible on account

of its mea.sure.(io)

Revolutions inmediately measure train of ideas,

mediately duration. ( i 2)

One eternity greater than anothei- of the same

kind.(i)

In what Sense eternity may be limited. (2)

Brief Berkeleys bei Beardsley :

"By the nyn (24) I suppose that all thiags, past and to come, are actually present to the mind of God, and that there is in Him no change, Variation, or succession. A succession of ideas I fake to constitute Time,

and not to be only the sensible measure thereof, as Mr. Locke and others think.

But in these matters every man is to think for himself, and speak as he finds. One of myear liest inquiries was aboutTime, which led me into several paradoxes, that I did not think fit or necessary to publish; particularly the notion that the Resurrection follows the next moment to death. We are con- founded and perplexed aboutTime, (i)Sup-

30 K R D M A N N :

posing a succession ia God; (2) Conceiving

that we have an abstract idea of Time:

I ' (3) Supposing that the Time in one mind is

to be measured by the succession of ideas in another : (4) Not considering the true use and end of woi'ds, which as often terminate in the will as the understanding, being employed rather to exciie, influence, and direct action than to produce clear and distinct ideas. (25)

Diese Zusammenstellung läßt keinen Zweifel, daß die ersten Ein- tragungen des wissenschaftlichen Tagebuchs, die nach den zweiten Statuten stehen, Formulierungen einer der »earliest inquiries« von Berkeley abgeben. Ihr spätestes Datum ist also der Anfang des Jahres 1707.

Auf die gleiche Zeit werden wir durch andere Betrachtungen geföhrt. Während die zwischen den Statuten vom Anfang und Ende i 706 stehenden Thesen, wie wir sahen (S. 23), kaum eine Vordeutung der späteren Lehren des Philosophen enthalten, folgen hier nach einer schon deutlich an sie anklingenden Reflexion:

Duration not distinguish'd from existence (5), der vielleicht auch die beiden oben schon zitierten (4 und 6) zuzurechnen sind, Sätze, die bereits alle Grundgedanken der späteren Lehre enthalten. So :

Time a Sensation, therefore only in y<^ mind. (13)

Extension a Sensation, therefore not without the mind. (18)

In the immaterial hypothesis, the wall is white, fire bot, &c. (19)

Primary ideas prov'd not to exist in matter, after the same manner

y' secondary ones are prov'd not to exist therein.(2o)

World w*out thought is nee quid, nee quanttim, nee quaU, &c. (22) 'Tis wondrous to contemplate World empty'd of intelligences.(23) Nothing properly but Persons, i. e. conscious things, ^io exist. All

other things are not so much existences as manners of y' existence of

persons. (24)

Infinite divisibility of extension does suppose the external existence

of extension; but the later is false, ergo former also. (26)

Qu. Blind man made to see, would he know motion at i** sight?(27) Motion, figure, and extension perceivable by sight are different from

those ideas perceived by touch w"*» goe by the same name.(28)

Diagonal incommensurable w*'' y' side. Quaere how this can be in

my doctrinei'(29)

Qu. how to reconcile Newton 's 2 sorfs of motion with my doctrine ? (30)

Die Eintragungen Nr. i f haben demnach von Anfang an einen völlig anderen Charakter als die früheren (II XXIU). Sie setzen die Konzeption

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. 81

der Grundgedanken von Berkeleys Immaterialismus von Nr. 1 3 an deutlich voraus. Es sind Niederschriften, die anscheinend unmittelbar nach der Zeit einsetzen, in der diese Ideen greifbare Gestalt gewonnen haben. Nun hat Berkeley in der Vorrede zu seinem Treatise von 17 10 erklärt: »What I here make public has, after a long and scrupulous inquiry, seemed to me evidently true«, und diese Erklärung aus seiner Feder ist sicher ernst zu nehmen. Sie wird bestimmter durch eine Bemerkung in dem oben (S. 28) schon erwähnten Brief des Philosophen an Sir John Percival vom Sep- tember 1710. Er schreibt dort von seinem »belief in the non-existence of unperceived and unperceiving Matter, which 1 have held for some years, the conceit being at first warm in my imagination, biit since care- fuUy examined, both«, wie oben zitiert, ». . . friends«. Diese sorgsame Prü- fung ist es, deren Spuren uns in den Tagebucheintragungen Nr. i f. erhalten sind. Auch hiemach dürfen wir ihren Beginn nicht später als in den Anfang 1 707 setzen. Dann fallt die Konzeption der Lehre, wie sie anfangs lebendig in ihm auftauchte, vor diese Zeit. Aber schwerlich lange vorher. Noch war sie ihm ja nicht evident sicher, sondern nur eine Hypothese; sie erlangt ihre Gewißheit erst im Lauf der Prüfung, deren Formulierun- gen wir im Tagebuch vor uns haben. Auch der Umstand, daß hiernach die erste, vielleicht schon von Nr. i, jedenfalls von Nr. 19 an gesicherte Konzeption der Grundgedanken von Berkeleys Lehre vor diese Eintragungen zu setzen ist, läßt allen den oben (S. 24) skizzierten Vermutungen über das Schicksal der beiden Vereine Ramn. Es lohnt indessen nicht, auf sie zurückzukommen. Außerdem haben alle diese Zeitbestimmungen doch nur Wert, sofern sie unentbehrliche äußere Daten für die Einsicht in den inneren Zusammenhang der Tagebucheintragungen Berkeleys, und damit in die Entwicklung seiner Lehrmeinungen liefern.

Solche Einsicht läßt sich nunmehr gewinnen.

Ohne weiteres ist klar, daß wir die Grundlagen fiir die Philosophie Berkeleys in seiner Individualität zu suchen haben. Zwei Momente lassen sich hier unterscheiden.

Das erste, vielfaltig bezeugte, ist durch Berkeleys ungewöhnliche geistige Frühreife gegeben. Sie ließ ihn von Jugend auf eigene Wege suchen. Stille eigene Wege, denn der laute Widerspruchsgeist, den solche Selbständigkeit zumeist im Gefolge hat, ist anscheinend von Jugend auf

32 Eedmann:

durch Berkeleys friedfertiges Temperament in Schranken gehalten worden,

das alle seine näheren Bekannten an ihm in wärmsten Tönen rühmen.

In diesem Sinne haben wir das Tagebuchbekenntnis zu verstehen:

Mem. That I was dist'rustful at 8 years old, and consequently by nature disposed for these new doctrines. (267)

Bestimmter gefärbt ist eine andere Äußerung von ihm, die Fräser aus dem zweiten Band des Berkeley-Nachlasses dem Tagebuch angefiigt hat: From my childhood I had an unaccountable turn of thought that way. (d) Wir verstehen, was hiermit gemeint ist, wenn wir uns die leitende Idee seiner Philosophie gegenwärtig halten. Er selbst hat den Schwerpunkt seiner philosophischen Überzeugungen von Anfang an zutreffend in seinem Immaterialismus gefunden. Eine »immaterial hypothesis« nennt eine der ersten Eintragungen (19), wie wir gesehen haben, seine Lehre. Eine der letzten, niedergeschrieben, nachdem er der Beweiskraft seiner Methode völlig sicher geworden war, formuliert die Idee in demselben Sinne: »N.B. Other arguments innumerable, both a priori & a posteriim, drawn from all the sciences, from the clearest, plainest, most obvious truths, whereby to demonstrate the Principle, i. e. that neither our ideas, nor anything like our ideas, can possibly be in an unperceiving thing. (897)

Auch das Positive zu diesem Negativen steht ihm von Anfang an unverrückbar fest. So in der oben schon angezogenen Bemerkung (24)^ und weiterhin in dem oft angeführten, auch hier noch einmal anzufüh- renden Wort:

Existence is pei'cipi, or percipere. The horse is in the stable, the books are in the study as before (mit der ergänzenden Randbemerkung zu percipere [or vellc;, i. e. agere]). (413. 413 a)

So konnte er, nachdem ihm seine Überzeugung auch im einzelnen sicher geworden war, sich sagen:

I wonder not at my sagacity in discerning the obvious tho' amazing truth; I rather wonder at my stupid inadvertency in not finding it out before 'tis no witchcraft to 866.(279)

Wir bedürften, um von hier aus den ursprünglichen und stärksten Antrieb für Berkeleys philosophische Überzeugungen zu finden, kaum einzelner Zeugnisse. Er war, ähnlich wie Pascal und Malebranche, eine religiöse Natur von tiefster Innerlichkeit. Seine ganze Lebensführung war von religiös fundierter Selbstlosigkeit und Menschenliebe erfiillt. Das zeigt sich in allen seinen philanthropischen Plänen, in der Art seiner Resignation,

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. H3

als der romantischste dieser Pläne an der politischen Weltweisheit der beherrschenden Persönlichkeit Walpoles scheiterte, (^) in der bescheidenen Zurückhaltung bei den peinlichen Intrigen gegen die ersten Versuche seiner Gönner, ihm nach seiner Rückkehr von Amerika eine her^MDrragende kirch- liche Stellung zu verschaffen, ebenso in der Art, wie er die bescheidene Stellung in dem entlegenen Winkel Cloyne aufnahm und segensvoll wirksam machte. Das bestätigen endlich auch alle Urteile seiner Freunde und Gönner, selbst einer so andersartigen Persönlichkeit wie Swift. Sie sprechen durchweg die Sprache bewundernder Anerkennung seiner religiös zen- trierten ethischen Gesinnung und Lebenshaltung. So war er zum Gottes- diener wie wenige auserwählt. Um nur eines hier zu erwähnen: »The worthiest, the learnedest, the wisest and most virtuous Divine of the 3 kingdoms« nennt ihn Lord Egmont bei Gelegenheit der obenerwähnten Intrigen. (^)

Die religiöse Grundstimmung Berkeleys drängte, so dürfen wir schon hiernach annehmen, sein früherwachtes selbständiges Denken in die Bahn einer Weltautlfassung, deren Ziel war, die christlichen Überzeugungen, soweit sie der wissenschaftlichen Begründung zugänglich sind', Allen ein- leuchtend zu machen und an das Herz zu legen.

Dafür entscheiden auch spezielle Zeugnisse: »What deserves the first place in our studies«, heißt es im Schlußparagraphen des Treatise, »is the consideration of God and our Duty; which to promote, as it was the main drift and design of my labours, so shall I esteem them altogether useles.s and ineffectual if, by what I have said, I cannot Inspire my readers with a pious sense of the Presence of God; and . . . the better dispose them to reverence and embrace the salutary truths of the (iospel, which to know and to practise is the highest perfection of human nature. « Analoges besagen die Anfangsworte der Vorrede zum Treatise und der Nebentitel der Dialoge zwischen Ilylas und Philonous. Und beide Wen- dungen bedeuten bei Berkeley sehr viel mehr als die ähnlichen Wendungen, durch die der religiös wenig interessierte Descartes seine Meditationes mit- bezeichnet hat. Auch die letzte, sicher auf den Treatise gehende Ein-

' Diese Einschränkung sclion im Tagebucii: ». . . But to pretend to demonstrate or

reason anything about the Trinity is absurd. Here an implicit faith becomes us« (574); vgl. späterhin das vollständige Zitat.

Phil-hist. Abh. 1919. Nr.fi. 5

i/:-

34 E R D M A N N :

tragung aus dem zweiten Manuskriptbande gibt das religiös-ethische

Grundthema:

The whole directed to practise and morality as appears first, ffom making manifest the nearness and omnipresence of God . . (f)

Nicht weniger läßt es sich überdies aus dem religiösen Einschlag der frühen Untersuchungen über die Zeit entnehmen. (^)

Eine polemische Wendung gegen die unchristliche Zeitstimmung war in diesem religiösen Grundmotiv seines Denkens von vornherein enthalten. Aber wir haben kein Recht, sie schon in der Frühzeit von Berkeleys Ent- wicklung speziell auf die »EYeidenker« jener Tage zu beziehen. Tolands »Christianity not mysterious« war allerdings bereits 1696 erschienen. Mehr noch als der Inhalt der Schrift hatte des Verfassers Gebaren in Dublin im nächstfolgenden Jahre bei seinen Landsleuten schweren Anstoß erregt und zur Verbrennung des Buches an der Tür des Parlamentshauses sowie zur Ausweisung des Verfassers aus Irland geführt. (^) Aber Berkeley hat, obgleich er somit von Tolands erster Schrift früh Kenntnis gehabt haben könnte, nicht Anlaß genommen, sich mit diesem Gegner des Christentums auseinanderzusetzen. Ebenso fehlt bis 1713 jede Spur einer kritischen Rücksichtnahme auf Shaftesburys erste Veröffentlichungen. (^) Er hat an dem Freidenkertum seiner Zeit erst seit 1 7 1 3 den Anstoß erhalten, der späterhin, in der Muße des Aufenthalts in Rhode Island, den Alciphron entstehen ließ. Denn im Tagebuch finden wir nur wenige kurze Absagen an den Epikureismus und Hobbismus (17), gegen »idolatry, whether of Images or of gold, &c., that blinds the greatest part of the world, as well as of that shamefull immorality that turns us into heasts« (394; vgl. 17), später auch an Spinoza (814): ähnlich so auch im Treatise und den Dialogues. ('*) Die Bemerkung, durch die er in einem Briefe von 1710 an Sir Percival diesen über das Ziel seines Treatise informiert, muß daher in ihrem zweiten Teil von dieser Voraussetzung aus gedeutet werden : » . . . a treatise . . ., designed to promote true knowledge and religion, particularly in Oppo- sition to those philosophers who vent dangerous notions with regard to the existence of God and the natural immort^lity of the soul, both which 1 have endeavoured to demonstrate, in a way not hitherto made use of« (Fr. D S. 7of.).

Freilich gibt der religiöse Grundzug nur das ursprünglich treibende Motiv für die philosophische Stellungnahme Berkeleys. Die gestaltende

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlicfien Tagebuchs. B5

Idee entwickelt sich aus diesem Motiv erst unter dem Einfluß weiterer Studien, deren er sich wahrscheinlich erst nach erledigter Vorbereitung- für den Bachelor of Arts (Anfang 1704) ernstlicher widmen konnte.

Daß Berkeley sich um diese Zeit eifrig in die Elemente der Mathematik und Physik einarbeitete, bekundet er selbst in den beiden kleinen, 1707 von ihm veröffentlichten, übrigens belanglosen Schriften, der «Arithmetica absque Algebra aut Euclide demonstrata« und den »Miscellanea Mathematica« (Fr. A III S. 7. 41 f.). Um 1707 hatte er auch, wie das Tagebuch und die schon erwähnte kleine undatierte, jedenfalls vor 1 709 verfaßte kritische Arbeit »Of infinities« zeigen, den Ziigang zu der Fluxionsmethode Newtons und der Differentialrechnung von Leibniz gefunden. Hier aber war er von vornherein, ebenso wie gegenüber Newtons Konstruktionen eines absoluten Raums, einer absoluten Zeit und einer absoluten Bewegung, in der Abwehr. Die Überzeugung von der Auflösung des Raums in nur endliche minima visibilia und tangibilia sowie von der au.sschließlichen Relativität des Raums, der Zeit und der Bewegung war ihm, wie aus der Analyse des Tagebuchs weiterhin hervorgehen wird, bereits fest geworden. Viel schärfer noch, als im Treatise zum Ausdruck kommt, hat er sich in der Tagebuch- zeit in den Gegensatz gegen die neuen mathematischen Methoden hinein- gedacht. Alle Grundlagen der Argumentation, mit der er späterhin, im Analyst« (1734) und dessen Vorteidigungsschriften (1734/35), die Konse- quenzen seiner Lehre gegen die logische Berechtigung jeder Art infinitesimaler Grenzbetrachtung ins Feld führt, sind hier bereits ausgesprochen \ Wir begegnen hier also nicht frühen Antrieben, sondern der Verteidigung seiner im wesentlichen bereits feststehenden philosophischen Lehre, ähnlich wie für seine kausale Naturdeutung in der Abhandlung De motu (1721).

Die frühen mathematisch-physikalischen Studien kommen demnach für die Ausgestaltung seiner religiösen Motive zur Idee des Immaterialismus, wie fast selbstverständlich, nicht in Betracht.

Wir sind somit, um älterer, aus der Luft gegriffener Annahmen nicht zu gedenken, auf Berkeleys philosophische Studien angewiesen. Für diese bietet sich auf den ersten Blick scheinbar ein weites Feld.

' Man vgl. im Tagebuch Nr. 21, 59, 6r, 70 usw. mit Nr. 29, 30, 164, 217, 248 bis hin zu Nr. 904 913, sowie die Erörterungen am Schluß dieser Abhandlung.

5*

36 E u D

mann:

Vor allem liegt es nahe, Einwirkungen einer frühen Bekanntschaft mit Platonischen Lehren zu vermuten. Fräser berichtet aus einem sonst unveröffentlichten Brief Berkeleys an Sir Jolm Percival aus dem Jahre 1709, (laß der Philosoph in diesem » refers with admiration to Plato, teils of the delight with which he read the Thaedo' and other dialogues years before, and appreciates the harmony of the Piatonic spirit with 'the perfection and badge of Christianity, which is its generous contempt for the things of this sentient life'« (Fr. D S. 16). Leicht konstatierbar war ferner, daß Berkeley in der Siris eine gründliche Kenntnis der Platonischen und der Neuplatonischen Philosophie zeigt, in wärmster Verehrung wiederholt von Piaton spricht und in seiner dort entwickelten Lehre vom Intellekt unver- kennbar und bewußt der Platonischen ähnliche Annahmen entwickelt. Aber der Hypothese eines Einflusses der Platonischen Ideenlehre auf Berkeleys frühe Konzeptionen seines Immaterialismus und seiner späten Rückkehr zu solchen frühen Einwirkungen stehen doch völlig entscheidende Gründe ent- gegen. Über Einflüsse dieser Art besagt die eben zitierte Briefstelle offen- bar nichts. Sie beweist nur, daß Berkeley früh, vermutlich vor dem Jahre i 704, in dessen Herbst er Bachelor of Arts wurde, einige Platonische Dialoge gelesen hat. in denen er, speziell im Phaedon, Analogien zu seinen religiösen Überzeugungen fn.nd.(^^) Wir haben deshalb auch kein Recht, in einer brieflichen Äußerung aus dem Jahre 17 10, in der er seine Lehre von dem Perzipiertwerden der Ideen durch Gott mit der mosaischen Schöpfungsgeschichte harmonisiert, {^) einen frühen Ausdruck des Pla- tonischen Idealismus zu sehen. Früh schon hatte doch die christliche Schöpfungslehre die Lehre Piatons von der ewigen P^xistenz der Ideen in ihrer intellektuellen Ordnung und ihren Funktionen für den Weltbildner im Timaeus zu der Lehre von der Wirklichkeit der Ideen im schöpferischen Geist Gottes umgebildet und in verschiedenen Fassungen festgehalten. Dementsprechend enthalten auch die gelegentlichen Hinweise auf die Über- einstimmung von Berkeleys Ül)erzeugungen mit der bibhschen Schöpfungs- geschiclite im Tagebuch (z. B. 342, 385) keine Spur einer Beziehung auf die Platonische Ideenlehre. Dazu kommt, daß der noch zu erörternde scharf ausgeprägte Empirismus in den Äußerungen des Tagebuchs der Platonischen Wissenslehre nirgendwo einen Boden läßt. Auch die ebenfalls noch zu besprechenden Schwankungen in Berkeleys Erkenntnislehre weisen in ihren frühangelegten rationalistischen Wendungen demgemäß nirgendwo

Berkeleys Philosophie im Lichte seitws wissenscJmfllichen TagebucM. 37>

auf Platonische Einflüsse hin. Ebenso wenig dürfen die Ausfahrungen über das »law of nature« in Berkeleys mehrfach aufgelegtem Diskurs über »Passive Obedience« vom Jahre 17 12 zugunsten eines solchen Einflusses herangezogen werden. Berkeley beruft sich hier i if.) allerdings auf ein »Eternal Law of Reason«, aus dem »practical propositions, . . . laws of nature« herfließen, »which are ever to be esteemed the fixed unalterable Standards of moral good and evil«. Aber er läßt in deutlichen Anspielungen auf Locke.s Polemik gegen die Lehre von den angeborenen Ideen keinen Zweifel darüber, daß sie nicht, wie die Überlieferung will, rationalistisch gedeutet werden dürfen: »They are said to be stamped on the mind, to be engraven on the tables of the heart . . . they are termed eternal rules of reason.« Aber man nennt sie so, »because they are well known to mankind, and suggested and inculcated by conscience . . ., because they necessarily result from the nature of things, and may be demoti- strated by the infallible deductions of rea.son.« Sie sind vielmehr »collected from Observation« als Vorbilder fiir die Nachahmung der Natur »which is nothing eise but a series of free actions produced by the best and wi.sest Agent«, weil »it hath been shewn that God willeth the imiversal well-being of mankind should be promoted by the concuirence of each particular person«. Nirgends endlich geht Berkeley im Gedankenfluß seines Tagebuchs auf Platonische Lehren ein. Die einzige Aiis])ielung auf Piaton, die sich dort findet, ist eine Ablehnung der seinen Stil übertrieben nachahmenden Redeweise :

I abstain from all flourish & pomp of words & figures, using a great plainness & simplicity of .stile, having oft found it difficult to understand those that use the lofty k Piatonic, or subtil and scholastique strain. {302)

Ein direkter Einfluß der frühen Beschäftigung mit einigen Platonischen Dialogen auf Berkeleys Konzeption des Immaterialismus ist demnach sicher aus- geschlossen. Wäre ein solcher nicht wiederholt angenommen worden, so hätte es der speziellen Belege sogar kaum bedurft. Die Tatsache, daß der Geist des Empirismus Berkeleys Denken in seinen Jugendschriften und mehr noch, wie sich ergeben wird, in seinem Tagebuch beherrscht, hätte genügen sollen, jede Vermutung dieser frühen Abhängigkeit von vornherein beiseite zu schieben.

Dennoch hat vielleicht nicht lediglich die immer aufs neue in histo- rischen üntersucimngen verführerisch wirkende Neigung, iVnalogien der Denkweise für Zeugnisse eines Einflusses zu nehmen, hier mitgewirkt.

H8 Erdmann:

«

Es ist wohl zu beachten, daß um die Wende zum 18. Jahrhundert von verschiedenen, voneinander unabhängigen Ausgangspunkten her Lehren auftreten, die dem idealistisclien Spiritualismus nahestehen oder ihn aus- drücklich vertreten, in allen ihren Ausgestaltungen religiöse Antriebe zeigen und, soweit sie philosophiscli durchgearbeitet sind, Spui-en Platonischen Geistes nicht verleugnen.

Diese Antriebe lassen sicli weit zurück verfolgen. Es genüge hier, auf Erscheinungen hinzuweisen, die in den Darstellungen der Geschichte der neueren Philosophie nicht in Rechnung gestellt worden sind. Die religiöse Reaktion gegen die herrschenden orthodoxen Schulen, in denen seit dem 13. Jahrhundert die Wege des Aristotelisch-Thomistischen Denkens zu Ungunsten des Platonisch-Augustinischen bevorzugt worden waren, (^) hatte weder die Gegenreformation noch die aristotelisierende Veräußer- lichung der abflauenden Reformation zum Stillstand bringen können. Dort war sie im 17. Jahrhundert insbesondere in den Kongregationen der Jansenisten und Oratorianer lebendig geblieben; hier war sie in den stillen Gemeinden der Niederlande, in den pietistischen Vereinigungen Deutschlands und in den pädagogischen Reformbestrebungen von Arnos Comenius praktisch gepflegt, von Valentin Weigel, Jacob Böhme u. a. theosophisch weiter- gebildet worden. Die neue Philosophie aber hatte ihr keine Hilfe gebracht: weder die vieldeutigen religionsphilosophischen Wendungen Bacons, noch Hobbes' nur oberflächlich versteckte Ablehnung des Glaubens überhaupt, noch endlich Gassendis und Descartes' scheinbare Unterwerfung unter die katholischen Glaubenslehren konnte religiös gestimmte Geister befriedigen. Die Stellungnahme der Vertreter der neuen Philosophie beruhte, wie die offiziellen kirchlichen Kreise aller Arten, vorab Descartes gegenüber trotz seines Werbens die Jesuiten, richtig herausfanden, auf dem neuen, nicht religiös geprägten Wissen. Auf dieser Wissensgrundlage beruht auch die Entwicklung des Deismus bis hin zur religiösen Skepsis und dem Frei- denkertum. Die Lehrstellung Herberts von Gherburj- ist nur ein Symptom, niclit die Ursache dieser freigeistigen Lehren gewesen. Aber schon in der Fortbildimg der Cartesianischen Philosophie setzte die religiöse Reaktion sich auch philosophisch durch und bereitete so den Boden für das Aufkommen eines religiös zentrierten idealistischen Spiritualismus vor. Die Lehren Descartes' boten sogar direkte Hilfen für diese Vorarbeit. Die rein geometrische Bestimmung des Körpers, derzufolge er nur Objekt, nicht

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. 39

Urheber von Bewegung sein konnte, hatte, zusammen mit dem attributären Gegensatz zwischen geistiger und körperlicher Substanz, zu der okkasiona- listischen Kausaltheorie geführt. AUe Wirksamkeit in der Welt wurde ihr zufolge ausschließlicli durch Gott vollzogen. Geulincx hatte die Existenz einer Körperwelt daraufhin zwar nicht geleugnet, aber sie war für seine Ethik mit ihrer mystischen Versenkung des sittlichen Individuums in Gott bedeutungslos geworden. Direkter noch hatte von religiösen Bedürf- nissen aus Pascal das Interesse am körperlichen Objekt für nichtig er- klärt, wenig später Pierre Poiret die Cartesianischen Gedanken theoso- phisch zu wenden begonnen. Ganz nahe endlich war Malebranche mit seiner Lehre von unserem Schauen der Körperwelt in Gott dem idea- listischen Spiritualismus gekommen. Selbst in Leibniz' Spiritualismus sind die religiösen Antriebe unverkennbar. Nur hatte sein an der Physik erstarktes und durch sein mathematisches Genie gestähltes Denken seinen intellektualistischen Dynamismus nicht idealistisch, sondern rea- listisch gewendet.

Auch in England hatte die religiöse Reaktion schon in den Vor- stadien des Freidenkertums Wurzel gefaßt. So trotz allem Gegensatz gegen das Priestertum schon bei Herbert von Cherbury; direkter noch bei dem verspäteten und schon deshalb einflußlos gebliebenen scholastischen Pla- toniker Robert Greville, Lord Brooke (The Nature of Truth, i64i).(^) Vor allem aber waren in der rationalisierenden Theologenschule von Cambridge dem Piatonismus, so wie sie ihn sich deuteten, warme Verehrer erstanden. Sie bekämpften von spiritualistischen Grundgedanken aus, wie Cudworth und Henry More, den Materialismus und Atheismus, oder, wie Joseph Glanvill, mit Vorgedanken zu einer empiristischen Kausaltheorie den »mechanischen Atomismus« ('**) von Hobbes. Möglich, daß auch eine genauere Untersuchung bei John Norris und Arthur Collier keine faßbare Abhängigkeit von der Cambridger Schule nachweisbar macht. Sicher bliebe trotzdem, daß die von ihr repräsentierte religiöse Reaktion und die in ihr, besonders ursprünglicli, vorhandene Anerkennung von Descartes' Rationa- lismus für die Aufnahme der Lehren von Malebranche und deren Um- bildung zu einem idealistischen Spiritualismus Raum schaffte: bei Norris in seinem »Essay towards the Theory of the ideal or intelligible World« (1701 1704); bei Collier in ungefähr um dieselbe Zeit erfaßten und schärfer noch idealistiscli gewendeten Gedanken. ('^)

40 EnnMANN:

Es ist das Endglied dieser religiös konzentrierten, von traditionellen Nachwirkungen des Platonischen und Neuplato- nischen Geistes durchsetzten reagierenden Ideenfolge, das uns in Berkeleys idealistischem Spiritualismus vorliegt.

Aber es ist kein Glied, das direkt von Platonischen Lehren abhängig wäre. Es ist nicht einmal irgendwie durch eine der vorstehend besprochenen einzelnen Formen dieser Reaktion bedingt. Gegen Berkeleys Abhängigkeit von den genannten englischen Denkern spricht schon das Schweigen des Tagebuchs. Norris wird in ihm überhaupt nicht erwähnt, und nirgends findet sich dort eine Spur seiner Gedanken. Berkeley hätte wenigstens gegen den Schluß seiner Tagebucliaufzeichnungeh, in der Zeit, in der er eine Reihe von philosophischen Werken durchsah, auf Norris aufmerksam werden können. Er kennt die 1708 veröffentlichten »Familiär Letters« von Locke. Aber die in ihnen enthaltene Kpitik von Norris' Gegenschrift gegen Lockes Essay luid Lockes Urteil über das obengenannte spätere Werk von Norris (^) werden Berkeley nicht dazu gereizt haben, die.se Schrift, die hier allein in Betracht käme, kennenzulernen. Und Colliers kleine, da- mals überhaupt kaum beachtete »Clavis universalis«, in der dieser seine Gedanken zuerst veröffentlichte, erschien erst i 7 i 3, gleichzeitig mit Berkeleys Dialogen. (^*') Selbst von Malebranche nimmt keine der Tagebuchnotizen, in denen die Idee des Immaterialismus formuliert wird, irgendwelche Notiz. Und was mehr besagt: nichts weist auch sonst in ihnen auf eine Abhängig- keit von Malebranche hin. Als Berkeley im Fortgang seiner Entwicklung, etwa 1707, sich eingehender mit Malebranches Lehre beschäftigt, findet er nur Anlaß zu ablehnender Kritik. '

Dem widerspricht natürlich nicht, daß Berkeley, der sich der Paradoxie seiner Lehre wohl bewußt war (Fr. A IV S. 181, D S. 70), von den Fertigen unter seinen Zeitgenossen für einen Anhänger von Malebranche gehalten wurde. So von dem Rezensenten des Treatise in dem jesuitischen Journal de Trevoux (Mai 1713). in eben der Besprechung, welche die Legende von einer Malebranchistischen Sekte der »Egoisten« in dem damals gebräuch- lichen theoretischen Sinne des Worts hat entstehen lassen, (**) vielleicht

' Im Tagebuch zueret in Nr. 231, dann wiederholt: Nr. 256, 258. 266, 270. 288. 361b, 407, 538, 678, [679], 790, 808, 875. Die Berufung auf Malebranche in dem Sclilußabschnitt der »Miscellanen mathematica« (Fr. A III S. 61 f.) gehört vielleicht auch erst der Zeit um 1707 an. Jedenfalls beweist sie nichts fiir die oben vorliegende Frage.

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaflUchen Tagebuchs. 41

auch die Legende einer für Malebranches Gesundheit verhängnisvollen Unterredung mit Berkeley. Selbst in England, wo der Blick für Berkeleys völlig andersartige, empiristische Fundierung des Immaterialismus hätte geschärft sein können, fand die bequeme Einordnung der neuen Gedanken in bereits bek?innte manche Anhänger. Berkeley selbst hat diese Zusammen- stellung mit Recht weit von sich gewiesen. Nachdem Sir John Percival ihm berichtet hatte, daß er (von Clarke und Whiston?) mit Malebranche und Norris zusammengestellt werde, konnte er deshalb, in der A))lehnung zu- treflend, wenn auch die Analogien verkennend, Ende 1710 antworten: »As to what is said of ranking me with Father Malebranche and Mr. Norris, whose writings are thought to be too fine-spun to be of any great use to mankind, I have this answer. that 1 think the notions 1 embrace are not in the ieast coincident or agreeing with theirs, but indeed plainly inconsistent with them in the main points, inasmuch as 1 know few writers I take myself at bottom to diflFer more from than from them.» Man erkennt den ihn bestimmenden Einfluß, wenn er fortfährt: »Fine-spun metaphysics are what I on all occasions dedare against, and if any one shatl show anything of tliat sort in my Treatise, I will willingly correct it« (Fr. D S. 73).

Es ist Locke, auf den wir denuiach auch von dieser Seite aus hin- gewiesen werden. In der Tat haben wir in Lockes Philosophie die aus- schließliche Grundlage für die Ausgestaltung von Berkeleys religiösen Antrieben zu der Idee des idealistischen Spiritualismus zu suchen. Es ist ein Symptom von der Energie der religiös konzentrierten Gedanken, die gegen die ansteigende Rationalisierung des Glaubens Front machen lassen, daß auch aus der Gedankenwelt des Verfassers der Schrift von der »Reasonableness of Christianity « eine religiöse Reaktion ersteht. Lockes Essay hatte die Werdenden seiner Zeit nicht weniger erregt, als 90 Jahre später Kants kritisches Hauptwerk dies tat. Besonderen Einfluß hatte es früh in Dublin erlangt. Fräser hat mit Recht betont, daß schon Ende des 1 7 . Jahrhunderts unter dem Miteinfluß von William Molyneux die philosophisch interessierte Jugend in Dublin durchaus unter dem Einfluß von Lockes Lehren stand. Schon 1692 war Lockes Essay auf Molyneux' Betreiben ein text-book im Trinity College geworden; 1700 hatte er die vierte, reich vermehrte Auflage erlebt. Im Jahre 1701 war er, ebenfalls auf Molyneux" Anlaß, von Richard Burridge, einem Mitglied des Trinity Phil.-kisl. Ahh. 1919. Nr. Ä. 6

42 E R D M A N N :

College, ins Lateinische übertragen worden. (*l) So waren alle Bedingungen für die fast ausschließliche Konzentration von Berkeleys jugendlichem Denken um die Lehre Lockes gegeben.

Ein direktes Zeugnis für diese Abhängigkeit bieten die ersten Fragen und Thesen des Tagebuchs, die wir in den Anfang des Jahres 1 706 zu verlegen hatten (S. 30). Analoge Hinweise finden sich fast auf jedem Blatt der späteren Eintragungen. Deutliclier noch spricht ihr Gehalt sowie der vieler anderer Niederschriften. Auch die Streitschriften zwischen Locke und Edward Stillinglleet, dem Bischof von Worcester, waren ihm bekannt (Nr. 505. 693, wohl auch Nr. 688); el)en.so, wie schon erwähnt, die 1708 zuerst veröffentlichten »Some Familiär Letters between Mr. Locke and Several of his Frionds« (Nr. 702, 736). Auch für die frühe Ablehnung der mecha- nischen (Trundbcstimmungen sowie der Fluxionsrechnung Newtons, der im Tagebuch nächst Locke am meisten und mit voller Anerkennung seiner Leistung genannt wird:

I See no wit in any of them [den englischen Verfechtern der Infinitesimalrechnung] but Newton. The rest are meer triflers, mere.

Nihilarians(369),(42)

ist Lockes Einfluß maßgebend gewesen. In dem mehrfach bereits genannten frühen kleinen Aufsatz » Of Infinities « Iteruft sich Berkeley in erster Linie auf Lockes Unterscheidung der »infinity of space« und des »space inßnitely great and small«, erst in zweiter auf den im l'agebuch anfangs mehrfach formulierten Gedanken, »that we ought to use no .sign without an idea«(**) (vgl. Nr. [358J. 359, 361, 404, 405), der erst späterhin aufgegeben wird. (**)

Viel wärmer als im Treatise klingt dementsprechend Berkeleys An- erkennung von Lockes Leistung in den »Miscellanea mathematica « C*^) und in den Tagebuchaufzeichnungen dieser Zeit. Auch als seine Gedanken sich bereits zu dem Plan eines umfassenden Werkes verdichtet hatten, urteilt er:

Wonderful in Locke that he could, w" advanced in yeai-s, see at all thro' a mist; it had been so long a gathering, & was consequently thick. This more to be admir'd than y' he did not see farther. (556)

Und noch anerkennender späterhin:

... I am no more to be reckon'd stronger than Locke, than a pignu' should be reckon'd stronger than a gyant because he could throw off the molehill vv'='' lay upon him, and the gyant could only shake er shove the mountain that oppressed him. This in the Preface.(67o)

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tayebwhs. 4B

. . . Such was the caiidour of this great man that I perewade myself, where he alive, he would not be offended that I differ from hini, seeing that even'in >-o doing I follow his advice, viz. to use my own judgment. See with my own eyes, & not with another's. Introduction. (68i; vgl. 452)

Was Berkeley vor allem dem Gedankengebäude Lockes entnimmt, ist der Empirismus, der das sorgsam ausgearbeitete Fundament des Essay bildet, d. i. nach der Problemstellung Lockes die Lehre, daß aller Inhalt unserer Erkenntnis ausschließlich der Erfahrung, einer inneren sowohl als der äußeren, entstamme. *

Der religiöse Antrieb, der Berkeley zum Gegner herrschender Zeit- strömungen maclite, fand in diesem Boden so wenig ein Hemmnis, wie Malebranche ein solches in dem Rationalismus Descartes' gefunden hatte. Begreif liclierweise : so leicht sich im praktischen Leben bodenständige Er- fahrung mit religiöser Konzentration verbindet, so leicht wird es auch, wie die Geschichte der Philosophie und der Naturwissenschaft bis hin zur modernen Anthroposophie und Theosophie sowie zum Pragmatismus und zur letzten Phase des verblichenen Monismus zeigt, den Eimpirismus dem religiösen Bewußtsein philosophisch dienstbar zu machen. Durchaus zu- treffend hat Berkeley in einer späten Niederschrift seines Tagebuchs ge- urteilt :

Sj>inosa (vid. Praef. Opera Posthum.) will havi; God to be •omniuni rerum causa immanens', and to countenance this produces -that of St. Paul, 'in Hini we live", kc. Now this of St. Paul niay be explained by my doctrine as well as Spinosa's, or Locke's, or Hobbs's, or Kaphsoi\'s, &c. (817)

Eine Einsicht, die ihn freilich nicht gehindert hat, sich in seinen Schriften (z. B. Treatise § 149 und Dialogues Fr. AI S. 331) eben dieses Hinweises zugimsten seiner Lehre zu bedienen.

Die durchgängige Abhängigkeit Berkeleys von Locke im einzelnen zu belegen, wäre so überflüssig wie unzulänglich. Überflüssig, weil in dem Lehr- bestande, den der Treatise und die Dialogues bieten, kein Zug ist, der nicht diese Abstammung verriete. Unzulänglich, denn es ist wiederum kein Zug, in dem sich nicht zugleich die Eigenart der Fortbildung ausprägte. Das zeigen auch die Tagebuchnotizen; nur ist zu beachten, daß Berkeley in ihnen viel mehr Anlaß hat festzulegen, was ihn von Locke scheidet, als aufzuzeichnen, was er von dessen Lehre voraussetzt.

Wenige allgemeine, beide Momente berücksichtigende Bemerkungen werden deshalb genügen.

6*

44 E R I) M A N N :

Neubegründet wird fürs erste der Kinpirismus von Berkeley nicht. Sein Treatise hält insofern, obgleich dessen Aufgabe nach Analogie der Zielbestimmung in Lockes Essay formuliert wird, nicht das, was er schein- bar, wie noch zu zeigen sein wird (S. 49) verspricht. Er ist keine »strict inquiry concerning the First Principles of Human Knowledge, to sift and examine them on all sides« (Tr. Introd. §4). Die empiristische Ursprungs- bestimmung unserer Erkenntnisinhalte wird im ersten Paragraphen nach der Einleitung ohne weiteres im Anschluß an Locke eingeführt, wie bei Locke auf Sensation und reflection verteilt und auf memory und Imagination übertragen. Auch das nicht fixierte »thought« 5 u. o.) bleibt in den drei ersten, grundlegenden Schriften vielfach iimerhalb dieses Gedanken- kreises; ebenso, trotz der Wendung, die Berkeley der Lehre von den geistigen Substanzen gibt, die gleichfalls schwankende Bestimmung der re- flection. Auf beide ist noch zurückzukommen. Selbst die neue, alle körper- liche Realität aufhebende Grenzbestimmung für die Erkenntnis der Außen- welt und die ebenso neue Erweiterung der P]rkenntnis geistiger Substanzen werden nicht auf eine selbständige Untersuchung der Prinzipien unseres Erkennens begründet, sondern erscheinen als Konsequenzen der Erklärung Lockes, daß alle Erkenntnis auf der Perzeption der Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung zweier Ideen beruhe. Die neue Grenzbestimmung unserer Erkenntnis der Körperwelt folgt aus dem schon in Lockes Lehre ent- haltenen, allerdings von ihm nicht konsequent festgehaltenen Satz: »an idea can be like nothing but an idea«. Von § 8 des Treatise an, in dem er einge- führt wird, erweist er sich als methodologisches Prinzip, in Verbindung mit dem Gedanken, daß eben die Argumente subjektiv bedingter Relativität, die Locke für die Subjektivität der sekundären Qualitäten verwendet, für die gleiche Wesensart der von Locke im Anschluß an einen alten, neu gewendeten Sprachgebrauch (■**) so genannten primären sprechen. Völlig zutreffend wird diese Grenzbestimmung allerdings erst, wenn hinzugenommen wird, was Berkeley als eine selbstverständliche Folgerung aus der Ideenlehre Lockes. wiederum ohne weiteres, gleich anfangs ausspricht und nicht müde wird zu wiederholen: »The existence of an idea consists in being perceived.« Denn »It must be confessed thls niethod of arguing [aus der subjektiven Relativität der Sinnesqualitäten] does not so much prove that there is no extension or colour in an outward object, as that we do not know by sense which is the true extension or colour of the object«

Berkeleys Philosophie, im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. 45

15)', ein Gedanke, der größere Beachtung verdient, als er in der Ent- wicklung der Lehre von der Subjektivität der Sinnesqualitäten seit der antiken Atomistik bis zur Gegenwart gefunden hat.

Nicht anders verhält es sich mit den Gründen, aus denen Berkeley die Lehre Leckes von unserer P^rkenntnis der geistigen Substanzen um- bildet. Man hat wiederholt bemerkt, daß dieser Kardinalpunkt seiner Über- zeugung wenig eingehend von ihm behandelt ist und wenig deutlich wird. In der Tat wird er ebenfalls von vornherein als eine selbstverständliche Konsequenz des Satzes eingeführt, daß die Existenz der Ideen in ihrem Perzipiertwerden besteht (Tr. § 2). Denn damit ist gesagt, daß es außer den perzipierten Ideen perzipierende geistige Dinge geben müsse, Bestimmungen, über welche die Auslassungen im Treatise prinzipiell nicht hinausgeführt werden.

Berkeley leitet demnach seinen idealistischen Spiritualismus nicht aus einer neuen Untersuchung der ersten Prinzipien unserer Erkenntnis ab. Er entwickelt ihn vielmehr aus Konsequenzen, die er, angetrieben durch sein religiös fundiertes Denken, aus Lockes daraufhin umgedeuteter Erkenntnis- lehre zieht. Y.T steht zu Locke in der Tat älmlich wie Spinoza zu Des- cartes, oder wie einerseits Fichte, andrerseits Scliopenhauer zu Kant. Nur sind seine Antriebe durchaus christlich relij^iöse, während sie bei jenen in erster Linie ethisch fundiert sind.

Für diese Umbildung fand Berkeley in der Erkenntnislehre Lockes noch direkter faßbare Anhaltspunkte, als der Cartesianismus sie Pascal oder Malebranche für ihre analogen Lehren geboten hatte. Ohne weiteres waren, wie schon zu erwähnen war, Lockes Beweisgründe für die Sub- jektivität der sekundären Qualitäten auf die von ihm als objektiv voraus- gesetzten zu übertragen. Ebenso naheliegend war die Konsequenz, daß die Sensationen mit Einschluß von Raum, Zeit (13 u. 18; vgl. oben S. 30) und solidity (Nr. 78) und die Ideen der Reflexion .sowie selbstverständ- lich die aus iiuien abgeleiteten «ideas formed by help of memory and Ima- gination« (Tr. § i) »not so much existences as manners of y" existence of persons« seien (24; vgl. S. 30). Damit waren auf empiristischer Basis fast alle Brücken zum idealistischen Spiritualismus geschlagen. Denn dann verstand sich von selbst:

' Man vergleiche dazu ini Tai^ebuch die S. ,30 schon zitierte Eintragung (20) mit den einschränkenden Bemerkungen (266, 288, 361b, 407).

4(5 E R D M A N N :

Qu. What can be like a Sensation but a Sensation? (46)

Qu. Did ever any man see any other tliings besides his own

ideas, that he should compare them to these, and make these like unto

them? (47; vgl. 51)

War so gesichert, daß

Nothing but ideas perceivable(5o),

SO ergab sich im Hinblick auf Lockes Kritik des Substanzbegriffs für die Körperwelt ebenfalls von vornherein:

Material substance banter'd by Locke, b. 2 c. 13 s. 19. (91; vgl. 176)

Nicht weniger leicht gesellte sich zu dem allen die Einsicht in die irreführenden Konsequenzen der überlieferten Lehre von der Realität der Materie (22; s. oben S. 30), sowie die Erkenntnis, daß die unendliche Teil- barkeit der Ausdehnung mit ihrem Ursprung aus Sensationen unverträglich sei (26; s. oben S. 30; vgl. 33, 34, 37).

Lockes Annahme einer »sensitive knowledge«, die als Konsequenz seiner Lehre unmöglich ist, nur als Fplgebestimmung seines naiven Rea- lismus der primären Qualitäten verständlich wird, mochte bei dem allen so offenbar ausgeschlossen erscheinen, daß es für Berkeley überflüssig war, auf ihre Unzulänglichkeit spezieller einzugehen. Sie wird im Tagebuch nur einmal berührt:

I am niore certain of y"^ existence & reality of bodies than Mr. Locke, since he pretends onely to w' he calls sensitive knowledge, whereas I think I have demonstrative knowledge of their existence by them mean- ing combinations of powers in an unknown substratum. (81)

Natürlich soll mit diesen Hinweisen auf frühe Eintragungen nicht der so bedeutungs- wie hoffnungslose Versuch gemacht werden, den Ursprung von Berkeleys Immaterialismushypothese aus dem Gedankenkreis Lockes zu rekonstruieren. Sie sollen nur die Problemlage bezeichnen, aus denen ihr sachlicher Bestand ähnlich so abfolgte, wie Malebranches Lehre aus der Problemlage, die der Cartesianismus geschaffen hatte. Nur eine Erläute- rung mehr zu vielen leicht beibringbaren anderen sollen sie dafür liefern, daß auch in geistesgeschichtlieher Entwicklung bei analogen Antrieben die gleichen Wirkungen aus sehr verschiedenen Ursachen entspringen können.

Freilich war mit dem allen der idealistische Spiritualismus vorerst nur als »immaterial hypothesis« (19; vgl. oben S. 30) gegeben. Erscheint »my doctrine«, also im wesentlichen eben diese Lehre, auch schon früh

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftUcJien Tagebuchs. 47

(29 und 30), so kommt Berkeley zu völliger Sicherheit, wie oben bereits erwähnt, doch nur allmählich.

Erst in der Nähe der dort genannten Eintragungen tritt der Grund- gedanke der Lehre als »Prinzip« auf:

Isnorance in some sort requisite in y' person that should disaver the Principle. (285)

The Principle easily proved b>- plenty of arguments ad ab- surdum. (293)

The reverse oC y^ Principle introduced scepticism. (307)

N. B. On my pi'incipics tliere is a realitv: there are things: there is a rerum natura. (308; vgl. 315, 394)

Früh unil immer aufs neue wird dabei dieser Gegensatz zur Skepsis betont, den Locke bei seinem naiven Realismus keinen Anlaß gehabt hatte, hervorzuheben (19, 80, 81, 223. 428, 457, [460J, 479, 507, 537, 540, 552, 596,674, 797).

Nach dem allen kommt es im weiteren Verfolg des Tagebuchs zu

F>klärungen, in denen die Hypothese als gesicherte Theorie erscheint:

Newton begs his principle: I demonstrate mine. (390; vgl. 453) . . . W I lay hefore you are undoubted theorems, not plausible conjectai-es of my own ... (522)

W I sayis deraonstration perfect demonstration...(54i; vgl. 576,712)

Absichtlich ist bei der vorstehenden Bestimmung der Idee von Berkeleys Lehre und des Ursprungs ihrer Gestaltung aus den Voraussetzimgen des Lockeschen Empirismus die Funktion und der Entwicklungseinlluß außer Ansatz gelassen worden, den Berkeleys kritische Erörterung der überlieferten logisch-metaphysischen Abstraktionslehre besitzt.

Die Analyse der Gesichtswahrnehmung mit den Ausführungen über »Suggestion« in der New Theory und deren Erläuterungsschrift ist ohne Zweifel als der historisch wirksamste, in den Grundgedanken unvergäng- liche Bestandteil seiner psychologischen Lehren anzusehen. Schon Hume hat seine Fortbildung von Berkeleys Abstraktionstheorie in seinem Treatise mit der Erklärung eingeleitet: »A great philosopher has disputed the receiv'd opinion in this [question] particular ... I look upon this to be one of the greatest and most valuable discoveries that lias been made of lata years in the republic of letters.« Sie ist zudem von Berkeley in der Einleitung seines Treatise zu einem verhältnismäßig umfangreichen methodo- logisch-kritischen Werkzeug ausgefeilt und im Fortgang des Werks häufig

48 E R D M A N N :

ZU solchem Zweck verwertet. Kein Wunder, daß sie von jeher als ein wesentlicher Bestandteil seiner Philosophie überhaupt eingeschätzt und wiederholt als ein ebenso wesentliches Moment ihrer Entwicklung angesehen worden ist; letzteres um so mehr, als die Grundzüge dieser Lehre sich schon in der New Theory finden.

So naheliegend beide Annahmen sind, so wenig halten sie doch genauerer Prüfung stand.

Fürs erste ist zu beachten, daß die Abstraktionstheorie von Berkeley nur in der Einleitung des Treatise ausführlich entwickelt und im Verlauf der Untersuchung häufiger verwertet wird, in den übrigen Schriften dagegen zvirücktritt. In der dem Treatise vorangehenden New Theory wird sie direkt nur in einem kurzen Abschnitt gegen den Schluß der Untersuchung 122 126; vgl. § 152) dargestellt. In den Dialogues wird sie in dem- selben Zusammenhang wie in der New Theory nur andeutungsweise heran- gezogen (Fr. A I S. 283f. ; daneben ganz flüchtig S. 31 1, 3 i 5, 353). Auch in De motu wird sie nur mehrfjicii gestreift. Etwas breiter ausgeführt dient sie in der ursprünglichen Fassung des Alciphron, kürzer in der Defence of Freethinking in Mathematics dem Beweisgang (Ale. VII § 5 f.; aber auch V § 24 und VII I4f: Def. §45f). In der Siris bleibt sie in untergeordneter Stellung fast ganz im Hintergrund'.

Sodann ist in Betracht zu ziehen, daß die neue Abstraktionslehre im Treatise wie in den übrigen Schriften durchweg nur kritisch verwendet wird. Sie dient nirgends zum Aufbau des Immaterialismus, sondern überall zur Abwelir der ihr entgegenstehenden Meinungen, d. i. im Sinne Berkeleys zahlreicher althergebrachter Irrtümer der philosophischen Spekulation sowie der Mathematik und der Naturwissenschaften, in sehr viel bescheidenerem Maße auch der Lehre von den spirits und der Ethik. Das Sein der Ideen darf von ihrem Perzipiertwerden nicht getrennt werden (Tr. § 5); es gibt weder eine abstrakt allgemeine Idee der Existenz überhaupt

' Inhaltlich ist Berkeleys Abstraktionstheorie jedoch, wenn wir von der rationalistischen Wendung der Ideenlehre in der Siris absehen, in allen diesen Schriften wesentlich ungeändert. Die Annahme, daß Berkeley den in seiner Abstraktionslehre vorliegenden Nominalismus in der letzthändigen Ausgabe des Alciphron (1752) und in der Siris aufgegeben habe, besteht nicht zu Recht. In den Erörterungen, die in der letzthändigen Ausgabe des Alciphron unver- ändert gelassen sind, bleibt die ursprüngliche Lehre deutlich bestehen; es handelt sich bei dem Foi-tfall der Abschnitte Ale. VII 5 7 offensichtlich nur um eine Konzentration des Gedamkenganges.

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftliche}! Tagebuchs. 49

(Tr. § 17, 74, 81, 88), noch eine solche speziell der Körper (Tr. §6, 11). Ebensowenig können wir die Idee einer von den sekundären Qualitäten abgetrennten Ausdehnung (N. Th. § 43, 122, 130, 149, 160; Tr. § 10, 1 1, 99, 116), einer reinen Zeit (Tr. § 97. iii) oder einer Bewegung überhaupt (N. Th. § 137 ; Tr § 10, 99) bilden. Ausgeschlossen ist damit die Idee der unendlichen Teilbarkeit von Raum, Zeit und Zahl (N. Th. § 54; Tr. § 125 Tr. |J 13, ii9f.). Nicht weniger irrtümlich ist. daß die geometrischen Beweise abstrakt allgemeine Ideen der Figuren voraussetzen (N. Th. § 152; Tr. Introd. § 15; § 10, 126). Auch die abstrakt allgemeine Idee der Materie ist haltlos (Tr. §81). Fast ausschließlich fungiert die neue Theorie der Abstraktion somit als Waffe gegen die Irrlehren, die Berkeleys Deutung der Ideen, d. i. der Objekte der Außenwelt, entgegenstehen. Etwas un- motiviert in dem uns vorliegenden Zusammenhang wird die Lehre dann auch einmal gegen die ^>Idee« der (Glückseligkeit überhaupt gerichtet (Tr. !j 100); und erst gegen den Schluß des Treatise wird sie nach kurzem Aufangsh in weis auch auf die »Notionen« übertragen, die wir von geistigen Substanzen gewinnen können (Tr. § 27, 143).

Der positive (bedanke, der diese ganze Abwehr beherrscht, liegt in dem Satze: Abstraktion in gültigem Sinne ist »the conceiving separately such objects as it is possible may really exist or be actually perceived asunder« (Tr. Intr. §5; §10). Es gibt demnach nur allgemeine Ideen in dem Sinne, daß eine besondere Idee alle anderen besonderen Ideen derselben Art repräsentiert, d. i. ein Zeichen für sie wird (Tr. Intr. § 1 2 f. u. o.). Zudem bleibt selbstverständlich, »that a man may consider a figure merely as triangulär, without attending to ihe particular qualities of the angles, or relations of the sides- und daß wir »in like manner may consider Peter so far forth as man, or so far forth as animal « (Tr.' J. § 1 6 ; vgl. Tr.' § 126).

Diese kritische, fast ausschließlich gegen eine verbreitete logische Über- lieferung gerichtete Funktion von Berkeleys Abstraktionstheorie erklärt die oben (S. 44) schon berührte Differenz zwischen der anscheinenden Aufgabe- bestimraung und dem tatsächlichen Gehalt des Treatise. Die Aufgabe ist weniger allgemein gedacht, als dies scheint, wenn der Satz, der sie formu- liert, wie auch oben, wenn auch nur vorläufig geschehen, aus seinem Zu- sammenhang gelöst wird. Die »strict inquiry concerning the First Principles of Human Knowledge, to slft and examine them on all sides« steht in festem kritischen Zusammenhang der Einleitung des Werks. »My purpose . . . Phil.-hist.Abh. 19ni. Nr. 8. 7

50 K R I) M A N N :

is«, heißt es zu seiner Begründung, »to try if I can discover what those Principles are which have introducod all that doubtfulness and uucertainty, those absurdities and contradictions«, die scheinbar »arise from the natural dulness and limitalion of our faculties«. Es ist vielmehr anzunehmen, daß jene Hemmnisse und Schwierigkeiten »do not spring from any darkness and intricacy in the objects, or natural defect in the understanding, so much as from false Principles which have been insisted on, and might have been avoided«. Welche falschen Prinzipien hier gemeint sind, hat Berkeley nicht zweifelhaft gelassen. Unmittelbar gemeint ist die aus einem Mißverständnis der Funktionen der Sprache entsprungene Abstraktionstheorie in der herkömmlichen Logik und Metaphysik (Tr. Intr. §6,18 f.). Mittelbar richtet sich die kritische Untersuchung gegen die An- nahme, daß die Objekte der Sinneswahrnehmung etwas anderes sind als hleen- komplexe, deren Sein in ihrem Perzipiertwerden gesteht, und die aus diesem Vorurteil herfließenden skeptischen und irreligiösen Lehrmeinungen. Den ersten Punkt behandelt die Einleitung des Treatise, den zw^eiten die noch umfassendere kritische Begründung der neuen Ideenlelire und ihrer religiös- metaphysischen Konsequenzen im Treatise selbst. So handelt es sich in dem Werk nicht sowohl um einen neuen erkenntnistheoretischeii Aufbau, als vielmehr um eine erkenntnis kritische Untersuchung übei'lieferter, vom Standpunkt des Immaterialismus falscher landläufiger Annahmen, d. i. um eben die Untersuchung, die der Untertitel des Werks in Aussicht stellt, um eine Arbeit, «wherein the chief causes of error and difßculty in the Sciences, [d. i. der Philosophie sowir der Mathematik und der Physik im weitesten Sinn] with the grounds of scepticism, atheism, and irreligion, are inquired into « .

Zu organischer Einheit sind beide kritische Untersuchungen im Treatise nicht verbunden.

Von den zwei Gliedern der Einleitung, der Kritik der Lehre Lockes von den abstrakten Meen und dem kritischen Nachweis der Funktionen der Sprache, fällt das zweite für die Substanz des Werkes fast vollständig aus. Nicht einmal die Suggestionstheorie, die in der New Theory eine ausschlag- gebende Rolle spielt und dort zu mehrfachen Hinweisen auf die Sprache Gottes in der Natur verwertet ist, wird weiter ausgeführt. Die jener Theorie entsprechende Scheidung von »immediate« und »mediale perceptions« kommt erst in den Dialogen zum Vorschein. Die tiefsinnigen Erörterungen über die

Berkeleijs Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagelmchs. 51

äußere Natur als Sprache Gottes, die in der New Theory angelegt sind, werden erst im vierten Dialog des Alciphron, in der »New Tlieory . . . vindi- cated« und kürzer nochmals in der.Siris weiterentwickelt. Im Treatise fehlen sie bis auf wenige, von Berkeley selbst schließlich ausgemerzte An- deutungen. Es bleiben von der Theorie der Sprache im Treatise nur die eingangs betonten und weiterhin mehrfach wiederholten Klagen über die Unzulänglichkeit der sprachlichen Formulierung. Begreiflich danach, daß die feinsinnigen Bemerkungen über die Funktionen der Sprache, die sich in der Einleitung und in anderen Schriften Berkeleys finden, 'weder die Ein- wirkung, noch auch selbst nachträglich die Anerkennung erlangt haben, die sie auch in Rücksicht auf die Leistungen Hartleys für die Psychologie der Sprache verdienen. Sie sind weniger nocli gebührend gewertet worden, als die in seiner Suggestionstheorie enthaltenen, voll entwickelten Keime zu der Assoziationstheorie Hartleys, soweit diese psychologisch fundiert ist, und zu der rein psychologisch begründeten Assoziationstheorie Humes. Sie sind fast nur durch die Suggestionslehre von Thomas Brown weiter ent- faltet worden.

Der erste Teil der Einleitiuig dagegen, die Ablehnung der überlieferten logischen Abstraktionstheorie imd der psychologischen Fundierung, die ihr Locke gegeben hatte, durchsetzt auch die späteren kritischen Aus- führungen des Treatise, auflfalligerweise allerdings so, daß ihr Grund- gedanke in § 5 des eigentlichen Treatise eingeführt und bis § 96 hin wiederholt kritisch verwertet wird, ohne daß auch nur mit einem Wort an' die Einleitung angeknüpft wäre. Erst im § 97 und dann im § 126 wird auf sie zurückgewiesen. Der aufmerksame Leser gewinnt so den Eindruck, daß der § 5 und die ihm bis § 96 folgenden konzipiert sind, ohne daß die Absicht bestand, die kritischen Erörterungen der Einleitung vorangehen zu lassen. Obgleich, wie wir sehen werden, das Tagebuch sicher macht, daß eine .solche Eiiikilung früh yeplant war, drängt sich doch die Vermutung auf, daß sie nachträglich ausgearbeitet wurde, also erst späterhin für Berkeley die Bedeutung erlangte, die sie in dem uns vorliegenden Treatise besitzt. Ist das richtig, so würde die Einleitung eine Art Seitenstück zu der New Theory sein; nur daß sie nicht wie diese als eine Vorarbeit, sondern als eine Ergänzung zum Treatise gedacht wäre.

Auch der Umstand will berücksichtigt sein, daß Berkeleys Abstraktions- kritik nur die psychologische Grundlegung der logischen Abstraktions-

7*

52 P]rdmann:

theorie ausdrücklich behandelt. Die metaphysische Formenlehre des schola- stischen Realismus wird kaum gestreift. Ihren Aufstellungen und dem Piatonismus, auf den sie letztlich zurückweist, bleibt Berkeley näher, ohne daß auch daraus (vgl. oben S. 36) etwa ein direkter Einfluß der Plato- nischen Ideenlehre abzuleiten wäre. Gott kann die Ideen in uns nur dadurch wecken, daß ihre Urbilder von Ewigkeit her von ihm vorgestellt werden (Dial. Fr. AI 351). Noch in Rhode Island schreibt er: »I have no objection against calling the Ideas in the mind of God archetypes of ours.« Es sind nur nicht universalia ante res, die er zugibt, sondern Urbilder der konkreten Dinge selbst. So müssen wir deuten, wenn er in dem angezogenen Briefe, scheinbar die universalia in rebus verneinend, fortfahrt: »ButI object against those archetypes by philosophers supposed to be real things, and to have an absolute rational existence distinct from their being perceived by any mind whatsoever. « (*^)

Möglich endlich, daß noch ein Nebenmotiv Berkeley schließlich beweg, die Kritik der Lehre von den abstrakten Ideen und deren Ursprung aus der Sprache dem Treatise voranzustellen. In dem schon oben erwähnten Brief an Sir John Percival vom 6. September 1 7 10 schrieb er : »However, limagine that whatever doctrine contradicts vulgär and settled opinion had need be intro- duced with great caution into the world. For this reason it was that I omitted all mention of the non-existence of Matter in the title-page, dedication, preface, and introductiou to my 'Treatise on Human Knowledge"; that so the notion might steal unawares on the reader . . . ; therefore ... I entreat you not to take notice to them [Percivals Bekannten] that I deny the being of Matter in it, but only that it is a treatise on the principles of human knowledge, designed to promote true knowledge and religion. . . (^) Solcher Vorsicht konnte die Einleitung, weil sie gegen eine offenbar unhaltbare Position Lockes gerichtet war, ebenfalls dienen.

Alles was hiernach über die Funktion von Berkeleys Abstraktions- kritik festzustellen war, macht wahrscheinlich, daß sie kein Moment für die ursprüngliche Konzeption des Immaterialismus abgab. Es bewahrheitet sich demnach auch hier der oft in der Ideengeschichte verifizierbare Gedanke, daß neue Lehren nur selten durch eine umfassende Kritik hergebrachter Ansichten entstehen. Produktive Ideen pflegen positiven intuitiven Ursprung zu haben. E]rst in der Ausgestaltung können, sie dann Anlaß zu ein- gehender Kritik bieten. Es liegt demnach hier ähnlich so wie mit Lockes

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. 53

Kritik der Lehre von den angeborenen Ideen, auf deren späten Ursprung schon Burton mit Recht hingewiesen hat.

Daß sich die Ansätze zn dieser Kritik Berkeley bald nach der Kon- zeption seiner Grundidee als ein wertvolles Kampfmittel darboten, soll damit natürlich nicht geleugnet werden. Dafür spricht bereits, daß sie als solches schon in der New Theory verwendet wird. Sicherer noch zeigt sich ihr früher Ursprung darin, daß ihre Argumentationen ausschließlich auf Locke zugeschnitten sind. Sie sind ebenso wie die These, die sie begründen sollen, lediglich ein Produkt Berkeleyschen Denkens. Nichts in ihnen verrät, daß er sich des Zusammenhangs seiner Aufstellungen mit der reichen Vor- geschichte bewußt ist, die innerhalb der christlichen P]ntwicklung bis in die erste Periode des Nominalismus zurückreicht und im Zusammenhang mit dem späteren Nominalismus auch in der Renaissance Vertreter hat. (•**) Nicht einmal Hobbes, der Vorgänger, bei dem er alle wesentlichen Ge- danken dieser seiner Lehre hätte finden können, hat irgendwelchen Einfluß auf ihn gehabt. (^)

Wir können demnach weder der tatsächlichen Funktion der Abstraktions- lehre in Berkeleys Schriften, noch der sachlichen Zugehörigkeit seiner Argu- mentationen zu den nominalistischen Lehrmeinungen ein Recht zu der Hypo- these entnehmen, jene Lehre sei ein »fundamental principle« seiner Doktrin. Wir müßten denn annehmen wollen, sie sei ein solches, obgleich sie durchweg nur der Abwehr herrschender Meinungen dient, lediglich im Treatise eine in die Augen fallende kritische Stellung besitzt und nichts enthält, was mit der Idee des Immaterialismus irgend etwas zu tun hätte.

Eben dieses, den herkömmlichen Darstellungen von Berkeleys Lehre widersprechende Ergebnis wird durch das Tagebuch bestätigt. Es zeigt in geradezu vorbildlicher Form, wie bedenklich es ist, ohne weiteres syste- matische Darstellungen einer Lehre als Belege historischer ^Entwicklung, Beweisgründe kurzerhand als Erkenntnisgründe anzusehen.

An Hinweisen auf die neue Abstraktionstheorie fehlt es im Tagebuch nicht, völlig aber an solchen, die irgendeinen Einfluß auf die Idee des Immaterialismus verraten. Die Theorie tritt vielmehr erst auf, nachdem die immaterialistischen Grundgedanken, die Lehre von den Geistern und von der rein geistigen Wirklichkeit der Ideen, längst feststehen, und auch speziell die Grundzüge der neuen Theorie der Gesichts- und Tastwahmeh- mung fixiert sind. Ihre ersten Anfange finden sich in kritischen Konsequenzen,

54 K R D M A N N :

die aus der empiristischen Deutung der Gesichtswahmehmung abfließen, gegen herkömmliche und neue mathematische Lehren. Deutlich tritt die in ihr enthaltene Verneinung der abstrakten geometrischen Gebilde erst kurz vor dem Ende des ersten Drittels der Aufzeichnungen auf. Erst im zweiten Drittel folgen gehäufte Ausführungen, die den positiven Sinn der Theorie feststellen, noch immer hauptsächlich im Anschluß an eine Kritik der dem Sensualismus widersprechenden geometrischen Deutimgen. Darauf- hin erst konzentriert sich die Negation um die Lehre Lockes. Noch über die Hälfte des Tagebuchs hinaus finden sich Aufzeichnungen, in denen Berkeley unbedenklich den überlieferten Sprachgebrauch festhält, der von abstrakten und allgemeinen Ideen reden läßt. Ganz zuletzt finden sich einige wenige Notizen, in denen die Theorie auf die Lehre von den Geistern übertragen wird.

Y.S lohnt der Mühe, dies im einzelnen zu begründen. Der Zusammen- hang der hierher gehörigen Eintragungen wird nicht auf den ersten Blick deutlich, führt aber bei genauerer Prüfung zu sicheren Ergebnissen.

Zuerst sei skizziert, in welchen Wendungen Berkeley bis um die Hälfte der Tagebuchnotizen gelegentlich an dem herkömmlichen Sprachgebrauch festhält; von der Eintragung (53) sei dabei vorerst abgesehen. So heißt es: Unity in abstracto not at all divisible, it being as it were a point, or with Barrow (vgl. 264, 337, 365, 553) nothing at all; in concreto not divisible ad inßnitum, there being no one idea diminishable ad infinitum. (75) Lengths abstract from breadths are the vyork of the mind. Such do iiitersect in a point at all ungles. Alter the sanie way cuiour is ab- stract from extension. (86)

Späterhin taucht in ebensolchen Wendungen ein Abstraktionsproblem auf, das bald verschwindet, obgleich die Frage nach den einfachen Ideen den Berkeley des Tagebuchs wiederholt beschäftigt:

Simple ideas include no parts nor relations hardly separated and considered in themselves nor yet rightly singied by any author. Instance in power, red, extension, &c. (133; vgl. 483)

Preliminary discourse about singling and abstracting simple ideas. (137 a)

Auch einzelne, wenig spätere Bemerkungen zur TJieorie der Gesichts- und Tastwahrnehmung gehören hierher:

Men estimate magnitudes both by angles and distance. Blind at i^' could not know distance, or by pure sight abstracting from ex- perience of connexion of sight aud tangible ideas \ve can"t pei-ceive distance... (170; vgl. 202)

Berkeleys Philosophie im lAchte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. 55

Sogar noch um die Mitte des Tagebuchs wird der alte logische Sprach- gebrauch gelegentlich angewandt. So in einer beachtenswerten Verallge- meinerung der Lehre von den minima sensibilia:

A line in abstract, or distance, is the number of points between two points. There is also distance between a slave & an emperor, between a peasant & philosopher, between a drachm & a pound, a farthing & a crown, &c.; in all which distance signifies- the number of intennediate ideas. (431)

No one abstract simple idea like another. Two simple ideas may be connected with one & the same 3'' simple idea, or be intromitted by one & the same sense. But consider'd in themselves they can have nothing common, and consequently no likeness. (483)

Auch bleibt Berkeley bis dahin unbedenklich, von »my abstract & general doctrines« (494) und »abstract philosophic thoughtsa (501) über- haupt zu reden, in Ausdrücken also, über deren Unzulänglichkeit die Ein- e itung zu dem um diese Zeit bereits fest geplanten Treatise handeln soll.

Erst wenn solche, die Anfange der neuen Einsicht überdauernden, in einem Tagebuch begreiflichen Nutzungen des überlieferten Sprachgebrauchs ausgeschieden sind, wird es möglich, die Entwicklung der neuen Abstraktions- lehre zu verfolgen. Vorausgesetzt darf werden, daß die in eckigen Klam- mern bei Fräser stehenden Worte der Eintragung:

Succession a simple idea, [succession is an abstract, i. e. an in- conceivable idea,] Locke says (53)

einen Zusatz aus späterer Zeit bilden. Die Vermutung wird sich durch alles Folgende als wahrscheinlich ergeben. Eine äußere Verifikation ist allerdings für sie nur zu erlangen, wenn eine erneute Prüfung des Manuskripts Anzeichen dafür gibt, daß die eingeklammerten Worte nachträglich von Berkeley ein- geschrieben sind, wie etwa die von Fräser übersehenen, nachträglich ein- gefügten Worte in Nr. 55 »abstrahible or« und andere.

Eine erste Spur der (bedanken, welche die neue Abstraktionslehre her- beiführen, wird in der frühen Eintr?igung zu suchen sein:

Denionstrations of ihe infinite divisibUity of extension suppose length witliout breadth, or invisible length, w'='' is absurd. (21)

Die Bemerkung will nur recht verstanden sein. Die Voraussetzung von Länge ohne Breite ist absurd, weil sie unsichtbare Länge annehmen ließe. Das aber ist untunlich, weil

Terminations of surfaces & lines not iniaginable />er se. (31)

56 E K D M A N N :

Denn :

No extension but surface perceivable by sight. (35 ; vgl. 107 und 346 mit der Randbemerkung [346a])

Berkeley bleibt dabei, wie die oben (S. 54) angeföhrte Eintragung (86) zeigt, vorerst noch durchaus in dem Sprachgebrauch und Gedankenkreis der überlieferten Abstraktionslehre.

Mit diesen Gedanken bricht im Prinzip zuerst die kurze Kritik geome- trischer Konstruktionsbegriffe :

No idea of circle, &c. in abstract. (239)

Die Zeit ihrer Niederschrift bildet wohl den frühesten Termin für die oben schon berührte kritische Niederschrift in Nr. 53:

[succession is an abstract, i. e. an inconceivable idea]. Bald wird die Kritik weitergeführt:

A meer line or distance is not made up of points ', does not exist, cannot be imagin'd, or have an idea framed thereof, no more than meer colour without exteusion. (254)

Zugleich setzt der Anfang einer positiven Bestimmung ein:

'■'• Mem. A great difference between constiimng length w'l'out breadth,

& having an idea oC or imayining length without breadth. (255)

Sie findet sich sachlich wie terminologisch sclion in Nr. 109 (»on its con- sideration«), ebenso z. B. in der noch S. 57 anzuführenden Bemerkung (322)'. Auch das zweite positive Moment der neuen Abstraktionslehre, die wir nach unserem Spracligebrauch als sachliche Abstraktion zu bezeichnen hätten, die Repräsentation verschiedener, einander ähnlicher Einzelvorstellungen durch eine von ihnen, kommt jetzt, wiederum vorerst geometrisch an- gewendet, zum Ausdruck (261, 262, 264). Fast gleichzeitig treten, hier deutlicher als in den Schriften, die (auf die ideas eingeschränkten) nomi- nalistischen Erklärungen auf:

Speeies of all sensible things made by the mind. This prov'd either by turning men's eyes into magnifyers or diminishers. (272)

' D. i. eine Länge ohne Breite im Sinne der Geometer, die oben schon erörterte »insensible line", die noch 912 einmal ausdrücklich abgewiesen wird, nicht aber die »meei- line« im Sinne der oben angeführten Notiz 431.

^ Die Bemerkungen im Treatise" § »26 u. Tr." Int. § 16 sind nach den oben genannten Tagebucheintragungen (109, 255, 322) in dem auch dort gebrauchten •consider« terminologisch bedeutungsvoll.

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. 57

. . . the sorts are the work of the mind, and onely in the mind. (288) . . . the mind makes the sorts. They were not before the mind per- ceiving them, & even now the}' are not without the mind . . . (290)

Auch des Seitenstücks zu der oben zitierten Bemerkung (254) wird in diesem Zusammenhang gedacht:

[The great argument to prove that extension cannot be in an un- thinking substance, is that it cannot be conceiv'd distinct from or without all tangible or visible quality.] (289)

So ist der Boden bereitet für die selbstverständliche Verneinung vor- aussetzende Frage:

Qu. Is it not impossible there should be göneral ideas? (321) Nur die Namengebung ist noch nicht fest. Gemeint sind die später so genannten »abstract general« oder kurz »abstract ideas«.

Gleichzeitig mit jener Verneinung in Frageform erscheint das ent- scheidende Argument für den positiven Gehalt der Theorie:

AU ideas come from without. They are all particular. The mind, 'tis true, can consider one thing w"'out another; but then, considered asunder, the}' make not 2 ideas. Both togcther can make but one, as for instance colour & visible extension. (322; vgl. 365)

Der Sinn der mißverständlichen Argumentation ist klar: die Bestandteile jeder zusammengesetzten Ideen können, wie wir schon oben gesehen haben, »be considered asundec« : aber es entstehen dann nicht mehrere Ideen, sondern nur verschiedene Betrachtungsweisen einer und derselben, wie etwa einer Länge ohne Breite (346 und [346a], 365, I368], 372 und [372a]). Das »considered« will auch hier beachtet sein.

Nunmehr wird auch die Teilbarkeit von Längen und Einheiten ins Unendliche, wie die Grenz-, speziell die Infinitesimalbetrachtungen der Mathe- matik fordern, in die neue Auffassungsweise einbezogen. Eine Gerade von kleiner begrenzter Größe kann eine in i o 000 Teile zerlegbare Linie nur repräsentieren (344, 345, 346', 346a, 347 349, 351 ff.); eine Einheit ist nicht ins Unendliche teilbar (346s 349). So kann Berkeley behaupten:

All might be demonstrated by a new method of indivisibles, easier perhaps and juster than that of Cavalierius. (350)

Die Grundgedanken der späteren Kritik an der überlieferten Abstraktions- lehre sind damit gewonnen. Am Anfang des zweiten Tagebuchheftes lesen wir dementsprechend:

No general ideas the contrary a cause (jf mistake or confusion in matheniatiques. &c. This to be intimated in Introduction. (384) PMl.-hist. Abh. 1919. Nr.N. 8

38 E R n M A N N :

Im einzelnen freilich wird noch mancherlei weitergebildet. Die mathe- matischen Annahmen von breitenlosen Längen, die eben schon zu erwähnen wfiren, werden ausdrücklich in die neue Lehre eingefügt:

We can no more have an idea of length without breadth or visi- bility, thaa of a general figure. (471)

Schon vor dieser Einordnung wird der Begriff der Entfernung allgemein

in einer Weise bestimmt, die einen bedeutsameren Fortschritt ausmacht:

Extension abstract from sensible qualities is no Sensation, I grant; but then thei'e is no such idea, as any one may try. There is onely a considering the number of points witJiout the sort of tiiem, & this makes more for me, since it must be in a considering thing. (424)

Die Weite dieser Bestimmung, in die man eine Vorwegnahme von Gedanken der modernen Lehre von wohlgeordneten Mengen hineinlesen könnte (vgl. 429, 430), zeigt sich deutlicher in der oben (S. 55) schon angeführten Bemerkung 431.

Noch immer aber ist die neue Lehre weder sachlich noch terminolo- gisch zum Abschluß gebracht. Fürs erste hängen noch Zweifel an der Lehre von den Minima der Gesichts- und Tastwahrnehmung:

Qu. whether a M. V. be of any colour;' a. M. T. of any tangible quality? (426)

Sie finden keine Aufklärung (vgl. 438, 439): Berkeley denkt an eine experi- mentelle Prüfung im Hinblick auf Newtons Farbenlehre:

Mem. To make experiments ooncerning minimums and their colours, '. whether they have any or no, & whether they can be of that green w"""

seems to be compounded of yellow and blue. (477)

Ferner wird Locke gegenüber bestritten, daß die Erinnerungen der Worte

bedürfen. Wir lesen die kühne, später aufgegebene Behauptung:

; ' . ' .... "Tis absurd to use words for recording our thoughts to our- selves, or in our private meditations. (482; vgl. 554)

Sie mag uns als Bestätigung für die Annahme dienen, daß Berkeleys

Denken wesentlich intuitiv geprägt war, die sich aus der ganzen Art seiner

Geistesrichtung ergibt. Endlich finden wir kurz darauf eine Eintragung,

die in ihrem Schluß eine später festgehaltene Ergänzung der Theorie, in

itirem Anfang aber Unfertiges enthält:

ij .;■ Qu. How can there be any abstract ideas of colours? It seems

not so casily as of fcistes or .•sounds. Bnt then all abstract ideas what- soever are particular. I can by no means conceive a general idea. 'Tis; öne thing to abstract one idea from another of a different kind, & another tliing to abstract an idea from all particulars of the same kind. (484)

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen TagebucJis. 59

Nunmehr erst gewinnt die neue Theorie, während bereits festgelegte Bestimmungen in verschiedenen Variationen wiederholt werden (z. B. 500, 581, 584, 650, 695, 718, 729, 764, 775), allgemeinere Bedeutung und im Anschluß an kritische Bemerkungen gegen Leckes Abstraktionslehre schärfere Prägung.

Alle Wissenschaften, niclit nur die mathematischen, sind von falschen Annahmen über abstrakte Vorstellungen durchsetzt, die einer Mißdeutung der Sprache entspringen :

Doctrine of abstraction of very evil consequence in all the sciences. Mem. Barrows remarU. Entirely owing to language. (553; ^'g'- S'S» 55°» 555. 650, 696, 720)

Words have ruin'd and overrun all the sciences law, phj'sique, chymistry, astrology. &c. (695; vgl. ^^l, 775, 852, 853)

Auch das Gebiet der abstrakten Vorstellungen erweitert sich. So um »the abstract idea of Being or Existence« (542: vgl. 650, 739); sie ist wie extension eine »abstract, i. e. no idea« (764). Ferner uni die später von Berkeley so genannten Notionen von »Will and Understanding . . ., they not being even ratione different trom the spirit, <fiä faculties, or active« (859; vgl. 655, 855). Selbst der Begriff der Wahrheit wird gegen den Schluß der Aufzeichnungen (861), allerdings nur in Frageform, als abstrakte Idee in Anspruch genommen.

Was ferner für die geometrischen Allgemeinvorstellungen gültig ist: Considering length witbout breadth is coiisidering any length, be the breadth w' it will (715),

das gilt für die abstrakten Ideen überhaupt:

We may have certainty & knowledge without ideas, i. e. without other ideas than the words, and their standing for one idea, i.e. their being to be iised iiidiflerciilly. (7J3)

Ks ergibt sich somit:

Wonls (by them nioaning all sorts of signs) are so necessary. that instead of being (w" duly iis'd or in iheir own iiatui-e) prejudicial to the advancement of knowledge, or an hiiidrance to knowledge, that without them there could in matlieniatiques themselves be no demonstration. (743)

Wir stoßen damit auf eine Einsiclit in die Funktionen der Sprache, die in den Schriften Berkeleys spät erst (Ale. VII, 2, 14, 16) deutlich liervortritt. Daß bei allen diesen Bestimmungen im Grunde Folgegedanken des mittelalterlichen Empirismus wirksam sind, ist eine Erkenntnis, die Berkeley anscheinend nur nachträglich gewinnt, -wenn er sich sngt:

8*

60 E R D M A N N :

I approve of tbis axiom of the Schoolmen, 'Nihil est in intellectu quod non prius fuit in sensu'. I wish they had stuck to it. It had never taught them the doctrine of abstract ideas. (770)

Sicher ist endlich, daß der Gedanke, die Kritik der überlieferten Lehre an Lockes Ausführungen anzuknüpfen, vielleicht in Fortbildung eines schon früher erwogenen anders gestalteten, dann möglichenfalls all- gemeiner gerichteten Planes für die Einleitung (s. oben S. 54) erst spät auf- tritt. Er setzt vielleicht mit der Erwägung ein:

Locke cannot explain general truth or knowledge without treating of words and propositions. This makes for me against general ideas. Vide Locke, Hb. 4. eh. 6. (545 : vgl. 550, 592)

Bestimmtere Form gewinnt er wenig später:

. . . The nature of demonstration to be set forth and insisted on in the Introduction. In that I must needs dift'er from Locke, forasmuch as he makes all demonstration to be about abstract ideas, w'='' I say we have not nor can have. (576)

Um das beweisende Denken ist die uns vorliegende Einleitung zum Treatise sowie deren erster Jjitwurf jedoch nicht zentriert. Ihrem tat- sächlichen Bestände entsprechen, eine oben (S. 51) der Gedankenverknüpfung des Treatise entnommene Hypotliese bestätigend, vielmehr erst die Auf- zeichnungen :

Mem. To bring the killing blow at the last, e. g. in the matter of abstraction to bring Locke's genei-al triangle in the last. (680)

. . . ril [instance] in Locke's opinion of abstraction, he being as clear a writer as I have met w^ith . . . (681)

Ganz spät gesellt sich dazu im Tagebuch noch eine Beziehung auf Spinozas Erörterung über den Ursprung der abstrakten Ideen aus der imaginatio (816).

Es war ein weiter Weg, auf dem wir Aufschluß über den Ursprung und die funktionelle Stellung der Abstraktionstlieorie in Berkeleys Lehre gewonnen haben. Aber er war. nicht zum wenigsten auf Grund des Tagebuchs, der einzige, der zu einem sicheren Ergebnis führen konnte. Und dieses Ergebnis kann für alle historischen Untersuchungen philoso- phischer Lehren insofern vorbildlicJi sein, als es eindringlich zeigt, daß wir aus der definitiven Gestaltung leitender Ideen niemals ohne weiteres auf ihre entwicklungsgeschiclitliche Stellung schließen können.

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. 61

Wir wenden uns nunmehr zu Berkeleys Lehre von den Geistern, die wir bisher nur andeutungsweise behandeln durften.

Daß die Quellen für diese Lelire in Berkeleys Schriften nur spärlich fließen, wurde schon hervorgehoben. Im Treatise dienen ihr, von ge- legentlichen Bemerkungen abgesehen, nur wenige Paragraphen (2, 27, 89, 135 145), in der urspränglichen Fassung der »Dialogues« hauptsächlich knappe Ausführungen des dritten Dialogs (Fr. AIS. 3 26 f.), in der Ab- handlung »De motu« nur vereinzelte Andeutungen. Ergänzt wird der ur- sprängliche Lehrbestand durch weniges im Alciphron (1732) sowie durch Zusätze in der zweiten Auflage des Treatise und in der gleichzeitig (1734) erschienenen dritten Auflage der Dialoge. Von den historisch einflußlos gebliebenen rationalistischen Wendimgen in der späten Siris sei hier ab- gesehen.

Der Aufbau des Beweisganges bleibt in allen diesen Schriften der- selbe. Bei .systematischer Betrachtung der Lehre bildet der Spiritualismus den Unterbau für die idealistischen Konsequenzen. Aber Berkeley selbst entwickelt ihn, wie wir sahen (S. 45), als Konsequenz seines Idealismus, d. i. als Folgebestimmung der Abwehr gegen die Meinung, daß der Körper- welt eine selbständige Realität zukomme: da die ktirperliche Außenwelt nur einen Inbegrifl" passiver Ideen ausmacht, deren Sein in ihrem Perzipiert- werden aufgeht, so reduziert sich die Wirklichkeit auf geistige Substanzen, deren Existenz in ihrem Perzipieren und eben damit in den Tätigkeiten besteht, die das Perzipieren bedingen.

In Rücksicht auf die üblichen Darstellungen dieser Lehre Berkeleys sowie im Hinblick auf den hier zu erbringenden Nachweis, wie sich der Spiri- tualismus im Tagebuch des Philosophen allmählich ausgestaltet, ist es ge- boten, das Wesentliche seiner hierhergehörigen Erörterungen in den früheren Schriften systematisch zusammenzufassen, und zweckmäßig, diese Zusammen- fassung Glied fiir Glied zu belegen. (^') Die Ergänzungen aiis den Jahren 1732 1734 (Tr.*, D.') brauchen dabei nur da als solche kenntlich gemacht zu werden, wo sie Abweichendes oder Neues enthalten.

Demnach sind die Geister (spirits, souls, minds) unkörperliche, un- ausgedehnte, deshalb unteilbare, unzusammengesetzte, einfache, reale, aktive, durch sich selbst subsistierende Dinge, d. i. geistige Substanzen als Träger (Supports) von Ideen. Immer aufs neue werden sie daraufhin kurz als perzipierende tätige Dinge oder als denkende tätige Substanzen bezeichnet. (•''2)

(')2 Erdmann:

Auf Grund der ihnen innewohnenden Tätigkeit sind sie Prinzipien des Ursprungs und des Wechsels von Ideen mit Einschluß der Ideen von körperlichen Bewegungen, d. i. Kräfte des Wollens, Denkens und Perzi- pierens von Ideen. Das gilt ohne Einscliränkung von den individuellen, endlichen, geschaffenen, aber unzerstörbaren, d. i. auf natürlichem Wege unzerstörbaren, unsterbliclien Geistern. (''^) In dem unendlichen, den end- lichen Geistern letzten Grundes unfaßbaren göttlichen Geist dagegen sind die Ideen und die Geister von Ewigkeit her, er ist zudem nicht wie jene an einen Körper gebunden. Unmöglich aber ist bei beiden, die Existenz Vom Denken zu trennen ; aucli die endlichen Geister denken immer, ihre Dauer muß deshalb, da die Zeit nur in der .Sukzession der Ideen besteht, nach der Zahl der Ideen und Tätigkeiten geschätzt werden, die in ihnen aufeinanderfolgen. (^*)

Ist der Geist demnach nicht ein mögliches Objekt einer Idee, sondern ihr Träger, d. i. das, was Ideen perzipiert, so liegt es in der Natur des Geistes, daß er nicht an sich selbst, sondern nur durch die Wirkungen perzipiert werden kann, die er erzeugt. Nehmen wir den methodologischen Grundsatz hinzu, daß eine Idee nur einer Idee gleichen kann, nach ihrer rein passiven Natur -also niemals einem tätigen Wesen, so ergibt sich die Konsequenz, die Berkeley nicht müde wird zu betonen, daß wir von den Geistern niemals Ideen haben können. Idee und Geist sind eben, obgleich der Idee eine notwendige Beziehung auf den sie perzipierenden Geist inne- wohnt, gänzlich verschieden, wie dies zuerst Anaxagoras erkannt und von den Neueren Descartes treffend bemerkt hat. (^} Dementsprechend sind auch die Tätigkeiten des Geistes, selbstverständlich auch unseres eigenen, nicht durch Ideen erkennbar: weder der Verstand, d. i. der Geist, sofern er Ideen perzipiert, noch der Wille, d. i. der Geist, sofern er Ideen erzeugt oder sonstwie mit ihnen operiert. Denn es ist unmöglich, die Kräfte und Tätigkeiten des Geistes von diesem selbst oder von ihren Objekten und Wirkungen in Gedanken abzulösen. Unter Geist verstehen wir lediglich das. was denkt, will und perzipiert, dies —und dies allein macht den Sinn des Wortes Geist aus. (^)

Es unterliegt jedoch, obgleich die Ideen liLcr versagen, keinem Zvvcifel, daß die Worte »Seele, Geist, Substanz« eine feste Bedeutung haben. Wir verstehen ihren Sinn: andernfalls könnten wir nichts von ilinen bejahen oder veineinen. Jeder weiß im besonderen, was er mit den Ausdrücken

Berkeleys Pldlosophü' im Lichte seines loisserisrhaftlichen Tagebucfis. G3

»Ich« und »Selbst« meint, obgleich er ihre Bedeutung nicht perzipiert, wie er ein Dreieck, eine Farbe, einen Ton perzipiert. Unsere Erkenntnis der Geister ist so sagt auch Berkeley nicht so mangelhaft, wie man sich gewöhnlich einbildet. Das wird in der zweiten Auflage des Treatise sowie in der dritten der Dialoge genauer ausgeführt und terminologisch fixiert, während die früheren Bearbeitungen hier im Stich lassen. (^^) Anfanglich wird, obgleich der Unterschied zwischen der Erkenntnis r/on Ideenkomplexen und Geistern stets betont wird, der Ausdruck Idee im weiteren Sinne zugelassen. Später- hin aber wird für die Erkenntnis der Geister der Ausdruck »notion« ein- geführt, ohne übrigens lediglich in dieser engeren Bedeutung festgehalten zu werden. Wir können sagen, heißt es jetzt, daß wir eine Art Erkenntnis oder Notion von unserem eigenen geistigen Wesen, von Geistern und aktiven realen Wesen überhaupt besitzen, A'on denen wir keine Ideen im eigentlichen Sinne des Worts haben. (^)

Über das Wesen dieser Erkenntnis wird schon in den Dialogen ge- naueres berichtet.

Ich erkenne den Sinn der Ausdrücke »Ich« imd »Selbst« unmittel- bar oder intuitiv; ich habe eine unmittelbare Erkenntnis meines eigenen Geistes und meiner eigenen Ideen. Wir erkennen, heißt es daraufhin in »De motu«, uns als wahrnehmendes, perzipierendes, intelligentes Ding, durch eine Art inneren Bewußtseins; dann in der zweiten Auflage des Treatise: wir erfassen unsere eigene Exi.stenz durch inneres Bewußt- sein (feeling) oder Reflexion als eine Art der Objekte menschlicher Erkenntnis. Darüber, daß ihm dies Erfassen oder Erkennen eine Art innerer Erfahrung ist, läßt Berkeley von vornherein keinen Zweifel : durch die Kraft des Willens kann ich nach Belieben in meinem Geist Ideen erregen und fortfallen lassen. Dieses Erzeugen und Aufheben von Ideen, diese Ab- hängigkeit der imaginativen Ideen vom Willen charakterisiert den Geist als aktiv. Soviel ist sicher und auf Erfahrung gegründet. (**')

Begreiflich, daß dabei der Geist, wo immer der Akzent auf Tätigkeit des Geistes ruht, als Wille betont wird. Aber wir dürfen nach allem Vornnstehenden daraus nicht entnehmen, daß Berkeley ein Vertreter volun- taristischer Deutung des Gei.^tigen sei. Die Identität von Verstand und Willen sowie beider mit dem Geist wird von Berkeley hi seinen Schriften stets vorausgesetzt. Nur so verstehen wir recht, wenn gesagt wird: die Sensationen sind nicht Geschöpfe meines Willens, sie sind nicht Ideen

()4 Ekdmann:

unserer eigenen Formung, wie diejenigen, die in der Einbildung erregt, also innerlich durch die Seele selbst erzeugt werden. (**)

Auf Grund dieser unmittelbaren inneren Erfahi-ung erschließen wir die Wirklichkeit anderer Geister, vor allem Gottes. Denn wir können diese Wirklichkeit nicht anders erkennen, als durch die Ideen, die jene Geister durch ihre Tätigkeiten in uns erregen. Unsere Erkenntnis von ihnen ist also keine unmittelbare, wie die Eirkenntnis unserer Ideen [und unseres eigenen geistigen Selbst], sondern hängt daran, daß Ideen in uns auf- treten, die wir als Wirkungen oder begleitende Zeichen auf von uns ver- schiedene tätige Geister beziehen. Aus diesen Wirkungen also schließen wir, daß hier von den unseren unabhängige Tätigkeiten vorhanden sind. Ist demnach zugestanden, daß wir von der Existenz anderer endlicher Geister weder eine unmittelbare Evidenz noch eine demonstrative Erkenntnis besitzen, so ist es doch nicht folgewidrig, ihre Existenz aus den Zeichen und Wirkungen durch einen Wahrscheinlichkeitsscliluß (probable deduetion) abzuleiten. (®') Verstehen wir demnach unter einem Menschen eine geistige Persönlichkeit, so sehen wir einen Menschen niemals, sondern nur einen bestimmten Inbegritt" von Farben, Formen und Bewegungen, die uns zu dem Gedanken leiten, daß dort ein uns ähnliches Prinzip von Gedanken und Bewegungen vorhanden ist, das durch jene Ideen repräsentiert wird. So erfassen wir die Ideen in anderen (Teistern vermittels unserer eigenen, die wir als diesen ähnlich annehmen, von denen also die unseren in solchem Sinne Bilder sind. (^'^)

In gleicher W^eise gewinnen wir einen Beweis für das Dasein Gottes, der sich von den üblichen Beweisen wesentlich unterscheidet. Wir er- kennen sein Dasein durch ein auf Reflexion gestütztes Schlußverfahren mit voller Evidenz »sicher und unmittelbar«, wie Berkeley mißverständlich sagt als das Dasein des Urhebers der Natur, welche die Sprache Gottes ist. Wir erkennen ihn als einen Geist, der unseren Geistern inner- lich gegenwärtig ist, der in ihnen alle jene Mannigfaltigkeit von Ideen hervorruft, die uns kontinuierlich eri-egen, von dem wir absolut, also gänz- lich abhängig sind. Geradezu notwendig erschließen wir die Existenz Gottes und aller gesclialTenen Dinge in seinem Geiste. Denn daß Gott unsinnlicherweise alle Dinge erkennt und versteht, ist außer Frage; alle Dinge, die körperlichen wie die von ihm geschaffenen Geister, so zwar, daß jene [wie diese] in seinem Geiste existieren, auch wenn sie von den

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. 65

endlichen Geistern zeitweilig nicht wahrgenommen werden. Wir haben also nicht zu argumentieren, daß Gott ist und deshalb alle Dinge erkennt, sondern: Sinnliche Dinge existieren tatsächlich; und sofern sie tatsächlich existieren, werden sie notwendigerweise von einem unendlichen Geist perzipiert ; also existiert ein unendlicher Geist oder Gott. Die Reflexions- grundlage aller dieser Argumentationen ist, wie bei den Geistern überhaupt, die unmittelbare Erkenntnis meines Geistes. Denn alle Erkenntnis Gottes gewinnen wir durch Reflexion auf unsere eigene Seele, indem wir ihre Kräfte erhöhen und alle ihre Unvollkommenheiten entfernen. (*^)

Es bedarf kaum des Hinweises, daß Berkeleys Erklärungen über die geistigen Substanzen hiemach einer Fülle von Fragen Raum lassen. Seine Aussagen sind nicht systematisch abgeschlossen. Die Sicherheit der Über- zeugung, die sich in ihnen kundgibt, entspringt fast allein dem Umstand, daß die spiritualistische Basis seines Immaterialismus von ihm als eine selbstverständliche Konsequenz des eingehend begründeten Idealismus an- gesehen wird, und ebea dadurch bezeugt, daß sie in das religiöse Grund- motiv seines Denkens eingelagert ist. Undurchsichtig bleibt vor allem, wie Berkeley sich, angesichts der Substanzkritik Lockes und seiner eigenen Weiterführung derselben für die körperlichen Dinge, dabei beruhigen konnte, das »Support«, dessen haltlose Deutung er für die Ideenlehre aufweist, bei den spirits durch das »perceive orwill« ohne weiteres als erklärt anzusehen. Nicht minder dunkel bleibt die Begründung dafür, daß die spirits als powers gedacht werden sollen. Die Berufung atif ihr Tätigsein, das in erster Linie dem Willen zugeschoben wird, reicht dafür nicht aus. Ist die bewegende Kraft in der Körperwelt, speziell die Schwerkraft, wie in »De motu« auch Leibniz' Entelechiebegrifl' gegenüber erklärt wird, nichts als eine qualitas occulta: mit welchem Recht dürfen wir dann aus den Wirkungen seelischer Tätigkeiten auf eine geistige Kraft schließen? Auch im einzelnen bleibt vieles ungeklärt: die Willensfreiheit, die in den Schriften zumeist fast stillschweigend vorausgesetzt wird; die Stellung der »passions«, die bald den »Operations« entgegengesetzt, bald ihnen zugezählt werden (z. B. Tr. § I undTr." 27), der » ideas of reflection « zu den »ideas of Sensation« und den »Operations«, das Verhältnis der »ideas« zu den »volitions«, der »ideas« zu »understanding«, der »volitions« zu »will« usw. Anderes, wie die Frage nach der persönlichen Identität, die Locke in den späteren Aus- gaben seines Essay so ausführlich behandelt hatte, wird gar nicht berührt. FluL-hist. Abh. 1919. ])ir. 8. 9

ßß E R D M A N N :

Auch manclies, was aiif Grund der New Theory wohl in den Treatise hinein- gehört hätte, fehlt dort. So, wie schon erwähnt, der Unterschied der »immediate« und der »mediate perceptions « , der erst in den Dialogen nach- geholt wird, mit ihm die für die gesamte Assoziationspsychologie grund- legende, in der New Theory angebahnte Theorie der »Suggestion« sowie die Lehre von der Natur als der Sprache Gottes, deren schwache Spuren im ursprünglichen Treatise in dessen dritter Auflage getilgt sind, u. a. m.

Einen Teil dieser Mängel dürfen wir wohl dem Umstand zur Last legen, daß der uns vorliegende Treatise früh und schnell ausgearbeitet ist und dessen ursprünglich gej^lante, zum Teil ausgearbeitete Fortsetzung fehlt (vgl. S. 94). Andere Mängel rühren offensichtlich daher, daß Berkeley von Anfang an wenig Wert auf eine feste Terminologie gelegt hat (286, 627), obgleich er einmal erklärt:

. . . Wlierever men have fix'd & determin'd ideas aanexed to their words they can hardly be mistakeii . . . (541). %

Solcher Erklärung stehen schon früh Eintragungen über die mangelhafte Wiedergabe der »insensible things« durch sinnliche Wortbedeutungen entgegen (XXIll, 172, [173], 175, 534), deutlicher noch häufige Klagen üb^r die Unvollkommenheit der Sprache überhaupt {505, 590, 598, 633, 686,689, 695» 824). Dementsprechend schwanken, im Tagebuch mehr noch als in den Schriften, die Worte »perceive, perception, think, thought, reason, notion, knowledge, idea, thing, will, volition« in mannigfachen Bedeutungen zwischen größter Enge und größter Weite.

Gehen wir nunmehr zu der Entwicklung der Lehre von den Geistern im Tagebuch über, so ist besondere Vorsicht vonnöten.

Nicht immer ist es leicht, gelegentlich verzeichnete, wirkungslos bleibende Einfälle als solche auszuscheiden. So lesen wir einmal:

An extended may have passive modes of thinking. not active (615).

Es ist, die Richtigkeit von Lorenz' Entzifferung vorausgesetzt, nicht aus- zuschließen, daß hier ein Ansatz zu einem realistischen Spiritualismus nach Art der von ihm in »De motu« abgelehnten Leibnizischen Lehre vor- liegt. Aber dem widersprechen doch wiederholte durchgreifende Er- klärungen wie:

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlicJien Tagebuchs. 67

Extension itself or anything extended cannot think these being meor ideas or sensations, whose essence we thoroiighly know. (34)

Extension to exist in a thoughtless thing [or rather in a thing void of perception thought seeming to imply actionj, is a contradiction. (37)

Nothing like an idea can be in an unperceiving thing . . . (892)

Der Einfall vertrug überhaupt, wenn er von einem einmal aufdäm- mernden Realismus Zeugnis ablegen sollte, bei der anthropozentrisch fun- dierten religiösen Grundstimmung Berkeleys keine Ausgestaltung. Die ein- zige Konzession, die Berkeley in dieser Hinsicht machte, steckt anscheinend darin, daß er die Einschränkung der »conscious things« auf »persons« (»in- telligences« 9, 23, 143), »intellectual beings« (393), »intelligent things« (446), die anfangs vorhanden ist (14, 24, 25), allmählich fallen läßt (vgl. S. 70). Weitaus wahrscheinlicher ist mir deshalb, daß es sich, die Sicherheit des Wortlauts immer vorausgesetzt, um ein Bruchstück eines kritischen Ge- dankenzusammenhangs handelt, wie ihn die Eintragung (711) u.a. bieten.

Eingeschlossen in die Idee des Immaterialismus sind von vornherein nur die dogmatischen Überzeugungen, daß die als Personen oder Intelli- genzen gedachten Seelen unsterblich, und trotzdem von Gott abhängig sind.

Gleich anfangs, ehe noch die im Tagebuch kaum (3, 94, 632, 667, 742, 825) angedeutete Lehre von der Zeitlosigkeit der Ideen in Gott fest- steht, wird aus der Ewigkeit als einem bloßen »train of innumerable ideas« geschlossen, daß sie die Unsterblichkeit zwar nicht der Seelen über- haupt, aber doch der Personen, leicht begreiflich mache (14). In vor- sichtigerer Form wird sie letzlich aus der Willensnatur für die Seele über- haupt abgeleitet (804), selbstverständlicli ohne daß wir den inzwischen festgewordenen, mit »spirit« und »mind« gleichbedeutenden Ausdruck »soul« auf die tierischen Geister übertragen dürfen. Berkeleys religiöse Stimmung bleibt hier ähnlich entscheidend (vgl. Fr. AIV S. 181), wie das konziliatorische Bedürfnis bei Leibniz, obgleich er in der Tagebuchzeit auch späterhin geneigt ist, den seelischen Unterschied zwischen Mensch und Tier als fließenden anzusehen:

If you take away abstraction, how do men differ from beasts? I answer, by shape, by language. Rather by degrees of more and less. (584; vgl. 631, 739. 746)

Sicher ist ihm entsprechend der christlichen Überlieferung nur von vorn- herein, wie oben schon angeführt, daß lediglich denkende Wesen, die

68 Erdmann:

endlichen Personen, trotz ihrer Abhängigkeit von Gott, selbständig existieren (vgl. 108, 150, 777). Klar wiTd indessen diese Abhängigkeit für die G-eister auch im Tagebuch nicht. Sie ist dies nur für die Körper. Denn diese sind, wie anfänglich wiederholt formuliert wird darauf ist noch zurück- zukommen — »powers in the active being« (52), oder was für Berkeley dasselbe ist, » combinations of powers in an unknown substratum« (81 ; vgl. 10 1 , III, 112), so daß im Sinne des oben schon (S. 64) angeführten Gottes- beweises aus ihrer Wirklichkeit in uns direkt auf das Dasein Gottes ge- schlossen werden kann:

Nothing corresponds to our primary ideas w*out but powers. Hence a direct & biief demonstfation of an active povvertuU Being distinct from US, on whom we depend. (41)

Die etwas später gestellte Frage:

Powers. Qu. whether more or one onelyi' (85) ist demnach im Prinzip entschieden, noch ehe sie aufgeworfen wird. Die wissenschaftsfeindlichen Konsequenzen dieser Entscheidung, die aus dem Treatise bekannt sind, treten im Tagebuch erst später, anfangs in religiöser Grundstimmung sehr scharf (417, 418, 473), dann in positivistischer Wendung stark gemildert (838; vgl. 669) zutage.

Viel früher schon tritt der Kraftbegriflf für die Deutung der Körper- welt zurück. Die dynamische Deutung der nicht aktuell wahrgenommenen Körper wird durch eine idealistische ersetzt. Diese Körper sind lediglich mögliche Wahrnehmungen :

Colours in y" dark do exist really, i. e. \\ ere there light, or as soon as light comes, we shall see them, provided we open cur eyes, and that whether we will or no. (183; vgl. 100)

Es liegt nahe, den Anstoß zu dieser Wendung in Konsequenzen der Suggestionslehre zu suchen, die zuerst in der New Theory entwickelt wird, hier also, auch in der Begründung, eine Vorstufe zu Stuart Mills »possi- bilities of Sensation« zu vermuten. Aber eine solche Annahme wird durch das Tagebuch nicht bestätigt. Es scheint vielmehr, daß die idealistische Wendung auch in dieser Verallgemeinerung der Existenz oder des Perzipiert- werdens von Sensationen dm-ch den religiösen Grundtrieb Berkeleys mit- bedingt ist. Jedenfalls wird sie durch seine Deutung der Schöpfungsmythen, die auch in seinen Schriften (auch Ale. IV s. 14) und Briefen eine Rolle spielt, des weiteren bestätigt:

My doctrine excellently corresponds w''' the creation. I suppose no matter, no stars, sun, &c. to have existed before. (342; vgl. 294)

Berkeleys Philosophie im J Ächte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. 69

Vorerst bleiben noch beide Gedankenreihen, die dynamische und die

ideaHstische, für die Deutung der Körperwelt beisammen:

Bodies &c.-do exist whether we think of 'em or no, they being taken in a twofold sense

Collections of thoughts &

Collectlons of powers to cause those thoughte. These later exist, tho" perhaps a parte rei it may be one simple perfect power. (282; vgl. 294, 315)

Sehr bald aber schiebt sicli die idealistische Auffassung in den Vorder- grund. So schon in der vermutlich etwas späteren Randbemerkung zu der eben miterwähnten, wiederholten Zusammenfassung (294):

[Bodies taken for powers do exist w" not perceiv'd; but this existence is not actual. I say a power exists, no more is meant than that if in the light I open my eyes, and look that way, I shall see it," i. e. the body, &c.] (295)

Immer deutlicher wird die idealistische Wendung:

I must be very particular in explaining w' is meant by things existing in houses, Chambers, ßelds, caves, &c. w" not perceiv'd as well as w" perceived . . . (391)

Definitiv vollzogen ist sie in der lichtvollen Erklärung:

You ask me whether the books are in the study now, when no one is there to see them ? I answer, Yes. You ask me. Are we not in the wrong for imagining things to exist when they are not actually perceiv'd by the senses? I answer, No. The existence of our ideas consists in being perceiv'd, imagin'd. thought on. Whenever they are imagin'd or thought on they do exist. Whenever they are mentioned or discours'd of they are imagin'd & thought on. Therefore you can at no time ask me whether they exist or no. but by reason of y' veiy questioii they must necessarily exist (457 ; vgl. 458, 505, 506 usw., sowie in dem Dial. Fr. A I, S. 343f-) Für die Abhängigkeit der Geister von Gott bleiben wir dagegen auch im Tagebuch auf wenig bestimmte Schöpfungsgedanken (716, 820) und auch zuletzt noch auf die nichts erklärende Bemerkung angewiesen:

The properties of all things are in God, i. e. there is in the Deity Understanding a.s well as Will. He is no blind agent, and in truth a blind agent is a contradiction. (802: vgl. 174, [174a], 486, 609, 667, 727, 817)

Denn sie erläutert im Grunde nur die für Berkeley selbstverständliche An- nahme der Persönlichkeit Gottes in seiner Doppelnatur als Intelligenz und Willen unbeschadet der Einfachheit seines Wesens (174; vgl. 827, 833). Wird Gott trotzdem auch im Tagebuch wiederholt als » unknown substance «

70 . E R D M A N N :

bezeichnet, so soll damit offenbar lediglich, wie im Alciphron (VII, i, i if., 27,33), die Unzulänglichkeit der Vernunft getroffen werden, »to demonstrate er reason about the Trinity« und andere »holy mysteries«. Für diese haben wir ausschließlich dem lumen revelationis zu vertrauen: . . . Here an implicit faith becomes us. (574; vgl. 354, [354a], 713)

Die Lücken, die Berkeleys Weltauffassung in der Frage der Abhängigkeit der endlichen Geister von Gott aufweist, sind demnach in der Tat fiir sein Bewußtsein durch seine ethisch abgezielte religiöse Zuversiclit über- deckt, ähnlich wie dasselbe Problem bei Malebranche durcli das Bild von Gott als dem »lieu des esprits«.

Mehr läßt sich dem Tagebuch über das Wesen der endlichen Geister entnehmen. Es ist keine einfach aufsteigende Entwicklung, deren Ergeb- nisse uns in den kurzen Bemerkungen des Treatise und der Dialoge kund- werden. Die Eintragungen, die das ganze Tagebuch durcliziehen, aber ver- schiedene, wenn auch ungleich dichte Häufungsstellen zeigen, lassen mehrere, nicht ganz einfach und reinlich trennbare Ansatzpunkte und auseinander- laufende Gedankenrichtungen erkennen.

Vorweg sei nochmals darauf aufmerksam gemacht, daß die »souls« oder

»minds« (13, 14, 18) ursprünglich anthropozentrisch auf die »intelligences«

oder »persons« als »conscious things" eingeschränkt sind. Obgleich beide

Termini sich lange (person 140, 182, 190, 199, 512, 580; intelligence 143,

393,446) erhalten, werden sie doch, speziell »person«, schließlich, wenn

auch nur aus Rücksicht auf die kirchlichen Lehren, definitiv aufgegeben:

The concrete of the will & understanding I inust call mind, not person, lest oiFence be given there being but one volition acknowledged to be God. Mem. Carefully to omit definiug of pei'son, or inaking much mention of it. (706; vgl. 708 und im Alciphron VII 11)

Früh werden »soul« und »mind« neben »man« in psychologischen Über- legungen, sowie »active being« und «thinking thing«, vorherrschend. An den engeren Begriff der Person schließt sich denn auch gleich anfangs die offenbar gegen Locke gerichtete Frage:

Qu. about the soul, or rather person. whether it be not compleatly known? (25)

Bald wird sie im Sinne einer nächstliegenden bejahenden Antwort speziali- siert, ohne daß der Begriff der Person in den Vordergrund geschoben wird:

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschafllichen Tagebuchs. 71

Qu. Whether Being might not be the substance of the soul, or (otherwise thus) whether Being, added to faculties, compleat the real essence and adequate definition of the soul? (44)

Etwas später erst folgt die Bejahung selbst:

By Soul is meant onely a complex idea, made up of existenee, willing, & pereeption in a large sense. Therefore it is known and it may be defined.(i5o)

In ihr ist »idea« noch in dem weiten Sinne Lockes genommen; erst

weiterhin wird der Sprachgebrauch, wo er nicht, wie in Nr. 693, kritisch

gewendet ist, zumeist strenger. So in einer Randbemerkung inmitten einer

zweiten Häufungsstelle für die Operationen der Seele:

[The grand mistake is that we think we have ideas of the Operations of onr minds. . . .] (173)

Dabei ist allerdings, wie in einer bald folgenden zusammenfassenden Bemerkung 4ie Gleichordnung von »soul« und »extension« zeigt, die Ein- schränkimg noch nicht fest geworden:

The impossibility of defining or discoursiug clearly of such [insensible] things proceeds from the fault & scantiness of language, as much perhaps as from obscurity & confusion of thought. Hence I may clearly and fuUy undei-stand my own soul, extension, &c, and not be able to define them.(i75)

Größere Festigkeit erlangt die Namengebung erst nachträglich:

Absurd that men should know the soul by idea ideas being inert, thoughtless ... (231), .

wenngleich auch hier jene Sorglosigkeit der Namengebung vorhanden ist,

die sich ebenso im Treatise gerade an diesem Punkte fühlbar macht:

Thoughts do most properly signify, or are mostly taken for the interior Operations of the mind, wherein the mind is active. Thosp y* obey ' not the acts of volition, and in w'^'" the mind is passive, are more properly caird sensations or perceptions. But y' is all a case. (286)

Allerdings ist, wie weitere Aufzeichnungen zeigen, diese Unterscheidung

noch so wenig fest, daß Berkeley später noch, allerdings mit gleich negativem

Erfolg, auf sie zurückkommt (478, 512). Nur die Einschränkung der Idegn

auf die passiven Perzeptionen wird ihm letzlich sicher (655, 656a, 705,

7 7 73» 835, 874). Er glaubt dann sogar behaupten zu dürfen:

'Tis allow'd that particles stand not for ideas, and yet they are not Said to be empty useless sounds. The truth really is, they stand for the Operations of the mind, i. e. volitions (658 ; vgl. 653).

72 E R I) M A N N :

Noch drei weitere Vorerörterungen sind nötig, um die verschiedenen, zum Teil ineinander fließenden und einander zum Teil widerstreitenden Tagebuchbestimmungen der s])irits, die bei Ausschluß der Ideen übrig- bleiben, deutlich herauszustellen: über die Begriffe der Existenz oder Realität, der Kraft und des Verhältnisses von Ursache und Wirkung. Daß die Existenz der Körperwelt für Berkeley schon im Anfang seines Tagebuchs (13, 18, 24) in dem Perzipiertwerden von Ideen besteht, sowohl die aktuelle oder reale ([295] u. ö.; aber 315), als die von endlichen Geistern unperzipierte, ist schon oben (S. 68) besprochen worden. Hier sei angefügt, daß im Tagebuch stärker noch als in den Schriften behufs Ablehnung skeptischer Mißdeutung der neuen Lehre betont wird, die durch unsere Sinneswahrnehmungen gegebene Realität der Körjjerwelt bleibe nicht nur unangetastet, sondern sei als sicher, und zwar, wie es späterhin (vgl. 81) heißt, unmittelbar sicher gegeben:

' We have an intuitive knovvledge of the existence of other things

besides ourselves, & even praecedaneous to the knovvledge of our own

existence in that vve must liave ideas [=;: sensations] or eise we cannot

think.(537; vgl. 465, 529, 552, 562)

N.B. I am niore for reality than any other philosophers. They

make a thousand doubts, & know not certainly but we may be deceiv'd.

I assert the direct contrai-y. (507 : vgl. [460])

Der Gedanke wird sogar stärker gesteigert, als jemals in den Schriften.

Wir lesen die Frage:

[Qu. whethei"! had not better allow colours to exist without the mind; taking the mind for the active thing w''' I call T, -myself y' seems to be distinct from the understandingl'](367)

Und finden schließlich (vgl. 223. 362. 41 1, [464], 851) die Antwort:

I will grant you that extension, colour. &c. may be said to be without the miiul in a double i'espect, i. e. as independent of our will, and as distinct from the mind. (870. vgl. 866)

Formal genommen ist Existenz überhaupt so viel wie Dauer (5, 192). Aber diese formale Bestimmung, die noch im Treatise 98) für die Seelen festgehalten wird, widerspricht als Idee offensichtlich dem Wesen der öeister. Denn wir haben von der Subsistenz (108) oder Selbstexistenz der Geister keine Wortbedeutung, die vom Perzipieren, und damit, wie noch genauer zu zeigen sein wird, vom Wollen und Handeln verschieden wäre. Sie widerspricht als abstrakte Idee ebenso der abhängigen Existenz der Ideen, da diese im Perzipiertwerden aufgeht. Das kommt im Tagebuch

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschafllichen Tagebuchs. 73

besonders deutlich zum "Vorschein. So in den schon (S. 69 und 32) an- geführten Bemerkungen (391) und (413). Dann in der Reflexion:

Impossibie anything besides that W^*" thinks and is thought on should exist(42i), mit dem späteren Zusatz 421a [making thought to be active].

Ebenso im Doppelsinn von perception (perceive und being perceived):

Strange it is that men should be at a loss to find their idea of Existence, since that (if such there be distinct from" perception) it is brought into the mind by all the vvays of Sensation and reflection; methinks it should be most familiär to us, and we best acquainted with it. (661; vgl. 662, 739)

Desgleichen in der Namengebung durch das selten (vgl. 24, 199, 201,

673) gebrauchte consciousness :

Consciousness, peroeption, existence of ideas, seem to be all one. (568; vgl. 781,789).

Bald kommt denn auch der in den schon angeführten Randbemerkungen [413a] und [421a] hervorschimmernde Gedanke zu selbständigem Ausdruck:

Existence not conceivable without perception or volition not distin- guish'd therefrom. (637)

Things are twofold— active or inactive. The existence of active tfaings is to act; of inactive to be perceiv'd. (665)

Distinct from or without perception there is no volition; therefore neither is there existence without perception. (666)

Begreiflich demnach auch von hier aus (vgl. oben S. 63), daß bei der sachlichen Priorität des 'act' vor dem »be perceived« wiederholt, speziell in den noch zu besprechenden Bestimmungen der Geister, deren Existieren geradezu als Wollen bezeichnet wird.

I<^ wird deshalb jedoch nicht zulässig, aus den Randbemerkungen zu (4 1 3) und (421) auf eine bewußte voluntaristische Grundlegung der Gedanken Berkeleys zu schließen, ganz abgesehen davon, daß auch für den Berkeley des Tagebuchs noch andere Bestimmungen, die bisher nur andeutungsweise erkennbaren Lehren über das Verhältnis von Verstand und Willen, diese Deutung ver})ieten. Die dynamische Gnmdlegung, die sich uns zeigen wird, hängt an ganz anderen in dem systematischen Zusammenhang der Lehre des Philosophen vorherrschenden Momenten.

Berkeley ist sich bewußt, dem auf die Körperwelt bezogenen Begriff der Existenz eine weitere Bedeutung gegeben zu haben, als üblich ist. Alle unsere Ideen existieren, indem sie perzipiert werden, nicht nur die Sensationen :

Phil.-hist. Ahh. 1919. Nr. S. 10

74 E R D M A N N :

I defy any man to imagine or conceive perception without an idea, Ol- an idea without perception. (561; vgl. 578, 579)

'Twas the opinion that ideas could exist unperceiv'd, or before per- ception, that made men think perception was somowhat different from the ideas perceived- y' it was an idea of reflection, whereas the thing perceiv'd was an idea of Sensation. I say, 'twas this made 'em think the under- standing took it in, receiv'd it from without, w"'' could never be did not they think it existed without. (647; vgl. 575, 599)

Er will deshalb in dem geplanten Treatise besonders betonen:

The existence of any thing imaginable is iiothing different from Imagination, or perception. Volition or Will, w"^ is not imaginable, regard must not be had to its existence, at least in the first Book. (782)

So kann er im Anschluß an die oben schon (S. 69) herangezogene glückliche

Zusammenfassung seiner idealistischen Körperlehre (457) erklären:

But, say you, then a chimaera does exist !' I answer, it doth in one sense, i. e. it is imagin'd. But it must be weil noted that existence is vulgarly restrain'd to actuall perception, and that I use the word existence in a larger sense than ordinary. (458)

Daraufhin darf er, wieder in bezug auf die Körperwelt, urteilen:

. . . 'Tis on the discovering of the nature and meaning and import of Existence that I chiefly insist. This puts a wide difference betwixt the sceptics &c. & me. This 1 think whoUy new. I am sure this new to me. (479: vgl. 594, 646, 650, 789, 797)

Aber es bleibt für den Existenzbegriff überhaupt doch eine prinzipiell bedeutsame Schwierigkeit unüberwunden.

Gewiß darf Berkeley von seinem .Standpunkt aus darauf ])estehen, daß Existenz keine abstrakte Allgemeinvorstellung ist. wie sie die schoolmen geprägt haben (542, 718, 741). Aber was bedeutet Existenz überhaupt, d. i. bezogen sowohl auf die Ideen wie auf die Geister? Berkeley war hier vor eine Aufgabe gestellt, die von seinen Voraussetzungen aus unlösbar war. In dem Doppelsinn des percipere (perceive und perception) ist sie nur verhüllt; er vereinigt konträr Entgegengesetztes: perception oder idea ist durchweg passiv ; perceive soll im Grunde durchweg aktiv sein (obgleich wir in unseren Sensationen wesentlich passiv sind). Wo steckt das Gemein- same, das die Existenz hier wie dort ausmacht? Es bleibt doch »a twofold sense. « Im Treatise erscheint der Widersinn in Form einer Konsequenz stillschweigend anerkannt: »Spirits and ideas are things so whoily different, that when we say 'they exist', 'they are known', or the like. these words must not be thought to signify anything common to both natures.

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. 75

There is nothing alike or common in them« 142). Oder, wie es in der definitiven Fassung des Treatise in anderem Zusammenhang heißt: »The former are active. indivisible substances: the latter are inert, fleeting, or dependent beings.« 89; vgl. Dlal. III bei Fräser A I 331'). Wir müssen uns deshalb mit der auskunftlosen Auskunft zufrieden geben, die den eben zitierten Worten voransteht: i> Thing or Being is the most general name of all; it comprehends under it two kinds entirely distinct and heterogeneous, and which have nothing common but the name an dessen Stelle lediglich wieder die beiden konträr entgegen- gesetzten Arten der gesuchten Gattung folgen: »viz. spirits and ideas« I Auf das gleiche Resultat läuft Berkeleys Polemik gegen die »abstracted notion of existence« der Ideen gegen den Schluß des zweiten Dialogs zwischen Ilylas und Philonous hinaus (Fr. AIS. 3 15 f.). Auch dort bleibt die Existenz der Geister »from which we have no direct and positive notion« problemfrei daneben bestehen. Man kann demnach sagen, Berkeley habe keinen Weg gefunden, von seinen Voraussetzungen aus den Begriff der Existenz überhaupt zu erfassen.

Aber das bliebe doch eine wenig ertragreiche Wertung. Auch hier ist das Bedeutsame nur der Weg, nicht das Ziel. Wir stehen mit den Bestimmungen, die Berkeley nicht zu vereinigen vermochte, an der Geburts- stätte des bis dahin nur gelegentlich und ohne historische Wirkung geäußerten Gedankens", daß Existieren oder Sein keine Inhaltsbestimmung

' So noch in dem öfter erwähnten Brief an Johnson vom 24. März 1730 (Fr. A IV S. 176 f.): -Locke holds an abstract idea of Existence, exclusive of perceiving and being perceived. I cannot find I have any such idea, and this is my reason against it.«

' So von Gassendi besonders deutlich in dem Text der französischen t 'bersetzung der Meditationen Descartes' von Clerselier, die ich nach der zweiten Auflage (1661) zitiere. Es heißt dort in den fünften Objektionen (S. 4i3f.): «Mais a vray dire, soit que vous consi- deriez Texistence en Dieu, soit que vous la consideriez en quelqu' autre sujet, eile n'est point une perfection, raais seulement une forme, ou un acte sans lequel il n'v en peut avoir. Et de fait ce qui n'existe point, n'a ny perfection, ny imperfection : mais ce qui existe et qui outre Texistence a plusieurs perfections, n'a pas l'existence comme une perfection singuliere et l'une d'entr' elles: mais seulement comme une forme ou un acte par lequel la chose mesme et ses perfections sont existantes et Sans lequel ny la chose, ny ses perfections ne seroient point. De la vient, ny qu'on ne dit pas que Texistence soit dans une chose comme une perfection, ny si une chose manque d'existence, on ne dit pas tant qu"elle est impaffaite, ou qu'elle est piivee de quelque perfection, que Ton dit qu'elle est nulle, ou qu'elle n'est point du tout. >■ Die Aus-

10*

7 () E R D M A N N :

des als seiend Gesetzten ist, sondern nur die grundlegende Art ihrer Setzung abgibt. Wir treffen somit auf den (Jedanken, dem Hume, wie zu vermuten von Berkeley aus, und unabhängig von beiden, fast gleich- zeitig mit Hume und folgenreicher als dieser, Kant Ausdruck gegeben haben. Auch bei ihnen bleiben freilich Vorbehalte. Prinzipiell ist bei Hume existence soviel wie consciousness : aber ein Anstoß realer wirkender Ursachen wird vorausgesetzt. Bei Kant Ideibt der naive Realismus wirkender Dinge an sich überhaupt und die durch das Freiheitsbewußtsein gesicherte Wirklichkeit der geistigen Glieder des mundus intelligibilis, deren intelli- gible Kausalität in der Kausalität der reinen, zeitlosen Kategorie gefunden werden soll. Nicht durch Malebranche oder einen der anderen Idealisten der Zeit, vielmehr erst durch Berkeley ist somit die Frage nach der Realität ein Problem geworden, an dem die erkenntnistheoretische Unter- suchung nie mehr vorbeigehen kann.

Älmlich problemanregend ist Berkeleys Lehre von der Kraft und ihrer Kausalität. Auch hier bietet das Tagebuch eine willkommene Ergänzung dessen, was Berkeley angezeigt fand in seinen Schriften zu äußern. In diesen erscheint seine Lehre vor allem dadurch bedingt, daß er den Kraftbegriff, wie er in der Naturwissenschaft seiner Zeit gebrauclit zu werden pflegte, ablehnt, speziell den Kraftbegriff, den Newtons Anhänger in dessen Gravitationstlieorie liineingelegt liatten. In diesem Zusammen- hang erscheint die Kraft als eine qualitas occulta, die nichts erklärt. So insbesondere in der Schrift De motu. Dadurch wird Berkeley wiederum ein Vorläufer. Er gehört zu den wenigen für die Weiterentwicklung des Gedankens einflußlos gebliebenen Vertretern einer rein phänomeno- logischen Naturdeutung vor Hume. Einflußlos l)lieb auch er gemäß dem immer sich wiederliolenden Prozeß, daß philosopliische Ideen, die fiir die Einzelwissenschaften l)edeutungsvoll werden können, diese Bedeutung in dem Gebiet der speziellen Wissenschaften erst erlangen, wenn sie auf ihm selbst neu gefunden worden sind. In der Tat reduziert Berkeley das causari in der Körperwelt auf ein erfahrungsmäßiges sequi. Insofern mündet seine Körperlehre in einem reinlicli durchgeführten Empirismus;

führung ist hier deutlicher als im lateinischen Urtext (bei Tannery Bd. VII S. 323 f.). Descartes hält in seiner Antwort an der Überlieferung fest, nach der die Existenz zu den Vollkommen- heiten, d. i. den Merkmalen, gehört.

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenscJuifllichen TagehucM. 77

wird sie zu einer positivistisclie'n Ergänzuiig der okkasionalistisclien Leliren. in denen bereits aller Kausalzusammenhang der Vorgänge überhaupt der Sache nach in einen bloß zeitlichen aufgelöst war. Aber es bleibt auch bei üim, wie schließlich noch bei Hume und besonders bei Herbart, ein Hinter- grund metaphysischer Gedanken. Er faßt, bestimmter noch als die Okka- sionalisten, den scheinbar kausalen Zusammenhang des äußeren Geschehens als eine teleologische, ntu- als solche bedeut.same Zeichensprache auf, in der letzten Grundes (4ott zu uns redet', also geistig auf uns wirkt: er wird endlich durch «lie religiöse Deutung jener Zeichensprache zu den wissens- feindlichen Konsequenzen geführt, die der Empirismus der Kausaldeutuug sonst weit von sich abweist.

In direktem Anstieg hat Berkeley diesen kausalen Empirismus aller- dings nicht erreicht.

Es wurde oben (S. 68 f.) bereits deutlich, daß bei ihm anfangs eine dynamische Deutung der Körperwelt überwog. Erst die dort gleichfalls besprochene idealistische Wendung, die bald für die Auffassung der Existenz nicht wahrgenommener Körper eintritt, treibt zu der Ablehnung der Gott gegenüber sekundären Ursachen. Mehr noch. Die psychologische Wendung, durch die er die metaphysisch fundierte okkasionalistische Kausalauf- fassung weiterbildet, läßt ihn zeitweise sogar den dynamischen Zusammen- hang der geistigen Ursachen aufgeben:

One idea not the cause of another one power iiottlie cause of another. The cause of all natural things is only G(Ki . . . This doc- trine gives a niost suitable idea of the Divinity. (417)

Er meint dementsprechend anderes als Spinoza, wenn er mit ähnlichen Worten, aber ohne jedes Bewußtsein der Übereinstimmung sagt:

No sharing betwixt God & nature or second causes in niy doctrine. (473; vgl. 609)

Noch von einem andern Gesichtspunkt aus kommt er zu der allgemeinen positivistischen Auflösung des KausalbegrifFs. Schon in den frühesten Dis- putationsthesen finden wir die Überzeugung ausgesprochen, daß Lockes An- nahme, power sei eine der »simj)le ideas which we receive from Sensation and reflection« (Ess. II 7, 8; anders bekanntlich II 21, l), irrig sei: Power is not perceived by sense. fXX: vgl. III)

' Man vergleiche auch die Bemerkung aus der Zeit um 1730 bei Fr. A. IV S. i8o Nr. 2.

78 Erdmann:

Schwerlicli liatte er diese Überzeugung durch die später gelegentlich auf- tretende Koordination von power mit den einfachen Ideen von »red« und »extension« (in Nr. 133) als beseitigt angesehen. Denn erst in den positivisti- schen Gedankengängen zu Anfang des zweiten Tagebuchheftes kommt sie deutlich zum Fortfall:

The simple idea call'd Power seems obscure, or rather none at all, but onely the relation 'twixt Cause and Effect. When I ask whether A can move B, if A be an intelligent thing, I mean no more than whether the volition of A that B move be attended with the motioii of B!' ... (446)

In der ihr angeschlossenen Frage:

If A be senseless, whether the impulse of A against B be followed by V'' motion of B:'

ist anscheinend nicht dei- rein zeitliche Zusammenhang problematisch, sondern lediglich dessen sukzessiver Charakter. Dafür spricht die Rand- bemerkung :

Power no simple Idea it nieans nothing but the Relation between Cause & Effect. (480 a)

Ebenso die spätere Bemerkung:

"Nihil dat quod non habet", or, the effect is contained in the cause, is an axiom I do not understand or believe to be true. (771)

Beide sind wohl im Sinne der Reflexionen (417) und (446) zu deuten. Die Willensnatur der Ursache und das Affiziertwerden bleibt bei dem allen unberührt :

Ni) active power but the Will: therefoi-e Matter, if it exists, affects US not (130; vgl. 108, 151);

desgleichen die der Überlieferung entsprechende Anerkennung passiver Kräfte neben aktiven (229. 286), die durch die Beschaffenheit unserer Sen- sationen und das noch zu erörternde Verhältnis von understanding und will gefordert wird. Die Bemerkung:

There is a difference betwixt power & volition. There may be volition without power. But there can be no power without volition. Power implyeth volition, & at the same time a. connotation of the effects foUowing the volition {692)

bleibt in ihrer ersten These durchaus singulär. Beachtenswert sind bei dem allen die antinomischen Konsequenzen aus der sekundären Natur der Kräfte in der Körperwelt, die spät erst, wohl unter dem Einfluß des Okka- sionalismus, als »occasions« oder »co-existing idea-s« (747, 843), d. i. als

Bfrkpleijs Philosophie im Lichte seines )cissenschaßlichen Tagebuchs. 79

»physical causes« oder »causes y' do iiothiiig» (S44; vgl. 838) gefaßt werden. Einerseits wird die wissensfeindliche Natur dieser Konsequenz in teleolo- gisch zu verstehenden Formulierungen fast energischer noch betont als im Treatise:

Absurd to study astronomy and other the like doctrlnes as specula- tive Sciences. (418; vgl. 417, 419, 646)

Andrerseits heißt es einmal:

Xaturalists do not distinguish betwixt cause and occasion. Useful to enquire after co-existing ideas or occasions. (747; vgL 492, 611)

Es sind demnach Ansätze zu jener Behandlung der Kräfte, die in der Siris zum Vorschein kommt, obgleich vorerst durch entgegengesetzte unter- drückt, schon im Tagebuch unverkennbar vorhanden.

In dem temporalen Empirismus der vorstehenden Kausalgedanken haben auch wir Vorgedanken zu Humes Kausaltheorie gefunden. Sie lassen sich ebenso auch in mancherlei Wendungen der drei frühen philosophi- schen Schriften Berkeleys aufweisen. Aber es hieße den historischen Sach- verhalt gründlich verkennen, wenn wir daraufJun, wie mehrfach geschehen ist, Humes entscheidenden Anteil an der Entwicklung des Kausalproblems schmälern wollten. Jene Vorgedanken liegen, soweit sie bei Berkeley über die Problemlage der Okkasionalisten hinausreichen, ausschließlich in seiner Lehre von der »customary connexion« der Ideen un<l der durch sie, ahso erfahrungsmäßig bedingten »Suggestion«,' sowie der aus ihr ab- folgenden »mediate perception«. Völlig unbedenklich, ähnlich so wie neuer- dings Helmholtz in seiner Hypothese der unbewußten Schlüsse, bezeichnet er die Ideen, die auf diese Weise reproduziert werden, als »acts of judg- ment grounded on experience« (New Theory §3, 38, 53, 62 u. ö. ; Tr. §43; vgl. »reason and memory« in den Dialogen Fr. A. I 295: »per- ceive or judge« in N. Th. Vindieated § 53, 58 u. ö). Allerdings könnte man glauben, auch Humes Gegensatz der kausalen, »moral reasonings«, zu den mathematischen, »demonstrative reasonings«. hei Berkeley zu finden. In der Tat unterscheidet Berkeley schon in der New Theory die reproduktiv vermittelten empirischen Schlußsätze von den >• conclusions in mathematics, betwixt which and the premises it is indeed absolutely requisite there

' Im Taftebuch heißt es einmal: »constant & long association of ideas« (226).

80 Erdmann:

be an apparent, neces'sary connexion« (N. Th. § 24). Sein Kampf gegen die landläufigen geometrischen Tlieorien der Gesichtswahrnehmung beruht auf der wohlfundierten Unterscheidung der »necessary connexion« von der »customary« oder »arbitrary conjunction« (vgl. 194, 247, 257). Man könnte sich für eine direkte Abhängigkeit Humes von Berkeley in diesem Punkte sogar darauf berufen, daß dieser schon auch die Kausalsclüüsse jenen Erfahrungsurteilen zurechnet. Erklärt er doch im Treatise, daß wir so wenig wie »by sense«, so wenig auch »by reason« die Existenz von Körpern als Ursachen unserer Sensationen finden können, »since the very patrons of Matter themselves do not pretend there is any necessary connexion betwixt them and our ideas« 18). Wird doch ferner in den Dialogen, wie bereits zu erwähnen war (S. 64, Anm. 61), ausgeführt, daß die Existenz wirksamer Geister als solcher Ursachen nicht auf einer »necessary con- sequence«, d. i. einer »demonstrative knowledge«, sondern auf einem Wahr- scheinlichkeitsschluß, einer »probable deduction« beruhe, »if we see signs and effects indicating distinct finite agents like ourselves« (Fr. A. I 328). Benutzt er doch überdies durchweg die gleiche Argumentation für seinen Gottesbeweis aus der Ideenwelt als der Zeichensprache Gottes zu uns, wenn auch hier die Gewißheit »far more evident« ist (Tr. § 147; Alciphron, Dial. IV; Siris § 252 f.). Ist doch endlich seine ganze Theorie der Zeichen (signs), besonders deutlich in der New Theory Vindicated 39) diesem Gedankengang eingewoben.

So positivistisch geschlossen ist jedoch der Gedankenzusammenhang bei Berkeley auch psychologisch nicht. Dem aufmerksamen Leser konnte nicht entgehen, daß der Schluß von der Wirkung auf eine Ursache über- haupt bei Berkeley überall rationalistisch fundiert ist, auch wenn Wen- dungen wie »probable deduction« nicht gepreßt werden. Besonders klar spricht gerade über diesen Punkt die New Theory Vindicated. »From our ideas of sense«, heißt es dort, »the inference of reason is good to Power, Cause, Agent. But we may not therefore infer that cur ideas are like unto this Power, Cause, or Active Being. ... in our ideas or im- mediate objects of sense, there is nothing of Power, Causality, or Agency included. Hence it foUows that the Power or Cause of ideas is not an object of sense, but of reason«. Weiter sogar: »Our knowledge of the cause is measured by the effect; of the power, by our idea . . . We know that our ideas of sense are not the cause of themselves. We know

Berkfleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftliehen Tac/ebuc/is. 81

also that we do not cause them. Hence we know they must have some other efficient cause, distinct from them and us« 1 1 f ; vgl. 21, 30). So kommt Berkeley zu der Voraussetzung, die allen diesen Argumentationen zugrunde liegt: »To perceive is one thing: to judge is another. So like- wise, to be suggested is one tliing, and to be inferred another. Things are suggested and perceived by sense. We make judgments and inferences by the understanding . . . We infer causes from effects, effects from causes, and properties one from another, where the connexion is necessary« 42). Es ist eben der Gedankenzug, den wiederholte Er- klärungen in den Dialogen bekunden: »From the effects I see produced 1 conclude there are actions . . . there must be a will (Fr. A 1 335); it neccssarily follows there is an omnipresent external Mind« (Fr. A 1 325); in anderer Wendung »a necessary relation to the mind is understood to be implied by the term idea« (Fr. AI 331). Die rationalistische Scheidung zwischen »experience« und »reason« in der Siris (vor allem § 264, 293f., 303f., 308, 313, 33of)' bezeugt deshalb auch in diesem Punkte keine neue Gedankenrichtung, sondern nur. daß ein früh vorhandener, aber anfangs im Untergrund bleibender, durch empiristische Einflüsse überdeckter Gedankenstrom später zum vorherrschenden wird.

Jene frühe Problemlage zeigt sich auch im Tagebuch. Ein rationa- listisches Moment enthalten alle die Aufzeichnungen, in denen das Urteilen, ja selbst das Perzipieren überhaupt, als eine Tätigkeit einschli<'ßend be- hauptet wird. Darauf ist später einzugehen. Direkter noch tritt es hervor, wenn wir gegen den Schluß des Tagebuchs lesen :

Kx nihilo nihil fit.- This (saytli Spinoza. Opera Posth. p. 464) and the like are called reritalf$ netrmai, because »nullain fideni habent extra mentem-. To make this axiom have a positive sigiiification, one should express it thus: Every idea has a cause, i. e. is produced by a Will. (821) '

So, obgleich ihm feststeht:

Pure intellect I nnderstand not (800 vgl. 521): und schon vorher:

Qu. VVhat becomes ai \}a& avternae ecritates'f Aus. They vanish. (728)

' Insbesondere § 308 behufs Vermittlung Ari.stotelischer und Platonischer Lehren : Some, perhaps, may think the truth to be this: -- that there ar properly no ideas, or pa.ssive objeets, in the mind but what were derived from setise: but that there are also besides these her own acts or Operations; such are rtotiftns.-

Phil.-higt.Abh. 191U. Nr. f<. 11

82 K R D M A N N :

Die vorstehenden Erörterungen über Existenz, Kraft und Kausalität setzen uns in den Stand, die nicht eben durchsichtige Entwicklung der Lehre von den spirits im Tagebuch zu rekonstruieren.

Schon zu Beginn desselben war Berkeley, wie wir oben gesehen haben, überzeugt, daß eine Vielheit von endlichen tätigen Geistern sub- sistiert (23, 24; vgl. 108, 421, 745). Allmählich wurde ihm sicher, daß zu ihrer Erkenntnis sowie zur Erkenntnis der geistigen Tätigkeiten des Verstandes und Willens die ihrem Bestände nach trägen Ideen un- tauglich sind (173, 231, 280; dann etwas bedenklich 478, 512: weiter 525, 526, 536, 565, 566, 634, 635, 649, 655, 656a, 676, 699, 749, 796, 835, 837, 874, 875). Wo daraufT)in gelegentlich, im Anschluß an Locke (511), das Wort »knowledge« in engerem Sinne genommen wird, werden die Geister und ihre Tätigkeiten unerkennbar (566, 879). Nichts im Grunde erfahren wir aus dem Tagebuch über die Art, wie wir sie tatsächlich erfassen. Aus der oben bereits angeführten Bemerkung, daß die intuitive Erkenntnis unserer eigenen Existenz die der körperlichen Dinge voraussetzt, und der etwas anders gedachten Eintragung :

... I know with an intuitive knowledge the existence of other things as well as my own soul . . . (552)

erfahren wir nur, daß ein solches unmittelbares Erfassen besteht, sowie weiterhin, daß wir auch die anderen Geister »as so many selves« denken müssen (745).

Der auch in den Schriften schillernde Terminus »reflection«' hat in den seltenen Fällen, in denen er von Berkeley im Tagebuch gebraucht wird, den Lockeschen Sinn. (XXIII, 560, 575, 647, 661, 717; vgl. 724, 731, 882)

Ein Gegenstand wiederholter, in den Schriften kaum noch andeutungs- weise erkennbarer, offenbar unabgeschlossener Prüfung ist dagegen die Frage nach der Identität des Ich.

Sie setzt früh ein mit der auch für ein anderes, noch zu besprechendes Moment bedeutungsvollen Erwägung:

On account of my doctrine, the identity offinite substances [natürlich geistiger] must consist in something eise than continued existence, or relation to determined time & place of beginning to exist the existence

' Im Sinne Lockes z. B. Tr. § i, 25, 35, 68, 74; dagegen für das Erfassen der Geister in den Dial. bei Fr. A I 326, Dial. bei Fr. A I 328. Tr.= § 89.

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuchs.' 83

of our thoughts (which being combined make all [geistigen] substances) beingfrequently interrupted,&they having divers beginn ings & endings (192 ; vgl. 84),

nachdem kurz vorher nebenbei »persons not thinking« erwähnt sind (182),

deren Existenz, wie die von Farben im Dimkehi, also von ideas, ebensowohl

zugestanden werden soll, »but not an absolute, actual existence«. An jene

Erwägung schließt sich, wie mir scheint, die Frage:

Qu. wherein consists identity of person ? Not in actnal consciousness, for then Fin not the sazne person I was this day twelvemontb, but while I think of w' I then did. Not in potential, for then all persons may be the same, for ought we know (199)

mit einer dunkeln xmd auch durch andere Bemerkungen über potentia (1 39, 140, 1 55) von mir nicht erhellbaren Scheidung zwischen einer »natural« und einer » praeternatural consciousness«, von denen hier nur die letztere gemeint sein soll (201). Aus gleich zu erwähnendem Grunde scheint mir auch die Bemerkung:

The grand puzzling question, whether I sleep or wake? easily solv'd (467)

in diesen Zusammenhang zu gehören. Sicher ist dies bei der Niederschrift:

No broken intervals of death or annihilation. Those intervals are nothing: each person 's time being measured to him by his own ideas. (580)

Weiterhin erst kommt die im Begriff der Seele als selbsttätigen wollenden Wesens von vornherein angelegte Entscheidung, daß die Seele immer denke, mit der Berkeley, wenn auch in ganz anderer Deutung. Descartes gegenüber, Locke recht gibt:

Certainly the mind always and constantly tbinks: and we know this too . . . (642)

To say the mind exists without thinking is contradiction, nonsense, nothing. (643: vgl. 697)

Dabei werden wir das »and we know this too« wohl durch die früh

feststehenden, schon oben angefiihrten Überzeugungen Nr. 50 und 75 und

deren Ergänzungen:

. . . a perception not perceiv'd is contradiction, nonsense, noihing . . . (250; vgl. 351)

An idea cannot exist unperceiv'd (383)

erläutern müssen. In eben diese Zeit scheint die Randbemerkung zu der oben angpfiihrten Eintragung (192) zu gehören:

[Qu. whether identity of person consists not in the Will?] (193)

11*

84 P" R n M A N N :

Sicher gehört ihr die nur scheinbar paradoxe Konsequenz an:

There are innate ideas, i. e. ideas created with us. (640) Wir dürfen bei ihr nur nicht an ewige Wahrlieiten und einen reinen Intellekt denken. Der Empirismus des frühen Standpunkts erleidet im Tagebuch keinen so tiefgehenden Einbruch rationalistischer Gedanken. Dafür sprechen außer den S. 81 angeführten Nr. 728 und 821 die Reflexionen:

. . . Certainly if there were no sensible ideas there could be no soul, DO perception, remembrance, love, fear, &c; no faculty could be exerted. (465)

. . . If it were not for them [the senses] the mind could have no knowledge, no thought at all. All x x x of introversion, meditation, con- templation, and spiritual acts, as if these could be exerted before we had ideas from without by the senses, are manifestly absurd. (529)

I approve of this axiom of the'Schoolmen, 'Nihil est in intellectu quod non prius fuit in sensu". . . (770)

Es handelt sich in Nr. 640 anscheinend nur um einen, vielleicht bewußt

gewählten paradoxen Ausdruck für eine Konsequenz, die wir vielleicht

treftend auf die den endlichen Geistern von Anbeginn an immanenten

Sensationen ihrer eigenen und der umgebenden Körperwelt beziehen.

Wirklich paradox ist nur die in dem vorhin gegebenen Zitat von (642)

vorerst ausgelassene Konsequenz

... In sleep and trances the mind exists not there is no time, no .succession of ideas. (642)

Sie ist unverkennbar gegen Lockes empirische Erörterung der Streitfrage,

ob die Seele immer denke, gerichtet, inul zwar unter der Voraussetzung,

daß in solchen Zuständen eben Ideen fehlen. Daß diese Konsequenz dem

selbsttätigen Wesen auch der endlichen Seelen widerspricht, das in den

Schriften für diese Frage durchweg entscheidet,' liegt auf der Hand. Aber

das Tagebuch bietet doch in seinen Reflexionen über die Seele, wie gleich

zu zeigen sein wird, einen möglichen Ansatzpunkt für diese paradoxe

Behauptung.

"Vorerst ist noch einer anderen Lösung des Identitätsproblems für die

Seelen zu gedenken, die bald nach der eben angezogenen Reflexionsgruppe

ausgesprochen wird:

Doctrine of identity best explain'd by taking the Will for volitions, the Understanding for ideas. The difficulty of consciousness of w' one never acted &c solv'd thereby- (673)

Vgl. z. B. im Tr. § 141, sowie auch den mehrfach zitierten Brief an Sam. Johnson bei Fr. A IV 181 Nr. 6.

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. 85

Sie ist nicht eben durchsichtig. Aber es ist möglich, daß ihr Sinn lediglich in der nichtssagenden Bemerkung aufgeht:

Qu. W mean you by my perceptions, my volitions? Both all the perceptions I perceive or conceive, &c. are mine: all the volitions I am conscious to are mine. (737)

So unzulänglich diese Lösungsversuche bleiben, werfen sie doch Licht in eine Lücke der Schriften Berkeleys. Im Treatise und den Dialogen wird das Problem, das von Locke in den späteren Auflagen seines Essay eingehend erörtert worden war, in dem »1« oder »Myself« als erledigt vorausgesetzt. Im Alciphron wird der Lösungsversuch Lockes abgewiesen. Aber Berkeley begnügt sich dort, bei Besprechung des Glaubens an die Dreieinigkeit, auf die Einwürfe hinzudeuten, »which may be raised even about human personal Identity«, und auf Grund einer kühnen Konstruktion von Fällen nach Art derer, die jetzt als solche von double consciousness bezeichnet werden, festzustellen, sie lasse sich durch ein fortdauerndes Bewußtsein nicht erklären (Alciphron bei Fr. A II 307 f.). Wir finden dem- nach in Berkeleys Schriften lediglich Spuren von Lösungsversuchen des Problems, die ihn selbst nicht befriedigt haben. Jedenfalls haben jedoch die Ansätze zu ihnen im Tagebuch einen nicht genauer bestimmbaren Einfluß auf die Entwicklung der Lehre von den Geistern überhaupt gehabt.

Noch einmal sei daran erinnert, daß im Tagebuch die ÜI)orzeugung von der selbständigen Existenz von »conscious things« als Personen, zu denen die Körperwelt als »manner« ihrer geistigen Existenz {24), als Inbegril!" von perceptions, ideas oder thoughts im olyektiven Wortsinn gehört (280), von Anfang an gesichert ist. Als active, powerful, thinking »things« oder »Beings« (41, 150, 229), als thinking (4 2 i) »substances« (27 i, [289], 395, 396), weiterhin als »that which thinks« oder »wills« (486) sind sie gedacht.

Es konnte jedoch Berkeley nicht verborgen bleiben, daß in dieser Voraussetzung gerade für seinen Immaterialismus ein Problem stecke. Welches Recht besteht, insbesondere in Rücksicht auf Lockes Behauptung des »I know not what« für den Kern des Substanzbegriifs überhaupt, die körperlichen Substanzen in Inbegriffe von Ideen aufzulösen, für die »Träger» dieser Ideen aber, für das, was die Ideen »supports« (s. S. 61), die dort zurückgewiesene Substantialität beizubehalten? In seinen Schriften wird dies so naheliegende Problem für das velle wie für das perclpere durch

86 E R n M A N N :

die Erkläi'ung gelöst, daß wir die Substanz lediglich in ihren Wirkungen zu erfassen vermögen (s. oben S. 62). Aber damit ist doch schließlich das zu Erweisende offenbar vorausgesetzt. Bekanntlich hat hier erst Hume, rücksichtslos gegen alle Forderungen des religiösen Bewußtseins, aus ganz anderen Gründen als vor ihm Spinoza für die endlichen Geister, vielmehr lediglich auf Grund des Empirismus von Locke und Berkeley, die Konse- quenz ausgesprochen, daß auch der Geist nur ein Bündel von Ideen sei. Eben diese Konsequenz, die aus Berkeleys Schriften nicht zu entnehmen ist, findet sich fiir die endlichen Geister als später aufgegebene Übergangs- lösung im Tagebuch. Von zwei, schließlich zusammenführenden Gedanken- gängen aus wird das Problem entwickelt.

Ein früher Ausgangspunkt zu ihnen findet sich in der Zwischen- bemerkung zu der oben schon angeführten ersten Reflexion über das Identitätsproblem (192), daß »our thoughts combined make all substances« und der, wie wir sahen, jener Bemerkung zugehörigen, aber wohl späteren Randbemerkung: '

[Qu. whether identity of person consists not in the Will?] (193)

Der Gedanke bleibt indessen vorerst unentwickelt. Vielleicht lag ein An- stoß zu seiner Entfaltung in der Frage, die einer schon angeführten Be- merkung vor ansteht:

Qu. How is the soul distinguish'd from its ideas? Certainly if there were no sensible ideas there could be no soul, no perception, remembrance, love, fear, &c. ; no faculty could be exerted. (465)

Die Antwort ist allerdings empiristisch gewendet. Aber eben diese Wen- dung konnte auf Grund jenes frühen Ansatzes wohl zu der Hypothese führen :

The very existence of ideas constitutes the soul. (567)

Aufgenommen wird sie in direktem Anschluß an die für Berkeley längst gesicherte Überzeugung, daß die Seele (durch Ideen) nicht erkennbar sei. Dies bezeugt die unmittelbar an Nr. 567 angeschlossene Überlegung:

Consult, ransack y'' understanding. W find you there besides several perceptions or thoughts [d.i. hier imaginations ; vgl. 572]? W mean you by the word mind;' You must mean something that you perceive or y' you do not perceive. A thing not perceived is a contradiction. To mean (also) a thing you do not perceive is a contradiction. We are in all this matter strangely abused by words. (569)

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. 87

So wird der Gedanke vorerst fest:

Mind is a congeries ofperceptions. Take awayperceptions and you take away the mind. Put the perceptions and you put the mind. (570)

Say you, the mind is not the perception, not that thing which perceives. I answer, you are abused by the words "that & thing". These are vague and empty words with us. (571)

Der Gedankengang kehrt noch einmal wieder, gleichfalls im Anschluß an Klagen über die Mängel der Sprache:

Say you, there must be a thinking substance something unknown w*"" perceives, and Supports, and ties together the ideaa. Say I, make it appear there is any need of it and you shall have it for me. I care not to take away anything I can see the least reason to think should exist. (628)

I affirm 'tis manifestly absurd no excuse in the world can be given why a man should use a word without an idea. Certainly we shall find that w'ever word we make use of in matter of pure reasoning has, or ought to' have, a compleat idea annext to it,. i. e. its meaning or the sense we take it in must be compleatly known. (629; vgl. 630)

Aber mit dem allen war doch das Problem nur von einer Seite aus

erfaßt. Der früh (130, 151) festgelegte Willenscharakter der Seele ist

hier außer Betracht gelassen. Er kommt, wie wir vermuten dürfen,

reagierend zum Vorschein. Schon in unmittelbarem Anschluß an die Frage,

die wir fiir die intellektualistische Deutung zum Ausgang nahmen, wird

er, wenn auch vprerst folgenlos, hervorgehoben:

The soul is the Will, properly speaking, and as it is distinct from ideas. (466)

Dann wird in einer Randbemerkung, die allem Anschein nach einem

späteren Gedankengang angehört, kurz und bündig gesagt:

[It should be said, nothing but a Will a being which wills being unintelligible.] (487)

Denn die reagierende voluntaristische Fassung erscheint erst viel später,

Sie bereitet sich gleichfalls durch Ablehnung der Ideen für die Erfassung

des Willens vor:

To ask, have we an idea of Will or volition, is nonsense... (649) If you ask w' thing it is that wills, I answer, if you mean idea by the word thing, or anything like an idea, then I say, 'tis no thing at all that wills. This how extravagant soever it may seem, yet is a certain truth. We are cheated by these general terms, thing, is, &c. (650; vgl. 652, 653, 658)

88 E R D M A N N :

Daraufhin kommt er zu der Erklärung:

The spirit the active thing that w«^'' is soul, & üod is theWill alone. The ideas are cffects impotent things (705);

ferner in weiterem Verfolg der Frage:

You ask, do these volitions make one Will;' W you ask is meerely about a word unity being no more (707)

zu den Feststellungen:

We See no variety or difference betwixt the volitions, only between their effects. 'Tis one Will, one Act, distinguished by the effects. This Will, this Act, is the spirit, operative principle, soul. &c. (779! ^g'-785)

While I exist or have any idea, I am eternally, constantly willing; mv acquiescing in the preseut State is willing. (781)

It seems that the soul, taken for the Will, is immoital, incorrupt- ible. (804)

So ergeben sich endlich die Annahmen:

The Will is purus actus, or rather pure spirit not imaginable, not sensible, not intelb'gible, is no wise the object of the understanding, no wise perceivable. (818; vgl. 858)

Substance of a spirit is that it acts, causes, wills, operates, or if von please (to avoid the quibble y* ma)' be made on y^ word 'it') to act, cause, will, operate. Its substance is not knowable, not being an idea. (819)

Die Unerkennbarkeit der Substanz ist demnach nicht, wie bei Locke, durch ein »I know not what« erledigt. Für die Körper ist sie gesichert durch deren Auflösbarkeit in Ideen, für die Geister durch deren dynami- schen Charakter:

The substance of Body we know. The substance of Spirit we do not know it not being knowable, it being a purus actus. (694; vgl. 858)

But the grand mistake is that we know not what we mean by 'we', or 'selves', or 'mind", &c. "Tis most sure & certain that our ideas are distinct from the mind, i. e. the Will, the Spirit. (835)

Nur anhangsweise sei berührt, wie diese Willenslehre die Freiheit des Willens als Selbsttätigkeit einschließt. In den ersten Anfängen wird die Freiheit anscheinend geleugnet (XXI, XXII; vgl. die vieldeutige Ein- tragung 144). In vielfältiger, besonders späterhin ansteigender Abwehr der Lehre Lockes von der »uneasiness« ([143] u. ö., 601 u. ö.) wird sie Berkeley dagegen sicher, zugleich mit der, allerdings nicht durchgeführten Konse- quenz, daß wir von Tugenden und Lastern als Willensbestimmungen keine Ideen haben (660 u. ö.). Sie sollte neben dem Beweis für die Existenz

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tngehmhs. 89

Gottes als eines der beiden »great prineiples of morality« spezieller aus- geführt werden (496). Fest steht:

Folly to inquire w' determines the Will. Uneasiness, &c. are ideas, therefore unactlve, therefore can do nothing, therefore cannot determine the Will. (644)

I think not that things fall out of necessity. The connexion of no two ideas is necessary, 'tis all the result of freedom, i. e. 'tis all vol- untary. (872)

(Man vgl. dazu 145a, 15*2, 153, 154, 156, 608, 618, 619, 623, 645, 738, 787, 867).

Durchgeführt ist jedoch keine dieser beiden Argumentationsreihen. Die Reflexionen, in denen sie auftreten, werden von den vereinigenden Gedanken begleitet und zusammengeschlossen, die in den Schriften (s. oben S. 62) mehr angedeutet als ausgeführt sind.

Es ist eine weite Strecke, die sie von dem frühen Gedanken trennt, daß die Seele eine komplexe Idee aus Existenz, Willen und Perzeption überhaupt sei (150; s. oben S. 71). Aber die letzte Entscheidung ist doch der Sache nach von dem, was Berkeley mit jener unzulänglichen Anfangs- formulierung eigentlich meinen konnte, im wesentlichen abhängig. Die Über- zeugung, daß die Operationen des Verstandes und des Willens im Grunde ein und dasselbe sind, bricht sehr bald und immer aufs neue hervor. So in Reflexionen, auf die schon oben (S. 67) hinzuweisen war:

. . . [thought seeming to imply action] . . . (37), und zwar schon früh, falls die Klammer bei Fräser hier nicht eine Zusatz- bemerkung späteren Ursprungs zeigt. Dann erscheint sie in der bereits (S. 73) angeführten Randbemerkung zu Nr. 421. Weiterhin gewinnt der Gedanke an Klarheit:

The understanding taken for a faculty is not really distinct from y"= will (607), mit dem nach der weiterhin anzuführenden Bemerkung (859) vermutlich späteren Zusatz: This allow'd hereafter;

ebenso an Energie:

There is somewhat active in most perceptions, i. e. such as ensue upon cur volitions, such as we can prevent or stop : e. g. I tum my eyes towards the sun I open them. All this is active. (664)

Qu. Hovv comes it that some ideas are confessedly allow'd by all

to be only in the mlnd, and others as generally taken to be without the

mind, if, according to you, all are equally and only in the mind ? Ans. Because

ihat in proportion to pleasure or pain ideas are attended with desire,

Phil.-hist.Ahh. 1919. Nr. 8. 12

90 Erdmann:

exertion, and other actions which include volition. Now volition is by all granted to be in spirit. (685; vgl. 57, 68)

... I think judicmm Includes volition. I can by no means distin- guish these Judicium, intelkctus, indifferentia ... (736; vgl. die Ablehnung in 162, die vielleicht der Meinung eines Bekannten gilt).

Noch mehr:

To be sure or certain of w' we do not actually perceive (I say perceive, not imagine), we must not be altogether passive, there must be a disposition to act, there must be assent, w'='' is active. Nay, what do I talk! theremustbeactual volition. (768; dazu die oben schon zitierte Nr. 781)

Idea is the object or [was dasselbe ist, YnoKeiMeNON =]' subject of thought. Y' I think on, whatever it be, I call idea. Thought itself, or thinking, is no idea. 'Tis an act, i. e. volition, i. e. as contradistinguished to eifects— the Will. (798)

It seems there can be no perception no idea without Will, seeing there are no ideas so indifferent but one had rather have them than annihilation, or annihilation than theni . . . (823)

Auf Grund solcher sich wechselseitig ergänzenden Überlegungen ergibt sich allmählich, mitten, wie schon gesagt, in den beiden anderen, ein- seitig bedingten Strömungen (vgl. z.B. 651):

Existence not conceivable without perception or volition not distin- guish'd therefrom (637)

als Erledigung von (636); ferner:

Distinct from or without perception there is no volition ; therefore neither is there existence without perception. (666 ; vgl. auch die oben schon zitierten Nr. 673, 706)

It seems to me that will and underetanding volitions & ideas cannot be severed, that either cannot be possibly without the other. (829)

Endlich lesen wir, wie wiederholt in den Schriften (Tr. § 27, 138, 143:

Dial. Fr. AI 335):

I must not mention the understanding as a faculty or part of the mind. I must include understanding & will &c. in the word Spirit by which I mean all that is active. I must not say that the under- standing differs not from ihe particular ideas, or the will from particular volitions. (836)

I must not give the soul or mind the scholastique name 'pure act', but rather pure spirit, or active being. (858)

I must not say the Will or Understanding are all one, but that they are both abstract ideas, i. e. none at all they not being even ratione different from the spirit, qua faculties, or active. (859; vgl. 855)

' Man vergleiche (433); so auch spirit als object of human knowledge und subject of disCTjurse: [s. Tr.= § 89].

Berkeleys Philosophie im ] Achte seines wisseiischafllichen Tagebuchs. 1) 1

Daß auch bei dem allen die Fragen nach der Substanz der endlichen Geister, der Art ihrer Schöpfung durch Gott und ihrer Immanenz in Gott unerörtert bleiben, braucht kaum erwähnt zu werden. Vielleicht hat Berkeley keine Antwort einer ihn selbst nicht befriedigenden vorgezogen; wenigstens findet sich nichts im Tagebuch, was auf die Absicht weiterer Bestimmungen hinwiese. Jeder Versuch, solche Bestimmungen zu erlangen, hätte Berkeley überdies vor die Aufgabe gestellt, auch für die Substan- tialität Gottes, an der er nie irregeworden ist, eine Auflösung in »to will« und »to und erstand" zu gewinnen.

Kurze Schlußbemerkungen mögen das im vorstehenden entworfene Bild iler philosophischen Lehre Berkeleys und ihrer Entwicklung ver- vollständigen.

Über die Gesamtentwicklung der Lehre läßt sich aus dem Tagebuch folgendes etwa herauslesen.

Es beginnt nach den ersten, die Zeitprobleme betreffenden Eintragungen (s. oben S. 2 9 f.) mit Reflexionen über die Konsequenzen der bereits fest- stehenden »immaterial hypothesis« (19). Sie gehen auf die lediglich geistige Wirklichkeit von Ausdehnung, Zeit und Körperwelt, sowie auf die Bedeu- tung der Hypothese für das religiöse Bewußtsein und die Ausschließung alles Skeptizismus gegen die unmittelbare Tatsächlichkeit der als Inbegriffe von Sensationen gedeuteten Körper, und damit in den beiden letzten Punkten auf zwei Momente, die in immer neuen Variationen hervorgehoben werden, ähnlich so, wie die Übereinstimmung der Lehre mit dem common sense und die Ablehnung aller scholastischen Metaphysik.

... I side in all things with the mob. (388; vgl. 376, 387, 391, 579) Mem. To be eternally banishing Metaphysics, &c., and recalling men to Common Sense. (744; vgl. ao8, 480, 609, 741)

Aber mit jenen ersten Reflexionen wechseln von vornherein in bunter Folge, bald anschwellend, Eintragungen, die zu dem Gedankenkreis der New Theory gehören. So zahlreiche Bemerkungen über die Wahrnehmungen Blindgeborener (27, 32 f.), die durch Lockes Erörterung über das von W. Molyneux aufgeworfene Problem in der zweiten Auflage des Essay angeregt sind, femer über den Unterschied der Gesichts- und Tastwahr- nehmung (28 f.), über die scheinbare Paradoxie des aufrechten Sehens, die (resichtswirkungen von Mikroskop und Fernrohr, die scheinbare Mondgröße

12*

92 Erdm an n :

in der Nähe des Horizonts, die Deutung von Gemälden, endlich vor allem über die durch die Lehre von den minima sensibilia gesicherte Unmöglich- keit, die Ausdehnung ins Unendliche zu teilen (i i, 21, 26, 7 2 f.). Deutlich entspringt aus dieser, die Eigenart der anschaulichen Einzelvorstellungen von Raum (und Zeit) verkennenden Konsequenz, wie die Ablehnung der überlieferten Abstraktionslehre (s. oben S. 49 f.), so der Abweis aller geo- metrischen Grenzbetrachtungen (3if.), weiterhin (31 if.) speziell der Fluxions- rechnung Newtons und der Infinitesimalrechnung von Leibniz (die aller- dings nicht auf genauerem Studium beruht (336), während er sich mit Newtons Methoden und denen seiner Anhänger, Barrow, Hays, J. Keill, Cheyne usw. eingehend beschäftigt hat). Bald kommt denn auch eine ganze Reihe kühner geometrischer Paradoxa zum Vorschein, über die Teilbarkeit der Geraden usw., speziell über die Quadratur des Kreises.

Die zum Gebiet der New Theory gehörigen Eintragungen haben ihre größte Dichtigkeit im ersten Drittel des Tagebuchs. Gegen dessen Mitte werden sie weniger zahlreich. Dann verlieren sie sich in ganz wenigen Bemerkungen. Mit der Notiz:

Mem. Before I have shewn the distinction between visible & tangible extension, I must not mention them as disti'nct. I must not mention M. T. [Minimum tangibile]&M.V. [visibile], but in generalM.S. [sensibile],&c.(42 5)

scheint ein erster Plan für die Ausarbeitung der New Theory festzustehen. Weitere Spuren für die Ablösung der New Theory von dem Treatise, falls der Plan zu ihr nicht von vornherein gefaßt war (vgl. Treatise § 43), bietet, wenn ich recht gesehen habe, das Tagebuch nicht.

Später erst taucht der Gedanke an ein umfassendes Werk auf. Von drei »Büchern« desselben ist im Tagebuch die Rede. Eines zweiten Buchs gedenken zuerst die Notizen:

Tbe 2 great principles of morality— tbe being of God & the freedom of man. Those to be handled in the beginning of the Second Book. (496)

Extension, tho' it exist only in the mind, yet is no property of the mind. The mind can exist without it, tho' it cannot without the mind. But in Book II. 1 shall at iarge shew the difference ihere is betwixt the soul and body or extended being. (866)

Hier sollten also offensichtliche Lücken, die der uns vorliegende Treatise zeigt, ausgefüllt werden, und zwar auf Grund von Reflexionen, die im Tagebuch auch für die ethisch-religiösen Lehren (156, 240, 389, 394, 496,

r

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschafllichen Tagebuchs. D.S

53i> 532, 549. 558, 660, 668, 669, 675, 683, 69of.) unter Einschluß der schon (S. 88) berührten Lehre von der Willensfreiheit vorhanden sind. Als eine Ergänzung kurzer Bemerkungen im Tagebuch, dem Treatise und den Dialogen ist wohl eine anscheinend ausführlichere Erörterung über die Worte »thing« und »idea« gedacht, die gleichfalls dem zweiten Buch zugewiesen wird :

Say you, At this rate all's nothing but idea mere phantasm. I answer, Everything as real as ever. I hope to call a thing idea makes it not the less real. Truly I should perhaps have stuck to the word thing, and not mentioned the word idea, were it not for a reason, and I think a good one too, which I shall give in the Second Book. (797)

Sie mag dem in Nr. 866 angedeuteten Gedankenzusammenhang angehören. Schon vorher bestand der Plan eines dritten Buches, das Berkeleys Aufzeichnungen nur einmal erwähnen:

That w"'' extreamely strengthen.s u.s in prejudice is y' we think we see an empty Space, which I shall demonstrate to be false in the Third Book. (573)

Den ethisch-religiösen Ausfuhrungen des zweiten Buches, die anscheinend eine Stütze in Erörterungen über Leib und Seele finden sollten, war also in einem dritten Buch dem Plan nach eine kritische Naturphilosphie an- gereiht, die wohl auch eine Kritik der mathematischen (rrenzmethoden enthalten sollte. Das erste Buch sollte dementsprechend anders beginnen: Mem. To begin the First Book not with mention of Sensation and retlection, but instead of Sensation to use perception orthought ingeneral. (560)

Wie das spezieller geplant war. bleibt unersichtlich. Jedenfalls entspricht ihm der erste, so dunkle wie kurze Paragraph des uns vorliegenden Treatise nicht.

Wahrscheinlich ist, daß der Plan eines drei Bücher umfassenden Werkes länger vorhielt (782). Denn der Einleitung, deren in einer frühen, oben bereits (S. 54) erwähnten Bemerkung als »preliminary discourse about singling and abstracting simple ideas« gedacht war, wird außer ihrem uns in den beiden S. 2 1 Anm. 3 besprochenen Redaktionen vorliegenden Inhalt (213, 501, 527? Preface: 533, 534?, 586?, 671 Preface or Intro- duction: 672, 674, 680, 681, 689, 735, 740) noch anderes zugewiesen. So noch spät (vorläufige?) Bemerkungen über thing und idea (677, 749a) und über eine mittelbare Anerkennung der überlieferten Lehrbuchphilosophie: Even to speak somewhat favourably of the Schoolmen, and shew

tliat they who blame them for Jargon are not free of it tliemselvcs.

Introd. (709)

94 E R n M A N N :

Besonders zahlreich sind Eintragungen über das im Treatise befolgte Beweis- verfahren, das in der uns vorliegenden Einleitung auf wenige Andeutungen beschränkt ist (366, 390, 453, 522, 533, 541. 543, 551. 689; vgl. über die Darstellungsart 210,302,625,626,627,729). So heißt es mit Rücksicht auf die kritische Erörterung über Abstraktion:

I shall demonstrate all my doctrines. The nature of demonstration to be set forth and insisted on in the Introduction. In that I must needs differ from Locke, forasmuch as he makes all demonstration to be about abstract ideas, w"^*" I say \ve have not nor can have. (576: vgl. 807)

Ferner lesen wir im Anschluß an (712):

When 1 say I will reject all propositions wherein I know not fully and adequately and clearly, so far as knowable, the thing nieant thereby, this is not to be extended to propositions in the Scripture. I speak of matters of Reason and Philosophy not Revelation . . . (713)

Außerdem erfahren wir von Vorgedanken zu einem antinomischen Beweis- verfahren, das in der eingehenden Beantwortung von Einwürfen im Treatise verwertet, in unserer Einleitung jedoch nicht berührt ist:

Contradictions cannot be both true. Men are obliged to answer objections drawn from consequences. Introd. (854; vgl. 315, 353, 612)

Nicht ausgeschlossen ist, daß bei Abschluß des uns vorliegenden, ursprünglich als «Part I>< auf dem Titelblatt bezeichneten Teils der Plan von di"ei Büchern noch bestand. Auf das zweite Buch scheint eine später von Berkeley fortgelassene Bemerkung in § 144. auf das dritte ein gleich- falls später ausgefallener Hinweis in § 132 zu deuten. Erst die Vorrede zu den Dialogen spricht lediglich von einem »Second Part«, über dessen Schicksale was Berkeley von ihm ausgearbeitet hatte, ist verloren gegangen wir durch bekannte briefli(;he Äußerungen informiert sind.(®*)

Der Titel »Treatise« erscheint im Tagebuch zuerst in der Zeitlage der Bemerkungen über die drei geplanten Bücher bei Gelegenheit methodo- logischer Erwägungen:

A various or mixt cause must necessarily produce a various or mixt effect. This demonstrable from the definition of a cause [als Wille, dem die Wirkung regelmäßig folgt (446, 486)]; which way of demonstrating must be frequentl)' made use of in my Treatise . . . (551)

Die überraschende Zusatz- |?] Bemerkung am Schluß der Eintrag^ung:

Hence 'tis evident that, according to Newton's doctrine, colours cannot be simple ideas.

Berkeleys Philosophie im. Lichte seines wissenschoßlichen Tagebuchs. 1)5

zeigt einen Gegenstand mannigfacher, schwankender Überlegung an (42. 95, 147, 149. 243, 296, 438, 490, 654, 714, 905). Weiterhin werden die Hin- weise auf das geplante Werk bestimmter (689, 712, 729). Aber erst am Schluß des Tagebuchs treffen wir. wie schon (S. 2of.) erörtert, auf V.T- klärungen, die allem Anschein nach einen ersten Entwurf des uns vor- liegenden verkürzten Treatise voraussetzen.

Reichlich fließen bis dahin Berkeleys Eintragungen über das Ziel seiner Untersuchimg. »My Doctrine« ist entsprechend der frühen Konzeption des idealistischen Spiritualismus eine bald fest werdende Formel. Aus dem Bedürfnis heraus, die eigene Lehre gegen die herrschenden mathematischen und naturwissenschaftlichen Annahmen abzugrenzen, ist sie ents[)rungen (29. 30, 92, 235). Weiterhin wird sie positiv gewendet (342,412, 415, 428, 459, [460], 494, 525, 576, 687, 767a). So erscheint sie als »principle« (306—309. 385, 390, 394, dann 897, 898; vgl. 909, 910). Aber trotz aller kritischen Ablehnung liegt ihm besonders daran, die Übereinstimmung mit der empirischen Wissenschaft zu betonen:

My end is not to deliver metaphysiques altogether in a general scho- lastic way, but in some measure to accoimnodate them to the sciences, and shew how they may be useful in optiques, geometry, &c. (208)

l know there is a mighty sect of nieu will oppose me. but yet I may txpect to be supported by those whose minds are not so far over- grown w"» madness . . .; in a word, all but Mathematicians and Natural Philosophers (i inean only the hypothetical gentlemen). Experimental philosophers have nothing whereat to be oftended in ine. (389)

Mem. Much to recommend and approve of experimental philosophy. (485: vgl. 414)

N. B. My abstract & general doctrines ought not to be condemn'd by the Royall Society. 'Tis w' their meeting did ultimately intend. V. Sprat's History S. R. [1667] (494)

Das ist eine, allerdings mehrfach von den (S. 79) schon erwähnten ablehnenden Äußerungen unterbrochene, stärkere Anerkennung, als in den entsprechenden Abschnitten des Treatise und der Abhandlung De motu zum Ausdruck kommt. Sie bildet jedoch anscheinend bis hin zur Siris mit deren Diskussion naturphilosophischer Hypothesen einen Stimmungs- hintergrund bei Berkeley. In einem an Samuel Johnson aus Rhode Island gerichteten Brief heißt es. in »phänomenologischer« Betrachtungsweise: »The true use and end of Natural Philosophy is to explain the phenomena of nature, which is done by discovering the laws of nature, and reducing

96 Erdmann:

particular appearances to them. This is Sir Isaac Newton's method; and such method or design is not in the least inconsistent with the prin- ciples I lay down. This mechanical philosophy doth not assign or sup- pose any one natural efficient cause in the strict and proper sense; nor is it, as to its use, concerned about matter; nor is matter connected there- with; nor doth it infer the being of matter.« (^)

Mit immer größerer Schärfe wird dagegen die Naturauffassung der »hypothetical gentlemen« im Tagebuch abgewiesen. So deren Mangel an Vertrauen auf das in der Sinneswahrnehmung unmittelbar Gegebene: Ridiculoiis in mathematicians to despise sense. (320) The folly of the mathematicians in not judging of sensatioiis by their senses. Reason was given us for nobler uses. (370; vgl. 451)

So nicht weniger ihr Vertrauen auf die Infinitesimalmethode:

Newton's fluxions needless. Anything below a M. [minimum] might serve for Leibnitz's Differential Calculus. (336: vgl. 337 341)

If the disputations of the Schoolmen are blam'd for intricacy, trifliogness, & confusion, yet it must be acknowledg'd that in the main they treated of great & important subjects. If we admire the method & acuteness of the math. the length, the subtilty, the exactness of their demonstrations we must nevertheless be forced to grant they are for the most part about trifling subjects, and perhaps nothing at

all- (433)

Speculative Math, as if a man was all daj' making hard knots on purpose to unty them again. (856; vgl. 376, 378, 409, 480, 563, 769, 826, 911—913)

»Nihilarians« ist er nicht abgeneigt, die Mathematiker zu nennen (456, aber 625).

Aus entgegengesetzten Gründen die gleichen Wirkungen: es ist, als ob man W. Hamilton über Mathematik überhaupt reden oder Schopen- hauer die französischen Mathematiker schelten hörte. Berkeley freut sich des Worts:

Nullum praeclarum Ingenium unquam fuit magnus mathematicus. Scaliger, (380)

und erläutert es in seiner Weise:

A great genius cannot stoop to such trifles & minutenesses as they consider. (381)

So kann es nicht wundernehmen, daß .er immer unbedenklicher wird, die paradoxen mathematischen Konsequenzen seiner eigenen Lehre, viel stärker noch als später im Analyst, zu Pajner zu bringen:

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaßlicfien Tagebuchs. 1)7

All might be demonstrated by a new methüd of indivisibles, easier perhaps and juster than that of Cavalierius. (350: vgl. 316, 333, 338, 376, 397,412,456,530)

Subvertitur geometria ut non practica sed speculativa. (497 : vgl. 902)

Er erklärt sogar:

We can prove Newtön's propositions more accurately, more easily, & upon truer principles than himself (901) mit der Randbemerkung: [to the utmost accuracy, wanting nothing of perfeetion. Their Solutions of problems themselves must own to fall infinitely short of perfeetion] (901a.)

ril teach any one the whole course of mathematiques in '/,oo part the time that another will. (903)

Deshalb wird er nach ersten tastenden Versuchen (246, 250 252, 442, 443, 469, 470) mit zunehmender Sicherheit (498, 499) unbedenklich zu

behaupten :

I can squai-e the circle, &c., they cannot, w"'' goes on the best principles, (906; 913 a)

und ähnliches mehr (268, 276 363 447 259, 264, 265; vgl. 29 488

454. 756).

Späte Überlegungen, von denen die Kinleitung des Treatise imd der Analyst nur einen schwachen Schatten werfen, gelten der Zeichensprache der Algebra. Sie erweitern und vertiefen seine Auflassung vom Wesen der Sprache :

Woi-ds (by them meaning all sorts of signs) are so necessary, that instead of being (w" duly us'd or in their own nature) prejudicial to the advancement of knowledge. or an hindrance to knowledge, tiiat with- out them there could in mathematiques themselves be no demonstration. (743; vgl. 724, 799, 869, 871; sowie [358])

Algpbraic species or letters are denominations of denominations. Therefore Arithmetic to be treated of before Algebra. (750: 758, 793)

Freilich bleibt eine Antinomie, die es unberechtigt erscheinen läßt, nur die eine der beiden Thesen als Zeugnis anzuführen. Wir lesen einerseits im Sinne seiner allgemein festgehaltenen Überzeugungen :

Take away the signs from Arithmetic and Algebra, and pray w' remains? (759)

These are sciences purely verbal, and entirely useless but for practice in societies of men. No speculative knowledge, no comparing of ideas in them. (760)

Anderseits sollen wir glauben:

We bave got the Algebra of \i\\rc inteliigenres (900), Phil.-hist.AbA. 1919. Ar.fi. 13

98 Erdmann:

ein Wort, das wir kaum im Sinne der methodologischen Bemerkung nehmen

dürfen :

N. B. To rein in satyrical nature. (626)

Bedeutungsvoll bleibt bei dem allen vielmehr nur die Frage:

Qu. whether Geometry may not properly be reckon'd amongst the mixt mathematics Arithmetic & Algebra being the only abstracted pure, i. e. entirely nominal Geometry being an application of these to pointsi* (762)

Freilich eine andere Begründung für diese Deutung der Geometrie, als Newton sie vorahnend gegeben hat.

Unausgenutzt bleibt bei dem allen ein Gedanke, in dessen Verfolg Berkeley zu einer ähnlich treffenden Deutung der Mathematik hätte kommen können, wie vor ihm Hobbes und nach ihm Hume. Er kennt und betont wiederholt den Relationscharakter der mathematischen Ge- bilde, speziell die Relationsnatur der Zahl; die Zahl ist ihm früh »the creature of themind« (103a, 109, 329, 535, 632, 639, 669, 725). Er streift den für die Stellung der Mathematik gegenüber den Tatsachenwissen- schaften entscheidenden Gedanken:

The vast, wide-spread, universal cause of our mistakes is, that we do not consider our own notions.* 1 mean consider them in themselves, fix, settle, and determine them, we regardiiig them with relation to each other only. In short, we are much out in studying the relations of things before we study them absolutely and in themselves . . . (530)

Aber ihm schwebt dabei lediglich die unzureichende philosophische Einsicht in die mathematischen Grundbegriffe vor. Denn er fahrt fort:

. . . Thus we study to find out the relations of figures to one another, the relations also of number, without endeavouring rightly to understand the nature of extension and number in themselves. This we think is of no concern, of no difficulty, but if I mistake not 'tis of the last impor- tance. (vgl. 904)

Die Idee der Relation selbst wird jedoch nicht zum Gegenstand seiner Untersuchung. Er erklärt vielmehr im Zusammenhang seiner späten Re- flexionen über die Algebra:

The obscure ambiguous term relation, which is said to be the largest field of knowledge, confounds us, deceives us. (726)

Sie bleibt bei Berkeley auch späterhin bekanntlich unanalysiert, obgleich er in einer überraschenden, nicht ausgearbeiteten Zusatzbemerkung zur

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaflUchen Tagebuchs. 99

zweiten Auflage des Treatise (1734) in vollem Widerspruch zu seinen übrigen Ausführungen die »notions of relations« den »ideas« und den »notions of spirits« zur Seite stellt (Tr. ' §89).

Ungleich eindringender, wenn auch weniger ausgebreitet als die mathe- matischen und naturwissenschaftlichen Studien, von denen das Tagebuch Kunde gibt (vgl. noch 146, 475, 477), sind die philosophischen, die es direkt bezeugt. Daß der Einfluß von Lockes Essay von vornherein fiir ihn maßgebend war, ist schon früher (S. 41 f.) besprochen worden. Nach einer ersten, durch die Ausarbeitung der eigenen Gedanken bedingten Pause tritt die Beschäftigung insbesondere mit dem Hauptwerk Lockes, aber auch mit dessen Streitschriften gegen den Bischof von Worcester und mit den »Posthumous Works« von Locke langsam ansteigend, in dem zweiten Drittel der Aufzeichnungen in dichtgedrängten Namensnennungen, dann langsam abflauend, deutlich hervor. Später erst erscheint der Name von Descartes, anfangs spärlich und nebensächlich in Form ablehnender Berufungen auf die Cartesianer (281,408,438,463; vgl. 874, 875), spät erst so, daß eine selbständige Kenntnisnahme der Meditationes und der Schrift De methodo ersichtlich wird (731, 775, 780, 784, 785, 791, 795, 801, 808, 809, 833). Etwas früher und häufiger begegnen wir den schon (S. 40) erwähnten durchgängig ablehnenden Hinweisen auf Malebranche. (®*) Spät erst wird, nach einer ganz frühen allgemeine« Berufung auf den religions- feindlichen »Hobbismus« (17), der Name von Hobbes (786 789, 796, 812, 814, 815, 817, 824, 826), noch später einige Male der von Spinoza (814 817, 821) erwähnt. Weniger anderer wie Fardella, Bayle, Henry More, Le (;ierc usw. wird gelegentlich nebenher gedacht. Abgesehen von dem Studium Lockes handelt es sich off'enbar durchweg um Orientierungen nach dem Abschluß der eigenen Lehre. Es bleibt also bei dem, was friiher über die Entwicklung Berkeleys zu sagen war.

So ist der weite, leider auch für den Leser mühsame Weg zurück- gelegt, der zu einem Verständnis des wissenschaftlichen Tagebuchs von Berkeley fuhrt. Durchweg hat die Analyse der in ihm niedergelegten Gedankenreihen die Hypothesen bestätigt, die Lorenz aus seiner Unter- suchung des Manuskripts erschlossen hat. Darüber hinaus ergab sich, daß die ersten sachlichen Eintragungen (II XXIII) Diskussionsthesen von einem

13*

100 Erdmann:

Anfängerstandpunkt aus ergeben, der noch nichts von den Gedanken des Immaterialismus erschauen ließ. Aus dem Chaos der späteren Aufzeich- nungen (i 917), das in Fräsers Ausgaben vorliegt, ließ sich dagegen ein von der Idee des Immaterialismus aus fortschreitender, wenn auch, wie selbstverständlich, nicht gleichmäßig stilisierter Gedankenaufbau heraus- arbeiten. Auch sein Bestand bestätigte durchaus Lorenz' Hypothesen über die ursprüngliche Konstitution des Manuskripts und ließ diese Aufzeichnungen als Bestandteile eines wissenschaftlichen Tagebuches erkennen, das aus- schließlich für den eigenen Gebrauch des Philosophen bestimmt war.

Der Ursprung der leitenden Idee des wissenschaftlichen Tagebuchs fand sich in einer religiös motivierten Umdeutung der emxiiristischen Lehren Lockes. Sie zeigte Berkeleys Lehre als das Elndglied einer das ganze 17. Jahrhundert in mannigfachen Formen durchziehenden Reaktion gegen den Rationalismus der spätscholastischen und der neueren Philosophie. Berkeleys Abstraktionstheorie ließ sich nach ihrer diu-chweg kritischen Funktion als Folgebestimmung der Idee des Immaterialismus feststellen; die überlieferte Annahme ihres Einflusses auf den Ursprung von Berkeleys Philosophie zeigte sich als Irrtum. Reichhaltig waren die ergänzenden Auf- klärungen des Tagebuchs über die Vorgedanken Berkeleys zur Theorie der Kausalität, zum Begriff der Existenz überhaupt, sowie insbesondere zu den Lehren von den endlichen Geistern, ihrer Identität, ihrer Substantialität und ihrem Verhältnis zu Gott.

Aus dem allen ergab sich im wesentlichen folgendes. Berkeley war kein repräsentativer, synthetischer Geist wie Piaton oder Kant. Augustin oder Thomas von Aquino. Descartes oder Leibniz. Hegel oder Comte. Er vereinigte nicht die geistigen Strömungen seiner Zeit, sondern er rea- gierte kritisch gegen deren rationalistische Denkweisen und die ihnen ent- stammende Naturauffassung aus religiösen Motiven. Er gleicht in dieser Hinsicht bei aller Verschiedenheit des Milieus und der Individualitäten Spinoza, Fichte oder Schopenhauer, ihnen ebenbürtig in der Originalität der Gedankenführung, in dem Scharfsinn seiner Dialektik, in der Un- erschrockenheit, mit der er die paradoxen Konsequenzen seiner grund- legenden Überzeugungen zieht, jenen dreien, wie schon früher anzudeuten war, entgegengesetzt nur darin, daß nicht das ethische, sondern das religiöse Bewußtsein in christlicher Färbung, ähnlich wie bei Pascal und Malebranche, die Triebkraft seiner Deduktionen ausmacht, sowie darin, daß sein Denken

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. 101

urspnmglich durchaus im Fahrwasser des Empirismus verbleibt. Anziehender als alle die Genannten ist er dtirch die Urwüchsigkeit, mit der, trotz aller Abhängigkeit von Locke, seine Lehre innerstem Erleben entquillt. Anziehend dadurch vor allem der Berkeley des Tagebuchs.

Eine Schule komite solcher Lehre nicht erstehen. Antreibend aber hat sie wie nur wenige gewirkt. Das bezeugt ihr schon eingangs skizzierter Einfluß auf die flntwicklung der englischen Philosophie von Ilume, Th. Reid, Priestley bis hin zu Stuart MiU, sowie auf die erste Entwicklung des fran- zösischen Positivismus ungleich stärker, als unsere landläufigen Darstellun- gen der Geschichte der neueren Philosophie erkennen lassen. Und so gern Berkeley sich auf die Übereinstimmimg seiner Lehre von der Außen- welt mit dem common sense benift: der Gegensatz, in dem sie zu dem naiven Realismus des gesunden Menschenverstandes steht, hat sehr viel melir als die von solchem Verstand getragene Lehre Lockes die Erkenntnis- theorie zur Gnmdwissenschaft der theoretischen Philosophie gemacht. Wie viele fruchtbare Keime zu erkenntnistheoretischen Problemen in Berkeleys früher Entwicklung vorhanden waren, hat hoffentlich die vorstehende Analyse seines Tagebuchs aufgewiesen. Nicht weniger bahnbrechend sind seine psychologischen Leistungen. Alle Ansätze zur introspektiven Assozia- tionspsychologie, die von Ilartley und Hume ausgebildet wurden, sind schon in seiner feinsinnigen Suggestionslehre enthalten mid haben ohne Zweifel speziell auf Hume nachhaltig eingewirkt. Und nie wird seine metaphysische Gnmdüberzeugung aufhören, die Herzen derer zu gewinnen, die nur in einem religiös zentrierten Weltbild Befriedigung empfinden. Selbst seine Naturauffassung darf nicht lediglich als das Musterbild einer auf den Menschen als Mikrokosmos bezogenen Teleologie ausgedeutet, und noch weniger lediglich nach ihren wissensfeindlichen Konsequenzen bewertet werden. Bei all ihrem Gegensatz gegen die Auflösung des Glaubens in der Vernunft, die das Freidenkertum seiner Zeit predigte: wo ist der alte Gedanke von der Natur als der Sprache, in der Gott zu allen Menschen jederzeit geredet hat. reicher und tiefer ausgebildet als bei Berkeley? Die Idee also einer Vernimftreligion, die jedem jederzeit gegenwärtig ist? Sie ist in seiner Fassung doch nur die rehgiöse Kehrseite der Meinungen, die in fortschreitender Ablehnung den religiösen Glauben aufhoben, um die Vernunft freizumachen. Und noch etwas ganz anderes. Nach Abzug dieses religiösen (irundzugs und jener wissensfeindlichen Tendenzen bleibt

102 P^RI>M A N N :

schon bei Berkeley in ausgesprochenster Weise die rein phänomenologische Betrachtung des Naturwissens übrig, die gegenwärtig in der mathematischen Physik zu weiter Verbreitung zu gelangen scheint.

Bedarf es einer Entschuldigung für den Umfang der Arbeit an einem entlegenen Punkt der philosophischen Gedankenwelt: ich nehme sie auf Grund solcher Einschätzung der Persönlichkeit und ihrer Leistung für mich in Anspruch.

Berkeleys Philosophie im Lichte seines loissenschaßlichen Tagebuchs. 103

Anhang I Sachliche TextdiflTerenzen in Fräsers Ausgaben'

AIV S.: 420 Trifling for the philosophers . . . (386)

Pbilosophers (I mean gentlemen). Experimental . . . (389)

of gold, &c, tbat . . . World, as well as that shamefuU . . . (394) , i.e. object,iininediateobject,ofthought.

(411) 424 . . . inath[ematicians] . . . perhaps notbing at aU. (433)

of motion and those . . . this new to me. (479)

But thea all abstract ideas . . . con- ceive a general idea . . . abstract one idea . . . (484)

collection of ideaa . . . Of general body no idea. (500)

420

421

422

429

430

43«

17

18

432 General ideas cause ... (513)

433 . . . as I have proved in green. (515) 435 ... if a man use y" in a ... (534)

435 . . . besides ourselves, & order praece- daneous is the knowledge . . . (537)

436 . . . for me against general ideas . . . (545)

436 , . . general ideas. These include . . .

s. 9. c. 7. (550) 439 . . . staad for general ideas . . . (581)

21

21 *4

24

25 25

BIS.:

7 Trifling for the [naturaljphilosophers... 8 Philosophers. I mean . . . gentlemen.

Eiperimental . . .

8 of gold, that . . . world, and that sbame- full . . .

9 i. e. an object immediate object of thought.

2 Math[ematicians] . . . perhaps mean no- thing at all.

. . . of motion and of those . . . this is new to me.

. . . But then all ideas ^ . . . conceive an abstract general idea ... abstract one concrete idea . . .

. . . collection of concrete ideas . . . Of general abstract body we can have no idea.

Abstract ideas cause ... . . . as I have pix)ved. S. Anhang II ... if a man use words in a ... . . . besides ourselves & order, praece- daneous. To the knowledge . . .^ ... for me against abstract general ideas' . . .

. . . general ideas. Abstract ideas in- clude ... c. 7. s. 9. . . . stand for abstract general ideas . . .

29

' Die willkürlich in Fräsers Ausgabe B zugefügten oder veränderten Worte sind hier gesperrt gedruckt. Maßgebend also bleibt der Text von A. Nochmals sei daran erinnert, daß die den Eintragungen von A IV in Klammern beigefügten Zahlen die von mir vor- genommene Numerierung geben. Die (L I. II) beziehen sich auf Lorenz' Korrekturen Ver- zeichnisse zu Fr. B im Mind N. S. XIII, 1904, S. 304 f. und im Arch. für Gesch. der Philos. XVIII. 1905, S. 555. Die wenigen Fälle, in denen es sich möglichenfalls um Druckfehler meist in B handelt, sind durch ein angehängtes [D.?] bezeichnet

' Hier war «all abstract ideas* geboten.

' Der Text Fräsers bleibt freilich auch ic B sinnlos. Den richtigen Text s. Anhang 11.

104

Erdmann :

A IV S. :

442 . . . Will is a power; [Uherefore] volition ... (613)

444 . . . homonymy in the word 'thing' apply'd tu ideas and volition, and under- standing and will. All ideas are passive volltions [er actions]. (634)

445 . . . perceived y' it was . . . (647)

445 . . . refrangible rays, . . . [the others], being . . . (654)

446 . . . make of general ideas . . . {657)

446 . . . stand for the Operations of ihe mind . . . (658)

447 ... do obtain of co-existence in na- ture of signification ... by including in morality. (669)

449 . . . eternity of Space the possibility . . .

(688) 451 . . . be the Image or like . . . (699) 45 1 ... lest offence be given there being but

one volition acknowledged to be God.

Mem. . . . (706) 455 ... brutes have the ideas Unity & Exist-

ence? . . . (739) 455 . . . necessary, that instead ... to know-

ledge, that without . . . (743)

457 ... i.e. may or maynot be called . . . (769)

458 . . . betwixt the volitions . . . one Act, distinguished ... is the spirit, operative prineiple, ... (779)

459 . . . existence x x x first Book. (782)

460 . . . ideas or not ideas . . . (793)

460 . . . things, or ideas, or actions but . . .

(794)

460 Idea is the object or subject of thought . . . 'Tis an act, i. e. volition. (798)

46 1 ... sense themselves as proceeding . . . (808) 463 . . . volitions & ideas cannot be severed

... (829)

U I S.: 31 ... Will is a power; [therefore] volition

34 . . . homonymy in the word thing, ap- ply'd to ideas and volition and under- standing and will. All ideas are passive*.

35 . . . perceived, i. e. y' it was . . .

35 . . . refrangible rays; [the others], being ...^

36 . . . make of abstract general ideas . . .

36 . . . stand for Operations of the mind ... [D..^]

37 ... do ohtain: of co-existence, in nature: of signification, by including, in morality*.

39 . . . eternity of Space and the possibi- lity . . . 41 ... be the image of, or like . . . 41 ... lest offence be given. Mem. ... [D.?]

45 . . . brutes have ideas o f Unity & Exist- ence? . . .

45 . . . necessary that, instead . . . to know- ledge, without . . .

48 . . . may not be called . . . [D. ?]

49 . . . betwixt volitions . . . one Act distin- guished . . . is the Spirit, i. e. operative prineiple, . . .

49 . . . existence (?) xxx First Book*.

50 . . . ideas or at least not ideas . . .

50 . . . things or ideas, or about actions; but . . .

5 1 Idea is the object of thought . . . 'Tis an act i. e. volition.

52 ... sense as themselves proceeding . . . 54 . . . volitions and ideas . . . cannot be

separated . . .

' In A ist hier angemerkt: »So in MS«, was unverständHch bleibt und nach Aiihang II irrig ist.

^ Also anscheinend der für Fräser unleserliche Schluß ausgelassen. Vgl. Anhang 11.

ä Anscheinend also Unleserliches, in B nicht mehr als solches gekennzeichnet. Vgl. Anhang II.

* Den richtigen Text s. Anhang II.

° Den richtigen Text s. Anhang II.

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschafllichen Tagebuchs. 105

AIVS.: 464 . . . than that of Des Cartes . . . (833)

464 . . . cause & why . . . absurditys. I say you . . . (838)

465 Those may more . . . (844)

467 .. . . say he or his mind . . . sun or ex- tended . . . wlthout his mind . . . (873)

468 Time, train of . . . (4)

468 . . . empty'd of intelligences. (23)

469 Nothing corresponds . . . ideas w*''out but ... (41)

471 ... minimum tangihile would look. (59)

. . . a blind [man] made . . . (97) . . . bodies being in rerum natura . . . parts, in . . . (98)

. . . are not disputes [D.?] . . . (158) 479 . . . number no simple . . . succession in them . . . (163) . . . complex and uncompounded . . . b. 2.

S.35- (174)

. . . greater extensions . . . lesser exten-

sions . . . necessary connexion . . . (178)

474 474

478

479

480

480 . . . but not an absolute, actual existence ... (182)

481 ... perceivable of the sight . . . (203)

482 Hereby meere men cannot . . . (205)

483 ... they See [extension]? (221)

489 . . . perceptions, and that a perception . . . perceiv'd ; that a thought . . . tbing ; that one . . . (280)

490 ... all a case (286)

492 . . . farther off, &c. (305) 494 . . . should be general ideas? (321) 498 An idea cannot exist unperceiv'd (382). 500 . . . mistaken, is [D. ?J asserting . . . (905) 500 . . . lose their Matter . . . (909)

500 . . . fnture philosoph. . . . (910)

501 The Materialists & Nihilarians need not be of a party. (917)

BI S.:

54 . . . than those of Des Cartes . . .

55 ... cause, & why . . . absurditys: you . . .

55 The physical may more . . . 58 . . . say he or his mind . . . sun, or is ex- tended . . . without mind . . .

58 Time is the train of . . .

59 . . . empty'd of all intelligences.

60 Nothing w"'out corresponds . . . ideas but ...

62 ... minimum tangibile would look in

Vision. 65 ... a born-blind [man] raade ...^ 65 . . . bodies existing in rerum natura . . .

parts in . . .

69 . . . are not disputed . . .

70 . . . number are no simple . . . succession to [D.?] them ...

71 . . . complex and compounded . . . b. 2. c. 23. s. 35.

71 ... greater t an gib le extensions ...lesser tangible extensions . . . necessary con- nexion . . .

71 ... but not an actual existence . . .

73 . . . perceivable by the sight . . . 73 Hereby meere seeing cannot ..." 75 ... they See extension?

80 . . . perceptions; a perception . . . per- ceiv'd; a thought . . . thing; one . . .

81 ... all a case of words.

83 . . . farther off.

84 . . . should be abstract general ideas? fehlt in B I.

91 ... mistaken, in asserting ...

91 ... lose their abstract or unper-

ceived Matter . . . 91 ... future nat. philosoph. ...

fehlt in BI.

Vgl. Anhang II.

PhiL-hist. Abh. 1919. Nr. 8.

14

106 Erdmann :

Anhang IL Textverbesserungen von Fräsers Ausgabe A IV nach Lorenz' Kollation.

Die in der Kolumne »Nr« stehenden Zahlen gehen Berkeleys Eintragungen mit Ein- schluß der beiden in B I fortgefallenen (AIV S. 498 Nr. 382 und 8.501 Nr. 917) in der Folge, die sich aus den im vorstehenden Text sicher verifizierten Hypothesen von Lorenz ergibt. Es finden sich demnach

Nr. I— XXIII bei Fr. A IV S. 23 und 25—26

1—382 . . , . 468—498 = Fr. B I 58—89

. 383 877 •> »■ » . » 419 468 = " 7 58

» 878 917 ...» 498 501 = » 89 92

» a f . » . . 501 502 = » 92

Die Zählung ist nach Anordnung und Beschaffenheit des Textes von Fräser keine endgültige. Die von Fräser unter seinem Text angemerkten Eintragungen, die am Rande der beschriebenen oder auf den sonst zumeist leeren Seiten des Manuskripts stehen, sind der leichteren Orientierung halber als 174a, 221a, 346a, 354a, 372a, 432a, 472a, 724a, 878a, 901a gezählt. Von den mitten im Text stehenden ist die in 413 eingefügte als 413 a bezeichnet; zwei andere, bei Fräser selbständig aufgeführte sind als 460 und 487 numeriert. Eine ganze Reihe von Randbemerkungen, die Fräser ohne Angabe ihies Orts im MS seinem Text eingefügt hat Lorenz hat sie in dem Handexemplar unseres Seminars kenntlich gemacht , sind gleichfalls, wo es sich nicht um bloße Textergänzungen handelt, selbständig gezählt; im Nachstehenden sind sie durch [ ] gekennzeichnet. Zwei bei Fräser an falschen Ort gestellte Eintragungen sind nach ihrem Ort im Manuskript als 602 und 761 gezählt Die von Fräser in ( ) eingeschlossenen Worte gehören allem Anschein nach durch- gängig dem MS an; wo bei [] in Fräsers Text diese Herkunft ausgeschlossen oder zweifel- haft war, ist dies im Nachstehenden angezeigt. Die von Lorenz im Mind und im Archiv f. G. d. Ph. (vgl. S. 103 Anm. i) veröffentlichten Korrekturen des Fraserschen Textes sind als (L. I, II) und (L. II) kenntlich gemacht: die zahlreichen Besserungen, die Lorenz in unserem Handexemplar gegeben hat, sind ohne Zusatz aufgeführt. Die Wortkorrekturen von Lorenz sind gesperrt gedruckt. Die irrigen Lesarten Fräsers sind nicht nochmals verzeichnet; der nachstehende Text gibt lediglich den von Lorenz berichtigten Wortlaut.

Fräsers Verlesungen in den beiden Statutengruppen (AIV 23 25 und 26 27) stelle ich nach Lorenz hier in Sperrdruck vorweg zusammen. Man lese Fr. A IV S. 24 Z. 15 u.: ... every member who . . .

» 13 " ... opinion of any member whatsoever . . .

- 4 » ... from the assembly be . . .

» 25 15 ... that each member ...

26 I u. . . . the second Junior speak.

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. 101

Berichtigungen und Ergänzungen zu Fräsers Text der Eintragungen Berkeleys

nach Lorenz.

Nr.

Fräser, Seiten AIV BI

»3 »5

468 58—59

I [Mem. . . . 1705]

n VI IV Whether discerning, remembering, knowing,

vacat comparing, compounding, abstracting, &c, be

simple ... 26 VII— XXUI X God Space. b2, 13, 26, & 15, 2.

XIjI . . . L. gives b. 2 c. 16 s. 4.

XV ... therefore complex ideas? (L. II)

XVI . . . be so very signal? (L. U)

XVII . . . we know [Phave] names for? (L. II: we (have?) names for).

XVm ... solved by Locke. (L. 11)

XXI . . . thinking, extension ... body, time can be conceiv'd and measur'd . . . no motion was, will is not free, &c. (L. II)

XXII ... involuntary tho' free? (L. II)

XXIII . . . by figures borrowed . . . I 23 7 a [Accedat huc suavitas quaedam oportet sermonum

atque morum haudquaquam mediocre condimentum amicitiae. Cic. de Amicitia.] 9 . . . intelligences. [13c. Matth. v. 22 & 30.]

. of m o t i o n shews . . .

. Adam, rise of idolatry, rise of . . . (L. I, II)

is] encreas'd & ... (L. 1, 11)

visible, or [abstrahible or] both?

to a Blind at first . . .

specifically distinct, ...

w"^ must be less . . .

idea diminishable arl infinitum.. (L. I, II)

in State of . . .

a blind made . . . distance y' he had . . . 100 [The trees . . . seeing them.] looa The swiftness or slowness of motion depends on our Ideas, it does not therefore foUow that the same force can impell a body over a greater

' Die eckige [ ] in 37 : Extension . . . contradiction bei Fr. bezeichnet vielleicht keine Randbemerkung.

' Ebenso die [] in 53: Succession ... idea, in 54: Visible ... same, in 57: Extension ... 'em]?

14*

»5

17

469

59—60

24—41 '

470

60— 6i

4»—

47«

61—62

5«-67'

54

55 62 .

47a

62—63

68 80

70 . 73

'

75

473

63-64

81—94

84 .

474

64—65

95— >03

97

108 Ekdmann:

Fräser, Seiten Nr..

AIV BI

or less Space in proportion to slowness or swift- ness of our ideas. loi . . . blind would '

1 02 a The reason explain'd why we see things erect their images being inverted in the eye.

475 65 66 104 120 103a Nvimber not without the mind in anything,

because 'tis the mind by considering things as one that makes complex ideas of them, 'tis the mind Combines into one, which by otherwise considering its ideas might make a score of w' was but one just now.

105 ... solidity not perceived ... (L. I, II)

III ... power L., b. 2 ...

117 ... duration? See Locke ...

1 20 Blind at i»*

476 67 68 121 138 137a Preliminary discourse about singling and

abstracting simple ideas.

477 68 69 139 153 143a [This true on . . . the will.]

144 a W should we think of an object plac'd as in the difficulty if we saw it clearly.

145 a According to Locke we have not liberty as to virtue and vice, the liberty he allows consisting in an Indifferency of the operative Faculties which is consecutive to the will, but virtue and vice consist in the will, ergo &c.

478 69 70 154 162 157 ... the progression of Wills ...

159 ... A man must not onely . . .

479 70 71 163 175 172 ... sensible. The reason's piain. Hence . . .

173 [The grand ... we have not]

1 74 a [Omnes ... eh. 8]

480

71—72

176 191

481

72—73

192—203

482

73—74

204 214

193 [Qu. whether . . . Will?] 205 Hereby meerly men ... (L. I, II) 207 . . . great angle, faintness . . . 483 74 75 215 223 2i8a We seem to have clear & distinct ideas of

large numbers v. g. 1000 no otherwise than by considering "em form'd by the multiplying of small numbers. 22ia ... See [distance]. Die bei Fr. B I in 221 ... [extension] fortgefallene Klammer macht unklar, daß distance Verbesserung für extension ist.

' Das [man] scheint erläuternder Zusatz Fräsers zu sein.

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschafllichen Tagebuchs. 109

Fräser,

Seiten

Nr.

AIV

BI

484

75—76

224 231

485

76—77

232—247

486

77—78

248—257

487

78—79

258—266

489

80—81

278—284

490

81

285—294

491

492

493 494 495

496

497

498

82

83

295—301

302—309

83—84 310—319

84—85 320—334

85—86 335—346

86—87 346 a— 359

87—88 360—373

88—89 374—382

253 . . . homely, and to think . . .

282 ... Sense Collections of thoughts & Collections . . . 285 ... should disaver the ... . 289 [The great . . . quality.] 292 [Finiteness . . . geometers.]

294 . . . Combinations of thoughts; & Combinations . . .

295 [Bodies . . . body, &c.]

298 a pittle extension by distinction made great.] 302 ... & pomp' of ... of Stile, having ...

(L. I, n)

304 ... be a partial cacse of the phenomenon . . . is less in the horizoa.

305 [We judge ... off, &c.] S. Anhang I. 310 [We think ... objects.J

334 a [Newton in sad plight about bis Cave intellexeris

finitas] 346 a [or rather . . . exist] 354 a [By excuse . . . to us.] 358 [Nor can . . . ideas] 361a If uneasiness be necessary to set the will at

werk. Qu. How shall we will in Heaven. 36 1 b Malbranche's & Bayle'.s arguments do not seem

to prove against Space but only Bodies. 363 . . . but that w" look'd . . .

367 [Qu. wether I had . . . understanding?]

368 [The taking . . . mind.]

369 [I see . . . Nihilarians.]

370 [The foUy . . . uses.]

372a [Extension without ... abstraction.j zu 372: Extension . . . mind

373 . . . the Focus's of glasses . . .

374 [Sir Isaac . . . indivisibles]

375 ... vessels if matter . . .

376 . . . acts. I know it by . . .

377 [Mathematicians . . . parts.]

378 [The mathematicians . . . mind.]

382 An idea cannot exist unperceiv'd. (S. Anhang I.)

' So auch bei Fr. AI S. 437.

110

Ek DM A NN :

Fräser,

Seiten

Nr.

AIV

BI

419

7

383

420

7-8

384—394

390

. his principle; I . .

421

8-9

395—410

394

. as well as of that

422

435

436

437 438 439

9 10 411 424

423

11

425—433

424

12

434—443

425

13

444—449

426

14—15

450—457

427

15—16

458—463

428

16 17

464—474

429

17—18

475—484

430

18—19

485—496

431

19 20

497—505

432

20 21

506—516

433

21 22

517—523

434

23—24

524—531

24—25

532—542

25—26 543—552

26—27 553-564 27—28 565—574 28—29 575-584

413a... percipere [or velle, i. e. agere] The horse . . . 421a ... exist [making thought to be active]

432 a . . . have [That need . . . and idea]

433 . . . of the math. the length . . .

436 . . . for defining it [motion] erläuternder Zusatz von Fräser?

450 ... one, a receiv'd one ... 460 [According to my doctrine all are . . . other doctrine].

463 ... I mean a Cartesian, why ... (L. I, H)

464 [Or rather . . . mind]

472 a [This I do not altogether approve oC]

475 . . . Huygens, &c. may be . . .

480a [Power no simple Idea it means nothing but

the Relation between Cause & Effect.] 487 [It should . . . uninteUigible]. 499 ... shall discern an . . . 505 ... sensible quality. These ... 515 ... I have proved in Green. (L. I, II) 523 ... bodys, mem: to reflect ... 525 ... The distinction betwixt entia realia ... 530 ... in study ing the . . . 537 ... & even praecedaneous to the 539 a Mem. . . . Locke, [it is of y* Reality of

Knowledge] 546 . . . But f ew or none . . . 548 . . . [Forasmuch as] to be used.' Die Klammer

schon bei Berkeley. 558 ... to be noted as ... 571 ... 'that & thing' ... (L. I, II) 575 ... from white. Das bei Fräser angeschlossene:

»men x x bildet den Anfang einer selbständigen

unleserlichen Eintragung (575a), die nicht mit men

anfängt. (L. II) 582 . . . on this: viz. 'The whole ...

Die Eintragung ist zur vorhergehenden: -A foot ... points- als zu ihr gehörig

gezählt.

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenscltafllichen Tagebuchs. 111

Fräser, Seiten Nr.

A IV B I

440 29—30 585—596

441 30—31 597 610 60 j Unter dieser Nummer ist »[It is not so . . . or

act] gezählt, dessen Ort im Manuskript bei Fräser verschoben ist. Also 601 : The act . . .

607 The understanding . . . will. This allow'd here- after sind als eine Nummer gezählt.

609 . . . Hylarchic . . . 44J 31 3a 611 625 613 ... power; therefore volitioii is . . . So im

Manuskript.

615 ... thinking, not active. (L. I, ü)

624 bodies betwixt those ... (L. I, ü) 443 32 33 626 633 626 a "Tis folly to define volition an act of tbe mind

ordering. For neither act nor ordering can them- sclves be understood without volition.

628 . . . there must be . . .

631 ... or infinitely greater.

634 . . . volition, understanding and will. All ... volitions are active. (L. I, II)

649 . . . idea of y' Will . . .

654 . . . rays, . . . ', l)eing . . .

656 a S. If by idea you mean object of the Under- standing, then certainly the will is no Idea, or we have no idea annext to the word will.

669 ... of signification or including or linking, (?]" by including in morahty.

673 . . . of w' one never acted, &c.. solv'd therebv. (L.I,ID

677 . . . for the using . . .

679 [Un second . . . bodies]

706 ... understanding I must call 724a [This seems ... negation.]

749 a M. Why I use not the word thing instead of Idea? Introd.-*

' Die . . . bezeichnen bei Fr. hier Unleserliches, [the others] ist Zusatz von Fräser.

' or including or linking nach Loi-enz zweifelhaft.

' Der Satz »Useful to inquire . . . occisioiis« ist selbständig, als 747 gezählt.

444

33—34

634—644

445

35

645—654

446

36

655 661

447

37—38

662 672

448

38—39

673—681

449

39—40

682—689

450

40—41

690 698

45»

41—42

699- -7 10

452

42—43

711— 717

45i

43—44

718—726

454

44—45

727—737

455

45—46

738—745

456

46—47

746—760

112

l

Erdmann:

Fräser,

Seiten

Nr.

AIV

BI

457

47—48

761—770

761 Sensual j

iure . . . demonstrated. Der Ort im Manuskript ist bei Fräser verschoben. Also Qu. . . . points = 762 763 ... [b. 4 c. 8] Zusatz Fräsers ? 767 a Agreeable to my Doctrine of Certainty. He that acts not in order to the obtaining of etemal Happiness must be an infidel, at least he is not certain of a future Judgment. 458 48 49 771—782 779a So gezählt die offenbar selbständige Schluß-

bemerkung bei Fr. 779: No mention ... a party. ^^g ^g 50 783 791 782 . . . existence at least in the first book. (L. I, II)

783 a [Also of non-coexistence as Gold is not blue.] Hinter stone ' einzuschieben ?

460

50—51

792 800

461

51—52

801—814

462

52—53

815—822

463

53—54

823—831

819 . . . made on y ^ word . . .

825 a Treating of Matter I had better say the Pro- portion & [Beauty ?] of Things than their Species (w°'" Locke hath proved already) are the work- manship of the Mind.

827 ... is omniscient, omnipotent, &c. (L. I, II)

827 a One great cause of Miscarriage in Men's affairs is that they too much regard the Present'.

828 ... wish J. S. that ...

464 54 55 832 840 832 . . . Epist. I » ad . . .

836 ... & will &c. in

465 55 56 841 852 848 ... their discovery. (L. I, H)

466 56—57 853—867

467 57- 58 868 877 872a One simple Idea can be tlie pattem or re-

semblance only of another. So far as they differ one cannot resemble the other.

874 .. . , De Id. In. ...

875 ... mind as we do Hunger not ... (L. I, II)

498 89 878 887 878a [These arguments ... Treatise]

887 . . . passive reception or . . . (L. I, II)

499 89 90 888 900

500 90 91 901 912 901a [to the utmost ... perfection]

904 Innumerable vessels if matter. V. Cheyne. [L. n.] So auch (375)

' Die unmittelbar zusammengehörigen Bemerkungen : Some ideas . . . But . . . essen tial« sind als eine Eintragung (830) gezählt.

BerMeys Philosophie im Lichte seines wissenscJuiflUchen Tagebuchs. 113

Fräser, Seiten Nr.

AIV BI

907 912 [] "In diesem Fall ist die linke Seite vielleicht nicht lür nachträgliche Zusätze benutzt, sondern (da der zur Verfügung stehende Raum sich dem Ende zuneigt) gleich von vornherein für die laufenden Notizen« (Lorenz im Handexemplar des Seminars). 501 91 92 913 917 913 [The mathematicians ... neighbours]

913 a I can Square the circle, & they cannot which goes on the best principles. Fräser hat seinem Abdruck des wissenschaftlichen Tagebuchs noch sechs Eintragungen Berkeleys angefugt, die sich, wie er A IV bemerkt, in einem anderen Band des Berkeley- Nachlasses finden.' Lorenz berichtet nichts Weiteres über diese Sätze, die Fräser in B ohne Angabe ihrer Herkunft dem Tagebuch angefügt hat. Ich füge die Korrekturen von Lorenz zu diesen Eintragungen (Nr. a . . . f) bei.

501 a, b a . . . before, set my . . . and enjoy myself with . . .

b ... better relish and exacter knowledge . . .

502 c f c ... would win another ...

e ... is o n him . . . Der Erläuterung oder Verbesserung bedürftig ist der Wortlaut bei Fräser in den nachstehenden Eintragungen :

475 66 114 'Of and 'thing' causes of mistake Vgl. 652 : The

referring ... in this. Anders 571: Say you ... with US. 477 68 140 .K. B. ... t'other? Wer mit A.B. hier sowie

in 155 und 162 gemeint ist, weiß ich nicht zu sagen. . . . be solid that . . . lies: . . . be solv'd that . . . . . . \ad infiniturn] . . . Irrtümliche Erläuterung oder

verlesen von Fräser? . . . tarn . . . quum . . . lies : ... tam . . . quam . . . . . . Principles. lies (?) Principle. Aber vgl. 308. Die eckige Klammer im MS'.' ... in intellectum lies in intellectu. ... all XXX of . . . Gemeint ist offenbar ... all suppositions, oder conjectures, oder thoughts of . . . 438 38 57 I ... perception, not that . . . lies . . . perception, but

that . . . 448 38 681 [instance] Konjektur von Fräser?

457 47 763 [b. 4 c. 8] Zusatz von Fräser?

Nachtrag 475 66 110 ... colour? [The mob .... Schools]

487

78

260

4§8

79

268

496

87

352

420

8

393

423

II

43*

427

15

459

434

»3

5*9

' Zu Fräsers Beschreibung dieses Bandes (A FV S. XII f.) vgl. die Berichtigung von Lorenz im Arch. f. 6. d. Ph. XVII, 1904, S. 159 f.

Phil.-hv,t. Mh. 1919. Nr. 8. 15

114

EeDM ANN ;

Anhang in Im Text angeführte Tagebuch- Aufzeichnungen'

Nr. I

IV

XX

I

2

3

5 6

9 9a 10 12

13 18

19 20 21 22

23 24

25 26 27 28 29 30 31 34 35 37 41 44 46

s.

Nr.

S.

Nr.

S.

Nr.

S.

Nr.

20

47

46

286

71

424

58

552

23

50

46

288

57

425

92

553

23,77

52

68*

[289]

57

426

58

556

29

53

55, 56*

290

57

431

55

560

29

55

55*

293

47

433

96

561 1

29

75

54

[295]

69

446

78

567

30

81

46, 68*

302

37

457

69

568

29

86

54

307

47

458

74

569

29

91

46

308

47

465

86

570,1

29

109

56*

320

96

466

87

573

29

130

78

321

57

467

83

574

29

^33

54

322

57

471

58

576

30

137a

54

336

96

473

77

580 :

30

150

71

342

68

477

58

584 i

30

170

54

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57,97

479

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607

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[173]

71

[367]

72

[480 a]

78

615 !

55

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71

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58

626 1

30

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83*

[370]

96

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55

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68

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96

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96

485

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16,83

[487]

87

640 1

30

199

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56

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[413a]

32

537

72

66 1

67, 89*

272

56

417

77

541

47,66

664

68

279

32

418

79

542

59*

665

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282

69

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545

60

666

46

285

47

[421a]

73

551

94

670

82

59 42 93 74 86

73 86

87

93

70

60*, 94

83 . 67 89 66 98 87 87 73,90 84 83*, 84* 83 89 74 87 87 71 73 89

73

73,90

42

Von den mit einem Stern * versehenen Nummern sind nur einzelne Wendungen zitiert.

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschafllichen Tagebuchs. 115

Nr.

673 680 681 685 692 694

695 705 706 707 709 713 715 723

s.

Nr.

S.

Nr.

S.

Nr.

S.

Nr.

84

726

98

779

88

835

88

897

60

728

81

781

88

836

90

900

60*

736

90*

782

74

854

94

901

90

737

»5

797

93

856

96

[901a]

78

743

59.9<7

798

90

858

90

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88

744

91

800

81

859

90

906

59

747

79

802

69

866

92

914

88

750

97

804

88

870

72

915

70

759

97

817

43

872

89

916

88

760

97

818

88

875

18*

917

93

762

98

819

88

876

18*, 20

d

94

768

90

821

81

877

18*

f

59

770

60,84

823

90

[878 a]

21

59

771

78

829

90

892

-67*

s. 32

97 97 97 97 97 22 22 16*, 22 16. 32 34

\h*

l\Q E R D M A N N" :

Anmerkungen.

(1) S. 9: Man vgl. G. Misch, Zur Entstehung des französischen Positivismus im Arch. f. Gesch. d. Philos. XIV, 1901, S. 19?. .1. Priestley, An Examination of Reid's Inquiry, Beatties Essay on . . . Truth and Oswalds Appeal to Common Sense . . . London 1774. insbesondere S. 60 f., 146 f., i54f.

(2) S. 10: The Fortnightly Review N. Ser. Vol. X, 1871, S. 505 f.

(3) S. 10: Man vgl. die verfehlte Einordnung in J. E. Erdmanns sonst so sorgsamem Versuch einer wissenschaftlichen Darstellung der Geschichte der neueren Philosophie II 2. S. 173 f. und 11 I, S. 162 f., die verfehlte Konstruktion in Kuno Fi.schers unhistorischer Ent- wicklungsgeschichte der Erfahrungsphilosophie, die Darstellung in Überwegs Grundriß III", 1914, S. 206 f., S. 211 f., sowie die rationalisierende, ganz in den Gedankenkreis des Cohen- Natorpschen Neukantianismus eingeschnürte Arbeit von Erich Cassirer über Berkeleys System, Gießen 19 14.

(4) S. 10: In der sonst vollständigeren, sorgsamen Ausgabe der Werke Berkeleys von George Sampson (London 1898, Neudruck 1908) fehlt das Tagebuch.

(5) S. 1 1 : "Wiederabgedruckt bei Sampson in der Einleitung zu Bd. I der eben zitierten Ausgabe.

(6) S. 12 : Fr. A IV S. 27, 34, 419. Lockes Essay ed.Fraser, Oxford 1894, 1, S. CXXVI. Fr. D S II. Fr. B I S. XXVIl.

(7) S. 13: Fr. A IV S. 30, 27—30, 34—35-

(8) S. 13: Fr. B I S. XXVII, 1—7—92-

(9) S. 15: Mind, New Seiies XI, 1902, S. 249^ Archiv für Geschichte der Philo- sophie XIII, 1900 und XIV, 1901. Mind, N. Ser. XI, 1902, S. 435. Mind, N. S. XIII, 1904, S. 304 f.

(10) S. 15: Archiv f. G. d. Ph. XVffl, 1905, S. 551 f.

(11) S. 17: Man vgl. auch Swift B. Johnston in den Proceedings of the Royal Irish Academy, III. Ser., Vol. VI, N. 2, 1901, in dem Aufsatz: Supposed Autograph letter of Bishop Berkeley in the Library of the Royal Irish Academy. Über die geplante Ausgabe des wissenschaftlichen Tagebuchs hat Lorenz in dem Handexemplar von Fr. A IV des Berliner Seminars vermerkt: »Da ich noch nicht weiß, wann oder ob ich in die Lage kommen werde, eine Neu-Ausgabe des Commonplace Book auf Grund einer neuen Abschrift des Original- manuskiiptes Berkeleys zu veranstalten, so mögen inzwischen diese (in das genannte Exemplar von Fr. A IV eingetragenen) Korrekturen dazu dienen, der wissenschaftlichen Arbeit einen der Fassung des Manuskripts wenigstens näher kommenden Text zugänglich zu machen. Denn ich muß hinzufügen, daß es mir in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich war, dasselbe in strengem Sinne .Wort für Wort' mit Fräsers Ausgabe (1901) zu vei^leichen. -

(12) S. 19: Mind, N. Series XIII, S. 305 und Archiv f. G. d. Ph. XVIII. S. 555/6.

Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuchs. 117

(13) S. 22: Vgl. Fräser A I 133 und B I XXXV, sowie die Berichtigung von Lorenz im Mind N. S. XI, 1902, S. 250, derzufolge das -our Society« in der Widmung des Treatise nicht das Trinity College, sondern die 1707 rekonstruierte Dublin Philosophical Society bezeichnet. Daß Berkeley dem Lord, wie die Widmung des Treatise besagt, damals noch nicht persönlich bekannt war, widerspricht Lorenz' Berichtigung natürlich nicht.

(14) S. 22: Nach der Mitteilung aus den Percival Manuscripts im Seventh Report of the Royal Commission on Historical Manuscripts, Part I, London 1879, S. 232.

(15) S. 22: Fräser D S. 68.

(16) S. 23: Daß bei diesem Museum nicht eine selbständige Sammlung des Vereins in Frage kommt, ergibt sich anscheinend daraus, daß die Bibliothek »at that time (1704) served as a Museum«, in dem außer einem Herbarium einige Seltsamkeiten enthalten waren (The Book of Trinity College 1591 1891 ... presented by the Provost and Senior Fellows, Belfast 1792, S. 151, 49). Vgl. im Text S. 25f.

(17) S. 24: Fr. A m S. 43, verbessert A IV S. 52.

(18) S. 24: SwiftB. Johnston in der Dubliner Zeitschrift Hermathena Voi.XI. 1901, S. 180.

(19) S. 26: So auch in Fräsers Ausgabe von Lockes Essay, Oxford 1894, I, S. CXXVI.

(20) S. 26: Demnach ist die Dublin Society von WiUiam Molyneux, »the patriot and friend of Locke«, der als geistig hochstehendei-, philosophisch und naturwissenschaftlich intei-essierter Jurist in Dublin lebte, 1683 gegründet und von ihm als ei-stem Sekretär erfolg- reich geleitet worden, «until the political disturbances of 1687 1690, by banishing its niembers, put a stop to its meetings. In 1692, Molyneux brought about a reconstitution of the society, but it had not sufificient energy to survive his death in 1698 (vgl. Fr. A IV S. 21 f.). Towards the close of 1 707 the Society was revived, and the post of secretary was passed on to the son, Samuel Molyneux (vgl. Fr. A III 43 mit der Korrektur A IV 52), then an undergraduate in Trinity College.«

(21) S. 27: Vgl. auch die überraschende Zusammenstellung bei Fräser D S. 1 1 : »It enables us to watch Berkeley when hc was awakening into intellectual life, in Company with Hobbes and Newton and Locke, Descartes and Malebranche.« So nicht nur in dem monströsen Buch von Kuno Fischer über Fr. Bacon und seine .Schule 3, 1904, S. 457, sondern fast durch- gängig, selbst noch bei W. Raab in seiner Übersetzung des Alciphron, Leipzig 191 5. S. VI. Man vgl. dazu die Angaben über Descartes, Hobbes, Boyle und Malebranche gegen den Schluß der vorstehenden Untersuchung.

(22) S. 29: Aus den Percival Manuscripts bei Fr. D S. 71.

(23) S. 29: Beardsley, E. Edwards, Life and Correspondence of Samuel Johnson», New York 1874, S. 72. Fräser konnte den Brief schon A IV S. 177 veröffentlichen.

(24) S. 29: Fr. A IV S. i77f.

(25) S. 30: Beardsley, a. a. 0. S. 74.

(26) S. 33: Schon Beardsley hat (S. 68 f.) hierfür auf den Anfang des Alciphron hin- gewiesen. Man vgl. auch ebenda S. 202 sowie die Tagebucheintragung Nr. 549.

(27) S. iy. Lorenz im Archiv f. G. d. Ph. XIV, 1901, S. 298 f.

(28) S. 34: Vgl. im Text S. 29 f. Man vgl. auch Fr. D S. 72 die Äußerungen über die mosaische Sehöpfungslegende, sowie wiederholte Berufungen im Tagebuch (281, 313, 342, 385. 387, 388, 394. 713)-

118 E li I) M A N N :

(29) S. 34 : G. V. Lechler, Geschichte des englischen Deismus, Stuttgart und Tübingen 1841, S. i94f. und Fox Bourne, The Life of John Locke ü, 1876, S. 4i5f.

(30) S. 34: Über Shaftcsburys Schriften s. Chr. Fr. Weiser, Shaftesbury und das deutsche Geistesleben, Leipzig-Berlin 1916, S. 554.

(31) S. 34: Treatise § 102 f; Dialogues bei Fr. AIS. 304f.

(32) S. 36: Man vgl. auch die Beziehung auf den Platonischen Gorgias in dem zweiten der Essays in the Guardian, Fr. A III 148, der den wohl sicher von Berkeley stam- menden zugehört.

(33) S. 36: «I do not deny the existence of the sensible things which Moses says were created by God. They existed from all eternity in the Divine Intellect; and then became perceptible (i. e., were created) in the same mannei- and order as is described in Genesis« (Fräser D S. 72). Man vgl. insbesondere die Schlußerörterung im dritten Dialog zwischen Hylas und Philonous.

(34) S. 38: Man vgl. die zusammenfassenden Nachweise von Gl. Baeumker, Der Piatonismus im Mittelalter, München 1916.

(35) S. 39: J. Freudenthal, Beiträge zur Geschichte der englischen Philosophie im Archiv f. Gesch. d. Philos. VI 1893, S. rgof., 38of.

(36) S. 39: Die Schrift von Ferris Greenslat: J. Glanvill, A Study in English Thought and Letters of the seventeenth Century, New York 1900, ist mir leider nicht zugänglich gewesen.

(37) S. 39: Aus den Mitteilungen bei Fräser A IV 44 über das »hardly remembered- Werk von Richard Burthogge, An Essay upon Reason and the Nature of Spirits, London 1694, ergibt sich nur eine Art Phänomenalismus.

(38) S. 40: Locke, John, Works in ten Volumes" X, 1812, S. 247f., 283^

(39) Ss40: Vgl. Fräser A IV, S. 62 f und S. 239; Percival Letters, a. a. O. S. 239; Fräser D, S. loaf. ; sodann die Bemerkungen von Thomas Reid in seinen Essays on the Intellectual Powers of Man II. eh. X sowie Hamiltons Anmerkung in dessen Ausgabe von Reid's Works, Edinburgh 1863, S. 287.

(40) S. 40: Emmy Alard, Die Angriffe gegen Descartes und Malebranche im Journal de Trevoux (Abhandlungen zur Philosophie und ihrer Geschichte, hrsg. von B. Erdmann, Nr. XLIII, 1914, S. 44f.).

(41) S. 42 ; s. Fräser D S. 73 f. aus den Percival Lettei-s.

(42) S. 42: So auch in den späteren Briefen von Johnson bei Fr. A IV S. 177, 179.

(43) S. 42: Fr. B III S. 410. Die Tagebuchbemerkungen (653) und (658) stehen isoliert; man vgl. zu ihnen Lockes Essay III 7. § 4.

(44) S. 42: Im Tagebuch (723 f.) Man vgl. die Bemerkungen über Algebra am Schluß diesei' Abhandlung und Berkeley, Treatise § 19 f., Alciphron VII § 5.

(45) S. 42 : Fr. A III S. 62.

(46) S. 44: Man vgl. Cl. Baeumker, Zur Vorgeschichte zweier Lockescher Begriffe 11 im Arch. f. Gesch. d. Philos. XXI, 1908 und den Nachtrag, a. a. O. XXII, 1909, sowie B.s Abhandlung: tlber die Loekesohe Lehre von den primären und sekundären Qualitäten, Fulda 1908. Das Ergebnis dieser sorgsamen Quellenuntersuchungen wird besonders deutlich, wenn die Geschichte der Termini ^ on der Entwicklung der durch sie bezeichneten Lehr- meinungen geschieden wird.

Berkeleys Philosophie i?n Lichte seines wisse iischaf dich en Tagebuchs. 119

(47) 's. 52: Fr. AIV S. 176.

(48) S. 52: Fr. D S. 70. Der Schluß der Bemerkung ist auf S. 34 zitiert.

(49) S. 53 : Über Francesco Pico della Mirandola und Fracastoro vgl. E. Cassirer, Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit Bd. I, S. 145 f., 209 f.

(50) S. 53 : In der Eingangserörterung von De corpore (Computation or Logic eh. 2, § 9) erklärt Hobbes in der Sprache seines extremen Nominalismus: »some names are common to many things, as a man, a tree . . . And a common name, being the name of many things severally taken, but not coUectively of all together (as man is not the name of all mankind, but of every one, as of Peter, John, and the rest severally) is therefore called an universal name ; and therefore this word universal is never the name of any thing existent in nature, nor of any idea or pbantasm formed in the mind, but always the name of some word or name ; so that . . .' these words, living creature, stone, &c. are universal names, that is, names common to many things; and the conceptions answering them in our mind, are the Images and phantasms of several living creatures, or other things. And therefore, for the under- standing of the extent of an universal name, we need no other faculty but that of our imagination, by which we remember that such names bring sometimes one thing, sometimes another, into our mind.« Ähnlich im Leviathan § 46 (Hobbes, English Works ed. Molesworth, London 1839, lU. S. 672 und The Elements of Law . . . ed. F. Tönnies, London 1889, P. I, eh. 5, S. 20 f.) Man vgl. die späteren Textbemerkungen über Hobbes aus dem Tagebuch.

(51) S. 61: Die in den Anmerkungen 52 63 stehenden Belege DI gehen auf den Abdruck der Dialoge bei Fr. A, die Zitate Tr. und t)e motu auf die Paragraphen des Treatise und der Abhandlung De motu; Tr.' und D3 bezeichnen den Text beider Schriften in den Ausgaben letzter Hand nach Fräser A I.

(52) S. 61: 1) incorporeal (Tr. 141); unextended, indivisible (D I 326); uncompounded, simple (Tr. 141); real things (Tr. 139,89); active being (Tr. 27); subsisting by itself (Tr. 137); .Spiritual substances (Tr. 139); substance or support wherein . . . ideas can exist (Tr. 135); Spiritual substance er support of ideas (D' I 329); perceiving, active being (Tr. 2); thinking substance (Tr. 33); active thinking substance (Tr. 136) usw.

(53) S. 62: 2) active principle of motioii and change of ideas (Tr. 27); cause of ideas (Tr. 26) ; This making and unmaking of ideas . . . at pleasure . . . doth very- properly denominate the mind active (Tr. 28); in anima sentimus esse facultatem tarn statum suum quam aliarum rerum mutandi (De motu 33, vgl. 25, 30); power or active being (Tr. 27); power of willing, thinking. and perceiving ideas (Tr. 138); individual principle (D' I 329); the Creator who first gave it being (Tr. 141); finite cr-eated mind (D I 331); uncorruptible, indissoluble by tlie force of nature, naturally immortal (Tr. 141).

(54) S. 62: 3) God is a Being of transcendent and unlimited perfections: His Nature, therefore, is incomprehensible to finite spirits ... the ectypal or naturjil State of things . . . was created in time; the archetypal and etemal . . existed from everlasting in the mind of (Jod (D I 351; vgl. 348); God, whom no extemal being can affect, who perceives nothing by sense as we do . . ., it is evident, such a Being as this can suffer nothing (D I 336) ; Time therefore being nothing, abstracted from the succession of ideas in our minds, it follows that the duration of any finite spirit must be estimated by the number of ideas or actions succeeding each other in that same spirit or mind ...: and in truth whoever shall go about

120 Erdmann:

to divide in his thoughts, or abstract the existence of a spirit from its cogitation, will, 1 believe, find it no easy task (Tr. 98).

(55) S. 62: Such is the nature of spirit, or that which acts, that it cannot be of itself perceived, but only by the eifects which it produceth (Tr. 27); From the effects I see pro- duced I conclude there are actions (D I 335); an idea can be like nothing but an idea (Tr. 8 u. o.) ; all ideas whatever, being passive and inert, they cannot represent unto us, by way of Image or likeness, that which acts (Tr. 27); that this substance which Supports or pereeives ideas should itself be an idea or like an idea is evidently absurd (Tr. 135); I my- self am not my ideas, but somewhat eise, a tiiinking, active principle that pereeives, knows, wills, and operates about ideas (Dial." 329); Spirits and ideas are things so wholly different, that when we say 'they exist', 'they are known', or the like, these words must not be thought to signify anything common to both natures (Tr. 142); a necessary relation to the mind is understoüd to be implied by the term idea (D I 331); Quantum intersit inter res cogitantes et extensas, primus omnium deprehendens Anaxagoras. . . . asserebat ... Ex neotericis idem optime animadvertit Cartesius (De motu 30).

(56) S. 62: A Spirit ... as it perceises ideas it is called the under-standing, and as it produces or otherwise operates about them it is called the will (Tr. 27); will and understanding constitute in the strictest sense a mind or spirit (D I 335); let any man ... but reflect and try if he can frame the idea of any power or active being; and whether he has ideas of two principal powers, marked by the names will and understanding, distinct from each other as well as from a third idea of Substance or Being in general, with a relative notion of its supporting or being the subject of the aforesaid powers (Tr. 27); Men have imagined they could frame abstract notions of the powers and acts of the mind, and consider them prescinded as well from the mind or spirit itself, as from their respective objects and effects (Tr. 143); Hence, as it is impossible for me to see or to feel anything without an actual Sensation of that thing, so is it impossible for me to conceive in my thoughts any sensible thing or object distinct from the Sensation or perception of it (Tr. 5); For, by the word spirit we mean only that which thinks, wills, and pereeives; this, and this alone, constitutes the signification of that term (Tr. 138).

(57) S. 63 : The terms soul, spirit, and substance . . . mean or signify a real thing . . ., which pereeives ideas, and wills, and reasons about them (Tr. 139); we understand the meäning of the word spirit, otherwise we could not affirm or deny anything of it (Tr. 140); I know what I mean by the terms 1 and myself . . ., though I do not perceive it as I perceive a triangle, a colour, or a sound (D I 326); with regard to spirits, perhaps, human knowledge is not so deficient as is vulgarly imagined (Tr. 135).

(58) S. 63 : In a large sense, indeed, we may be said to have an idea of spirit (Tr. 140; vgl. D I 326); We may be said to have some knowledge or notion of ourown minds, of spirits and active beings, whereof in a strict sense we have not ideas (Tr.' 89; vgl. 142).

(59) S. 63 : I know what I mean by the terms I and myself; and I know this im- mediately or intuitively . . . My own mind and my own ideas I have an immediate know- ledge of (D I 326); rem vero sentientem, percipientem, intelligentem, conscientia quadam interna cognovimus (De motu 21); I know or am conscious of my own being (Dial.' I 328 f.); We comprehend our own existence by inward feeling or reflection; ... spirits ... are ... in their respective kind the object of human knowledge (Tr.» 8g; vgl. D= 328); I

Berkfilfjji^ Philosophie im Lichte seines wissenschaftliehen Tayehichs. 121

can excite ideas in my mind at pleasure ... It is no more than willing, and straightway this or that idea arises in my fancy; and by the same power it is obliterated and makes way for another. This making and unmaking of ideas doth very properlv deiiominate the inind active. Thus much is certain and grounded on experience (Tr. 28).

(60) S. 64: But, whatever power 1 may. have over my own thought-s, I find the ideas actually perceived by Sense have not a like dependence on my will (Tr. 29; vgl. D 1 330); ITie ideas actually perceived by Sense . . . are not creatures of my will (Tr. 29), not of our own framing (Tr. :i:i), are not generated from within by the mind itself (Tr. 90).

(61) S. 64: We know other spirits by nieans of our own soul (Tr. 140); it is piain that we cannot know the existence of other spirits otherwise than by their Operations, or the ideas by them excited in us ... Hence, the knowledge I have of other spirits is not immediate, as is the knowledge of my ideas: but depending on the intervention of ideas, by me referred to agents or spirits distinct from myself, as eflFects or concomitant signs (Tr. 145): From the effects I see produced I conclude there are actions; and, because actious, volitions: and, because there are volitions, there must be a will (D I 335): it is granted we have neither an immediate evidence nor a demonstrative knowledge of the existence of other tinite spirits: . . . there is [only] a probability ... by probable de- ductiim (D' I 328).

(62) S. 64: It is piain we do not see a man if by man is meant that which lives, moves, perceives, and thinks as we do but only such a cei-tain coUection of ideas . . . the colour, size, figure, and niotions of a man . . . as directs us to think there is a distinct principle of tbought and motion, like to ourselves, accompanying and represented by it (Tr. 148); we conceive the ideas that are in the minds of other spirits bv nieans of our own; . . . soul which in that sense is the Image or idea of them: it having a like respect to other .spirits that blueness or heat by me jiei-ceived has to those ideas perceived bv another (Tr. 140: vgl. D l 326). Die objektive Wendung dieser Gedanken, auf die sich Berkeley ursprünglich in den Dialogen durch das -old known axiom, Nothing can give to another that which it hath not itself« (D I 331) berufen hatte, entspricht nicht seiner Kausalauf- fassung: man vgl. dazu im Tagebuch Nr. 771. -- Über das Reich der Geister vgl. AIciphron IV' s. 23 bei Fr. All S. 170.

(63) S. 65: by reilection and reasoning (D I 326); as certainly and immediately as aiiy other mind or spirit . . ., far more evidently ... than the existence of men: because the effects of nature ai-e infinitely more numerous and considerable than those ascribed to human agents ... more strongly evincing the being of ... the Author of Nature (Tr. 147); the Language of its Author (Tr.' 66, 108: vgl. im Text S. 80); nothing can be more evident to any one . . . than the existence of God, or a Spirit who is intimately present to our minds. producing in them all that variety of ideas or sensatinns which continually affect us, on whom we have an absolute and entire dependence (Tr. 149, 154): I do, bv an act of reason, necessarily infer the existence of a God, and of all created things in the mind of God (DI 327); That God knows or undei-stands all things .... I make no question. ... God knows or hath ideas: but His ideas are not conveyed to Him by sense (Dl 336 f.); all those bodies which compose the mighty frame of the world ... consequently so long as they are not actually perceived by me, or do not exist in my mind or that of any other created spirit, must . . . subsist in the mind of some Eternal Spirit (Tr. 6 u. o.) ; Is there no difference between saying, There is a God, therefore He perceives all things;

Phil.-hitt. Abh. 1919. Nr.fi.

122 Erdmann: Berkeleys Phihsophie im Lichte seines wissenschaßl. Tugebticfts.

and saying, Sensible things do really exist; and, if they really exist, they are necessarily perceived by an infinite mind: therefore ttiere is an infinite mind, or Godi' (DI 304); For, all the notion I have of God is obtained by reflecting on my own soul, heightening its powers, and removing its imperfections (D I 326).

(64) S. 94: Man vgl. Fr. A I S. 116, IV S. 42; Fr. B I 212; Fr. D S. 70 f.; Berkeley (B n S. 18) in dem leider unvollständig veröffentlichten Brief vom 25. VI. 1729 sowie B I S. 2i3f.

(65) S. 96: Zitiert bei Fr. A. IV 179.

(66) S. 99: Vgl. in den Dialogen Fr. A. 1 S. 308.

Berlin, gedruckt in der R^ichadnickerei .

ABHANDLUNGEN

DER PREUSSISCHEN

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

JAHRGANG 1919 I'HILOSOPHISCH-HISTORISCHE KLASSE

Nr, 9 DIK GEMEINDE DES NEUEN BUNDES IM LANDE DAMASKUS

KINE JtTDISCHE SCHRIFT AUS DER SELEUKIDENZEIT

VON

EDUARD MEYER

BKHLhN 1919

VKRLAO DKK AKADEMIK DKR WISSENSCHAFTKN

IN KOMMiSüION BEI ÜEK VP.HEINIGDNK WISSENS» IIAFTLICHKK VERLE(iER WALTER IH: (Mtl VIKH l. ( D.

VOBMAL« i; 1 i;f>«l HKS KCl»; VCTL AOSllANDI.rNr., 3. Bfm^NTAO. VKKLACISBll IIHANDLISI, lilURU KKLMKR. KARI .1 IBOBSKK VKITT (IIMK

Vorgcleijt in der Sitzung der pliil.-liist. Klasse am 24. .Iidi 191!(. /.iirii Diiick eiiigereieht ;mi gleichen 'I';i,u;<', :ui.sgegcbc'n am 27. September 1919.

I)i(! bisherigen Auffassungen der Schrift.

J Jie Rumi)elkainmer (Geniza) der Synagoge von Altkairo, der wir den hebrä- ischen Text des Jesus Sirach verdanken, hat uns noch eine zweite Schrift aus wenig späterer Zeit beschert, die im Jahre 1910 gleichfalls von S. Sciieohtku, ihrem Entdecker, herausgegeben woi'den ist, unter deJn Titel: Documents of Jewish Sectaries, Vol. I: Fragments of a Zadokite Work. Sie hat zu- nächst bedeutendes Aufsehn erregte und mehrfach hat man sich nicht ohne Erfolg bemüht, das Verständnis weiter zu fördern und den vielfacli korrupt oder lückenhaft Oberlieferten Text zu emendieren. Aber zum Abschluß ist die Arbeit und vor allem das geschichtliche Verständnis noch in keiner Weise gelangt: vielmehr ist das Interesse bald abgeflaut, und gegenwärtig liegt die Schrift ziemlich unbeachtet da. Und doch handelt es sich um eine außerordentlich wichtige Bereicherung vmserer Kenntnis. Die Schrift steht, wie Schechtek sofort erkannt hat, in engster Beziehung zu einer Reihe alttestamentlicher Ajjokryphen, den ältesten Bestandteilen des He- noch, dem Jubiläenbuch und den Testamenten der zwölf Patriarchen : und sie ermöglicht, Avie wir sehn Averden, diese ganze Gruppe von Schriften genau zu datieren und dadurch zugleich einen lebendigen Einblick zu ge- winnen in die wichtigste, ja entscheidende l'^poche der Weiterentwicklung des Judentums, die Zeit des großen Religionskampfes unter der Herrschaft der Seleukiden. ihre Bedeutung ist um so größer, da die Anschauungen, auf denen sie beruhen, sich rein auf dem Boden des Judentums entwickelt haben und vom IIelleni.smus gänzlich unl)eeinflußt sind; dadui'ch geben sie einen festen Anlialt für Ursprung und Ausbildung der Anschauungen, die uns alsdann vollentwickelt in der Zeit der Entstehung des Christen- tums entgegentreten.

Wie der Titel seiner Veröffentlichung zeigt, hält S< HEcinER die Schrift für das Werk einer jüdischen Sekte, die er mit den bei den Kariiern er-

1"

4 E. M E Y i: K :

wälinlen Zadokiten identifiziert und deren Spuren er dann auch bei den Dositheanern und den Falaschas sucht. Er findet in ihr eine erbitterte Polemik gegen die Pharisäer. Diese Auffassung ist von vielen seiner Nach- folger übernommen worden, nur daß z. B. R. Leszynsky' direkt die Sad- dukäer an ihre Stelle setzt. Andere, wie Makgoliouth, haben gar die Ge- meinde für eine saddukäisch-christliche erklärt, deren Propheten Johannes der l'äufer und Jesus seien, während Paulus als der Irrlehrer mit Leiden- schaft bekämpft werde. Alle diese Phantasien haben in Wirklichkeit in der Schrift selbst garkeinen Anhalt und beruhen lediglieh auf falscher Interpretation einzelner Stellen oder ganz unwesentlichen Berührungen in einzelnen Lehren. Das hat in der Hauptsache schon G. F. Moore" in einem gut orientierenden Aufsatz nachgewiesen, wenn er auch im übrigen von ScHECHTERS Auffassuugen noch viel zu viel festhält und wie dieser die Schrift für soktarisch hält. Auch R. H. Charles, der die Schrift in seine große Bearbeitung der alttestamentlichen Apokryphen aufgenommen hat', folgt in allem wesentlichen Schechter, hat aber durch eine Reihe von ^'er- besserungen und durch Hervorhebung des strophischen Baus des ersten Teils, der Malinrede, das Verständnis wesentlich gefördert. In noch be- trächtlich höherem Maße hat das Gressmann getan*, nicht wenige Sätze als (dossen erkannt und mit Recht betont, daß Schechter und seine Nach- folger die zahlreichen aus der Bil)el entnommenen Wendungen und An- schauungen, obwohl jener überall die Parallelen richtig anföhrt, vielfach falsch interpretiert und sich dadurch das Verständnis der Schrift verschlossen haben; dadurch sind sie zu der gänzlich unhaltbaren An.sieht gekommen, daß die Schrift gegen die Pharisäer ])olemisiere, Mährend sie in Wirklichkeit durch- aus wie diese auf dem Boden der strengen Gesetzlichkeit steht und das Gesetz durch gräbelnde, oft genug äußerst gewaltsame Interpretation weiter- bildet, genau wie diese. Ebenso nimmt sie die populären Vorstellungen, speziell die Engellchre und die Prädestination auf, zeigt auch bereits die Ansätze zu dem Glauben an ein bcAvußtes, dauerndes Fortleben nach dem Tode. Die Abweichungen im einzelnen, die meist aus einer strengeren ethi-

' Di(: Siiilduzäer, 1912.

2 The Coveiiiuiters ol' Daiiiasciis, » liitlicrto iiiikno« n .Icwisli Sect. Harvai-d Theol.

H<'\ icw IV, 191 1.

'I'lie Aj)Ofiyj)lia ,niil I'suudepigraplia oi' tlie ül<l Tost. \()1. II, 1913, p. 785 fV.

' In sim'iici- Bospi-ccliuii!; des Sc mkc in Kiisciicii Wii-ks ZI).M(i. 6(1. 1912.41)10".

Dir (initri/nfr di's inticii Bundi's int Laiulc JJcuna.skuK .')

sehen Auffassung hervorgegangen sind, wie in der Forderung der Monogamie, sind nicht größer, als sie auch sonst zwischen den einzelnen Schiden des orthodoxen Judentums bestehen: und wenn zweimal der Name Sadoq vor- kommt (4, I ff. 5, 5), so hat das mit den Saddukäern oder gar mit einem spä- teren Sektenstil'ter dieses Namens nichts zu tun, sondern Sadoq ist, wie wir sehn werden, der bekannte Ahnherr der Priestergeschlechter aus der Zeit Davids, ganz wie bei Ezeehiel oder in der Chronik. Aber Gressmann ist da- durch in die Irre gegangen, daß er die Beziehung auf reale, historische Vor- gänge der Gegenwart leugnet und die Schrift eschatologisch, als Apokalypse, auffassen will. Dazu bietet der Text garkeineii Anhalt, vielmehr sprechen die ständig gebrauchten Perfekta, die Gressmann futurisch auffassen will', durchaus dagegen. Kschatologische Vorstellungen kommen natürlich vor, wie in jeder Schrift des späteren Judentums; aber sie nehmen nicht ein- mal einen grüßen Raum ein, weitaus das meiste bezieht sich auf die realen Aufgaben der (Gegenwart und auf die jüngste Vergangenheit, aus der sie erwachsen sind.

So fordert und lohnt die Schrift durchaus eine neue Untersuciiung, die den Versuch macht, diese geschichtlichen Verhältnisse, in denen sie entstanden ist, und die Anschauungen, die sie und die verwandten Apo- kryphen beherrschen, genauer zu erfassen und in den Zusammenhang der Kntwicklung einzureihen. Da die Schrift in Deutscidand wenig zu- gänglich ist und eine deutsciie Übersetzung noeli fehlt, habe icli den gan- zen Text in die folgende Untersuchung aufgenommen; das bietet zugleich die Möglichkeit, im Zusammenhang damit die schwierigeren Stellen ge- nauer zu analysieren und zu erläutern". Zugleich sage ich Hrn. H. (iRESs- MANN mein.en wärmsten Dank für die Bereitwilligkeit, mit der er mir das zum Teil .schwer zugängliche Material zur Verfügung gestellt und mir bei iler Interpretation zahlreicher Stellen durcl» Mitteilung seiner Auflassung und nicht weniger evidenter Deutungen geholfen hat.

' -Die als S'iTgaiigeiilieit g(!scliil(lei-tc /.eil ist iiifist als dii' Zukuiiftscliaii des Visin- närs f^edafht."

' Die voll ScBKcuTEK gegebene Kapileleiiiteilmig verwende iili nicht, da sie mein lacii^ wenig saeligemäß ist. sondern zitiere nach Sätzen und Zeilen, p. i 16 sind Text A. p. 19, 20 Text 15; p. 17 itnd 18 existien'n iiieht.

6 E. Mkykr:

Die Hnixlsclirifteii.

Der Text bezieht sich auf die »Gemeinde des neuen Bundes im Lande Damaskus«. Erhalten ist er in zwei Handscliriften. Die eine, A, nach ScHECHTKR etwa aus dem lo. Jahrhundert, umfaßt 8 Blätter (16 Seiten) und zerfiillt in zwei scharf geschiedene Teile. Der zweite, p. 9 16, ent- halt die Gesetze der Gemeinde. P^r beginnt, ohne Überschrift, aber ein- genickt, mit dem ersten Gesetz: »Jeder Mensch, der usw.«; so ist es mög- licii, wenn auch wenig wahrscheinlich, daß ein oder mehrere Blätter vor- her verloren sind. Die beiden Schlußblätter sind in den unteren Hälften der Seiten stark verstümmelt und zum Teil ganz zerstört; es läßt sich daher nicht erkennen, ob noch weitere Blätter gefolgt sind.

Die ersten vier Blätter, p. i 8, die man in der Regel als den ge- schichtlichen i'eil bezeichnet, enthalten eine prophetische Mahnrede an die (Gemeinde. Auch sie beginnt ohne Überschrift unter Verwendung bibli- scher Zitate mit der Ankündigung des bevorstehenden Gottesgerichts: »Und nun hört, alle die ihr (Gerechtigkeit kennt, tuid achtet auf die Taten Gottes.« Das ist ein durchaus korrekter Eingang einer Strafpredigt, und es ist sehr unwahrscheinlich, daß vorher etwas verloren ist; vielmehr ist der Text auch äußerlich durcli starkes Einrücken der ersten Zeile als An- fang bezeiclniet. Eine Überschrift, die etwa lauten könnte: »es geschah (las Wort Gottes an die Gemeintle des neuen Bundes in Damaskus fol- gendermaßen« ist überflüssig, weil sich das aus dem Inhalt von selbst ergibt: die Nennung eines Verfassernamens ist ausgeschlossen, die Pro- l)hetenrede ist in dieser Zeit notwendig entweder pseudepigraph oder anonym. Der abgerissene Anfang mit »und jetzt« ist nicht .anstößiger als der gleichartige Eingang bei so manchen Büchern des Alten Testa- ments, z. B. Esther, Ruth, dem ersten Makkabäerbuch, auch beim griechi- schen Henueli oder aber bei manchen der kleineren Schriften Xenophons und bei seinen Hellenika.

Der Schluß dieser 3Iahnrede, von p. 7. 5 an, liegt noch in einer zwei- ten Handsehrift (B) etwa aus dem i 2. Jahrhundert vor. die nur aus einem .einzigen Blatt besteht (p. 19. :o bei Schechter), mit zahlreichen ziemlich bedeutenden Varianten und mit einer großen Erweitenmg des Textes am Scliluß (19. 34 20. ;;4). Es liegt aber, wie Gressm.\nn mit Recht hervor- hebt, garkein Grund zu der Annahme vor. daß diese Fortsetzung in A

Die (ifmcindt' drs luiien Buiuh'K im Lande Damaskus 7

durch Verlust eines oder mehrerer Blätter ausgefallen sei: vielmehr gibt B eine erweiternde Rezension des in A vorliegenden Textes. Daher ist auch die Annahme unbegründet, daß B am Schluß unvollständig sei; vielmehr bilden die letzten Sätze von B einen völlig sinngemäßen Abschluß, und es ist das letzte Blatt der Handschrift, das uns erhalten ist. In A da- gegen hat der Schreiber auf den Schluß der älteren Version der 3Iahn- rede auf den nächsten Blättern 9—16 das Gesetzbuch folgen lassen: eine weitere Verbindung zwischen beiden Texten war nicht erforderlich.

Daß der Text noch so spät zweimal allgeschrieben ist, spricht von vornherein gegen die Annahme eines scktarischen Ursprungs. Etwas an- deres wäre es, wenn es eine karäische Schrift wäre. Aber daß ein nicht als orthodox anerkpnnter Text aus vorchristlicher Zeit sich noch ein Jahr- tau-send lang erhalten haben und im Besitz der jüdischen (Gemeinde von Kairo bewalirt sein sollte, ist so unwahrscheinlich wie möglich.

Beide Handschriften enthalten eine große Zahl von Flüchtigkeiten und Schreibfehlern, die mehrfacli vom Schreiber selbst durch Streichung eines Wortes berichtigt sind. Im allgemeinen ist B sorgfältiger geschrieben als A. Beide setzen gelegentlich V'okalzeichen : beide trennen die Sätze durch kleine Zwischenräume', B außerdem größi^re Sätze oder Satzgru])pen durch Interpunktion (Paseq, Doppelpunkt). Kin Hilfsmittel der Kontrolle iiieten die zahlreichen, freilich oft nicht ganz wörtlichen Zitate aus dem Alten Testament; in vielen Fällen haben evidente Kmendationen geholfen. Doch bleibt natürlich niclit weniges imsicher. und der Versuch, den überlieferten Wortlaut zu deuten, mag ebensooft in die Irre führen wie in andern F;ill(>ii eine blendende, aber doch nicht zutrcllende Konjektur.

Die benutzten Schriften.

Die Texte sind in korrektem und fließendem Hebräisch ü:eschrieben, ganz anders als z. B. die Mischna; und es ist geradezu üi)erraschend. wie wenig Worte vorkommen, die sich im A. T. nicht linden, sondern luu- in der Mischna und der rabbinischen Literatur. xVuch das ist ein Beweis für das Alter der Texte, und nicht minder die freie Art, Avie die Schrift zitiert wird. Wie schon erwähnt, bindet man sich keineswegs ängstlich an den Wortlaut, sondern zitiert frei aus dem (iedächtnis. mit Auslassungen, Vm-

' In A ist. wenn ein Satz iini Hmli' <Iit Zt>ilc' sclilii-ßt. die niiehstc i'iiiitepilclil.

H K. M I- VEI!

Stellungen und kleinen Znsätzen, etwa in derselben Art, wie Homer in der älteren griechischen Literatur vor der Alexandrinerzeit und der Gestaltung eines kanonischen Textes zitiert wird und wie wir so vielfach unsere Klassiker zitieren. Absichtlich vermieden und aucli in den biblischen Texten aus- gelassen werden die (rottesnamen Jahwe. Elloliim, Adonai: es wird ausschließ- lieh El verwendet', sehr oft aber auch das Wort »Gott« ganz weggela.ssen. Wo bei den Bestimmungen über den Kid der Name Gottes erwähnt werden muß, wird er dvu-ch Aussprache der beiden ersten Konsonanten »Aleph und Lamed« (Elobini) oder »Aleph und Dalet« (Adonai) ersetzt (15. i); gleich darauf 15,3 findet sich die bekannte Ersetzung des Eigennamens durch cffirt »der Name«.

Von den Schriften sind die Tora und die Propheten kanonisch und vnibedingte Autorität (7, I5ft'.). An die letzteren schließen die Psalmen und die Proverbien an, die vielfach benutzt werden und wie im Neuen Testa- ment als den Propheten gleichstehend geltend. Einmal wird auch Ezra be- nutzt (p. 2,7). Dagegen sind die übrigen Schriften nirgends verwendet, auch nicht das Buch Daniel und die in diesem vorliegende Ausmalung der Eschatologie. Das ist sehr wichtig für die Zeitbestimmung: die in unseren Texten enthaltenen Anschauungen und Lehren gehn in eine Zeit zurück, in der das Buch Daniel noch niclit existierte oder eben erst entstand.

An die Tora schließt die traditionelle Exegese (mirn bii^e [vgl. F. Weber Jüd. Theologie'' Sgf.]) an, die mehrfach herangezogen wird (4,8. 6, 14. 18. 13,6); ihr entspricht die Deutung der Prophetenworte auf die gegenwärtige Lage (4,4. 14). Der Schlußabschnitt in B verweist 20,6 auf »den Midra.s (die Auslegung) der Tora, nach dem die Menschen vollendeter Heiligkeit wandeln«.

Neben den kanonisclien Büchern sind drei weitere, zu den Apokryphen gerechnete Schriften benutzt, nämlicli :

I. Die Geschichte von Johannes imd Jambres, den Moses bekämpfenden Zauberern, die bekanntlich nicht (>rhalten, aber wie der christlichen Literatur, so den Targumen und dem Talmud bekannt ist. Unser Text verwendet p. 5, 17 f. in ilen Worten »denn ehemals trat 3fose und Aharon auf durch die Hilfe (unter Leitung. ~'3) des Fürsten der Licliter, aber Beli'al stellte den

' Nur 20. 8 findet sich statt dessen -^^Vi-. außerdem dreimal. 20. 1.14. 32 ttt^ .der Kinzi^e« (s. 11. S. 32I.

Die (inw'inilf dm ni'ucn Ihmdi« itii JmikIi- Daniasktt^s {)

Johannes und seinen Bruder auf" in seinen Ränken, als Israel das erstemal (beim Auszu«; aus Ägypten) gerettet wurde« die Geschichte ebenso wie der zweite Timotheusbrlef 3. 8 ön tpöhon a^ 'Iannhc kai ''Iambphc ant^cthcan

MüJYCeT, OYTUC KAI 0?TOI ÄNeicTANTAI TH AAHeeiA.

2. Das Buch der Jubiläen, das durchweg aufs stärkste benutzt wird, ganz wie die kanonischen Texte, p. 16, 2 f. (s. u. S. 60) wird sein Titel ange- geben. » Bucli der P^inteilungen der Zeiten nach iliren Jobeljahren und Wochen« , cnT'nacfnJ" =n';2"; r-rrn npbnr iec. Dem entspricht genau der F^ingang des Textes des Jubiläenbuchs in der äthiopischen Version': »Dies ist die (Jescliichte der Einteihmg der Tage des Gesetzes und des Zeugnisses nach den Ereignissen der Jahre, gemäß ihrer P^inteilung in Jahrwocher und Jubi- läen in allen Jahren Act Welt«, und am Schluß kürzer: »Hier ist zu Ende das Buch der Einteilung der Tage«. Die Durchführung der Rechnung nach Jobel- und Sabbatjahren von der Sclifipfnng an bis zur Einsetzung des Passah und die richtige Datierung dei Feste bildet den Rahmen, in dem hier die Vorgeschichte erzählt und durch weitere Mahnreden und Ausfiih- rungen des Gesetzes erläutert wird, in der Form einer Unterweisung, die der »Engel des Angesichts« auf göttlichen Befelil dem Mose am Sinai gibt. Bekanntlich befolgt das Buch eine eigenartige Zeitrechnung: die richtige Lange des Jahres wird auf 364 Tage (52 Wochen) angesetzt, danach sollen die Feste bestimmt werden, ohne Rücksicht auf den Mond, der »von Jahr zu Jahr zehn Tage vorgeht und die Zeiten verdirbt« (6, 30 ff.): die Periode der Jobeljahre ist 49, nicht 50 Jahre, wie Levit. 25 gerechnet wird, also 7 Jahrwochen; den Israeliten wird vorgeworfen, daß sie von dieser richti- gen Zeitrechnung abgewichen sind (vgl. 1,14: »sie werden mein ganzes Ge- setz, alle meine Gebote, und mein ganzes Recht vergessen: sie werden Neu- mond, Sabbat, Feste, Jubiläen und die Ordnung auflösen«; ebenso 23, 19). Auch unser Text verkündet 3, 13 ff., daß »Gott mit Israel (d. i. mit der (ie- meinde von Damaskus) seinen ewigen Bund geschlo.ssen hat, ihnen Geheim- nisse zu offenbaren, in denen ganz Israel in die Irre gegangen ist, seine heiligen Sabbate", .seine heiTlichen Feste, seine gerechten Satzungen, seine wahrhaften Pfade und die Fonlerungen seines Willens, 'durch deren Be- folgung der Mensch am Leben bleibt' (Lcv. 18,5)«: und 6,18 wird neben

' Ich zitiorc iiacli Lii-i'.masns tjbersetziin^ in flpii Apokryphen und l'seudepisraphen do.s (VT.. lieraiiNficgeben von KAfr/.srii 11 \i).

- Wöitl. •die Sabbate seiner Iloilij^keit- u.sw. mi..hisl. Ahh. lUli). Sr. !>. 'i

10 E. Meykr:

ainlern (rehoten eingeschärft »den Sabbattag gemäß seiner Deutung zu halten und die Feste und den Fasttag nach den Geboten derer, die in den neuen Bund im Lande Damaskus eingetreten sind«. Danach scheint es, daß die Gemeinde die Jahrrechnung der Jubiläen ihrem Festzykhis zugrunde gelegt, also den Versuch gemaclit hat, ihn auf ein freilich falsch berechne- tes Sonnenjahr zu gründen. Der Hauptnachdruck liegt indessen auch hier auf der peinlichen Beachtung der Sabbatgebote " und der sonstigen Vor- schriften über die Feste. Bekanntlich bestanden über die richtige Gestaltung der Chronologie auch bei den Juden noch lange verschiedene Auffassungen'; das jetzt herrschende System hat sich erst im Mittelalter ausgebildet und wird von den Karäern verworfen. So ist es denn auch nicht richtig, die Sonderlehre des Jul)iläenbuchs direkt als sektireriscb zu bezeichnen: .sie ist vielmehr ein Versuch, das herrschende System durch ein nach ihrer Meinung besseres zu ersetzen, der allerdings nicht durchgedrungen ist.

3. p. 4, 14 ff. heißt es im Anschluß an ein Zitat aus Jesaja 24, i 7 (»Grauen und (Jrube und Garn kommen über dich, Bewohner der Erde!«): »Seine Deutung (n»E) sind die drei Netze Beli'als, von denen Lewi, der Sohn Jakobs, gesprochen hat, mit denen er Israel gepackt und ihr Antlitz gewandt hat(?) zu den drei Arten des richtigen Verhaltens'": das erste ist die Unzucht, das zweite der Reichtum (die Habgier), das dritte die Profanation des Heilig- tums. Wer diesem entkommt, wird von jenem gepackt, und wer sich die- sem entzieht, wird von jenem gei)acktl« Mit Recht hat Sch echter diese Stelle auf das Testament Lewis in den Testamenten der zwölf Patriarchen bezogen, wenngleich sie sich hier nicht wörtlich findet. Aber die Sünden, vor denen Lewi cp. 14 seine Nachkommen warnt und denen sie anheim- fallen werden, sind ganz wie in unserm Text Diebstahl am Tempelgut.

' Audi iiljer dii" Frage, ob das Joboljahi- mit dem siebenten Sabbatjahr ganz oder teilweise zusammenfallen oder auf dasselbe folgen solle, gingen und gehn die Ansichten auseinander, s. Mahi.kr, Handbuch der jiid. Chronologie (1916) S. 106 AT. 4ioff. In der Praxis ist das Jobeljahr bekanntlich niemals eingeführt worden, anders als das Sabbatjahr, sonderji undurchführbare Theori<' geblieben! Eben dem will das Jubiläenbuch dadurch abhelfen, daß es das Jobeljahr jedesmal mit dem siebenten Sahbatjahr zusammenfallen läßt.

- --'— -.^■•. n-v-h-sh :r^:t ::m-. Cmari.ks hält p-sn für einen Schreibfehler für -s-rr oder -r »Sünde».

Diese Schlußworte sind cinc^ Paraphrase von Jes. 24, 18: »wer dem Grauen ent- IHcht, füllt in die Urube, und wer aus der Grube entkommt, fängt sich im Garn«. Jei'eni. 4S. 44 sind diese Worte auf Moab übi-rfrageu.

Dir (ii'iiif'lndi' (li's neuen Bundf» im Lande Damaxkm 1 1

Habsucht (nAeoNeiiA) und geschlechtliche Sünden'. Im übrigen sind diese Testamente bekanntlich nur in späteren Bearbeitungen auf uns gekommen, die in den griechischen und armenischen Versionen in melireren, stark von- einander abweichenden Rezensionen vorliegen, ganz abgesehn von den in «ie alle eingedrungenen christlichen Interpolationen". An unserer Stelle wird ollenbar die älteste, noch nicht überarbeitete hebräische Gestalt des Werkes zitiert. Denn das eine solche existiert haben muß, kann nach den F>gebnissen der eindringenden Untersuchungen von Bousskt und Chakles nicht zweifelhaft sein; auch sind ja Bruchstücke sowohl einer aramäischen wie einer griechischen Übersetzung eines älteren Textes des Testaments Lewis zum Vorschein gekommen '. Freilich bin ich nicht imstande, zu den sehr kom- plizierten Problemen, die hier vorliegen, selbständig Stellung zu nehmen ; aber den Ansätzen von Charles, der die Abfassung der ursprünglichen Schrift, in der die Herrschaft der Nachkommen Lewis über Israel und die Unter- ordnung aller weltlichen Stämme unter sie gefordert wird, in die letzte Zeit des Johannes Hyrkanos, zwischen 109 und 106, setzt und tur die Abschnitte, in denen der Abfall der Lewiten vom Gesetz verkündet wird und die schwersten Vorwürfe gegen sie erhoben werden, eine Entstehung in den Jahren 70 40 v. Chr. annimmt, vermag ich nicht zuzustimmen^: die den Lewiten zum Vorwurf gemachten Verbrechen sind viel schwerer, als daß die Streitigkeiten der letzten Makkabäerzeit. die zur Eroberung .lerusalenis durch Pompejus führten, gemeint sein könnten. Vielmehr führen

' Ebenso sind im Jiibiläenbiich, mit dessen Anscliauungen sich die Testiimente aufs engste beriihren, die drei Sünden, die schon die Sinillut herbeigeführt imbcri, »Hurerei und Unreinheit und alle Ungerechtigkeit« (7, 20, vgl. 20, 6; 23,21; ferner /.B.Test. Jiula 17. 18. Dan 5 u. a.).

' Sielie außer den eindringenden Untei-suchungen von I'kki si iien undBoissi:rZNTW. I, 1900 vor allem die grundlegende Bearbeitung und Erläuterung der Texte in den beiden Werken von R. H. CHAitr.Ks: The Oreek Version of tlie Testaments of tho Twelve Patriarchs, und die überaetzung mit Konmientar 'ihc Testaments of tbe Twelve Patriarchs. beide 1908 ei'scbienen. Auf ihnen beruht seine ('berset/.ung (nebst Einleitung) in den Apocrypha and Psendepigrapha of'the O. T. II, 282ft'.

' S. CiiAHLKS, Greek N'ersions p. 245 H". Hier liiidet sich \-. 16 der .Satz npöcexe ceAYTÜ Xn6 riANTOc CYNOVCiACwor KAI Xnö nXcHC Akaoapciac kaI Xnö oachc noPNeiAC. woi'an ganz detaillierte KeinheiUsvorschrlilen anknüpfen.

Vgl. auch das zurückhaltende Urteil von Schübku, Gesch. d. jüd. X'ulkes IIH 349, der ül)er diese Abschuitti' (l^wi 10. 14 17) zntretl'end Iwinerkt: »Das würde am besten auf die vormakkabäische Zeit [)asscn . . . Sehr unsicher sind auch die (Ji-ünde, um dorentwillen BorssKT diese Stücke in die Zeit bald nach l'omjjejus setzt.»

2-

12 K. Mkveu:

sie, wie wir noch selm werden, durchaus ;iuf die schweren religiösen Kämpfe und Gegensätze der Seleukidenzeit vor der niakkabäisehen Erhebung; nur damals haben sich solche Vorgänge abgespielt, wie sie hier verkündet wer- den, und nur aus dieser Zeit können diese Abschnitte stammen.

Das gleiche gilt von den ältesten Bestandteilen des Henochbuchs, dmi bekanntlicli in den Testamenten wie im -lubiläenbuch fortwährend zitiert wird (vgl. u. S. 17, i), speziell von dem Schlußstück cp. 92— 105. Zu diesen Schriften treten jetzt die Texte der Gemeinde von Damaskus; auch sie müssen aus derselben Zeit stammen'. Alle drei Schriften sind Erzeugnisse des echten, nicht vom Hellenismus beeinflußten Judentums; sie stehn mitten in den Käm|)fen zwischen den Frommen imd den Abtrünnigen der Reforni- [)artei, die Gegensätze der Seleukidenzeit spiegeln sich in ihnen ganz lebendig wider, sie gewähren einen tiefen Einblick in die leidenschaftliche Erbitte- rung des Kampfes. Sie gehören alle drei eng zusammen und müssen wie in derselben Zeit so auch in demselben Kreise entstanden sein.

Die Mahnrede.

Die Rede beginnt p. 1,1: »Und jetzt 'hört' alle 'die ihr Gerechtig- keit kennt' (Jes. 51,7), und achtet auf die Taten Gottes: denn er hat einen Streit mit allem Fleisch' (Jerem. 25, 31. Hos. 4, i) und wird Gericht halten über alle seine Verächter. Denn wegen der Untreue derer, die ihn verlassen haben, hat er sein Antlitz vei-borgen' (Ps. 10, 11) vor Israel und seinem Heiligtum, und sie dem Schwert überliefert' (Jerem. 25, 31). Aber da er des Bundes mit den Vorfahren gedachte' (Lev. 26,45), hat er in Israel einen Rest übriggelassen und sie nicht der Vernichtung preisgegeben. Und beim Ende des Zorns 390 Jahre, miclideiu er sie in die Hand Nebukadnezars.

' Ma,ii ptlegt aucli die Abfassung des Jubiläenbuchs in die letzte Zeit des Johannes Hyrkanos zu setzen, vor seinen Bruch mit den Pharisäern im Jalu-e 106, auf Grund der Angabe 38, 10 fl'., daß Edoms Nachkonnnen von dm Söhnen .lakobs unterworfen wei-deii »und die Söhne Kdoins sind nicht abgefallen von dem Joch der Knechtschaft, das ihnen die zwölf Söhne .lakobs anferlegt haben, l)is auf diesen Tag«, woran dann die edomitischc Königsiiste Gen. 36 angeschlossen ist, auch sie mit d<-m Zusatz -bis auf diesen Tag«, d.h. der Fiktion nach bis zur Sinaigesetzgebung. Man hält das für eine X'ordatierung der Unterwerfung Idnniäas durch .lohannes llyi'kanos um 125 v.Chr. Aber das ist recht un- wahrscheinlich: denn der \erfassei- hat natürlich sowohl die Unterwerfung durch David wie den späteren Abfall und die weitensn Schicksale der Kdomiter gekannt. Es liegt viel- mehr lediglich eine historische l'hantasie vor. wie sie zu jeder Zeit möglich war.

Die (leinciiulr (lri< Jirunt Bu/i</i:s im Linidc l)amai<kus 1 .'>

des Könijis von Babel, gegeben liatte nahm er sicli ilirer an und ließ aus Israel und Aharon eine Wurzel s[)rießen, eine Pflanze, sein Land in Besitz zu neli- men' (Jes. 60, 2 1 ) und sieli satt zu machen an dem Gut seines Bodens (vgl. Jes. 30, 23). Und sie sahen ihre Sünden ein und erkannten, daß sie schul- dige Menschen seien und wie die Blinden gewesen seien, die nach einem Wege tasten /.wanzig .lalue , Und Gott gab acht auf ihr Verlialten, daß sie ihn mit ehrlichem Herzen suchten, und stellte ihnen einen Leh- rer der Gereelitigkeit' (Hosea 10, 12. .Toel 2,23) auf, sie auf den Weg sei- nes Herzens zu fuhren. Und er gab späteren Geschlechtern kund, was er in einem späteren Geschlecht getan hatte an der Gemeinde Treuloser das sind die, die vom Wege abgewichen sind: dies ist die Zeit, von der i;esclirieb(Mi ist: 'wie eine störrige Färse, so ist Israel stöi-rig" (Hos. 4, lO) , als 'der Mann des Spottes' (Jes. 28, 14) auftrat, der 'auf Israel Wasser der Lüge träufeln ließ' (als falsclier Prophet auftrat, entlehnt aus Micha 2,6. 11) und sie irren ließ in pfadloser Öde' (Ps. 107,40), um niederzureißen die ewigen Berge' (Hab. 3,6). abzulenken von den gerechten Pfaden, und zu verrücken' die Grenze (vgl. S. 36), die die Vorfahren ihrem Erbbesitz gesetzt hatten' (Hosea 5, 10. Deut. 19, 14), auf daß .sie ereile der P'luch des Bundes' (Deut. 29, 20), sie auszuliefern dem Racheschwert, das den Bundesbruch rächt' (Lev. 26, 25).«

Der Aufbau des Textes aus lauter alttestamentlichen Zitaten er- innert lebhaft an die Art, wie Einhart die Biographie Karls des (iroßeu nach Suetons Vorbild gestaltet hat und aus ihm zahlreiche Wendungen entleiint. Trotzdem ist es diesem in bewundeiauigswürdiger Weise gelungen, ein lebensvolles und durchaus getreues Bild des Frankenkönigs zu schafl'en. Auch in unserem Text fehlt diese Realität keineswegs: aber bei der Ver- wendung des prophetischen Schemas werden die Verhältnisse der (iegeu- wart, auf die die Rede wirken will, zwar für den Einsiciitigen verständlich genug angedeutet, aber zugleich unter den überkommenen traditionellen Wendungen verhüllt.

So liaben denn auch schon die ersten Benutzer der Sclirift das Be- dürfnis empfunden, die Beziehung auf die Zeitereignis.se genauer hervor- treten zu lassen. Dem dienen die in den Text eingeschobenen Glossen. Sie setzen »das Ende des Zorns« 390 Jahre nach dem Strafgericht unter Neliukadnezar, den Üurcld)rucli der richtigen Erk(!iintnis, die offenbar mit

' Mit GuESSUANN ist rcV- in ;•■:"" /u korrigiiMi'ii, wie Ucnt. und unten |). 5, 2ti.

14 K. Mk vkk:

dem Auftreten des »Lehrers der Gereclitigkeit« identisch ist, nocli 20 Jahre später. Nun hat man mit Recht gezweifelt, ob der Verfasser über die Chronologie der Perserzeit korrekter informiert gewesen ist als das Buch Daniel und das spätere Judentum ' ; aber klar ist, daß diese Daten auf die Zeit um 200 v. Chr. führen, d. h. auf die Epoche der Religionskämpfe zwischen dem Reformjudentum und den Altgläubigen unter den Seleukideu bis auf Antiochos Epiphanes, und daß die entscheidende Wendung, die zur Bildung der neuen Gemeinde geführt hat, in die Mitte dieser Epoche fällt. Die zwanzig Jahre, die bis dahin noch vergangen sind, werden mit- hin etwa die Jahre 195 175 v. Chr. umfassen, die ersten beiden Jahr- zehnte der seleukidischen Herrschaft, in denen es ja an inneren Stürmen nicht gefehlt liaben kann.

Die Fortsetzung (i, i8if.) schildert das Verhalten der Abtrünnigen, das sie dem Raclieschwert weiht: »Weil sie nach Verführungen' geforscht und an Täuschungen' Gefallen hatten (Jes. 30, 10) und ausspähten nach Breschen" und Gefallen hatten an dem Gut des Scliatzes', und 'dem Frev- ler recht gaben und dem Gerechten unrecht' (Prov. 17, 15), und 'den Bund überschritten und die Satzung brachen' (Jes. 24, 5)^, "das Leben des Ge- rechten antasteten' (Ps. 94, 21), und alle, die rechtschaffen wandelten, ihnen in Greuel waren und sie sie mit dem Schwert verfolgten und ihre Freude hatten, Hader im Volk zu erregen, so eiitbraimte der Zorn Gottes gegen ihre Gemeinde, ihre ganze Herde zu verheeren, denn ihr Tun wird 'vor ihm zur Unreinheit des Weibes' (Ezecli. 36, i 7)«. Daß bei ihnen auch die

' Gegen Si iiEciiTKRS Vermutung, 390 sei Flüchtigkeit füf 490. die Zahl der 70 Jahr- wochen lienoclis und des Testaments Lewis, erinnern Charles sowie Leszvnskv. Rev. des et. juives LXIl. 191 1 p. 193 mit Recht an die 390 .lahro der Vei-sündigung Israels bei Ezechiel 4. 5.

^ D. i. nach einer Durchbrechung des Gesetzes: das niiissen die Worte n-^i-^i -ss" be- sagen (so auch ScHEciriKn), falls der Text richtig ist. Gressmann ZDMG 66, 501 will is-.;" »sie sparten« korrigieren und übersetzt: »weil sie sparten für ihre Schwelgereien (ns-s 'Aus- gelassenheit') « .

^ -s's- ist wühl sicher mit Grkssmann a. a. O. in -::-s- zu koriigieren, so daß ihnen Antasten des Tenipelschatzes vorgeworfen wird, was Ja durchaus zutreffend ist. Denn -i-r;:- -sisn zrc2 »Gut des Halses« kann unmöglich, wie Schkchter übersetzt, besagen »thov choose the goods of the throat".

* Die Worte bei .lesaja zh-j : : -^tr; -- -rV- n--ir Tzv -: sinil in -~ —•z^- r^-z --h|=r'i zu- saiinneiii'OZoKen.

DU.' G/mieind^' des neuen Bunden im Tjondr Da,rmfskiiJ< 15

Verehrung von (iötzenbildern, etAUAA, Eingang gefunden hat, erfahren wir aus B 20, 9. 24 (s. u. S. 42. 43).

Was hier als geschehn berichtet wird, verkündet der Engel dem Mose im Jubiläenbuch 23, 16 ff. im Anschluß an Abrahams Tod und das frühe Altern der Menschen als in Zukunft bevorstehend: »Und in diesem Geschlecht werden die Kinder ihre Eltern und ihre alten Leute schelten wegen der Sünde und der Ungerechtigkeit . . . und weil sie den Bund verlassen . . . Denn sie haben alle böse gehandelt, und jeder Mund redet Sünde, und all ihr Werk ist Unreinheit und Abscheulichkeit, und all ihre Wege sind Befleckung, Unreinheit imd Verderben . . . Und sie werden streiten, diese mit jenen, Jünglinge mit alten Leuten, alte Leute mit Jünglingen, der Arme mit dem Reichen, der Niedrige mit dem (Großen, der Bettler mit dem Mächtigen wegen des Gesetzes und des Bundes; denn sie haben (iebot und Bund und Fest und Monat und Sabbat und Jubiläen und alle Rechtsbestimmung vergessen.« So wird das Strafgericht,,Schwert und Krieg über sie kommen, aber zunäclist, ohne sie zu bekehren. »Und die sich gerettet haben, werden nicht auf den Weg der Wahrheit von ihrer Bosheit umkehren: .sondern sie alle werden sich zu Betrug und Reich- tum erheben, daß ein jeder aU seines Nächsten Gut nehme, und sie wer- den den großen Namen nicht in Wahrheit noch in Gerechtigkeit nennen, und das Allerheiligste werden sie durch ihre Unreinheit und durch die Verderbnis ihrer Befleckung beschmutzen« ein deutlicher Hinweis auf die Vorgänge, die das erste Makkabäerbuch kurz andeutet 1,1 2 ff'. 34.43 (icAi noAAOi Xnö 'Icpaha hy'aökhcan th aatpIa a-t'toy [des Antiochos], kai eevcAN toTc eiAti)AOic, KAI ^BeBHAtüCAN cäbbaton). 52 (kai CYNHepoiceHCAN Xnö To9 AAo9 npöc

AYTOYC nOAAOl, OÄC Ö eNKATAAeinUN TÖN NOMON, KAI ^nOIHCAN KAKA ^N TH TH, KAI GSeNTO

TÖN 'IcPAfiA ^N KPY*ioic ^N OANTi »YrA&eYTHPiO) aytön) uud das zwcite c. 4 ff', ein- gehend berichtet. In c. 15, 33 wird bei dem Gebot der Beschneidung ver- kündet, »daß die Kinder Israel gegen diese Ordnung treulos sein und ihre Kinder nicht beschneiden werden gemäß diesem Gesetze . . . und alle Söhne Belials werden iiire Söhne ohne Beschneidung lassen, wie sie ge- boren sind . . . sie li;d)en ihre Glieder gemacht wie die Heiden, so daß sie vertrieben und au.sgerottet werden von der P^rde« : vgl. Makk. I i. 15 kai

^nolHCAN GAYTOTC AKPOBYCTIAN, KAI AO^CTHCAN ÄnÖ AlAeHKHC ATIAC, KAI ezeYriCGHCAN

To7c eeNeciN. So wird denn die göttliche Züchtigimg kommen (23, 2 2 ff.) »und er wird wider sie die Kinder der Heiden« Antiochos Epiphanes

1 6 E. M E V F. R :

und seine Gehilfen »erweclven. l)ei denen kein Krbarmen und keine (Jnade ist, die auf niemanden Kücksicht nehmen, weder auf alt noch auf jung, auf niemanden" ; vgl. Makk. II 4, 16 kai ün «hadyn tac ArurÄc kai kao' ö AOAN HeeAON esoMoiOYceAi, TOYC noAEMioYc KAI TiMüjPHTAC ^cxoN, Und das Blut- bad in Jerusalem II 5. 1 1 ff. er^Nero ngcün kai npecBVT^PcoN anaIrgcic, anhibun

TG KAI TYNAIKUN KAI TeKNUN A*ANICMÖC, HAPeeNtON TG KAI NHÜIUN CfArAI. »In jenen

Tas-en werden sie schreien und rufen und beten, daß sie aus der Hand der sündigen Völker gerettet würden, aber keiner ist, der gerettet wird«. Dann aber wird die TTmkehr eintreten: »in jenen Tagen werden die Kinder anfangen, die (Jesetze zu suchen und auf den Weg der (lerechtigkeit um- zukehren«. Dann av erden auch die Tage des Segens und der göttlichen Gnade kommen, die nach Jes. 65 geschildert werden, in denen die Lebens- dauer der Menschen von (Geschlecht zu Geschlecht wieder eine größere wird, wie in der Urzeit.

Im .Buch Henocli' wird diese Zeit und die Verfolgung der Frommen in Kap. 91 105 geschildert: »In der siebenten Woche«, heißt es 93, 9 f., d. i. in den 490 Jahren nach dem Exil, »Avird sich ein abtrünniges Ge- schlecht erheben; zahlreich werden seine Taten sein, aber alle seine Taten werden Abfall sein. Und am Ende derselben Averden die auserwählten Gerechten von der ewigen Pflanze der (Tl(Techtigkeit auserwäldt werden, daß ihnen siebenfache Belohnung zuteil werde über seine ganze Schöpfung. « Dann tritt, in den drei letzten Weltwochen, die herrliche Zukunft ein bis zum großen Weltgericht in der zehnten Woche. Daran schließen die Mah- nimgen zum Au.sharren in Frömmigkeit und Gerechtigkeit, trotz der argen Heimsuchungen durch die Sünder, die ihnen beAorstehn: die weite Ver- breitung des Abfalls, die Verehrung der Götterbilder (99, 7), die Habgier, die Verfolgung und Erschlagnng der Gerechten und Guten (103, 9 ff.), der Bürgerkrieg (100. i f.) werden eingehend verkündet: aber die Vergeltimg und die zukünftige Belohnung am Tage des großen Gerichts werden nicht ausbleiben. In den Testamenten der Patriarchen erscheint die Priester- schaft, die Nachkommen Lewis, als der Hauptschuldige. Sie ist zu den höchsten Ehren berufen und hat weitaus den Vorrang vor der weltlichen Macht, dem neben ihr stehenden Königtum Judas. Diese Stellung soll ihr

' Icli benut/e für dasselbe die rbevset/.img von Fi.kmjiim. (das Buch Heiioph, 1901), in dei' RAiiEHMAfiiER die irrieciiiscli erhaltenen Stiiciic beiueriiyt hat.

Die (jcnieiiulf df'S neuen Bundes int Lande Damaskus ] 7

aucli gewahrt bleiben: aber nur um so schlimmer ist, daß, wie ihr Ahn- herr Lewi aus der Schrift Henochs weiß', sie »am Ende der Zeiten« (^ni TH CYNTCAeiA TÖN aiüjncün) gottlos und abtrünnig werden werden, »so daß Jerusalem es nicht aushält angesichts eurer Schlechtigkeit, sondern der Vorhang des Tempels zerreißt, so daß er nicht eure Schande verhüllt«; dafür sollen sie als Gefangene vinter die Heiden zerstreut werden (Test. Lev. lo). Sie werden (cp. 14) »das Licht des Gesetzes, das euch zur Er- leuchtung eines jeden Menschen gegeben ist, aufheben und den Verord- nungen Gottes entgegenstehende Gebote lehren«'; ihr werdet »die Opfer des Herrn stehlen und von seinen Anteilen die auserlesenen Stücke rauben, in Verachtung sie verzehrend mit Huren, in Habsucht die Gebote des Herrn lehren, . . . die Töchter der Heiden zu Weibern nehmen . . . gegen die Gebote Gottes euch aufblähen und das Heilige verspotten und darüber scherzen«. Wie das Buch Henochs lehrt, werden sie (cp. 16) »70 Wochen (490 Jahre) irregehen und das Priestertum schänden, die Opfer beflecken und das Gesetz außer Kraft setzen, . . . durcli Verdrehung gerechte Männer verfolgen und Fromme hassen, die Worte der Wahrhaftigen verabscheuen und einen Mann, der die Gesetze erneuern will, einen Verfiihrer nennen und schließlich töten, da ihr seine Gerechtigkeit nicht erkennt« \ Unter dem sieben- ten Priester »wird eine Befleckung sein, die ich nicht sagen kann vor den Men-

' Test. I^v. 10. 14. 16. Dieselbe Bezugnahme und die gleiche Verkündung für die eigenen Narhkommen kehrt in den übrigen Testamenten wieder (Sim. 5, .lud. iS, .Scb. 3, Dan 5, Napht. 4, Ass. 7, IJenj. 9), in Dan 5 mit Bezugnahme aiif die Sünden der I.ewiten, während Simeon 5 den Nachkommen die Empörung gegen Lewi und als Strafe dafür die Verteilung in I^wi und .luda verkündet wird.

- Vgl. BocssET ZNTW 1 r68. Der in drei wenig voneinander abweichenden Fassungen (s. Chaiilf.s' Ausgabe) vorliegende Text lautet tI noiHCOYCi Hanta ta ieuH, ikn YMeTc CKOTiceflTe in Aceßei/» kai snAieTe katäpan ^ni t^noc hwön, yoIp oy «üc toy nömoy Aoe^N ymPn eic »uTiCMÖN oantöc Anopcühoy, toyton eeAHceTe ANeAelN, ^nantIac ^ntoaäc aiaXckontec toic toy ecoY AiKAi(i)MACiN. Wcshalb, wic BorssKT behauptet, nANTÖc Anopühoy -eine offenkundig«' (llossc" sein soll, weiß ich nicht: das Gesetz, ist den Lewiten anvertraut, sie sollen dadurch alle Menschen, d. i. natürlich die gläubigen .luden und I'roselyten, erleuchten.

' S. Bou.sSET Z.NTW 1 169. nach dem der urspn'ingliche Text etwa lautet: ka'i anapa ÄNAKAiNonoiOYNTA TOYC NÖMOYC HAÄNON nPOCAPOPeYceTe KAI T^AOc XnoKTeNe?Te aytön oyk eiAÖTec

THN AriCAlOCYNHN A'iTOY. KAI ^N TlH KAKIA ■Y'WfiN t6 ABÖON AIMA ^ni THC KGOAAfiC YMCON KAI iui THC K€«AAHC TUN YIUN ^MÜN XNAA^SeCSe, KaI AI' AYTÖN fe'cTAI jk ArlA YmSn ePHMA fe'tüC ^AAi»>OYC.

Chaki.es liest für thn aikaiocynhn aytoy mit einem Teil der Überlieferung Xnäcthwa aytoy (was in einem Teil der armenischen ('bereetzung durch AnActacin ersetzt, also auf Jesus bezogen winl). und übei-sctzt: »not knowing bis dignitv".

IhiL-hist. M,h. HnH. Ar. H. 3

18 . K. M E Y E R :

sehen . . In der siebenten Woche werden lepeTc eiAcoAOAAXPOYNTec «oixoi (so Charles statt des in anderen Handschriften gebotenen maximoi) «iaärtypoi Ynepi^*ANOi ÄNOMOi AceAreTc nAiAO<t>eöpoi KTHNOo>eÖPOi kommen (cp. 17); dann aber folgt, wie im Henoch, das Gericht- und die 'J'age der Herrlichkeit (cp. 18). Ganz deutlich ist, daß die Abfassungszeit hier wie im Henocli inid in den Jubiläen die Zeit der BedWingnis ist: bis dahin sind die geschilderten Zustände historisch, auf sie soll unmittelbar das Phantasiegeraälde des Strafgerichts und der zukünftigen Herrlichkeit folgen. Diese Bedrängnis aber ist die Zeit der Seleukldenherrschaft vor oder bis in die Anfänge der niakkabäischen Erhebung. Wesentlich durch die Priester, durch ihren Kampf um die fetten Pfründen, durch ihre Unlust, die lästigen Zeremonien weiter zu veri'ichten, und ihre Bereitschaft, auf die griechischen Lebens- formen einzugehn, ist ja die Krisis herbeigeführt worden : es ist in der Tat die Zeit der schweren Versündigung Lewis. Vgl. Macc.n4,i6ff. : als Jason Iloherpriester geworden ist, eve^uc npöc tön ""Gaamnikön xapakthpa to'tc

ÖMO<t>^AOYC Mer^CTHCe . . KAI TÄC NOMIMAC KATAAYUN nOAlTciAC nAPANÖMOYC eOlCMOYC

GKAiNizeN. Er erbaut das Gymnasium, ücxe MHKexi nepi tac to9 eYciACTHPiOY AeiTOYPriAC npoeYMOYC gTnai to'Vc lepeTc, aaaa toy mcn Neu kataoponoyntcc kai

TÖN eYClÜN ÄMSAGYNTGC ecnGYAON MeTEXElN THC GN TH OAAAicTPH nAPANÖMOY XOPHrJAC;

und nachher 6, 4 fl'., als der Zeuskultus eingeführt ist, men igpön acutiac KAI K(i)Mü)N Ynö TÖN eeNüJN enenAHPOYTO pagymoyntun Mee' eTAiPÜN, kai en toTc

lePOTc nePIBÖACüN rYNAIII nAHCIAZÖNTUN, GTI Ae TA MH KAeHKONTA GNAON eiC«>eP6NTCi)N . AG eYClACTHPION ToTc AnOAlGCTAAM^NOIC AnÖ TUN NÖMCJN AGewiTOIC enenAHPtüTO. HN AG OYTe CABBATIzeiN OYTS HATPUDYC eOPTAC AIA^YAÄTTCIN O^TG XnAOÜC '"IoYAaTON

ÖMOAoreTN gTnai. Daher auch die Erwähnvmg des Götzendienstes, der Verehrung der eiAWAA Test. liev. 1 7, Juda 23, Seb. 9, KAlre nÄN etAUAON npocKYMMcere, ganz wie in unserem Texte B 20, 9. 24. Das alles paßt nur für die Zeit des Antiochos Epiphanes und schließt jede spätere Epoche aus, so die Vorgänge, die zu der Eroberung durch Pompejus fährten, in die Bousset diese Abschnitte der Testamente versetzen möchte'.

' ZNTVVIiQof. Kr zioht die beknnntlich auf die Eroberung durch Pompejus bezüg- lichcii {'salinen Salomos als Parallele heran. Gewiß ist auch in diesen von Beneckun.'t und l".utvveiliung des Heilifitiims, Von l'iostitutioii der Töchter .lenisalems, Khebnich der Vor- nehmen, llal)giei- und Fiun-el aller Art die Hede, wie auch sonst in allen Propheteni-oden. Aber di(! scliai le Anklage gerade gegen die Söhne Lewis findet sich hier nicht, und zu der war auch kein ausreichender Anlal.i, wie er in der Seieukiden/eii in vollstem Maße vorlag: und ebenso kann von (iölzcndienst und IJilderkult in der Zeit des l'ompejus keine Kede sein.

Dir (Irimindc des ncwii Ihiiiilcs Im IjiikIi- JJa/naskiis 1 J)

Genau dieselben Zustände schildert nun unser Text; er gehört mit den drei anderen Sclirif'ten eng zusammen. Sie stammen also alle aus der- selben Zeit wie das Danielbuch. Aber während dies im Judentum kanonische Geltung gewann, ist das bei unseren vier Texten nicht der Fall: sie blieben in dem weiteren Umkreis der Schriften und haben weder in die hebräische noch in die griechische Bibel Aufnalime gefunden. Sie sind eben aus einer anderen Schicht der gläubigen Gemeinde hervorgegangen als Daniel; dieser gehört der Gruppe an, die unter den Makkabäern in Palästina zur Herrschaft kam, jene dagegen der Diaspora. So erklärt es sich auch, daß die für Daniel charakteristische, dem Parsismus entlehnte Ausgestaltung der Kschatologie jenen Schriften völlig fremd ist; in den Erweiterungen des ältesten Henochbuchs hat sie dann Eingang gefunden, in den drei andern findet sich von ihr noch keine Spur. Dadurch werden sie nur um so wertvoller: sie gewähren einen Einblick in die verschiedenen Schichtungen der damaligen Anschauungen und zeigen, daß die viel weiter vorgeschrittenen Vorstellungen im Danielbuch noch keineswegs Allgemeingut gewesen sind, sondern damals erst entstanden sind und sich dann in der folgenden Zeit, unter den Makkabäern, durchgesetzt haben.

V^on den Abtrünnigen haben sich luui die Frommen abgesondert als die »Gemeinde des neuen Bundes«. Sie liaben Jerusalem und Judäa ver- lassen und sind nach dem Gebiet von Damaskus gezogen, um hier, unbe- hindert durch die Gottlosen, nach dem Gesetz zii leben. Diese Emigration ist eine Parallele zu der Auswanderung der Nachkommen des legitimen Hohenpriesters Onias mit ihrem Anliang nach Ägypten, wo sie die Gemeinde des Tempels von Leontopolis gründeten. Als »die, welche eingetreten sind in den neuen Bund im Lande Damaskus« werden sie 6, 19. 8,21 bezeich- net. Es ist sehr zu beachten, daß von dem entsclieidenden Eingreifen des Anti- ochos, der Umwandlung des Tempels in ein Heiligtum des Zeus und der systematischen Keligionsverlolgung so wenig die Rede ist wie von der mak- kabäischen Erhebung; die Erwähnung des Strafgerichts über die Abtrünni- gen (1, 2 I. 2, I, oben S. 14) hält sich in ganz allgemeinen Wendungen, in Wirkliclikeit ist es offenbar noch nicht eingetreten. Ebenso wie <las Jubiläen- buch und die Testamente fällt auch unser Text und die Auswandenuig nach Damaskus vor die entscheidenden Kreigni.sse in Palästina und die natio- nale Krhebinig, in die Zeit, als die Apostaten, die Reforuijuden, noch die Macht in Händen hatten. Auch daß die Auswanderer nach Damaskus ziehn,

;(*

20 K Mkykk:

also in eine unter seleukidischer Herrschaft stehende Stadt, zeigt, daß dies Ereignis vor die Zeit fällt, in der Antiochos entscheidend gegen das Juden- tum auftrat.

An die neue Gemeinde ist die Fortsetzung der Rede gerichtet (2, 2 ff.): »Und nun hört auf mich, alle die ihr in -den Bund eingetx-eten seid, und ich will euren Ohren die Pfade der Sünder enthüllen. Gott, der Kinsicht (nyn) liebt, hat Weisheit und Umsicht vor sich gestellt« (nrrn ?T'["]©irT', die ständigen Termini der Weisheitsliteratur) »Klugheit {'n'ü'V) und Verstand sind seine Diener. 'Langmut ist bei ihm und Fülle der Ver- zeihung' (Exod. 34, 6, etwas verändert), zu vergeben 'ifeuigen Sündern' (Jes. 59, 20), aber auch Macht und Stärke und große 'Zornglut mit Feuer- flammen' (Jes. 66, I 5) darin sind alle Strafengel (Van -ricsr, eine aus dem Talmud bekannte', aber auch schon im Henocli 53, 3 vorkommende Engelgruppe) für die vom Weg Abweichenden und die Verächter des Gesetzes, 'so daß kein Über- rest und F^ntrinnen für sie bleibt' (PCzra 9, 14).«

Daran scliließt der Verfasser sogleich einen Überblick der Weltgeschichte, der sich ganz an das Jubiläenbuch anschließt. Von Urbeginn, von der Weltschöpfuiig an, hat Gott alles vorausgewußt, daher aucli den Abfall der Sünder und den Termin ihres »Endes«, ihrer Vernichtung festgesetzt auf die Prädestinationslehre, die sich daraus ergibt, kommen wir noch zu- rück— : »Denn Gott hat sie nicht erwählt vor der Urzeit (a'""^ =~pic); ehe sie ihre Pläne faßten, hat er ihre Taten gekaimt. So verabscheute er ihre Geschlechter von Anfang an" und verhüllte sein Antlitz vor der F>de bis zu ihrer Vernichtinig^, und er kannte die Jahre ihres AuCtrotens und die Zahl und die Be- stimmung ihres Endes ^ (die riu- ihren Untergang festgesetzte Zeit) entsprechend den .Jahren ■der Welten und die Geschehnisse bis zu dem was bei ihrem Ende kommen wird in allen Jahren der Welt. Aber unter ihnen allen hat er mit Namen Gerufene be- stellt, um 'der Erde eine Schar Geretteter übrig zu lassen' (Ezech. 14, 22) und 'den Erdkreis zu füllen' (Jes. 27, 6) mit ihrem Samen; und er belehrte sie durch [seinen Messias] seinen heiligen Geist und das ist die Wahrheit, und durch die deutliche Bezeichnung ihrer Namen ; aber den er haßt, den läßt er irren.«

' Weber, Jüd. Theol.' 172.

^ Mit Charles ="(p") on—ii .-s ;"ni- zu lesen.

•' Statt a-:-n -• -^k ist a:r -• (Deut. 2, 15) zu lesen: in ^ könnte d-^-: stecken.

' Natürlich ist nn^s- -^i-t' statt =r- zu lesen, Im folgenden korrigiert Gress.ma.nn "ns

s~:-'v -■- in "■" -.V V:";,

Du- (irinnudi' dex ufUfit Bundis im Landr lJ(iinuKku!< 21

Daß in diesen letzten Worten fremde Bestandteile in den Text ein- tredrungen sind, ist klar. »Messias« und »heiliger Geist« verträgt sich nicht miteinander, ganz abgesehn davon, daß beide asyndetisch neben- einander stehn'. Wäre Messias acht, so müßten wir die Lehre von dei- Präexistenz des Messias und seiner Wirksamkeit seit Anbeginn der Schöpfung schon hier annehmen, was wenig wahrscheinlicli ist. Es kommt hinzu, daß rrs Sirr. •> und er ist die Wahrheit« often>)ar Glosse zimi heiligen Geist ist, der eben die Wahrheit ist, hier die Gottes, nachher p. 5, 1 1. 7,4 die in den Menschen lebende Wahrheit (s. u. S.36f.). Auchim Jubiläenbuch kommt 25, 1 1 »der Geist der Wahrheit« (oder nach einer anderen Handschrift »der heilige (ieist«) auf Rebekka, als sie Jakob segnet. So halte ich »Messias« nicht für eine Glosse, sondern für einen dem Schreiber in die Feder gekommenen Irrtum, den zu tilgen er hier wie sonst unterlassen hat, wälirend in B solche Tilgungen sehr liänfig vorkommen. Ebenso liegt im folgenden sn^n'.icis "TSC C-."^S31 deut- lich eine Dittograpliie vor. Streiclit man mit Sciieciiter TCO, so kann das übrige nur eine weitere x\usfühnuig der Belelirung sein: er belehrte sie durch seinen heiligen Geist und dadurch, daß er ihre Namen deutlich bezeichnete? oder bestimmte', mit anderen Worten dadurch, daß sie zum Heil prädestiniert und ihre Namen, wie es im Henoch und im Jubiläenbuch heißt (vgl. S. 39), in den himmlischen Tafeln verzeichnet sind (vgl. p. 3, 3 S. 22; 4, 4f. S. 23f. ; [). 20, 19 S. 43). Die Worte sind aber olTenbar ein späteres Einschiebsel.

Jetzt hebt der Verfasser noch einmal an (2, 14): »Und jetzt, Söhne, liört auf mich ; ich will eure Augen öffnen, zu sehn und zu erkennen die Taten Gottes und zu wählen, was ihm gefällt, zu verwerfen, was er haßt, in Vollkommenheit zu wandeln auf allen seinen Wegen, und nicht zu tra<"hten in (Gelüsten des bösen Triebes' ((len. 6, 5) nach Schuld und Unzucht. Denn viele sind dadurch auf Irrwege geraten und Ki-iegshelden <ladurch gestrauchelt vor alters und bis heute. Weil sie 'in Verstocktheit des Herzens wandelten' (Jes. 13. 10), sind die Wächter des Himmels (nT r^ccn) gefallen ; dadurch wurden sie gepackt, da sie die Gebote (iottes nicht bewahrten, und ihre Söhne, die hoch aufragten wie Zedern' (Arnos 2, 9)

' Tn? rrn -rvzK -rz. Die Cbei-setzunj^ von Schechtkr und Chaki.es »ilurcli seinen Messias lehrte er sie seinen heiligen Geist kennen« lialte ich tVir uiitnöglich.

- Kbensd steht p. 4, 4 s: :'~nV zr^-r:: r— i r:r. Sonst könnte man aiicli, woran Ghessjian.v (lenkt, ":r ir-t: it:x .s~ hei-stellen: -das ist nach der Exegese seines Namens die Wahrheit«; doch ist mir da.s weni<r wahi-scheinlich.

22 E. Mk V EI«:

und deren Körper Hergen glielien, sind gefallen« es ist der Mytlius von den jetzt als »Himinelswächter« (n''^on "^tj", erPHropoi) bezeiclnieten Göt- tersöhnen, die von den Töclitern der Menschen Riesen zeugen (Gen. 6, iff.), ein Lieblingstlieina dieser Literatur (Jubil. 4, 22. 7, 2 i ff . 8, 3. 10, 5. Test. Rüben 5. Napht. 3), das dann im Henochbuch cp. 6 ff", ausführlich behandelt wird'. So folgt auch hier ein Hinweis auf die Sintflut und ein kurzer Abriß der Geschiclite Israels bis zum l ntergang des Reichs:.

(2, 20) »'Alles Fleisch, das auf dem Festland war, erstarb' (naeli (ien. 7, 2of.) 'und ward, als Avären sie nicht gewesen' (Obadja 16), weil sie ihr Belieben taten und die Gebote ihres Schö])fers nicht hielten, bis daß sein Zorn über sie entbrannte. Darüber gingen irre die Söhne Noahs, und ilire Geschlechter wurden deshalb vernichtet. Abraham wandelte nicht darin, und wurde zum Freund gemacht, weil er Gottes Gebote befolgte und nicht das Belieben seines eigenen Geistes vorzog. Er lehrte Isaak und Jakob« vgl. im Jubiläenbuch die idyllische Ausmalung ihres Verkehrs mit Abraham cp. 2 1 23 »die hielten sie und wurden als Freunde Gottes und als Inhaber des Bundes fiir die Plwigkeit aufgezeiclinet. «

(3, 4) »Aber die Söhne Jakobs gingen darin irre und wurden bestraft gemäß ihrer Verfelüungen. Und ihre Söhne in Ägypten wandelten in der VerStockung ihres Herzens, indem sie sich berieten wider Gottes Gebote und jeder tat, was ihm recht schien; und sie aßen das Blut, und so wur- den ihre Männer in der Wüste aufgerieben. Von Qades zogen sie hinauf und folgten ihrem eigenen Sinn" und hörten nicht auf die Stimme ihres Schöpfers die Gebote ilues Lehrei's ' und murrten in ihren Zelten' (Deut. 1,27). Da entbrannte Gottes Zorn gegen sie. Auch ihre Kinder sind darob zugrunde gegangen, und ihre Könige deshalb ausgerottet, ihre Krieger darob zugrunde gegangen, ihr Land darob zur Einöde ge- Avorden. J)adurcli sind die früheren Mitglieder des Bundes schuldig ge- worden und wurden dem Schwert preisgegeben, weil sie den Bund (iottes verlassen hatten und nach ihrem Woldgefallen wählten und der Verstockung ihres Herzen« folgten, ein jeder zu tun, was ihm getiel. «

' Im Daniel ersclieinen be]<aniitlieli 4, 10. 14. 20 diejenigen dieser "^^'äcllter- (^rPHropOlj, di(! getreu gcljlielien sind, ids Seliieksalsengcl.

- Für :-— nti "s-: •h'y ■:i--2 vcrinntc-l (Jukssmann •D-.-t und ••::--. •^ Lies mit Chaki.ks ::-■'—; r^-^-: fnv 3;-— 1.

Dif Gf^mt'infle drs n/nr/i BkikIcx im Lande ])om(ishis 2H

(3,12) »Aber mit denen, die an Gottes Geboten festliiclten, die von ihnen übriijgeblieben waren, liat (iott seinen Bund mit Israel auf ewi,£>' eri'iclitet, ihnen Geheimnisse zu offenbaren, in denen ganz Israel in die Irre gegangen ist: seine heiligen Sabbate (s. o. S. 9), seine herrlichen Feste, seine gerechten Satzungen, seine wahrhaftigen Wege, und die For- derungen seines Willens, 'durch die der Mensch, wenn er danach handelt, am Leben bleibt' (Lev. 18, 5). Er hat vor ihnen eröffnet und sie haben einen Brunnen gegraben"' {Num. 21, 18, s. u.) mit vielen Wassern: doch wer ihn verschmäht, wird nicht leben. Aber sie haben sich gewälzt in mensch- licher Sünde und weiblicher Unreinheit, 'und sie sprachen: das gehört uns' (Ez. 11,15. 33» 24). Und Gott, in der Fülle seiner Wundertat, hat ihnen ihre Sünde verziehn und ihre Verbrechen vergeben; und er baute ihnen ein beständiges Haus in Israel, dessengleichen nicht gestanden hat vormals imd bis heute, und die an ihm festhalten, sind bestimmt fiir ein ewiges Leben (ns; ""nb). und alle menschliche Herrlichkeit ist für sie.«

Auf diese Gemeinde der (Mäubigen werden nun. mit der üblichen (tc- waltsamkeit. die Sjuniche der Schrift gedeutet. So gleich im folgenden (3, 20tf.) der Spruch Ezechiels 44, 15": »Die Priester, Lewiten Söhne Sadoqs, die den Di<'nst in meinem Heiligtum pflegten, als die Söhne Israels von mir abirrten, die sollen mir Fett und Blut bringen.« Der Text ist durch zweimalige Einschaltung von »und« in »die Priester und die Lewiten und die Söhne .Sadoqs« geändert und wird folgendermaßen erklärt:

»die Priester sind die sich Bekehrenden Israels, die aus dem Lande .Inda ausgezogen sind;

»und (die Lewiten siiul ' sind die, welche sich iJuien angeschlossen haben (zmc~ s-ibrn, mit etymologischem, aus Num. 18. 2. 4 entlehntem Wort- s[)iel; zrsTiy ist wohl in =n"''*7 zu korrigieren):

»und die Söhne Sadoq's sind die x\userwählten Israels, die bei Namen gerufen sind (vgl. o. S. 21), die am Ende der Tage (c^r'n r"'"ins3) bestehn werden.

' -«a "■■iip^ anaeV rtnt. Da mit dieson Wortrii ebenso wi«- narliher6.3(r. (s. u..S. 24) das Lifd Num. 21. 18 :—s r— sr; -x: /itifrt wird, ist es mir zwiMfolhaft, ob fiuKSSMANN mit K''''lit -in'- iiriil IT grul)- korrigiert.

- Da.s Ziliil wird angefiifjt mit di'ti Worten: »Wie (njtt ilnion liesläti^tt- diircli <len I'nijjhetcn Kzecliiel mit den Worten: 'die Priester niid die Lewit^-n' usw.-

^ Daß diese Worte vom Selneiber voiselientlirii nns-felassen sind, ist evident.

24 K. Meykr:

»Siehe (das ist) die genaue Bezeiclinung ihrer Namen (onTlia» c*"ie, vgl. o. S. 2i) nach ihren (ieschlechtern und das Ende ihres Bestehens (3TC7T2 l^p. d. i. ihr Bestellen bis zur Endzeit) und die Zahl ihrer Bedräng- nisse und die Jahre ihres Aufenthalts in der Diaspora (0"!"T'>rn -DB) und die genaue Angabe (SJ'T'B) ihrer Taten (d. i. Schicksale).«

Hier wird also die gesamte Gemeinde als eine priesterliche von lewi- tischen Auserwählten bezeicluK^t: das Vorrecht der Abstammung tritt da- gegen zurück, wenn es auch in der Organisation noch. berücksichtigt wird (s. u. S. 46).

(Gleichartig ist p. 6, 2 IT. die Verwendung des Brunnenliedes Num. 21.18 (vgl. 0. S. 23): Nach der Verödung des Landes »gedachte Gott des Bundes mit den Vorfahren, und er nahm von Aharon Einsichtige und von Israel Weise und ließ sie verstehn'. Und sie gnd)en den Brunnen, einen Brun- nen, den Fürsten gegraben, die Edlen des Volks als Gesetzgeber" gebohrt haben'«.

»Der Brunnen ist die Tora:

Und die dm gruben, sind die sich Bekehrenden Israels, die aus dem Lande Juda ausgezogen sind und sich im Lande Damaskus in der Diasjjora niedergelassen haben ('"ra-^l). die Gott sämtlich Fürsten genannt hat. weil sie ihn gesuclit und nicht nach ihrem eigenen Ruiim getrachtet haben '^r

Und der Gesetzgeber ist. wer die Tora studiert (rrnnri IBTI), von dem -lesaja spricht (54, 16) wer ein Gerät für sein Werk hervorbringt';

Und die Edlen des Volks sind die, die gekommen sind, den Bruimen zu bohren durcli die Rechtssatznngen. die der (Gesetzgeber festgestellt hat. nach ihnen zu wandeln in der ganzen Endzeit des Frevels, und außer ihnen sollen sie niclits sinnen', bis der Lehrer der Gerechtigkeit (d. i. der Messias) auftritt am Ende der Tage.«

Noch weit gewaltsamer ist 7, 14 ff. die radikale Umdeutung des Spruchs Arnos 5, 26 f.: »So werdet ihr den Sakkut, euren König, und den Kewan, euer, Götterbild, den Stern, euren Gott, den ihr euch gemacht liabt, auf-

' :i-:3^- ~pv öftriete ihnen das Gehör«.

- So faßt unser Text das Wort —-n-::. vgl. LXX eN th BACiAeU aytön. während es in Wii-kliciilveit zweifellos »mit dem Richterstab" bedeutet.

^ GiiESSMANx ZDMG 66. 503: ..Statt -rrs ■'tz an-ss r:c-- sV- lies --s --tz ar-ss.- -:r- s'i- »sie trachteten nicht nach ihrem eigenen Ruhm, einmütigen Sinnes.. Oh <lie beiden letzten Worte richtig sind, ist mir fraglich.

' Lies mit Gressmann ■-^•i-' für -.-.irn.

hir (ir/iii'i/tt/r ilr.s lli-um BuildiX Uli Jjdinlc DdllKIskll.^ 2")

laden, luul ich werde cue?i über Damaskus hinaus ins Exil führen.« Diese Worte sind allerdings schon früh unverständlich gewesen, wie LXX zeigt'; unser Text, der den Wortlaut zusammenzieht und überdies aus Flüchtigkeit ein paar Worte ausläßt, die in der Erläuterung berücksichtigt werden", deutet den Gottesnamen Sakküt als n"2D »Zelte« oder vielmehr wie LXX singularisch als Tr rxc (in der Erläuterung daher Ysrn roio geschrieben) »Zelt des Königs« , =*"r'-S p-: als »der Bestand (oder 'das (iestell'?) eurer Bilder«, und erklärt:

»Die Bücher der Tora sind das Zelt des Königs, wie er gesagt liat (Arnos 9, II ): 'ich werde aufrichten das verfallene Zelt Davids';

»der König ist die (Volks-) Versammlvmg;

»der Bestand eurer Bilder sind die Bücher der Propheten, deren Worte Israel veraclitet hat;

»der Stern ist der Student der Tora (niTH tsitt). der nach Damaskus gegangen ist. wie er sagt (Num. 24, 17): 'ein Stern geht aiif aus Jakob und ein Szepter erhebt sich aus Israel" das Szepter ist der Fürst der ganzen Gemeinde, und durch .sein Auftreten '^wird er zerschmettern die Schläfen Moab.s)' und ausplündern' alle Sölme Sets'.« Das Szepter wird also auf den kommenden Messias gedeutet, den Fürsten, der ganz Israel wieder einigen und seine Weltherrschaft herbeiführen wird: der Stern sind die Torafor.scher der dama.skenischen (»enieinde. die das Kommen des Messias vorbereiten.

Die Verkündung des Amos auf diese {Gemeinde zu deuten, war in der Tat durch die Erwähnung des P]xils »jenseits Damaskus« oder, wie unser Text liest, »der Zelte von Damaskus« nahe genug gelegt; möglich ist auch, daß eben diese Stelle die Gemeinde veranlaßt hat. nach Damaskus auszuwandern. Sie ist angescldossen an das in gleicliem Sinne gedeutete Zitat von.Ie.saja 7. i 7 (p. 7. 10 ff): »er wird über dicli und dein Volk und dein Vaterliaus Tage Itriugen. wie sie ^nicht) ' gekonunen sind seit dem Tage, da Ephraim von Juda abfiel.« Die Erläuterung lautet: »Durch die Trennung der beiden

' KAI XNCAABCTe THN CKHNHN TOY MOAÖX KAI t6 ACTPON TOY 960Y YMÖN TaI4>ÄN, TOYC

ftTioYC AYTÖN oYc inoiHCATe ^AYToic, KAi «eToiKiüi YMAC ^neKeiNA Aamackoy.

- Der Text bei .•\inos laut<?t: tij;-- ::t zrsv -rs =rrVs :r~ az-Vru ;--: ns- =::'■:•: n-:r rs arsr:- ^■■s^-'~ -nv-i zsrit. Dai-nii.s iiiaclit unsi-r Text ••:ni ^Vrsi :;-:;:: -': rs- s::--: r-:r n.x -r-;;.r-: die \\\-- läiilcruiig l)erücksiclitigt :il»fr .■lucli das ;insgeliis.seiii' :ii.

■' Oft'enbar aus Flücbtigkcit ausgelassen.

' Wie <l<;r massoreli.sclio Text von Xuin. 24. 17 liesl aiieli unsere Sdirift ~"\ LXX riPONOME'i'cei. iiiciit -:■— -cl<*n Schädel-, wie .len>m. 48. 45.

' Vom .Selii'eilter ausgelassen. Hiil.-hhl. Af,h. I9I!>. .Vr. i>. »

2.6 K. Mkvkk:

Häuser Israels ist Ephraim von Juda abgefallen, und alle, die sich zurück- hielten, sind dem Schwert überliefert, aber die festhielten, retteten sich in ein Land des Nordens, wie er gesagt hat« und nun folgt das Zitat aus Arnos. Die Trennung zwischen Juda imd den Nordstämmen wird also hier ohne weiteres auf die Ereignisse der Gegenwart und den Auszug der Frommen (des wahren Juda oder Israel) nach Damaskus bezogen'.

Dieses ganze Stück 7, 10^21 fehlt in dem hier erhaltenen Parallel- text B; an seine Stelle tritt 19,711'. ein Zitat aus Zacharja. Eingeleitet sind die Zitate in beiden Texten mit den Worten: »und alle Verächter (der Gebote und Satzungen)", wenn Gott das Land heimsucht, über sie wird er Vergeltung der Sünder bringen'^, wenn das Wort kommt*, das geschrieben ist«, und nun folgt in A: »in den Worten des Propheten Jesaja ben Arnos«, in B: »durch ilen Propheten Zacharja (13. 7): 'Schwert, wache auf gegen meine Hirten und gegen den Mann meiner Genossen- schaft, spricht Gott': schlage den Hirten, daß die Schafe sich zerstreuen und ich meine Hand gegen die Geringen kehre'.« An Stelle eines Spruchs, der auf die Damaskener Gemeinde gedeutet werden kann, tritt hier also ein Wort, das die Schwere des Strafgerichts verkündet. Die Erläuterung fügt dem ein Wort des Trostes für die Gläubigen hinzu, das aus Zacharja II, II entnommen ist", kehrt dann aber zu dem Strafgericht zurück. Sie

' Es ist sehr bezeichnend, daß unser Text die bei .Tesa ja zwar interpoh'erte, aber zu seiner Zeit gewiß schon voi-b'egendi' Dentnng (sie steht auch in LXX): »er wird (Unglücks-) Tage lii'ingcn, nämlich den Könifj von Assur«, nicht berücksichtigt, so nahe die Deutung auf Antiochos Kpiphanes gelegen hätte. Dessen entscheidendes Kingi-eifen war eben nocli nicht erfolgt.

- Zusatz in B.

^ ari-iW n^yi" ;■»:.■. :-3-5 wird von allen Uearbeitern mit Recht als Hauptsatz betrachtet; dci- Infinitiv mit ^ erscheint in diesen Texten auch sonst als futuiiim, so 9, i s-r: r-wi; .er soll gelötet werden». In B ist durch Umstellung eine klarere Fassung gewonnen: :r=s^r- ;r- -a-- s":: ™s~ rs ;s ~tz a-V-; z^;--- s--:.-, z^sr^ a-'-r:;' .-^-r-:;.

* s',2z (so B) ist in A in s"z verschiiel>en odei' verlesen.

■* Bei Zacharja: ».lahwe Sebaot».

" Das Zitat ist texlkritisch nicht ohne Bedeutung. Der massoretische Text lautet: s-r r--T -z- -"z ■'n-s s^-rzvr.- '^üxr. -ii;>- p -rn^-; LXX liest statt dessen hier wie v. 7 •;ssh i-sf:: kai rNücoNTAi Ol XananaFoi tA nPÖBATA TA <t>YAACCÖMeNÄ Moi. Und dicsc Lesimg (in der Bedeutung »die Uändler dei' Schafe«) wird jetzt meist für richtig gehalten, l'nscr Text -.ts :r~2rsr- ■,s2r: ^^-;• sr. zeigt, daß er die Stelle bereits ebenso vei"Standen hat. wie die Massoreten: »und so werden die Armen der Herde, die auf mich achten, erkennen, daß das das Wort Jahwes ist" (oder vielmehr, daß der vom Propheten geschilderte Hergang die Sache Jahwes ist, daß (■!• sein Voigehn dadurch svniliolisch V(>i anschaidicht).

D'w (Irmrinilf des iit'Ufu Bvndrs im Laiidr I knnaslnts 27

lautet: »Die auf ihn (Gott) achten, sind die Annen der Herde'. Sie werden t/erettet werden am Ende der Heimsuchung^ über die Hörigen werden dem Schwert überliefert werden^ beim Kommen des Gesalbten (Messins) Aharons und Israels, wie es am Ende der ersten Heimsuchung geschah, von der er geredet hat durch Ezechiel (9,4): ein Zeichen zu machen auf den Stirnen der Seufzenden und Stöhnenden': ((bei' die übrigen sind 'dem Raeheschwert. das den Bund rächt', überliefert worden". »i Daß die kursi\- gedruckten AVortc zweimal vorkommen, zeigt deutlich, daß wir es mit einer Erweiterung des ursprünglichen Textes zu tun liaben: und das wird dadurch bestätigt, daß dieselben Worte auch in A stehn (7,21 f.). Sie folgen hier, ohne äußeren Anschluß, auf die Erläuterung zu dem Amos-Zitat und dem aus Num. 24 entnommenen Hinweis auf den Messias: «Diese sind gerettet worden'^ um Ende der ersten Heims(((hung: ((ber die sich zurückhielten ', sind dem S(-hwrr( überliefert worden.*

Es ist klar, daß in A und 1} zwei von verschiedenen Gesichtspunkten geleitete Erweiterungen eines älteren Textes vorliegen, die beide auch in sich selbst bmchig .sind und den ur.sprüuglichen Zusammenhang zerreißen. Weder die Fortsetzung schließt an »diese« (nbs) in A 7, 21 .sollen die bei der ersten Hcimsucliung, d. i. beim babylonischen Exil, Geretteten sein, vorher aber ist von der Zusammensetzung der (Jemeinde in Damaskus die Kede , noch setzen sie den vorhergehenden Text fort, der in beiden Rezensionen übereinstimmt (7, 6 9 —- 19, 2 6). Scheiden wir die Zusätze als Glossen aus, so erhalten wir einen konzinnen Text, der sich auf die Ordnung der neuen Gemeinde bezieht: »Wenn sie sich in Lagern (s. u.) niederlassen gemäß den Satzungen ' des Landes, und Frauen nehmen" und

' Hier (19, 10) steht das späthebräische, im .\. '1". nicht voriiDmnieiide Wort =•:' statt des 19, I,? und in A 8, i gebrauchten ~^>z-.

* Vgl. Anm. I.

* Für •■^■'•2 muß "S-rz: gelesen werden; ebenso fehlt In {-^rsst-r. ~-.~z- -,72 am Schluß das -.

* B^yesr. wie 7, 13, wo derselbe Satz in der Plrläutening zu Jos. 7, 17 stellt (oljen S. 26); B hat statt dessen o^jcm -die übrigen-.

■• -,— »r -;-;; A, :~- r-rr -3s •,— s- -7--; 1>: heißt das »nach den Sazungen des Landes, das im Osten liegt«, oder »wie sie von altei-s her bestanden«;' 7"c ist .späthebräisch und wird daher in B durcii "r. ereetzt; (.'haiii.ks benicrlit, daß es sich in der aramäischen Vci-sion des Testaments Lewi's (Greek version of the tcst. p. 250 v. .^o) lindct und liier im Urieclii- wlien durch TÄsic wiedergegeben wii-d.

* B setzt liin/.n n-vr: .-.rr:: »nach der Weise dur 'I'ora- : ;-" bc/.eiclinulc Hcj^. 11 9, 20 die Art, wie .lehn lährt.

4*

28 E. Mkyek:

Söhne zeugen und der Tora gemäß waiuloln und wie es das Recht der Fun- damente ist und der Ordnung der Tora entspricht, so wie er gesagt hat (Num. 30, 17): zwischen einem Manne und seiner Frau und einem Vater und seinem Sohne'' . . . .", dann werden diese gerettet werden^ am Ende der Heimsuclmng, aber die übrigen« (oder »die sicli zurückhalten") »sind dem Scljwert überliefert. So ist das Recht für alle, die in seinen Bund ein- getreten sind und nicht l)ei diesen Satzungen beharren, sie heimzusuchen zur Vernichtung durch die Hand Beli'als.«

Dies Thema, das drohende Strafgericht sowohl über die Gegner in Judaea -wie über die Abtrünnigen innerhalb der Gemeinde, wird im folgen- den, dem Schlußabschnitt der Mahnrede, weiter ausgeführt*:

»Das ist der Tag, au dem Gott heimsuchen wird, wie er gesagt liat (Hosea 5, 10): "die Fürsten Judas sind wie Verrücker der Grenze, an ihnen will ich wie Wasser den Zorn ausschütten' '. Denn sie waren eingetreten in einen Bund der Umkehr (naiwr Reue)", aber sind nicht abgewichen von dem Pfad der Abtrünnigen und haben ihren Mutwillen getrieben auf den Pfaden der Unzucht und mit dem Reichtum der Sünde; und jeder rächt sich und grollt seinem Bruder und haßt seinen Nächsten, und sie 'sind nicht hilfbe- reit' (Deut. 22, I. 3. 4) und sie ergeben sich der Unzucht und tun groß mit Reichtum und ungerechtem Gewinn, und jeder tut, was ihm gefallt und wählt nach der Verstocktheit seines Herzens, und sie haben sich niclit ab- gesondert vom Volk {und von ihren Sünden)', sondern 'lassen die Zügel schießen' (Exod. 3 2 , 2 5) 'mit hoher Hand zu wandeln auf dem Weg der Sünder. «

' Mit Absicht für »seiner Tdchtei-« in Nuni. gesetzt, wo diese Worte den At)schlut> der Bestininuingen über die Verbindlichkeit von Gelübden bilden.

^ Iliei" setzt die Interpolation ein, deren Eingang in beiden Texten noch überein- stimmt: »und alle Verächter {der Gebote und Satzungen), wenn Gott das Land heimsucht, über sie wird ei' Vergeltung bringen, wenn das Wort kommt- usw., s. o. S. 26.

^ Der ursprüngliche Text hatte also das Futurum -ji-'' wie B 19, 10, nicht das Per- f'ektum ■•_-5-::, wie A 7,21 (vgl. 7, 14) ergänzt wei'den muß. Ebenso ist die Bezugnahme auf die erste Heimsuchung in A 7,21 sekundär und fehlt in B.

' In diesem ganzen Abschnitt 8, i 21 r=: 19, 13 33 stimmen die beiden Rezensionen, \(iii kleinen Abweichungen abgesehn. wit-der wörtlich überein.

' In A niehrfiicli durch Auslassungen entstellt.

'' Dafür hat A s^-— : >: i-ct-^^ s:-:"; -Vrp 1:. wofüf Lkvi und Gressmann "sr: ::;r- vor- schlagen: »denn sie huirten auf einen, ilei- da heilt, aber ci- i-ächte sich an allen Wider- sp<*nsligen."

' Zusatz in 1>.

Die ireinelndi' drs neuen Ihuiden im Lanile Ikuiuo'kus 21)

»AI)er was Gott über sie gesagt hat, ist (Deut. 32, 33): 'Geifer von Draclien ist ihr Wein und scJireckliches Otterngift' (csriB TSSi, von unserm Text als »Otternkopf« \ erstanden). « Die Deutimg führt uns wieder ganz lebendig in die Seleukidenzeit:

»Die Drachen sind die Könige der Völker; ihr Wein ist ihr Verfahren (wörtl.: »ihre Wege«); Otternkopf ist das Haupt der Könige der Griechen, der über sie kommt, um die Rache zu vollziehn.«

Also das Strafgericht, das Antiochos Epiphanes bringen wird, wird hier erwartet, eingetreten ist es noch nicht. Der Seleukide ist noch der mäch- tigste Herrscher, den die Schrift kennt, die Römer sind noch nicht in den (Jesichtskreis getreten'.

»Aber« so fährt der Text fort »all das haben die nicht er- kannt, welche 'die Mauer bauten und mit Tünche bestrichen'« aus Ezechiel 13, loff. und 22,28, wo die falschen Propheten eine Mauer über- tünchen, die das Volk baut : »denn 'einer, der im Wind wandelt und Lüge wahrsagt' (»träufelt«, Micha 2, 11, vgl. oben S. 13 ji, 14])", hat ihnen gewahrsagt, daß der Zorn Jahwes gegen seine ganze Gemeinde entl)rannt sei. (Indessen) was Mose gesagt hat, ist (Deut. 9, 5. 7, 8): 'nicht um deiner Gerechtigkeit und der Aufrichtigkeit deines Herzens willen gehst du (das Gebiet) dieser Völker in Besitz zu nehmen, sondern wegen seiner Liebe zu deinen Vätern und weil er seinen Schwur halten will'. So ist die Rechts- satzung für die sich Bekehrenden Israels, die abgewichen sind vom Pfade des Volkes« (d. h. für die Gemeinde der Frommen in Damaskus): »wegen der Liebe Gottes zu den Früheren, die er nachher dem Volke bezeugt hat ', liebt er die, welche ihnen nachwandeln, denn mit ihnen besteht der Bund

' Das gleiche lehrt für die Testamente dcc zwölf Patriarchen Naplit. 5, worauf Bdussei ZNTW. I 193 hinweist. Dort wird in einer himmlischen Schrift verkiUidet Accypioi, Mhaoi,

n^PCAl, fGAlMAToi, TeAAXAToi (;•;] XAAAAfol, CyPOI <AHP0N0MHC0YCIN AlXMAAUciAN TA ACi^eKA CKHOTPA

TOY "ICPAHA. Von den Römern i.st nicht die Rede, die Syrer sind die letzten Feinde, die der Verfasser kennt. Seit 12g v. Chr. alier hört die Seleukidenmacht auf, geläiu-lich zu sein: die Stelle ist also älter als dies Jahr. In den jüngeren Abschnitten des Honoch eischeinen dann 56, 5 die I'arther und Meiler als diejenigen, welche die Schlußkatastrophe herbeiführen. D;is ist der Zustand in den letzten .hihi'zehnten des zweiten Jahrhunderts v. Chr.

* Das in üblicher Weise frei wiedergegeljenc Zitat ist \n beiden Handschriften niehi'l'acli entsteüt. Auch der lolgende Salz ist in B abweichend und stark korrupt überliefert.

^ A -1--K —^•T-. -rx, H ";s •'-ns sit: Vy -m— -rs; zu lesen wird sein -^-ns a;~ i- "••;- -j;s.

30 K. Meykk:

der Väter. Aber er haßt und verabsclieut die Erbauer der Mauer' und sein Zorn ist gegen sie entbrannt und gegen alle, die ihnen nachfolgen'; und dementsprechend (verhält er sich) gegen jeden Verächter der Gebote Gottes; er hat sie verstoßen und sie haben sicli abgewendet in der Ver- stocktheit ihres Herzens. So" (steht es um) alle Mensclien, die in den neuen Bund im Lande Damaskus eingetreten sind«.

So scharf wie möglich wird betont, daß die Mitglieder des neuen Bundes die Erben des alten mit den Vorfahren sind; es ist eine durch die Worte des Deuterojiomiunis widerlegte Lüge, daß Gott das gesamte Volk verworfen habe und mit seinem Zorn verfolge, sondern die, welche seine Geltote lialten, sind auch, so wenig sie es an sich verdient ]ial)en, die P]rben seiner Liebe zu den Vorfahren, mit ihnen, die sich von der Masse des Volks abgesondert haben, ist der Bund erneuert, und sie werden, wenn der Messias kommt, den vollen Segen genießen.

Die Verkündung des mit den Worten Michas bezeichneten l^ügen- proplieten (:i""i:)2) wirft ein helles Liclit auf die Auffassung der Reform- partei. Sie sind zu der Überzeugung gelangt, daß es mit dem Gesetz nichts mehr ist: Gottes Zorn ist unauslöschlicji, er trifft die gesamte Ge- meinde und ihr Untergang steht unabwendlich bevor. Daher ist das ein- zig Vernünftige, das (Jesetz aufzugeben und sich 'dem Hellenismus zuzu-

' So B: A liat statt dessen: »und wegen seines Hasses (lies -srir:: statt -k— ) gegen die Erbauer der Mauer ist sein Zorn entbrannt«

- •;; fehlt in A, so daß die folgenden ^^'oI•le, die den Schhiß des Textes bilden, ganz in der Luft schweben. Vor denselben ist in A 8, 20, gänzlich ohne Zusammenhang, der Satz eingeschoben: »dies ist das Woi-t, das Jeremia zu Baruch ben Nerija und Klisa zu seinem Diener Gehazi gesprochen hat«. Gress.mann hat vermutet, hier sei der Titel der Schrift er- halten; es sei eine Apokalypse, die auf Jeremia und Elisa zurückgetührt werde. Aber, ganz ahgesehn davon, daß es undenkbar ist, daß der Verfasser, der doch im Alten Testament vortreft'lich Bes<-heid weiß, seine Worte diesen beiden durch .lahrhunderte voneinander ge- schiedenen Männern in den Mund gelegt haben sollte, ist der Text eben keineswegs eine Apokalypse, sondern eine um das Jahi- 170 v. Chr. gehaltene Mahni-edc. die die Gegenwart nirgends unter der Maske einer alten Pro])iiezeiuiig verhüllt. So können diese AVorte uui- eine fälschlich in den Text gedrungene Randglosse sein, die zu demselben geschichtliche Parallelen anführt. Gemeint sein wild Gehazis Verhalten bei der Heilung Na'mans Reg. II 5, seine Bereicherung durch ungerechten Gewinn in dei-selben Art, wie es die Abtrünnigen treiben, und die ihm dafüi- von Elisa angekündigte Strafe. Bei Baruch mag an die treue I'.rfüUung seiner Aufträge (.birem. 36. 45) und vor allem an .leremias Gebet ;!2, 16IV. gedacht sein, nachdem er dem Baruch den Kaufbr-ief für den Acker in Anatot übergeben liatte, in dem er von .laliwcs Allmacht und Slrarüerirlil und i\er Unli-eue des Volkes redet.

Dir (ifmeindc ilrs ncvf-ii Bumlcx im Ijindi' Dnmashis )} 1

wenden: nopevewMeN kai AiAecbweeA aiashkhn mgta tun eenÜN tun kykacü hmön, ÖTi A** HC exupiceHMeN vn' a-t'tön, evpeN hmäc kakä ooaaä, sagt der yiöc nAPÄNOwoc Makk. I 1, 1 1. und findet damit vielen Anhang (kai HrAevNeH 6 Aöroc en ö^oaa- MoTc a-y-tön). Audi hier ist es ein neuer Bund, den man schließen will, aber ein Bund mit den Heiden und ihren (röttem; dem gegenüber stellt die Erneuerung des alten Bundes der Väter durch die aus dem gottlos gewordenen Lande auswandernden Frommen.

Die Abtrünnigen werden im Anschluß an Ezechiel als die »Erbauer der Mauer« bezeichnet, die die Lügen[)ropheten mit blendender Farbe an- streichen. Der Ausdruck ist schon vorher 4, 19 verwendet: »die Erbauer der Mauer' sind die, welche 'hinter "iS einhergingen'«, und dies dunkle Wort Hoseas 5,11 (önicu tun mataIun LXX) wird durch Micha 2, 6 ge- deutet: »der IS ist der Wahrsager (?|''w'!:, wie oben 8,13), von dem er sagt: sie wahrsagen immerfort'«'. Es war ein ganz seltsamer Mißgrifl* ScHECHTERS uud Seiner Nachfolger, in den Erbauern der Mauer die Phari- säer zu suchen, die mit dem, was jenen vorgeworfen wird, doch wahrlich garnichts gemein haben; das hat Gressmann kurz und bündig widerlegt".

Der falsche Proj)het, »der Mann des Spottes, der auf Israel Wasser der Eüge träufeln Heß« (1,14, oben S. 13), der 5,12 verkündet, daß »die Ge- setze des Gottesbundes nicht bestehn« (s. u. S. 35) und daher zum Ab- fall auffordert, ist offenbar identisch mit dem yiöc hapanomoc des ersten 3Iakkabäerbuchs. Das zweite nennt seinen in diesem absichtlicli verschwie- genen Namen; es i.st der Hohepriester lason (173 171 v. Chi'.), der acgbhc KAI OYK APxiepcYc (II 4, 1 3), dcr Führer der Reformpartei, der die Xkmh to9 ■■Gaahnicmo? kaI npöcBACic AAAOoYAicMO? herbeiführt. Es kann kein Zweifel sein, daß unser Text dieselbe Persönlichkeit im Sinn hat '.

' •TC r:r. D«r Text bei Micha lautet aUerdiiio;s wcseiitlicli anders: •j-e-j-' -E^cCi Vs -ihr sollt nicht wahrsagen, wahrsagen sie- (LXX versteht ganz andei-s: «h kaaietg aäkpycin). Man sieht, wie frei unsere Schrift mit dem Bilieltext umgeht. Oder hat sich hier noch eine andere Lesung der jedenfalls korrupt überlieferten Stelle erhalten'.'

' ZDMd. 66. 492. Der Anlaß für S( iiechter war, daß die Pharisäer fordern, einen Zaun (it) um das Gesetz zu ziehn.

' Mit Unrecht hat (iRKSSMANN ZDMG. 66, 492 f. die Beziehung auf historische Persön- lichkeiten geleugnet und alle diese Stellen eschatologisch auf die Zukunft deuten wollen. Daß die Ausdrücke, mit denen sie bezeichnet wei'den. aus dein A. '!'. entlehnt sind, ist doch kein Beweis dafüi', daß sie nicht existierten, sondern das Gegenteil: in der Gegenwart er- kennt man die Männer an der Arbeit, deren Wirksamkeit die Propheten lange vorher ver- kündet haben. Genau ebenso verfahren alle, welche die Angaben Daniels und der .\poka- Ivpse auf die Kreigni.sse ihrer Gegenwart. <>twa auf Napoleon oder den Weltkrieg, deuten.

32 E. Ml. Y i:i!:

Auch in der Gegenpartei, unter den Frommen, kann es an fiihrenden Männern nicht gef'elilt liaben, die iliren Anschauungen Ausdruck gaben und die neue Organisation gescliafl'en liahen. Der Fülirer der Bewegung wird I. I I und in B 20, 28. 32 als »Lehrer (h-r (Jereclitigkeit« (p"S mir) be- zeichnet', daneben B 20, 1.14 mit dem sehr überraschenden Ausdruck »Lehrer des Einzigen« (-'n^n m"ri: 20, 32 heißt Gott selbst »der Ein- zige«. Die scharfe Beton\mg der Einheit Gottes ist fiir das Judentum selbst- verständlich und Avird im Sma', dem offiziellen (Jebet. mit den Worten von Deut. 6,4 tagtäglich von allen Gläubigen bekannt; indessen daß statt "ins eTc hier iTiTt ö noNoreNHC als Bezeichnung Gottes gebraucht wird, ist in dieser Zeit ohne Analogie und kehrt erst im späteren Judentum wieder'; aber es erklärt sich aus dem (Gegensatz gegen den Polytheismus der Grie- chen, mit dem sich die Gegner einlassen. Aus 20, i. 14 erfahren wir. daß dieser »Lehrer« bereits gestorben ist, oli eines natürlichen Todes oder von den Feinden ersehlagen, läßt sich nicht sagen: es liegt sehr nahe, an den »Gerechten« zu denken, von dem das Testament Lewis redet (oben S. i 7), der die Gesetze erneuern will, aber von den Gegnern verlästert und schließ- lich erschlagen wird. Eben das könnte den Anlaß zur Auswanderung sei- ner (Jemeinde gegeben haben.

Zusammengefaßt wird diese Gemeinde als die, Avelclic 'den Brunnen gegraben haben' (6, 3 ff., s. o. S. 24), »einen Brunnen vieler Wasser«, wie es oben 3, 16 hieß. Ebenso sagt die Fortsetzung, die in B unvermittelt an den Schluß des Textes von A angefügt ist (19. 34): »und sie Helen ab und wurden treulos und kehrten sich ab von dem Brunnen lebendigen Wassers«. Als Nachfolger und Erben der gottgelieJ)ten Ahnen, als das wahre »Haus Juda«, sind die Frommen des neuen Bundes aucli vorher 4. 6 ff. schon bezeichnet, nach der Verkündung. daß ihnen ein ewiges Leben in Herrlichkeit bestimmt ist, an die die Deutung der Stelle aus Ezecliiel anschließt (oben S. 23): »die früheren Heiligen", denenGott vergeben hat, die dem Gerechten recht \uid dem Sünder unrecht gaben,« vgl. das entgegengesetzte Verhalten der Abtrünnigen 1,19. oben S. 14 »und alle, die ihnen nachwandeln, zu handeln gemäß der Exegese (r'.iE) <ler Tora, in der die Früheren sich zurechtweisen ließen, bis zur ^'ollendung

' p. 6, II wird fler Ausdruck für den zuktinftiircii Messias vonvenrlpt. oben S. 24. - F. Weder, Jüdische Tlieologie^ S. 151.

'■' 3-:-r{x-,r ai)rTtr. vDii Chari.ks (»vidoiit lieri;eslpllt.

Die (jemelndf des neven Bundes im Lande Damaskus HH

des Endes gemäß der Zahl dieser Jahre'« d. h. bis das von Gott vor- herbestimmte und zeitlich genau festgesetzte Ende (p. 2, 7 ff., oben S. 20), die Zeit des Messias, eintritt »gemäß dem Bunde, den Gott mit den Früheren errichtet hat. ihre Sünden zu vergeben, wird Gott auch ihnen vergeben"«.

Aber die Zeit, sich zu bekehren, ist jetzt; wer wartet, bis die Er- frdlung kommt, für den ist es zu spät; es ist dieselbe Mahnung, die Jesus und das Cliristentum predigt: nenAHPuxAi ö kaipöc kai HrriKeN h baciagia to? eeoY" weTANoeTre kai nicTevere en tu evArreAiu. »Wenn die Vollendung des Fundes gemäß der Zahl dieser Jahre eintritt, « fährt der Text fort, » ist es nicht mehr möglich, sich an das Haus Juda anzuschließen, sondern ein jeder wird stehen bei seiner Feste ; 'erbaut ist die Mauer, ferngerückt die (irenze' (Micha 7, 1 i)'.«

Aber bis die Vollendung kommt, hat der Teufel, Beli'al, noch Macht und hat .seine Verfülirungsniittel, seine »Netze«, bereit: ihm fallen, wie 8, 2 (s. o. S. 28) wiederholt wird, alle anheini, die in den Bund einge- treten sind, aber ihn nicht halten: »Und in all diesen Jahren wird Beli'al losgelassen sein gegen Israel, wie (iott gesprochen hat durcli den Proplieten •lesaja ben Arnos (24, 17): 'Grauen und (irube und (iarn konmit über Dich. Bewohner der Erde!' Die Deutimg sind die drei Netze Beli'als, von denen Lewi, der Sohn Jakobs, gesprochen hat. mit denen er (d. i. Lewi) Israel gepackt* und ihr Antlitz zu den drei Arten der Gerechtigkeit hingewandt hat: das erste ist die Unzucht, das zweite der Reichtum, das dritte die

' Wie in ZI. lo ist auch hier -Vxn a^rrn <Tes5) -^y- (statt a^Vo) s-Vb -::• zu lesen.

' Der Satz ist. wie so oft, ungesehickt aufgebaut und geht ;ius den Fugen. Gemeint ist: -auch fiir die Nachfolger der frommen Vorfahren . . . besteht der mit diesen geschlossene Bund der Sündenvergebung gleichmäßig weiter«.

■■' Der Micha-Text lautet --t -rr-^ s-rr a^ -p-i;. t'zzs »— : a-' -dies ist der Tag, deine Mauer zu bauen, dieser Tag wird die (Jrenze fern rücken-. Danach sagt unser Text -T!r. ;n- ^i;- rm:, d. h. der von Micha verkündete Tag ist Jetzt .schon da. Ich sehe keinen Grund, mit Gress- ji\NN ZDMG. 66, 502 -r.zzz in reaV zu ändern. Im vorherf;eiieiid< n übersetzen Schechiei! und Charlks "fr: '•>- arw -'•^:\ s «but everyone shall stand up against his net-, was keinen Sinn gibt, -rr: muß hier nicht -Netz«, sondern »Burg, Turm« beileuten, wie Qoh. 9. 14 und wie sonst -r-r^i. Naclilier 4. 15 bedeutet n-n'r? allerdings «Netze«: aber auch im h..'\'. hat das Wort lieide Bedeutungen.

* 5ic-Ttrs sr.z ain tt~r. ~c* ist entlehnt aus Ezechiel 14, 4, wo Gott sagt aasi Vs-r^ r\-2. nx -atn ^w um Israel an.s Her/ zu greifen-. Im übrigen s. o. .S. 10. 2.

PhiL-hixt. AM. 1UI<). .Yr. II 5

34 K. >I E Y K K :

Befleckung des Heiligtums. Wer dem einen entgeht, wird vom andern gepackt, und wer diesem entkommt, wird von jenem gepackt.«

Die Befolgung der sittlichen und der mit ihnen untrennbar verbun- denen kultischen (Jobote bildet den Kernpunkt der Satzungen des neuen Bundes. In dem Gesetzbuch p. 9 16 werden sie im einzelnen au.sgeführt, aber auch in der Mahnrede immer von neuem eingeschärft. Wie in allen übrigen (icstaltungen des Judentums gehn sie auch in dieser Gemeinde über die Gesetze der Tora wesentlich hinaus: trotz alles Formalisnms, den die wahren Frommen ja am wenigsten abstreifen dürfen, wirkt in ihnen der Geist der echten Propheten weiter fort und führt zu einer Vertiefung der ethischen Gebote. Ein überraschender Zug der neuen Gemeinde, die sich auch darin mit dem Christentum berührt, ist neben der richtigen Beobachtung der Feste, s. o. S. 9 f. die Forderung der Monogamie, die das übrige Judentum nicht kennt. Das wird durch künstliche Interpretation der Schrift begründet und besonders eingeprägt iind die Polygamie, welche die Gegner üben, als Unzucht (rroT »Hurerei«) bezeichnet. Djdier fährt der Text im Anschluß an die drei von Lewi hervorgehobenen Sünden fort: »Die Erbauer der Mauer, die dem "iS folgen der "S ist der Wahrsager, von dem er sagt: sie wahrsagen immerfort (s.o. S. 31) , sie .sind ge- packt (d. i. der Sünde oder dem Bell al anlieimgefallen) durch zwei Weiber', durch die Hurerei, zwei Fi-auen bei ihren Lebzeiten' zu nehmen. Aber das Fundament der Schöpfung ist (Gen. i, 27): 'männlich und weiblich schuf er sie'; und die in die Arche gingen, zu zweit gingen sie in die Arche' (Gen. 7,9). Und über den Fürsten'' ist geschrieben (Deut. 17, 17): 'er soll sich nicht viele Frauen nehmen'. David aber hatte in dem Buche der Tora nicht gelesen, das versiegelt in der Lade lag, denn es wurde in Israel nicht geöff'net seit dem Tage des Todes P^leazars und Josuas und der Ältesten, die den Astarten dienten, sondern war verborgen und Avurde (nicht) enthüllt*, bis daß Sadoq aufstand« das ist natürlich der Hohe- priester vuiter David und Salonio, der Ahne der späteren Pries(:ergeschlecliter; in naivster Weise winl hier eine Geschichtskonstruktion aufgestellt, um

' 2^-135, l'emininiiiiil

^ Statt =-i^r: müßte es korrekt iiiitürlieli —— heißen.

^ An Stelle des »KönijiS« im Deiiteroiiominm setzt unser Text den s™:; nach dem Sprachgebrauch Ezeehiels niid der nacliexilischen Zeit, die ein Köniirtnm nicht mehr kennt. ■* ScHKCH IRR koi'fiiiieit nn°t Hecht -V.: {sV>) -l-J-a".

Di4' (li'mc'mdt dm iwuen liniidrs int Ldinh' Dcuiiuskiis IJö

David eiiiij^ennaßen zu entlasten. In deii folgenden Worten wird dann David noch weiter entschuldigt, ganz entsprechend der Darstellung im Samuelbuch; aber das entscheidende Wort ist verschrieben: »und die Taten Davids wurden . . . mit Ausnahme der IJlutschuld an Uria; und Gott hat sie ihm erlassen«'.

Eine weitere Sünde, die als »Befleckung (Profanierung, Sis'j) des Heilig- tums« betrachtet wird', ist, daß »sie der beiwohnen, die ihren Bluttluß sieht", d. h. die Reinheitsgesetze bei der Menstruation nicht richtig lie- obachten. und daß »man die Tochter seines Bruders oder seiner Schwester zur Frau nimmt«, »wo doch Mose gesagt hat (Lev. i8. 13): Der Schwester deiner Mutter sollst du nicht nalien, sie ist das Fleisch deiner Mutier'^«: das wird also hier auf die P^nkelinnen der Mutter ausgedehnt, die ja erst recht »ihr Fleisch« sind. »Das Recht über die Scham der Männlichen ist geschrieben (steht in der Schrift) und gilt ebenso für die Frauen, und wenn die feruderstochter die Scham ihres Vaterebruders entblößt, ist sie (sein) Fleisch« ' d. h. diese Ehe i.st verboten.

»Aber auch ihren heiligen Geist betlecken sie, indem sie mit Läster- reden ihren Mund öftnen gegen die Satzungen des Gottesbundes und sagen: sie stehn nicht fest (':':: vi')*. Abscheulich ist, was sie darüber reden.

Sie alle sind Brandstifter und Entzünder von Braudpfeilen (Jes. 50, 1 1)' ';

Spinngewebe sind ihre Gespinste und Natterneier ihre Eier' (Jes. 59, 5). Wer ihnen nahekommt, bleibt nicht rein, . . ." wird sein Haus schuldbe- fleckt . . .'. Schon von alters hat Gott ihr Tun angeschaut, und sein Zorn

' ^ "5 o=w rr^-w ST -13V: -!->--: -^zn 'IT^.

' Ebenso wiitl in li 20, 2,5 der IJiindeshnicIi der lauen und jilitrünnif;en Miti?liedei- der neuen (ienieinJe als »Kntweiliiing des HciiigtiiniS'- Ijczeit-Iinet.

' Wörtlieli lauk't das Gebot: -Die Srhani der Schwester deiner Mutter sollst du nielit entblößen, denn sie ist das Fleiseh deiner Mutter- ; vorher und nachher stehn <;lciclilauteude (Jeljote rdjer die sonstigen nächsten \'er\v.andten.

' SciiKCH rEK hat diese ganz dentliehen Worte seltsam mißverstanden, indem er -they are not prop<;r- iibei"set/.t und darin eine Polemik gegen die Pharisäer sucht. Au''h Ciiari.ks vertritt unbegreiflicherwcise diesellje Auffassung, obwoiil er die Worte richtig übersetzt.

' Der masso retische Text n-7-7 ■<-iir: rs in- =Vi yr. ist zweifcllds korrupt. Nai'h dem Syrer korrigiert man das vorletzte Wort in ^"tez (LXX KATicxvere »aöpa hilft nicht weiter); un.ser Text •^t i-jir- irn;: 35;. der natürlich in t:-:; und .t-'t zu ändern ist. bietet vielleicht das richtige (im nächsten llaibvers kehrt bei .lesaja ar-rs n-;;-;:- wieder).

'■ -75 »wie ein Ilerg- ist unmöglich richtig.

' Vjs folgt eine Au.snainne i; •—V; -c, mit Dittographie und weiterer ungelieiltei' Vei-schrelbung.

5*

HC) K. .AlKVKit:

entbrannte über ihre Missetaten ; denn sie sind keine einsichtigen Lente, sondern ein Volk, das den Verstand verloren hat, da keine Einsicht in ihnen ist. Denn vor alters sind Mose und Aharon aufgestanden durch die Hand des B'ürsten der Lichter« ein Erzengel wie der »Engeides Angesichts« im Jubiläenbuch »während Bell al den Johannes und seinen Bruder auf- stellte in seinen Ränken, als Israel das erstemal gerettet wurde (s. o. S. 6); und am Ende der Verheerung des Landes« - d. h. gegenwärtig »sind die Verrücker der Grenze' (Hosea 9, 10. Deut. 19, 14; ebenso 1. 16 oben S. 13) aufgestanden und haben Israel in die Irre geführt, und das Land ist verwüstet: denn sie haben Abfall von den Geboten Gottes geredet durch Mose und auch durch seinen heiligen Messias' und sie prophezeiten Lüge, um das Volk von Gott abzuführen. Aber Gott gedachte des Bundes mit den Früheren und nahm aus Aharon Einsichtige und aus Israel Weise und ließ sie verstehn, und sie gruben den Brunnen« und nun folgt die oben S. 24 besprocliene Erläuterung zu Nuni. 21, 18.

Dieser ganze Abschnitt zeigt einen tadellosen, von "den bislierigen Bearbeitern nicht genügend beachteten Zusammenliang' und ein klares P'ortschreiten der Gedanken. Wie ehemals in der Zeit des Mose der Teufel das Volk durch Johannes und Jambres ins Unglück zu stürzen suchte, so jetzt durch die Abtrünnigen und die LOgenpropheten diesmal durch isnr', direkt als »Propheten«. n'S^-J bezeichnet, während sonst »["cr ver- wendet wird , denen das betörte, einsichtslose Volk nur zu willig folgt. Aber Gottes Gnade ist trotzdem nicht gewiclien; er hat gegen sie, wie »der Fürst der Lichter« den Mose, so die Einsiclitigen und Weisen aus Priesterschaft und Laien (aus Aharon und Israel) erweckt, die »den Brunnen gegraben«, den neuen Bund gestiftet haben.

Noch schärfer als 8, i wird die Verkünchmg der falschen Propheten hervorgehoben, daß es mit dem Gesetz vorbei ist, daß es »keinen Bestand hat«. Das wird als »Befleckung ihres heiligen Geistes« (isr'.: an"'r:"p n-n ns), als BAAC*HMiA eic ONGYMA To ATioN bezeichnet. Es ist dieselbe Auffassung

' Die ganz uuverbunden dastehenden Woi-te sind offenbar Glosse ; sie sollen besagen, daß die Gebote durch ^Moso offenbart sind und sich auch auf den Messias und das kommende Reich beziehn.

'■' Die Kapiteleinteilung Schkchteks ist liier wie sonst ganz unglücklich. Auch im Manuskript stehn die durch einen kleinen leeren Raum bezeichneten Einschnitte keine.s- wcgs libcrall ,111 der für den Foi'tganu des Gedankens entscheidenden Stelle.

Di«' (ieinfimic des itnicii Baiulcs im Lande Ikniuiskus ii7

wie im Neuen Testament. Denn sie wissen nach der Überzeugung des Verfassers, daß das Gesetz göttlich und ewig ist, und so reden sie gegen ihre eigene Überzeugung und ihr Gewissen, und das ist die schwerste Sünde, die der Mensch begehn kann.

Derselbe Ausdruck I)egegnet uns nochmals in der Fortsetzung, nach dem Abschnitt über die Bohrer des Brunnens (6, iifl".): »Und alle, die in den Bund eingetreten sind', um nicht zum Heiligtum zu kommen, 'seinen Altar zu erleuchten', sind '\'erschließer der Tür', von denen (iott gesagt hat (Mal. i, lo): 'wer wird von Euch (oder vor Euch?) die Tür schließen? und ihr sollt nicht vergeblich meinen Altar erleuchten'.« Die Stelle ist offenbar symbolisch zu verstehn und bezieht sich nicht etwa auf den Kult in Jerusalem; sondern das »Heiligtum« Biprsi ist, wie bei den Ehegeboten oben S. 35, das heilige Gebot Gottes und der »Altar« der richtige Gottes- dienst. Gemeint sind die, welche sich dem Bund angeschlossen haben ohne die ernste Absicht, seine Gebote zu befolgen : gegen sie wird wie durchweg .so auch im folgenden nachdrücklich gered(>t. Durch ihr Verhalten machen sie selbst die Tür für sich zu, es nützt ihnen nichts. »Wenn sie nicht dabei bleiben, nach der Exegese der Tora zu handeln bis zum P'nde des Bösen und sich zu sondern von den Söhnen des Venlerbens und sich zu enthalten vom sündhaften Reichtum, der durch Gelübde und Bann belleckt ist", von dem Vermögen des Heiligtums, und von der Beraubung der Armen des Volks, wodurch Witwen ihre Beute werden und sie Waisen morden, inid (dabei bleiben) zu scheiden zwischen Unreinem und Reinem und den Unterschied kundtun zwischen Heiligem und Profanem, und den .Sabbattag gemäß seiner Exegese halten und die Feste und den Fasttag gemäß den Goljoten derer, die in den neuen Bund im Lande Damaskus

' Der Text hat '*zt: -die welche (einen andern) einführen«; das ist schwerlich richtig lind wohl mit Schkchter und Ciiables •»: 7.u lesen. Beide fassen dann ■a-.-.-v. sk x-a irsaV als Sachsatz: »sie sollen nicht ins Heiligtum gehn und (d. i. jondern) sollen die Tür schließen«. Aber hei dieser sprachlich durchaus möglichen Konstruktliiri vermag Ich keinen irgendwie begreiflichen Sinn in der Vorschi-ift zu finden. Dagegen wird rn--. ■'-vr- -^ri- den. Nachsät/. bilden: sie sind die Leute, für die das Wort ]Maleachis gilt.

* a-m- !:a s-rcr -rv- --r. Ks handelt sich um Gut, das der Gottheit geweiht und da- durch unantastbar geworden ist. dessen Raub daher befleckt. Daß die Abtrünnigen das Tempelgut und die ( )pfergabe,n antasten, -sagt auch Test. I.cv. 14: TÄc nPOC*OPAC KypIoy ahc- Tevcere kk\ Änö tun A^epi^uN aytoy KAeyere ökackta, ^ceioNTtc €N KATA<t>P0NHcei «erA nopNÜN.

. . .'6IÄ TOYTO Ö NAÖC, ON eKAeiCTAI K'r'PIOC, ^PHMOC gCTAI 6N TH AkASAPCIA YM&N.

•{8 K. Mkvkk:

eingetreten sind (vgl. oben S. lo), die heiligen Gaben darzubringen gemäß ilirer Exegese, jeder seinen Nächsten (Bruder) /u lieben wie sich selbst, den Annen und Dürftigen und Beisassen zu helfen, und jeder das Wohl seines Nächsten zu suchen und niemand soll gegen seinen Blutsverwandten treulos handeln , sich von den Dirnen fernzuhalten gemäß dem Recht, jeder seinen Nächste;i zurechtzuweisen gemäß dem Gebot und nicht den (liroll von Tag zu Tag zu bewahren, sich 'zu sondern von allen Unrein- heiten' nach ihren Satzungen (Lev. 20, 25), so daß niemand seinen heiligen Geist zum Abscheu niacht (fpO"'), so Avie Gott es für euch gesondert hat' - alle, die danach wandeln ' in aufrichtiger Heiligkeit gemäß allen Funda- menten des Gottesbundes, für die ist er beständig, so daß sie leben tausend Geschlechter".« Jetzt folgt der Abschnitt,* der kurz die Ordnung der neuen Gemeinde in den »Lagern« darlegt (oben S. 2 7 f.) und dann in die ab- schließende Mahnrede übergeht.

Der Satz, in dem der heilige Geist vorkommt, wird nur dadurch ver- ständlich, daß er eine Umschreibung des Gebots Lev. 20, 25 ist: »Sondert also zwischen reinem und unreinem Vieh, unreinem und reinem (ietlügel, und macht euch nicht selbst abscheulich (arTCs: rs ispcn) durch Vieh, Gellügel oder Kriechtiere, die ich euch als unrein abgesondert habe. « »Euch selbst« (»eure Seelen«) wird durch den »heiligen Geist eines Jeden« (tCS rcip mi ns) ersetzt: jeder hat ein lebendiges Bewußtsein über das. was rein und unrein ist, und frevelt daher gegen seinen heiligen Geist, den in ihm wirkenden tiottesgeist der Wahrlieit, wenn er sich darüber hin- wegsetzt.

Die religiösen Anschauungen.

Die Anschauungen von der göttlichen A^'elt mit ihren Engeln, den »Wächtern« und dem »Fürsten des Lichts« (2"'"ns«n ib) und der gegenüber- stehenden teuflischen Welt Beli'als (vgl. auch 2, 6 oben S. 20) sind die- selben wie im Jubiläeiibuch und den zugeliörigen Schriften. Zu beachten ist, daß Engel namen, die im Daniel buch zuerst auftauchen, hier sowenig

' Dei- uiieiidlich Inngc Satz ist dem A'erlassei' aus den Fugen gegangen. Er zählt iilles auf, was vei'nuMden werden soll ("Wcnn sie iiii-ht . . .»), scblägt dann in die positive Aus- h'iliriing der l'tlicliten der (iliinhigeii um und kann sd mit dem diesen verlieißenen Segen schließen.

- .Mit "iM.stiiiidig« sclzt der Paralleltext \i (p. 19, i) ein.

l}ie Geirif'mili' fhs ntiit-n Bunil/s im Lande DonKishii^ iil)

vorkommen wie im .Tubihleiibuch oder etwa bei Zaclisuja. Dagegen findet sicli fiir den Teufel im Gesetzbuch i6, 5 der aus Hosca 9, 7 entlehnte Name »der M.nstema« (msuCTsn), »der Anfeinder«, den das Jubiläenbuch mit Vor- liebe fiir den obersten der Teufel verwendet: durch seine »Roten« (Engel, isbr) stellt er den einzelnen Menschen nach. Den Abschluß bildet das große Gericht der P^ndzeit, dessen Termin von Gott genau vorherbestimmt ist und in Bälde erwartet wird, wie dort. Es wird herbeigeführt durch das Kommen des Messias, des »Lehrers der Gerechtigkeit« (6, i r oben S. 24), der Aharon imd Israel erlösen wird (B 19. 10 oben S. 27 und 20, i, vgl. I, 7 oben S. 13 und 6, i oben S, 36 sowie 12, 23 »am ICnde der Sfinde bis zum Erstehn des Messias Aharons und Israels«, ebenso wahrschein- lich 14, 19); die besondere Betonung Aharons, d. i. der Priestersehaft (iden- tisch mit den Söhnen Sadoqs oben S. 23), hier und 6,2 entspricht der Bedeutung, die den Söhnen Lewis auch in den Testamenten der Patriarchen trotz all ihrer Sünden zukommt. Sehr deutlich erkennt man in all diesen Schriften, wie zugleich die Vorstellung <'ines bewußten Fortlebens nach dem Tode und einer zukünftigen Vergeltung aus der Bedrängnis der Religionsnot hervorwächst: den unsclmldig Leidenden und Märtyrern muß ein, Ausgleich gewährt werden, so gut wie den erfolgreichen SOn<lern ihre Strafe zukommen muß: das ethische Postulat eines gerechten Weltregiments Gottes, dem die tiefere Auffjussung Hiobs nicht genügen kann, zwingt zu diesem allein übrig- bleibenden Ausweg. Im Ilenoch cp. 98 ff. liegt diese Entwicklung ganz greifbar vf)r, und zugleich wird hier deutlich ausgesprochen, daß sie ein von Ilenoch verkündetes und ununterbrochen mit Eidschwüren bekräftetes (ieheimnis, eine neue Offenbarung ist, die der Masse des \'olks noch fremd ist: es ist wirklich wahr, daß alle Taten der (Juten wie der Bösen von den F^ngeln im Himmel auf Tafeln aufgezeichnet werden und das Geschick vorher genau bestimmt ist. Diese himmlischen Sehicksalstaf'eln, die genau nach der richtigen Berechnung der Jahre und Festzyklen geführt werden, kennt auch <las Jubiläenbuch (6, 3 i ; ferner 5, 13 ff. sowie 3,31. 15, 25 u. a.) un<l ebenso das Gericht, das auch den Toten zugute kommt (23. 3 i : »und ihre Gebeine werden in der Erde ruhn, und (d. i. aber) ihr (Jeist wird viel Freude haben, und sie werden erkeimen, daß Gott es ist, der Gericht hält und Gnade übt an Ihinderten und an Tausenden, an allen, die ihn lieben« : 24,31 Ober die Vernichtung des Samens der Pliilister: »und wenn er in die Unt<>rwelt hinal)steigt, wir<l auch dort .seine Strafe groß sein. \mA auch

40 K. Mkvkk:

dort wird er keinen Frieden haben«). Von einer » Anfersteliuiig des Fleisches«, einem Erwachen zu neuem Leben auf Erden wissen alle diese Schriften noch garnichts. Dieser Gedanke taucht bekanntlich zuerst im Danielbuch 12,2 auf, das sich auch darin von den andern bestimmt unterscheidet, nicht als eine universelle Auferstehung, sondern als eine Erweckung einer großen Zahl Einzelner, sei es zu ewigem Leben, sei es zur Schmach. Das Schicksalsbuch dagegen kennt auch der Daniel.

Unsere Schrift steht auch in diesen Dingen noch ganz auf dem Boden der alten Anschauungen. Es kennt die Prädestination, aber ein bewußtes Fortleben nach dem Tode i.st höchstens in dem »ewigen Leben« 3,20 (S. 23) angedeutet, für das die Frommen bestimmt sind, wenn es sich nicht viel- leicht auch hier doch noch mehr um das Fortleben des Volks als gesetzes- treuer Gemeinde für die kommende Segenszeit handelt. Wenn am Schluß der S. 38 übersetzten Stelle ein Fortleben auf tausend Generationen ver- heißen wird, so ist damit, wie an den entsprechenden Stellen des Alten Testaments, jedenfalls, dies Fortleben der Einzelnen in ihren Nachkommen, den Geschlechtern, gemeint. Das wird durch den Paralleltext B bestätigt, der noch das Zitat von Deut. 7, 9 hinzufügt (p. 19, if): »(Gott) bewahrt den Bund und die Gnade denen, die er liebt und die seine Gebote halten, auf tausend Geschlechter«.

Auf den Prädestinationsglaid)en kommen wir sogleich noch wieder zurück (S. 41). Die Vorstellung vom heiligen Geist, den Gott den Men- schen eingegeben hat, haben wir bereits kennen gelernt (S. 36 f.). Er ist aber so wenig und noch weniger als die bei Jesus Sirach und sonst per- sonifizierte Weisheit ein selbständiges Wesen, eine Hypostase der Gottheit, sondern eine Manifestation Gottes im Innern eines jeden Menschen, die Stinnne der Wahrheit, die sich im Gewissen regt und eine Überzeugung schafft, die der Mensch wohl wissentlicli verleugnen kann, aber nicht zu überwinden vermag, die in ilim, wenn er gegen sie handelt, das Bewußt- sein erzeugt, daß er sündigt und an der Gottheit frevelt.

Der Absciiluß der Mahnrede in B.

Mit den oben S. 30 angeführten Worten 8, 21 »(So steht es um) alle

Menschen, die in den neuen Bund im Lande Damaskus eingetreten sind«,

sejiließt die Mahnrede in A. In der Rezension B ist daran noch eine lange

weitere Erörterung angefügt (19, 34 20, 34), die sieh nochmals gegen die

Die Cierrn'inclf tlr.t iwuen Bitmhs im Lantlc J)(im(is/,-ii,s 41

Abtrönnigo]! wendet und dann näher auf die p]scIiatologie eingelit. «Sie sind abgefallen«, beginnt sie, »und sind abtrünnig geworden und haben sich abgewendet von dem Brunnen lebendigen Wassers (s. o. S. 32). So sollen sie nicht gerechnet werden in der Versammlung des Volkes nn<l in der Aufzeichnung nicht geschrieben werden' (Ez. 13,9) von dem 'i'age an, daß versammelt wurde (nämlich zu seinen Vätern, d. i. gestorben ist) der Lehrer des Einzigen (s. o. S. 32) bis zum Auftreten des Messias aus Aharon und Israel.«

Immer von neuem folgen die eindringlichsten Angriffe auf diese Leute, die sich ohne innere t^berzeugung und festen VVillensentschluß den Streng- gläubigen angeschlossen liaben; man sieht, die Schar der im (Jrunde in- diflerenten Mitläufer ist hier, wie bei allen gleichartigen Bewegungen, sehr groß gewesen. Aber damit sind neue scharfe Ausfälle gegen die (iegen- partei in .lerusalem verbunden; und diese geben inis einen sehr willkom- menen weiteren Einblick sowohl in die Vorgänge wie in die iloft'ruuigen dir Emigranten.

»Und .so ist das Recht für alle. <lie in die Gemeinde der vollkomme- nen Heiligkeit eingetreten und dann überdrüssig geworden sind, die Ord- nungen der Redlichen zu befolgen. Das ist der Mann, der im Sclimclz- ofen geschmolzen wird' (Ez. 2 2,2if). Wenn sein Verhalten klar wird'. soll er aus der Gemeinde gestoßen werden wie der, dessen Los nicht unter die von Gott Belehrten' (.les. 54. 13) gefallen ist« auch hier wieder gelangt der Glaube an eine Prädestination, an eine Auswahl der für die "(ienu-inde der vollkommenen Heiligkeit« Bestimmt<Mi durch Gott deutlich zum Ausdruck, wie oben S. ;i. 39. vgl. S. 43. Das stimmt durchaus zu der Lehre <ler Pharisäer', schließt aber (Mue Verantwortung des ^len.schen hier so wenig aus wie bei den Phari.sSern und im Grunde überall, wo die Pnidesti- nationslehre anerkannt ist, da .sie sonst Ja jede men.schliche Tätigkeit aufheben würde, während sie .sie gerade steigert: der eigene Wille muß der Gott-

' -^r; ■■: 7t~z, vicllciclit mit Chari.ks in ~-r: zu koiriiiicren.

' Die Saddiikäer iliijjcjrpn tceiiii liier \vi(; ülicrall über den W'oiflaiil <ics (Jesi'tzi's

nielit liiiiaiiK und wollen dabei' von einer I'^äde^itillalil>n iiicliLs wi.ssen : Joseph. ISell. II 16 j

Ant. XIV 173 CaaaoykaToi thn m^n €i«apm^nhn nANTÄnACiN anaipoycin kaI tön eeÖN es« toy

APÄN TI KAKÖN H ^«iOPÄN TieeNTAI »ACIN AC £n' ANOPÜnUN eKAOrfi Te KAa6n KAI KAKÖN nPOKei-

ceAi KAI katA rNUMHN etcXcTOY TOYTtüN feKAT^Pu npoci^NAi. I);is ProMein. das hifi- diireli die .\l\- iiiacbt und Allwissenheit Gottes gesehaflen winl. wird von ihnen ignoriert, darüber zu grübeln ist .sinnlos. Kbensu vi rwcrfen sie yyxhc thn aiamonhn kaI täc kas' Aaoy timüjpiac kai timac. I'hil.-hht. AM. Ulli). \r. .'/. . U

42 E. IVIkytr:

Jieit entgegenkommen, aber er ist seinerseits wieder bedingt durcli die >;atiiranlage, die Gott dem Menschen gegeben hat'.

»Gemäß seiner Untreue sollen sie ihn zülden (unter) die MenscJien der Verderbtheit bis zu dem läge, wo er wieder zxirücktritt zu den Men- sciien der vollkommenen Heiligkeit. Und wenn sein \' erhalten klar wird (s. S. 41, i) gemäß der Au.slegung (Bma) der Tora, nach der die Menschen der vollendeten Heiligkeit wandeln, soll niemand mit ihm verkehren in Ver- mögen und Arbeit, denn verfluclit haben ihn alle Heiligen des Höclisten (irby)« er ist also exkommuniziert. »Diesem Recht gemäß soll man mit allen Vcrächlern der Früheren und der Späteren« der neuen Gemeinde, die die Erbin der Vorfaliren ist : »verftxhren, die die (iötzen in ihr Herz geschlossen haben« hier ist also der Abfall der Juden und ihre \er- ehrung der eiAUAA a^5",';5 deutlich bezeichnet, wie nachher Z. 24 die Ver- ehrung von (lußbildern »und in der Verstocktheit ihres Herzens wandehi: sie haben keinen Anteil am Hause der Tora. Sie werden gerichtet werden mit ihren Genossen, die mit den "Menschen des Spottes' (s.o. S. 31) zu- sammengelui", denn sie haben Irrsal geredet' (Jes. 32, 6) gegen die Satzun- gen der Gerechtigkeit'' und haben den Bund und den Bündnisvertrag (n:rs) verworfen, den sie im Lande Damaskus aufgericlitet haben: und das ist der neue Bund» wir sehn also, daß ein feierlicher Bundesschluß statt- gefunden hat, wie unter .losia und Nehemia und wie unter Mose und Josua, durch den die neue Gemeinde zum »Hause der Tora« geworden ist »und nicht sollen sie und ihre Geschlechter Anteil haben am Hause der Tora«.

»Und vom Tage des Hinscheidens des I^dirers des Einzigen bis daß alle Männer des Kampfes' (Jes. 41, 12)« d. i. die Gegner Gottes »hinweggeraft't werden, die mit dem 'Mann der Lüge' wandelten, sind

' Jos. Bell. II 163 Ol <t>APiCAToi . . eiMAPM^NH Te KAi eeß npocAnroYci hAnta, kaI m^n hpät-

TeiN TA aIkAIA KAI MH KATÄ OAeTcTON iu\ ToTc ANePCÖnOIC Ke?CeAI, BOHecTN Ae eiC fe'lCACTON KAI THN

eiMAPMeNHN. oder in noch prägnanterer Fassnng Ant. X\"1I1 13 nPÄcceceAi Te eiMAPweNH

HANTA AII0YNT6C OYAE TOY ÄNePMoeloY BOYAÖMENON THC en' AYTO?c ÖPMHC (dcii eigenen Antneli

(hIiM- \\'ilieir)Ä4>AIP0YNTAI. AOKHCAN TU 660 KPICIN TENeCeAl KAI TW ^KeJNHC BOYAeYTHPiü) KAI TÖN AnSPO)-

ncüN TU eeeAHCANTi nFOCX(0P€?N mgt" ÄP6THC H KAKIAC (Ciott h:it es so anger)r(lnet. daß anob der freie W'illensentschliiß des iMcnscheii bei der F.ntsclieidnng mitwirkt, ob er gut oder seblecbt sein will), nnd kiir/cr XIU, 172 tina kai oy oanta thc eiMAPM^NHC eproN eInai AeroYCioN, tinä a^ i*" eAYToic YnÄPxeiN cymbaInein te kai mh riNeceAi. Sehr mit Unrecht iiat man die Zuverlässigkeit der Angaho des .loscphns. der Ja selbst ein i'liarisäer war, bestritten.

- Für ^ri- ist wahi-seheinlicii ■:-•- 7.11 lesen.

■' liei .lesaja ■gegen .lahwe«.

l)ii' Gfiiifiudi' <li's iiiiien Btiiidts im J^diidi- J)uiii(isku.s 43

etwa 40 Jalire.« Also die P^ndkatastrophe gilt, wie im Heiiocli, den Ju- l)iläen und den Testamenten, als unmittelbar bevorstehend; im Laufe der nächsten Generation werden die Anhänger des Lügen propheten von ihrem Schicksal ereilt und das raessianische Gottesreich aufgerichtet werden; von der entscheidenden Heimsuchung durch Antiochos ist hier ebensowenig etwas bekannt, wie von der Erhebung der Makkabäer.

»Und bei diesem Ende wird der Zorn Gottes entbreimen gegen Israel, wie er gesagt hat: es ist kein König und kein Fürst' (Hos. 3, 4) und kein

Richter' und keiner, 'der in Gerechtigkeit Urteil spricht' (aus Jes. 11,4); aber

die sich bekehren von der Sünde Jakobs" (Jes. 59, 20), bewahren den Gottes- bund. 'Da sprach ein jeder mit seinem Nächsten' (Mal. 3, 16), seinen Bruder zu stärken' und ihren Schritt zu stützen auf dem Wege Gottes; 'und Gott merkte auf (Mal. 3, 16) auf ihre Worte und hörte und es ward ein Gedächtnisbuch vor ihm geschrieben ftir die, welche (lOtt turchten und .seinen Namen scheuen (Mal. 3, 16)« also ein Protokoll (ynÖMNHMA), das ihre Namen für die Zukunft bewahrt (vgl. S. 21. 41) , »bis daß Heil und Gerechtigkeit (Kechtfcrtigung) hervortreten wird fiir die Gottesfürchtigen. 'Dann werdet ihr den Unterschied wiedersehn zwischen gerecht und sündig, zwischen dem, der Gott dient, und dem, der ihm nicht dient' (Mal. 3,18).

Und er übt Gnade an denen, die ihn lieben und (seine Gebote) halten, auf tausend Geschlechter' (Deut. 7, 9. Exod. 20, 6).««

Jetzt kehrt die Polemik zu den ungetreuen (Genossen zurück: »Als sieh absonderten" die, welche aus der heiligen Stadt ausgezf)gen sind« hier wird also der Exodus (nach dem Tode des »Lehrers«) ausdrücklieh erwähnt, s. o. S. 32 »und an Gott anlehnten beim Ende des Abfalls Israels»

d.h. als der Abfall seinen Höhepunkt erreichte , »haben sie das Heilig- tum entweiht (vgl. o. S. 35, 2) und halten sieh zu gegossenen Göttern des Volkes' gewendet mit .... Worti-n. Sic sollen jeder nach seinem (Jeiste im lieiligen Kat (C~p rS5a) gerichtet werden. Alle Mitglieder des Bundes, die die Schranken der Tora durchbrochen haben\ werden, wenn die Herr-

' Ein paar Biicb.stabcn sind verwischt: /.u er^änziMi ist "tts ps (r-s -.-rrr^)'-:.

'' Für j'nr-z-: ist mit CJrksssunn :'-:tr-z zu Icsi-n.

' n;~ c: (•)5s -,v. Im fnlgendun ist ein Wort vcrwi.sciit, elicnso wie' das ■' n;if.ii Vs.

' Der Alisdi-ncii --tt. V-i,-. -u-e --s V:- et-innort lelihafi an dii- Angabe bei Daniel 11, 14. daß zur Zeit des zxvi'iten Krieges .Anlioelios' des (iroUen i;egen Agyjtten (202—198) «viele .sieh gegen den König des .Südens erheben werden» das ist eben die liellenistisehe l'artei,

44 K. M i: ^ i; k :

lichkeit Gottes fiir Israel ftrsclieint, aus dem Lager (der Kolonie) ausge- rottet werden, und mit ihnen alle Frevler Judas in den Tagen, da es im Sehmelztiegel lag« also geprüft und geläutert wurde.

»Aber alle, die an diesen (besetzen festhalten, ein- und auszugehn gemäß der Tora, und die auf die Stimme des Lehrers gehört und vor Gott be- kannt haben : 'wir haben gesündigt, wir und unsere Väter, da wir zuwider- wandelten' gegen die Satzungen des Bundes, und deine Gerichte gegen uns sind wahrhaft', und die die Hand nicht erheben gegen seine heiligen Satzungen und sein gerechtes Gesetz und seine wahrhaftigen Zeugnisse, sondern sich warnen ließen durch die früheren (ierichte über die Söhne der Menschen des Einzigen (s. o. S. 32) und auf die Stimme des Lehrers der Gerechtigkeit hörten und die nicht abweichen von den Satzungen der Gerech- tigkeit, wenn sie sie hören, die werden sich freuen und frohlocken und ihr Herz wird stark sein, und sie werden sich allen Kindern der Welt über- legen fühlen; und Gott wird ihnen vergeben und sie werden sein Heil sehn, denn sie 'haben ihre Zuflucht gesucht bei seinem heiligen Namen""' (Zeph. 3, 12).«

Das Gesetzbuch. Die Organisation der Gemeinde.

Der zweite Teil der Handschrift A, [). 9—16, enthält die Rechtsord- nungen der neuen Gemeinde. Daß eine Überschrift oder ein Tit<»l hier sowenig gegeben ist wie bei der Mahnrede, ist schon erwähnt. Zweimal wird ein ijnn "lEC genannt (10,6. 13.2), mit dem die Priester und Richter vertraut sein sollen; dieser Name, den Grfssmann ZD3IG. 66, 495 wohl richtig als n-3?in ied »Buch dvs Nachsinnens« erklärt, wird eben dieses Ge- setzbuch (nicht, wie Grkssmann meinte, die Torsi) bezeichnen, im Anschluß an Psalm 1.2 »der über Jahwe's Tora sinnt (rarr) Tag und Nacht«.

Daß die Kolonie »im Lande Damaskus«, d. h. in der weiten, dicht be- völkerten Oase reichsten Kulturlandes, dessen Mittelpunkt die Stadt bildet,

(He bei den Seleukideii Anschluß siulit »und gewalttätige Söhne deines Volkes, ■>:; __„ ,_,.r^ .^ic), empören wei'den. u in ein G esiclit ;i u f/.u st eilen (zu erfüllen), aber straucheln werden«. Weiteres darüber ist nicht liekannt: aber die religiöse Bewegung war damals often- bar bei-eits in vdllerii Gang. Ob untei- dem «Gesicht- mit Wellhausen Nachr. G5tt. Ges. 1905. 123 ein Vei'such /.u vei'stehn ist, »die niessianische Weissagung zu verwirklichen, d. li. die Frerndlierrschart überhaupt ab/uschütteln», ist doch wohl fraglich.

' Für :re52 ist n;itürlicli "J-i'bz /u korrigieren.

- »Beim Namen .laliwes» im biblischen Text.

J)ie (icinnjidr dix iinun Ihdidift im Laude Ddiiidskiis 4;")

»y^emäß den Satzungen des lindes in Lagern« erfolgen sull (7. 6 = 19, 2), haben wir oben schon gesclin. Ob das wörtlich zu verstehn ist und Zeltdörfer geplant sind oder ob der Verfasser an die Urzeit und die Wander- lager beim Auszug aus Ägypten gedaclit und den Ausdruck symbolisch gemeint hat, läßt sich nicht entscheiden, .ledenfalls ist, trotz der messi- anischen Erwartungen, eine dauernde Niederlassung in Aussicht genommen: die Ansiedler sollen heiraten und Kinder zeugen. Genauere Bestimmungen bringt das Gesetzbuch p. 12,19!?. : und hier werden die eijizelnen Nieder- lassungen als »Städte Israels« ("SniT" "T) l>ezeichnet, wobei natürlich nicht an wirkliche Städte, sondern an Ortschaften jeder Art zu denken ist, ent- sprechend dem Sprachgebrauch im AT. Im Mittelpunkt steht durchweg die ])einllche Befolgung der Tora »nach ihrer Exegese« und die Sicherung der Reinheit und dadurch der »vollkommenen Heiligkeit«, sowohl kultisch wie ethisch. Das wird im Eingang dieses Abschnitts nochmals hervorgehoben :

Ordnung' der Besiedlung der Städte Israels auf (^rund der folgen- den Rechts.satzungen, um zu scheiden zwisclun unrein und rein und zwischen heilig und profan' (Lev. 10, 10, wie oben S. 37). Und dies sind die Satzungen, um zu lehren, daß das ganze \'olk darin allezeit nach dem Recht wandeln soll, (iemäß dies<'m (Jesetz .soll der Same Israels wandeln, daß sie nicht dem Fluch verfallen.

»Und dies ist die Ordnimg der Besiedlung der Srädte, um danach zu wandeln in der Endepoche (7p3) der Sünde, bis daß der Messias Aharons und Israels auftritt, bis z\i zehn Männern mindestens, zu Tausenden, Hun- derten, Fünfzigen tuid Zehnen.« Das ist entlehnt aus der von Mose auf Jethros Rat eingeführten Gerichtsorganisation Exod. 18,25, "ach der hier die Ortschaften, groß oder klein, gestaltet werden sollen"'. Die spätere Bestimmung, daß, wo auch nur zehn Israeliten an demselben Ort wohnten,. eine Synagoge errichtet werden soll', findet sich schon hier: »Wenn (auch nur) zehn auftreten (da sind), soll ein Priester, der im Gesetzbuch (dem »Buch des Nachsinnens«) bewandert ist, süindig dort bleiben*, und 'seinem Befehl

' Diifiir winl .ständig das S])!itlielji-äischc Wort t- sebrauflil. da.s p. 19. 2 in B durch =7~ ersetzt wltil.

- VÄnn niodiTiie l'arallcio liictet die iiacli deiii.si;lberi X'orlnld gi'.staltelo ( )rganisatii)n dci- Züge der Mormonen, s. ni. li-sprung und Gesehiclite dci- Mormonen S. 108. 196.

' .SciiriiEK, (icsfh. d. Jiid. Volks Il3 448.

' VVörll. -sich nicht entfernen, nicht von dannen weiclien-, v-;^ Vs, w ie Kxoil. ,5j, 1 1. .lo.s. 1,8 \i. a.

4(5 K. M i: ^ i: ii :

sollen Jilio sich fügen' (Cien. 41,40). Ist er aber nicht in all diesen Dingen bewährt, wohl aber ein Mann von den Lewiten. so soll das Los heraus- kommen« — d. h. die formell durch das Los bestimmte Entscheidung wird tatsächlich durch diese Anordnung vorweggenommen, das Los wird zur bloßen Form wie so häufig , »daß alle, die zum Lager gehören (n:nm"S3 5D), nach seinem Befehl aus- und eingehen. Aber wenn eine Entscheidung nach der Tora über den Aussatz stattfinden muß, soll der Priester kommen und im Lager auftreten und der P^plior (s. u.) ihn über die Exegese der Tora unterrichten; auch wenn er einfältig ist, muß er (der Priester) es sein, der ihn (den Aussätzigen) aussperrt, denn ihnen steht das (Bericht zu.«

Man sieht, daß die formalen Vorschriften des Gesetzes und daher auch der Vorrang der erblichen Priester- und Lewitenkaste hier wie nachher in der Ordnung der Gesamtgemeinde peinlich gewahrt werden, auch wenn die realen Zustände dazu noch so wenig passen. Aber in Wirklichkeit erhebt sich über sie, wie im Gesamtjudentum der Schriftgelehrte, der Rabbiner, so auch hier ein der Laienschaft entnommener Beamter, der Weltkunde und Gesetzeskenntnis in sich vereinigt, die Oberleitung fiihrt und den zu seiner Puppe degi-adierten Priester instruiert. Er führt den Titel n|J2'a, d. i. etwa «der überlegt, untersucht« '. Sehr oft erscheint dies, worauf Gressmann hinweist", als Eigenname Aamobakkgpoc (al)Mubakker in den In- schriften iler arabischen Grenzgebiete, und einmal (t.'ISem. II 2 7 2 3) auch in einer sinaitischen Inschrift als Titel "npmobs''. Man sieht, der Titel muß in den Gemeinden der jüdischen Diaspora weit verbreitet gewesen sein und ist dann, wie so oft, zum Eigennamen geworden imd zu den Heiden über- gegangen. Man kann den christlichen Titel eniCKonoc vergleichen, am besten wird man ihn etwa durch Ephor wiedergeben'.

' Die Bedeutungscntwickluug von -;i das niao seinem Wortsinn nach, wenn diese Bildung gestattet wird, etwa diircli »niargigi'n- wiedergeben könnte tritt Reg. II 16, 15 deutlich hervor, wo König Aiiaz. al.s cj- im Tempel einen neuen Altar aufgestellt hat, sagt: was mit dem alten geseliehen soll -yy -s -^-^, ecTAl moi eic nPcoi. d. li. das will ich mir morgen weiter überlegen, eine mchi'lach angezweifelle t'bcrsetzung, die jetzt durch unser Woit gestützt wird, »liberlegend betrachten., bedeutet es dann Ezech. 34, 11 f. Ps. 27, 4. Prov. 20, 25.

- 'l'heol. Lit. Ztg. 1917, 154.

■' Mobitz. Sinaikult in heidnischer Zeit. Abh. Gott. Ges. .\. F. X\T -2, 1916 S 29: »Das Wort findet weder im Arabischen noeh inj Aramäischen eine befriedigende Erklärung" ; er vermutet dafür eine kultische Bedeutung.

' »t'ensor«, womit Siiii;(htkk ihii übersetzt, berücksichtigt nur eine Seite seiner Tätisr- keit und iTweckt überdies ;ds röiuischer .Vmlslitel falsche Vorstelluniten.

\

l)h- Gruirindf flea nnitm Bundes im Laiiilr Dainash/y 47

Wir erfahren, daß jedes pinzclno »Tiai^er«, d. h. jede, aus mehreren Ort- schaften (»Städten«) bestellende Siedhingsgruppe, ihren besonderen Ephoren hat. Von seinen Aufgaben handelt der folgende Abschnitt (i3,7ft'.):

»Dies ist die Ordnung über den E[)horen (Mbaqqer) für ein Lager: Er soll die Menge (S"'l"in) über die Taten Gottes belehren und ihnen über die (Jroßtaten seiner Wunderinacht das Verständnis eröffnen und ihnen die Geschehnisse der Vorzeit (~-'5) . . -' erzählen. Und er soll Eirbarmen mit ihnen haben wie ein Vater mit seinen Kindern imd soll ihnen allen ihre Schuld vergeben". 'Wie ein Hirt seiner Herde' (Jcs. 40, i i) soll er alle Fesseln ihrer Ketten lösen, um zu . . . .' den Bedrückten und Zerschlagenen' in seiner Gemeinde (frei nach Jes. 58, 6). Und jeden, der zu seiner Ge- meinde hinzutreten will, soll er mustern auf seine Handlungen, seine Ein- sicht, .seine Macht (n-s, seine äußere Stellung), seine Leistungsfähigkeit (m"!35) und .sein Vermögen, und dann soll man ihn einschreiben an seinen Platz, wie das Los des Lagers es ihm zuweist*« ist dabei an das ihm durch <las Los zugewiesene Grundstück gedacht? »Und niemand von den An- gehörigen (Sölinen) des Lagers soll die Befugnis haben, jemanden in die (iemeinde zu bringen {außer) durcli die Entsclieidung des F'phoren, der für das Lager bestellt ist. Und keiner von allen, die in den Bund ein- getreten sind, soll mit den Söhnen des Verderbens ' (ein (ieschäft abschließen) außer Hand zu Hand« d. h. es ist mit ihnen nur ein Geschäft gestattet, bei dem die Ware immittelbar aus der einen Hand in die andere über- geht, aber keine Verträge u. ä. Die folgenden Zeilen sind stark verstünunelt; doch läßt sich erkennen, daß alle Geschäfte nur unter Billigung und Mit- wirkung des Ephoren gestattet sind er hat also zugleich etwa die Stellung eines Notars , und daß alle sündigen Liebeshändel verboten werden. »Das ist die Besiedlung des Lagers ...» Dann folgte ein neuer Ausfall gegen die Abtrünnigen: »nicht soll ihnen glücken, im Laude zu wohnen ...» Der Abschluß, der p. 14, i f. erhalten ist, wiederholt das schon p. 7, II herangezogene Zitat aus Jesaja 7, 17: » (Gott Avird über dich und dein Volk und dein Vaterhaus Tage bringen) wie sie nicht ge-

' r^-iz ist korrupt.

- bstt; ViV . . . r">% VDii ('HAKr.KS in (iTir n;:'! ::'- dm; r'ir- lierf{estellt.

" 3^^..':.V.

* r yi-j; -n-r-' Tl. von Lkvi in rrr:n ;-v.s -riT-r: ^j korrijfii-rt.

■■ r-rr ~: (37) (vcrsclirfiibfti mlcr vcrlost-n in -nsr-).

48 K- Mk ykr:

kommen sind seit dem Tage, da P^pliraim sich von Juda losriß. Aber ftir alle, die nach diesen Satzungen wandeln, ist der Gottesbund beständig, sie zu retten aus allen Schlingen des Verderbens ...'«.

Jetzt folgen die Hestimmung«n über die Organisation der Gesamt- kolonie, der Einlieit, in der die einzelnen »Lager« zusammengefaßt sind (14, 3 ff.). Auch hier wird formell der Vorrang der Geistlichkeit gewahrt: aber auch hier liegt tatsächlich das Regiment in den Händen eines welt- lichen Oberbeamten, des »Ephoren für die Gesamtheit der Lager« -tpz-cn mrman -3- ncs, der ehimal j). 15.8 auch als »der E])lior für die Menge« a-'aib iiBs« -ipar" bezeichnet wird :

«Ordnung der Besiedlung aller Lager« oder richtiger »des (Jcsamt- lagers« (minrn b;). »Sie sollen alle gemustert werden nach ihren Namen, die Priester zuerst, die Lewiten zu zweit, die Israeliten zu dritt, der Pro- selyt (i>n) zu viert, und sollen mit ihren Namen aufgeschrieben werden einer nach dem andern, die Priester zuerst, die Lewiten zu zweit, die Israeliten zu dritt, der Pj-oselyt zu viert. So sollen sie sich niederlassen (oder in der Versammlung sitzen? ^2V) und so bei allem befragt werden '. Der Priester, der die Menge mustert, soll zwischen 30 und 60 Jahren alt und im Buch (des Nachsinnens sowie) in allen Gesetzen der Tora bewan- dert sein, mit ihnen zu reden'' gemäß ihren Gesetzen. Und .der Ephor Ober die Gesamtheit der Lager soll zwischen 30 und 50 Jahren alt sein, kimdig aller Rede (Beratung, ~^z) und Sjjrache der Menschen . . .*« also ein weltkundiger Mann, offenbar ein Laie, der dem Verkehr mit der Heiden- welt und den Proselylen, den "Gaahnictai des N. T., gewachsen ist. »Nach seinem Ausspruch sollen alle, die in die Gemeinde eintreten, jeder der Reihe nach aufgenommen werden ; und über jede Sache, über die irgend jemand etwas zu sagen hat (die irgend jemand betrifft), soll er mit dem Ephoren reden, über jeden Streit und Prozeß.«

(p. 14, 12) »Und dies ist die Ordnung für die Menge. Um alle ihre Bedürfnisse zu regeln (festzustelien, rn'ssn ':: 'i'-^'b ^^11 der Lohn von zwei Tagen in jedem Monat . . . (dienen) '. Das sollen sie in die Hand des p][)horen

' Die Schlußworte . x.-;- :-s.-ir ■': verstelle ich iiiclit. - 5:5 -5sr- ist (h)cli wohl piis.sivi.scti zu verstehii. ■' Fiii- Di:rV bietet Schkihikh p. l,\'Ili =-i-;V als richtige Lesung. ' Verwischte Buchstaben.

' ScHECHiER bietet im Text ---. V;; ar -ri--.- -rr. und der Gedanke au die Terilina. die sakrale Abgabe, liegt ja sehr nahe. Xhev diese Wdrie sind sprachlich unmöglich, und in

r

DU' Gemeinde ries nniea BiükUk im Lande Damaskus 49

geben, und die Richter sollen es . . . geben und dadurch die Armen und Dürftigen unterstützen, den Alten, der . . ., und den, der vagabundiert (ob- dachlos ist)', und den, der in die Gefangenschaft eines fremden Volks gerät, imd die Jungfrau, die . . . (luid den) um den sich niemand kümmert (Wfn lb l""« "V S58 ).« Die folgenden Zeilen sind zu verstümmelt, um sie über- setzen zu können; aber man sieht aus den in der nächsten Zeile erhalte- nen Worten »Dies ist die Exegese der Besiedlung«, daß hier bereits die Schlußformeln folgten. Mit den nächsten Zeilen beginnt dann ein neuer Ab- schnitt: »dies ist die Exegese der Rechtssätze, die . . . . (bis auftritt der Messias) Aharons und Israels. Und er (Gott) wird ihre Sünde ver- geben . . Im folgenden ist Z. 20 noch pTara »in Mammon« erkennbar: daß dies sonst erst aus dem X. T. und der Mischna bekannte Wort för das »Vermögen« schon hier vorkommt, ist selir interessant. Daran schließt »und dieser weiß . . und weiter: »eine Strafe (tj:y) von sechs Tagen; und wer redet . . .». Danach scheinen hier Straf bestiramungen für einzelne Ver- gehungen, zunächst im Geschäftsverkehr, gegeben zu sein: die Buße von sechs Tagen mag die Zahlung des Tagelohns einer Woche gewesen sein. Ob hier noch weitere Blätter fehlen, ist nicht erkennbar; jedenfalls schließt p. 1 5 nicht näher an, sondern behandelt ganz andere Fragen.

Daß die Verteilung der vom Ephoren eingesammelten Almosen den Richtern zugewiesen ist, ist sehr begreiflich: diese kennen die einzelnen und können ihre Verhältnisse und ihre Bedürftigkeit )md Würdigkeit be- yrteilen. Von der P^insetzung der Richter, die gleichfalls der Ge.'iamt- gemeinde, nicht den Einzelsiedlimgen angehören, ist .sclion vorher p. 10, 4 ff. gehandelt: »Dies ist die Ordnung für die Richter der Gemeinde. (Es sollen sein) bis zu zehn auserlesenen Männern aus der Gemeinde, gemäß der Zeit (d. i. dem Bedürfnis, den Zeitverhältnissen), vier aus dem Stamm Lewi und Aharon und sechs aus Israel, die im Buch des Nachsinnens (dem Gesetzbuch) und den Fundamenten des Bundes unterrichtet sind, im Alter von 25 bis zu 60 Jahren. Aber niemand, der 60 Jahre und darüber

ilcr tlbersetzung p. LIV Anm. 2 gibt er an, daß die verwischten Worte ,auch "»'s ff"r •«; -2v ;jelesen werden könnten. Da.s ist gewiß richtig und ergibt einen tadellosen Zusammenhang: .leder hat in jedem Monat die Einkünfte von zwei 'l'agen, also bei 25 26 Arbeitstagen im Monat rund S*/,, seines Lohns, an die Gemeinde fiir die Armenpflege zu zahlen. Die fol- genden Worte s...':-.sind ganz verwischt, Sihechteb denkt an -Jis^n. aber- es fehlt das Verbum-.

' Nach j). I.IV 7 ist vr -a« rV; zu le.sen. I'hil.-hiM. Abh. IUI». Nr. U. 7

50 K. Mkykk:

alt ist, soll noch l)estellt werden, die Gemeinde zu richten. Denn durch die Untreue (den Abfall) der Mensclien (=nsn byioa) sind ihrer Tage weni^ geworden, und als Gottes Zorn gegen die Bewohner der Erde entbrannte, hat er gesprochen, daß ihre Einsicht schwinden solle, el»e ihre Tage zu Ende gehn.« Das entspricht genau den Angal)en des JiiVtiläenbuchs beim Tode Abrahams 23, iiff. : »Alle Geschlechter, die erstehn werden von jetzt an bis zum Tage des großen (ierichts, werden schnell altern, ehe sie zwei Jubiläen (98 Jahre) \ollenden, und ihre Kenntnis wird sie wegen ihres Alterns verlassen' und alle ihre Kenntnis (P'insicht) sehwinden.« Daran schließt im Jubiläenbuch die oben S. 16 besprochene Verkündimg des großen Abfalls und des Strafgerichts in der Seleukidenzeit, an die die Umkehr und die Rückbildung, die ständig anwachsende Verlängerung der Lebensdauer bis zu 1000 Jahren und mehr unmittelbar anschließt.

Kultische und rechtliche Gesetze.

Die übrigen Abschnitte des Gesetzbuchs enthalten Einzel bestiramungen rechtlicher und kultischer Art. Zu Anfang stehn die Gebote über Ver- brechen gegen andere (p. 9. i 10,3). Dann folgt, nach dem Abschnitt über die Bestellung der Richter, eine Bestimmung über die Reinigung mit Wasser (10,10 13) und daini sehr ausführlich die Sabbatgebore (10. 14 11,18). Daran schließen weitere kultische und Reinheitsgebote, luiter denen auch Bestimmungen über den Verkehr mit Heiden erscheinen (11, 18 12,18). Auf die Ordnung der Besiedlung folgen dann, wie wir geselfn haben, die Satzungen »für die Menge«, zunächst über die Abgaben (14, 12 17, s.o. S. 48 f.), dann weitere Straf bestimmungen bei Vergehungen (14, 18 22), und weiter \'orschrifteu über die Art der Ablegung des Eides und über die Bundbrüchigen und Reuigen (15,1 16,6). Dann folgen Bestimmungen über Gelübde u. ä. (16, 6fl".). Von 16,16 an sind die Zeilen bis auf wenige Buchstaben völlig verwischt, so daß sich nicht sagen läßt, ob noch weitere B'ätter folgten oder ob uns dfis Gesetzbuch im wesent- lichen vollständig vorliegt.

' So Chari.ks in seiner t "bersetzung in The Apocrypha and Pseudepigrapha of tlie Old Testament, vol. II, p. 48: »And theii- knowledge shall forsake theni by reason of tlieir old age.« LiTTMAN.N übei-set/.t: »und es wird ge-schehn, wenn sie ihre Kenntnis wegen ihie.s Alterns vei-läßt, dann wird usw.«. Der lateinischo Text hat et se/tesnre relerius it -mintti nies vitae iiisiiTum und läßt den Schlußsatz aus.

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Dir (ifim'indr de,-: lunuii liuii(h'.-< im ImikIc Ikiniuskiis

In den kultischen und Reinheit^geboten gelangen die Sonderanschau- nngen der Gemeinde zum Ausdruck'. Es sind Vaiüationen der Gesetzes- auslegung ganz derselben Art, wie sie innerlialb der Pharisäer und des talnuidischen Judentums zwischen den einzelnen Schulen bestehn''; sie be- rechtigen aber in keiner Weise, von einer »Sekte« zu reden. Vielmehr stehn sie durchaus auf dem Boden des orthodoxen Judentums, und zwar mit besonders stark ausgeprägtem Rigorismus, so daß sie wie in der Ehe- gesetzgebung, der Forderung der Monogamie, so auch in manchen anderen Gebot«!! über das hinaus gehn, was allgemein anerkannt und befolgt wird.

Ich gebe zunächst die seJir detaillierten Sabbatgesetze lO, 14 ff.: »Über den Sabbat, ihn gemäß seiner richtigen Ordnung zu halten. Am sechsten Tage soll niemand mehr eine Arbeit verrichten von der Zeit an, wo die Sonnenscheibe (crtcn ij'-j) noch fei-n von dem Tor ist in ihrer Fülle (iS"'"«, d. J!. wo sie noch ganz über dem Horizont steht); denn das ist. Avas er sagt (Deut. 5, 12): Beobachte den Sabbat, ihn heilig zu halten.' Am Sabbat- tng soll niemand ein törichtes und unnützes Wort reden. Er soll seinem Nächsten (d. h. einem andern) nichts leihen. Er soll nicht !'ecl!ten über Vermögen oder Profit. Er soll nicht über Geschäfte und Arbeiten reden, <lie am nächsten Tage zu machen sind. Niemand soll aufs Feld gehn.

' So in dem .\l)schuitt 10 loff. : •Über die Keinigung mit Wassei-. Niemand soll in .sfhiimtzigem Wasser baden oder in weniger Was.ser, als was für die Füße eines Menschen genügt« Gre-ssmann korrigiert hier dflenbar richtig den korrupten Text '-rrr-z "-r^ 3^.:-7ij^ •»^ in mc 'M-V, ebenso Z. 13 'vr-z in V.--":; in Z. 12 ist mit Charles t-;3 in "::, in Z. 13 ■•:■'":: in ■"?«Ä zu ändern. »Kr soll sich nicht reinigen (waschen) in dem Wasser eines Gefäßes« denn das Gefäß kann unrein sein; es wird also Waschimg in fließendem Wasser oder Teichen u. ä. vorgeschnebeii. -Und jeder Teich (Pfütze) in einem Felsen, in dem nicht ge- nügend Wasser für die Föße ist, das ein Unreiner ben"dirt hat, dessen Wasser sind unrein wie die eines Gefäßes.- F"eraer 12, 11 (F.: »'Niemand soll sich selt)St zum Abscheu machen' (Lev. 11,43 *'•''• lewitiscii unrein machen, •■=%: nt -z^ \~.s-) duirh irgendein Tier oder Ge- würm, indem er davon ißt, von den Unreinheiten (für ^V^r: korrigiert Chari.es 'W't) der Rieuen bis zu allem Getier, das im Wasser kriecht' (nach Lev. 11,46). Fische sollten sie nur es-sen, wenn sie lebendig aufgeschlitzt sind und ihr Blut ausgegossen wird: und alle Heuschreckenarten sollen ins Feuer oder Wasser geworfen werden, solange sie noch lebendig sind: denn das ist die ihrer Schöpfung entsprechende ()rdnung. Ind alles Holz. Stein und Lehm, die durch menschliche Unreinlieit belleckt sind, von den Befleckungen, die sie hineingcti-agen haben, wird gleichfalls um ein, wer sie beriihrt. «ledcs Gefäß, Nagel oder Pilock in iler Wand, <lie mit einem Toten im Hau.se /usammcn sind, werden unrein wie die Unreinheit eines Arbeitsgeräts.«

' Auch die vier orlhodoxen Rechtssysteme des Ishims kann man vergleichen.

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52 E. Mkykk:

um in seinem Interesse Arbeiten am Sabbat zu verrichten. Er soll nicht außerhalb seiner Stadt gehn über ^zwei)tausend Ellen'. Niemand soll am Sabbat etwas anderes essen, als was vorbereitet ist oder auf seinem Felde zugrunde geht. Auch soll er nur im Lager essen und trinken; (wenn er aber) unterwegs ist und hinabsteigt, um zu baden, darf er trinken, wo er steht, aber nicht in irgendein Gefäß schöpfen. Einen Ausländer soll er am Sabbattage nicht senden, um ein Geschäft für ihn zu verrichten. Nie- mand darf schmutzige oder von einem Heiden gebrauchte Kleider anziehn, wenn sie nicht mit Wasser gewaschen oder mit Weihrauch abgerieben sind''. Niemand soll nach seinem Belieben am Sabbat . . .'. Niemand soll sein Vieh außerhalb seiner Stadt auf die Weide führen mehr als 2000 Ellen. Er soll seine Hand nicht erheben, es mit der Faust zu schlagen; ist es störrisch, so soll er es nicht aus seinem Haus (Stall) lassen. Niemand soll etwas aus dem Haus auf die Gasse oder aus der Gasse ins Haus bringen; auch wenn er im Eingang steht, soll er nichts hinaus- oder hinein- bringen. Ein zugeklebtes Gefäß soll man am Sabbat nicht öffnen. Niemand soll am Sabbat Räuclierwerk beim Aus- und Eingehn mit sich tragen. Er darf am Sabbat in seinem Hause nicht Stein oder p]rde aufheben. Der Wärter soll am Sabbat den Säugling nicht aufnehmen um mit ihm aus- und einzugehn. Niemand soll am Sabbat seinen Knecht, seine Magd oder seinen Tagelöhner reizen. Niemand soll am Sabbat ein Vieh entbinden: und wenn es in einen Brunnen oder eine Grube fällt, soll er es am Sabbat

AuC Gnind der analogen Bestimmung ir,6 und der sonst im Judf-ntiiin allgemein heiTSclienden Hestimmung über den »Sabbalsweg« ist rss von allen Bearbeitern mit Recht in dVss korrigiert.

^ Diese hiei- an die Erwähnung des Ausländers angenigte Bestinimung gilt offenbar nicht nur fiir den Sabbat, sondern ganz allgemein.

' i-=~3 -yis-:: irs. 3^>Ti^ 5s. Das kann bedeuten ■■ er- soll sich nicht verpfänden- (von 712-3) odter auch «er soll sich nicht in Verkehr einlassen« wie I'rov. 20, 19. 24, 21 ; vgl. Ezra 9, 2. I^etzteres halte ich für die wahrscheiidichste ("bcrsetzung. Moork, Harvard 'l'heol. Rev. IV 347 gibt die erstere, schlägt aber daneben die Deutung vor: »er soll keinen 'eriib niacbeo*, die fiktive Verbindung, durch die Häuser mittels des »Judenzauns, (ur eine Einheit erklärt werden, zwischen denen man sicli am Sabbat trei bewegen darf; und diese Erklärung hat Leszynskv, Die Saddizäer 146, aufgenommen. Das halte ich fiu- wenig wahrscheinlich; -noch weniger Anlaß sehe ich zu einer Änderung des Textes, wie sie mehrfach vorgeschlagen ist. Für die von Charles vorgeschlagene Änderung —in-' »er soll sich kein Fasten auferlegen- spricht allerdings, daß das Fasten am Sabbat im Jubiläenbuch 50, 12 nnd im Talmud ver- boten ist: doch liegt die Änderung von dei- Überlieferung recht weit ab, und diese gibt ja einen iiuleii Sinn.

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D'w Gruiniidi' (Ifs neuen Bundes im Lande lJaniui<kvs ")3

nicht henmfholen. Niemand soll am Sabbat an einem Platz in der, Nähe von Heiden rulien. Niemand soll den Sabbat um \'ermögens oder Profits willen entweihn. Und wenn irgendein menschliches Wesen in einen Ort mit Wasser oder einen Ort . . .' fällt, so darf er ilui nicht mit einer Leiter, einem Strick oder einem Gerät herausbringen. Am Sabbat darf niemand etwas auf den Altar bringen außer dem Brandopl'er des Sabbats; denn so steht geschrieben: 'abgesehn von euren Sabbaten' (Lev. 23, 27)'.«

Diese Bestimmungen sind eine weitere Ausfuhnmg der Vorschriften des Jubiläenbuchs. Im Anschluß an das (resetz Exod. 3i,i4f. 35,2 (vgl. Num. 15, 32ff.), wonach jede Arbeit am Sabbat mit dem Tode bestraft werden soll und wer iiin verunreinigt oder entweiht, soll des Todes sterben, fügt das Jubiläenbuch hinzu - werden 2, 29f. und 50, 8 ff. eine Reihe von Einzelgeboten für den Sabbat gegeben, die sich großenteils in unserm Gesetzbuch wiederfinden: der Sabbat ist nicht dazu da, »an ihm eine Arbeit zu verrichten, die sich nicht geziemt, an ihm den eigenen Willen zu tun, irgend etwas zuzubereiten, was gegessen oder getrunken wird, noch Wasser zu schöpfen, noch an ihm irgend etwas, was getragen wird, zu ihren Türen lierein- oder hinauszutragen, was sie sich nicht in den sechs Tagen als Arbeit in ihren Wohnungen zubereitet haben«. De- taillierter heißt es 50, 8 IT., daß sterben soll, »wer diesen Tag belleckt (und .seinem W^eibe beiwohnt), wer irgendeine Sache beredet, an ihm zu tun, daß er eine Reise mache wegen allerlei Verkauf und Kauf; und nuch. wer an ihm Wasser schö[)ft, das er nicht vorbereitet hat am sechsten Tage, und auch, wer allerlei aufhebt zu tragen, um es aus seinem Zelt oder seinem Hause zu bringen«. Zulässig ist nur das vorgeschriebene Sabbat- opfer; dagegen soll sterben, »wer an ilma eine Arbeit tut, und auch, wer einen Weg geht, und auch, wer sein Grundstück besorgt, sei es zu Hause oder an irgendeinen) andern Ort, (und auch, wer Feuer anzündet, und auch, wer irgendeiji Tier l)epackt, und aucli, wer zu Schiffe auf dem Meer reist, und jedermann, der jemand schlägt und tötet, und auch, wer ein 'I'ier oder einen Vogel schlachtet, und auch, wer ein Tier, Vogel oder Fisch fängt, und auch, wer am Sabbat fastet \s. o. S. 5 2, 3 1 und Krieg fuhrt) « .

' In der Ilatidsclirifi i^t etwas Jiiisgefallen.

- Da.s Gesetz Lev. 23 zählt die Festtage auf, an «Uuien .Jahwe die vorgescliriebeiien Opfer dar/.ubringea sind, -abgesehn von den Sabbaten .bihwivS" : denn am Sabbat sind nacli Num. 28, 9 zwei einjährige fehlerlose Lüninier, ein Ölkuchen und ein Ti-ankupfer darzubringen.

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54 K. >I K ^ i: K :

Die luer eingeklammerten Bestimmungen fehlen in unserm Text, der dafür eine Reihe analoger hinzufiigt; im übrigen bieten sie genau das Bild von den peinlich durchgeführten Sabbatordnungen; das wir aus der sonstigen jüdischen und heidnischen Literatur und aus dem Neuen Testament erhalten.

Dagegen ist von einer Todesstrafe für den Übertreter der Sabbat- gebote nirgends die Rede. (Jemäß dem Gesetz Deut. 13, 6 Ober falsciie Propheten und Traumdeuler luid 13, 13fr. -über »nichtsnutzige Leute«, wörtl. »Menschen, die Söhne des Nichtsnutzes, des Beli'al sind ('"r"52 "rn ■»:«)«, die eine Stadt zum Abfall von Jahwe und Götzendienst verfuhren und daher dem Bann und der Vernichtung anheimfallen, wird zunächst p. i2,2tr. be- stimmt: »Jeder, über den die Geister Beli'als (s. o. S. 39) die Hen-schaft ge- wonnen haben, so daß er Abfall redet' (Deut. 13,6), soll nach dem Gesetz über Totenbeschwöi-er und Zauberer gerichtet werden« das die Steini- gung vorschreibt (Lev. 19, 31. 20,6. 27). Dann aber heißt es weiter: »Aber der, den er verfuhrt, den Sabbat imd die Feste zu entweihen, (soll nicht sterben; sondern den Menscheiisöhnen liegt ob, ihn zu beobachten; und wenn er sich bessert (geheilt ist) und sie ihn sieben Jahre lang beobachtet haben, soll er (wieder) in die (remeinde kommen.« Hier wird also ein ausdrückliches (iebot der Tora (Exod. 3 1, I4f. 35,2) außer Kraft gesetzt - die Argvunentation, mit der man sich beholfen haben wird, ähnlich wie bei der Monogamie, wird nicht mitgeteilt ; man sieht, wie trotz alles Formalismus die ethischen imd humanen Anschauungen dennoch vor- dringen.

Um so strenger wird die Reinhaltung und die Vermeidung jeder Be- lleckung eingeschärft. Das fiihrt zu der immer mehr gesteigerten Abson- derung von den Heiden, die in dem Gebot, am Sabbat nicht in der Nähe von Heiden zu ruhn und keine heidnischen Kleider anzuziehn, zum Aus- dnick gelangt. Damit verbinden sich auch hier humanitäre Vorschriften. 12, 6fi'. heißt es: »Niemand soll seine Hand ausstrecken, um das Blut irgend- eines Heiden (z'^MTi )'C w») um Vermögens oder Profits willen zu vergießen. Auch soll er nicht irgend etwas von ihrem Vermögen nehmen, auf daß sie nicht lästern, es sei denn auf Beschluß der Genossenschaft Israels.« Man sieht, der »Antisemitismus« ist hier wie überall stark entwickelt und be- ruht ganz wesentlich auf wirtschaftlichen Momenten. Dem soll diese Be- stimmung entgegenwirken. Sehr beaclitenswert ist, daß die Gemeinde. deren Zustimmung bei der N'erfblgung eines Vermögensanspruchs gefordert

JJie Geimiiidf ttis luiien Ihaidcs im Loiiiif DmiuiskKfi 55

wird ob in einer allgeuieinen Volksversammlung oder durch ihre Be- hörden und ein Ratskollegium, läßt sieh nicht erkennen . als "SiW i-an »Genossenschaft (Chabur) Israels« bezeichnet wird, mit einem nur hier vor- kommenden Wort, das unmittelbar an den Terminus 3'"iin Chaberim »(Je- nossen« anklingt, mit dem die Pharisäer sicli bezeichnen. Die (ieiueinde des neuen Bimdes von Damaskus ist Ja in der Tat eine Variation der Pharisäer, aus denselben Tendenzen erwachsen, und von der Gestalt des Pharisäismus, die im Judentum die Herrschaft erlangt hat, nur durch un- wesentliche, zum Teil nocli etwas rigorosere Einzelbestimmungen imter- schieden.

Das Gesetz fahrt fort {12,8): »Niemand soll Vieh oder Gellügel, die rein sind, an Heiden verkaufen, damit sie sie nicht opfern; auch von seiner Dreschtenne und seiner Kelter darf er ihnen nicht verkaufen um all seinen Besitz'.« Also die Idee der Gottgeweihtheit und Reinheit, die durch eine N'erwendung des Eigentimis eines Lsraeliten zu einem heidnisclien Opfer be- lleckt werden und so den Dienst der Idole fördern würde, wird auf alle Lehensmittel ausgedehnt. Das gleiche gilt liir das Gesinde: »Seinen Knecht und seine Magd soll er ihnen nicht verkaufen, da sie mit ihm in den Bund Abrahams eingetreten sind« naturlich durch die Gen. 17,13 auch für die.se gebotene Besclmeidimg, die gleichfalls im .lubiläenbuch c. 15 noch nach- drücklicher eingeschärft wird.

über die gotte.sdienstlichen Einrichtungen und die Beziehungen zum 'l'empel in Jerusalem, der natüriidi trotz des Bruchs mit den Juden Pa- lästinas und der Auswanderung die heilige Stätte und der irdische Woiin- sitz der (iottheit ]>lieb, geben die Vorschriften ii,i8fl'. einige Auskunft: »Niemand soll Brandopfer, Speiseopfer, Weihraucli, Holz zum Altur durch jemand senden, der durch eine der Unreinheiten unrein ist, .so daß er ihm gestattet, den Altar zu verunreinigen: denn es ist geschrieben (Prov. 15, 8): 'Das Opfer der Sünder ist ein Greuel', aber das Gebet der Gerechten ist wie ein wohlgefälliges Speisopfer".« Also Opfergaben werden hier wie sonst aus der Diaspora nach Jeru.salem geschickt. Dazu gehört weiter 12,1: »Nie- mand .soll in der St^ndt des Heiligtums seiner Frau beiwoiinen, die Stadt

' iTir: 'nz, vielleicbt kornipt.

- -für .laliwo« im Original, in iiiiscrciii Text aiis<ic!ns.<<i'ii, wie durchweg. Der Text lief Pi-overbien Iniilet im zweiten ."salz -:-i- s^tr Rsir-. Damit ist v. 29 Trc- zr^'-t rnr- kon- tiiminii-rt; so lautet unser Text: v^" '^"•■" ~"^ '^"tf^"-

50 K. Mkyer:

des Heiligtums durcli ihre geschlechtliche Unreinheit (cm:3) zu beflecken« bei der Wallfahrt nach Jerusalem ist also während des Aufenthalts in der Stadt die Beiwohnung verboten. Diese Forderung wird von der Heuen Gemeinde ganz allgemein gestellt worden sein: die Heiligkeit des Tempels wird auf die ganze Stadt ausgedehnt, sie soll lediglich das religiöse Zen- trum der Judenscliaft sein, in der alles weltliche Treiben verpönt ist.

In den Einzelgeraeinden bildet die Synagoge, hier als nnntsn rr'a »Haus der Anbetung«, npocevxH und bei Philo npocevKTHPioN bezeichnet. Auf sie beziehen sich die dazwischenstehenden Sätze 1 1 , 2 1 ff. : »Jeder, der ins Ge- betshaus kommt, soll nicht unrein kommen, ^sondern) gewaschen. Und wenn die Trompeten der Versammlung (bnpn, ~ ekkahcIa LXX) blasen (vgl. Num. 10, I ff.), soll es vorher oder nachher geschehn, aber sie dürfen nicht den ganzen Gottesdienst ruhen lassen : der Sabbat ist heilig. « Dann folgen, nach der Bestimmung über Jerusalem 12, i, die Gesetze Aber die Zauberer und die Entweihung des Sabbats oben S. 54.

Die Bestimmungen über das Verhalten der Gemeindemitglieder zuein- ander stehn am Anfang des Gesetzbuchs j). 9, i ff. Die ersten Sätze knüpfen an an das Gesetz Lev. 27, 2 8 f. über den Bann (ein), die unlösbare Weihung eines Besitztums oder eines Feindes an die Gottlieit zu vollem Eigentum: »Alles Gebannte, was irgendjemand dem Jahwe bannt von all seinem Be- sitz, sei es Mensch, Vieh oder (J rundbesitz, darf nicht verkauft oder wieder eingelöst werden ; alles Gebannte ist hochheilig für Jahwe. Alles aber von menschlichen Wesen (nisii )'C), was gebannt wird, darf nicht losgekauft, sondern muß getötet werden.« In alter Zeit wird bekanntlich auch alles gebannte Vieh aus der feindlichen Beute abgeschlachtet'. Nach Ezechiel 44,29 und dem Priesterkodex Num. 18, 14 föllt dagegen »alles Banngut in Israel« an die Priester. Im Judentum ist dann, seit eine Kapitalgerichts- barkeit nicht mehr ausgeübt werden konnte, die »Bannung« der technische Ausdruck für die feierliclie Ausstoßung aus der Gemeinde, das ANAeewATizeiN geworden'. Aber zur Zeit der Entstehung des neuen Bundes war die alte Vorstellung offenbar noch ganz lebendig, und der Bann, die Weihung eines (legners an die (xottheit, um ihn dadurch zu vernichten, wird oft genug angewendet worden sein. Das verbietet unser Gesetz als einen unzulässigen

' Vgl. Deut. 1:5, 13(1'. ühor die Baniuiiig und Vernichtung der zum Götzendienst abge- Ijilleui'ii Ortscliafion. Ebenso' ganz kurz schon im Bundesbuch Exod. 22, 19.

^ Vgl. SciirRER. Oeseli. d. jiid. \'otks lli 434 f. Webkr, .Tiid. Theol.' I42f.

Dir (iriiiclndi' (Ich nnwii ]hindpi< /'/// Landf DanviKku.^ 57

Raclieakt, eine PZntartung zu heidnischem Braucli, bei Todesstrafe: »Jeder, der einen Menschen aus der Menschengattung' bannt nach den Gesetzen der Heiden« das kann docli nur heißen: »nach heidnischer Art«, niclit

etwa, daß er nach heidnischem Recht vor heidnischem Gericht gegen iJm verfahren will , »ist zu töten"'. (Denn) was er sagt, (ist): 'Du sollst dich nicht rächen und den Söhnen deines Volkes nichts nachtragen' (Lev. 19, 18)^; und jeder, der in den Bund eingetreten ist, der etwas gegen einen andern (»seinen Näclisten«) vorbringt, was nicht vor Zeugen erwiesen ist*, sondern im Zorn gegen ihn vorgeht oder an seinen Ältesten schreibt ("iEC, berichtet), um ihn in schlechten Ruf zu bringen, der ist raclisüchtig und trägt nach. Und es steht doch nur geschrieben (Nahum 1,2): er (d. i. Gott, im Ori- ginal Jahwe) ist rachsüchtig gegen seine Widersacher und nachtragend gegen .seine Hasser'« d. h. Gott darf die Rache üben, aber nicht ein Mensch. »Wenn er gegen ihn stumm bleibt von einem Tag zum andern vuid dann im Zorn gegen ihn ein todbringendes Wort gegen ihn vorl)ringt (r";7: "ia"a ■'a "ai), dann zeugt er gegen sich, weil er das (iebot Gottes nicht gehalten liat, das ilim sagt (Lev. 19,17): 'Du sollst deinen Nächsten zu- rechtweisen, daß du nicht um seinetwillen eine Sünde auf dich ladest.« Ks sind dieselben Grundsätze, die im Testament Gads in der Wanning vor dem Haß eingeschärft werden: (c. 4) »vAÄiAcee oyn, t^kna «oy, Änö to? MicoYC, ÖTi KAI efc ay'tön TÖN K^PiON XnomIan noieT. OY' rXp e^Aei AKoieiN eN-

TOAÜN A'i'TOY n€PI XrXnHC TOY nAHCiON KAI efc 0eÖN AMAPTÄNGI. ^AN FAP n^CH Ö

AAeA»öc, cnoYAAzei e-^OYC XnArreTAAi toTc oäcin, kai cneYAei. Yna KPieeic kai KOAAceeic XnoeANH. Eben diese Anschauung, die Malmung zur Nächston- liel)e, wird hier in gesetzliche Gebote umgesetzt, bei aller Wahrung der zur Aufrechterhaltung der Gesetzlichkeit unentbehrlichen gegenseitigen Kontrolle. Audi sonst ist jede Selbsthilfe und jeder gewaltsame Zwang gegen andere verboten: (9, 8) »In bezug auf den Eid, von dem er gesagt hat: 'Deine Hand soll dir nicht helfen'« das i.st aus Sara. I 25,26. 31 ent-

' Man betrachtet in o-k-: s-jx s-^rr -mt das letzte Wnrt .ils Dittographie. .\bor Lev. 27, 28 steht zuerst, lici dc-r Anrziihlung (h-r Objekte, z-v- und v. 29 :-s- -ii a^-r:-' -rx; somit ist =-s-: jedi-nlalls zu lialleii und vielleicht auch (Ins vorhergehende :-:k: .einen von der Menseheii- ^attung-,

* >i-r rrvr'-i, von Chaiii.ks richtig erklärt.

' Die Fortsetzung ist: -soiulein sollst deinen Nächsten lieben wir dich seihst«.

* Für rrr-z ks s* ist entweder -tt. »ger.'chtfertigt. als richtig erwiesen- üdei" mit CiiARi.fxs rrrr. zu lesen -der ihn nicht zur Hede gestellt hat-.

l%il.-hi.it. Ahh. I'.nu. Sr. !). 8

58 E. Mkvkk:

iiommen, wo Abigail den David preist, daß er sicli nicht gewaltsam Selbst- hilfe gegen Nabal verschafft hat . »so übt jeder, der auf seinem Felde jemand scliwören läßt, nicht in (Tcgenwart der Richter oder auf Grund ihres Ausspruclis, diese Selbsthilfe mit eigner Hand« denn er zwingt ihn auf ungesetzlichem Wege zu einem Kid, der ihn schädigt. »Wenn je- mandem etwas abhanden gekommen ist, ohne daß bekannt ist, wer es aus dem . . .' des Lagers gestohlen hat, in dem es gestolden ist, soll sein Eigen- tümer 'es mit dem Fluclieid beschwören' (Num. 5,21), 'und wer es hört, falls er darum weiß und es nicht anzeigt' (Lev. 5, i). der ist schuldig. Über alles Veruntreute, das zurückgegeben wird, aber keinen Eigentümer hat, soll der Zurückgebende' dem Priester berichten, und dann soll ihm mit Ausnahme des Sühnewidders das Ganze (d. h. alles andere, "rn) ge- hören«. Leider ist »ihm« (""") zweideutig; aber das Gesetz Num. 5, 8, das hier fast wörtlich wiedergegeben wird, bestimmt, daß »wenn der (inzwischen verstorbene) Träger des Anspruchs keinen Blutsverwandten hat, dem die Buße entrichtet werden könnte, so geliört die zurückgegebene Buße Jahwe«

erläutert durch »dem Priester« »mit Ausnahme des Sühnewidders«

der nach Lev. 5, 15 f. Jahwe geopfert wird. So wird also auch hier zu verstchn sein: der veruntreute Gegenstand fällt an den Priester, der Widder wird Jahwe geopfertl Die Fortsetzung bestätigt dies: »Und ebenso soll jeder verlorene (iegenstand, der gefunden wird und keinen Eigentümer liat, den Priestern gehören; denn der es gefunden hat, kennt sein Recht (d. h. das daraufhaftende Besitzrecht, den rechtlichen Eigentümer) nicht. Wenn ein Eigentümer dafür niclit gefunden wird, solhn sie es behalten.«

»Wenn jemand sich in irgendeiner Sache gegen die Tora vergeJjt und ein anderer (sein Nächster), und zwar nur er allein, das sieht, so soll er, wenn es eine Sache ist, auf der der Tod steht, es vor seinen Augen* dem Ephoren anzeigen, und der Ephor soll es mit eigner Hand nieder- sclireiben, bis er es nochmals tut in (Gegenwart eines andern' und dieser

' -st:-:, verschrifben.

^ Fiii' zz:-2- lies mit Siiikchter z-^-rir..

•■' Deshalb kann ich Chari.es' .Xmlfrunu; des am .Schluß stehenden ■==- in ~r5 nicht für richtig halten.

* rr^s-r;: ";V; (mit einem freien Raum /.wischen beiden Worten) könnte heißen »vor f-einen Augen mit Zureclitweisung (Anklage)... Aber Cjiaki.es kni-rigiert es wohl mit Recht in -y-. ^:V5 »in Gegenwart des Angeklagten«.

■' -nx korrigiert Charlks mit Hecht In -ts.

Die (if'inriitdr den iinicit Ihiiitics im JaiiuIc Ikuintsku.s T)!)

es gleichfalls dem ICphoren anzeigt. Wenn er (so) wieder von einem an- dern ertappt wird, ist sein Urteil erledigt. Sind aber zwei «Zeugen da, bezeugen aber Verschiedenes, so soll der Mann nur von der Reinheit aus- geschlossen sein, wenn sie zuverlässig sind und wenn der Mann es noch an dem Tage, an dem er es gesehn hat, dem Ephoren mitteilt. Und nach dem Gesetz sollen sie zwei zuverlässige Zeugen ^annehmen) und nicht niu- einen, um die Keinheit auszusehließen. Und niemand soll als Zeuge vor den Richtern auftreten, um auf seinem Aussage ein Todesurt<'il auszusprechen, der noch nicht volljährig ist, um unter die (bemusterten einzutreten' (Kxod. 30, 13 f.; die Altersgrenze sind demnach 20 .lahre) (und der nicht) gottes- turchtig ist. Nicht als Zeuge gegen einen anderen (seinen Nächsten) soll (dauben finden, wer ein Wort der Gebote mit erhobener Hand' (Num. 15.30, d. i. mutwillig) übertreten hat, bis er wieder für rein erklärt ist.«

Es bleiben die beiden stark beschädigten und verwischten letzten Seiten, p. 15 beginnt, in welchem Zusammenhang, ist nicht erkennbar, mitten in den Bestimmungen über den Eid. üb sich diese Satzungen auf bestimmte Einzelfalle oder ganz allgemein auf den Eid beziehn, wissen wir nicht: das letztere ist wohl das wahrscheinlichste. Den Namen der (iottheit dabei anzurufen, wird verboten: »(er soll nicht schwören) sei es bei Alepli und Lamed (= Elohim, s. o. S. 8), sei es bei Aleph und Dalet (= Adonai), son- dern imr den Schwur, der im Bundeseid (geschrieben ist)'. Auch die Tora 3Ioses soll er niclit erwähnen, denn ... (oder: »außer ..."). Und wenn er schwört und dann (den Eid) bricht (1371), entweiht er den Namen". Uiul wenn (er schwört) beim Bundeseid. (so soll es vor) den Richtern ge.schehn*; und wenn er ihn bricht, ist er schuldig; aber wenn er beichtet und sich bekehrt, soll er nicht die Todesstrafe erleiden*.«

Daran schließen allgemeine Bestimmungen über die Ablegiing des liundeseides und den P'intritt in den Bund: (19, 5) »Wer in den Bund für ganz Israel nach ewiger Satzung eintritt mit seinen Söhnen, die (nocli nicht) in die (iemusterten durch den Bundeseid eintreten können, soll es für sie bekräftigen.« Die unmündigen Kinder werden also durch eine

' Für ..V- set/on Levi iiiid Chaki.es r:-n:r ein.

- Vgl. I/CV. 19, 12: •ihr -sollt nicht falsch .schwören 1km meinem Namen, daß du den Namen deines Gott&s Tiicht entweihst«. ' Krf^änzt \()n (ihessmann. ' r";|r: z;;y| x~- xV (,'li VKi.KS.

m K. Mkvku:

Krklärung ihres Vaters in die Gemeinde aufgenommen und für dieselbe verptlichtet, wie im Christentum durch die Kindertaufe.

»So ist das Recht in der ganzen Endzeit der Sünde« der gegenwärtigen Weltperiode »für jeden, der sich von seinem verderblichen Wandel be- kehrt« — also in den Bund eintreten will : »an dem Tage, an dem er mit dem über die Menge gesetzten Ephoren (s. o. S. 48) gesprochen hat, soll man ihn mustern mit dem Eid des Bundes, den Mose mit Israel geschlossen hat, dem Bund, zurückzukehren zur Tora Moses mit ganzem Herzen und ganzer Seele .... (zerstört). Niemand soll ihm die Rechtssätze mitteilen, bis er vor dem Ephoren gestanden hat, der ihn (prüft), indem er ihn fragt. Und wenn er es auf sich nimmt, zurückzukehren zur Tora Moses mit ganzem Herzen und ganzer Seele, ((iottes Gebote zu befolgen) und alles, was von der Tora offenbart ist, zu streiten (gegen die Abtrünnigen) ..... (so soll) der Ephor (ihn aufnehmen) und ihm gebieten (. . . etwa: die Gottlosen) zu töten . . und einen Wahnsinnigen (wohl die falschen Propheten) und alle . . .«■ Der Rest ist ganz zerstört; nur der Schluß des Abschnittes ist j). 16, I f. erhalten: »((iott hat einen Bund geschlossen) mit euch und mit ganz Israel. Darum soll der Mann (d. i. jeder) die Verpflichtung auf seine Seele nehmen, zur Tora Moses zurückzukehren.«

»Denn in ihr ist alles genau bestimmt {■p'p^ir:). Und die Erläuterung (©■'"IE) ihrer Endzeiten (2n"'Sp, der Zeitperioden, die sie durchzumachen haben, und ihres Ausgangs, wie oben p. 2, 9) in bezug auf die Blindheit Israels' über alle diese Dinge, siehe das ist genau ausgeführt (p~p""ir) in dem Buch der Einteilungen der Zeiten nach ihren Jobeljahren und Wochen (dem Jubiläenbuch, s. o. S. 9).«

»An dem Tage, an dem jemand es auf seine Seele nimmt, zur Tora Moses zurückzukehren, wird der Engel des Mastema (s. o. S. 39) von ihm weichen, wenn er sein Wort hält. Dalier wurde Abraham am Tage, avo er zur Erkenntnis kam X'r\:?1 BT^n), beschnitten« vgl. Jubil. 15, 26 im An- schluß an die Beschneidung Abrahams und seiner Angehörigen und Knechte: »Alles Geborene, das nicht beschnitten ist bis zum achten Tage, gehört nicht zu den Kindern des Bundes, den Gott mit Abraham geschlossen hat. sondern zu den Kindern des Verderbens.«

is-r^ . „5. jßii sehe keinen (iruiid, mit Sciiki iiikr in ]—cr> odei- mit C'haki.es in

zu ändern.

Dil' (iciiici/ulr des nriirn Bundes im Laitdr Damaskus (i l

Diese Ausfiiliruugcii geben noeli einiriMl einen lebendigen Einblick in das Wesen des neuen Bundes. Er ist die wahre Fortsetzung des alten, den Gott mit Abraham geschlossen hat, dessen ewige Satzungen Mose in der Tora offenbart hat; auf ihn ist daher auch die Verheißung überge- gangen, er allein ist das wahre Israel, alle andern sind abtrünnig und bilden das Reich des »Anfeinders«, des Maslema oder Satan, dessen Diener (Engel) hinter ihnen stehn; und ihr vorausverkündetes und genau be- stimmtes (ieschick Avird sich binnen kurzem erfüllen, wenn der 3Iessias »Aharons und Israels« konmit und sein Reich aufrichtet.

Es folgen noch weitere Hestimmungen über die Gelübde: (p. 1 6, 6) »Was er gesagt hat (Deut. 23, 24): Was über deine Lippen kommt, sollst du halten', es auszufuhren, so darf ein Mann jede eidliche Verpflichtung, die jemand auf seine Seele legt' (Num. 30, 3), um ein Wort aus der Tora aus- zufuhren, um den Preis des Todes nicht brechen". Aber alles, was ein Mann auf seine Seele legt (gegen die Worte der Tora), darf er um den Preis des Todes nicht halten. Was den Eid der Frau betrifft, von dem Mose gesagt hat (Num. 30, 6fF.), daß ihr Eid gehindert werden kann, so soll der Mann ihi-en Eid nicht hindern, wenn er keinem Menschen schadet"'; er ist auszuführen. Wenn er ihn aber verhindern kann, falls er (dazu f^ihrt) den Hund zu übertreten, soll er sie hindern und ihn nicht ausführen. Und ebenso ist das Recht ffir ihren Vater (Num. 30, 6 ff.).«

»Über das Recht der Gelübde. Niemand soll für den Altar (also nach .Jerusalem) etwas Erpreßtes (crs; oder »gezwungen«?) geloben. Und auch die Priester sollen von Israel nichts (derart) annehmen. Und niemand soll eine Speise weihen« das Folgende ist zerstört; vielleicht war von heid- nischem Opferileisch die Rede, dessen Gebrauch verpönt wird ; »das ist, wovon er gesagt hat (Micha 7, 2): Jeder stellt seinem Bruder mit dem Netz nach'. Nicht soll ...» Alles Weitere ist ganz zerstört; die wenigen erhaltenen Buchstaben zeigen, daß noch weiter von Opfern und Gelübden nebst Strafandrohungen die Rede war. Ob noch weitere Blätter gefolgt sind, läßt sich nicht sagen.

' Für •TT-r' liest Schkchtkr mit Recht r-.-v, nach Nimi. 30,9. 13 f. 16. ' zn..~-.ti- -~K ergänzt (ibkssmann sehr gut zu orscz y-.- .ss -~s.

()2 Iv M E ^ K H :

Abschluß, üie Ergebnisse.

p]ine unbefangene Interpretation der neuen Texte, wie wir sie im vor- stehenden versucht haben, läßt ül:)er ihre Entstehungszeit keinen Zweifel. Die Gründung der neuen Gemeinde, ihr Auszug aus Jerusalem und die Abfassung der Mahnrede und des Gesetzbuclis fällt kurz vor das Jahr 1 70/69 V. Chr.. in dem Antiochos Epiplianes zum erstenmal entscheidend in Jerusnlem eingriff. Die 'l'cxtc sind dann, wie die erläuternden Ein- schübe und die Abweichungen zwischen A und B lehren, überarbeitet und erweitert worden; aber nuch in diesen Stücken weist nichts auf eine spä- tere Zeit, sie stammen aus einer Zeit, als die Vorgänge mit ihren Gegen- sätzen noch friscli im Gedäclitnis waren und die Weltlage sich noch nicht wesentlich geändert hatte, auch sie erwarten die Katastrophe, das Welt- gericht und das Kommen des Messias in der allernächsten Zeit.

Daraus hat sich zugleich ergeben, daß die üblichen Ansätze fiir die Abfassungszeit der ältesten Stücke des Henocli und für die der Jubiläen und der Testam(>nte der Patriarchen beträchtlich zu spät sind. Audi sie stammen, da sie in dem neuen Text benutzt sind, aus derselben Zeit. Das wird dureli iliren Inhalt durchaus bestätigt; eben darum fehlt in ihnen auch jede Einwirkung niclit nur des Hellenismus, sondern auch des Daniel- buchs, von den für dieses charakteristischen, aus dem Parsismus über- nommenen eschatologischen Vorstellungen findet sich in ilinen allen (ab- gescihn von den s{)äteren Erweiterungen des Henoch) noch keine Spur. Nur die Sclieu vor frülien Datierungen hat die riclitige Erkenntnis ver- hindert: und die Neigung, in möglichst späte Zeit hinabzugehn, ist da- durch bestärkt worden, daß man in allgemeinen Schilderungen des Messias und seiner Zeit, wie z. B. im Test. Lewis c. 18 und Judas c. 24, Anspie- lungen auf politische Ereignisse (so auf Johannes Hyrkanos) zu ent- decken glaubte, zu denen der Text in Wirklichkeit gar keinen Anhalt bietet'. Wenn es nicht zweifelhaft ist, daß die scharfen Angriffe auf die Lewiten

' (;iiaiaktciislisoh ist, daß Chaki.es (The Test, of the twelve patr. ttanslated p. 54) zugibt, daß di(> Voruüife gegen die Lewiten im '{"est. Lev. 10. 14(1". besser für die Zeit von 200 170 a's für 100 60 V. Clii'. 23«ssen, sich aber doch für die letztere entscheidet, weil c. 16 die 70 .lahrwoclien vorkommen, die Dan. 9, 24 bis anf die ^lakkabäcrzeit (160 v. Chr.) gereciinet werden, und weil 10. 5 der Henoch zitiert wii'd. Argumente, die in Wirklichkeit "arnirjils liciv eisen.

Die (Jf^)ieinch' des wneti Bvmlfs im Laiirlc Darnaftku-n {\'.\

und ihren Abfall im Test. Levi lO. 14 16 und das entsprechende Stück im Test. Juda 21,6 23.5 Einlagen in den ursprünglichen Text sind, der I.ewi verlierrlicht und die Herrschaft seiner priesterlichen Nachkommen und die Unterordnung der übrigen Stämme, der Laien, unter sie aufs stärkste betont, so ergibt sich vielmehr, daß der Kern des Buchs älter ist und etwa dem Ende des dritten Jahrhunderts angehört, der Zeit der unge- störten Priesterherrschaft unter den Ptolemäern. Er entspricht durchaus der Verherrlichung der Priesterherrschaft und des Regiments des Hohen- l)riesters Simon bei Jesus Sirach. Daß der Text den Mund etwas voll nimmt und ihre Macht und Herrlichkeit übertreibt, ist doch walulich kein Wunder: aber auf die Makkabäerzeit, auf die man diese Schilderungen gewöhnlich bezieht, paßt das durchaus nicht. Eben diese Idealisierung hat dann zu der Einfügung der scharfen Polemik geführt, als sicli zeigte, daß das Verhalten der Priester ihr in Wirklichkeit durchaus nicht entsprach.

Diese Einlagen in den Testamenten sind mit Zitaten des Henoch- buchs verbunden, und alle Hinweise auf dasselbe mögen, wie auch Cn.\nLEs annimmt, erst damals eingefügt sein. Einzelne Bestandteile des Henocli- buchs, auch abgesehn von dfen ursprünglich selbständigen noachischen Fragmenten, mögen schon älter sein; das Stück 91 104 dagegen stanmit aus derselben Zeit wie die neuen Texte. Aucii am Jubiläenbuch können .sehr wohl nielirere Hände tätig gewesen sein: auch hier sehn die Ver- weise auf Heuochs Schrift und die Erwähnung der «W^ächter« zum Teil wie spätere Zusätze aus. Das bedarf noch weiterer Untersuclnuig. Sicher ist, daß es in der (Jestalt, in der es auf uns gekommen ist. unmittelbar vor der neuen Schrift und in den.selbeii Kreisen wie diese entstanden ist. Es faßt in der legendarischen Überarbeitung der Vorgeschichte die Anschau- ungen und Forderungen zusammen, die sich in den Kreisen der Frommen gebildet liaben und jetzt gegen die hellenisierende Reformpartei als da.s echte. unverfäLscIite Judentum, als die Grundlage des »Bundes mit den Vorfahren« durchsetzen wollen. So bildet es geradezu das Programm und die theoretische Basis für das Auftreten des »Lelirers der Gerechtigkeit« und die Organisation der neuen Gemeinde, die durch die Mahnrede ver- kündet und im Gesetzbucli ausgeführt wird.

Nahe verwandt sind der neuen Gemeinde oflenbar die AciaaToic des Makkabäerbuchs, Avenn auch nicht identisch mit ilir; denn die Folgenmg, daß Gott über das walire Israel, den Rest der Frommen, ein neues Exil

H4 E. Mever:

verhängt habe, haben sie nicht gezogen, sondern sind im Lande geblieben und haben das Geschick duldend ertragen.

Weiteres über die Gemeinde des neuen Bundes und ihre Schick'sale ist uns niclit bekaiuit. In den Jaliren der systematischen Religionsverfol- gung durch Antlochos (Knde i68 bis 166/65) mag aucli sie schwer zu leiden gehabt haben. Damit mag die scharfe Polemik zusammenhiingen. die immer aufs neue gegen die Lauen und Abtrünnigen, die Mitläufer in der Gemeinde, gerichtet wird. Daß in der Folgezeit in Damaskus eine zahlreiche Diasi)oragemeinde bestanden hat. wissen wir aus dem Neuen Testament und aus Josephus (Bell. II 559. VII 368). Aber inzwischen war in Judäa und Jerusalem die pliarisäische Orthodoxie immer weiter ausge- bildet und zu voller Herrschaft gelangt, der Gegensatz innerhalb des Juden- tums im Avesentlichen überwunden; die altgläubigen Saddukäer. die zum Pharisäismus in demselben Verhältnis stehn wie das orthodoxe Luthertum zum Pietismus und den verwandten Richtungen, verloren in der Masse des Volks allen Halt und kamen für die Religion nicht mehr in Betracht'. Mit diesen Tendenzen, die aus derselben Wurzel entsprungen sind, wird die Gemeinde in daueriuler Fühlung geblieben sein; die Difl^renzen über Einzelheiten der Gesetzesauslegung kamen demgegenüber nicht in Belracht. sie waren nicht stärker, als sie auch sonst innerhall) des Pharisäismus zwischen den einzelnen Lehrern bestanden. So wird, wie die Diaspoi*a überhaupt, auch die Gemeinde in Damaskus der Oberleitung der Kirche von Jerusalem imtergeordnet und von ihr völlig assimiliert worden sein, zumal ihre messianischen Erwartungen sich eben nicht erfüllten und auf eine unbestimmte Zukunft vertagt inid umgedeutet werden mußten. Auch läßt sich garnicht sagen, wieweit der Gesetzentwurf, der auf uns ge- kommen ist, überhaupt in der Praxis hat durchgeführt werden können; denn daß es sich hier wesentlicli um eine Theorie handelt, ist klar. Jeden- falls ist die Gemeinde als orthodox anerkannt worden; tlenn ilire Schrif- ten, das Jubiläenbuch, die mehrfach überarbeiteten Testamente der Patri- archen, und der noch stärker immer wieder ergänzte Henoeh, sind zwar

' Nichts ist \eik(»lirter. als den .Saddiikäern Hinneigung zum Hellenismus und Lax- heit gegenüber dem Gesetz zu/.usi'hreihen. Josephus bezeugt so scharf wie möglich das Gegen- teil. Sie haben nur die weitere Entwicklung nicht mitgemacht, sondern sind auf dem Boden des Schrifiworts mid der in ihm zum Ansdiuik gelangten .\nsohaunngeii .stehngeblieben und daher notwendig dei- Stagnation und dem Absterben verfallen.

Die Gemeinde des neuen Bundes im Lande Damaskue 65

nicht in den Kanon der heiligen Schriften gelangt, wie Daniel, wohl aber in- den Umkreis derselben aufgenommen und als Erbauungsbücher gelesen und weiterverbreitet worden und so auch zu" den Christen übergegangen. Auch die s])ezifischen Schriften der Gemeinde, die Mahnrede und das Ge- setzbuch, hat, wie wir jetzt sehn, das Judentum bewahrt; so sind sie er- halten und uns jetzt wieder beschert w^nrden.

Phil.-hist. AbJi 1919. Nt. .9.

66 E. Meyer: Die Gemeinde des neuen Bundes itn Lande ''Damaskus

Inhalt.

Seite

Die bisherigen Auffassimgeii der Schrift ■•

Die Handschriften 6

Die benutzten .Schriften 7

Die Mahniede 12

Die religiösen Anscliauungen 3S

Der Abschluß der Mahnrede in B 40

Das Gesetzbuch. Die Organisation der Gemeinde 44

Kultische und rechtliche Gesetze 50

Abschluß. Die Ergebnisse 62

Übersicht der Übersetzung der Texte.

Ap. I, I 18 12 f Ap. 9. I 8

57

I, i»~-2. I 14 9.8 10.3 .571.

2.2 7 20 10.4 10 49f.

2,7 1,3 20 10.10 1,3 51,1

2.14 3,20 21 fi'. 10.14 11,18 51 f.

3,20 4.6 23 f. 1 1 . 1 8 - 2 1 .55

4.6 19 32 f. 11,21—12,1 56

4,191'. 31 1 2 , I f. 55

4,,9_6,3 34(r. 12,2—6 54

6.2 II 24 12,6 8 54

6,11 7,6 37 f. 12,8 II 55

7,6 9 Bi9,2--6 27 12,11— i8 51,1

7.9 = Bi9, 5f. 26 12. 19 13. 7 45f.

7,10—14 25f. 13.7 14.2 47f.

7. 14 21 25 14. 3 22 48f.

7,21 8, i=Bi9. 10 13.. ■• 27 p. 15 u. 16 59flr.

I 21 = B 1 9, 13 33 28 ff.

Sritc

B 19. if. 38,2. 411

19, 2 6 27

19-5-13 26 f

i9> 13--34 28 ff.

19- 34 20. 34 41 ff.

Berlin. i;t'drmjtt in diT ileiclisdnickrrei.

ABHANDLUNGEN

DER PREUSSISCHEN

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

JAHRGANG 1919

PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE KLASSE

Nr, 10 VOM KLOSTERBUCH DES SÄBUSTI

VON

EDUARD SACHAU

BERLIN 1919

VKRLAG DKR AKADEMIK DER WISSKNSCIIAFTKIN

IN KOMMISSION BKI DER VEREINIOITNO WISSENSCHAFTLICHEK VERLEGER WALTKtt IIE GRUVTKU U. l().

VORMALS r;. J. HflSCIIfTI SCIIE VERLAfiSHANDI.UNr.. 1. liDTl'ENTAfi. VERLACSBITHH ANDM'NCi. liKORli HKIMF.K. KARL J. TKl'lINK.R. VKIT lt. COMl'.

Vorgelegt ia der Sitzung dei- phil.-hist. Klasse aiu 22. Mai 1919. Zum Druck eingereicht am 6. .luni, ausgegeben am 29. September 1919.

1 Jas christliche Klosterwesen hat für Wissenschaft und Unterricht dieselbe Bedeutung gehabt im Orient wie im Okzident. Die Klosterschule zu Nisibis war für das 6. und 7. Jahrhundert des östlichsten Christentums die Uni- versitas literarum, und die große Mehrzahl der Männer, die in geschicht- lichem oder literarischem Zusammenhange jener Zeiten hervorgetreten sind, die Träger der Literatur und des kirchlichen Lebens, haben dort, man darf sagen, ihre akademische Bildung genossen. In späteren islamischen Zeiten hat das Kloster Dair Qunnä am Tigris südlicli von Bagdad die Rolle von Nisibis übernommen.

Es ist eine bemerkenswerte Tatsache, daß nicht allein christliche Schrift- steller, sondern auch muhammedanische über christliche Klöster geschrieben haben, freilich von ganz verschiedenen Interessen ausgehend und ganz ver- schiedene Zwecke verfolgend. Von ersteren ist der bedeutendste der Bischof Jesudenah oder I§6'denah (d. i. Christus ist aufgegangen) von Ba-sra, der sein Werk bezeichnet als Buch der Keuschheit', handelnd von den Kloster- gründern, den Schriftstellern de re monastica und den Schulgründern im Reich der Perser (der Sasaniden) und der Araber. Er schreibt in majorem dei gloriam und zum Ruhme der frommen Männer seines Volkes. Nach kurzer Angabe der Ortslage der Klöster gibt er Biographisches über ihre Gründer, berichtet von ihren Werken, iliren Wundertaten, ihrer literarischen Tätigkeit, gelegentlich von ihren Traumgesichten und von ihrem Grabe, Auszüge aus reicheren Quellen nach Art der Vitae sanctorum. In der Reihe dieser Klöstergründer heben sich deutlich drei Schichten ab; als erste die Schüler Eugens, der in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts das Kloster- wesen von Ägypten nach Mesopotamien, zuerst in den Mons Masius (Türä

' Hei-au.sijegeben und übei-setzt von J. B. Chaboi- in Ecole Fi-an<;iii.se de Uome. Me- lanites d'archeologie et d"histoire 1896, XVI' aiint'-e.

4 ' S A c n A u :

dh' Izkl, 'für 'Abdin) verpflanzte. Von dort, von den Bergen im Norden von Nisibis hat sicli das Klosterwesen nach allen Richtungen ausgebreitet. Die zweite Schicht sind die Schüler von Abraham dem Großen (im 6. Jahr- hundert)', die dritte die Schüler des Bäbhai von Nisibis (569 628)-. Die Mehrzahl der von Jesudenah aufgezählten Klöster liegt in den alten Stamm- ])rovinzen des östlichen Christentums, in Beth 'Arbäje-Nisibis, besonders in den gebirgigen Teilen auf beiden Seiten des Tigris, in Adiabene und Gara- maea, ferner in dem westlichen, lachmidischen Babylonien, während dagegen von Klöstern im eigentlichen Babylonien, in der Nähe von Bagdad, in Maisän und Beth-Hüzäje nur sehr wenig die Rede ist. Am Ende seines Buches führt der Verfasser lediglich die Namen einiger Klöster ohne irgendwelche Ausfiihrungen an, woraus man vielleicht schließen darf, daß es unvollendet geblieben ist.

Von dem Verfasser Jesudenah ist außer den kurzen Angaben im Cata- logus librorum von Ebedjesu' nichts bekannt, wir sind daher für die Be- stimmung seiner Zeit lediglich auf die Angaben seines Buches angewiesen. Auf S. 279, 280 unter den Artikeln 125, 126 erwähnt er die Synode des Katholikos Timotheos im Jahre i 70 nach der Ära der Söhne Häsims, d. i. 793 n. Chr., und auf S. 250 unter Nr. 47 das Jahr 3 des Ga'far Ibn Al- mu'tasim, d. i. des Kalifen Almutawakkil, das Jahr 864 n- Chr. Unser Jesudenah hat also frühestens nach 864 unserer Zeitrechnung, in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts geschrieben, wieviel später aber, ist nicht zu ermitteln.

Innerhalb dieser Zeitgrenze liegen nun auch diejenigen Schriftsteller, die Jesudenah in seinem Werke erwähnt, soweit ihre Zeit bekannt ist. Es sind die folgenden:

Martyrius (ü(ä*3o\ «.ä.», Sähdonä), Bischof von Mähözä dh' Arewän (Arjäwän?) in Garamaea, sein Buch 2^ouXMM.a IÄlSos \^ S. 238 Nr. 24, S. 280 Nr. 127'.

Geschichte des heiligen Jonas ^o.*p ICs-n^jc^^ S. 239 Nr. 27.

Simeon de T^ibüthä, genannt Lukas, gegen 690, S. 240 Nr. 28.

' BuDGE, Book of governors II 37 ff. ^ BuDGE, a. a. 0. II 46. " As^emani, Bibl. Or. III i.

' Vgl. H. GoussEN, INIartyrius-SahdonÄs Leben und Werke, Leipzig 1S97. Nach S. 16 Aiiiiici kling winde Sähdönä iiiii 629/630 Bischof von Kdessa.

\om Klostcrbuch (leg Sdf/usti. ;")

Daniel Bar 'rubliänithä, vielleiclit iim 650, S. 277 Nr. 124. Nestorius, Bischof von B6th Nuhadrä, seine Geschichte des Josef

aus Hazzä, S. 279 Nr. 125; lebte vermutlicli um 700. Gabriel, Abt von Beth 'Abhe, seine Scliriften, S. 281 Nr. 127: vielleicht der Zeitgenosse von Martyrius-Sahdonä. '

Schließlich möchte ich noch darauf hinweisen, daß eine auffallend große Zahl der von Jesudenah erwähnten Männer aus dem Lande Kaskar stammte, dem südöstlichen, an Mesene grenzenden Winkel lnnerbab\ lonicns. Dies kann verschiedene Ursachen liaben, es kann aber vielleicht ehi Finger- zeig dafär sein, daß das Christentum gerade in Kaskar sehr alt und weit verbreitet war. Die Chronik von Arbela zählt Kaskar bekanntlich unter denjenigen Orten auf, die schon vor dem Jahre 224 einen Bischof hatten..

Das Klosterbuch Jesudenahs ist von einem Unbekannten zu einer ver- sifizierten Kpitome verarbeitet worden und ist uns in einer Handschrift der Kgl. Bibliothek zu Berlin erhalten, siehe meinen Katalog ihrer syrischen Handschriften, Berlin 1899 Bd. I S. 234 237. Die betreffende Handschrift ist modern, geschrieben 1882 in Alkösch.

Ein weiteres Werk eines cliristliclien Verfassers, aber arabisch geschrie- ben, das hier zu berücksichtigen, ist das von Evktts, Oxford 1895 heraus- gegebene und übersetzte Tlie churches and monasteries f)f Egypt attributed to Abu .Sälili the Armenian. Der Verfasser ist anderweitig nicht bekannt, seine Verfasserschaft nicht einmal ganz sicher, wer er aber auch sein mag, er hat zwischen den Jahren 1208 und 1338 geschrieben, denn das erstere Datum ist das sjjäteste, das in dem Buclie vorkommt, und das letztere ist das Datum der Handschrift, aus welcher der Herausgeber seine Ausgabe geschöpft hat. Der Titel desselben lautet: »Chronik des Schaicli Abu Sälih des Armeniers, enthaltend Nachrichten aus den Provinzen und Gauen Ägyptens«. Sein Werk geht daher über den Rahmen eines Kloster- und Kirchenbuchs weit hinaus, es ist vielmehr eine Sammlung von Memorabilien aus der Geschichte des Christentums in Ägypten. In diesem Zusammen- hang werden außer Kirchen und Klöstern samt toiiograpliischen Angaben auch die Heiligen des Landes erwähnt, Heiligen- und Wundergeschichten, iiuiere Vorgänge der ägyptischen Kirche, Legendarisches, Beziehungen der Christen zu den islamischen Machthabern, danelien aber auch mancherlei

' BuixiK, a. ;i. (». 1. (11.

(i S A c 11 A u :

Vorgänge aus der islamischen Geschichte des Landes. Der englische Heraus- geber hat dem Werke von Abii Salih diejenigen Abschnitte der Khitat von Maqrizi (gest. 1442), welche von Kirchen und Klöstern handeln, angeschlossen.

Von Werken muhammedanischer Schriftsteller sind drei Klosterböcher bekannt', eins von zwei Brüdern, genannt die beiden Khälidis jMli-l , von denen der eine 350 11. gestorben ist, ein zweites von dem berühmten Ver- fasser des Kitäb-alaghäni, Abü-x\lfarag Alisfahäni (gest. 356). Diese beiden Werke sind nicht erhalten außer in einigen Zitaten im Länderalphabet von Jäqüt. Erhalten dagegen ist das dritte Klosterbuch c>ijl>-»!l >_jO von Abü- Alhasan Ali Ihn Muhammad Alsäbusti in der einzigen Handschrift der Kgl. Bibliothek zu Berlin". Wie kamen nun diese Muhammedaner dazu, sich mit christlichen, nicht muhammedanischen Klöstern zu beschäftigen? Den ersten Anlaß bot ihnen das Studium der mittel arabischen Poesie. Die Poetik des altarabischen Heidentums erforderte, daß in dem ersten, Nasib genannten Teil der Qasiden ein oder mehrere Ortsnamen erwähnt wurden, und in der arabischen Alexandrinerperiode haben dann die Sammler und Erklärer sich nicht bloß auf Wort- und Sinneserklärung beschränkt, sondern auch diese topographischen Angaben gesammelt und ihren Lesern zu deuten gesucht. Aus diesen Studien sind die entsprechenden Angaben bei Jäqüt und bei dem Spanier Albekri hervorgegangen. Ein ähnliches Bewandtnis hat es nun mit der durch Abu Nu'äs eingeleiteten mittel- arabischen Dichtung. In den Trinkliedern z. B. werden gern die Orte angegeben, in denen der Dichter seine Trinkgelage mit Wein und Gesang gehalten zu haben schildert, und diese Orte, in denen Wein verzapft wurde, waren christliche Klöster, z. B. in Bagdad und seinen Vororten, aber auch anderswo. Sie waren aber nicht allein Weinschenken, sondern zugleich auch Herbergen, in denen die Reisenden, Kalifen und gewöhnliche Menschen einzukehren pflegten. Eine Sammlung der Namen solcher Klöster samt Angaben über. ihre Lage bildet das Gerippe von Säbustis Klosterbuch.

Der Verfasser lebte in Ägypten zur Zeit des fatimidischen Kalifen AFaziz Ibn Almu'izz (365 386) und starb daselbst 390 (= icx)p n. Chr.). Er war Bibliothekar und Vorleser, Gesellschafter des Kalifen, und dies legt die Vermutung nahe, daß es wohl nicht ein Interesse an Christentum und

' Vgl. .lusius Hei:r. Die historischen und geographischen (Quellen in Jäqiits geo-

gra pilischem Wörterbuch, Straßburg 1898, S. 88ff.

- \VEr/,STEiN II Nr. 1100 Kl. fol. datiert vom Jahie H. 631.

Vom KloKterhurh des Sdb>/.<tL 7

christlicher Klustertopographie war, was ihn zur Abfassung seines Buclies veranlaßt hat. Er schildert darin das lustige Leben in Saus und Braus, wie es vor lOO Jahren in der Residenz der Nachkommen von Harun Alrasid zu Bagdad, am Hofe selbst wie in seiner Umgebung' in der Überfülle von Reichtum und Macht sich abgespielt hatte. An eine kurze Erwähnung des Klosters werden längere und kürzere Dichtungen von berufsmäßigen und Gelegenheitsdiclitern, von Kalifen. Staatsmännern und Generälen angereiht, Dichtungen, in denen der Verkehr in dem Kloster mit Wein, Weib und Gesang im Kreise von Dichtern, Sängern, Sängerinnen und Tänzerinnen besungen wird, Bilder großstädtischen orientalischen Treibens ^on maßloser Üppigkeit und Sittenlosigkeit. Über manche der Dichter, die Säbusti zitiert, gibt er einige biographisch sein sollende Bemerkungen, die sich aber fast immer darauf beschränken, daß der Betreffende ein fester Trinker und kühner Lebemann gewesen sei, wobei der Verfasser allemal ängstlich in denselben stets wiederkehrenden Ausdrücken hinzufügt, er möchte ja nicht langstielig werden, nidit den Leser langweilen". Das wertvollste aber in dem ganzen Werke sind die Exkurse, welche in vielen Artikeln den Schluß- und Hau]>tteil ausmachen, historische Berichte über das Leben im Zentrum des Kalifenreiches in Bagdad und Säniarrä im 9. Jahrhundert unserer Zeitrechnung, lehrreiche Schlaglichter, die bis in die intimsten Vorgänge des Hoflebens hineinleuchten, von den Großen jener Zeit viel Wissenswertes zu erkennen geben und gelegentlich auch frühere Zeiten streifen. Daß ein Hofmann am Hofe zu Kairo ein solches Buch verfaßte, konnte sehr wohl den Zweck haben, nicht in usum delphini, sondern in usum regis dienen zu sollen, seinen Herrn zu unterhalten mit den Versen weinseliger Lebemänner und mit pikanten Schilderungen von dem Leben, wie es am Hofe und in der Residenz der großen Kalifen aus dem Ge- schlechte von Muluimmeds Onkel Abbäs am Tigris gewesen war.

Die 53 Klöster, die Säbusti erwähnt, liegen in der Hauptsache meist in Bagdad und den Ortschaften der nächsten Umgebung, weiter nördlich im Dugail-Gebiet, in und l>ei Takrit, in und bei Sämarrä, in und bei Mosul, in der Provinz Nisibis, am Euphrat, im lachmidischen Westbabylonien und anderen Teileji der Katholikatsprovinz, und einige wenige in Palästina,

' Daraus erklärt sich, daß er die Klöster seines eijj;enen Landes, Ägyptens, nur neben- sächlich tjehandelt.

' Vgl. A. Mkz. .\bulqitsiui. ein Bagdader Sittenbild. Heidelberg 1902, Kinleitung S. IX.

8 8 A c II A i; :

Sinai und Ägypten. Die zalilreiclien Klöster in Garamaea, den Gebirgen von Adiabene und anderen von der Heerstraße entfernten Gegenden, in Maisän und Beth Hiizäje existieren für ihn nicht, dort hat es keine Trink- gelage für Bagdader Hofleute gegeben, hi der Anordnung der Klöster ist das topographische Prinzip keineswegs konsequent durchgefülirt. Als eine besondere Gru])pe fülirt der Verfasser die Wunderklöster Nr. 41 53 auf. Die wenigen ägyptischen Klöster in de!r Nähe von Kairo, die er erwähnt, dürften eine ähnliche Bedeutung gehabt haben wie die Klöster in und l)ei Bagdad. Säbusti ist sehr viel benutzt worden, z. B. von Jäqnt, Albekri, Qazwini, Maqrizi und anderen. Der Name Säbust ist unerklärt, Ibn Khallikän Nr. 456 will ihn aus Dailam herleiten'.

Säbustis Klosterverzeichnis.

I. ^UjS j^ Kloster üarmalis. Der Anfang dieses Artikels und damit die Ortsbeschreibung lehlt in der Handschrift, kann aber ans Jä<|üt II 660 ergänzt werden. Es lag im Inundationsgebiet am Tor des Vororts ALsammäsi.jje in Bagdad nahe dem Mu'izzi-Palast, umgeben von einem Park, in der Nähe eines Rohrsumpfs, groß und gut bewohnt, besucht von Lebemännern als Vergnügensort. Die Bagdader Christen besuchten an Festtagen gewisse Klöster, so auch an den Sonntagen der Fastenzeit, am i. Sonntag das Dair Aräsija", am 2. das Dair Alzurai(|ijja, am 3. das Dair Alzandaward, am 4. das Dair DarmAlis. Die erstgenannten beiden Klöster sind mir ander- weitig nicht bekannt. Das Kloster Zandaward ist so genannt nach einer in sasanidischer Zeit bedeutenden Stadt dieses Namens im südlichen Babylonien südlich von Wasit, dessen Bedeutung sie in fräherer Zeit gehabt hat. Sie hatte vier in ihrer Art so hervorragende Torq^ daß der Kalife Almansür, als er Bagdad gründete, sie dorthin schleppen ließ und mit ihnen seine neue Residenz schmückte. Im Volksglauben galten diese Tore als das Werk der Dämonen Salomos. Ja(|üt II 95 1. Der hier genannte Mu'izzi-Palast ■^J-'Ü jUl war 305 von dem Bujiden Mu'izz-aldaula Abü-Alhusain Ahmad il)n Buwaihi erbaut. Der Vorort AlsammAsijje (Das Diakonusviertel) im äußersten Norden des Weichbild'es von Bagdad, angrenzend an das Byzantiner- viertel und nördlich von den Vororten Alrusäfa und dem Abu Hanifaquartier,

- So .lAllÜt. IIs. ^Ja\ji\

Vom Kloslerimcli dt's !<ii(niMi. i)

ist bekannt. Jä(|üt III 3 i 7 ; Stkeck, Die alte Landschaft Babyloniens, 2 Teile, Leiden 1900, 1901 S. 169, 133, 233 und Le Strange, Bagdad during the Abbasid C'halifete, Oxford 1 900 S. 202 . TTber die Lage des Klosters Zandaward s. Le Strange S. 211.

2. J\f^ j^ Kloster Saniälü, östlich vom Tigris am Tor des Vororts Alsammasjjje und am Malidi-Kanal gelegen, der dort Mülilen treibt, um- geben von einem Park. Der Name soll umgelautet sein aus Samälü, dem Namen einer zilizischen Stadt zwischen Mopsueste und Tarsus, die Härün A. H. 163 erobert und deren Gefangene er am Tor von Alsammäsijje an- gesiedelt hatte. S. Streck S. 169, 135; Le Strange S. 202.

3. yj\'ä\ ji Das Fuchskloster in Bagdad auf der Westseite in dem im Zentrum der Stadt gelegenen Quartier, genannt Hiib-Alhadid (Das Eisentor), und in der Nähe einer mir sonst nicht bekannten Ortlichkeit. genannt Qabrönijä, wohl zu unterscheiden von einem anderen Fucliskloster, das zwei Meilen von Bagdad entfernt im Gebiet des Isä-Kanals auf dem Wege nach den Sarsar genannten Dörfern bei dem Dorfe Alhärithi,jje lag. S. Streck S. 25, 26, 166; Le Strange S. 210. 99. Ein Fest des Fuchsklosters wird bei Alb^runi, Chronology of ancient nations S. 308 erwähnt. Die Dichter der Zeit haben das Fuch.sk loster, B^b-Alhadid mul Qabrunija' viel besungen.

4. J-l-'li-l j^ Das Katholikoskloster, ein gnjßes, blähendes Kloster in Bagdad in der Nähe des Quartiers Bäb-Alhadid. S. Streck S. 167, LeStrange S. 2 10.

Ein zweites Klost,er dieses Namens lag in Nordbabylonien im Gebiet von Maskan, westlich vom Tigris, in der Breite von Harbf'i an der Grenze zwischen der Provinz Takrit und Babylonien, in der islamischen Welt be- rühmt durch die Entscheidungsschlacht, in der Mus'ab ibn Zubair, der Bruder des Kalifen von Mekka, im Jahre 72 gegen Abdalmalik, den Kalifen von Damaskus, unterlag. S. Streck S. 236. Die hier genannnte Ortscliaft Harbii ^j>- ist in Trümmern noch vorhanden und hat den alten Namen auch noch bewahrt, s. mein Am Euphrat und Tigris (1900) S. 82, 83.

5. jl^ j :> Kloster Mudjän in Bagdad am KarkhäjA-Kanal, der abgeleitet ist aus dem Stadtteil Almuhawwal Alkabir, an dem Stadtteil Al'abbäsijje vorbeigeht, den Stadtteil Alkarkh durchschneidet und dann in den Tigris

' Vera von AlnAsi: j,ji.l _pI j Ujyv» >>. ^i^ *«l jjlJDI JU l mi.-hist. AU. 1919. Nr. 10. t'

10 S A (' ri A u :

mündet. Frülier war (l<r Kanal in gutem Stande und hatte fließendes Wasser, dann wurde er verstopft und sein Wasser floß nicht mehr infolge von Dammbrüchen am Euphrat.

Die Lesart MudjAn ist diejenige der Handschrift. Wenn man Midjän liest, kann man übersetzen Das Gläubiger- oder Das Schuldnerkloster. S. Streck S. i68; Le STR.\N(iE S. 209. Ül)er den im Süden von Bagdad geh-genen Stadtteil Karkh s. das. S. 92 3"., über Ahnuhawwal das. S. 85; Al'abbäsijje das. S. 68.

6. ^j_y^\ ji Kloster Asmüni, SO genannt nach einer Frau dieses Namens, die hier beerdigt ist, in <^)utral)bul. westlich vom Tigris. Das Fest dieses Klosters, ein großes Fest für die Bagdader, fallt auf den 3. Oktober. Es gibt noch ein zweites Kloster in Qutrabbul, genannt Cj y>rj>'\ j^ Kloster Algurgüth.

Der Name Asnnmi ist die arabische Form für Solonionis, deren be- rühmteste Trägerin die Mutter der Makkabäer. Alberüni, Chronologie S. 308 erwähnt den Gedenktag dieser A.snnmi-Solomonis. Qutrabbul (= Nikatoropolis) ein Vorort im Nordwesten von Bagdad, s. Streck S. 232: Le Strange S. 209, 5 I. Das Kloster Algürgüth ist mir sonst nicht begegnet. Ob ^>^^l verschrieben für ^}>-^\ =- Georgios? Georgskloster?

7. j^ j-> Kloster S;\bur(Sapor) in Baztighä J-i'j, einem Dorfe zwischen Almazrafa und Alsälihijje, westlich vom Tigris. LetzTer<'S war ein Quartier von Bagdad (s. Le Sirange S. 108, Lehn des Prinzen S;Uih Ibn Mansür), Almazrafa ein großes Dorf am Tigris, drei Farsach flußaufwärts von Bagdad entfernt, unweit Qutral)bul. S. Streck S. 232: Le Strange S. 210: über BazüghA s. Streck S. 230.

8. U»y j_:> Kloster (^)ütä in Albaradän auf dem Tigrisufer. Zwischen Bagdad und Albaradän, eine Entfernung von sieben Farsach, ohne Unter- brechung eine Reihe von Gärten und Weinfeldern, darin von Bagdad her die Ortschaften jc^i (andere Lesart J^'^V , Vologeseslkart), Alnmhannnadijje, das kleine T'düni, das große Tid''»'» Albaradän. Über letzteres s. Streck S. 231; Le Stran(;e S. 174.

9. ^j^j>-j* j^ Georgskloster in Almazrafa, viel l>esucht von den Bagdadern, die in Gondeln, genannt suniairijjät, liinatiffuhren, vor Al- ghurüb (?). S. Streck S. 232; Le Stran(;e S. 210. Alberüni, Chronologie S. 30S erwähnt den (iedenktag eines »Mönches Qt\tä, d. i. Mär Sergius«.

Vom Kloiiterhuch des Sdbusli. 1 1

lo. \jx^\ ji lüoster Bäsalirä auf dem Tigrisufer, gern von denen, die von Bagdad nach Sämarrä hinaufreisen oder •zurückkommen, als Absteige- quartier oder evtl. als Nachtquartier benutzt. Eine genaue Bestimmung der Lage des Klosters ist mir nicht bekannt.

I I. Cj\^\ jji Schwesternkloster, ein großes Nonnenkloster in Ukbarä. Der Festtag desselben ist der erste Sonntag im Fasten. Die Nacht dieses Festtages wird J-y^^i-l i^ genannt, das ist die Nacht, in der eine pele-m^le- Vermischung der Männer und Weiber stattfindet und niemand seine Hand von etwas zurückhält. Über die Lage von 'Ukbarä s. Streck S. 227. Die Nacht Almäsiis wird auch von Alberüni, Chronology S. 309 erwähnt. Über einen ähnlichen Brauch unter islamischen Sektierern in Teil 'ATar s. meine Reise in Syrien und Mesopotamien S. 338 ; auch Hokfmann, Auszüge S. 1 25 ft". Der arabisch redende, des Syrischen kundige Christ mochte sich den Aus- druck Lailat-almäsüs als Seh weine nacht deuten, denn jjiojcaa bedeutet Schwein.

12. cJ-Jl j^ Das Kloster von Al'alth, einem Dorfe auf dem östlichen Tigrisufer. Bevor man diesen Ort auf dem Tigris schiffend erreichte, kam man zti einer schwer passierbaren Stromenge, wo im Flußbett viele Steine lagen und der Fluß in heftiger Strömung dahinschoß, so daß die Schiffe nur mit Schwierigkeit passieren konnten. Diese Stelle heißt Al'abwäb = Die Tore. Wenn die Schifte Al'alth erreichen, gehen sie vor Anker, denn sie können hier nur passieren mit Hilfe eines Führers (Lotsen) von den Ortsbe- wohnern, den sie sich heuern. Der fährt sie ohne zu irren mitten durch diese Stellen hindurch so lange, bis sie vor den Gefahren dieser P^.nge sicher sind.

Jnqi'it II 681 fiigt hinzu, daß es unfern Alhazira unterhalb Snmarrä liege und meint, daß es mit dem unter Nr. 1 3 zu nennenden Dair Al'adhärä identiscli sei. Ferner zitiert er IFIyii aus Almäwardi, daß Al'alth, zwischen 'Ukbarä und Sämairä gelegen, ein Wakfgut der Aliden war und daß es im ersten Teil des 'Irä(i liege, d. h. an der Nordgrenze von Babylonien gegen Takrit hin. Zur Lage von Al'alth s. Streck S. 224, 18.

13- t^jl-J^l j'^ Das Jungfraucnkloster auf dem Tigrisufer unterhalb Alhazira, bewohnt von Nonnen. Nach .läqiit 679 lag es zwischen (?) Sä- marrä und Alhazira, wurde aber zu irgendeiner Zeit nach 320 H. von einer Hochflut des Tigris weggerissen. Zur Lage von Alhazira im Dugailgebiet s. Streck S. 224, 225.

12 S A c n A u :

14. i^jl-u)| j-j Das Jungfrauenkloster, im Christenviertel von Bagdad am Kanal Nahr-aldagäg (Hühnerkanal) gelegen. Das Kloster hat seinen Namen davon, daß die Bewohner desselben vor dem großen Fasten ein dreitägiges Fasten halten, welches das Jungfrauenfasten genannt wird. Über die Lage des Nahr-aldagäg im Süden von Bagdad s. Streck S. 86; Le Strange S. 53; über das Kloster das. S. 83. Mit dem hier erwähnten drei- tägigen Fa-sten ist das sogenannte Ninivefasten gemeint, über das Albenini, Chronology S. 309, 311, berichtet.

15. t_g-'^\ j^ Das Kloster des Mannes aus Susa auf dem westlichen Tigrisufer in dem Qädisijje von Sämarrä (zu unterscheiden von dem Qädisijje in der nordostarabischen Steppe), einen Farsach stromabwärts von Sämarrä entlernt. Zwischen diesen beiden Orten liegt Almatira. Nach JäqütII672 war dies ein Marienkloster, gegründet von einem Manne aus Susa, das er selbst mit anderen Mönchen bewohnte. Alqädisijje' ein großes Dorf im Dugailgebiet zwischen Harbä und Sämarrä; Almatira wird noch zum Weich bilde von Sämarrä gerechnet, s. Streck S. 223, 190.

16. Uy ^ j^ Das Thomaskloster in Sämarrä bei der Wasif brücke, zu unterscheiden von dem Kloster Dair Qunnä, das ebenfalls Thomaskloster genannt zu werden pflegte. Die Wasifbrücke führte ihren Namen nach dem Heerführer Wasif im Dienste des Kalifen Almu'tasim, einem der König- macher seiner Zeit, der den Almunta^tir auf den Thron setzte, gestorben 253.

17. Ll^ y* jji Dair Mär Juliannä, Johanniskloster, ein den Nestori- anern gehöriges, am Tigris gegen Takrit hin (also nördlich von Sämarrä) gelegenes Kloster mit vielen Zellen und Mönchen, umgeben von Kornfeldern, Gärten und Weinfeldern. Über dem Tor des Klosters liegt die Klause des Abdi^n, eines malikitischen Mönches, der sie erbaut hat und bewohnt, so daß sie unter seinem Namen bekannt geworden ist. Dieser regiert jetzt das Kloster und seine Insassen. Neben dem Kloster hat er einen anderen Bau aufgeführt, in dem die Passanten einkehren und von ihm bewirtet werden. S. Streck S. 179.

18. ^l--» ^j Dair Dubä'a am Tigris auf der Ostseite, östlich von Takrit, ihm gegenüber, gelegen an einem mächtigen Kanal, der das Wasser aus dem Tigris in den Lsliäqikanal ergoß. Jäqüt II 673 schreibt den Namen

' Die Re^te der Ortschaft sind bcschi-ieben bei Miss Bell, Amiirath to Amurath,

London 191 1, S. 207, 208 und Photographie Nr. 119.

Vom Klosterbuch des Sdlmsii. \\i

^/L-»yj, worin ich die Bezeichnung das Fdrberkloster {ij-'^-^ = iiäl) zu erkennen glaube, über den Ishäqikanal s. Strkck S. 32.

19. JcVl j^j Das oberste Kloster, ein großes Kloster in Mosul, das den Tigris und ^jj^\ (?) überragt. Ein in den Felsen gehauener Stufen- gang von gegen 100 Stufen führt von dort zum Tigris hinab, auf diesem wird das Wasser aus dem Tigris geholt. Unterhalb des Klosters befindet sich eine große Quelle, die ihr Wasser in den Tigris ergießt. Der Palm- sonntag ist in diesem Kloster ein viel besuchter Festtag. Nach Jäqiit II 644 soll die genannte Quelle im Jahr H. 301 erschienen sein, in ilir seien schvvefelartige StoflFe vorhanden, ferner Bismuth und Vitriol. Sie wurde als Heilquelle benutzt gegen Aussatz. Krätze, Geschwüre, gegen Glieder- lähmung und Schlagtluß. Über die Schwefelquelle in Nordosten von Mosul s. meine Reise in Syrien und Mesopotamien 1883 S. 353.

20. ^ J- ^J^ ji Das Jonaskloster östlich von Mosul, 2 Farsach vom Tigris entfernt. Der Ort ist bekannt unter dem Namen Ninive, und Ninive die Stadt des (Propheten) Jona. Unterhalb des Klosters eine Quelle, ge- nannt 'Ain-Jönus, Jonasquelle. In den Tagen des Alliusain b. Abdallah b. Hamdan stifteten die Juden einen der Ihrigen an, der ging in die Kirche tmd beschmutzte sie. Die Kunde davon kam zu Ibn Hamdän, der ver- sammelte die Juden in Mosul und ließ sie schwere Geldbuße zahlen.

Die hier in Rede stehende Ortschaft ist das wohl bekannte Dorf Nebi Jinius mit seinem islamischen Heiligtum. Mosul hieß früher ^änVi XiSo^ Hebräerburg, ein kleiner befestigter Ort. Vgl. Jesudenah Nr. 50 S. 252.

Von dem Hamdaniden Alliusain b. Abdallah berichtet Arib Tabarl- continuattis ed. de Goeje S. 171, 172 unter den Ereignissen des Jahres 320.

21. j>l»Li!( j^ Das Dämonenkloster westlich vom Tigris, im Gebiet von Beled, zwischen zwei Bergen an der Mündung des Tales. Das hier genannte Beled ist die bekannte Stadt, auch Eski Mosul- Altmosul genannt, am Tigris nördlich von Mosul. Nach Jäqüt II, 673 lag es zwischen Mosul und Beled in der Nähe von J— jl ('/) am Tigris.

22. j\j»£-ji\ J>s. 'Umr-alza'farän, das Safrankloster bei Nisibis östlich davon im Gebirge, das die Stadt überragt. In diesem Gebirge finden sich drei Klöster in einer Reihe, 'Umr-alza farän, Mär Augi (Eugen) und Mar .luliann.i. Unterhalb des Gebirges fließt der Hirmns, der Fluß von Nisibis, und befinden sich Quellen, die sich aus dem Grunde des Gebirges, einer

14 S A eil A u :

Stelle, die Ra's-almä' genannt wird, nähren. Dies Gebirge ist der Anfang des Tür 'Abdin (von Nisibis gesehen), 3 Farsach von Nisil)is entfernt. Der Fluß fließt (zuerst) zwischen zwei Bergen, von Weinfeldern und Wald um- geben. Unterhalb von Nisibis teilt er sich in zwei Ströme, der eine fließt an Bäb Siiigär vorbei, bewässert die dortigen Gärten und fließt dann in den Ghäbür; der andere biegt um nach dem Osten der Stadt, treibt dort Mühlen und bewässert die Gärten.

Das hier erwähnte Kloster des hl. Flügen ist dasselbe, das Jesudenah unter Nr. i S. 228 seines Verzeichnisses beschreibt. Über das bekannte Jakobitenkloster Dair Za'ferän s. meine Reise in Syrien und Mesopota- mien S. 405.

23. Lj^I ^j Dair Aliwisä, das Kloster des Klausners (ijuau.= Uj^I = ^j~^\) in Söört. einer großen Stadt in Dijärbekr unfern Arzen, letzteres überragend, ein großes Kloster mit 400 Mönchen. In der Nähe ist eine große Quelle, die drei Mühlen treibt. Neben dem Kloster ein Badi, der Nahr-Alriim, Byzantinerbach, genannt wird. Gemeint ist das berühmte Jakobskloster bei Söört, das von Jesudenah unter Nr. 24 (s. auch ebenda S. 233, Zeile 8) beschrieben wird. Über die Gründung des Klosters durch den 421 gestorbenen Jakob s. Wright, Catalogue of the Syriac manuscripts of the British Museum III, 11 36 Gol. i.

24. ^ j-_.> Kloster Fiq, auf" dem Rücken des Passes von Fiq, zwischen Fiq und dem See A^on Tiberias, auf einem Berge, der mit dem Paß zu- sammenhängt, eingegraben in den Fels. Die Christen behaupten, daß dies das erste (älteste) christliche Kloster sei, daß der Messias hier einzukehren pflegte, daß er von hier die Apostel berief. Es ist dort ein Stein, von dem die Christen sagen, daß der Messias darauf zu sitzen pflegte. Wer den Ort betritt, bricht sich ein Stück von dem Stein ab, um eines Segens teilhaftig zu werden.

Nach Jäqüt ist Fiq Volksaussprache für Afiq (d. i. pss p-'BS im Alten Testament), eine Ortschaft zwischen Damaskus und dem See von Tiberias, am Anfang des zwei Meilen langen Passes von Fiq, der zum Ghor hinab- führt. Von der Höhe des Passes sieht man Tiberias und den See. Jäqüt I 332; 11 684; 11 932.

25- Jj^^ jj^ Dair Altür auf einem länglich runden Berge, breit an der Basis, schmal an der Spitze, der sich isoliert in der Ebene erhebt.

Vom Klostcrhich des Säbtdtl. 15

Nur ein einziger Weg führt hinauf. Er liegt zwisclien Tibe'rias und Allaggün, das Ghor und Marg-Allaggün (^^W v" r^/') überragend. Das Kloster liat eine Quelle. Es liegt auf dem Gipfel des Berges, umgeben von Weinfeldern. Es wird auch Dair-Altagalli = Kloster der Offenbarung genannt, weil der Messias sich dort seinen Schülern nach der Himmelfahrt geoffenbart haben soll, indem er sich ihnen zeigte und sie ihn erkannten.

Der hier genannte Berg 'lur ist der Berg Tabor. Eine Abbildung desselben findet sicli in Alte Denkmäler aus Syrien, Palästina und West- arabien von Ahmed Djemal Pascha, Berlin 191 8, Tafel 26.

26. v:J>Jl ji Dair Albucht im Gebiet von Damaskus, 2 Farsach davon entfernt. Es hieß auch Dair Michä'il, Micliaelskloster. Den ersteren Namen bekam es deshalb, weil der Kalif Abdalmalik Ibn Marwnn dort seine bucht, d. h. zweihöckerigen Kamele hielt und das Kloster dadurch bekannt ge- worden ist.

27. Jij ji Zakchaeuskloster im Gebiet von Raqqa am Euphrat, auf beiden Seiten vom Baiich umgeben (also auf einer Insel im Fluß oder in einer Schleife desselben). Es gab dort Gazellen, Hasen und anderes Wild, das mit dem Jagdfalken gejagd wird, wie Wasservögel, Trappen und an- deres. Im Euphrat vor dem Kloster werden Netze zum Fischfang ausgelegt.

28. ij-^j-' y' J'^ Sergiuskloster in Ana am F^uphrat. Die Handschrift schreibt ^^^^ji».^- U ji oder ^^.j^j-., was bei Jäqüt II 693 wiedergegeben ist. Dort war die Mutter des Barmakiden Alfadl Ibn Jalijä Ibn Barmak begraben. Sie hatte, als sie Alfadl an der Brust hatte, zugleich auch Alnisid. den späteren Kalifen., genährt. Sie begleitete Alrasid. ihren Milchsohn, auf der Reise nach Ra<iqa und stai-i) unterwegs in Ana. Hier ließ Alrasid über ihrem Grab eine Kuppel bauen, die Kuppel der Barmakidin <l5^jJ| iJJ .

Ich halte die Lesart Jäquts ^,.x^j^ für einen alten Fehler, vielleicht herübergenommen aus der vom Dichter willkürlich veränderten Form in dem Gedichte bei Jäqüt II 693, 15. Albekri 374 kennt auch ein ^r-i^j^ j^, aber in Almatira, einem Vorort von Sämarrä.

29. ^^•y ä' J^ Kloster des Il>n Maz'iKj im Zenti-uni von Hira. Nach Jäciut II 701 lag es außerhall) Hiras. Ibn Maz'n(|, Ibn Almaz'i'uj bei Jäcp'it II 701, unbekannte Persönlichkeit.

30. ^j-^rr' J^ Sergiuskloster in Tizanäbäd zwischen Küfa und Ahjädi- sijje an der Straße, eine Meile vom letzteren Orte entfernt, jetzt verfallen,

1 (') S A (; II A r :

verlassen. Von den Resten sind nur noch einige verfallene Bogenbauten und Steine auf dem Rücken (?) der Straße vorhanden, welche die Leute die Weifipresse des Abu Nu'jis, nach Jäqüt III 570 die Bogen des Abu Nu Vis nennen. Tizanäbäd soll ein Lehngut eines Nachkommen des Kalifen Omar gewesen sein nach Jä(|Mt III 569.

31. k_isLVl obliJ Die Bischofsklöster in Negef vor (außerhallt von) Kufa, wo üira anfängt, Bogen und Steinbauten, die man die Bischofs- klöster nennt. Daneben ein Wasserlauf, "genannt Alghadir, auf dessen rechter Seite das Schloß des Abu Alkhasib, eines Freigelassenen des Kalifen Mansür liegt, zur Linken (das Schloß) Alsadh-. Zwischen diesen sogenannten Bischofs- klöstern und dem Schloß des Abu Alkha.sib liegt einer der schönsten Lust- orte der Welt, der Negef und dies ganze Plateau überragt. Auf einem Aufstieg von 50 Stufen steigt man zu einer schönen Fläche, wo man sicli niederlassen kann, hinauf. Von dort überschaut man Negef imd Hira. Dann steigt man auf einem weiteren Aufstieg von 50 Stufen hinauf zu einer aus- gedehnteren Fläche, einem herrlichen Aufenthaltsort. Der genannte Abu Alkhasib (marziiq) war ein Freigelassener des Kalifen Mansür, sein Kanmier- diener. Sadlr ist ein großes Schloß von den Bauten der Lakhmiden in alter Zeit, das einzige, was davon übriggi'blieben ist. Das waren zur Zeit des Verfassers Klöst<'r und Kirchen für die Chrisren.

32. JJLül kJ Die Kuppel des Saitiq. d. i. des Schweigsamen UXkisJC , eines von den alten Bauten in Hira. (Jegenüber davon liegen Kuppel- bauten, die ojMl (unbekanntes Wort) genannt werden, alle den Christen gehörig.

33. -Ca j^j Kloster der Hind, der Tochter des Alnu'mAn Ibn Almundhir, welche dies Kloster in Hira gebaut und als Nonne darin gelebt hat, eines der größti^n Klöster von Hira, zwischen dem Graben Jjci-l und jT.I^-a»'. Nach Bekri 362 lag es in der Nähe des Quartiers der Banü Abdallah Ibn Därim in Kufa, nahe dem Graben.

34- 'jhjjr^:^ Kloster ZurAra zwischen der Brücke von Kufa und einem Quellenbad abseits von der Landstraße, rechts vom Wege desjenigen, der von Bagdad nach Kufa geht. .lAciüt II 92 i und Bekri 437 kennen Zurära als den Namen eines Stadtteils von Kufa.

' So die Hs. j: ol>

Vo7n KlostprbvcJi des SdbuMi. 17

35-, ■^^y. y j*^ Kloster des hl. Jünän (Jona) in Anbär am Euphrat, neb<'nan die Kirche. Von diesem Kloster ist auch bei Jesudenah unter Nr. 4 die Rede. Nach letzterem war dieser Jona ein Nachkomme des Kaisers Konstantin, ein Schüler des ersten KlostergrOnders Eugen. Kalifen und andere Personen, die durch Anbär passierten, pflegten in diesem Kloster abzusteigen.

36. ^ j^ Kloster (^unnä, auch das Kloster des Apostels Märi genannt, 16 Farsach stromabwärts von Bagdad entfernt, auf der Ostseite des Tigris eine Meile von) Fluß entfernt. Zwischen diesem Kloster und dem Dair Aräcpil beträgt die Entfernung eine Poststation. Jeder Mönch hat seine Zelle, sie liandeln untereinander mit diesen Zellen zum Preise von 50 bis zu 200 und 1000 Denaren. Jede Zelle ist von einem Garten mit Obst-, Dattel- und Olivenbäumen umgeben. Das Erträgnis einer solchen Zelle wird zum Preise von 50 bis zu 200 Denaren verkauft. Das Kloster ist von einer großen Mauer umgeben, in der Mitte ein fließender Bach. Das viel besuchte Fest des Klosters ist das Kreuzesfest. Zu JAqüts Zeiten war das Kloster verfallen, und nur noch in der Mauer einige arme Mönche vor- handen {JA<p*it II 687). Im Unterrichtswesen und in der Literatur der Nestorianer spielt Dair Qunnä («AOud-Aussprache':') eine ähnliche Rolle wie vor ihm die Schule von Nisibis und vor dieser die Schule von Edessa.

37. jiS^ j^ Das Kloster von Kaskar, unterhalb von WAsit. auf der Ostseite der Stadt in einem Orte genannt Bargiii (? Jäijut Bargunije), Residenz des Erzbisehofs, ein großes Kloster. Jeder Mönch hat seine Zelle, deren Art derjenigen der Zellen in Dair (^»unnä (Nr. 36) ähnlich ist. Nach JAijüt III 7 24 war das Kloster einen Farsach von WAsit entfernt. tTber die Bedeutung von Kaskar als der Heimat vieler Klostergründer s. oben S. 5.

Ä g y p t i s c h e K 1 ö s t e r.

38. >-»i)l ji Das Kloster von Alqusair im höchsten Teil des Gebirges auf einer an der Bergspitze vorhandenen ebenen Fläche. In der Kirche des Klo.sters findet sich ein Bild der Maria, die den Messias auf ihrem Schöße hält. Die Leute besuchen diesen Ort, um dies Bild zu sehen. Im obersten Teil der örtlichkeit befindet sich ein Gemach, das Abu Algais Khumärawaihi Ibn Ahmad Ibn 'IxWnn (gest. 282 == 896) erbaut hat, auf den vier .Selten von vier Arkaden umgeben. Er pflegte es häufig zu be- suchen, das dortige Bild beAvmidernd und trinkend beim Ansehauen desselben.

Phil.-hist. AOL 1!)W. Nr. 10. '.\

18 Sa (11 au:

Der Weg von Kairo zum Kloster hinauf ist schwierig, dageg^en vom Süden hör ist Anstieg und Abstieg leicht. Neben dem Kloster ist eine Klause, die stets von einem Anachoreten bewohnt ist. Das Kloster über- ragt das Dorf Sahrän, die Ebene und den Nil. Das letztere, auf dem Meeresstrande gelegen, ist in gutem Zustande. Man sagt, Moses sei in diesem Orte geboren und dort habe ihn seine Mutter in dem Korbe aus- gesetzt. Daher ist das Kloster von Alqusair eines der vielbesuchten wegen dea- Schönheit seiner Lage und weil es einen Blick gewährt über Kairo und seine Teile.

Näheres über das (^)usairkloster s. The churches and monasteries of Egypt, ed. Evetts, Oxford 1895 '^- 145^- Über Sahrän s. das. S. 141.

39. \^ y^ j i Das Hannakloster in der Nähe des Birket-alhabas, d. i. Abessinierteich, unfern des Nil, neben ihm liegen Gärten, deren einige der Emir Tamim, der Bruder des Emir-almu'minin Al'aziz-billäh (s. oy>en S. 6) beide seien gesegnet —, gegründet hat, sowie auch ein auf Säulen ruhendes Gemach, welches ebenfalls der Emfi* Tamim gegründet hat. In der Nähe des Klosters befindet sich ein Brunnen, genannt der Brunnen meiner Rettung jl^_/. , der von einer Sykomore überragt wird, imter der die 3Ienschen zusanunenkommen und trinken, wenn der Nil wächst, zur Zeit des Säens und der Blumen.

Nach JiV(|ut II 698 lag das Kloster zwischen der Birkat-Alhabas und Fustät nahe dem Nil, Tamim wird bezeichnet als 3*^1 ij\, und der Brunnen wird Der Brunnen meines Todes jl*^^ genannt. Der Ort sei besondere angenehm zur Zeit des Hochwassers.

Dies Kloster des Mär Hannä ist das Kloster des Johannes des Täufers, s. EvETTS, a. a. 0. S. 127 131.

40. L,-' j-J Dair Nahjä in Gize, eines der schönsten Klöster. Eis bietet einen herrlichen Anblick, wenn es auf allen Seiten vom Wasser umgeben ist. Wenn das Wasser zurücktritt und gesät wird, dann zeigen die Felder dort die Wunder des Mai und alle Arten Blumen. Nach Jäqüt II 704 hat die Ortschaft einen Wasserlauf, auf dem sich allerlei Vögel niederlassen, die dann gejagt werden können. Über dies Kloster und den Ort Nahjä s. EvETTS, a.a.O. S. 180 188.

4 1 . \y*^ j j Dair Tamwaih im Westen (vom Nil) gegenüber Hulwän, auf dem Nilufer, umgeben von Weinfeldern. Vgl. Evetts, a. a. O. .S. 197, 19S.

Vorn Klostcrbucli des SäbuSti. 11)

Die Wunderklöster.

42. j_^Ui-l ji Das Kloster der kleinen schwarzen Käfer zwischen Mosul und Beled, von vielen Mönchen bewohnt. An einem bestimmten Jahres- tage erscheinen diese Käfer, bedecken die Mauern, die Dächer und das Land, bis alles schwarz ist. Der folgende ist der Festtag des Klosters, dann strömen die Menschen in die Kirche, verrichten ihren Gottesdienst und gehen dann wieder nach Hause. Die Käfer sind dann verschwunden^ so daß man bis zum nächsten Jahrestage nichts mehr von ihnen sieht.

Nach Alkhälidi bei Jäqiit II 658 liegt das Kloster westlich vom Tigris auf der Spitze eines hohen Berges, ein kleines Kloster, nur von zwei Mönchen bewohnt. An drei Tagen bedeckt es sich mit schwarzen Käfern, so klein wie Ameisen', nach Ablauf dieser Tage sind sie \ erschwunden. Vor der Gefräßigkeit der Käfer fliehen die Mönche mit ihrer gesamten Einrichtung und kehren erst nach dem Verschwinden der Käfer zurück.

43. vJLxJl ji Das Hundswutkloster, zwischen Mosul und Beled, wo man Leute heilt, die von einem tollen Hunde gebissen sind. Nach Jäqüt II 690 lipgt es zwischen Mosul und Gezii-e im Gebiet von Bä'adhrä, d. i. in der Gegend von Alkös. Wenn 40 Tage nach dem Biß vergangen sind, ist keine Heilung mehr möglich.

44. ;jL..i!| ji Dair AlqajjAra, d. 1. Kloster der Pech(|uelle, den Jako-

biten gehörig, vier Farsach von Mosul entfernt, westlich vom Tigris im Gebiet von Alliaditha (= llammäm Ali), den Tigris überragend. Unter- halb des Klosters liegt die Pech<|uelle, aus der heißes, zum Tigris ab- fließendes Wasser hervorquillt. Aus dem Wasser gewinnt man das Pech. Solange es im Wasser liegt, ist es welch und biegsam; nimmt man es aber aus dem Wasser heraus, wird es kah und hart. Das Kloster hat einen Verwalter, wie jedes jakobitischc und malikitische Kloster, während die nestorianischen Klöster keinen Verwalter haben. Vgl. Jäqüt 11 689 und mein Am Euphrat und Tigris 1900, S. 94.

45. Uy j ji Dair Barkümä (so die Hs., Jäqüt Uy ^ yj, d. i. Thomas- kloster), zwei Farsach von MajjäfViriqin entfernt, auf einem hohen Berge, unterhalb dessen Teiche mit Regenwasser liegen. Von dem Märtyrer glauben die Christen, daß er 700 Jahre gelebt und noch den Messias gekannt habe. Er liegt in einer hölzeren Lade mit Türen, die an den Festtagen des Klosters geöffnet werden, dann erscheint die obere Hälfte des Körpers auf- recht stehend mit abgeschnittener Na.se und Oberlippe. Eine Frau hat

2 0 S A (; II A u :

sich nämlich die Gelegenheit verschafl't, ihm Nase und Lippe abzuschneiden und damit zu enteilen. Dann hat sie über diesen Reli(juien auf dem Wege nach Takrit in der Steppe ein Kloster erbaut.

,46. U»l; j'j Dair Bätä, auch jU- ji Das Eselskloster genannt, dessen Märtyrer Marikas (Maurikios?) heißt. Es liegt fern vom Tigris und von der Stadt (Alsinn). Dort leben, sich fortpflanzend, stets zwei Raben. Zu- weilen dringen Räuber in das Kloster ein. Wenn dann ein Räuber im Kloster ist, erheben sich die beiden Raben über der Wiese des Klosters. Wenn einer von den Feinden anrückt, empfangen ihn die beiden Raben und krähen ihm in das Angesicht, als wenn sie ihn erwarteten. Dann weiß er, daß Leute im Kloster sind, und geht zurück. Wenn dagegen niemand im Kloster ist, dann tun die Raben nichts dergleichen. Nach'Jäqüt II 646 lag das Kloster in Alsinn zwischen Mosul, Takrit und Hit. Es hat ein Steintor, welches nach der Angabe der Christen ein Mann oder zwei öffnen können; wenn es dagegen sieben sind, können sie es nicht öffnen. Es hat einen Brunnen, der heilkräftig gegen Flechten wirkt. In dem Kloster ist die Residenz des Bischofs (von Alsinn?).

47. jjJjl j ji (unleserlich) in Alsinn. Hier ist die Residenz des Bischofs. Es hat einen Brunnen. Wenn ein an Flechten Leidender sich darin badet, verschwinden sie.

Ich nehme an, daß die Artikel Nr. 46 und 47 durch ein Versehen getrennt worden sind und daß sie sich auf ein und dasselbe Kloster be- ziehen. Vielleicht sind die unpunktierten Züge der Handschrift zu lesen ij-^jL. ^z* ji, d. i. Kloster des Maurikios (s. Anfang von Nr. 46).

48. r^\ ji Dair Al'agäg (so die Hs., Jäqüt Al'aggäg) zwischen Takrit und Hit. Vor dem Kloster liegt eine Quelle, deren Wasser in einen Teich abfließt. In diesem leben schwarze, gut^ schmeckende Fische. Ringsumher Saatfelder und Gemüsebeete, die von dieser Quelle getränkt werden.

49. iS^y:\ j^ Dair Algudi, sieben Farsach von Oezire, auf der Spitze des Berges. Mißt man die Klosterfläche nach Spannen, so bekommt man 20 Spannen; mißt man ein anderes Mal, bekommt man 18 Spannen, und mißt man noch mal, bekommt man 22 Spannen. So oft man mißt, bekommt man eine andere Zahl Spannen.

Die Spitze des Gebel Gudi ist neuerdings beschrieben von Miß Bell. Amurath to Amurath, London 191 1 S. 292. 293.

Vom Klosterbuch des 'Sdimsti. 21

50. j^\ <~p Die Kirclie des Tur (Sinai), des Berges, auf dem sidi Moses oflenbarte und infolge des Donners ohnmächtig wurde. Die Kirche steht auf der Spitze des Berges, gebaut aus schwarzem Gestein. Die Breite der Befestigung ist 7 Ellen. Sie hat 3 eiserne Tore und auf der West- seite ein feines Tor, vor dem ein Felsblock steht. Wenn sie ihn auf lieben wollen, so ist das möglich. Wenn aber jemand sie angreifen will, dann lassen sie den Stein los (lassen ilm fallen), und dann verdeckt er die Stelle, so daß man nicht mehr erkennen kann, wo das Tor ist. Innerhalb des Klosters ist eine Wasserquelle, und eine zweite außerhalb. Die (Christen behaupten, das Kloster habe ein Feuer von der neuen Sorte Feuer, die Jerusalem vernichtete. Sie machen sich jeden Abend ein Feuer davon, es ist weiß, wenig heiß und steckt nicht die Dinge in Brand. Dann aber wird es stärker, wenn die Lampen daran angezündet werden. Das Kloster ist von Mönchen bewohnt und wird viel besucht, weil es zu den Klöstern zählt, denen man Wunderwirkung zuschreibt.

51. j^ j( Ä«- Die Kirche des Abi'i Hur in Ägypten in i^[j-^ (Sirjäqus). Wenn jemand an Skrofeln leidet, geht er dorthin, sich kurieren zu lassen. Der Vorsteher läßt ihn sich niederlegen, bringt dann ein Schwein herbei und läßt es los auf die kranke Stelle. Es frißt weg, was an der kranken Stelle ist, ohne darüber hinauszugehen. Ist sie auf diese Weise rein ge- worden, dann streut der Mann dariiber etwa.s Asche, herrührend von einem ge.schlachteten Schwein, das vorher denselben Dienst getan hat, sowie etwas Öl von der Kirchenlampe. Dann heilen die Skrofeln. Das Schwein aber wird geschlachtet und verbrannt, und seine Asche wird hergerichtet für einen ähnlichen Zweck. Vgl. Kvetts, a. a. ü. S. 319 unter The monastery of Cyriacus.

52. (j-J^ yj Johannes-Kloster in Dämanliür. Am Festtage des Klo.sters wird der Heilige aus seinem Sarg genommen, dann wandert der Sarg über dem Erdboden hin. ohne daß jemand ihn fassen und aufhalten kann, bis er zum Meer (Nil?) hinabkommt, dort taucht er unter imd kehrt dann an seinen Ort zurück. Nach Jäqüt II 710 lag dies Kloster in Samannüd.

Von einer Kirche des hl. Johannes in Damanhür ist die Rede bei EvETTS S. 139, von einem Priester Johannes von Samannüd ebenda S. 209.

53. .-j/l *«- Kirche von Atrib. Sie hat ihr Fest am 2i.Ba'üna. An diesem Tage erscheint eine weiße Taube, geht in den Altar. Man weiß

22 S A (; H A u :

nicht, woher sie kommt. Sie erscheint dann nicht eher wieder als an dem- selben Tage des nächsten Jahres. V^gl. Evetts, a.a.O. S. 319.

54. j^ j^ f^\ 'J'\y'_i Ein großes Kloster im Gebiet von Achmim in der Nähe eines Berges, der Gabal Alkahf (Berg der Höhle der Siebenschläfer) genannt wird. An einer Stelle des Berges ist ein Spalt. Am Festtage dieses Klosters kommen alle Vögel, die Büqir heißen, und sie sind sehr zahlreich, nach dieser Stelle, versammeln sich dort und machen einen großen iJLrm. Einer nach dem anderen steckt seinen Kopf in diesen Spalt, schreit und zieht ihn wieder heraus. Dann kommt ein anderer und macht es ebenso, und das geht so lange fort, bis der Kopf eines von ihnen in dem Spalt stecken bleibt, der zappelt sich ab, bis er tot ist. Dann zerstreuen sich die übrigen, fliegen wieder zu ihren früheren Aufenthaltsorten und keiner bleibt zurück. Vgl. Evetts, a. a. 0. S. 59.

V ^

Die Exkurse in Sabnstis Klosterverzeichnis.

Die oben S. 7 erwähnten Exkurse, welche Sabusti an die Beschreibung der Klöster anschließt, sind von sehr verschiedenem Wert. Dem Getändel von Prinzen und Hofieuten, Dichtern und Sängern mit Frauenzimmern wird man schwerlich viel Interesse abge- winnen, anders steht es dagegen mit denjenigen ExUui"sen, welche lehrreiche Nachrichten iibei' die Sitten- und allgemeine Kulturgeschichte jener Zeit, besonders des 9. chi'istlichen .Jahrhunderts ', über charakteiistische Vorgänge in der Kalifenfamilie und ihrem Anhange, über hervorragende histoiische Persönlichkeiten jener Zeiten bieten. Die folgenden Zeilen mögen über diesen Teil von Säbustis Wei'k, über den Inhalt der Exkurse teils durch Aus- züge, teils durch Übersetzung einige Auskunft geben.'

I. Kloster Darmälis. Ein Hofinann, Abu Abdallah Ibn Hamdün Alnadim', fällt bei seinem Herrn, dem Kalifen Mutawakkil, in Ungnade infolge einer Weibergeschichte, in die auch der Wesir Alfath Ibn Chäqän verwickelt war. Er wird nach Takiit verbannt, nach einiger Zeit am Ohrläppchen verstünuiielt, aber zurückberufen und wieder in Gnaden auf- genommen. Der Erzähler ist Ahmad b. Chalid Alsarifini '■''. Ferner von einem Hofmann bei den Kalifen Mu'tasim, Wäthiq und Mutawakkil, Hamdün Ibn Ismä'il* und Verse von Manvän b. Abi Hafsa'' (y 181), Ah b. Jahja Almunaggim" (7 275) und von Gahza' (-J- 326), alias

' Erwähnt werden die meisten Kalifen von Mahdi bis Muqtadir 775 932, am häufigsten die- jenigen des 9. .Jahrhunderts, des 3. der Higra, von M.a niün bis Mu'tannd. Die Oniajjadon werden nur gelegentücli gcstreifr, so Alwalid. S. weiter unten S. 38. 39.

'■' Vgl. Tabari Hl, T N T t nnd Kiiäb alaghäni, Index u. d. W. Oj-^^ ^ J^

■' S. KitAb alnghäiii, Index.

' Kilab alagliäni. Index.

■■ Ibn Cli;iUik;'ui Nj-. 726 und Ibn Quiailta. Liber poeseos et poetiiruni S. 481.

'' Ebenda Nr. 479.

' Ebenda Nr. 54.

Vam Klosterbuch den Sdlni^ti. 23

Ahmad b. Oa'far Albarniaki, einem Sänger am Hofe des Muqtadir. Mancherlei Vei-se dieses Dichtei-s finden sich auch in anderen Exknrsen des Werkes.

2. Kloster Samähi. Verse von Mui.iammad b. Abdalmalik Alhäsimi Alzajjat, Wesir des Kalifen Mu'tasim. Ein Dichter Khälid Alkatib, d. i. Abü-AIhaitham Khälid b. Jazid Alkntib '. und ein Sängerkomponist Ahmad b. Sadaqa' Almughanni machen ein Kompagniegeschält miteinander, .jener liefert den Text, dieser die Melodie und verpflichtet sich, das Lied dem Kalifen Ma'mun vorzutragen sowie das erhoffte kaiserliche Geschenk mit dem Dichter /.n teilen. So geschieht es. Berichtei-statter ist ein Maimun b. Hammj'id. Vei'se von AihndAhidi. Schmutziges Benehmen einer l)etrunkenen Sängerin.

3. Das Fuclisklostcr. Von einem Abbasiden Ibn DLhqana AlhaSirai, mit vollem Namen Abu Ga'far Muhan^mad b. Omar, einem Nachkommen des Ibrahim b. Muhammad b. Ali Ibn Abdallah Ibn Abbäs^ der zur Zeit des Neg<M-aufstandes •' .Statthalter von Basra war, und seinem Verkehr mit dem Dichter (iah/.a. F'erner Vei'se von AlnäSi, vermutlich dem älteren diesem Namens, der nach Ibn Challikan Nr. 352 im Jahre 293 gestorben ist.

4. Das Katholikoskloster. Verse von Muhammad b. Abi Umajja Alkätib und seinem Bruder Ali. welche als Sekretäre im Dienste des Alfadl Ibn Rabi'*, des Wesii-s von Härnn Alrasid, standen. Der berühmte Grammatiker Abu Bekr Mnhammad b. (j*asim Alanbari* (v 328) pflegte seine Vorlesungen gern mit einem Zitat des ei-steren dieser beiden Dichter zu schließen, weil er seine Verse gar so schön fand.

5. Kloster Mudjän. Verse von Alhasain b. Aldahhak. alias Alhusain Alkhali' b. Al- dal.ihäk Albähili. Hofdichter bei dem Kalifen Aramin und mehrei-en seiner Nachfolger, ge- storben 250°.

Der geprügelte prinzliche Zecher.

Ein Bild aus den Trunksitten der Zeit.

Übersetzung :

Alhusain Ibn Aldahhak ei-zählt :

Abu AH Ibn AlraSid' pflegte viel in diesem Kloster (Dair Mudjän| zu vei-kehren und in Gesellschaft einiger seiner Leute Trinkgelage zu halten. Er verkehrte dort tagelang, prassend und schlemmend, in einer so schamlosen Weise, daß die Nachbarn des Ortes sich über sein Treiben beschwerten. Da kam nun die Kunde davon dem Stadtpräfekten von Bagdad, Isl.iAq Ihn Ibrahim dem Tah'riden. zu Ohren. Der ließ dem Abu Ali sagen, wie gemein sein Benehmen sei, und befahl ihm, es nicht fortzusetzen. Darauf sagte dieser: Welche Macht hat denn Isi.iiiq über mich! Was hat er mir zu befehlen! Sollte man glauben, daß er mir verbieten kann, meinen Sängerinnen zu lauschen und zu zechen, wo es mich fi-euti" Als Islinq von diesen Reden hörte, geriet er in Zorn, geduldete sich aber bis zum Abend. Dann ritt er hin nach dem Kloster, ließ es durch seine Leute von allen Seiten um.stellen, befahl das Klostertor zu öffnen und deii Prinzen, so wie er war. herunterzuholen. Der Prinz wurde heruntergeholt, betrunken, bekleidet in buntfarbigen Kleidern imd triefend

' Kit Ab alaghäiii 21,441!'.

' Ebenda 19,37.

^ S. NÖLOKk»:, Ein Sklovcnkrtcg im Oiiciit, in Orientalische Skizzen 1892, .S. issff.

' Ibn Kliallikän Nr. 339.

' Ebenda Nr. 653.

* Ebenda Nr. 190 und Kitib alaghdiii, Iudex.

' Onkel des regirrenden Kalifen Mu'tasim. der ein Enkel von Rasid war.

24 S A C M A ti :

von Safransalbe. Da sprach lsl.iA(|: »Schande über dich! Ein Mann vom Kalifenbause in solchem Zustande Auf Isl.inqs Befehl wurde nun eine Decke am Tor des Klosters auf der Erde ausgebreitet, der Betrunkene mit dem Gesicht nach unten darauf gelegt, und dann versetzte ihm IshAq mit der Peitsche zwanzig Hiebe und sprach: -Der Fürst der Gläubigen liat mich nicht mit seiner Vertretung betraut, damit ich die Oi-dnung der Dinge vernach- lässige und zugrunde gehen las.se, auch nicht, daß ich dir und deinesgleichen gestatte, ihn mit Schimpf und Schande zu bedecken und euch Dinge herauszunehmen, wie du getan hast, solchen öftentlichen Mummenschanz, solche Verletzung von Anstand und Sitte, solches Hin- ausziehen nach den Klöstern und Weinkneipen. In deiner Züchtigung liegt die Wahrung der Ehre des Kalifats und zugleich eine Warnung und Verbot für dich und deinesgleichen vor solchem schandbaren Treiben.« Dann ließ Ishäq Sänften (eine Art geräumiger Ramel- sattel ', die er mitgebracht hatte) heranbringen, den Betrunkenen samt Gefolge aufladen und nach seiner Wohnung schaffen. ■:

Als der Kaufe Almu'tasim hiervon Kenntnis erhielt, bezeugte er dem Ishäq schriftlich seinen vollkommensten Beifall und befahl ihm, daß er keinem Mitgliede .seines Hauses ein derartiges Benehmen gestatten sollte.

Der Erzähler dieser Geschichte ist der Sänger Muhammad b. Ali Abu Hasisa Altunbüri.

Im Anschluß an den geprügelten Prinzen Abu Ali wird folgende Geschichte aus dem Hof leben unter dem Kalifen Ma'mün, dem Sohne des Härün Alrasid, erzählt:

Hnrün kaufte an demselben Tage zwei Sklavinnen, die SikI und ihi-e (ienossin, die Sadhr. Es entsteht zwischen diesen beiden Frauen ein Neid, der sich zu heftiger Feind- schaft steigert. Die Sikl gebärt jenen Abu Ali, die .Sadhr ein Mädchen, genannt Umiu Abihä, also Kinder des Härün. Die beiden Mütter sterben, ihre gegenseitige Feindschalt setzt sich aber in ihren Kindern fort. Eines Tages unterhält sich der Kalif im vertrautesten [preise von Verwandten und Freunden über diese Feindschaft. Er läßt zuerst die Umm Abihä kommen, befragt sie nach dem Grunde ihres Hasses gegen Abu Ali und läßt danach auch Abu Ali kommen. Sobald letzterer erscheint, zieht die ümm Abihä den Schleier vor das Gesicht zum Zeichen, daß sie ihn nicht als ihren Verwandten anerkennt. Sie beschimpft ihn und behauptet, er sei nicht ein Sohn Haruns, sondern der Sohn eines Kammerdieners. Ma'mün spricht zu seinem Bruder:

»Schlage siel« Das geschieht. Die Frau wendet sich nun an Ma'mün mit den Worten: »Schmach über dich. Ich habe bisher gedacht, daß seine, des Abu Ali Schande verborgen bleiben würde, nun aber, da du mich hast schlagen lassen, werden alle Erzähler bis in alle Ewigkeit sich davon unterhalten." Ma'mün schließt mit einem Wort der Anerkennung für die Tapferkeit der Frau, dem Abu Ali aber *'erleiht er das Amt, über Prinzenleichen die Grabrede zu halten, um sein Ansehen etwas zu stützen.

Der Exkurs fährt fori mit einzelnen Zügen aus dem Leben des Stadtpräfekten von Bagdad, des im vorhergehenden genannten Tähiriden Abu All.iusain Ishäq Ihn Ibrahim nach der Erzählung des bekannten Abdallah Ihn Khurdädbih. Dieser Tahiride bekleidete sein Amt untei- Ma'nu'm, seinem Sohn 3Iu'tasim und dessen Söhnen Wäthiq und Mutawakhil und starb unter letzterem. Er war der Bruder des Tähir Ihn Alhusain. Seine Nachfolger waren zuerst sein Sohn, Muhammed Ibn Ishäq, dann -Muhammed Ibn Abdallah Ihn Tähir. In diesem Zusammenhang werden die Prätoriancrobersten Wasif und Zuräfa imd ein Dicht"r Abu Albar(i erwähnt.

Vtwi hlosterhuch des S.()(niMl. 25

6. KIi>ster Aämüni. Das Fest desselben wurde von den Lebemännern Bagdads sein- besucht. Reiche Leute ließen sich dort kleine und große Zelte heimstellen, um sieh zu er- lustieren. \'erse von vei-schiedenen Dichtern, die sich dort amüsiert hatten, Cjah/.a, Muhammed b. Alniuammal Aliä'i, Abu Al'atähija, Altharwani, .labjä b. KAmil (seine Verse gerichtet an Abdalmalik b. Muhanuned AUiäsimit, Abu Alsibl Alhurgumi '. Von letzterem und seinem Freunde Mal.imüd Alwarriuj wird berichtet, daß sie stets in den Kneipen zu finden, stets lietrunken gewesen seien, und daß Abu SibI eine besondere Vorliebe für schwarze Weiber gehabt habe.

7. Kloster Säbur. Kxkuis über den Dichter All.iusain b. Aldalil.mk (s. unter 5), der in Gunst bei Amin, Mu'tasim, Wäthiq und Mutawakkil war, aber nicht bei Ma'mi'in, denn dieser nahm ihm einen Vei^s ül)el. den er zugunsten seines Bruders Amin gedichtet hatte. Verse von diesem Dichter, in denen ein Hofmann von Mu'tasini und Mutawakkil namens Azzi'in Ojjp' erwähnt wird. I-etzterer ei-zählt, daß Mu'tasim eines Tages bei dem Durchreiten eines Hiisses den Dichter I.lusain vor dem Krtrinken gerettet habe. Abu Abdallah h. Uatudiin (s. unter 1) erzählt, daß Mutawakkil. als ihm an einem N.TUrnztage Figuren JJ'k aus Ambra dargebracht waren, durch seinen Diener Safi' Stücke davon dem Husain habe bi'ingen lassen. Dci^selbe verkehrte auch mit einem anderen Abbasiden, dem Sälil.i Sohn des Raiid und zechte mit ihm an einem Lustorte in Bari, einem Teil von Kahviidhii. Der Sänger Amr b. Bana (-,'- 287)' berichtet von einem fi-öhlichen .\bend bei Prinz Salih in Gesellschaft des I.lusain. der auf Bitte des Prinzen den Abend in eii\em improvisierten Gedicht besingt, das sogleich von dem Sänger gesungen wird. I.lusain berichtet von poetischen Einladungen, die er unter Ma'mün zur Zeit des Fastenendes von All.iasan b. Bagä ' und von Muhammed b. .AlliÄrith b. BaSkhir' erhalten hatte.

8. Kloster (^ülä. Verse von Abdallah b. .Al'abbäs Ibn .Vlfadl Ibn Alrabi'''. Urteil des Wezirs Muhanuned b. Abdalmalik Alzaj.jät über seine Poesie. Seine Beziehungen zu der Asälig, Sklavin .seiner Tante Kuijajja, und zu der Sängerin Badhl. seine Liebe zu einem Christeumädchen. Von der Sängerin Masi'ibil.i. die am meisten seine Verse gesungen und bekanntgemacht hat. .\uch die Muta.ijam AlhisAmi.iJa ' sang seine Lieder. Schließlich sein Zerwürfnis mit der geliebten Ma.sÄbil.i.

9. Georgskloster. Veise von Al)i'i (iafna .\l(iurasi, von Alnunuiiri d. i. Abu Allaj,jili Muhammed b. .\l(|nsiui Alnumain"". einem Fi-eunde des Prinzen .\bdall;di Ihn Ainiu'tazz, mit dem er auch i)oeiischen Bi-icfwechsel pflegte. Proben dieses Briefwechsels in l'oesie und Prosa, besonders von Ibn .Almu'taxz. Letzterer wollte von der Liebe nichts wissen, bis er eines Tages anderen Sinnes wurde.

10. Kloster BaSahrä. Verse von Abu Al'ainä'i (gest. 283), d. i. Ahn .Abdallah Muhammed b. .\l(|»sin) b. Khalläd b. .I.nsir b. Sulaimän" vom Stamme der Bann Hanifa in Aljamiinia. Kr wohnte In ßa-srn, Schüler von .Afa-sma'!. übei-siedelte dann nach Bagdad und später nach

' Kitiili alagtiAni 13,22fr.

" Kita!) alaghaiii, Index u. d. W. öjjc )\ JJj^

' Ibn Kliallik.iii Nr. 51g. Kr war befrpiuidet mit Mutawakkil.

KiiAh alaghaiii. Index.

' Kitftb alaghäni 10. 161 IT.

' Kitäb alagbäni 17, I2itf'.

^ KIlab alagliani, Index.

* Kiläb alai^liaiii 9, 144.

" Ibn Kliallikäii Ne. 654 uiiil Kiiab alagliani, Index. Phll.-hüt. Abh. 1'Jlit. Nr. 10. 4

2^0 S A (; II A i; :

Siimarl-ä. wo er mit Mutawakkil \erkclirte. Kr erVjlindete mit dem vierzigsten Lebensjalir. War beriibmt wegen seiner bösen Zunge und seines schlagfertigen Witzes. Proben davon. Im Zusammenhang werden erwähnt der Dichter Abu Ah' Albasir', Mutawakkil, der Wesir libaidallah h. Sulaimän-, Sä'id b. Mukhallad', der Wesir Abu Alsaqar*, der Wesir Muhammed b. Abdalniallk AlzayjU, Ibn Hadr, Al)dallah b. Mansür», Maimün b. Ibrahim, Muhamiued b. Mukarram, Ali;Al.ii/, Alhasan b. Wahl)", Ali b. Algahm', Abdallah b. Dä'nd Alkhuraibi, der Tähiride Abu Ahmad Ubaidallah 1). Abdallah Ibii Tähir, Abu Al'abbäs b. 'riuiwäba", Ubaidallah I). Jah ja ", der Postmeister Maimün b. Ibrahim.

11. Das Schwesternkloster. Verse von Alnägim Abu l'thmän'", der zugleich der Uawi des Ibn Aln'imi »^ (y 283) war.

12. Das Kloster von Araltb. Verse von üal.iza. Im fibiigen handelt dieser Kxkui-s von dem Kalifen Almu'tamid als Dichter, daß er gute und schlechte Verse gemacht habe. Er gab sie den Sängern ziim Komponieren, und daim (beim Gesänge;') verbargen sich die Fehler in Skausioii und Diktion, nur von den Fachleuten wurden sie bemerkt Bid'a '" er- zählt, daß er der Sängerin Arib " seine Verse zum Komponieren schickte. Alsüli erzählt, daß Abdallah b. Ahnu'tazz ihm Vei-se von Mu'tamid vorgetragen, und daß der Kalife Almuqtafi den Leuten goldene Rollen von Gedichten des Mu'tamid gezeigt habe. Verse von ihm, die von der Sängerin .Sarija gesungen wurden. Verse, die sich auf seine Verdrängung durch seinen Bruder Almuwaftak beziehen. Kr wollte der Sängerin 'Arib 300 Denare geben, konnte aber nicht mal 200 auftreiben. ••'

Ishäq b. Jarüh erzählt, daß Muilih, als er auszog nach Ba.sra zum Kampf gegen die Negerrebellen, ihn zu Mu'tamid geschickt und diesem seine Sängerinnen Hazär und den Knaben Badr Algullanär abverlangt habe. Ferner 'Ubaidallah b. Jahjä b. Khäqän'* mit eii^er Botschaft vor Mu'tamid. Vei-se von Muhammed h. Ali AlkAtib Badingäna über Mnsä b. Bughä ''. Wogwerfendes Urteil des Kalifen Alräcli über die Verse Mu'tamids. Letzterer und sein •IJruder Muwaffaq im Palast Algausaq. \eTse über den Abmarsch des Muwaffaq nach Basra, während er, Mu'taniid in Sämarn'i blieb, und Klageverse darüber, daß nach dei- Sklavin Badr auch die Nathr.i ihn verlassen habe.

1 3. Das Jungfrauenkloster. Jamüt b. Alnmzari'i' '" nach Algahiz : Ibn Farag der Taghlibite habe ihm erzählt, daß Leute vom Stamme Taghlib einen Angriff" auf das Gut des Sultans

' Iviti'ib alaf;lu"mi, Index.

" Ebenda, Index.

■< Ibn Kliiiliikän Ni'. 654.

' Kit:il) alagluini. Index und Il)n Khatlikän Nr. 654. S. 45, 1.

° Ebenda Nr. 654, .S. 45, 7.

'"' Kiti'ib alaghäni, Index.

' Ebenda IX, 104(1".

* Ebenda Index.

'•' Ebenda Index.

>" Ibn Khallikän Nr. 474, S. 59,1.

" Ibn Khallikiin Nr. 474.

'■■' Kiti'ib alaghäni, Indes.

" Ebenda XVIII 175 H".

'* Kitäb alaghäni, Index.

'■' S. über ihn Weh., Geschichte der Kalifen III, Index.

"•• Um Kballikmi Nr. 844. •.•...- ........-■.*- .■ ... ;- t

\om Kloxterbwh, det< Sdbusli. 27

planten, daß' aber der Sultan ihiren zuvorkam, daß sie sich in "dem JiiHgfraneiikloster ver- bargen und bei der Gelegenheit die Entdeckung machten, daß der Priester die Nonnen ejvt- jungfert hatte. . };y',Yx-y ■: . :; O" :

14. Das JungfrauenklostcT- in Bagdad. Veree von Ibn Aimu'tazz. Voi\ Ahnu'tazz nach Samarrä berufen, kehrt der Tahiride Ubaidallah 1). Abdallah b. Tahir auf der Reise zwei Tage in diesen) Klöster ein. Darüber Verse von ihm. Ubaidallah als (iasf bei dem- Kalifen Alniu'tazz: Auf dessen Befehl muß die ri ja ihm vorsingen (hinter dcrti Voi-hang). Kannani Alzamir (der Flötenbläser) ihm vonnusizieren. Auch zeigt der Kalife seinem Gast «ine von Ahmad b. Mi'isa Almuhandis aus Kupfer konstruierte Art Wasserpfeife, ferner ju einem Tier- park einen Kampf zwischen einem Löwen und einem Elefanten.

Gal.i/a und Ihn (^iudama eraählen von Ubaidallah nnd seiner geliel)ten. Frau .SAgi', von ihrem Tode und seiner Trauer um sie. Verse von Ubaidallah. Kondolenzschreiben des Abdallah b. Ahnu'tazz an ihn, Antwortschreiben des Ubaidallah. Die Sagi war eine groLV^ Sängerin gewesen. Als die Stellung des Ubaidallah minder bedeutend geworden war, ver- langte der Kalife .Vlmu'tadid von ihm, daß er der .Sägi erlaube, ihn zu besuchen. Ihr Gatte kann das nicht verhindern, .so unangenehm es ihm ist. .Sie geht hin, singt dem Kalifen etnigC Lieder vor und kommt reich beschenkt zu ihrem Gatten zurück. Poetische Rotschaft des Ubaidallah b. Abdallah b. Tähir an Ubaidallah b.Sulaiman, als dieser das \\'esirat liir Alum'tafli<l übernommen hatte. Abü-al'ainä und Ubai<lalluh.

Erzählung von .\bu Ali Alawäraii: Der Granmiatiker Abu B(-kr Muhammed l>. .\lsui-i Alsarrag' zitiert bei Gelegenheit des Einzuges des Kalifen .\lmuktafi aus Haiiqa nach Bagdad zwei Verse', in denen der Kalife neben Sonne und Mond genannt wird. Ein anderer, AbOi Abdallali Muhammed b. Ismä'il Zangi Alkätih, der Sekretär l)ei AbA i\l'abbas b. Furät' war, zitiert bei einer anderen Gelegenheit dieselben Verse. Es entsteht eine Difli'ren/. darübci-, ob die Verse von Alxlallah b. .\liuu'tazz gedichtet seien oder von Ubaidallah b. Abdallah b. Tähif. Die Sache gelangt durch den Wesir .\lqäsiin b. Ubaidallah in den Palast Althuraijä zu <lem Kalifen und dieser entscheidet den Streit zugunsten des Ubaidallah b. Abdallah b. IVihir. der dallir looo Denare bekommt. Weitere \'ei-se von letzterem.

Poetische Korrespondenz zwischen .\bdallah b. Ahnu'tazz und dem Tahiriden Ubaidallah, als er .seinem .Sohn die Hegierung von Tunis übei'trageu hatte. Dieser Ubaidallah starb ^00, Die Mutter des Kalifen Almuqtadir gab seiner Familie ihr Beileid durch ihi-e Hof- meisterin ümm Müsä zu orkenuen.

.Sein Bruder Muhammed b. .\bdallah b. Tähii- trat an seine Stelle. Der Kalife Muta- wakkil hatte ihn nach dem Tode des Isl.iäq b. IbnUiim Allähiri und seines Sohnes Muhammed aus Chorasan kommen lassen und zum Präfekten von Bagdad gemacht, während sein Bruder Tähir b. Abdallah, der älteste der Bnlder, Statthalter von Chorasan wurde.

Alsäh b. Mikäl'' ei zählt Anekdoten von di&sem Tahiriden Muhammed, seinem Hof- marächall dem Christen Ibrahim b. Harun und einem Beamten, von einer Mahlzeit bei Ishat)

Kitäl) alaghäni, Iudex.

» Ibn Khallikiin Nr. 653.

' Sie lauten:

* Kiiäb idaghäiii. Index.

'■• Tabari, Index.

28 S A c 11 A u :

b. Ibrahim b. Mus'ab ' und bei Muhammed. Verse von dem Dir-hter Abdalrahmän b. Abi '^ain, der sich bei Muhammed über einen Steuerbeamteii Ijeitlagt. Muhammed war geboren 290 an dem Tage, an dem Kaisüm erobert wurde, demselben Tage, an dem die VVe,sire Ubaidallah b. Jahjii b. Chäqän, Ai.imad b. Jsrä'il und All.iasan b. Mukhallad geboren waren.

Muhammed starb 253 an einer Beule in der Kehle. Zu seinem Nachfolger hatte er seinen Bruder Ubaidallah bestimmt. Der Kalife Almu tazz bestätigte ihn und f-chickte ihm P^hrenkleider durch Muilih, den Vertreter des Bäkbak*. Sein Bruder Tähir b. Muhammed hatte ihm das Amt streitig gemacht. Trauerveree von Ihn Alriimi, von dem l'ähirideii Ubaidallah und von Almu'lazz über den Tod des Muhammed.

Von dem Streit zwischen den beiden Tahiriden, Sulaimän b. Abdallah b. Tähir und Ubaidallah in den .Jahren 255 257. In letzterem gelangte Ubaidallah durch Müsä b. Bugha in den Vollbesitz der Macht als Gouverneur von Bagdad, Sämarrä und Babylonien.

Ja'qüb b. Laith zieht ein in Nisabür, nimmt den Xähiriden Muhammed b. lahir ge- fangen. Schlacht zwischen Ja'qüb b. Laith und dem Kalifen Almu'tamid und seinem Bruder Almuwaffaq. Letzterer siegt, der Jähiride wird befreit und in seine Statthaltei-schaft über Chorasan wieder eingesetzt. Mu'tamid zieht zurück nach Bagdad, Muwaffaq nach Wäsit. Ubaidallah wird Statthalter von Mekka und Medina. Nach dem Tode des Ja'qüb b. Laith folgte sein Bruder 'Amr. Dieser huldigte dem Kalifen, wurde belohnt mit Chorasan, Persis, Kanuän, Segestan, Ispahan und Sind. Er ei-naunte den 'rähiriden Ubaidallah b. Abdallah als seinen Stellvertreter zum Gouverneur von Bagdad, schenkte ihm Ehrenkleider und ein goldenes Szepter. Dies Avird von ISIuwattaq bestätigt.

Sulaimän b. .\bdjillah b. Tähir starb 266. Auf sein Schwert gestützt, hielt ihm sein Bruder Ubaidallah die Grabrede. SA'id b. Mukhallad machte den Abu Abdallah Muhammed h. Tähir b. Abdallah b. Tähir zuiri IVäfekten von Bagdad im Jahre 270. und dieser setzte seinen Onkel Ubaidallah gefangen. Ende der 'Fähiriden in Bagdad und Chorasan. Sulaimän war ein tüchtiger Poet und ebenfalls sein jüngster Bruder Abdal'aziz b. Abdallah b. Tähir. Veree von ihm an seinen Bruder Ubaidallah. der von seinen Brüdern Abdallah und Sulaimän in Gefangenschaft gehalten wurde.

Abu Abdallah b. Hamdün erzählt: Muhammed b. Abdallah b. Tähir pflegte dem Muta- wakkil zwei Monate in Sämarrä Hofdienst zu leisten und dann für zwei Monate nach Bagdad zu gehen, indem er seine Vertreter in Sämarrä ließ. Bei dieser Gelegenheit nahm er einmal seinen Bruder Abdal'aziz mit, der in eine seiner Sklavinnen verliebt war und durch Ver- inittelung des Erzählei-s von dem mächtigen Bruder die Erlaubnis bekam, nach Bagdad zu seiner Allerliebsten zurückzukehren. Von den Tahiriden sind nur nach Bagdad gekommen Muhammed, Abdallah. Sulaimän und .Abdulaziz.

Von dem Gründer des 'l'ähiridengeschlechts, Abdallah b. Täh'r. Er ist geboren 182 und wurde vom Kalifen Ma'mün adoptiert und er/.ogen. Sein Sohn Abu Ahmad Ubaidallah erzählt folgendes: Abdallah kam eines Nachts, nachdem 'l'ähir nach Chorasan abmarschiert war, betrunken vom Hofe nach Hause, dort brach ein Feuer aus, aber Abdallah wurde gerettet. Als sein Vater 'Tähir dies erfuhr, sehrieb er ihm einen Brief voll von VorwüHen über seine Bezechtheit und befahl ihm. nach Chorasan zu konunen. Abdallah schämt sich sehr und verheimlicht den Brief, der Kalil'e aber erfährt doch davon, nimmt den Sohu gegen den Vater in Schutz, und go bleibt Abdallah am Hofe Ma'müns. Der Teil des Tähir- Palastes,

' Heerführer unter Ma'mün und Mii'tiisim im Kriege gegen BäLak. - Tabnri, Index u. d. W. JLCL

Vom Khsterhuch des SdbuMi. "29

der abgebrannt war, hieß Alqubba (def Dom), er wurde wieder aiifgebaut und bestand bis 293.

\nn dem Feldzug des Abdallah nach Sj'rien gegen Nasr b. Sith im Jahre 209. l'baidallah b. Abdallah ei zählt auf Autorität von Nasir. .läsir und anderen: Nachdem Abu AI abbas Abdallah b. Tähir in Sicht von Kaisüm gekommen war, bef'estigto sich Nasr darin. Kri''gslist des Na>r, Sieg Abdallahs. Die Burg wird gestürmt, .\bdallah flieht, wird abei' gefangengenommen, zu Ma'mün geschickt und erhält Pardon '.

Abdallah in Ägypten 210 und 211, besiegte den Ubaidallah Ibn Alsari. Bei seiner Rüokkelir nach Bagdad empfangen ihn die beiden Söhne Ma'niüns, Abu Ishaq und Al'abbas.

Lob Ma'müns über die Uneigen nützigkeit Abdallahs, er habe aus Ägypten nur loooo Dinar, 3 l'ferde und 2 Esel mitgebi-acht.

Abdallahs Expedition gegen BAbek, während einer seiner Brüder Chorasan vei-waltet. Kr n'istet zum Kriege neun Monate in Dinawar. Da bekommt Ma'mun Nachricht von einem Aufstande der Ketzer in .^Ihami-ä. Er läßt den Vertreter Abdallahs in der Stadtpräfektur, Isimq b. Ibrahim und Jal.ijä b. Aktham kommen, schickt .sie zu .\bdallah und beordei't ihn. sofort nach Chora.san zu ziehen. .\us Nisäbür schickt er eine Depesche an den Kalifen. die wegen ihres Stils bewundert wurde. Abdallah ist dann bis an sein Endf 15 Jahre in Choi-asan geblieben '.

Ibn Ouddan civ.ählt nach .\lkhulndi aus dem Privatleben .Abdallahs, wieweit er sich am .\bend nach Erledigung der Staatsgeschäfte seiner Kleider entledigte.

Nach Ma'müns Tode bestätigte .\lmu'ta.sim den Abdallah als Statthaitor von Chorasan und den Ishaq b. Ibrähim als seinen Stellvertreter in der Stadtpräfektur von Bagdad. Schreiben des neuen Kalifen an ihn. Alfadl b. Marwau tritt bei letzterem für Abdallah ein. Scherz- wort Abdallahs an .Vbn .\rauiaithal'.

Abilallah starb 230, im Alter von 48 Jahren, während des Kalifats vitn Alwathiq. Ahmad b. .Vbi Du'äd erzählt: Muhammed b. Abdahnalik intrigieri bei Wathlq nach dem Tode .Ab- dallahs und empfiehlt, den lsh:'iq b. Ibrahim b. Mu.s'ab an des Verstorbenen Stelle zum Statt- halter von Chorasan zu machen. Der Erzähler dagegen empfiehlt dem Kalifen, an den Sohn des Verstorbenen, 'I'ahir b. .Abdallah b. Tahir ein 'rr()Stschreil)en zu richten und ihn zum Nachfolger seines Vatei-s zu ernennen. Und so geschah es. Dem Muhammed b. Abdal- Almalik wird die .Ausfertigung des Schi-eibens übertragen.

Tahir b. .Alhusain bekommt den Ehrentitel Dhü - .Aljaminaini. Bedeutung desselben*.

Erzählung des Schiiten Gaihän. Alhusain b. Mus'ab erzählt, wie es dem Tähir b. .All.iusain im Hause des Ali b. Isa b. .Mähan erging. Der Kalife Al'amln hatte diesen Ali mit Heeresmacht nach Chorasan geschickt, um seinen Bruder Ma'mün zu bekämpfen. Ihm entgegenzutreten schickte Ma'mün den Tähir b. Husain aus nach Rai, wo .Ali noch nicht wußte, daß Ihm in "XiHär ein Feind entgegentrat.

' In (lieseiM Bericht weriioii erwähnt AIi|arir. ein Uiwerlitfehlsliaber Abdallahs. Tahif \i. Ibn'ihlni 1). MudriW, ein Vers von '.Anf li. Muhnllini Alkhiiz.Vi (Kitäb alaghAni, Index), Mnhamnied b. Alliasan l>. Mus'ab (Kiliib ulaghäui, Index). Abdallah soll zuerst die M-bwarzen Kähnen gebraucht iiaben.

' In diesem BiTicht werden noch genannt .la'lä b. Hi^äni. Miihaimiied b. 'Pahir, linider des Al)- dallah, Ali b. Hisain.

' KitAb alaghäni XV io6.

* Oleic"h 0»»li««u-*Vi )i 'nit Bezug auf Koian 69, 45 OuS^ O. L-U-V Ki'"-' andere Krkläruiig im Riiiuil I 226, 20.

;{() ^ Sa c hau:

Ubaklallali b. Abdallali b. rnhir erüählt nacli Abdurral.iuiAn b. Fahm oitch seinem Onkel, wie er den Tähir, als er seine Truppen zur Schlacht ordnete, gefunden habe zwischen den Reihen hin- und hergehend mit einem Stück Bnit in der Hand und begleitet von einem Diener, der ihm einen Bleikriig mit Wasser hielt. Dai-aufhin angeredet erklärt er: »Ich habe drei Tage nichts genossen. Da habe ich gefürchtet, daß mich zu diesem Zeitpunkt die Kräfte im Stich lassen. Daher." Der Fahnentiiiger im Heere des Ali b. Isa b. Mäliän war Hatim Allä'i, dei' so dick war. daß vier Knechte ihm in den Sattel helfen mußten. Im Kampfe spaltet ihm 'I aliir den Kopf.. Ali wird von Da'iid Sijäh getötet. Sieges- dejjesche des Tahir an Ma'mi'in und Dhü Alri'äsataini (Alfadl b. Sahi). '! ahir geht rjßch liagdad.

Der Kalife Ma'mün hegt Zorn gegen Muhammed h. Abi Ai'abbäs Altüsi, dieser bittet Ti'ihir um seine Vermittelung, der ihm erwirkt, daß er vom Kalifen wieder zu Gnaden an- genommen wird. Bei der Unterredung zwischen den beiden hat der Kalife angefangen zu weinen, Pähir weiß nicht warum; Durch den Diener des Kalifen Husain und seinen Schreiber Muhammed b. Han'ui erfähil er, daß die Erinnerung an das Schicksal seines Bruders (.\min) dem Kalifen die Tränen entlockt hat.

Tähir wird auf Betreiben des Wesirs Ahmad b. Abi Khälid zum Statthalter vuo Chorasan ernannt, nachdem ei- vorher den Ghassäu b. Abbäd dazu ernannt hatte. Sofoi-t. an demselben Tage brach T;ihir auf, am letzten Dhu Al({a'da. einem Freitag im Jahre 205. und kehrte dann (nachdem er Bagdad verlassen) in den Park von Halil b. Hisäm ein.

In Chorasan trieben die schiitischen Ultras, die Surat, ihrUnwesen. Erregte Korrespondenz darüber zwischen Tähir und dem Kalifen, der ihm mit seinem Zorn droht, 'fähir hält eine Rede in der Moschee, in welcher sein Postmeister Kulthiim b. Thäbit h. Abi Sa'd eine Hin- deutung auf die ge=ipannte Situation erkennt. Er fängt an für sich zu turchten, da er Aas Bekanntwerden der Korrespondenz nicht habe verhindern können. Als der Kalife hiei-von erfuhr, stellte er seinen Wesir Ahmad b. Abi Khälid, weil er ihm die Anstellung des Tähir empfohlen hatte, zur Rede. Daraufhin schickte der Wesir dem Täiiir allerlei Geschenke, darunter eine vergiftete Essigsoße, die jener gern aß. Er genoß davon und starb z^ei Tage darauf

Tähir war geboren im Mul.iarram des Jahres 159 und starb 207. Nach seinem Tode litt das Heer von Chorasan an Hunger und plünderte die Magazine Tähirs. Nun ernannte der Kalife seineu Sohn Talba zu seinem Nachfolger und schickte auch den Wesir Ahmad b. Abi Khälid nach Chorasan. der ihm bei der Wiederherstellung der Ordnung helfen sollte. Der Kalife schickt dem Tall.ia reiche !Mi(tel und beschenkt auch seinen Sekretär Ibrahim b. Ai'abbäs.

15. Das Kloster des Mannes aus Susa. Der Exkurs handelt

Von den drei größten Festen im Islam, fbei-setzung :

Der Kalife Ahnutawakkil baute sich in Alqädisi.jje ' ein Schloß, genannt Barkuwärä -, das er, als es fertig war, seinem Sohne .Vlmu'tazz schenkte. Hier veranstaltete er das Fest der Beschneidung dieses Knaben. Es war einer der schönsten und prächtigsten Bauten Mutawakkils, der zwanzig Millionen Dirhem gekostet hatte.

S. oben S. 10. '.'■■< <

Hs. \j\Sj- Biizkuwi'n- bei Jn(n'i

Vom Klostf'rimch des Sdhiisti. Hl

Als (ler Beschluß feststand, das Beschneidungsfest für Abdallah Almu'tazz zu feiern, übertrug der Kalife dem Alfath Ibn Khäqän^ die Ausführung^'er sollte unter den Teppich- vorräten des Hofes für die Festhalle einen Teppich von entsprechenden Dimensionen aus- suchen. Die Halle war nämlich loo Ellen lang und 20 Ellen breit. Ein so groljer Teppich fand sich aber nicht unter den Schätzen des .\bl)asidischen Hofes, sondern nur in der Beute, die den Omajjaden abgenommen war. Ein Teppich von der Länge und Breite der Halle fand sich unter den Dingen, die dem oinaj.jadischen Kalifen Hisäm Ihn Abdalinalik gehört hatten. Es war ein Teppich von Seide, goldgestickt, mit Kand und Futter versehen. Als Mutawakkil ihn sah, war er ganz erstaunt und wünschte zu wissen, was er wert sei. Man versammelte nun die Kauf leute, und diese sollen seinen Wert im Mittel auf loooo Denare veranschlagt haben.

Der Teppich wurde in der Halle ausgebreitet und auf der Vorderseite dei-selben ein Thronsessel für den Kalifen aufgestellt. Vor dem Thron wurden 4000 goldene, mit Edel- steinen besetzte Tablette, die mit Bildern aus Ambra, Ambre gris und Kampfer gesiiinn'ickt wai'en und das Bild eines ausgebreiteten Teppichs gewährten. Der Kalife und seine Leute setzten sich zum Frühstück. Sitzend auf dem Throne ließ er die Geneirale und Offiziere und Höflinge eintreten. Sie wurden nach ihrem Range placiert. Zwischen ihren Tellern samt deren Unterlagen war je ein Zwischenraum ^ Dann kamen die Kammerherien mit Körben, überzogen mit Leder, die zur Hälfle von Denaren, zur Hälfte von Dirhems voll waren. Diese Geldstücke wurden in diese Zwischenräume geschüttet, bis sie eine gewis.se Höhe erreichten. Bei den Gästen standen Lakaien, welche si^e im Namen des Kalifen aufforderten zu trinken, auch möge jeder Trinkende von diesem Gelde drei Handvoll, soviel die beiden Hände faßten, mit fortnchuieo. Wenn nun ein Gast soviel von dem Gelde genommen hatte ((•), als in seinen Brustlatz hineinging, darm brachte er es hinaus zu seinen Dienern, übergab es ihnen und kehi-te in den Fi-stsaal zurück. Und sobald an einer Stelle kein Geld mehr lag, kamen die Kamnierherren und füllten sie wieder mit (Jeld an wie vorher.

Außerdem verlieh der Kalife allen Anwesenden Feierkleider, und iVir ihre Heimkehr wurden ihnen Reit- und Lastpferde zur \'erfügung gestellt.

Der Kalifi- gewährte dem Mu'tazz zu Ehren 1000 Sklaven die Fri'iheit, und jedem <-inzelnen schi^nktc er 100 üirheiti und drei Gewänder.

Auf dem Hofe des l'alastes vor der Ft'sthalle standen 400 Mädchen (!')'. bekleidet mit allen Art<-a von Gewändern, und vor ihnen 1000 Körbe (;')' von Baumfasern, in denen sich alle Ai-ten von Früchten befanden. Zedrats rmd Oi-augen, nbgleich sie damals gerade sehr i-ar waren, ferner syrische .\pfel, Zitn)nen und 5000 Bukette von Narzissen, loooo Bukette von Veilchen.

Der Kalife befahl dem Fath Ihn Khaqän. daß er den Mädchen (1') •', den Lakaien und Dienstboten des Palastes austeilen solle, was er für sie Vdrbereitet hatte, nämlich 20000 Millionen Dirhem. Zunächst wagte keiner, sich etwas davim zu nehmen, dann aber nahm Fath einen Dirhem, darauf stüizte sich die Menge auf das Geld, und es wurde alles zur Beute.

Frau (^abiha, die Mutter des Mu'tazz. hatte befohlen Dirhems zu prägen mit der Auf- .schrifl Segen vdu Gott zur Beschneidiing des Abdallah Almu'tazz-billah. Eine Million davon

' Wkii., Gesrhichte «ler Kalifen II 368.

' D. li. zwischen den Gedecken von je zwei Personen.

' Text <i;:'

* 'l'ext <jt_, .

' Text zM.'!

|{*2 S A c n A u :

wurde geprägt und wurde verteilt unter die Barbiert- und 1-cute ähnlicher Kategorie, Lakaieil und Knechte, das Palastpersonal, S[)e7,ialdieiier, Weiße wie Schwarze.

Die zu diesem Feste geladenen (läste waren die Prinzen Mul.iammed Ibn Alrnuntasir, Abu Ahmed und Abu Sulainii'in die Söhne des Rasid, Ahmed und Abbas die Söhne des Mu'tasim. !Mus!'i der Sohn des IMa'mün.

Ferner die beiden Söhne des Hofmannes Hamdnu, Ahmed Ibn Ai)i lin'aiin, Alhusaiii Ihn Aldahhiik. Ali Il)n Alsiahm, Jahjii der Astronom und sein Bruder.

Femer von den Sängern '.\mr Ihn Bäna, Ahmed Ibn Ali-AralA, Ibn .\Il.afsi, Ibn Almakki, Salmak, Ath'ath, Sulainiän Altabbäl, Ahnasdud, Abu Hasisa, Ibn .\lqassär, .Salh .Vldaffi'il'. Zunam Alzämir, Tuffi'il.i .\lz;'iniir, und von Säng<;rinnen .\rib und ihre Sklavin Bid'a, Saräb Särija und ihre Sklavinnen Nadmän, Mnn'im, Nai^la, l!arkij.ja, Farida, 'Irfiin.

Ein Berieht von Ibrähiui Ihn Alinudabl)ir': Zum Beschneidungsfest für Mu'tazz ver- sammelten sich die angesehensten dei- Gelehrten vor dem Kalifen, unter ihnen JahjA Ibn Khaqan und sein Sohn Ubaid-AUah, damals Wesir, stehend unter den Dienern in Ilock und Gürtel. Dieser Jahja war kein Weintrinker. Nun befahl der Kaufe seinem Sohn Ubaid- Allah: "Nimm einen von diesen Beehern, fiiUc ihn mit Wein, leg eine Serviette auf deine Schulter, geh zu deinem Vater Jahjä, und gib ihm den Becher in die Hand.- .\lso geschah es. Jalijä blickte seinen Sohn an (wörtlich: J. erhob sein Haupt zu seinem Sohne), der •Kalife aber (der zugegen war) sprach: «O Jahjä, lehne den Becher nicht ab.« Letzterer antwortete: »Nein, o Fürst der Gläubigen." Dann leerte er den Becher und sprach: -Groß, o Fürst der Gläubigen, ist deine Gnade gegen uns. Gott möge dir viel Gnade erweisen und uns nicht der Gnade berauben, die er uns durch dich erweisen laßt.« Dai-auf er- widerte dei' Kalife: -O Jahjii, mein Wunsch war nur der, daß dich am Fest der Be- schneidung eines Kronprinzen ein Wesii' in Gegenwart eines Kalifen bedienen sollte. -

Ferner eraählt Ibrahim Ihn .Al'abbäs': Ich erkundigte mich bei dem Barbier Abu Harmala nach diesem Festtage und sprach: »Wie viel hast du bekommen, bis es zur Tafel ging'.'" Er erwiderte: »Etwas über 80000 Denare außer dem ( ie.schracide, Ringen, Juwelen und (:')='.,,

Derselbe erzählt: Mutawakkil xerwcilte drei Tage in Barkuwarä. Dann zog er hinauf nach seinem Schloß .\lga'fari. Er ließ den Ibrahim Ibn Abbäs kommen und befahl ihm, die Keciuiung über die Kosten des Beschneidungsfestes aufzustellen und ihm einzureichen. Da.s tat er. Die Rechnung belief sich auf 86 Millionen Dirhem.

Man pflegte die Summen, die .\ll.iasan Ihn Sah! I)ei Gelegenheit dei' Hochzeit ' seiner Tochter Büräu verausgabte, für enorm zu halten bis zu dem Grade, daß es in der Literatur vermerkt wurde. Dies Fest hieß das Fest (wörtlich die Einladung) des Islams. Darauf kam dann das Fest des Kalifen Mutawakkil, das alles frühere in Vergessenheit geraten ließ. Die l)erühmtesten Feste im Islam waren drei. Dazu gehört das oben beschriebene Fest der Beschneidung des 3Iu'tazz. Dazu gehört auch das I'est der Hochzeit dei- Zubaida, Tochter des Ga'far Ibn Abi Ga'far, denn der Kalife .Vlmahdi verheiratete seinen Sohn Ilärün Alrasid mit Umm (iaTar (Zubaida) der Tochter seines Brudei-s. Ihr bereitete er Hochzeitsgeschenke, dergleichen nie zuvor ein Weib bekommen hatte. Mobiliar. Kästen von Edelsteinen, Geschmeide,

' Günstling des Kalifen Mutawakkil; Kiläb alagliäiii. Index.

^ 1). Muhamined b. Sul. Kit:ib al;igli;'ini IX 21 fl'.

■' Text oIaJIj

' Zu dieser Hochzeit vgl. Tabaii III 'I S. 1082- 1084.

Vom Klostfrbueh des hälmiti. '^ '.]

Kronen und Kränze von Silber und Gold, strahlende Damengemächer, Wohlgerüche, Ge- wänder. Auch schenkte er ihr das Prachtgewand' der Ubaida, der Tochter des Abdallah Ibn Jazid Ibn Mu'äwija, der Gemahlin des Kalifeu Hisäm (Ibn Abdalmalik). Man hatte im Islam nichts gleich Schönes gesehen, nichts gleich den Perlen, mit denen es geschmückt wai-. riier Nacken und Brust trug sie zwei Reihen von roten Rubinen, und am übrigen Leibe große unvergleichliche Perlen. Sie wurde mit Rasid vermählt im Monat Muljarram A. H. 165 in seinem Palast, genannt Alkhuld. Bei der Gelegenheit hatte er Gäste von überallher ein- geladen und verteilte unter ihnen gewaltige Summen. Man legte die Denare in silberne Bechei-, die Dirhems in goldene Becher, die Schachteln von Moschus, die Dosen von Ambra und Ghälija in gläserne Schalen und verteilte das über die Gäste. Auch bekamen sie Feier- kleider mit eingewebten Ornamenten. In dieser Nacht brannten vor Ra.4id Ambrakerzen in goldenen Leuchtern. Auch die Frauen der .\liden (der Bant*i Hasim) waren eingeladen. Jede einzelne von ihnen erhielt einen Beutel Denare, einen Beutel Dirhems und eine große silberne Schale mit Wohlgerüchen. Auch bekamen sie Festkleider mit schwerer Stickerei, dergleichen bis dahin im Islam unbekannt waren.

Die Kosten dieser Hochzeit teliefen sich auf 50 Millionen Dirhems aus der Spezial- kasse des Kalifen, abgesehen vi>n dem, was Rasid aus seinem eigenen Vermögen j^egeben hatte.

Die Zubaida hieß eigentlich Amat-Al'aziz, während Zubaida, d. i. B.uttei klümpchen, ihr Beiname war. .\.ls sie klein war. ließ Abü-Gafar sich von ihr was vortanzen, und da sie fett war und er zu ihr sagte: -Du bist nur ein kleines Butterklflmpchen, du bist nur ein kleines Butterklümpchen«, so wurde dies Wort ihr Name.

Das dritte der größten Feste im Islam war die Hochzeit' des Ma'mün uiit Bürän, der Tochter des Hasan Ibn Sah!, die in Fam-alsill.i stattfand. Die Kosten derselben waren enorm. Ma'mün fragte die Zubaida. wie hoch sie die Kosten der Hochzeit schätze, worauf sie erwiderte: »Zwischen 35 und 37 Millionen.» Als Hasan Ibn Sahl dies erfuhr, sprach er: -Die Kosten wurden von Zubaida bestritten. Wir haben 35 Millionen ausgegeben, ^>s waren täglich, abgesehen von anderen Lohnausgaben, über 30000 Schitfer zu besolden'.'

Bi'irnn zog ein in den Palast, den Ma'mün ihr in Fam-alsilli am l'fer des Tigris ge- baut hatte, am 8. Ramadan A. H. 210. Ma'mün gab der BnrAn einen Brautscliatz von 100000 Denai-eii und 5 Millionen Dirhems. Kr ließ in der Hochzeitsnacht drei Ambrakerzen, die einen mächtigen Rauch verbreiten, voi- sich brennen. Da sprach Zubaida: »Es ist bis- her der Prachtentfaltung genug geschehen. Nehmt die Ambrakeraen weg und bringt die Wachskei-zen.' .\ls Bürän vor ihi'em Bräutigam Ma'mün entschleiert wurde, streute er über sie große Perlen, die ei- in seinem Brustlatz hatte: sie fielen auf ein goldenes Parkett, auf dem er stand, und hei der Gelegenheit sprach er: Gott segne den Hasan Ibn .Alhäni'* für den Vers: Als ob kleinere und größere von den Blasen (im Wein) wären. Kleine Perlenkiesel auf einem Buden von Gold.«'

Die anwesenden tiäste enthielten sich, etwas von den Schätzen zu nehmen. Da sprach Ma'mün zu seiner Braut: -Bediene dich.- Da streckte Zubaida ihre Hand aus und nahm eine Perle, und darauf nahmen die anwesenden Gäste das übrige.

' Text io,, s. De Goeje, Bibliotheca Geographorum Arabicorum IV^ S. 186. » Vgl. l.la'liai-alkuniait, Bairüt 1873 S. 59: Taban III " S. 1081 11'. ' .S. Käniil 1 174, 19- * Abu Nu As.

Diwan des Abu Nuas, ed. Kairo 1277 S. 132.

Phil.-hüt. Ahh. 1919. Nr. 10.

34 S A (' II A II :

. Der Name der BnWin war Kliadijjf. Sie starb im .Tahrc 271 während der Regierung des Kalifen Mti'tamid im Alter von 80 Jahren. Ma'mrin beklagte ihren Tod mit fol'^enden Versen:

»() ihr beiden, helft meinen Augen weinen.

Nach dem Tode des Mei.stcrs bin ich Beute dei' ."^orge gewoitlen. Ich pflegte auf das Sehicksal loszustiirnii'ii. als aber er starb. Fing das Schick.sal an auf mich loszustürmen.«

Ihn Khurdiidbih berichtet über die Prachtbauten des Mntawakkil', eine Geldprägung und ülier eine Krankheit von ihm.

16. DasThomaskloster inSämarrä. Verse von Alfadl b. Al'abbäs b. Ahna'mün '. DcrKalile Almu'tazz verirrt sicli auf dei- .lagd. wird von dem Gefolge getrennt und kommt mit Alfadl und .Tnnus b. Bugha nach diesem Kloster, wo er von dem Mönche aufgenommen und be- wirtet wird. Als das Gefolge nachkcmimt, merkt der Mönch erst, wen er bewirtet hat. Der Kalife ließ' ihm 50000 Dir-liem schenken und kehrte seitdem noch wiederholt in dem Kloster ein.

Almu'tazz wai- ein Dichter, ein sehr schöner ^lensch, .sehr befreundet mit Jünus b. Bughä. Nach '.\rib war der Kalifo Al'amin ein schöner Mann gewesen, und nach Ahmad b. Alxlallah 1). IsmA il Almarakibi habe Mu'tazz etwas von ihm gehabt.

Verse \ on ilu'tazz für und übei- seinen Günstling .li'mus b. Bngha. Anekdoten über ihren Verkehr. Hei einem Gelage schenkt der Kalife dem Sänger .\l4ass;'ir^ j»« ilaj il j^;'l,'j DbJU IfJ) jLj ifU, von denen jeder die Aufschrift trägt: j^„\ iUji J->|-1>. jl:.^)! li» _,^,:, ^•ujI- jiJ.1 c>U}ll

Erzählung des Harun b. Aljdul'aziz b. Almu'tamid nach dem Schreiber seines Vatei-s, Sa'id b. Jüsuf: Ersterer war Verwalter der Garderobe des Mu'tazz und suchte stets das Schönste für Jüsuf b. Bughä aus. \'on Masrür Alnm'tasimi und wie Jünus den Eraähler Vjeschenkte.

Almu'tazz empfing die Huldigung als Kalife am 3. Muharram 252, wurde abgesetzt am 27. Ragah 255 und fünf Tage später getötet im Alter von 24 .lahren. Seine Mutter Qabiha hatte ihn gegen die türkischen Pi'ätorianer aufgehetzt und ihm das blutige Hemd seines Vaters Mutawakkil gezeigt.

Die Störung einer Hofgesellschaft oder Das Haupt auf der Schüssel.

("bersetzung:

Ahnied Ibn Hamdün erzählt wie folgt: Der Kalife .\lmu'tazz' ließ in dem Hofe des Palastes Algausaq, dei- der Vollkommene genannt wui-de. einen Pavillon (wörtlich: ein Haus) bauen, dessen Plan seine ^lütter ((,)abil.ia) entworfen und dessen Mauern und Dächer

' S. Jä(|rit 111 17, 18 11. d. W. Sämarrä.

- Kitab alaghaiii, Index.

•* Vgl. Ibii Alqasseu' ijii Kita!) alaghaiii. Index.

* D. i. Tresoi-Denarc, von denen einige den Weil von 100. andero den Wert von 200 De- naren hatten. Aufschrift: ■■ Dieser Denar ist geprägt im Schlosse Algaii«aq für den Tresor des Fürsten der Gläubigen Almu'tazz-Bilhili."

^ Mu'tazz war ein Sohn. Mnsla'in ein Brnderssohn von Mutawakkil. die beiden Männer also Vetlern.

Vom Ktostcrlmch rlea Sdlmsti. 35

sie mit Bildwerk hatte scliiiiücken lassen, das schönste von Bauwerk, das man Je gesehen hatte. Nun lud uns der Kaufe eines Tages 7,u sich ein, wir verlebten den frühesten Tag. den man sich nur denken kann, während hinter dem \orliange eine Sängerin die schönsten, mir unbekannten Weisen vortrug. In diesem Zustande sahen wir nun einen Diener zu unsei-er Gesellschaft hereintreten, der in der Hund ein Tablett und darauf einen Deckel trug. Er setzte das Tablett mitten im Zimmer nieder. Der Kalifo hielt einen Trinkbecher in der Hand, er trank und wir taten desgleichen. Dann sprach er zu dem Diener: «Heb den Deckel auf.« Das tat der Diener, und siehe dal .\uf dem Teller lag das Haupt des Almusta'in '. Da ich nun über diesen Anblick anfing zu schluchzen und zu weinen, redete mich der Kalife an: »O Hurensohn, was soll das heil3eni' Hast du etwa Mitleid mit ihm;'« Nun kam ich wieder zu mir. riß mich zusammen und sprach: »Nicht aus Mitleid weinte ich. sondern weil ich an den Tod denken mußte.« Er befahl dann dem Diener, den Deckel wieder aufzusetzen und das Tablett fortzunehmen. Was geschah. Des Kalifen aber und aller An- wesenden hatte sich eine Abspannung bemächtigt, und mit all unserer Freude war es vorbei.

Während wir nun so dasaßen, hörten wir plötzlich einen Lärm hinter dem Vorhang, der uns erschreckte, die Stimme einer Frau, welche schrie, und die Stimme einer zweiten Krau, welche die Schreiende beschimpfte. Die Schreiende rief: »0 ihr Leute ihr habt mich mit Gewalt ge[>ackt. und nun bringt ihr mir das Haupt meines Herrn und legt es vor mir hin.« Darauf hörten wir, wie eine Laute ihr, der Schreienden, an den Kopf geschlageji wui-de. Soweit der Erzähler. Das Weib, das geschimpft und gesehlagen hatte, war (^)abiha (die Mutter des Kalifen), das Mädchen aber war eine von den Sklavinnen des (ermordeten Kalifen) .\hnusta'in.

Der Erzähler fährt fort: In ti-aurigster X'erfassnng gingi'U wir von diesem Hoffeste

nach Hause, voll Bitterkeit über das Erlebte. Nui- wenige Tage später geschah es, daß die

Türken iil)er den Kalifen herfielen' und ihn ermordeten. Wir wurden nun wieder zu Hol'

geladen, um seine Leiche zu sehen. Wir fanden ihn in demselben (i>henenvähnten) Pavillon.

in der Mitte des Raumes ausgestreckt, tot-

17. Das .loliannesklosti-i'. \'ei'Sf von 'Anir b- .\bdalmalik .\UvarrA(|, einem festen Trinker und kühnen Li'bemann.

18. Dair Dubä'a. Ein i'inziger Vers zum Lobe desselben.

19. Das Oberste Kloster. Verse von Altharwäin". .Vis der Kalife Ma'nn'in nach Da- maskus zog, verwellte ei' einige Tage in diesem Klo.ster und erlebte dort die l'almsonntag- feier der Christen, die ihn sehr entzückte. Bericht d(« Sängers Ahmad h. Sadaqa. Der Kalife macht N'erse übei- diese Feier-, welche .\l.mrad irnd eine Sänger-in Nir'm ihnr vor- singen nrüssen. Der Kalife und .\ljazrdr.

Die tapfere Trau des er-inordeten tiegners. Übersetzung: Nel>en dieserrr Kloster (dem Ober-sterr Kloster in Mosul) liegt das Gr-ab des Ann- Ibii .\lbaiiii(| vom Stamme Khuzä'a ' und damit zusamurenhängend eine Moschee, welche die

' Des Vorgärigiifs de« Mii'tii/.x im Kalifat.

^ Seine .Mutier Qabiim herzte ihn gegen die tür-kischerr Prätorianer ruid zeigte ilnn das blirtige Hemd seines Vatere, ihres üernahls Alutawakkil. Der Sohn aber bat sie: »Ninrni es weg, es könrrtctr sorrst leicht aus dem einen bliitigeri Henrd zwei wer-deri.« Tnd so gesohali es.

3 Vgl. Tabari II > S. 127, i-'8.

5*

36 S A eil A i; :

Hanidaniden gebaut hatten. Dieser Aiiif war ein Zeitgenosse des Propheten und ein An- hänger von Ah' Ihn Abi Tälib, mit dem er in allen seinen Schlachten gekämpft hatte. Mu'äwija hatte lange Zeit nach ihm gefahndet, während er von einem Ort zum andern tloh. dann aber wurde er in Mosul eingriffen zu einer Zeit, als er an Wasser.sucht litt und schwer krank war. Derjenige, der ihn entdeckt hatte, war Abderrahman Ibn Umni Alliakam ' vom Stamme Thaqif, ein Schwestersohn von Mu'äwija. Der setzte ihn gefangen in einer Höhlezu Mosnl, ließ ihn töten und seinen Kopf zu Mu'äwija bringen. Die.s war der ei'ste Kopf, der im Islam von einem Ort zum andern geschleppt wurde. Sein Körper wurde an der oben- genannten Stelle beerdigt.

Seine Frau, die Amine. 1"ochter des .\l§arid, war auf Befehl Mu'äwija'.s lange Zeit in Damaskus gefangengehalten worden. Als das Haupt ihres Gemahls nach Damaskus kam, schickte Mu'äwija es an Frau Amine ins Gefängnis und sprach zu seinem Boten: -Wirf ihr das Haupt in den Schoß und merk dir, was sie sagt.« Als sie es sah, war sie erschüttert, neigte sich über dasselbe imd küßte es. Dann sprach sie: "Wehel Wehel Lange habt ihr ihn in schmachvoller Gefangenschad gehalten und nun bringt ihr ihn mir gemordet. Ein Willkommen ihm, den ich liebte und nicht vergesse.» Sag Mu'äwija in meinem Namen: "Möge Gott deine Kinder zu Waisen machen, möge er dir deine "Verwandten entfremden und dir deine Sünde nicht \ergebenl- Mit dieser Botschaft ging der Bote zurück. Darauf ließ Mu'äwija die Frau holen und empfing sie im Beisein von Leuten, unter denen sich Ijä.s Ibn Surahbil befand. Dieser Mann hatte wegen seiner dicken Zunge arg hervorstehende Mundwinkel. Nun sprach Mu'äwija zu der Frau: »0 du Feindin Allahs, hast du das gesagt;'- Sie erwiderte: »Jawohl, ich leugne es nicht und entschuldige mich nicht darob. Wahr- haftig, ich habe mit Inbrunst gebetet (daß Gott meinen Flucli erfüllen möge) und bete weiter mit Inbrunst, wenn Gott will. Aber hinter allen INIenschen st'iht Gott (als obei-ster Herrj.« Als nun Mu'äwija ihr Schweigen gebot, sprach Ijäs: -Laß die da töten. Ihr Mann war nicht mehi' todesschuldig als sie. » Darauf die Frau: »Was willst denn dul Wehe dir! Zwischen deinen Mundwinkeln sitzt etwas wie die Gestalt eines Frosches. Du heißest ihn. mich zu töten, wie er meinen Gemahl getötet hat. Er will nichts als Tj'rannei auf Erden ausüben, und will von Frömmigkeit nichts wissen." Darüber lachte Mu'äwija und die Anwesenden. Ijäs aber fühlte sich deutlich beschämt. Nun sprach Mu'äwija zu derFiau: »Verlaß mich. Ich will nicht mehr hören, daß du noch in Syrien bist.« Darauf die Frau: -Ich werde dich verlassen. Syrien ist mir nicht \'aterland, ich habe dort weder Verwandtschaft noch Freund- schaft, bei der ich einkehren kann. Großes Unglück hat es mir gebracht, keinen Segen. Ich kehre nicht zu dir zurück und werde dich nirgends, wo ich auch sein mag. preisen. - Als nun Mu'äwija ihr mit der Hand andeutete, daß sie fortgehen sollte, sprach sie: »Es i.st doch merkwürdig, daß Mu'äwija die Spitze seiner Zunge auf mich richtet und nur mit seinem Finger eine Weisung gibt.» Als sie fort war, sprach Mu'äwija : »Man soll ihr soviel geben, daß sie Schweigen über mich bewahrt, bis sie nach ihrer Heimat kommt.« Sie nahm nun an sich, was er ihr geben ließ, und reiste ab in der Richtung nach Küfa. Als sie aber bis nach Hirns (Emesa) gelangt war, starb sie.

20. Das Jonaskloster. Vei^se von Abu Sa's. einem berühmter Weindichter, der viel in den Klöstern verkehrte.

21. Das Dämonenkloster. Verse von Alkhabbäz Albaladi.

' .S. Taliiin. Index; Usd-alghaba 3, 287.

\ 'om KlosUrburh des SäbuMi. 3 7

Als Abbadii von Mutawakkil nach Mosul veibannt war. vcrkehrti- er in diesem Kloster, verliebte sich in einen jungen .Mönch und verfiihite ihn. Daraufhin wollten die Mönche ihn töten, von der Uölie des Klosters in die Tiefe stürzen. Er entzog sich dem durch die Flucht.

Dieser 'AbbAda, bekannt durch seineu sclila}i;fertigen \Vitz. war Sohu eines Kochs des Kalifen Ma'nn'iu. Er kam wegen .seiner Redefertigkeit in Gunst lei Ma'nnin. Die.sei- schickt ihn zu seiner Schwester Zubaida. damit sie sich über ihn amüsieren .soll. Er kommt bei ihr in große Gunst.

Maniün l)elieh!t eines Tages, daß jeder seiner Kumpane einen Topf mit Fleisch kochen solle. Bei dem Vei-such hat der Topf seines Bruders Abu Isl.iäq, des späteren Kalifen Mn'tasim. den schönsten Duft. Abbada ist darauf neidisch, rät ihm gewisse Ingredienzen ' hineinzntun. Das geschieht, und nun verbreitet der Topf einen scheußlichen Gestank, •über den der Kalife sich aufhält. Als dann Mu tasim den Thron bestiegen hatte, schickte er den Abbäda in die Verbannung. Von Wäthi(| zunickberufen, wurde er wieder Hotinanii bei ihm und seinem Nachfolger .Mutawakkil, letzterer verbannte ihn von neuem nach 31osul. .Abu Häzim .\lfaqib er/,ählt Prol>en des zum Teil nicht ganz i-einlichen Witzes des Abbäda im Verkehr mit seinen Glänbigei-n von kW b. Ibrahim .\lghann-i, dem Richtei- von Mosul: mit Mutawakkil, Ihn liamdün. Di'bil, Sa'd I). Ibrähini Alkälib, .\bü Harmala dem Barbier, noch- mals mit Muta» akkil und dem Richter Jahjä b. .\ktham nach der Eraählung von Ali b .Jal.ijii .\lmunaggim. Erzählung des Richters .\bü Häzim in Damaskus hei Ihn Mudabbir-, letzterer macht ihm eine Mitteilung aus einem Briefe, den er von seinem Stellvertreterin Sämairä. Sa'id .\lraykh erhalten hatte von einer Begegfnung des letzteren mit Mi'isä b. Abdalmalik •' am Hofe des Mutawakkil. Mü.sä wird im Woi-twechsel abgeführt von Abbäda durch eine Hin- deiitung auf das Geld, das er in Damaskus sich angeeignet hatte.

32. Das .Safrankloster. \'er-sc von Mns'ab .\lkatib. der hauptsächlich über Knaben- liebe dichtet.

23. Das Kloster des Klausners. Verse von Allubbädi. mit vollem Namen Abu Bekr .\hmed b. Muhammed, so genannt, weil er stets über seinem Gewände einen roten Inbbäd (Filzrock) trug, der sich v(m unten l)is oben in Rot kleidete und sein Gesicht mit rotem INjii bestrich. Begegnung zwi.schen dem Dichter und dem Statthalter von Ai-dabil, .\bii .\li .VlawärajH- Verse aus der Qa.side des Lubbädi über .\hmed b. .\tlia.san .\lmädar;ii*. Der Dichter besingt den Emir .^bü .\lqasim Jnsuf b. Dewdäd b. Ali .\lsäg und den Xhü Hekr Muhammed b. .\hmad, den Schreiber des .\f.sin. Sein .Aufenthalt i)ei .\lgahbad.

24. Das Kloster Fiq. Verse von Abu Nu'as aus einer (^aside, die er an einen ge- liebten christlichen Jüngling gerichtet hatte.

25. Dair .\liür. Verse von .Muhalhil b. .lamüt b. .\Imuzarri'''', einem berühmten Lebe- mann, der üljer Wein und seine Liebe zu einem christlichen .Jüngling dichtete. .Sein voller Name lautet .A.bi"i Nadia Muhalhil b. Jamut b. .\lmuzarri' b. .lamüt b. Mi'i.sä b. l.Iukaim b. Gabala AI'alKli.

> S. Tabari, Index u. d. W. jA\ ^ ^jk\j\

' S. Tabari, Index.

« Klt&l> alagliruii XVII 4.

" Ibn Ktiallikiin Nr. 844, S. 113, 10.

38 S A c H A i; :

Der letztgenannte Ilukaim ist eine historisciie Persönlichkeit. Als im Jahre 57 A'isa, Zubair und Jallia im Kriege gegen AH sich der Stadt Basra bemächtigten, töteten sie die AVächter des Schatzhauses. 70 Mann, die in jeder Beziehung unschuldig waren, und den von Ali eingesetzten Statthalter rtliuiäu b. Hunaif Alansari packten sie. rissen ihm den Bart aus und wollten ihn umbringen. Nun erhob sich Ijlukaim und sprach zu seinen Leuten: »Ihn Hunaif steht unter unserem Schutz. ^Venn er auch nicht unser Emir wäre, würden wir ihn verteidigen, weil er unter unserem Schutze steht und wegen seines An- sehens bei dem Boten Gottes. Wie nun, da doch das Recht auf seiner Seite ist und er zu uns gehört!' Der Lebende muß sterben, der Tote wird zur Verantwortung gezogen. Jetzt heißt es: Entweder in Ehren sterilen oder in Freiheit leben Seine Leute, 300 Mann, folgten ihm. Verse von Abu Umaj.ja Al'asamm. Ilukaiiii grifi' an. Tallia und Zubair führten die 'A'isa mit sich auf einem Kamele- Daher wird dieser Kampf der kleine Kamelstag genannt. Kampf der 300 gegen die 12000 der Feinde. Hukaim drängt sie zurück bis Sikka. Er wird schwer verwundet ' und dann samt drei Brüdern getötet. .Sein Stamm, die Rabi'a, wurde aus Basra vertr'eben. Verse von ^[uhalhil.

26. Dair .\lbukht. Der .\bbaside Ali b. Abdallah h. Abbä.s hatte hier einen Garten. als er in Damaskus lebte.

Bericht von Ali b. Äluhammed b. Abi Saif Ahnada'ini: .\bdallah b. Abbäs kaufte eine Berbersklavin und zeugte mit ihr einen Knaben, den erSalii^ nannte und in seiner Familie aufwachsen ließ. .Als dann Ali b. Abdallah nach Syrien zog, ging Salit mit ihm und diente ihm bis zum Tode des Kalifen Abdalmalik. Sein Nachfolger Ahvalid war gegen den Ali b. Abdallah eingenommen. Feinde von ihm hetzten den Salil gegen ihn auf und veranlaßten ilin, die Rechte eines Sohnes des Abdallah b. Abbas zu beanspruchen. Auf Beti-eiben des Kalifen Walid kam es zum Prozeß zwischen den beiden vor dem Richter von Damaskus. Saht bewies seine Abstammung durch Zeugen und wurde \on Walid als echter Abbaside Jinerkannt. Dann prozessierte er gegen .\h' b. .\bdallah wegen der Erbschaft, worauf letzterer für gut befand, ihn als vollberechtigtes Mitglied in seine Familie aufzunehmen. Von da an half er dem Ali bei seinen Geschäften.

Eines Tages ging .\li nach seinem Garten hei Dair .\l})ukht, wo er .\rbeiter hatte, unter ihnen den Abu Aldann aus der Familie des .Abu Riifi'. eines Fi-eigelassenen des Pi'opheten. .\ls Ali bereits nach Damaskus zurückgekehrt war. entstand ein .'^ti-eit zwischen den Arbeitern und Sali'i. sie erschlugen ihn und verscharrten die Leiche. Seine Mutter geht der Sache nach, es wird in dem Garten gegTaben : die Leiche wird gefunden und .\lt b. Abdallah des Mordes angeklagt. Er wird auf Betreiben Walids verurteilt, wird öffentlich gepeitscht und in einem schmachvoileu Aufzuge durch die Straßen geführt auf .\nraten des Gouverneurs von Medina, Otiiar b. Abdul'aziz. des Vetters des Kalifen. Ein Freund Alis. Ibad b. Zijäd eilt zum Kalifen und legt Fürsprache für ihn ein. Daraufhin wii-d .\li nach der Insel Dahlak-' verbannt. .\!s er aus Damaskus abgeführt wurde, trat des Kalifen Bruder .Sulaiman b. Abdalmalik für ihn ein. infolgedessen er dort, wo ihn die Botschaft traf, in .Mfar'ä. ein- gekerkert wurde und blieb, bis .Sulaiman zur Regierung kam, der ihn befreite. Er ließ sich nieder in All.iumaima in der Beli|a und verkaufte seinen Garten bei dem Kloster Dair .\lbukht an die Prinzessin Fntima, Tochter des Abdalmalik.

1 Ülier seinen Tod .s. auch Tabari I ^'.30.31.

'■' Die Salit-Geschäfte s. bei Wkii,, Geschichte der Kalifen IL 31. Anm.

■' Gegenüber von Masawa, dem Cajeinie der Omajjaden, vgl. Ibn Qutaiba, Liber poeseos et poctaruin S. 349, 6.

\'a/H KJosti'rhtich des SdImMi. 'M^

Abdaliiinlik liiitte in srinem Testament seinem Sohne und Nachfolger Walid drei Pei-sonen ans Her/, gelegt, den Ali b. Ahdalläh. seinen eigenen Bruder Abdallah, Statthalter von Ägypten und seinen ( )nkel Muhammed h. !Marwän. Statthalter von Mesopotamien. Das ei"ste. wa-s Walid tat. war, daß er seinen liruder aus Ägypten entfiRrnte und durch (,)urra h. Sarik ersetzte, daß er seinen Onkel aus Mesopotamien entfernte, und daß er Ali zweimal peitschen ließ. Als dann die Ahbasiden zur Heri'schaft kamen, fanden sie in den Schatz- häusern der Marwaniden ein Schreiben von Sulaiman 1». Abdalmalik. in den) er den Walid um Schonung für Ali b. Abdallah bittet. Djes war der Grund, warum die Gebeine Sulaimans nicht aus ihi°em Gral>e in Däbiq herausgerissen wurden, während die (iräher aller übriieu Nachkommen von Harb zei-stört wurden.

Der erste Heerführer der Abbasideu und Bi-gründer ihrer Macht Abu Muslim be- hauptete von diesem Saht abzustammen und behauptete in der letzten CntiM-redung uu't dem zweiten Abba.siden-Kalifea Man§ur. bevor er ermordet wurde, daß dessen Brudei' Ibrähiiu b. Muhauuutd es ihm gesagt habe, wähi-end Mansür behauptete, daß er von einem IJarbaren in Ispidian abstaumie.

27. Zakchäuskloster. Verse von Alsanaubari über das Kloster und über Raqqa, vielmehr die beiden liaqqas. Auch Verse vom Kalifen Häri'in .\lrasid. Als er von .\lniliqa nach liagdad zog, ließ er seine Frau, die Mutter desMu'tasim. Märida dort zurück. El- schrieb ihr in Versen, und seine Trau ließ ihre Antwort auch in Versen abfassen. Duraufhin ließ Ilun'm sie nachkommen. Si\\\\\ .Alturki. ein Diener des Mn'tasim. I>erichtet von der Liebe Haruns für Märida.

Harun, ein tüchtiger Dichter, besingt meistens die Liel«; zu seinen Mädchen. ^'eI•se von ihm. auch über die Helene k'Xm- die Sklavin seines Bruders Hä<li.

Härün war geboi-en in Hai zu Anfang des .Tahres 148, genährt von der Mutter des Itarniakiden Alfadl b. Jahjä, der siel>en Tage früher geboren war. Kr bestieg den Thron am Sonnabend, den 16.. Habi' I. im Jahre 170. In derselben Nacht wurde sein Sohn Abdallah -Xlma'mün geboi-en von einer .'sklavin Marägilu. Härün starb zu Sindäbäd im Gebiet von Tüs. 45 .lahi-e alt. am Sonnabend, am 14. Gumädä II. 173.

28. Sergiusklost^-r. Verse von Ihn .\bi T'd'b Almakfüf .\hväsili. Der Inlialt des Kxkui-ses bereits oben S. 15 mitgeteilt.

29. Kloster des Ihn Mazü(|. Vei-se von Muhannued b. Abdei'rahuiän Altharwäni aus Küfa. einem großen Dichter, der nur über Wein- und Knabenliebe sang, großem Säufei-. der eines Tage.s in einer Weinschenke tot zwischen zwei Weinscbläucheu gefunden wurde.

30. Das .Sergiuskloster. Verse von .\bü Nu'äs und Alhusain b. Aidal.il.iä(|.

31. Die Bischofsklöster. Vei-se von .\li b. Muhammed Alhimmäni Al'alawi und Abu NuVis. Als HaSid auf der Heimfahrt von der Pilgerfahrt in Hii-a einkehrte, besah s<'iii Begleiter, der Bamiakide Ga'far b. .lahjä. die .'^chloßruine von Alsadir und entdeckte an derselben eine Inschrilt über den l*ntergang der I.akhniidenherr-sehart. was ihn zu trüben Gedanken über sein eigenes Schicksal anregt.

Die Ruinen der Gegend waren Almusaqqatät östlich von I.Iira an der l'ilgerstraße, eine Burg mit Arkaden: .\lqasr, Kuh .Albaqqäl, (,)«sr Aladasi^jin. .Al'aqsä Al'abjad. Qa.sr Bani Buqaila. das Schloß des Abd Almasih b. Buqaila .-Vlghassäni. Diesei' war ein Schwester- solm des l*rie.sters Satih. Kisrä si^hickte wegen eines Traumes, den er gehabt hatte, den

40 S

A (; II A i;

Abel Alniasil.i /.u seinem Onkel'. Von dem Eroberer Kbälid b. Ahvalid, wie er nacb IJira kam, und von seiner Unterhaltung mit Abd Almasih.

Weitere Ruinen in der Gegend sind Dar Fir'aun. Asr in der Nähe von Alnagaf.

,52. Die Kuppel des Sattiq. Verse, auch von Bakr b. KhAriga aus Küfa".

33. Das Kloster dei' Hind zwischen Alhira und Ki'iia. Haggäg besucht es im .lahre 74 und spi-icht mit der Hind. Er fordert von ihr die (irundstener und läßt sie samt drei Nonnen Ibrtl'ühren. aber ein edler .lüngling aus Knfa rettet sie aus der Hand der Trabanten des Haggäg. Der Eroberer liabyioniens, Sa'd b. Abi VVakkäs besucht das Kloster und die Hind. später Almughira b. Su'ba ■. der Statthalter Mu'äwijas über Küla. der die Hind heii-aten will, aber von ihr abgelehnt wird.

34. Kloster Zurära. Zwei bekannte Dichter und Trinker, Jahjä b. Zijäd * und Mut!" b. Ijäs'', kamen auf der Pilgerfahrt nach diesem Kloster, blieben dann aber hier und zechten weiter, bis ihi'e Pilgerkarawane von Mekka zurückkam. Den Heimkehrenden schlössen sie sich dann an, erheuchelten das Äußere eines Pilgers und zogen so mit in Küfa ein. Verse von Muli' und Ahn Nu'äs. Ähnlich wie Jahja und Muli' machte es auch Sulaimän b. Mu- hammed Arumawi. der schon die Kamele für den Hagg ausgerüstet hatte, alj<'r dennoch in Küfa blieb. Verse von ihm. Das gleiche wird erzählt von Salläm b. GhAlib und Abu Albasir, während ein Dritter, Abu Ahuidi'agi, die Pilgerreise fortsetzte.

Notiz übei' den Dichter Mup" b. Ijäs. Er war sehr befreundet mit Jahjä b. Zijäd, llammäd 'Agrad' und Hammäd Alräwija. die alle iin Verdacht der Zandaqa standen. Er- zählung von Al'utbi nach seinem Vater: Eines Tages besuchte uns ein Scheich aus Küfa, der mir erzählte von Mull' und den beiden Hammäd und anderen Schöngeistern von Küfa. speziell aber von Muli'. Der aber sei eine bedenkliche Persönlichkeit, vor dem man sich in acht nehmen müsse. Ein ähnliches Uiteil von Ihn Habib.

.A.lmiiu" lebte unter dem omajjadischen wie unter dem abbasidischen Kalifat.. Er war Hofmann bei dein Kalifen Alwalid b. Jazid und lobte dessen Bruder.

Muli' besiegt mit seinen Versen in Gegenwart eines Emirs in Küfa fünf Dichter: Sara'a b. Alzindaliüd' Jahja b. Zijäd. Wäliba b. Alhabbäb'*, Abdallah b. '.\jjÄs Almantüf und Uaminäd Agrad". Schamlosigkeiten dieser Dichterbande, zu denen auch ein Hakam Alwädi gehört; N'erhöhnung des Gebets, lu Küfa lebte ein Friseur namens \hü Alasbagh. ein Nabatäer, der einen sehr schönen Sohn A.sbagh hatte; Jahjä b. Zijäd tut ihm Gewalt an, N'erse \on Muti' darüber. Letzterer dichtet Spottverse auf seinen Vater, seine Zugehörigkeit zum Stamme Kinäna in Palästina.

35. Kloster des heiligen .lünän. Verse von Alhusain b. .\l(lal.ihäk und .\lkusägim. Letzterer heißt mit vollem Namen .\bü .\lfati.i Mahmud b. .\lhusain Alkätib.

' S. 'fabari I 981 ff.

'■' Kitäb alaghani XX 87, 88.

a S. Kniiiil I 266, 267.

* Kitall alaghäni, Index.

■• F,l>eridii XII 78 tr.

<■■ Kitall alaghäni XIII 73 m

' Hs. j_ya._,JI

" Ibn Qutaiba. Liber pcieseos et poetaiiuii S. 501. 15; 502, 10.

'^ Ibn Qutaiba ebenda S. 490.

Vom Klosterhuch des Sd/niMi. 41

36. Klostpr QiinuA. Verse von Ihn Guniliür, mit vollem Namen Abu Ali Muhammed b. Alliusain b. Gumhi'ir Alqummi. P> und seine Geliebte Rädamihr. Sein Vater über- lieferte in Basra die Traditionen über die Familie des Propheten.

Von Abdün b. Muklialiad, Sa'id b. Mukhallad und seiner Konespoiidenz mit der Sängerin Riq. Nach dem Tode des letzteren ging er nach dem Kloster Dair Qiinuii, lebte dort als Mönch und starb daselbst i. J. 310.

Von Sä'id b. Mukhallad, dem Wesir des Muwaüaq, von seiner täglichen Lebensweise und Vielgeschäftigkeit. Als er aus der Persis zurückkam, beklagte sich Muwaffaq über 'Amr b. Laith und über die Geringheit der Mittel, die zur Verfügung standen, um das Heer in Bewegung zu setzen; er verlangte, Sä'id solle die Mittel beschaffen, um den Rasid gegen den .Saffäriden marschieren zu las-sen. Sa'id weiß keinen Rat, Muwaffaq wird unwillig. SA'id will fliehen, schlägt seinem Herrn vor, daß er, Sä'id. wenn er nach Mekka und Medina ginge, dort vielleicht die nötigen Mittel aufbringen könne. Daraufhin läßt Muwaffaq durch seinen Sohn Abu Al'abbäs, den spätei-en Kalifen Almu'ta<lid, das ganze Vermögen des Sä'id in Sämmarrä, Bagdad luid anderswo einziehen. Einzelbericht des Ishäq b. Ibrahim Alkätib über den Sturz des Wesirs und den Wert des von ihm gesammelten Vermögens. Er blieb in Gefangenschaft bis 295, dann wurde er in den Palast des Ihn Tähir gebracht und ist dort gestorben.

37. Das Kloster von Kaskar. Vers«; von Muhammed b. Häzim ', der zu dem Wesir Albasan b. Sahl nach Wäsit zog und ihn in seinen Dichtungen verhen-lichte. Wie er auf einer Reise zur Annee des Alha-san b. Sahl bekannt wurde mit Muhammed b. Sa'id b. Salm Albähiii und durch ihn mit Alhasan b. Sahl. Der Dichter gab das W(!intrinken auf sein Verkehr mit Ibrahim b. Sakla; er dichtete nur noch über Bescheidenheit, Enthaltsamkeit, radel der Begierden. Nach der Erzählung des llamdun b. Jahjä hatte er zuletzt nur Freude an Katzen. Er dichtet Spottlieder auf einen 'J'ähiridcn. Bruch der Freundschaft zwischen ihm und Sa'id b. Mas'üd Alqutrabbuli. Der Dichter vor dem Kalifen Ma'mün, von dem er reichlich beschenkt wird.

38. Das Kloster von Alqusair. Verse von Abu Huraira b. Ali Al'isäni, Muhammed b. 'Äsim und Ibn Alzanbaqi Almisip.

39. Das Haiinäklostei'. Verse von Muhammed b. 'Asini und Sälih b. Müsä, dem Frei- gelassenen der Banü Tanu'm.

40. Dair N'ahjä. \'erse von 'Abbäs b. Albasri. Ei- stand im Dienste von Abu Alqäsim Unügi'ir b. AlikhJid. Wenn er mit letzterem ausritt, trug er wie die Richter einen grünen Tailasän. Er handelte mit Medikamenten in der Abdallah-Moschee zu Kairo.

41. Dair Tamwaih. Verse von Ibn 'Asim.

Den Klöstern 42-49 sind keine Exkurse beigegeben. 50. Die Kirche des "l'ür (Sinai). Verse von Al'äsim. Den Klöstern 51 54 sind keine Exkurse beigegeben.

Die Dichter, von denen Sabusti kleinere c)der gi'ößere ( Jedichtstücke zitiert, sind folgende :

Al'abbäs b. Alba.sri 41 , Abu Abdallah b. Hamdün AI- Abdal'aziz b. Abdallah b. 'lahii-

Al)dallah b. Al'abbäs b. Alfadl nadim 25. 28 28

b. Airabi' 25 '• Abdalrahmän b. Abi Qain 28

> Kitäl) alaghuiii XII 1581!'. Phil.-kiift. Ahh. 1MU. j\r. 10. «

42

S A (; HAU

Abu Al'ainiVi, d. i. Abi'i Ab- dallah Muhamniedb. Alqasim b. Khallad b. Jäsir 25. 27

Abii Ali Albasir 26

Ali b. Jal.ijii Almunaggim 22

Ali b. Miihanirned Alhimmäni Al'alawi 39

Ali b. Abi Uniajja 23

'Anir b. Abdalmalik 35

Aräsim 41

Ibn Asim 41

Abu Al'atahija 25

'Auf b. Muhallim Alkhu/ä'i 29

Bakr b. Khäriga 40

Alfadl b. Al'abbäs b. Alma'niün

34

Abu Gafna Alqurasi 25

Gah/-a 22. 25. 26

Ibn Gumbür, d. i. Abu Ali Mu- hammed b. Alhusain b. Gum- hür Alqummi 41

Härün 39

Alhasan b. Raga 25

Alhudähidi 23

Abu Huraira Ibn Abi Arisäin 41

Alhusain b. Aldahhak, d. i. Al- husain Alkhali' b. Aldahhäq Albähili 23. 25. 39. 40

Jahjä b. Kamil 25

Jahja b. Zijäd 40

Alkhablmz Albaladi 36 s. .Ta- timel 531

Khälid Alkatib, d. i. Abu Alhai- thani Khälid b. .lazid Alkätib 22

KuSägim, d. i. Abu Alfath Mu- bamiid b. Alhusain Alkätib 40

AUubbädi, d. i. Abu Bekr Ah- mad b. IMuhammed 37

Marwän b. Abi Hafsa 22

Muhalhil b. Jaraüt 37. 38

Muhammed b. Abdalmalik Al- häsimi 23

Muhanmied b. Ali 24. 26

Muhammed b. Äslm 41

Muhammed b. Alhärith b. Bas- khir 25

Muhammed b. Häzim 41

Muhammed b. Almu ammal Al- tä'i 25

Muhammed b. Abi Umajja Al- kätib 23

Mus'ab Alkätib 37

Alma tainid 26

Mu'tazz 34

Ibn Almu'tazz 25. 27. 28

Muli' b. Ijäs 40

Alnägini Abu Uthnian 26

Alnäsi 23

Abu Nu'äs 33. 37. 39. 40

Alnumairi, d. i. Abi'i Altajjib Muhammed b. Alqäsim Al- numairi 25

Ibn Alriimi 26. 28

Sälih b. Müsä 41

Alsanaubari 39

Abu Sa's 36

Abu Alsibl Alburgumi 25

Sulaimän b. Muhammed 40

Alsüli 26

Ibn Abi Tälib Almakfüf Al- wäsiti 39

Altharwäni, d. i. Muhammed b. Abdalrahmän Altharwäni

25- 35- 39 Ubaidallaii b. Abdallah b. Jä-

hir 27. 28 Abu Umajja Al'asamm 38 Ibn Alzanbaqi Almisri 41

Abu Abdallah b. Hamdüu 25.28 Abdurrahrnän b. Fahm 30 Ahmad b. Abdallah b. Isma'il

Almaräkibi 34 Ahmad b. Abi Duwäd 29 Ahmad b. Hamdim 34 Ahmad b. Khälid Alsarifini 22 Ahmad b. Sadaqa Almu-

ghanni 35 Abu Ali Alawnragi 27 Ali b. Jahjä Almunaggirn 22. 37 Ali b. Muhanuued b. Al)i Saif

Alnuulä'ini 38

\' e r 7. e i c h n i s der Erzähler:

I Abii Aramaithal 29 i Amr b. Bäna 25

Arib 34

Azzün 25

Bid'a 26

Alfadl b. Marwän 29

Ibn Farag 26

Algähiz 26

Gahza 27

Gaihän Alsi'i 29

Ibn Guddän 29

Ibn Habib 40

Ilanidän li. .lai.ijä 41

Hamdi'in b. Isma'il 22 Hän'm b. Abd-Al'aziz b. Al-

mu'tamid 34 Abu HaSiSa Altunbüri 24 Abu Häzim Alqädi 37 I Alhusain 1). Mus'ab 29 .Tanu'it b. Almuzarri' 26 Jäsir 29

Ibrahim b. Al'abbäs 32 Ibrahim b. Almudabbir 32. 37 Ishäq b. Jariih 26 Ishäq b. Ibrahim 41 Khälid Alkätib 22

Vom Klosterbuch (Irtt SäbuslL

4;}

Alkhuludi 29 Ihn Khurdadbih 24. 34 Maimün 1). IJammad 23 Muhamined l>. Ali 24 Muhammad I). Hä/Jni 41

Nasir 29

Ihn (^)udäma 27

Sa'd 1). Ibrahim AlkiUib 37

Alsah b. Mikäl 27

Sa id b. Ji'isul" 34

Sälih Alturki 39

Alsul! 26

rähir 30

fbaidallali b. Abdallah 29. 30

Al'ulbi 40

^\'e^ in der Lage ist, iiandschriftlich Werke von, dem 335 gestorbeneu Alsüli, der am Hofe der Kalifen Muktat'i und Muqtadir verkehrt hat. Iienutzen zu können, dürfte finden, daß aus dieser Quelle, vielleicht durch Vermittlung einiger Adabbüchei-, die meisten der geschichtlichen Nachrichten Säbustis herstammen.

Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.

¥

I

Prenß. Aknd. d. Wisscnscli.

l>liU.-hist. Abh. nun. Ar.l/.

Al.l.. I.

De Groot: Der Thupa.

Taf. I, Titelbild.

ABHANDLUNGEN

DER PREUSSISCHEN

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

JAHROANG 1919 PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE KLASSE

Nr. 11

DEH THÜPA. DAS IIEJLKrSTE HEILIGTUM DES BUDDII ISMUS IN CHINA

KIN BEITIUO ZUR KENNTNIS DP:K F:S0TF:RISCHEN LEHRE DES MAHÄYÄNA

VON

.1. .1. M. DE GROOT

Mir G TAFELN

BERLIN 1919

VERLAG DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

IN KOMMISSION BEI DER VEREINIGUNG WISSENSCHAFTLICHER VERLEGER WALTER DE GRUYTER II. Cd

VURXAI.S n. J (iÜS( HKN'SCHi: VEBLAGäHANDLLNO. J. ÜLITKNTAU, VKKLAGSBUCHHANDl.IINU UEORK RKIMKK. KARL J TrOBNER. VHT U. COMP.

Oelesen iu der Sitzung der philosophisch-historischen Klasse am 22. Mai 1919. Zum Druck eingereicht am 23. September, ausgegeben am 11. Dezember 1919.

MEINEM FWEUXDE IM) KOLLEGEN

l'KOF. I)H. FIUEDRICJl llIRTJl

Zl'M 7.-). LEBEXSJAIIK

Vorwort.

J_/as Wort Pagode, wahrscheinlich eine Abkürzung vom indischen Bud-kfitägära, »Buddlia- turm-, hat sich im Abendlande Bürgen-echt erworben und ist dort so allbekannt wie die Gebäude selbst, welche es bezeichnet. Nach Abbildungen dieser Türme schaui man sich in illustrierten Werken über China oder chinesische Kunst selten vergeblich um. Eine chinesische Landschaft ohne Pagode ist kaum denkbai'. Modelle von Pagoden fehlen in ethnographischen Museen und in Privatsammlungen chinesischer Kunstgegenstände fast nie. Es könnte somit überflüssig erscheinen, über diese eigentümlichen Türme zu schreiben, wenn es nichtdaiauf ankäme, zu bestimmen, zu welchen Zwecken sie denn überhaupt da sind. Hierüber sind zwar Gedanken, selbst plausible, ausgesprochen worden, jedoch Versuche, das Problem mit Berücksichtigung der chinesischen Literatur einer eingehenden Behandlung zu unterziehen, sind meines Wissens bisher nicht gemacht worden.

Der Erläuterung der düsteren esoterischen Lehre des chinesischen Mahäyänii-Buddhisnius, in de.ssen Bannkreis die Pagoden entstanden sind und als Heiligtümer der höchsten Ordnung immer ihre wichtige Rolle spielten, ist die Lösung des Problems, wie wir sehen werden, besonders förderlich. Noch immer besteht die bedauernswei'te Tatsache fort, daß das um- fangreiche iMid reichhaltige Gebiet dieser Weltreligion ein vernachlässigtes Stiefkind der Wissenschaft i.st, eine Tatsache, die sich auf das Unvermögen, chinesische (,)uellen gründlich zu bearbeiten und nützlich zu verwerten, zurückführen läßt. Mit Benutzung solcher (^)uellen die Bedeutung und die Rolle der Pagoden zu bestimmen, ist der Zweck dieser Abhandlung. .\u.sführliches über ihre Gestalt, Bauart und Konstruktion wird der Leser darin nicht finden. Verfasser ist nämlich nur dann hierauf eingegangen, wenn es zur Erklärung der Bedeutunj; und Rolle dieser 'Gebäude dienlich schien, denn juch in ihnen drückt sich durch Gestalt, Bauart und Struktur der Charakter aus. ,

Übei-setzungen von chinesischen Textauszügen sind in kleineren Buchstaben gedruckt. Alle Übersetzungen sind wortgetreu und keine Paraphrasierungen. i

tiber die angewandte Transkription chinesischer Schriftzeichen sei folgendes be- merkt: '

VI Vorwort.

Die Buclistaben haben im allgeiiieineii den Wert der hochdeutschen. Das s ist scharf : .s entspricht deutschem sc/i, und somit ist ts = tsch; c =: französisches _/; e ist das tonlose e (wie in Behuf). Aus ng (wie in singen) darf </ nicht herausklingen.

Auch in den Diphthongen ai, ao, ei, ia, ie, io, in, oa, oi, ou, tia, ue, i/i. iie behält jeder Buchstabe seinen deutschen Wert, jedoch ohne mit besonderer Betonung ausgesprochen zu werden^ weil jedes chinesische Wort einsilbig ist. Ao lauten also wie au; ia etwa wie_;a; ua ungefähr wie wa; ei aber nicht wie in Eile.

Der Spiritus asper ' gilt als Zeichen scharfer Aspiration.

Ein Haken ' am Ende eines Wortes bezeichnet einen verschluckten Endkonsonanten k, p oder (, wodurch das betreffende Woi't kurz ausgesprochen wird.

Berlin-Lichterfelde, September 1918. De Groot.

VII

Inhaltsverzeichnis.

Kapitel I. Seit,-

Der Thupa als Grabinonuinent 1

Alteste Berichte über Thüpa's. Ihre Bezeichnungen. Dei- Thüpa als Grab- monument in der Vergangenheit und Gegenwart. Verbrennung und Beerdigung der buddhistischen Geistlichkeit. Reliquienkult. Grabthfipa's für Nichtbuddliisten.

Kapitel II.

Der Thüpa zur Beisetzung' von Reliquien des Buddha . . . !)

Allgemeine Beschreibung der Thüpa's. Der l'orzellanturni von Nanking. Thüpiis von Lo-jang im ß. Jahrhundert. Der erste Reliquienturni Nankings. Reliquien des Buddha. Teile des Dhanna, des leuchtenden Weltgesetzes. Reliquienthüpa's, Tonne des Welt- lichts. A.soka-thüpa's. Verehrung der Reliquien des Buddha, auch durch Kai.sei-.

Kajiitel III. Der Thüpa, der Leuchtturm des Weltgesetzes . .29

Hauptsätze der esoterischen Lehre des Mahäyäna-Buddhi.sinus. Die ßuddiias als Weltlichtgöttor. Das Brahniajälasütra, das heilige Buch der höchsten Gebote, und Lo.sana, der Dharma, das Weltgesetz. Das W(^rk dei- Seligniachung in den Klöstern. Bilder von Heiligen und Göttern sind beseelt. Thüpa"s entsenden das Licht des Dhai-ma durch Vermittlung der Buddhas. Der Thüpa des T' im-ning-\\\itsi(irs. von Pa -li-tsiioug, der Insel Pu-t'o, des Tsing-kio- und des Pi'-J«n-Klo.stei-s, von Idikut-scharl. Der Borobudur.

Das Saddharmapundarikasötra, das heilige Ruch dei' Esoteriker. Der Welt- thnpa. Thron des Dharma, des Weltgesetzes. Esoterische Auflassung iibei' Selig- werdung, Buddhatum, N'irväna. Buddhas Verbrennung und Reliquien. Thüpa's, Heilig- tümer des Weltgesetzes und der Lichtbuddhas, und somit Vei'chrungsgegensfände. Ihr Licht und seine erlösende Wirkung. Eilö.senile rhüpaglöckchen unil KlosteTglockeii. Wün.sche und ihre Kraft.

Kapitel IV.

Förderung der seliguiachenden Wirkung der Thüpa's . . .

Beleuchtung der Thüpa's. Religiöse Umgänge um die Thüpa's liei'uni. Das darauf bezügliche Sütra der Glückszustände der Laufbahn zum Buddhatum. Einfachere Vorstellungen vom Glück, <las Thüjyas <len Wesen angedeihcn lassen.

Vlll Jnhaltsvrrznchnis.

Knpitel V.

Kleine Thüpa's 80

Sfitni's, Sntraverse und zauberkiäCtigc Formeln auf den Tlifipa"«. Tlifipa's der Mäniisibiiddhas. Metallne Thnpa's.

Ka|)itel VI.

Thupa und Geoinaiitik 8H

Der Mahäyäna-Buddhisinus, eine universistische Religion, gleichwie der Taoismus. Kinbezieliung der Thüpa's und Klöster in die taciistische Geoniantik, zur Sii-herung des weltlichen Glücks. Wasser und seine (iötter. F«ft^-i«?-Pagoden in der Umgegend von Peking. Konfuzianische Pagoden, l'agoden ohne religiösen Charakter.

Saeh- und Wortreg'ister .93

Erstes Kapitel.

Der Thüpa als Grabmonument.

DaÜ die Pagoden buddhistische Heiligtümer sind, ist ehinesischerseits unbestritten. Die größten und scliönsten sind Unterteile von buddhistischen Klöstern, und die Literatur des Zeitalters, das vor der Einführung des Buddhismus in China liegt, enthält kein Wort, das sicli auf Pagoden bezieht. Es ist aber bereit« von Pagoden die Rede in einem Bericht, der in die allererste Zeit des Bestehens des Buddhismus in China zurückführt und sich befindet im vierten Kapitel eines angesehenen, im 6. Jahrhundert ver- faßten Werks eines ^t/T^ '^<^'^9 •f('n-täi, das den Titel '^^ ^%_^ Im -jung ka-lam ki fvihrt, d. h.: »Beschreibung der Sanghäräma (buddh. Klöster) in Ld-jany^, der Reichshauptstadt unter der zweiten //««-Dynastie und dann wiederum von 493 an unter der zweiten |^ V^^/-Dynastie. Wir lesen da wörtlich folgendes im 4. Kapitel:

Das buddhistische Kloster des Weißen l'ferdes ist vom Kaiser BH Ming (58—75) der //«//-Dynastie errichtet worden. Im Anfang der Zeit, als Buddha ins Reich "der Mitte einzog, lag es drei li außerhalb des Tors des westlichen Sonnenlichts, südlich der kaiser- lichen Straße. Dem Kaiser träumte von einem goldenen Menschen, einen tiatig und sechs Zi'hntel lang, des.sen Schädel so klar leuchtete wie Sonne und Mond zusammen, und daß «■r eine Gottheit der Hu (Barbaren) sei, der jXjt IStt hieß. Er schickte Gesandte nach dem Westen, iiin ihn zu suclien, und diese erlangten heilige Schriflen und Statuen. Dann kam ein weißes Pferd mit diesen Schriften auf dem Rücken (nach der Haupt-stadt). und da^-oii leitete (das Kloster) seinen .N'ainen her. Als Kaiser Mint/ gestorben war, errichtete man auf seinem Grabhügel ein )fiJ^')H Jetavana (Klosterpark), imd seitdem hat man auf den (iräbem des Volks bisweilen ^B ^ p'u-td gebaut.

Oben im Kloster werden die heiligen .'>ichrift«n mit ihren Deckeln bis heute noch immer bewahrt, und stets brennt man ihnen Weihrauch und bringt ihnen Speiseopfer dar. Sie senden von Zeit zu Zeit ein Licht au.s, da.s unter dem Dach des Saals leuchtet, und deshalb werden sie sowohl von denjenigen, die den Weg zur Heiligkeit beschreiten, wie von dem I;Aientum genau so verehrt, als wenn die.se zum eigentlichen Antlitz, (des Buddha) emporblickten.

PhU.-hiKl. Ahh. lf>PJ. Ar.1/. 1

2 D E G R O O T :

Auch falls (lieser Bericht als eine apokryphe Überlieferung aufzufassen ist, so bleibt er dennoch wichtig als Beweis dafür, daß im 6. Jahrliundert, als das Ka-lam ki geschrieben wurde, der Glaube herrschte, daß zusammen mit dem Buddhismus in China Gebäude erschienen, welche mit den Klöstern dieser Religion zusammenhingen und Grabmoimmente waren. 3Ian nannte sie j^ m p'u-tö. Dieses Wort ist nichts anderes als eine Transkription von »Buddha« oder »Bud« und kommt auch vorluden Sclireibungen ^^ p'u-tö, # m put-tö, % ^ put-tö, fllJß put-to, ^ (ij put-tö, % ^ put-tö u. a. ; da.s K' any-hi-G\os.s'ÄY sagt dann auch ganz richtig: ^ [51 '^^-(fr,^ X^^n"^ pi^Ä|g|. Vu-iö ist die Lehre des Put (Bud|, und der fap (Tliüpal eines bud- dhistischen Klosters heißt ebenso pnt-td. In den '^ ^fß Put{Vu)-kuo' ki, »Schriften Über die buddhistischen Reiche«, welche die Wallfahrt des Pilgers '^0 Fa-him nach Indien beschreiben, die im frühesten Teil des 5. Jahrhunderts stattfand, werden religiöse Gebäude, welche er dort antraf, als jrÄ t'ap l)ezeichnet, und seither ist dieses Wort in China stets die meist übliche Bezeichnung der Pagoden gewesen. Es kann wohl kein Zweifel sein, daß dieses t'ap eine Wiedergabe des Paliwortes Thupa ist, zumal auch noch die Schreibung i^'^ t'ap-po vorkommt. Zu bemerken ist, daß das Zeichen jrÄ, ehe es als Transkription.szeichen in die Erscheinung tritt, wahr- scheinlich nicht bestand und also absichtlich zur Wiedergabe des Wortes Thupa geschmiedet worden ist. Daß man dabei das Klassenzeichen J^ ' »Erde«, mit dem phonetischen P'.lemente ^^ t'ap verband, mag seinen Grund wohl darin gehabt haben, daß die Thüpa's auch Grabmonumente und sogar massive, mit Erde ausgefüllte Bauwerke waren. Weniger sicher ist aber, weshalb in den allerersten Zeiten des Buddhismus in China die TJiüpa's daselbst »Buddha« oder »Bud« genannt wurden. Vielleiclit läßt sich das aus der Tatsache erklären, daß sie, wie wir sehen werden, zur Aufbewahrung von Reliquien und Bildern des Buddha dienten und somit dessen Geist und Seele, sein Wesen selbst, enthielten; oder, was wahrscheinlicher ist. es könnte auch die Benennung die Abkürzung eines mit dem Worte Buddha oder Bud anlautenden Ausdrucks sein, wofür Bud-kütägära, »Buddhaturm«, zu allererst für uns in Betracht kommt. Die Benennung p'u-tö ist durch das viel mehr gebräuchliche t'ap nie verdrängt worden, hat vielmehr ihren Platz in der Literatur immer behalten, sogar als viel vornehmerer Aus- druck, weil er nicht bloß älter, sondern auch aus klassischen Schriftzeichen zusammengesetzt ist.

Di)- Patjodrn in (.Itimt. 3

Bekanntlicli liaben in Indien von alters her Gebäude mit Stockwerken bestanden, zum Teil von beträchtlicher Höhe, deren Herkunft sich in der Nacht der Zeit verliert, und die Stüpa, Pali: Thüpa, liießen. Sie waren freistehende Bauwerke im Bannkreis buddldstischer Klöster, waren bald massiv und somit unzugänglich, bald hohl und dann absichtlich unzugäng- lich gemacht. Nach /)rthodoxer Auffassung waren sie zur Aufbewahrung von Reliquien größerer oder kleinerer Heiliger bestimmt: jedoch viele sind diesem Erft>rdernis nicht gerecht geworden und sind somit keine wahren Dägob oder Dhätugarba, »Aufbewahrungsstätten von Elementen«, d. h. von Reliquien, gewesen, sondern Monumente zur Erinnerung an wichtige Ereignisse, welche an der Stelle, wo sie standen, stattgefimden haben sollen. Jeder Dägob war somit ein Stüpa, allein jeder Stüpa nicht ein Dägob. Weiter ist es eine wohl bestätigte Tatsache, daß bereits in den alten Zeiten des heidnisclien Indien daselb.st kulya oder ?>dhügel bestanden, worin Knochenreste verbrannter Leichen aufbewahrt wurden. Auf solch einem kulya wurde wohl ein Hügel aus Mauerwerk oder eine Säule er- richtet, oder man kennzeichnete auf diese Weise die Stelle, wo der Scheiter- haufen gestanden hatte. Wie es mit allen Gräbern lieidnischer Völker der Fall war, trugen solche kulya einen geweihten Charakter, und es liegt nahe, daß sie die («rundform des Dägob gebildet haben: denn die Kuppel des Dägob ist die Weiterentwicklung des Grabhügels, die Mauern des (iebäudes sind der Kreis von Steinen, die Säule, welche den Dägob krönt, ist die auf dem Grabhügel eingepflanzte Stange'. Wir werden sehen, daß in China die t'up sowohl den Charakter eines (Grabhügels wie den des Däg:ob oder des Thn[)a tragen, und daß die Voraussetzung, sie seien mit (lern Buddhismus nach China hineingebracht, auch hierdurch ihre Bestä- tigung erfährt.

Gewiß rechtfertigt der auf S. i wiedergegebene Auszug aus dem Werke Ober die Klöster von Lo'-jnny die Annahme, daß schon in der Zeit der zweiten //a/j-Dynastie der stark im Fortschreiten begriffene Mahäyäna- Buddhismus nach China die Sitte brachte, die Gräber mit Tliüpas aus- zu.statten. Einzelheiten über Form und (Jröße dieser Monumente scheint die derzeitige Literatur nicht zu bieten, und somit dürften sie wohl von einfachem Bau und nicht auffälliger (Größe oder Schönheit gewesen sein.

Kkrn, -Gcvscliieilfnis van lict Biuldhisnie in Indir-, Buch III. Kap. VI, 3.

1*

4 U E G K O O T :

(Tewiß zierten sie hauptsäclilich, wenn nicht ausschließlich, die Gräber der Geistlichkeit, gleichwie es auch jetzt noch der Fall ist. In der Tat sind die, Heiligen der Kirche, von deren stofflichen Überresten |^ im oder ^ liny, d. h. »göttliche Wirkung«, ausgeht, so daß diesen als ^ ^Ij Sarira oder Säririka, d. h. körperlichen Überresten, Verehrung gebührt, fast aus- nahmslos im Kreise des Mönchtums zu finden, das durch Befolgung der religiösen Disziplin der Kirche den breiten Weg (Mahäyäna) zum Buddha- tum beschreitet und auf demselben schon während der Lebenszeit den heiligen Zustand des Bodhisattva, des «zur Weisheit erwachten Wesens«, erreicht.

Die in den Umgebungen der Klöster liegenden Gräber vornehmer Mönche sind zumeist mit einem kleinen achtseitigen, jedoch auch wohl sechsseitigen Thüpa aus Stein oder Mauerwerk geschmückt (s. Titelbild, Abb. i). Dieser ruht auf einem acht- oder sechsseitigen Sockel mit Gesims und Wulst, und dieser Sockel steht auf einem erheblich breiteren, teilweise im Boden ver- senkten steinernen Unterbau. Ein einziges wie ein Zeltdach behauenes Stück Werkstein deckt den Thüpa; oder dieser ist oben einfach abgerundet (s. Tafel II), was seinen ursprünglichen Charakter als Grabhügel mit voller Schärfe zum Ausdruck bringt. Es gibt auch quadratische Thüpa dieser Art. Diese tragen als Dach eine über die vier Seiten vorspringende imd nach unten rund zugehauene quadratische Steinplatte, worauf sich im Mittelpunkt auf einem Sockel eine runde Stange aus Werkstein erhebt, die häufig so hoch ist wie der Thüpa selbst, wenn nicht noch höher, und die sich häufig sehr wenig oder gar nicht verjüngt. In gleich großen Ent- fernungen sind darin horizontale, gleich große Einschnitte angebracht, so daß die Stange aussieht wie eine Achse, auf der eine Anzahl gleich dicker Ringe aufgereiht sind, und zwar in Entfernungen, die der Dicke der Ringe gleichkommen. Diese Ringe sind häufig bauchig und in großer Verschie- denheit stilisiert. Die Stange vergegenwärtigt offenbar die auf dem Grab- hügel eingepflanzte Stange alter Zeit, und ihre Gliederungen deuten wohl darauf hin, daß hauptsächlich Bambus für Grabstangen verwendet wurde, jene eigentümliche Holzart also, welche in allen warmen Ländern, wo sie gedeiht, stets in allererster Linie das unübertreffliclie Material fiir Stangen aller Art liefert. Wie noch darzutun ist (S. lo f.), ist diese Grabstange bedeutungsvoll, weil sie die Grundform der gegliederten großen Pagoden ist, die ma. zur Beisetzung von Reliquien des Buddha erj-ichtet hat, und

Pmiß. Akafl. rl.Wis.ipnf^c/i.

I'h>L-hist. Mih. IUI 9. -Y;-. //.

Die Pagoden in Cliina. . 5

ihr Vorhandensein zeigt, daß wir im Thüpa, der sie trägt, den Grabhügel und in dessen Sockel das Grab zu erblicken haben'.

Die Höhe solcher Grabfhüpas mag wohl ein bis drei Meter betragen. Viele sind unter Aufwendung- von großer Sorgfalt aus den vortrefflichsten Materialien Majolika, Werkstein oder weißem Marmor erbaut und zeigen, was Bearbeitung und Verzierung betrifft, große Verschiedenheit. Viele haben ein achtteiliges Zeltdach aus glasierten Ziegeln und darauf einen Abschluß- knauf, der einem bauchigen Toi)f, einer Urne oder Vase auf Fußgestell ähnlich ist. Große Klöster haben wohl einen Friedhof, wo solche Thüpas mitten im Gebüsch und Hain reihenweise aufgestellt sind, und wo somit die heilige Kraft der vornehmsten und seligsten der Brüderschaft dem Kloster Schutz und Segen angedeihen läßt" (s. Titelbild, Abb. 2). Der Pilger Fa^-him (s. S. 2) verzeiclinet solch einen Friedhof von Thüpas am Schluß des 13. Ka- pitels seines Reiseberichts, wo wir lesen:

Mehr als 400 Schritt westlich vom Schatten (des Buddha) rasierte (sich?) Buddha, als er sich da befand, die Haare ab und schnitt sich die Nägel, >ind er selbst baute dort init seinen .lungern einen Thüpa, 7 8 lianc/ hoch, damit dieser das Modell für alle künftigen Thüpas sei. Er besteht noch immer, und daneben liegt ein Kloster, worin über 700 Geistliche wohnen. An dieser Stelle stehen Thüpas von Arhats und Pralyekabuddhas, über tausend an Zahl.

In der Umgebung Pekings haben viele Totenthupas die Gestalt einer runden, bauchigen Vase oder Urne, die sich erliebt auf dem vier- oder achtseitigen Sockel mit Sims und Wulst und einen Sockel mit der Stange trägt. In vielen von diesen Fällen ist die Stange von der schon beschrie- benen erheblich verschieden : sie ist nämlich unten breit und verjüngt sich kegelartig; schmale Einschnitte teilen sie in horizontale Kegelschnitte gleicher Höhe, die somit als ebenso viele DScherchen aufeinander ruhen. Ganz oben trägt diese Stange eine ringsum vorspringende Kappe, auf der als Abschluß eine Figur wie ein Flaschenkürbis auf Fußgestell ruht, (ierade unter diesen Vasenthupa-s trifft man besonders schöne, welche aus weißem Marmor und mit einem schönen Marmorgeländer umgeben sind. Daß ihre Form der der tibetischen Thüpas entspricht, ist augenfällig, imd sie ist vielleicht wohl als eine Nachahmung derselben zu betrachten. Den-

' Schöne Abbildungen und Beseht eibungen von Mönchsgräbern gibt Boerschmann in Die Baukunst der C'hinesen- I, 8. 175 ff.

■■' Zwei interessante photographische Abbildungen eines Klosterfriedhofs findet man unter Nr. 829 und 830 in Chavannks »Mission archiMjlogjqiio dans la ('hine septentrionale".

(5 DK (Jroot:

iiüdi erhebt sieh die Frage, ob diese Bauart nicht ihren Ursprung der Urne oder der Vase verdankt, welche die Reste der verbrannten Leiche ent- hält. Diese befinden sicli zumeist innerhalb des Thüpa hinter einer in der Vorderseite eingesetzten Steinplatte, auf der eine Inschrift bekundet, von welchem Geistlichen die ;^^, »(zur Weisheit) erwachteSeelenkraft«, stammt, welche jetzt in dem Thüpa wohnt.

Viele Leichen von Mönchen werden nicht verbrannt, sondern in sitzen- der Haltung in einer speziellen Art von Särgen, welche wie ein Schrank aussehen, in einem Raum unter dem Thüpa beigesetzt. Dieser Raum l)e- steht auch wohl aus zwei oder drei Kammern, jede für eine Leiche und mit einem Thupa; oder der Raum enthält mehrere Urnen, jede mit den Überresten einer verbrannten Leiche, und trägt nur einen gemeinschaftliclien Thupa. Im übrigen sind solche gemeinschaftlichen Gräber, insonderheit im Süden des Reichs, ausgestattet wie Gräber des Laientums, namenthch mit einer niedrigen Mauer im Halbkreis auf der Rückseite, einem offenen Raum mit Opfertisch in der Front, usw. (s. Titelbild, Abb. i , und Taf. II, zu S. 4).

Gewiß wurde nicht immer jedem verstorbenen Möncli ein eigener Thüpa errichtet. Diese Ehrung wird wohl immer solchen vorbehalten ge- blieben sein, die im Kloster eine führende Stellung einnahmen und im Ruf großer Heiligkeit standen. Die Überreste der durch Verbrennung ins Jenseits Eingegangenen hat man in oder unter einem gemeinschaftlichen Thüpa beigesetzt. Auf solch ein Verfahren weist der folgende Bericht hin, der im ]?J^^^xil Jtu-jang tsa' t-^u vorkommt, einem interessanten, aus Abhandlungen verschiedener Art zusammengesetzten Werk des 8. Jahr- hunderts, und zwar in der ^^, »Angefügte Sammlung«, in einer ^i^gß, »Abhandlung über buddhistische Klöster und Thüpas« :

Das buddhistische Kloster des Herrn Tiao King im Viertel Sang-lo wurde im 3. .Tahre lier Ä"(7(-A»/a!'(</-Periode (583) der S/j-Dynastie gestiftet .... Unter einem Thupa lagen dort drei Scheflel und vier Finten Sarira's. Als man den Thüpa fortschafTte, errichtete der Mönch Sou-hing eine Altarstätte zur Verrichtung von religiösen Zeremonien und brachte die Sarira's zum Vorschein, um sie vor den Notabein und dem Volke zur Schau zu stellen: aber noch ehe er mit seinen Lobliedoi-n fertig war. wurden allerseits auf di>m Boden ."^arird's sichtbar, so daß die Notabein und Frauen sich scheuten, darauf zu treten und sämtlich das Kloster verließen. Smi-hing verfertigte darauf etwa hunderttausend l<leine Thüpas aus Ton und Holz zur Beisetzung der Sarira's, und jetzt sind von diesen Thüpas noch einige Zehntausend vorhanden.

Das Beisetzen der tiberreste verbrannter Klostergeistlicher unter Thüpas

ist ohne Zweifel ein religiöser Brauch, der, gleichwie der Buddhismus und

Die Pagoden m China. 7

seine Feuerbestattung, aus Indien herstammt. Einen Beleg (Jafür bietet die Mitteilung des Fa'-him, daß er im Reiche Singhala (llß-J--) oder Ceylon von der Verbrennung eines heiligen Geistlichen Zeuge war, nach deren Ablauf" man JJ5(^ Bt"^* kIÜ^^^ '"^ Überresie sainmelte, die Knochen daraus nahm nnd dafür einen Thnpa eiiichtete. Es liegt SOmit in Clllua dem Wort t'dp oder t'ap-po als Transkription von Thüpa in allererster Linie der Begriff" Grabhügel zugrunde, und das wertvolle Sammelwerk über den Buddhismus, der ^^^^y|v Fa'-jnanMu-lin, » Perlen wald im Park des Dharma«, eine von ^jSiöl ^(ikija Tao-äi 668 vollendete Sammlung von allerhand buddhistischen (xegenständen, hat daher vollkommen recht, wenn es schreibt (Kap. 37 Bl. 7): ^^i:^^^!^ ^irÄj^l jlt^v'^-'Ä" "'"^ '"^" '"^' '""' "'"^^ ""^' '"P'i" nennt, da.s sind viereciiige Grabhügel.

Schon seit Jahrhunderten sind in ( hina die Grab- oder Aschenthupas auch bezeichnet worden durch das Wort iat, das ^|] geschrieben wird. Das Ä"V/H(/-/(/-Glossar sagt: ^.^±^iL^^^M^M-f'^\SM^ Gräher

der buddhistischen Geistlichkeit, worauf man eine Säule errichtet nnd worin man Sarira aufbewahrt, heißen auch sai. Oline Zweifel ist dieses Sat nichts anderes als das indi.sche Caitya, das Heiligtümer im allgemeinen bedeutet. Das Zeichen, das es wiedergibt, ist gewiß zu diesem Zwecke geschmiedet worden, denn es kommt in den klassischen Schriften nicht vor, und ihm ist mithin seitens d(!r geschulten Literaten das Bürgerrecht stets abgesprochen worden.

Oberflächlich könnte es den Anschein erwecken, daß der Buddhismus den Kult der Reliquien des menschlichen Kör{)ers als ein ganz neues Element in die Religion Chinas eingeschaltet habe. Tatsiichlich aber ist das keineswegs der Fall, denn gewiß waren auch in China die (iräber von alters her wegen der darin ruhenden menschlichen Überreste heilige Stätten. So gut wie nocli heutzutage, muß auch in vergangenen Zeiten dort die Oberzeugung geherrscht haben, daß die menschliche Seele den Körper nicht verläßt, wenn dieser als Leiche im Grabe ruht, sogar nicht, wenn die Verwesung ihr Werk getan und nur noch Knochenreste zurück- gelas.sen hat. Das Grab ist somit ein Heiligtiun, wo die Lebenden der Seele des Toten Opfer und Verehrung darbringen, sie um Segen und Hilfe anflehen; es ist ein Heiligtum also, das .Segnungen entsendet, welche das iV'rt oder ling des Toten, sein Geist, die Kraft seiner wirkenden Seele (vgl. S. 4), spendet. An diese Glaubenssätze unlöslich gefesselt, hat der menschliciie Geist in China sieh ein Sy.stem der Leichen be.sorgung und

S I) E (i R o or :

des Toteiikults gescliafien, von so holier Kntwicklung, daß kein anderer Teil der Menschheit ein gleiches aufweisen kann. Der Kultus menschlicher Überreste oder Reliquien, wurzelnd in der Überzeugung, daß diese beseelt sind und mithin Wunderkraft besitzen, war somit in China wahrscheinlich schon uralt, als der Buddhismus ihn durch den Kultus der Reliquien seiner mittels Feuer ins Nirväna geschickten Geistlichkeit um ein kleines ausdehnte und überdies noch Sarira's des größten und heiligsten aller Menschen, des Huddha selbst, als Eropagandamittel höclister Ordnung dazu gesellte. Sogar die viel größeren und höheren Thüpas, wel(;he die Kirche zur Beisetzung dieser allcrheiligsten Reliquien erl)aute, waren im Grunde nichts Neues, denn sie waren, wie jetzt darzutun ist, von den für die Gebeine und Asche der Geist- lichkeit errichteten Tlnipas im Grunde nicht verschieden und somit, gleichwie diese, Grabhügel in der vollendeten Form. Daß sie aber viel vornehmere Heiligtümer der Mahäyäna-Religion wurden, versteht sich von selbst.

Bevor wir nun zu diesen Reliquienpagoden übergehen, sei nocl» er- wähnt, daß Beerdigung \inter oder in solch einem Monument auch wohl ausnahmsweise niclitgeistliclien Per.sonen zuteil wurde. Wir lesen z. B. in den ^j^^ Kiu T'ang su oder »Alten Geschichtsbüchern der T'ang- Dynastie« (Kap. io8 Bl. lo) und in den ^|^^ Sin Tang äu oder »Neuen Geschichtsbüchern der rVm^-Dynastie« (Kap. 126 Bl. 1 2), daß der hohe Staatsdiener /fi y5!| ilü Tn Hung-tsien, der 769 oder 770 starb, sich auf dem Sterbel)ett von buddhistischen Geistlichen das Haar abrasieren ließ und seinem Sohn befald, ihn nach ausländischer Art unter einem Thupa zu beerdigen. Nach denselben »Alten Büchern« (Kap. 150 Bl. 4) starb 782 das vierjährige Söhnchen des Kaisers f^^ ^^ Tsvng, und darauf befahl der Kaiser, ihm kein Grab zu machen, sondern nach der Sitte des Westens ihm einen Thiipa zu bauen. Als dann jedoch ^-^ Li T§ao, der Minister für das Ritual und das Zeremoniell (jlgf^), ihm einredete, daß es nicht anginge, bei einem kaiserlichen Prinzen von der uralten und orthodo- xen Bestattungsweise abzuweichen und indischen Thüpas den Vorzug zu ge})en, nahm der Kaiser seinen Befelil zurück. Derselbe Kaiser ließ auch, wie sowohl die »Alten Büclier« (Kap. 138 Bl. 14) als auch die »Neuen« (Kap. 152 Bl. 4) es uns in der Biographie des Zensors ^^^ Kiang Kung-fit lehren, seine geliebte älteste Tochter, die im jugendlichen Alter starb, unter einem Thfipa aus Backstein l)estatten. Es ist wohl über- flüssig, noch mehr solche Beispiele aus chinesischen Schriften heranzuziehen.

Picyß. Akrnl. d. Wis-irmich.

Phil.-lust. Ahh. i;ii;i. .\r. 11.

l)it PiHjodcn in ChiiKi. 9

Zweites Kapitel. Der Thüpa zur Beisetzung von Reliquien des Buddha.

Die Heiligtümor, welche sich die Mah;lyäiia-Kirche in China zur Bei- setzung von Reliquien Buddhas erbaut hat, entsprechen also den indischen Dhätugarba oder Dägob (s. S. 3), und kraft dieser Reliquien sind sie Häuser der Seele, des heiligen Geistes des Herren, folglich Heiligtümer höchster Ordnung, erster Größe und Schönheit. Da man immer bestrebt war, sie bis zu überragender Höhe aufzufiihren, so sind sie in Wirklich- keit Bud-kiitägära, »Buddhatürme«, also Pagoden (vgl. S. 1).

Eine Pagode oder ein Thupa erster Ordnung (s. Taf. Uli) ist in der Regel ein regelmäßig achteckiger, hohler, stumpfer Obelisk aus mörtelge- bundenen Mauersteinen oder Steinquadern, mit einer immer ungeraden An- zahl Stockwerke, durch hölzerne Fußböden gebildet, deren Höhe sich gleich bleibt oder gleichmäßig nach oben hin verringert. Das Erdgeschoß zählt nach chinesischer Auffassung als Stockwerk mit. In vielen Fällen bildet jeder Stock einen quadratischen Raum, weil die Mauern des Obelisks mit Absicht so konstruiert sind, daß sein hohles Innere die Form eines geraden Prismas jnit quadrali.scher Grundfläche hat. Man hat auch Pagoden an- getroffen, von denen nur die höheren Stockwerke innen quadratisch sind.

Jeder Raum hat in der Mitte der acht Wände je eine viereckige oder gewölbte Öffnung, die abwechselnd Fenster oder Tür ist. Es kommt aber auch vor, daß in jedem Stock vier Wände abwechselnd keinerlei Öffnung haben, und auch, daß, wahrscheinlich auf (ii-und mystischer Ansichten der Baumeister oder der Geistlichkeit, Türen und Fenster unregelmäßig ange- bracht sind. Ajif jedem Stock bieten die Türen Zugang auf einen Balkon, der den Olielisk umgibt und mit Brüstungen versehen ist. Unmittelbar initer jedem Balkon ist ein vorspringendes Dach angebaut, das auf Wand- kapitälen ruht und, wie es in China allgemein bei den Dächern großer Tempel und Palastgebände der Fall ist, an den Ecken sich etwas aufwärts biegt. Mitliin schlingen sich die Dachlinien girlandenartig um die Pagode herum und verleihen ihr die eigentümlich(! Eleganz und Schönheit, die sogar das abendländische Kunstgefuhl angenehm berührt und durch die zier- lichen Wandkapitäle und die glasierten, farbigen Dachziegf^l noch erhöht Pl,il..hhl. Abh. min. Nr. II. •-'

10 I) E G R O O T :

wird. Die Dächer sind liäiiptsäclilicli aus llolz, ebenso wie die Balkone und ihre Brüstungen.

Die Mauern der Pagode sind unten dick und schwer und werden nach oben hin dünner, und zwar, weil sie auf der Außenseite sicli etwas zurück- neigen und überdies auf jedem Stock an der Stelle, wo sich der Balkon befindet, ein wenig zurückspringen. Die Verjüngung der Pagode ist also auch stufenartig, und es ist daher spraclilich vollkommen richtig, daß die Ohinesen die Stockwerke ^ /«< , »Stufen«, nennen, obzwar daneben auch die Benennung ^ tseity, »Stockwerk« oder »Schicht«, durchweg bräuch- lich ist.

Das Erdgeschoß ist in der Regel liöher, in manchen Fällen sogar viel höher als die übrigen Stockwerke. Es hat in der Mitte einer Wand den Hauptehigang, oder es gibt zwei solche Eingänge einander gerade gegen- über, sogar wohl einen in vier oder in allen AVänden. Hier führen hölzerne Wendel- oder Zickzacktreppen, auch wohl Leitern, zu den Stockwerken hinauf. Diese sind als Kapellen zu bezeichnen, insofern sie einen Altar mit der Statue eines Buddhas oder mit mehreren Heiligenbildern enthalten, oder insofern solche Bilder dort in Wandnischen untergebracht sind. Auch befinden sich in der Regel Bilder in Nischen auf den Umgängen. Der ehemalige sogenannte Porzellanturm von Nanking (s. S. i i f.) soll auf jedem Stockwerk durchschnittlieh etwa zweihundert Bilder enthalten haben, alle schön vergoldet: und der Thui)a des ;;j(^^ Fc-sr, des »Nordklosters«, von irfi^j'l'l Su-tsou, zählt wohl fünfhundert'.

Die Bauart des Buddliaturnis zeigt also deutlieh, daß er einfach eine Weiterbildung des Grab- oder Aschethüpa der (Geistlichkeit ist; vergegen- wärtigt doch eine um den ganzen Turm herumgelegte viereckige Terrasse aus Werkstein das Grab, das Erdgeschoß des Turms den (Grabhügel und der gegliederte Turm die (irabstange. Ein achtteiliges, mit glasierten Ziegeln gedecktes Zeltdach aus Holz, das, auch was den Abschlußknauf betrifft, dem auf S. 4 erwähnten Zeltdach der Grabthüpas ähnlich ist, krönt den Turm. Daß dieser im (Grunde ein Grabtlnipa ist, zeigt auch noch ins- besondere die Tatsache, daß er häufig oben auf dem Dach die auf S. 4 erwähnte (Jrabstange trägt, wenngleich in etwas modifizierter Form und verschiedenartig stilisiert. Sie ist zumeist aus Eisen oder Bronze, bestellt

' W. C. MiLNE, »Pagodes in China-, in den ..Transaptions of the China Branch i)f the Royal Asiatic Society- 1855, S. 32.

l)'u- Puyoden in China . ] 1 1

vielfach aus um eine Stange befestigten Reifen oder Ringen und trägt einen Absclilußknauf in Gestalt eines Flaschenkürbis. Sie trägt auch wohl ganz obenauf einen platten Sonnenschirm aus Metall mit vertikal nieder- hängendem Rand; oder sie besteht bisweilen aus mehreren derartigen Schir- men, übereinander um eine Stange gereiht. Ketten verbinden den Gipfel der Stange mit den Ecken des Daches. Da nun die gegliederte Pagode schon an sich die Grab.stange darstellt, so soll anscheinend die (üpfelstange den Zweck erfiillen, die Zahl der Gliederungen der Pagode und damit auch ihre Höhe auf bequeme und billige Weise zu vermehren. Für diese Hy- pothese spricht z. B. die Pagode von ^ j"!"! Kiu-ison in ^an-tuny\ die an Stelle der Stange eine zweite schmälere Pagode derselben Bauart trägt, die aus sechs weniger liohen Stockwerken besteht und somit die Zahl der Stockwerke von 7 auf 1 3 vermehrt.

Die schönsten und größten Pagoden entsprechen zumeist der hier gegeltenen Beschreibung, auch der sogenannte Porzellan türm, der außer- halb der Südpforte Nankings, der ^5f f^ Tsii-pao m/n, stand und in meinen Jugendjahren noch als eins der Weltwunder gerühmt wurde. Die '/lT/f5^/^> Kiantj-^niny fu tSi, »Denkschriften des Bezirks Kinng-ning*, teilen im 10. Kap. (Bl. 6) mit, daß im 10. Jahrhundert auf der Stelle ein zer- trümmertes Kloster lag, nlas, als die Sw«^-Dynastie herrschte, wieder- liergestellt wurde und dann ^)|?'|^' "Kloster der Periode Ti^^n-hit (10 17 bis 1022), hieß. Der dabei in der Periode |^^ Siang-fu (1009—17) auf- gefiilirte Thiipa hieß S^,(^i^^ Sing-kan t'a'. In der ^Jf Ti^i-Uiug-VevioAa (1341 68) der Mongolendynastie fiel das Kloster einem Brande zum Opfer. Dann befahl im 10. Jahre der ^^ J?/«</-/o'-Periode (1412) der Miny- Dynastie der Kaiser Jjjf] ^j}^ Ti'iny Tsu dem Ministerium der Werke, daselbst einen neun Stockwerke hohen Thüpa aus ^tij^ Uu-li, glasiertem Porzellan, zu erbauen, und zwar nach einem vom Hofe gemachten Entwurf Im sechsten Jahre der Periode ^f^, Si/rn-tr' (1431) war das Kloster fertig, und der Kaiser schenkte ihm den Namen ;Acfßy^^ Ta-pao-ngm .«r, »Großes Kloster zur Vergeltung von Gnaden«. Es brannte in der ^^ Kia-tsing-Yeriode (1522 67) ab, aber die Pagode entkam den Flammen mit knapper Not, und es dauerte dann bis ins dritte Jahr der Periode K'ang-In (1664). bis Gelder für den Bau der großen Klosterkirche eingesammelt wurden. Zwanzig

' Abgebildet bei Hesse- Wartecc!, -Scbantung und Deutsch-China«, und bei MCnstkr- iiEHc;. -fhinesische Kunstgeschichte- II, S. 29.

12 I) i: Gküot:

Jahre später besuchte der Kaiser auf der Reise das Kloster und bestieg die Pagode: und zum Andenken an diesen holien Besuch wurde ganz oben eine Tafel angebracht, die eine Inschrift trug, wofür der Kaiser eigen- händig das Modell geschrieben hatte. Auch schenkte er eine vergoldete Buddhastatue und ein Exemplar des ^I^|J|^ Vajrasütra, die beide im Turm den Ehrenplatz erhielten. Im 38. Jahre der Regierung desselben Kaisers (1699) ging die Pagode durch Feuer zugrunde, und für den Wieder- aufbau stellte der Kaiser Geldmittel zur Verfügung.

Soweit die chinesische Quelle. Aller Wahrscheinlichkeit nach ver- nichtete das Feuer nur das Holzwerk und ließ die Mauern unversehrt, und darauf hat Ehrfurcht für alles Alte den Wiederaufbau des Thfipa im alten Stil veranlaßt, so daß er sich bis zum endgültigen Untergang, als die T'ai-p'ing-RahaWion Nanking in Trümmerhaufen verwandelte, in der Gestalt zeigte, die die Entwürfe des Jahres 1412 ihm gaben. Dieser wahrschein- lich allerschönste Thüpa, den China je besaß, verdankte also seine Praclit in erster Linie der buddhistischen Gesinnung des Kaisers Ts'inff Tsii, den gewiß die Ehrfurcht für den Geist seines Vaters beseelte, des Stifters der Dynastie, der ein buddhistischer Mönch gewesen war. Der Vater hatte Kiang-7iing zur Hofstadt gemacht, und der Sohn ließ es, als er Peking zur Hofstadt erhob, ehrerbietig als »Hofstadt des Südens« (Ntm-ki/i^) be- stehen.

Einen ausführlichen Aufsatz über das Prunkjiiwel dieser zweiten Reichs- liauptstadt schrieb der Gelehrte ^'/If" Tä'm /, der in der Periode JEf^^ 'Jsing-tfi' (1506 2 i) den tsin-§i-Gr.\d erwarb, und über den ein Lebensbericht vorkommt in Kap. 286 (BI.19), der ^^ Ming si, » Staatsgesehichte der Jim^- Dynastie«. Dieser Aufsatz befindet sich im T u-Su tsi'-ti'ing, im 123. Kap. des Abschnitts jjil|)^^:. Er lehrt uns, daß Tsing Tsu dekretierte, daß der Ziegeleibetrieb im ganzen Reich sein Allerbestes aufbieten sollte zur An- fertigung von lin-U in den fünf Hauptfarben. Weiter lesen wir da, daß jede der acht Seiten des Thüpa 5 ^ sin, also 40 ts'i oder etwa 13m lang war, der Turm 9 Stockwerke besaß und iimen quadratisch war, und daß die Wände des Erdgeschosses Abbildungen der P3 ^ 3E "Könige der vier Welt- gegenden« zeigten. Die eiserne Gipfelstange trug Scheiben und Schüsseln und obenauf eine vergoldete Perle. An den eisernen Bändern der Stange liingen Glöckchen, wie auch an den Konsolen der Dächer. Die Zahl der %m. '• Korblampen., betrug 144. H^i* f^lüM, #^ f^ 1^, ^^=1]

Die Paijoden In China. 1 8

^W yC ^ ÜH ^ ^ ffi A Im ^ f^l W S ; '"lie Windglöckchen waren i o li weit liörbar. und wenn sie sich in regnerischen Näcliten klingend be- wegten, dann gingen die Sarira als eine Anzahl von leuchtenden Perlen (Elmsfeuer!) der Reihe nach zwischen den Scheiben (der Gipfelstange) her- aus und herein, einen Laut von sich gebend«. Innen führten Wendel- treppen zu den Stockwerken hinauf Daselbst waren die vier Wände mit fein gearbeiteten Bildern von Buddhas bedeckt, auf jeden Quadratfuß eins, und darüber zogen sich schöne Plafonds hm. In den Fenstern hingen Laternen aus dünnen Austemschalen.

Taylor, einer der letzten Ausländer, dem es vergönnt war, den Thfipa zu sehen, schrieb:

"A comparatively small portion of it is white. Green is the pre- dominant colour, from the fact that the curved tiles of its projecting roofs are all of this colour, while the woodwork supporting these roofs is of the most substantial charaeter and, in the peculiar style of Chinese archi- tecture, curiously wrought and richly paintcd in various colours. The body of the edifice is bullt of large, well-burnt brick, and on the external surface they are green, yellow. red, and white. The bricks and tiles are of vcrj' fine clay nnd highly glazed, so that the tower presents a most gay and beavitiful appearance, which is greatly lieightened when Seen in the reflected sunlight. '" Aus diesen Zeilen erhellt, wie die Be- nennung »Porzellanturm» zu verstehen ist: das Porzellan war das zwei- mal genannte liu-li, dasselbe weiße, farbig glasierte, harte 'I'onmaterial, woraus auch die schweren Dachziegel der kaiserlichen Palastgebäude und der Tempel der Staatsreligion liestehen.

W^eitaus die Mehrzahl der Pagoden entsprechen der obigen Beschrei- bung nur in geringem Maße, sind von viel einfacherer Konstruktion und besitzen keine ringsherum laufenden Dächer mit Baikonen, sondern an Stelle dieser nur (Jesimse aus Mrnierwerk, die das (lebäude umfassen. Die Türme dieser Typen (s. Taf. 111 2, zu S. 9 ; Taf. IV i , zu S. 39) sind in der Kegel bloß aus Mauerstein, weiß oder gelb getüncht, in vielen Fällen massiv und somit unzugänglich. Selten tragen sie die; (Jiplelstange und anstatt ihrer nur eine runde, sich zuspitzende Flamme; auf Fußgestell, einen großen Flaschenkürbis oder einen umgekehrten runden Topf aus harter, glasierter Tonerde.

' Mii.NE, -Transactions China Brauch R. A. S.« 1855, S. 32.

14 I) K Ü E O O T :

Die Zahl der Stockwerke oder Gliederungen einer Pagode ist immer ungerade. Mag sein, daß ausnahmsweise mal eine angetroffen wird, die eine gerade Anzahl aufweist; allein dann ist hier jedenfalls die Frage zu stellen, ob sie wohl der klassisch-religiösen Sorte angehört, oder ob nicljt durch Sturm oder Erdbeben eine Gliederung verwüstet ist, endlich ob man nicht eine Gliederung mitzählt, die nach chinesischer Ansicht keine ist, oder umgekehrt. Eine durch religiöse oder philosophisclie Er- wägungen bedingte Mindestzahl oder Höchstzalil hat es wohl nie ge- geben; wohl aber hat, wie sich bald zeigen wird, unverkennbar immer das Bestreben vorgeherrscht, die Pagoden möglichst hoch aufzuführen, ein Bestreben, das sich auch (vgl. S. i i) in der gegliederten Gipfelstange kund- gibt. Einen natürlichen Einhalt hat hier gewiß die Baukunst stets ge- boten, die es sich selbst nicht zutraute, über eine gewisse HöJie hinaus- zugehen, ohne die Stabilität des Turmes zu gefährden; und somit ist wohl anzunehmen, daß Pagoden mit mehr als dreizehn Stockwerken Seltenheiten sind, luid wahrscheinlich keine eine Höhe von hundert Metern erreicht. Nach MiLNK war der Porzellauturm Nankings 260 englische feet hoch, also etwa 80 m; unten war er 96 feet loinches oder 29.5 m breit; die Mauerdicke be- trug daselbst 1 2 feet oder 3.66 m; und oben, nach Lecomte, 8.5 feet oder etwa 2.60m. Anderen Angaben zufolge war diese Pagode nur 236 feet oder auch sogar 103m hoch'; jedoch diese Zahl ist sicherlich zu hoch gegriffen, da sie für jedes Stockwerk eine Höhe von nicht weniger als 14 m voraussetzt.

Daß große Thupas, die dem hier skizzierten Bild im großen und ganzen entsprachen, in China schon in den ersten Jahrhunderten nach der Ein- führung des Buddhismus erbaut worden sind, läßt sich dokumentarisch nachweisen. Im ersten Kapitel des auf S. i zitierten Buchs über die Klöster von Lo'-jang wird nämlich eine solche im folgenden Wortlaut beschrieben : ^ ^ ^ ^ij ^ Pj^ ^i Südlich (vom Altar) der S^ (oder Götter des Erd-

z m i-di tt m ^Js ^m TT ''^g''^"^°°^[^''7'"' 7;"7 ^"-''^<^f

o ^ ^ rr* 'ri '^,2) von neun Stockwerken steht, der aus Holz-

g " 1^ /L ^o -^^ ^ gesteilen konstruiert ist und im ganzen eine Höhe

öj ^ -+- -j- j^. ^ /^ von 90 tiang hat. Er hat einen .iat (Gipfelstangel,

^ " r-t _f- -1- ^j-^ ^ rt^ der noch zehn tsang hoch ist, so daß die Gesamt-

f^ ' Q '^ ^, M& y^ höhe über dem Erdboden tausend t«'»" beträgt. Wenn

p j+ yöw ;^ ^ |S] J^ man noch hundert li von der Keichshauptstadt ab

^ ist, kann man das Gebäude schon in der Feme sehen.

'rraiisactions 1855, S. 55.

Die Poyoden in China. 1 5

Als man anfangs für die Fundamente den Boden aushob bis unter das gelbe Grundwasser, fand man _,.._- dreißig vergoldete Statuen. Die Großkaiserin sah m 3E 1> 3j^i| J^ ^K darin ein Zeugnis für die Bewahrheitung des Dharma

und entwarf aus diesem Grunde einen über das ge- wöhnliche Maß hinausgehenden Bau. Auf dem sat

-|-j -, -^ I.I ■• - ^ steht eine vergoldete Urne aus Kostbarkeiten, die

h ^ 1^ ^ "^ '^ *^ ^^^ 25 Stein (Wasser;*) enthalten kann, und darunter be-

T«5 h ^^ <4s ^ ^ 1^ finden sich vergoldete Schüsseln, die den Tau auf-

' H~| Ag ^j_ jj^ jiiii ^ ' fangen, dreißig übereinander, um die herum über-

W O ^ f^ ^ ^ ^^ .ill vergoldete Glöckchen herabhängen. Auch an den

y^ -^ w zn ö^ ^^ vier eisernen Ketten, die von dem iat nach den vier

■g" , ^ jg| -4- . , . <^ Koken des p'u-iö laufen (vgl. S. 11) hängen solche

. /" ^m -jI* -^ "T^ '^ . Glöckchen. Die Größe dieser Glöckchen ist der eines

^^ "^ 5<. " S Steinkrügleins gleich. An den neun Gliederungen des

I ^ ^ ^ ra Ü 1^ T //«-W hängen von jeder Kcke ebenfalls vergoldete

« _i ^1 [jc jf^ jira -|p^ Glöckchen herab, und insgesamt gibt es deren von

o « /"i:: ^'J IE. . m 6 oben bis unten 120.

-4^ ^ A> "/l '^ ^^ f3 j^ ''^^'' p'""''-^ hat vier Fassaden, jede Fassade drei

/^ 'iü /.^: ° -V- -iu? 1^1 1"i'""C'i "od sechs Fenster, und die Türen haben alle

H*!^ M *ffl ^ g ^ ^ IBI einen rotlackierten Türflügel. Darüber sind fünf

™. ^ ,1^ ^ tpo 3t ^ ^ Reihen von vergoldeten Glöckchen angebracht, deren'

■Xn l ^T rp. i^ [in Gesatntzahl 5400 beträgt: auch haben die Türflügel

. ^ TW IL tm -jj -z:r einen.Tierkopf mit einem metallenen Ring. Alle .\r-

".i9 'L'* j^ yj\;; 1^ Mr- [Bl beiten in Erde und Holz sind hier erschöpfend ge-

^ Q t;^ -Jr ^ L 3f lei-stet, alle Arbeitskräfte an Konstruktion und Aus-

'^^- ' j. .^ tA- ~; '^ gestaltung restlos aufgebraucht. Die Religion des

^ ^ ' ^\ , W ^ Buddha ist so ätherisch und so schön, daß es sich

y' tW* 'iS> ^ ^ jE. ^ nicht denken, nicht sagen läßt! Die verzierten Säulen

und die metallenen Türköpfe lassen Gemüt und Auge

S W o jS A. I erstaimen, und wenn dann droben im Winde die kost-

W öH Iw'il ^ :^ "^ ''"^ baren Glöckchen die ganze Nacht hindurch melodisch

7^ m JfX- y^ I^ ^ ^> klingen, dann ist ihre metallene Sprache weiter als

zehn li hörbar.

HB ^ Ui jgw ^ fci ;g' j^ Nördlich des p'u-tö steht ein Tempel des Buddha,

o »A« .1,^ >y^ ^- * _■ löi Darin befindet sich eine vergoldete Statue von 18 Wr,

^ ^ 'zl "T" ■^ nehst zehn vergoldeten Statuen wie ein Mensch von

PEj ^ ^^ "^ ^ ^< /\ "/Jb mittlerer Größe. Die Zellen der Geistlichen, die

>4'- "tSi ^^ ^ HH ~V' "^ W Stockwerke und Belvederen sind über tausend an

nri' 'i* \\V o JI2 iäi i& '^a'''- ß'e Sntra"s und Statuen, welche das Ausland m ^y feA ^ 8 ^" "^ ^^ dem Kaiser angeboten hat, befinden sich alle in diesem ® Sj Äi ^ 4f|> Q ^ ^ Kloster. Die .Mauern der Höfe des Klosters sind ^ F l^I ^ ^^ "'" ''U'"'''^" Sparren Ijelegt, welche mit Ziegeln ge- Bu ■^^ f'».'« er 1,* II ^ |ä/f deckt sind, wie die Mauern des jetzigen Palastes.

Url '^—^ lit /7I TO /V o In jeder der vier Fronten des Klosters öffnet sich J^ J^ i^ j^X ^S 't' t' f'n Tor. Das südliche Tor hat drei Stockwerke und

16 I) E G R o o r :

_j|- ^^ o |ni lirl jlj^ _L. -K Ji'ei I)urchgäng(! und erhebt sich bis 20 tsang über

•^^ PPJ g lU U^ J/v T ^4r 1^^ Erdboden. Das Tor umfassend und flankierend,

^^ r J ^ ^^ yi 1 J -^ -^ befinden sich da vier mächtige Krieger und vier

■^ J^ jjQ J2- -U ;ö" iH: I-öwen; am östlichen und am westlichen Tor ist es

° auch so.

Ab A A Ml ^ ,^ jS ^K '■'" '^"t'*^" •'^'"■^ '^*"' J"'>9-f''-^>ir\ode (534), im

y/M xii ~^ ' ° i4? BP ^' ^l""'"*'» brannte der p'u-tö ab. Der Kaiser bestieg

3yr l/i JTL >I^ T^ IT3 >.'i» ,jjg 'Jen-asse der herabkommenden Wolken, um sich

•/öl ^ "üi 1^ ~TC 4C ^ '^^^ Feuci' anzusehen und schickte den König von

^ ni i :j-ji 3i 4|i Nan-jany, Pao Kii-tu. und den ^linister Tsang-sun Tsi

_L. TJx yC ^ W4 ^ SS? mit tausend Mann der ./«-/tV/ -Garde nach dem Brand

J^ , ^a "fl ^ f/j; ip- p-j hin. um Hilfe zu bringen. Das Feuer entstand im

° achten Stock und brach aus bei Tagesanbruch, als

[^ ^ .J i^ I A ^" "'

m -y- r-j- zu " -gg ' "^ ^■^ achten htock und brach aus bei lagesanbruch, als

1.^ F3 ^ ■, VV 0 --• W^ Vr ein Gewitterregen die Luft verdunkelte und Graupeln

JmX "'^ IM ^ Jjf^ / -<J> 1^1 mit Schnee gemischt herabkamen. Die ganze Bevölke-

■^ fj' i_- , . .^ wß- ^^ ^g- rung, Geistliche und Laien, kamen, um den Brand

H [Sj "; "^ ^ 't' P i '"'' •i"'-i'sehen, und ihr Wehklagen erschütterte die

. -j^ 3|3l j/C Iw' "" fe yv Hauptsiadt. Drei bhik.su's liefen ins Feuer und

"^ ,2- ^ Jfn )ii^ T^ -^ W kamen darin um. Drei Monate nach dem Brand

/^ fW j_ -rr; tH; ^ ^ /l^ War das Feuer noch nicht erloschen; es befanden

M- t' ^^ ° tm 'h iS. ° ^'''^ auch Holzsäulen unter dem Boden, welche

^ ^ /Rl 3/1^ "^ ^^ _,!, "rp" das Feuer suchte, und die das ganze Jahr hindurch

'jM- J\i ^4^ ig^ j/C ^-^ ^^ j^ ""«'1 rauchten. Im 5. Monat dieses Jahres kam Je-

fe ^ ^^ ^ jfc" 'o^ W K^ maiid.aus der Mark Ä'anjr (jetzt ^D j>]>| Liv-üon in

,jjj jj/j ^ ~r 5ii''' ^ "fj!!] Kuang-xi) mit der Mitteilung, man habe auf dem

">i -j- y=j ^ g2j-- ji ^, Meere einen p'u-M ffesehen. dessen Licht glänzte

IMI FI ^"» -> 'fE* jfeA ^g und leuchtete, und der wie neu aussah; das ganze

^^ <iiM; 1^ ^iJ: =1-5, -T- , 1 ^^ am Meer wohnende Volk habe ihn gesehen, bis in

n/p. "^ ' ■• ^^ '''^■' ^ 1^ einem plötzlich aufkommenden Nebel der p'u-tö ver-

'H ^ W ^ t^ 0^ J^C ^\ schwunden sei.

Dieser als Prunkjuwel gepriesene Tliüpa gehörte also einem sehr großen Kloster an, das etwa tausend Insassen zählte und von einer Kaiserin- witwe gestiftet war. Er muß also der vornelimste der kaiserlichen Haupt- stadt und ihrer Umgebung gewesen sein, zumal er der einzige ist, der das Ka-lam ki so ausführlich, und gleich auf den allerersten Seiten, beschreibt. Dennoch war er mitsamt seinen Fundamenten hauptsächlich aus Holz er- baut, und es ist also anzunehmen, daß bis dahin Steinmaterial nur wenig für Buddhatürme verwendet wurde. Die ganze Höhe des neunstöckigen Baus soll mithin 90 tSany, das heißt, nach der gegenwärtigen Länge des tSang (3.35 bis 3.40 m), mehr als 300 Meter betragen haben. Es muß kiso das tsang damals entweder viel kürzer als heute gewesen sein, oder, was wahr- scheinlicher ist, es steht wohl im Text das Zeichen ^ tSang irrtümlich

Die Piiyoden ui China. 1 7

für /^ tsi\ (las Zelintel eines tsany; denn aucJi ein Turm von 30 ni war wohl geeignet, die damalige Menschheit in China ordentlich in Staunen zu versetzen. Es verdient betont zu werden, daß auch dieser Thüpa sclioii die Grabstange trug, und daß diese aus dreißig übereinander gelagerten »Schüsseln zum Auffangen des Taus« bestand, also in einem eigenartigen Stil gegliedert war (vgl. S. 1 1). Auch soll nicht unvermerkt bleiben, daß diese Stange damals -^at, d. h. Caitya, Heiligtum (s. S. 7), genannt wurde inid somit keineswegs als Nebensache, sondern als ein Hau2)tbestandteil des Tur- mes galt: waren doch in der Tat, wie auf S. 1 i dargetan ist, die sämtlichen Stockwerke die Entwicklungsform der gegliederten Grabstange. Die eigen- tündiche Ausstattung der Pagoden mit zahlreichen Glöckchen wird auf S. 63 IT. zur ."spräche kommen.

Aus der Tatsache, daß im 6. Jahrhundert die größte und schönste Pagode der Ueichshauptstadt hauj)tsächlich aus Holz bestand, darf jedoch nicht gefolgert werden, daß es bis dahin in China keine Pagoden aus Stein- material gegeben habe. Das Ko-lam ki erzählt im 2. Kapitel Bl. 5, daß im unweit von Lo'-jany gelegenen Dorf ^^ T.siiny-i im Jahre 520 ein ge- lehrter Mann die Stelle anwies, wo eine dreistöckige Pagode aus Backstein (^K) gestanden hatte, und daß man darauf den Boden aufgrub und etliche liuntlerttausend Backsteine fand samt einer Steininschrift, aus der hervor- ging, daß im Jahre 285 an dieser Stelle eine Pagode errichtet worden war. Der Inhaber dieses Grundstücks verschenkte nunmehr dieses der Geist- lichkeit, die daselbst das ^^ /Äng-Jiu(/-K\ostvr stiftete und aus den auf- gefundenen Backsteinen wieder einen dreistöckigen p'u-tö baute. Wenn also im 3. Jahrhundert eine Pagode aus Backstein gebaut wurde, so läßt sich wohl glauben, daß der Pagodenbau in China mit der ersten Verbreitung des Buddhismus daselbst Hand in Hand gegangen ist. Daß im 5. Jahrhundert auch Kaiser Buddhatürme bauen ließen, lehren uns die |^^^ Nan-Ts'i üu, »Geschichtsbücher der südlichen Jls'Z-Dynastie«. die in Kap. 53 auf Bl. 3 über den Kaiser ^ 3/w<^ {465 472), der im jetzigen Nanking seine Residenz hatte, folgendes zu lesen bieten:

A^ ^ ^' §ä LM ilS ^H i^ -^"f einem eliemaligen Anwesen baute der Kaiser

^^, » ,^, ^^ ■_,- »i^ , das ^inny-Jciittg-'K\itsier nnd machte dafür .\usgabeii

Mf ^> vK nri ^f' ^3^ '"' yC*t in äußerst verschwenderischer Weise. Auf die sieben

Wi PT -^^ 5V ■^ ^ ft^ Stockweriie des Thiang-jm-C&hyn wollte er noch

f.\\ •- _L. la it}- "f^ ^ ti" zphn andere setzen; die konnten sich jedoch nicht

; "^ ''^' o ■• halt«[i, und so baute er zwei Caitya's mit je fünf.

I'hil.-hist. M,h. IUI!». \r. 11. ,}

18 I) K ( i R o o T :

:i^ 'o" m ITlt. ö- :iC f^ ^Ä. Da trat Tsao Saitq-tsi. clor (iouvei'neur von Sin-nuan.

^ ea Ä IsE :>5e ^E. ^ '0' , ,. ,, j- Af I u I 1 . / . j

,j. i^-j _^ _, .., 1^ ^ ;ils Verwalter dieser Mark ab, kehrte (nach der

I J 7iii^ yu I yv r-TH ■gt. •^'L Keichshauptstadt) zurück und erechien zur Audienz.

^ :/v Mn ^ 5y B -^ I>er Kaiser sprach zu ihm: »Waren Sie noch nicht

^1& ^a ^S ll'l' ffe ä& <i>a ^r im ,S;a«^-^M;,j;-KI oster, um dessen Bau ich mich so

" K& i^ =t- cE? -^ I-. hochverdient gemacht habe?- Da sagte Jvan,

\ -. ^ 1^ ■« Ä 5C der dabei stand: »Euere Majestät hat dieses Klo-

^ f^ R J^, ^ -jv ^ ster . mit dem Geld erliaiit, für v^elches das Volk

oj ±t -fi- Tt ^P ^ ^ii seine Kinder hat verkaufen, seine Frauen hat ver-

/ttb yti ~S AflA \V\' R 'A' pfänden müssen ; wenn der Buddha das wüßte,

(TP F3 f^ l>>J IJ-L ■• :5R: dann nn"ißte er wehklagen und jammern aus Mit-

IH 3^P ^ ö ^ ^1^11 1pJ leid. Kine Schuld, höher als diese p'u-t'ö's, was ist

das für ein Verdienst':'!«'

Fa-hirn und ^|^ Hiim-Unony trafen auf ihren Reisen in Indien Thüpas an, denen Verehrung und Opfer dargebracht wurden, und die errichtet waren an Orten, wo Buddha geh'Jirt, geruht, Fußspuren hinterlassen oder anderes Denkwürdiges verriclitet hatte; oder worin seine körperlichen Über- reste, sein Bettelnapf, Stab oder irgend eine andere Habseligkeit aufbewahrt wurden, so daß aus dem Gebäude ein helles, himmlisches Licht strahlte, insonderheit an religiösen Feiertagen. Daß in China von Anfang an die großen Thupas in erster Linie zur Aufbewahrung von Reliquien des Buddha errichtet worden sind, also Dhätügarbha's, Dägob's waren (vgL S. 3), läßt sich dokumentarisch nachweisen. Ein sehr in Ansehen stehendes, in der Zeit der /iö/<^-Dynastie (502 557) verfaßtes Werk, das den Titel j^ f^ 'fl| Kao sang Wnan, »Bericlite über hohe buddhistische Geistliche«, trägt, enthält nämlich im i . Kapitel die folgenden Mitteilungen über einen ^ Tlui, dessen Ahnen aus }^ J^ K'ang-ki, Sogdiana, stammten und während mehrerer Ge- schlechter in Indien gelebt hatten:

'l^ 'i"'!^ E3 'M^ ^ f^ 5^ VX ^'" '°' '''^'""'^ ^^^ Periode Ti'i'-wu (247) der Wu-

i^ ■* "* .%U y— -ajf. jp Dynastie kam ei zum ersten Male nach Kifn-ji'

^^WUrJg -o (Nanking, Residenz des damaligen Kaisers ^ i^

^ ^ (^ ^ TT je ^^^ ^ Sim K'üen). Dort baute er sich eine Sti-ohhütte, er-

Fl AB A 1S& ^ ^ 1^ richtete darin Bilder und wandelte den Weg zur Selig-

' db P9 Tf -IL _i '^^'''- ^^* "ä'' «las erstemal, daß man im Reiche Wu

^' ^^ ^^ ^\ -^ 5>^ ^. einen sramana zu sehen bekam. Man sah wohl seine

M 4S ^ W ^ [^ «^ ^ "°''°''" '"'"■'' —"—"""'" ." .•™.~"'i ."V...

Person, allein seine Handlungen verstand man nicht:

•^ _i. =q -jy |>i "y^ J^Ti er wurde also der Ketzerei verdächtigt, so daß

^^ ^ ^ ■^ _ ^^ , . der Magistrat dem Kaiser schrieb: -Ein Barbare ist

'itl ^5^* -M: 'V'l HX :Ce ins Land gekommen, der sich sramana nennt und

Auch in Kap. 70 der ^ ^ Nan M', .Geschichte des Südens-, Bl. 15.

Die Payixirn in China. 19

EI '«- ^^ -^ yUb 1^ S^ in Aussehen und Traclit ungewöhnlich ist. Diese UM ^tto uu ri- ^ >a:^ ^ Sache muß also untersucht werden«. SwnJST'äere sprach:

■^ ^ S /yr ^ mS ^ •(Dem Kaiser) Ming der i/ai-Dynastie hat dereinst

von einem Gott geträumt, den man Put (Buddha)

nannte (vgl. S. i); die Verrichtungen dieses Menschen

sind am Knde gar Gebräuche, welche von diesem

Buddha herstammen;'

^ ^ >ßl trtl BS ^ Pll Sofort beschied er den Hui zu sich, verhörte

Uli rtii i'l rC Air .dK -7:1 ""^ "'^"^ fragte, welche Zeugnisse es für die Macht

/rU ^IJ Ül "T ffi i^ ^4 (des Buddhas) gäbe. Darauf sprach Hui: »Nachdem

^ S ^( Jk ^>7 2E b '^'^'' l'athägata das Kindrücken seiner Fußspuren (ins

-M ^1 ^^ iw- »1° -^ ^^ Nirväna) vei-legte, sind etwa tausend Jahre vergan-

ÖW ,.«t. 3jf " ' 'JT*' HB g^n : jedoch der göttliche helle Lichtglaaz der .'^ari^a's

^ i.«- ■* ^ P^ ^^ ^ seines zurückgelassenen Gebeins ist an keine Welt-

X-' ^"^ Ttj -p^ -^ ^ :^ gegend gebunden. Dereinst hat König A.soka dafür

rl V»i-i Sg ö - ±h {g( 84000 Thüpas errichtet: ja, die Entstehung von Thü-

o 'J^ ^ j Jl > ,j^ pas und Klöstern ist das Zeugnis der (Umgestaltung,

:Sr a i^ ^g >ffi- ^S welche von Buddha hinterlassen ist.« Sun K'üen, der

^ffi pj ^ IM- 1^ ,5iK 'l8S fi'"' Geschwätz und l'nsinn hielt, sprach nun zu

.. » . > ..•. ■'•H H O rr_.. TT L ,1.. il'_ -,..,■ v,..l „_ J l :_u

O

^ ifeh

,|- " " ^j^ /f««: »Kannst du Sarira's bekonuiien. dann baue ich

'•• ^ .. /j j^ ^ dafür einen Thnpa: sollt<?st du aber ins Leere ge-

[jj^l afe Tu A t|j td schwatzt haben, so hat mein Keich für dich festge-

^ iH "t& jMi' ifilh -An '»i't^''' Strafen." Hierauf bat Hui utn eine Frist von

rl "^T o '-*« >* sieben Tagen.

JL. lU' vfe ^: +h . Tt, Snn sprach er zu seinen Angehörigen : »Hiervon

' Mh cti '.BB ■'*// na ^m hängt der Aufstieg oder das Kränkeln der Religion

^ J,A ^ flä /7f,< 7^ j|^ durchaus ab: liieten wir also nicht jetzt unsere tiefste

•?7 hJI zu BR ^^ >^ ^I Frömmigkeit auf, werden wir dann später etwas mit

j. .,. L- I i^ y Jg ihr erreichen l'« Zusamm<"n reinigten sie sich und

+ir ^w" » M ^ '_'^ ^* fa.steten in einem stillen Raum, stellten da eine bron-

^f^ -Jt H ■» ^3^ W zene Vase auf einen Tisch, brannten Weihrauch, ver-

^ID -<fe AB I<i Ew VI- ehrten (Buddha) und riefen ihn an: jedoch die sieben-

11- ^8. 41.3 ^-4'' ^^ 'äS'g*^ Frist verlief in tiefer ."^tille, ohne daß eine

^ » jin ^i * "^ -^ Erhörung erfolgte. Er ersuchte somit um eine weitere

^ -Jj,. ^X W' ^v IBl Verlängerung der Fri.st um sieben 'läge, und als auch

-^ , ^^ jjP -fcr ^ diese in derselben Weise verflossen war. sprach Stm

- iB£ iSS- )\ T& K'iien: »Das ist ja lauter l,ug und Trug« und wollte

an "11 > o fl^ 'h'" Strafe auferlegen: aber 7/«; bat um eine dritte

^ ö -nB 'J|j& ^ jH' siebentägige Frist, die ihm noch als besondere Gunst

von Sun k'iien gewährt wurde.

^ 1^ "^^i SJ ^- IS """ ^'* '''"" -^''cnd des 21. Tages hatte sich noch

A -Wc Bil '71 T/* 4hF J-- ''nni'-'' nichts gezeigt, und alle bebten vor Ang^t:

ö ^2 W A ^ -,j> -t. jyjj^,.|, 3,j, ^jjj, ,-;.,„ftp ^Vache (3 bis 5 Uhr morgens)

1^ rf /Tfl» jL J^ //T W eingetreten war, war plötzlich in der Va.se ein me-

JllS. ^ T^ 55 tM >^ ^^ tallner Klang zu hören. Hui begab sich hin. um zu

' ° ■« ■» » sehen und fand in dei' Tut ein Sarira. .Sobald es

.•r

20 J' K (i ROOT :

tä^ '^ ^\\ W. f^ ^- IM W- ^^" gßwrdeii war. brachte ei- es zu Sun K'iicii: im ^ E|J Z^ El yL '^ j-„ „„„,„ Hnf tnm 7iis!immpn lind sah die Flani-

, y/< ' -H^ f^^"" g^nze Hof kam zusammen und sah die Flam-

iÖi ^ 'S^ ^ ^ ^ Jg ^^ men eines fünffarbigen Lichtes hell über der Vase

° \(n ^^ ^, Wi Ho *H ^ leuchten. Mit eigener Hand ergriff Sun K'üen die

R -täC JÖL 'Ml. ^ 5flJ ^'^^ ""'^ schüttete das Sarira in eine bronzene

, -ffi ^ -• jtr-' ^ o Schale: und an der Stelle, wo ea die Schale be-

^ ^ ^tfjf "^^ "iS '^ rührte, zerbrach diese in Stücke. Von der tiefsten

'^ ^ » z^'' i ä Ehrfurcht ergriffen, erhob sich Sun K'üe'n entsetzt

-i' ^^ fifö ifPI K^ Ä *^ und rief : »Was für ein selten vorkommendes Wunder-

^ T.^> W fflfJ T-B tL 3E .^gjpjjg^,,.

^ na -ji rft; ->• ij^ ^ D* t'''^* ^^"^ ^•"' '^"'^ spiach: »Sollte der Ehr-

"^ ^^ ^o"^ ^ furcht gebietende Geist des .«arira bloß etwas Leuch-

••^ flu '^ Ui ^ '^ tendes sein, und sonst nichts!' Ein l'euer, das einen

^ ygN ^ r^- S ^C Iffi k.ilpa hindurch zu brennen vermag, kann es nicht

An, /h!) -1, 1^ ^ ^ ^ verzehren, eine vaira (Zauber)- Keule ist nicht im-

ITP ttl <- ^ yf> o , . „,.. , . , o r^'.. - u 1- v-l

l»L ■• yj\ » Stande, es in Stucke zu schlagen." Sun K uen befahl.

' 1^ ^ ri^ Ed 9^ 0 CS auf die l'robe zu stellen. Hui sprach eine Be-

M. "• Ja. '_v .^ Mi ^ ichwöruDg dieses Inhalts: »Wolke des Dharma, Decke o I ' I "^^ vi. ^'^ ^^ "

, fe^,.SSE /2r-» ra über den Weltgegenden, zu deren Segnungen alle

^h ^ -Tf S ^ ^''i ^^ «sen sehnend einporschauen, lasse du abermals die

äE ::fg P""ö ■'^'^ Hr rail Et Fußspuren deines Geistes herab, damit sie weit und

^X y4Jj Yi W i.ik -jj ^rii '^'■^"' deinen majestätischen Geist offenbaren!- Nun

_j_, W y^ ^ 1^ -^ W legte man das Sarira auf einen eisernen Amboß und

Y^ ^ It9 '^ 3g^ ^ ;g^ ließ einen starken Mann daraufhauen: aber es ent-

!■/■ ^ ^ /t' >f^ ifi' standen zwar im Amboß wie im Hammer Beulen, allein

IS" ■^ ~^ -Äk jj7 das Sarira blieb unversehrt. Sun ICüen tat einen

^^ ^ ^''^ **4i ^ ' großen Seufzer und war überzeugt: sofort baute er

&L ^ ffi ^^ ^ '1^ '"'' ^^^ Sarira einen Thüpa, und so entstand dort

^Q ^yi 4;S Pt5 ^ .-t^ TB] zum ersten ]Male ein buddh'stisches Kloster, dem

=fc!. " Ji'Ö '*^" ^ PI auf Grund dieses Ereignisses der Name 'Kloster des

o 1^ U S op" Anfangs der Gründung (des Buddhismus)' beigelegt

tjüi I. -L- -Jg. y(^ ~pj wurde. Das Dorf, wo es stand, nannte man »das

jh* V- Vrti At Ji +-i. Dorf des pitf-t'ö-. Infolgedessen kam links des

-^ '!^ &~ W S«« MJ (./o«jf-foT:-)A-!a//p' der große Dharma zur Entwicklung. -

Wie aus Bl. 6 des lo. Kapitels der auf S. i i herangezogenen Denk- schriften von Kiany-nlng hervorgeht, nehmen chinesische Schriftsteller an. dieses erste Kloster Nankings sei das spätere Asoka-Kloster gewesen, das auf S. 23 und 24 zur Sprache kommen wird, und halte auf derselben Stelle gestanden, wo später das Kloster «zur Vergeltung von Gnaden« (s.S. 11) mit dem Porzellanturm erbaut wurde'. Ob das wahr ist, ist unwesent- lich, nicht aber, daß die wiedergegebene Erzählung, so sagenhaft sie auch

' Siehe auch Gaillard »Nankin d'alors et d'aujourd'hui- (•Varietes sinologiques-

Nr. 23, S. 99.

Dir Payudcn in C/ii/iii. 21

klingt, die herrschenden Anscliauungeii bezüglich der Sariras und Thüpas im Zeitraum des Siegeszugs des Mahäyäna über Ostasien in ein helles Licht stellt. Unverhohlen läßt sie uns lesen, daß die Sarira's des Buddha etAvas viel Erhabeneres waren als Überreste verbrannter Knochen eines mensch- lichen Heilspropheten. Die »Wolke des Dharma, die Decke über den Welt- gegenden, zu deren Segnungen alle Wesen sehnend emporblicken«, sandte sie vom Himmel herab durch die Kraft zäher, andauernder Frömmigkeit der Gläubigen, und zwar um ihre Religion zu kräftigen und zu befestigen. Ein »göttlicher, heller Lichtglanz, an keine Weltgegenden gebunden«, strahlte von den Sanra"s aus, und es war ein »fünftarbiges« Licht, also das Licht des Ostens, Südens, Westens, Nordens und der Mitte, die in China seit alters her mit den iiinf Hauptfarben : blau, rot, weiß, schwarz, gelb identifiziert wurden. Sarira's waren also Teile des Weltlichts, des Lichts des Dharma oder Weltgesetzes, daher gefeit gegen die größte Ge- walt von Feuer und Eisen und begabt mit so großer innerlicher Kraft, daß sie sogar zähes Kupfer zersplitterten : in der Tat, gegen das Licht der Welt, die Lehre des Buddhas, die alle Wesen zum größten Glück, zur höchsten Seligkeit fuhrt, vermögen die Mächte des Übels nichts. Als Element« (dhätu) der Seele, des Geistes, der Lehre des Herrn bekelirte das Sarira des Hui unwiderstehlich den Kaiser Sun K'iim und veranlaßte ihn, einen Thüpa für es zu errichten als Heiligtum, von wo aus sich dann unter Führung und Schutz einer Geistlichkeit, die unter dem Schatten des Thüpa wohnte, die Lehre weiter über das Land verbreitete. Ein Thüpa ist mithin Brennpunkt des Lichts der Lehre Buddhas, deren Hüter die Geistlichkeit ist, welche die Klöster bewohnt: »die Thüpas und Klöster«, so sprach Hui zum Kaiser, »sind die Zeugnisse der von Buddha bewirkten Bekehrung. « Dem Durchschnittsmenschen hat natürlich die schlichte Kirchen- legende genügt, daß Buddha selbst bestimmt habe, man solle über seiner Asche einen Thüpa errichten. Allein dem Weisen, dem Eingeweihten, dem Esoteriker galt nur eine viel höhere Auflassung: ihm waren die Reliquien- pagoden Leuchttürme des Dharma, des leuchtenden Weltgesetzes; ihm waren sie die Zaubermittel, welche Licht und Geist des Dharma. die bodhi'oder Intelligenz des Herrn, weit hinaus trugen nach allen Seiten hin. Je größer die Zalil dieser BudtUia- und Dharmatürme, desto höher die Blüte der Kirciie. Jene zu bauen in so großer Zaid, daß alle Wesen der Welt in ihrem Lichtschein leben, oder daß vom Standpunkt eines jeden Wesens min-

22 I' i: G K o () T :

destens ein Turm sichtbar ist. wurde der Kirche höchstes Ideal. Zur Ver- wirklichung dieses Ideals ließ sich besonders leicht ein Volk herbei, dem von alters her die Überzeugung in Fleisch und Blut saß, daß aus den tTberresten der Toten im Grabe Geist (.¥n) und .Seelenkraft (Ufig) den Nachkommen zufließen zur Spendung von Hilfe, Glück und Segen (vgl.

S. 7)-

Zugleich erklärt sich nunmehr ganz von selbst die esoterische Le- gende, daß König Asoka, wie Hui dem Kaiser Sun K'üm mitteilte (S. 1 9), 84000 Thupas für die Reliquien des Herrn baute. Sicherlich mag der Legende ein historischer Kern zugrunde liegen, daß nämlich während der Herrschaft dieses indischen Konstantins die Heilslelire ihren großen Auf- schwung nahm und sich weit über Asien verbreitete, so daß unter seinem Schutz Thüpa's mit Sarira's in großer Zahl entstanden. Kap. i 14 der ^^ Wei Sh, "Geschichtsbücher der W>/-D3^nastie« (386 550), das eine inter- essante AbJiandlung über Buddhismus undTaoismus ist, erwähnt den wunder- baren Pagodenbau dieses Potentaten in folgendem Wortlaut:

»Als Buddlia sich von dieser Welt verabschiedet hatte, verbrannte man seine Leiche mit wohlriechendem Holz; seine beseelten Knochen (^» 'a*) wurden dabei zerstückelt bis zur Größe von Reiskörnern; sie ließen sich weder zerschlagen noch durch Feuer verbrennen. Teilweise besaßen sie helleuchtende, göttliche Kraft (Jrlf" jJiÖJ ,S^)- 'd der Sprache der Barbaren hießen sie Sarira. Die Jünger sammelten sie und trugen sie weg; dann legten sie sie in kostliare Urnen, liraehten ihnen mit allem, was sie an Weihrauch und Blumen besaßen, Verehrung dar und strebten nach Errichtung von Gebäuden, welche man Thüpa (t'a) nannte. Dies ist auch ein Fremdwort imd bedeutet soviel wie Ahnentenipel (-:^jSV wes- halb man die Thüpas auch wohl Tempel (ISH) nennt. Hundert Jahre später gab es einen König Asoka. Durch seine göttliche Kraft verteilte er die Sarira's des Buddha unter die Geister (fe JlitÖ)- die dafür 84000 Thilpas bauten, über die ganze Welt zerstreut, die sämt- lich am gleichen Tage fertig waren. Jetzt besitzen Ld-jany. ^^ ^B Ping-tsing (jetzt ^ VA Sü-tsou in Kiang-sn). ^A^j* Ku-tsang (Jetzt V'P, >j'H l-iaitg-tsou in Kan-su') und B^ V^ Lin- wei (unweit des jetzigen ^^^^ 'l\'in-ngan in Kan-su) alle ihr König Asoka- Kloster, dem solch eine zurückgelassene Fußspur (jg^l^) ^"''''' geworden ist.«

Ausführliche Mitteilungen über Reliquien des Buddha und ihre Bei- setzung in Pagoden bieten die ^^ Liang hi, »Geschichtsbücher der lAany- Dynastie«, welche einen Zeitraum behandeln, in dem die Kirche unter der Regierung eines frommen Bekenners und Schutzherrn ihrer Lehre eine goldene Zeit durchlebte. Dieser Kaiser, in der Geschichte als ^ Wu und i^jIB. Äoo Tm bekannt, regierte 502 bis 549 und hatte das jetzige Nanking zur Residenz. Kap. 54 dieser Staatsgeschichte erzählt wie folgt:

Die Pagoden in China. 23

Im 5. Jahre »1er -4\r [gl 7a-<M«^-Periode (539) schickte das Reich it ^g Fu-nan (Canibodja) nochmals einen Gesandten, der ein lebendes Rhinozeros anbot und mitteilte, es gäbe in seinem Reich ein Kopfhaar des Buddha, einen Uatiy und zwei ti'i (nach jetzigem Maß etwa 3,75 m) lang. .\uf kaiserlichen Befehl wurde der sramana ^p ^ ^ Sakya Jän-pao entsandt, um den Gesandten dorthin zu l>egleiten und das Haar zu holen.

Zuvor, im 8. Monat iles dritten .lahres (537) hatte Kao T.su das Kloster und den Thüpa des Königs Asoka umgebaut, und es waren dabei unter dem alten Thfip;! Sarira's samt einem Nagel und einem Kopfhaar des Buddha herausgeholt worden. Das Haar war blaurot: je nachdem die Geistlichen es mit den Händen reckten, wurde es länger oder küiv-er: und ließen sie es los, dann kriillte es sich zusammen wie ein Wurm. Das f^ ^j[i ■i^ Sanglia- sntra sagt: »Die Haare des Buddha .sind blau und so fein wie die Fasern eines Xenuphar- stengels- ; und das '^^^£fl^j§^ »Sütra des samädhi des Buddha« sagt: »Vordem, als ich noch im Palast wohnte und mir den Kopf wusch, maß ich mii- mit einem Fußmaß die Haai-e, und sie waren einen Uang und zwei /.!'«' lang: als ich sie losgelassen hatte, di-ehten sie sich rechts herum zusammen und nahmen die Gestalt von Würmern an.« Die Bücher stimmten also mit dem Ergebnis von A'a» T»u überein.

König Asoka war König des ei.sernen Rads. Er beherrschte den Jambudvipa. die ganze Welt unter dem Himmel. .Nachdem der Buddha in den Zustand der Auslöschung übergegangen war, ließ er in einem Etmal durch Geister 84000 Thfipas bauen: der hier errtähutc war der erste davon. Zur Zeit der W»/-Dynastie (229 280, s. S. 18) hatten buddhistische Nonnen, die auf der Stelle wohnten, daselbst eine kleine /f m -^ "\'erfeinerungs- stätte« gebaut, welche .^|ti; Sun Tsen^ bald vernichtete, und auch der Thüpa ging dabei zugrunde. Nachdem Wu (im Jahre 280 vom Hause ^^ Tsin) unterworfen war, errichteten

Seligkeitsucher (jM A) auf der alten Stelle wiederum Gebäude, und als dann pb ^ Tiutig Tmny von Ti-in im ersten Jahre seiner Regierung (317) übei- i\en\Jang-t.ie-)kiang 7Mg. stellte er sie wieder her und verechönert«' sie. Kaiser Wfi A^ Kiin-wen ließ in der ^r^r

Ili^-ngan Periode (371 72) vom sramana und Dhannalehrer ^^ Ngan den Bau eines kleinen Thüpa entwerfen, jedoch dieser starb, ehe der Bau zui- Ausführung kam: aber .sein Jünger ^ SH Sang-kien setzte .sein Werk fort und brachte das Bauwerk zustande. Im

9. Jahi-e der HJT TJr 7"a»^'i'a"-l*eriode (384) des Kai.sere ^^tjF Iliao-wu brachte man oben darauf di<' vergoldete ^liB ^n -^'-scheibe" und den ^i,"^. »Tauauflanger;'- an (vgl. .S. 17). ."Später geschah es im Krei.s<- Äft-S ^'"*'' (jetzt ^ Juny-ning, Prov. San-.?;) in .Si-hü, daß ein Barbar des Namens S?|l^''fnr Liu Sa -ho, erkrankte und plötzlich starb. Ei' blieb aber unter dem Heraen wann, so daß seine Familie es nicht wagti'. ihn einzusargen. Als der zehnte Tag verstrichen war, wurde er wieder lebendig und erzählte wie folgt: »Es waren zwei Beamte da, die ein Regi.ster ein.sahen: dann legte ich in nor<lwestl icher Richtung eine Strecke zurück, deren Länge ich nicht hestiuuncn kann, und gelangte so in die achtzehn Höllen. Dort habe ich als Buße für meine schwei-en und leichten Sünden allerhand Weh

' Ein Mitglied des Hauses von Sun K'öM (S. 18), der die Wm- Dynastie gestiftet hatte. Er fiihrte 258 in dei- Resid<'nz eine kurze Oewaltheri-schafl. riß Buddhatempel nieder und enthauptete die Geistlichkeit, wurde aber bald getötet. -^ JjK ^^ "'•<'> 'Gedenkschiiften von Wh", Kap. 19, Bl. 22.

24 I) K (i K O OT :

und Schmerz (-i-litten, besuclite dann ^||i;^ Kuan-si-jin (Avalokitesvaraj, und diese sprach: .Dein Lcbensschicksal ist noch nicht vollendet; falls du wieder letendig wirst, so werde ein .sranmna. l'nterhalli des <J'>g. Lo'-Flusses, sowie in der Stadt ^ T^s'i. in -^ ^ Tan-jang (jetz. Nanking) -und in '^ ^ Kwei-ki (in Tsf'-kiany) stehen Asoka-Thilpas: gehe dorthin und bringe ihnen Verehiung dai', und du wirst dann am Ende deines Lebenslaufs nicht in die Hölle sinken'. Nachdem si(; so gesprochen, war es mir. als ob ich von einer hohen Bergwand abstürzte und plötzlich aus dem Schlaf erwachte.«

Nun trat dieser Mann aus seiner Familie (d. h. er wurde Mönch) und nannte sich ^^"iM-ta'; dann machte er eine Reise zur Verehrung der Thüpas. So kam er auch nach Tan-jony, und die Stelle, wo der Thnpa stand, nicht kennend, überstieg er die Stadt- mauer und warf den Blick nach allen Seiten hin. Da sah er beim Dorfe -^ ^ Ts'ang- kan einen ungewöhnlichen Dunst, ilv begab sich dorthin und machte Verbeugungen, und wirklich war er an der Stelle, wo der Asoka-Thüpa gestanden, öfters strahlte von ihr ein helles Licht aus, und er entnahm daraus ganz bestimmt, daß es dort Sarira's geben mußte. Er brachte also Volk zusammen, um die Stelle auszuheben, und als man einen tkang tief unter dem Boden war, fand man drei steinerne Inschrifttafeln, je sechs tSi groß. Bei der Tafel, welche in der Mitte stand, befand sich ein eisernes Kästchen, worin ein anderes aus Sillier stand, das wieder ein goldenes en'hielt, in dem drei Sarira"s mit einem Nagel und einem Haare lagen. Dieses Haar war einige tsi lang. Sofort brachte er diese Saüra's nach einer weiter nordwärts belegenen Stelle, und gegenüber dem Thüpa, den Kien-rcen gebaut hatte (s. S. 23I, errichtete er im Westen einen Thiipa mit nur einer Gliederung. Im 16. Jahre (391) wurde dem sramana ff^ ITp^ '^ Sangha Savg-ka befohlen, ihn in drei Stockwerken aufzuführen.

Diese Pagode nun wurde von Kao T.ni eröfl'iiet. Erst hob man die Erde vier ist tief aus und fand dann eine §J ^ "Draclienliöhle" mit allerlei früher hineingeworfenen Kostbarkeiten aus Gold und Silber, wie Arm-, Ohr- und Fingerringe, Haarnadeln, Kopf- zieraten usw. In einer Tiefe von etwas mehr als neun tsi' stieß man auf einen steinernen Sockel, worunter ein Steinkasten stand, der eine Vase aus Eisen enthielt; in dieser Vase befand sich ein silberner Topf, der wieder eine gravierte L'rne aus Gold enthielt, und in dieser lagen drei Sariras. .Sie waren so groß wie Reiskörner, vollkommen rund, leuchtend und rein. Im Steinkasten befand sich auch noch eine Schale aus liu-li (Poi-zellan, vgl. S. 13), imd darin fand man vier Sarira's. Haai'e und Nägel. Die Nägel waren vier an Zahl und hatten alle die Farbe von ^^ Garuliolz(:')

Am 27. dieses Monats kam Kao T.sti abenuals zu dem Kloster, machte da seine feier- lichen Verbeugungen, veranstaltete eine ^t^-J^"^ große Erlösungsversammlung (mahä- moksa parisad) und erließ eine Amnestie für das ganze R6ich. An diesem Tage füllte man einen metallenen Bettelnapf mit Wasser und ließ die Sarira"s darauf schwimmen; dabei ver- schwand das allerkleinste im Napf und kam nicht wieder zum Vorschein. Kao Tsu machte mehrmals zehrt N'erbeugungen, und nunmehr entsandten die Sarira's im Napfe ein helles Licht; eine Zeitlang drehten sie sich rundherum und kamen dann im Mittelpunkt des Napfes zum Stillstand. Nun fragte Kao Tsu den "^/c f^ TF Allgemeinen Direktor der Geistlich- keit, namens ^£^^ Hui-nihi: »Heute habe ich Undenkbares, Unsagbares gesehen, nicht

wahr':'.. Die Antwort lautete: '^ -^ "ffi" "fj; Vi^ :^ ^ Jl/j »das Dharmawesen (die VVelt-

(ii'dnnng) ist ewigbleiberiil. tirf und unbeweglich." Knn Tsy sprach dann wieder: -Ich,

Die Pagoden in, China. 25

dein Jünger, bitto sehnlichst um ein Sarira. damit ich, auf meinen Palastthron zurück- gekehrt, ihm Opfer darbringe.«

Am 5. des 9. Monats veranstaltete der Kaiser abermals im Kloster eine allgemeine Erlösunirsversammlung und schickte den Kronprinzen dorlhin mit den Königen, Vasallen und GroBen des Hofs, um die Sarira "s zu holen. An diesem Tage war der Wind milde und die Luft klar: die ganze Reichshauptstadt ergoLi .sich und lief mit, und die Zahl der Zu- schauer betrug wohl Imndert und einige zehn mal zehntausend. Die (vom Kaiser) aus- gestellten goldenen und silbernen Opfergeräte und alles übrige wunlen dem Kloster als Opferspende übei lassen, und überdies .schenkte ei- noch tausendmal zehntausend Münzen als Gründungskapital.

Den 15. des 9. Monats des 4. Jahres (23. Okt. 538) zog Kao Tsu wiederum nach dem Kloster, veranstaltete eine große Krlösungsversammlung und gründete zwei $|J ("aitj'a's. Die .'^arira's. Nägel und Haai-e wurden je in eine goldene Urne gelegt, die von einer Urne aus Jaspis umschlossen war, und diese wurden in (kleinen) Thüpa aus sieben Kostbarkeiten geborgen; dann legte man diese Thüpa in zwei steinerne Kästen un<l setzte diese unter den beiden Caitya's t)ei, zii.sainmen mit Haufen von goldenen und silbernen .\vm- imd Ohrringen und «lergleichen Kostbarkeiten, welche die Könige, Vasallen, Gemahlinnen, Prin- zessinnen und begüterte Familien des Volks spendeten. Am 2. des 11. Monats des 11. Jahres (20. Dez. 545) ersuchte die Geistlichkeit des Klosters den Kao Tsu, im Kloster einen Text aus dem ^^J^ Präjüasfitra. -Sätra der Weisheit-, erklären zu wollen, und an diesem .\bend strahlten die beiden Thüpas ein helles Licht au.s. Der Kaiser befahl dem General, der den Osten bezwang, dem König ^m liun von 3Bf^ ^ao-liwi, eine Inschrift zu verfertigen für eine Steinplatte, zur Verkündung des großen vei-dienstvollen Werkes des Klosters.

Zwei Jalire zuvor, als beim Umbau des Thüpa vom Kreise ^K Miu in Kwei-ki der alte Thüpa geöffnet wurde, waren .Sarira's zum Vorschein gekommen, und der Kaiser hatte ilen Geistlichen S&kyn Ktny-tui aus dem tI^ ^ Ktiaru/-tsl' -KUtstev mit noch drei anderen und dem .'Staatsrat &»/«i Tsoo-Uan entsandt, um diese "^arira's nach dem Palast zu führen. Dort verehrte sie K'ao T.m mit zeremoniellen Verl)eugungeii. und schließlich brachte man sie nach dem Kreis zurück, zur Beisetzung untt^r dem neuen Thüpa. Dieser Krei.sthiipa war auch von Liu Sa -ho (vgl. S. 23) entdeckt worden.

Das alles sind Mitteilungen aus einer authenti.schen cliinesischen Staats- geschiehte, also aus allerliostcr (^)uene. Sie ffiliren uns einen Kaiser in höchsteigener Person vor, <ler an der Spitze seiner Prinzen, Könige, Lehns- fürsten und Magnaten, (Jeniahlinuen- uiul Prinze.ssinnen, der Geistlichkeit und der Volksraasse, den Sarira's seine größte Verehrung darbringt. Wir sehen bei ihrer Beisetzung im Thiipa alle Großen und Wohlhabenden Geld und Schätze massenweise herbeischleppen und in die Grabkeller der Re- liquien werfen, als handele es .sich um die Beerdigung des Sohns des Himmels selbst. Es ist somit kein Zweifel möglich, daß die Sarira's als das -Vllerheiligste, ihre Tliiipas daher als die heiligsten der Heiligtümer galten. Wir haben es jetzt dokumentarisch vor uns, daß man die Sarira's unter den Thiipas beizusetzen pflegte; imd die ursprüngliche Stellung PhiL-hint. Ahh. 1U1U. Ar. //. 4

2(i DE (i R OOT :

dieser Gebäude als Grabthüpas wird Iiierdurcli l)estätigt. So stark war das von den Sarira's ausgehende Licht, daß es sogar über den Stellen leuchtete, wo sie tief in den Boden eingegraben lagen, und hell aus üjren Tliüpas strahlte, insonderheit wenn der Kaiser aus dem Siitra der Präjna, der »Weisheit«, einen Lehrvortrag hielt; in der Tat sind die Sütra's die Weislieit, die Lehre des Buddha, also das Rad der leuchtenden AVelt- ordnung (y^f^), das der Kaiser durch sein frommes Werk drehte (^). Wir liaben es früher (S. i) schon gelesen, daß im Kloster des Weißen Pferdes Licht strahlte aus den heiligen Schriften, welche aus Indien dort- liingebracht waren, so daß Geistliche und Laien ihnen Weihrauch und Speisen opferten, als seien sie der Buddha in eigener Person.

Leicht sind somit die tiefsirmigen Worte zu verstehen, welche das Haupt der Geistlichkeit zum Kaiser sprach, als dieser staunend das wunder- volle Leuchten der Sarira's anschaute: "das Dharmawesen ist ewig, tief und unbeweglich«. Gewiß wollte der weise Mann damit etwa Folgendes sagen: »Das Licht dieser Sarira's ist das Licht des Buddha, also sein Geist, seine Lehre, das Licht des Weltalls, der Dharma, das Weltgesetz; das alles besteht in unerschütterlicher Ruhe seit aller Ewigkeit und wird bis in alle Ewigkeit walten und wirken, wie auch das Weltgesetz, der Dharma im engeren Sinne: die buddhistische Religion und Kirchenlehre». Sarira's waren somit die Seelen der Thüpas, die Thüpas ihre Werkzeuge zur Ver- breitung des leuchtenden Geistes des Weltgesetzes über alle Wesen, zur Förderung und Sicherung ihres Heils, (ianz folgerichtig heißen dann auch die Thüpas in der Sprache der Kirche aller Zeiten: ^i^ lingt'a, »Thüpas göttlicher Macht, Kraft und Wirkvmg«. Die in ihnen beigesetzten Sarira's waren somit für die Erhaltung und Blüte der Religion mindestens ebenso wichtig und unentbehrlich wie die Heilige Schrift, die aus dem Heiligen Lande massenweise herbeigeschafft und ins Chinesische übertragen wurde.

Begreiflicherweise hielten in der goldenen Zeit der Religion die Kaiser sich eine Sammlung von diesem kostbaren und gewiß sehr teueren lieiligen Gegcnstände'n und erstrebten einen stetigen Zuwachs derselben. Von Aar; 'l'su der / da )i(/-Dyna.stie, über dessen Frömmigkeit und Recht- gläubigkeit wir schon viel Erbaidiches vernommen haben, erzählt die Staats- geschichte seines Hauses noch (Kap. 54, Bl. 12 und 34), daß im i.Jaln-e der T^3A;^ '/yM«yta-<'«w9-Periode (529) das Reich :^:)^ Pan-pan mehrmals Cesandte zu ilini schickte, die Ziihne und Statuen, samt einem Thiipa als Tribnt l)rachten. sowie viele

Dil- Puyoden In China. 27

zehn Arten von Garfl- und Santal- Weihrauch; daß im 6. Jahre (534) von doi-t wiederum eine Gesandtschaft kam, die Sarira's aus dem Reiche -^j J^ Bodhi, samt Zeichnungen von Thfipas schenkten und auch noch Blätter de"s Bodhi-baums darbot, sowie Tse/i-zueker (^^^) und derartige wohlriechende Sachen. Im 2. Jahre derselben Periode (530) schickte ihm ^ Äff Pose (Persien) eine Gesandtschaft, welche ihm einen Zahn des Buddha darbot. Kaum war im Jahre 557 die 7><ffrt(7-Dynastie gestürzt, und da.s Haus ^ Tsm au ihre Stelle getreten, als der Stifter desselben schon am fünften Tag nach seiner

Thronbesteigung befahl, den Zahn des Buddha herauszutragen, auf dem Grundstück eines Tu JAu die vier Stände zusammenzubringen und eine große Erlösungsversammlung (ÄIi^"/r W) abzuhalten. Der Kaiser Kao Tsu kam selbst aus dem Palast heraus und machte vor dem Tor zeremonielle Verbeugungen. Unter der T^^ 7Vi-Dynastie (479 502) war dieser Zahn durch den verstorbenen (Jeistlichen T'wiy-fd dem Kaiser angeboten worden: man hatte ihn im Reiche ^ |^ Ö-tin (Hö-tin, Chotßn) erworben, und er hatte dann immer im buddhistischen Kloster oberhalb ^p ayk Ting-Iin gelegen, bis ihn im letzten Jahre der Periode ^^^ Tien-kiin (519) der .Sramäna Hui-hiny des ^^^ Är'in^-_;"«n-Klosters auf dem Berge x& Se' in Verwahrung nahm. Ais dieser im Sterben lag. übertrug er die Reliquie seinem Bruder Hui-tii, der sie im letzten .lahre der ^< ^. '/'■«'(«^-«/»«/-Periode (5541 heimlich zu Kao Tsu brachte, der sie jetzt berausbi-ingeu ließ (Kap. 2 der ^ ^- Ti'ni .^u, »Geschichtsbücher der 7!s-'r«-Dynastie«, Bl. 4).

Lo'-Jany, gleichwie Kien-jf ein Brennpunkt des Buddhismus in diesen Zeiten, wird auch wohl mit Zälmen und anderen Überresten des Herrn redlich versehen gewesen sein, denn das Ka-him-kl enthält im 4. Kapitel die Mitteilung, daß sich im ^ '^' i'^'-^MW-Kloster Sariras, Knoclien, Zähne des Buddha, Sütra's und Bilder befanden, welche in den Ländern des Westens gekauft waren. Wieviel solche heiligen Sachen da waren, und wieviel man sich dafiir hatte bezahlen lassen, das sagt uns leider die Geschichte nicht.

Aus der Mitteilung, daß der Stifter der r.!5V«-Dynastie bei seiner Tlironbesteigung den Zahn des Buddha herausbringen ließ zu einer All- gemeinen Erlösungsversammlung von Geistlichkeit und Laien, folgt, daß Reliquien nicht immer tief in den Thüpas vergraben oder in unerreich- l)arer Stelle beigesetzt wurden. Das bestätigt auch der berühmte Finger- knöchel Buddhas, der in der 7' a«y-Zeit in ^^ Funy-slany im ^^ ^ ^ :^ ^^ "Tlmpa des die Dynastie beschützenden heiligen Wesens« aufbewahrt wurde. Einmal in dreißig Jahren wurde dieser Thüpa geöffnet, und dann »war die Jahresernte üppig und der Mensch auf dem Höhepunkt seiner Wünsche« (j^^A^^)- -^'s """ auch 819 die Öff"nung stattfand, ließ der Kaiser den Knöchel durch Pala.stbeamte feierlieh abholen und in der Rcichshaupt-

4*

28 n K (I i{ o o T :

Stadt ^ ^ Tsang-nymi (jetzt Si-nqan fu) in den Palast tragen, während er selbst von einem Stockwerk die Prozession mit ansah : nnd als die Re- liquie drei Tage im Palast gewesen war, wurde sie nach den verschie- denen Klöstern geschickt. Massenhaft strömte das Volk herbei, hoch und niedrig spendete seine Gaben und opferte seine Schätze; viele ließen sieb zum Geistliclien weihen und dabei Wunden auf Kopf und Arm brennen. Diese Dinge empörten den Staatsmann ^; ^ Hein Jii. Er bot dem Kaiser seine immer berühmt gebliebene Eingabe an, in der er den Buddhismus mit scharfem Spott angriff und dem Kaiser riet, er solle das faule Ding ins Wasser oder Feuer werfen. Dieses Dokument ist an anderer Stelle in Übersetzung wiedergegeben'. Daselbst ist auch mitgeteilt, daß die Kaiser der Jfm^-Dynastie sich eine große Sanmilung von Sanra's hielten, bis im Jahre 1536 ^^ »S« Tsung die buddhistischen Tempelgebäude, welche im Palast standen, abbrechen, die Bilder zertrümmern und den ganzen Re- liquienschatz, der insgesamt wohl tausend Pfund wog, außerhalb der Mauern verbrennen ließ'.

Es ist somit nicht unwahrscheinlich, daß die kleineiL Thüpa von großer Schönheit und Kunstfertigkeit, von denen sich eine ansehnliche Zahl im '^^ »Buddha-Saal« des Kaiserpalastes befindet', teils oder sämt- lich aus der Ming-Aeit stammen und während dieser zur Aufbewahrung des großen kaiserlichen Sarirasch atzes dienten. Natürlich ist nicht ausge- schlossen, daß einige, vielleicht alle, unter der Mantschu-Dynastie ange- fertigt worden sind und daß auch diese einen Reliquienschatz besaß. Auch manches Kloster, das sich des Besitzes von Sarira's erfreut, bewahrt sie in einem kleinen Thiipa auf. Dieser ist mitunter kaum einen halben Meter, mitunter wohl bis drei Meter hoch und häufig einem quadratischen Grab- thüpa ähnlicli. Er ist aus Stein, Porzellan, Bronze oder sogar Eisen und trägt oft die Inschrift ^T^lj^t^, »Kostbarkeitenthüpa für Sarira's«. & steht zumeist in der großen Kirche des Klosters im Schatten der großen Statuen des Triratna. Das ]^^<,^ Jvng-ts'uan se, »Kloster der sprudeln- den Quelle« bei Fu-Uou, der Hauptstadt von Fu-klan, besser unter dem Namen _g^ \[\ Kii-san-K\ostev bekannt, besitzt einen Zahn des Buddha und

' »Sectarianism and Religious Persecution in China«. S. 53fF. 2 Ebenda, S. 88.

' Zwei, einer aus Porzellan und einer aus Metall, sind photographisch abgebildet auf Tafel 90 und 91 von Oi^awas »Pliotographs of Palace Buildings of Peking«, 1906.

Dil' Pa(jo(Jen in China. 2'.)

einige in einer kleinen Urne aus glasartiger Substanz enthaltene Sanras. Es bewahrt das alles auf in einem mit Gitterwerk verschlossenen Ta- bemakelchen, das in einen kleinen quadratischen Thüpa eingebaut ist, der wie ein Grabthupa aussieht, ein paar Meter hoch ist und in einer Kapelle steht, die "^^Ij^ »Sarira-( trotte« heißt. Der Zahn läßt sieh ohne weiteres als ein vom Alter gebräunter Backenzahn eines Elefanten erkennen. Die Mönche bemühten sich sehr, mich durch die Wände des Urnchens vom Leuchten der Sanras zu überzeugen, jedoch es wollte ihnen nicht gelingen. Diese kleinen heiligen Gegenstände schienen Edelsteinchen oder Fragmente einer glasähnlichen Substanz zu sein.

Drittes Kapitel.

Der Thüpa, der Leuchtturm des Weltg-esetzes.

Das zweite Kapitel hat uns in einige Hauptgrundsätze der esoterischen Lehre des Mahäyäna-Buddhismus eingeführt, die da lauten:

1. Dharma, chin. ^ fo\ »Gesetz«, ist das Weltgesetz, die Welt- ordnung, und die Buddhas sind seine Verkünder, das Licht der Welt.

2. Sarira's > Buddha Säkya sind Elemente des Dharma, dessen Licht und Geist.

3. Thüpas, aus denen die darin beigesetzten Sarira's strahlen, sind Werkzeuge zur Verbreitung des Lichts des Dharma und somit zur Förderung des Heils aller Wesen. Folglich ist jeder Thüpa ein Heiligtum des Dharma, also das Weltall im kleinen, ein Mikrokosmos. Umgekehrt wird das Weltall als ein Thüim dar- gestellt; nach Hod(;son' stellen die 13 Stufen der Pyramiden der Caitya's die 1 3 Bodhisattva-Himmel der buddhistischen Kosmo- graphie dar und ist die Stange der Akanistha-Himmel, der höchste des Adibuddba (Dharmaräja?).

Logischerweise gehen aus diesen Lehrsätzen die folgenden hervor:

4. Dharma, das Weltgesetz, und Buddha, sein Licht, oder viel- mehr die Myriaden von Buddhas, welche Sonnenperioden oder

' Bei Kern II. S. 140.

30 1>K <" KOOT :

Tage vorstellen, haben zusammen einen einzigen Thron inne, nämlich den Wcdtthüpa.

5. Dharma und Buddha bzw. die. Buddhas, bilden eine Zweieinigkeit, insbesondere, wenn der Buddha abends ins Nirväna eingeht und sein Licht dadurch vom Weltgesetz absorbiert wird.

6. Dharma bringt durch Selbstteilung die Buddhas hervor, und diese leuchten, predigen, somit durch den Willen oder auf Anregung des Dharma.

7. Der Dharma selbst ist Buddha, ein Wesen höchster Weisheit, zwar der allererste, allerhöchste (Adi-)Buddha, aber dennoch ein Buddha; denn eine höhere Weisheit als die der Buddhas, die den Dharma vollständig verstehen und deshalb mit ihm sogar einheitlich sind, kann es nicht geben.

Es wird in diesem Kapitel zu beweisen sein, daß diese fundamentalen Sätze der esoterischen Kirchenlehre auf grundlegenden heiligen^Schriften beruhen, daß die Thüpas für die Vorherrschaft dieser Lehrsätze als Zeugen dastehen und durch ihre Rolle, Gestalt und Verzierung selbst die Beweise liefern für ihre Stellung als Heiligtümer zur Verbreitung des Lichts des Dharma.

In auffallender Weise pflegt die Mahäyäna-Kirche die Buddhas als Lichtgötter darzustellen, und zwar insonderheit den Buddha Säkya, wenn sie ihn auftreten läßt als Prediger der Lehre, also, wie es in der Kirchen- sprache lautet, i^V^f^ »das Rad des Dharma, des Weltgesetzes, drehend«. Morgens tritt das Licht der Welt aus dem Zustand des E£fl^ samädhi, der Geistesruhe, heraus, vollbringt seinen täglichen Kreislauf und sinkt abends ins Nirväna. Jeden Tag erscheint also ein neuer Bodhisattva, der leuchtend allen Wesen den Dliarnia offenbart, sie dadurch weise, bodhi, selig macht, auch weil er die Dämonen des Dunkels und des Übels, die Mära's, vertreibt oder vernichtet. So sind in der Vergangenheit unzählige Sonnen als Bodhisattvas erschienen, haben die Wesen zur Seligkeit geführt und sind darauf als Buddhas ins Nirväna gesunken; und eine unbegrenzte Anzahl wird zu dem gleichen Zwecke das Rad der Weltordnung drehen bis in alle Ewigkeit.

Die Darstellung des Buddha als Weltlicht kommt schon zum Aus- druck in der auf S. i wiedergegebenen alten Legende, wonach im ersten christlichen Jahrhundert der Buddha dem Kaiser l\Hn(j erschien »als ein

Die Pagoden in China. 81

goldenes Wesen, dessen Schädel leuchtete wie die Sonne und der Mond zusammen«, also wie das Licht der Welt. Ebenda haben wir auch gelesen, daß die aus Indien gebrachten Bücher der Lehre und des Geistes Buddhas ein helles Licht ausstralilten, so daß die Gläubigen ihnen mit Weihrauch und Speisen Opfer darbrachten, als seien sie der Buddha selbst. Sütra's aller Art sind, wie die Kirche lehrt, durch Predigten des Buddha ent- standen, und sie malen ihn, wenn er zu predigen anfängt, als die auf- gehende, hell leuchtende Sonne. Mit ganz besonderer Klarheit und Be- tonung schildert ihn so das wichtigste aller heiligen Bücher, das ^1^;^^ Fan icang kiny, »Sütra des Netzes Brahmas«, Brahmajülasfitra. Es ist das Buch der höchsten Gebote der Kirche, welche bestimmt sind, von allen Wesen aller Welten befolgt zu werden und diese somit dem Zustand der Bodhisattva, also der höchsten Wei.sheit und Seligkeit, zuzuführen. Es ist daher das Alpha und Omega des Wegs zum Heil, des Mahäyäna; es ist das Mittel, wodurch die Kirche ihre erste und höchste Aufgabe, aus allen Wesen Buddhas zu machen, erfüllt. Es entstand aus dem Dharma, den es ^^^[J Ui-sa-na nennt, und zwar in der Weise, die wörtlich wie folgt in den ersten Blättern des Buches beschrieben ist ' :

Damals befand sich der Buddha .Säkyainuni in dem Palast des Himmelskönigs 1^ ilüifc ^k Sfi- Mahesvara (Brahma), der in der vierten Welt des dhyäna liegt, in Begleitung des unermeß- lichen Himmelskönigs -hr ^^ Mahäbi-ahma und einer unsagbaren, unaussprechlichen Menge von ^■^ Bodhisattva's (Sternen); und er predigte über die Lehrgegenständc bezüglich der jlV^

Gemütszustände« und ^Ujj »Lagen- (des Boddhisattva), welche Losana, der auf der ^S^^^^

Lotusblumcnterrasse« thront und die Welten umschließt, verkündet. Das Wesen des Säkya entsandte ein Licht der Weisheit, das aus dem Palast dieses Himmelskönigs in die von der Lotusterrasse umschlungenen Welten leuchtete. Alle möglichen mit Leben begabten Wesen, die in allen Welten dieser Welten bestehen, sahen sich einander an, voll F'reude und .lubel, vermochten aber noch nicht, dieses Licht zu begreifen. Es entstanden in ihnen (iedanken des Zweifels über Zweck und Grund dieses Lichts, und dasselbe war auch mit den zahllosen Devas und Menschen der Fall. Da. aus der Menge, erhob sich ein Bodhi- sattva, der ^jS^1^3fei. '^ö'""' ^** mystisch alles durchdringenden, glorreichen Lichts» (die Sonne), aus dem ^^Hi^ samädhi (Geistesi-uhe) seines allerherrlichsten. glorreichen

Lichtglanzes. Mittels Buddhas göttlicher Kraft ließ er ein ;^ |i^l) 3fe "Zauberlicht" von der Farbe einer weißen Wolke aus sich herausstrahlen, ein Licht, das alle bestehenden Welten ohne Ausnahme erleuchtete, und in dem die ganze Schar der Bodhisattva's zusammenkam. Einmütig, al)er in verschiedenen Sprachen fragten sie dieses Licht, was für ein Zeichen es

' Der chinesi.sche Text wird hier nicht wiedergegeben, da er in »Le Code du Mahäyäna en Chine« auf S. 14 ft". abgedruckt ist.

H2 . DE Groot:

wohl wäre. Daraul' nahm Säkya diese große Menge Wesen diesel- Welten in seine Arme und kehrte mit ihnen in die von der Lotusterrasse umschlungenen Welten ein, ins Ä' ;^ P||]

^(f^ HB 'ö' pb »Innere des Palastes der roten Zauberlichter« (Sterne), welche hundertmal zehntausend Millionen an Zahl sind. Dort erblickten sie den Buddha Losana auf seinem Thron von hundertmal zehntausend Milli(men von Lotusblumen, in glorreichst glänzendem Lichte. Säkya und die großen Scharen brachten gleichzeitig dem Buddha Loiana zu seinen Füßen zeremonielle Ehrung dar, und darauf sprach der Buddha Säkya:

»Wie können alle lebenden Wesen auf der l{!rde und im Luftraum, welche sich in dieser Welt befinden, den Weg (j^ Tao) finden zur Vervollkommnung in den zehn Lagen, welche den Bodhisattva bilden;' Und wenn sie dann im BegriflF sind, das Buddhatum zu erreichen, welche Arten von Zeichen lassen sie dann sehen'.' Im Einklang mit der Grund- eigenschaft der Natur der Buddhas' befrage ich dich ausführlich übei- die .Saat der Bodhi- sattva-heiligkeit. «

Da emj^fand der Buddha Losana sogleich eine große Freude. Er offenbarte die Natur seines im Luftraum leuchtenden Wesens, den samädhi des ursprünglichen, Buddhas bildenden, ewig dauernden y4r ^' "Dharmawesens» und verkündigte den großen Scharen folgendes:

»Ihr alle hier, die ihr Kinder- der Buddhas seid, höret mit Andacht, denkt wohl über meine Worte nach und benehmt euch dementsprechend. Ich selbst habe seit hundert ^S/S

IW'^ÜK asankhyeya (eine unzählbare Anzahl) von Jjfj kalpa (unberechenbar großen Zeiträumen) mich in den Gemütszuständen und Lagen (des Bodhisattvatums) geübt, und habe sie zum Ge- genstand meiner Bestrebungen gemacht. Zuerst warf ich alles Weltliche ab, und so habe ich mich stufenweise vervollkommnet bis zur wahren Ä Erwachung (Weisheit), welche Losana heißt, und auf der Terrasse der Lotusblumen wohnt, die den Ozean von Welten umfaßt. Diese Terrasse hat ringsum tausend (L(jtus-) Blätter, und jedes Blatt ist eine -H}" R^ Welt, so daß es tausend Welten gibt; ich selbst verwandle mich in tausend Säkya "s, welche diesen tausend Welten entsprechen, und dann gibt es in der Welt jedes Blatts wiederum hundert Millionen Sumeru's, hundert Millionen Sonnen und Monde, hundertmiUionenmal vier Reiche, hundert ^Millionen südliche Jambudvipa's mit hundert ^Millionen Bodhisaltva's Säkya, die unter hundert Millionen Bäumen der Weisheit sitzen und alle die Gemütszustände und Lagen der Bodhisattva"s predigen, über die ihr mich befragt. Die übrigen 999 .Säkya"s manifestieren sich jeder für sich als tausendmal hundert Millionen .Säkya's, die auch das- selbe tun. Somit sind die Buddhas auf den tausend Blättern meine eigenen Umgestaltungen, die tausendmal hundert Millionen Srikya"s sind Umgestaltungen dieser tausend .'^äkya's, und ich bin daher auch ihr Ursprung, der Buddha Lo.sana heißt.« (Vgl. S. 30, Satz 6.)

Und nun beantwortete Buddha Losana der l^otusterrasse, welche die Welten umfaßt, ausführlich die Frage der tausend und der tausendmal hundert Millionen .Snkvas über den Lehrgegenstand der Gemütszustände und Lagen des Bodhisattva . . .

Klar und deutlicli tritt uns hier die folgende kosmische Darstellung entgegen :

Es besteht ein Buddlia, Namens J^^]^^ Lö-Sa-na (Losana), der auf einer Terrasse aus Lotusblumen thront, welche alle Welten (jit^) imi-

AUe Wesen zur Seligkeit zu führen.

Die Pagoden in China. !}3

faßt. Hell leuchtend verkündet er allen lebenden Wesen die Lehre des Heils und offenbart ihnen dabei seine Natur ('|^) , seinen Dharina oder Gesetz (^), das alle Bodhisattvas hervorbringt. Das heißt also: Losana ist das alles umfassende und alles beherrschende Weltgesetz (vgl. S. 29, i.Satz), dessen leuchtende Kraft alles Gute und Heilige schafft. Die tausend Blätter des Lotus, der seinen Thron bildet, sind tausend Welten, von denen jede von einem Bodhisattva Säkya, der ein Teil des Lichts des Weltgesetzes, des Losana, ist, durch Verkündung des Dharma zur Heiligkeit hinaufgeführt wird (S. 29f., Satz 4 und 6). Jede dieser tausend Welten enthält hundert Millionen von kleineren Welten, Tagen, Jambudvipas, jede mit einem Sumeru- berge als Mittel])unkt und einem aus jenen tausend Säkya's entstandenen Bo- dhisattva Säkya, der unter einem bodhimanda, einem Baum der Weisheit, die Lehre predigt, welche alle Wesen stufenweise in die Gemütszustände {t^) und die diesen entsprechenden Lagen (;ttjj) führt, welche in der Heilig- keit der Bodhisattvas enden. Das Verkünden fängt an, wenn die Sonne sich morgens aus ihrer samädhi oder Geistesruhe erhebt, das ganze Weltall mit ihrem vajra (^p^l])- oder Zauberglanz durchdringt (S. 29, i.Satz), und alle Bodliisattvas, Lichtgötter zweiten Ranges, Sterne, sich darin »ver- .»iammeln« oder in ihm aufgehen.

Vom System der Mahäyäna-Kirche Cliinas ist diese transzendentale Verkündung der Heilslehre der Grundstein. Vom leuchtenden Weltall selbst gepredigt, bezweckt diese Lelire die Seligmachung jedes Wesens mittels einer Disziplin, welche zur Vervollkommnung eines Bodliisattva liinauffülirt, eines Wesens, das die höchste Weisheit, bodhi, besitzt und um ein Buddlia zu werden, nur noch ins Nirväna zu treten brauclit. Diese Disziplin besteht im Nachleben der 48 Gebote des heiligen Fait wang king, das deshalb, der Lelire nach, von aller Ewigkeit her immer und immer wieder vom Weltenall und den daraus entstehenden Buddhas und Bodhisattvas allen lebenden Wesen der Myriaden von Welten gepredigt wird. Die Ver- vollkommapng vollzieht sich stufenweise, indem die Disziplin den nach Heiligkeit Strebenden in die »Gemütszustände« und »Lagen« versetzt, welche somit die regelmäßige Zunahme der Heiligkeit kennzeichnen, und deren letzte und höch.ste Lage derart ist, daß ff '{'4: >\. 'IW» W- "Wesen und Natur in die Welt der Buddhas eintreten«, also ins Nirväna eingehen. Somit hat Losana durcli die Verkündung des Systems der Gemütszustände und Lagen die von ihm emanierenden Buddhas und Bodhisattvas der Milliarden Phil.-hist. Ahh. nun. Ar. 11. .j

H4 1> F. (i K OO T :

von Welten zum Predigen der -i8 Gebote Aeranlaßt und damit alle Wesen des Universums das ^ Tao, den »Weg« zur Heiligkeit der Bodliisattvas und Buddlias eröffnet. Das Bucli dieser (iebote ist folglich das wichtigste und vornehmste aller h\iddhistischen Scliriften, denn ohne den von ihm bedingten Weg zum Heil hätte der Buddhismus überhaupt keinen Daseins- grund. Es bildet an sich schon das Mahäyäiia, »den großen Weg« oder das -^^ «große Fahrzeug« zur Heiligkeit. Auf diesem Wege strebten .schon in der anfangslosen Vergangenheit alle Wesen des Ozeans von Welten dem Nirväna zu; sie werden es auch immer in der endlosen Zukunft tun. Die Lehre, daß Losana und die voji ihm erzeugten leuchtenden Bodhisattva's dieses universistische und universale Oesetzbuch verkündet haben, will somitschlecht- hin sagen: alle Kräfte, welche im Weltenall wirken, gehen vom höch.sten Weltgesetze aus und verkünden einmütig den Weg zum Heil.

Durch Übersetzung und Bearbeitung des Fan icang king' habe ich schon vor vielen Jahren diese Seligmachungsdi.szi[)lin ausführlich beschrieben luid dabei nachgewiesen, daß die Klöster des JVIahäyäna-Buddhismus Anstalten sind, welche speziell zum Zwecke der Übung in dieser Disziplin erriclitet sind und unterhalten werden. Ein erheblich großer Teil der 48 Gebote bezieht sich auf die Hauptptlicht eines joden nach Seligkeit Strebenden, nämlich möglichst viel Wesen selig zu machen und ihnen zu diesem Zwecke die Heilslehre zu verkünden. Also ist Predigen der heiligen Schrift imd der Lehrsätze der Religion im Kloster tägliches Werk: Bekelirung durch Belehrung ist dort die heilige Ptlicht jedes Mönchs, der durch feierliche Annahme der Gebote, welche eine Art geistliche Weihung bildet, schon auf dieser Erde ein Bodhisattva geworden ist. Er soll dadurch dem Beispiel seines Meisters, des Bodhisattva Säkya, folgen, der. bevor er ins Nirväna der Buddhas einging, unsere Welt durch Verkündung der Heilslehre selig machte. Damit ist eng verknüpft das Bestreben jedes Klosters, heilige Schriften zu drucken. Zumei.st aber erfüllen die Klostergeistlichen die hohe Pflicht der Propaganda dadurch, daß sie entweder jeder für sich, oder in kleineren oder größeren (rruppen einstimmig aus heiligen Büchern halblaut lesen, damit ihre aufklärende, bekehrende, heilbringende Licht- kraft den Luftraum durchdringe und somit auch übel jeder Art, wie Dürre, übermäßigen RegenfalL Heuschrecken. Krieg, abwehre. Kurzum, mit dem

' »I.e Code du Maliäyüna ni Cliiiie" ; Viriiandclingen der Kon. Akademie van Weton- scliappcn t(> AiiistiTd.-iiii. iSij;?.

IHf Ihujodiu in China. ' 35

Dharma des Weltalls und den Buddlias wirkt der Sangha, die Gemeinde, einträchtig Hand in Hand zur Yerwirklicliung der großen Aufgabe: der Aufklärung und Erlösung der Wesen ; und so scheint das Licht der Klöster möglichst weit in die Welt hinein, nach allen Seiten, vom frühen Morgen an, so lange das Licht des Losana die Welt bescheint.

Gleichwie das Weltenlicht, sobald es am Firmament erscheint, das Licht der Bodliisattvas, der Stenie, absorbiert oder, wie das heilige .Sütra der Heilsgebote sich ausdrückt, die ganze Schar der Bodliisattvas in sich sammelt (s. S. 32), ebenso ist es Glaubenswahrheit, daß, wenn im Kloster Sütras gelesen oder Lehrreden gehalten werden, das heißt, die Heilslehre leuchtet und »das Rad des Dharma sich dreht«, die Buddhas, Bodhisattva's imd Mahäsattva's herbeiströmen wie die Wolken am Himmel, um die Heils- lehre anzuhören. Dementsprechend werden sie am Anfang dieses heiligen Werks mit einem Gesang begrüßt, und ihnen wird mit einem WeihraucJi- opfer gehuldigt. Daher auch sind gedruckte Sütras häutig mit einem Titel- blatt illustriert, das Losana oder Säkyamuni darstellt, inmitten der Wolken auf dem Lotus thronend, mit einer leuchtenden, runden Scheibe hinter dem Kopf und einem Scliild in der Form einer sich leicht zuspitzenden, gezackten Flamme im Rücken; ein leuchtender Strom von Weisheit entfließt seiner Fontanelle und verbreitet sich nach beiden .Seiten hin über die Köpfe einer frommen Schar stehender Bodhisattva's und Mahäsattva"s mit Lichtscheiben hinter dem Kopf, und über Buddhas, welche liöher im Luftraum auf Lotusblumen sitzen. Unter den Zuhörern entdeckt man auch die »Könige der vier Weltgcgenden« (vgl. S. 12), nämlich des Ostens, Westens, Südens und Nordens, welche somit den letzten Zweifel bannen, daß es sich hier um eine religiös-kosmische Darstellung handelt'.

Es ist also die erhabene, hehre Bestimmung jedes Klosters der Kirche des »Großen Wegs«, eine heilige Stätte zu sein, wo alltäglich das Rad des Dharma gedreht wird, das somit die Lehre des Heils nach allen Seiten hin entsendet. Seine Wirkung, die die Wesen zum Heil emporführt, wird in hohem 3Iaße gesteigert durch drei große, einander fast älinliche Bilder,

' Kille schöne, aus der Klostcrinsel -^ ßt /*'«-< o im -^Ij- llj Tion-ian-ArchitpuX her- nihicnde AbbiMiing gibt Boehschmann im ersten Bniul, .S. 86 .seines Werkes: »Die Bauk\inst und religiöse Kultur der Chinesen«. Die IJntei'Sclirill: -Kuan-yin mit Göttern uml Heiligen" ist aber fnlsch, wie fast jede Krklärung und tlbersetzung, die das übrigens so schöne Werk enthält.

H6 DE (iROOT;

welche den Haupti^latz im Kloster einnehmen, und zwar im Schiff des Hauptgebäudes, der ^A;^^^ ta-Mung um, »Halle des Großen Männlichen«, d. h. Halle der männlichen Seele des Weltalls, des ^ Jang, des Lichts der Welt. Dort sitzen sie über dem Altar nebeneinander, mit unterge- kreuzten Beinen, auf je einem Throne, der die Gestalt eines Lotus hat und ebenso wie die Bilder selbst gänzlich vergoldet ist. Der Dharma, Losana, das Weltgesetz und somit auch die heilige Religionslehre, sitzt in der Mitte; zu seiner Linken sitzt der Buddha, der dieses Dharma in unserer Welt verkündete, und auf seiner rechten Seite sitzt der Sangha, die Gesamtheit der Wesen, insbesondere die Geistlichkeit und die Gemeinde, die auch fortwährend das Rad des Dharma drehen. Diese drei leuchtenden und predigenden Weltkräfte heißen ^^ 'SV/ra pno, »die drei Kostbar- keiten«, das Triratna. Ihre halbgeschlossenen Augen bezeugen tiefe Ver- senkung in Gedanken (dhyäna, samädhi); die erhobene Hand zeigt die Haltung des Predigers; die Goldfarbe, die gezackte oder ungezackte Licht- scheibe oder ein derartiger Lichtring am Kopf und die große, buntbemalte und vergoldete Flamme im Rücken kennzeichnen die Lichtgötter. In vielen Klöstern befindet sich an Stelle der drei Bilder nur ein einziges, das ent- weder Losana oder Säkya oder beide vorstellt (s. S. 29f, Satz 4 und 5). Es ist also in der Mahäyäna-Kirche Chinas Voraussetzung, daß in den Bildern ihrer Heiligen die Seele, der Geist dieser Wesen enthalten ist; freilich, die Idolatrie dieser Kirche, gleichwie alle Idolatrie in der Welt überhaupt, hat ihren Daseinsgrund einzig und allein in diesem Glauben. Er entleiht Sinn und Kraft dem uralten Hauptgrundsatz aller chinesischen Philosophie und Religion, daß das Weltall ein Organismus ist, in dem zwei Seelen wohnen, deren eine ^ Jang heißt und die erzeugende, be- fruchtende Himmelskraft, Wärme und Licht ist, die andere, ^ Jin, Kälte und Dunkel. Alles Bestehende ist aus der Zusammenwirkung dieser beiden Allseelen entstanden; nicht nur die lebenden Wesen, sondern auch die Dinge, welche wir als tot betrachten, enthalten eine Mischung von Jang und Jm, also eine Doppelseele, welche um so reiner, besser und voU- kommner ist, je mehr darin das Jang, die Quelle alles Guten, überwiegt und vorherrscht. Die Jatig-Seele heißt jji^ Sm und bedeutet Leben, Reinheit, Tugend, Verstand, Weisheit, Vernunft; sie wird bei höherer Entwicklung zur Göttlichkeit, die gleichfalls durch das Wort sm bezeichnet wird. Die chinesische Religion ist somit polytheistisch und universistiseh. Ihre Götter

üie Pagoden in China. 37

sind von reinem Jang beseelte Wesen, also Wesen des Lichts, die den Kosmos erfüllen und beleben, nicht bloß Himmel, Sonne, Mond und Sterne, sondern auch Wind, Regen, Donner, Wolken, Seen, Berge, Felsen, Flüsse, Tiere, Pflanzen und sogar Gegenstände aller Art. Voran unter diesen be- seelten Gegenständen stehen Götzenbilder, welche in zahllosen Mengen in China die Heiligtümer bewohnen, und von denen jedes einen größeren oder kleineren Teil des sm der Gottheit, die es vorstellt, enthält, also ihre ^ ling oder Gotteskraft und Macht (vgl. S. 4).

Der Glaube an das Beseeltsein von Götzenbildern hängt natürlicher- weise eng zusammen mit der einfachen Menschen und Völkern eigentüm- lichen Eigenschaft, Bilder mit den Wesen, die sie vorstellen, mehr oder weniger scharf zu identifizieren. YAn Bild erweckt den Gedanken an ein lebendes Wesen, und dieser Gedanke ist kräftig genug, um einen anderen, daß nämlich das Bild nui* lebloses Holz oder Ton sei, vollständig beiseite- zudrängen. Insbesondere muß das für das chinesische Volk gelten, dem der Glaube an das Beseeltsein eines jeden Gegenstandes seit uralten Zeiten im Blut saß, unrl in welchem das Vermögen, Mögliches vom Unmöglichen zu unterscheiden, nie zur Entwicklung gelangte. Assoziation von Bildern mit den Wesen, die sie darstellen, wird somit Identifikation, sowohl körper- lich wie seelisch. Man hat sie alle Zeiten hindurch zu Tausenden in den Heiligtümern errichtet, auf daß die Götter ihre Seelen darin niederlegen, insonderheit wenn die Geistlichkeit durch Opfer und andere Feierlichkeiten, Zauberworte und Zauberzeichnungen sie dazu einladet oder sogar nötigt. In der Literatur äußert sich der Glaube an das Beseeltsein von Bildern in zahlreichen Berichten über wimderbare Dinge, die sich mit denselben zugetragen haben; sie sollen z. B. geseufzt, geweint, gezittert, geschwitzt, geblutet, geleuchtet, Arme und Beine bewegt, gesprochen, ihre Köpfe ab- geworfen haben und so weiter'.

Wird also in den großen Klöstern, den durch das höchste Weltgesetz berufenen Propagandastätten der Heilsreligion, mit aller Kraft die Aus- strahlung des Lichts der universellen Weisheit oder bodlii instand gehalten und gefördert, so kann es auch nicht wundernehmen, daß neben den vielen dazu dienlichen Mitteln auch eines erdacht worden ist, wodurch sich von dortaus dieses Licht in weiteren und breiteren Kreisen über die zur Selig-

' Ausführliches über diesen Gegenstand in -The Religious System of China«, Bd. IV, Kap. XIII, »On thc aiiimation of lifeless njatter«.

38 JJ E G K O O T :

keit berufenen Wilson hinaussenden ließe. Dieses Mittel ist der Thujm. Kr r;igt im Bannkreis des Klosters ülier die übrigen Gebäude hoch empor und ist absichtlich auf einer natürlichen oder künstlichen Anhöhe errichtet; denn je liöher ein Leuchtturm, desto weiter sein Lichtkreis. Das Bestreben, die Thüpas so hoch, wie die Baukunst es ermöglicht, aufzuführen, tritt, wie bereits erwähnt (s. S. i i), in ihrer Struktur klar zutage. Viel wirkungs- voller als vom Altar der großen Kirche des Klosters aus besorgen Losana, seine Buddhas und die Bodhisattvas die Ausstrahlung ihres leuchtenden Geistes durch Vermittlung des Thupa; und mit einem Schlage erklärt sich nun, weshalb in den Pagoden, welche Stockwerke haben, in jedem dieser Räume gegenüber den Fenstern Altäre mit einem Buddhabild oder mehreren Bildern von Buddhas und Bodhisattvas angetroffen werden, oder weshalb solche Bilder in Nischen auf der Außenseite angebracht sind, so daß sie ilir Licht ganz frei nach allen Seiten hin entsenden können (vgl. S. lO). Auch wird nunmehr klar, weslialb auf vielen großen und schönen Thüpas die Bilder außen und innen besonders zahlreich sind, denn je größer ihre Zahl, desto stärker die Wirkung des Turms: entsendet doch Losana sein Weltlicht durch Vermittlung seiner Myriaden von Buddhas, seiner sakti oder Kräfte.

Also ist jeder Thüpa der Thron des Losana, seiner Buddhas und noch nicht ins Nirvfina gegangenen Bodhisattvas, welche die Seligkeit der Wesen bewirken. Seine Stockwerke oder Gliederungen stellen die übereinander- gestaffelten Himmel der Kirchenlehre dar (vgl. S. 29, Satz 3). Daß ihre Zahl ungerade sein muß, wird durch altchinesische philosophische Grund- sätze unabweisbar bedingt, denn diese setzen fest, daß die ungeraden Zahlen dem JdiKj, dem leuchtenden Himmel (vgl. S. 36), entsprechen, die geraden Zahlen dagegen dem Jin, der Dunkelheit'. Eine Pagode mit einer geraden Zahl (Gliederungen würde somit die Aufgabe, Licht auszustrahlen, unmög- lich erfüllen können. Auf die Stellung der Pagoden als Darstellungen des Weltalls weist auch die Tatsache hin, daß weitaus die Mehrzahl acht gleiche, nach den acht Himmelsgegenden orientierte Seiten hat, und daß es da- neben auch viele quadratisclie gibt, die aller Wahrscheinlichkeit nach den vier Hauptpunkten des Kompasses zugewendet sind. Den Beweis, daß diese Orientierung eine beabsichtigte ist, bringen die Statuen der »Könige der vier Hhnmelsgegenden«, welciie (s. S. 12, 39, 43) axif oder in manchem Thüpa abgebildet oder neben ihm errichtet sind.

' Hierüber »Universismu.S", S. 143 f.

Proiß. Akad. d. Wissenscli.

l'hiL-Jnst. Ahh. l'Jl'.l. Xr. 11.

Dir Pagoden in China. . ."{D

Infolge der Kircliciilelire ist der Thron des Weltgesetzes eine Terrasse aus Lotusblumen; die Blätter dieser Blumen sind die zahllosen Welten des Kosmos, und auf jedem Blatt predigt ein Säkya die Lehre des Heils (s. S. 32). Es sei jetzt durch Beschreibung einiger namhafter Thvipas, die Hmiderte von Ausländern sich angesehen haben, welcJie von vielen plioto- graphiert, jedoch von keinem mit Sorgfalt besclirieben Avorden sind, dar- getan, daß sie Naehalimungen dieser Terrasse des Losana sind und sicli selbst also kennzeichnen als Throne des leuchtenden Weltgesetzes, als Leuchttürme des Dharma. "

1. Der Thüpa des 7"teM-»*«g--Klo8ters.

Auf der Westseite Pekings steht das 3^ h^ 7" «Vw-m'wy- Kloster, »der iiimmlischen Ruhe«, das nachweislicli ein Alter von 14 Jal)rhunderten hat. also von den bestehenden Klöstern eins der allcrältesten ist. Von seinem achtseitigen Tlnijja (vgl. Taf. IV^ 2) stellt der schwere, massive Unterbau die Lotusterrasse des Losana dar. Dieser Unterbau steht auf einem mächtig vorspringenden, schönen Sockel, der eine Gliederung trägt, worin sich auf jeder der acht Seiten eine Reihe von sechs Ni.schen befindet, jede Nische mit einem sitzenden, predigenden Buddha. Darauf folgt ein verziertes (le- sims, worauf ein zweiter Kranz von solchen Nischen und Statuen ruht, -SO daß die Gesamtzahl der Bilder 96 beträgt. Nun kommt ein auf den acht Seiten stark vorspringender, von schönen Konsolen gestützter Sockel, inid' darauf ruhen die Lotusblumen der Terrasse, in zwei Reihen übereinander- geschichtet. Auf jeder Seite liegen 24 Blumen, durch eine Reihe von Lotusblättern getragen.

Auf dieser Lotusterrasse erhebt sich der Thüpa. Seine unterste Glie- derung ist etwa so hoch wie die Terrasse und mag wohl bis zu ein.eni Drittel der Höhe des ganzen Turms hinaufragen. An jeder Ecke steht ein Pila-ster, mit Drachen verziert. Vier der gegen die Kardinalpunkte orientierten Fassaden haben in der Mitte eine gewölbte Pforte, von stehen- den Figuren der Könige der Weltgegenden llankiert: die vier anderen Fas.saden haben ein Gitterfenster mit einem stehenden Buddha oder Bod- hisattva auf jeder Seite. Die zwölf oberen Gliederungen werden <lurcli dreizehn vor.springende Dächer mit glasierten Ziegeln gebildet. Balkonc hat der Thüpa niclit. Das zeltartige Dach krönt ein achtseitiger (»ipfel, der sich beschreiben läßt als eine Art Vase, über der eine ähnliche um-

40 I) i: G R o o T :

gekehrte Vase hängt, worauf eine sich zuspitzende Kugel, ^% »Feuer- oder Lichtperle« genannt, den Abschlußknauf bildet.

Aus den j|j| ^ /fif 7^^ &un-Vien fu tä, » Gedenkschriften vom Bezirk §un- t'ien« (Kap. 17, Blatt 5), lernen wir, daß das T'ien-niny-Kloster in der Zeit der W>«-Dynastie des Nordens, also im 5. oder in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts erbaut wurde und in der Zeit der |5^ 5w(!-Dynastie den Namen ^^ Hung-ß' -Kloster trug. Dann gibt dieses große Werk auch noch folgende, aus nebenbei erwähnten Werken entlehnte Mitteilungen:

In der Periode t!^ Jen-sou {60 1 605) der Äi-Dynastie en-ichtete man im Bezirk 1^1 J^'" im Ilunff-je'' -Kloster einen Thüpa und setzte darin Sarira's Ijei. Im zweiten Jahre der Periode Jen-.sou fand im ersten Monat eine Verteilung von Sarira's statt, und man er- richtete dafür beseelte Thiipas in 51 Bezirken. Am 26. - des dritten Monats setzte man die Sariras im //«n^'^'e'-Kloster bei.

Der Thüpa der Swj-Dynastie, der im Kloster steht, ist 27 tsang 55 tsun (92 93 m) hoch. Innen gibt es keine Ti-eppenstufen zum Hinaufsteigen, denn der Thüpa dient aus- schließlich zui- Beisetzung von Sariras des Buddha und ist kein Ort, den man besteigt, um herabzuschauen. Das Fundament i.st eine viereckige Terrasse. 12 tsanff lang und breit und etwa 6 ts'i' hoch, die eine Mauer umgibt, in der sich in der Nord- und der Südseite eine Pforte zur Abschließung befindet. Auf dieser Teirasse ist ein ^a Altar erbaut, der nacli den acht Kardinalpunkten orientiert, etwa 4 ts'i' hoch ist und die Gestalt eines gelben J^ tsung^ besitzt. Auf diesem Altar ist der Thüpa errichtet. Seine nach den Himmelsgegenden orientierten Seiten sind mit denen des Altars gleich an Zahl. Sein Sockel ist stilisiert wie ein Buddhathron. Der Thüpa trägt eingemeißelte Verzieiungen, Blumen und Gestalten von Geistern. Der obere Teil besteht aus J^ ^ •■ Traggattern «, und in den Unterlagen, wor- auf ringsherum diese Gatter ruhen, befinden sich auf drei Gliederungen eiserne Lampen, im ganzen 360 an Zahl. Am 8. jeden Monats gießt man öl darein und steckt sie an. Innerhalb dieser Gatter stehen (an den Ecken) acht Säulen, mit einander umfassenden DracJien umwunden. Die Wände sind mit diesen Püastei n fest verbunden. In den nach den vier ' Hauptweltgegeiiden orientierten Wänden sind Türen eingemeißelt, von stehenden Bildern der Könige der Weltgegenden flankiert; in den vier Eckseiten aber sind Fenster angebracht von Bodhisattvabildern flankiert. .Alle Wände sind gänzlich aus 1^ ■^ Porzellanbackstein (Kachelwerk); aber wer zu ihnen hinaufblickt (jder sie aus einiger Entfernung sieht, glaubt, sie seien aus 3R 'S "''aspisstein« (Maimor), der den Bergen von 3n| Jen (Pe'-lsi'-li) ent- nommen wird.

Vom Sockel des Thüpa (also vom Lotuskranz) bis zu den Stürzen (iiJsBlr welche auf den Pilastern ruhen, ist es die erste Gliederung; ihre Höhe (über dem Erdboden) ist ungefähr ein Drittel der Höhe des ganzen Thüpa. Darüber liegen schichtartig aufeinander gelagerte

' Ein W'jfe »gelber ts'ung«. war unter der Mantschu-Dynastie eine quadratische Scheibe aus Jaspis mit einer ilachen und einer von den zwei gegenüberliegenden Kanten nach der Mitte hin leicht gewölbten Seite (s. »Universismus«, S. 195). Der Beschi-eiber des Thüpa muß jedoch an eine achtseitige Platte gedacht haben.

Die Pagod^m in China. 41

Konsolen (t^) uiit ciuem (darauf rulieuden) fl^ \^j^ "in der Luft schwebenden vonaf^enden Dach", und dann folgen noch zwölf (gleichartige) Gliederungen. Am Kopf jedes Dach- sparren ist ein ^p Glöckchen angebracht; außerdem ist ein größeres Glöckchen an jeder Ecke befestigt, wo die Seiten aneinanderschließen, und die Gesamtzahl der großen und kleinen Glöckchen geht über 3400 hinaus. Wenn der Wind geht, klingen die Glöckchen gleichzeitig so melodisch wie die zu einem Orchester vereinten Glocken und Musiksteine (,^) . In der allerhöchsten Gliederung befindet sich an der Südseite eine Steintafel mit

Inschrift (^S.)- die in einem unbekannten Jahre dort errichtet wurde. Noch höher gibt

es eine ^^^ »Tauschüssel« mit ;;|>|J ^^ -i'-scheibe« (vgl. S. 2 3), »und noch eine vergoldete

yC^fe "Feuer- oder Lichtperle- zur Beherrschung des Gipfels.

2. Der Thnpa von Pa'-li-tkuaiifi;.

Kaum fünf Kilometer von der Westmauer Pekings liegt an der Straße, welclie nach den westlichen Bergen führt, /\Mj£ Pa-U-thumy , »das Gehöft der achten Meile«. Dort steht ein Thfipa, welcher dem dos T'ini- «m^-Klosters auffällig ähnelt, und von dem eine ausführliche Beschreibung sicli daher erübrigt. Bereits 1890, als ich ihn zum letzten Male sah, war er im Verfall, und seitdem wird von Reparatur wohl keine Rede gewesen sein. Er mißt am Fuß auf jeder der acht Fassaden 10,83 m. Seine Lotus- terrasse trägt auf jeder Fassade eine Anzahl von Nischen mit sitzenden Buddhastatucn, so daß aucli sein Charakter als Leuchtturm des Welt- gesetzes keinem Zweifel unterliegt.

Dieser Thüpa gehört zum ^,^ Tse-Sou-KXostev, »des langen Lebens durch Wesensliebe«, das, den »Gedenkschriften von Sun-t'im» (Kap. 17, Bl. 16) zufolge, im Jahre prng-isr der |^ J^ Wart-Zf-Periode (A.D. 1576) von der Kaiserin-Witwe j^5^ Tse-iing gegründet und im 22. Jahr der h" ien-htng-¥eno(le. (1757) auf kaiserlichen Befehl erneuert wurde. Hiervon zeugen eine von Drachen umschlungene Inschrift auf dem Thupa und die gelbglasierten Ziegeln der 1 3 Däch(^r. Der Thüpa ist genau nach den vier Kardinalpunkten orientiert. Auf der Westseite trägt er die Inschrift /^{l)}^ 0 J^, »sein Licht umschlingt Sonne und Mond«, was offen darauf hin- deutet, daß er ein Heiligtum des gesamten Lichts des Weltalls ist. Dieses Weltlicht ist allen Wesen zum Leben und Gedeihen unentbehrlich, auch den Kaisern, denen vom Himmel selbst die Pflicht auferlegt ist, durch vortreffliche Regierung die Menschheit zu beglücken mit allen Segnungen, welche das Weltall schafft. Deshalb haben weise Kaiser diesen Thupa erbaut und unterhalten zur Beleuchtung des Palastes und des Throns, PhiL-hist. Abh. nnU. Nr. 11. 0

42 1) E (i ROOT :

zur Erhöhung ihrer Weisheit (bodhi), zur Sicherung ihres persönlichen Wohls und des Wohls ihres Hauses und Volks; in der Tat, das- Weltall vertreibt und vernichtet alle Dämonen des Dunkels, die Märas, die Grund- ursachen alles Übels. Und somit lesen wir auf der östlichen, Peking und dem Palast zugewendeten Fassade der hohen, untersten Gliederung: ^ ppMIH "Seine übelbczwingende Kraft verleihe dem kaiserlichen Regie- rungssystem feste Ruhe«; und auf der Südfassade, gegen dieselbe Welt- gegend, zu der der K'niser von seinem Thron hinblickt: ^|^'^^ : »seine Wohltaten umschnüren das Huiig-fan^' . Das Himg-fan, »das über alles sicli ausdehnende Gesetz«, ist ein Bucli des heiligen Sv-khiff, welches vor etwa 41 Jalirhunderten, wie es selbst nachdrücklich sagt, vom Himmel dem großen lieiligen Kaiser ^ J/i geschenkt wurde zur Anleitung für die Organisation seiner Regierung; es ist daher der allerheiligste Grundstein des chinesischen Staatswesens, und sein Name ist d,er höchstklassisclie Ausdruck zur Bezeichnung von allem, was fundamentalgesetzlich ist. Der auf der Hauptfassade angebrachte kaiserliche Name des Thüpa lautet ^ ^MW^u"' "Thupa für ewigwährende Ruhe >md zehntausend Menschen- alter« ; der Turm ist also auch ein Heiligtum zur Sicherung eines fried- vollen Fortbestandes des Kaiserliauses für alle Zeit und eines möglichst hohen Alters eines jeden Herrscliers. Hier zeigt sich somit eine Pagode auch als Werkzeug zur Sicherung des Glücks von Kaisertum und Volk, das heißt in einer Rolle, worüber im 6. Kapitel noch auszuführen sein wird. Zu den zwei hier besprocheneu Thri[)as ist noch zu bemerken, daß sie absichtlich unzugänglich gemacht und wahrscheinlich sogar größtenteils massiv sind. Sie bilden somit einen besonderen Typus von Buddhatürmen und tragen auch wesentlich einen anderen Charakter als die im 2. Kapitel behandelten Dagobs mit Stockwerken und Baikonen; denn der Schwer- punkt ihrer Bedeutung liegt in den vielen Statuen der Fassaden, das heißr. im Licht, das diese Statuen mittels des ganzen Turmes in die Umgebung hinaussenden. Auch die jetzt noch zu beschreil)enden Thüpas geliören zu diesem Ty[)us, obwohl ihre Gestalt eine ganz andere ist.

3. Uor Thüpa «1er lusel /*'u-l'v.

Ein belehrender Thupa ist der vom ^' ij^ iliifi ^- » Dhyäna-Kloster des universellen Beistands« auf der Insel ^|Jß Fu-t'o, die an der Seeküste bei Ningpo liegt. Boehsciimann hat ihn im i . Band seines Werkes auf

D'w Pnamlen in ChiiKt.- 4)5

S. 26 abgebildet. Nacli den ^IJfcpJ/^^ P'v-t'nkmtsi^ »Denkschriften d«-r Insel P'u-t'o«, Abschnitt ^'^^ »Altertümeruntersuchungen«, wurde in der Periode JC^ Jiian-t'imy (1333 35) der JMön-Dynastie vom Prinzen ^^ Si'ian-diang ein Wert von tausend Barren geschenkt, damit der Abt, der Dhyjina-Meister '^- X^ Fii-tsung, den Thiipa erbauen sollte. Er ist 9 tSang 6 tS'i' hoch, und er ist gänzlich aus schönem Stein der ^'/^ T'ai-hu, »Größten See» (bei Su-tSnii)^.

Dieser Thüpa ist gänzlich aus großen Steinquadern erbaut, ist quadra- tisch und hat drei Gliederungen. Er- steht auf einem Sockel, der einen Lotus mit einer vielfachen Reihe von scharf ausgeprägten Blumenblättern darstellt und von einem FlecJitband aus Wolken umgeben ist": er ist somit eine Darstellung des über die Wolken ragenden Lotusthrons des Losana. Unmittelbar auf den Lotusblättern sitzt auf jeder Seite des untersten Ge- schosses in einer in die Steinwand gemeißelten Nisdie ein Buddha in Halb- relief, und davor sitzen kleinere Statuen aus Stein, auf der Ost- und West- seite je fünf, auf der Nordseite sechs, auf der Südseite zwei, also achtzehn im ganzen, welche die vornehmen Apostel der Mahäyäna-Kirche vorstellen. In den Nischen sind gerade Linien ausgemeißelt, welche offenbar das von den Statuen ausstrahlende Licht darstellen. Neben den Nischen in den St#in gemeißelte Figuren scheinen Bodhi-J)äume wiederzugeben. Die zwei höchsten Gliedeningen haben ebenfalls auf jeder Fassade eine Nische mit Buddha- oder Bodhisattvabild.

Dieser Thupa scheint massiv zu sein. F> hat somit keine Stock- werke, und die entsprechenden Gliederungen sind zum Ausdruck gebracht durch kräftig vorspringende Gesimse aus rechtwinkligen Steinbalken und durcl) darauf ruhende schwere Steingeländer. Um die Umgebung weit zu beherrschen, steht der Turm auf einer (|uadra tischen Terrasse aus Stein- quadern, welche von einer schweren Steinbrüstung eingefaßt ist; und diese Terrasse steht wieder auf einer zweiten ähnlichen, die erheblich breiter ist. Beide Terrassen sind genau so orientiert Avie die Pagode selbst. Am Fuß der kleineren stehen an den Ecken große Steinsttituen der Könige der vier Himmelsgegenden. Der Name dieses Bauwerks lautet ^-J-"!:^ T'ai-tse t'a\ »Thupa des Kronprinzen«, und gewährleistet also, daß in einer

' Zitiert im T'u-iu Utii'ing, Abschnitt |J^J j||, K. tiy, Bl. ii.

- BoEKscHMANN Schreibt, daß der Sockel mit Flechtbändei n, Friesen aus \V<ilkoii. Was'.er und Felsen geschmückt ist. Ich kann davon nur die Wolken entdecken.

6*

44 I) E Gro O T :

der Nischen sich Säkyamuni befindet, der der Sohn des Königs Suddhodana des Landes Madhyadesa war. Boerschmann sagt, er sitze im mittleren Stock- werk, erwähnt jedoch die Himmelsgegend, der es sich zuwendet, nicht

4. Der fünffache Thupa des 7'.sing-kio' -Klosters.

Die Lotusterrasse des üharma trägt Myriaden von Bodhisattvas und Buddhas (s. S. 32). Es liegt somit in der Natur der Sache, daß, je mehr solcher Prediger der Heilslehre auf dem Thüpa, der Nachahmung der Lotusterrasse, angebracht sind, um so mehr Licht der Weisheit davon aus- geht, und desto kräftiger seine Wirkung ist. Es kann somit nicht wunder- nehmen, daß es Thüpas gibt, die auf allen Fassaden mit solchen Bildern dicht bedeckt sind, und die sogar bis zu besonderer Größe und Höhe auf- geführt wurden, damit sie besonders viel Bilder zu tragen fähig seien.

Ein typisches Beispiel hierfür bietet das JEi;^ Tsin</-kio'-K\osteT, »der echten Weisheit« (bodhi), das im Volksmunde aber ^Üo"^ Wu-t'a se, »das Kloster mit dem fünffachen Thüpa« heißt. Es liegt an der Straße und dem Kanaltluß, die beide die nordwestliche Ecke Pekings mit dem Sommerpalast verbinden, unweit der Abfahrtstelle der kaiserlichen Reise- boote. Dort hat man (s. Taf. V) auf einem breiten und hohen quadratischen Unterbau fünf quadratisclie Marmorthüpas errichtet und somit versucht, dem Grundsatz gerecht zu werden, daß Pagoden das umliegende Land so weit wie irgend möglich belierrschen sollen. Dieser Unterliau, nach den vier Himmelsgegenden gekehrt, bildet auch an sich einen Thüpa. Sein mit schönen Figuren gezierter Sockel hat ein scharf vorspringendes Gesims und einen Wulst aus Lotusblumen und ist auf den vier Fassaden durch eine Reihe von Lotusblumen gekrönt; er stellt somit die Lotusterrasse des Dharma vor. Mit glasierten Ziegeln gedeckte, vorspringende Dächer teilen den Unterbau in fünf Gliederungen, von denen jede eine Reihe von großen Kacheln ist, welche je eine Nische darstellen mit einer Statue in Halbrelief, die mit untergekreuzten Beinen auf einem Lotus sitzt. Jede Nische ist von der nächstliegenden getrennt durch einen Pilaster, der ein stilisierter Bodhi-baum zu sein scheint. Der ganze Untei-bau ist oben ge- krönt von einer Mauer, welche die Brüstung seiner Plattform bildet und in der Löcher zum Abführen des Regen wassers angebracht sind.

Auf dieser wahrscheinlich wohl 1 5 Meter hohen Plattform stehen die fünf pyrnmidenartigen, sich zu eigentümlichen runden Figuren zuspitzenden

Prfuß. Akad. d. Wissensch.

Ph'l.-hist. Abli. I'JI!). Nr. 11.

Dil' Payodi'u in China. 45

Thüpas, und zwar vier gleichgroße an den vier Ecken und eine größere in der Mitte. Sie sind genau so wie der Unterbau orientiert. Jede hat einen Sockel, der dem des Unterbaus ähnlich ist und ruht somit auf einer Umrahmung von Lotusblumen. Die elf vorspringenden Dächer jedes Thüpa sind den Dächern des Unterbaus ähnlich, und dasselbe ist der Fall bei den dazwischenliegenden Reihen von Nischen mit ihrem Bild und mit den Pilastern, welche sie voneinander trennen. Allein die weißmarmorne un- terste Gliederung jedes Thüpa hat etwa eine doppelte Höhe und auf jeder Front in der Mitte eine viel größere und tiefere Nische mit einem sitzenden Buddha und beiderseits derselben eine stehende Relieffigur. Daß die fünf Thüpas den vier Weltgegenden samt der Mitte des Weltalls entsprechen, kann wohl keinem Zweifel unterliegen. Jeder enthält im inneren Raiun einen vergoldeten Buddha.

(iewiß ist der Unterbau zum größten Teil massiv, sonst wäre er nicht imstande, eine so große Last zu tragen. Ein dunkler Tunnel (^), dessen von einem breiten Saum von Marmorblöcken umgebener Eingang sich in der Mitte der Nordfassade befindet, enthält eine linke und eine rechte Wendeltreppe, welche auf die Terrasse fiihren.

Der Haupt charakterzug dieses merkwürdigen Thüpa ist also die große Zahl seiner lichtspendenden Heiligenbilder. Besonders kennzeichnen diese ihn als Leuchtturm des Weltgesetzes in der peinlichen Ängstlichkeit, mit der man sieh hinsichtlich der Bilder an den ungeraden Zahlen festgeklam- mert hat, welche dem Jany, der leuchtenden Seele des Weltalls, entsprechen (s. S. 36). Auf jeder Fassade der fünf pyramidalen Thüpas sitzen in den sieben höchsten Reihen je fünf Bilder, in den drei darunterliegenden Reihen je sieben, in der großen Nische ein Bild, insgesamt also 57. Somit sind in jedem Thupa, weil er elf Gliederungen hat, nur ungerade Zahlen von eins bis elf vertreten. Auf dem Unterbau kommen die ungeraden Zahlen gleich- falls stark zum Ausdruck. Dieser trägt nämlich sowohl auf der östlichen wie- auf der westlichen Fassade in jeder der fünf Gliederiuigen neunzehn Bilder und noch drei dazu, welche sich auf dem südlichen Ende der beiden Fassaden befinden; und zur Vermeidung der geraden Gesamtzahl 22 ist dieses Ende ein wenig nach vom ausgebaut. Auf diesen beiden Fassaden scheint der vorspringende Teil die Seitenkante der schweren Frontmauet des Thüpa zu sein, wie aus der Tatsache hervorgeht, daß die Rückfassade in den drei höchsten Reihen nur neunzehn Bilder trägt. Daselbst fallen

46 I) K (i HO OT :

;ui der Stelle, wo sich der Tunnel befindet, in der untersten Reihe sieben und in der zweiten Reihe fünf Bilder fort, so daß also diese Reihen zwölf bzw. vierzehn Bilder enthalten; jedoch diese verbotene Anzahl ist für die zweite Reihe dadurch beseitigt, daß noch ein Bild in den Schlußstein des Saumes des Tunneleingangs gemeißelt ist. In der untersten Reihe würde sich also links und rechts vom Eingang die unzulässige Anzahl von sechs Bildern befinden, wäre nicht der ganze mittlere Teil der Fassade ein wenig vorgebaut, und zwar so, daß links und rechts von diesem Teil sich in jeder Reihe fünf Bilder befinden und somit die unterste Reihe auf jeder Seite des Eingangs nur ein Bild auf dem Vorbau hat. Zu gleicher Zeit ist durch diesen Vorbau eine Vermehrung der ungeraden Zahlen erreicht, denn nunmehr hat auf dieser Fassade jed«> der drei höchsten Reihen 5 + 9 + 5 Bilder. Die Gesamtzahl der Bilder beträgt etwa 1500 1600. Infolge einer kaiserlichen Steintafel, die sich an der Vorderseite befunden hat, kam im ersten Jahre der Periode Jung-lo' (1403) ein ÖEM^ Pan-dk-tat (Pandit) aus dem Westen und bot dem Kaiser als Tribut vergoldete Buddhastatuen an, nebst einem Modell (^) des ^p^lj W J^ »kostbaren Vajra-throns«. Darauf wurde das Kloster der ^^ «echten Weisheit« gestiftet und dabei ein Vajra-thron für die Statuen erbaut, unter genauer Nachahmung des Ratna-throns Zentralindiens, auch was die Dimensionen anbetraf. Im zwölften Monat des Jahres kwei-Sf^ (1473) der Periode Ts'iug-hua wurde dem Kaiser rapportiert, daß der Bau fertig war'. Der Stifter des Klosters und des Thüpa war also derselbe buddhi- stisch gesinnte Ts'iny Tsu. der (s. S. 11) den Porzellanturm bei Nanking bauen ließ. Und der Thüpa selbst war eine Darstellung des Vajra-throns (Vajrasana) des Buddha, d. h. des jM|J^ »Platzes des Seligwerdens« (bodhimanda), wo der Weisheitsbaum (bodhidruma) wuchs, unter welchem der Herr die Weisheit (bodhi) erreichte. Diese heiligen Stätten lagen auf dem l^ff^ Präg(-bodhi)-Berg bei Mägadha.

5, Der fünffache Thüpa des /*t"-j»VM-Klosters.

Nördlich vom kaiserlichen Jagdpark ^ |^Jj Hiany-San und östlich vom 3i:^Ü4 Ju-ts'uan San, dem »Berge der NephritqueUe«, liegt das ^^ Pi'-;Vm-Kloster, »der bläulichen Wolken«, das aus der Zeit der Mongolen- herrschaft stammt. Seine schönen Gebäude liegen in einigen Höfen (|^)

' »Denkschriften von Sun-t'ieh", Kap. i6. Bl. 6.

Die Pagoden in China. 47

auf dem mählich steigonden, terrassen artig angelegten Hange des Gebirges. Seine große Kirche enthält das Bild des Säkyamuni mit denen seiner Haupt- jünger Kasyapa und Ananda; auf ihrer Südseite steht ein Tempel mit 500 lebensgroßen Statuen von Arhats, Aposteln der Lehre. Eine große marmorne Freitreppe von 62 Stufen fulirt zum letzten und höchsten Hof. der mit großen Zyi)ressen bestanden ist und einen viereckigen Thüpa aus Marmor enthält, der 1748 vollend<'t wurde. Er ist im gleichen Stil wie der des Klosters »der echten Weisheit« (s. oben), jedoch erheblich schöner und mit mehr Ornamentschmuck aufgeführt. Er trägt ebenfalls den Namen »Kostbarer Vajra-thron« und ist somit auch eine Darstellung des Bodhi- manda von M^igadha (vgl. S. 46). Das geht auch aus einer Steintafel mit kaiserlicher Inschrift des Jahres 1749 hervor, die daneben steht und in <ler" Sammlung x Epigraphische Denkmäler aus China« von Frankk und Latfer als Tafel 3 1 wiedergegeben ist.

Das kolossale CJebäude steht auf einem viereckigen, massiven Unter- l)au aus Marmor und Sandstein, der mit wuchtigen Marmorbalustraden ver- ziert ist. Jede Fassade des Thüpa hat zwei (Uiederungen mit je einer Reihe von sitzenden Statuen, die zum größten Teil den Almosennapf tragen und .somit Bodhisattvas vorstellen, die noch die Askese üben. Auf der Peking zugewandten Ostfassade sitzt auf dem Haupt platz, in der Mitte, Lo.sana oder .Säkyamuni; weiter ist daselbst in der untersten Reihe Bodhidharma zu erkennen, auch Maitreya, der Buddha der Zukunft, die Könige der vier Himmelsgegenden usw. Die Bilder in der höheren Gliederung dieser Fassade tragen eine Stirnbinde, die fünf nebeneinanderstehende Flammen darstellt, von welchen jede einen in dhyäna versenkten Buddha trägt. Solch eine Binde heißt 51 1!^ [8 ' »Kranz der fünf (Dliyäni-) Buddhas«, und die Geist- lichkeit pflegt sie sich um den Kopf zu binden, wenn sie, zur Förderung des Seligwerdens, sicli tief in dhyäna zu versenken vorhat. Knan-jin oder Avalokitesvara sitzt in einer Nische in der hinteren Fa.ssade.

Die Plattform, zu der eine Wendeltreppe von 42 Marmorstufen hinauf- führt, ist von einer schönen Balustrade aus Marmor um.schlossen. Sie mißt auf der Ost- und Westseite 15.7.5 Meter und ist auf den beiden anderen Seiten etwa fünf Meter länger. Die fünf pyramidalen Pagoden der Platt- fonn haben je fünfzehn (Gliederungen, von denen die unterste hölier ist und Bilder von allerhand Buddhas und Bodhisattvas trägt. Solche Bilder sieht man aucli auf zwei kleineren, urnenartigen Pagoden, die nach der Ostseite

4<S DE Ci K O O T :

zu stehen, links und rechts von einem viereckigen Aufbau mit tiefer Nische, in der, gen Osten gekehrt, eine achtarmige Statue sitzt, die elf Köpfe trägt, und zwar in drei übereinandergestaflfelten Reihen je drei, und noch zwei übereinandergestellte in der Mitte obenauf.

Nördlich vom Kloster ruhen unter dem segenspendenden Einfluß des Thfipa zahlreiche Hofbeamte in ihren Gräbern, die mit Statuen von Menschen und Tieren, Steintafeln mit Inschriften, Marraorbrüstungen, Bäumen usw. geschmückt sind.

Besonders große und hohe Thüpas, mit Bildern voll besetzt, werden gewiß wohl in noch anderen Gegenden Chinas zu finden sein. Chavannes bildet zwei ab im 2. Album der »Mission Archeologique « (Nr. 920 und 921, aucli 925), welche in einem Klostor in K'ai-ßj.ng stehen: besonders plumpe und unschöne dreistöckige Bauten, anscheinend nicht massiv und mit je einem kleinen Thüpa als Gipfel gekrönt. Einer ist sechseckig und trägt wohl über 6000 Bilder in Reihen übereinander. Der andere, der vier- eckig ist, mag wohl mit mehr als 4000 Statuen ausgestattet sein.

Auch außerhalb Chinas sind derartige Thüpas erbaut worden. Bei- spielsweise sei der von Syrcheb. etwa 30 Werst von Idikut chari inTurfan, erwähnt, der auf den vier Fassaden fünf Reihen von sieben Nischen mit Statuen trägt'. Gewiß erwähnt auch Hiim-tsuany einen derartigen vier- eckigen Thüpa in Kap. 10 in den Notizen über Kajingara^, wo er schreibt: T?S 4^ -tr ^fril t^ '^^ "?r AU An der nördlichen Grenze stellt unweit vom

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TE »-4- jv danges eine growe, hohe lerrasse. aus uberemanaer-

M W^ T^ ^

,. -_, ^ rg/ TE m »j- :±f. uaiiges eine groue, uoiie lei lasse, aus uuereinanuer- 1T i»i |hI W <T^ §g i^ ^ jrelegtem Backstein und Stein erbaut. Sein Sockel !7C ^ Rj ^Jit fflE' ^^ ^- ist breit und hoch, und von seltsamer Machait was J^ ^ ^ \\\' 'TZ -Ji- hineingemeißelt ist. Rings hernm hat man auf den ■* „,, o ^-' -^ /" gegen die Himmelsgegenden gewendeten Fassaden

[pp. /öl '^ (in ^ Iw Abbildungen von Heiligenscharen gemeißelt, sowie

/tII 1?^ iBl '^^ W '0- j/bT Gestalten von Buddhas und Deva"s, fiir die je eine

Klause (Nische?) gesondert gemacht ist. Alles aber, was die große Heilsreligion an Heiligtümern dieser Art ins Dasein gerufen hat, stellt der weltbekannte Borobudur, »die vielen Buddhas«, tief in den Schatten. Dieser wahrscheinlich zwölf Jahrhundert alte Riese aller Thüpas, zugleich ihr Pnmkjuwel, ist gänzlich aus Werkstein erbaut, erhebt sich fast genau in der Mitte der Insel Java auf dem Gipfel

' Ki-EMENT/., »Nachricliten über die 1898 ausgerüstete Expedition nach Turfan«, S. 31

und Tafel i.

- Stanislas .lui.iKN. »Menioires sur les ("oiitrees OccidentaieS", II, S. 74.

,!»-u

Frniß. Akarl. d. Wisscnsch.

Phil. hift. Ahh. 1910. AV. 17.

Die Pagoden in China. 49

eines Hügels und beheiTscht eine weite Aussicht. Der quadratische Unter- bau ist auf jeder Seite mehr als 1 50 Meter lang. Die neun Terrassen oder Umgänge, sechs quadratische imd darauf neun runde, umfassen den ganzen Gipfel des Hügels in seinen letzten dreißig Metern und sind nach den vier Himmelsgegenden orientiert. Die quadratischen tragen kleinere Gebäude mit stehenden oder in Nischen sitzenden Statuen von Buddhas und Bodhi- sattvas, sowie auch 568 herausgemeißelte Darstellungen aus dem Leben des Säkyamuni und der Buddhas, die ilim vorangegangen sind. Die drei höchsten Terrassen sind rund und tragen je einen Kreis von 32 bzw. 24 und 16 kreisrunden, glockenähnlichen Bauten aus Werkstein, die am Fuß fast vier Meter im Durchmesser haben. Im Zontrum des obersten Kreises erhebt sicli eine große Kuppel, die den Thfipa und also gleiclizeitig den Berggipfel krönt und am Fuß fast sechzehn Meter im Durchmesser hat. Sie scheint eine sitzende Statue enthalten zu haben und mag woJd als der Sitz des Dliarma, des Adibuddlia, gedaclit gewesen sein. Insbesondere weisen die 72 glockenartigen Bauten darauf hin, daß auch der Borobudur ein Leuchtturm des Weltgesetzes ist. Alle haben nämlich (vgl. Taf. VI) auf einem in Lotusform gemeißelten Sockel einen Buddha aus Stein, der inner- halb einer kreisrunden (rlocke sitzt, welche vier Kreise mit rautenförmigen Öffnungen hat und somit offenbar gedacht war als Laterne des Lichts des Weltalls, das der Buddha entsendet. Aucli dieser Tlnipa muß zu einer Niederlassung von Geistlichen gehört haben, wovon noch zwei weiter bergab liegende Steintempel erhalten sind, nämlicli der einen sitzenden Buddha entlialtende 'I'jandi Mendut und der Tjandi Pawon.

Die Seligmach ung der Wesen ist, wie dieses Kapitel dargetan hat, der 3Iahäyäna-Kirche einziger Dasein.«:gründ und somit ihr höchstes Ziel; und das Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels ist der Satz von Geboten Brahmas Netzes, der von der Lotusterrasse des Weltgesetzes Losana durch Vermittlung der Bodliisattvas der Menschheit zugegangen ist. Diese Lo- tusterrasse» ist die Quelle aller Lehre, aller Weisheit (bodhi), alles Guten, folglich auch die Quelle aller Sütra's, worin die Lehre oder Weisheit aller Buddhas aller Äonen ihren Ausdruck findet. Dennoch wird von einem Sütra, dem eine ganz besondere Bedeutung beigemessen wird, diese kos- PhiL-hist. Abh. 1919. Nr. 11. 7

50 i>K ({koot:

misclie Herkunft diireli den Titel speziell betont, weiclier lautet: fl^'t^- ^M^^ ^l'"0-jy Uni-hnd IxitKj, "Sutni der Lotusblume des allerschönsten (Welt-)gesetzes«. Saddliarmapundarikasutra. Das hat seinen Grund dai-in, daß es die Lehre des Buddhawerdens enthüllt, die tiefsinnigste aller Lehren, das Höchste überhaupt, was das Weltgesetz die nach der Seligkeit Stre- benden zu lehren hat. Es ist daher begabt mit dem HöchstnVaß von selig- machender Kraft, und die Klosterbrüder pflegen dementsprechend mit Vor- liebe und besonderem Fleiß es herzumurmeln zur Förderung ihrer Weis- heit, welche ins Nirväna fiihrt. Dieses Sutra schildert insbesondere die Heilslehre in ihrer transzendentalen,, kosmischen Gestalt, welche zu 1)e- greifcn und zu ei-gründon nur Eingeweihte vermögen, die Weisen also, welche das höchste Verständnis (bodhi) erstreben und dadurch Bodhisattva werden. Das Buch bestätigt das selbst im lo. Abschnitt, der die Überschrift y^lfÜ "Lehrer des Dharma« führt, in diesen Worten:

"^ iH' J^ 30- -iM- n5Tc S3 Daniiils sprach Biidfllia aiicli noch zum Boilhisattva

A^ llL M m JB. /T m ,,,,', , 1 - . , c , XV ^ . ^^ ■• _i._^ ^^ iiiul .Mnhasattvn Ar/.neikonig' (zur .Sonne): -1)k'

PJ fic ^ ifii T "MJ ""t Sntias und Grundgesetze, welche ich verkünde. "^ xE W^ "Jt^ ärt W'fi m' wurden gepredigt, wei'den gepredigt und werdei

/r- ^1 /b -y- iJj- ^jK -j^^i gepredigt werden von einer unermeßlichen Anzald ihr iAV ^i" -"i" - >i- ^''*" tausendmal zehntausend Myriaden: aber anter

3C ' ^(t *^ L_i fyX o ihnen ist dieses Sutra der Blume des Weltgesetzes am

A ^

fx. '1"-'^' i(^. wQ jfJC g^ ^^ allerschwcrsten zu glauben, am allerschvvieiigsten zu

tM 3< ■' U+. >*v &g T begreil'eii. Arzneikönig I Dieses Sfitia ist das Be-

"■■*' ^j. ^ ^>- hältiiis dt's verboi^enen Wichtigsten der Buddhas.

7i-!n ^x- - ^ ^ *^ lind soll also nicht durch Veiteiluni; und Verhreituns:

'm ±. m 's" fHE

m ?Hv W^ii frivol den Menschen iibergeben werden.«

Eigentlich ist dieses mystische Buch eine Sammlung mehrerer Sutras.

welche Kumärajiva in den allerletzten Jahren des 4. oder in den ersten

des 5. Jahrhunderts wahrscheinlich aus dem Sanskrit ins Chinesische nl)er-

tragen hat'. In einer von diesen, die im 1 1 . Abschnitt vorkommt, welche

' Hei Ki;i!n: Bhaisajyaiäja.

- Eine ("bcrset/.ung des .Saddharmapuiulaiika ans .Sanskritoriginalen vcröflentlichtc KinN 1884 als Band 21 der »Sacred Books of tlic Hast. Ks scheint, daß diese Originale von gciingereni (ichalt waren als die, welche Kuniärajiva zur Verfügung stjinden. denn dessen (Ibcrselziing niaclit nirgendwo, wie es mit der KeunscIiimi manchmal der Fall ist, den Kin- dnick, als habe ilci- Verfasser mit luiklaren Stellen zn ringen gehabt: seine chinesiselien Sülze cntlaltcn sich diiichwcg in schlichter Deutlichkeit. Es mag aber sein, daß Kumärajiva über Unklnrlu'iten liinwcggehüpft ist oder tüchtig <len Urtext poliert liat. Leider fehlt noch immer ncb(^n der scIkhk'o KKH\sclirn Übersetzung eine zuverlJi.ssige von Kiuu.^rajivas Wii'ilci lialic.

Die PtKjOfltn in C/tina. 51

<lie Überscliril't ^'^i^ "die Sichtbarmachung des Tliüpa der Kostbar- keiten« trägt, ist der Inbegriff' der esoterischen Lehre der Thüpas und ihre Beziehung zum Weltall mit großer Klarheit dargestellt, und zwar derart, daß sich völlig bestätigt was darüber in diesem Kapitel bereits angeführt ist. Wortgetreu wiedergegeben, steht da folgendes zu lesen:

-F fiS Itt" PU f'ft Wi ^ t'^ ^ Damals sprudelte vor IJuddha ein aus sieben Kost-

, ^^ .■;; ifi j "* iff. ,i. öl -1- l>arkeiten bestehender Tliiljja aus dem Boden hervor:

^ W^ 5> Uli ^ 17H 6h M "u 500 yojana hoch und 250 yojana lang und breit. So

^:l ^ -Li. H 'f>^ ^^ J-H Zl. '^ stand er in der Luft, von Kostbarkeiten jeglicher Art

-p Vk^ -'^ HH JL„ ^ "g" -Ä^ vei-ziert und umgeben. 5000 Briistungen, tausendmal

- rff ^' ^ J?* ^ ^91 ~ ' zehntausend Tabernakelhäuschen (Nischen), unzählige

---' , iji^ ^^ jii ^- ?|fj JL ^ Paniere und Fahnen dienten zu seiner Ausstattung

-^ -^ . ., 'T- it- ,N. -|- ^ und Veraierung; herabhängende Kostbai-kciten und

"Tj -""- ^i l'< ■» ^^ J_, >?if köstliche Steine, sowie 10 000 Millionen von kost-

t|5J \^ Mi/ J''j> ^ 4^ TT baren Glöckclien waren oben daran aufgehängt. Nach

/^ >fe> W' 'fö' ^i lYii allen vier Seiten hin ging aus ihm ein Wohlgenich

^ \_ T^i "^ ^"^ -,,. yf^ -^ von taniäiapattra-candaiia hei-voi', der überallhin das

JiX m. rM f,a; l))^ ?H- l'i I^J Weltall füllte. Seine Paniere und Sonnenscl

nrme

P" Sft -^ ffil tl& *^ ■^ ^ waren aus den sämtlichen sieben Kostbarkeiten

LiM ^^ !tt^ i'l y^ ilTj B" zusammengesetzt, nämlich aus Gold. Silber, liu-li

•^ ■• '.j! *^ ' |l| j^ ti'f-k'u, Küi'Oalin. echten Perlen und mei-kwei. Er

CH ^"1' ^ "-^ ^ i o war so hoch, daß er bis an die Paläste der Kö-

"5c ^\'' fira -^ )^ ~F" 'fl- ^ "'S" '^"'' ^''''' ^Veltgegenden und die 33 Himmel

■a-j-te.

IH" /it L<I ■¥►{■ /W- t7l F^ Y-V Wi '^'"'^ '''^ regnete himmlische mandarava-Blunien

tWi ^'ff >TV -=S- -rffr *fe 5/ rc: '^^^ Opfergabe lur den Thüpa der Kostbarkeiten,

^^» 4 ' " "^ ^ '^ , ^ während auch die ücvas, Niigas, Yaksas, (iandliarvas,

4n "f^ ^ :^=" S' ^ ^^'^ rt/' :X Asuias, (iarudas. Kinnaras, Mahoragas, iNIenschen

gl- '\ -L^ •'• ' ^iij ifui |||| y.'p und Niclitmensclien, tausendmal zehntausend an Zahl.

^ ^ ,^* llt" i^l '^ ' '^^J \y, dem Thnpa der Kostbarkeiten alle möglichen Blu-

JUt ^^< 'li>< ^ MY. iff y^ ^^- W; men und wohlriechenden Sachen, köstliche Steine,

T^ ^ *^ ^^ ' ildfe Hl^ Ki ^ Paniere inid Schirme. Kunstfertigkeiten und Musik

•y^ ^-: ,*|f;- 04 ™^ ^' ' , Yit alj* Opfer darbrachten, ihn \erehrten und priesen.

H $B j/v; * ut ^i- /V K^ ^ Alsdann kam aus diesem Thnpa der Kostbarkeiten

^^ -a mi ^ "^ ^' m '^§ ^ eine laute Stimme hervor, welche lobte und sprach :

'K ' '^ ;•,,. f^".' !^ ' '* . ■• W "Wie gut: wie vortrefflich! du von der Welt ge-

Hl 5fB fill" ^n" ^ ~f* i^ ehi-ter Säkyamuni, du vermagst es nn'ttels <leincr

> „M. - ^' j^h yii. ^r 1'^: ■• gewohnten groCen Weisheit, das Gesetz der Bodlii-

* /-j^j lll i^ /'■'■■ W: r^ sattvas. die von den Buddhas patronisierte imd vcr-

J^i ^. MI. ' "* ^ ''^' ■• ^- lesene Sütra's der Blume des allcrvortreIVlichsten

ihn -^^ ^^ 5^ ^ ^ ^p Dharma, zu lehren und der großen Schar zu ver-

a\ 1 A-. ^' "h" i^ I'l Bl) ■^ künden. .la (urwahr, Säkyanutni, \on der Welt

' ^ ' iöv ■• '^ ijj.i ,VA Nerehrter, was du pre<ligst, ist alles die echte

fl -a- B^ ^, # ~ - ^ ^ Wahr

leit."

52 I) E Gkoot :

i^ =■ A ^ >^ Ä ^ S Als nun die vier Sciiaien den großen Thilpa der

l/t o^ /V PJ ^ '^■* HH Kostbarkeiten im Luftraum anschauten und die

'Pal llL. I*™ ßi^ ^ jl^ r^ öy daraus hervorkommende Stimme vernahmen, fanden

)^ _«j. 1^ ^ irj H- J:K P3 alle Freude am Dharma; denn so etwas Wunder-

MJ -^ W _L ^ ^ dl ^ bares war noch nie dagewesen. Sie standen von

_,"* |>r ^ '^ ^ ^ ihren Sitzen auf, legten ehrfurchtsvoll die Hand-

yC *^ ^ ^ " ^ fyX I flächen gegeneinander und standen alle nach einer

^ l5f i[^^ 3^ Hl ° Htl ^ Seite hin gewendet. Es befend sich unter ihnen

iMl ßl ^$1 A-° ^'^ ^^ W ®'" Bodhisattva und Mahasattva des Namens »Große-

rh "'4- BIf ^ ^ J^ ^ J^ Freude«.' Er empfand dieselbe Unsicherheit, worin

•zS. (iv " rffi ^ /t ^'^'^ ''"^ Gemüter der Devas, Menschen und Asuras

zK ^ ^'E ^ y^ * aller Welten befanden und sprach zum Buddha: »Du

^ itb fln itt '■* -äS -^ lS von der Welt Verehrter! was ist der Anlaß des Her-

"n" SS ifn P^ ^ ^ -f^ S vorbrechens dieses Thüpa der Kostbarkeiten aus der

=fc!v Ä ö I J Wai /Ji> ' . i^i-de. und weshalb hallt aus seinem Inneren diese

^,m n ^ W-m * ^, stimme;-..

^ znl /yj^ ^+. _J^ ,';M^ 7t gS Darauf sprach Buddha zum Bodhisattva Große-

A ^ ^ ^4 *- l''''eif^e= "^1 diesem Thfipa befindet sich das voU-

^ /V pb. ^ e ^ Ü n^ ständige Wesen eines Tathägata, und zwar von

Bfa; ^ WJ $M IM rh J!a! '^ unermeßlichen tausendmal zehntausend Millionen

^ ^ ' f# ^ !J1 ^^ Äi asankhyeya \'on vergangenen Welten des Ostens

^^^%^^^" (Tagen). Sein Reich heißt: ,Klare Reinheit der Kost-

. ^, ^- ^ 5|^ ^ -^ y^ barkeiten' (Sterne)^. Der darin anwesende Buddha

_i ,tfc. "^^ . ji. ^ yj ^ heißt Topao, .Viele Kostbarkeiten". Als diese!-

^ " ^. '^ '"'^ f^ ffi gg. Buddha noch den Weg der Bodhisattvas wandelte,

To" ^ jji i^ W PI -S. legte er diesen großen Eidschwur ab: ,Wenn ich

-fc^ i-li o Isa , 2 :^ rC. ^ Buddha gewoiden und (abends) in den Zustand der

fr ^ >f4^ S ^ Auslöschung (Nirväiia) übergegangen sein werde,

j^ -. "^ -^ ^ M ^" -• und es alsdann in den Reichen und Ländern der

l>i ^ W J^ -L, _y. /^ l|;f' zehn Weltgegenden einen Ort geben wird, wo

- ,v4> )j& a ^^ [^ ^ Sütras der (Lotus-)blume des Dharma verkündet

W ^-*^ ,^ V~ ^ i^ ' ^ ^ werden, dann wird mein Thüpa-tempel durch An-

«ä j^ ' itc ^ ^ ta fa hören dieser Sütras (morgens) vor diesem Orte zum

Hg ;^ ti 1^ _L A— )jj]^ |:|l Vorschein springen, um (dieses Werkes) Zeuge zu

^ yV K^ "/ffl -J- t* "fth ^ '^®'" "'^'^ preisend auszurufen: 'Wie vortrefflich!"'

TJ VA Rot >V tjT ^ ^ Und als dann dieser Buddha seine Laufbahn bis

~\^ il^ ^ [Sl ^ 'i Ende zurückgelegt hatte und, im Begriff in den

-t ^ ^ S I. ^^ rrEi ^ Zustand der Auslöschung (Nirväna) überzugehen,

lU- :fli rtb Im ^fe- 'db >^ 4> *'°^^ ""^^' unter den großen Scharen von Devas

iE <X, Hu T3 P^ ^ und Menschen aufhielt, da sprach er zu den bhik-

^ :^ ^ ^ t^ "(^ W > ?"'*= ,Solltet ihr nach meiner Auslöschuug meinem

' Bei Kern: Mahäpralibhäna.

^ Kern: Ratnavisuddha, clear by jewels (stars). -The world so called is, apparenüy, the starry vault...

' Kern: Pi-abhütaratna. Tu-pao ist eine wörtliche Übersetzung davon.

Dlf Pa (joden in Cldna. 53

^ ^i. T&n ofe' ^^ ■'m ^ ^S- ^'ollständigen^Wesen ( )pfer darbringen wollen, so er-

{.I, j^ jj- " r+t HJ .ß^^? :/r riclitet euch einen großen Thüpa; ich, dieser Buddha,

">C 1/t xK _^ 't' um »ric Tc \verde dann durch meine göttliche Vernunft und die

3^ iul •'•n <öi ^H Ä- 'H te Kraft meiner abgelegten Gelübde allüberall in den

J-1' ""'in ^ - "^ Ät ^ Welten der zehn Weltgegenden gegenwärtig sein,

''* ^^ 30. ^t ■» _ ^ |j^ j." und wo immer Verkündung von Sütras der Dharma-

W l*-^ g^ ^^ -"w ^^ bitime stattfindet, wird vor dieser Stelle jener Thüpa

=aW: ^^ '' -Hi :9' y^ nf *^®'' Kostbarkeiten hervorquellen; sein ganzes darin

rH 4ft ^ *'~ ;& j;>i 3fr befindliches Wesen wird preisend sagen: "Wie gut,

W £s? 'f^ ^ -tA i^ tt "•<? vortrefflich!'" (Iroße-Freudel jetzt ist der Thilpa

» Tat l'K 1=1 ,v> M CT ,]es Tathägata To-pao, weil er Sütras der Blume des

Dharnia predigen hörte, aus dem Boden hervorgequollen

^ und sagt lobpreisend: ,Wie gut, wie vortreft'lichl'«

i'^ f^ ^ ^ '^1^ ^ W ^ ^"n sprach der Bodliisattva Große-Freude durch

JÖp :^ YA -y? 5fe ^ jj/ lÖc die göttliche Kraft des Tathägata zu Buddha: «Du,

'H\ ;Ili -/f ^^ iäf ^<^ IH- 11 von der Welt Geehrter, wir möchten gern das Wesen

JL. ^ ^A ^ m J*:" ^' '"'^"^'''^ Buddhas sehen.« Und Buddha .sprach zum

"1 :^ -TA" ^^ in^ ^ ■• ^ Bodliisattva und Mahasattva Große-t'reude:

^ T^f ~f" IM -Ä- }^. % 3fr »Dieser Buddha To-pao hat folgende gründliche

"HJ" '"H /f rtli ir!/- =|lT ^ ;l*- ""*' ^^'chtige Gelübde abgelegt: .Weiui mein Thüpa

m rH HL. ^ *'*^ »1* |5§ '^ '''^'' Kostbarkeiten vor den Buddha.s erscheint, weil

- m ^ '^ •> 'NU p^ *'' ^''''■^■'' •^^■" l^'"">c des Dhamia verkünden hört,

ft't -^ ^Th ;n^ Ä -S; "PA i»! und wenn es dann unter diesen Buddhas einiMi

yj^ 1^ f^ irn *^w :^ ^ x geben sollte, der den vier Scharen mein Wesen zu

^' üti 'f^ rf 1^ ^ ihF zeigen verlangt, so kommen die verschiedenen Buddhas,

. ^ \ ;#ri ®C iä^ ... ^ 'n die dieser Buddha sein Wesen über alle Welten

"H zeigen verlangt, so kommen die verschiedenen Buddhas,

. ^c ''^\ iffi SX W ^!f ^ 'n die dieser Buddha sein Wesen über alle Welten

~' t^ 3S ^ •+< ^^ SlÖ ^^^ ^*^'"' ^'eltgegenden verteilt zum Veikünden des

» .on ■• W _i^ Q/ 'l"r r>l _:.. .._J J iK /v .

^' ^Ö^ iW ^tb -tA '^ ^ -ft ^'"*''""*' '/-usammen an ein und demselben Orte, und

'a.' ^ Jh '^ ^^ ,'5p " -^^ darauf wird mein Wesen sichtbai- zum Vorschein

^ ^ ^ ^ ^ W^ Wi treten.' Große-Freude I jetzt werden die Buddhas.

^ /fi- -öfe S -^fc- i±| in die ich mein Wesen zerteile zur Verkündung des

Jfc ^ Ö. ^ SB,, -1- yjb Dharma in den Welten der zehn Weltgegenden, zu-

Hl

sammenkominen.

d?C"'^^WÖ fiJfe^";^ '^"" sprach GioBe-Frcude zu Buddha: Du, von

l'l l'l FFl -iü M. * -Vc iö^ ''^' ^^"''' Verehrter I wir wollen auch die Buddhas

Kfi KA yy ^ ^ jjM yP ^ sehen, in welche du dich zerteilst, damit wir sie

ml ?yC 31 f& ' ^E ^5Ä ^^ verehren und ihnen Opfer darbringen können.» Da

ä+ nji ^ 5,1/ -^ /-u. §5C Ö "'^^''^ Bnddha einen weißen, feinen Lichtstrahl von

P" ^Ä^ y4i. ' E3 -flfe ^'''^ ausgehen, und sodann machte dieser im Osten

Äf A W j;jj ä|i ^ ^ ^ die Buddhas so vieler Reiche (Tage) sichtbar wie fünf

Air ^"tii -' ^ ^ B -^ ^^ ^ Millionen Myriaden von nahuta von Ganges-Flüssen

M; ^ ifx i^ Mi M ^ ,1^ Sandkörner enthalten. In allen diesen Reichen war

W- W ^ '1^ H^ ^ ''*"' '*"''en aus Kristall: kostbaie Bäum»' und köst-

-p- ii^[ fsfl -^nf ~f' -Öfe Ä ^ ''*^^*^ Bekleidung bildeten ihre Pracht und Schönheit;

I i.^ ^'® waren mit unzähligen tausendmal zehntausend

W iY i iy H ^K M ^ Billionen Bodhisattvas gefüllt; allüberall waren kost-

V^ "^ 'Ali ]m n ini 1f>t »< ^-i"- a^^^^j^^ (gestirnte Finnaniente) waie.i darüber gewebt.

^B M\ )j xx- Sj fp'' PI i't •''' Die Buddhas dieser Reiche predigten die Gesetze

xL; 7t ^ ^ ^ Wk •!''"' i'Ü '"'' "llerschönster Stiniuie. Auch erbh'ckte man eine

Gif '^' ^'"^ '■"'"■ 'Mr Yll" ^ ^ "'^'''' ''" ermessende Anzahl von tausendmal zehn-

-^ff: 'Jt i-'i- ' W ''y tausend l>illi(iiien \on Bodhisattxas, die diese Reiche

''^> U Vit > -^ ^ «^la überall i'iiUten und den Schalen den Dharma predigten.

;^ J^ '-^ :^|ä @ -^ W 3C Im Siiden, im Westen und im Norden, an den vier

/£• F Ttr ^t^ ^ /«J> M ff' Kardinalpunktcii, im Zenith und im Nadir zeigte

^ TO /m ^ ^ , ^ -. ^j,.^j ^11^^,,, ebenso, wo nur der weiLie Strahl sein

:^ Ö IS ift S B o f ^) l,i,|,t hinwarf.

H.i 1." 'rV 1- V fs -W- r.C "2. i--i,t I>'i sprach jeder der Buddhas der zehn ^Vell-

^H 'fe 2 tl *^ f ^ ^ ? gegende.fzn den Scharen von Bodhisattva.s : -Brave

;g; Tjifli W '.'■i' Ä^ oV jf ^ fft- Mäimer! ich muß jetzt nach der Sahii-Welt (des

M }% Ja ^^ ^ ^^^ YHf -^ ^ Leidens) hin, wo der Buddha Sfikvamuni sich auf-

•^ -y- IX. >', >•>■- ^1; i^'» Zt ~if liält, um zusammen mit ihm dem kostbaren Thiipa

^ ".^ life 1 ^^ ,-t; ^ ^' des Tathngatha 7'o-;;ao ein Opl'er datv.ubringen.- Und

A 1; ^

^ i^3B ^ :^ l''!' da verwandelte sich die Welt des Leidens in reinste

\{S. 'FiB ,'/ö ^

»i AS . :

... "-!<'> -r^ yj^ ^^ ^ -/U. >-, 5^*51 iTff WD ^^ ^y^ welche ihre acht Seiten abgrenzten. Verschwun-

'\ä ^f %e ^^' \>l ^ '■*■•' -Je ^^'' '^'^'"'»«'t; l^«-/' wurde ihr Boden: kostbare Bäume ... '"-^^ ^ VI" ^ '' i^ ^y.t. ^ statteten sie nrächtiir aus: Gold wurden die Schnüre,

f * 1 Ul Ä !f * I

j{„ den waren die Niederlassungen von Menschen, die

i AA -W- "M" "'Ä '#' -^ **'^ Dörler. Kriegslagcr und Städte, die Meere, Flü.sse,

o ißfl Ä j\\ ^ ^ ^] m if- Berge, Ströme, Wälder und Seen.. Man brannte dort

ij,,; JHii iy|; ifjij: ^"tii in ;r |,|^ dcu köstUclisten Weihrauch; man da ra- Blumen lagen

'y- ,f ihX =1/ «pV j- '^ ^ überall auf dem Boden verstreut; eine kostbai-e, netz-

Ifl ky* *7, mH -H. H'!' ^- "^^ artige Tuchdecke war dai-über ausgespannt, und daran

iLb i'"? 'i>^ S^ "1'^'^ ^ /^ ^ hingen köstliche Glöckchen. Nur die erwähnten

^ Ijj^l _J^ V'^ 'H- ''^ iik ^ Schalen (von Bodliisattvas) blieben, und die Devas

und Menschen wurden aiil' andei-e Ei-den vei-setzt

^ rfn ?^ i'V ^^ Ä S^ Iv-'}^ S '^^ kamen jetzt die Buddha.s, jeder mit einem

. ri. . ,4.1 ^^ .,.. -• i>j njk (Jroßbodhisattva als Gefolgsmann, nach der Sahä-

^ tX :1T- m m m ^ ^ '2 Welt hin. und je.lcr von ihnen begab sich dort unter

llt (iill l'l \^ >K ßi f\\ '^'^ ^ einen kostbaren Baum. Lin jeder dieser kostbaren

r4X ^ "fij 'W 5^ 3l 5?'f 1^' ti^' Bii'iiiie war 500 yojana hoch und hatte .Xste, Blätter,

^j^ - ^ 4l ijp 'S \*± ^ ^ Blumen und Früchte von ordnungsgemäßer Pracht,

jsix] ^/j^ e,fi .,,. V. 3i ij« Unter diesen kostbaren Bäumen standen Löwenthrone.

))\\ irt lU 7.'. M^i"- ffl P ^ fünl' yojanas hoch, ebenfalls rangmäßig mit großen

itf" ^1? l ^ ^ ^^i ^ Zu l^<>sf'"<i'keiten iimgel)en und geschmückt. Die Buddhas

«*" /^ ' -<— o ■» -^ - ^ y^ setzten sich je auf einen Thron mituntergekreuzten

'%n'M^mkk iö:^ Beineu....'

Alsdann wurde Buddha gewahr, daß die Buddhas,

if ir 4^ M ?lS ^J^ f!*!' M Ü in die er sich zerteilt hatte, alle beisammen waren,

im <m^^ ^ t^ ^ Hj A II '1 """' ''•''^ *^'" J^'*'*^*' ^"" ihnen auf einem Löwenthi-on

ik )Äi ÖT ^ 4k yih lil' I ' fi" '^■'''■^- '^"*' "^''''^'" '•'"' "''*• ''■■"''^ '"*' Rn'lf^li''"'* '"'t *!""

w 'äi, PflJ ^ Ok Wl' /^'r /-b ty; ^^.|,,^, j).^j, \'e,.ia„gen hegten, zusammen den kost-

Dil' Piitjoilcn in C/tiitd. äö

die vier Selial-en erlioben sich, legten die Hand- tliicheii gegeneinander und schauten eininiitig zum liuddlia auf. und liuddlia Säkyamuni ölliiete die Tili- des Tlifipa der sieben Kostbarkeiten mit dem Finger

J^ tk 'jf^ 'f^'' [13 J-' jH} Ä Yill' baren Tlinpa /u öffnen. Sofort ei'hob er sich von

■• Lf. ii^i _#.„ I vv yii ^1- ci-i seinem Tliron und stand mitten im Luftraum. Alle

3t nfe \k 5P K n w •+» m

f Ä A g " ^1 ft « I ^ .^,

/l£ ?|\ '|i^l' ^^^ t:!! [:(J rr^ P9 .^- «'^-i' recliten Hand. Da-S gab ein lautes Gcräusrh, als

$^ FiJ aE. Inf' -^v" i2!l ^ ^ würde die Speri'schrauke eines 'l'hores zurückge-

JLA- ... _^ 'i' . ^^ rt\ 1^ in schoben oder eine große Stadtpforte aufgemaclit. Da

,-- ™\ J^ ^ 1 ji Y^ f _j~ f\\\ erblickten alle an der Stelle vei'sammelten Scharen

. U. ^ 63; . ^j"n ''-' -IL '^'' den Tathägata To-pao auf einem Löwenthron im

yk _ ;y^ _, ^ l'/l' ^^ 1/1 I Impa der Kostbarkeiten, sein einheitliches Wesen

j^ _^ J ^ "P W ^ j^ unzerteilt und wie versunken in festos dhyäna. Und

1.1^ ^^ ö^ J^ jyi 2;|J -^- ¥"• tvi sie hört<Mi ihn sagen: »Wie gut. wie \ortrett'lich.

' ,V4- äfe TV* H B4I Lt, /'- l>nddha Säkyanuini, der du am Predigen der Sütras

^* -H, -i^ '''-* /yj^ '■" I-'' der r>hune dieses Dhannas ISehagen findest I ich iiörtr

^ "Je ^ ^ *liu [jfj n^ ]^ diese Sütras, und deshalb bin ich hierhcrgekouuneh."

... .1 ,. -. , .j.. _.. _|. ,,i l'iid so schauten die vier Scharen den wählend

'"^ .UL I r Ji _L. Ha. i f^ I l»« uncriueBüch tausendmal zehntausend Billionen kalpa

in J^ Xt H^* äj ^ ■'W' 1^ ll>|' '" ''ie Vcinichtung übergegangenen Buddha an: und

Ijl ^ s|- ^ ^ «ij _|_ /^^Y nn als ei' jene W'or'te sprach, die eine nocii nicht da-

^'^liW^üil

J^ bl' ' fi-j l'T' . , ^7^ I... ^^ gewesene LobcsiinlSei nng darstelltin. da sauunelten

[j- (1,^- ^ '^ ^ ^ '' B 7; ^ ■'^'e hinuniische köstliche lünmen und streuten diese

^ *'l" jhll ^' 'tili Jjx. Ti ^^ ^^ über den Buddha To-pao und den Buddiia Snkyanumi

'' -ff. jjlll ... «w ' Jff ö ans. .letzt trennte der Buddha To-poo im Tiulpa der

M ä2Ü \ ^, t'/l' -1* yX y,j, -^ K.)stl.arkeiten die Häi(>e von seinem Throne ab und

T^ ^ II >J^ J^ ^ ' ^ ?i"'j '«'»^ Jein Buddha Säkyamuni mit den Worten:

jjri M \% ^^ '*?|f XT\ '>?i; sü- ^- »Buddha .'^rdcyamuni, setze dich auf diesen Thron...

Ü i4\' nf ^'''> P^ /-iL 'iV l(fP ^"f- •'^"^'*'''''^ ^'''■'' Säkyamuni in den Thüpa und setzte

l^\. VfV \ ' n tJ \. ,..> j,jp|j ijjji iiritergekreuzten Beinen auf dm h;illM-ii

4A«t irii 'I' %'' il^Äl Thron.

i'P ±/\ l'l ." fi iL' xl/k' /'t' I)''' ^ Kaum sah die große Schar die beiden Tathägatas

»^ kK m. m 'A^ W ^m m j,,, 'r|,npa der sieben Kostbarkeiten mit unterge-

y\ llL '7K. yj ^ f^ /H H [l^ kreuzten Bciru'n auf dem Löwenlhron silzen. da

Ij- ^ Tfe. J-^ f-,1. jjjril >'s ^ijj -J^ bildete sich in einem jeden diesei' ( ledaidie: Buddiias

« '//fe 4i» iV. 1- -ifl ' "V- |5" Ihron steht Jetzt hoch über uns in weiter Kntfernung:

:^ i<' ?^ oft II.V ^«^ f;||j ^^ ^ o. möge ,1er Tathrignta <lur,-h die .Ma.Oit seinei'

n^- l^ ^ ^ ^ -^ J ä* "^ göttlichen Veriuud't uns alle in das Lceie versetzen 1

•fjn "f' H'. }}}} •h|| ^n* -^ JL. zu .Sofort nahm der Buddha Säkyamuni durcli die Ki'aft

jtl/- \F^- nn ' ri^ 3t" ^'' An seiner' \'ernunfl (l.ehrel die großen Scharen in sich

^Ti. \^ -s^' Im im '""'"' ^" ''"''^ ^"^ ^'''' ""'' '" '''^'"' ''''<"'en liefanden.

>1'' S?t fe . /tj ^T ' 'I yK. und mit lauter Stimme spr;ich er zu den vier Scharen :

{}\ h'P ' fj/Jj 'Y'- ftt ^ ^ Wer von euch vermag es, in diesem Sahä-|{,icl

l*}' ,VJi 3//; f^ ■>! yij |g/j ^ I, weit und breit .Sütras der Blume des alierschönstiMi

.. ... _,. '^V ., ,, ,^' , ' , , , Dharma zu verkünden.' (Jerade ji'tzt in ilieser Stunde

A *V fJE ' •> )|il|' /«ü «n -O" lY ^vird der Tathägata bald ins Nirväna eingehen, und

Hl

56 1)E ÖROOt:

/^ A-\ ^& M'' \y] Y^ y0 '^^ '^* ''^^ Buddhas Wunsch, die Sütras der Blume

^2. KL . ^ si i| /■«L fyry dieses allervortrefflichsten Dharma den hier An-

-ffc /^ itc Ca ]X\u VA -y^^ wesenden als Auftrag zu übergeben.«

Dieses heilige Schriftstück sioht recht inystiscl» aus; dennoch fällt es nicht schwer, seinen wesentlichen Inhalt klar zu erkennen. Das Sütra von Brahmas Netz hat uns bereits den Schlüssel dazu in die Hand gegeben. Es führte uns den Dharma, das leuchtende Weltgesetz, vor als Losana, thronend auf dem aus Lotusblumen gebildeten Weltenall und sein Licht zerteilend in unendliche Myriaden von Säkya's oder täglichen Sonnenkreisen, die je in einer Welt, durch ein Lotusblatt gebildet, den leuchtenden Dharma verkünden und dadurch alle Wesen zur höchsten Weisheit und Heiligkeit hinaufführen (s. S. 32). Und hier tritt uns im Lotus-Sfitra genau dieselbe Darstellung vor Augen: der To-puo, »Viele Kostbarkeiten«, in einem Thüpa, der alle Welten und somit alle ihre Schätze und Schönheiten umfaßt, der seine in zahllosen Nischen dieses Thüpas thronenden Bodhisattvas durch Lobpreisungen beseelt und zur stetigen Verkündung seiner Heilslehre der Dharmablume anregt. Bei jedem Sonnenaufgang quillt dieser gewaltige Thüpa aus dem Erdboden hervor, das heißt, das Weltall wird allen Wesen, welche das vom Licht gebrachte Heil ersehnen, sichtbar, und zwar in einem Regen duftender, von des Himmels Licht und Wärme hervorgezauberter Blumen und dankbar begrüßt und verheiTÜcht von mit Ehrfurcht und Be- wunderung erfüllten Scharen. Wir lesen dann weiter, wie diese Scharen, überwältigt durch den Anblick des hehren Weltthüpa, aus dem To-par/s Stimme ihnen zuruft, daß Säkyas Lehre die wahre Lehre ist und sein Licht mithin zur Seligkeit fülirt, »Freude am Dharma finden«, d. h. alle bekehrt werden. Dann lesen wir, wie das aufgehende Sonnenlicht, der Buddha Säkyamuni, nicht bloß den Weltthüpa vor den Augen der Scharen zum Vorschein zaubert, sondern diese auch über den Ursprung und die Rolle des darin tlironenden Weltgesetzes, den Dharma, belehrt. Dieser To-pao ist ^0^, »wie (von selbst) gekommen«, ein Tathägata, der Ur- heber einer unermeßlichen, unsagbaren Anzahl von im Osten entstehenden Welten, d. h. von Sonnenperioden, Tagen. Sein Reich ist das makellos reine, sternenbesäte Himmelsgewölbe. Sein Leuchten, das durch Vermittlung des Buddha stattfindet, hat nur einen Zweck: es soll das Wesen (^) des Weltgesetzes sell)st sichtbar machen, den Dharma in seiner Vollständig- keit den Scharen der Wesen oifenbaren, diese mithin mit dem allerhöchsten

Die Pagoden in China. 57

Wissen, mit, bodhi, begaben und also Bodhisattvas werden lassen. In lebhaften Farben schildert der Sutratext, wie der Buddha während seines Lebenslaufs, des Tageskreises, dieses Werk vollbringt. Die unzähligen Strahlen, in die er sich zerteilt, wovon jeder an sich natürlich auch ein Bodhisattva ist, beleuchten zunächst die zahllosen Welten oder Tage des Ostens und ver- ändern sie in Paradiese von entzückender Schönheit. Danacli verwandeln sie ebenso den Süden, dann den Westen, sogar den Norden, den Zenith und Nadir. Und wenn endlich die unzähligen Strahlen sich abends zusammen- ziehen, dann hat sich in der ganzen Welt des Leidens eine vollständige Umwandlung vollzogen: alles Irdische ist daraus entschwunden, alles ist zu einem Eden geworden, in dem keine Menschen mehr, sondern nur noch Bodhisattvas leben. Die in Säkyamuni sich wiederum konzentrierende Licht- kraft der zahllosen Strahlen öflnet nunmehr den WelttlHi{)a, läßt die Scharen das Wesen des Weltgesetzes erblicken und aus dessen Munde selbst vernehmen, daß sie nur dank dem Predigen des Weltgesetzes, der Sütras der LotusteiTasse des Dharma, jetzt das Weltgesetz zu kennen vermögen und also die Allweisheit, bodhi, erlangen, die mit der allerhöchsten Selig- keit gleichbedeutend ist.

Der Abend ist also da: Weltgesetz und der Buddha, sitzend auf demselben Thron, versinken ins Nirväna, in den Zustand der Auslöschung-. Jetzt ist Dharma mit dem Säkya, den er morgens hervorbrachte und mit der Seligmachung, dem Drehen seines Rads, beauftragte, wieder zusammen- getlossen; sie sind eine Zweieinigkeit, und die auf S. 29 f. aufgestellten Sätze 4 und 5 bestätigen sich hier in der Heiligen Schrift. Die Scharen der jetzt mit l)odhi begabten Wesen nimmt der ins Nirväna sinkende Säkya in sich auf, damit auch sie in Zukunft alltäglich leuchtend das Welt- gesetz verkünden, dadurch den Weltthüpa öflFnen, sich darin mit dem Weltgesetz verschmelzen und das Drehen des Rads wieder anderen Bodlii- sattvas übertragen.

Hinsichtlich des Abschlusses der Laufbahn des Säkya als Heils- propheten hat somit die Kirdie eine besondere Lelire für die Esoteriker, und zwar, daß er in den Weltthüpa des Dharma aufgenommen wurde. Eben- falls hat sie sich von der Lehre, der Buddha sei am Ende seiner Laufbahn verbrannt, und das Licht seiner Weisheit sei darauf in 84000 Asoka- Thiipas als Sarira's niedergelegt, eine kosmische Darstellung zurechtgemacht, der die Auffassung zugrunde liegt, Buddha sei die Sonne, die vom eigenen Phif.-hit/. A/'/i. lf)J!). Nr. 11. 8

58 i> K G KO OT :

Feuer verzehrt wird, bevor sie als eine ausgelöschte Scheibe ins Nirväna sinkt. Auch sie wird von dem höchstheiligen Lotus-Sütra verkündet. Da lesen wir im 23. Abschnitt, daß Srikyarauni den Bodhisattvas der ^^ ^ |^ »Schönheit der Könige der (28) Mondhäuser'« eine Lehrrede hielt über einen Bodhisattva >- Arzneikönig« (vgl. S. 50), das heißt, über die noch nicht untergegangene Sonne, welche die Wesen von allen Übeln der Nacht und Kälte befreit; und der kurze Inhalt dieser Predigt läßt sich wie folgt wiedergeben":

Vor unermeßlichen Zeitaltern war ein Buddha des Namens f} ^ J^ B|j|fe^p^ »Tathcägata der Segnungen des Reinen Lichts von Sonne und Mond" (also das Licht des Weltalls). Er verkündete die Sütras der Lotus- blume des Weltgesetzes vor einem Bodhisattva "^^^^Ä »den alle bestehenden Wesen mit Freude sehen« (also vor der Sonne, die ihr Licht dem Licht des Weltalls entleiht), und freudig durchlief nunmehr dieser Bodhisattva seine mühsame Bahn durch das Dharma des Tathägata der Segnungen des Weltlichts, um sich dadurch das Buddhatum zu erwerben. Als so 12000 Jahre vergangen waren, brachte er diesem Tathägata seinen Körper als Opfer dar, indem er durch die Kraft seines Wimsches sich selbst in Brand steckte zur Beleuchtung des Weltalls. Das allergrößte Opfer, welches das Weltgesetz kennt, wurde somit vollbracht. Zwölf Jahrhimderte lang brannte sein Wesen; es löschte sich seine VAut (im Westen), und als so sein Leben ein Ende genommen, wurde er wiedergeboren im Reiche des Tathägata der Segnungen des Weltlichts.

Daselbst teilte ihm dieser Tathägata mit, er wolle sich ebenfalls aus- löschen und ins Nirväna gehen und deshalb ihm den Dharma (das leuchtende Weltgesetz) anvertrauen, mitsamt dem Werk der Hinauflführung der Wesen aller Welten zur liöchsten Weisheit. Auch erteilte er ihm den folgenden Auftrag :

»Die Saiira's, welche nach meinem Übergang in ilen Zust.Tnd der Auslöscliiing da sind, übertrage icli dii' und verhaue ich dir an. .Sorge dafür, daß sie überall hinkommen, und daLi ihnen weit und breit üpfergaben und Opferspeisen vorgesetzt werden, und errichte Tausende von Thüpas für sie.«

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' Kkrn: NaksatraräjasamkusumitSbbijna.

'' Eine wörtliche Tibersptzunn des Textes befindet sich in »Le Code du Mahäyäna en ('liiiie« ;inf S. 221 IT.

Dir Pdyoili'ii in China. 'iD

Daraufging er im »späteren Teil des Abends« (^^:53^) ins Nirväna. Der Bodliisattva errichtete einen Scheiterhaufen, setzte den Tathägata in Brand, scharrte die Sarira's aus der Asche hervor, legte sie in 84000 Urnen und baute dafür 84000 Thüpas, die so hoch wie die drei Welten ( jth^, (las Trailokya) waren, Säulen (t^iJ Caitya) und kostbare Glöckchen trugen. Dann opferte er sich fiir die Reliquien auf, indem er vor den 84000 Thüpas seine hundertfach Segnungen spendenden Arme (Strahlen) anzündete: 72000 Jahre lang wiederholte er (täglich) diese Tat der Selbstaufopferung, mit dem Erfolg, daß zahllose Scharen von Wesen die allerhöchste Weis- heit (anuttarasamyaksambodhi) erwarben. Infolge seiner Weisheit und Intelli- genz (^^) kamen ilim die Arme immer und immer wieder spontan zurück, so daß es in den zahllosen Welten (Tagen) Blumen regnete und alle Wesen mit bisher ungeahnten Reichtümern gesegnet wurden. Zum Schluß der Predigt versichert Säkya den Königen der Mondhäuser, daß dieser Bodhi.sattva, »den alle Wesen mit Wonne anschauen«, niemand anders ist als der Arznei-König (die Sonne), der unendliche Male (Tage) in der beschriebenen Weise sich für das Heil anderer aufopferte.

Es liegt klar auf der Hand, daß dieses esoterische Lehrstück nichts anderes enthält als eine verblümte Schilderung des täglichen Kreislaufs der Sonne. In der Tat ist in ihr zu lesen wie folgt:

Buddha, als das Licht der Welt, enthüllt den 28 Hauptgestiriien, also dem ganzen bestirnten Himmelsgewölbe, wie das leuchtende Weltgesetz täglich der Sonne die Lehre seiner Lotusblume predigt, das heißt, sein Licht oder seinen (Jeist auf die Sonne einwirken läßt und so diese veranlaßt, ihren täglichen Kreislauf zu vollbringen. Dadurch ist die Sonne gezwungen, »idi selbst brennend aufzuopfern, und zwar für das Weltgesetz, das ohne das Sonnenfeuer gar nicht leuchten und wirken könnte. Nachdem ilire Glut sich im Westen gelöscht, wird die Sonne im Gebiet des Weltgesetzes wiedergeboren und erhält von diesem den Auftrag, von neuem zu scheinen, das heißt, zur Seligmachung der Wesen den Dharma zu predigen. Durch den Untergang der Sonne hüllt «ich auch das Weltgesetz in Dunkel, tritt also ins Nirvjlna und läßt dann seine Sarira's, seinen Geist und seine Kraft, jeden Morgen erneut von den Strahlen der Sonne beleuchten, sich dadurch neu beleben und somit von den 84000 Weltthüpas aus zur Seligmachung der Wesen in Bewegung setzen. Zehntausende von Jahren lang hat also die Sonne zur Erfüllung dieser täglichen Pflicht ihre Arme oder Strahlen

8-

60 I) E G R O O T :

aufgeopfert, und immer wieder sind sie ihr von neuem spontan gewachsen durch die Kraft ihrer Weisheit und ihres Geistes, zur fortwährenden Be- reiclierung der Welt mit Blumen und Schätzen.

Hier finden also durch die Heilige Schrift die auf S. 29 und 30 aufgestellten Sätze 2, '3, 5 und 6 ihre Bestätigung. Klar läßt sich jetzt einsehen, daß die Thüpas Darstellungen d(!S Weltalls sind, des Welt-thiipa, in dem das Weltgesetz, der Dharma, wohnt; sie sind mithin Heiligtümer des LoSana, des To-pao, des Tathägata der Segnungen des Lichts von Sonne und Mond, des Adibuddha oder wie sonst noch der Dharma, der Allgeist des Kosmos, in der Sj^rache der Esoteriker heißen mag. Weil Weltgesetz und Weltlicht eine einzige höchste Macht darstellen (Satz 5, S. 30), so ist der Thüpa ein Heiligtum der Buddhas, im engeren Sinne ein Heiligtum des Säkyamuni. Er ist das heiligste Heiligtum einer der höchstentwickeltsten Naturreligionen, welche die Menschheit sich geschaffen hat, und rückt den universistischen Charakter dieses Mahäyäna-Buddhismus ins hellste Licht.

Die Heiligkeit der Thüpas hat noch ein besonderes Gepräge vom Welt- gesetz selbst erhalten, und es ist das so überaus heilige Lotus-Sutra, das es uns lehrt. Wir haben nämlich schon darin gelesen (s. S. 52 f.), daß dieser höchste Tathägata dem Sangha der bhiksu's befahl, große Thüpa-s zu bauen, und zwar um zu bewirken, daß er selbst nach jeder nächtlichen Versenkung ins Nirväna wieder daraus auferstehe, um das Predigen oder Leuchten, das alle Wesen dem Heil zuführt, zu stützen und zu er- starken. Es erklärt also das Weltgesetz selbst durch diesen Befehl, daß die Thüpas deshalb da sind, die erlösenden Umdrehungen des Rads des Dharma zu fördern was wieder nichts anderes sagen will, als daß sie die ihnen innewohnende leuchtende Kraft des Weltalls, die durch dessen Umdrehungen hervorgebracht wird, über die Wesen entsenden. Pünktlich hat der Sangha diesen allerhöchsten Auftrag ausgeführt. Wie die chinesische Literatur nachweist, war die mahäyänistische Welt immer sehr reich an Thüpas, und sie ist es bis zum heutigen Tage geblieben. Auch der Vorschrift, daß sie groß sein sollen, hat der Sangha, wie diese Abhandlung nachgewiesen hat, Gehorsam geleistet; Borobudur, Porzellan- turm usw. sind Hauptboweise datiir.

Hoch, sehr hoch ragt die esoterische Lehre, daß Sarira's Licht und Geist des Weltgesetzes sind, über die ordinäre Auffassung hinaus, daß sie Überreste des verbrannten leiblichen Heilspropheten seien. Es ist dann

Dir Payodeii in Cliiiia. (J'l

auch nicht besonders verwunderlich, daß das Lotus-Sütra (lo. Abs.) lehrt, dieser selbst habe erklärt, es sei gar nicht nötig, seine Sariras in den Leuchttürmen des Dharma beizusetzen. Er sprach nämlich zu dem Arznei- König, der Sonne, folgendes:

-*l^ iM sL . -fcr Ä jgg ^fri »Allüberall wo man (die Lehre) predigt oder laut

^iS S KK 4-Tt ^ IS= Alä. -fr ''ßs'> murmelt oder schreibt, oder wo Sütras oder

W Xi ^ Vi j. M ^ -ffi iiire Kapitel sich befinden, da soll man Thüpas der

v^ Ift l>^ hP t+f ^^ ^^ ^^ sieben Kostbarkeiten errichten, sie möglichst hoch

^ hit ^^ ^§* ^jB /i: ^ '"^'^ breit .machen und prächtig ausstatten. Es ist

^H -^ d[i- '* ti ° It, ifc unnötig, auch noch Sarira's darin niederzulegen, und

. "'S 'l' ^g ^ ^^ fei ^ weshalb das;' Es befindet sich darin doch schon

^^ *K J& Äff. ^g jj^ BJL das ganze Wesen des Tathägata. Man muß daher

^^ /4j- -j^ ■* .^ ^ ±fc diesen Thüpas Speiseopfer und Verehrung darbringen,

in: ^ ■^ ;^ ^ '^i 1^ :^ und zwar mit allen möglichen Blumen und Weih-

-^ "Bf S :^ 3t! ^^ ifä ^ , rauch, mit Edelsteinen, brodierten Sonnenschirmen.

^ yj.iL. ^B ■'"'i jä' ^ L- ^^ Panieren und Fahnen, mit Kunstfertigko.it und Musik,

VE ^ ujL jh^ o ^ ,-y, =:jr Gesang und Lobpreisung; und man soll sie mit

^aH o tS itP i ''^ Ehrfurcht und Achtung rühmen und verherrlichen.

B>. -fcj- '^ it»- j-j- J^ J^ Wenn es Menschen gibt, die beim Anschauen dieser

^j^ ^*^ /+■ " , /^ jÄ; Thüpas sich feierlich davor verneigen und ihnen

w "^ {{g );iA 1^ , Speiseopfer darbieten, dann wisse, daß diese Wesen

W ^ ^\ i^ ^©^ m' ^n ^"® '^^'^ anuttarasamyaksambodhi (allerhöchste Weis- heit) nahestehen."

Auf Grund dieser heiligen Vorschrift dürfen wir wohl annehmen, daß in vielen Thüpas, aucl» sogar großen und schönen, gar keine Sarira's vor- handen sind und nie darin gewesen sind. In chinesischen Schriften wird dann auch bei der Besprechung vieler namhaften Thüpas über Sarira's gar nichts gesagt. Entbehrlich werden die Sarira's auch gemacht durch das heilige auf S. 52 zitierte und auf S. 56 besprochene Lehrstück, daß das WeltgeSetz sich durch Eidschwur gebunden hat, jeden Morgen mit seinem ganzen Weltall aus dem Nirväna zum Vorschein zu quellen, um das au den Thüpas verrichtete Werk des Sangha, die Verkündung der Heils- lehre der Dharmablume, lobpreisend zu beseelen.

Wie wir soeben gesellen, hat Buddha auch nachdrücklich vorge- schrieben, daß Thüpas der sieben Kostbarkeiten, also von höchster Schön- heit und Pracht, überall erbaut werden müstsen, wo der Sangha lebt und wirkt. Dem Buchstaben nach soll also jedes Kloster seinen Thüpa haben, wenn nicht einen großen, so doch einen kleinen (vgl. S. 80). Zugleich hat Buddha erklärt, daß diejenigen, die den Thüpas Opfer darbringen, der hohen Weisheit des Buddhatums nahestehen. Folglich sind die Thüpas

(52 I) V- G R o (> T :

für die Klostergeistlichkeit, die die Bodhisattva-weilie empfangen liat, nicht bloß Gegenstände aus Stein und Holz, sondern lebende heilige Wesen, denen g(0])fert und A^erehrung. dargebracht wird, als wären sie der Dharma und die Buddhas selbst, deren leuchtender Geist ihnen innewohnt. Aber- mals also treten uns die Thü|)as entgegen als die allerheiligsten Heilig- tümer, welche der Buddhismus kennt, und es ist leicht einzusehen, daß er in seinen hohen transzendentalen Gedankensphären sicli unmöglich noch heiligere hätte ersinnen können. _

Wohlbegreiflich senden die Thüpas haujitsächlich dann das Licht der Welt aus, wenn es die Welt beleuchtet, also bei Tage. Folglich ist es für menschliche Augen in der Regel unsichtbar. Selbst als der große Kaiser der Lian(/-l}ynastie persönlich durch Sütralesung das Licht des Dharma strahlen ließ, war das Leuchten der zwei dabeistehenden Thüpas erst nach Sonnenuntergang zu sehen (s. S. 25). Aus dem Munde von Kloster- brüdern habe ich vernommen, daß das Thüpalicht sich höchstens einmal jährlich, mitunter nur einmal in mehreren Jahren, sehen läßt, und zwar ausschließlich nachts bei regnerischem Wetter, in blauweißer Färbimg oben an der Spitze. Vielleicht ist es wohl auf Grund solcher Elmsfeuererschei- nungen, daß daselbst häufig eine «Lichtperle« (vgl. S. 40 und 41) ange- bracht ist. Auch zeigt sich das Leuchten wohl durch eine farbige Wolke, die über dem Thüpa schwebt, sogar durch eine fünffarbige, die also die Farben des ganzen Weltalls in sich vereint (vgl. S. 21).

Natürlich erzählen chinesische Bücher viel Wimderbares über leuchtende riiupas. Unter dunkler Schneeluft verbreitete sich einmal über einem Thüpa ein heller Glanz, in dem ein Regen von Blumen herniederging. Es hat sich auch ereignet, daß, als Sarira's in einem Thüpa beigesetzt wurden,* langan- haltender schwerer Regenfall plötzlich ein P^nde nahm und einem Liclitschein Platz machte, der i 2 Monate lang mehr als 50 Meilen weit um den Turm herum sichtl)ar blieb. Bei einer anderen Beisetzung von Reliquien soll der leuchtende Buddha selb.st aus dem Nordwesten gekommen sein, mit einem ercjuickenden Regen im Gefolge, der den schmachtenden Feldfrüchten eine langersehnte Labung brachte. Allgemein Avird angenommen, daß, wenn ein Thupa leuchtet, zur gleichen Zeit alle seine Glöckchen ertönen, und es folgt aus diesem Glauben, daß ihr Klang gleichfalls dazu dienlich ist, die lieilsame Wirkiuig des Dharma vom Turme aus zu verbreiten. Es ist also angebracht, diesen eigentümlichen Gegenständen einige Aufmerksamkeit zu schenken.

IHf Pagoden in China. GH

Das Ausstatten der Thfipas mit Glöckchen ist ein recht alter Brauch. Wie auf S. 15 mitgeteilt wurde, trug im 6. Jalirhundert ein großer Thüpa bei Lo'-jang 1 20 vergoldete Glöckchen. zum Teil an den Ketten "der (upfel- stange. Nacli dem Reisel)ericht des ^^ Snng Jiin, der 518 522 in Indien reiste, hingen Glöckchen am großen Thupa von Gandhära: denn

wir lesen da: fg EI ^ff MÜ^^ M WiJ JiE)t ^ M'J W^^'^T^HI Wenn die aufgegangene Sonne zu steigen beginnt, dann glänzen die vergoldeten Schüsseln (des Gipfels, s. S. 15) klar: und wenn eine sanfte Brise sicii leise erhebt, dnnn ertönen die (llöokchen melodisch. Überdies erwähnt der Pilger noch einen viel kleineren, nmden Thüpa, der mit Glöckchen versehen war, Welche unter Umständen ertönten, wenn jemand das Gebäude mit dem Finger herrührte. Das Lotus-Siitra sagt, daß der Weltthnpa des Dharma mit Milliarden von kostbaren Glöck- chen behängt ist (s. S. 51). Daß bis in die Neuzeit hinein Thupas (ilöck- chen tragen, zeigt z. B. der des T im-iwig-Klosters mit seinen 3400 und mehr größeren und kleineren Glöckchen (s. S. 41), sowie auch der des Ti^ing- Ä-/o'-Klosters (S. 44 ff), dessen fünf pyramidale Thfipas eins tragen an der Ecke jeder Gliederung. Der Porzellanturni Nankings besaß, nach Milne, 150 Stück, wovon 72 an den acht eisernen Ketten der (Hpfelstange.

Nur bei AVindstille schweigen die Glöckchen, denn jeder Klöppel ist ein horizontales Kreuz, an dem unten ein vertikales Flügelchen sitzt, wo- durch das Kreuz vom geringsten Windstoß in Bewegung gebracht wird luid anstößt. Fast unaufhörlich entsendet also der Tluipa zugleich mit dem Licht des Dharma auch dessen melodische Stimme, wie sie im Kloster aus dem Munde der .fast den ganzen Tag Sntras lesenden Geistliclikcit klingt. Licht und Glöckchenklang des Thiipa wirken somit gleich heil- sam und seligmachend und vertreiben die Dämonen des Dunkels 'mit allen ihren Übeln, von denen religiöse Unwissenlieit tind daraus geb<)rene Ketze- rei die schlimmsten sind.

Eine ähnliche Wirkung übt auch das Läuten der wohl bis zu einem Meter hohen Klosterglocko. die im Vorhof des llaupttenipels in einem vier- eckigen, zweistöckigen Jffij'^ »Glockenturm" unter dem doppelten Dach aufgehängt ist, um mit einem iiorizontal au Seilen daneben schwingenden Holzstück angeschlagen zu wenlen. Sie ruft die Klosterbrüder den ganzen Tag über zu ihren Arbeiten auf, reguliert somit ihr ganzes religiöses Werk und ist daher das Werkzeug, von dem die Seligmachung aller Wesen au.s- geht: überall, wo ihr Klang sich verneliineii läßt, vertreibt sie also die

()4 DE (troot:

Mära's und erweckt alles zur erlösenden Weisheit. Ilir Schall erschüttert deshalb auch die Höllen, sprengt ihre Pforten und lindert die Folterqualen der Verdammten. Daher kommt es vor, daß die Klosterbrüder mittels eines durch den Bach bewegten Wasserrads eine besondere Glocke Tag und Nacht bimmeln lassen und so vielleicht schon seit Jahrhunderten zahllose Wesen erlösen und sellgmacheii genau so, wie es automatisch durch die vom Winde geläuteten Thupa-Glöckchen geschieht.

Der Glaube an diese Zauberkraft der Klosterglocken wurzelt in kirch- lichen Überlieferungen, die Jahrhunderte alt sind. Das seit der T'ang- Zeit allgemein gültige Reglement für das Klosterleben, die ^ ^^1l^ iWiS Po'-Unmj tsung-lin ts'ing-laon, »Reinheitsverordnungen aus dem Dickicht des Po'-Uang (Berges)«, oder kurzweg Po'-tmng ts'ing-kwn, »Rein- heitsverordnungen vom Po'-tmng« ', gibt im 9. Kap. zwei solcher Über- lieferungen im folgenden Wortlaut wieder:

ga ^ ^ (^ PI fät ^■- Ehemals lieh Fürst Tki^ dem (Kaiser) Wu der

^ ^ ,vf. _^_^. - . 7-/!a7?j/-Dynastie (s. S. 22 ff.) das Auge des Wegs (zur

^ St i^ p^ ö W^ Seligiieitl. und dieser bekam dadurch ein Bild der

4^ ^ gp "• j^ 'Xi HöUenfolterqualen zu sehen. Auf seine Frage, ob

F5 ßof ift "^ [^ ° -f^ denselben ein Ende bfreitet werden könnte, sprach

'^ y^ =fc/v ~T^ HH >=i '/'««': -Jawohl, wird daselbst Glockenklang vernom 'i^ 'SC' TS?- P ifS l"J "Ml

^ ^ ^ M^"^ ^

^ o

men. dann hören diese Folterungen zeitweilig auf.' Hierauf erließ der Kaiser den Befehl, man solle in

-t-f. _^ ^ [»^ -M_ liA ;^ <len Klöstern des ganzen Reichs beim Anschlagen

Ö ■» "^ '' -'^ iL „„ der Glocke den Klang dehnen und verlangsamen.

JuE ^ 0^ '''Ij fS* _i^ ^ Wenn geläutet wird, dann fügen diejenigen, die beim

J^ -tr x^ ^ "Ptf , H Lesen von Siltras sind, eine Agama-sntra dieses In

H -fj Jiin ^_^ ^JT^ i...w„ u: w: „:„' „„o„Ki„„„., ,.,:-,! .^-ß J„„,

^ ^ f i % 4 ^^ i-tli

lalts hinzu: »Wenn sie geschlagen wird, daß dann den Folterqualen aller schaudervollen Wege (der

In diesem acht Kapitel enthaltenden Werk sind die religiösen Aufgaben und Pflichten des Mönchtums und die Organisation der Klöster im vollen Umfang beschrieben und fest- gelegt. Der Überlieferung zufolge wurde es in der 7"a«^-Zeit von einem ina Stamme ^ Warig im Kreise -^ ä^ Ts'ang-lo in Fu-kim geborenen Mönch 'fe'/§ lluai-hai abgefaßt, und zwar im dhyäna-Kloster ^^^^ Sou-sing auf dem Berge Po-tsang, .Hundert Klafter-.

beim jetzigen ^a q Nan-ls'ang, südlich vom Po-jnvg-See. Seit vielen Jahrhunderten ist dieses Werk allgemein von den Klöstern als Gesetzbuch anerkannt und mit Glossen und zahlreichen Ergänzungen bereichert worden, so'tfaß es eine nicht hoch genug zu schätzende. einzig dastehende (Quelle ist für Kenntnis des Mönchlebens und des Klosterrituals.

' m W E^ Sanglia Pao-tsi, ein wunderbarer buddhistischer Heiliger, von dem das

\M W_ .Nan-.si, -die (ieschirlite des Südens», in Kap. 76 S. 13 f. recht eigenartige Dinge zu erzählen weiß.

Die Payodcn in China. (55

3?. üt ^ -fä 3fr $m [f- Existenzwandlungen) insgesamt Einhalt geboten

o --_- j^-. p. ... ^tgL o werden möchte!« Beim Hören der Glocke soll man

yC l<i>.% |/J> Itp Isp ~j^ ein Zauberwort Buddhas aussprechen, zur Tilgung

S i/J 31 ^R 1^ *^^'" '"^ ^®" Existenzen (der Wesen) während 500 Mil- lionen kaipa begangenen schweren Sünden.

^ C3 -+r| i^g pti "^. Ifg Sangha Tii-A/ny, ein Geistlicher der ^wj-Zeit, wohnte

•Ki "* AA-. _L * :/5- IG* im großen Kloster der Pracht und Herrlichkeit (im oder

^!^ ^^ ^S beim jetzigen Nanking) und bekleidete das Amt eines

flfl. ^ JRJ '^ rfl; yL ^ Glockenhauptnianns. Im fünften Jahre der Periode

•Air ?S ,^iÄ ^i es fj^ -t^ ^'Q':/«' (<J09) starb dem auch dort wohnhaften Mönche

"•' '"^^ PI ^^ ^* :;^ ]g San-kw) ein Bruder unterwegs im Gefolge des Kaisers

rh rSt ■• :^ ^ 'jw. j^ und sagte zu seiner Frau im Traum: »Ich bin in

Sfc Ijfj HB ^H P& '^ •'^ P'eng-U'iny erkrankt und gestorben und versank in

^ ^t ^- ' ^*^ T-*" '*^- '"*' ^^°^'^- wurde aber durch das Läuten der Glocke

, ^ ^" Ä *Si ' ^ im Kloster der Pracht und Hunjichkeit. das die Hölle

^^ W ^ ^^ ^ erschütterte, befreit und erlöst. Ich will diese Wohl-

■I 3^ ^ itr. ICS ^S ■• tat vergelten; bringe also zehn Stücke Seide dahin.

^^ YP O . I Töf *«. Die Frau tat es, und Tsi-hina verteilte die Seide unter

.u, brv |oj iij, xUj ^ gl- ''

*'■'■' ÄÄ ^ ^ ju >>' '"^ Brüderschaft. Als diese ihn fragte, wie das An-

i^ ^IT - rfn 3nA ^ ^' schlagen der Glocke so <!tvvas hätte bewirken können,

^b 1-1 >@. ^'r» 3^ ^^- sprach er: -Wenn ich die Glocke schlage, so sage

113 ^r l"J ^ ^ tjS ich zuerst: ,Mögen die Heiligen und Weisen mit uns

-^ ^ ' 4rn "(^ ■« o den Platz der religiösen Verrichtungen betreten': dann

f^ IS ^v /.A- |M ar -J^ schlage ich dreimal an und dann einmal gedehnt und

1^ ^' ^ / [\. 'Xi ^ spreche dazu noch dieses Gebet aus: ,Mögen alle

Gfr ;IS '^^ ^^ ^^ ^^ Wesen, die sich in den schaudervoUen Seelenwan-

■Q I1 "T" W ^4* ■'^ "^ derungszuständen befinden, in.sgesamt durch da.s

M ^^ ^ Hören des Halls meiner Glocke Folterqualen ent-

IgA hc. Ä 1=1^ tP 3^ 1=1 zogen werden !• Sogar beim schweren Fi-ost des

tf ^l :M "^^ ^ AI /f- strengsten Winters, wenn mir die Haut springt, Ben-

o rfu -I. . (gj Hg •'t' tt len sich bilden auf meinem Fleisch und das Blut

Jf/ ■, JLJ » ^ fpi mir in den Handflächen gefriert, macht nichts mich

j'Ä. '^ t-'^ pT -yjj zz: auf das Werk verzichten, und daher mag es wohl

'ti' rU Ü 3{£ fs-t |tt konmien, daß die Unterwelt sich bewegen läßt zur

Erfüllung meiner Gebete und Wünsche.« Sogar .den großen indischen König Kaniska n)ußte eine Klo.sterglocke ;ius der Höllenfolter befreien. Das Fa-jtiau tSu-lin (s. S. 7) erzählt in Kap. 99 (Bl. 14):

rC. jf^ -jf Vlv- ^ ^ ndb Es war damals ein König Ka-ni-tsa, habgierig,

liä _L frti ' '^- uM :;fe' g''''*i'sam und ungerecht, der vielfach in den Krieg

^, , zog und das Volk mit Frohnarbeit belastete, ohne

^ '^ Ül^ ^ M P^ t^ sichjegcsättigt zu fühlen... Er wurde dann (wieder-) /jui F^l tp A iii yt,^ -P geboren in einem großen Meer. Dort wurde ein '"•* o ^^ ^^ \M Ä ■• Uiusendköpfiger Fisch gemacht, dessen aus Schwertern

zusammengesetztes Rad wirbelnd auf ihn cinsclilug

ifc'A

° o ta "^ ^

<t i -^ u. m ^

I'/ii/.-/i:s/. .\l,l,. /!>]!!. Nr. lt.

(',(', I) K (i KOOT :

ifc/- J^T G? Pll 'jSi M- \a\ '""' ''"" '^^" Kopf abschnitt: diiraiir wuchs ihm der

-i ^ ^ ifefc >^ Kopf wieder nach, und dieser wurde ihm dann

ryC '^ 'li I58 ^ '^ /i abermals abgeschlagen, und so ging es abwechsehid

^ OM u^ "^ fffi' 7^ ,ijr weiter bis ins Unendliche, so daß in einer kurzen

7l>n +•-' ih Ä«: :iX ! ^I><in"e Zeit das große Meer von seinen Köpfen an-

. j- Hit ^ > ^^ ^*^ 'Süt gefüllt war. Damals gab es einen Arhan, der wti-na

''•^, H P.^ Jr^ ^f^ ^ Ä (Zeremonienmeister) der Geistlichkeit war, und der

e p i^ -y- in ffi" "& König benachrichtigte ihn wie folgt: -Heute hört« - s& iiU: ^ ^ -. dieses Schwertrad das Geläute der ghaiita (Glocke), 77 yc 1 »^ PP X>|] ^^ ^ und sofort kam es während einiger Zeit zum 'Stul- ln ^ & f^ y fh ^^ stand, so daß unterdessen meine Marterqualen eine >l# ^ ^ W x' Weile aufhörten. O Allertugendhaftester (bhagavat), J m -M iY ."* „TT 25J. liabe Mitleid und erbarme dich meiner! wenn immer 3^ "^ ^ ^'J^ ^ IpJ /fc du die ghania anschlägst, dann dehne das Geläute ^ Ifn o itb ßM * über einen langen Zeitraum aus !■ Mitleidig gedachte

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-4»- .u ¥<^ >©> ^ll Vi'la ^ ''®'' ^'''i^t seiner und schlug die ghanta lange, und

nach sieben Tagen hörte die Folterung, der der

König unterlag, auf. Die Vorsteher dieses Klostere

,_ ,, . . machten dann einander der Keihe nach mit dem

iik. fM ^ -^ ^M n^ ^ Anlaß bekannt, den dieser König dazu gegeben hatte,

|/y , y\. ,„ T" ^ yjjj somit findet das langanhaltende Schlagen der

ghaiila noch immer heutzutage ebenso statt wiedamal.s im Anbeginn.

^" löi ^^ fi S W in

Sind herzinnigliclie Gebete und Wünsche des Glockenläuters für die erlösende Wirkung der Glocke von so hoher Bedeutung, dann liegt es auch vor der Hand, daß das Po'-tsany ts'ing kxcd sie durch Vorschriften reguliert. Es bestimmt im 9. Kap., daß dieser, noch ehe er zu läuten anfangt, mit leiser Stimme sagen soll: Ultb^i^M'ä ^, ^Sl^Hn ^^ f^^ J^S 'MW iSIlIM ^ Kf^*R^^iE^ '^'"Se der Hall dieser Glocke das Reich des Dharma durcheilen; mögen im Dunkel der eisernen Umkreisung (der Höllen) alle ihn ver- nehmen, somit vom Staub gereinigt werden und von voUkommner Weisheit (bodhi) Zeugnis geben ; mögen alle möglichen lebenden Wesen wirklich zur wahren Weisheit Erwachte werden ! Während dann seine Schläge weiter ertönen, muß er eineReihe von Wünschen aussprechen, und zwar zu allererst für die Erlösung des Kaisers, der Staats- dienerschaft und der sämtlichen Wesen aus den f^[p] «Umdrehungen des Rads« der Existenzen und aus dem ^'/^ »Meer der Folierungen« ; weiter für das Ausbleiben von Hungersnot und Krieg und für die Wiedergeburt der Gefallenen im Paradies des Westens: dann noch für die Vögel und Vierfüßler, daß Netze und Schlingen sie nicht fangen; für die Heimkehr von Wanderern und Verwaisten: für das Wohlergehen der Geistlichkeit und die Blüte der Kirche; für die Beschützimg des Sangha und Dharma

Dir Puyodeii in Chiiui. H7

durch die Drachen und Gottheiten der Gegend; für Eltern und Lelirer, Vorahnen aller Gesclilechter usw. Soll dann noch weiter geläutet werden, dann muß der Läuter die vornehmsten 'Buddlias und Bodhisattvas je mit einem Namo begrüßen, und zwar in dieser Reihenfolge: Vairocana, Losana, srikyamuni, Maitreya, Amitäbha, Manjusri, Samantabhadra, Ksitigarbha' und Avalokitesvara.

Natürlich ist es auch sittliche Obliegenheit jedes Klosterbruders, der die Glocke hört, ähnliche erlösende, selig- und glücklichmachende Wünsche auszusprechen. Daß es ganz besonders verdienstlich ist, einem Kloster eine Glocke zu schenken, versteht sich wohl von selbst. Der Gießer sorgt dafür, daß der Name des Schenkers in Relief auf der Glocke steht, damit der Klang auch seinen Namen in die (Jhren der zu erlösenden Wesen trage, und diese dadurch wissen sollen, wem sie Dank und Vergeltung schulden.

Die Rolle der Klosterglocke im großen Werk der Erlösung und Selig- machung der Wesen ist gewiß nicht verschieden von der der zahlreichen Glöckchen des Thüpa, da dieser ebenso wie das ganze Kloster, zu dem er geiiört, keinen anderen Zweck verfolgt als die Hinauffühnmg der Wesen zur Weisheit und Heiligkeit des Buddhatums. Daß die Brüderschaft bei der Arbeit, die sie dazu leistet, die Windkraft nützlich zu verwenden versteht, beweist nm-, daß ihre Erfindungsgabe nicht der der tibetischen Geistlich- keit mit ihren Gebetmühlen und Gebetflaggen nachsteht.

Viertes Kapitel. Förderung- der seli^inachenden Wirkung der Thüpas.

Erlösung und Seligmachung der Wesen ist die höchste Aufgabe des Sangha, und Leuchttürme des Weltgesetzes sind zur Erfüllung dieser Auf- gabe das Hauptwerkzeug. Deshalb ist es auch Pflicht und Schuldigkeit jeder Klosterbrüderschaft, die leuchtende Wirkung ihres Thüpas möglichst zu erhöhen und zu ffinlern.

Dazu dient in allererster Stelle das Anzünden der eigens zu diesem Zwecke daran aufgehängten Lampen. Wir haben gesehen (S. 40), daß die Zahl der I.Ämpen am Thiipa des T' im-ning-K\osttvs 360 betrug, auf

' MbS^^'E' **•"*■ VissKB, »The bodhisattva Ti-tsang»; - Ostasiatische Zeitschrift" 1913. S. i79ff.

fi8 1> F. (i R O O T :

drei Gliedeningeii verteilt, so daß auf jede der acht Fassaden 45 kamen, und daß man sie am 8. Tag jedes Monats mit Öl zu versehen und anzu- zünden pflegte. Der Porzellanturm Nankings soll 140 Larapen getragen haben, und zwar 1 2 8 auf den neun Stockwerken nebst i 2 aus Glas am Erd- geschoß, welche zusammen in einer Nacht 65 Pfund Öl verbrauchten.

Buddhistische Klöster sind erbaut und werden unterhalten von be- güterten Laien, sogenannten ^^ H-tSu, »Herren, die (jaben spenden«, dänapati. Diese' frommen Gönner sind es tatsächlich, die es den Kloster- brüdern ermöglichen, ihre hohe Aufgabe der Seligmachung aller Wesen zu erfüllen; dadurch erwerben sie sich selbstverständlich hohen religiösen Ver- dienst und erwirken ihre eigene Seligkeit. Somit macht ein dänapati sich ganz besonders verdient, wenn er auf seine Kosten die Brüder seligmachen- des religiöses Werk verrichten läßt, und dazu gehört, wie gesagt, das Illuminieren des Thüpas. Bezahlt er, allein oder im Verein mit anderen, das Öl, dann besorgen die Mönche schon alles übrige.

Sobald er zum frommen Zweck das Klostertor durchschreitet, treten ihm einige Mönche höflichst entgegen und führen ihn in die für den Empfang von Besuchern bestimmte Halle (^^) der Abtswohnung, wo der Abt ihn begrüßt und mit Tee und Leckerbissen bewirtet, besonders falls er ein Mandarin ist und ihm deshalb der Titel ^ '^ » Schutzpatron des Dharma« gebührt. Der Abt darf dabei nicht versäutnen, ihn über die Vortrefflichkeit des frommen Werks, das er vorhat, zu belehren. In- zwischen wird vor der Abtswohnung eine Tafel ausgehängt, worauf die folgende Kundgcbvmg zu lesen steht: »Der Beschützer des Dharma Soundso wird am Tage .... den Thüpa beweihräuchern und bittet dazu um einige Meister (^jj, Mönche). Ihre Namen sind hier links angeschrieben.« Der •tn'i t'a-tSv, »Vorsteher des Thüpa«, ein Mönch, der die ständige Auf- sicht über den Thüpa führt, wird von dem Vorfall sofort in Kenntnis ge- setzt, damit er den Turm von unten bis oben, innen und außen sprenge, auskehre und reinige ; und dem >Iagazinmeister wird beschieden. Lichtöl und Dochte zur Verfügung zu stellen. In jeder Lampe sollen sieben Dochte schwimmen, entsprechend der Zahl der Mänusibuddhas, nämlich Säkyamuni und seiner sechs unmittelbaren Vorgänger; jeder Lampe soll mithin das Licht von nicht weniger als sieben Weltlichtgöttem entstrahlen.

Zur festgesetzten Stunde scharen sich die für die Feierlichkeit aufge- rufenen Mönche mit dem dänapati vor dem Thüpa zusammen. Der ^^^[S

Die P(i(jodeii in China. 69

wn-nu, der Zeremonicnmeister des Klosters, steht an ihrer Spitze und er- öffnet die Feierlichkeit mit einer bei Weihrauchopfern üblichen ^^ »Weih- rauchkantate» ; der dänapati hebt dann mit beiden Händen Weihrauch- stäbchen gegen den Thüjja i'mpor, wirft sich auf die Knie und verehrt den Turm mit drei Stirnaufschlägen. Diese Zeremonie bestimmt den Namen der ganzen Feier, die jfi ir§ »den Thüpa beweihräuchern« heißt. Nun hebt der Zeremonienmeister die j§i§-'jä »gäthä (Vers) der Prozession rund um den Thupa herum« an, die folgenden Wortlaut hat:

ii'^ 'S* . fe /rt] JfYz SJX- Schauen wir elirfurchtsvoU den Thripa an und

iat IS5 i-Tl *1- ° sfc » liegen wir dabei den Wunsch, daß alle lebenden 7}ft- uf>^ Ji ft -/_. 9h 'Li^ Wesen, Uevas und ^Menschen zusammen ehrerbietig \m ^ ^ f*f\ x^ y^ ^^ zu ihm emporblicken I

fij^ ji: ° ;tj. -^^r "^ 4-Jg; Ziehen wir dann rechts um den Thupa herum.

° äji 1^ j, ^^ k ■• '"ifl hegen wir dabei den Wunsch, daß alle lebenden

-p. |->i; "^ J^u r-r- 'S* Wesen auf dem von ihnen bewandeUen Weg (zur 'J^ _^ itt * "■'' "" Seligkeit) nichts Widerstrebendos erfahren und somit

'^ ^^ ' g ~J^ 1^5^ alle mögliche Weisheit in sich vervollkonunnen mögen!

iS^ fiP ßfe ßB fl^ -^ Machen wir dann drei Umgänge um den Thüpa,

' * und hegen wir dabei den Wunsch, daß alle lebenden

Wesen fleißig den Weg suchen, der zum Buddhatum führt, ohne daß ihr Streben nachläßt oder ein Knde nimmt. Nun setzt sich die Scliar in Bewegung. Au der Spitze geht der wei-na, und ihm folgt ein Bruder-Unterzeremonienmeister, ein sogenannter '1'^^^ Aufmunterer der Schar«, der in der linken Hand einen runden hohlen >j^^^ »hölzernen Fisch« trägt und darauf mit einem Hämmerchen den Takt schlägt zu einem Gruß, welchen die Brüder einstimmig ununterbroclien wiederholen: ^ J^t ^ W^R^, g IfÜL^ää 4^- Ä# »Namas Tathägata To-pao; Namas Buddha Säkyamuni«. Dreimal schreitet ilie lange Einzel- reihe, die Handflächen vor der Brust zusammengelegt, langsam und feier- lich um den Thiipa herum, diesen auf der rechten Seite behaltend. Dann besteigt sie die Treppe zum ersten Stock und macht daselbst in genau derselben Weise drei Umgänge auf dem Balkon, um darauf auf jedem höheren Stockwerk die Umgänge zu wiederholen. Das Hinuntersteigen Hnilet genau "in derselben Weise statt. Wieder am Fuß des Thupa ange- langt, wird der Zug vom wei-na durch einen Schlag auf seinen Fisch zum Stillstanfl gebracht, und das Rezitativ hört auf.

Dann sagt der wei-m : jf jf§ 1^ m^ ^ä' M ^ ^ ^Jl ^ AM^^ ÄT^ »Verrichtet die Zeremonie der Stirnaufschläge vor dem Thüiia

70 DE Gkoot:

und heget den Wunscli, daß von keinem der leljenden Wesen, von keinem Deva und keinem .Menschen der Scheitel sichtbar sei«'. Sofort wirft sich die Schar wie ein Mann auf die Knie und berührt den Boden mit der Stirn, mindestens 1 2 mal, jedoch wohl bis 48 mal hintereinander: das Zeichen zu jedem Stirnaufschlag wird vom wri-na durch einen Schlag auf den Fisch gegeben, wobei er jedesmal feierlich spriclit: ''Ci^T^fa^ W ^B 5fv ^^ ^ ^- Ä ^0 5l^ '"''" ^^^^'^- "'"^ *'"® Seele, .ehren wir Euch durcli Stifn- aufschlag, I'athägata Tu-pao. Tathägata Säkyamunil

Diese Verehrung des Thüpa wird wohl mit einem Opfer verbunden, jedoch nur vormittags; falls die Feierlichkeit nachmittags stattfindet, ist Opfern nicht zulässig. Es ist sehr empfehlenswert, am .selben Tage alles noch einmal, sogar zweimal, zu wiederholen. Gegen Abend werden die Lampen angesteckt. Bei Anbruch des folgenden Tages wird alles noch einmal gemacht, und wenn dann abends die Lampen abermals brennen, wird durch den wn-nu vor dem Thüpa ein geschriebenes (Tcbet (j^) des diinapati verlesen und durch Verbrennung dem im Thüpa wohnenden ^\'eltgesetz übersandt. Dieses Gebet hat folgenden Inhalt: 7^ S^ BS j^ f^ ^ neiiiütig werfe ich mich zu Boden und bedenke

rS -i. ' 1 J- zC. [??I WM IM beim Anschauen des hellen Lichts der Sarira's, daß U=J 7 r ^^ J 'jr itW^ y^ diese f'ußspuren deiner Kraft {Imc/) überall im Gebiet •yj ,-„, M TV ^ Tw! des Weltgesetzes verstieut sind ; und beim Anschauen ilS? ^ ^ 'fij ^ ^^^ pu-tö (Thüpa), so hoch und so breit, bedenke Y^ J , .i? rp. T-|| ii'h, daß seine Stange und sein Dach überall hin auf =.j> nn Vffij < J Menschen und Devas Licht werfen. Mit wohlriechen-

m yl

^IJ t^ '<_ dem Wasser habe ich ihn besprengt, um ehrerbietig

^ Tfii "^l^ ih^ ^^^ ytt '^*'" Schlamm mit dem Besen von ihm zu entfernen /rti i^ 1*1 --^K H^ ÖH dnnn habe ich ihn mit hellen Lampen beleuchtet, I I A>% Xüa '3^ ■« damit man ihn auch aus der Feme lobend verehre.

Meine Frömmigkeit und meinen Ernst erschöpfend,

schaue ich hinauf mit meiner Bitte zu deinem runden

Licht.

i|x ^tll 'flu iiSc '^ 'fA. -KTt Lebhaft gedenke ich, daß ich .... seit vielen

^ r+=. .l-li' ' ■' -^ I kalpa's abseits vom richtigen Wege in der Irre ge-

<_ iMSi ™- 1^ 4^ i-Jn^ >iii^ Wesen bin und von dem durch die (Lotusijblunn'

yS" W? -A:- ^"^ i ^i^ ^C- des Weltgesetzes bekehrten Gebiet keine Ahnung hatte,

^. 1,,, T^ ^^ ^ -^^ f., so daß viele Existenzen hindurch dasRad (der Wieder-

^^ :^?'t i^ #ft -l' JiT? fH

-^ ^ii^-. ^' ^ ^ 'fg- r geburten) sich in bezug auf mich zurückdrehte und

^ 'fo Jr^^ 'l'M ^ '}4^ ^H '''^ '^^"^ mysteriösen Lichtglanz der beiden (Bodhi-)

Jit: I _ij, _i-, ^A, ^dfc i^H bäume niemals begegnete. Glücklicherweise aber ist

■* " '^ ''— tIto ^^ /' niir durch die Anwesenheit des Thüpa der Kostbar-

' I). h.: (l;iß alle den Scheitel tief in den Staub begraben.

Die Po (joden in China. 71

W 4rn £fe Kl^ S/i vl4l Ir^* keiteii liier, der so hocli und so s!ol/. dasteht, dei'

yÄ. f& ^^' '■^ Ki ^iK- /X Glaube gekommen an das ewige Dasein des Dharma-

-| itth I-Ij Ji KkL 'W Vg!' Wesens des 'rathäeata, nnd freudis; heffe ich den

^m 1 r ^ ^E ^< ^ Wunsch, die Disziplin des Seligwerdens zu üben

JPs lA- -^ ^ "^ '"^ J^ft "'^'^ ''" ^^6"' Zwecke tiefe Frönmiigkeit und Khr-

j^ ^S ^ ^ ti- ' furcht zu entfalten, l'nd somit habe ich, geringoi'

j^^ ^^ ^C* ■^ ^^ tIn: ffl Mensch, am Soundsovielten dieses Monats sorgsam

v^ »b. WS ^^ ||4> ^ E2 öl und Weihrauch bereitet und mich ehrerbietig nach

^^ "tA lU ^^ '!S4 'C t- ''*'"' J^l'^s'*'' begeben: ich habe^da den Thilpa

l# 'frtl ^ "> m ''®'' Kostbarkeiten mit Stirnanfschiägen verehrt, viel-

4i}r ®I SlO /^ f^' Jfle. ^ nials die heiligen Namen ausgesprochen und einige

va *'J ^ ^ iiU W . ° Nächte die Lampen angezündet. Das alles zusammen

'^ * "tA ^^' atlll l-^i '^ß bildet zwar einen unscheinbaren Anlaß, Jedoch ich

^ 1^ .7^ * ^^ '^» -F- hoffe dadurch des Erbarmens und Schutzes teilhatlig

SL ^ ;^ ^, 5ffi ^A zu werden. Demütig mich zu Hoden werfend. liolTc

- ^: J5^ ^W K<^ ta 7^ ich. daß der Schirm der Kostbarkeiten (das Firmament)

_jj. ' ,>jä '^ mi "^ '"' Lultrauni seine Umdrehungen vollbringe, und daß

^E I XA ^fe 'l's Musik des HimmSs den tiefen, schönen Sinn der

ttl S ■^ ISO J^ H Sanskritklänge (Sntra-lesungen) begleite, auf daß

"5? t\- t<t iäf ^^ isj/" Jio'deno Lotusblumen aus dem Erdboden hervor-

JA ^" ■^ -*• *" i|uellen, und candana nebst Blumen aller Art in

Iwt Im ^a •. IW wirbelnden Massen hernieden-egnen. Zeige glück-

vei'heißende Zeichen in der Welt des Leidens (SahäK damit sämtliche lebenden Wesen es verstehen, in dir ihr Heil zu suchen und zu dir emporzuschauen. Va\\.- senile Lichtstrahlen ans den Caitya's der Welt des Staubs.auf daß die zehntausend Klassen und Sorten von Wesen alle dem Rad der Existenzen des Leidens ent- zogen werden. Durch die dir jetzt dargebrachte Lob- preisung und Verehrung erhofle ich, daß für sie alle die Fruchtdes botlhi (dasBuddhatum) Wirklichkeit werde . . . An dieser Stelle dürfen noch andere Bitten eingefügt werden, jedoch keine voii allzu materialistischer Art oder Sachen betreffend, welche den (besetzen Buddhas zuwiderlaufen. Das Gebet endet mit diesem Satz: >fer j^ Ir^ nB ^ W ^^ ^ Ehrfurclitsvoll bitte ich das Triratna. für da.s hier auf doi' rechten Seite stehende Gebet Zeuge zu sein.

Während dieses Uebet sich verwandelt in Rauch und Asche, singen die Brüder eine diesbezügliche Kantate, und darauf beschließen sie die Feierlichkeit mit einem Fußfiill und drei Stirnanfschiägen, woran der dii- napati sich beteiligt, während der wri-na dreimal ausruft: ^ f;)^ ^Ivär ^ f^ Nehmt euere Zuflucht zu dem Buddha, zum Dhaima und zum Sanghai

Diese Beschreibung der »Beweiiiräucherung des Thüpa« ist wort- getreu dem 5. Kapitel des l'o'-f.inny ts'iiiy kwei, des authentischen (>esetzl)uchs

72 DE Groot:

des Klosterlebens (s. S. 64) entnommen. Ihr Zeremoniell i.st mithin mehr als tausend Jahre lang unverändert so gefeiert worden. Nehmen wir es jetzt etwas näher in Augenschau.

Aus der Ansprache des wei-na gleich nach dem Weihrauchopfer des dänapati geht unzweideutig hervor, daß die Ehrfurcht, welche die Schar der Mönche dem Thüpa entgegenbringt, den Zweck hat, alle Wesen zu veranlassen, dasselbe zu tun und sich dadurch seligzumachen. Wir liaben es hier oflfenbar mit der praktischen Befolgung der Vorschrift Buddhas zu tun, welche auf S. 61 aus dem Lotus-Sütra wiedergegeben ist, und deren kurzer Sinn der ist, daß Verehrung der Thüpas zur höchsten Weisheit und Seligkeit fiilirt. Weiter geht aus derselben Ansprache hervor, daß die Umgänge um den Thüpa gleichfalls die Seligmachung erzielen, und schließlich noch, daß beide Zeremonien, sollen sie nicht kraft- und wirkungslos verlaufen, sicli mit intensiven Wünscheii' für die Verwirklichung ihres Zwecks vereinen müssen. Auch für die erlösende Wirkung der Klosterglocke sind, wie auf S. 640". dargetan ist, während des Läutens gehegte und geäußerte Wünsche unentbehrlich. Solche ^^ »Wünsche« oder »Hofiiiungen« für das Wohl und Heil der Wesen zu hegen und zu formen und sie auszusprechen, war von alters her in der Mahäyänakirche strenges, religiöses Gesetz und somit eingewurzelter Brauch ; liegt ja das Seligmachen anderer in der Natur der Bodhisattvas und der Buddhas, und folglich in der des Menschen, der mit wahrhaftigem Ernst den Weg zum Buddhatum bewandelt. Fromme Wünsche gelien mithin direkt hervor aus der allgemeinen Wesensliclx- (^J, dem Grundprinzip des Mahäyäna, und bestimmen die iimigc Frömmigkeit, welche sein Möncli- tum kennzeicliiiet. Werden sie bloß geäußert durch die Lippen, so sind sie wirkungslos; aus der Tiefe der Seele, aus dem Grunde des Herzens sollen sie emporquellen und mit intensiven Gedanken an die Verwirklichung, welche sie zu erziehen beabsichtigen, verknüpft sein. Es erübrigt sicli aber, hier auf diesen Unterteil der großen Methode der Heiligmaohung einzugehen, da das bereits an anderer Stelle' stattgefunden hat.

Während der Umgänge wird der Thüpa vorschriftsmäßig auf der rechten Seite behalten, das heißt, die Prozession muß sich in demselben Sinn um den Thüpa bewegen, wie die Sonne sich täglich um den Thüpa des Weltalls bewegt. Nur in dieser Weise wird der großen rflicht des

' »Le (^ode du Mahäynna en Oliine«. Kap. q.

hk' Pagoden in China. 7H

Sangha, das Rad des Üliarma zu dn^lien (vgl. S. 35), nachgekommen, denn sollte sich die Schar in umgekehrter Richtung bewegen, so würde sie dem Kreislauf des Lichts des Weltgesetzes, durcli welches die Wesen der Er- lösung und Vervollkommnung zugeführt werden, entgegenwirken und so- mit die schwerste Sünde auf sich laden, die sich denken läßt. P]s bestätigt sich also hier klipp und klar, daß für die Kirche die Thüpas Darstellungen des Weltalls sind, und daß ihr Licht das Licht des Weltgesetzes ist; und von seihst erklärt sich nunmehr, weshalb während der Umgänge unauf- hörlich luid einstimmig die heiligen Namen To-pao des Weltgesetzes und srikyamuni, seines Lichts, angerufen werden. Nach Erledigung dieser selig- machenden Prozession verehrt die .Schar den Thfipa mit Stirnaufschlägen und läßt durch die Kraft ihrer Wünsche auch alle Wesen den Kopf tief, sogar bis zum Unsichtbarwerden, vor der allerhöchsten Weltmacht im Staub begraben und sich dadurch die höchste Weisheit erwerben.

Mit besonderer Klarheit stellt uns das an den Thüpa gerichtete Gebet des dänapati den Charakter imd den Zweck der Thüpas vor Augen. Kommt ja darin scharf zum Ausdruck, erstens, daß die Sarira's des Buddha das Licht, der Geist des Weltgesetzes sind, und daß die Thüpas dieses Licht überallhin auf Menschen und (jötter scheinen lassen und dadurch die Heiden zur "Religion des Weltgesetzes bekehren (vgl. S. 29, Satz 2 und 3). Weiter lehrt es, daß die Verehrung und Beleuchtung des Thüpa und die damit verbundenen Umgänge die Umdrehungen des Weltalls, des Rads des üharma, lordern, so daß den Wesen dadurch nicht nur materielles Glück zuteil wird, nämlich aus der Erde hervorquellende goldene Ernten und vom Regen des Himmels gespendetes üppiges Wachsttim, sondern auch Bekehrung zur Religion inid daraus erfolgende P^rlösung aus den Existenzen des Leidens und Hinauffiihrung zur höchsten Weisheit des Buddhatums.

Wir haben es .somit mit einer religiösen Kultushandlung höchster Ordnung zu tun; und es kann daher nicht wundernehmen, daß Buddha in eigener Person durch eine spezielle Lehrrede in hellen Farben ihre mächtige Wirkung geschildert hat. Diese Lehrrede heißt: 'fiJji fß; ^ )^ f^|i ■tV^f^;^ »von Buddha gepredigtes Sütra über das erfolg- und segens- reiche Werk der Umgänge rechts um den Buddha-Thüpa herum«. An- geblich ist sie von einem sramana von Ciioten, namens ^X.|l^l^ '^''" ti'ai-hm-l'o, in der Zeit der ^ 7AV>?<-Dynastie (557 581) ins Chinesische

Phil.-hiül. Ahh. IUI!). .\r.JI. 10

74 DE (Ikoot:

übersetzt worden, allein vom Original, das vielleicht nie bestanden liat, erfahren wir nichts. Im Tripitaka ist dieses Sütra in die Klasse der -^p?$? »Sütras, wovon nur eine Übersetzung besteht«, eingereiht, und in Bunyiu Nanjio's Catalogue ist es als Nr. 458 verzeichnet. Es hat fol- genden Inhalt: IM -H^ _L a^ ^ 4af. Jiti -Ifft Folgendes ist zu meiner Kenntnis gelangt. Der-

il^ m '5 ^ ^1 ^ ^^^ M- *^'"''*'^ ^''®'' '''*'^' Buddha im Reiche Sravasti im .Te-

1^ Itp OTt ^- ^'1 M. /Fci ^S tavana-Kloster auf, vorn und hinten und rundum von

^ ^-a f^> ^ "^ ^ liß ^ unermeßlichen Scharen von hohen bhiksu-GeisÜichen

B ^fv ith ' "^n '(ü ® M ""'^ anderen umgeben. Dann erhob sich Säriputra,

' ^13 "^ 'O ^^ 1^ ISl ° ''®r vornehmste und älteste (der Jünger), entblößte

W -^ >^. 'Ut M ISl . ^j^ji ^jg pgßjjtg Schulter und das rechte Knie, warf

^ |5g "* ^ ^ äi B^ sich zur Erde, legte die Handflächen zusammen,

:^ yg;^ f^ ^ IS -xl 'fÖl kehrte sich zum Buddha, und bat ihn mittels eines

*n '^ ^, J ;|| ^ ^ Gedichts (gäthä) wie folgt: »AUerherrlichster Segen-

o % , "* W o MU *^ Spender, von der Welt Verehrter ( Lokajyestha), ich

IH ^ ^ 19 Er. ö hotte, daß du uns predigest von den Früchten und

refc. 3Ö, ■|.& -^ ni. /©■ ;;fe Belohnungen, welche gezeitigt werden durch Um-

^y, _. 3^ e. -rt |=F1 gängig rechts um den Thüpa herum." Und der Loka-

iS^ rn jyeslha entsprach diesem Gesuch mit den folgenden

:^ ji K ^ ^ ^'^ Ä Versen:

alle möglichen Devas und Nagas, Yaksas und Geister usw. herbeikommen und Opfergabe.n darbringen, so ist das ein Erfolg von Umgängen rechts um den Thüpa herum.

»» ^^^)\^AL^m^'^ Am'Wi^Um.^00 ';^^"" "berall. wo diese Wesen leben, sie den Orten, wo die acht Hindernisse (gegen die Einlösung) bestehen, fem bleiben und somit immer dort leben, wo die Hindernisse nicht vorkommen, so ist das . . . (usw. wie oben).

•3) ;^-^^^^^'^Ä^^^ifi;^^^^Wennüberall,wo Wesen leben, diese der Gnade (des Weltgesetzes) gedenken, welche ewig nie versagend einen TTber- ilnß von Gestaltungen (Tagen) in den allerherrlichsten Farben hervorbringt, dann ist das . . .

(4) W^^K^M^^W^'^Mi^^Moo ^'^■"' ^'°" denjenigen, die unter den Devas und Menschen verkehren, das Lebensglück in jeder Hinsicht blüht und sich erweitert, so daß sie sich stets wachsendes Ansehen und Ruhm erwerben, dann . . .

^5) ^-mW^^'^^^LMWMWM^^oo Wenn diejenigen, die im Jambudvipa (auf unserer Erde) wohnen, ihi- ganzes Leben sieh äußerst ehrenwert benehmen inid ihre Reinheit in ihrem Stamme aussäen, dann ...

(6) me^'ffi^iffil.lM^ltW'l'SÄiC^aoo Wenn sie in Lebens- foi-men und Benehmen stets korrekt sind, reich und angesehen werden, viele Schätze und Kostbarkeiten besitzen und aus großen, vom Fürsten verliehenen Domänen dauernd Ein- künfte beziehen, dann ...

l)it' Payoden In, China.

(7^ Wi'^'^^^^MU'^^^t^MU.^MMoo Häufen sich ihre Schätze und Kostbarkeiten ständig in Fülle, und sind sie dennoch nicht geizig, sondern üben tat- kräftig weit und breit Wohltätigkeit, so ist das . . .

'8, ^mmUilPn.^^0:i^li^)r^'^^moo «omen sie dan„ so rem. fein und prachtvoll aussehen, daß ein jeder, der sie sieht, entzückt zu ihnen emporblickt, und sollten sie so überall, wo sie sind, dauernd Frieden und Freude stiften, dann . . .

<9) ^:^t;]^lJiS^#J,>£^#;^ g^oo «ollte ein .solcher dann König der Trayastrim.ia (d. h. Indra) werden, mit Gemahlinnen un(^ Kindern in Überfluß, mit Majestät, Macht und Kraft und Unabhängigkeit (vom Existenzenwechsel), dann . . .

('«) ^#^^nt^?S#M^nji#j|lUfem^„Wirderei„Brah,„an.der die (ieljote hält und durchaus die Beschwörungskunst und die Vcda-Bücher versteht, dann . . .

"■) B^ni^M^Mm^MM^M'^^^oo Wird irgend Jemand ein großer Häuptling, eindußreich und angesehen, mit vielen Reichtümern und immer reich- gefüllten Kornspeichern, dann . . .

('^) ^#iE^3Eä?EifeW#i±Bi1c^fl:oo •'^«•l'< einer König des wahren Dharma wird, der unabhängig den Janibudvipa regiert, und dessen bekehrendem Einfluß die ganze Erde sich anvertraut, dann . . .

"3) ^^Ä-bW^^m^i + ^^P^^^oo (W- wird einer König mit den sieben Kostbarkeiten (Würdezeichen, Weiber, Pferde, Elefanten, Soldaten usw.) und mit großer Macht, der das Rad (des Dharma) dreht und mittels der zehn Tugenden (Haupt- gebote) alle lebenden Wesen regiert, dann . . .

('4) # jlt ^ ^ ± -^ W :'^ ^ H ^ 13 :«^ # '^00 ««'"« '''• '^''"" '"'■^ ''--•

Existenz oben im Himmel wiedergeboren werden, um dort im bleibenden Besitz von Allmacht und höchster .segenspendender Kraft zu .sein und den reinen Glauben an den Buddhismus zu haben, dann . . .

('S) mi^^^lim^M^SM.mrf^'^00 »■•«"««■•danndortdiescn reinen Glauben rasch vervollkommnet, .so daß er sich im Dharma nicht mehr irrt und zu der Einsicht kommt, daß alles Tun eitel ist. dann . . .

('^) 1it^±^^tT^1^A^A^Z^iä§loo Steigt er dann, .seine Existenz ablegend, auS dem Himmel hernieder, um unter den Menschen geboren zu wei-den, ohne beim Eintritt in den Mutterleib Unordnung oder Verwirrung zu stiften, so usw.

Schmutz des Mutterleibs unhesudelt bleibt wie eine reine Mani-perle, dann . . .

im Mutterleibe bis zu seiner Geburt der Mutter immer Ruhe und Freude gewährt und dasselbe beim Saugen tut. dann . . .

(«9) ^#:Ä^^ ^^l^^^^-^^^oo Wenn dann seine Eltern mit den Blut- und Anverwandten alle zusammen ihn großziehen, und die stillenden Mütter ihn nie verlassen, dann ...

in*

7(5 DK Groot:

(-» #®^tS'';ß^M^M5c#'^Mä*t:^oo l'"d wenn dam. auch seine Arnerwandten ihn lieben und seiner gedenken, sogar mehr noch als die Eltern, und seine Habe dadurch sich vermehrt und anwächst, dann ...

(-) ^^m?i^9iZ-mfiM\^^Jrm^f^Moo SoUte„ die Ya^s oder

andere böse Geister es nicht vermögen, ihn auch nur vorübergehend zu beängstigen, und sollte er alles, was er braucht, von selbst bekommen, so . . .

<"' MM'ä'fijj'M^Ui^Bil^'^JMj&'Moo Wenn dann sein Wesen

hundertmal tausend kalpa's hindurch Existenzwandlungen durchmacht und dabei rein bleibt. so daß die alierschönsten Farben und die (32) Zeichen (des Buddhatums) vollständig werden, dann . . .

1^3) il m ^t JL M ® ^0 R M # ^ f# if ^ BRo o ^''^°" ''^"" ^^'" ••^""•^

Auge (vimalanetra) sich entwickelt und weitblickend wird und einei' blauen Lilie gleicht, und wenn er dazu noch das reine himmlische Auge (divyacaksus) erlangt, dann . . .

(^4) ilP^'^m'i^mmjä^mf&m.-kW^oo S-d da„n seine aUer. schönsten Farben für immer in ihrer ganzen Fülle da; offenbaren sich somit die (32) Zeichen in aller Herrlichkeit und bilden sie seine Allmacht, dann . . .

(^5) 3Jc^^^^l'B*^M#älS'l'7/f>lJ^4»"#oo Oder sollte er im Pala-st des Kaiseis Sakra (Indra) geboren werden, daselbst Allherrlichkeit, Allmacht und Selbständig- keit erwerben und Verehrungswürdiger (arya) werden im 'rrayastrim.sas(-Himmel), so . . .

(^6) ^^m^B9il^^^'^it^:^^itoo Oder sollte er geboren werden unter den Suyama(-Göttern). oder im Tusita-Himmelspalast, oder im Himmel, wo man die Umgestaltung genießt (Nirmänarati!'), oder im Himmel der Umgestaltung andei-er

(Vasavartin), so . . .

(^7) ^=ftäi^^^1M:^Ö^^-^'ffi;fÄ^oo Oder .sollte er wieder- geboren werden im Himmel des Brahnia (Brahnialoka) und wie Brahma ein Dasein der höchsten Selbständigkeit führen, so daß alle Deva's ihm stets ihre Opfer darbringen, so . . .

Millionen nahuta von kalpa's stets ein Wesen, das alles Wissen innehat, dem Verehrung und Opfer dargebracht werden, so . . .

(^9) M^lk^miUtä'^MysMc^&m^^o Bleiben dann sein We-

sen und seine Kleidung während dieser Millionen kalpa's stets makellos und im vollen Besitz blinkender Reinheit, so ...

(30) ^i^mm:hmi§MMn^'^'^mWoo l-»serda«nmitüber-

aus großer, geistiger, vorwärtsstrebender Kraft fleißig die vielartigen Methoden (der Selig- keitsdisziplin) übt, ohne je müde oder nachlässig zu werden, so ...

Mut und Tat stets geistesktäftig Fortschritte macht und eine unerschütterliche Standhaftig- keit an den Tag legt, so daß alles, was er tut, schnell Früchte zeitigt, dann . . .

(3^> '(iiI^0*>^#f^^^^fi:S^^'ffi;«ff^oo Tlef-nnig-dweithör.

I)ar ist dann seine feine, herrliche (lehrende) Stimme, und Jeder, der sie vernimmt, ist er- freut: er genießt Frieden und Fieiide und ist stets vf)n Krankheiten frei; und das ist . . .

Die Payudcn in China. 11

(33) ^n^^;?^lfi:^t^HW^^J(;i^aiiM:^co •'«"«*'- wa. id. (Bud-

dha) gepredigt habe, die (Qualen der drei Teile des Weltalls unterdrückt und beseitigt und vollkommen die ülier das AVeltliche hinausgehende Weisheit reifen läßt, dann . . .

(34) '^|Egg^^3^J^0iEli0^n.f:W>£oo ''^*^"" '"^" <'^"" ^"•.''

fortwährend beschäftigt mit den vier immer zu erwägenden Sachen (snirtyupasthana), mit den vier richtigen Anstrengungen (samyakprahäna, richtiges Sichvertiefen) und mit den vier göttlichen Schritten (?) zur unbeschränkten Macht (rddhipädal')- dann . . .

(35) T-^BgÄB^^M;^4:'l^iEilÄMl^30 wenn man darauf die vier Wahrheiten (äryasatyani) ergründet, sowie die Wurzelkräfle, die sieben Teile der Er- wachung zur Weisheit (bodhyanga), die wahre Lehre, und die Frucht der Heiligkeit, daini . . .

(36) ^ ^!^tiJ,.£AMfi*S'(i>^ffl#Moo Wenn dann alles mög- liehe Leid zunichte wird, man vollständig allherrlich und allsegenspendend wird und von seiner secbsteiligen göttlichen Vernunft nichts verliert, dann . . .

(37) ^Wt'kMMlk-mW^min^^^o. Wenn dann für immer Itegierde, Abneigung und f nwissenlieit, sowie alle möglichen Hindernisse (suif dem Wege zum Buddhatum) entfernt sind, und somit die einzigste Erwachung zum bodhi sicli bezeugt, dann . . .

herrlichen purpurnen und goldenen Farben (des Wehlichts) erwirbt, die (32) Zeichen sein hehres, prächtiges Wesen zieren und er als Lehrmeister der Devas und Menschen in die Erscheinung ti itt, dann . . .

UM ^h. cc -/-• yt& -/r -A i^ Und das alles wird durch die Verelu-ung und Lob-

gjv /-« .J-. ,w, >^. 3jr 1^ preisung erzeugt, welche dui'ch die Leistungen des iyt ^ W Üh llL j^ PH ffl Körpers und der Sprache (Umgänge, Fußfälle, An- ^ ^ ^^ ^^ ^^ ^ W rufimgen. Gebete) gebildet werden. Den großen Nutzen H^ filr -SO iii' -^Ij ^ü' liÄ ^ und Gewinn, welchen die Umgänge rechts um den Thüpa ah- /^ ^ö- ÄX. "iiL herum einbringen, und die verdienstvollen und segens-

^ \n\ '-^i i^f ™; ^t«- *^ M reichen Eigebnisse solcher Umgänge habe ich Jetzt

so, wie ich selbst sie gelernt, in kurzen Woiten euch

gepredigt; abei' den Gegenstand zu erschöpfen, wie

wäre das möglich !

^ Ha W '^'1 i'^ W- ft Als der von der Welt Verehrte diese gäthä's aus-

^^ j*y j^ j^Tl ju, fl gö. nU gesprochen hatte, waren Säriputra und die ganze

X— ■« ■• Schar in höchster Entzückimg, nahmen gläubig die

o "^ ^^ ^ ^f f^ ^'^ lö- Lehrrede in Empfang und befolgten sie ehi-erbietig.

Es ist klar er-sichtlicli, daß dieses Siitra <lie Laufbahn schildert, welche ilcn Mensclien durch Glückszustände verschiedener Existenzen, auch dos irdi.schcn Daseins, führt, bis er zuletzt die allerhöchste Heiligkeit der Buddhas eiTcicht. Wir sehen es hi<'r ^geschildert in kirchlicher Sprache, wie das Rad des Dhamia ('^fp. dharmacakra), <lie Umwälzung des Weltgcsetzes, die universelle Macht ist, die alles (Jute schaff't luid somit auch die Trans-

78 i>K (iEOor:

migration durch Glöckszustände bewirkt, un<l daß die Umgänge um ilie Thüpas, welche diese Weltbewegung nachahmen und fördern, denselben schönen Erfolg erzielen. Sie sind Ursache, daß alle Wesen die Buddhas verehren, das heißt, der Religion des Heil?^ anhängen (i); daß sodann in allen folgenden Existenzen nichts mehr sie an der Ausübung der Religion behindert (2), und sie somit unaufhörlich an das täglich sich erneuernde, herrliche Licht des Dharma denken (3). und demzufolge Glück, Ehre, An- sehen, Macht und Reichtum ihnen zuteil werden (4, 6). Ihre Stammesge- nossen erziehen sie zur Reinheit der Religion (5), und sie werden also auf dem großen und breiten Weg (Mabäyfina) geführt zur Seligkeit. Die Umgänge um den Thüpa bewirken dann weiter, daß solche guten Buddhisten die hohe Pflicht der Wohltätigkeit tatkräftig erfüllen (7), überall durch ihr bloßes Dasein andere glücklich machen (8), schließlich Könige im Himmel des Indra (9) oder weise Brahmancn (10), Begüterte und Große (11) werden; otler sie werden Könige dieser Erde, voll Macht und Majestät, die nach buddhistischen Grundsätzen regieren und das Rad des Dharma kräftig drehen (12, 13), um <lann schließlich im Himmel wiedergeboren zu werden (14), daselbst, fest im Glauben, ihre Kenntnis des Dharma zu vertiefen und folglich die Eitelkeit alles Tuns zu erkennen (15). Immer wieder erhöhen die Umgänge um die Thüpas ihre Heiligkeit. Sie werden auf der Erde im Mutterleib wiedergeboren (16), verweilen darin unbefleckt (17) und ohne der Mutter Wehen zu verursachen (18). Alle Blut- und Anverwandten spenden ihnen ihre Liebe und Muttermilch ; ihre Reichtümer wachsen stetig an (19, 20); böse Geister haben über sie keine Macht {21). So durch- wandert ein solches Wesen unzählige Existenzen, die ihn immer weiter emporführen (22—31), bis ihm Erlösung von menschlichen Übeln und Qualen, Begierde und Lust zuteil wird, nebst Weisheit, göttlicher Vernunft, Wesens- liebe und bodhi der Buddhas, und er dann als purpur-goldenes Licht der Welt vor Göttern und Menschen auftritt als Verkünder des Dharma des Heils (32—38).

Es ist klar, daß dieses Thema der Existenzwandlungen sich in allen möglichen Tonarten und mit allen denkbaren Variationen bearbeiten ließe, und daß Buddha also vollkommen recht hatte, am Schluß seiner Predigt zu behaupten, daß sicli Lehrreden über den segensreichen Einfluß, den Umgänge um die Thüpas ausüben, bis ins Unendliche abhalten ließen. Gleichermaßen verständlich ist es, daß der durch dieses Sütra so klar

Die Pagoden in China. 79

ans Licht gerückte Wert der Thüpas als Werkzeuge zur Beglückung, Er- lösung und Seligmachung der Wesen nur einer Auswahl des Mönclitums, den Esoterikern. begreiflich ist. Die große Mehrzahl, und die Laien erst recht, müssen sich zufrieden geben mit allgemeinen, verschwommenen Vor- stelhmgen vom Glück, das diese Zauhertürme Mensch. Geist und Tier an- gedeihen lassen. Diese Begriffe schöpfen stets neuen Nahrungsstoff aus landläufigen Erz<ählungen und Legenden, deren Geburtsstätten wohl haupt- sächlich in den Klöstern zu suchen sind, und die sich besonders nützlich erweisen zur fortwährenden Belebung der Opferwilligkeit der dänapati. Es wird darin erzählt von Seefahrern und Fischern, die den Thüpas und ihrer Beleuchtung Rettung vor Schiffbruch uml Untergang verdankten; von Schutz, welchen diese Türme den armen Fischen angedeihen lassen, so daß, indem die Lampen brennen, die Netze der Fischer leer bleiben; auch von Leuten, denen liebe Verwandte im Traum erschienen, mit der Mitteilung, daß die Thüpas ihre Folterungen in der Hölle sehr milderten; usw. Eine der niedlich- sten I lieser Erzählungen, aus den ^/Xj^/^, Tär'-kiang t'vng tsi, »Allge- meine Denkschriften von Tf<t^'-/cio/ig>^ in Kap. 124 des T'ii-Su fsi'-ta'ing zitiert, sei hier beispielsweise wörtlich wiedergegeben:

Das Kloster des lindes der Reinheit hat einen Thilpa. Jede Nacht ließ es durch umhergehende' Mönche Geld sammeln für Ol und die Lampen anstecken, und diese blieben dann bis Tagesanbruch brennen, so daU Flußschifter und Seefahrer den Ihfipa als Bake benutzten. In der Vitr'wAe Sao-hivg (1131 1163) erloschen plötzlich in der zweiten Wache die Lampen auf dem Thüpa. Die Klosterbrü<lpr glauliten, das käme wohl daher, weil die undiergehen<len Sammler das (Mgeld untei-schliigen, und sie befragten sie <larob. Jedoch sie bekamen von den l'mstehenden den Bescheid, daß jede Nacht gegen Ende der Wache eine ganze Truppe von nienschiihnlichen Wesen aus dein Westen heranfliege und sich wiraniernil und wehklagend auf dem Thüpa versammle, und daß dann die Ijimpcii sofort erlöschten. Die Alönche konnten das nicht so ohne weiteres glauben, zündeten in der nächsten Nacht selbst die Lampen an und hielten Wache; und wirklich kam bei Anbruch der Wache eine Truppe von wohl mehr als tausend ol)en zu dem Thüpa hin: Jeder tauchte die Finger in das Ol und schmierte es auf seine Wunden. Sofort schritten die Mönche auf sie los mit der Frage, was sie denn damit wollten. Alle machten den Siirnaufschlag und sprachen: »Wir sind gefallene Krieger der Aimee des oberen //«i »-Flusses; wir haben das gnaden- volle Licht des Triratna erblickt und erbitten etwas von dem öl: denn beschmieren wii' damit unsere von Schwert und Pfeil verui'sachten Wunden, dann genesen sie sofort, und un.s wird gestattet, wieder eine Existenz zu durchleben.« Als die Mönche dann fragten: Welche Existenzlaufhahn (jM" Weg. gati) werdet ihr dann durchleben!'" da stellte sich die ganze Armee in vier (iliedei-n auf, und sowohl die \'orn- wie die Hintenstehenden antworteten: »In der kommenden Existenz werden wir leben als begüterte und ansehnliche Personen: sobald nur das Ol dieser Lampen unsere Wunden geheilt hat. werden wir in jene Existenz ül)ergchen." Nunmehr kauften die Mönche noch mehr Ol ein, vermehrten

so I) K G u o () T :

die Zahl der l.aiupeii uiul fiillten damit den gati/en 'l'hfipa, und jede Nacht waren die Ge- spensterscharen immer wieder da, um ihre Wunden mit dem Öl zu salben. So verfloß ein hail)es Jiihr, während ihre Zahl immer mehr abnahm, bis /u guter Letzt gai- keine mehr kamen.

Fünftes Kapitel. Kleine Thüpas.

Sind die Thüpas lieilige Zauberwerkzenge, mittels welclier die Kirche die leuclitende Ileilslehre des Weltalls und ihre erlösende Kraft in die Welt hinaussendet, so liegt es in der Natnr der .Sache, daß dieselbe Kirche auch kleinere Thüpas erfunden hat, die in bescheidenerem Maße und auf geringere Entfernungen hin lediglich von speziellen Unterteilen der Heils- lehre die Segnungen verbreiten. Die Heilslehre ist die gesamte heilige Schrift, die Tri]iitaka und der darin lebende heilige Geist. Somit lassen sich einzelne Sütras, daraus entnommene Sätze, g<äthä's oder Verse, und dhärani's oder Worte, denen seligmachende Kraft innewohnt, erfolgreich auf solchen kleinen Thüpas anbringen, zusammen mit Statuen von Buddhas oder Rodhisattvas, die sie zur Heiligung 'der Wesen predigen oder aus- sprechen. Besonders in Klöstern, wo ein großer Thüpa zu den frommen Wünschen gehört, empfehlen sich solche kleineren als Ersatz, zumal sie sich mit geringem Kostenaufwand errichten lassen. Sie passen sich vor- trefflich der Spezialisierung der so umfongrcichen Seligmachungsmethode an und sind somit nützliche Werkzeuge zur Verwirklichung der liöchsten Aufgabe der Mahäyäna-Religion : Seligmachung aller Wesen in jeder Art und Weise, die sich nur erfinden und ersinnen läßt.

Etwa zwei bis drei Meter hohe Thüj^as, sehr verschiedenartig gestaltet, achteckig, rund, quadratisch, massiv, aus Granitquadern zusammengesetzt, kommen zahlreich in den südlichen tmd zentralen Provinzen vor. Sie haben zumeist einen Sockel mit Gesims und Wulst oder in Gestalt einer Lotus- biumc, und auf dem Dach nicht selten eine Stange aus (iranit, so daß sie liäufig den Grabthupas der Geistlichkeit sehr ähnlich sind. In der Front- fassade sieht man eine gemeißelte Nische mit sitzender Statue im Halb- relief; oder es ist auf einer oder auf mehr Fassaden eine Reihe von kleinen Nischen mit solchen Statuen zu sehen. Vi(>le solcher Thüpas tragen die eingemeißelte heilbringende Inschrift »Namo Buddha Soundso« : oder Ü^PJ^ t!/ßBA.PÜill'f- "^^ni mani jiadme hum«. Sie sind zumeist sehr verwittert und offenbnr Jahrhunderte alt. Wohlbegreiflich sind sie in allererster Linie

Die Pagoden in China. 81

in den Klöstern zu finden, und zwar links und reclits vor dem großen Tempel, nicht selten sogar mit mehreren zusammen auf beiden Seiten des Hofs in gleichen Entfernungen. Man trifft sie aber auch auf Anhöhen in der Umgebung, sogar versteckt im Wald und (rebüsch. Weiter sind sie auf alten Granitbrücken, l)ci P'ähren und an allerhand Stellen zu finden, angeblich zur Vertreibung, Abwehr und Vernichtung von Übel.

Von manchem wohlbekannten \nul vielverehrten Buddha sagt die lieilige Schrift, daß er sich zur Erlösung der Wesen von übel aller Art im Nirvjina einer Universaldharani bedient, und daß er diese sogar <len Wesen liekanntgegeben hat, damit sie, seelenrein und tiefgläul>ig, jeiu' mit eigenem Munde aus.sprechen und somit tlbel al»wehren oder vernichten. Auf manchem kleinen Thuiia steht solch eine Leilidliarani gemeißelt, neben dem Buddha, der sie schuf. In vielen Fällen ist er einer der sieben Mä- im.sibuddhas oder »Menscli-buddhas^i, d. h. Srikyamuni oder einer seiner secJis unmittelbaren Vorgänger, ein jeder das Licht einer vergangenen Sonnen per iode. Somit verstellt die Kirche es vortrefVlich, für die jetzigen Wesen die erlösende Lichtkraft des VVeltgesetzes aus unermeßlichen Zeit- altern der Vergangenheit nützlich zu verwerten. Noch viel weiter aber geht die Macht ihrer bodhi, ihrer allseligmachenden Vernunft; denn sie liat einen Thnpa erdacht, der die siebenfache seligmachende Kraft der }Iänu.sil)uddhas in sich allein vereint. Dieses wunderbarste aller Heilwerk- zeuge ist der -tif^ift "Tluipa der 7 Buddhas«, eine achtseilige Stein- säule, von denen sieben .Seiten jede den, Namen eines dieser Buddhas trägt. mit dem Vorsatz Namo und n)it seiner LeibdhJiraiii, eventuell mit einer mächtigen gäthjl noch dazu, unendlich wirkungsvoll un<l dennoch .so einfach steht dieser steinerne Seligmacher da, anspruchslos, vereinsamt in der Umgebung .seines Klosters, oft zwischen Bäumen versteckt, so daß .sogar viele Brüder kaum von seinem I)as<'in etwas wissen.

Ein interessantes Beispiel der Verbreitung des erlösenden Heils n)ittels auf Thupas angebrachter heiliger Schrift l)ieten die lamaisiischen |^^' »Gelben Klöster«, die nördlicli der Stadtmauer Pekings liegen, offenbar zur .Sicherstellung des Fmiy-&iii oder geomantischen Glücks des Palastes. Das östliche Kh>ster, der ^ m|^ Ip'!' ji^v "Dhyäna-Wald der vuiiversellen Ruhe«, bestand bereits vor der Mantschu-Dyna.stie und enthält im liaupttempel Statuen des Triratna. Unmittelbar daneben liegt in derselben Ummaue- rung das westliche Kloster, im g. Jahre der Sw/z-Av/'-Periode (1652) vom

Vhit.-hhI. Atth. i!ll!>. .\r./l. II

82 I) '•: (ji K o o T :

Dalai-lama gegründet; seine kolossale Kirche enthält gleichfalls das Triratna und dazu noch viele andere Heilige. Hier nun steht ein fast gänzlich aus weiBeni Marmor konstruiertes, prächtiges Monument, wohl einzig in seiner Art, der f^(^^}}^^^ »Thüpa der reinsten Reinheit und der Vollkommen- heit des Vortrefflichen«. P]r erhebt sich im Zentrum einer rechteckigen, nach den vier Himmelsgegenden orientierten Terrasse, die elegante Brü- stungen aus Marmor und Backstein trägt, ausgenommen in der Mitte der Nord- und Südseite, wo statt dessen eine schöne, solide jt$^ pai-fang »Pforte mit Inschrifttafel« steht, mit drei Durchgängen. Von dort führt eine Marmortreppe auf einen rechteckigen, aus Quadern konstruierten Un- terbau eines massiven Urn-tluipa, der das Zentrum der Terrasse eiimimmt. Der achtseitige Sockel dieses Thupa ist verziert mit Halbreliefdarstellungen aus dem Leben Buddhas, von seiner Empfängnis bis zum Nirväna. Das schwere Gesims des Sockels trägt das Fußgestell der Urne, das aus vier Schichten besteht, in denen auf jeder Fassade zwei Nischen mit sitzender Buddhastatue angebracht sind. Auch die Urne ist hauptsächlicli aus Qua- dern. Ihre bauchige Wandlläche trägt in gleichen Entfernungen acht ste- hende Buddhafiguren mit der dhyäna-Blnde (s. S. 47) um die Stirn, und vorn zeigt sich in einer Nische das Triratna in sitzender Haltung. Eine l)reite, sich verjüngende Stange mit bronzenem Schirm und Abschlußknauf krönt die Urne. .

Zu diesem eigenartigen Urn-thüpa gesellen sich noch vier kleinere, einander ähnliche Thfipas oder vielmehr Säulen, achtseitig, schlank, massiv, einer auf jeder Ecke des Unterbaus. Stark vorspringende, schöne Gesimse teilen sie in Gliederungen. Die untere Gliederung eines jeden trägt die heiligen Inschriften; die drei folgenden Gliederungen, erheblich niedriger, zeigen auf jeder Fassade eine Nische mit sitzendem Buddha; dann folgen noch drei Gliederungen, die wiederum viel niedriger sind und den Ab- schlußknauf tragen. Was nun die Inschriften betrifft, so trägt der Thüpa der südöstlichen Ecke, auf diesem Heiligtum des Weltlichts natürlich die vornehmste, das ^ IfÖ ^B 5^ 4>^ j|||M "Sütra der eigenen Gelübde des Ta- tiiägata Arzneimeisters«, also des auf S. 58 erwähnten Buddhas des auf- gehenden Sonnenlichts. Es schildert den gewaltigen Einfluß, welchen dieser Buddha durch die Macht seiner (ielübde morgens ausübt in der Welt, und seine Verlesung bildet daher den Hauptteil der frühen Morgenandacht jeder Klosterbrüderschaft. Von den drei anderen Thupas trägt einer eine Anzahl

bU' Pdyodni in China. 815

(Ihcärani: ein anderer ebenfalls dhärarii, die als i^i'f{^^^^^ ver- zeichnet sind; der vierte das ^^ll^^Ö^fM^^ Yajraprajnapäramitä- sütra (Bunyiu-nanjio, Nr. lo). Die Modelle dieser Inschriften wurden auf kaiserlichen Befehl im 49. Jahre der Z''jm-te5r-Periode (1784) durch zwei Reichsgroße geschrieben, im selben Jahre, als das Monument, ebenfalls auf kaiserlichen Befehl, gebaut wurde.

In den chinesischen Schriften aller Jahrhunderte werden so sehr viele Thiipas erwähnt, daß der Gedanke, sie haben alle der Klasse der großen angehört, sich von selbst ausschließt. So erwähnt z. B. das ^^^|^ yhmy liang lu von ^ ^ i^ ^u Tse-mu, ein Werk in 20 Kapiteln voll histori- scher, ethnographischer und wirtschaftlicher Einzelheiten, insbesondere über l^)\\ Hany-tmu, die Hauptstadt von Täe'-kiang, für diese Stadt allein nicht weniger als 39 Thüpa (s. Kap. 15), worunter drei aus Eisen. Ganz gewiß können eiserne Thüpas, die in der Literatur oft erwähnt werden, nur ausnahmsweise von ansehnlicher Höhe gewesen sein. Ciiavannes gibt die Abbildung eines ziemlich hohen mit neun Gliederungen als Nr. 1038 seines Albums der »Mission Archeologi(|ue«, und ebenda als Nr. 922 und 923 eines 1 3 stöckigen bei K'ai-fung, der aus Eisen sein soll, aber es vielleicht nicht ist. Auch vier kleine Thüpas aus Bronze, die in Klöstern auf dem 51^ Wv-t' ai-^erg^ in San-si stehen, bildet er ab als Nr. i 106 bis I 109.

Sechstes Kapitel. Thüpa und Geoinantik.

Die vorliegende Abhandlung hat erwiesen, daß die esoterische Heils- lehre des Mahäyäna-Buddhismus das Weltgesetz zur Grundlage hat, die Welt- ordnung, die Quelle alles wirklichen und imaginären Glücks. Diese Grund- lage war auch die des altchinesischen philosophisch-religiösen Systems, aus dem der Taoismus und der Konfuzianisinus erwuchsen, nämlich das jM[ Tao, der »Weg« oder «Gang« des Alls. Also sind, wie ich unlängst in einem Spezialwerk über »Universismus« dargetan habe (daselbst S. 2), die drei Hauptreligionen Cliinas drei Äste eines gemeinsamen Stammes: der Religion des Universums.

Es wäre gewiß denkbar, daß sicli der Buddhismus erst, naclidem er sich auf dem chinesischen Boden eine neue Heimat erworben, unter dem mächtigen Einfluß des dort von alters her herrschenden taoistischen Systems

zu einer universistischoii Religion nnibildete. Für eine solche Hypothese Jnit jedocli eingeJiemles Studium über den Entwicklungsgang des chine- sischen Buddliismus in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung bis- lier noch immer keine feste Grundlage geschaffen. Vielmehr spricht der Stand der wissenschaftlichen Kenntnis des Buddliismus für die Annahme, daß höchstens von einer universistischen Weiterentwicklung dieser Religion auf chinesischem Boden die Rede sein könne, weil der universistische Cliarakter ihr schon in Indien angeboren war. F]s läßt sich also an eine uralte, gemeinsame Wurzel der asiatischen Religionen glauben, vielleicht ein- schließlich der von Assyrien und Babylon, eine Wurzel, die sich in fol- gende Worte fassen ließe: Ehrfurcht vor der Majestät des Alls, das alles Licht, alle Vernunft, alles Gute in sich hat, und worin aufgenommen und aufgelöst zu werden das höchste Heil bringt, Erlösung von allem Übel.

So gut wie der Mahäyäna-Buddhismus, hatte und liat noch immer der urehinesischc Universismus seine esoterischen Lehren und Wissenschaften. seine |/jtf .sii\ Eine von diesen, in der Regel jÜ^i^fC Fung-sui, »Wind- und Wasser«, genannt, griff zu allen Zeiten besonders tief ins Volksleben hin- ein. Es war nämlich ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, daß Häuser, Dörfer, Städte, Landschaften, Gräber, Tempel, kurz alle Wohnstätten der Menschen, Toten und (Jöttcr, möglichst unter günstigen Einilüssen des Tao o<ler der VVeltordnung sich hefinden, auf daß ülterall nur Glück und Wohlfalirt herrsche. Ausführlieh ha])e ich diese Geoniantik in anderen Werken er- örtert', und es braucht also nicht hier auf sie eingegangen zu werden. Wohl aber ist es hier am Platze, zu bemerken, daß sie die buddliisti- schen Tempel und Thüpas in ihren Dienst gestellt und dadurch die Be- deutung dieser Heiligtümer für das chinesische Leben bis zum Höchst- maß gesteigert hat.

Wohl verstand es die (ieomantik, nach ihrer Art für den Bau von Wolmstätten, (iräbem und Tempeln glückverheißende Stellen ausfindig zu machen, wo Berge, Anhöhen, (rewässer, Bäume, kurz alle unter der Ein- wirkung von Sternen und Gestirnen stehende Bodengestaltungen günstige Einflüsse des Weltalls zusammenzogen. Allein den Geist oder die Kr.aft der leuchtenden Weltordnung, der Quelle alles Segens, an jeder beliebigen Stelle festzubannen zur Sicherung des Glücks ganzer Gegenden, das war eine Kunst, welche die Vernunft der Weisesten aller Professoren der Geomantik

' »'llic KL'ligious System of Cliiiiii», Bd. HI, S. 93511'. »Univei-sisniuS", Kap. 13.

Dil' Paijodi'U In. CldiKi. 8;")

noch nie bewältigt hatte, und die nur der Buddhismus \ erstand. Baute sich ja diese Religion Kl(xsterkirclien mit Statuen des Dliarma und dt's Buddha, aus denen IJcht und Segen der Weltordnung strömten, und daneben Thupas, die dasselbe taten mit erheblicli größerer Kraft bis zum fernen Horizonte. Es ließe sich daher, mittels dieser Heiligtümer, das Jatirj, die Weltseele des Lichts und des Heils (vgl. S. 36), überall hinlenken, wohin die Weisen der Geomantik es fvir nötig oder nützlich hielten. Man brauchte sie nur als Schutzheiligtümer des Fumj-svi ganzer Gegenden an geeigneten, genau be- rechneten Stellen zu erbauen, wo Einflüsse des Himmels und der Erde zusammentlo-ssen und die Wirkung {.im, Uny, s.S. 37) der Gebäude zum höchsten Grad zu steigern in der Lage waren.

(iewiß ließ sich die Kirche diese iliren Heiligtümern zugedachte Rolle gern gefallen : muß sie ja gerade darin ein (birchaus geeignetes Mittel er- kannt haben, um sich in der von Behörden und Volk ihr bisher entgegen- gebrachten Duldsamkeit und im allgejneinen Wohlwollen fester zu ver- ankern. Von nun an opferte ein jeder, oh gläubiger Anhänger der Kirche, ob Konfuzianer oder Taoist, freudig seine Pfennige fiär den Unterhalt oder die Erneuerung der (iebäude des Klosters, in dessen Bannkreis er wohnte, oder zur Vergrößerung von dessen Grundbesitz. In solchem Bannkreis sprach fortnn ein jeder von seinem Fung-Aid-KXostitv , von seinem /'»////-.vm-Thupa und betrachtete di<'se (iebäudc als gemeinsames Besitztum. Manches Kloster verdankte nunmehr dem Funy-stii sogar seine Gründung. Begüterte und Notabein, die Mandarinen an der Spitze, bildeten Ausschüsse von ^'^ tvmj-Si, »Sac;!! waltern«, welche die Geldsanmdungen <lurch freiwillige Sub- skription besorgten und unter sachverständiger Führung von Fimg-kü-ih^- lelirten Bau und Herstellungsarbeitön vornehmen ließen. So wurde ein jeder nach seinem Vermögen Göimer der Kirche, d.änapati (vgl. S. 68), und ohne Klosterbruder zu werden, setzte er dadurch zwecks Erlösung der Wesen uikI Förderung ihres stofflichen Wohlseins seine Kräfte zum Drehen des Dharma-rads an, abgesehen davon, daß seine Opferwilligkeit ihm noch oben- drein einen Platz in den Reihen der Vornehmen einbraclite. So gingen di<' stoß'lichen Interessen des Menschtums praktisch Hand in Hand mit denen für seine Seligkeit in kommenden Existenzen, .\ltchinesischer Uni- \ ersismus verbrüderte sich innig mit dem buddhistischen ujiter der Fahne der allgemeinen We.sen.sliebe. So wurde die aus Bnrbarenland stammen(h' und snniit vom Staatskonfuzianisnnis grinidsätzlieh als ketzerisch verschrieni

86 OK Gkoot:

Relio-ion ein unentbehrliches Element im chinesischen Leben und konnte sich somit vor Verfall und Untergang, sogar vor gewaltsamer Ausrottung durch den Staat schützen.

Fung-M bedeutet »Wind und Wasser«, das heißt, die Hauptfaktoren der Geomantik sind diese zwei Elemente, von denen in China, wo im Sommer vorherrschende südliche Winde Regenfall bringen, Ackerbau und Volksernährung abhängig sind und somit Glück und Unglück der Mensch- heit bestimmt werden. Damit im Drehen des Weltrads keine Störung ein- tritt, und also die richtigen Zeiten den richtigen Wind und Regen bringen, ist es eine der Hauptaufgaben des Sangha, mittels geeigneter religiöser , Kultgebräuche auf die in Klöstern und Tliüpas wohnende Weltallkraft einzuAvirken. Diese Zeremonien stellen ein eigentümliches Gemisch von buddhistischem und nichtbuddhistischem Universismus dar. So werden, je nach Bedarf, Regen und klares Wetter erzeugt, auch Heuschreckenplagen ab- gewendet' und Überschwemmungen vorgebeugt. Folglich ist die bud- dhistische Geistlichkeit von selbst auch eine Priesterschaft des Funy-sui geworden, also des Taoismus, von dem das Funy-äui ein Hauptunterteil ist.

Das dem Ackerbau, in erster Linie dem Reisbau unentbehrliche Wasser entströmt den Bergen. Dort also wohnen und walten die ^ luny oder »Drachen«, am liebsten ehrerbietig ff Luny-wany, »Drachenkönige«, genannt, welche durch Verdichtung der Wolken Regen erzeugen und folg- lich den Wasserstand der Flüsse und Bäche beherrschen. Diese segen- spendenden Wassergötter können aber unter Umständen recht gefahrlich werden und die Urheber sein von Gewitterstürmen und Überschwemmungen, sowie von verheerender Dürre. Deshalb sind viele große Klöster und eine Unmenge von kleineren und ganz kleinen als Regulatoren des Regenfalls mehr oder weniger hoch auf den Abhängen an den Flußquellen erbaut, häufig in malerischer Lage zwischen vom Wasser bloßgelegten Felsblöcken. Diese Entlegenheit in reiner, frischer Luft entspricht der Befreiung vom irdischen Staub und Gewühl, welche die Seligkeitssucher erstreben; da- durch auch sind die Klöster beliebte Ausflugsorte begüterter dänapati, in- sonderheit während der Sommerhitze. Manche in der Literatur erhaltene Überlieferung bestätigt, daß an solchen Orten in der alten Zeit Drachen Sturm und Überschwemmung verursachten und durch buddhistische Geist- liche mittels Sütras, dhäranis und andere religiöse Zauberraittel bezwungen

' Au.sfüfirliches hk'i'iiber in »Le Code du Mahäyäiia«, Kap. 8.

Die Pagoden in Chiiut. 87

oder in trocknen Zeiten zu Regenerzeugung genötigt wurden, und daß diese Ereignisse Anlaß zum Bau der nunmehr da befindlichen Klöster gaben'.

Die Auffassung, daß Wolken, Gewitter und Regen von Draclien er- zeugt werden und diese Götter somit entweder Mäßigung oder Anregung erfordern mittels buddhistischer Tempel imd Thiipas, scheint keineswegs ausschließlich auf chinesischem Boden entstanden zu sein. In der Zeit des Hürn-tmany muß sie auch in Indien und Turkestan geherrscht habeii. Wir lesen nämlich in den Reiseberichten dieses Pilgers im 3. Kapitel (Julien Bd. I, S. 152) von einem Teich, zu dessen Drachen die Geistlichkeit erfolg- reich um Regen und helles Wetter zu beten pflegte; auch noch (ebenda S. 1 34) vom Drachen eines Flusses in Udyäna, der Sturm und Wind entfesselte, so daß die Feldfrüchtc großen Schaden erlitten, und der deshalb vom Herrn mittels einer Predigt bekehrt wurde. Im 7. Kapitel (Jul. I, 360) lesen wir dann von einem Teich, dessen Drachenkönig gelegentlich Wind und Regen entfesselte. Das 12. Kapitel (Jül. II, 240) enthält die Legende eines Flusses in Choten. der plötzlich zu strömen aufhörte, weil sein Drache hin- geschieden war. bis der König, zur Rettung des bedrohten Ackerbaus, einen Minister ins Wasser gehen ließ, um den Draclien zu ersetzen. Noch an anderen Stellen ist in Ilüen-tmang' s Schriften von Fluß- und Seedrachen die Rede. Am schlagendsten aber tritt die Gleichheit der chinesischen und indischen Funy-Sui-Etign^G &ns Licht im i. Kapitel in den Berichten über Kapisa (Jui,. I, S. 47 ff.). Unter Weglassung von hier völlig bedeutungs- losen Abschweifungen lesen wir dort folgendes:

('her 200 Li iiordwestlicli der Königsstadt kam er an einen großen Schneeberg. Darauf liegt ein See, wo, wer um Hegen und klares Wetter betet, eine der Bitte entsprechende Verwirklichung seines Wunsches erlangt. Kr vernahm dann, daß die alte Geschichte folgendes l>erichtet:

Dereinst gab es im Reiche Gandhära einen Ärhat, der immer vom Drachenköiiig mit Nahi ung vcrechen wurde . . . Sein Gefolgsmann, ein srämanera, . . . starb iind wurde Groß- köiiig der Drachen. Dessen Macht entfaltete sich, und seine Bosheit kam ziiiu Ausl)rucl\; ei- begab sich in den See, ermordete den Drachenkönig und bezog dessen Drächenpalast . . . Dann rief er gewaltige Wind- und Regenstürme liervor, welche Bäume umwarfen und ent- wurzelten. Kr wollte nun auch die sanghäräma (Klöster) verwüsten, und König Kaniska, den das befremdete, entsandte Bolen, um Kundschaft einzuholen: und durch sie gab ihm der Arhiit über die Sachlage Bescheid. Nun ließ der König gegen diesen Dracherv am Schnee- berge einen sanghäräma erbauen und einen mehr als hundert Fuß hohen Stüpa errichten.

' E^ sei hier auf die vortreffliche Monographie hingewiesen, welche Prof. M.W. De Visser der l^eidener Univei'sität unter dem Titel -The Draijon in China aiid .lapan" \eröfllent- licht hat.

88 DK (Jroot:

Jfdotl] die von (kill Diadien g(!liegte Böswilligkeit war von Dauer, und er entfesselte den Wind und den Hegen. Es war des Königs Herzenswunsch, womöglich Hilfe zu bringen, und der Drache wütete immer weiter mit seines Zornes Gift. Serh.smal fiel der sanghäräma mit dem Stfipa in Trüiiimer, und siebenmal wurden sie wieder erbaut. Es verdroß König Kaniska. daß sein Werk immer wieder mißglückte, und er wollte nun den See des Drachen zuschütten und so sein Wohnhaus verwüsten. Sofort brachte er eine Kriegsmacht auf die Beine und zog nach dem Schneeberg hin ; aber da verwandelte sich der Drachenkönig, den tiefe Furcht packte, in einen alten lirähman, der sich mit der Stirn auf der Erde vor des Königs Elefanten niederwaif und ihm diesen Rat erteilte: "Großer König, . . . weshalb läßt du dich nun au!" einen Streit mit einem Drachen ein;' Zwar ist ein Drache ein Tier niedriger Art und von böser Sorte: aber er besitzt eine große Macht, die nicht durch Kraft zu bekämpfen ist. Er fährt nämlich auf Wolken und Wind, schreitet durch den Luftraum und durch Wasser und läßt sich somit nicht durch menschliche Kraft be- zwingen. Was soll also dein königliches (iemiit gegen" ihn zürnen I . . . Icli rate dir also. o König, deine Kriegsmacht wieder heimzuführen.«

König Kaniska befolgte aber diesen Hat nicht. Sofort ging der Drache in den See zurück: seine Stimme dröhnte, und der Donner rollte; ein Stuiinwind entwurzelte die Bäume: es regnete Sand und Steine; Wolken und Nebel hüllten alles in Dunkel. Schrecken und Furcht ergriffen Streitmacht und Pferde. Nun legte der König sein (Jeschick in die Hände der Drei Kostb;irkeiten (Triratna) und bat sie um Errettung. . . . Gleich darauf stiegen auf seinen Schultern große qualmende Flammen empor, nnd der Drache zog sich zurück ; der Wind legte sich, die Nebel rollten sich auf, und die A\'olken gingen auseinander.

Nun befahl der König, daß jeder im Heere einen Stein auf der Schulter herantragen sollte, um den See des Drachen vollzuschütten. Da xerwandelte sich der Drachenkönig abermals in einen Brähman und bat den König wieder, mit den Worten: »Ich, der Drachen- könig Jenes Sees, fürchte deine Macht und lege mein Schicksal in deine Hand . . . Baue Jetzt den sanghäräma wieder auf, ich werde es nicht wagen, ihn umzustoßen. Entsende öftere jemand, der das (iebirge aus der Ferne beobachtet, und wenn sich darauf dunkle A\'olken bilden, so schlage man rasch die ghanta (Glocke); ich werde dann den Hall vernehmen, und meine Bosheit wird aufhören. ■< Also erbaute der König den sanghäräma und den Stüpa wiedei', und das Beobachten dei' Wolken in der Ferne ist bis jetzt nie eingestellt worden.

V.s werden in Oliina wenig Städte zu finden sein, in deren Umge- bung keine buddliisti.schen Klö.ster oder Tetnpel, mit oder ohne ThTipa, liegen zur I^escliützung ilire.s Fung-mi. Erst reclit i.st flas mit Peking der Fall : auf allen Seiten i.st sein Fimg-Sui und das des Kaiserpalastes in dieser Weise gesichert. Weitaus die meisten Klöster und Thüpas liegen dort in den I^ergabhängen nordwestlich der Stadt, sowie in der Ebene, welclie sich von dort bis an die Stadt erstreckt. Fast alle sind an Bächen er- baut, dereli Wa.sser nach der Stadt hinströmt und ihr ;;JCJfl$ .<m/-wm oder ;/IC|^ i<ui-Uny, »Geist und Kraft des Wassers«, zuführen, die dann auf der Nord- und Westseite des Palastes mittels großer Teiche festgehalten wird. Von diesen Klöstern tnid Thüpas seien nur die folgenden erwähnt:

Dil' Pagoden in Ckvnn. S9

Die JK'J^^ P(^ ta Wu, »acht Hauptorte«.

Das ^'^z)t^ ^^ Ling-kuang se, »Große Kloster des gotteskräftigen Lichts«, mit einem glänzend weißen, massiven Thüpa von 13 Schichten, unten mit Laternen, oben mit Glöckchen ausgestattet. Unweit davon liegt das ^^^ Lung-tsuan Jen, »Kloster der Drachensprudel«.

Das auf S. 46 ff. besprochene, an einem großen Bach liegende Pi'-jün- Kloster mit fünffachem Thüpa.

Das ~h^^;^^ Si'-fanq -pu-kid se, »Kloster der universellen Weis- heit aller zehn Weltgegenden « . Es wird landläufig ^ i^ ^ Wo-Fu se, »Kloster des liegenden Buddhas«, genannt, weil im Hintertempel ein bron- zenes Bild den Buddha in liegender, vielleicht schlafender Haltung dar- stellt, mit dem Kopf nach Westen, wo das Weltlicht ins Nirväna geht. Der Haupttempel enthält das Triratna mit Ananda, Kasyapa und 1 8 Arhats.

Der §|§f^ He'-lung tan, »Teich des schwarzen Drachen«, mit Tempel des Triratna und noch einem Tempel mit gelbglasierten Dachziegeln, in dem sich die Statue eines Drachengottes befindet, mit schwarzem Antlitz und Kleidung eines Reichsmagnaten. Hinter ihm ist die Wand mit einem Drachen bemalt, und neben ihm stehen noch einige Götter, worunter der des Donners sich erkennen läßt. Eine in eine Steintafel gemeißelte Hand- schrift des Kaisers Sing Tsu (K'ang-hi) verkündet, daß dieser oftmals per- sönlich an der Stelle mit gutem Erfolg um Regen bat und deswegen diesen Drachentempel errichten ließ. Zufolge einer ande^ren Steintafel wurde durch kaiserlichen Erlaß des dritten Jahres K'ien-lung (1738), der hiesige Drachen- gott in die Opferstatuten aufgenommen', mit der Bestimmung, es solle ihm alljährlich im Frühling und im Herbst ein Staatsojifer dargebracht werden. Den Namen »schwarzer Drache« verdankt diese Gottheit dem Umstand, daß der dortige Bach einer der nördlichsten ist, die dem Palaste Wasser zufuhren, denn der Norden ist mit Schwarz identifiziert. Dieses Wasser und somit auch sein Geist (ßen) oder seine Kraft (Ung) sammelt sich in einem künstlichen Teich vor dem Drachentempel und strömt von da heraus der Ebene und dem Palaste zu.

Von den Pa' ta t'i'u bis hierher trägt der Gebirgsrand viele Thüpas, die bis weit in die Ebene hinein sichtbar zind.

Das ^;^t5P ■'^ ^^^ ^^ oder »Große Kloster der Weisheit«, das schon aus der Zeit der iiao-Dynastie (916 1125) datiert.

' Siehe »UniversismuS", S. 279. Phil-hiit. Ahh. 1919. Nr. 11. 12

90 n E G R o o T :

Der Thüpa von Pa U tsuang, dessen Stellung als Schutzheiligtum des Glücks des Kaiserhauses auf S. 41 f. besprochen ist, und der Thüpa des Ti('n-ning-K\ostGvs (s. S. 39!'.) stehen gleicli falls je an einem Bach, der nach Peking fließt.

Die Stellung dieser und noch vieler anderer Klöster und Thüpas als Palladien des Fung-sui Pekings erklärt völlig, weshalb sie fast alle von den fünf Kaiserhäusern, die in Peking oder ihrer nächsten Umgebung ihre Hauptstadt hatten, nämlich die von Liao, Kin, Juan, Ming und Ts'lng, er- richtet, erneuert und unterhalten worden sind. Sie haben also alle diese Dynastien überlebt und damit den Beweis erbracht, daß Religionen und ihre Schöpfungen beständiger und dauerhafter als Kaiserthrone sind.

Immer wurde in China die geomantische Weisheit in erster Linie ge- pflegt und praktisch ausgeübt durch konfuzianische Schriftgelehrte, also durch die vornehmste Klasse, die der esoterischen Lehre der ausländischen imd daher als höchst minderwertig l)etrac]iteten Religion am wenigsten Verständnis entgegenbringen konnte oder wollte. Unter diesen Umständen mußten die hohen philosophisch-religiösen Begriffe, welche dereinst dem Thüpa einen so vornehmen Platz unter den Faktoren der Geomantik ein- geräumt hatten, auch wieder leicht in Mißachtung und Vergessenheit ge- raten, und der Thüpa konnte also entarten zu einem Werkzeug, dessen die Geomantik sich zwnr noch immer in unvermindertem Maße bediente, jedoch zu viel einfacheren und gemeinverständlicheren Zwecken. I nd so ist es Tatsache geworden, daß man bis auf diesen Tag schlechthin Pa- goden als Gegenstände zur Sicherung des Glücks ihrer Umgebungen er- richtet und unterhält, ohne daß an ihre tiefe, vom Weltgesetz bedingte Grundbedeutung noch jemand denkt. Ohne Rücksicht auf Mönch tum, Klöster und Buddhismus bestimmt es der Geomant, an welcher Stelle sie zu er- richten sind, z. B. um Bodenerhöhungen zuzuspitzen und dadurch das Ele- ment Feuer darstellen zu lassen; oder um verderblichen Einflüssen den Weg durch die Luft zu sperren; oder um //«-Eintlüsse durch die Jang- Kraft einer in der Pagode angebrachten taoistischen, konfuzianischen oder buddhistischen Götterfigur zu mildern, fernzuhalten, zu vertreiben, zu ver- nichten ; und da nun der zuletzt genannte Zweck der Zweck der (TÖtzenhäuser Chinas überhaupt ist, so stehen wir vor der Tatsache, daß die (Jeortiantik das höchste Heiligtum des Maliäyäna zu dem Rang gemeiner Götzentempel erniedrigt hat und zahlreiche Pagoden entstehen ließ, auf die sogar die Namen Thüpa und buddhistisch nicht mehr zutreffen.

Dir Payuiien in Cldiid. 91

( )benan in dieser Klasse der Fimg-sui-Pdigo(i&i\ stehen die, welche der konfuzianische Gelehrtenstand zwecks Förderung der klassischen (Gelehr- samkeit zu errichten und zu unterhalten pflegt. Manche Stadt besitzt eine solche, deren Wirkung sich über den ganzen Bezirk oder Kreis erstrecken soll, dessen Verwaltungssitz diese Stadt ist. In der Regel steht sie in oder neben dem Exaniinierplatz oder beim Konfuziustempel. Die Zahl der Stock- werke oder (Gliederungen geht selten über drei hinaus. Im Erdgeschoß oder im Stockwerk befindet sich ein Altar mit einer Statue des ^^ K'wei-sing, eines der Schutzgötter der klassischen Studien, der mit einem Stern des i\ Tfm, des Siebengestims, identifiziert wird; oder er trägt das Bild des neben dem Siebenge-stirn stehenden Sternbildes ^ ^ Wen-Wany, das auch ein Schutzgott für Gelehrsamkeit ist und im Pantheon der Staats- religion einen Platz einnimmt'. Diese Pagoden sind somit reine Nach- ahmungen der Thvi[)as des Weltgesetzes, nur daß an die Stelle des Lichts des Weltalls das des Ton trittj des wichtigsten Sternbildes des Himmels, das, nach altchinesischer philosophischer Darstellung, durch seinen jährlichen Kreislauf um den Pol die Jahreszeiten, also das Tao, den Gang des Welt- alls, regelt*, dessen Hen-schaft nach klassischen (rrundsätzen auf dieser Erde durchzuführen höchste Aufgabe des daher ausschließlich in klassischer Weisheit zu erziehenden Kaiser- und Mandarinentums ist'.

Außerdem schmücken bis zum heutigen Tage -Fw?^5'-l'^Mi!- Pagoden »die Landschaften des Reichs der Mitte allüberall. Zu ihnen gehört wohl die Obergroße Mehrzahl der minderwertigen Klasse, ohne Balkone und ohne vorpringende Dächer, von denen auf S. 13 die Rede gewesen ist. In jedem (Grad der Vernachlässigung und des Verfalls; von Regen und Frost be- schädigt; überwachsen mit Moos und Unkraut; überwuchert von Sträuchern, die sogar aus den Fenstern wachsen; die Mauern gespalten durch Erd- beben und Blitz; die Böden und das Dach wurmstichig und morsch, so- gar so, daß der ganze Turm sich wie ein Fabrikschornstein von unten bis oben durchschauen läßt so stehen sie kränkelnd da, bis Sturm und Erd- beben sie vernichten, oder das Volk, um sein Fvnghii, sein (iGlück, zu retten, (Gelder zusammenbringt imd die Reparatur oder Erneuerung in die Hand nimmt.

' Über diese Gottheiten s. •Universismus«, S. 287 und die dort zitierten Schriften. » Vjjl. -The Keligious System of China-, Bd. I. S. 317 f. ' Hierüber Nähere.s in •UniveisisniiiS", S. 7,5 fl'.

12*

92 I) E G R O O T :

- Wohlbegreiflicli werden Fung-Sui-Tagoden vornehmlich bei Städten

und Städtchen gefunden, wo eine größere Menschenzahl sich ßir ihre Er- haltung interessiert und somit Beiträge für den Unterhalt sich leichter zu- sammenbringen lassen. In vielen Fällen sind in ihrer unmittelbaren Nähe noch Klostergebäude oder Ruinen und Spuren davon zu finden. Häufig stehen sie an Flüssen, zur Normalisierung des Wasserstands, damit der Schiffsverkehr keiner Hemmung unterliege. Nicht selten sind recht groteske geomantische Anschauungen mit ihrer Errichtung verknüpft. Beispielsweise hierüber folgendes: Die Bezirkshauptstadt ^^J'H Ts'tmn-tSou in Fu-klen hat innerhalb ihrer Mauern zwei schöne, fünfstöckige, gleiche und gleich große Pagoden, der Stolz der Stadt, wahre Granitkolosse, die beiderseits des ^7^ K' ai-Juan-Klostoss hoch emporragen (Taf. III i, zu S. 9). Sie waren, (^- ^j'N/M'/^> Ts'uan-tsoufu tsi, »Gedenkschriften des Bezirks Ts'uan-Uou* K. 16, Bl. 1 9), ursprünglich aus Holz; die eine hatte im Jahre 865 neun Stock- werke und im Jahre 1020 dreizehn; die zweite wurde errichtet unter der Regierung von BEI^^D ^<ing Sen-Ui, der von 897 bis 925 in ^]\\ Fu- tiou herrschte als König von Fu'-tsou und von Kim-tSou (jetzt 5^ ^ Kien- ning in NO Fu-kien), also von Fu-Kien. In der Periode Sao-hing ( 1 1 3 1 II 63) wurden die beiden Türme in Backstein aufgeführt. Der Über- lieferung zufolge hatte im Jahre dazumal die Stadt die Gestalt eines Fisches imd wurde daher von der unweit gelegenen Stadt ^^ Jung-U'un, welche die Form eines Netzes hatte, häufig überrumpelt und geplündert. Ver- nünftigerweise wurde dann diesem Übel abgeholfen durch den Bau der zwei Pagoden; denn nunmehr war das Ziehen des Netzes über die Köpfe der Bewohner eine Unmöglichkeit.

Nicht bloß hat die Geomantik den Thüpa von seinem hohen Stand- punkt als Leuchtturm des Weltgesetzes herniedergezogen; sie hat ihn auch noch seines Charakters als Götzenhaus beraubt. Sie hat nämlich viele Pagoden errichtet, in denen von einem Götterbild oder Altar oder von irgend etwas, das an Religion erinnert, keine Spur zu entdecken ist. Be- kanntlich gibt es überdies Aussichtstürmchen, Pavillons, Teehäuser, Zier- bauten verschiedener Art usw., die das Volk t'a, der Ausländer Pagoden nennt, die aber in Wirklichkeit nichts außer der Gestalt mit dem Thüpa gemein haben.

Die Pagoden in China.

D3

Sach- und Wortreg-ister.

Adibuddha, 29 f., 49, 60.

Ananda, 47.

Aryasatyäni, 77.

Araneikönig, Arzneimeister, die Sonne, 50,

58f., 61, 82. Asoka, ;9, 22 ff". S. Thüpa's. Avalokitesvara, 24, 47.

Baum der Weisheit, s. Bodhibaum.

Bilder von Heiligen sind beseelt, 36 f.

Bcidhi. Weisheit. Intelligenz, 21, 30, a, 57. Ein Reich, 27.

Bodhibaum, 27, 32 f., 43, 46, 54.

Bodhidruma, s. Bodhibaum.

Bodhimanila, 46, 47.

Bodhisattva, 4, 30 ff., 33.

Bodhyanga, 77.

Borobudur von Java, 48.

Brahma, 31.

Brahmaloka, 76.

Buddha. Verkiinder des Dharma, des Welt- licht.s. 29. Mit Dharma eine Zweieinigkeit, 30, 36, 57, 60. Seine Verbrennung, 22, 57 f- Reliquien, 2, 23, 27 ff., 58; s. Sarira.

Buddhas und Bodhisattvas, Lichtgötter, Son- nenperioden, Tage, 29 f., 56ff".

Buddha-Saal im Kaiserpalast, 28.

Buddhismu.s, eine universistische Religion, 83 f.

Bud-kütägära, I, 2.

Caitya, 7, 17," 25, 59. Chot«n, 27, 73, 87.

Dagob, dhätugarbha, 3, 9, 18. Dänapati, 68, 85. Dhärani, 81, 83. Dharma, s. Weltgesetz. Dharmacakra, 77. Dharmaräja, 29.

Dhätugarbha, s. Dagob. Dhyäna, 36. Dhyanibuddhas, 47. Divyacaksus, 76.

Drachen. Regen- und Wassergötter, 86 ff., 89. In Indien, 87 f.

Erlösuiigsversammlung, 24f., 27. E^soterische Kirchenlehren, 21, 29ff., 5off.,

56 ff., 59, 79. Existenzen Wandlungen, 74 ff.. 781".

Fa'-hi6n, 2, 5, 7, 18.

Fa-juan tiu-lin. 7, 65.

Fan wang king. 31, 3 3 f.

Feuerbestattung, 3, 6.

Friedhöfe fiir buddhistische Geistliche, 5.

Fu-nan, Cambodja, 23.

Fung-sui, s. Geomantik.

Gebote, zur Heiligmachung, 31. 33 t'.. 49. Geomantik, Fung-sui. 81. Verwertet Klöster

und Thüpas. 84 ff., 88 ff. Ghanta, 66. 88. Grab. Ein Heiligtum, 3, 7. Buddhistischer

Mönche, 6. Grabmonumente, s. Külya, Thilpa.

tlan Ja, 28.

He-lung tan bei Peking, 89.

Himmel. Die 13 Bodhisattva , 29. Der

Akanistha , 29. Die 33 , 51. Hölle, 23 f., 64 ff., 79. Ilüm-tsuang. 18. 87. Hung/an, 42.

Jambudvipa, 23.

Jarig, das Licht der Welt, 361'., 38, 85.

•lang Jen-tii, i.

1)4

1) K G I! f) <) T :

.Ictavaiiii. 1. .Tin. 36. 38. Jiu-jang tsatsu- 6. ./(/, 42.

Kaniska. 65, 87 f.

Kao sang t^umi. 18.

Kao Tsn, s. Wu.

Kasyapa, 47.

Kiang-ning fu iüi, 1 1 .

Kien-jS, jetzt Nanking, 18. 27.

Kiän-wen. Kaiser, 23.

Klöster. Anstalten zur Seligmachung, 34, und zur Eintsendung des Lichts der Lehre, 34 f. Bau nnd Unterhaltung, 68. Regulatoren von Hegenfall und Wasserströmen, 86 fl'.. auch in ludien, 871'. Verwertung durch die üeo- mantik, 84 ff., in der Umgegend Pekings, 89 f. Das Hauptgebäude, 36. Die große Glocke und ihre erlösende Wirkung. 63 ff., 67. Der Abt, 68. Zeremonienmeister und Unter , 69.

Koufuzianisnius, 83.

Kuan-(si)-jiri, 24, 47.

Killya, 3.

Kumärajiva, 50.

K'wei-singj^chuiigoil für klassische Studien,9 1 .

Leichenverbrennung, 3, 6. Leuchten ist I'redigen, j,:^. Liang-sn, 22. Licht, s. Buddhas.

I^'ngy 4> Ji 37. 85.

Ling-t'a, 26.

Liu-li, 12 f., 24, 51. 54.

Liii Sa-ho, 23, 25.

Lo'-jang, i, 14, 27.

Lo'-jang lea-lam k>, i, 14, 27.

LoÄana, 31 ff., 56, 60.

Lotusterrasse des Weltgesetzes. 31 ff., 39, 49.

Lutig. Lung-wang. 86 ff. S. Di'acheu.

Mägadha, 46, 47. Mahäbrahma, 31.

Mahämoksaparisad, 24. S. Krlösungsversamm- lunu.

Mabäpratibhäna. 52.

Mahäyäna, 3, 4, 34.

Mahe.svara, 31.

Maitreya, 47.

Mauusibuddhas, 68, 8r.

Mära, 30, 64.

Miao-fd lien-h\M king, 50.

Ming, Kaiser der Äan-Dynastie, i, 19, 30.

Mung Hang lu. 83.

Naksatraräjasamkusumitäbliijna, 58.

Nanking, zweite Reichshauptstadt, 12.

i\o« H, Geschieht« werk, 18, 64.

Nan-Ts'i SU, Geschichtswerk, 17.

Naturgötter, 37.

Nirmänarati, 76.

Nirväna, 30, 52, 55, 57 f., 59.

Pagode. S. Tlulpa ; Bud-kütagära.

Polytheismus, 36.

Po-tsang ts'ttng-/in ts'ing hcei, 64, 66, 71.

Prabhütaratna, 52.

Prägbodhi, 46.

Predigung der Lehi-e, eine Pflicht, 34.

Propaganda, 34.

Piit-kuo ki, 2.

P'u-tö, Thüpa, I f

P'u-t'u. 42.

Rad der Weltoi-dnung, Dhai-macakra, 26, 30, 35' 73f-i 75» 77- Kad der Kxistenzea, 66, 70, 74ff., 78.

Ratnavisuddha, 52.

Reliquien, 3f. 7 f. S. Sarira"s.

Rddhipäda, 77.

Sahä-welt, 54 f., 71. Samädhi, 30, 36. Samyakprahäna, 77. Sangha, 36. Sangha Pao-tsi. 64. San pao, 36. S. Triratna. Sarg für buddh. Geistliche. 6. Sariputra. 74.

Sarira's. 4, 6f. 8. 13. 24f.. 26f.. 61; leuchten, 19 f.. 22, 24. 26: sind unverletzbar, 2off. :

Die Pagoden in China.

95

vom Kaiser verehrt, 25, 26 ft'.: Teile des leuchtenden Weltgesetzes, 21, 29, 58 ff.. 73,

S. Reliquien. Sat. Caitya, 7 ; Gipfelstaiige der Thfipa's,

14. 17. !

.Schriften, heilige. Leuchten i. Verehrt wie

Buddha, i. Auf Thüpa's gemeißelt, Sott'.

S. Sütra's. Seele bleibt Ijeim Körper im Grab. 7. Seligmachung, 33f.. 57 ff". Höchste Pfliclit und

höchstes Ziel, 3, 4. 49. S^. 4. 7, 36 f.. 85. Si-tiu. dfiiiapati. 68. .Sietengestirn. 91. .Singhala. 7.

.Smrtyupastbäna, 77. i

Sonne, ein Bodhisattva. 31. 58 f. S. Buddha. Stupa, 3. S. Thfipa. Sütra's. Leuchten, i, 26. 31. Pflicht sie zu j

drucken und zu verbreiten. 34. Vajrasütra,

12. .Sanghasütra, 23. Frajnasütra. 25 f.

Saddharmapundarikasütra. Lotussütra. 50 f1'.,

56. 6of. Brahniajälasütra, 31 ff., 34. 56.

Vajraprajüapäramitäsntra, 83. Sütra des

Saniädhi des Buddha, 23; der Umgänge

nm die Thüpa's herum. 73(1'.: der (Je-

lübde des Aiv.neimeisters. 82. Suddhodana. 44. Sui-liny, sui-sfri, 88. Sun K'iien, 18 ff. Sun Th'fn, 23. i>un-t'i(n fu tsi, 40.

Td-tiu, 68.

'/"a/-//(>?y-Aufstand. 12.

Tao. Der Weg zur Heiligkeit. 34. Der Gang des Weltalls, 83, 91.

Taoismu.s, 83, 86.

T'ap, Tap-po, Thüpa. 2, 7.

Tatbägata, 56.

Thüpa's. Grabnionumente, 1 fl'.. 4, 10, 26. Stange. 4 f., 10 f.. 12. 17. Unterteile von liiiddh. Klö.stern, i. 16 f. In Indien. 3, 5, 18. Für die Asche des Buddha, 21 f. Für N'ichtgeistliche, 8. In Urnengestalt, 5, (>, 82.

P'ür Reliquien des Buddha, 9 ff., iBfl'., 28. 40. 57 f. Für Reliquien des Dharma. 59. Erster Ordnung, 9ff.; ihr Alter. i4ff. tie- ringerer Ordnung, 13, 91. Darstellungen der Lotusterrasse des A\'eltgesetzes. 39, 4 1 . 43 f. Leuclittüime des Weltgesetzes, des Dharma. des Weltlichts, der Lehre des Buddha, 21, 26. 29ff.. 38. 41, 49, 58, 6of.. 73. Darstellungen der Himmel, 29. 3B: des Weltalls, 29. 38. 45, 51 fl'.. 56, 59 f., 73. Höhe, 14. Ungerade Zahl der Gliederungen, 14, 38; der Heiligenbilder, 45. Asoka . 19, 22. 23 f., 57. 84000—. 19. 22 f., 57,59. Hoch, groß, zahlreich, 21 f.. 44. 52!'., 6of'. Leuchten. 18, 25f'., 62ff. Zahli'ciche Heiligen- Statuen, IG, 13, 38f., 41 ff., 47 f. Zahlreiche Glöckchen, 12I'., 15, 41, 51. 59, 62 ff.. 67. Lampen und Laternen, 12 f., 40. 67 f. Aus Holz, 16; aus Stein, i6ff. ; aus Metall. 83. Verehrung und Opfer dargebracht 61 f., 69fr., 72 f., 74. Beleuchtung, 670"., 70, 73, 79f.Beweihräucherung,69. Umgänge,69,72f'. Der Porzellanturm Nanking.s, 10 ff. Der Thüpa vom Pete, 10: von Kiu-ti&u, 11: des T'/^-n/n^-Klosters, 39ff. ; von Pa'-li- tSuang, 41 f.: von Pu-t'o, 42 (f.: des Tiim/- A-jV-Klostei-s ( Wu-t'a se) 44 ff. ; der lama- istischcn Klöster bei Peking,^82 f. : des P/'- _;«?i-Klosters, 46ff. ; von Tsuan-Uou, 92; von Idikiit-sehari, 48: von Kajingara, 48; von Gandhära 63. Der Borobudur. 48 f. Kleine mit Sütratcxten und dhärani's. Soft'.; der sieben Mänusibuddhas, 81. Con- fuzi.inische, 91. Verwertung der durch die Geomantik, 84!'., 88ff. ; in den Um- gegenden Pekings, 89 f.

Tjandi Mendut und TJandi Pawon, 49.

To-pao, das Weltgesetz, Dharma. 52 ff., 56, 60, 69 f., 73.

Tou, das Siebengestirn, 9 1 .

Triratna, 36, 82.

T/i'ang-nyan. 28.

Tse-kiang t'ung tm. 79.

Ti'eniv, (Jeschichtswerk, 27.

Ti'ing Tsu, Kaiser, 1 1 1'., 46.

Tntig-.si, Sachwalter, 85.

yC)

DE G R o o T : Die Pagoden in China.

Überreste der Toten hüben (ieist und Seele,

4, 7, 22.

Universistische Religion, 36, 83 f. Urnen für verbrannte Leichen, 6.

Vajra-thion, Vajrasana, 46 f. Vasavartin, 76. Vimalanntra, 76.

\yei-ma Klosterzevemonienrneister, 66, 690".

Wei SU, Geschichtswerk, 22.

Weltall. Religion des s, 83. Seelen des

-s, 36. Weltgegenden. Könige der vier , 12, 35,

38 f., 43. 51-

Weltgesetz, Weltordnung, Dharma, 21, 26, 29 f., 32 f., 36, 49, 56. Seine Lotusterrasse, 31 ff., 39, 49. Ursprung der Buddhas, 32 f. Seine Verbrennung und Sarira's, 58 f. S. Rad, To-pao.

Weltthüpa, 29, 51 ff., 56, 60.

Wen-ts ang, Schutzgott für Gelehrsamkeit, 91.

Wesensliebe, 72.

Wu, Kau Tsu, Kaiser der -Ltan^-Dynastie, 22 f., 26, 64.

Wünsche zur Förderung des Heils der Wesen, 64 ff., 69, 7 2 f.

Wu-t'a se, 44.

Wu th, Geschichtswerk. 23.

fierlin, gedruckt in der Reichsdnickerei,

ABHANDLUNGEN

DER PREUSSISCHEN

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

JAHRGANG 1919

PHirx)SOPHlSCIi-HIt;TORISCIlE KI.A8«E

Nu. 12 EXZERPTE. AUS PHIEONS 3HXHANHv B.VHUNDVHl

(VULGO FÜNFTES BUCH) (JRIECHISCH UNI) DEUTSCH

VON

H. DIKLS UND K. SCHRAMM

BERLIN 1920

VERLAG DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

IN KOMMISSION BEI DER VEHl-aNlGUNC WISSKNSniAlTIJCHER VEIU.EGEK WALTER DE (iRUYTER U. CO.

VOBMAI.S (;. J. liitSI llKNSl HK VKRI.AIISIIANDU Nd. J. Ul TTraTAU. VKKl.AliSlil lIlllANm.I N(i. <iKOKIi UaHUI. KAIil. J. TKÜDMiK. VKIT V, (Olli'.

Vorgelegt in der Sitzung der phil.-hist. Klasse am 23. Oktober 1919. Zum Druck eingereicht am gleichen Tage, ausgegeben am 22. Januar 1920.

VORWORT.

Unter der falschen Bezeichnung »Fünftes Buch« geht seit Thevenot's Editio princeps* eine Samndung von Exzerpten aus Philons Mhxanikh cyntaiic Buch VII riAPACKeYACTiKA (Vorbereitungen zur Städteverteidigung) und VIII TToAioPKHTiKÄ (Städteverteidigung und Städtebelagerung), die noch mehr als die Exzerpte des vierten Buches (BeAonoiiKÄ) durch die Schuld des Exzerptors und der Al)schreiber gelitten halben. Daher ist für den Bearbeiter des Textes, der eine der deutschen Übersetzung entsprechende Form des Originals zu geben beabsichtigt, noch mehr als dort eine eingreifende, ändernde und ergänzende Bearbeitung der griechischen Überlieferung nötig gewesen. Als Grundlage diente den Herausgebern auch hier der urkundliche Text von Richard Schoene, dessen Rat wir auch in diesem Buche dankbar öfter ein- holen durften. Außerdem durften wir eine handschriftliche Ausgabe, Über- setzung und Erläuterung des die Anlage von Festungswerken betreffenden Abschnittes (I p. 79 86, 21 Th.), die Hr. Ernst Faüricius im Jahre 1886 geschrieben hat (im Besitze der Bibliothek der Kgl. Museen zu Berlin), be- nutzen; sie hat uns manche wertvolle P>läuterung des schwierigen und oft schwer entstellten Textes gegeben. Auch ihm sind wir herzlichen Dank schuldig.

H. DiELS.

TECHNISCHES VORWORT.

Aus einem Lehrbuche über Vorbereitungen zum Festungskrieg und Durchführung desselben in Angriff und Verteidigung kann man ebensowenig wie aus einem Lehrbuch über Befestigungskunst ersehen, wie die Festungen eines Landes zu einer bestimmten Zeit ausgesehen haben, selbst wenn das betreffende Lehrbuch das trace (der Ausdruck »Bauart« ist nicht vollwertig

' Über die Renai.ssanceabschriften, welche den falsclien Titel riilireii, v^l. die kritisclieii Anmerkungen.

1*

4 Die LS und E. Schramm:

dafür) dieser Festungen genau beschreibt und sogar in Plänen beifügt. Denn eine Festung ist nie fertig. Teile derselben sind immer entweder im Neu- oder Umbau oder projektiert. Außerdem gelten die im Lelirbuclie dargestellten Befestigungssysteme nur für die Hauptangrifisfronten, während auf den nicht wahrscheinlichen AngrifFsfronten die Werke schwächer sind imd daher anders aussehen.

Nur um Einwänden vorzubeugen, sei erwähnt, daß, wie alle Regeln, auch diese eine Ausnahme hat: Das tracc einer Front der Festung Neu- Breisach ist in Cormontaignes ffiuvres posthumes angegeben. Da nun die Festung, die völlig in der Ebene liegt, eine spätere Kanaldurchführung ab- gerechnet, nach allen Himmelsrichtungen hin absolut gleicli ist, kann man aus dem Grundriß einer Front den der ganzen Festung ersehen.

Sammelwerke, die .Stadt- und Festungspläne bringen, wie z. IJ. Merian, sind nicht genau und zuverlässig in iliren Angaben. Die Festimgswerke sind vielfach durch Phantasie ergänzt, oder Projekte als ausgeführt dar- gestellt, die später wieder fallen gelassen oder in anderer Form aus- geführt wurden. Ist der Schriftsteller Soldat, so ist er durch das Dienst- geheimnis in seinen Veröffentlichungen eingeschränkt, ist er nicht Soldat, so weiß er auch nicht genügend Bescheid, und dann verdeckt die Phantasie den Mangel an Kenntnissen.

Philons Werk Mhxanikh cyntaiic bringt im 7. Buche TTAPACKeYACxiKÄ und im 8. Buche FToaiopkhtikA unter anderem auch Beschreibungen der im 3. Jahrhundert v. Chr. üblichen Befestigungsysteme (die zugehörigen Zeicli- nungen sind verloren) ohne Namensnennung (mit Ausnahme von Rhodos und Megalopolis) der Städte, bei denen sie angewendet waren. Dazwischen flicht er seine eigenen Vorschläge, ohne sie als solche kenntlich zu machen. Von den Beschreibungen Philons passen tatsächlich auch einige auf ein- zelne Teile der noch in Resten vorhandenen altgriechischen Städtebefesti- gungen z. B. Priene, Herakleia, den P'.uryalos in Syi'akus und die Byrsa von Karthago ; andere wieder nicht, denn die eigenen Ideen Philons scheinen wie auch seine Geschützverbesserungsvorschläge wenig Anklang gefunden zu haben, soweit wir aus den erhaltenen antiken Resten von Stadtbefesti- gungen schließen dürfen. Sie sind auch schon an ihrer ^'erschrobenheit leicht kenntlich.

Die Grundprinzipien der Befestigungskunst sind seit vorgeschichtliclien Zeiten unwandelbar dieselheu geblieben, doch ist ihre Anwendung auf die

Exzerpte aus Philans Mechanik. 5

Praxis nicht immer mit gleicher Schärfe durchgeführt. Der Hauptzweck einer jeden Festung: Sicherung des Ortsbesitzes durcli ein Minimum von Kräften, kommt nicht bei allen Festungen in gleich zielbewußter Weise zum Ausdruck.

Starke Festungen sind sehr teuer und veralten im Laufe der Jahre, weim sie nicht unausgesetzt mit den Verbesserungen der Angriffsmittel gleichen Schritt hfdten; eine Festung, die zu einer bestimmten Zeit für uneinnehmbar galt, fällt dann vielleicht wenige Jahre nach ilirer Vollendung dem Feinde, der über verbesserte Angriffsmittel verfügt, überraschend schnell in die Hände.

Bei den griechischen Festungen zu Philons Zeit sorgte jede Stadt selbst fiir ihren Mauerschutz. Die eine Stadtregierung war nun einsichtig und vorsorglich und baute ihre Mauern stark und dauerhaft, die andere war leichtsinnig, tat wenig für ihre Sicherheit und behalf sich damit, erst im Falle einer Bedrohung für die Insüuidsetzung der Umwallung zu sorgen. Zu dieser Instandsetzung gehörte, abgesehen von der WiederluTstellung schadhafter Mauerstellen, eventuell auch das Abnehmen hölzerner Dachungen auf der Angriffsfront zur Verminderung der {"euersgefahr, ferner das Aus- heben eines oder melirerer Gräben oder, falls solche schon vorhanden. Ver- tiefen derselben, Herstellung von Palisaden im gedeckten Wege in den Gräben und auf den Vorwerken, Instandsetzen oder Anlegen von Dornhecken und Verhauen, Herstellung von Gegenminen und endlich die Instandsetzung der artilleristischen und fortifikatorischen Armierung aller Art.

Manche Städte nahmen erfahrene und l)erühmte Techniker als Fostungs- baumei.ster an, andere verließen sich auf Stümper. Genial geleitete Angriffe und Verteidigungen wechseln ab mit kraftlosen Belagerungen und feigen, mutlosen Kapitulationen beim ersten Ansturm.

Wie auch in den späteren Jahrtausenden sind beim Bau von Stadt- befestigungen 2 wechselnde Strömungen erkennbar: einerseits Ausbau einer einzigen, aber möglichst stark<'n Verteidigungslinie, die mit allen Kräften und Mitteln gehalten werden soll, anderseits Ausbau mehrerer Linien hintereinander, um den Feind zu zwingen, gegen jede einzelne Linie einen erneuten Angriff durchzuführen. Als Mittelding ist die auch von Pliihm erwähnte Methode zu betrachten, ein starkes Vorwerk fvir die Masse der Artillerie herzustellen, hinter dem die Stadtmauer das Reduit bildet, von dem aus bei Verlust des Vorwerkes die Wiedereroberung desselben erfolgen .soll. Für alle 3 Methoden gilt aber der gleiche Grundsatz: Umgestaltung

6 Die LS und K. Schramm:

des vorhandenen Geländes derart, daß es dem Verteidiger möglichste Vor- teile, dem Angreifer möglichste Nachteile^ bietet.

Zu allen Zeiten waren aus diesem Grunde folgende Anforderungen an ein Festungswerk gestellt:

1. Überhöhende Stellung des Verteidigers gegenüber dem Angreifer, um ihm gute tlbersicht, Überlegenlieit seiner Waffenwirkung und Beein- trächtigung der Waffonwirkung des Angreifers zu gewährleisten.

2. Herstellung eines sturmfreien Hindernisses Aor der Verteidigungs- linie, das vom Angreifer nur im unmittelbaren Wirkungsbereich der Ver- teidigungsmittel zu überschreiten ist.

3. Herstellung eines gedeckten Weges vor diesem Hindernis, von dem aus das nächste Vorgelände gut zu übersehen ist, und das zu diesem Zweck durch Herstellung eines Glacis geebnet wird. Denn es ist bei einer Be- lagerung besonders wichtig, stets in unmittelbarer Fühlung mit dem Feind zu bleiben, um jede seiner Maßnahmen sofort zu erkennen, oder noch besser, schon vorher zu erraten.

4. Sicherung- der personellen und materiellen Verteidigungsmittel gegen die Waffenwirkung des Angreifers.

Da die Lösung dieser Aufgaben in der verschiedensten W^eise erfolgen kann, da aucli das Gelände der einzelnen Festungen ein sehr verschiedenes ist, so erklärt sich ohne weiteres, daß es nicht zwei Festungen auf der FA'de gibt oder gegeben hat, die sich auch nur annähernd gleich sind.

Das Gebiet der Befestigungskunst ist aus diesem Grunde ein so rie- sengroßes, daß sich der Nichtfachmann keinen richtigen Begriff davon machen kann.

Das Studium vorgeschichtlicher Befestigungen kann nur in der Beur- teilung der noch vorhandenen Reste bestehen. Das Studium der frühge- schichtlichen Befestigungen und der dazu nötigen Kampfmittel wird zwar erleichtert durch die vorhandenen Berichte der Kriegsschriflsteller, aber gleichzeitig durch dieselben Berichte auch erschwert, denn die Angaben der Kriegsschriftsteller lassen in bezug auf Glaubwürdigkeit oft und viel zu wünschen übrig, imd da einer von dem anderen meist kritiklos abge- schrieben hat, so haben sich die gleichen falschen Angaben durch Jahr- tausende erhalten.

Ein Beispiel Avird besser überzeugen als lange Auseinandersetzungen: Auf Bild I sind die Türme des Diades vor Tyros und die Helepole des

Exzerpte aus Pldlons Mechanik.

I) I E L s und E. Schramm

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Bild I ii.

Epimachos sowie der Widder des Hegetor vor Rhodos dargestellt; alle in dem gleichen Maßstah i : looo. Bei der Belagerung von Tyros sind gegen die nach Arrian W. 3 1 2, 13 150 Fuß (44.4 m) über dem Meere gelegene Stadtmauer zwei Belagerungstürme, von Diades und Charias konstruiert, vorgeschoben worden. ¥.s muß die größere, zwanzigstöckige Art gewesen sein, wie sie uns der Anonymus beschreibt, falls die angegebene Stadtmauer- höhe auf Wahrheit beruht. Das läßt sich nicht mehr nachprüfen, da die Insel durch vulkanische Einflüsse verändert ist. Mit Staunen und Hochachtung muß es uns erfüllen, wenn wir diese Leistung bedenken, denn so unwahrscheinlich es klingt, es muß in diesem Falle doch zugegeben werden, daß es der antiken Technik tatsächlich gelungen ist, diese Riesentürme nicht nur in Höhe ^ on 53.2 m zu bauen, sondern sie auch auf einem frisch im Meere geschütteten Damm auf Rädern l»is an die Stadtmauer vorzuschieben. In dieser Stellung mußten sie gegen den Winddruck durch festverankerte Taue gehalten werden, damit sie nicht umfielen. Die relative Höhe kann nicht übertrieben sein, da sie die Stadtmauer ja überhöhen mußten. Die Geschützausrüstung, die selbst- verständlich nur in den obersten Stockwerken Zweck hatte, kann aber

Exzerpte ans P/iilons Mechanik. U

nur eine leiclite gewesen sein. Während in diesem ersten Beispiele die An- gaben der Kriegsscliriftsteller in der Hauptsaclie auf Wahrheit beruhen können, sind dagegen die Angaben über die Helepolis des Epimachos, die vor Rhodos zur Anwendung kam, offenbar übertrieben. Die Befestigung von Rliodos ist auf Hihi i in einer Stärke und Höhenprofilierung dar- gestellt, wie sie nur im allergünstigsten Falle gewesen sein könnte. Warum also die riesenliaften Dimensionen der Helepolis gegenüber der niedrigen Stadtmauer, die ja nur wenig überh()ht xu werden brauchte? Schwere (beschütze bei ebenem Gelände in einen Wandelturin zu stellen, hat docli auch seine Beilenken. Gewiß war es von Vorteil, daß die schweren Palin- tona horizontal abgeschossen werden konnten. Sie hatten dadurch eine viel größere horizontale Durchschlagskraft uiul konnten die Wehren leichter abkämmen. Anderseits belasteten die schweren Geschütze die Helepolis übermäßig und machten sie schwer beweglich. Die Bedienung der Geschütze in dem engen Turmraum war schwieriger als auf einer Bettung auf ge- waclisenem Boden, die Munitionsversorgung im letzteren Falle erheblich leichter. Die Geschützverteidigung der Festung richtete sich konzentrisch gegen die Helepolis, wälirend letztere ihre Wirkung exzentrisch verteilen mußte, falls sie nicht durch Artillerie außerhalb der Melepolen unterstützt wurde. Die gesamte Angriff'sartillerie in Batterietürme stellen zu wollen, vor allem nur in einem einzigen, wäre ein Mißgriff" gewesen. Von großem Vorteil war aber eine Helepolis einmal zum Leiten des Einschießens der Angriff'sgeschütze, dann aber auch zum Aufstellen leichter Ge.'jchütze von großer Treffähigkeit zum direkten Schuß. Durch keine der Anforderungen, die zu diesen beiden Zwecken an die Helepole gestellt werden müssen, sind aber so riesige Abmessungen erforderlich, und es ist deshalb anzu- nehmen, daß dieselben stark übertrieben sind.

Athenaios sagt W. 27, 7 von der Helepolis des Epimachos: Eine Stein- kugel von 3 Talenten (78 kg) kann ihr nichts anhaben. .leder Leser nimmt als selbstverständlich an, daß die Khodier mit dreitalentigen Geschützen dagegen geschossen hätten. Philon belehrt uns aber 91, 27, daß die Stein- kugeln aus Rinnen abgeworfen wurden. Diese Angabe ist geeignet, unser Staunen über die Wi<lerstandsfahigkeit der Helepolis herabzudrücken.

Außer der Helepf)lis sind g<'gen die Mauer von Rliodos zwei Widder zur Anwendung gekommen. Dieselben sind vcm Hegetor von Byzanz kon- struiert, und .sollen jeder eine Länge von 120 Ellen (53.2 m) gehabt haben. PhU.-hist. Ahl.. J!H!). Nr. 12. 2

] 0 D I E r. s und K. Schramm:

Jeder dieser Riesenwidder trug ;iii der Spitze eine Art Fallbrücke oder Stiege (Anon. 230, II Wesclier) oder aber einen lunarm zum Werfen von Netzen (Anon. 252,17 W.). Warum diese Riesendimensionen des Widders gegenüber einer Stadtbefestigung, die zwar damals als besonders stark galt, die aber gegenüber diesen ungelieurpn Angriffsmitteln kläglich erscheint? Gewiß, man kann zu einem Angriff niemals zu stark sein, aber solche übertriebene Kraftvergeudung ist durchaus unlogiscli und deshalb auch unwahrschein- lich, denn nach dem Größenverhältnis der Widder gegenüber den Tüi-men oder Mauern der Stadt müßte man annehmen, daß ein einziger Widder- stoß genügte, dieselben zu durchbrechen. Also liegen jedenfalls auch Mer übertriebene Größenangaben vor.

Da nun der der Anonymus 232, i W., noch erzählt, der Widder habe einen Wirkungsbereich nach Höhe und Breite von 70 Ellen (3 1 m) geliabt, d. i. 3 ■/2mal so hoch als eine normale Stadtmauerhöhe von 20 Ellen, wie sie uns Philon angibt (80, 25), so wird es zur Gewißheit, daß auch die vor- hergehenden Angaben entsprechend zu bewerten sind.

AVenn er endlich 269, 7 W. schreibt, er sei stolz auf seine Erfindung des nieHKiON (Gegengewicht im Cardani'schen Ring), während er es doch von Athenaios 32,11 W. abgeschrieben hat, dieser aber 7, 6 W. sagt: »er wolle ausführen, was er bei Agesistratos gelesen hat«, so wirft das ein charak- teristisches Licht auf den Werdegang der Schriften griechischer Polior- ketiker. Der Wert der Philon"schen Bücher, die uns ganz besonders zur Erläuterung und Ergänzung anderer Schriftsteller dienen, wird aber da- durch nicht herabgedrückt.

Die gleichen übertriebenen Angaben wie bei den Belagerungsmaschinen finden wir auch bei den Geschützen. Wiederum Athenaios sclireibt 8, 6 W. »daß er nicht leicht Glauben finden wird, wenn er berichtet, daß der Mechaniker Agesistratos nach seinen eigenen Angaben mit einer dreispi- thamigen Katapalte (66.5 cm Pfeillänge) auf 3' , Stadien (574 m) geschossen habe und mit einem vierelligen Palintonos (1.77 ni Geschoßlänge) auf 4 Stadien (656 m).« Nein, er findet wirklich keinen Glauben. Es macht schon einen luiglaubwürdigen Eindruck, daß ein Palintonon weiter ge- schossen haben soll als ein Eutliytonon, denn das ist ungefähr so, als wenn heutzutage berichtet werden würde: die Mörser schießen weiter als die Flachbahngeschütze. Ferner: In der Diadochenzeit hatten die Leistungen der Torsionsgeschütze das höchste Maß erreicht. Wenn also bei der Be-

Exzerpte aus Philo/is Mechanik. 1 1

lagerimg von Rhodos 305/4 Schußweiten von 656 ni zu erreichen gewesen wären, hätte Demetrios von seiner ersten Artilhriestelhmg aus den Innen- hafen von Rliodos beschießen und die Kampfkraft der rhodisclien Flotte lahmlegen können. Das war sein vornehmstes Ziel, und er hätte es sicher auf diese Weise zu erreichen versucht, wenn es m<")glich gewesen wäre. Nachfolgende Philonstellen sind deshalb ganz besonders wichtig für die Beurteilung der Angaben des Athenaios:

84, 5 I . »Damit nicht eintalentige Steinwerfer aufgestellt werden können, wenn die Feinde den vordersten Graben genommen haben.

85, 4. Wenn die Gräben so groß und so beschaften ausgehoben sind (s. Bild 171, können sie nicht schnell zugeschüttet Averden; der eintalentige Steinwerfer, der am weitesten schießt, kann entweder nicht die Mauer er- reichen, oder die auftreftenden Schüsse werden kraftlos abprallen.

85, 43. Damit nicht etwa die Feinde auf dem Rande des Grabens ihre Steinwerfer aufstellen und ihn als Bollwerk benutzen können.

96, 10. Diese Geschütze (dreißigminige Steinwerfer) sind in bezug auf die Durchschlagskraft die stärksten.«

Die letzte Stelle beweist indirekt, daß die eintalentigen Steinwerfer nicht mit der Endgeschwindigkeit, sondern mit dem Geschoßgewicht wirken sollten, d. h., daß diese Geschütze fast an der Grenze ihres Wirkungslie- reiches aufgestellt wurden. Die erste und dritte Stelle beweisen, daß diese Cieschütze in dem genommenen vordersten Graben oder im Notfalle wenig- stens am Rande desselben aufgestellt werden mußten, um überhaupt noch wirken zu können. Die zweite Stelle endlich besagt, daß der eintalentige Steinwerfer, obgleich er am weitesten von allen Steinwerfern schießt, doch im genommenen vordersten Graben stehen mußte, falls seine Schüsse noch genügende Wirkung haben sollten.

Sind diese vier Stellen glaubhaft? Ja, ganz sicher. Philon, selbst GeschOtzkonstrukteur, hat kein Interesse daran, die Leistungsfähigkeit der Geschütze geringer anzugeben, als sie tatsächlich ist. Dann alier gibt er 84, 43 ff. Vorschriften, wie breit die Gräben anzulegen sind, damit die leistungsfähigsten feindlichen Geschütze der Mauer keinen Schaden zufiigcn können, falls sie am vordersten Grabenrande aufgestellt werden.

Wie groß die Entfernung ist, in welcher die am Grabenrande stehenden (JeschOtze von der Mauer entfernt sind, ergibt sich aus den Angaben Philons über die einzelnen (Jrabenbauten (s. Bild 17). Ein Beweis dafür, daß

2*

12

D I E L s und E. Schräm m :

diese Ang-aben niclit einfach aus der Luft gegriffen sind, ist der, daß der Kubikinhalt der Ausschaclitungen mit dem der Scliüttungen übereinstimmt. Zählt man mm die von Philon angegebenen Breiten der Gräben und Vorwerke zusammen, so ergibt sich ein Gesamtabstand des gedeckten Weges von der Mauer von 535'. Ein olympisclies Stadion liat 600', ein attisches 500'. Daraus erhellt: die Geschütze durften noch niclit einmal ein olympisches oder i'/s attisches Stadion abstehen, d.i. nach unserer Rechnung 157 m.

Bild I b.

Die stärkste griechische Befestigung, die uns aus dieser Zeit bekannt und erhalten ist, ist der Euryalos. Nacli Mauceris Plan beträgt der Abstand des äußeren Grabenrandes von der Frontmauer der Hauptbatterie 160 m, übereinstimmend mit Philons Angabe.

Die talentigen Palintona dürfen wir uns wohl vorwiegend mit 30*^ Erhöhungswinkel aufgestellt denken. Die Vergrößerung der Schußweite bei 45° ist zu gering, als daß sie den Bau eines um i m höheren Ge- schützes rechtfertigen könnte, das schwieriger zu bedienen, vor allem aber auch schwerer zu decken ist. Auf Bild 1 b ist ein solches Geschütz in einem Turmgewölbe dargestellt; beim Angriff müssen wir uns eine hölzerne

Exzerpte aus Philons Mechanik. 1 3

Deckung davor denken. Die verliältnisuiäßig große Scharte wurde wohl in beiden Fällen durch einen Schartenladen geschlossen, wie ihn Philon 8i, 30 beschreibt.

Philon gibt in der Kalibertabelle 51, 43 auch die Spannlochdurch- messer für 2 ' 2- und 3 talentige Steinwerfer an. Ks ist nicht mit Sicher- heit festzustellen, ob diese Geschütze tatsäclilich zur Anwendung gelangt sind. Riesengeschütze hat es zu allen Zeiten mir vereinzelt gegeben. Ihre Leistungen haben nie die gehegten Erwartungen erfüllt.

Eine direkte Angabe über die Schußweite eines Pfeilgeschützes macht Philon nur in einem Falle: er sagt in seiner BGAonoiiKÄ 76, 30 von dem Mehrlader: »Höchstens schoß er al)er etwas über i Stadion.« Es ist des- halb nur indirekt möglich auf die .Schußweiten, namentlich der größeren Pfeilgeschütze, zu .schließen. Dabei ist nun zu überlegen : So überraschend groß die Treffsicherheit der Pfeilgeschütze auf nahe Entfernungen ist, nimmt sie docli auf größere Entfernungen, vor allem seitlich zur Windrichtung, in einer Weise ab, daß das Schießen zur Munitionsverschwendung wird; auch die Durchschlagskraft der Pfeile nimmt infolge der Befiederung schnell ab, so daß auch in dieser Beziehung das Schießen wirkung.slos wird. Deshalb dürfen wir wohl annehmen, daß über i Stadion nur ausnahmsweise geschossen wurde, wenn es sich mehr um Beunruhigung als um Wirkung handelte; daß aber in diesem Falle, mit Erhöhungswinkeln bis 45°, Ent- fernungen von 2" 2 bis 3 Stadien erreicht werden konnten, vor allem, wenn man leichtere als zum Kaliber gehörige Pfeile verwendete.

Eine direkte Angabe über Schußwirkimg macht also Philon niclit. Wir wissen nun, daß die Pfeilgeschütze wohl ausschließlich gegen lebende Ziele verwendet wurden, sie also auf jede erreichbare Entfernung einen Menschen atißer Gefeclit .setzen sollten; die Steinwerfer kamen vorwiegend gegen tote Ziele zur Anwendung, das sind vor allem Deckungen in jeder Form und Art. Das einzige Beispiel, daß eine Mauer selbst, nicht bloß die steinerne Wehr derselben, in Bresche gelegt worden. sei, gibt wiederum die Belagerung von Rhodos. Die Mauer war nicht gegen den förmlichen Angriff gebaut, den die Rhodier keinesfalls von dieser Seite her erwarteten. Was sonst noch für günstige Umstände für den Angriff, ungünstige für die Verteidigung vorlagen, läßt sich nicht mehr nachprüfen. Kurz, dieser Fall steht völlig vereinzelt da.

Durch eingehende Erwägimg aller sich gegenseitig widersprechenden Angaben über Fe.stungs- und Gesclu'itzbau kommen wir zu dem Schluß,

14 DiKLS und E. Schramm:

(laß Avir ohne an unserer Hochaclitung vor den Leistungen der antiken Technik zu verlieren, doch verschiedene Angaben, welche die Maße von Bauwerken und Maschinen sowie die Wirkung und Schußweiten von Ge- schützen betreffen, einschränken müssen. In diesem Sinne sind auch die Angaben Philons zu beurteilen. Dann wird klar, wie Philon, ohne selbst tieferes Verständnis für Befestigungskunst zu liaben, seine persön- lichen und seine schriftlicli oder mündlich erhaltenen Erfahrungen zusammen- getragen hat, und wo er sie durch eigene Vorschläge ergänzt. Die Über- treibungen, namentlich auch durch die so Iiäufig angewendeten Superlative, werden sich dann auf das richtige Maß einschränken lassen.

Hat man sich auf diese Weise in Philon »eingelesen«, wii-d man immer klarer erkennen, wie viele seiner Angaben in staunenswerter Weise auf einzelne noch vorhandene Keste griechischer Befestigungen damaliger Zeit passen, welche Abweicliungen durch das Gelände oder aus anderen Gründen be- dingt oder erklärlich sind, und warum seine eigenen Vorschläge nicht zur Anwendung gelangen konnten.

In Summa bekommt man ziemlich klare Angaben älier die Anlage fester Plätze, ihre Ausrüstung mit Lebensmitteln und Heeresgerät sowie über Angriff und Verteidigung dersellien zu Wasser und zu Lande. So- dann erhält man ein Bild von der Geheimschrift und endlich auch von der Telegraphie, besonders, wenn man die nötigen Ergänzimgen in Diels »antiker Technik« nachliest.

E. .Schramm.

EK TON THZ ctilAQNOZ MHXANIKHZ

ZYNTAZEQZ

BIBAIQN Z KAI H

EXZERPTE AUS PHILONS MECHANIK

RYII nAPAZKEYAZTIKA UND B.VIII nOAlOPKHTIKA

VULGO BUCH V.

1 (} Di i; l s uikI E. S c h k a m m

ZEICHENERKLÄRUNG.

P ~; Parisinus gr. 2442 Pr = Par. gr. jüngere Ild. V := Vaticanu.s gr. 1164 R =z jüngere Hss. Br ;= August Pirinkmann Bue = Franz Buechelei'

Ca = Isaac Casaubon

Die = Hermann Diels

Fa = Ernst Fabricius

Gra = Charles Graux und A. de Roctos dWiglun Philon de Bysance ((Envres de Ch. Graux II 153—227) - Ha = Friedrieh Ilaase handschr. Nachlaß im Besitze von R. Schoene Ko = A. de Hochas d'Aiglun Extr. d. mein, de la societe d'emulation du Doubs IV ser., VI 1870— 187 1 S = Philonis iiiech. syntaxis libri iv et v rec. R. Schoene. Berlin 1893 Th :=:: Vet. matliem. opp. ed. Thevenot Paris 1693 p. 79—104; Th mg Randbemerkungen Thevenots, Th 1 seine lat. Übersetzung

Va =: Johannes Vahlen

[ ] ~ Tilgung des handschrift'l. Überlieferten <( ) Ergänzung des in den Hss. Fehlenden

Exzerpte aus P/iilons Mechanik VII. VI IT (I I 3; p. 7i)).

17

EXZERPTE AUS PHILONS MECHANIK B.VII UND VIII.

I.

lAUN 'Apictconi XAipeiN. _.

Anfang fehlt. (1) TTpöton msn AeT 79

TOYC ofKOAOMOYNTAC HYPrOYC OPYIANTAC ME- XPI neTPAC fl YAATOC H TINOC ^AĻOYC Xc*AAOYC

roYTON XnocTepewcANTAC tön TönoN uc «aaicta

TiGe-

NAI TOYC. eeMEAlOYC 6n rYYü), INA «H ^NAON 5

TöiN eE«e-

AJUN Oi ToIxOI PHrNYUNTAI MHa' YMOPYTTHTAI

TeixH (2) AeYTepoN a^ toyc nYproYC oikoadmeTn

KATA TOYC APMÖTTONTAC TÖnOYC, TOYC MeN [Xnt'i TUN CTPOP-

rYACON]

^lueeN ncpi«epelc. j^naon a' 4xontac ^ni*ANeiAN

oVa TENOIt'ÄN KYaInAPOY TMHeeNTOC KATA THN BÄCIN 10 AIXA- (3) TO'V'C felAfUNCYC KaI neNTAfWNOYC

ka'i TETPA-

rÜNOYC KATACKCYÄZONTAC ^KTieeNTAC KATA MIAN TU-

NJAN, TnA XaAHAOIC AmYNUCIN CK TUN HAAriuN

I.

Pliilou grüßt den Ariston.

(1) Krstens niüsseii die, welche I?e- festigungen ' bauen wollen, nachdem sie bis auf den Fels oder das Grund- wasser' oder auf irgendeinen festen Hoden gegraben haben und den Platz möglichst festgemacht haben, die (ii-und- rnauern in Gips' legen, damit die Wände nicht innerh.nlb der Fundamente durch- brochen oder die Mauern untergraben werden können. (2) Zweiv^ns aber muß man die Türme an den dazu geeigneten Stellen bauen, und zwar die einen nach außen abgerundet, nach innen aber mit einer Fläche, wie wenn ein Zylinder zweiteilig zu seiner Basis* geschnitten wird. (3) Die sechseckigen, fünfeckigen und viereckigen aber müssen so ange- legt werden, daß sie Einen Winkel nach außen gerichtet haben, zur gegenseitigen Unterstützung aus den Schriigseiten ',

Titel fehlt VP, ebenso Subskription am Ende. <t>iA(üNOC AÖroc n^wnTOC Par. 2437. Er wie Par. 2435 haben die Subskription: t^aoc toy Apictunoc (1) newnTOY aöfoy.

79, I apictun V 2 »nYProYC aut del. auf. in TeixH mutanduni" S: to^'C oik. n.

tilgte Br 3 Ac*aaoyc Gra: Ac^aaüc PV 8 [Anti tön CTPOfTY'AUN] .'^, vgl. p. 99,50;

100,50 und 99.24 (PV) 12 ^KTieeNTA PV: corr. Gra

' riYProc muß hier mit » I$efestigung" übersetzt werden, da das über das Gi'aben des Grundes Ge.sagte für alle Befestigungen gilt. Wäre nur -Turm« gemeint, würde nicht TeFxoc (Z. 6) und ToTxoc (Z. 7) getrennt angegeben sein.

' Vermutlich soll die Anlage von nassen Gräben damit angedeutet werden.

^ rYYOc kann nach Theophrast de lapid. ^5 66 auch Kalk bedeuten.

' Mit BACic wird auch die Rückwand des Tumies bezeichnet, z. B. 80, 4. Bild 3. Dikls vermutet katä (ctaomhn npöc) thn bacin.

' Die dazu bestimmten Geschütze stehen in den Türmen. Überall wo die Tüi'me dein

Widder- und dem Geselu'itzangrif!' ausgesetzt sind, soll eine Turmecke nach außen zeigen.

Das macht den 'I'urm widerstandsfähiger und ermöglicht gleichzeitig .Schrägfeuer. In einem

giot^en Tui-m von 24 Ellen (11 m) äußerer Seitenlänge lassen sich beispielsweise aufstellen:

Ihil.-hint. Abh. 19-1!). Nr. 12. .'J

D 1 E L s und K. S C H R A M M :

n.

Mild 2.

Ai»>l6MeNWN TÖN BGAÄN eiC TA nPOCArÖMENA MH- XANHMATA KaI VnA MHe' YnÖ TUN KPIUN MHe' YHÖ TÖN nSTPOBÖAUN TYnTÖMENOI «HABN nÄCXUCIN'

(4) AI «eN

PAP rlNÖMENAI KATA TAC nAeVPAC KATA*OPAI TUN nAHTÄN ICXYPAI, AI AS nSPi THN ^KKSIMeNHN rWNlAN

nepiKAciweNAi nANTGAuc AceeNeic econtai.

(5) APMÖcei Ae ncüc, toyc nepi<t>epeTc ka'i toVc

TeTPA-

rÄNOYCwcnep nynoikoaomoyntai TieeceAi- (6) toyc

AS KATA TOYC HY- AEÖNAC eiArCüNOYC AE? CYNTSAeTN, Yn' aY Te TCO- NIAI HTTON ePAYtONTAI KAI MH OAPAninTONTA TA BEAH KAI CYM*ePÖMeNA AHANTA OPÖC TAC CSÖAOYC CYN- TPIBH TAC nYAAC KAI AYCCKnOPSYTOYC KATACKCYÄZH,

TAC TS eniTAceic tun seAUN exHC OANTAXÖeeN.

(7) SAN AC nAINeiNOYC OIKOAOMHC. T6TPArciN0YC ACI nOICIN KAI

nPOEKTieeNAI MIKPON KAT' ÖICIAN TCüNIAN, KA- TA KYKAOY TMHMA CYNÄnTONTAC TOIC MCCOHYP-

79 wenn sie gegen die ani-ütkeuden .Ma- schinen Geschosse senden, ntid daniit sie nicht durch die Widder und durch 'l'i-efler der Stein weifer Schaden leiden. (4) Die Wiii-fe nämlich, die auf die Sei- ten treffen, werden stai'k, die um den ausspringenden Winkel herum einschla- gen. \verd(Mi vollständif; kraftlos sein.

2" (5) Es wird so ziemlich angängii; sein, die runden und die viereckigen so zu machen, wie sie jetzt gebaut wer- den, (6) die hei den Haupttoren aljer muß man sechseckig machen '. damit ihre Ecken weniger leicht zeretöi-t und die Toi'e nicht durch das Anschlagen und das Zusammenwirken aller gegen die Ausgänge gerichteten Geschosse zer- triinunert werden, damit ferner das .\us- fallen nidit erschwert werde und dann't man /ugleicli von allen Seiten die Ge- schosse richten könne. (7) Wenn man

"^ mit Ziegeln baut, .sollen sie viereckig und an einem spitzen Winkel (der Mauer) ein wenig voi-stehend gemacht werden. Mittels dei- Kurtinen verbindet man sie

79. 20 TOYC (j*,kH AAAOYC nYproYC. ncpi*. KAI [toycj t. Fa 2 1 Lücke nach Ti'eeceAi Gra: vor T. S 22 esAr. (h neNTArÜNOYc) Br vgl. p. 79,11 23 nepininTONTA V 25 ka- TACKCYÄzei PV 26 eniTÄcceic P: cniCTACeic Gra exH PV: corr-. (ira nANTAx6ce S

80, I oiKOAOMeic PV: corr. Th nach oikoaoa'hc Eiicke Gra 2 nach ruNJAN Lücke Gfa

3 CYNAHTO-i-CAC PV: corr. S

Im Hauptgeschi)!.! i eintalentiger Steinwerfer und i bis 2 leichte Pfeilgeschütze, oder 2 zehn- minige Steinweifer und 2 leichte Pfeilgeschiit/.e. Im 01>ergeschoß 2 bis 6 Pfeilgeschülze. Bild 2, 4, 12, 15 und 26.

' Ein Winkel von 120 Grad ist weniger leicht zu zerstöreii als ein solcher von 90 (inid; dei- I iirnigriindriß ist aber ohne EiiilUiß auf das Zusanniienwirken der Geschosse.

1 «

Exzerpte mts P/ähns Mechniük VIJ. VIII (I -'l !): p. 7f).S0).

1!)

V-\Än.tc<L«.^ jiiA/Hxe. -ft/v«. ■^■xiittC'Vi, 'Wt-viÄeÄv «)M.3Tt<i4xM.

IjZOOO- lül.1 X.

noic, (ijCTe AnAPTizeiN aytun thn bäcin tu n^PATi TÖN «eTAnvpriwN. (8) ina a^ «h aambanu-

CIN KATÄKPOYCIN MHa' HNTINAOYN iK nAHtHC MHa" HCTINOCOYN, ^N «OaIbW KAI ClAHPlp KA)

rv-Yu TÖN ^cxÄTUN AJeuN np6c Xaahaoyc ae-

eeNTüjN. '. . .> npöc toyc neTPOBÖAOYc

nAPA»6P0YC riNOMeNOYC MH AYNACeAl TÄC ^nÄAI€IC Ano- KÖnTCIN.

(9) tA Ae METAnYPriA öniKAMnioYC ^xon-

TA EK TÖN ITAAriUN TOixOYC, Ol AuÖ M^CUN TÖN HYPrCON Xxe^NTeC WSN HAATOC ^X^TUCAN AJ- nHXY. INA MH Ol ^KnOPeYÖMeNOI TITPtüCKCüNTAI «HAE KATA tXc AIÖAOYC BGAH «ePÖMENA TÄC nYAlAAC ^KKÖntH.

80 nach Art eines Kreisabschnittes, so dalS iiire Basis zum Knde der Kurtinen ' ge- 5 nau paßt. (8) Damit sie aber nicht durdi Stol.i zerstört werden weder inner- lich ndcii änßerhoh. \^sollen sie dadurch gesichert werden, daß die äußersten Steine in Blei. Kisen und (ups mitein- ander verbun(^n werden, damit die Ge-

■" Schosse der Steinwerfer al)gieitend die Wehren' nicht ahlvämmcn i<önnen.

(9) Hie Kui'tinen nhev sollen haivcn- förmise' Wände von den Seitenmauern aus bekommen (Bild 4). die von der Mitte der Türme aus geführt werden : sie sollen 2 Kllen (0.8872) Breite haben, damit die Ausfallenden nicht verletzt werden und die bei den Durchgängen einschla- genden Geschosse die Türen nicht aus den Angeln werfen können.

80. 4 TÖ) nEPATi] n^PAC Th 7 ciahpo) h rYTo Fa 8 01 ecxatoi tun AieuN S:

Ol fecxATOi Aieoi Gra 8.9 ae e£NT(ON V: aeo^ptun P 9 ', )Gra: (Xc*AAeiAN ^xetmcan)

Di: CYN(T6A6ice<i)CAN AE TA m^n' Br II ^niKAMnJAC PV: corr. S 12 tdixun PV:

corr. S nach ToixuN Lücke Ora 14 nach aIhhxy Lücke Gra: ae yyoc TETPÄ^HXY■^

1 erm. Die

TiTPuCKÖMENOi ^KnoPE't'ONTAl PV : ciuT. Gra

' katA ky-kagy tmihma ist nur ein Vorschlag von Philon. Vgl. auch 82. 46. Bild 3 und 9. Iiri Widerspruch zu 79, 12 zeigt eine Fläche, nicht ein Winkel des Tui-mes nach außen.

* Wehr bedeutet die gesamte Schutzanlage für die auf dem Wehrgang Befindlichen, nicht nur die Brustwehr. Sic war unter Umständen nur aus Holz, meist aber gemauert lind auch überdacht.

Das iniKAMniON erreichte wohl nur in selteneren Fällen (z. B. lleiakleia, Tor 9 [Ki'i- schen)) die ganze Mauerhöhe. Wenn es nur eine wenig größere Höhe hatte als die zu deckende Pforte, war die flankierende Wirkung des anstoßenden Tunnes nifht beeinträchtigt. Bild 4. 4a. 4 h.

3*

20

D I E 1. s und E. S C H R A M M :

^3^

^^

tlTlnA-MTf* IAA, ^oj^fvy. JtAJU/n. ^A/vUn. y^^AfJCivx^ 1-Z-OÖO

-): 500

^^?I=s=i-

Q a B D

'S

Q

Ifc

PI

■M

1 = 500

Bild 4.

D D

^

(10) Anexeiio ae reixoc Anö

TCCN OIKIÜN eiHKONTA nHXcIC. YnA PAAICCC H HAPA-

♦epeiN TOYc AieoYC ka'i nÄpoAON exHC toic bohgoy-

CIN ka'i TAtPeiAN eNAOeSN IKANHN, ^AN Tl AEH.

(11) TA

Ae nAÄTH noiHTeoN tun TO'XWN (JYK eaatton h

AEKA nHXCON, TIOeNTAC KAI TOYC AieOYC OPeiOYC EN PYTü), «ÄAICTA A\6N ÄK KPATAIOY AlGOY TA enlKAIPÖTATA TUN MeTAnYPrioJN CYNTGAOYNTAC, 61

80 (10) Ks soll aber die Mauer von den

Wohngebäuden 60 Eilen (26.6) absieben

17 (s. Bild 27), damit das Heranfchaffen der Steine leicht vonstatten gehe und man einen Zugang habe für die Ililfstruppen und innenseits einen genügenden Gi'alien ausheben kann, wenn es i:ötig sein sollte. (11) Nach der Breite soll man die Mauer nicht weniger als 10 lilien (4.436) machen und die Steine vorn behauen in Gips versetzen, indem man vor allem die gefährdetsten Teile der Kurtinen »us widerstandsfilhigem Stein ausführt, wo

80. 17 oiKeiuN PV: eorr. Gra 18 AieoBÖAOYC Gra e'xiHC Gra: eXH PV 19 feN-

AoeeN S (vgl. 93, 25): eNseN PV: ^cweeN Ha Lueubr. Thuc. p. 51 : fe'NAON Gra 20 TeixÜN V;

vgl. 81,8.44. 82.52

Exzn-pte aus P/älo/is Mechanik VII. VIII (I 10~li^ ; p.80).

•21

Ae KH, öieTc WC Mkicta pAp neiceiAi Ynö tön

AieOBÖAUN. (12) MH ^AACCU t^k TU YY€I OIKOAOWei-

ceu fl eikocinHXH, ina ai npöc aytA kaimakcc npocAröweNAi wh ^iiknöntai [toTc Teixe- cin].

(13) ^«BAHT^ON Ae ^CTIN eic TA TGIXH KAI TOYC n-t-prOYC JYAA APYlNA AIA TEAOYC CYNEXH AIA TCTTAPUN nHXCÖN, INA YOÖ TCON AISOBÖAUN iku KATA Tl nON^CH, PAAICCC ^niCK£YÄ2a)«eN AYTA.

(14) noierTAi ae m^n KATACTerA kaI ^nÄAieic exoN-

TA.- OIA Xu CYMO^PH.

(15) tinA a^ tSn weTAnYPriuN CYNTeAcTrAi ^n toTc apmözoyci TÖnoic önÄA-

leiC MAN €X0NTA, nAPÖAOYC AE OY, Aaa' XnÖ

TUN ^n(i)koaomhm€n<i)n ikpi'un toTc Toixoic ^niBo-

AÄC I-f-AOlC KAI CANICIN i'xONTA, YnA KATA TAC Tl-

NOM^NAC noAioPKiAC aawbAnojntai <(ka'i) ötan aeh e-

80 (las nicijt möglich ist, aus spitzigen ', deQn sie werden am wenigsten unter den

25 Steinwerfern (Schaden) leiden. (12) Die Höhe soll man niclit geringer als 20 Ellen (8.8/2) bauen, damit die an die Mauern angelegten Leitern nicht ausreichen.

(13) Einzulegen sind ferner in die Mauei-n und Türme eichene Hölzer^ im Abstand von 4 Ellen (1.75) in fort-

30 laufender Reihe bis ans Ende, damit, wenn etwas durch die Steinwerfer Scha- den gelitten hat, wir sie leicht ausbessern können. (14) Es sollen aber einige über- dacht und mit Wehren versehen werden, wie es zweckmäßig .scheint.

(15) Einige der Kurtinen sollen an den passenden Stellen so hergestellt wei'- den, daß sie zwar Wehren (s. Bild 5) er- halten, aber keine Wehrgänge, dagegen sollen sie von den in die Wände einge- bauten Gerü.stbalken ans Auflager aus Holz und Brettern haben damit sie bei vor- kommenden Belagerungen benutzt wer- den können, und, wenn es nötig ist, Ron- dengänge auszuführen, oder sich dort der

D I 0 I D

1: 500.

80, 24 neiCHTAi I'\' 26 eiKOCi nHxeciN PV: corr.Gia aytA Cum : ayto I'V 27 [loic

TeixeciNJ Ura 28 nach TeixeciN Lücke 2 oder 3 Buchst. I'V 31 ^niCKeYAzo/>'>6N I'\'

32 nacli A^ {"tun mctao. aus 33 tij-a ;^^ oy An (ira Fortif. de Carlli. p. 196 35 aaa"

£n (iia 36 ^NaiKOAC/^HKCNUN (ira: OIKOAOWHM^NUN PV : AnÖ riPOCUKOA. S IKPiuN iNIi:

KPi&N I'V; vgL IG U 167,72 36. 37 ^nei boaai P: ^ni boaai V^: corr. Gra 38 aambA-

NUNTAi] ÄniBAAÖNTAC odcr ^wbaaöntac veiTii. Br: Anabai'nontac Bue (i^aI) Die

' n. i. Bossenquadern mit Handschlag bzu. in Lager- und Stoßfugen behauen, jeden- falls aber die Fugen gut schließend, gegen Bohrer, Widder und Geschosse.

- Eine .Maßnahme, die auch im Mittelalter bis zur Einfühi-ung der Fcnerge.schüt/e durchgelülirt wurdi-.

22

D I K I. S Uiul E. S C II R A M >I :

«OAeV-eiN H AlAKINAYNeVeiN en' A-t-TUN MHAeN HMAC 80

KUA-f-H. KAI nÄAIN A*eAOYCI TA lYAA b'jAN AP-

MÖTTH, BPAXeiA TIC ♦YAAKI^ KATAAeinHTAI ' (16) KY- Pie-fCANTEC PAP AYTÖN Ol HOA^AMOI fl HAAIN ÄniACIN. OY AYNÄMeNOI SIC THN nÖAIN OAPeMneCeTN, H BPA- XYN TINA XPÖNON EHÄN «SINCOCIN, YnÖ TÖN BeAÖN TYnTÖMENOI ÄnOAOYNTAI. (17) TINA AE KASAneP 45

in "Pö-

AU eiC YAAIAAC CYPKAeiÖMeNA (. . .) HAATH Te SXOY-

CIN AI nAPOAOI enTAnHXH KAI KÄTUeeN <t>YAAKTH-

PIA enTAKAINA, (ilN Ol TO?XOI Ol WEN ÖPGoi 6C0N- '

TAI AEKAniHXelC TU TS MHKGI KAI OÄXei (18)0IAe nAÄnOI MHKOC M^N eXOYClN ICON Tofc ÖPeofc, 5"

nAATOc Ae TpinHXY. (19) OYTw A^ kaI oiko-

AOMHeeNTüJN fO ÖT Te ANÄACOMA GAATTON eCTAI. Ka! Ol M€N ASKAnH- 81 )feiC YnÖ TUN AieOBÖAUN OYOEN neicONTAI.oi Ae TPI-

nHxeic nÄxoc öntec eku ti nÄcxuciN Ynö tun

80. 42 AYTÖN PV: corr. cod. Vntic gr. 220

81, 2. 3 TeinHxeic VF,

GeCahr auszusetzen, uns Dichts im ^Vege stehe und damit die Hölzer wieder ab- genommen werden können, wenn es paßt, und nui' eine kleine Wache zurückzu- bleiben braucht. (16) Bemächtigen .sich nämlich die Feinde derselben, werden sie entweder wieder abziehen, wenn sie nicht in die Stüdt weiter eindringen kön- nen, oder wenn sie wirklich kurze Zeit dort bleiben, werden sie, von den Ge- schossen getroffen, umkommen. |17) Einige (Kurtinen) sind wie in Rhodos zu Gewöl- ben zusammengeschlossen '[. ... Die Wehrgünge erhallen eine Breite von 7 Ellen (3.1) und unten AVachthüuser ' i7ir sieben Pritschen, deren Frontwände 10 Ellen (4.436) nach Länge und Dicke sein sollen: (18) die Seiteiiwände aber sollen dieselbe Länge erhalten, aber nui- 3 Ellen (1.3) dick .sein. (19) Bei dieser Bauart werden aber die Kosten geringer sein und die zehnelligen (4.436) werden von den Steinwerfem niclits zu leidin haben. Sollten aber die 3 Ellen (1.3)

50 fe'iOYCi Gra

KAi fehlt P

' In den Wachthäusern lassen sich auf 4.436 m bequem 7 Pritschen zu 60 cm Breite aufstellen, in den Obergeschossen je i fünfspitliamiges Pfeilgeschütz. Bild 6.

»II n i I Hin

nfW

"CrCLaAAXn. von. 1:500.

9l^bfl

lüld 6.

l-lxzirptc aus P/älons Mccfumlk MI. VTIJ (I 15 —21; p. SO. S7). 23

nAHruN, TAXY PION TOYTO.

XnocTepeücoMeN *yaakth- 81

(20) UCAYTUC AE KAI

TOYC nYPrOYC OIKO- A0MHC0M6N

eK AieuN oYuN eiPHKAWcN, Tie^NTec öPeioYc ay'toyc

eN rYYCi) KAI TA HAÄTH TUN ToixuN OYK ^aAtTü) nOIOYNTeC H AeKAOHXH KAI KATAAI-

nÖNTec eYPiAAC ^k tun nAAncoN toixun tia- e€N ctenac ka) JcueeN eYPeJAC, 6k ag toy «e-

dicken Wände unter den Würl'eii leiden, so \verden wir das betreliende Waclit- baus schnell \viL'<lei- befestigen können. (20) Ebenso weiden wir dieTüniie aus Steinen erbauen, wie wir sie l>esclirieben lialjen, indem man diese außen l)eliauen in Gips vei'Setzt und die Dicke der Wände (in den Fundameuten) nicht weniger als lo Kilen (4.436) macht und in den Sei- tenwänden Scharten ' ausspart, außen eng und innen weit, oder in der Milto eng (s. Bild 7) und auf der unteren Seite ab-

1:£5-0.

Büd 7.

coY ctenäc kaI kataiypoyc ^k toy KÄTweeN «e-

POYC, INA WH TITPOJCKUNTAI Ol ^NAON KAI HAPA-

(<>6p(i)n)

riNOWeNCüN (j&N BEAÜN Ä*IÖCI TO^f-C TgKATAnÄATAC

KAI TOYC neTPOBÖAOYC OY nPOAlPOYNTAI. (21) AsT

<A^) eiNAl TAC SYPIAAC Tofc X*ie«eNOIC KATAnÄATAIC KAI

neTPOBÖAOic ^N {toTc Toixoic) tun HYPPUN, ^n

oic AI BeAOCTAceic

€K TOY ^AÄ«OYC KATACKeYACeHCONTAI,YNA T/k HPOC- ArÖMeNA «HXANH^^ATA ^AN Te nPÖC TINA TÖN (M€TA-/

nvpritoN ii ^NANTJAC npocÄrHTAi, ^AN Te ^ni

TINA TÖN CKKCIM^NUN nYPrWN 6niCTP^*H. CYNePrOYNTeC ÄAAHAOIC {XmY'NMCIN') Ol HYPrOl »ePOM^NCON TUN

AieOBÖAUN

geschlägt, damit nicht die innen Stehen- den verwundet werden und sie wäh- rend die (feindlichen) Geschosse vorbei- gehen, die Katapalten und Steinwerfer nach jeder Richtung abschießen können,- wohin sie wollen. (21) Es nn'is.sen aber die Scharten für die schießenden Kata- palten und Steinwerl'er in <^den Wän- den) solcher Türme angelegt wci'den, in denen die Geschützslände von Grund aus aufzubauen sind, damit, wenn die heran- rückenden Belagern ngsmaschinen ent- weder gegen eine der Kurtinen heran- gebi'aclit werden oder auf einen der vor- springenden Tümie gerichtet werden, die Tiinne sich gegenseitig unteritiitzen, in-

dem die Stein Werfer aus den Schräg-

81,0 oiK0AOMHCCilM€N FV : COri". H II [CTENACj Gra II. 12 [^K AG TOY M^COY

CTCNAc] S: fi EK T. «. CT. Schramin 14 (tän) (ira [kai] l!r nAPA »öpwn'; tinom^nun

tön) b. Br: nAPATeiNOM^NWN bgaün I'V Xoiuci Te toyc k. Br 15 oy hpoaipoyntai

l'V: corr. Th; vgl. 91,17. 97,33: falsch of Gra (a^ (ira 16 tac gyp. I'V: ka) OYP. S

17 ((rote Toixoic) Gra (vgl p. 79, 13:84, 3)

19. 20 «eTAnYpriUN Gra; s. zu Z. 23

22 /ämy-nwcinN Buo

' 9YPiAec wird für alle Arten von (ieschütz- und BogenscLarten gebraucht sowie auch für Scharteuläden und Pforten. Es gab zwei Arten von Scliarten : fiir Schützen und ' für

(ieschütze (mit Drehpunkt in der sog. Minimalscharte, wie aiu-li heutzutage mich diese .\rt, wenn auch veraltet, bei SchiH'sgeschützen vorkommt).

24

D I E L S und E. S C II R A M M !

SK TÖN nAAriuN ToixcON [kAI TÖN MeTAnYPriwN], ^N oic AI eYPiAec KATACKevÄzoNTAi oTac elPH-

■' KAWeN.

(22) {. . .) KAI TOIIKAI AI MEN HAÄrlAI a] AG ÖP-

eAi eiü) CT€NA exoYCAi, öncoc an Totc Te hah-

ClAzONTAC TPAYMATiZü)CI KAI KATArNYWCI TAC

npocTieeweNAC aokiaac kaI ta mhxanhmata, ay-

TOi AE «HAEN AEINON OACXWCI ' (23) CeCiAHPü)«6NAC

rÄP KAI AM*inAeYPOYC TAC OYPIAAC AYTÖN nOIH-

COWeN, tNA «H CYNTPisMNTAI YnÖ TUN AISO-

b6aü)N (24) ETI AE OY (»AAIUC TA TÖN ÄNANtIcüN BG-

AH eic TA nAAriA THN e*IIIN nOIHCONTAl.

(25) TOIAYTHC a' OYCHC THC TOIXOnOllAC TÖN

I nYPruN

TAC AIÖAOYC ü)C MCriCTAC Ka'I YAAlAOeiAeTc FIOIH- ;', COMEN nPÖC PAAicOC TOYC neTPOBÖAOYC GIC^C-

peiN KAI «eTAOcpeiN ötan ach. (26) acT ac

!| TOYC «CN KATÄ

-TAC eicArurAc n^-proYC tön mhxanhmätwn yyh-

i I AO'Y'C KAI ICXYPOYC OIKOA0MeTN,T0Vc AE AAAOYC OCON KAIMAKI (WH . nPOCIKECeAl (27) Ol PAP APAN

YYHAoi AYC- i XPHCTÖTEPoi EICIN Ka'i eÄCCON YnÖ TÖN HETPOBÖAUN i TVnTÖMENOI KATAninTOYClN OY AYNAMENOl TA BA- i'PH *£PEIN. (28) (DCTC MAAAON CnOYAACTSON ; , eCTIN AYTÖN

1 TOYC ToixOYC nAXYTEPOYC [nOicfN] KAI AYTOYC

nOICIN KaI THN ' eiC TA YYH AAHÄNHN riNOM^NHN CIC TAYTA

ÄnaaIckein.

81 wändeil (der Tüniie) schießen, in denen

24 die Scharten so hergestellt werden, wie

25 wir sie besclirieben haVjen.

(22) Auch fiir Bogenschützen müssen teils schräge, teils gerade (^Scharten an- legt werden). Sie müssen außen eng sein, damit man zwar die sich Nähern- den verwunden und die vorgesetzten Balken und Maschinen zerstören kann, selbst aber keinen ernstliciien Schaden erleiden könne. (23) Denn wir werden ihre Läden mit Eisen beschlagen und

doppelseitig (2 Hügelig I*) machen, damit sie nicht durch dieSteinwerfer zusammen- geschossen werden können. (24) Auch wird CS ferner den Feinden nicht leicht möglich sein, mit den Geschossen die Schartenwangen zu treffen.

(25) Während der Bau der Türme in dieser Weise ausgeführt wird, werden wir die Durchgänge möglichst groß und gewölbt anlegen, um die Steinwerfer leicht ein- und ausbringen zu können, wenn CS nötig ist. (26) Man soll aber an den fih' die Maschinen zugänglichen Stellen die Türme hoch und fest bauen, die übrigen dagegen nur so hoch, daß

40 eine Leiter nicht auslangt. (27) Denn die allzAi hohen sind weniger brauchbar und stürzen unter den Würfen der Stehi- werfer schneller zusammen, weil sie die Last nicht tragen können. (28) Deshalb

muß man sich mehr darum bemühen, auch de Wände selbst dicker zu machen ^. lind den ^lehraüfwand für die Höhe hier- für zu verwenden.

81, 23 nach ToixuN Lücke Gra MeTAnYPriuN L. Dindorf Thes. s. v.: «eTAnYPriAWN

PV: als Verbesserung von n't'PruN Z. 20 erkannt von I?r 25 »f. vKATACKerÄzoNTAi

Ae eni th CT^rn) kai toiika!« Hr nach p. 91.39 28 »f. (npocAröweNA^ m.- Br

28. 29 AYTOl Fa: AYTAi l'V : AYTAi R 29 Ae tilgten U und Va nach aytai ae Lücke Gra

nAcxcoci Die: nÄcxoYCAi PV 30 noiHCcüweN PV: corr. Ha 34 TeixonoiiAC V 38 npo-

CAruTAC (ira 40 'nH, Tli: nPÖc aytoyc «ih äs iKEceAi Gra nach p. 80, 26 41 YneTÖN V

42 OY (ira: Ol PV 43 «»epoycin \' 44 TeixoYC V [^noiEfN] Die [kai aytoyc

noiEFNl IIa (ira: ka'i aytoyc toyc t. oax. n. kai t, verm. A. Schoene 45 (wh) hin. Gia

Exzerpte aus PhUons Mechanik MI. VJIJ (I 2J~^:j:j; p. S1. 82). 25

(29) ^N Ae Tolc METAnYPrioic nÄci ka'i roh

nrproic

KAG' b AN AI nAHTAi MÄAICTA risKONTAI TUN AISOBÖ- ACON, AieOl ü)C CKAHP6tAT0I ÄKTieeNTAI npo-

exONTec b'coN cnieAMHN ka'i AiecTHKÖrec Xn' aa-

AHAUN TOCOYTON, ÜCTe elC tHN XnÄ MECON X(i)PAN

taaantiaIon neTPOBÖAON «h OAPAAexeceAi, Yna «h

Yn' aVtÖN TA TeixH «HAEN HÄCXH. (30) TÖN

Ae Teix^uN AnÄNTUN AJ ^Ke^ceic ka'i erKAJceic ka'i ähikam- niA ka'i AI ((e'i'PYxa) pIai Äpmottöntcoc toTc yhäp-

XOYCI

Tönoic aambanontai (31) {. . .) ka'i Aieoi Xp-

roM^Tunoi ne- neAeKHM^NOi 6ni «hkoc TieeNTAi.

(32) ka'i KÄTioeeN

TüJN TeiXUN KAi TUN nPOTeiXICMÄTUN ä)C MeflCTOIC KaI nACiCTOIC BEAECIN AI BEAOCTÄCeiC KATACKEYA-

zoNTAi, AI M^N [öPYKTAij enineAOi [ka'i katüpyxoi], m Ad ■i'nöreioi npöc eYPYXcopJAN exeiN ogaamn ka'i

TO^-C Ati^NTAC «H TITP(i)CKeCeAI KaI A^TOYC ÄAHAOYC TO-i-C ÄNANTIOYC TPAYMATizeiN, KAI ÖTAN Ol nOA^WlOI

nAHCiXzdJCi, «H AxpeioYc riNeceAi toVc katahea-

TAO^TAC XaYNATOYNT'AC KATACTF^OEIN.

(33) ETI Ad nY-

81

82

(29) Bei allen Kuitinen und Türmen werden da, wo die Schläge der Stein- werfer am meisten auftreffen, möglichst harte Steine nach außen gestellt; sie stehen (in den Bossen) eine Spanne (0.23) vor und so weit von einander ab, daß in der Mitte kein Platz fiir ein eintalen- tiges Steingeschoß ' bleibt, damit durch sie die Mauer keinen Schaden leiden kann. (30) Bei allen Befestigungsanlagen

aber werden die Aus- und Kinspviinge und die Biegungen und die freien Plätze dem vorhandenen (ielände entsprechend ausgefiihit. (31) , . . .' Auch werden

längsbeliaucne Bossenquadern gelegt.

(32) Und die Geschiitzstände werden unterhalb der Befestigungen und der Vor- werke i'ür möglichst große und viele (Je- schütze gebaut,die einen auf demBauhori- zoiit, die anderen vei'senkt, damit sie viel Raum haben und die Bedienung nicht verletzt werden kaiui, während sie, selbst unsichtbar, imstande ist, die Feinde zu verwunden iin<l beim Herannahen der Feinde nicht kampfunfähig wird, indem sie die Katepalten nicht wenden kann.

(33) Außerdem werden viele Pforten

81,4s riNONTAi PN': coir. Gra 49 nach AieosÖAUN fügt Gra p. 82, 5. 6 Aieoi

TieeNTAi zu Aieoi (&") Gra

82,2 TÖN Ad 5 AAMBANONTAI tilgte Gra 3 »f (aI ^PKA.« Gra 4 AI eYPYXUPJAI

|{: AI pIai V: AI xpeIai P 5 KAI Aieoi KTA. /.usammei.iliangloses Exzerpt 6 ^ni

fehlt P TieoNTAi PV 7 ü)c Br: toTc PV 9 [<Jpykta1] und [kaI katöpyxoi] S: ai men

öpykta! [dninEAOi ka'i katwpyxoi] ai ae enirEioi Gra 11 Aahacoc ^li 13 nAHCiÄzoYci

PV: corr. Th katahaatao^tac Gra

' Kinc eintalentige Steinkugel von 26 kg (iewicht und einem sp. G. von ungefähr 3 hat rund 25 cm Kaliber. Bild 8.

Phil.-hisl. Abh. WJ9. Ar. 12.

Bild 8.

4

D I K L s und E. Schramm:

AiASC noAAAi KATAAeinoNTAi ^K TÖN nAAriuN npöc 82 PAAiuc eneiepxecoAi [ff] kai räain AnoxtopOYN- i6

TAC rVMNA Mhl it>AINeiN iu XcnlAA nOIOYMeNOYC THN MeTACTPO*HN, Ka! TÖN ^leAHAVeÖTA AÖXON KATA

THN npw-

THN nYAlAA KATA THN AEYT^PAN CYNTEAOYNTA

THN ei- COAON, ÖMOIWC Ae KAI TOYC AAAOYC OANTAC 20

OYTÜ) noiOY- MENOYC TAC ÄnOXUPHCelC. (34) TÖN Ae nY-

aIaMN AI MEN CKOAlAi, AI KaIcIN nOIOYNTAI. (35) nPÖ riACÖN AG

AYTÖN blKOAOMHMATA , KATACKGYAZeTAI, YnA AYC-

EMnPHCTOI TS Sei KAI YnÖ TÖN OeTPOBÖACüN «H

CYNTpieCüNTAI KAI Ol nOAGMIOl Mpl nAHeiÄeUCIN 25

aytaFc, eK Ae thc nÖAeuc ötan weAAcociN iue- iieNAi TiNec, «H cY«<t>AN6c H ToFc noAewioic.

(36) AI Ae OPYTTÖMeNAI tA*poi, eAN MH

YnOMBPOC H Ö TÖnOC, KATÄIHPOI Te KAI YnÖNOMOl KATA TOYC

APMÖT- TONTAC TÖnOYC riNONTAI. INA ÖTAN CYrXYNCONTAI,

nANTA TA eMBAAAÖWeNA MCe' HMSPAN [TÄ AÄ] NYKTÖCYnCHA- THTAI nAAlN YnÖ TÖN SNAON nOAlOPKOYMeNtüN.

(37) AI Ae XAPAKÖceic exa thc ^ta^poy thc) nPOc(exöc thn

OAPeKTACIN OAPa) TeixiCMA AAMBAN0Y-

chc ÖPeiAi nXcAi cyntgagyntai hapa < npöc)

tön xA-

PAKA AYCYnePSATON KaI AYCAIACnACTONjreN^CeAl 35

gelassen auf den Seiten (s. Bild 4), um leicht ausfallen zu können, ohne teim Rückzüge die ungedeckte Seite zu zeigen, und damit die durch das erste Tor aus- gefallene Kotte durch das zweite zuriick- kehren kann : ebenso müssen auch alle anderen in gleicher Weise den Rückzug ausführen.

(34) \'on den Toren werden die einen gekrümmt ', die anderen geneigt ange^ legt. (35) Vor allen diesen aber werden Bauten errichtet, damit ihre Verbrennung wie ihre Zertrümmerung durch die Stein- werfer verhütet werde und damit die Feinde nicht an sieherankommenkönnen, endlich damit, falls einige aus der Stadt einen Ausfall zu machen im Begriff sind, dies dem Feinde nicht sichtbar werden kann.

(36) Wenn das Gelände nicht sumpfig ist, \\erden die ausgehobenen Gräben an den geeigneten Stellen im Trockenen unterminiert angelegt, damit, wenn sie zugeschüttet werden, alles, was tagsüber eingeworfen wird, in der Nacht von den Belagerten (durch die Gegenminen) heim- lich wieder herausgeschafft werden kann. (37) Die Palisaden aber werden außen vor dem Graben, der unmittelbar neben) dem Festungswerk ■; herläuftN Festungs- werk hergestellt, alle senkrecht einge- schlagen, {. . . .) so daß die Pfähle schwer zu übersteigen und schwerauseinanderzu- reißen sind : schwer zu übersteigen, weil

82. 16 [fl] tilgte Gra vgl. p. 83, 40 1 7 enAcniAAC PV : corr. L. Dindorf Thes. s. v.

Acnic 22 KAeTciN PV-': corr. Gra oacön S: oantcon PV 25 cyntpöbuntai V

28 ÖPYTTÖMeNoiPV: corr. Gra h Gra:' hn PV 30 CYrxYNtONTAl V: CYrxÄNUNTAI P:'

CYrxwNYCüNTAi Gra 30. 31 oAnta ewBAAAÖMGNA TA «EN HM€PAC VP: corr. Fb [ta Ae] Gra

33 (tA«poy thc) Fa nPÖc TeixicMA PV: Lücke erg. Die. 34 Lücke. Es fehlen

nähere Angaben über die Palisadenkonsti'uktiou hapa PV: nPÖc Vincent

' Gekrümmt, damit nicht hineingeschossen werden kann, nach außen fallend, wenn das Gelände außen tiefer ist als innen.

Exzerpte aus Philons Mechanik VII. VITI (I 33—41; p. 82. 83). 27

AYCYn^PBATON M^N AIA «HAAMÖC MHTE {ka!- 82

«AHN mhtg) Ynep-

BACIN exeiN ToTc CK^AeCI AYCAIACnACTON Ae AIÄ 37

ka'i ^akömcnon ctäcin IxeiN ka'i ifnö tön tinom^nun Toic KAAfjjAioir, eNÄYeuN npÖTepoN An cyntpi-

BHNAI TON kAaUN, b'neP reNOITO an, H feAKYCefiNAI •»"

TÖN CKÖAOnA TeAeuc. (38) Ti'eeNTAi as [kai]

eiC CTAAION

Ol Mecoi TOIC wereeeciN öntec xäpakgc äx. (39) feTePA Ae Tic Sctin nYPronoiiA taythc

oYeeN

XEI'PUN ^K Tü)N HMIKYKAIUN CYNICTAM^NH, döC TA

KoiAA npöc tovc noAewiOYc «AiNeceAi (40) iu h ta 45

n^PATA TÖN TMHMÄTUN AeT CYNÄnXeiN Tofc OYP-

roic, ücTe XnAPTizeiN taTc tunIaic aytun kaI aam- BÄNeiN Xn' Xaahacün aiäcthma thc feiu nepi*e- peiAC ÖCON Xn fi nAÄroc toy ^c« toIxoy thc ba- ceuc. (41) XnANTUN a^ täc AOKO'rc i.u\

toyc öpeoYC

ToixoYC enieeTeoN äctIn, Ina ikuu^p Ö npöc toyc

n0Ae«i0YC KABHKUN ToTxOC TYnTÖMCNOC n^CH, MC- 83 NUCIN AI ÖPOOAI KaI AYN(üMeGA OÄAIN OIKOAO-

sie auf keine Art, weder mit Leitern noch mit den Beinen, zu übersteigen sind, schwer auseinanderzureißen, weil sie, wenn man versucht, sie herauszuziehen, standhalten und weil infolge ihrer Strick verschnürung eherdas Tau reißen würde, wasauch leicht vorkommen kann, als daß dei' Pfahl vöUiji, herausgezogen werden könnte. (38) Auf ein Stadion werden aber 1600 Pfähle mitt- lerer Stärke (10 cm) aufgestellt.

(39) Ein anderer, aber nicht schlech- terer Festungsbau als dieser wird aus Halbkreisen ' gebildet, und zwar so, daß ihre hohle Seite dem P'einde zugekehrt ersciieint. (40) Bei ihm sollen sich die Enden der Segmente den Türmen an- schließen, so daß sie genau auf die Ecken derselben passen und von einander einen Abstand vom Außen umfang erhalten, so groß wie die Dicke der inneren !Mauer der Tnnnbasis betrügt. (41) Bei allen aber sind die Decklialken auf die Front- mauern aufzulegen, damit, wenn die nacii dem Feinde zu sich erstreckende Mauer, durcii einen Trcflfer füllt, die Decken blei- ben und man sie wieder aufbauen kann.

82, 36 Ckawaiin MHTe) Die 37 Lücke nacii ck^acci (ira 38 ctacin Br: tacin PV

39 Xnäycun R 40 tön kaaon PV: corr. Gra; tön käaun b nepiTeiNOiTO an Bue

feAKYeftNAi P: eiEAKYceHNAi Gi'a 41 TeAeiuc V [kai] S; gehört vi(;lleicht nach öncp Z. 40 42 ÄÄPV: corr. Cod. Escor. 44 hwikkaIun V uc Bue: iocre Gra 45 noA. (noioYCA^ ♦. Va 47 tAc ruNlAC PV: corr. Br 49 fi S: Sn PV 50 nacii ahAntcon a^ Lücke Gra 51 TeixoYC V

83,2 AYNÄweeA PV: corr. Vincent

' Anscheinend nur Philons Voi-schiag. Bild 9.

r#^

■^\ Xjooo

Bild 9.

I'SOO.

28

D I E L s und ¥.. Schramm:

meTn aytoyc. (42) noiHTeoN Ai kai 'oapa)-

eYPIAAC HAP' AYTO-f-C, ü)Cte MHTe YIAA TO^C ^KnOPeYOMENOYC «AINeiN MHTe YnO TÖN AieOBÖAUN AYTAC eKKÖnTeCSAI.

(43) ThiN A^AAAHN o/koaomian Akoadyguc toTc npö-

TSPON AeAHAtüM^NOIC KATACKeYACT^ON

(44) TAYTH AG <H> nPIONCOTH nAPAHAHCIOC OYCA TYrXAN€l, HN TTO AYelAÖN *ACIN £YPeTN TON «HXANOnOlÖN ^N TH Me-

(rAAOnÖAecoc nepiTeixicei- maaicta as ay'th xpflceAi AeT ka;tä tinac tön iniKAipMN töhmn, hap' oTc

kaI nv'p-

83 (42) Neben diesen sind auch Pforten an- zulegen, so daß die Ausfailtruppen niclit ungedeckt erscheinen und daß die PCdp- ten selbst von den Steinwerfein nicht aus den Angehl geschlagen werden können. (43) Der übrige Bau ist entsprecliend den voi'igen Anweisungen auszuführen.

(44) Diesem ähnelt dei- gezahnte ', den dei' Ingenieur Polyeidos erfunden haben soll, bei der Befestigung von (Megalopolis. Man soll ihn aber besonders anwenden^

•o an einigen der gefährdeten Stellen, an denen man auch fünfeckige Türme bauen

83, 3 aytön verm. Gra sypIaac] oyaIaac Ro: sypiaac hyaIaac) hap' aytoyc Gra

7 ta-i-th AS (h) Gra : ayth as PV 8 hpiommth PV : npiONUTfi Th nAPAHAHCiON PV:

corr. Gra 9 sn th] bn h Gra 9. 10 «eta tinäc PV: kata Th mg: Me/rAAonÖACwc

ka)ta Die; Megalopolis verm, schon Bue (Philipps Einfluß: vgl. die NW-Seite der Um- wallung auf PI. I der Fxcai;. al Megalop., Soc. for the Prom. of Hell. .Stud., Suppl. I Lond. 1892); an Metapont dachte Th 10 nAp' oic] bApeic verm. S nach 26

' Zickzack- oder sägeförmig, wie in Priene (Südostteil). Vgl. Bild 10 Plan der Stadt Prione, nach Wieüand und Sihradkr Priene (Berl. 1904) Taf. VI.

!il 10.

Exzerpte aus Philons Mechanik VII. VI IT (I 42 50; p. S.l).

29

rOYC 0IKOA0M6IN neNTArUNOYC KATA TA AIAAEIM-

MATA T&N «econypriuN, Äo' ön. KAeÄnep ei'PH-

TAI nPÖTEPON, AOKÜN ^nlBAHeglCÄN TAYTA TA KA- TACKCYACMATA SCTAI. '

(45) nAPÄ TA-r-THN AAAHN TINeC TeiXOnOMAN

AOKIMÄZOYCIN. gN H «IKPÖN ^KKAINONTA TA «ETA-

riYPrrA (äkoaömhtai ekatön nHxüN t6 mhkoc. Ae nAxoc il, Ae Vyoc fei ÖPrYißN (46)

Ad nPÖC TOYC nOAeMioYC KAOHKON TOIXÖKPANON Ae] WejOYPON AinAOYN KATACKeYÄZeiN. INA Ynö TüJN AieOBÖACüN TYnTÖMENON WHA^N nÄCXH, Aui-

xoN eXTepoN eAT^poY nHxeic öktü. ^n' e'AATTON

A^ ACiJAeKA' (47) TÖN a' ANwecN eic yaaiaac

CYrKAeice^N-

TO)N fi AOKciN ^niTeeeiCÜN OIKOAO«e?TAl *YAAKTH-

piA- in\ Ae TttN AiesöÄUN riYAiAec feniTi'eeNTAi.

(48) KATA A^ M^CON AYTÖN HYPrOl [sÄPelc] OIKOAOMOYN- TAI KATA TOYC ^niKAIPOYC TÖHOYC neNTÄfUNOI.

(49) CYM-

BAINel OYN TH MEN rtNeCOAl AinAOYN ^TÖ TeTxOC.

TH Ae n'r-proic ne«>YAAr«^NON, ücTe mha^n Aei-

NÖN nAcxeiN- (50) täc Te tap nPocTieeweNAC

adkIaac

KAi T/k nPOCArÖMENA MHXANHMATA KAI TAG

83 muß, an den Zwischenriiunien der Kur-

12 tiiioii, von denen aus, wie tViilier gesagt, durch Auflegen von Balken die ervväiin- ten (lerüste hergestellt werden.

15 (45) Außer diesen wird auch eine

andere Bel'estigungsart von einigen emp- fohlen, bei der die Kurtinen etwas ab- weichend gebaut worden sind: loo Ellen (44.361 lang, 12 Kilon (5^ dick, 6 Klafter (10.65) ''Och. (46)'Der nach dem Feinde zu zeigende abgi^.stumj^fte Mauer- kopf' soll doppelt stark konstruiert sein,

20 damit er unter den Schlägen der Stein- werfer keinen Schaden leide. Jeder soll von dem anderen 8 Kllen (3.55) entfernt sein, in selteneren fällen 12 J^32). (47) Die oberen Teile sollen zu Gewölben zusammengeschlossen oder mit Balken überdeckt und hioi'durch Wachthäuser

25 erbaut wei-den. An den Ausgängen wer- den Pforten emchtet. (48) Zwischen diesen (Kiirtinen) werden au den gefähr- deten Stellen fünfeckige Türme gebaut. (49) Dadurch wird alsobewii-kt.daßeincr- seits eine do[)pelt starke, anderseits eine durch Türme" gedeckte Befestigung ent- steht, so daß sie keinen ernstlichen Scha-

3.. den leiden kann. (50) Denn die ange- legten Balken und die vorgebrachten Maschinen und die angebauten Schutz-

^■^

83. 17 oiKOAO«e?TAi Fa 23 j&u a\ Bue 25 ta?c AieiÖAOic venu, lira

26 [BÄPeic] byzantinisches, aus der Septuaginta übernommenes Fremdwort (vgl. Hieron. cp. O5, r4, 7) tilg!e Die: fl BÄPeic Bue 27 [cYMBAiNei 43 TeixonoiiAic] (ira 28 thn

«^N I'V: corr. Th Br 29 - ne*YAAr«^NON Br: nePi*YAAr«feNON I'\': nePine*YAAi"-

n^NON Cod. \'at. 220 ■>

' Die .•Vbnie.ssungen stimmen nach MaIjXKRi's l'lan mit der Hauptbatterie des Kurvalos überein. Bild II. Auf der Byrsa Karthago's war (1879) eine iihtdiche Anlage erkennbar.

n n n n

TT

11000

lüld II.

30

Di F. LS und E. Schramm

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r.iid 12.

Exzerpte aus Philons Mechanik VII. VIII (I 50 55; p. 83).

Bl

nPOCUKOAOMHWeNAC CTOAC ^K TOY HAAriOY TY- nTOM€NAC ToTc AleOBÖAOlC KAI KPIoTc TÄC MEN

CYNTPieeiN, TAC Ae paaIuc katabaaagin (51) kai

TOYC YnOPiXTONTAC KAI TOYC YO' AYToFc ONTAC

EYxepSc XnoAeTN, eri Ae bpöxoyc nepiBAAAON- TAC nepi TOYC KPIOYC Paaicüc KAe^seiN i-i ky-

piEYceiN AYTwN (52) TOYC Te nPocGPxoM^NOYC eic TeTxoc eic ta yiaA TYnTHceiN ka! aytoyc eYxepöc YfreieAeYceceAi kaI hAain tac XnoxuPHceic Xc^aaäc noiHceceAi mh aiaön-

TAC TA YIAÄ T0?C nOAeMioiC. (53) TAYTA AE HANTA CYMSHCeTAl KAi ^N TAIC AAAAIC TeiXOnOliAIC. (54) AeT A^) TA nPOTeixicMATA AYTCn (ic ICXY-

PÖTATA noieTN

TÖN AYTÖN TPÖnON ToTc TeixeCIN OIKOAOMOYNTAC TÄC a' AAAAC OIKOAOAMAC KAI TAG XAPAKUCEIC oYaC nPÖTEPON elPHKAMEN HOIHT^ON.

(55) GYxepecTÄ-

TH Ae ACT! TeiXOnCiJA KAI XCitiÄAeiAN IKANHN 6- XOYCA, ^N S MeTAn'r'PriA AOlX OIKOAOMeTTAI

"* (lächer kann man, da sie von der Flanke, aus durch die Steinwerfer und di^ Widder

33

getroffen werden, teils zerstören, teils mit Leichtigkeit zu Boden werfen. (51) Auch die Mineure und die unter diesen (Schutz- dächern) Befindlichen wird man leicht vernichten und die Widder durch t'ber- werfen von Schlingen leicht festhalten oder in seine Gewalt bekommen können. (52) Die gegen die Mauer Vordringenden wird man auf der ungeschützten Seite ti'effen, selbst leicht heimlich ausfallen und den Rückzug wieder sicher aus- führen können, ohne dem Feinde die un- geschützte^Seite zu bieten '. (53) Dies alles wird übrigens auch bei den früheren Festungsbauten der Fall sein. (54) Die Außenwerke müssen aber möglichst stark angelegt und in gleicher Art wie die (}Iaupt)l)efestigung erbaut, die übrigen Bauten und Palisadierungen, wie wir früher beschrieben, errichtet werden.

(55) Der leichteste und doch hin- reichende Sicherheit bietende Festungsban ist der, bei dem die Kurtinen schräg (zu den Tui-mflanken, s. Bild 13I gebaut wer-

'^

-&

O^

»Ae^t/lt«q/nvt«L ^v>vwi> '3<X\-VBu€^t/V\i d{AAAX*/yyJl/n .'icfy^yntKXÜKfy.

1:4000.

BiM 13.

83. 32 npowKOAOMHM^NAC Schraium 33 [kai kpio?c] Gra : kaipIcoc Bue 35 Yn aytoTc PV : Ynö taTc ctoaTc S: Yn' aytaTc Gra: Ynö rfic Die 36 XnÖAAeiN PV: corr. Bue 36. 37 nepi-

BÄAAONTecPV: corr. Gi-a: nepiBAAÖNTAC Die 40 ^neieAet-ceceAi verm. Gra 41 noiH-

CAceAi PV: corr. Gra 44 a€? A^Cira: ^aei P: eiAei V: ^'ti ac Aef Ha [aytün] (ira

nach oiKOAOMeiTAl Lücke (Jm

' Niedi'ige Kpikampien. wie in Bild 4 (unten) dargestellt, würden das Aufsteigen auf die nur 7 m hohe Zwingenmauer sehr erleichtern, solche in ganzer Höhe der Zwingermauer würden dagegen die so wichtigen (irabenllankierungsscharten in den Tünnen verbauen. De.shalb i.st anzunehmen, daß die Ausfalls- und Hückzugspforten in den Türmen selbst an- gebracht waren, wie in Bild 1 2 dargestellt.

Dil; LS und K. Schramm

(56) kaI n-f-proi £n ayth katackcyäzontai thn «en 83

OieTAN. THN Afi AmBAsTaN TUNIAN nOIGYNTEC TÄC :"

npocHKOYCAC npöc t6 reixoc (57) oytu tap oikoao- 84 MHeeNTec kÄn npocAroweNUN tän «hxanhmä-

TCON ÄAAHAOIC AMYNEIN AYNAINTO. (58) TÖN

AYTÖN AS TP6-

noN KAI EN Toic cTPAToneAcic TeixonoiHT^ON

ecTiN, eÄN

nPOCA^XHTAI HOAIOPkIaN TINA. 5

(59) äN AS TA?C

ÄPXAIAIC TelXOnOMAIC AEI TOYC HYPrOYC npoeKTi- e^NAI KATÄ mIaN rWNlAN, TA AE f.eCOnYPrlA OIKOAO- MEIN KAGÄneP eN'PÖAU KATeCKEYACTAI. (60)Tü)N AG

enÄAieuN tac «eN YnocTÄceic AeT noie?N tpiön

UTTOCldC rt

(li;ii. (56) Und diu Türme weiden bei diesem so angelegt, daß sie mit der an- stoßenden Mauer einen spitzen und einen stumpfen Winkel bilden. (57) Wenn sie so gebaut werden, können sie sich gegenseitig unterstützen, auch wenn die Maschinen herangebracht werden. (58) Auf gleiche Weise soll auch bei den

Lagern der Festungsbau sein, wenn eine

Belagerung in Aussicht steht.

(59) Im älteren Festungsbau soll man die Türme mit einer Ecke vorstehen lassen, die Kurtinen aber so bauen, wie sie in Rhodos konstruiert worden sind. (60) Von den Wehren sollen die Unter- teile 3 (^)uadern hoch (s. Bild 14) ge-

/i -. 1 0 0

Uil.1 14.

nAiNeiwN. INA Ynep ayt&n baaasin aynuntai toic

nPOBOAOlC Ol *YAAKeC TOYC nAHCIAZONTAC TU

nPOTCIXICMATI

eprwAuc AnoKonTONTAi.

(61) npö AS tun tctpapunun nYPruii npo-

OIKOAOMtaN AC?

macht werden, damit die Wächter dar- über hinweg die Speei-e auf die gegen die Vorwerke Vorrückenden werfen können; diese lassen sich auch nur schwer abkämmen.

(61) Vor die viereckigen Türme soll man auch noch weiter Dreiecke vorbauen

83, 51 tunIac Gra

84,1 npoceiKOYCAC l'V (in P corr. m"): KAeHKOYCAC ci. Gra 1.2 oiKOAOMHe^NToc

PV: corr. Th 2 kai PV: corr. Die; tilgte Gra 5 nPOCAexH Gra ^n Th: gan PV 8 ^P- PÖAu V 9 nach tpiun Lücke Gm 10 nAiNeiuN] Quadern wie nAiNeoc und nAiNeic

vü;]. Fabricius Herrn. 17. 566. 569 12 ai a'] o\ A(e nPOMAXÜNec . . . nÄxoc öNTec oder

nenoiHM6NOi) Äpr. a. verni. I5r ÄnoKÖnTUNTAi (ira

nPOUKOAOMeTN P: nPOUKOAOMHN V

13 npö R: npöc PV' tun fehlt V

Exzerpte aus PMlons Mechanik VII. VI II (1 5(> 65; p. 83. 84). 33

Kild 15.

D Q

. I aÖL

TPireÖNOYC AAAOYC CYN€X6?C KaI CTGPeOYC Änö ICO- nAEYPOY TPirtONOY, TnA n€Pi THN ^KKSWeNHN fCO- NIAN CTBPeÄN KAi fcXYPAN OtCAN Ol AieOBÖAOI OA- PÄ<«>OPOI riNÖMeNOI MH KATABÄAAUCI TOYC HYP- rOYC.

(62) ToTc nYProic ta weTAnYPriA oy aeT

CYNAfA-

refN änIcun päp öntcon tun bapön oyx'i ai ay-

TAI ^NACCeiC ToTc OEMeAlOIC Ka'i TaTc nAiNGOIC

]

riNONTAI

KATÄ Te TOYC nYProYC KAI (ta) weTAnv-priA.

(63) TOYTUN

A^ cy«bain6nt(on l>Hieic ^N ToTc TeixeciN ^contai

KAI ^AN n^CH Tl TÖN «eTAriYpriuN, ^niCnÄCETAI toyc

ToixoYC TUN nYPruN.

(64) ^prÄCAceAi ae aeI toyc AieoYc

TUN HAVKYAINAPIK&N nYPfUN THN EIUeEN OEPIOE- PelAN KATAMETPHCANTA KAI nPÖC AYTHN EMBOAeTc lYAJNOYC KATACKEYACAMENON AIAAOYNAI ToTc Al-

ooYProic, INA EYeprwc kai tax'i' ^ppazuntai'

(65) KAi ^'- CONTAI OYTUC CYNEXCÖC OIKOAOMOYMENOI «ÄAICT' ICXYPOi AlA t6 THN OIKOAOmIaN AYTßN TOIA-f'THN

84

urr

(s. Bild 15), die mit ilinen fest in Form eines {gleichschenkligen Dreiecks ziisam- nieuhängen. damit an der ausspringenden, so festen und starken Kicke die Steiii- vverfei-schüsse abgleiten und die Türme nicht zcrstöi't werden.

(62) Mit den Tüi-men dürfen die Kur- tinen nicht in Mauerverband zusaininen- liängen: denn da die lielastungen un- gleich sind, ist zwischen den Funda- ment< II und dtMU Ziegelmauerwerk nicht Verband herzustellen bei den Türmen und den Kurtinen. (63) Geschieht dies aber trotzdem, werden Kisse in den Mauern entstehen, und wenn ein Stück der Kurtine fällt, wird es die Turmwände mitreißen.

(64) Die Steine der halbzylindrischen Türme sollen dem äußeren Umfange ge- nau entsprechend behauen werden und nach Anfertigung von hölzernen jModellen unter die Steinmetzen verteilt werden, damit sie zunflgerecht und schnell be- hauen werden. (65) Und wenn (die Türme) so im Verband errichtet werden, so werden sie im höelisten Maße Festig-

84. 14 And] »f. Yn6 sub" Th mg 18. 19 CYNAPArGfN PV [Fiir/enverbamf) verteiiligt

l'a; CYNÄnTEiN (anstoßen: so Bue) ist etwas anders, vgl. 80, 3; 82,46 19 bapön] bapbapun

PV: corr. R 20 esM^NOic PV: corr. Ha nAiNeAic V 21 (ta) R- 24 hyptoon Egger

(vgl. zu p. 83,26; 84,36): BAPÖN P\' 25 HMIKYAINAPIKÖN S: HMIKYaInAPUN l'V 26 KATA-

MEPHCANTA V 28 EYEPröc] .f. ÄNEPröC" Br: EYXEPöc S 29 maaict' i'cxYPoi Die: nÖAEIC

TE ICXYPOI PV: tA riAeTcT' eicxYPoi Bue: aaauc te icx. früher Die 30 icxypai H

Ihil.-hist. Abh. 191!). Kr. 12. 5

34

1) I E L s und E. S C H R A M M :

riNecGAl KAi AlA <t6 tön neiPOBÖAUN tAc oah- 84 keit erhaKen, weil ilir Bau derart ist und

die Scliüsse der Steinwerfer daran al)-

TAC nAPA»6P0YC CYMBAiNCIN KaI «H eiKGIN TOYC 32

AieoYC «HeeN- eiueeN rÄP eYPYTepoi h eNAoe^N ei-

gleiten und die Steine nicht nachgeben iiöniien; denn außen sind sie ja breiter

1:100. Bild i6.

CIN. (66) Afil TOYC rCüNIAlOYC KAI TOYC

SiueeN TieeM^NOYC

AleOYC (S)C MericTOYC . KAI nAXYTATOYC KAI XkPO- 35

TÖMOYC EIN AI. (67) TÖN AC [bAPÖN KaI TÖn] HY-PrUN

nÄNTUN KA-

TUeeN nAPA TAC rUNJAC ToixOYC AnTOWeNOYC AKPUN

' TÖN rUNlÖN nPCOIKOAOMe?N, YnA YnÖCTACIN fe'XUCIN

Ol KiNAYNe-i-ONTec (68) KAI npoTEixicMATA nepi

AYTOYC KAI XXPAKA KATACKSYÄZeiN, YnA ^AN nPOTcixiCMA J" n^CH KAI ^NTÖC AYTOY T^NCÜNTAI Ol nOACMIOI, «H YnOPYTTUCIN AYTOYC HPOCTieeNTEC TAC AOkIaAC.

(69) ÖPYKTeAi AC ei'ciN in nÄCAic taTc Teixo-

noMAic

OY'K ^AATTOYC TPIÖN TA<t>PCüN, Sn AB? THN «EN

npÖTHN XnexeiN Anö toy TeixoYc oa^spon, thn 45. AG acytepan An' aythc nHxeic w, thn a^ tpIthn

iCON AnÖ THC AeYTEPAC. (70) AnA «eCON AC

TÖN AlA-

cthmAtun eni eiKOCi öktö. nHxeic haatoc

CKÖAOnAC KATAnftiAl KAI ÖPYTMATA nOlHCAl Ka'i nAAioYPON <»>YTeYCAI, INA TAAANTIAICp neTPOBÖAW -o eeCIN MH fe'xUCIN, ^An THC nPWTHC TA*POY KPATH-

als innen (s. Bild i6). (66) Die Eck-

uiid Außensteino sollen möglichst groß,

dick und kantig (d. i. mit Randschlag)

behauen sein. (67) Bei allen Türmen sind unten an die Ecken sich eng an- fügende'Mauern (Strebepfeiler) vor die Spitzen der Winkel voi-zubauen, damit die Gefährdeten eine Unterstützung haben. (68) Auch sind Außenwerke um sie herum und Palisaden (dahinter) herzustellen, damit, wenn das Vorwerk fällt und die Feinde hineingelangen, sie diese (Türme) nicht untergraben können, nachdem sie (Deckungs-) Balken angelegt haben.

(69) Bei allen Festungsbauten sind nicht weniger als 3 Gräben auszuheben (s. Bild 17); der ei-ste soll von der Mauer ein Plethron (100' r 29.57) entfernt sein, der zweite von dieser 40 Ellen (17.744). ebensoviel der dritte von dem zweiten. |70) Längs der Mitte der Abstände, auf 28 Ellen (12.42) der Breite, werden Pa- lisaden eingerammt, Gräben hergestellt und Dornhecken gepflanzt, damit nicht eintalentige Steinwerfer aufgestellt wer- den können, wenn die Feinde den vordereten Graben genonnnen haben.

84,31 <TÖ Ha 36 [bapön kaI tön] Die; vgl. zu 83, 26: 84,36 38 nPocoiKOAO-

weiN Th mg Tna -40 katack. nicht hierher gehörig Br 39 [npoTeixicMATA 40 ina] Gra

40 ^An tö; Gra npocTeixicMA V ka'i Die: in PV 42 aytoyc toyc nYProYc) Gra

43 oPYKTAi l'V: curi-. Gm 45 neÖTHN V 46 Anö taythc oder Anö thc ä Gra

Exzerpte am Philom Mechanik VII. VIII (I 65 .70; jh S4).

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inmniTTTi

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^*A/^C*'tf*y.Cf^.#«yX<t^«t^C

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n

Hilcl 17.

36

Die LS und K. Schramm:

CUCIN Ol nOAEAMOl (71) Ae&AGKA PAP ^CTI nHXÖN TOY TAAANTIAIOY neTPOBÖAOY H Cr-Piri. H AS CKY- tAaH A nHXüJN, üiCTe nAPAcTACIN OYX

^lei ToTc nePiAroYCi tön önon. (72) hoiht^on a'öcti

TAC TA»POYC ü)C BASYTATAC KAI «H EAATTON t6

SYPOC eSAOMHKONTA nHXGCüN ' (73) TOCOYTUN

KAI TOIOY-

TCON TÄ»pa)N oPYxeeicÄN OYTe xcoceHceTAi /jic) ta- xewc, ö- TS taaantiaToc neTPOBÖAOC, b'c ecTi c^o-

APÖTATOC. H OYK A*iseTAI nPÖC TeIxOC H e'KAYTOC UN ANTITYnTHCEl, aY TS CTOAI OY HAH- ClAcOYCI TH nÖA£l, O TE KPlÖC, SAN TINEC AY- T&N XOOCeCOCIN. OY AYNHCeTAI TYnTEIN TOYC ÜYP- rOYC. (74) ÖPYTTONTAC AS AsT TAC TA<t>POYC THC MGN nPCÖTHC THN ANAC^AHN n0ie?C6AI TOY XOY nPÖ TOY TsixOYC, TÖN AG AAACON EIC AIA- CTHMATA ANA MeCON. YnA 0 Te XÄPAI Ac*A- AÖC TieHTAI KAI YYOC AAMBANONTA AIA- CTH/AATA ACtÄAeiAN HAPeXHTAI nPOTGIxic-

MATi KAI TU Teixer (75) esTeoc ae ^cti npö thc

ASYTePAC KAI THC TPITHC ANSY nPOTeiXICMATUN

Ö XÄPAI, YnA YnÖCTACIN TO?C GNANTIOIC MH GXH.

(76) nPÖ A^ THC äcXATHC TÄOPOY CYNAfAfÖN-

85 (71) Die Pfeife ' des eintalentigen Stein- werfers ist nämlich 12 Ellen (6.5323) lang, die Handspeichen 4 Ellen (1,8), so daß fiir die Bedienung des Haspels kein Platz voi'handen sein wird. (72) Die Gräber, muß man aber möglichst tief machen und die Breite nicht weniger als 70 Ellen (31). (73) Wenn die Gräben so groß und so Ijeschaffen ausgehoben sind, können sie nicht schnell zugeschüttet wer- den: der eintalentige Steinwerfer, der am weitesten schießt, kann entwedei- nicht die Mauer erreichen ', oder die auf- treffenden Schü.sse werden kraftlos ab- 10 prallen; auch werden die Schutzdächer nicht bis an die Stadt gelangen, der Widder wird, wenn auch einige der- selben zugeschüttet sind, nicht die Türme rammen können. (74) Die Grabenarbei- ter nu'issen die ausgeschaciiteten Massen des ei-steu Gral)ens vor dei' Mauer auf- 's schütten, die der anderen aber in der Mitte des Zwischenraumes, damit man die Palisadenwand sicher aufstellen kann und die erhöhten Zwischenräume dem Vorwerke und der Mauer Sicherheit bieten. (75) Vor dem zweiten und dem dritten (Graben) ist die Palisade ohne Vorwall •' aufzustellen, damit es den Fein- den keinen Unterstand biete.

(76) Vor dem äußersten Graben sind ferner von den Bürgern und aus Ge-

85, 3. 4 OYK eiei PV 4 eieic Gra 5 babytatoyc V 7 (tic) nach Z. 11

A. Schoene 8 b tc Gra: oytc l'V nAAANTiAroc P 10 XNTiTYnHcei PV: com. Gra: «f.

XNTiTYnHceTAi« Th mg 11 nAHCiACoici l'V: corr. Th ^an] kan Gra 12 aynhcontai PV:

corr. U 14 XOY Th mg: ToixoY P\' 16 cxäpah V 17 TJeeTAl PV: corr. R

19 GSTeoN PV : corr. Gra 20 tpithc] nPcoTHC Gra Fortif. de Carth. p. 200 n. 2 21 ^X£l

J'V: corr. K: ^XHC Gra 22 nPÖ ac 29 kataayngin] vgl. Anon. Pol. p. 209. 12- 16 W.

und unten p. 100,4 CYNArÖNTAC P

' CYPin ist für kaTmai gesetzt. Die Projektion dieser auf die Horizontale ist 5.3232 m.

Stelle wichtig für Beurteilung der Schulnvciten.

'■' In beiden Fällen sind Verteidigungspalisaden notwendig, die Schußfeld vor sich haben müssen.

Exzerpte mis Philons Mechanik VII. VITI (I 71—79; p.SSJ.

37

PA Te T(DN nOAlTOJN KAi Z^HMOCIA KePAMIA ÖPGA KAI K€NA Aei KATOPY'TTelN, CA5ANTAC TA CTÖ- «ATA «YKei- ACHOTON fXp ^CTI M€TÄ AB TAY- TA THN ANMeeN iniBÄAAGIN, CüCTG TOYC M^N Xn-

ePwnoYC MHeeN nAcxeiN aginön en' aytän ba-

aIzONTAC, TÄC A^ nPOArOM^NAC XCACüNAC KAI «HXANHMATA in AYTÖJN KATAAYNCIN. (77) nOA-

AAXOY A^ ÖPYKTdON KAI T^AMATA, nepl A OA-

aIoypon Aei «YTeYeiN, Yna uc häaicta aycxs- peiA riNHTAi. (78) KATAAeineN a^ täc tä«poyc 6- p-t-ccoNTAC öpefic ^xoYCAC ÖAOYC ämaihaAtoyc

IKANAC, VnA KOMizeiN eiC THN HÖAIN ÖCA nPO-

CHKON ^K THC XC&PAC AYNÜMCeA.

(79) ■( ) XPIHCIMOI A^

85 meindebesitz irdene Gefäße zu sammeln, die aufrechtstehend und leer einzugraben sind, deren Öffnungen mit Seegras ver-

"5 stopft werden, das nicht fault; dann ist oben darauf Erde zu werfen, so daß /.war die Menschen, ohne Schaden zu leiden darüber gehen können, die vor- rückenden Schildkröten und Maschinen aber auf ihnen einsinken. (77) An vielen Stellen müssen auch Sumpflöcher aus-

gegraben werden, um die man Dornen- hecken anpflanzt, damit ein möglichst schwieriges Gelände geschaffen werde. (78) Beim Ausheben der Gräben sind ge- radelaufende Fahrwege in ausreichender Zahl stehen zu lassen, damit wir ange- messene Giengen von Zufuhr vom Lande

35 in die Stadt bringen können.

(79) Brauchbar sind auch die Triboloi ',

85,23 AHMÖCIA PV: corr. Gra 25 «YKei achoton Gra: »ykIac htton PV 28 npo-

CAroM^NAC Gra 29 [in' a^tön] Gra 31 aycxgph Er 32 KATAAeineiN Die: KATAAine?N

( T über 1) PV; -i auch am Hände \' _^^ ÖPeAc P: in OPeoYC m' geändert V: corr. Egger:

6xeAC Die 34. 35 nPOCHKeN I'V: corr. Br 35 [xphcimoi 41 xpeiAJ anderswoher

•1 : 100

1: 10

' tpi'boaoi gibt es in 4 Arten: 1. Der fünfellige Tribolos (aambaa) diente zum Auf- balten der von hochgelegenen Festungswerken abgelassenen Wagen, Rädern und runden Steinen, siehe Wksiher 210 Fig.Lxxx. 2.D€rMauertribo- los diente zum Abschwächen der Widderstöße und Ge- schoßaufschläge gegen die .Mauern. 3. Die Fußangel diente zum Ungangbar- machen kleiner Gelände- strecken, besonders der Bre- schen. 4. Das Brandgeschoß (Feueilanze), harpunenähn- lich. je nach Größe und Foi m nn't der Hand, Pfeilgeschüt- zen oder Steinwerfem ge- worfen,dien tezum Anzünden von Angriffs- und Verteidi- gungsma.schinen und Gerät aller Art Bild 18. Hier ist der Mauertrii)olos geraeint, der in gleicher Form auch

Hild 18.

zum Dreschen benutzt wurde. Serv. zu Vergil Georg. 1 164 tribula genus vehiculi omni parte dentatum, unde teruntur frumenti. Das Urspi'ünglichc scheint eine stachlige Pflanze, die The ophr. be.schreibt, zu sein: Tribula terrestris Linn.

88

DiKLS und E. Schramm

1 '.lO

;^^

XtoTOC WOTTtVC

I'.ilfl 19.

eiCI KAI Ol TPIBOAOI, OiC AAOßCI, KAI AI AfKY-

puToi adkIasc KAI Ol xHAtüToi KoneTc np6c

KCOA-f-eiN KAI eKTPAXHAIZelN TAG nPOCTie€M£NAC KAI- MAKAC. (80) Ael Ae Ka'i «HXANHMATA YnÖTPOXA

YnÄPxeiN,

MAAICTA MEN B, £1 A^ WH TS fe'N, YnA f>AAia)C OAPA-

reNHTAI OY AN AYTÖN fisHTAI XPEIA (. . .)

(81) KATACKeYACT^ON

Ae KAI nAPÖAOYC ka'i aiöaoyc Äc*AAeTc im täc

nAPA-

BOHeeiAC TOY XAPAKOC, INA MH Ol nOA^MIOI iu] TA XeiAH CTHCANTeC THC TÄ*POY TOYC neTPOSÖAOYC

85 die beim Dreschen verwendet werden, und die Ankerstangen und die zwei- zinkigen Gabeln(s. Bild 19) zum Abwehren und Hinabwerfen der angestellten Leitern. (80) Es müssen aber auch möglichst zwei. jedenfalls aber wenigstens eine fahrbare Maschine vorhanden sein, damit sie leicht dort erscheinen können, wo sie gebraucht werden. . . .)

(81) Es müssen ferner aiich Wehrgänge undsichereDurchgänge zur Unterstützung der I'alisadierung hergestellt werden, da- mit nicht etwa die Feinde auf dem Rande des (Jrabens (s. Bild 20) ihre Stein werfer

IJild 20.

(etwa p. 90, 24) irrtümlich hierher verschlagen Gra CKuvres II p. 170

85,36 [oic Aacüci] Fa AI] oi PV: corr. Hase Thes. s. v. ArKYPcoTöc 37 KoneTc

Bue (neben KoniAec): KoneNiec l'V: tilgte Gni 38 koaoyein Bue 41 an] ikn PV:

corr. Ora aytoTc PVK: cori'. S reNHTAi 1{

Exzerpte aus Phüoms Mechanik VII. Vlll (I 7!> 87;p.S5.S6).

39

ePYMATI XPCDNTAI (a'Y'Th) Ka'i Tofc nOACMioiC MH

1^ XPH- CWOC, (iNH AG H TA^PelA.

(82) CnOYAACTEON a' eCTIN ac MA-

AiCTA nepi nporeixicMATA kaI täc tA*poyc kai

TÄC XAPAKUCeiC- YnÖ PAP TÖN AleOSOAWN KAI

cToüN PaäIuc aaIckctai TA TEi'xH. (83) nepi OYN

TAYTA ♦lAOTIMHT^ON iCT'm, INA, &C (cXYPÖTATA (ff Ta) HPO- TeixiCMATA KAI AI XAPAKÜCGIC, Ka'i AI TA«POI d)C TTAeFCTAI KAI BASYTATAI riNUNTAI TOY- TUN rÄP APMOZOMENWN OYSCN AN OÄeOl AEINÖN

H nÖAIC.

(84) opeAc a' Sxei täc TeixonoiiAc noieTceAi

nPOOPÜNTA TOYC TÖnOYC- XaAH rÄP AAAH Xp-

MÖTTel, OTON fl M£N MAIANAPÜAHC TH nCAINH

H AG iK

t6n HMIKYKAJUN Ka'i HPIONUTH, 6TAN Ö TÖnOC

H CKOAIÖC, ÖN ^CU AcT nCPIAABcfN ' H A^ AinAfl,

ÖTAN KÖAnOYC KAI ANAXWPHCeiC fe'XH, HÖAICWA

önoY AG? KTiceHNAi- H A^ AoiÄ Meconv'P-

riA ixOYCA ToTc TPir^NOIC eiAGCIN- H a' Äp-

xaIa to?c nepioepeci xupioic.

(85) S'fAABHT^ON t' ^CTIN

^N nXcAic taTc nYPronoiiAic, Tna katä wh- e^N TeTxoc Xm^Iboaon oikoaomhtai. (86) acT

AG KAI TUN ArAeÜN ÄNAPUN TOYC TÄ(1>0YC KAI nOAYAN- APIA nv'PrOYC KATACKCYÄZelN, "^^NA fi TS HÖAIC Ä- C«AA€CTePA rJNHTAI KaI Ol W^N Al' XpGTHN

(XpicTCYCANTec; , oi

a' Yn^P TflC nATPJAOC TeAeYTHCANTeC 6n ayth Tfi nATPJAI KAAÜC &a TeeAWM^NOI. (87) TO-r-TOüN AG

85 aufstellen und ihn als Bollwerk benutzen können und so der Graben nicht den

4* Feinden Nutzen bringt, sondern uns.

(82) Ganz besonderer Eifer ist ferner auf j die ^'or\verke und die Gräben und die ! Palisadierung zu verwenden, denn durch I die Steinwei'fer und Schutzdächer lassen sich die Befestigungen leicht erobern.

(83) Darum ist dies eine Flhrensache. daß die \'orwerke und die Palisadierungen

so stark als möglich und die Gräben so zahlreich und so tief wie latöglich her-

86 gestellt werden; denn wenn diese Dinge richtig angelegt werden, kann die Stadt wohl keinen Schaden i,ubelTirchten haben.

(84) Richtig ist es ferner, den Festungs- bau ei'st nach der Erkubdung des Ge- ländes auszufiihren, denn die eine Art

' paßt hier, die andere dort; so paßt z. B. das Mäandersystem in die Ebene, da- gegen das Halbkreis- und Zackensystein. wenn der Ort, der befestigt werden soll, gebirgig ist; das verdoppelte, wenn das Gelände, auf dem die Festung erbaut werden soll, vor- und zurückspringende Teile hat; das mit schrägen Kurtinen paßt zu den dreieckigen Geländeformeii : das alte endlich lur runde Orte.

(85) Bei allen Festungsbauten ist Sorge zu tragen, daß die Mauer nii'gends » Kreuz- feuer« erhalten kann. (86) Auch sollen die Helden- und Massengräber in Turm- form errichtet werden, damit die Sicher-

'' heit der Stadt vermehrt werde und so- wohl die durch ihren Heldenmut Aus- gezeichneten als auch die füi' das N'ater- land Gefallenen im Vaterlande selbst eine schöne Grabstätte erhalten. (87) Von allen

88,45 ^AYTfi) Fa, Br [mh] Gra 47 tag fehlt a 49 [ncpi 2 nÖAic] Gra

50 ^ct'i 1'\' (üC Gra: cuCIN l'V rt tä, Gra Fortif. de Cartli. p. 199

86, 1 d)C Gra: d)cei PV 3 a' ^xei Er Va: ag agI PV 6 ka'i in Has. P kai (k}

Gra 7 nGPiBAAefN V 9 ktibhnai PV: coir. R 1 2 katä S : kai PV 14 kaI (tä) Gra

15 <üC/ n-fproYC E. Curtius 16 Lücke Br: Xpictgycantgc erg. Die 18 tgbam^noi P

40

D 1 E L s und E. S C H R A M M

UN ASAHAOJKAMeN nACÖN TWN nYPronoiiöN ^N 86 diesen von mir beschriebenen Befesti-

gungssystemen habe ich Dir in diesem Buche selbst die Pläne gezeichnet, damit

CA<t>ecTepoN Tna KATAMAeHC. Du es besser verstehen kannst.

AYTCO COI BIBAICO TA CXHMATA rerPAniAl,

u

'Opeöc fe'xei AH-

MOcIa KAI KATA TAC lAlAC OIKIAC AnOKsTceAl {ka!) AAAA TÖN ACHOTUN, OiCN KÄXPY KaI TÖN EN TO?C APAH-

MACi nvPÖN KAI ePSBiNeorc ka'i eepMovc ka'i tnnAKHN KAI oPÖBOYC ka'i chcamon kaI MHKCöNAC nPÖC TAC TÖN *APMÄKü)N CYNeSCeiC, ^Tl AS Ker- XPON- nPÖC AG TO-VC <t>OINIKIKO-Vc APTOYC ' (2) KAI

nAPA

TOFC SYnÖPOIC TÖN nOAlTÖN KPEA KPEMACTA (h) CYT- KeweNA eN OINHPÄ TPYriA, AAAA A€ haicwena- nPÖC Te PAP TPO*HN KAI icX'YN OY «IKPAN CYM- SAAeTTAI KAI AYTAPKfilAN nAPSäETAI OACAN OYAEN

ÄPTY-ceuc oya' aaöc nPocAeÖMeNA- (3) kai äpäkoyc «AAiCTA MSN ne*(i)CMeNOYC, ei A€ «H, öc exei.

AAAOYC <^a') ^N AWGPrU ne*YPAMeNOYC OYTü) PAP ACHnTON riNETAI ' (4) KAI MnATA felW TÖN YeiuN

eXONTA THN XOAHN HAICMENA KaI ^IHPAMMeNA SN CKIA'

AOAeecTePA rÄp oytcu- AiAMENei. (5) CYNÄreiN as

TAYTA Aei nAPA TÖN MATeiPUN KAI TÖN lAlü)- TÖN YH*icMATI TIEPIBAAAONTAC.

(6) TAC Ae KPieÄc ac?

KAI TOYC nYPOYC '(*YAÄCCelN) ÖC BEATICTA KAGA-

PANTAC KAI

CIPOYC ÖC BAeYTÄTOYC YnAlOPloYC OPYiANTAC

KAI TOYTCON SAA^OC ÄACJYANTAC ÖCON feni

II.

(1) Es ist sodann richtig, von Seiten des Staates und in den Privathäusern auch andere nicht faulende (I^ebensmittel) aufzubewahren, wie Gei-ste, Weizen in Garben, Kichererbsen, Bohnen, Stuten- iiäse. Pahlerbsen. Sesam und Mohn für die Ar/.neibereitung sowie auch Hirse, endlich Palnienbrot. (2) Bei der wohl- habenden Bevölkeruni: gedörrtes oder in Weinessig eingemachtes, daneben auch gesalzenes Fleisch; denn das wird keinen unbedeutenden Beitrag zur kräftigen Er- nährung liefern und wird allein völlig ausreichen, ohne weitere Zubereitung oder Zusatz von Salz zu erfordern. (3) Und l->dnM>sc, am besten geröstet, sonst wie sie sind, ferner solche in ölhefe einge- macht; denn das hindert die Fäulnis. (4) Ferner eingesalzene und im Schatten getrocknete Lebern außer schweinernen, mit der Gallenblase; denn st» wei"den sich diese besser halten. 5. Diese (^Lebens- mittel) sind auf Gi'und einer Verordnung überall zu erfassen und von den Stadt- köchen wie den Privatleuten beizutreiben.

(6) Die Aufbewahrung der Gerste und des Weizens muß nach möglichst sorg- f Tdtijroi- Keinigung in möglichst tief unter freiem Himmel eingegrabenen Getreide- kanunem erfolgen (s. Bild 21); der Fuß- boden wird 4" (0.07) tief mit geknetetem

86, 20 AYTÖ] ecxATCp c\. llaase Ersch et Gi-uber s.v. Philon p. 434 n.42 22 (kaI) Die.

Anderes enthielt der dem Exzerpt vorhergehende Abschnitt äaaa PV: äaaa (je) Gra: noAAA S 27 nach KerxpoN oder aptoyc fügt Z. 32 kai Äpäkoyc 35 riNeTAi ein S

*OINIKIKOYC PV: «OINIKINOYC S 28 <,H^ Die: (kM\ S 30 MIKPÄ R CYMSÄAeTAI

PV: corr. Biie 32 npocAeÖMENA R: npöcAeöweNON PV: npocAeoMeNHN Va kai Äpäkoyc

KTe.j vgl. zu 26 34 <^a') Die 35 yiön P: yön V: corr. Die 41 ceiPOYC PV

42 ÄacIyanta PV: (■()ri-. R: de!. Th mg

Exzerpte aus Philons Mechanik VII. VJll (1 S7; 11 2 - //; p. SO. sj). 41

ci poc Bild 21.

T^CCAPAC AAKT'r'AOYC BAGOC nHAÜ AieiPrACMCNCp 86 KAI HXYPCOMENü) Ka'i KYKAU nCPIAAeirANTAC

Xwöpreü- (7) ecru a€ «cn ayo m^ph xnoy, 45 Ad iEN Xmmoy eic TÖN hhaön eMsesAH-

M^NA. (8) ^N TO-tTOIC KAAÜC EXei OHCAYPIZelN, AN

(i)C MÄAICTA IHPANe&CIN. (9) ^MBAHe6NT0C AE TOY CITOY Ae? OIOYC KEPAMION 4)C APIMYTÄTOY €10 TÖN M^CON txP\ TOY TPAXHAOY KATOPYIAI ' KAI 5" nCPIBAAÖNTA ANUeeN \tH KWNOeiAE? CXHMATI

nAJNeoYc

KATAAeiYAl HHAÜ ' OYTO) TÄP ACHITTOC riNGTAI. 87

(10) TJeeTAI A^ KAI AAAON TPÖnON ^N Ync-

PUOIC AIA-

AHAelMM^NOlC ^N AMÖPrCj) TOV'C ToIxOYC KaI i- AA4>0C, ka'i TAC OYPIaAC ^XOYCI KAI AIEKONOAC

nAeioYC ^ctpamm^nac npöc boppän ka) ne«PAr- 5

M^NAC AIKTYOIC, Tna «HO YnÖ TÖlN ÖPNl'eWN KATCCeiHTAI MHT€ GHPiA ^rrifNHTAI ' Ö HYPÖC

a' oy; cAneTAi

Tee^NTOC 4)CAYT<0C ÖSOYC.

(11) «AN A^ JYAUN CnANIZUMeN. Aef TOYC

CITOBO-

liiul mit Spreu versetztem Lehm niis- gefüllt 1111(1 riogsiim (der ganze Silo) mit Ölhefe l)estrichen : (7) man nehme aber 2 Teile Spreu zu i Teil Sand in den l.ehm. (8) In diesen (lietreidei<ammern) läßt es sich gut aurspeichern, vorau.s- gesctzt. daß sie möglichst gut ausge- trocknet sind. (9) Ist das Getreide ein- gebracht, soll ein Topf mit schärfstem Kssig in der Mitte bis zum Halse ein- gegraben werden ; dann soll man oben darum Ziegel in Form eines Kegels setzen und sie mit Lehm verschmieren; denn so wii-d es nicht faulig werden.

(10) Es gibt aller auch noch eine andere Art der Aufbewahrung, nämlich in ober- irdischen Speichern, deren Wände und Hoden mit ölhefe überstrichen sind und die mehrere nach Nordtjn gerichtete und mit Netzen vereperrte Fenster und Luft- löcher liabtMi, damit (das Getreide) nicht \on den \'ögeln gefr<!ssen wei'den oder Tiei'e eindringen können; der Weizen aber fault nicht, wenn man in gleicher Weise Kssig hinstellt.

(11) Haben wir aber Holzmangel, muß niaii die (ietreidespeicher so bauen

86.43 tlHAÄ nePIAACirANTAC ÄMÖPfü) Die: ka'i KYKAU nePIAAGlYANTAC nHAÜ AieiPrACMeNü)

KAI HXYPooM^NO) ÄM^Pfu PV. Mit Bewahrung der iiandschriftl. Stellung verm. hxyp. ka'i Aieipr. S nach Cat. r. r. 92; X'arro r. r. I 57, i ; Col. I 6, 13: hxypumsnü) ^kaI BeBPerw^NO) am. 15r XNOYC I'V: corr. S 46 Xmmon FV: corr. S 47. 48 an ojc ür: uc an V\ 50 tön]

R 51 /^n) Die vgl. 87,3 nAiNeoYC S: nAiNooic PV

87, I riweTAi cfroc) S 2. 3 AiAAeAew^NOYC PV 3 [iu] S (vgl. 86,51), '^'"'1»

hält er es .jetzt nach Sept. Kstli. II 12 Xai^ömbna iu cmypnIco äaaio) 5 bopan PV: corr. Ha

7 KATeiceHTAi V: KATeiceHTAi P drrirNcTAi PV '''^' oy) S

Phil.-hi.sl. Abk. lUli). Xr. IJ. 6

42

D 1 K I. s und K. Schramm:

1 1

/

'1 \'1

<tl

3

V

1 1

SV O <J t-M-ft.«W-»W-lA/ft^t'V'»V

'VVVl'lw

3onvvtngtwö £6t- -J c- n -vt 'bt o o < -»^

ß-t/CliXt'c) fc-01^■e/l•C^-C/V, ^ : ZO 0. Bild 22.

ßf^nt^

AÖNAC OIKOÄOMeTN OYTUC ' OTAN YnOBAACüWeeA TO^C 87 eeMGAlOYC TOY OIKOAOMOYMeNOY O'ikoY, AABgTn h HMICY TOY nAATOYC KaF, TOCOYTOY YYOYC HMI-

K~t-KAION nOIH- CAI (12) KAI nPÖC TOYTO AG? AIa) TPKEn nHXUN

OIKOAO-

Me?N 6*' €KATePOY TOY ToixOY AY?AAC nAINGINAC '

eCTü) AS nAÄTH AYTOJN (. . .) AYO nAiNeMN iVW- 15

TeeeiccöN

87,12 TOCOYTON YYOC I*V: TOCOYTON YYOYC K

14 EKATePA PV: curi-. S 15 aytun (a-t-o riHxewN

(s. Bild 22 1: Sobald die Gruiidinauern des 7,11 erbauenden Gebäudes errichtet sind, soll in halber Dicke und gleicher Höhe ein Halbkreis hergestellt werden. (12) Und von diesem ab soll man mit Zwischenräumen von je 3 Ellen (1.32) auf beiden Wänden Gewölbebogen aus (>)uadern aufbauen. Ihre Dicke soll 2 Ellen (0.887) betragen; wenn zwei Steine aut die Grundmauern gesetzt sind, sollen

1 3 npö To-f-TOY PV AiA statt Aei S

ka'i) S

Exzerpte aus Philons Mechanik VIT. VTTT (II ii 20; p. 87).

43

^ni TÖN e€«eAi<oN tac atJ^ac ÄiHxeAi AeT 6- gi

CON nfiXYN MHKel- \ . .) TU Ae HAÄTei AiOHXY ,7

nOIHT^ON. (13) TOYTO Ae fCT« leCTWN AietüN H

CVrKPOY-

CTUN üc MericTuN, Yna aynhtai bäph «^-

PeiN. (14) ÖTAN AS CYNAXeßCIN AI AyTACC, ^ni 20

TUN ee-

MCAIUN ÖPeOYC OIKOAOMHCAI TOJXOYC (15| a'

ANA MeCON AIÄCTHMA TUN ToixUN KAI XyIAUN nAINGOIC AnOHAH- PÜCAl, ÜCTe TeTPÄrUNON rSNECeAl oikoaomhma

fcoN YYOC ta?c XriciN gxoN. (16) gTta eic ta anä

M^CON TUN Xr'lAUN AIACTHMATA CTPUTHPAC 6ni- 25

BAAe?N TOYC ICXYPOTÄTOYC KAI ANUBEN KÄAAMON KAI KATA- ACIYAI (i)C B^ATICTA- (17) KaI ^ni TOYTOIC ^ÄN T€

BO'fAH CITOBOAÜNA OIKOAOMHCAI, THN ANCO OPO0HN AOKO^C AlAeeiC KAI CTPUTHPAC eniBAAÜN KCPAmUCON KAI

KATÄ-

aciyon WC B^ATiCTA (18) ^ÄN Ae «H oi'koaowhc, 30

CYNCXH THN Oi'kOAOMIAN ÜCnCP KA/^PAC nOICIN KAI OYG^N CTPWTHPWN nPOCAeHCETAI.

(19) INA A^ COI CYPYBMA fi- NKTAI T/k 0iK0AOnH/>\ATA ^XONTA CYMMCTPON YYOC

TU wereeei, toyc eeMCAiOYC YnoBAAÖweNOC önn-

aIkOYC an BOYAHOHC, [TOYTOIC ICON] AAMBANe 35

YYOC TUN XyIaUN AnÖ TUN eeMCAlUN dcON eiPHKAMCN

(20) '. . . San a^ hpo^ah «htc monöaibon cinai

■»■n^PÖYPON MHTe iYAlNON, MH ^wnPHcefi, nOIHCAC THN eicOAON ÖnHAIKHN BOYAei ^iOIKO-

die Bogen eine Elle dick (0.4425) ausgeführt werden. Nach der Breite sollen sie 2 ellig (0.887) gemacht werden.

(13) Dieses Gewölbe soll aus behaueaen oder möglichst großen Bruchsteinen zu- sammengefügt sein, um die Belastung (des Schüttbodens) tragen zu können.

(14) .Sind dann die Bogen geschlossen, sind die ümfassiing.smauern auf den (ii undmauern gerade aufzubauen, (15) der Zwisclienraum zwischen Seitenwänden und Bogen mit Ziegeln auszufüllen, so daß (las Bauwerk in der gleichen Höhe der Bogen viereckig wird. (16) Sodann lege man auf die Zwischenräume der Gewölbebogen .stärkste Balken und dar- über Rohr und verschmiere es bestens (als Schüttboden). (17) ITnd wenn man auf dieser (Decke) einen .Schüttboden er- bauen will, so errichte man darüber ein Ziegeldach aus Balken und aufgelegten .Sparren und ver.schmiere es bestens. (18) Will man aber nicht so l)auen. so mache man den Bau ziisamuienhäiigend als Gewölbe (s. Bild 22), und man wird nicht Längsbalken nötig haben.

(19) Damit Dir der Bau in schönem Formverhältuis, symmetrisch in der Höhe zu der Länge werde, nimm, wenn auch die Fundamente beliebig groß zugrunde gelegt sind, die Höhe dbr Bogen von den Fundamenten ab so groß, wie ich Dir angab. (20) Wenn Du aber zum Tür- stur/, weder einen Monolith noch einen Holzbalken wählst, damit er nicht au- gezündet werden köiuie, so mache den Kingang so groß, wie Du willst, und fülle

17 ^TÜN eeMEAJuN YnÄP rflc tthxyaTon YYe'i oder MHKei,) S 18 zecTüN l'V:

corr. K 18. 19 cypkpoyctün] vgl. Bull. corr. hell. W'Il (1893) 243 22. 23 AnonAH-

P(oc€i l'V 25 CTurfHPAC V; vgl. Boeckh Opp. VII p. 489 enisAAAeiN PV: corr. Bue

29 ka) (nach kcpawucon) Die: h P\' 29. 30 katAaciyon Th: katA yiaön 1': katA yhaön V

30 ikn T€ «H Bue oikoaomhcai Bue cyn^xh l'V 31 nciei IL Schoenc t,^ tu Vyei l'V': corr. S 34 YnoBAAAÖweNoc PV: corr. S 34. 35 önoAiKCYC \ 35 ^An BOYAHOfi PV: corr. Ha [toytoic icon] Er 36 öcon eiPHKAweNJ Z. 11. 12 37 monö- BYPON PV: corr. Ro 38 mh S: mht' PV

«*

44

DiEi, s und E. Schramm:

Bild 23.

AÖMHCON nAINGOIC- (21) SiT ANUeCN TIGe'lC 16- 87

CTOYC AieOYC erKAICIN SXONTAC TOYC MEN eic 4i

APICTSPA TO-VC A6 SIC AEIIA, eOEITA ("K

TOY MSCOY KATÄKAeiCON ANCOeSN MEN AieO) EY-

pe?, KATweeN ae ctenw änapmöcac cocnep c*fl-

NA- (22) TOYTO Ae nOIHCAC 6S€Ae TÄC eic THN 45 AIOAON eMBAHSeiCAC nAiNGOYC MENei TAP ÄC«A- AÜJC. (23) XPHCIMON AS TOYTO KAI SN TaTc HYPrO-

nOMAIC, ÄNTI TUN YAAIACON SAN TIC BOYAH-

TAI OYTUC KATACKEYÄZeiN TAC HYaIaAC. (24) TOYC MEN OYN CITOBOAÜNAC OYTü) KATACKEYACTEON 5" ^CTIN.

(25) TYrXANEI AE TOY CITOY AnAGECTEPOC Ö CHA-

PEIC KAACOC EIC KATEIPTACMENHN THN KaI SE- 88

piceeic iHPoc kai «eInac en toTc APArwA-

(ilin) mit Ziegeln ' aus. (21) Dann lege von oben behauene, abgeschrägte Steine (s. Hild 23) tiMls links, teils reohts darauf, sodann mache mit einem oben, breiten ' unten schmalen Steine, den Du wie einen Keil einfügst, den Abschluß in der Mitte. (22) Ist dies fertig, so nimm die in dem Durchgang eingesetzten Ziegel wieder heraus: denn es wird fest bleiben. (23) Auch beim l'estutigsbau bewährt sich dies, wenn man die Tore anstatt mit Gewölben auf diese Art bauen will. (24l Die Schütt- boden muß man also auf diese Ai-t er- richten.

(25) Vom Getreide ist das weniger empfindlich, das auf gutgepth'igteni Boden gesäet, trocken eingeerntet und möglichst lange in den fiarben geblieben ist.

87.40 nAiNeoic lio: -on comblera celte ouverture avec d< s briques- (vgl. Z. 46): nYProYcPV: eicoikoaöwhcon nAiNeoYc' Br vgl. Thucyd. II 75,4 ehe l'V: vgl. zu p. 88, 6 TieEic] TJGEi oder ^niGEC Bi- 41 efkaeicin VV: corr. Th mg 43-41 '^•6'? a. m. er. Br

44 CTETNCo l'V: corr. Br 45 Eic TÖN V 46 «ENsf A. Schoenc: «enei PV

88, 1 EIC KAAÜc verstellt Br, vgl. Theophr. c. pi. 111 20, 6

Die /um Stützen der beiderseitigen schrägen .'steinsetzung bestimmt sind.

Exzerpte aus Phüons Mechanik 17/. VI II (II 2l~-:Ul; p. 87. S8). 45

CIN (i)c nAeTcTON xpönon. (26) riNeTAi ae kai

AAAUC ACHnTOC, ^AN ^K THC KAAAMHC ÜAeNAC nOIH- CAC KYKAU nePi TOYC CIPOYC nePITeiNHC AYTOYC.

eir' AprrAÜAei hhaü AiAnÄTXwN ewBÄAHC

TÖN CITON <,fl) HOATA eAÄfOY IHPA KATATEMCÜN MIKPA ^«BÄAHC (27) MAAICTA AE ACHOTON AIA*Y-

AÄTTei TÖN nYPÖN KAI KPieHN KAI TA OCHPIA, ^ÄN

CYrKÖYAC TÖN THC THAeUC KAPHÖN AIA neTPÖN

eiC TOYC ClPO'f'C XnOTIBH TOYC eiPHWENOYC

KAPnO-i-C, H THN KÖNYZAN H THN ÖPirANON (i)C 6X61

AiAwicruN ^N ToTc CIPOlc enCAYPiZHC TA

ocnpiA- (28) kXn oypu eiciieeN ^nipp-f-TOYC noiAcHC

TOYC CITOBOAWNAC, AIA*YAÄTTOYCIN X»eÄPTOYC

TOYC KAPno-f-c.

(29) ACI Ae TA TOIAYTA OIKOAOWHMATA KAi X(l)NAC fxeiN ^N M^CAIC TAIC ÖPO«A?C, INA ^AN BOYAÜneeA, BAAAHTAI KAI KATAKOwiZH-

TAi Paaiuc katapp^wn ö cTtoc elc kätco oiKHMA. (30) TieecGAi AC npocHKei «h Iaatton

eic ^NIAYTÖN TÖN C?TON THN nÖAIN XfOPÄZeiN

88

(26) Auch aul' andere Weise kann es widerstandsfähig gegen l'iuilnis geniaelit werden, wenn man Rohrbiindel maclit lind diese ringsherum in den Oriibcn einspannt, dann das Getreide einwirft, indem man es mil tonhaltigem Lehm be- slreiit (oder) getrociinete. kleingeschnit- tene Hirschlebern hineinlegt. (27) Am besten kann man den Weizen, die Gerete lind die Bohnen vor dem Faulen be- "waliren, wenn man zwischen Steinen zerquetschten Bocksliornklfesamen mit den erwähnten Fruchtsorten in die Gruben einlegt oder die Alantwiirzel oder Ma- joran, wie ei- gerade zar Hand, ist, mit den Bohnen dnrcheinandermischt und diese so in den Gruben aufbewahrt. (28) Auch wenn man die Getreide- behälter mit Lufiziilliiß ' \ on auli^en her- stellt, erhalten sie die Frucht un- verdorben. (29) Derartige Gebäude sollen aber in der Mitte der Dach- boden Trichter haben, damit, wenn wir wollen, das Getreide leicht einwerfen und hinabschafl'en können, indem es in das Untergeschol3 iiinablließt. (30) Es gel)ührt sich aber, daß die Stadt sicli nicht weniger als für -ein Jahr Getreide

88.3 XPÖNOIC l'V: XPÖNioc Ha 5. II C6IPOYC l'V wie 13 4 coaenac l'V. Ks liegt

die masc. Form (oahn, ua^noc vor, die Suid. s. v. ooa^nai und (üahn bezeugt. Mit der Bedeu- tung -ßriiidcU vgl. Hesych. 6a6NOI : KPieflc accmoi 6 noAu P aiahaättcon l'V: cori'. S: vgl. Theophr. h. p. \I1I 11,7: Geop. II 27,8 7 <(A, Bue 6 [^mbaahc] S 8 fehlt V II ÄnoTeefi PV: Anoenc Schneider ind. Scr. r. r. sub v. ceipoi 12 opIpanin P\': corr. K 13 encAYPizeic P\' 14 kan oypu S vgl. Geop. II 27,5: kaaoy'pu PV ^pipp+toyc V; ^pp-r-TOYC P: .^PPytoyc pro ÖNP+TOYC- Lobeck noiticeic PV 21 H eic;' S, doch vgl. 1,0b. ad Phryn. p. 410

' OYPoc. sonst nur poetisch vom Fahrwind gebraucht (doch s. Xen. Hell. II 3, 31 ) scheint hier vom Luftziige verstanden werden zu müssen. Siiir.\m.m. An der gewöhnliciien liedeuliing -Jauche, ist wohl auch hier festzuhalten. S( hone zieht (ieoponica II 27. 5 her- bei; TINÄC A^ eic THN KONJACIN KAI KTHNÜN OtPON MirN+OYClN <i)C «eOPOnOlÖN YnAPXON TÖN Z<J(i)N. KAI THN OCTPAKOKONIAN A^ THN ^ni TOY ^AÄ»OYC XPIOM^NHN TU OYPü) BP€XOYCI. Hier

muß man annelmien. daß Kanäle in das Innere des Silos führen, die, ohne mit dem (le- Iri'ide in Berührung zu kommen, die aimnoniakalischen Dämpfe der Jauche zur Abwelir des Ungeziefei-s im Innern verbreiten. Diki.s.

4(5

D 1 1: i> s und V.. S c II R A m ,m :

Ae Aei ÖTAN eYu)NÖTATOC H KAI AieAeÖNTOC TOY XPÖNOY TÖN MEN HAAAION ANAAlcKgiN. NEON AE AAAON TieeCGAl nPÖC TAC riNOMENAC nOAlOP-

KJAC Ka'i TAC CYWBAINOYCAC CITOAeiAC.

(»1) XPH- CIMON Ae €CTI KAI CkIaAAC KAI BOABoVc EN TAIC

oiKiAic ÄnoTieecsAi kai »ytsyein en tk nÖAei kaI K'r'KAa) nepl teIxoc, i'na katackeyazo-

MENOY TOY "enlMENIAeioY <t>AP«ÄKOY MHGeN HMÖN nAcXMCIN Ol .HOaItAI KATÄ TÄC CYWBAINOY'CAC CI- TOAeiAC. (32) cYNTieeTAi Ae AEAerweNON *äp-

MAKON KATÄ TPÖnON A*eYHeEicHC CkIaAHC

KAI nAYeeicHC yaati kai iHPANeeicHC katako- neicHc (te uc AenTÖTATA kai mstä tayta oapa-

MIXe^NTOC EIC AYTHN CHCÄMOY WEN TOY neWnTOY WEPOYC, «HKWNOC aC OENTeKAIAEKATOY- KAI nANTUN TOYTUN AEANeENTWN EN TU AYTÜ, CbC BEATICTq) MEAITI »YPACANTA AIEAEIN ÖCON EIC eAAlAC TAC MericTAC riNOMENAC- (33) KAI TOYTÜJN EN MEN nePI AEYTEPAN ÜPAN, gN A6 nCPi AE-

KÄTHN ÄNAAICKUN TIC OYOeN AuÖ AIMOY nÄGOl

AN AEINÖN.

(34) eCTI AE »»AI AAAO nAPAHAHClÖN Tl TOY- TO) »ÄPMAKON, Ö AE? CYNTieENAI TOYTON TON TFÖ-

88 einlegt. Man soll es kaufen, wenn es am wohlfeilsten ist, und das alte ver- Ijrauchen, wenn die Zeit vcrllossen ist, und anderes, neues einlegen für die etwa kommenden Belagerungen und den dann

^' eintretenden Nahrungsmangel.

(31) Praktisch ist es ferner. Zwiebeln und Bollen in den Häusern aufzustapeln lind in der Stadt und rings um die Mauern anzupflanzen, damit die Epimenideische Dauerspeise bereitet werden kann und un-

-" .sere Mitbürger bei dem eintretenden Nah- rungsmangel nicht zu leiden haben. (32) E.S wird die genannte Dauerspei.se richtig so bereitet, daß man Zwieteln abkoclit, dann mit Wasser auswäscht und trocknet, sie alsdann so fein als möglich zer- schneidet und ihnen darauf Sesam zu 5

35 und Mohn zu 15 Teilen beimischt. Dann vcrreilit man dies alles glatt in demselben (Topfe), vemiischt es mit dem besten Honig inid zei-stückelt es so gi-oß wie die größten Oliv-en. (33) Wenn man davon eins um die zweite .Stunde (früh 7 Uhr) und eins um die zehnte (nachm.

*'•' 3 Uhr) verzehrt, wird man keinen ernst- lichen Schaden durch Hunger erleiden. (34) Es gibt auch noch ein anderes, diesem ähnliches Dauernahrungsmittel, das man auf folgende Weise zusammen-

88. 29 "eniMENiAeioY Barocius (Hero mech. f. 3'' und L. Dindorf Thes. s. v. 'enwAeNiAHC; vgl. Mi ,1. des Sav. 1868 p. 3125.): inmo . . aIoy PV: ^himoniaIoy las der Schol. zum Anonym. Poliorc.p. 203,3 ^niMONiAioic AeröweNoic *ap«äkoic, derauehschondieCorruptel in dem Archetypus des Philon las. Der Name des alten Kaiharten steht durch Theophr. H. pl. VII 1 2, i (daraus Plin. H. N. 19,43) fest. \g\. Psell. Paradox, p. 143,2 Westerm. Ö'GniweNiAeioc aawoc kta. ki^u>n vgl. Va Opp. acad. I 440: aimä Biie 30 kata Tli: kai f'V: kata tac riNOMENAC noAioPKiAc) kaI nach Z. 24 ^'a 31 cyntisetai ae bis 89,10 oyk ^Mnoief fast wörtlich exzerpiert im

Schol. z. Anon. a. 0.; daraus wichtige Le^arti-n nach dessen Archetypus Vat. gr. 1605 (G), vgl. K. K. Mueller, Rh. Mus. 38 (1883) 454 32 'toyton) tön R A«£YHe£icHC G : A*eYHceeicHC

PV 32a CKIAAHC- £HP. G: fehlt PV 2^ (je/ GB uc] eic G 34 chcämoy

G: CECÄAAOY PV MEN fehlt (i 35 MHKUNOC <Ae^ R 36 AEANCeeNTttN P 37 B^AITI

P iDYPÄCANTi P\'G: corr. Ha 40 anaaIckun Tic Br: Anaaickontec G: AnaaIckcon PV

Anö] Ynö Br nÄoeiEN G 41 ecTi 42 cyntio^nai] aaah cyngecic »afmäkov cynti-

SEMENH G

Exzerpte aus Philons Mechanik Vif. VIII (II 30 42; p. SS. S9J. 47

noN- (35) AABelN chcämoy 'Attikön hmIckton

KAI Me-

AITOC ftwixOYN KAI ^AaIoY KOTYAHN KAI XoInIKA AMYrAÄAOJN rAYK^UN AEAeniCM^NUN, »PY-

5ANTA TON CHCAMON KAI TA ÄMYrAAAA KATA-

A^CAi ka'i ce?CAi (36) gTta täc ckIaaac nepi-

AenicAN-

TA KAI TÄC piZAC KAI TA HGTAAA AnOTEMÖNTA KAI AieAÖNTA MIKPA eic ByIaN ^«BAAÖNTA Tpf- YAI (i)C AeiÖTATA- (37) META TAYTA TUN TeTPIM-

M^NCON CKIAAÜN (/cOn) M^AITI TpItAI ÖMAAÜC AMA TU ^AAiti) KAI ^fX^ANTAC eic XYTPAN feyelN

^nio^NTAC in' Anspakiäc* (38) ötan ae ap-

IHTAI ZelN riAPeWBAAÖNTA TOY CHCÄWOY KAI TÖN XMYrAAACüN

Xma iVau aiakincIn mexpic an AHANTA 6M-

BAHefi- (39) ÖTAN A^ r^NHTAI CTCPeÖN icXYPÖC,

X<«>€AÖNTA

aicacTn bcoN eic ywmoyc amkpoyc, kai «na npwi,

fe'NA AeiÄHC AnAAICKUN an TIC 1KANHN 4'XOI TPO-

♦HN. (40) TYrXANei A^ KAI HPÖC TAC CTPATIÄC

IKANÖN TOYTO (TÖ)

♦ÄPMAKON- HAY PAP ^CTI KAI nAHCMIOM KAI AIYAN

OYK ÄMnoieT.

(41) CYNTieeTAi AC BPWMA ka'i ^K TOY THC MO-

AÖXHC Ka) ^K TOY THC CkIaAMC KAPHOY, ICCüN

MIXe^NTüJN

TOYTWN KAI ^N ÖAMCj) KOn^NTWN KAI M€TÄ TAYTA

KAI Hi-

AITI £«eÖ «YPAeeNTUN, KAI TUN ic(ON YUMÖN TOiC

eiPHM^NOIC AIAOMCNUN TPO0HN IKANHN RAP^XCTAI TOTC nOAlOPKOYM^NOlC. (42) iceicTAl aI KAI H

CkIaAA KAI X-

88 stellen soll: (35) Man nehme '/^ attischen Hekteiis (4.32 1) Sesam, '/jChus (1.62 1)

^, Honig, I Kotyle (0.27 1) öl und i Clioinix (1.08 1) süße, geschälte Mandeln. Hat man den Sesam und die Mandeln ge- röstet, mahle man sie klein und schüttle sie dui'cheinander. (36) Dann schäle man die Zwiebeln, schneide die Wurzeln und die IJlätter ab, zerteile sie fein und schütte sie in einen Mörecr, in dem sie so glatt

50 als möglich verrieben werden. (37) Darauf reibe man die zerriebenen Zwiebeln mit dem Honig und dem öl gleichmäßig > zu

g9 gleichen Teilen) zusanunen, fülle es in einen Topf und la.sse ihn auf Kohlen- feuer aufgestellt kochea. (38) Fängt er zu sieden an, werfe man von dem Sesam und den ^Mandeln hinein und rühre mit einem/ Holzlöffel durch, bis alles einge- 5 werfen ist. (39) Wenn es ganz fest ge- worden ist, nehme man es weg und zer- teile fs in kleine Stücke, und wenn man eins davon früh, das andere nachmittags verzehrt, so hat man wohl davon eine genügende Nahrung. (40) Audi fiir die Heere ist es ein geeignetes Nahrungs- mittel, denn es ist angenelun im Ge- schmack, sättigend und macht nicht

'" durstig.

(41) Es wii-d auch tt\n Nahrungsmittel aus der Fi-ucht der Malve und der Meer- zwiebel bereitet. Beides zu gleichen Teilen gemischt, im Mörser gestoßen und darauf mit ahgekochlem Honig gemischt und in gleichgroßen Stücken wie die voi'her erwähnten gegeben, wird es den Bela- gerten genügende Nahrung gewähren.

15 (42) Man ißt auch die Meerzwiebel, abge- kocht und ähnlich wie die Bolle zubereitet.

88,43 aabeTn S: aabün X : aabün P chcämoy S: chcamon PVG Attikön] vgl. Galen. XUI p. 893 s.; XV p. 201 K. 44 ^aaIoy] ekaicy G cxoinika I* 45. 46 «py^antec PVG

47 cTtac täc k^aaac V 51 i'con) G: fehlt PV'

89, I irxioNTAC G 4. 5 ^MBAHefi P: feNuoiH (i (beachtenswert!) 6 bcoN

fehlt G 7 AN fehlt G exei G 8 ctpatciac Biie zu p. 58, 5 toyto G : t6 fehlt PV

10. II «oa6xoc V 12 OAMU Th: ÖAKÖ1 PV

48

D 1 F, I, s luul E. Senn a m m :

.teYHeeTcA km ö«oi(<,'c tu boabü CK6YAceeiCA kai 89 srKPY*ee?CA kaI öniHeeTcA kaaöc, eiTA <. . . > n

nepiAH-

♦eelCA- KAI CYN TM OPOsiNO) AASYPU iu TM AYTU

KoneTcA niNSTAi in oIno) KeKPAMeNw b'coN TPici

KOTYAAIC Ka'i MeAlTI, KAI SN AYTÄ TM oTnM AIATHX-

eeicA OYTMC, MCTe riNeceAiTÖ nAxoc mc KYKecoNA-

(43) TOYTON Ae TÖN TPÖnON nPOC*€POMeNH TPO-

lUhiN IKANHN

nAPexei kai kabapcin aiA tön gypmn oyk atohon AneprÄzeTAi. (44) riNETAi as kai es aythc aptoc

TPIC A-

♦eYHeeicHC <(kai tpissIchc) agIac kai MixeelcHC 2;

tpItm Mepei ctai- TÖc tpo«hn icxypan nAPexeTAi toyton tön tpö-

noN eePAneY- eeicA. (45) mcaytmc ac kai tA cyka meta tmn n-

tApTMN KaI THC CTA^IAOC KOnSNTA KAI SIC HAAA- elAlA AlAMEPICeeNTA Ka! MAPÄeM AlAXPICeeNTA XPHCIMA nPÖC nOAlOPKIAN MC ENA^XETAI MA- 3" AICTA rlNETAI.

(4(5) OAPexeTAi ag TPO<t>HN oYeeNÖc xei-

PM KAI tA KPCA C<t>OAPMC eYHeeNTA KAI AIATA- K^NTA KAI BOYTYPM KAI MGAITI MIXeSNTA, KAJ ^T-

XYeelc nAc ö es aytmn riNÖweNOC zmmöc eic ArreiA kasapA. 3?

(47) XPHCIMOC a' eCTi kai AirJAMY

^YHee'ic eni Te<)>PAC «aaakhc 6N xytpa kainh eaaIm xpiceeicH tpo*hn te tAp nAPexei kai

AYCeNTEPlAN lATAI.

(48) cY«*epei ae kai khoia in

TAIC IaIaIC OIkIaIC KAI SN TaTc AKPOnÖAECIN KAI

EM TOIC 'AACeCI KAI

temeneci tmn OEMN ka-

TACKEYAZEIN YrSlAC

ENEKEN KAI ÄAN TIC CYMBaInH HOAIOPkIa- »YTEY-

iii Asclie icesteckt uiiil scliön gebraten, sodann (in Meli!) gewickelt. Man kann sie anch trinken, indem man sie zu.sani- inen mit Kibsenmehl in demselben Möi-ser zerstößt, dann mit 3 Kotylen (0.81 1». Wein und Honig in dem Weine selbst so auflöst, daß die Dicke eines Miscli- tiankes entsteht. (43) Auf diese Weise zubereitet, gibt sie genügende Nahrung und regt keine unwillkommene Urinab- scheidung an. (44) Es wird auch aus

ihr ein IJrot hergestellt, indem sie drei- mal abgekocht, glatt < verrieben^ und mit '/a Weizenmehl vermischt wird, das, auf diese Weise bereitet, eine kräftige Naln-ung bietet. (45) Ebenso werden auch Feigen, mit Weintrestern und Hosinen zerstoßen, in kleine Kuchen zerteilt und mit Fenchel bestrichen, so brauchbar für eine Belagerung werden, wie es nur eben uiöglich ist.

(46) Eine um nichts schlechtere Speise ergibt auch Fleisch, stark gesotten und zerkocht und mit Butter und Honig ver- mischt und alle daraus gewonnene Brühe in reine Gefäße gefüllt.

(47) Brauchbar ist auch Windhafer, auf gelindem Aschefeuer in einem neuen mit Ol bestrichenen Topfe gekocht: denn er gibt Nahrung und heilt die Ruhr.

(48) Es ist auch nützlich, Gärtchen in den Pi-ivathäusern. auf den Burgen und in den Hainen und Tempelbezirken der Götter anzulegen, der Gesundheit wegen und für den Fall, daß eine Be- lagerung eintritt, W'enn man nämlich

89, 17. 18 nepiAH<i>ee?CA verderbt oder lückenhaft, etwa (aa^Itoic) n. : •nePiAAserN v. pro- prium cihorum aliis involutorum in medicina, non seorsus comestorum- Bue 18 cyn Bue: ^n PV 20 kai en Die: en Bue: «en PV 24 riNSTAi S: riNONTAi PV 25 kai TPiBEiCHcN Br 25. 26 CTAiTÖc Buc nacli Dioscorid. II 202: cnAcro darüber und am Rde. \'

'\': CTAITÖC öc> ■' S

26. 27 eEPAnEYeeTciN Bue 28. 29 haaaoiaia Bue: nAAAeiAA PV^

oaaagIaac S 31 HAPeixETAi PV ^1}. 34 a. Rde. .•- PV 36 maaakhc PV; vgl.

llippocr. de victu 1 20 (VI 494 Littr.): tial. XlII 26 K; Athen. II 54c: Oribas. V 106,13:

MAAAKMC Po; Vgl. 32 C<t>OAPMC 40 '^AACECI KAl) Die

Exzerpte aus Philons Mechanik Vll. VJJI (II ^2—53; p. 89. 90). 49

eeicäN rÄp CYKeaN kai »oinikun, sAn h nÖAic

♦^PH, KAI CnAPeicHC THcMnAIKHC KAi 'eAAMNIKHC KO- AOKY'NeHC KAI APCÜN KAI KPAMBHC KAI ePIAAKOC KAI TUN AAAUN AAXANCON OY WIKPAN OAPeXeTAI ^nlKOYPiAN.

(49) aeT a^ nAPACK6YÄzeceAi npöc tAc noAioPKiAC 8nAA kaI ciahpon kaI xaakön kai hain-

eOYC KAI AieOYC XPHCIMOYC OPÖC THN OIKOAOMIAN KAi BfAH KaI neXPOBÖAOYC KAI OiYSeAcTc KA- TAnÄATAC KAI MHXANOnOlÖN KAI ANAPAC, q\ XPHCIMOI Tofc ÖPrÄNOiC ^CONTAI, KAI KOoInOYC Ka'i AIK^AAAC KAI A«AC KAI AMÄ5AC KAI XliNAC KaI CKA«6?A. (50) AeAOKIMAceU Ad TAYTA HANTA KAT'

ei-

PI^NHN ^N TaTc ^OY) XPeiAIC, INA MH KATA HÖAG-

MON ^N TaTc CYM- BAINO'r-CAIC XPeiAIC CYNTPIBÖMeNA AxPeiA rENH- TA1.

(51) nPöc Ae TOY-Toic ♦opmoyc ae? YnAPxeiN eN

TH nÖAei doC ICXYPOTÄTOYC KAI HAeicTOYC OPÄC

ÄAN Tl

n^CH TOY reixoYC toyc kinayneyontac ^«ninAÄN-

TAC AYTO'YC TAXY RAPACKeYÄZelN AC*AAeiAN AYToTc '

(52) xupic

A^ TOYTUN BV'PCAC KaI nicCAN KAI MÖAIBON KAI eeiON KAI CXCINJA HAX^A KAI AEOtA KAI XAPAKA KAI ♦YKOC KaI CTYnniON KaI oTnON KAI ^AAION KAI ÖSOC

KAI CneiPÄMATA KAI lYAA KAYCIWA [»C nAEICTA] KAI NAY- OHTHCIMA (iC rlAelcTA CTPOrPYAA KAI TETPAfUNA KAI KCinAC KAI «OINIKiNAC CANIAAC KAJ AAAAC ' (53) KAI

t6 '^- PABIKÖN «ÄPMAKON KAI KOfXYAlON ^N TH aImNH

rifNÖMENON, U Anexei Xnö 1^KHC oentihkonta cta-

Al'OYC, KAI IIÖN, ka'i CAAAWANAPAC KAI lÖN £x^(dN KAI

89 Feigen- und Dattelbämae pilaiizt, falls überhaupt "in der Stadt solche gedeihen, wenn man ferner indische und hel- lenische Kürbisse, Ai'on, Kohl, Lattich

""^ und die anderen Küchengemiise säet, bringt das keine kleine Hilfe.

(49) Für die Belagerung muß aber in Bereitschaft gehalten werden : Kriegs- gerät, Kisen, Kiz, Ziegel und zum Bauen brauchba re Steine, fernerGeschosse,Stein-

50 Werfer und Pfeilgeschütze, dazu einen In- genieur und Bedienungsmannscliaft, fer-

90 iier Körbe, Hacken, Schaufeln, Wagen, Äxte und (Irabscheite. (50) Dies alles

soll im Frieden, wemi man es nicht braucht, geprüft sein, damit es nicht im Kriege bei der eintrctiMiden Vei-wenihing 5 verdirbt und unbrauchbar wird.

(51) Außerdem nu'issen in der Stadt möglichst starke und viele Schanzköibe vorhanden sein, damit, wenn ein Stück der Mauer tällt.die in der Bresche Stehen- den diese schnell füllen und sich selbst Sicherheit damit schaHen. (52) Abge- sehen hiervon Felle, Pech (Teer), Blei,

Schwefel, starke und feine Binsenstricke, Pfähle. Seegras, Werg, Wein, ül, F.ssig, Seile und möglichst viel Brenn- und Schiffsbauholz, rundes und viereckiges, ferner Kiemen, Palmenbretter und Fackeln. (53) Sodann das arabische Gift und das Muschelgift, das in dem von Ake (Phö-

■5 nizien) 50 Stadien (8.2 km) entfernten See vorkommt, ferner Mistel und Salamander und Pfeilgift soll da sein von Ottern und

89,43 *iPH kaI S: «^phtai PV 46 vgl, zu p. 90, 24

90,1 AMMAC PV 2 cxK^iK V\ : tovv. Die BuB (»alvcolos« Ca) 3 <(oy) add. Va:

[^N TA'C XPeiAic'i Ura ina 4 xpeiaic fehlt V 4 AxoeIa PV: corr. R 7 01 kinayneyontec

^«ninPANTEC I'V: corr, S 8 ay-toyc nach p. 93, 31 Br: aytoTc PV Ac*AAeiANj a, K, d. Z. •,• P ay-toTc S: ay'toTc PV 9 «6ainbon V it CTinnYON PV Öioc] vgl. Aen. Tact. p. 115

Schoene [lul. .\fr, ('est, 38] 12 cneipAMATA Die: chepmata P\': coApta Bue [uc haeTcta]

Br 15 Karx-r-AiON] vgl, lul. Afr, Cest, 2 16 AktIc PV: corr. Buc 17 vgl. Aen.

Tact. p, 114 fr, 4 [lul. Afr, 37]

Phil.-Mst. Ahh. i<)li). Ar.lZ 7

50

D 1 1; L s und E. 8 c h r a m m :

ACniAUN KAI NAnTÄAlON :'o EN BaBYAUNI riN€TAI

KAI

ixeYHPÖN eAAiON npöc t6 *eeipeiN noAewiwN eni- nopeYoweNCüN tA yaata, kÄn npoeACüMeeA kata

TOYC riNOMeNOYC KINA^t-NGYC [nPÖc] TA MHXANHMATA eMOI- nPANAI KAI AA€f«)eiN TA BGAH, INA *6bON KAI *GOPAN TAXeJAN nAPACKEYAZH ToFc TITPCÜCKOMENOIC KAI

npoc-

BAAAOYCI nPÖC TSIXOC.

(54) SAN AE CAnPA T^NHTAI TA YAATA, KPieiNON €MBAAAeiN AET GEPMÖN \H/ cic

TOYC AYO XOeAC diOYC BEATICTOY bCON KYASON ZSCANTOC

^rXEAl KaI MST' OY nOAYN XPÖNON XPHCIMA riNCTAI.

(55). Ae? Ae kai tpyhhthpa xaakoyn h kepa-

MeOYN KATACKEYÄCAI MH e'AACCON H t^ccapac xupoynta

90 Nattern, eiidlicli Naplitlia, die in Babylon gewonnen \\ii-d, und Fischtran, um dem

'' anrückenden Feinde das Wasser zu ver- dei-ben und wenn wir bei vorkommenden Gefährdungen die Maschinen anzünden und die Geschosse bestreichen, um so Furciit und schnelles Verderben den ver- wundeten und den die Mauer stümienden Feinden zu bereiten.

(54) Wenn aber das Wasser faulig 25 geworden ist, soll man wannes Gersten- bier hineingießen oder auf 2 Kannen (6.48 1) I Becher (0.045 ') besten sieden- den Essigs eingießen, dann wird es bald darauf brauchbar werden.

(55) Man muß aber auch ein ehernes oder tönernes, durchbohrtes Gefäß her- stellen (s. Bild 24), das nicht weniger als

Bild 24.

90, 18 naotäaioc PV (8/ Biie: (h) Ha 19 icxyhpon V: icxypön P: corr. Th

20 YAATA KÄN Bue (vgl. 103,31): TAYTA a' AN PV KATA Th: KaI PV 21 [OPÖC] S

22 Yna S: TINA PV 23 nAPACKeYAzei PV 24 ÄAN AC 27 riNeTAi wollte nach

iniKOYPiAN p. 89, 46 versetzen S 25 KPieiNON] v über on u. a. Rde. V'" PV kpiginon

OINON ;

<H> Br

26 zecANTAC ]*V: corr. Br

28 agT ae kt6.] Aen. Tact. fr. 3

p. 1 1 2 Seh. [Polyb. X 44]

Exzerpte aus Fhilom Mechanik VTT. VIII (II .33— .3 7; III 1—2; p. !)()). 5 1

MeTPHTÄC. ^N U ZnAPACKeYÄCANTi Te *eAAÖN kaI 6«nHIANTI BAKTHPIAN, fi TPIAAKTYAA 1cA MePH AlAIPeftAl, KAJ) AlArPÄTANTI ^N TaTc Moi-

PAic ^CTAi rerPAMM^NA TÄAe Nflec cTtoc hvaa

ÖnAA CTPATIÖTAI KAI ÄAAO ^ÄN TI eSAHC rPAYAl TÖN KATA nOAlOPKiAN fl KATA<[aAHN TINA

xPeiAN; nAPA-

CKeYAZOM^NWN Ka) ^KAeinÖNTCtfN (56) TOYT(ON

A^ re-

rPAMM^NWN kXk TETPYnHM^NOY TOY TPYnHTHPOC "fAATOC ^KXYe^NTOC CHWAINeiN THC NYKTÖC KATATAC

nYPceiAC eic ö Xn npoAipfl cTPATÖnsAON fl nö-

AIN ft ♦YAAKTfiPION, COCTG ^K AIAAOXHC i<H- KNCTCSAI öneP Ot nYPCOi AYNATOI EICIN CHMAINeiN, TINOC A^ONTAI Ol nOAlOPKOYMeNOI ' (57) AG? AE

iu Tolc

nPOEIPHM^NOIC TÖnOIC ÖMoioYC KAI fcA ^XONTAC TPYnHMATA [kaF] AAAOYC TPYOHTflPAC cTnaI TÄC AfrXc ^irPA*AC ^XONTAC TUN ÖNOMATUN ^N TaFc

a't'taTc moipaic, Yna AiceÄNH, ti'na xpe'iAN e-

XOYCIN Oi nOAlOPKO+WENOI CYNO^MATOC AY^ToIc ÖNTOC.

III.

(1) TOYTüJN Ai nAPECKEYACM^NUN OPÖ THC MEAAOY'CHC FEN^CeAl nPOCBOAfiC ^OICTÄNAI AeT B^AH TiAnTA KATA TOYC nPOCHKONTAC ^KA- CTU TÖnOYC.

(2) '. . .) KAI «eiAECSAI TUN CTPATIWTÖN KaItÖN

90 4 Maß (156 I) faßt, in doni (^inan einen Schwimmer anbringt nnd einen in 3 zöl- lige (5.55 cm) Felder gleichmäßig einge- teilten Stab hineinsteckt und'> auf denTeil- strichen folgende Aufschriften anbringt: Schiffe, Getreide, Holz, Waffen, Soldaten, und wenn man sonst et\va.s, was bei einer Belagerung oder zu ander(>ni Zwecke vor- zubereiten und nötig ist, einschreiben will. 56) Wenn dieses geschrieben ist nnd man aus dem durchVjohrten Gefäße das

,. Wa.sser abläßt und des Nachts Feuer- st

zeichen in ein beliebiges Lager oder eine Stadt oder eine Wache sendet, kann man nun aus der Reihenfolge ent- nehmen, soweit diese Feuerzeichen das anzeigen können, wessen die Belagerten

40 bedürfen. (57) Man muß aber an den \'orerwähnten Orten andere gleich große Gefäße mit den gleichen Bohrungen haben, welche die gleichiMi Aufschriften an den gleichen Teilstrichen haben, so daß man dadurch erfahren kann, welches Bedürf- nis bei den Belagerten vorhanden ist, vorausgesetzt, daß mit ihnen vorher eine

45 Verständigimg getroffen ist'.

III.

(1) Wenn dies vor dem zu erwar- tenden Angriff' vorbereitet ist, muß man alle Geschütze an dem einem Jeden zu- kommenden Orte aufstellen.

(2) (....) und man soll die Soldaten

90, 30 Lücke vor aiappayanti erg. aus Aen. a. O. Die (vgl. dessen Antike Technik» S. 8i): Lücke nach AiArPAYANTi Br 31 ^ctai] ^ctu S nRec Die aus Polyaen. \'I 16,2: n^oc l'V 33 fi KATA P: Lücke S: erg. Kaibel : »quae ad obsidionem aut praepanita non sunt aut de- fet-erunt" Th lat. : katä (citoaeIan Va: katA hapackeyac zhtoym^nun Bue 35 kak Die:

kaI PV TETPYnHM^NOY PV: nenAHPUM^NOY Th mg 36 äkxyb^ntoc Die : ^rxYe^NTOc l'V

37 Eic S]Vc<oc P: fcwc V: corr. Th mg 38 ^k] kai PV: corr. Th mg A«iKNETceAi PV: corr. Die 39 olnEP verm. S 41 Tönoic] to't'toic PV: corr.Th mg fe'xoNTA P\' 42 [kai] aaaoyc S :

viell. KATAAAHAOYC Die 44 AiCGANH Die: AiceANHTAi PV: aIcganuntai S 45 »f. CYN-

OHMAToc: sed vd. I^b. ad Phryn. p. 249« S 47 riNECGAi S ^«ectanai PV: corr. S

49 "KAI «EiAEceAi 91, 2 KAiPoTc ab hoc loco aliena« S ctpatiön V

' Siehe Diki.s, Antike Technik. S. 73.

52

Die LS und E. Schramm:

nOAlTÜN UC «ÄAICTA KATA TQ-Vc riNOMeNOYC KIN- 90 AYNOYC KAI MH ^niTP^nelN AYToTc ^MOHAÖCIN 61- 5- KH TPAYMATIZeCeAl, TnA ÖTAN H XPgIa 6- 91 XHC TOYC KINAYNe-r'CNTAC SN ToTc KAeHKOYCI KAIPolc.

(3) (. . .>. MGTA A^ TAYTA (nPÖc) TOYC [mEn]

neTPOBO- AOYC 6pe(üc e'xei täc ök tön «coinikun canI-

AAC CYNAHCANTAC KATAKPSMAcAI HPÖ TOY Tei- S

xoYc (icxYPAi rÄp eici kai AYce^nPHCTOi), e- neiTA maaapmata npö aytcon (, h> äaahaaic eni-

bAaAONTAI, TnA MH AI CYNAPTHC6IC AYTÜN AIA- KÖnTUNTAI YnÖ TUN BeAÄN ' (4) ft SK TÖN CXOINiuN nAeiANTAC AiKTYA KAI <t>YKOYC eMHAHCANTAC KATACnÄN. (Ö) ÄNUeSN a'eK TUN eKKEIM^NCON J-^AMN

AI ÖPMICTHPIAI AeAENTAI Tü)N CAnIaCüN KAI TUN MA-

AAr/AÄTUN AEPPeiC AB AGI nPÖ AYTÜN KATA-

nSTACAl, TnA MH YnÖ TÖN BEAUN Ol AECMOI ÄHO-

KÖnTUNTAI. (6) ANeiCTANAI AS XPHCIMON HPÖC 15

e'KACTON

AYTÄN A-fo AGKAMNAIOYC AieOBÖAOYC. OYC AEI WETA-

*ePeiN OY AN KAI Ol nOASMIOl KINCÖci TINA TÖN

neTPOBÖ-

AUN, YnA an A^NH ÄNTA*eiC CYNTPIYHC nATÄlAC TO OPrANON.

und die Bürger soviel als möglich bei den eintretenden Gefahren schonen und ihnen nicht erlauben auf gut Glück dar- aufloszustürmen und dabei verwundet zu werden, damit, wenn Not an Mann ist, es nicht an Leuten fehle, die ihr Leben im richtigen Zeitpunkte einsetzen. (3) (...) Danach ist es richtig, ge- gen die Steinwerfer die Palmenholztafeln /Aisammenzufiigen und vor die Mauer heiab/.uhängen, denn sie sind stark und uiiveibrennlich, alsdann vor diese, wo sie aneinandertreflcn, Schutzkissen, da- mit nicht ihre Verbindungen, von den (!e- schossen durchbrochen werden. (4) Odei- man soll aus Binsen Netze flechten und, mit Seetang gefüllt, herablassen. (5) An den oben vorstehenden Hökern sollen die Seile angekiu'ipft sein für die Tafeln und Kissei\. Vor ihnen soll man Häute herabhängen, damit nicht die Verbindungs- taue durch die Geschosse abgeschossen werden können. (6) Es ist ai»er prak- tisch, einem jeden (Geschütz) von ihnen n;egenüber 2 zehnminige Steinwerfer aufzustellen, die man dahin bringen muß, wo gerade die Feinde einen ihrer Stein- werfer in Bewegung setzen, damit man durch Gegenschüsse, wenn möglich, das Geschütz trifft und zertrümmert.

1-. 500 Bild 25.

91, 2 exH PV 3 <npöc> Ca [wen] S 3. 4 hypoböagyc R ' 6. 7 ^ni

PV: corr. TIi 7 npöc V <h> nach p. 99, 28 Br 10 <i>ykoyc Wesseling zu

Diod. XVll 45; vgl. 99, 24: *YAAKOYC PV: byaakoyc R 12 aiaentai »ligantur. Bue

15 ANICTANAI PV: corr. Gra 17 oy] 01 Gra 1. c. 17. 18 nerpsÖAUN V 18 ay--

NANTAi <t>^ic V: AYNHTAi«eTc P: corr. Buc: A-t-NH A*eic Gra 1. c. cyntpIth PV: corr. Gra I.e.

Exzerpte aus Philons Mechanik VII. VIII (III 2—9; p. 90. 91).

53

(7) npöc Ae TAC «eTAAAerceic Öryktgon ecTiN 91 Ana w^con toy reixorc kai nporeixicAiATOc ikanhn jo

TÄ*PON ICHaIkHN KATA BÄ90C TUN eEMeAlUN KATA rfiC, YnA »ANEPoi riNÖMENOi Ol YnOP-r'TTONTeC ^AAIUC AIA»eAPfflCI KAI MHK^TI TU Teixei nAHCIAZWCIN.

(8) nPÖC A^ TAC CTOAC kai TA «HXANIHMATA <(eic) 25

cuaAna Xnö TOY ^NAoeeN mhxanhmatoc A nt-proY äktao^nta ^mb^aabin Sco tpitaaän- TOYc AieoYC- (9) ^n' ^cxAtu ae ö cuahn

^X^TU €KA-

(7) Für das Suchen nach Minen ist in der Mitte zwischen der Mauer und dem Vorwerke ein hinreichend geräu- miger Graben von gleicher Tiefe wie das Fundament in der Erde auszuheben ' (s. Bild 25), damit, wenn die Mineure zum Vorschein kommen, sie leicht ver- nichtet werden und sich der Mauer nicht nähern können.

(8) Gegen die Schutzdächer und die Belagerungsmaschinen soll man auf einer aus der im Inneren befindlichen Maschine oder ans dein Turme hei ausragenden Hinne dreitalentige Steine hineinwerfen (s. Bild 26). (9) Am Ende soll die Rinne beiderseits in Scharnieren bewegliche

\

m

150

Bild 26.

91, 19 in V am Rande V" Zeichen der Verderbnis (zu Z. i8) np6c a^ 24 nAHCiAZUCiN] vgl. Anon. Byz. XIII 8 Koechly: Aen. 37, i p. loi, i ft". Seh. 20 kaI <(toy) np. Ca 21 ich- AiKON K. B. PV: (4AiK0N ^CTi B. Ca eeMEAitoN V: MSAIUN P Td)] P V : corr. Br nach An. Byz. a.a.O. 22 »f. reNÖweNOi« Br 25 [kaI mhxanhaaata] (^c) S 26 cwaAnai PV: »kwc CWAHNA- R Anö toy] Xnö toy verrn. S

' Dieser wurde die rückwärtigen Verbindungen empfindlich stören, deshalb ist er wohl im 3. (äiißereten) Graben ausgehoben, s. Bild 25; s. auch Aeiieas Tart. c. 37 YnoPYCCÖNTWN TNÖcic kaI k6aycic.

54

D I E L s und E. Schramm:

TEPCoeeN nrrAYMUTAC canIaac cvrKAeiOMeNAC 91

KAACüAioiC, Sn XAAACeeNTWN KAI nieCeEICÄN 30

TÖN canIaüjn ÖAiceHPÖc 0 Aieoc) ^ninece?TAi ^ni

TÄC CToAc- KAI nAAlN TUN KAAUaIcüN CYrKA€ICe^NTUN [bAOC Ö AieOC] TAYTÖ eCTAI-

(10) (iCA-fTUC AS ÄnÖ TUN MH-

XANHMÄTtüN KAI AHÖ KGRAIMN AlBOYC MericTOYC

A<t>leNTAC KAI Tofc nSTPOBÖADIC ANW BÄAAONTAC ToTc 35

nAAlNTÖNOIC KAI ToTc «ONArKÖCI, AIÄ AE TÖN KATA-

lYPUN BYpIaUN TUN TAAANTIAIUN AiSMN KATU Ä-

«leNTAC neiPÄcoAi AiAKÖnTeiN tAc 6po<t>Äc- (11) ^k ab TUN eni TH CTerH kgi/agnun kata MeTunoN T-r--

nTONTAC (fi>

^K TUN nAAriuN katabAaasin aytAc. (12) ÖÄN 40

AG UCIN iK

reppuN nenoiHMENAi, kai toyc nYPO*6poYc efc ay-

TAC X*eTNAI KAIPÖN AS AABUN eKneWYAC CTPA-

tiutac eMnPHCON. (13) eAn ag ucin öpyrta!,

YACOP eA-

aAcCHC ANeC 6IC AYTAC To'lC nePlAKTOIC TPoxoTc

(h) eAn aaaon tinA aynh Tp6noN, kai tu 45

eNETHPI KAI ToTc neXPOBÖAOlC ANUeSN TYHTONTAC KEAeYeiN AiA- KÖnTeiN TAC ÖPO*Ac AYTUN.

(14) npoc AC tA mhxanh- «ATA otan errvc h, kai toyc kpioyc kaI tAc enisA- ePAC nPuTON MEN katA toyton tön TPÖnON

eOAPAl TSTXOC (mh) KAeeAÖNTAC toyc nPOYnAPXCNTAC 50

nPOMA-

xuNAC, Aaa' en' aytun thn oikoaömhcin nenoiHw^-

Brettcr haben, die durch kleine Taue zu- sammengehalten werden. Läßt man diesi- locker und werden die Bretter auseinander- gedrückt, so wird der Stein hinabgleitend auf die Schutzdächer fallen. Wenn dann die Taue zusammengezogen vvei-deii, wird es wieder so sein.

(10) Ebenso soll man aus den Ma- schinen und aus Kranen sehr große Steine werfen und mit den Stein- werfern, den Palintonen und Einarmen aufwärtsschießen, durch die schrägen Schai-ten aber eintalentige Steine abwärts- werfen, um das Durchschlagen der Schutz- dächer zu versuchen. (11) Aus den auf dem Dache befindlichen (Geschützen) soll man dieselben, sie in der Front oder von der Seite treibend, zusammenschießen. (12) Wenn sie aber aus Hutengeflecht gemacht sind, soll man auch die Feuer- lanzen gegen sie abschießen : erfaßt man aber eine günstige Gelegenheit, so schicke man Soldaten aus, um sie in Brand zu stecken. (13) Wenn aber Ausschach- tungen vorhanden sind, soll man Meer- wasser hineinlassen durch die (Schöpf-) Räder oder wenn man es auf irgend- eine andere Weise tun kann; auch soll man Befehl geben, mit dem Elamnien- werfer (Ülspritze) und den Stt'inwerfern von oben darauf schießend die Dächer dei-selben zii durchbrechen.

(14) Gegen die Belagerungsmaschinen, sobald sie nahe herangekommen sind, und die Widder und die Stnrmbrücken soll man zuerst auf folgende Weise die Mauer erhöhen : Man nehme die vor- handenen Brustwehren nicht weg, son- dern baue darauf weiter, stelle noch

91,31 öaicshpöc ö Aieoc) Die: Oaicghaoc P\' : am Rande Aieoc l'V (die hierher ge- höi'ige' f!il>che Variante öaoc ö Aieoc ist verschlagen nacli Z. 32. 33): ö Aieoc Br: Ö Äieoc

ÖAOC Blie 32 TUN K. CYNTAeeNTUN KAI TUN CANIAUN - CYrKAEICeeiCÜN Unnötig Br [ÖAOC

ö Aieoc] Br: AAAOC A. I{o ;}2 taytö Br: toyto l'V 34 Anö ^TUN' k. ("a 36.37 kata-

iiHPUN PV: eorr. Mi vgl. 80, 12 37 tun taaantiaiun AieuN PV: tön taaantia?on aigobö-

AON Br 39 th] t aus CT cori'. V tyrtontai PV <^h) Die 41 reppuN Bue:

TiYPPUN l'\': SYAUN Th 45 (fl) S sAn (mh) aaaon Th mg 46 KeAere S 49 tp6- noN PN': TÖnoN IJo 50 (mh) Ro: oy> Ca 51 thn] aaahn Th mg

Exzerpte aus Philons Mechanik VIT. VIII (III 9— IS; p. Ol. !)2). 55

NOYC KAI AAAOYC ÄNCdSeN KATACKEYACANTAC KATA-

CTeroN noiHCAi ta-i-th TeTxoc, bnuc an YnÄp- >

xuci Te AinAO? npöc thn xpeiAN kaT bnuc, äan

[npöc]

TflN ÄniBAePAN dniBAAAUCI,. KATUeEN PAAl'uC AIA TÖN nPOMAXÜNUN ^/"inPHCUMEN AYTHN, AN TB TO'Y'C

XNueeN npoMAxöNAC XnoKÖnTuci, kpioyc kai bpö- xoYC npocAroNTec iK tun kata toyc <kätu -

nPOMAXÖNAC ÖN- TMN AIACTHMATOJN eYXCPÜC (nA)TÄl(i)WeN AY-

TO-f'C (15) ^K- TPYTIHCANTeC ^aI) [a'V'TOYC] TAYTH KAI TcixOC

kata toyc apmözontac tönoyc, kopwov'c katackeyäzumcn

katA TAG eYPJAAC neprrp^xoNTAC ka'i tu kpiö Xn-

TICKEYACe^NTI TOYTOIC TYnTONTCC ANCüGeN THC ^CXAPACTÖ «HXAnHMA kai tön KPIÖN KAITÖTPYnANON

ka'i tön köpaka ka! 6 an npocÄruci, cYNTPiauMCN XxAA^nuc- (16) Ai AE nepi«epe?c aoko'i toytmn

CNCKA HAÄriAl nAPÄ ÄKTPVnHMATA Tl'eeNTAI, Tn'

eyxepüc ö kpiöc SiueeN Te ka! oaain ScueeN hapa-

AAMBÄNHTAI nePITPeXÖNTOJN TÖN KOPMÖN THN

KINHCIN

önoiAN OYN Noeic. (17) katackeyact^a t^ ^ctin

AYTÖ KPIÖCTA- CIC ÖC AC*AAeCTATH HPÖCTÖ TOYC (ieOYNTAC AYTOYC KAAÜC BEBHKÖTAC 4)0 C*0AP6tATA CYNTeAcFN TAG

nAHrÄG.

(18) XNTOIKOAOMHTdON Te eCTI KAI TAYTH

TPirCüNON Te?XOC (6G0)) ^«BOAON SXON, Al' OY SYPIAeC

92 iindeie darauf, und überdecke also die Mauer, damit sie im Bedarfsfalle dop- pelt vorhanden sind und wir, wenn sie die Slurmbiiicken überwerfen, diese leicht von unten her durch die Brust- 5 weliren anzündeu köuuen, wenn sie aber die oberen Brustwehren abkämmen, wii' aus deu btü den unteren Brustwehren vor- handenen Zwisclienräumcn Widder und Schlingen vorbringen und sie dann leicht abschlagen können, (15) damit wir hier ferner an den passenden Stellen die Mauer durchbohren und Hollen darin

■o anbringiMi können, die in den Scharten herumlaufen, und, indem wir mit dem Ge- genwidder oberhalb oes Gerüstes stoßen, wir un^cliw(>r die Maschine, den Widdei-, den Mauerbohrer und den Raben und was alles sonst noch vorgebracht wird,

'5 ohne Mühe zerstör<'n können. (16) Die rollenden Balken wei-den deshalb ((uer in die ausgebohrten Löcher gesetzt, da- mit der Widder leicht von außen nach innen und umgekehrt gebracht werden kann, weil die Hollen in der gerade beabsichtigten Richtung sich drehend be- wegen. (17) Ferner muß füi' ihn das

Widderge-stell so sicher als möglich ge- baut werden, damit die Stoßenden selbst

feststehen und so die Stöße mögliehst wuchtig ausführen können. (18) Ks soll ferner an dieser Stelle auch eine drei- eckige Mauer als Gegenweiir errichtet feKAT^PueeN werden, die (nach innen) die Spitze hat

92, « nATASEumeN .S: tA£ü)«€n RV ayto-i'c S (vgl. Z. 9): aytön P\' 9 (ag) S [ay-

TOYc] Korrektur zu Z. S tilgte S 10 KATACKeYÄzoweN Bi- 12 toytoic Die: TcfTu l'V:

TAY'TH S 14 KAI GAN l'\' : corr. lUie 14. 15 CYNTPiBUA'.eN AXAA^nuc Die: cyntpibömgna

xAAenöc PV: cYNTpisoMeN AXAA^nuc Tli 17 ^lueeN Te V: ^lue^NTec R 17. 18 nepi-

aambAnhtai RV: coit. S 19 noiANOYNNOe, über oe ; , ebenso am Rande RV: corr. Die:

onoiANOYN Noe? Gra: önoiAN gyn Aef Bue: noio-i-NTWN agIan S aytö 'Tö) kpiö gtacic Bue 21 c«oapotatac R 23 /^cci)/ Die ^mböaoy (cxhma) ^xon Mi eYPiAGc Br: hyaIagc V:

noAiAec P

' KÖPAZ ist entweder idenli.sch mit t^panoc oder ein JFauerbrecher mit Spitze. die.se in die Fusjen zwischen die Steine stoßen und die Steine auszuwuchten.

50

D I E L s und E. Schramm

lüld 27.

eiciN OYK ÖAirAi noiHT^Ai np6c ^an necH 92

M€TAnYPriON TAYTH TOYC BAAl'zONTAC eCUeSN TPAY- 25

MATlzeceAi eic ta nAÄriA -rnö le tön bgaän kaI

TÄN CTPATIWTÖN, GTI AE YnÖ TüJN nOAlTÖN. (19) AG?

AE KAJ BÄAAelN iK TÖN KAPBATiNUN aIgOIC COC «EricTOIC TOYC nAHCIAZONTAC Teix€l.

(20) ikn Ai Tl TOY TeixOYC

fi TÖN nYPrUN ÄAicKHTAI, ÄnOCnACTEON Te ^CTIN THN 30

TAxicTHN TÄC nPUTAC 6P0*ÄC KaI TÄC KAOAI-

peceic ÄNAipeTeoN Aooikgaomhcanta tac eka-

(s. Bild 27). In ilir sind zahlreiche Schar- ten,' auf beiden Seiten anzulegen, da- mit, wenn die Kurtine fällt, die dort Vordringenden von innen her in den Flanken verwundet werden von den Ge- schützen und den Soldaten sowie auch von den Bürgern. (19) Ks soll aber auch ;iu.s den Schutzhäusern mit möglichst gi-oßcM Steinen auf die sich der Mauer Nähernden geschossen werden.

(20) Ist aber etwas von den Älauern oderdenTürmen genommen, sollen schnell die ersten Dächer abgerissen und das Xiedergerissene davongetragen werden, um zum Vermauern der Pforten der beiderseits befindlichen Türme venvendet

92, 24 noiHTeoN l'V: corr. S necH IIa: nom l'V: noNH Th mg 27 ETI ae ^kai)

YnÖ H 28 KAPBATINÖN Schneider Lex. s. v. wie 101,32 : kapbatkänüjn PV 30 aaicketai PV

31. 32 KAeAiPeceic] katabAceic Gra II p. 189

Exzerpte aus Philons Mecfwmik VII. Vlll (III 78—28; p. !)'2. fh'i). 57

92

TepweeN oycac (nVAiAAc) tCn nv-pruN- (21) tac

AS npöc

weconYPriA eccoeeN vnAPxoYCAc KATAAeinreoN. Yna ixuneu toTc nvproic tayth aoHeoYNTec Kiei-

NeiN TOYC BIAZOM^NOYC AYTOYC. (22) TOYTOY AE

reNOMeNOY TAXY nÄNTec AnoAOYNTAi Ol Xnabantgc ^ni TOYC n't'ProYC in weTAnYPnoN [tö] TYnröweNoi

Tofc BeACCI KAI OYK ^XONTeC OYAAMfl AnOXUPfiCAl AAa'

fi efc önico) .häain ^pruAÜc.

(23) ^nieeT^ON ag ecTi

KAI TaFc KAeHKO+CAIC HPÖC Te?XOC OIKIAIC npo- «AXWNAC KAI TOIC XM'tÖAOlC fiKAT^PWeeN OYAAC KATACKeVACT^ON KAI EK TWN HAArluN ToixUN OHAC nOIHT^ON, Al' (ON ToTc TE XkONTIOIC KAI TA?C ZIBYNAIC

KAI T0?C BOYnÖPOIC OBCAiCKOIC ^CTAI TY-nTCIN SIC TA 45

HAAriA TO'v'c eic Xm»oaa biazomenoyc (24) ka'i tac

feCTAM^NAC OIKIAC nPÖC ToTc eY-PYXäPOIC KAI Tolc ÄM- ♦ÖAOIC ^rnZOY'CAC ÖMOIWC KATACKCYACTeON ECTiN. (25) KAI KATÄ TÄC TIMHCeiC TÖN OIKI&N AiJ>OPICT^ON

ÄCTIN,

bcAC Te AÖrxAC ka'i Toie-r-MATA npuCHKON cTnai ka'i 50 AieoYC MerAAOYC ka'i xeiPonAHeeic kao' äkäcthn

OIKJAN (26) AHMOcIa TC eic e'KACTON AM*OAON

AOT^ON ^CTIN AieOBÖAON AeKA MNWN KAI KATAHÄATAC A't'O TPI-

cnieÄMOYC (27) ka'i to?c mh kckthm^noic öhaa

MHA€ AY-

NAAt^NOIC [ka'i WH AYNAM^NOYC] KATACKCYÄCACeAl

ahmoci'a AOT^ON ÄCTIN.

(28) ^kkoitiac Te ka'i ^«oagIac tac npocH-

KOYCAC nOIHT^ON.

7.11 werden. (21) Dagegen die von iiiiien her durch die Kurtinen liihrriiden soll man lassen, damit wir den Türmen Hilfe bringen und die sie Ei-stürmenden töten köinien. (22) Ist das geschehen, werden schnell alle, die auf die Türme odi-r die Kurtinen gestiegen sind, umkommen, da sie dm'ch die Geschosse getroifen werden und m'rgends die Möglichkeit haben, aus- zuweichen, außer durch einen schwie- rigen Hück/.ug.

(23) EssindfernerBrustwehren anl'den an die Stadtmauer anstoßenden Häusern zu bauen, und an den Straßen sind bei- derseits Tore anzulegen und in den schrägen Mauern sind Löcher zu machen, durch die i-s möglich wii'd, mit den Wurf- spießen und den Jagdspießen und den Ochsenspießen die in die Straßen \'oi- dringendiMi in die beiden Flanken zu tri'ffeii. (24) Auch die an den Plätzen stehenden und den Sti-aßen benachbarten Häuser sollen ebenso ausgerüst<'t werden. (25) Weiter ist bei der Steuerveraidagung der Häuser zu bestimmen, wieviel Speere

50 und Geschosse sowie große und .Sehleu- derst<'inc in jedem Hause vorhanden sein

93 müssen. (26) Auf .Staatskosten sind. jeder Straße i zehnniiniger Steinwerfi'r und 2 drei.spithamige Katapalten zu g(;ben. (27) Un<l deiH'ii, die keiru' Watfen be- sitzen und sich auch keine beschaffen können, mi'issen s-ie auf .Staatskosten ge- liefert werden. 5 (28) Ferner sind .N'achtwarhen und

die nötigen lionden zu machen, wobei man

Ae l'\' : coi'r. Th

34 econYPriA I'V ecueeN stellen

36 ^^eic . AYTOYC nach p. 92, 46 (93,28) 95. 12 S riNO-

9t, 33 (nYAlAACy S

\i)r ^ConVpriA I'V: rorr. Die M^NOY I'V: coiT. Schramm 37 AnoTeAOYNTAi I'V: corr. Th mg 38 TYnTÖMCNON

I'V: corr. Gra 41 oikIac V 47 fecTAM^NAC Die: ictam^nac I'V »f taic cypyxcü-

piAic E. Cartius, doch vgl. .\en.Tact. 2.2,67 50 opocAk on ei nai) Die: npöCHKei l'\':

nPoci^Kei cTnai, Va

93,2 AeKAMNOYN Ha wie p. 95,17 TeTPÄMNOYc: doch vg 3. 4 «HAE AYNAW^NOYC I'^' : corr. Die: -f. mha' X Ae7 ÄMYNOweNOYC" Bue

AYNAM^NOYC] Die : KAI «H AYNAM^NOIC .S

mi.-Mst. Abh. 1!)19. Ar. 12.

p. 51. 36. 49. 9t, 16

4 [kai «h

58

D 1 K h s und K. Schramm:

{^n) aTc xphcontai iyainoic aamothrcin/ina Ynö

ToVc nö-

AAC MÖNON *AiNü)NTAI KAI MH KATA*ANeTc nOIÖCI TOYC

^■UOAeYONTAC TOTC YnSNANTioiC. (29) TOYTOIC AS

KAI ToIc A«- «OAÄPXAIC CYNeHMATA KAI YnOCYNGHMATA HAPA TÖN CTPATHräN AIAOCSAI AsT, t6 MEN «(ONHEN,

Ae A<I>CO-

NON-

(30) AeT AE KeKAeTcGAi tac hvaac KAeÄnep

KAI TAC THC nÖASUC KAI TAC TÖN ÄM<t>ÖA(üN, Tn' iku TINCC TÖN

noAe-

witON NYKTÖC H HMCPAC eWBAAÖNTCC SIC THN HÖAIN

nAPeMn^cuciN kaI kataa^buntai' tinac TÖnoYc,

nPßTON WeN ToTc KATAOAATAIC KAI TOIC AieOBÖAOlC,

e'Ti A^ /to?c) ToieiwACi kai to?c Aieoic nÄNToeeN

TYRTÖMC- NOI KAKA nÄeCOCIN, «€TÄ AC TAYTA eK*OITd)CI Ka'i BOHeßCIN o\ HOaTtAI KAI CTPATIÖTAI ÄK TÖN SKKOI- TIÖON KAI Tü)N AM*ÖA(i)N CYNTeTATM^NOI KAI HrCMÖNAC

exoNTec ^niTieÖNTAi (tc) toTc noAewioic ötan Yno-

AAMBANWCI KAIPÖN cTnAI, KAI ^AN Tl AIAC*AAAUNTAI,

exwciN eic Äc^aaec AnoxcopeTN ^xöntun tön am- *6aun n-t-AAc (31) oY Te oaTaec kai ai aoyaai

KaI AI TYNaTkCC KAI AI HAPeENOI TYnTWCIN AHÖ TÖN CTETÖN KAI nÄNTEC Sci KATA THN nOAlN ^NEProi.

(32) öpeöc

a' EXei KAI KATA TINAC TÖnOYC ENAOeEN ANTITA- *P£YEIN KAI KPYnT£INTAcTA<f>POYC,YNA^AN OECÖNTOC

93 liölzcriK' Stocklatcnieii g(3brauclieii soll zu flein Zweck, nur das Nächste vor den Füßen zu beleuchten und nicht die Ron- dengängerdemGegncrsichtbarzu machen. (29) Diesen und den Straßenkomman- danten muß der Feldheir die Losung und Nebenlosung mitteilen, die eine durch Worte, die andere durch Zeichen.

(30) Die Tore, sowohl die der Stadt als auch die der Straßen, müssen verschlossen gehalten werden, damit, wenn irgend- welche Feinde, nachts oder tags in die Stadt eindringend, eingefallen sind und einige f)rte bereits erobert haben, diese zunächst von den Katapalten und Stein- werfern sowie von den Geschossen und

5 den Steinen von allen Seiten getroften werden und schweren Schaden leiden, dann aber auch die Bürger herauskommen und zu Hilfe eilen, ferner die aus den Nachtwachen und den Straßen kommen- den Soldaten sich in Reih und Glied ordnen und 'unter ihren Führern die Feinde angreifen, wenn sie glauben, daß

es der richtige Augenblick ist. falls ihnen aber etwas fehlschlägt, die Möglichkeit haben, sich auf sichere Orte zurückzu- ziehen, vorausgesetzt nämlich, daß die Straßen Tore haben ; (31) damit ferner die Kinder und dieSklavinnen, die Frauen und Jungfrauen von den Dächern herab kämp- fen und allesamt für die Stadt tätig sind.

•'5 (32) Richtig ist es auch, an einigen

Stellen innen Gegengräben anzulegen und diese gut zu verdecken, damit, wenn die Feinde nach Fall der Mauer ein-

93,6 <^n) Ca AAwnTHPciN] vgl. Aen. Tact. 26,3. 11 70 9 kai nAPACYNeHWATA -t-nö

Gra nach Aen. Tact. 25, 1145: doch s. p. 93,41. 44 11 KEKAekeAi Nissen Pomp. Stud.

p. 505 : KAI KAeiecGAi PV 13 ÖMBÄAAONTEC PV: corr. Nissen 14 nAPEMnecuciN V:

nAPAn^MncüCiN P 16 (toTc) Br 17 KAKonAeöciN Br 18 kai fehlt P 20 dnirieeN-

TAi ToTc PV: cori-. Nissen 21 kaipöc P 23 6' te V 01 aoyaoi Hereher, aber die

Sklaven werden unten verwendet: vgl. Diod. 20,84,3 24 TYnTONTEC PV: corr. Nissen

CTETNÖN PV: corr. R

Exzerpte aus P/dlons Mechanik VII. VIII (III 28—38; p. 93).

59

TOY TeixOYC eiCBIAZUNTAI Ol nOA^MIOI, nOAAOi A\

ArNOiAN A'YTÖN «eeiPaNTAi. (33) aeT ka'i thn

TAXiCTHN

kas' ö ^Nn^cH Telx»": xapaka eeMeNovc kaI

«OPMOYC rflc ^MHAHCANTAC nPOTeixiC/>^A KATA- CKeYÄCAI.

(34) ka'i OiC AN AniCTHC TüJN CTPATIWTCüN H TÖN

noAiTÖN, öpeöc fxei MeiAAAACceiN aytön täc

ÄKKOrriAC KAI TÄC *YAAKÄC KAI WH EIAfiNAI AYTOYC, KAO ÖN TÖnON <1>YAA£0YCI TO TelxOC, VnA MH AY- NUNTAI nPOAOYNAI TO?C nOAewiolC THN nÖAIN . (35) «e-

taaaakt^on a^ noT' ^cti ka'i cynohmata,

VnA ^ÄN tön ^NAOe^N TIC KAKOYPrwN TO CYNSHMA

Tolc noAeMioic h aytoi . ^aytoyc^ nyktöc

YnOTÄ-EANTCC TU Tcixei AABCOCIN, AXPelON AYTOTC H r€NOM^NHC TftC «CTAAAArflC. (36) TA <^a') YnOCYNeHMATA A»<ONA aI-

AOTAI np6c TO-rTttf (Tna) KÄN AkO'T'CWCIN Ol nOA^MIOI

Cl-N-

eHMA, KATA*AN€?C piNUNTAI Ol AAGPA ^oi

TeTxoc XnabAntec. (37) ecTi a^-ta YnocYNenMATA

TOIAYTA AnAITHCANTOC Aef CYNOHMA XoCA^CeAl THN KAYcIaN fl TÖN nlAON (H THN nePIKe«AAAiAN ^ÄN fe'XH

U nPÖKunoN ^rxeiPiAioN noiAcAi A thn aciian

^«BAA€?N ft THC XAAMYAOC ^niAAB^CeAl. (38) S^NA AC KAI AinAÄ AOTCON tCTI CYNGHMATA, Tn'

^PrUAÜC Ol nOA^MIOI katamanbänucin a'»tA, tkn [a^] ^iäkoycton Anö toy teixoyc ti t^nh-

TAI.

93 dringen, viele durch Unkenntnis derselben

29 zugrundegehen. (33) Es sollen auch schnellstens an den Stellen, wo die Mauer

30 getiiUeu ist, Palisaden aufgestellt und durch mit Erde gefiillte Schanzkörbe ein Vorwerk hergestellt werden.

(34) Es ist auch richtig, wenn man bei Soldaten oder Bürgern, denen man mißtraut, die Wachen und Nachtwachen wechselt und diese in Unkenntnis bleiben, an welcher Stelle sie die Mauer bewachen werden, <Iamit sie nicht den Feinden die Stadt verraten können. (35) Zuweilen sind auch die Losungen umzuändern, daß, wenn jemand von der Besatzung hoch- verräterisch den Feiiuleii die Losung aus- liefert oder diese selbst des Nachts sich unten verborgen an die Mauer stellen

*" und sie abfangen, sie ihnen keinen Nutzen bringt, da sie ja umgeändert ist. (36) Die Nebenlösungen sind lautlos zu dieser (Ilauptlosung) zugeben, damit, wenn auch die Feinde die Losung hören, die heim- lich auf die Mauer Gestiegenen entdeckt werden. (37) Nebenlösungen sind aber z. B. folgende: Vor dem, der die Losung abfordert, muß man den Hut abnehmen oder den Filz oder den Helm, wenn man einen trägt, oder man soll das Schwert am Grift' fassen oder die rechte Hand darauflegen oder den Mantel anfa.ssen. (38) (Jbiigens sollen die Losungen fremd- artig und doppelt gegeben werden, so

50 daß die Feinde sie schwer verstehen, wenn von der Mauer irgend etwas hörbar geworden ist.

9328 eiCBiÄzoNTAi PV': corr. U 30 6ÄN PV 31 ^MnAHCANTec PV 32 ÄnicTH

PV: corr. Hr ^i ^xeiN PV 35 *yaäc coyci PV: corr. S 36 noA^MOic PV

38 43 >totius loci interpretatio et mendarum correctio omnis Brinkmanno debetur; praeivit Va.' S 39 fl A+Toi ^AYTol PV •(h^ro^c): pro nyktöc hoc scribendum aut ante adden-

(lum- Bue 40 <(äk)aäb(i)cin Die 41 a<>ü)na] A*' wn PV 42. 43 npöc TO-t-Tu ;TNA^

KÄN Die; npöc ikn . . . ., kata^aneTc riNecoAi toyc änabäntac (vgl. p. 90, 6) S

43 riNONTAi PV: corr. Die 44 ^ti PV: corr. K 45 äoaithcanta PV: corr. Bue

46 HHAÖN PV 51 iku kaI ^i. Ca

8*

60

I) I K L s und E. Schramm:

(39) (. . .) kaI aytcon täc aoki'aac kai tac npocTiee-

M^NAC KAWAKAC iK TOY HAAriOY TYnTONTAC TOIC AieOBÖAOlC PAAIÖN ÄCTI CYNTpiseiN KAI ÄnOP-

pinxeiN Anö toy reixoYC, h th NA*eA, eku ^xhc,

PÄNANTA KAI AAMHAAAC ÄNWe6N SMBAAÖNTA

KATAKAYCAI- (40) (iCAY-TCOC Ae KAI TÄC XEACÜNAC

KAI TA MHXANHWATAb'TAN^rrYCr^NHTAITOYTeixicMATOC^M-

ninpÄNAi. (41) AoereoN a^ ^ctin uc ayta kai hy-

P04>ÖP0YC OOC nASlCTOYC KAI TPIBÖAOYC KAIOM^NOYC

cTinn-f« nepieiAi<(rM^NOYc.

(42) xPH)cTäoN AS ecTi ka) ta?c nAAlN npo-

AOcIaIC KAI TaIc riNOMeNAlC NYKTÖC KAI HM^PAC ^nl-

edceCIN ÖTAN AABHC KAIP6n (43) OYTWC rAp AN

TAXICTA KATATYXCON AYCAIC nOAlOPKIAN.

(44) AN Ae TA?C ÄMnPH- CeCI TUN MHXANHMATüJN KAI TÖN XEAWNfflN {ka'i) TaTc CYMBAINOYCAIC ^nieeCeCI AeT TOYC ÖnAITAC KAI TOYC YIAOYC. bCOI AN «H ^ni TÖN T6IXÖN Sci XPHCIMOI, nÄNTAC AieCKeYAC«€NOYC ^N nPOTEIxicMATI feToiMOYC eInAI, INA TAX'l' KAI BY- TÄKTUC nOIÖCI nPOCTATTÖMENON CTPATH-

rö.

(45) TOYC Ae riNOMeNOYC tpaymatIac tön i^nmn

^niMBAÖc eepAneYeiN hanta ta aconta hapa-

CKeYAZONTAC, KAI ÖCOI AN «H eXUCIN AYTÖN

TOYC eePAneYONTAC, eic täc tön hoaitön oikiac

AIAÖNAI- (46) KAI ÖCOI AN ANAPCC ArASoi TINUNTAI,

94 (39) <. . . / und ihre Schutzbalken und

angestellten Leitern sind leicht durch Schrägschiisse aus den Steinwerfern zu zerstören und von der Mauer herabzu- werfen, oder man spritzt Naphtha, wenn vorhanden, und wirft Fackeln von oben darauf, um sie in Brand zu stecken. (40) Ebenso kann man die Schildkröten und Belagerungsmaschinen, sobald sie der Befestigung nahekommen, in Brand stecken. (41) Gegen diese sind auch möglichst viele Brandpfoile abzuschießen und angezündete mit Werg umwickelte Feuerlanzen.

(42) .... Man soll aber auch den Ge- gen ven-at gebrauchen und nachts und tags Ausfälle zur rechten Zeit unternehmen, (43) denn so wird die Aufhebung der

Belagerung am schnellsten erreicht.

(44) Bei dem Verbrennen der Ma- schinen und Schildkröten und bei den

"5 erfolgenden Auslallen sollen die Hopliten und die LeichtbewaflFneten, die nicht auf der Mauer A'erwendet werden, alle in den Vorwerken bereitgestellt werden, damit sie schnell und wohlgeordnet den

2o Befehl des Feldherrn ausführen können.

(45) Die vorkommenden Verletzungen der Söldner sollen sorgfältig geheilt und alles dazu Erforderliche herbeigeschafft werden, alle, die keinen eigenen Pfleger haben, soll man in die Bürgerhäuser legen. (46) Ferner soll man diejenigen,

94,1 Lücke Ha ka! aytön] »f. kat' aytön^ Ha 2 KAiA^AKAC ^k toy nAArioY

stellte um S: ^k t. ha. ka. PV 4 th naoga Br: thn Xosan PV: rflc NA«>eAC Kaibel Sxh

PV: corr. Br 5 ^«baaaontac PV: corr. Br 7 <nPo)TeixicwATOC S 8 wc] eic Th mg:

(i)C ^eic) S: uCA-r-Tuc KAI Bue 10 nePieiAl(rMdNOYC. xph ct^on Ae Br: nePieiAlCT^ON PV:

nePiCiAHTeoN R: Lücke Ro 10. 11 nAAiMnpOAOCiAic H. Schoene 13 taIc xeA.] »videtur

ad vs. 6 adscriptum fuisse in mg. ^wnPHceic tön mhxanhmätwn kai tön xcaunön idque huc irrepsisse« S 14 (kai) Die 17 nÄNTec PV: corr. Ha, Gra AiecKeAACM^NOYC P: aia-

CKeAACMeNOYC V: corr. Bue; vgl. Xeii. Hell. IV 2,19 18 feToiMOi P: eToiMON V: corr. K

20 "TOYC Ae 31 KiN iYNCYceiAN I'. inscrend;! p. 96.15 ante verba Ae? Ae kt£.- S 22 6coyc

PV: corr. Ha 24 riNONTAi V\' : reNCüNTAi Die

Exzerpte aus Philms Mechanik VII. VIII (11 1 3!) .')/; p. {)}).

(51

ANABIBÄZeiN ,KAi) XÜPAN KAI HTeMONIAN AIaÖNAI

KAI CTe-

*ANOYN (47) KAI ÄÄN TINSC TeAeYTHCUCIN, OAnTeiN d)C

AAAinPÖTATA AHMOCIA, KAI ikn KATAAintüCIN

tAYTÜN TCKNA fl TYNaTkAC, nOAYCdPe?N MH nAP£P-

ruc (48) MAAicTA rÄp oytuc eYNOOi riNÖMeNOi toic

CTPATHroTc KAI TOTC nOAlTAIC APICTA ^N KIN- AYNEYCeiAN.

(49) ^ÄN /\i b TÖnOC KAG' ON nPOCBÄAAOYCI, KA- TANTHC H, A*eriOH ^Ct'i TOYC TPOXOYC APenANA gxONTAC fi Al'eOYC MCPAADYC (50) OYTU TÄP AN tX-

xicTA KAI nAeicTOYC AiA*eeipAic TÖN ^nantIun.

(51) ^ÄN ^K OAAACCHC H nPOCArUfH CYN- TEAfiTAI, KATÄ TÄC XnOBÄCeiC eYPAC TG KPY- riTÄC HAOYC eXOYCAC Aei TIO^NAI KAI TPIBÖ- AOYC KaI CIAHPOYC KAI nYilNOYC AlACnelPCIN KAI

94 die sich durcli Heldenfaten auszeichnen, befördern und ihnen Landbesitz und Führei'stellung geben und sie mit Ehren-

26 kränzen belohnen. (47) Und wenn einige \ on ilineii gefallen sind, soll man ihnen auf Staatskosten ein mögliehst glänzen- des Begräbnis veranstalten, und wenn sie Kinder oder Frauen hinterlassen, soll man für diese nicht nur nebensächlich sorgen. (48) Denn auf diese Weise werden sie am ehesten j3ine gute Ge-

3" sinnung gegenüber den Feldherren und den Bürgern gewinnen und so am besten sich den Gefahren aussetzen.

(49) Wenn aber der Ort, gegen den sie angreifen, abschüssig ist, soll man Sichelräder oder große Steine loslassen, (30) denn so dürfte man wohl am schnell- sten die meisten Gegner vernichten.

(51) Wenn der Angriff vom Meere aus erfolgt, soll man an den Landungs- stellen xerborgene, mit Nägeln besclda- gcne Falltüi-en aufstellen und Fußangeln aus Eisen und Buchsbaum verstreuen und die zur Landung günstigen Orte

1: 1 00.

Rild 28.

NON

M, 25 ^KA))» Die »recte Xnab. x. : loco promovere- Bue (bezweifelt Die) 2 I'V: corr. Br 27 KATAAinuciN Br: KATAAeinuciN l'V 29 to?c] thn

?- »»«r n -_ f.. -. rj\*. IT «..f.,.^«

25. 26 CTe«A-

19 toic] thn kompendiös I'

35 nAeioYc l'V: corr. S

30 CTPATHriKofc PV: corr. R 32 nPosAAAOYCi l'V: corr. II

eNANTiwM] •hie apte in.serueris quae infia -sequuntur p. 95, 32 ikn a^ makpäc— 96, 14 nAoeiN. S 36 ^kJ kaI V\: corr. Ha. Gra 36. 37 CYNTeAeiTAi I'\': corr. R 37 evPAC] vgl. p. 100, 7

39 [kai] CIA. Br

62

D I E I, s und E. S c n R A m m :

JJUJLillll

1: 100.

15il(l 29.

ÄnoxAPAKOYN TOYC eveniBÄTOYC TÖnoYC. (52) TA 94 verpalisadieren. (52| Die Einfahrten der

,, Häfen soll man durch an Ketten hän-

Afi CTÖMATA TUN AIWENCÜN *PATTeiN IMHTOIC <'

KAeiepoic, ^N ofc xöNAi eici nepiTPexoYCAi kai

cTPor-

TYAAI, CIAHPOYC AG KOAnOYC eXOYCAl ' (53) H ^CXÄ-

PAC eni TOY TÖnoY TieeceAi kaI aIgoyc ucci

XIACTOYC KAi M€ricTOYC eniBÄAASIN, ^N OiC ^M-

nHTNYCeAr TOYC KAeAPMÖTTONTAC CTAYPOYC A03E0YC CECIAH-

PCOWENOYC, inAAAATTONTAC AAAHAOIC KAI CYN- AeAEMeNOYC, OYX YOePeXONTAC THC. eAAACCHC

Aaa' b'coN nAAAicTHN AnoAeinoNTAC ' (54) ft oaoTa

^nantIa öPMlzeTAi) noAEWiCTHPiA ÖHAA SxoNTA, übiT Schiffc, die Kriegsgerät geladen

ei A^ haben, oder andernfalls Nachen und was

«H, A^MSOI KAI cBn AN fe'xHC TA nAsiCTA npoc- man von kleineren gerade am meisten

94. 41 iWHToic Die: «h to?c PV: twhtoTc (»sectilibus«) Bue: ciAHPofc Mi: m^n toTc Ha: [mh] 'l'h mg: H Toic S 42 xöNAi) Die nepiTP^xoYCi PV: corr. S 43 ^xoycac PV:

COrr. S 45 XICTO'Vc PV: corr. K 46 KAeOPMÖTTONTAC V 47 YnAAAÄTTONXeC

PV: corr. Die 50 »^nantia corruptum" Br (ÖPwizeTAi) Die exoNTAC PV 51 a^m- BOYC V: A^MMOYC P HAeTcTA Die: AenTA PV

gende Sperren schließen, an denen Im Kreise bewegliche, runde, mit eisernen Wölbungen versehene Bojen sind (siehe Bl'd 2S). (53) Oder man soll Gerüste an dem Orte errichten und Steine größtei- Sorte kreuzweise aufwerfen (siehe Bild 29); in diese sind die eisei-nen, schräggestellten Pfähle einzupassen, gegeneinander ab- wechselnd und miteinander verbunden, nicht über das Meer hervorragend, sondern eine Handbreite (0.0739) übriglassend'. (54) ( )der es werden den Feinden gegen-

' In Toulon und La Spezzia sind genau die gleichen Unterseedämme. Das Mittel- meer hat geringe Ebbe-und-Flut-Ditlerenz.

Exzerpte aus Philons Mechanik VII. VIII (III 52-59; p. i)l. 95). 63

opwceeNTA npöc aaahaa cynanaptätai kai cym-

BOAA'i KATACKeYAZONTAI AYToTc AOKMN nAXeÖN TE-

TPArtiiNCüN npö THc nP(j>PAC reeeicüN, kai to-J-tun

CYrroM-

♦ojeeicöN kaI cYNAeeeicöN eic aytö, ka) ^n

Xkpu ^mböaoy nepi aytä KAeAPMOce^NToc.

(55| nA-

pA nÄNTA TA eiPHM^NA KACJoPA Ka'i Zg-rTMATA

KAJ haoTa Akätia nAPOPMeiru niccAN kai gcTon KAi TPiBÖAOYC exoNTA CTinnYo) nepieiAirM^NOYc

KAI

it* TA?C ÖAKÄCI TAYTA KAI /tA TOIAYTa) ^N^CTU.

(56) KAI ^ni TOY CTÖMATOC

[kaI i*\ «KAT^pweew ^♦ecxÄTü) nerpoBÖAOC cikoca- mnaToc, Yna ötan biäzuntai tön «IKPÖN TINeC eic TÖN AiM^NA, MnPHcewciN h ncpi toyc ^«b6- aoyc nePinArelcAi AiA*eAP«ci<(N h> katahon-

TICeÖCIN TYTITÖMeNAI ToIc Tg M0AIBO?C XM«OPeYCI

KAI TOic ncTPOBÖAoic. (57) ^an a4 werA ti aiä-

CTHA^A H. KAI n'fPrOC ^N «eCU CTAeHTCO, ^N 0)

neTPOBÖAOC ^CTti) tpiakontäwnoyc (58) np6c aetä

nPOCArÖMSNA /mHXANHMATA KAI TÄC iiPocnAeov'-

CAC NAYC MÄAICTA AcT XPÄCBAI Toic neTPOBÖAOlC KAI Tofc nYPO«>ÖPOIC KAI TOTC AOPYBÖAOIC.

(59) ikn Ai Xrxi-

95 hat, vor Anker gelegt uqcI miteinander oben verbunden, und es werden ihnen Ver- bindungen geschaffen durch viereckige dicke Balken, die vor dem Bug ange- bracht und die zu einem Ganzen zu- sammengenagelt und zusammengebunden sind und an deren Ende ein Sporn au 5 sie angepaßt ist.

(55) Neben all den vorerwähnten Sperrketten, Brücken und Schiffen sollen leichte Fahrzeuge zur Seite vor Anker liegen', die Pech, Schwefel und mit Werg umwickelte Feuerlanzen geladen haben. Und auf den Lastschiffen soll dies und

ähnliches) auch vorhanden sein.

(56) Ferner soll ai:f der Hafenein- fahrt l)eiderseits i zwanzigminiger Stein-

'" weifer stehen, damit, wenn einige der kleinen feindlichen Schiffe in den Hafen eindringen, sie in Brand gesteckt wer- den können oder an den Sporen hängen- bleiben und so zerstört werden oder end- lich, getroffen dui'ch das Aufschlagen der bleiernen Amphoren ' und die (Schüsse der) Steinwerfer, versenkt werden.

15 (57) Ist aber der Abstand (der Geschütze) etwas groß, soll auch noch ein Turm in die Mitte gestellt werden, in dem sich 1 di-eißigminiger Steinwerfer befinden soll. (58) Gegen die vorrückenden Ma- schinen und die heran fahrenden Schiff«; muß man vor allem Steinwerfer, Brand-

j,j pfeile und Speerwerfer verwenden.

(59) Sind aber tiefe Stelleu in der

95, 1 CYNANAcnÄTAi P\': coiT. Schramm 2 nAxeÖN Die ; vgl. Epicur. ep. I 36 (4, 7 Usener,

dazu Bonn. Ind. lect. 1880/81 p.vm): nAX^UN I'\': nAxeiÖN S: nHxecoN Ro 2. 3 xerPArÄNcoN

S; vgl. p. 99,34 und Diod. XX 85, 2. 91, 2 3 CYrrooecicÖN I'V 4 CYNAeeeNTUN PV:

corr. S 5 KABOPMOce^NTOc V 9 (ta toiayta) Die 10 [kai ^♦'] Die 11 mi-

kpün] «akpön Ho 13 <'fl . S: {KAi) R 14 TYnTÖweNOi PV vgl. schol. Ar. Eq. 762:

Thuc. VII 41,1; Eustath. zu <*> 22; Polyb. VIII 7 XXH 10 15 ti Bue: h PV 16 h

Btie: ÖN P: An V 17 neTPÖaoAOC PN' tpiakontämnoyc Die (a statt Ä): TeTPÄMNOYC PV ■petro-

l>ole de quaranta mines« Ro; vgl. p. 95, 50 ss. <^mhxanhmata) Ro

' Sogenannte Delphine, d. h. Gewichte, die an den Rahen hängen, zum Aufwerfen auf die feindlichen Schiffe.

64

D I E L s und K. S c u R A m m :

BAseTc TÖnoi tun reixa-N ici, nPocxtiMATA kata- 9S CKevACTSA ecriN. ina MHTe npocArurHN e'xh "

TA-f'TH MHTe TUN «ePÄAUN CKA*iuN eMBOAOC eiC

TGixoc ^«BÄAH H eniBAGPAC enieeNTEC KA-

TAAABUNTAi TINA niPfON. ((50) Ael A^ KaI NY- ^3

kt6c, otan

H XeiMWN, TAC ÄrKYPAC TUN ^«OPWOYCUN NHUN

KeAe-r-eiN toyc koaymbuntac YnorewNeiN kai e-

AA*H AYTUN eKTPYHÄN' (Hl) MAAICTA AE OYTU KU- AYC0M6N TOYC ENANTIOYC ^*OP«izeiN. (<>2) TA a'

AAAA HANTA XPHCIMA SN TAIC TOIAVTAIC HPOCBDAaTc OCA KAI nPÖC TÄC i-K THC HneiPOY riNOMeNAC

nPocArurAc.

(63) iku AE MAKPÄC OYCHC THC nÖACUC Ä«-

*IBOAON rt Tl TOY TsixOYC, A10IKOAOMHT€ON gCTI

Toixu

ft A^PPel rt AYAAIAIC AIA*PAKTeON, "INA MH Tl-

TPKCKUNTAI EK TOY ÖnlCSeN Ol dnl TOY TeixOYC 35

ÖNTec.

(64) eneiAAN ac tu npocAroweNu mhxanh-

MATI

ÖAonoiHefi, neTPOYC üc wericTOYC npoppinTciN eK TUN neTpoBOAUN, WH cTPorr-f'AOYC, Tna mh

AYNUNTAI THN EAGnOAlN nPOCArCIN. (65) XPHCIMA

a' iCTI KAI TA nPOKATAPTIZÖWCNA HAXEA <"

AM*iBAHCTPA ^K TOY aInOY HPÖC TOYC KATÄ

TÄC kaImakac (kai; aia tun aiabagpun eni ta TeIxH änabaInontac- otan rÄp enippi*H aytoJc,

PAAIUC CYNOeONTOC YnOXciplOI riNONTAI. (66) KAI TA AfKICTPUTA ^«BÖAIA- AHO tAp TUN KAAWaIuN 45

N'iihe der Mauer, muß man Auf>chiitluri- gijii machen, damit dort weder ein An- griir.statllindeii. noch ein Sporn dergroßcii Schiffe in die "Mauer eindringen noch durch Anlegen von SturmVirücken ein Turm genommen werden kann. (60) Es soll auch nachts, wenn Sturm ist, den Tauchern Bi'fehl gegeben werden, die Anker der Bh)ckadeschiffe zu kappen und den Boden derselben anzubohren. (61) So werden wir am ehesten die Feinde verhindern anzulegen. (62) Auch alles andere ist gegenüber diesen Landungen brauchbar, was bei den auf dem Fest- lande stattfindenden .\ngriffen brauch-' bar ist.

(63) Wenn sich aber die Stadt weit ausdehnt und dadurch ein Stück der Mauer zwischen zwei Feuer kommt, so ist es durch eine Zwischenwand abzu- trennen oder durch Häute oder Vor- hänge abzusperren, damit die auf der Mauer Befindlichen nicht hinterrücks verwundet werden können.

(64) Sobald aber für die vorrückende Maschine die Bahn hergestellt ist, sollen möglichst große Steine durch die Stein- wei'fer daraufgeworfen werden, jedoch keine runden, damit sie nicht die Hele- pole vorbringen können. (65) Brauch- bar sind auch die vorher zurechtgemach- ten dicken Netze aus Hanf gegen die auf den Leitern und mit Hilfe der Fall- brücken auf die Mauer Steigenden; denn wenn ihnen diese übergeworfen wer- den, werden sie leicht dui"ch das sich zusammenziehende (Nttz) bezwungen. (66) Auch die mit Widerhaken versehe- nen Wurf haken (>ind brauchbar): denn

95,21 nPOCXÜMATi l'V: corr. Spaiili. ad lulian. p. 191: np6cxuMA Ti KATACKeYACTeoN Mi 24 enie^NTAC PV: corr. IIa 26 e^OYPMOYCÜN V 29 e<«>0PMizeiN Mi: Ä*APMÖzeiN l'V

32 SAN AS KTc.] vgl. ZU p. 94. ,35 MAKPAN PV : corr. I{ 33 H Tl Ha Gra: ein PV oko-

AOMHTCON PV: corr. S [ecTi] Gra 35 öniesN PV 37 npocPinTeiN PV^ corr. Bue

40 TA npOK. n. A. 44 riNONTAi] vgl. Anon. P(j1. p. 261,3 ff- ^^ e 42 (kaI) Br: vgl. Anon. Pol. a. 0. 44 CYNACONToc Wcsseling zu Diod. XVIII43: CYNAee^NTec oder CYP^NTec Br

Exzerpte aus Thilous Medtanik VII. VIII (III .5,9 —72; p. .9 ,5. 96). 65

€Y ^lAKONTIZÖWeNA Ka'i ANUeEN ^MBAAAÖMENA,

ÖTAN ^«nArfl eic tA «aaatmata kaI täc

f>YTAC CAnIaAC <^KAi ÄNAC^nÄCH TA KAAWAIA, nOAAA

Xno-

CnÄN AYTÖN /^-t-NATAI.

(67) nÄNTUN AE «ÄAICTA AG?

cnoYAÄzeiN nep'i TO't'c tpiakontawnaioyc nexpo-

BÖAOYC ka'i TOYC XPUMeNOYC ToTc ÖPfANOIC TOY- TOIC KAI TAC BeAOCTÄCeiC AYTÜN, INA OJCIN (bc

B^ATicTA nenoiHw^NAi- (68) tön tAp aiooböacon oy- T(i)c GY nenoiHw^NUN kaI tön BeAocrÄceuN ^ni tun ^niKAi'puN TÖnuN kata tpöhon ^ne-

CKeYACM^NUN KAI T«N XPHCOM^NÜJN AYToTc ^N- T^XNUN ÖNTUN OYT" J^N [rePPOXeA(i)NH] MHXANH- «A OYT' AY CTOA OYTe XeAÖNH (»AAIUC

npocAxoeiH- (69) ^än a^ nAHCiAcH t^aei.

OYK An YnOKINHC€l€N OYe^N Ynö toytun ty-

rrröweNA- (70) cy/^mcm^tphtai a^ tayta ka'i c«o- apötata tayt' ^ct'i np6c tAc nAHrAc tA b^-

AH- (71) ÜCre TOYT(i)N ÄNEPrOYNTCiJN MHe^N An A6I- NÖN KATA tAc riNOM^NAC HPOCBGaAc THN nÖAIN

nAeelN.

(72) AG? Ai KAI iatpo^'c XAPiecTÄTOYc Snaon

eJNAi

^MneiPOYC tpaya\At(i)n kai bcaön ^lAiP^ceuc,

^XONTAC «ÄPWAKA KAI 6prANA tA HPOCIH- KONTA, KAI THN nÖAIN XOPHrefN KHP(OTHN KAI M^AI KAI ^niA^CMOYC KAI CnAHNJA, INA MH

nAPAnoAAY'MNTAi Ol CTPATiöTAi tpaymatIai TENÖ-

95 wenn sie vermittelst der Taue richtig ^, abgeschleudert und von oben aufgewor- fen werden, können sie, wenn sie sich in den Kissen und den herbeigebrachten Pfosten festhaken und die Taue anziehen, vieles von ihnen wegreißen.

(67) Am allermeisten soll man sich

lun die dreißigminigen Steinwerfer, ihre

Bedienungsniannschaft und ihre Gesehütz-

96 stände bemühen, damit sie möglichst gut hergestellt werden. (68) Denn wenn die Steinwerfer gut gemacht und die Ge- schützstände an den vorteilhaftesten Stel- len nach Vorschrift aufgestellt werden und die Bedienung geübt ist, dürfte weder eine Maschine noch ein Schutz- dach noch eine Schildkröte leicht her- angebracht werden. (69) Wenn sie sich dem Ziele genähert haben, dürften sie, von diesen getroffen, sich nicht mehr

lo rühren können. (70) Diese Geschütze sind die entsprechend gebauten und in bezug auf die Durchschlagskraft die stärk- sten, (71) so daß, wenn diese in Tätig- keit treten, die Stadt bei den etwa ein- tretenden Belagerungen keinen ernst- lichen Schaden erleiden kann.

5 (72) Ks sollen auch die tüchtigsten

Ai-zte darin sein, erfahren in der Wund- behandlung und dein Hei ausziehen der Geschosse. Sie müssen die entsprechen- den Heilmittel und Instrumente haben, inid die Stadt muß ihnen Pflaster, Honig, Verbandzeug und Binden beschaffen, damit die verwundeten Krieger nicht

sterben, sondei'ii schnell wieder geheilt

95, 46 ev Br: oy PV 48 ^ytAc PV: zweifelhaft (kai ANAc)nAcH tA Schramm : machtA

$ über H und a. Rde. 5 V^PV: [wac] fi tA Bue: [mag] (kai XNiMHeft) tA Br: (ka'i) whch tA früher Die 51 xpum^noyc] xphcom^noyc Gra

96, I fiNA nenoiHM^NAi] Gra 2 nenoiHM^NOi, a. Kde. aI, PV 2. 3 oytuc]

toytun Gra 6 tgpoxgaänh P: tilgte Gra vgl. p. 99,29 7 ay S: an PV

8 T^AGl] TGIXGI R 15 vgl. zu p. 94, 20 16 ģAIP^C6Ci)C Ha Mi: ^lAIP^TUC PV

17 npoc^AKONTA PV: coiT. Ha MI 19 chahnia] J über h und a. Ude. PV 20 ha-

p An)oAA'f'(i)NTAi Br nach 101,45: nAPOAAYONTAi PV 20 riNÖMGNOi PV: corr. S

Phil.-hist. Abh. Wi'J. Ar. 12. 9

()()

Dil: LS und E. Schramm:

MENOi, AAAÄ TAXY YriAZÖMeNoi xPHCiMoi 96 iiiul kriegsverwciiduiigsrähig wci-deii uiicl

bei den spätci- vorkommenden Treffen

riNUNTAI SN TAIC YCTePON TINOMeNAiC CYMBO- =2

AAfc npoeYMWc KiN^YNe-foNTec AiA TÄc re- NOMeNAc eePAneiAC AYTo?c ka'i xophtiac- (73) noA-

AA-

Kic Ae kaI tayta thc nÖAeuc ^ni cuthpIa as riNeTAi.

IV.

(1) nPÖC M^N OYN nOAlOPKIAN OYTO) AeT nAPA-

CKeYÄzeceAi.

(2) TÖN MeAAONTA AHYeceAi TAC nÖAeic

eAN nPOEAHTAI 'PAAIWC AASe?N), Ae? MAAICTA MEN

feOPTHC OYCHC

HN ArOYClN eiU TÖN nYAUN, Gl Ae MH, AmHTOY ((i) 30

TPYrHTOY ÖNTOC ThN enieeciN noieTceAi' (3) nAei-

CTOYC rÄP fe'äCO THC nÖAEUC ÄnOAABOJN ÄNePÜnOYC

paaigctat' an aäboic acty- (4) ei ae mh,

NYKTÖC, Xei- «ÖNOC ÖNTOC H «eeYÖNTOJN TÖN nOAewitüN CM TINl AHMOTCACI eOPTH KaImAKAC eTOIMOYC SxON- 35 TAC AAOPA HAHCIACANTAC TW TeixSl TÖN nYPrCON TINAC KATAAASeCeW. (5) eAN Ae AnOTYXHC

TOYTOY, 6AN MeN enieAAACCIOC H H nÖAiC,

nepiXAPAKöcAi Te ^k eAAACCHC ei'c eA-

AACCAN, KAI BAN eXHC CKA*AC «AKPAC, ^nl 4" TOY AIM6N0C ^«»OPMeTN, INA eicOAeH MHGeN. eAN Ae «ha' OYTUC H nÖAIC H ÄKTICMeNH, (6)

BAAÖmeNOc cTPATÖneAON eäco aeAOYC eni

TO'Y'C ÄC^AASCTATOYC TÖnOYC, nePiXAPAKOJCAC K'f-

sich bereitwillig wieder in die Gefaln-en stürzen, wegen der itmen zuteil gewor- denen Pflege und Ausstattung. (73) Auch

dies kann dei' Stadt öfter zur Rettung

werden.

IV.

(1) Auf eine Belagerung soll man sich nun folgeiidetinaßen vorbereiten.

(2) Wer die Städte zu erobern be- absichtigt, soll, wenn er dies {auf leichte Art) tun will, am besten einen Festtag, der außerhalb der Toi'e gefeiert wird, zum Allgriff wählen, andernfalls zur Ernte oder Weildesezeit. (3) Hat man nämlich die meisten Menschen außerhalb der Stadt abgeschnitten, wird man wohl die Stadt am leichtesten einnehmen. (4) Wenn nicht, muß man in der Nacht, zur Win- terszeit oder wenn die Feinde liei irgend- einem öffentlichen Feste betrunken sind, Leitern bereit halten, sich der Mauer heimlich nähern 'und einige der Tünne einnehmen. (5) Glückt das aber nicht. so muß man, wenn die Stadt am Meere liegt, sie entweder von Meer zu Meer dui-ch Palisaden umschließen und, wenn man Kriegsschiffe hat, diese bei dem Hafen vor Anker legen, damit nichts einfahren kann. (6) Wenn aber die Stadt auch so nicht angelegt ist, soll man ein Lager außer Schußweite auf den feste- sten Orten aufschlagen, dieses, so gut

96. 21 riNOMeNoi PV: corr. S 23. 24 riNOMeNAC PV: corr. S 25 a. Rde. (üpaTon PV

28 TÖN M^AAONTA KTe.] Anon. Pol. p. 212, I I 16 We 29 nPO^AHTAl] npoc^AeHTAi R : npo-

ceAGH S {PAAiuc aabcTn) Die; eYKÖnuc nopeeiN Anon. 30 awhtoy (h) Bue: ama toy PV

Si PAAiecTATA PV: coiT. S 35 eTOiMOYC PV (Randkorrektur) : feToiwAC PV (Text)

35. 36 ÄxÖNTAC P: exoNTA und hahciAcanta S 38 in Ha: hn PV (h corr. im Archetypus,

in PV als fi nach nÖAic gestellt) 39 nepixcopftcAi PV: corr. S vgl. 44: nePixßCAi vei-m.

Die vgl. 100,40 (coc im Airhetypus überge.schneben geriet zum folgenden Te) Te] ücre PV: coiT. Er vgl. A\y]). l'un. 119 41 eicnAe? PV: corr. Ha 42 mha"] mih S S] k

PV: COIT. R 43 BAAAÖMeNOC PV

Exzerpte aus Philons Mechanik VTJ. VJJl (JIJ

-73;1V J !);p.96.97). 67

KAM WC AN ri AYNATÖN, eTxA OYAAKAC KATA- CTHCAC nOIOY THN nOAlOPKiAN, nPÖTON «EN

KHPYTMA noiHcÄMeNOc MHOCNA »eeiPeiN fl npo-

NOMCY-eiN. ACYTePON AG AOrlCAMCNOC EIC TArWATA H ^nAPXlAC AlAAÖCeiC TA reUPflA (7) Ka'i oi CTPA- riUTAI nÄNTA A^ONTA fe'lOYClN KaI Ol nOAh TAI OÄTTON Ö BOYAÖMeeA nOIHCOYClN X*eÄPTUN TÖN KTHMÄTUN ÖNTUN. (8) «€tA AE TAYTA nep'l THN

nÖAiN bcA ^ctIn h Xc*ÄAeiAN <ToTc) £naon Sxon-

TA H (j«^AeiAN TA «In KATACKÄYANTAC TA A^ ^KKÖYANTAC KAI TA YAATA TA eC(0

Monta XnocTP^YANTA (oVtcü tAp [anj MÄAICTA

ACIAUeHCONTAI tCAl CY TO?C ÖPfANOIC d)C BOY-

Aei xphch;, eV ikn ß noTAw6c nAHcioN, ^ni

t6 Tefxoc {^«eTNAi.) Tna ^än a-j-nh necÖNToc

MeTAnYPrioY

TINÖC A TTYPrOY KATÄCXHC THN nÖAIN. (9) ^ÄN

Ae MH

TOYTO A'f'NH, TÖTe TA B^AH ^niCTHCAC HANTA KAI

iniKHPYiAC T9 npwTu Anabänti ^ni t6 tsI-

XOC KAI ACYT^PU KAI TPItW AÜCEIN KAAÜC 6- XONTA XPHMATA, KATÄ TOYC XceENeCTÄTOYC TÖnOYC AnÖ KAIMAKUN KAI nPOCTieeW^NUN AOKIACON THN

np(iTHN noihCAi npocBOAHN. Vna kata^öbwn

ÖNTUN e'TI T6n £nAON KAI AncipUN nOAlOPKIAC, KATA KPÄTOC AÄBHC THN HÖAIN fi AlArNUC t6

96 es geht, umwallen, daiiu Wächter davor aufstellen und die Belagerung durch-

■** führen. Zuerst ist der Befehl zu erlassen, niemanden umzubringen, oder zu plün- dern, zweitens die Ländereien auf Grund einer Berechnung an die Abteilungen oder Befehlshaberschaften zu verteilen. (7) Dann werden einerseits die Soldaten alles Nötige haben, anderseits die Bürger uns schneller zo Willen sein, wenn ihr Besitz unzei'stört ist.

97 (8) Darauf wird rings um die Stadt alles, was für die Einwohner Sicherheit oder Nutzen bringt, entweder niederge- rissen oder abgehauen und die hinein- fließenden Wiisserläul'o abgelenkt; denn so werden sie am meisten den Mut ver- liei-en und Du kannst die Geschütze, wie Du willst, benutzen; lerni-r wenn ein Fluß in der Nähe ist, soll man ihn gegen die Mauer leiten, damit Du die Stadt nehmen kannst, nachdem möglicherweise eine Kurtine oder ein Turm gefallen ist. (9) Wenn Du das aber nicht kannst, dann stelle alle Geschütze auf, und nach- dem Du öflentlich verkündet hast, dem ersten Krsteiger der Mauer und dem zweiten und dem dritten die üblichen Ehr«!npreise geben zu wollen, mache an den schwächsten Stellen von Leitern und aufgelegten Balken aus den ersten Vor- stoß, damit Du, wenn die Pj'nwohner noch in Angst sind und keine Erfahrung

'5 in der Belagerung haben. Du die Stadt durch Handstreich in die Gewalt be- kommst oder \venigstens flie Zahl der Kämpfer oder ihre Stimmung erkennst,

96,45 ^'^^ I'^'= PAirr. R 47 «ne^NA 48 AoncÄMeNoc in P wiederholt: corr. m'

9T, I M£tA a^~ 9 nÖAlN] 'haec una periodo comprehendi eique insertani esse parenthesin V. 5 7 dociiit Va' S 3 KATACKÄYANTA Br 4 A^ (comp.) PV ^kköyanta Bi- 5 [An]

Bue 6 AeiAueHCONTAi Ha; vgl. 15: AHAueHCONTAi PV: ahahshcontai Mi ü>c ;an)

BOYAH Bue 6. 7 BOYAH V 7 cV] eiVe PV 8 (fi^eiNAi^ Die Yna PV: eTnai Br

9 KATÄCXHC Die: KATACxeiN P\' 1 1 <bTi> S 12 AciceiN Br vgl. 41 : Auceic PV 13 xphc-

mata P 14 nPOTiee«^N(0N PV: corr. Ha 15 noiftcAi P\' 16 ^naon Die:

ontun PV: 6xA<0N Bue: önantIcon oder ^nönt&jn Ha

68

D I E L s und E. Schramm:

nAfleOC TÖN MAXOMENUN fl TÄC YYXAC AYTÜN 97

nfic Te AiAKeW'iTAi npöc toyc kinaynoyc. (10) tay- 19

TA Ae nOIlHCAC AN «H COI nPOC^XCOCIN, enAA- 20 SIN iW TOY XÄPAKOC GeWeNOC KAI TAMPON OEPi CTPATÖnSAON nePIBAAÖMeNOC AinAHN TS «HXANHMATA l'cTA YnÖTPOXA KAI 06-

pIaKTA KATACKEYÄZUN KAI *OINIKiNAC CANIAAC I^XONTA, Ina MH CYNTPisUNTAI- KAI TÄC CTOAC Ol- »5 KOADMeTn Ka'i TOYC eniTHACiOYC TÖnOYC YnOPYT-

TeiN, cAn «h YnoMBPoc fi ö TÖnoc, ft xe-

ACONAC KATACKeYACÄMCNOC XUCTpIaAC tAc TÄ- POYC XCiNNYC THN x6PAN MH *eeiPü)N YCTCPON TAP, ikn CYM*ePH, TOYTO fe'CTAI COI nOIHCAI.

(11) ikn AC

«H AY^NH XCÜCAI AIA TO BAeciAC KAI GYPcIaC

eiNAI, XCAÜNHN AcT HPOe^MCNON XUCTPIaA CXC-

aIaN ZEYrNYONTA nPOCArAPcTN OY BOYACTAI

TCVC CTPATIÜTAC.

(12) nOIOY AC KAI KHPYTMATA TÖN

nOACwicüN AKOYÖNTCON TOIAYTA (ToTc MHNYCACIN) 35

ÖnAiceic TC ci-

AHPCÜN YnOPYKTIKÖN KAI MHXANHMATWN CTACCIC

KaI TA TOYTOIC AkÖAOYSA, KaI cAn AnOKTCINAC

TIC H TÖN «HXANOnOlÖN TInAc H TÖN ÖNTUN ^ni TÖN

BCAÖN AllOAÖrUN H (iku TIc) TÖN ^NAÖäWN

^NANTIOY-

M^NWN ToTc nPATMACI nAPAriNHTAI HPÖC AY-

wie sie sich den Gefahren gegenüber verhalten. (10) Wenn sie sicli Dir aber nicht ergeben, nachdem Du dies gemacht hast, so errichte eine Wehr auf der Ver- schanzung und ziehe einen doppelten (Jraben um das Lager und baue die Maschinen auf Rädern beweglich und drehbar und mit Palmbrettern beschlagen, damit sie nicht zerstört werden können: ferner Vjaue die Schutzdächer und unter- miniere die dazu geeigneten Orte, wenn der Boden nicht feucht ist, oder baue Schüttschildkröten, um die Gräben zu- zuzuschütten, ohne jedoch das Land zu ver(Jerbcn: das kannst Du später, weim es Dir nützlich ist, immer noch tun.

(11) Wenn Du sie al>er nicht zu- schütten kannst, weil sie zu breit und tief sind, so muß man unter einer vor- gebrachten Schüttschildkröte eine Brücke schlagen und (darauf) die Soldaten an den gewünschten Ort bringen.

(12) Krlasse auch, während es die Feinde hören können, derartige Verkün- digungen, daß Du {denen, die Anzeigen erstatten) über die Ausrüstung mit eiser- nem Miniergerät und über die .\ufstellung von Maschinen und was dieser zu folgen pflegt, fei'ner, wenn einer einige von den ^laschinenbauern oder von den sich bei der Geschützbedienung Auszeichnenden tötet oder wenn einer der angesehenen Gegner den Interessen (seiner Vater- stadt) entgegentritt, zu ihnen überläuft, Ehrenstellungen und Geldpreise verleihen

97, 20 npocexcociN PV: npocxcoPöciN S 22 nePiBAAAÖMeNoc PV: corr. Ha 23 Tcta

Buo: cictA PV: eic ta ( ) I{o yhötpoxa Ho: YnoYPOYxiA V: YnoYPOYX^A P: YnÖTPoxÄ Te Bue

24 «OINiKINAC P: «OINIKAC V 25 ^XONTAC PV: Corr. P(l CYNTPIBHTAI S 26 OIKOAOMelN

PV: oiKOAÖMei Br kai (katA) to'S'C Br 26. 27 YnÖPYTTe Br 27 «in Br: mcn PV in

Ha: HN PV 28 xeA. xuctpiaac] vgl. Athen, meeh. p. 15,13 We 30 ecTu P: ecTcoi V:

corr. Ha cAn ae «h ktS.] vgl. Anon. Pol. p. 259,2. 260,5 ^s- ^^'^ 3^ nPoceeweNON PV:

con-. Br nach An. p. 260,6 33 oy (an) boy-ah Br 35 <Tofc MHN'f'CAaN) önAiceic Die:

bncüc eic PV: önuc (eec)eic tc ciahc tön (vel {nö)pa)N) Ynop. Bue 39 (ßkn Tic) Die:

(tic) nach ÄNAÖsuN S 40 nAPAriNHTAi, < AA«)npöc Bue 40. 41 nPÖc aytoyc PV: corr.

Die; vgl. 98, i

Exzerpte aus Philons Mechanik VJI. VITI (IV 9—19; p. 97. 98).

69

TO-t-C. TIMHCeiN KAI XPHMATA AÜCSIN (13) KAI

TÖN mIn

AOYAON ^AeveepoN An XoeTnai, tön ae ctpatiüthn

XNABIBÄCeiN, tön Ae ÖnAJTHN «eTOIKON CTe<t>AN6- CeiN, KAI ACÖCeiN ACüPeÄC TAC KAT' XliAN TOY

nPAXe^NToc eproY- (14) ta tap toiayta khp'ttma- TA mäaictä nuc eicoee tön ^nantiun tac

AIANOIAC <TAPÄTTelN> KAI TOYC weToiKOYC KaI

TO'i'C 01-

K^TAC noieTN mhk^o' önAizeiN ka! aiaönai ta

KAAÖC SxONTA ÄniTHAEIA- (15) toytun n- NOM^NUN ^AÄTTOYC Ol KINAYNC'r'ONTeC ECONTAI

KAI nAeioNA cTta Xnaaöcoycin ka'i taxa

CTACIC TIC ?CTAI ^N TH nÖAEI. (16) TOYC a' A- XPeiOYC ÖNTAC im nAPAriNCONTAI, MH nPOCAE- XOY, Tna TP0*H TWN nOAlOPKOYM^NUN SÄT-

TOH Xnaaickhtai.

(17) tayta a^ oAnta ötan

CYNTCA^CHC, ÖAOnOlHCAC KAI »AAArrtiCAC TAC

nPocArurAC toIc mhxanhmaci thn taxi'- CTHN AYTÄ neipw nPocÄreiN «pÄ3eac ta?c ♦oiniki'naic canIci ka! ciahpa?c Aenici ka'i

«AAArMACI KAI XOA^APAIC, ANCOeeN KATA-

CKCYACAC, KAI TOYC neTPOBÖAOYC KaI TO'Y'C ÖJY- BCACic ^mCTHCAC, KAI nPÖC TOYC ^KCINOIN AIOO- BÖAOYC AYO AEKAMNAJOYC nPÖC te'KACTON Ka! nCN-

TAcnieAMON Xnticti^cac. (18) mh «ancpöc a^ tIncy

KAO' 8 nOIHCH THN nPOCAfuriHN, XaAA KAT

Xaaoyc wän npoAeiKNYe TÖnoYC, kat aaaoyc A^ npöcAre ta mhxanhmata, ina aiamaptä-

NUCI TaTc nAPACKCYAk Ol nOAlOPKOYMCNOI. (19) npö AC TUN KINAYNEYÖNTUN CTPATICüTÜN nPO*eP^-

97 wirst. (13) Und den Sklaven würdest Du freilassen, den Soldaten befördern,

43 den waffentragenden Metöken den Ehren- kranz verleihen und Belohnungen geben je nach Wert der vollbrachten Tat.

45 (14) Denn solche Ankündigungen pflegen vor allem die Gesinnung der Feinde {zu er- schüttern) und dieMetöken und die Haus- sklaven zu veranlassen, sich nicht mehr zu rüsten und bi-auchbare Lebensmittel zu liefern. (15) Wenn das geschieht, ^vird sich die Anzahl derer, die sich der

Gefahr aussetzen wollen, vermindern, sie wei'den mehr Getreide verbrauchen und bald wird ein Aufruhr in der Stadt

98 entstehen. (16) D?gegen nimm keine Untauglichen bei Dir auf, wenn sie über- laufen, damit die Lebensmittel der Be- lagerten schneller aufgezehrt werden.

(17) Wenn Du das alles vollendet hast, 5 so lege Bahnen an und beschaffe Walzen zum möglichst schnellen Vorbringen der Maschinen, vei-suche die durch Palmbret- ter, eiserne Beschläge und Kissen ge- panzerten, die oben angebrachte Rinnen haben, vorzubringen, nachdem Du auch die Steinwerfer und Pfeilgeschütze aufge- stellt und jedem der Steinwerfer jener 2 zehnminige und 1 fünfspithaniiges ent- gegengestellt hast. (18) Verrate abei- ja nicht, an welcher Stelle Du den Angriff machen willst, sondern deute ihn an 15 mehreren Stellen an, schaffe dagegen die Maschinen an andere, damit die Belagerten durch die Vorbereitungen irre werden. (19) Vor den gefährdeten Soldaten sollen möglichst viele Fiechtschiidki'öten aufge-

97,42 AN X^efNAI S: XnA»HNAI PV 43 »TÖN Ae M^TOIKON HOaItHN (nOIHCCIN KAl)

cTe*." Er nach App. Mithr. 48: -Tan X«6Tnai, tön a^ m^toikon hoaIthn Xn Xnoo>flNAi, tön Ae ctp. Xnab. (kaI > CTe*. kaI- Biie 47 f (tapattbin) S: "{aeiaAc) cf. p. 97, 6; noieTN

ex pro.ximis adsumitur« Bue 48 S: toy PV

98, 3. 4' SATTON Bue (vgl. Onesandr. XLII 9, 23): Saatton PV 9 xoa^apaic PV:

XOA^APAC Ro r2 AYOAeKAMNAiOYC V: AOAeKAMNAlOYC P I3 «H ♦. KT^.] AuOn. Pül.

p. 204, 10 SS. We «ANepßc V\: corr. R 15 nPOAeiKNYC P\': corr. Br 18 npo«ep^-

CGUCAN S: npoco. PV

70

Diel s und E. S c ii k a m m :

CGMCAN reppoxeA&NAi uc nAeiCTAi, Yn' eYxePöc 98 ^NTeveeN dKnHAÖNrec KiNAYNev-ccociN. (20) ay- »o

TÖC AC

MAAICTA 6N ToTc Ac*AAeCTATOIC ^PY-MACIN ÖN KAI MAAICTA eYAABOY HAPABOHeelN, nPOCTACCCON

iku noY [a^oc] AeH kai cYNeetoPÖN, eri ji

nOIHT^ON dCTIN.

(21) döCAiruc AG kaI Ik saaacchc

' ^AN(nOIHTI^N)nPOCArC0nHN, eni TeTÖNÖAKÄAUNKAi ^5

TUN A^MBUN ctAcac whxanhmata npöcAre

(22) KAI AIACKÄYAC TaTc MericTAlC CKA^icl KAbT- ePON TOY AlWeNOC, iku SXHC KATA<t>PÄKTOYC NAYC. nOIHCAl THN nPOCBOAHN ToTc ^MneiPOTATOIC OYCI KAI AYNAMeNOIC KINAYNEYeiN KAI «ÄAICTA 30 KATA GAAACCAN. (23) THN AS AlÄCnACIN TOY

♦PAfMATOC

KaI TÖN KAeiePUN fl TaTc ÖMBOAaTc TÖN NHÖN nOlHT^ON ^CTIN H TaIc ^NAYeCI TÖN ArKYPÖN <^Ö)NeYONTA SK TUN nPOCAXeeiCWN ÖAKÄAUN.

(24) ÖTAN Ae nPOCAXGH TA MHXANHMATA nAPAKAAECAC 35 TOYC CTPATIUTAC KAI THN AYTHN gniKHPYIIN TH nPOTePA CYNTGASCAC nOIOY THN nPOCBOAHN

nÄNToeeN thc nÖAScoc kai kata thn kai katä

eÄAACCAN, ^AN e'»AAON H Tl TOY TsixOYC, INA *Ö8PN Te MC nAsTcTON nAPACKEYACHC KAI AIA- 4o

cnÄcHC eic tioaaa to'y'c eNAOeeN kinayncyon- TAC (25) eNeprfl Ae coi tA bbah oAnta fe'cTO) kai

Ol KPIOi KAI tA TPYOANA KaI Ol KÖPAKSC KAI

AI ^msAePAi KAI katA thn kaI katA bAaattan eic

TOYC nPOCHKONTAC TÖnOYC (26) KAI OOIOY THN 45

npoc-

stellt werden, damit sie leicht, von hier aus vorspringend, der Gefahr sich aus- setzen können. (20) Du selbst halte Dich zumeist in den gesichertsten Schanzen auf, und hüte Dich, zu Hilfe eilen zu wollen. Vielmehr ordne an, wenn es irgendwo nötig ist, und überlege im Kriegsrat, was noch zu tun ist.

(21) Kbenso bringe aber auch, wenn Du vom Meere aus den Angriff machst, Maschinen heran, indem Du sie auf die Lastschiffe und Boote stellst; (22) und durchbrich mit den größten Kähnen die Hafensperre, und wenn Du Panzerschiffe hast, mache mit Deinen erfahrensten und den Gefahren zur See gewachsenen lauten den Angriff. (23) Die Trennuag des (schwimmenden) Bollwerks und der Sperrkette muß man entweder durch die Sporen der Schiffe bewerkstelligen oder durch das Einhaken der Anker, die man von den herangebrachten Last- schiffen aus aufwindet (24) Wenn aber die Maschinen herangebracht sind, rufe die Soldaten iierbei und lasse dieselben Verkündigungen wie liniher ausrufen, greife die Stadt von allen Seiten zu Lande und zu Wassei' an. wenn irgendein Teil der Mauer am Meei-e liegt, damit Du möglichst große Angst einjagst und nach vielen Richtungen die Kämpfer trennst, die innen sich der Gefahr aussetzen müssen. (25) Sämtliche Geschütze und die Widder, die Bohrer, die Raben und die Fallbrücken sollen Dich zu Lande und zu Wasser an den geeigneten Orten unterstützen. (26) Auch mache den An- griff so, daß Du die Kämpfer ablösest und

98,2 3 [a^ocj Die: aeon S a^h Die: Aef \'\' CYNeeupelN PV: corr. Die: -f. €Än ASH cnoYAH KAI CYNGeupsTN cito succurrcrc ac porro quid faeiendum sit oircunispicere" Bue 25 (noiH thn) Hr Te Die: Ae PV: [as] S 27 ckä*€CI V 29 noiHCAi S:

noiHCAC PV 30 AYNAM6N0YC PV: corr. S 31 AlÄCTAClN PV: AlÄcnACiN S, vgl. An-.

An. II 24.1 32 NeöN wie p. 100,76; 104,17;' Die 33 noiTeoN V 34 ncy-onta

PV: cori'. lir 44 ka'i katA e. P: kaI tA e. \' 45 kai n. T. np. 99,1 <«>Yr(ociN] vgl. Anon.

l'ol. p. 204,13 18 We

Exzeiyte aus Phlhms Mechanik VII. VIII (IV 19—31; p. 08. 9!)). 71

BOAHN i.K AlA^iOXHC TÄN CTPATIUTÖN MHSeNA nAPAAinWN, INA AKMÄZONTeC Aci 'kINAYNeYCUCIN ;

<(öcTe) icxYPÄN Xei KAI CYNexfl rlNeceAi (27) ka) eö-

PYBON no- A^'N noielN KAI cÄAnirrAC ÄNiecsAi katä ik

icXYPÖTATA THC nÖAGUC, INA YnOAAMBANONTeC AAlCKECeAl TA-I-TH Te?XOC XnÖ TÖN METAnYPriwN MCTA TÖN ÄAAUN »YrUCIN, <(CY a') iK£\ nePI-

cnÄCAC WC

nAeiCTOYC tun ^NAOeeN KATA AAWCIN XEIPtüCH THN nÖAlN. (28) AYTÖC A^ bnCOC MH AlAKINAYNeYCHC- OY-

e^N rÄp AN XneprÄCAio thaikoyton tu lAiu cu-

MATI, bcON AN BAÄYAIC OAeUN {TI> HANTA RPA- rWATA.

(29) (. . .) nOIHT^ON a' eCTIN KAI eWBOAAC

eic TA «e-

TAnYPriA Tüj XxPeiOTÄTW TÖN MerAAUN CKA- t

♦ÖN, ^ÄN N TÖnOC ArXIBABHC Ka'i nPOBAHTAC

exuN KAKAJ t6 Teixoc KATÄ tayt' h XceeN^c kai a-

AÜCIMON, ^An n^CH.

(30) AeT A^ KAI TAfc YnoP'faEeci tön teixön aa- ePAioic xPAceAi KAoAnep ka'i nyn xpöntai (6iy WeTAAAEYONTeC (31) eÄN a^ Antimctaa-

ABYÖNTUN

TÖN ^NAoeeN cYNTPHeA H eic AenfÖN cyn^aoh ÖPYrwA, XPHCT^ON ecTi Toic BOYnöPoic kaI toTc TAicoTc KAI taTc zibynaic ka'i T0?C TPiCnl-

98 keinen dabei ühergehst, damit sie immer •17 bei Kräften sind, um die Gefahr zu be- stehen, so daß der Angriff immer staili und anhaltend wird. (27) Auch sdII man starken Lärm machen und an den stärksten Stellen die Trompeten schmettern lassen,

damit sie vermuten, dort sei bereits die Mauer genommen worden, und von den

99 Kiirtinen mit den anderen fliehen. Du aber dadui'ch, daß Du dort möglichst viele von der Besatzung wegziehst, die Einnahme der vStadt erzwingst. (28) Du sell)St jedoch sollst Dich nicht der Ge- fahr aussetzen, denn duirh Deine eigene Person könntest Du nicht so viel zu- stande bringen, wie Du duri'h einen (^etwaigen) Unfall der ganzen Sache schaden \vilrdest.

(29) Man muß aber mit den am wenig- sten brauchbaren der großen Schiffe mit dem Sporn gegen die Kurtinen rammen, wenn die .Stelle tiefes Wasser und gegen die Mauer Vorsprünge hat und diese dort schwach und im Falle des Kinsturzes

'" leicht zu nehmen ist.

(30) Man soll auch die heimlichen l^ntergrabuugen der Mauern anwenden, wie sie jetzt Ix'i den Mineuren üblich sind. (31) Falls aber die Belageiten Gegenminen anlegen, der (iaiig zusaoi- mentrifft oder bis auf ein kleines Stück zusammenstößt, muß man die Ochsen- spieße und die leicliten Spieße und die Jagdspieße und <lie dreispithamigen Ka-

98, 46 MHB^N PV: corr. Die 47 {öcTe) S 48 kai in Ras. V 49 CAAnirrAC NYKTUP/ verm. Die nach Anon. a. O. ^NieceAi Wesseüng zu Diod. XVII, 106 p. 243:

doch hat An. auch Anon. I'ol. a. O.; vgl. Onesandr. 42, 17 49. 50 tac icxyputatac l'V:

corr. Wesseüng

99, I [«etA] Bue {cV a'^> ^ke? Bue ^Ke?ce S 4 cyben rAp kt4.] vgl. Onesandr. 33,1 5 Ti^ >S 6 noioiTEON V €wboaa I'N': corr. S 8 nPocBAHTÄc l'V: coi-r. Die: npoc- baAtac G. Dindoi-f Thcs. s. v,; »f. npocArurAc coli. 95,22« Br: nPOCBAHToic Bue 9 kaI teFxoc katA tayt' h Ace. Br: katA t. t. kai ta't'th PV: katA t. kaI toyt' ih Biic 10 äAn n ON^^CH Bue 11 ff. vgl. An. Pol. p. 212,6- 10 W 11. 12 AAePAluc l'V: corr. Die 13 (p\) R 15. 16 kaI Toic r.] K^NTPOic Ca 16 rAPCoic I': rApcoic V; am Hde. S l'\': corr. Rigaltiu.s Gloss. Takt. p. 62

72

D 1 1: L s und E. Schramm:

eÄMOIC KATAn/ATAlC KAI TOIC AIMNAIOIC nS- TPOBÖAOIC (32) KAI KAnNICTeON TOYC SN ToFc METÄA-

AOIC ÖNTAC- (33) KOINA Afi ECTIN XM«OTePCüN

TAYTA KAI TAN nOAlOPKOYWeNUN KAI TÖN nOAlOPKO'r'NTUN.

(34) Yna ae mh ewninPHTAi «hts ta mhxanh-

«ATA MHTe AI iniBÄePAl MHTe AI XeAÖNAI,

taTc ciahpaTc KAI xaakaTc xPHCTeoN ecTi (Aenici)

KAI TaTc MO-

SS tapalten und die zweiniinigen Stein werfer i8 gebrauchen. (32) Auch soll man die

in den !Minen Befindlichen ausräuchern;

(33) das ist beiden, den Belageren und

Belagerern, gemeinsam.

(34) Damit weder die Maschinen noch die Sturmbrücken noch die .Schildkröten in Brand gesteckt werden können, sind eiserne oder eherne Schuppen und blei-

Bild 30.

AIBAAIC KEPAMiCI KAI TW »YKEI AISPCO £\C AIKTYA eMBAAÖNTA KAI ToTc CnÖrfOIC NOT6P0IC KaI Tofc KCOAIOIC 0261 BPeiANTA H YAATI. (35) fl 11«

fi TU aYmATI Te*PAN «liANTA XAei<t>eiN TA £Y-

AA, in «AAicTA nYP oisi nPocnece?ceAi.

(36) noioYNTAi Ae ai reppoxeAüNAi eK tun nAexeeNTUN reppuN ANueeN sc öieIan ru-

NIAN CYrKAeiCeeNTUN nPÖC AAAHAA, düCAV-TUC AE

KAI eK TÖN npöceeN (37) sIta bypcun oepita-

eeiCÜN KAI AOKlAUN KATWeEN MEN ^K TÖN HAA- riMN TETPArCüNUN CYMOArElCÖN, ENAOGEN AE

CTPorr^ACüN YnoTEeeicöN oy XAAEnöc Ynö

erne Ziegel (s. Bild 30) anzuwenden sowie nasses in Netze eingewickeltes Seegras und feuchte Schwämme und mit Essig oder Wasser benetzte Felle. (33) Oder man mischt Asche mit Leim oder Blut und bestreicht damit die Hölzer an den Stellen, wo Du am ehesten vermuten kannst, daß das Feuer auftrelTen wird. (36) Die Flechtschildkröten werden aber aus den geflochtenen Ruten gemacht, die oben miteinander zu einem spitzen Winkel zusammengeschlossen werden ebenso wie auch vom. (37) Dann werden Häute darumgespannt und vierkantige Balken unten auf den Schrägseiten zu- sannnengefiigt, innen aber werden Walzen untergelegt. So können sie ohne Schwie- rigkeit von den Soldaten vorgeschoben

99, 17. 18 nEPiBÖAOic P 23 (Aenici) Br 23. 24 moaybainaIc Hercher zu Aen.

Tact. p. 104,8 24 Aiepö (darüber $) und am Rde. $ Anti toy yppö PV 25 t. cnör-

roic 27 Aaeiojein] »cf. Polj'aen. VI 3 ubi 1. ^nAAei*ö«EN0C ii6c ( on öioc cod.); cf. etiam Aen. Tact. 34,1, ubi probabiliter Meinekius inseruit ihü» S 26 yaati ft iiö- Ca 27 tw

aTm. t. m.] vgl. Anon. Pol. p. 259,13 We 28 ei PV: corr. Ha und Hercher a. O. nvp] nep PV

29 EK TUN (nAArlUN

>s

31 CYrKAEice^NTA PV: corr. Wilhelm Dindorf im Thes. s. v. r£^f>oxe-

AÖNH 32 zwischen ka) und iK ist h übergeschr. in V 1

32. 33 nepiTEeEicuN PV: corr. S

Exzerpte aus P/iilons Meekanik VIJ. Vill (lY 31-44; p. .9.9. 100). 73

TUN CTPATIUTUN nPO*ePONTAI /ilA MHAG 99

BAPoc txeiH noA-«'. 37

(38) AI a' eni tön AewecoN

XeAUNAI KATACK6YAZ0NTAI nePl^ePcTc ANUeEN ^K CANJAUN ICXYPÜN CYMnHrNY'MeNAI, YnÖ<l>AYCIN

KAToeeN SxoYCAi, b'eeN 01 AieoBÖAOi XoieNTAi.

(39) AI Ai XUCTPIAeC TA «SN AAAA OAPAnAH-

ciü)C- TPO-

XOYC Ae exoYCAi {katahipaktoi kai) KATACTereTc

^«npoceeN riNONTAi,

INA Ol XUNNYONTeC ^I AYTÜN TAC TA*POYC «H

TITPÜCKUNTAI. (40) AI A^ KPIO^ÖPOI OYA^TGPON

fxOYCI

TOfrUN ^K TOY nPÖC TOI-C ^NANTIOYC, YnÖTPOXOI 45

A^ noioYNTAi, KAI nepi^epcTc oytcoc ^Mnpo-

ceeN ^NA^ceic kaI Antitona fe'xoYCAi (. . . (41) Ae? A^) npöc ÄnippinTOYMeNA Xm^Ibahctpa

H TOYC KONTO'J'C [tO'Vc] HAArjOYC nAPABÄAAEIN

fl ta?c AAMnAciN ■Y'»Arrre!N aytA (fi) [Ant'i tön ir- y

XeiPlAJuN] II«iOAP^nANA fe'xONTA ^niKÖHTeiN- (42) ^CTI

Ad TAYTA XPHCIMA KAI nPÖC TAC ANABÄCeiC 100

KAI nPÖc TÄc TÖN CKEAÖN YnoTWHCEic- (43) npöc A^ TOYC AicieM^NOYC TPoxoYc KAI Ai'eoYC tAc reppoxcAÖNAC y*i^nai. npöc a^ tA kcpA- MiA ka! tA kpyotömcna öpytmata toic cei- 5 powACTAic xpficoAi- (44) npöc a^ tac böopoic

ÄniTieew^NAC

OYPAC KAI TO'Vc TPIBÖAOYC TO'V'C KATABAAAO- M^NOYC ^NAPOMIAAC €x0NTAC YnOBAiNCIN KaI

tAc «an nponeiPÄzoNTAC taFc aik^aaaic Ana-

werden, weil sie keine große Schwere haben.

(38) Die Schiklkröteii auf den Booten werden rund geb.Tut. oben werden sie aus starken Brettern zusammengefügt. Unten sollen sie eine Öffnung haben, aus der die Steinwerfer schießen. (39) Die Schüttschildkröten sind ihnen im übrigen ähnlich, doch haben sie Räder und sind vorn gepanzert und mit Verdeck ge- macht, damit die Leute, die aus ihnen die Gräben zuschütten, nicht verwundet wer- den können. (40) Die Widderträger haben an der nach dem Feinde zuge- kehrten .Seite keines von beiden, sie wer- den abei' fahrbar gemacht, und da sie vorn in dieser Weise mit runden Verbindun- gen und Kran verseilen sind {. . .).

(41) Gegen die übergewoi-fenen Netze (soll man) entweder von der Seite die .Speere werfen oder sie mit P'ackeln von unten anzünden oder endlich sie mit sichelförmigen Schwertern durchschnei- den. (42) Diese sind auch brauchbar beim Aufsteigen, um die Beine (der Verteidiger) von unten abzuschneiden. (43) Gegen die losgelassenen Räder und Steine soll man die Flechtschildkröten aufstellen, gegen die (vergrabenen) Töpfe und verborgenen Gräben sind die Bodeii- sonden anzuwenden. (44) Gegen die über Gruben gedeckten Falltüren und die^verstreuten Fußangeln sollen Leute, die Schuhe mit dicken Sohlen haben, vor- gehen und jene nach Absuchen mit zwei-

99,36 nPoco^PONTAi I'V: coit. Bue vgl. p. 98,18 ,37 Aer^MBUN V 39 cym-

MirNYweNAi PV: COIT. Ha 41 ai a^ xuctpIacc 44 titpuckcontai] vgl. Anoi). Pol. p. 209,4 6; p. 260,6 We 42 /katAopaktoi ka'i Die (vgl. oya^tcpon 44); nur {ka'i) Br 43 tac P:

TOYC V 47 Lücke erkannte Bue; er erg. {nPÖc ... aci) nPÖc: (acT a4) Die 49 [to>'c] Br

50; 51 [AntI tön irx.] S; vgl. p. 79,8. 99,24

100,3 AM«ie«^NOYC V 4 A»idNAi PV: corr. Die: AnoictAnai Br: A«<i>ieNNYNAi Bue Ke- pAmia] vgl. p. 85. 23/!.; Anon. Pol. p. 209. 1 3 ff. \\'e 6 nPÖc ae 11 ANAKAeAipeiN] Anon. ])ol. p. 210, 2 212, 6 W 6 ^BÖePoic ^ni)Tiee«eNAC Die nach Anon. Pol. p. 212, 4 Wc tac

in\ BOePCY'MACi tiocm^nac e-t-PAC; vgl. auch oben 94,37 8 YnePBAiNeiN Br 9 npo-

neipAzoNTA PV: corr. R /

Vhil.-hiM. Abk. 191{). Ar. 12. 10

74

DiELS 1111(1 E. Schramm:

CKAnTeiN, TOYC A€ Tofc KHnOYPIKO?C KTECIn ANA- 100

KAeAiPeiN- (45) npöc ag täc cipvrMeNAC ta<i>poyc ■■ ^niBÄePAC öniBÄAAeiN (4(5) npöc as toyc npo-

BAAAOMfiNOYC AieOYC XeTpaC CIAHPAC ^niPPI-

nroYNTAC ÖNBYeiN (47| npöc as toyc katakphmnco-

MENOYC TPIBÖAOYC KAI AOKIAAC KAI TOYC HPO- '5

TieeweNOYC *opaaoyc toic APenÄNOic xpAcoai- (48) npÖc Ae toyc kpioyc kai ta APenANA kai toyc

KÖPAKAC TOTC CNeTHPCI KAI TaTc KEPAIAIC KAI

ToTc nepiBAAAOM^NOic BPöxoic KAI To?c AOinoTc kpIkoic (49) npöc a^ toyc nYPO*6poYC kai toyc tpi-

BÖAOYC toyc KAIOMCNOYC KAI TÄC AAMHAAAC

KAI TAC ÄNGYnOPYieiC ToTc 6IPH«eN0IC- (50) TAC A6 OAAIOYPOYC CKÄHTONTAC CIC (tÖ)> T^AMATA KATA- XCüNNYNAI, TAC a' (aIMACIAC^ CKKÖnTONTAC EIC TAC

erxticeic tön

TA«PtüN KATAXPriCeAl- '5

(51) npöc Ae TAC tän ncTPOBÖ-

Aü)N elC TAC CTOÄC rlNOMSNAC nAHfAC HPÖC MCN TAC ANUeSN CniBAAAeiN TGPPA TPIHAÄ KAI ^n' AYTA <t>OP«OYC ÖMninAÄNTA AXYPUN H *YKOYC. nPÖC AE TÄC eK TUN nAAricüN npoc- XCONNYNAI TOYC ToixOYC AXPl TÖN rCPPCüN, HPÖC AC TAC AAAAC OACAC ToTc MAAArWACI XPH- COAI- (52) nPÖC A^ TA ^NieWCNA YAATA ^£Ar(0-

rJAAC öPYCceiN- (53) npöc ac tAc AnoTMHceic tön

ArKYPeiwN SAN BAG'^C Ö TÖHOC, AAYCelC, bAn AE TCNArWAHC, tAc ApKYPAC tön nAoiuN XÖNAI KA- 3^ e^IOYClN

(54) npöc AS tAc CKTPYntHceic tön ncön

KYKAU *~('AAKAC KATAACinTCON KAi tAc CA-

100, 14 «coNeYeiN PV: ciirr. Br

zinkigen Hacken ausgraben, diese mit fiärtnerrechen wegharkeii. (45) Gegen die au.sgehobenen Gräben muß man Brücken überwerfen. (46) Gegen die in den Weg geworfenen Steine muß man eiserne Klauen überwerfen und sie mit der Winde wegziehen. (47) Gegen die lierabgeliängten Dreiecke (s. Bild i8) und Balken und die vorgehängten Binsen- matten sind die Sicheln brauchbar. (48) Gegen die Widder, Sicheln und Raben sind die Flaumienwerfer, die Krane, die überzuwerfenden Schlingen und die übrigen Ringe brauchVjar, (49) gegen die Feuerlanzen, die angezündeten Brand- gescbosse, die Fackehi und die Gegen- minen die vorerwähnten. (50) Die Dorn- liecken, die man ausgräbt, sind zur Aus- fiU'ung der Schlammlöcher, die Zaun- hecken, die man ausrodet, zum Zu- schütten der Gräben zu benutzen.

(51) Gegen die von den .Steinwerfern auf die Schutzdächei- gericliteten Würfe muß man, und zwar gegen die von oben, dreifaches Rutengefleeht auflegen und darauf mit Spreu oder Seegras ge- fiilkes Binsengeilecht, gegen die aus den Flai\ken konmienden (Schüsse) muß man die Wände bis an das Flechtwerk ver- schütten, gegen alle übrigen muß man die Kissen verwenden. (52) Gegen das hineingeleitete Wasser muß man Ab- zugsgräben jiei-stellen. (53) Gegen das Kappen der Ankertaue werden bei tiefen Stellen (s. Bild 31) Ketten, bei seichten Trichter die Anker der SchiflFe schützen.

(54) Gegen ihr Anbohren muß man ringsum Wächter zurücklassen, Bretter- flöße daneben verankern, aus denen jene

17 APenANA] TPYnANA Gra 19 tpoxoTc PV:

corr. Ro AOinofc bezweifelt Die 20 kpioTc PV: corr. Bue 23 (rö) Br tgawata

Rr: AeiMMATA PV 24 tAc a PV: tAc a' {aimaciac) Die: toyc A(e CKÖAonAc) Br

25 xPHCSAi V 34 ArKYPicoN PV: cori-. Die basyc Br: bpaxyc PV 3^ reNAruAHC

Br: TeAioNec] über 0 hat S P (a. Rde.) V: Te(NArcüAHC, n)AeioNec Buc nAoiwN Die: n-f-pruN PV 36 NeöN S: eN PV

Exzerpte aus Philons Mechanik VIT. VTTT (IV 41—58; p. 100). 75

1-10 0.

Bild 31.

NJAAC nAPOPMICT^ON, il Ü3N ^XONTAC TPIÖAON- TAC THPeTN TOYC YnOAeNAPYÄ ZONTAC

(55) npöc A^

TÄC YnOXdjCelC KaI TÄC in TH TH riNOMeNAC ANAKAOÄPCeiC TUN HinTÖNTUN AJeUN AnÖ TÖN ToixCdN Ka] tön nPOreiXICMÄTUN XPHCIA^A ^CTIN

iK HiN eAAACCHC yk AnTAHTHPIa) OiC ANAKAeAiPOYCI

TOYC AIM^NAC

KAI ciahpaI ÄpnÄrAi (56) i< rfic a^, Ötan YnoTÄiw- ci npöc tA nT(iMATA. a'i xuctpiacc xbaönai

KAI Ol MOXAOi KAI AI aIkCAAAI KAI AI AMAZAI.

(57) ^An ^i TiNoc TÖN mhxanhmätwn h npöc

TO>'C nOA€«iOYC KAeHKOYCA nAEYPA n^CH, CTP^- YANTAC ACf nPÖC TOYC ^NANTl'oYC THN YriH

THN TeTPWM^NHN ^nicKeYÄZEiN ' (58) npöc A^ TA

AAAA CYMnTUMATA ^K TOYTUN A-TTÖN AC? ^N-

100 mit Dreizacken bewaffnet die Taucher

39 beobachten sollen.

(55) Gegen die Zuschüttung (der Ha- leneinfahrt) aber und für die auf dem Lande notwendigen Aufräuimmgen der von den Mauern und den Vorwerken lallenden Steine sind zu Wasser {die Bagger) biviuclibar, mit denen man die Häfen ausbaggert, und eiserne Harken; (56) zu Lande aber die Schüttschildkröten. ^5 sobald sie sie an die Trümmerstätte ge- bracht haben, und die Hebebäume, die zweizinkigen Hacken und die Wagen.

(57) Wenn <iber bei einigen Maschinen die den Feinden zugekehrte Seite fällt, soll man die gesunde gegen die Feinde drehen und die beschädigte wieder auf- bauen. (58) Bei den anderen Kinstüraen muß aus diesen selbst erwogen werden.

100,38 ii ci)N Die: Si(o I'V 3g YnoAENAPYAZONTAC Die Br: vgl. Kt. M. agn-

APvAzeiN: inscr. Epidaur. CoUitz 3340,20: Kustath. zur IL p. 326.28: YnoAeACÄzoNTAC PV 40 Ynoxciceic Ko: ■v'noxQPHceic I'V (= KÖnpoc ANePuneiA Mi) 43 (jk Antahthpia) Die

olc S: ToTc I'V: TA oTc Bue 44 ciahpaTc ApnArAic I'V: corr. S 47 tincc VI': corr. Th

48 n^CH i'V: noNECH S 51 aytoyc Br: «f. aytön a. ^NeYMOY«eNON« Bue

10*

76

D I E L s und K. S c II u A M M :

GYMOYM^NOYC Aiei Tl MHXANÄCGAI «H ANOH- 101 TUC.

(59) KAI ÖAN «eN nOAYN XPÖNON M^AAHC nO-

AioPKefN THN nÖAiN, AÖiAN ÄMnoiei To?c noAe-

MIOIC OJC ÖAirON XPÖNON nOAlOPKHCUN, TnA AA- YlAßC ÄNAAICKUCI TA nPÖC THN TPO*flN XnH- 5 KONTA KAI MH HAPACKeYAZUNTAI nPÖC TAC eCO- MeNAC nPOCBOAAC MHAE BOHeSIAN MSTAn^M- nUNTAI (60) ÄAN AS nOAlOPKHC, ilC nOAYN XPÖNON

nPOCKAPTePHCtoN ÄneiAei, Yna <t>08HeeNTec

M^AAON eÄTTON HmTn CYrXUPHCUCIN 6 BOYAÖME- OA.

(61) neipß Ai ka! thn gnaon oycan aeian

(ka'i) Äan

YnOZ-tTlÄ TINA H, HAPeAeCeAl, ft ^SArOPÄCAl d)C ^AAXicTOY WÄAICTA A'f'NH, fl iN TAfc riNO- WeNAIC ANOXaTc nPÖ*ACiN TINA AABüJN ni9A- NHN MHK^TI elCGAÄCAl A*eC «H »Y- 15

AÄCCUN TO'r'C TÖnOYC TOY'TUN H eiEAAYNONTeC BOCKHCOYCIN, ÄAa' GACON AYTOYC elU N^MEIN KAI

fnei(T' ^niAPAMtoN) [thn än^apan] fl ^nsapan

KATACKeYÄCAC

AnoTewÖMeNOc KYPieYcoN aytwn

(62) OYG^N TAP ÄNAAicKei TÖN ^N TH nOAlOP- 20 KIA XPHCIMCON ONTCON, AAa' H AXYPON fl XÖP-

TON, oic eic OYeeN aaao, eic Ae ta bockhmata xpöntai (63) npöc YrieiAN Ae kai tpo»hn «erÄAA

CYMBÄAAETAI AIA Te TOY rÄAAKTOC KAI KATA-

KOneNTMN KAI nCOAOYMeNUN TUN KPeÖN '

(64) ETI AS TA 25 AEPWATA AYTCn nPÖC TA MHXANHMATA KAI TOYC KPIOYC KAI ÖCA ÄCTI TOIAYTA XPHCIMA TINGTAI. (65) MH ct>eiAOY Ae XPHMATWN WHTe kata au-

wie jedesmal dagegen in nicht unver- ständiger Weise zu verfahren sei.

(59) Und wenn Du die Stadt lange zu belagern im Begriff' bist, so enveckc bei den Feinden die Meinung, als ob Du nur kurze Zeit belagern wolltest, damit sie reichlich das zur Nahrung Dienliche verbrauchen, sich nicht auf die kom- menden Angriffe vorbereiten und keine Hilfe herbeirufen. (60) Wenn Du aber wirklich belagei-st, drohe ihnen. Du würdest lange Zeit ausharren, damit sie aus Angst uns .schneller bewilligen, was wir wollen.

(61) Versuche auch das innen befind- liche Vieh und, wenn etwa einige Zug- tiere vorhanden sind, wegzuführen oder möglichst billig aufzukaufen, oder hebe bei eintretendem Waffenstillstand unter irgendeinem überzeugenden Vorwand das Einfuhrverbot auf, indem Du zugleich die Orte nicht bewachen läßt, wo sie zur Weide austreiben ; laß sie vielmehr außerhalb weiden und bemächtige Dich ihrer später, indem Du sie durch oflienen Angriff oder durch Legen eines Hinter- haltes abschneidest. (62) Das Vieh ver- zehrt ja nichts von den bei der Belage- rung nötigen Vorräten, sondern nur Kleie oder Heu, was zu nichts anderem als für das Vieh gebraucht wird. (63) Zur Erhal- tung der Gesundheit und zur Ernährung trägt es freilich außerordentlich viel bei durch seine Milch und sein Fleisch, das geschlachtet und verkauft wird. (64) Fei-ner werden ihre Häute für die Maschinen und die Widder und alle diese Vorrichtungen verwendbar.

(65) .Spare auch das Geld nicht, weder

101, I eNeYMOYMeNOic I'\': corr. S 5.6 Xnhkonta, h aus a corr. V 8 noAioPKHC,

uc Biic: noAloPKHCUCi I'V 12. 13 ^iAropÄc ewc l'\': corr. Br: ^lAroPÄCAi ist Imperativisch

15 Ä«ecl)ie: Ä* hcPV: a«hc R: Ä<t>eic Biie 16 hS: BcPV: ofc I{ 18 ^ni thn ^n^apan

PV: corr. Die: »f. e'neiT' an «ANePö vel ÄniTHAeiON ^niAPOMHN (cf. 103. 47) vel aliud. Bue ew^- APANi KATACK. P: ^NBAPAN: KAT. V 20 XnaaIckein V 2 1 AAAO PV: vcrwechselt mit

Aaa' 2 2 2 2 OIC eic] oi'ceic PV aaao] aaa' V\ s. Z. 21 eicfetc P)Te ta PV: corr. Bue

Exzerpte aus Pkilon.« Mechanik VIT. VIU (IV 5S~70; p. 101. 102). 77

POAOKiAN «HTe KATA TAC AAAAC AAOANAC 101 bci der Bostccliung iiocli bei den anderen feAÜN PAP THN nÖAiN noAAAOAACiA AH- Ausgaben ; denn nach Einnahme der Stadt YH. wirst Du es vielfach wiedergewinnen.

(66) Du sollst Dir ferner lederne Schutzhäuser <[herstellen)>, und die aus den Schutzhäusern Schießenden : die Steinwerfer, die Bogenschützen und die Sclileuderer, sollen in möglichst großer Zahl und Tüchtigkeit bei den Angriffen da in Tätigkeit treten, damit sie >(niclit ^NeproYNTcc, Yna (i*ii) TPAYMATizuNTAi ' (67) Aioi- 35 Verwundet werden, (67) denn es bleibt

(66) KAPBÄTINAI Ae CGI OIKIAI <(nAPACKeYAC- T6AI) KAI ÄK TUN

KAPBATJNÜJN BAAAONTeC KAI Ol AISOBÖAGI KAI

Ol TOIÖTAI KAI Ol C*eNAONHTAI ÄC nASrCTOI

kaI apictoi kata täc npocBOAÄc Sctucan

C€l TAP OYaIn fl TeA€YTAN H XxPeiOYC rlNeCOAl TO'YC KIN- AYNE'r'ONTAC (68) KAI A-fTÖC ^KTÖC B^AOYC (Sn A AC«AAWC nAPAnOPeYÖMENOC nAPAKÄAE! TOYC CTPATICüTAC KAI TOYC «EN XfABOYC riNOM^NOYC AN-

APAC iriAiNei Te kai tIma, toyc a^ kakoyc aoi- AÖpei^Te ka'i KÖAAze- (69) oytwc täp an apicta

KINAYN6YCeiAN Ol CTPATIÖTAI nÄNTGC.

. (70) aaicko-

M^NHC A^ TfiC nÖACUC *0B0Y Mhl eiC AIAP- nAPHN ÖPMHCANTeC Ol CTPATICOTAI AYTOi TG Y*' feAYTÖN KAJ Ynd TÖN ^NANTIWN HAPAnÖAUNTAI fi nAAlN ^KBAHeWCIN ^K THC nÖAeWC fl KA-

TACxÖNTec AYToic AYC«eN6?c KAJ XxpeloYc np6c tAc AeiTOYPriAC kaI täc eioopÄc noiHCcoci toyc

nOAlTAC KAI r^NHTAI mXtaIOC Ö nÖNOC AlAPnA-

sich gleich, ob die der Gefahr Ausge- setzten fallen oder kiimpfunfähig werden. (68) Und Du selbst mußt außer Schuß- weile oder auf sicheren Umwegen die Soldaten ci'muntern und die sich tapfer Ijewährenden Männer loben, dagegen die feigen tadeln und strafen. (69) Denn .so werden alle Deine Soldaten am besten dazu gebracht, sich der Gefahr auszu- setzen.

(70) Wenn die Stadt genommen wird, mußt Du befürchten, daß Deine Soldaten auf Plünderung ausgehen und dabei ge- genseitig oder durch die Gegnei' getötet oder wieder aus derStadt hinausgeworfen wer^len oder aber, wenn sie sich be- haupten, die Bürger feindlich gesinnt und unfähig zur Leistung der Fronden imd Abgaben machen und so die Mühe um-

sonst wird, da ihnen Hab und Gut ge- ce^NTUN TÖN XPHMÄTON KAI wcoc noiHCÄMeNOC 50 plündert ^^■orden ist, und so wirst Du

i^^"^^ nur Haß erregen, wirst den Soldaten

TAC ciTAPKiAC fe'xHC Xnaaiaönai Toic ctpati6taic nicht genügend Verpflegunggeben können

MHTe ci)«^A€iA mha' Ntic oYn coi r^NHTAi TQ-t'TOY 102 und es wird Dir, wenn dies eintriit, nicht cymbaInontoc. der geringste Nutzen erwach.sen.

101,31 (nAPACKEYACT^Ai) Die; veiTOUtlich ist mehr ausgefallen 32 »f. kapbati6n(ün coli.

]). 92, 28- Dindorf Thes. .s. V.: kapbatinön Ca Schneider Lex. s. v. 35 <«h} S 36 A

teacytän Bue: erre AenTÄc l'V: eiTe AenTovc K 37. 38 »f. A Xc*aaöc del.« S 38 oapa- nop.] (vgl. nAPinne-i-WN Polyaen. IV 3,8 VI 4,1: nAPAe^uN VII 21.7): nePinoPEYÖMeNoc Br 42 KiNAYNCYCuciN l'V: corr. Bue 45 nAPAnoAOYNTAi l'V: corr. Ha 47 aytoTc l'V

51 CITAPKIAC Die: ciTAPXiAC PV (stehciide Konfusion der Hss.)

102,1 uo^AeiA mha' fiTic OYN Br nach p. 80, 6: a)*eAeiAC Ömiahthc oyn l'V: (ü*dAeiA

CCiMATOC MtIC gyn BuC

78

D I E L s und E. Schramm:

(71) KATAAAMBANelN a' eN TaTc AACOCGCI MÄ- 102

AICTA AeT TA TeIxH KAI THN AKPÖnOAlN KAI THN ÄrOPAN 4

KAI t6 CTPATHrlON KAI SAN TIC H AAAOC TÖHOC ICXYPÖC 5

6AN AG 4AATTa3N H H AYNAMIC, [eic] TO'TC n'r'PrOYC

KAI TÖN eniKAIPÖTATON TÖnON, INA MH HAAIN SKn^CH THC nÖA€UC.

(72) iAH AS MH AYNH nOAlOPKÄN KATA KPA-

TOC AA- BeTn THN nÖAIN AIÄ icXYPAN eInAI AYTHN HAN- lo

TOe£N,

ÄnixeiPHTeoN h kata (kacohn fi) npoAOCiAN h

AIMÖN AYTHN

eAe?N (73) katA kadohn m^n nyktöc h tac cky-

ti'nac kaimakac npoceeNTAC, aV Pahtontai KAeAnep oi

ACKO'I KAI YnAAOI*H KATA TAC PA<«>AC YnOCTe-

rNuee?cAi «ycuntai, eTta npocTieeNTA ^ni ta?c '5

CTYn-

niNAIC KAIMAIIN Ai' KATACKEyAzONTAI AIA nAOKHC KaI PA*HC, KAI nPÖCTA n^PATA AYTUN AfKICTPA nPOC-

AnTONTA, i'na eniPPinTOYmeNooN t&n akpcün ^ni-

AAMBAnHTAI tön nPOMAXWNCON (74) H Tofc ClAH-

poic nAC-

cAaOIC, Ol CTOWWeeNTEC KAI ÖIYNeeNTeC KAI eiC 20

tAc ne-

TPAC KATA TAC AIA»YCeiC KAI 610 TOYC AIGINOYC

ToixOYC

KATA tAc cymboaAc KAI SIC TOYC nA:NeiNOYC ir-

KÖnTONTAI

ciahpaIc c*ypaic Ynö tun anasainöntcün (75) ,^h)

Tofc Ar-

Kl'cTPOIC TOTC CIAHPoTc, AHSP Sni KAACOaIcüN {VIPÖC

tAc ^nAAieic) enippi-

(71) Bei der Einnahme muß man vor allem die Mauern, die Burg, den Markt, das Hauptquartier und wenn es sonst noch einen festen Ort gibt, besetzen. Ist aber Deine Macht zu gering, wenigstens die Türme und den geeignetsten Ort, damit man nicht wieder aus der Stadt hinausgeworfen werden kann.

(72) Kannst Du aber die Stadt nicht mit Gewalt erobern, weil sie auf allen Seiten stark befestigt ist, so mußt Du vereuchen, sie entweder durch <(List oder^ Veri-at oder durch Hunger zu neh- men, (73) und zwar durch List bei Nacht oder durch Anlegen von ledernen Leitern, die zusammengenäht werden wie die Schläuche und durch Verschmieren der Nähte luftdicht gemacht lAid aufgeblasen werden; dann legt man sie auf Strick- leitern an, die durch Flechten und Nähen hergestellt werden, und bringt an deren pjiden Widerhaken an, so daß, wenn man sie mit den Spitzen aufwirft, sie sich an den Wehren festhaken, (74) oder aber vermittels eiserner Pflöcke, die ge- siählf und gespitzt sind und in die Stein- blöcke in deren Ritzen, in die steinernen Wände in deren Fugen und in die Ziegel- wände von den Aufsteigenden mit eiser- nen Hämmern eingeschlagen werden. (75) Oder auch vei-mittels der eisernen

Widerhaken, wie sie an Knotentauen

■(gegen die Wehren) geworfen wei-den.

102,3 k'ataaambAnci PV: corr. R 6 h (Hj hn PV: corr. Br: h Ha [efc] Br ii <kao-

nHN fi) Ro 12 katA KAonHN] vgl. Anon. Pol. p. 212,16 We. tag ck. ka. 19 nPOMAX.]

eljendrt p. 213,2 214, 2 We. 13 npoe^NTAC PV: verb. S: nPoeesTA Bue 15 elTe

PV: corr. R nPOTiecNTAi PV: npoYnoTieeNTAi An. p. 213, 8 We. : corr. Bue 15. 16 CTvn-

tInaic PV 19 CIA. nACC. 27 ayt6] vgl. An. Pol. p. 260, 8 261, i We. 20 ösYe^NTec

PV: ccuT. Wescher 22 CKKÖriTONTAi PV: corr. S 24 <^npöc TAC ^n.) S; vgl. Anon.

Pol. p. 260,12 24 enippinTe?TAi S

Exzerpte aus Philons Mechanik VII. VIII (IV 71—80; p. 102). 71)

nrOYNTAI AAWATA ^XÖNTWN, ÜCT6 MH XAAenÜC

KAI KATÄ TAYTA 4xeiN ANABAINeiN TO^C CTPATIMTAC ^GIC-

eeNTAC,

KAOAneP Airrnrioi noiovciN aytö.

(76) KATÄ AC [THn] nPOAO-

CJAN U MeTAneMYÄ«CNÖC TINA TUN GNAOGeN i)C AIA-

AejÖWeNON nep'l AlAAAArÜN H AI' ^niCTOAÖN X»A-

NüiN

KHPYKAC H npecsevTÄc eicnewncoN kai cymboaa ai-

AOYC KAI XPHMATA. (77) rPÄi»ONTAI a' AI ^niCTO-

aa! eic kay-

cIan kainhn <h) eic tön xpöta khkTaoc GAACeei-

CHC kaI y-

AATI BPAXeiCHC- iHPANG^NTA AE TPAMMATA A- AHAA riNCTAI, XAAKOY AnBOYC TPI*OeNTOC (üCneP ^N YAATI «eAAN KAI ^N TOYTCÜ CnÖrrOY BPA-

X^NTOC,

OTAN Anocnornceft TofTw, oancpA rJNeTAi. (78) fi

eic Y- «^NA rpA^eicHC, elTA aihahc oychc thc kaycIac eic XnX m^con TeoeicHC thc CTe*ÄNHC kai feT^PAC

.^^ni)KOAAH-

eeicHc (79) U knk m^con tun YnoAHMATuN toy

^MBAHMATOC KAJ TOY KACCY■A^ATOC (»AOeicHC (80) fl eic KYCTIN

ÖN BOYAETAl TIC^ rPA*^NT«N, eTTA eic AHKYGON KAINHN CY'M-

«eTPON

TH KYCTei TeeeicHC, eiTA BPexeeicHC ka'i mbtA tayta ♦YCHeeicHc KAI Y-nocTAAeicHc (. . ./ np6c ^cco

ctöma

102 so (laß es den geübti'ii Soldaten nicht schwer fällt, auch mit diesen aufzusteigen, wie es die Ägypter machen.

(76) Ferner durch Verrat : entweder läßt Du einen der Belagerten heraus- kommen unter dem Vorwande, Friedens- verhandlungen anknüpfen zu wollen, oler durch Geheimbriefe. indem Du Herolde oder Gesandte hineinsciiiekst und Er-

^^ kennungsmarken und Geldsummen mit- gibst. (77) Man schreibt diese Briefe in einen neuen Hut oder in die (mensch- liche) Haut mit zerquetschten und mit Wasser versetzten Galläpfeln. Ist die Schritt getrocknet, wird sie iinsichtbai'; zerreibt man aber Vitriol wie die Tusche im Wasser und benetzt damit einen

35 Schwamm, so ti'itl diese, wenn sie damit abgewaschen wird, deutlich hervor. (78) Oder man schreibt auf dünnes Per- gament; dieses wird, da der Hut doppelt ist, in die Mitte der Kappe gelegt und mit dem anderen zusammengeleimt. (71«) Oder sie wird zwischen Deckleder und Sohle der Sandale eingenäht.

40 (80) Oder es wird ein belithiger Inhalt

auf eine Blase geschrieben, dann in eine neue zur Blase pä-ssende ÖKlasche ge- steckt, darauf naß gemacht, aufgeblasen und dadurch (in die Flasche) gedrängt

102, 25 ^niPPinTelTAi S 26 eiGiCG^NTec V\ : corr. Wescher 28. 29 aiaac-

söweNOC II 29 AiAAAArwüN 1* 30 KHPYKA V eicn^MnTUN I' 31 -^

AI Bue: PV 32 kainön V <((h > eic Ca kikIaoc PV: khkIaoc Schneider ecl. phys. 1

p. 139 36 AnocnorneA PV: corr. 11 hnntai PV: corr. R 37 elTABue: iuh* PV

38 knk M^CON TEGeiCHC S: XnU M^CHC Te OYCHC PV ^niKOAAHeeiCHC Die: KOAAHGeicHC V\

40 KACYMATOC PV IH eic K. 47 rerPAMM^NAJ vgl. Aen. Tact. 31,10 13, 1461: Leo strateg.

I 2 eic KYCTIN (Ln nach Th 1 S: cickytinun PV: eic kyctin tin' Sn Ca 41 <(tic) S

KeNHN Ko 42 -f. Tfic KYCTeuC" S: (aythc; TeG. Ca 42. 43 SPexGeicHC und «YCneeicHC

sind vertauscht PV: corr. Die 43 YnocTAAeicHC Bue: XnocTAAeicHC PV nach

YnocTAAeicHc ist vielleicht Lücke anzunehmen und nach Aen. so auszufüllen (eic thn ahkygon, TOY A^ Xkpoy XnoKon^NTOc kaI) Die ct6(aa PV : ctömatoc Bue

80

DiELS und E. Schräm;

KÖAAH KATAAe;i=eeNTOC KAI 6AAI0Y erXYG^NTOC, In'

AAH- AOC H ^niCTOAH reNHTAl, TOYTON TON TPOnON

eicn^MneiN

(81) Ö PAP AABWN THN AHKYSON [XPOnON eiC-

newneiN] paaIcoc rNtöceXAi ta re- rPAMMewA. (82) noAAol Ae kai aaaoi TPÖnoi eici

T&N KPY- «AIWO- AnOCTeAAOMeNWN rPAMMATUN, d)C AHACüCO-

MEN

in Tu) eiAei nepi ^niCTOAcöN tön KPY<t>Aiü)c Äno- CTEAAOMeNWN. (83) EAN Ae MH KAeAipeeöciN Yn6

TÖN OYTtOC

ne/AnoM^NCoN tpamwatcon, aaaac nsMne np6c toyc

HrOYMGNOYC TÖN HPArMÄTUN YniCXNOY'MeNOC AUP6AC MericTAC KAI XPHMATA AI KATAfANsTc riNÖMeNA! TOYC WEN CTAClÄzeiN nOIHCOYClN <(. . .]>

(84) KATA Ae AIMÖN nePIXAPAKÜCAC KAI TÖnON

ICXY-

PÖN nepiTeixicAC tinä th nÖAei kaI «yaakac ä-

C*AAe?C in' AYTÖ KATACKeYÄCAC, o\ kuaycoyci «HTe KATA THN MHTe KATA eÄAACCAN MHAeN eiC-

KOMizeceAi. (85) tayta ab ooihcac tIndy npöc

TO?C AAAOIC nPÄrWACI KAI AHYH THN nÖAIN fi TUl nOA£A\ü) KATOPeÜCAC iH ^KGaIyAC AIMW, KAI

OYe^N KASYCTePHceic TÖN npÄieuN.

(86) ^ÄN Ae BOHeeiÄN tina npocAexH hapa-

CKeYA-

CACeAl TOTC ^NANTIOIC, eÄN MeN KATAAeeCTePAN

102 (das Lnde wird dann abgeschnitten und) an dje innere Öffnung mit Leim angeklebt

^5 und öl eingegossen, damit der Brief un- sichtbar wird; aiil' diese Art soll man ihn einschicken. (81) Der Empfänger der ölflasche wird leicht da-s Geschriebene verstehen können. (82) Ks gibt noch

viele andei-e Methoden für Absendung von Geheimbriefen, wie ich in dem Ka- ])itel über Geheimbriefe zeigen werde. - 50 (83) Lassen sie sich aljer durch die so gegesandten Briefe nicht überwältigen, so schicke andere an die Leiter der öffent-

103 liehen Angelegenheiten, worin Du ihnen sehr bedeutende Geschenke und Geld- summen vei-sprichst; werden diese be- kannt, so werden sie die^einen zu einem Aufstand veranlassen <^. . .)

(84) Durch Hunger (kannst Du die Stadt bezwingen), indem Du einen festen 5 Platz gegenüber der Stadt mit Wall und Mauer umgibst und zuverlässige Be- wachungstruppen hineinlegst, welche die Zufuhr zu Lande und zu Wasser ver- hindern. (85) Hast Du diese (Blockade) eingerichtet, so widme Dich den anderen Unternehmungen; dann wirst Du die Stadt entvvederdurch erfolgreichen Kampf einnehmen oder durch die Erschöpfung

10 r c

infolge des Hungers, ohne daß Du da- dui'ch etwas in Deinen Unternehmungen verzögei-st.

(86) Wenn Du aber erwarten darfst, daß man für die Feinde irgendeinen- Entsatz vorbereitet, so verständige Dich, falls Deine Streitkräfte zu schwach sind.

102,44 KATAAH<t>eeNTOc PV: corr. S 46 [TPÖnoN eicn^Mnem] S; statt dessen stand

vielleicht da (kaI ÄiePACAC eaaion) nach Aen. a. O. 1475 oder (ePA-f-CAc) Die 49 efAei]

lAiü) Bue TÖN nepi P 50 kasaip ee'; öcin Biie: kasaipucin PV: KAeY«öciN Die 51 äaaac

n. KTfe.] vgl. Polyaen. V2,i8

103, I HreMÖNOYc V 3 mgn] Snaon Br: »an excidit aliquid;'« S 4 awön Th mg:

AHMON P'V: »nOIHCOYClN, KATA AE AHMON ■( KATA A^ AIMÖn) (potCSt fuisse KATAAYeCeAl

Ae AHMON- KATA Ae aimön)« Bub 12. 13 nApecKeYACGAi S : nAPececoAi Ha: eher HAPACKeY-

AcecoAi Die 13 KATAAYNACiePAN P'V: coiT. Ha und Chr. B. Hase Thes. s. v. kataayn.

Exzerpte au,« Philons Mechanik Vll. VIII (IV 80—95; p. 102. 103). 81

AYNAMIN €XHC, AIÄAYCAI THN TAXicTHN SAN BOY-

ACONTAI XPHMATA AABÜJN fi)C OTI HAeTcTA ANAZeY-

TN-^UN nPÖC HAHCIACAI TOYC nOAeWOYC (87) ÄAN

A^ WH AIAÖCIN, AEHAATHCAC KAI KAKÖCAC THN XÜPAN

AY- TÖN AnAAAÄTTOY nPÖNOIAN nOIDYMENOC, ÖnuC

Xc«AAÜc AnÄseic cTPATöneAON. (88) iku a^

nAPA-

nAHCIAN fi KPeiXTd) AYNAMIN fXHC KaI KATÄ THN nPOCA^XH TOYC nOAeWIOYC, TH XAPAKCüCei KAI TH

TÄ*PU KaI TH

TeixonoliA nÄNToeeN (nc Ac«AAecTATA

nAPACKEYACÄMeNOC ■»'nÖMeNe, THN XPCIAN KAI TÖN XÖPTON KAI TÖN cItON KaI TÖN oTnON KAI ÖCA AAAA

TPO*HC ÄCTIN 6x6-

«ena nPÖc CTPATÖneAON npocAröweNoc (89)

ka)

taopu kai xäpaki ncpibaaün aytö ta m^n ika-

nA KATÄAeine, {nePiTTA 6c' Xn a-^nh) Anö-

AOY, TA AG AAAA ToTc

CTPATliTAIC eiC tA TÄrWATA AIÄAOC- (90) TÖN A^

KATÄ-

AOinON XÖPTON KAI CITON ÖCON i.H WH A-f-NH OPOC-

KOMICAl, /tön M^N XÖPTOn) KATÄKAYCON ' (91) TÖN

A^ C?TON AlÄ*eeiPON Tofc

OANACiwOIC »APMÄKOIC, <i)CAYT(i)C KAI tA Y-

AATA, ÖTAN ^rricuciN Ol noA^Mior (92) tjna a^

taytA

^CTIN, ^N TOIC TTAPACKeYACTIKoTc flMlN acahautai.

(93) AiAnPAiA«eNOC a^ tayta öc icxypotä-

TOYC «Y-

aakac katäcthcon (94) kai thc m^n nyktöc ^k-

koitIai riNEceucAN, THC a' (imcpac CKÖnei ^n Tofc ^niTHAeioic Tönoic- (95) ka'i katacköhoyc Anö-

CTGAAe

103 so schnell als möglich mit ihnen, wenn sie dazu bereit sind, und nachdem Du

15 Dir möglichst viel Geld hast zahlen lassen, ziehe beim Nahen der Feinde ab. (87) Wollen sie es nicht geben, so plün- dere und \erheere ihr Land und ziehe ab, xoreorgend, daß Du Deine Truppen

ungefährdet vvegfiilirst. (88) Hast Du aber eine gleiche oder stärkere Streit-

20 macht und erwartest Du die Feinde vom Lande her. so harre aus, nachdem Du Dich durch Palisaden, Gräben und Befestigun- gen nacli allen Seiten so sichei' als mög- lich verschanzt hast und den Heeresbedarf und Futter. Getreide, Wein und alle sonstigen Nahrimgsmittel Deinem Lager

25 zuführst. (89) Und nachdem Du dieses mit Graben und Wall umgeben hast, lasse dort, soviel Du brauchst, zurücit, das (Uberechießende) verkaufe (soviel Du kannst), das übrige verteile an Deine Soldaten in den einzelnen Truppenteilen. (90) Wenn Du von dem übriggebliebe- nen Futter und Getreide nicht alles herein- bringen kannst, verbrenne (das Futter),

3<. (91) das Getreide dagegen mache durch tödliche Gifte unbrauchbar, ebenso auch das Wasser, wenn die Feinde heran- nahen. (92) Was dies für Gifte sind, habe

ich in dem Buche Paraskeuastika dar- gelegt. (93) Hast Du das durchgeführt, so stelle möglichst starke Wachen dort 35 auf (94) Und zwar sind nachts Nacht- wachen einzurichten, bei Tage aber an den geeigneten Oilen Spähposten. (95) Schicke auch wohlbewährte und kluge Kundschafter aus, damit nicht ver-

105, 16 npö TOY Th mg 19 XnÄiHc P'V cTPATÖneAON] »scr. ctpäteywa: soleot haec

miscere Byzantini (cf mus. Khen. XLVI p. 386 in Sabbaitico ApoUodoro ctpatcyma, in Vati- cano CTPATÖncAON). Bue; doch vgl. 46 23 xpeian] agian S 27 ta a^ (nepiTTA öc'

AN aynh) Die: tA a' ^(MnoAOJN) Bue

30 'tön M^N XÖPTOn) S KATAYKAYCON 1" AIA-

*e€ipQN P'V: corr. Ha a in Tofc TTapack.] vgl. p. 90, 20

Phi/.-hist. Abh. 191!). Nr. 12.

36 cKonoi Ruc : CKonAi S 11

82

D I E L s und K. S c H R A .M M :

eeATICTOYC KA'i e«*PONAC, INA MH AÄeuci HAPeA-

eÖNTec TiNec ;tö tun enanticon nAfleoc ^rricAN-

(9<)) KAI

neipö nPÄTON toyc ctpathtoyc h toyc HrewÖNAC *eerPAi xphmata aiaoyc kai AUPeÄc YnicxNav"-

«ENOC- (97) OYTUC TAP ^AN KPINH, riNETAl NIKÄN KAI

OYAeN ecTiN erePON ctpaththma toioyton

(98) KAI TA

xpAmata ^k tön noAioPKOYwdNcoN ecTAi Tflc nö- Aeuc AH«eeiCHC. (99) ^än ab mh aynh aekäcai

TOYC fl- rOYMeNOYC TOY CTPATOneAOY, GNEAPAC KATACKCYÄ- CAC H TÖUOrC ^niTHAeioYC nPOKATAAABÖMGNOC iul- eOY KATACTPATOneAeYOYClN AYTOTC NYKTOC HPÖ

TOY (AiAOCeAl)

TÄit>POY eniAAB^ceAi /h^> xapaka e^ceAi toTc boh- eoYciN (100) oYTOi rÄp oi kaipoI to-Vc ANTinAAOYC

XelPOYNTAI.

(101) ikn AE KATA GAAACCAN M6AAHC AlAKIN-

AYNefeiN^

XfflCON ^AN H AYNATÖN CTÖMA TOY AIMENOC 61 AG MH, <t>PÄl0N TaTc ÖAKACIN <(h) ÖCOIC AN EXHC in\- THAeiolC nPÖC TAYTA HAOIOIC, KAI HAPAZeYION CXEAIAN ^K TÖN YnAPXÖNTtON lYAUN KATA- CKeYÄCAC. (102) KAI THPei TOYC *PYKTOYC «AAICTA THC

NYKTÖC, MH Ce AAGUCIN Ol BOHeOYNTCC KATA TO

CKTÄC THC GAAÄCCHC MEPOC THC nÖACfflC HAPEM-

necÖNTGC. (103) ^an ae tyxhc exwN mikpö ka-

TAAeecTc-

PAN A^NAMIN NAYTIKHN, Cni TA KATACTPüJMATA AABÖNTA TOYC APICTOYC Ka! ewneiPOTATOYC TUN CTPA-

103 oiiizelte feindik-Le Soldaten, die der sich 39 nähernden Truppenniasse voi-auseilen,

nnentdeckt l)leiben. (96) Und vei-suche 4„ zuerst die Feldberren oder Offiziere zu bestechen, indem Du Gel<l anbietest und Geschenke verspriciist. (97) Denn wenn Du Dich so entscheidest, wird der Sieg errungen, und keine andere Kriegshst ist so wirksajn wie diese. (98) Auch wird ja das üeld von den IJelagerten wieder einkommen, wenn die Sta<lt ge- 45 nommen ist. (99) Kannst Du aber die Heerfühier nicht bestechen, so lege einen Hinterhalt oder besetze geeignete Plätze vorher, greife sie nachts an, während sie ihr Lager aufschlagen, ehe es den Hilfstruppen (möglich wird), den Graben anzufangen {oder) Palisaden aufzu- 50 stellen; (100) denn girnstige Umstände ül)erwältigen die Gegner.

104 (101) Willst Du aber zur See den Kampf wagen, so schütte wenn möglich «lie Hafeneinfahrt zu, wenn nicht, so ver- speri-e sie durch die Lastschiffe <(oder) durch dazu geeignete Fahrzeuge, soviel Du gerade hast, und stelle zur Seiten- verbindung ein aus den vorhandenen Hölzern erbautes Floß her. (102) Und beobachte vor allem nachts die Feuer- zeichen, damit Dir nicht die Entsatz- truppen, die von der außerhalb des Meeres gelegenen Seite der Stadt hinein- gekommen sind, verborgen bleiben. (103) Hast Du aber gerade eine etwas schwächere Seemacht, so niuun die besten und erfahrensten Deiner Soldaten auf Deck und befiehl ihnen, weder den Bug

103,38 AÄeuci (ce) S 39 <jö) Die »f. tön ^nantIwn ((kaI?) Xrr^AAONTec

TÖN BOHGüYNTUn) nAHGOC« Br 42 ^AN KpInH PV : ^N BIPHNH BuC : Ctwa AKONITI? Die

43 OYAG P'V 45 ACKÄCAC V: ackAtac P': curr. Mi 48 (aiaocsai) Die 49 ta*pon

V: TA*P(üN Bue TÄ*poN nepiBAA^ceAi (kaI) xäp. e^ceAi [toTc eoHeorciN] Br xäpaka g^cgai ToTc PV: nAPAKAGHCGAi Tc oTc »prius quam fossis nianum imponant castraque committant cum eis <(uibus auxüiantur« Bue

104,3 AN S: SAN P'V 6 «PAKTOYC P'V: corr. K 7 aäbwcin P'V: corr. Ha

10 KÄTu CTPWMATA P'V: corr. Ha

\

Exzerpte aus Philo/u^ Mechanik VII. VIII (IV 9.)— IOC; p. 103. 10 1). 83

1 50OOO. ^o^^t vtA.cyv<i/c/U,. Bild 32.

TICOTUN, nAPAfreiAANTA «HTe AKP(l)THPIAZeiN «HTe ^NABAiNelN ^ni nOAeWIAN NAYN MHAeMIAN,

AaaA T^ XAAKÜMATI XPÄCeAl, naymaxht^on

^CTI np6c AYTOY'C, nOIHCANTA MHNOelA^C CXHWA

KAI TÄc ^nirtAOYc ka'i täc eYnpocÖAOYC ka'i tac

XpICTA HAeOYCAC TÖN N€(i)N ^n'l KEPATA TÄ- XANTA, TA A^ X*PAKTA KAI TA YOMPCTIKÄ eiC

M^coN nPÖCTH cxbaU. (104) eTe'ÖTAN Ärric(i)ci,To?c

riYPOOÖPOIC KAI ToTc H/«W^NOIC TPIBÖAOIC KAI TA?C

AAMnÄCI KAI TH

nicCH AHTfi ^ÄN f XHC (105) KAI ToTc AIOOBÖAOIC

KAI TOFC ÖSYBEA^CI KAI ToTc AAAOIC BCACCIN ü)C nACi-

CTOIC XPCÄMeNON KAKOYN ACT TO'I'C ^niBÄTAC KAI

CYNTPiaeiN ka'i ^MninpXNAi ta tun änan-

Ti'mN CKÄ*H TYnTONTA ^K THC rflc KAI kVtb TÖN MHXANHMATUN KAI XnÖ TfiN AAAUK nAOiojN, KA- TAPPÄIANTA AYTOYC WC ^AAICTA, ikn tI nOY BIÄZUNTAI. (106) ikn ^i YnOM^NUCIN, fe'lO) TÖN KIN-

104 abzuhauen noi-li ein ieindliches Schiff' zu ersteigen, sondern nur mit dem eher- nen Sporn zu rammen. Sodann muß die Seeschlacht gegen diese so geleitet werden (s. Bild 32): Man -stelle eine sicbelformige Ordnung her und ordne die angreifenden und die leichten und die am besten fahrenden Schiffe an die Fh'igel, die ungcp'anzerten und die Ruder- schifle in die Mitte in der Nähe des Flosses. (104) Wenn sie sich daini nähern, greife an mit den Feuerlanzcn, den angezündeten Brandgeschossen und den Fackeln und mit Pech, wenn Du es hast (lOä) Auch laß die Steinwerfer und die Pfeilgeschütze und die anderen Geschosse soviel als möglich zur An- wendung kommen, damit mußt Du die Schid'ssoldalen verletzen und vernichten j, sowie die feiiKÜiclien Sehirt'e in Brand stecken dui'ch Schüsse vom Lande aus, von den Maschinen und anderen Fahr- zeugen und sie möglichst zerstören, wenn sie irgendwo vei-stoßen. (106) Falls sie

. 104, 17 n^PATA P'V: corr. L. Dindorf Thes. s. v. EYnPÖcoAOC 18 tAsac P'V:

corr. S 20 npooöpoic P'V: corr. Th mg kai taTc AAwnXci nach AieosÖAOic (21) in

I'\': versetzte nach tpiböaoic .S 22. 23 nAeicTOYC V 25 TYnroNTAC P'V: corr. S

27 TJ noY biAzuntai Bue: Te -Y-noBiAZUNTAi V\' 28 aI S: le P'V vor Siu intei-pnn-

gierte Bue

84 D I E I. s und E. Schramm: Exzerpte ans Philons Mechanik VII. VIII.

AYNON Xnö XM<t>OT^PUN noiov-MENON TÖN KePA- 104 aber standhalten, mußt Du außerhalb den

Kampf wagen, nachdem Du von V>eiden

TUN CYNAFArÖNTA.

(107) NAYMAXHTeON OYTUC ^CTIN TAC

«eN nAAfiAC AAMBÄNUN KATAA'rCelC, TAC A€ ÄN-

TlnP«i)POYC KINAYN6Y0YCAC CYNTPItelC KaI äw-

nPHceic, KAeAnep eiphtai- (108) ikn ae aabhc Ata-

0 0

I'lügeln zusammengeschlossen hast.

(107) Die Seeschlacht ist so zu leiten : Den einen mußt Du mit (Breit-) Seite kommen und sie versenken, die anderen, die den Kampf mit dem Bug wagen, zerstören und verbrennen wie gesagt. (108) Triffst Du sie aber ungeordnet

; \

Bild 33-

KTMC *ePO«^NAC H ICTIOAPOMO't'CAC. ^FIinAeYCAC

in TÄiei oantI ctö/xco täc «es amynomgnac 35

neiPÜ KATAA^f-NfilN KAI KATAniMnPANAI ' (109) TAC Ae

♦CYrO't'CAC OTAN KATAAAMBÄNHC, HHAÄAIA

CYNTPieUN KAI TON TAPCÖN nAPACYPUN eic THN THN

KATAre- (110) EAN AE MH ^'XHC NAYC, TU OYP'l

KAI TOTC BCAeCI XPÜMCNOC KUAYC AYTOYC <^AnAAAA£IN)> 4o

nOIHCACeAl (111) TOY- TON AN TIC TON TP6nON nOAlOPKÖN TAC nÖABIC AN AAMBÄNOI MAAICTA MHeEN AYTÖC XNHKeCTON

nAeüN.

oder mit vollen Segeln abfahi-end (siehe lüld 33) an, greife in Schlachtoi-dnung an alle in Kiellinie, versuche, wenn sie sich wehren, sie zu versenken oder zu verbrennen: (109) den Fliehenden aber, wenn Du sie einholst, mußt Du die Steuerruder zerstören und das Riemen- werk abreißen und sie einbringen.

(110) Hast Du aber keine Schiffe, so ge- brauche das Feuer und die Geschosse und verhindere dadurch ihr Entkommen.

(111) Wenn man auf diese Weise die Städte belagert, wird man sie am ehe- sten einnehmen können, ohne selbst un- heilbaren Schaden zu erleiden.

104,29 noiOYMeNOC P' : noiOYM^NOYC V: corr. Buc 30 CYNArArÖNTAC PV: corr. S

täc] TA P" 31 KATAAWC6IC P'V: corr. Th 34 ictoapowoy'cac P'V' 36 kai] fi S

40 <(AnAAAAiiN) Die: <(An6BACiN)> S 41 tac nÖACic kt^.] vgl. Anon. Pol. p. 276, 16 s.

J

Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.

ABHANDLUNGEN

l)i:i{ I^RKUSSISCIIEN

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

1919

PHYSIKALISCH-MATHEMATISCHE KLASSE

V

ABHANDLUNGEN

DER PREUSSISCHEN

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

JAHRGANG 1919

PHYSIKALISCH-MATHEMATISCHE KLASSE

BERLm 1919

VKRLA(J DKR AKADEMIK DER WISSENSrHAFTKN

IN KOMMISSION BKl IJEK VKKKINHilNf; WISSKNSCHAFTUCHKK VKKLF.GKR WALTKU DK (iRlYTER f. Ol

VUNaAl»*! li. i IHISI IIKN SIHK VKMI.AliSHASlll.l Mi 4 i;r ITINTAG. VKHLALSIIII llllANIPI.IXli UKOHd HK.IME« KAHI. J TkCBSKR VKIT tl. rOW

Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei

Inhalt

öllViitliciie Sitzungen S. vu vni

Vei-zeichnis der im Jahre 1919 gelesenen Al)l)andlungen S. ix- -xiv

Bericht über den KrI'olg der I'reisaiisschreibung für 1920 und über eine

neue l'reisausschreibung S. x\ -xvii

Statut der Paid-KieL>-Stiftung S. xvii xix

\'fi7.eiehnis der im Jahi-e 19IVt erfolgten bcsonder'eii (ielillx'willigungen aus akadcinisrhoii Mittolii /.iif Ausführung wisscnschaftliclicr Unter-

nehnningeij S. xi\ xxi

\'''r/eichnis der im .l.ilirc 1919 erschii'nenen im Aul'trage odci- mit Untor-

stülziing di-r Akademie i)earl)citeti-n oder herausgegebeiuMi Werke S. xxi xxii W'i'ändcrungeii Im Fersonalstande der Akademie im Laufe des Jahres 1919 S. xxiii xxn Verzeichnis der Mitglieder dei' Akademie am Schlüsse des Jahres 1919 nebst den \'erzeichnissen der Inhaber dei- ISradley-, der Hehnholtz- uud der Lcibniz-Medaille und der Beamten der Akademie, sowie der Kommissionen. Stiftungs-Kuratorien usw S. xxv xxxvii

\i>t: Gedäciitnisrede auf Simon Schwendener (ied. Red. S. I -1:

JAHR 1919.

öffentliche Sitzungen.

Sitzung am 2H. Januar zur Feier des Jahrestages König Friedrichs II. Uer an diesem Tage Vorsitzende Sekretär Hr. Rocthe eröifnete die Sitzung mit einer Anspraclie. Darauf erstattete Hr. Erman einen eingehen- deren Bericht über das akademische Unternehmen des Wörterlmchs der ägyp- tischen Sprache und Hr. von Waldeyer-Hartz über die Anthropoiden- station auf Teneriffa. Es folgte der wissenschaftliche Festvortrag von Hrn. Rubner: Der Aufbau der deutschen V^olkskraft und die Wissenschaften. Weiter machte der Vorsitzende Mitteilung \on den seit dem Friedrichs-, Tage 191>* in der Akademie eingetretenen Personal Veränderungen, gab einen kurzen Jahresbericlit und verkündigte zum Schlüsse, daß die Akademie die Ilelniholtz-Medaille dem ordentlichen Professor an der Universität München, Wirkl. (4eh. Rat von Röntgen verliehen habe.

Sitzung am H. Juli zur Feier des Leibnizischen Jahrestages.

Hr. Planck, als versitzender .Sekretär, eröffnete die Sitzung mit einer Ansprache.

Darauf liielten die .seit dem letzten Leibniz-Tage (4. Juli IDIH) neu eingetretenen Mitglieder ihre Antrittsreden, die von den beständigen Se- kretaren beantwortet wurden, nämlich die HH.F'ick. Erwiderung von Hrn. von Waldeyer-Hartz G. Müller, F>widerung von Hrn. Planck Heider und Kükenthal. F>widerung von Hrn. von Waldeyer-Hartz Erb. Sclimidt und Carathcodory , Erwiderung von Hrn. Planck. Daran .scliloß sich die (Jedächtnisrede auf Simon Schwcndener von Hrn. Haberlandt.

Sodann wurden Mitteilungen gemacht über die Preiserteilung für die Aka<Iemisclie Prei.saufgabe für das von Miloszewskysche Legat, über den Prei«. der (;raf-I,nuliat-.*>tiftunii- ffir 1!*21 aus dem (Gebiete der AnK-rikanistik.

VIII

über die Stiftung zur P'örderuug der Sinologie, über die Stiftung zur För- derung der kirclien- und religionsgeschichtlichen Studien und über das Stipendium der P^duard-Gerhard-Stiftung.

Schließlich wurde verkündigt, daß die Akademie die Leibniz-Medaille in Silber den HH. E. Debes in Leipzig, ('. Dorn in Davos, Johannes Kirchner in Berlin -Wilmersdorf, Edmund von Lippmann in Halle a. S.. Frhrn. von Schrötter in Berlin -Wilmersdorf und Otto Wolff in Berlin und die Leibniz-Medaille in Gold dem Gouverneur von Deutsch-Ostafrika. Hrn. Dr. Heinrich Schnee, verliehen habe.

IX

Verzeichnis der im Jahre 1919 gelesenen Ahhandlungen.

Physik und Chemie.

Lande, Dr. A., Elektronenbahnen im Polyederverband. Vorgelegt von Planck. (GS. 9. Jan.; SB. 30. Jan.)

N ernst. Einige Folgerungen aus der sogenannten Entartungstheorie der Gase. (GS. 13. Febr.; SB.)

Liebisch und Rubens, über die optischen Eigenschaften einiger Kristalle im langwelligen ultraroten Spektrum. 1. Mitteilung. {Kl. 20. März; SB.)

Einstein, über die Frage: Spielen Gi-avitationsfelder im Aufbau der ma- teriellen Elementarteilchen eine wesentliche Rolle? (GS. 10. April; SB.)

Beckmann, über Signalvorrichtungen, welche gestatten, ii; unauffälliger Weise Nachrichten optisch zu übermitteln. (Kl. 8. Mai.)

Beckmann, Sieherungen der Atmungsorgane gegenüber schädlichen Bei- mischungen in der Luft. (Kl. 8. Mai.)

F, in stein, über eine Veran.schaulichung der Verhältnisse im sphärischen Raum. (GS. 15. Mai.)

Einstein, über die Feldgleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie vom Standpunkte des kosmologischen Problems und des Problems der Konstitution der Materie. (GS. 15. Mai.)

Haber, Beitrag zur Kenntnis der Metalle. (Kl. 22. Mai; SB. 19. Juni.)

Planck, über die Dissoziationswärme des Wasserstoffs nach dem Bohr- Debyeschen Modell. (GS. 30. Okt. ; SB. 27. Nov.)

Born, Prof. Dr. M., und Stein, Dr. 0., über die Oberllächenenergie der Kristalle und ihren Einfluß auf die Kristallgestalt. Vorgelegt von Einstein. (GS. 13. Nov.; SB. 27. Nov.).

Gromraer, Dr. Jacob, Beitrag zum Energiesatz in der allgemeinen Rela- tivitätstheorie. Vorgelegt von Einstein. (GS. 13. Nov.; SB.)

Warburg, über den Energieumsatz bei photochemischen Vorgängen. IX. (Kl. 20. Nov.; SB. 4. Dez.)

Liebisch und Rubens, über die optischen Eigenschaften einiger Kristalle im langwelligen ultraroten Spektrum. 2. Mitteilung. (GS. 27. Nov. ; SB.)

Haber, zweiter Beitrag zur Kenntnis der Metalle. (GS. 27. Nov.; SB. 11. Dez.)

Mineralogie und Geologie.

Liebisch, über die Dispersion doppeltbrechender Kristalle im ultraroten Spektral gebiete. (Kl. 3. April.)

Botanik und Zoologie.

Haberland t, zur Physiologie der Zellteilung. Dritte Mitteilung: Über

Zellteilungen nach Plasmolyse. (GS. 10. April; SB.) Correns, über Vererbungsversuche mit buntblättrigen Sippen. I. Capsella

Bursa pastoris chlorina und albovariabilis. (Kl. 11). Juni; SB. 10. Juli.) Heider, über die morphologische Ableitung des Echinodermenstammes.

(GS. 26. Juni.) ^

Haberlandt, Zur Physiologie der Zellteilung. Vierte Mitteilung: Über

Zellteilungen in Elodea-Blättem. (Kl. 24. Juli; SB. 31. Juli.) Correns, Vererbungsversuche mit buntblättrigen Sippen. II. Vier neue

Typen bunter Periklinalchimären. (Kl. 23. Okt.; SB. 6. Nov.) Haberlandt, über Zellteilung nach Plasmolyse. (Kl. 6. Nov.)

Anatomie und Physiologie, Pathologie.

Orth, über die ursächliche Begutachtung von Unfallfolgen. (Kl. 20. Febr.) Orth, über Traumen und Nierenerkrankungen. (Kl. G. März; SB. 20. März.) Fick, über die Entvi^icklung der Gelenkform. (GS. 31. Juli.)

Astronomie, Geographie und Geophysik.

Struve, über die Masse der Ringe von Saturn. (Kl. (5. Febr.) Penck, über die Gipfelflur der Alpen. (GS. 13. März; SB. 27. März.) Schweydar, Prof. Dr., zur Erkläi-ung der Bewegung der Rotationspole

der Erde. Vorgelegt von Struve. (Kl. 3. April; SB. 10. April.) Hellmann, über die Bewegung der Luft in den untersten Schichten der

Atmosphäre. (Dritte Abteihmg.) (KI. 24. April; SB.) Hellmann, neue Untersuchungen über Regenverhältnisse von Deutsehland.

(Erste Mitteilung.) (Kl. 24. April; SB.) Einstein, Bemerkung über periodische Schwankungen der Mondlänge,

welche bisher nach der Newtonschen Mechanik nicht erklärbar schienen.

(Kl. 24. April; SB.)

XI

(i. Müller, über die Klassifizierung der Fixsternspektren, über ilire Ver- teilung am Himmel und über den Zusammeidiang zwischen Spektral- typus, Farbe, Eigenbewegung und Helligkeit der Sterne. (Kl. 24. Juli.)

von Brunn. Prof. Dr. A., zu Hrn. Einsteins Bemerkung über die unregel- mäßigen Schwankungen der Mondlänge von der genäherten Periode des Umlaufs der Mondknoten. Vorgelegt von Struve. (Kl. 24. Juli; 6'^.)

Einstein, Bemerkung zu vorstehender Notiz. (Kl. 24. Juli; SB.)

Struve, über die Bestimmung der Ma.ssen von Jupiter und Saturn. (Kl. 18. Dez.)

Mathematik.

Schottky, über Grenzfälle von Klassenfunktionen, die zu ebenen Gebieten

mit kreisförmigen Rändeni gehören. (Kl. 1(5. Jan.) Carathi-odory, über den Wiederkehrsatz von Poincare. (Kl. 10. Juli; SB.) Schottky, Tiietafunktionen vom Geschlechte 4. (GS. 11. Dez.)

Mechanik.

Müller-Breslau, über Versuche zur Erforschung der elastischen Eigen- schaften der Flugzeugholme. (Kl. 4. Dez.)

Philosophie.

Erdmann, über Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagel)uchs. (KI. 19. Juni: Abh.)

Prähistorie. Schuchhardt, über germanische und slawische Ausgrabungen. (Kl. (5. Nov.)

' Geschichte des Altertums.

Schäfer, Prof. Dr. Heinrich, über die Anfänge der Reformation Ame- nophis' IV. Vorgelegt von Erman. (Kl. 8. Mai; SB. 15. Mai.)

Norden, der Rheinübergang der Kimbern und die Geschichte eines kel- tischen Kastells in der Schweiz. (GS. 5. Juni.)

Hiller von Gaertringen, voreuklidische Steine. Vorgelegt von von Wi- lamowitz-Moellendorff. (Kl. 10. Juli; SB. 24. Juli.)

Xll

E. Meyer, die Gemeinde des neuen Bundes im Lande Damaskus, eine jüdische Schrift aus der Seleukidenzeit. (KI. 24. Juli: Abh.)

von Wilamowitz-Moellendorff, das Bündnis zwischen Sparta und Athen 421 (Thukydides V.). (Kl. 4. Dez.; SB.)

Mittlere und neuere Geschichte.

Schäfer, über neue Karten zur Verteilung des deutschen und polnischen Volkstums an unserer Ostgrenze. (Kl. 16. Jan.)

Tan gl, Bonifatiusfragen. (Kl. 3. April: Abh.)

Bresslau, aus der ersten Zeit des großen abendländischen Schismas. (GS. 5. Juni; Abh.) \

Meinecke, über die Lehre von den Interessen der Staaten, die neben und unabhängig von der allgemeinen Staatslehre im 17. und 18. Jahrhundert geblüht hat und als Vorstufe moderner Geschichtsauffassung von Be- deutung ist. (GS. 13. Nov.)

Kehr, das Erzbistum Magdeburg und die erste Organisation der christ- lichen Kirche in Polen. (Kl. 20. Nov.; Abh.)

Tangl, über die Deliberatio Innocenz' III. (Kl. 18. Dez.; SB.)

Kircli enge schichte.

Ho 11, zur Auslegung des 2. Artikels des sog. apostolischen Symbols. (GS.

9. Jan.; SB.) E. Meyer, über das Marcusevangelium und seine Quellen. (GS. 30. Jan.) Sachau, zur Ausbreitung des Christentums in Asien. (GS. 30. Jan.; Abh.) von Harnack, zur Abhandlung des Hrn. HoU: »Zur Auslegung des 2. Ar- tikels des sog. ajjostolischen Glaubensbekenntnisses«. (Kl. 9. Febr.; SB.) Lietzmann, Prof. D. Hans, die Urform des apostolischen Glaubensbekennt- nisses. Vorgelegt von HoU. (GS. 13. März; SB. 27. März.) Sachau, über syrische und arabische Literatur, vv^elche sich auf die Klöster

dels christlichen Orients bezieht. (Kl. 22. Mai; Abh.) K. Müller, kritische Beiträge 1. und II. (GS. 5. Juni; SB. 17. Juli.) von Harnack, über I. Korinth. 14, 32 ff. imd Rom. 16, 2öff. nach der ältesten Überlieferung und der Marcionitischen Bibel. (Kl. 19. Juni; <S5, 26. Juni.) 11 n 1 1 , ü])er die Entwicklung von Luthers sittlichen Anschauungen. (Kl. 23. Okt.)

xni

Rechts- und Staatswissenschaft.

Seckel, die Haftung des Sachschuldners mit der geschuldeten Sache (prae- cise teneri) im römischen Recht und nach der Lehre der mittelalter- lichen Legisten. (KI. 8. Mai.)

Stutz, die Cistercienser wider Gratians Dekret. (Kl. 10. Juli.)

Serin g, über die Preisrevolution seit dem Ausbruch des Krieges. (GS. 17. Juli; Abh.)

Heymann, über die Geschichte des Mäklerrechts. (Kl. 4. Dez.)

Allgemeine, deutsche und andere neuere Philologie.

K. Meyer, ein mitteliri.sches Lobgedicht auf die Ui Ecliach von Ulster. (Kl. IC). Jan.; SB. 30. Jan.)

ürtel, Prof. Dr. H., zur baskischen Onomatopoesis. Vorgelegt von W. Schulze. (Kl. 16. Jan.; SB. 6. März.)

W. Schulze, Tag und Nacht in den indogermanischen Sprachen. (Kl. B. Febr.)

Brandl, über die Vorgeschichte der Schicksalsschwestern in Macbeth. (Kl. 20. Febr.)

Heusler, über altnordische Dichtung und Prosa von Jung Sigurd. (Kl. ß. März; SB. 20. März.)

K. Meyer, über Cormacs Glossar nach der Handschrift des Buches der Ui Maine. (Kl. 20. März; SB. 3. April.)

Lewy, Dr. Ernst, einige Wohllautsregeln des Tscheremi.ssischen. Vor- gelegt von W. Schulze. (Kl. 3. April; SB. 8. Mai.)

Rogge, Dr. Helmuth, die Urschrift von Adalbert von Chamissos Peter Schlemihl. Vorgelegt von Roethe. (GS. 10. April; «SÄ. 30. April.)

K. Meyer, zur keltischen Wortkunde IX, über einige keltische Orts- und Völkernamen. (Kl. 24. April: SB.)

Jacol)sohn, Prof. Dr. H., das Namensystem bei den Osttscheremissen. Vor- gelegt von W. Schulze. (Kl. 8. Mai; SB. 15. Mai.)

K. Meyer, über den irischen Totengott tmd die Toteninsel. (Kl. 19. Juni; SB. 2ß. Juni.)

K. Meyer, Sammlung \on Bruchstücken der älteren Lyrik Irlands mit Übersetzung. I.Teil. (Kl. 10. Juli.; AM.)

Schuchardt, Hugo, Sprachursprung 1. (GS. 17. Juli; SB. 31. Juli.)

Schuchardt, Hugo, Sprachursprung II. (GS. 30. Okt.; /SÄ 13. Nov.)

XIV

Klassische Philologie.

Degering, Prof. Dr. H., über ein Bruchstück einer Plautushandschrift des 4. Jahrhunderts. Purster Teil: Beschreibung der Hs. Vorgelegt von Norden. (Kl. 8. Mai; SB. 15. Mai.)

Degering, Prof. Dr. H., über ein Bruchstück einer Plautushandschrift des 4. Jahrhunderts. Zweiter Teil: Überlieferungsgeschichtliches. Vor- gelegt von Norden. ((t8. 15. Mai; SB. 5. Juni.)

Di eis und Dr. E. Schramm, P3xzerpte aus Philons Mechanik Buch VII und VIII, griechisch und deutsch. (Kl. 2H. Okt.; Abh.)

Kunstwissenschaft und Archäologie.

Schuchhardt, über skythische und germanische Tierornamentik. (GS.

aO. April.) Goldschmidt, mittelbyzantinische Plastik. (Kl. 24. Juli.)

Orientalisehe Philologie. F. W. K. Müller, über koreanische Lieder. (GS. 27. Febr.) Jensen, Prof. Dr. P., indische Zahlwörter in keilschrifthittitischen Texten.

Vorgelegt von W. Schulze. (Kl. 6. März; SB. 10. April.) Lüders, über Asvaghosas Kalpanämandinikä. (GS. 27. März.) Bang-Kaup, vom Köktürkischen zum Osmanischen. 2. und 8. Mitteilung.

(GS. 27. März: Abh.) Erman, über die Mahnworte eines ägyptischen Propheten. (Kl. .'L April:

SB. 30. Okt.) von Le Coq, Prof. Dr. A., türkische Manichaica aus Chotscho IL Vorgelegt

von F. W. K. Müller. (GS. 30. April; Ab/i.) De Groot, über die Pagoden in China, die vornehmsten Heiligtümer der

Mahajana-Kirche. (Kl. 22. Mai; Abh.) Jensen, Prof Dr. P., Erschließung der aramäischen Inschriften von Assur

und Hatra. Vorgelegt von Eduard Meyer. (Kl. 6. Nov.; SB. 12. Dez.) Forrer, Dr. Emil, die acht Sprachen der Boghazköi-lnschriften. Vorgelegt

von Eduard Meyer. (Kl. 4. Dez.; SB. 18. Dez.)

Amerikanistik. Sei er, über szenische Darstellungen auf alten amerikanischen Mosaiken. (Kl. 20. März.)

XV

Bericht über den Erfolg der Preisausschreibungen für 1920 und neue

Preisausschreibungen.

Premiufyaben aus devix von Miloszewskysch^n Lecfat.

Die 15)15 aus dem von Miloszewskyschen Legat zum zweiten Male, damals mit dreijähriger Frist gestellte Preisaufgabe »Geschichte des theo- retischen Kausalproblems seit Descartes und Hobbes« hat 2 Bearbeitungen gefunden.

Üie eine, ungemein umfangreiclie, auch »die vorhergehenden Kausal- theorien« umfassende Arbeit mit dem Motto: "O-^a^n rirNexAi £< toy mh ontoc« verdient Anerkennung des für sie aufgewandten Fleißes. Leider aber ist es ihrem Verfasser so wenig wie dem Bearbeiter des Problems vom Jahre 15)15 gelungen, dem philosophischen Gehalt der Aufgabe ge- recht zu werden. Er begnügt sich mit einer zum Teil aus veralteten se- kundären Quellen gescliöpften, an Zitaten überreichen, kaum irgendwo um das Problem konzentrierten, vielfach weit abschweifenden Darstellung. Nur da, wo physikalisch-mathematische Kausalfragen in Betracht kommen, be- kundet sich ein selbständigeres, hin und wieder auch über Landläufiges hinausgehendes Wissen und Urteil. In die Idee des theoretischen Kausal- j)roblems, die Arten ihrer Entfaltung und die Richtung ihrer Entwicklung einzudringen, ist dem Verfasser nicht gelungen : am wenigsten da. wo sich seine Darstellung der Prol)lementwicklung seit Kant nähert und diese zu verfolgen sucht. Es fehlt dem Verfasser an der philosophischen Vorbildung, welche allein die geforderte Untersuchung erfolgreich machen konnte. Die Akademie ist deshalb nicht in der Lage, dem Verfasser einen Preis zuzu- erkennen.

Einen wesentlich anderen (Charakter zeigt die zweite Preisarbeit mit dem Motto: »Oya^n xphma mAthn riNexAi, aaaä hänta ^k AÖrov tg kai vn' ANÄrKHc.« Was immer der Verfasser aus dem Gebiet der neueren Philosophie in den Bereich seiner .spezielleren Untersiicliung zieht, ist aus den ersten Quellen geschöpft, um die theoretischen Kausal probleme konzentriert, selbständig durchdacht und in lichtvoller Darstellung wiedergeg(!ben. Deutlich scheiden sich, abgesehen von der Einleitung über die Vorgeschichte des Problems, zwei Teile der Arbeit voneinander: die Entwicklung der Kausalprobleme von Descartes bis Kant, und von Kant bis Sigwart. Mehrfache Korrek- turen erfordert die Einleitung. Vortrefflich aber ist die historische Entwick-

XVI

lung in der ersten Phase zu einem historischen (ranzen abgerundet, so daß kleinere Lücken, das Fehlen einer Skizze der Problemlage um den Anfang des 17. Jahrhunderts, speziell der kausalen Naturauffassung von Galilei und Kepler, ferner von Crusius' Kritik des Leibnizischen Satzes vom Grunde sowie von Reids Begründung der Common sense-Lehre und ihrer Kritik durch Priestley, ebensowenig ernstlich stören wie kleinere, leicht ausmerz- bare Einzelverfehlungen. Weniger gelungen ist die Darstellung der zweiten Entwicklungsphase. Auch wenn zugestanden wird, daß uns zur unbe- fangenen historischen Würdigung der Problementwieklung im 19. Jahrhundert noch die rechte historische Distanz fehlt, hätte der Verfasser zu einem volleren historischen Verständnis gelangen können, wenn er die metaphy- sisch fundierte Rückbildung der Probleme in der* spekulativen PhilosojAie von Fichte bis Hegel ähnlich eindringend behandelt hätte, wie die Fort- bildung bei Schopenhauer imd Herbart, Comte, St. Mill, Feclmer und Lotze; und die Umbildungen durch Fries und Apelt sowie späterhin durch Her- bert Spencer nicht beiseite gelassen hätte. Dennoch bleibt so viel des Gelungenen, Eindringenden und Weiterführenden, daß dem Verfasser der volle Preis in der Voraussetzung zuerkannt werden kann, er werde die erwähnten Mängel vor der Drucklegung in sorgsamer Darstellung beseitigen. Die Eröffnung des Umschlags mit dem Motto: »O't^a^n xphma mäthn riNETAi, AAAÄ HANTA GK AÖTOY Te KAI yh' ÄNÄrKHC« ergab als Verfasser: Frau Else W entscher, Bonn a. Rh.

Preis der Graf-Loubat-Stifiung.

Nach dem Statute der von dem Grafen (später Herzog) Joseph Flori- mond de Loubat bei der Preußischen Akademie der Wissenschaften be- gründeten Preisstiftung soll alle fünf Jahre durc?i die Akademie ein Preis von 3000 Mark an diejenige gedruckte Schrift aus dem Gebiete der ameri- kanistischen Studien erteilt werden, die unter den der Akademie einge- sandten oder ihr anderweitig bekannt gewordenen als die beste sich erweist.

Die amerikanistischen Studien werden zum Zwecke dieser Preisbewer- bung in zwei Gruppen geteilt: die erste umfaßt die präkol umbische Alter- tumskunde von ganz Amerika ; die zweite begreift die Geschichte von ganz Amerika, insbesondere dessen Kolonisation und die neuere Geschichte bis zur Gegenwart. Die Bewerbung um den Preis und seine Zuerkennung be- schränkt sich jedesmal, und zwar abwechselnd, auf die eine dieser beiden

XVII

Gruppen und Schriften, die innerhalb der letzten zehn Jahre erschienen sind. Als Schriftsprache ist die deutsche und die holländische zugelassen. Die letzte Preiserteilung fand im Jahre 1916 statt und betraf eine Schrift über Volks- und Altertumskunde eines bestimmten Gebietes im nord- westlichen Mexiko. Die nächste Preiserteilung muß demnach im Jahre 1921 erfolgen, und zugelassen sind gedruckte Schriften über koloniale und neuere Geschichte von Amerika bis zur Gegenwart. Die Bewerbungsschriften müssen bis zum 1. März 1921 der Akademie eingereicht sein.

Paul-Rieß-Stiftung.

Statut vom 2. Oktober 1919.

Der am 18. Februar 1903 zu Berlin verstorbene Amtsgerichtsrat a. D. Dr. Paul Rieß hat der Akademie durch letztwillige Verfügung ein Kapital von 250()00 Mark vermacht zur Verwendung im Interesse der Chemie, Physik und Astronomie. Durch Allerhöchsten Erlaß vom 30. Januar 1905 ist der Akademie die landesherrliche Genehmigung zur Annahme dieser ZuAvendung, vorbehaltlich der Abfindung von hilfsbedürftigen Verwandten des Erblassers, erteilt worden, und das Legat ist dann in dem durch diese Abfindungen auf 240000 Mark ermäßigten Betrage in ihren Besitz Ober- gegangen. In Wirksamkeit getreten ist die Stiftung jedoch erst seit dem am 1. Ajjril 1918 erfolgten Tode des Hrn. Paul Jüdel. welcher durch eine Bestimmung des Rießschen Testamentes als lebenslänglicher Nutznießer der Hinterlassenschaft eingesetzt worden war. Für die Verwaltung der Stiftung und die Verwendung ihrer Erträgnisse liat die Akademie mit Ge- nehmigung des vorgeordneten Ministeriums nachstehendes Statut festgestellt.

§ 1-

Die Stiftxing, welche den Namen Paul-Rieß-Stiftung führt, ist nach

dem Wortlaut des Testamentes dazu bestimmt, die chemischen, physikalischen

und astronomischen Wissenschaften zu fördern. Diesen Zweck wird die

Akademie zu verwirklichen suchen sowohl durch Unterstützung geplanter

XVllI

aussichtsreicher wissenschaftlicher Unternehmungen als auch durch Krönung vorliegender ausgezeichneter Leistungen auf dem Gebiete der drei genannten Wissenschaften. Die Zuerteilung erfolgt jedes Jahr am Leibniztage der Akademie, für eine einzige oder auch für mehrere wissenschaftliche Arbeiten, in der Regel jährlich abwechselnd aus den Gebieten der Chemie, Physik und Astronomie.

§ 2.

Das Kapitalvermögen der Stiftung, welches unangreifbar ist, wird ge- bildet aus dem Stammkapital und etwa künftig eingehenden Beiträgen. I]s wird wie die übrigen Gelder der Akademie aufbewahrt und verwaltet.

Die Akademie der Wissenschaften führt durch ihre physikalisch-mathe- matische Klasse die Oberaufsicht über die Stiftung und die Verwaltung des Stiftungsvermögens. Die Klasse hat daher auch die Entlastung zu erteilen, soweit dies nicht durch die Oberrechnungskammer geschieht.

§ 4. Die Stiftung selbst wird verwaltet durch ein viergliedriges Kuratorium, in welches die physikalisch-mathematische Klasse aus den Fächern der Chemie, Physik und Astronomie je einen Vertreter wählt. Außerdem gehört dem Kuratorium als Vorsitzender derjenige der beiden Klassensekretare an, welcher den genannten Fächern am nächsten steht. Die Wahlen gelten auf die Dauer von 6 Jahren, sie erfolgen vor dem Schlüsse eines Kalender- jahres, zum ersten Male im Dezember 1019. Wenn ein Mitglied des Kura- toriums vor Ablauf der Wahlperiode ausscheidet, so ist für die noch übrige Dauer derselben ein neues Mitglied zu wählen.

§ 5. Anfang Mai jedes Jahres teilt die physikalisch-mathematische Klasse dem Vorsitzenden des Kuratoriums mit, welche Summe am Leibniztage desselben Jahres verfügbar sein wird. Dieser fordert sodann dasjenige Mitglied des Kuratoriums, für dessen Fach in diesem Jahre die Stiftung in erster Linie bestimmt ist, und zwar nach der in § 1 namhaft gemachten Reihenfolge, zu einem schriftlichen Vorschlag auf Auch jedes andere Mit-

XIX

glied des Kuratoriums ist zu einem Vorschlag berechtigt. Über alle vor- hegenden Vorschläge wird dann in einer Sitzung des Kuratoriums oder auch auf schriftlichem Wege abgestimmt. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Das Ergebnis der Abstimmung ist von der Klasse zu bestätigen.

§ 6. Falls in einem Jahre die verfugbaren Mittel der Stiftung nicht voll- ständig oder überhaupt nicht für ihre satzungsgemäße Bestimmung in An- spruch genommen werden, so fließt die verfügbare Summe in einen be- sonderen Reservefonds, welcher dem Zwecke dienen soll, in irgendeinem darauffolgenden Jahre eine Bewilligung zu ermöglichen, welche die für das betreffende Jahr aus den»Erträgnissen des Stiftungskapitals verfLigbare Summe überschreitet. Die Bestände des Reservefonds werden zinstragend angelegt und durch die erzielten Zinsen fortlaufend verstärkt. Sobald der Reservefonds die Höhe von 20000 Mark erreicht hat. werden alle weiteren Erübrigungen sogleich und endgültig dem Stiftungskapital zugefiihrt.

§ 7. Änderungen dieses Statuts sind nur durch absolute Majorität aller ordentlichen Mitglieder der Akademie und mit Genehmigung des vorge- ordneten Ministeriums zulässig.

Verzeichnis der im Jahre 1919 erfolgten besonderen Geldbewilligungen aus akademischen Mitteln zur Ausführung wissenschaftlicher Unter- nehmungen.

Es wurden im Laufe des Jahres 191 U bewilligt:

2500 Mark den Mitgliedern der Akademie HH. Rubens und Liebisch zur Herstellung von Platten zur Untersuchung von Kristallen im langwelligen Spektrum.

4000 » zur Fortführung des Unternehmens »Das Tierreich«.

3000 zur Fortführung der Arbeiten am Nomenciator animalium ge- nerum et subgenerum.

XX

2300 Mark dem Mitglied der Akademie Hm. Engler zur Fort^jrung des Werkes »Das Pflanzenreich«.

6000 » dem Mitglied der Akademie Hrn. Hintze zur Fortfuhrung der

Herausgabe der Politischen Korrespondenz Friedrichs des Großen.

20000 » der Orientalischen Kommission zur Fortführung ihrer Arbeiten.

4000 >• der Deutschen Kommission zur Fortführung ihrer Arbeiten.

1000 » fiir die Bearbeitung des Thesaurus linguae Latinae (über den planmäßigen Beitrag von 5000 Mark hinaus).

5000 » für das Wörterbuch der ägyptischen Sprache.

1500 » zur Bearbeitung der hieroglyphischen Inschriften der griechisch- römischen Epoche für das Wörterbuch der ägyptischen Sprache.

(iOOO » dem Mitglied der Akademie Hrn' Struve als außerordentliche Zuwendung für die »Geschichte des Fixsternhimmels«.

5000 » dem Mitglied der Akademie Hrn. Engler zur Fortführung des Werkes »Das Pflanzenreich«.

2000 » dem Mitglied der Akademie Hm. Hei der zur Fortführung des Unternehmens »Das Tierreich«.

6000 » der akademischen Kommission zur Herausgabe der Enzyklo- pädie der matliematischen Wissenschaften.

1000 » dem Mitglied der Akademie Hrn. Erdmann für die Kant- Kommission. 200 » dem Mitglied der Akademie Hrn. Burdach für die Bearbeitung des Briefwechsels Laclimann Brüder Grimm durch Prof. Leiz- mann (Jena).

3000 » der Kommission für die deutschen Geschichtsquellen des 19. Jahrhunderts. 333 » der Sächsischen Akademie (Gesellschaft) der Wissenschaften in

Leipzig für die Teneriffa-Expedition. 367 » derselben für desgleichen.

1200 » derselben zur Fortsetzung des Poggendorffschen Handwörter- buchs.

1200 » Hrn. Dr. Ernst Knoche in Halle a. S. zu Untersuchungen über die Biologie der Nonnen.

l.)0() » als Nachbewilligung für die photographische Aufnahme franzö- sischer Handschriften in Valenciennes.

XXI

5000 MaE|c dem Verlag des Jahrbuchs für die Fortschritte der Mathematik als Zuschuß zu den Kosten der Herausgabe des Jahrgangs 19 19. 800 » f Hm. Prof. Dr. Hermann von Guttenberg in Berlin-Dahlem für Untersuchungen über den Einfluß des Lichtes auf die Blatt- stellung der Pflanzen. 5000 » Hrn. Prof. Dr. Bodenstein in Hannover zu Arbeiten über

photochemische Vorgänge. 1200 » Hrn. Dr. Walter in Gießen fiir Arbeiten über Vererbung. 10000 » der Deutschen physikalischen Gesellschaft als einmaligen Zu- schuß für die physikalische Berichterstattung. 800 » Hrn. Prof. Dr. August Fischer in Leipzig als zweite Rate des Zuschusses für sein arabisches Wörterbuch.

Verzeichnis der im Jahre 1919 erschienenen im Auftrage oder mit Unter- stützung der Akademie bearbeiteten oder herausgegebenen Werke.

Unternehmungen der Akademie und ihrer Stiftungen. Das Pflanzenreich. Regni vegetabilis conspectus. Im Auftrage der Preuss.

Akademie der Wissenschaften hrsg. von A. Engler. Heft 68. 69. Leipzig

1919. 2 Ex. Corpus inscriptionum Latinarum consilio et auctoritate Academiae Litterarum

Borussicae editum. Vols. 1, Pars 2, Fase. 1. ed. 2. Berolini 1918, Wilhelm von Humboldts Gesammelte Schriften. Hrsg. von der Preussischen

Akademie der Wissenschaften. Bd 15. Berlin 1918. Ibn Saad. Biographien Muhammeds, seiner Gefährten und der späteren Träger

des Islams bis zum Jahre 230 der Flucht. Im Auftrage der Preussischen

Akademie der Wissenschaften hrsg. von Eduard Sachau. Bd 7, Th. 2.

Leiden 1918. Deutsche Texte des Mittelalters hrsg. von der Preußischen Akademie der

Wissenschaften. Bd 30. Paradisus anime intelligentis. Berlin 1919.

Bopp-Sfißung. Navahära- und Nisiha-Sutta. Hrsg. von Walther Schubring. Leipzig 1918. (Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes. Bd 15.) 2 Ex.

XXll

Dr.-Karl-Gilttler-Stiflung.

Kolsen, Adolf. Dichtungen der Trobadors. 3. Heft. Halle (Saale) 1919. Kolsen, Adolf. Zwei provenzalisclie Sirventese nebst einer Anzahl Einzel- strophen. Halle 1919.

Savigny-Stlftuny.

Kantorowicz, Hermann und Fritz Schulz. Thomas Diplovatatius. De claris iuris consultis. Hd 1. Berlin und Leipzig 1919. (Romanistische Beiträge zur Rechtsgeschichte. Heft 3.)

Hermann-und-Elise-geb.-Hechnann - Wentzel-Stiflung.

Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur. Ar- chiv für die von der Kirchenväter-Commission der Preussischen Aka- demie der Wissenschaften unternommene Ausgabe der älteren christlichen Schriftsteller. Reihe 3. Ed 12, Heft 3. 4. Bd 13. Leipzig 1918. 19.

Beiträge zur Flora von Papuasien. Hrsg. von C. Läuterbach. Serie 6. Leipzig 1918. 2 Ex.

Von der Akademie unterstützte Werke.

Bokorny, Th. Bindung des Formaldehyds durch Enzyme. Berlin 1919.

Sonderabdr. Lange, Rudolf. Thesaurus Japonicus. Japanisch-Deutsches Wörterbuch.

Bd 2. Berlin und Leipzig 1919. Schiern ann, Theodor. Geschichte Russlands unter Kaiser Nikolaus I.

Bd 4. Berlin 1919. Schmidt, Adolf. Archiv des Erdmagnetismus. Heft 3. Potsdam 1918. Schwenke, Paul. Die Buchbinder mit dem Lautenspieler und dem Knoten.

1919. Sonderabdr. Schwenke, Paul. Altberliner Bücher und Einbände. 1918. Sonderabdr.

am 26. Juni 1919,

XXIII

Veränderungen im Personalstande der Akademie im Laufe

des Jahres 1919.

Es wurden gewählt: zum ordentlichen Mitglied der physikalisch-mathematischen Klasse: Hr. Konstantin Caratheodory, bestätigt durch Erlaß der preußischen

Regierung vom 10. Februar 1919, Hr. Willy Kükenthal, bestätigt durch Erlaß der preußischen Regierung vom 12. April 1919;

zu korrespondierenden Blitgliederu der pliysikalisch-mathematischen Klasse : Hr. Karl Engler in Karlsruhe » Theodor Curtius in Heidelberg » Gustav Tammann in Göttingen •• Hugo BOcking in Heidelberg am 8. Januar 1920;

zum korrespondierenden Mitglied der philosophisch-historischen Klasse: Hr. Willy Bang-Kaup in Frankfurt a. M. am 27. Februar 1919.

Der beständige Sekretär Hr. von Waldeyer-Hartz legte dieses Amt mit dem 31. August 1919 nieder; zu seinem Nachfolger wählte die physi- kalisch-mathematische Klasse Hrn. Rubner, dessen Wahl von der Preußischen Regienmg am 10. Mai 1919 bestätigt wurde.

Das ordentliche Mitglied der philosophisch-historischen Klasse Hr. Heusler verlegte im Sommer 1919 seinen Wohnsitz nach Basel und trat gemäß § 6 der Statuten der Akademie in die Reihe der Ehrenmitglieder über.

Gestorben sind:

die ordentlichen Mitglieder der physikalisch-mathematischen Klasse: Hr. Simon Schwendener am 27. Mai 1919, . Emil Fischer am 15. Juli 1919:

das ordentliche Mitglied der philosophisch-historischen Klasse: Hr. Kuno Meyer am 11. Oktober 1919;

das auswärtige Mitglied der physikalisch-mathematischen Klasse: Lord Rayleigh in London am B.Juli 1919;

XXIV

die korrespondierenden Mitglieder der physikalisch-mathematischen Klasse : Hr. Edward Charles Pickering in Cambridge (Mass.) im Januar 1919, >' Roland Eötvös in Budapest am 8. April 1919, » Friedrich Merkel in Göttingen am 29. Mai 1919, » Gustav Retzius in Stockholm am 21. Juli 1919, » Heinrich Bruns in Leipzig am 23. September 1919, » Woldemar Voigt in Göttingen am IH. Dezember 1919.

Beamte der Akademie. Ernannt : Hr. Prof. Dr. Eduard Sthamer, bisher Assistent am Preußischen Historischen Institut in Rom, zum Bibliothekar und Archivar der Akademie, am 27. Juni 1919.

Gestorben : Hr. Prof. Dr. Hans von Fritze, wissenschaftlicher Beamter, am 10. Juli 1919.

XXV

Verzeichnis der Mitglieder der Akademie am Schlüsse des Jahres 1919

nebst den Verzeichnissen der Inhaber der Bradley-, Helmholtz- und derLeibniz-Medaille und der Beamten der Akademie, sowie der Kommissionen, Stiftungs-Kuratorien usw.

1. Beständige Sekretare

Gewählt von der Datum der BestAtigiing

Hr. Diels phil.-hist. Klasse 1895 Nov. 27

- Roethe phil.-hist. - 1911 Aug. 29

- Phnck phys.-math. - 1912 Juni 19

- Riibner phys.-math. - 1919 Mai 10

2. Ordentliche Mitglieder

Phyultaliach-inktlieiDatische KIum Pkilosophueh-hiatorische Klasse Datum der Bestätigung

Hr. Ileiinann Diels 1881 Aue. l.T

''Ö"

Hr. WUhelm von Waldey er -Hartz 1884 Febr. 18

- Franz FMard Schulze 1884 Juni 21

- Otto Hirschfi'ld 1885 März 9

- Eduard Sachau 1887 Jan. 24

- Adolf Engler 1890 Jan. 29

- Adolf von HarTMck . . . 1890 Febr. 10

- Hermann Amandus Schwarz 1892 Dez. 19

- Oskar Hertwig 1893 April 17

- Max Manch 1894 Juni 11

- Carl Stumpf ...... 1895 Febr. 18

- Adolf Ennan 1895 Febr. 18

- Emil Warhurg 1895 Aug. 13

Ulrich von Wilamowitz-

Moellmdorff 1899 Aug. 2

- Heinrich Müller -Breslau 1901 Jan. 14

- Heinrich Dressel .... 1902 Mai 9

- Kmtrad Burdach .... 1902 Mai 9

- Friedrich Schottky 1903 Jan. 5

- Gustav Roethe 1903 Jan. 5

- Dietrich Schäfer 1903 Aug. 4

- Eduard Meyer 1903 Aug. 4

- WUhelm SchtUze .... 1903 Nov. 16

- Alois Brandl 1904 April 3

- Hermann Struve 1904 Aug. 29

d

XXVI

Phy«ik«Iiscli-matliematisclie Klasse Philosophisch-liistorische Klasse Datam der liestiti^ung

Hr. flermann Zimmermann 1904 Aug. 29

- Walter Kernst 1905 Nov. 24

- Max Rubner 1906 Dez. 2

- Johannes Orth 1906 Dez. 2

- Albrechi Penck 1906 Dez. 2

Ilr. Friedrich Müller .... 1906 Dez. 24

- Heinrich Rubens 1907 Aug. 8

- Tlieodor Liebi^ch 1908 Aug. 3

- Edtutrd Seier 1908 Aug. 24

- Heinrich Ijüders .... 1909 Aug. 5

- Heinrich Morf 1910 Dez. 14

- Goltli£b Haberlandt , .... 1911 Juli 3

Benno Erdmann . . . 1911 Juli 25

- Gusiao Hellmann 1911 Dez. 2

- Emil Scckel 1912 Jan. 4

- Johann Jakob Maria de Groot 1912 Jan. 4

- Eduard Norden 1912 Juni 14

- Karl Schuchhardt .... 1912 JuH 9

- Ernst Beckmann 1912 Dez. 11

- Albei-t Einstein 1913 Nov. 12

- Otto Hintze 1914 Febr. 16

- Max Sering 1914 März 2

- Adolf Goldschmidt . . . 1914 März 2

- Fritz Haber * . 1914 Dez. 16

- Karl HoU 1915 Jan. 12

Friedrich Meinecke . . 1915 Febr. 15

- Karl Correns 1915 März 22

- Hans Dragendorff . 1916 April 3 ' - Paul Kehr 1918 März 4

- l'lrich Stutz 1918 .März 4

- Ernst Hey mann . . . . 1918 März 4

- Michael Tangl 1918 März 4

- Karl Heider 1918 Aug. 1

- E-hard Schmidt 1918 Aug. 1

- Gmtan Müller 1918 Aug. 1

- Rudolf Fick 1918 Aug. 1

- Konstantin Caratheodory 1919 Febr. 10

- Willy Kükenthal 1919 April 12

XXVII

3. Auswältige Mitglieder

PhTsikalüch-matlieinatiscbe Klasse Philosophisch-historische Kiaase Datum iler Be»t»tiguiig

Hr. Theodor Nöldeke in Str&ßbuTg 1900 März 5 Friedrich Imhoof- Blumer in

Winterthur 1900 März 5

- Vatroslac con Jagic in Wien 1908 Sept. 25

- PanagiotisKabbadias in Athen 1908 Sept. 25

- Hugo Schiichardt in Graz 1912 Sept. 15

4. Ehrenmitglieder

Datum der Hrütätigun«;

Hr. Max Lehmann in Göttingen 1887 Jan. 24

- Max Lenz in Hamburg 1896 Uez. 14

Wilhelm Branca in München 1899 Dez. 18

Httgo Graf von und zu Lerchenfeld in Berlin 1900 März 5

Hr. Richard Schöne in Berlin . ^ . . 1900 März 5

- Konrad von Studl in Berlin 1900 März 17

- Andreas Ilettsler in Basel 1907 Aug. 8

Bemliard Fürst von Billow in Klein-Flottbek bei Hamburg . . . 1910 Jan. 31

Hr. Heinrich Wölfin in München 1910 Dez. 14

- August von Troll zu Solz in Kassel 1914 März 2

- Rttdolf von Valentini in Hameln 1914 März 2

- Friedrich Schmidt in Berlin 1914 März 2

- Hichard Wilktätter in München 1914 Dez. 16

XXVIII

5. Korrespondierende Mitglieder

Physikalisch-matliematische Klasse Datam der W.hl

Karl Frlir. Auer von Welsbach auf Schloß Welsbach (Kärnten) . . 1913 Mai 22

Hr. Oskar Brefeld in Berlin 1899 Jan. 19

- Otto BüUchli in Heidelberg 1897 März 11

- Giacomo damician in Bologna 1909 Okt. 28

- Tlieodor Curtivs in Heidelberg 1919 Juni 2(5

- William Morris Davix in Cambridge, Mass 1910 Juli 28

- Ernst Ehlers in Göttingen 1897 Jan. 21

- Karl Engler in Karlsruiie 1919 Juni 2G

- Max Fürbringer in Heidelberg 1900 Febr. 22

Sir Archibald Geikie in Haslemere. Surrey . . . \ . . . 1889 Febr. 21

Hr. Karl von Goebel in München 191:^ Jan. 16

- Camillo Golgi in Pavia 1911 Dez. 21

- Karl Graebe in Frankfurt a. .VI 1907 Juni 13

- Ludwig von Graf in Graz 1900 Febr. 8

Julius Edler von Haim in Wien 1889 Febr. 21

Hr. Sven Hedin in Stockholm 1918 Nov. 28

- Viktor Hensen in Kiel 1898 Febr. 24

- Richard von Hertwig in München .... * 1S98 April 28

- David Hilbert in Göttingen 1913 Juli 10

- Hugo Uildebrand Hildebrandsson in Uppsala 1917 Mai 3

- Emanuel Kayser in München 1917 Juli 19

- Felix Klein in Göttingen 1913 Juli 10

- Leo Koenigsberger in Heidelberg 1893 Mai 4

- Wilhelm Kömer in Mailand 1909 Jan. 7

- Friedrich Küslnei- in Bonn 1910 Okt. 27

- Philipp Lenaj-d in Heidelberg 1909 Jan. 21

- Karl von Linde in München 1916 JuÜ 6

- Gabriel Lippmann in Paris 1900 Febr. 22

- Hendrik Antoon Lorentz in Haarlem 1905 Mai 4

- Felix Marchand in Leipzig 1910 Juli 28

- Franz Mertens in Wien 1900 Febr. 22

- Alfred Gabriel Nalhorst in Stockholm 1900 Febr. 8

- Karl Neumann in Leipzig 1893 Mai 4

- Max Noethei- in Erlangen 1896 Jan. 30

- Wilhelm Ostwald in Groß-Bothen, Kgr. Sachsen 1905 Jan. 12

- Wilhelm Pfeffer in Leipzig 1889 Dez. 19

- Georg Quincke in Heidelberg 1879 März 13

- Ludwig Radlkofer in München 1900 Febr. 8

Theodore William Richards in Cambridge, Mass 1909 Okt. 28

X

XXIX

Datum der Wahl

Hr. Wi/helm Konrad Röntgen in München 1896 März 12

- WUMm Raux in Halle a. S 1916 Dez. 14

- GeoTff Ossian Sars in Christi ania 1898 Febr. 24

- Oswald Schmiedeberg in Straßburg . . .* 1910 Juli 28

- Otto Schott in Jena 1916 Juli C

Hugo von Seeliger in München 190G Jan. II

- Emest Sokay in Brüssel 1913 Mai 22

- Johann Wilhelm Spengel in Gießen 1900 Jan. 18

Gustav Tammaun in Göttingen . 1919 Juni 26

Sir Joseph John Thomson in Cambridge 1910 Juli 28

Hr. Gustav Edler von Tschermak in Wien . . . . 1881 März 3

- Ihtgo de Vries in Lunteren 1913 Jan. 16

- Johannes Diderik van der Waals in Amsterdam 1900 Febr. 22

- Otto Wallach in Göttingen 1907 Juni 13

- Eugenins Wanning in Kopenhagen 1899 Jan. 19

- EtiiU Wiechert in Göttingen 1912 Febr. 8

- Wil/telm Wien in Würzburg 1910 Juli 14

- Edmund B. WUson in New York 1913 Febr. 20

Pliilogophigcli-historische Klasse . Datum der Wahl

Hr. Karl von Amira in München 1900 Jan. 18

- Klemens Baeumker in München 1915 Juli 8

- Willy Bang-Kaup in Darmstadt 1919 Febr. 13

- Friedrich von Be:otd in Bonn 1907 Febr. 14

- Joseph Bidez in Gent 1914 Juli 9

- James Henry Breasted in Chicago 1907 Juni 13

- Harry Breßlau in Hamburg 1912 Mai 9

- Rene C/ignat in Paris 1904 Nov. 3

- Arthur (Jiu^t in Villemomble (8eine) 1907 Febr. 14

- Franz Cumont in Rom 1911 April 27

- Louis Duchesne in Rom 1893 Juli 20

- Franz Ehrle in Rom 1913 Juli 24

- Paul Foucart in Paris 1884 Juli 17

Sir James George Frazer in Cambridge 1911 April 27

Hr. Wilhelm Fröhner in Paris 1910 Juni 23

- IWcy Gardner in Oxford 1908 Okt. 29

- Ignaz Goldzilier in Budapest 1910 Dez. 8

- Francis Llewellyn Grifßth in Oxford 1900 Jan. 18

- Ignazio Guidi in Rom 1904 Dez. 15

- Georgias N. Hatzidakis in Athen 1900 Jan. 18

XXX

üatum der Wahl

Hr. Bemard Haussoullier in Paris 1907 Mai 2

- Jolum Ludvig Heiberg in Kopenhagen 1896 März 12

- Antoine Heron de Villefosse in Paris 1893 Febr. 2

- Harald Hjärne in Uppsala . .' 1909 Febr. 25

- Maurice Holleaux in Versailles 1909 Febr. 25

- Christian Hülsen in Heidelberg 1907 Mai 2

- Hermann Jacohi in Bonn 1911 Febr. 9

- Adolf Jülicher in Marburg 1906 Nov. 1

Sir Frederic George Kenyon in London - . . . . 1900 Jan. 18

Hr. Georg Friedrich Knapp in Straßburg 1893 Dez. 14

- Axel Kock in Lund . 1917 Juli 19

- Karl von Kram in München \. . . . 1917 Juli 19

- Basil Latyschew in St. Petersburg 1891 Juni 4

- Friedrich Loofs in Halle a. S 1904 Nov. 3

Giacomo Lumbroso in Rom 1874 Nov. 12

- Arnold Luschin von Ebengreulh in Graz 1904 Juli 21

- John Fmtland Mahajfy in Dubhn 1900 Jan. 18

Wilhelm Meyer-Lübke in Bonn 1905 Juli 6

- Ludwig Mitteis in Leipzig 1905 Febr. 16

Georg Elias Müller in Göttiugen 1914 Febr. 19

- Katl von Müller in Tübingen 1917 Febr. 1

- Samuel Muller Frederikzoon in Utrecht 1914 Juli 23

- Franz Praeiorius in Breslau 1910 Dez. 8

Pio Rajna in Florenz 1909 März 11

- Moriz Ritte?- in Bonn 1907 Febr. 14

- Karl Robert in Halle a. S 1907 Mai '1

- Michael Rostowzew in St. Petersburg 1914 Juni 18

- Edward Schröder in Göttingen 1912 Juli 11

- Eduard Schwartz in Straßburg 1907 Mai 2

- Bernhard Seuffert in Graz 1914 Juni 18

Eduard Sievers in Leipzig 1900 Jan. 18

Sir Edward Maunde Thompson in London 1895 Mai 2

Hr. Vilhehn Thomsen in Kopenhagen 1900 Jan. 18

- Ernst Troeltsch in Berlin 1912 Nov. 21

- Patd Vinogradoff in Oxford 1911 Juni 22

Girolamo Vitelli in Florenz 1897 Juli 15

- Jakob Wackernagel in Basel 1911 Jan. 19

- Adolf Wilhelm in Wien 1911 April 27

- Ludvig Wimmei' in Kopenhagen 1891 Juni 4

- Wilhelm Wundt in Leipzig 1900 Jan. 18

XXXI

Inhaber der Bradley-Medaille

Hr. Friedrich KUHnei- in Bonn (1918)

Inhaber der Helmholtz-Medaille

Hr. Santiago Ramon Cajal in Madrid (1905)

- Max Planck in Berlin (1915)

Bic/tard von Herlvfig in München (1917)

- Willielm Konrad Röntgen in München (1919)

Inhaber der Leibniz-Medaille

a. Der Medaille in Gold Hr. James Simon in Berlin (1907)

- Ernest Soivay in Brüssel (1909)

- Henry T. von Böt/inger in Elberfeld (1909) Joseph Florimond Duc de Louhat in Paris (1910) Hr. Hans Meyer in Leipzig (1911)

Frl. EUse Koenigs in Berlin (1912) Hr. Georg Schueinfurth in Berlin (1913) Otto von Schjeming in Berlin (1916)

- Leopold Koppel in Berlin (1917) Rudolf Havenstein in Berlin (1918) Heinrich Schnee in Berlin (1919)

b. Der Medaille in Silber Hr. Karl Alexander von Marlim in Berlin (1907)

- Adolf Friedrich Lindemann in Sidmouth. England (1907)

- Johannes Bolle in Berlin (1910)

- Albert von Le Coi/ in Berlin (1910) Johannes llberg in Leipzig (1910)

- Max Wellmann in Potsdam (1910) Robert Koldewey in Babylon (1910) Gerhard Hessenberg in Breslau (1910) Werner Janensch in Berlin (1911)

- Hans Osten in Leipzig (1911)

- Robert Davidsohn in München (1912)

- N. de Garis Dacies in Kairo (1912)

- Edwin Hennig in Tübingen (1912) Hugo Rabe in Hannover (1912)

- Josef Emanuel Hibsc/i in Tetschen (191H!

- Karl Richter in Berlin (19i:{)

XXXII

Hr. Hans Witte in Neustrelitz (191:?)

- Georg Wolff in Frankfurt a. M. (1913)

- Walter Andrae in Assur (1914)

- Erwin Schramm in Dresden (1914)

- Richard Irvine Best in Dublin (1914) Otto Baschin in Berlin (1915)

- Albert Fleck in Berlin (1915)

- Julius Hirschberg in Berlin (1915)

- Hugo Magnus in Berlin (1915)

- E. Debes in Leipzig (1919)

- r. Domo in Davos (1919) Joliannes Kirchner in Berlin (1919)

- Edmund von lAppmann in Halle a. 8. Freiherr von Schrötter in Berlin (1919) Hr. Otto Wolf in Berlin (1919)

(1919)

Beamte der Akademie

Bibliothekar und Archivar der Akademie: Dr. Sthamer, Prof.

Archivar und Bibliothekar der Deutschen Kommission: Dr. Behrend, Prof.

Wissenschaftliche Beamte: Dr. Dessau, Prof. Dr. Harms, Prof. Dr. Karl Schmidt, Prof. Dr. Frhr. Hiller von Gaertringen, Prof. Dr. Ritter, Prof. - Dr. Apstein, Prof. Dr. Paetsch, Prof. Dr. Kuhlgatz, Prof.

Registrator und Kalkulator: Grilnheid.

Hausiuspektor und Kanzlist:

Akademiediener: Hennig. .Janisch, nimmt die Geschäfte des Jlausinspektors wahr.

Siedmann. Hilfsarbeiterin in der Bibliothek: Fräulein Kilian. Hilfsarbeiterin im Bureau: Fräulein Meyer. Hilfsdiener: G Lieser.

xxxm

Verzeichnis der Kommissionen, Stiftungs-Kuratorien usw.

Kommissionen für wissenschaftliche Unternehmungen der Akademie.

Acta Borussiea. Hintze (geschäftsfiUirendes Mitglied). Meinecke. Kehr.

Ägyptologische Kommission. Erman. E. Meyer. W. Schulze.

Außerakad. Mitglieder: Junker (Wien). H. Schäfer (Berlin). Sethe (Göttin- gen). Spiegelberg (Straßburg).

Corpus inscriptionum Etruscarum. Diels. Hirschfeld. W. Schulze.

Corpus inscriptionum Latinarun\ und Griechische Münzwerke. Hirschfeld (Vorsitzender, leitet die epigrapliischen Arbeiten). Dragendorflf (leitet die numismatischen Arbeiten). Diels. von Wilamowitz-Moellen- dorff. Norden. Imhoof-Blumer (Winterthur).

Corpus medicorum Graeeorum. Diels. Sachau. von Wilamowitz-MoellendorfF.

Deutsehe Gesehichtsquellen des 19. Jahrhunderts. Meinecke. Roethe. Schäfer. Hintze. Sering. Holl. Kehr.

Deutsche Kommission. Roethe (geschäftsfiihrendes Mitglied). Diels. Burdach. W. Schulze. Morf. Hintze. Kehr. Schi-öder (Göttingen). SeufFert (Graz).

Dilthey-Kommission. Erdmann (geschäflsfuhrendes Mitglied). Diels. Stumpf Burdach. Roethe. Seckel.

Geschichte des Fixstemhimmels. Struve (geschäftsfuhrendes Mitglied). G. Müller. Außerakad. Mitglied: Cohn (Berlin).

XXXIV

Politische Korrespondenz Friedrichs des Großen. Hintze (geschliftsfülirendes Mitglied). Meinecke. Kehr.

Fronto -Ausgabe. Diels. Hirschfeld. Norden.

Herausgabe der Werke Wilhelm von Humboldts. Burdach (geschäftsführendes Mitglied), von Wilamowitz-Moellendorff. Meinecke.

Herausgabe des Ibn Saad. Sachau (geschäftsfiihrendes Mitglied). Erman. W.Schulze. F.W. K. Müller.

Inscriptiones Graecae. von Wilamowitz-Moellendorff (Vorsitzender). Diels. Hirschfeld. W. Schulze.

Kant -Ausgabe. Erdmann (Vorsitzender). Diels. Stumpf. Roethe. Meinecke. Außerakad. Mitglied: Menzer (Halle).

Ausgabe der griechischen Kirchenväter.

von Harnack (geschäftsführendes Mitglied). Diels. Hirschfeld, von Wilamo- witz-Moellendorff. HoU. Loofs (Halle). Jülicher (Marburg).

Außerakad. Mitglied: Seeck (Münster), fiir die Prosojiographia imperii Ro- mani saec. IV VI.

Leibniz -Ausgabe. Erdmann (geschäftsführendes Mitglied). Planck, von Harnack. Stumpf. Roethe. Morf. Kehr. Erh. Schmidt.

Nomenciator animalium generum et subgenerum.

Kükenthal (geschäftsführendes Mitglied), von Waldeyer-Hartz. Heider.

Orientalische Kommission. E. Meyer (geschäftsfiihrendes Mitglied). Diels. Sachau. Erman. W. Schulze.

F. W. K. Müller. Lüders. Außerakad. Mitglied: Delitzsch (Berlin).

„Pflanzenreich". Engler (geschäftsführendes Mitglied), von Waldeyer-Hartz. Correns.

XXXV

Prosopographia imperii Romani saee. I III. Hirschfeld. Dressel.

Strabo-Ausgabe. Diels. von Wilamowitz-Moellendorff. K. Meyer.

„Tierreich". Kükenthai (geschäftsföhrendes Mitglied), von Waldeyer-Hartz. Heider.

Herausgabe der Werke von Weierstraß. Planclc (ge.schäftsfülirendes Mitglied). Schwarz.

Wörterbuch der deutsehen Rechtssprache.

Roetlip (geschäftsfiihrendes Mitglied). Stutz. Heymann.

Außerakad. Mitglieder: Frensdorff (Göttingen), von Gierke (Berlin). Huber (Bern). Frhr. von Künßberg (Heidelberg). Frhr. von Schwerin (Frei- burg). Frhr. von Schwind (Wien).

Wissenschaftliche Unternehmungen, die mit der Akademie in Verbindung stehen.

Corpus scriptorum de musica. Vertreter in der General-Kommission: Stumpf.

Luther-Ausgabe. Vertreter in der Kommission: von Harnack. Burdach.

Monumenta Germaniae historica. Von der Akademie gewählte Mitglieder derZentral-Direktion: Schäfer. Hintze.

Thesaurus der japanischen Sprache. Sachau. W. Schulze. F. W. K. Müller.

Sammlung deutscher Volkslieder. Vertreter in der Kommission : Roethe.

Wörterbuch der ägyptischen Sprache. Vertreter in der Kommission: Ermaii.

XXXVI

Bei der Akademie errichte fe Stiftungen.

Bopp - Stiftung.

Vorberatende Kommission (1918 Okt.— 1922 Okt.).

W. Schulze (Vorsitzender). Lüders (Stellvertreter des Vorsitzenden). Roethe.

Brandl. Außerakad. Mitglied: Brückner (Berlin).

Charlotten - Stiftung für Philologie.

Kommission.

Diels. Hirschfeld, von Wilamowitz-Moellendorff. W. Schulze. Norden.

Eduard - Gerhard - Stiftung. Kommission. Dragendorif (Vorsitzender). Hirschfeld. von Wilamowitz-Moellendorff. Dressel. E. Meyer. Schuchhardt.

Humboldt - Stiftung. Kuratorium (1917 Jan. 1 1920 Dez. 31). von Waldeyer-Hartz (Vorsitzender). Hellmann.

Außerakad. Mitglieder: Der vorgeordnete Minister. Der Oberbürgermeister von Berlin. P. von Mendelssohn-Bartholdy.

Akademische Jubiläumsstiftung der Stadt Berlin.

Kuratorium (1917 Jan. 1—1920 Dez. Hl).

Planck (Vorsitzender), von Waldeyer-Hartz (Stellvertreter des Vorsitzenden).

Diels. Hintze. Außerakad. Mitglied: Der Oberbürgermeister von BerUn.

Stiftung zur Förderung der kirchen- und religionsgeschichtlichen Studien im Rahmen der römischen Kaiserzeit (saec. I VI). Kuratorium (1913 Nov.— 1923 Nov.). Diels (Vorsitzender), von Harnack.

Außerdem als Vertreter der theologischen Fakultäten der Universitäten Ber- lin: Holl, Gießen: Krüger, Marburg: Jülicher.

XXXVII

Graf-Loubat-Stiftung.

Kommission (1918 Febr.— 1923 Febr.). Sachau. Seier.

Albert-Samson-Stiftung.

Kuratorium (1917 April 1—1922 März 31).

von Waldeyer-Hartz (Vorsitzender). Planck (Stellvertreter des Vorsitzenden).

Rubner. Orth. Penck. Correns. Stumpf.

Stiftung zur Förderung der Sinologie. Kuratorium (1917 Febr.— 1927 Febr.). de Groot (Vorsitzender). F. W. K. Müller. Lüders.

Herinann-und-Elise-geb.-Heekmann-Wentzel-Stiftung.

Kuratorium (1915 April 1—1920 März 31).

Roethe (Vorsitzender). Planck (Stellvertreter des Vorsitzenden). Erman

(Schriftführer). Nernst. Haberlandt. von Harnack. Außerakad. Mitglied: Der vorgeordnete Minister.

Max-Henoch-Stiftung. Planck (Vorsitzender). Schwarz. Schottky. Erh. Schmidt (Schriftführer). Caratheodory.

Faul-Rieß-Stiftung. Kuratorium (1920 Jan. 1—1925 Dezember 31). Planck. Beckmann. Rubens. Struve.

ABHANDLUNGEN

DER PREUSSISCHEN

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

JAHRGANG 1919 PHYSIKALISCH-MATHEMATISCHE KLASSE

Uip:DÄCHTNISREDE AUF SLMON S( HWENDENER

VON

G. HAUE KLAN DT

BERLIN 1919

VERLAG DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

IN KOMMISSION BEI DER VEREINIGUNG WISSENSCHAFrLICHER VERI.EGEIl WALTER DE GRUYTER U. CO.

VORMALS U. J. OÖSrHKSSl IIK VERLA(iSllANDLI'Nli. J. GlTTENTAfi, VKBLAfi.SBI'CHllANDM'Nci. UEOKCi KKIMKK. KARL J. IKÜBNKK, VEIT U. COMI'.

Gehalten in der öffentlichen Sitzung am 3. Juli 1919. Zum Druck eingereicht am gleichen Tage, ausgegeben am 14. Juli 1919.

xVni 27. Mai d. .1. ist Simon Schwendener, der Nestor der deutschen Bo- taniker, das älteste Mitglied unserer Akademie, der er vier Jahrzehnte lang angehört hat, im 91. Lebensjahre gestorben. Am 2. Juni haben wir, was sterblich an ihm war, auf dem alten Matthäikirchhof zur Ruhe bestattet.

Wenn wir uns das selten hohe Alter so recht verdeutlichen wollen, das der Verstorbene erreicht hat, so brauchen wir nur den Zustand der Wissenschaft, der Schwendener seine Lebensarbeit gewidmet, zur Zeit seiner Kinder- und Lehrjahre ins Auge zu fassen. Als er am 10. Februar 1829 zu Buchs im Kanton St. Gallen geboren wurde, da lebte noch Goethe und befaßte sich* eifrig mit den Einwirkungen seiner Metamorphosenlehre auf die Ptlanzeninorphologie seiner Zeit, die sich ganz auf das Gebiet einer mystischen Naturphilosophie verirrt hatte. Hugo von Mohl, der Begründer der neueren Pflanzenanatomie, stand erst am Beginn seiner Laufbahn und fing systematisch das feste Zellhautgerüst der Pflanzen zu untersuchen an, <la vom lebenden Inhalt der Zellen, dem Mohl erst viel später den Namen »Protoplasma« gab, so gut wie noch gar nichts bekannt war. Als dann von ScHLEiDEN, Unoek, Nägeli .u. a. die heftigen Kämpfe um die Fragen der Zellbildung und Zellteilung ausgefochten wurden, Kämpfe, die zur Begrün- dung der modernen Zellentheorie führten, da war der junge Schwendener bereits zum Jüngling herangewachsen, der sich allmählich für einen Lebens- bei-uf zu entsclieiden hatte.

Schwendeners Vater war Bauer, und so lag es nahe, den einzigen Sohn gleichfalls Landwirt werden zu lassen. Der kräftige Knabe hatte in der Tat auch Freude an landwirtschaftlicher Arbeit; im Sommer hütete er mit seinem Großvater tage- und wochenlang das Vieh auf der Alpe, und unten im Tale ritt er, wie er einst lachend erzählte, die vom Vater gezogenen Pferde kauf- histigen Bauern und Händlern vor. Bei der Berufswahl entschied er sich

4 Haberlandt:

aber doch für den Lehrberuf. Er absolvierte ein Seminar und wurde in Burhs als Volksschullehrer angestellt. Bald al)er ermöglichte ihm ein Ver- mächtnis seines Großvaters, die Studien wieder aufzunehmen. Er ging nach Genf, bereitete sich dort auf das Abiturientenexamen vor und besuchte an der Akademie u. a. die Vorlesungen Thürys und Alphons de Candolles. Bald aber mußte er aus Mangel an Mitteln das Studium wieder unterbrechen und eine Lehrerstelle an einer Privatlehranstalt übernehmen. Ihr Inhaber war ein bejahrter Mann und wollte dem jungen Lehrer, der das Herz seiner Tochter gewonnen hatte, die Anstalt überlassen. Damals stand Schwendener, wie er mir selbst erzählte, vor dem schwersten Entschluß seines Lebens. Die Stimme des Herzens sprach Ja, der Forscherdrang in ihm ein noch bestimmteres Nein. So schnürte er wieder sein Bündel und zog nach Zürich, wo er unter Oswald Heer 1856 mit einer schon in Genf auf Anregung DE Candolles begonnenen phänologischen Arbeit über »die periodischen Er- scheinungen der Natur, insbesondere der Pflanzenwelt« zum Doktor pro- movierte.

Ein Jahr vorher war Karl Nägeli aus Freiburg i. Br. an das neuge- gründete eidgenössische Polytechnikum in Züricli berufen worden und kündigte hier sofort auch botanisch-mikroskopische Übungen an. Das be- deutete für Schwendener, der bis dahin keine Gelegenheit gefunden hatte, ein Mikroskop zu benutzen, die Erfüllung seines sehnlichsten Wunsches. Es bedeutete aber für ihn noch weit mehr: den Anschluß an den Lehrer, dem er sich geistesverwandt fühlte und der auf die weitere Entwicklung seiner Forsch erlauf bahn einen entscheidenden Einfluß ausgeübt hat. Was ihn seinen eigenen Worten zufolge an Nägeli am meisten fesselte, das war vor allem »die kritische Schärfe seines Verstandes, der weite Horizont und die kühle Überlegenheit seiner Logik, die ihm im Gespräch über botanische Fragen von Tag zu Tag mehr, sieghaft und anregend zugleich, entgegentraten«. Aber auch der Lehrer erkannte die Kongenialität des Schülers. Er erkannte in ihm dasselbe Bestreben nach mathematischer Strenge und Präzision in der Darstellung morphologisclier und entwicklungs- geschichtlicher Tatsachen, nach geometrischer Klarheit bei der Erfassung der räumlichen Beziehungen der Organe, Zellen und Zellkomplexe, das ihm selbst in so hohem Maße eigen war. Als daher Nägeli im Sommer 1857 einem Rufe an die Universität München folgte, trug er Schwendener die Assistentenstelle bei ihm an, und gleich nach ihrer Übersiedelung begann

Gedtichtnisrede auf Simon Schwende ner. 5

die gemeinsame Arbeit, die für die Wissenschaft so wertvolle Früchte ge- tragen hat.

An erster Stelle sei hier gleich des berühmten Werkes der beiden Forscher über das Mikroskop gedacht, von dem der i. Teil «Die Theorie des Mikroskops und die mikroskopische Wahrnehmung« im Jahre 1865, der 2. Teil »Die Anwendung des Mikroskops« 1867 erschienen ist. Es ist hier nicht der Ort, auseinanderzusetzen, um wie vieles die beiden Botaniker im Verständnis der Eigenart und der Leistungsfäliigkeit dieses Instrumentes alle Biologen und auch Physiker vor ihnen übertroffen haben, daß sie erst die Grundlagen schufen, auf denen dann Abbe weiterbaute und die Theorie des Mikroskops und des mikroskopischen Sehens zu so hoher Vollendung steigerte. Wohl aber muß hervorgehoben werden, daß in beiden Auflagen des Werkes auch ein bis in die kleinsten Einzelheiten auf eigener kritisclier Beobachtung beruhender (Irundriß der inneren und äußeren Morphologie der Ptlanz«? geboten wird, dessen Anregungen selbst lieute noch nicht voll- ständig erschöpft sind.

In der Hauptsache fallen aber in die Müncliener Jahre (von 1857 bis 1867) die ausgedehnten »Untersuchungen über den Flechtenthallus«. Es sind vor allem Nägklis grundlegende Arbeiten »über das Waclistum des Stammes und der Wurzel bei den Gefiißptlanzcn« gewesen, an denen auch SrHWENDENER als Assi.stent beteiligt war, die ihm den Gedanken nahe- legten, eine in gleicher Weise tief eindringende anatomisch-entwicklungs- geschichtliche Untersuchung auch im Bereiche der niederen Pflanzen aus- zuführen. Es mußte ferner den jungen Forscher, der es im Gebrauch des 3Iikroskops so rasch zu hoher Meisterschaft gebraclit hatte, besonders reizen, seine Kunst an einem in histologischer Hinsicht so schwierigen Objekte zu erproben, wie es der Flechtenkörper ist.

Y^ hat sicli in der Geschichte der biologischen Wissenschaften wohl kaum ein zweites Mal ereignet, daß die Ergebnisse einer nüchtern-deskrip- tiven Untersucliung in einer so unerwarteten, kühnen und vielen Forschern ganz phantastisch erscheinenden Schlußfolgerung gegipfelt haben, wie ScHWENDENERs Arbeiten über den Flechtenthallus. Dieses Ergebnis wird schon im Nachtrag zur letzten Abhandlung Ober die Laub- und Gallert- flechten 1868 kurz angedeutet: es drängt sich ihm die Frage auf, ob nicht vielleicht für sämtliche Flechten die Annahme gilt, daß ihre grünen Zellen, die sog. »Gonidien durchgehends als typische Algen und die farblosen

6 Haberlandt:

Zellfäden als Pilzhyplien zu betrachten seien«. Diese einstweilen noch hy- pothetisch ausgesprochene Ansicht hat Schwendener in seinem 1869 er- schienenen Programm für die Rektoratsfeier der Universität Basel, an die er zwei Jahre früher als ordentlicher Professor berufen worden, zur völligen Gewißheit erhoben. Der Titel dieser Arbeit, in der die moderne Flechtcn- theorie vor genau einem halben Jahrhundert begründet wurde, gibt bereits die Richtung an, die die Beweisführung einschlägt. Er lautet nämlich: »Die Algentypen der Flechtengonidien«. Es wird darin der zwingende Nachweis erbracht, daß die (ionidien der verschiedenen Laub-, Strauch- und Gallertflechten auf das genaueste acht verschiedenen Algentypen ent- sprechen und daß diese vollständige Übereinstimmung nur verständlich wird, wenn man die Gonidien für Algen erklärt. Die Flechten sind dem- nach als besondere Hauptabteilung der Kryptogamen zu streichen, sie sind vielmehr Pilze aus der Klasse der Ascomyceten, die auf Algen schmarotzen. In der Einleitung dieser Schrift wird auch das physiologische Verhältnis •zwischen Pilz und Alge im Sinne einer Lebensgemeinschaft, fvir die de Bary später den Ausdruck Symbiose geprägt liat, mit eindringlichen Wollen richtig gekennzeichnet. »So bieten uns also die Flechten«, sagt Schwendener, »diese ,rustici pauperrimi' das düstere, aber doch lebensfrische Bild eines herrschenden, man möchte beinahe sagen mit staatsmännischer Klugheit berechneten Schmarotzertums auf der einen, und eines niederen, zu ewiger Unfreiheit verurteilten Helotentums auf der anderen Seite, ein Bild, das zwar in einzelnen Zügen auch im Tierreich und im Leben der Völker seine Analogien findet, jedoch in dieser Eigenartigkeit und Absonderlich- keit in der ganzen Reihe organischer Wesen nicht wiederkehrt.«

Nach dem Abschluß seiner Flechtenarbeiten traf Schwendener alsbald die Vorbereitungen für seine zweite wissenschaftliche Großtat. Die Neigung zur Bearbeitung mechanischer Probleme, die ihn von nun an nicht mehr losließ, veranlaßte ihn, sich mit der Frage zu beschäftigen, was fiir Festigungs- einrichtungen den Pflanzen zu Gebote stehen und ob sich in Bau und An- ordnung dieser Einrichtungen die Anpassung an ihre Funktion bestimmt zu erkennen gibt. Es erscheint uns heute fast unbegreiflich, daß diese Frage so spät erst aufgeworfen wurde, wo doch jeder Laie sich sagen mußte, daß vom Grashalm angefangen, der im Winde schwankt, bis zum mächtigen Baumriesen, dessen Stamm die schwere Last der Krone zu tragen hat, an den Pflanzenkörper die mannigfachsten Festigkeitsansprüche gestellt werden.

Gedächtnisrede auf Simon Schwendener. 7

Daß die Tiere ein Skelett besitzen, sei es nun Hautskelett oder Knochen- gerüst, legte unbegreiflicherweise keinem Botaniker vor Schwendener den Analogieschluß nalie, daß auch bei den Pflanzen ein mechanisches System, ein Skelett zu erwarten sei. Dabei war es nicht einmal eine gewisse Scheu vor gewagten Analogieschlüssen, die diese Kurzsichtigkeit verschuldete. Nur zu oft haben in der Geschichte der Anatomie und Physiologie der Pflanzen falsclie Analogien mit den Einrichtungen des tierischen Organismus eine ver- hängnisvolle Rolle gespielt und die Entwickelung der Wissenschaft aufge- halten. Hat doch schon einer der Begründer der Pflanzenanatomie, Malpighi, die Wasserleitungsröhren des Holzes wegen ihrer Ähnlichkeit mit den Tracheen des Insektenleibes als Durchlüftungsorgane bezeichnet, Alexander von Hum- boldt die Bastzellen in funktioneller Hinsicht mit Muskelfasern verglichen und Schui.tz-Schultzenstein die Milchsaftgefäße der Pflanzen dem Gefaßsystem der Tiere an die Seite gestellt. Um so größer ist das Verdienst Schwendeners, zum ersten Male seit der Entdeckung des zelligen Baues der Organismen eine richtige Analogie großen Stiles im anatomischen Bau des Tier- und Prtanzenkörpers aufgedeckt zu haben.

Das klassische Werk, worin Schwendener seine Entdeckung des mecha- nischen Gewebesystems der Pflanzen mitgeteilt hat, ist 1874 unter dem Titel »Das mechanische Prinzip im anatomischen Bau der Monokotylen« erschienen. Es Tällt auf, daß damit nicht das Pflanzenskelett als solches, sondern das mechanische Prinzip, das seinen Aufbau beherrscht, in den Vordergrund gerückt wird. Das ist gewiß mit voller Absicht geschehen, denn nicht die Tatsache, daß die Pflanzen überhaupt ein mechanisches System besitzen, war für Schwendener das Neue und Wichtige, sondern daß in Bau und Anordnung dieses Systems die Prinzipien der theoretischen Mechanik in überraschend vollkommener Weise zur Geltung kommen. Die vollendete Übereinstimmung zwischen Bau und Funktion war es, worauf Schwendener das Hauptgewicht legte.

Damit war aber der Grundstein gelegt für das Lehrgebäude der physio- logischen Pflanzenanatomie. Gleich der zweite Satz des vorhin erwähnten Werkes lautet: »Bei den Gefäßpflanzen sind alle wichtigen Funktionen auf eben.so viele anatomisch ausgezeichnete Gewebeformen verteilt.« Es kann sonach keinem Zweifel unterliegen, daß Schwendener sclion bei der Abfassung des »Mechanischen Prinzips« eine anatomisch -physiologische Einteilung der Gewebesysteme vorschwebte, weijn er diesen Gedanken auch

8 H A B E R L A N I) T :

nirgends Aveiter ausgeführt und begrändet hat. ¥,s muß sogar auffallen, daß ScHWKNDENER drei Jalire später in der 2. Auflage des »Mikroskops« im Widersprucli mit dem vorliin zitierten Satze nur zwei Gewebesysteme unterschieden liat, das ernährungsphysiologische und das mechanische Sy- stem, wobei er dem ersteren nicht nur die Funktion der Assimilation, der Stoffleitung und Stoffspeicherung, sondern auch den Schutz gegen zu rasche A^erdunstung u. a. zuschrieb. Und in der Antrittsrede, die er am 8. Juli i88o in unserer Akademie gehalten hat, sprach er sich über die Zukunft der neuen Richtung noch sehr vorsichtig und zurückhaltend aus. Es sei erst ein kleiner Schritt nach einem entfernten Ziel getan; auch dürft« die Wechselbeziehung zwischen Bau und Funktion der Gewebe nur teilweise, oft nur in wenigen Punkten erkennbar sein. Um so größer war daher seine Genugtuung, als sich bald darauf auf Grund eigener und zahlreicher Schülerarbeiten herausstellte, daß jene Wechselbeziehungen doch zahlreicher sind und mit größerer Sicherheit aufgedeckt werden können, als er sich anfänglich dachte. Und als dann vier Jahre später, 1884, die erste Auf- lage meiner »Physiologischen Pflanzenanatomie» erschien, da sah er früher, als er gehofft, den Wunsch verwirklicht, den er mir gegenüber in Tübingen unmittelbar nach dem Erscheinen des letzten großen Handbuches der rein deskriptiven Pflanzenanatomie von de Bary 1877 geäußert hatte: »Das in- haltsreiche verdienstliche Werk, das ich hier in den Händen halte, kann keine Anregungen mehr bieten und ist deshalb veraltet. Die Zukunft ge- hört einem Lehrbuch der physiologisc^hen Pflanzenanatomie.« Er hat rich- tig prophezeit. Nach mehr als einem Menschenalter durfte ich dem Meister beim Eintritt in sein 90. Lebensjahr die 5. Auflage meines Werkes widmen. Im Jahre 1876 war Schwenhener als Nachfolger Hofmeisters an die Universität Tübingen übersiedelt. Er fühlte sich^ hier sehr wohl. Die an- mutige Landschaft und ein sympathischer Kollegenkreis machten ihm den Abschied schwer, als er schon zwei Jahre später, 1878, als Nachfolger Alexander Brauns an die Universität Berlin berufen wurde. Hier sammelte er in dem neubegründeten botanischen Institut alsbald einen Kreis begeister- ter Schüler um sich, auf den er bei der Annahme des Rufes mit Bestimmt- heit gerechnet hatte. In rascher Folge veröffentlichte er selbst in den Schriften unserer Akademie eine Anzahl wichtiger Beiträge zur allgemeinen Botanik, die meist zugleich die Lösung mechanischer und physikalisch- physiologischer Probleme brachten. So die Arbeiten über Scheitelwachstum

Geddchtimrede auf Simon Schwendener. 9

mit mehreren Sclieitelzelleii, über Bau und ."Mechanik der Spaltöffnungen, die durch Waclistum bedingte Verschiebung kleinster Teilchen in trajek- tonischen Kurven, über das Winden der Pflanzen, die Schutzscheiden und ihre Verstärkungen, Untersuchungen über das Saftsteigen, über Quellung und Doppelbrechung vegetabilischer Membranen, die Gelenkpolster von Mimom jntdica, PhaseoluK und Oxalis, über den üffnungsmechanismus der Anthercn u. a. m. Seit 1890 aber sah er sich genötigt, die Waffen seines Scharfsinns zur Verteidigung seines dritten Hauptwerkes anzuwenden, mit dem er sich 1878 in Berlin eingeführt hatte, seiner »Mechanischen Theorie der Blattstelhmgen«. Sie ist sein Schmerzenskind geworden.

Die s])iralige Stellung der Blätter am Stengel war seit jeher ein Lieb- lingsthema der Ptlanzenmorphologie. Die Naturphilosophie der ersten De- zennien des 19. Jahrhunderts Iiat sie in ehien mystischen Schleier gehüllt, liinter dem der alternde Goethe eine allgemeine Spiraltendenz der \'ege- tation zu erblicken glaubte. Sie hat diesen rätselhaften Charakter auch nicht verloren, als Karl Schimver und Alexander Braun eine in rein for- maler Hinsicht höclist vollendete Blattstellungslehre schufen, deren geo- metrische Konstruktionen die verschiedenartigsten Blattstellungen mit großer Eleganz auf ein einheitliches Prinzip zurückzuführen vei-mochten. Von einer kausalen Erklärung der Blattstellungen konnte dabei keine Rede sein. Die idealistische Naturauffassung Sohimpers und Brauns hat darauf von vorn- herein verzichtet.

Der erste, der vom Standpunkte der Entwicklungsgeschichte aus die Spiraltendenz bei der Entstehung der Blätter leugnete, war W. Hofmeister. Nach ihm sollte in einer bestimmten Zone des Stammscheitels jeder be- liebige Punkt befiihigt sein, zu einer Blattanlage auszuwachsen. Der Ent- stehungsort eines neuen Blattes Avird bestimmt durch die Konfiguration der älteren Blattanlagen; die neuen Blätter entstehen über den weitesten Lücken zwischen den nächstbenachbarten älteren Blättern; sie entstehen dort, wo sie den meisten Platz tinden.

Diesen zuerst von Hofmeister ausgesprochenen Satz hat nun Schwenoener ni»emommen und durch den Hinweis darauf ergänzt, daß die Biattanlagen, so- bald si<? die Form von halbkugeligen Höckern erlangt hal)en. mit den be- naciibarten in immittelbare Berührimg treten, indem sie mindestens zwei «ierselben tangieren. Dieser Kontakt der neuen Organe mit vorhergehenden ist die wichtig.ste Voraussetzung für den eigentliclien Kern der Schwen-

Vliyx.-math. Klasse, lillil. Gfdüchluisr. 2

10 Haberla.ndt:

DENERSC'lien Blattstellungslelire. für die Druckuirkuiigen. flie zu <leii soge- nannten »Daclistuhlverscliiebungen« führen. Die nieclianisclien Folgen dieser Druckwirkungen werden nun in nuisterliafter Weise klargelegt. Ilir Er- gebnis sind die mannigfachen Blattstellungen und ihre Übergänge am aus- gewachsenen Stengel. Was uns Schwendener mit die.ser Theorie bietet, das ist einmal wirkliche »Entwickelungsmechanik« im strengsten Sinne des Wortes.

Die Angrifle gegen die neue Blattstellungstheorie ließen über ein Jahrzehnt lang auf sich warten. Sie setzten, was ausdrücklich betont werden muß, in wirksamster Weise nicht am prinzipiell wichtigsten Punkte an, an den Folgen der Druckwirkungen, sondern am .Zustandekommen des Kontaktes und an dem Prinzip der vollständigen Raumausfullung durch die neuen Blattanbigen. Für das eigentliche Wesen <ler Theorie muß es aber gleichgültig sein, von welchen Faktoren die Orte der ersten Anlage der neuen Blätter bestimmt werden, wenn nur bei ihrem allmählichen Größerwerden der Anschluß erreicht wird und die Druckwirkungen ein- setzen können. Daß es sich bei der ersten P]nt.stehung der Blattanlagen nicht um eine grobniechanische Kaunifrage handeln kann, daß vielmehr walirscheinlich chemische Reizwirkungen, die von den älteren Anlagen ausgehen, die P^ntstehungsorte der jüngeren Blätter l)estimnien. ist gegen- wärtig kaum zu bezweifeln. Ansätze zu einer solchen Erklänmg, die auf innere Ursachen olme naturphilosophischen Beige.schmack zurückgreift, sind schon vorhanden. Was aber die Verschiebungen der heranwachsenden Blattanlagen nach eingetretenem Kontakt anlangt, so wird sich erst noch zeigen müssen, ob nicht, in vielen Fällen wenigstens. ScHWENnENER doch Recht behält. Aber selbst dann, wenn die mechanische Theorie der Blatt- stellungen mit allen ihren Voraussetzungen in ihre (Jänze fallen würde. so wäre sie doch in der (Jeschichte der Pflanzenmorphologie eine ebenso notwendige Erscheinung, die wir keinesfalls vermissen niöchten. wie die rein formalgeometrische Blattstellung.slehre von Schimper und Braun. Sie wird immer als klassisches Beispiel eines streng kausalmechani.schen Er- klärungsversuchs anzuseilen sein.

Zu den großen Zeit- und Streitfragen der Biologie hat sich Sch\Cendener nur selten und meist sehr zurückhaltend geäußert. Er war ein überzeugter Anhänger der Deszendenzlehre, zugleich aber mit Nägeli ein entschiedener Gegner der Selektionstheorie. Als ich in der ersten Auflage meiner »Physio-

Gedochtnb^rede auf Simon Schwendener. 1 1

logischen Pflaiizenanatomie" den Satz aussprach, daß es erst dem Scharfsinn Darwins gelungen sei, für die teleologische Erklärungsweise die mechanische Formel zu finden und so die Bahn für die Erforschung zweckmäßiger Einrichtungen im Bau der Organismen freizumachen, da erhob Schwendener für seine Person brieflicli Einspruch gegen eine solche Darstellung. Er sei ganz unabhängig und unbeeinflußt von DAUwiNSchen Ideen über das Zustandekommen zweckmäßiger Anpassungen zu seiner Aufstellung des so rationell gebauten mechanischen Gewebesystems gekommen. Die biegungsfesten und druckfesten Konstruktionen der Ingenieure, die eisernen Brücken und Bahnhofshallen mit ihren zahllosen 1-Trägern seien es ge- wesen, die ihn auf die Idee eines nach gleichen Prinzipien gebauten Prtanzenskeletts gebracht hätten, nicht aber ÜARWiNSche Gedankengänge. Später hat sich Schwendener betreffs des Zustandekommens zweckmäßiger Anpassungen an Nägelis Theorie der direkten Bewirkung, also dem Neo- lamarckismus, angeschlossen und mithin auch eine Vererbung erworbener Eigenschaften angenommen. An der Begründung dieser Lehre hat er sich aixr nicht weiter beteiligt. Er hatte eine zu starke Abneigung vor speku- lativen Weiterungen und vor dem Gewirr naturphilosophischer Konsequenzen. Unter Naturj)hilosophie verstand Schwendener freilich vor allem jene Denk- richtung, die sich in der idealistischen Morphologie der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aussprach und die er auch noch bei den Gegnern seiner Blattstellungslehre voraus.setzte, wenn sie auf innere Ursachen der Ge- staltung hinwiesen. In solchen Fällen betonte er immer aufs schärfste seine streng mechanistische' Auffassung der Lebensvorgänge.

Je älter Schwendener wurde, desto mehr Wert legte er auf die Er- klärung der Naturerscheinungen, auf die Aufdeckung der Zusammenhänge, und desto geringer dachte er von der bloßen Aufstapelung von Beobachtungs- tatsachen. Diese Geringschätzung der rein beschreibenden Forschung muß eigentlich wundernehmen bei einem Planne, der am Beginn seiner Laufbahn eine solche Fülle reiner Beobachtungstatsachen gesammelt hat. Die Wurzeln dieser Abneigung, die sich fast bis zur Feindseligkeit steigerte und ihm auch bei der Würdigimg systematis<;her Arbeiten hinderlich im Wege stand, waren letzten Endes in seiner allmälichen Abkehr von der unmittelbaren Naturbeobachtung zu suchen, die teilweise auf starker beruflicher Inan- spnichnahme, teilweise wohl auch auf dem Nachlassen seiner Sinnesfunk- tionen beruhte. Entscheidend war freilich der kontemplative, nach innen

12 II ABERLAND t: (ic(l('ichtnisre(ie auf Simon Schirendcner.

gekehrte Zug seines Wesens. Die Einzelbeobachtung wurde ilim bald nur Mittel zum Zweck, er hatte kein Interesse, kein ^"ergnfigen mehr an einer neuen Beobaclitung als solcher, und da ihm diese naive Kntdeckerfreude all- mählich verlorenging, blieben auch die Avissenschaftlichen Anregungen aus, die dem Biologen nur im steten innigen Verkelir mit der unergründlich mannigfaltigen Natur zuströmen. So breitete sich eine leise Tragik über die beiden letzten Jahrzehnte seines Lehens, die iJim aber in seiner ruhigen Selbstsicherheit zum Glück kaum zum Bewußtsein kam.

Das Einheitliche, (beschlossene, man mödite sagen Monumentale, das sich in Schwendeners Forscherarbeit aussprach, war der Ausdruck seiner starken, schart'umrissenen und imponierenden Persönlichkeit. Kr Avar ein stolzer, aufrechter Mann, unnachgiebig, ja schroff*, wenn es galt, für seine wissenschaftliche Überzeugung einzutreten, doch milde, gütig, nachsichtig in allen menschlichen Dingen. So lebt er fort in unserer Erinnerung und in der Geschichte der Wissenschaft.

Berlin, gedruckt in der Reiehsdruckerei.

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182 Berlin. Philosophisch-Histo-

B3A Tische Klasse 1919 Abhandlungen

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