92) BR f Er | Wa. eu 5. = ABHANDLUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT ZU HALLE. ORIGINALAUFSÄTZE AUS DEM GEBIETE DER GESAMMTEN NATURWISSENSCHAFTEN, VERFASST von MITGLIEDERN uno 2 INDEN SLTZUNGEN DER Ann IM AUFTRAGE DER GESELLSCHAFT REDIGIRT — VON MAX SCHULTZE. Vierter Band. ———B So —— HALLE, Druck uno Verzac von H. W. Scanmipr. "1858, e 4 ' % nur H KEETı I BE ir ! UN J A rn + | u I Re Ra. aM] vr A Hi; ar Aner!. hy Inhalt des vierten Bandes. I. Abhandlungen. “CO. Gegenbaur, über die Entwickelung der Sagitta. Mit 1 Tafel 5 > 3 5 “Max Schultze, Beiträge zur Kenntniss der Landplanarien n “Paul Herter, Beitrag zur Charakteristik der thüringisch- dichsischen Pesnukchlanosmation. Mit 1 Karte “Alexander Baenisch, über die Melaphyre des südlichen und östlichen Harzes. Mit 1 Karte “R. Leuckart, die Fortpflanzung und Entwickelung der Pupiparen. Mit 3 Tafeln : : “C. Gegenbaur, Anatomische Untersuchung eines Limulus, mit besonderer Berücksichtigung der Gewebe. Mit 1 Tafel Richard Volkmann, Bemerkungen über einige vom Krebs zu Kanada Genchrüllste. Mit 2 Tafeln VMax Schulize , zur Kenntniss der electrischen Organe der Fische. Erste Abthlg. Mit 2 Tafeln II. Sitzungsberichte aus den Jahren 1856 und 1857. 1856. Sitzung vom 12. Januar. Eingegangene Schriften. — Neues Mit- glied. — Prof. Volkmann über eine son- derbare Gesetzlichkeit gewisser Muskel- wirkungen Sitzung vom 26. Januar, Eingegangene Schriften. — Prof. Knob- lauch über das Verhalten der Wärmestrah- len gegen Metalle Sitzung vom 9. Februar. Eingegangene Schriften. — Prof. J. Vogel über Versuche betreffend den menschlichen Stoffwechsel Sitzung vom 23. Februar. Eingegangene Schriften. — Prof. Burmei- ster über Anomalura Pelei. — Prof. Knob- lauch über die Construction der Thermo- säulen 145 227 253 299 Seite Sitzung vom 8. März. Prof. Knoblauch über-die Bewegungserschei- nungen, welche durch electrische Vorgänge erzeugt werden Sitzung vom 19. April. Eingegangene Schriften. — Prof. M. Schultze über den feineren Bau des Geruchsorga- nes bei Menschen und Thieren . C Sitzung vom 3. Mai. Eingegangene Schriften. — Prof. Burmei- ster über Dolichotis Patagonica. — Prof. Girard legt die geognostische Uebersichts- karte von Deutschland und den angren- zenden Ländern von H. Bach vor Sitzung vom 24. Mai. Eingegangene Schriften. — Prof. Knob- lauch über die sphärische und chromatische Aberration. — Prof. Heintz über die Zu- sammensetzung einiger wasserfreier orga- nischer Säuren © 2 B . Sitzung vom 7. Juni. Prof. Burmeister über die Laubfrösche Bra- siliens B . : & : Sitzung vom 21. Juni. Eingegangene Schriften. — Prof. Burmei- ster über die zoologischen Unterschiede der Störche Sitzung vom 5. Juli. Prof. M. Schultze legt den Jahresbericht der Gesellschaft vor. — Neue Mitglieder. — Prof. v. Schlechtendal legt ein Werk von Eitinghausen und Pokorny „die wissen- schaftliche Anwendung des Naturselbst- druckes“ vor. — Derselbe über Schacht und Pringsheim’s Untersuchungen über den Be- fruchtungsprocess der Pflanzen. — Prof. M. Schultze über den Condenser, einen Be- leuchtungsapparat bei mieroscopischen Un- tersuchungen Sitzung vom 19. Juli. Eingegangene Schriften, — Prof. Girard legt Dumont’s Charte geologique de la 10 Belgique vor, — Prof. v. Schlechtendal legt v. Middendorff's Reise nach Brasilien und einige andere Bücher vor . Sitzung vom 2. August. Eingegangene Schriften. — Prof. Krahmer über Dr. Schauenburg’s ophthalmologische Schriften. — Dr. Andrae über eigenthüm- liche Coneretionen aus dem Tertiärsande bei Nietleben. — Prof. Girard über die Entstehung der Erdbeben nach Volger. — Neue Mitglieder Sitzung vom 1. November. Eingegangene Schriften. — Prof. Erdmann über A. Zeising „das Normalverhältniss der chemischen und morphologischen Pro- portionen“, — Prof. Heintz berichtet über die Naturforscher-Versammlung in Wien. — Prof. v. Schlechtendal über die Arten der Gattung Amygdalus und über Calo- nyetium speciosum . > . . Sitzung vom 15. November. Eingegangene Schriften. — Neues Mitglied. Prof. v. Schlechtendal über die Gattung Datura . “ a . 6 ö Sitzung vom 29. November. Eingegangene Schriften. — Prof. Max Schulize über Turbellarien. — Prof. Krah- mer “über Datura. — Prof. Girard über das von Prof. Göppert in Breslau im dortigen botanischen Garten errichtete Profil der Steinkohlenformation. — Prof. v. Schlechtendal über aie ältesten Nach- richten die Flora und Gesteinsbildung der Umgegend von Halle betreffend. — Der- selbe legt die in Deutschland einheimi- schen Botrychium-Arten vor Sitzung vom 13. December. Eingegangene Schriften. — Neue Mitglie- der. — Prof. Girard zeigt ein verkiesel- tes Holz vor. — Prof. v. Schlechtendal über die merkwürdige Flechte, welche Link als Placodium Yussufi bezeichnete. Derselbe über Serpieula vertieillata, ferner über Najas flexilis . . . Seite 11 12 13 15 16 21 Sitzung vom 20. December. Neuwahl der Beamten. — Prof. v. Schlech- tendal botanische Novitäten, Nachtrag zu dem Mitgliederverzeichniss 1857. Sitzung vom 10. Januar, Eingegangene Schriften. — Prof. v. Schlech- tendul legt von Heufler „Untersuchungen über die Milzfarne Europas“ vor. — Prof. Girard übergiebt eine für die Abhandlun- gen der Gesellschaft bestimmte Abhand- lung von P. Herter Sitzung vom 24. Januar. Eingegangene Schriften. — Neue Mitglie- der. — Prof. Girard über die norddeutschen Braunkohlen im Vergleich mit der Vege- tation der Westküste Südamerikas Sitzung vom 7. Februar. Eingegangene Schriften. — Prof. M. Schultze fortgesetzte Untersuchungen über das Ge- ruchsorgan. — Prof. G@irard über seltene Flächen beim Quarz. — Prof. v. Schlech- tendal über ein blutstillendes Heilmittel, welches aus Haaren von Farnen besteht. — Derselbe über die Keimungsweise der Ophioglossen a Sitzung vom 14. Febr. Eingegangene Schriften. — Prof. Volkmann über Irradiation 4 8 5 Sitzung vom 28. Februar, Eingegangene Schriften. — Prof. M. Schultze über die Entwickelungsgeschichte von Pe- tromyzon Planeri. — Prof. Girard über die Steinkohlenablagerung bei Ihlefeldam Harz Sitzung vom 14. März. Prof. M. Schultze zeigt ein Mikroseop von Belthle vor 5 B . Sitzung vom 28. März. Eingegangene Schriften. — Dr. Andrae zeigt ein Conglomerat aus Saalgeschieben beste- Seite 23 24 hend. — Prof. Girard neue Mineralien von Zerkenbach in Böhmen. — Prof, v. Schlech- tendal botanische Novitäten Sitzung vom 2. Mai. Eingegangene Schriften. — Dr. Andrae über Flussspath von Stolberg. — Prof. Knob- lauch über Wärmestrahlung bei Metallen Sitzung vom 16. Mai. Prof. M. Schultze über Kölliker’s Untersu- chungen zur vergleichenden Gewebelehre. — Prof. Knoblauch über die Nichtachroma- sie des Auges Sitzung vom 13. Juni. Eingegangene Schriften. — Prof. Girard über Coprolithen. — Prof. Knoblauch über Stereoskope Sitzung vom 27. Juni. Prof. Knoblauch stellt Experimente über das polarisirte Licht an . 2 : ö Oeffentliche Sitzung vom 4. Juli. Prof. M. Schultze über mieroseopisches Le- ben in der Atmosphäre Sitzung vom 18. Juli. Eingegangene Schriften. — Neues Mitglied. — Prof. v. Schlechtendal botanische Novi- vitäten. — Derselbe über die Partheno- genesis bei den Pflanzen. — Dr. Mann über ähnliche Erscheinungen bei Thieren Sitzung vom 1. August. Eingegangene Schriften. — Neues Mitglied. — Prof. Heintz über die Construction or- ganischer Körper Sitzung vom 31. October. Eingegangene Schriften. — Prof. M. Schultze legt auf Helgoland gesammelte Medusen vor, — Prof. v. Schlechtendal über die deutschen Fichtenarten B 5 Sitzung vom 14. November. Eingegangene Schriften. — Neues Mitglied. — Prof. Krahmer über die Erzeugung von Seite al 11 12 13 13 14 14 —— Knochenbrüchen. — Prof. Heintz über Gasbrenner in seinem Laboratorium Sitzung vom 28. November. Eingegangene Schriften. — Beschluss über die Aufnahme ausserordentlicher Mitglieder. — Prof. M. Schultze über die electrischen Organe der Fische Sitzung vom 12. December. Eingegangene Schriften. — Neue Mitglie- der. — Prof, Girard über die Zusammen- Seite 16 16 setzung der Melaphyre. — Geh. Rath Müller legt Krystalle von Kupfernickel vor Sitzung vom 19. December. Eingegangene Schriften. — Neues Mitglied. Neuwahl der Beamten . . R. Philippi Breves descriptiones Mollusco- rum quorundam terrestrium et marinorum Chilensium . e e Nachtrag zu dem Mitgliederverzeichniss Seite 19 20 21 24 DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT ZU HALLE. ORIGINALAUFSÄTZE AUS DEM GEBIETE DER GESAMMTEN NATURWISSENSCHAFTEN. Dierten Bandes erstes Heft. HALLE, Druck uno VerzaG von H. W. Scasupr. Ueber die Entwickelune der Sacitta, Von Dr. Carl Gegenbaur, a. o. Professor zu Jena, Mit 1 Tafel. Abh. d. Nat, Ges. zu Halle, 4r Band. = A ee : E3 \ PERF TUN , "I REESAR, 4 Be R3 I E} ss P. " Fu ” a $ 4 BUAFT u } li L [| die . A KEN x u i EN „60 # > us ” LER. ‘ “ NEM A “ ü EHRT N Ur BT I III TE te DIL IT PS an‘ eat) sorkk Ist erw u - . Y x f It Huch er Bad. BUN. n ! Ä PR I ja PRYE na + a I a ie en } } er 2 ft ae wer ee er Pe ur ad er Henn W“ ı HR - Inarııfar A uhr! sv # a ao AMT? y 58 Lip \ : R f trance mpririahe % usät UR wurd dash ey - & , 2 “ Ra up, ehe a: Yo iR wlan 08 wi Kuh bw re A ie! lot EITE ab he % 7 BE EB: und Er vw! AT te P ur Pe ich yon am D ll HN x 27 DR mob! . u , sad ur I unie a" "% ir USE u, een Bm. = B* Er [ N: ihren af 00 j ne Malik mon „Stil Kröe rg re rule beine yendık; j I t ut Hart E AARK:N, i Pi ae Nr a5 kaei are ar Per z ne Eu LE ib share ART 2 e ER ur ulahn L ? Arie Yu‘ f ; er ’ i «T Ar j j Ka soll ; un er noban #17 „ A u y Er ( * } er a ’ 2 MN ji f er a" i < ji! „s # ’ Nr IE Aa ER r PAR En ARE in erstrch IUTgNe g erh ey. it a sen ans Wieder ed Ri, RR N an % ieh, Air r Si ah u I6 RR! Ban N mu „2 a a 6 L. ar } # sABEN: 1 .. ar ee er = W iv “ h° k Bi ; IELLANT area mug er y r ’ Der ur" or je er fe PL 5 4 2 Ei r ÜBEN © welch Ib SEE IL Br: N =. R h ’ >. " 4 B BORAF » j N = e} 2 F ’ u f 24 Be 5 j el N rd 3 Reh Yang ar [8 he) B > N f I ii, 1 A N j Dr L # & R uP} 2 u. i > j ur B - Fi R 2 ar 7 u vi je . = e Ha ö Es hat immer unter den Thieren gewisse Gattungen gegeben, die hinsicht- lich ihrer Stellung im Systeme und ihrem Verhalten zum ganzen Thierreiche von den Zoologen als räthselhaft bezeichnet zu werden verdienten, aber das Studium der Organisation dieser Geschöpfe sowie die Beobachtungen über ihre Entwickelung haben das über vielen schwebende Dunkel aufgehellt, und oft die schwierigsten Fra- gen sind so in einfacher, klarer Weise beantwortet worden. Man kann nicht sagen, dass diess auch für Sagitta gelte, denn wenn auch die vorzüglich durch Krohn*) und Wilms”*) zu Tage geförderte Anatomie dieses Thie- res bezüglich der Vollständigkeit kaum etwas zu wünschen übrig lassen dürfte, so genügt diess doch keineswegs zu einem definitiven Entscheid über die systematische Bedeutung. Um so mehr konnte man auf die Entwickelungsgeschichte seine Hoff- nung setzen, und von ihr die von der Anatomie nicht gegebenen Aufschlüsse er- warten. Aber auch hierin hat man sich bei Sagitta getäuscht, indem wenigstens die ale ck SPS R Se, i schon früher von Darwin***) gegebene Schilderung der Entwickelungsweise des Sa- gitteneies, einen der merkwürdigsten, von dem was sonst über niedere Thiere be- kannt ist, äusserst abweichenden Bildungsgänge statuirte, der vielmehr geeignet ist das aus der Organisation gewonnene typische Bild zu stören. o Nach Darwin entsteht der Embryo aus einem den Dotter umziehenden und über denselben vorragenden Streifen, der aus einer Art von F urchungsprozess her- vorgeht. Das eine Ende dieses Streifens, welches sich zuerst von der Oberfliche des kugelförmigen Dotters abhebt, wird zum Schwanze, das entgegengesetzte zum Kopfe; es entsteht der Darm, am Schwanze eine häutige Flosse, und nach der wei- tern Ausbildung durchbricht das Thier die Eihülle, und schwimmt alsbald stoss- weise wie die alte Sagitta. „Am vordern Ende des Rumpfes, in der Nähe des Ko- *) Anatomisch-physiolog. Beobachtungen über Sagitta bipunctata. Hamburg, 1844. **) Observaliones de Sagitla. Berlin 1846. ***) Froriep’s N. Notizen 1844. No. 639. (Auch in Annales des sc. nat. Serie III. T. I. und Annals and Magazine of na- ural history vol. XIII.) 1 u EN pfes nimmt man ein deutlich pulsirendes Organ wahr. Das Ei enthält in allen sei- nen Entwickelungsstadien ein einziges Kügelchen , vermöge dessen es an der Ober- fläche des Wassers gehalten wird, indem diess Kügelchen ein mit Luft gefülltes Schwimmbläschen zu sein scheint.“ So weit Darwin. Die Uebereinstimmung dieser Entwickelung mit jener von Fischeiern ist auf- fällig. Die Bildung der Embryonalanlage, das Abheben des Embryos vom Dotter, das Auftreten eines »ulsirenden Organes (Herzens?) sowie endlich das Vorhandensein eines Oeltropfens — denn als solchen müssen wir das von Darwin für ein mit Luft gefülltes Schwimmbläschen angesehene Kügelchen halten — all’ diess sind zu laut sprechende Thatschen, als dass man nicht daran zweifeln sollte, dass Darwin. wirklich die Eier von Sagitta vor sich gehabt hätte Man wird in diesem gegen die Darwin’sche Entwickelungschilderung wie ich glaube gerechterweise sich erhe- benden Bedenken noch bestärkt, wenn man erfährt, dass die betreffenden Eier be- züglich ihrer Abstammung allerdings nicht direet auf Sagitta zurückgeführt werden konnten, vielmehr dass sie nur in derselben Gegend des Oceans (an der nordpata- gonischen Küste) getroffen wurden, wo Darwin 25 Tage vorher zahlreiche Sagitten mit strotzenden Ovarien gesehen hatte. Die Vermuthung, dass die vermeintlichen Sagitteneier nur Fischlaich*) ge- wesen sei, hat auch Hr. Krohn gegen mich ausgesprochen, als er zu gleicher Zeit wie ich zu Messina die Entwickelung der Sagitta studirte, und es wird diese Ver- muthung wohl jeder theilen, der mit den bezüglichen Entwickelungsverhältnissen bekannt ist. Die folgenden Zeilen, von denen ich schon früher das Wichtigste in einer von Messina aus an Hrn. Prof. Kölhker gerichteten Mittheilung gab (Zeitschrift für wiss. Zoologie von Siebold und Kölliker Bd. V. p. 13) mögen wenigstens das zur Ge- wissheit bringen, dass aus dem Eie der Sagitta das Junge nach einem anderen Ent- wickelungsgange, nach einem ganz verschiedenen Typus, sich bilde, als Darwin damals beobachtet zu haben geglaubt hat, und kann dadurch zugleich auch gezeigt *) Anmerk. solcher Fischlaich (entweder einzelne Eier, oder verschiedene grosse Eierklümpchen) wurde in den verschie- densten Entwickelungsstadien oftmals von mir von der Oberfläche des Meeres aufgefischt, und bei oberflächlicher Betrachtung die- ser Eier auf früheren Stadien ergiebt sich allerdings einige, wenn auch sehr weite Aehnlichkeit mit den gleichfalls durchsichtigen Sa- gitteneiern, dıe mit jenem Fischlaich gemeinsam umhergetrieben werden. Die mikroscopische Analyse liefert alsbald die nöthige Aufklärung, En u werden, wie die Eigenthümlichkeiten des Baues in jenen, welche die Bildungsge- schichte nachweist, sich abspiegeln. Von den: ım Meere bei Messina vorkommenden Sagitten sind mir drei Arten wohl unterscheidbar geworden. Davon ist eine die Sagitta bipunctata, die auch Krohn früher als Beobachtungsobjeet gedient hat. Ich bekam sie, an manchen Tagen gar nicht selten, bis zu einer Länge von 2° 2’ Die beiden andern kann ich nicht auf schon bekannte Arten zurückführen. Die eine hat eme Länge von 9%", ist schlank, hinter dem Kopfe eine Strecke weit dünner, dann wieder von der Mitte des Kör- pers gegen das Schwanzende gleichfalls stark verjüngt. Am Körper sitzen zwei Paar seitliche und eine Schwanzflosse, die beiden ersten sind abgerundet, wenig vortre- tend, die Schwanzflosse ist sehr stark in die Breite entwickelt. Auf der Oberfläche des Körpers finden sich noch warzige Höckerchen, zuweilen ganz symmetrisch vertheilt, auf denen feine Borstenbündel ihre Insertionsstelle finden. Der Kopf ist fast dreieckig, vorne etwas zugespitzt. — Die andere Art ist seltener, ihre grössten Individuen hatten nur 6“ Länge, der Körper ist fast völlig eylindrisch, hinter dem etwas breitern Kopfe nur wenig eingeschnürt und an dem Schwanztheile stumpf en- dend; äusserst zahlreiche Borstenbüschel (von 0,08" Länge) sitzen überall auf dem Körper und gewähren demselben ein eigenthümliches fast zottiges Aussehen. Die vorderen Seitenflossen sind sehr lang und schmal, beginnen schon am Ende des er- sten Viertels der Körperlänge, und ziehen sich etwa in der Mitte des Körpers in eine nach aussen gerichtete Spitze aus. Das hintere Paar ist verhältnissmässig brei- ter, mit stark gebogenem Rande versehen. Die Schwanzflosse ist stark abgerundet. Beide Arten sind durchscheinend und haben die auch bei anderen Sagitten vor- kommende braune Pigmentstelle hinter der Mündung des Ausfuhrganges vom Hoden mit einander gemein. Aus den Haken schien es mir nicht rathsam Unterschiede aufzustellen. Unter diesen drei sicherlich verschiedenen Arten habe ich von zweien reife Eier beobachtet, die die zu diesem Zwecke in Glasgefässen gehaltenen träch- tigen Thiere mir legten, Der Sagittenlaich wird in ziemlich grossen einem Haufen aufgequollener Sago- körmner vergleichbaren Massen abgesetzt, und ist von mir Ende Januars zum ersten Male, öfter im Februar, und am häufigsten zu Anfang des März beobachtet worden. Der Laich lag stets frei auf dem Boden der Glasgefässe, und wird daher auch im Meere wohl sich pelagisch verhalten, d. h. dem Spiele der Wogen preisge- geben sein. Solche Eier wurden gleichfalls zuweilen mit dem feinen Netze aufge- gefischt. Es ist vielleicht überflüssig, wenn ich hier bemerke, dass bezüglich der von mir beobachteten Eier keine Verwechslung wie bei den von Darwin der Sagitta zuge- schriebenen möglich war. Die Eier besitzen eine Gallerthülle, die jedoch nicht jedes Ei besonders zu umhül- len scheint, sondern mehr dem ganzen Eierklumpen gemeinsehaftlich zukömmt, sie erinnern dadurch an ähnliche Verhältnisse, die an Terebella, Protula und Arenicola beob- achtet sind, sowie auch bei den Hirudineen und jenen Lumbrieineen, bei denen mehrere Eier in einer Eikapsel vereinigt sind (z. B. Saenuris), dem einzelnen Dotter die spe- zielle Umhillung fehlt. Der Laich von Sagitta schliesst sich somit eng an den von Würmern an, und unterscheidet sich wesentlich von dem der Mollusken, namentlich der Gastero- poden, deren Eier ausser der allgemeinen gallertartigen Schleimhülle noch eine, je- den einzelnen Dotter — oder deren mehrere zusammen — umschliessende Eiweisshülle besitzen, wenn die äusserste Schicht zu einem membranartigen Gebilde erhärtet ist. Die Grösse der Eier variirt nach den Arten: die Eier der kleinen Art mes- sen Yıo'', die der grösseren "/s“. Im Uebrigen kommen beiderlei Eier mit einander überein, sind durchaus kuglig, fast vollständig pellueid, mit einem leichten Stich in’s Gelbliche, und mit einer äusserst zarten Dotterhaut versehen. Im Centrum des Dotters liegt das Keimbläschen (Nucleus) eingebettet, ein isolirbares festes, gelbliches Bläschen, welches im Durchmesser etwa den 20ten Theil des Eidurchmessers hält. Keimflecke (Nucleok) wurden nicht gesehen. Bei dem noch nicht in der Furchung begriffenen Eie scheint der Dotter aus einer ganz ho- mogenen Substanz gebildet zu sein, in welcher, dichter gegen das Centrum, spär- licher gegen die Peripherie, feine Molecüle eingestreut sich zeigen. Eine eigenthüm- liche Formerscheinung der Dottersubstanz habe ich erst in einem späteren Fur- chungsstadium beobachtet, ohne jedoch hieraus schliessen zu wollen, dass dieses Verhalten nicht auch schon vor eingetretener Dottertheilung vorhanden sei. Die Dottertheiluing sowie im Allgemeinen der ganze Entwickelungsprozess ist rasch beendet, und ist auf einen Zeitraum von 7—9 Tagen beschränkt. Die Eier der beiden Arten zeigen in diesen Vorgängen keine wesentliche Differenz, so dass wo in Folgendem der einen oder der anderen Art nicht besonders gedacht wird, die bezüglichen Erscheinungen für alle beide ihre Gültigkeit besitzen. Die Furchung leitet sich damit ein, dass eine in einer Aequatoriallinie des Dotters aber unter der Dotterhaut verlaufende rinnenförmige Vertiefung auf- y er PM oe tritt, welche die Theilung des Dotters in zwei völlig gleiche Hemisphären an- deutet. Diese Furche oder Vertiefung, über welche die Dotterhaut brückenartig hin- wegzieht, geht immer tiefer in die Dottermasse ein, bis durch sie eine völlige Tren- nung des Dotters erfolgt ist, und beide Hälften sich nur noch mit ihren durch die Theilung entstandenen Flächen berühren (Fig. 2.). Durch Einstellung des Focus auf die schräg gerichtete Theilungsfläche konnte dieser Vorgang Schritt für Sehritt ver- folgt werden. Da er ringsum gleichzeitig von aussen nach innen fortschreitend auf- tritt, so ist er am besten mit einer Abschnürung vergleichbar. Die nächste Theilung spaltet nun jede der Halbkugeln wieder in zwei gleiche Hälften, so dass der Dotter nunmehr aus 4 Kugelschnitten zusammengesetzt wird (Fig. 3... Er hat hierbei durchaus keine Veränderung seiner allgemeinen Form erfahren, da die Theilungs- producte keine intensive Tendenz zur sphärischen Gestaltung zeigen, sondern bloss durch den Dotter durchsetzende Ebenen von einander geschieden sind. Auf der Oberfläche des Dotters wird dann jede Theilungsebene durch eine wenig tiefe Furche bezeichnet. Da, wo sich die vier Kugelschnitte in der Achse des Dotters mit Längskan- ten berühren sollten, erblickt man in der Mitte einen Hohlraum, der durch Abrun- dung der betreffenden Kante entstanden ist, und dessen Rolle für die späteren Sta- dien von nicht geringer Wichtigkeit wird. In Fig. 3. ist er auf dem Querdurch- schnitte zu sehen (ce). Während dieser Vorgänge erscheinen die vorhin erwähnten um das Keimbläs- chen, später um den hieraus hervorgegangenen Kern jedes Kugelsegments gelager- ten Moleeüle in einer besonderen Anordnung, sie zeigen sich nämlich jedesmal, wenn die Theilung einige Zeit erfolgt war, in einer grösseren Menge um den Kern ange- häuft, und bilden von dort aus radienförmige, gegen die Peripherie sich verlierende Streifen (Vergl. Fig. 3.). Jedes der vier Dottersegmente wird nun durch eine senkrecht auf die Mitte seiner Längsachse gerichtete Theilungsebene wieder in zwei gleiche Hälften getrennt, so dass der ganze Dotter nunmehr aus acht ganz gleichen, sich mit ebenen Flächen berührenden Abschnitten zusammengesetzt wird, deren nach aussen gegen die Dotter- haut gewendete Oberfläche ebensoviele Theile einer Kugel vorstellen. Durch den in ähnlicher Weise fortfahrenden Theilungsprozess entsteht eine immer grösser werdende Zahl von pyramidenförmig gestalteten, mit der Spitze nach innen gegen das Centrum des Dotters gerichteten, mit der Basis nach aussen gekehrten Abschnitten, die dem u Bilde der Furchung des Sagitteneies einen sehr merkwürdigen Typus aufprägen. Es bilden sich auch in dieser späteren Theilungsperiode keine kugelförmigen Producte, die sich, etwa wie bei Mollusken und Würmern sowie auch bei Wirbelthieren be- kannt ist, zu einem Haufen zusammenballen und dann unter dem Namen des „maul- beerförmigen Furchungsstadiums“ bekannt sind; vielmehr wird hier, indem gewisse sonst nur den frühesten Theilungsstadien zukommende Verhältnisse persistirend er- scheinen, nämlich dass eine einzige Furchungszelle vom Centrum des Dotters bis zur Oberfläche reicht, und zugleich unter fortschreitender Vermehrung die benach- barten Segmente mit den entsprechenden Flächen sich dicht berühren und wechsel- seitig abplatten, die mir wenigstens sonst nirgends in solcher Weise bekannte Pyra- midenform der Dottersegmente bedingt. Die Spitze jeder dieser vier-, fünf- oder sechsseitigen Pyramiden ist abgestumpft, und begränzt die schon früher angedeutete Centralhöhle des Dotters. Die Pyramidenbasis entspricht bezüglich ihres Wölbungs- grades nicht mehr einem ebenso grossen Flächentheile des kugelförmigen Dotters, sondern ist viel stärker nach aussen gewölbt, so dass dadurch bei oberflächlicher Betrachtung des Eies das maulbeerförmige Furchungsstadium nachgeahmt wird. (Vergl. hierüber Fig. 4.). Am zweiten Tage ist der ganze Dotter in zahlreiche Pyramiden zerfallen, die sehr dicht aneinander schliessen und eine nunmehr ansehnlich gewordene Central- höhle umgränzen. Ehe ich die nun erfolgende Formirung des Embryo’s schildere, muss ich auf einige oben nur kurz berührte Umstände zurückkommen: nämlich auf die Bil- dung der Furchungsproducte und deren Bedeutung, sowie auf das Verhalten des ursprünglichen Keimbläschens zu den Kernen der letztern. Die unter der Dotterhaut vor sich gehende, dieselbe gar nicht in den Pro- zess der Entwickelung hineinziehende Furchung hat vielleicht beim ersten Begegnen etwas Frappirendes, indem dieses Verhalten unserer Theorie von dem Furchungspro- zesse, sowie überhaupt unseren Begriffen von der Zellenvermehrung zuwider zu lau- fen scheint, so dass man vermuthen möchte, ich hätte hier ein accessorisches Ge- bilde für die Dotterhaut angesehen, während die wahre Dotterhaut entweder an der Furchung theilnehme oder, wie von manchen Beobachtern angegeben wird, mit dem Eintritte der Furchung verschwinde. Es versteht sich aber hier von selbst, dass ich unter der Dotterhaut keine Eihülle meine, sondern nur jene Membran im Auge habe, die sich ursprünglich mit dem Dotter und um ihn im Eierstocke schon bildet, und die DB Oo dort schon zu einer Zeit vorhanden ist, wo der Zwischenraum zwischen ihr und dem Keimbläschen kaum beträchtlicher ist als des letzteren Durchmesser. Es erinnert diess Verhältniss der Dotterhaut an die Beobachtungen von Quatrefages bei Hermella, und von O. Schmidt bei Amphxcora, wo gleichfalls die Furchung unter der Dotterhaut vor sich geht. Wie aber alsdann die Dotterhaut zur Hautdecke werden soll, was von beiden Forschern behauptet wird, ist mir nicht recht begreiflich geworden. Die Frage, ob die Theilungsproducte des Sagitteneies, nachdem sich die primitive Dotterhaut von ihnen abgelöst hat, noch mit einer Membran versehen seien, also wirkliche Zellen vorstellen oder nicht, kann nicht beantwortet werden ohne dass vorerst der Begriff „Zellmembran“ festgestellt wird, und nach meinem Dafür- halten kann diess nur mit weitester Fassung geschehen, so dass wir als Membran die äusserste verdichtete Schicht einer Zelle ansehen, gleichviel welchen Durchmes- ser sie besitzt, oder wie ihr physikalisch-chemisches Verhalten sie zum Zellenin- halte stellen mag. Eine Umschau über die histologischen Elemente, namentlich der niederen Thiere, lehrt sehr bald, dass man hier vom starren Festhalten an den her- gebrachten, oft nur ganz einseitig aufgestellten Begriffen ablassen müsse, wenn die vergleichende Gewebelehre' zu einem wissenschaftlichen Systeme erhoben werden soll. So fände man auch an den Furchungsproducten des Sagitteneies eine Mem- bran vor, die freilich auf dem jüngsten Stadium der Bildung stehend noch wenig von der innern Dottergrundsubstanz verschieden ist, und die sich (physikalisch we- nigstens) zur Dotterhaut ebenso verhält, wie der Primordialschlauch einer Pflanzen- zelle zur Cellularmembran. Ich habe von der Darstellbarkeit solcher für Manchen zweifelhaften Membranen vermittelst Reagentien absichtlich nicht gesprochen, weil solche künstliche Eingriffe von jenen, welchen die Zellmembran nur als deutlich gesonderte Hülle erscheinen muss, wohl auch nicht als beweisend angesehen wer- den mögen. Jede Furchungszelle besitzt einen ovalen Kern, der anfänglich m dem dicke- ren Theile der Zelle, also der Oberfläche des Eies genähert, sich einlagert. Wie er sich bei der Theilung verhält, ist mir gerade für den wichtigsten Moment entgan- gen, doch sei bemerkt, dass ich öfters ein Stadium sah, in welchem die Kerne ausnehmend lang gezogen, manche auch mit Einschnürungen versehen waren, so dass ich, auch ohne einen getheilten Kern gesehen zu haben, doch auf Theilung schliessen darf, wozu noch kommt, dass in keinem Falle die Zelle des Kernes ent- behrte. An ein Verschwinden des Kerns vor der Zellentheilung und eine Neubil- Abh. d. Nat.Ges. zu Halle. 4Ar Band. 2 en dung nach stattgehabter Theilung ist daher nicht zu denken. Dass mir diess Sta- dium der Kerntheilung entgangen ist, mag mit der Raschheit mit der es verläuft erklärt werden können. Dasselbe gilt auch vom Keimbläschen, dem Kerne der Ei- zelle, aus dem die Kerne aller späteren Zellen hervorgehen, sowie letztere aus der Eizelle selbst hervorgegangen sind. Bei dem ersten Furchungsstadium zeigte sich die Bedeutung der Kerne in etwas präziserer Weise, da hier noch vor vollendeter Theilung schon zwei Kerne vorhanden waren. Eine Eigenthümlichkeit des Sagitten-Dotters kam mir in einem späteren Fur- chungsstadium zur Beobachtung, indem hier bei stärkerer Vergrösserung der Inhalt jeder Zelle aus runden, gegenseitig sich etwas abplattenden Körpern zusammengesetzt war, die an der Stelle, an der der Kern lag, um diesen zurückweichend eine Höhle bildeten (Fig. 7... Von der Kernhöhle aus setzten’ sich radienartig Verlängerungen zwischen die nächsten Dotterkörperchen fort. Ich habe diess an allen mir damals zu Gebote gestandenen Eiern gesehen, auch noch in späteren Stadien, kann aber nicht sagen, in wiefern diese Anordnung der Dotterelemente auch für frühere Sta- dien gültig ist. Der erste Schritt zur Embryobildung geschieht mit einer Theilung der pyra- midenförmigen Dotterzellen, welche nun in der Mitte des Längendurchmessers jeder derselben vor sich geht, so dass die Centralhöhle des Dotters von einer aus kleine- ren Zellen bestehenden inneren Schicht umschlossen und diese wieder von emer auch die Oberfläche des Dotters bildenden Schichte grösserer Zellen umgränzt wird. Die Längsachse jeder der äusseren Zellen trifft auf die Längsachse einer Zelle: der inne- ren Schichten, und solche Zellen, deren Längsachsen auf einander treffen, stellten im nächst vorhergehenden Stadium eine einzige Zelle vor. Beide Schichten sind fast ganz gleich von Durchmesser, und jede Zelle ist mit einem in ihrer Mitte gele- genen Jlängsovalen Kerne versehen. Bei dieser Theilung ist die Centralhöhle des Dotters abermals grösser gewor- den, indem die sie begränzenden Zellen sich mehr vom Mittelpunkte entfernten; da- bei erscheint sie aber so unregelmässig gestaltet, dass sich eme für jedes Ei treffende Beschreibung kaum davon geben lässt, und man kaum vermuthen möchte, dass sie die Anlage eines wichtigen Theiles sei. Ihre Bedeutung wird aber gar bald aufge- klärt, denn ein nunmehr erscheinender Durchbruch setzt die bisher rings geschlossene Cavität in Verbindung mit aussen: es entsteht ein kurzer, die beiden Zellschichten an einer Stelle durchsetzender Canal, so dass jetzt die ursprüngliche Centralhöhle als a Me der blindgeendigte Grund einer von aussen her entstandenen Einstülpung oder Vertie- “ fung angesehen werden könnte, wenn man sich vorher nicht zu wiederholten Malen überzeugt hätte, dass sie früher, ja sogar schon nach den ersten F urchungsstadien, durch diese gewissermassen hervorgerufen, existirte. Der wesentliche, der Canalbildung zu Grunde liegende Vorgang ist mir zum grossen Theile verborgen geblieben; es ist ein Act, der mit den innersten Lebenser- scheinungen nicht nur der in der Nähe befindlichen Zellen aufs engste verknüpft ist, sondern der auch aus gewissen, alle, den Embryo zusammensetzende Zellen gleich- mässig berührenden Veränderungen resultiren muss. Die Beobachtung lehrt mich nämlich, dass keine blosse Resorption von Zel- len, wenigstens kein völliges Verschwinden der existirenden Formelemente, statthabe, sondern dass die Oeffnung der Centralhöhle nur aus einem Auseinanderweichen ge- wisser Zellparthien zunächst hervorgehe. Ich hatte diesem Umstande vielfach meine Aufmerksamkeit zugewendet, und konnte für die frühesten Stadien immer nur eine von der Öentralhöhle aus, und zugleich auch an entsprechender Stelle von aussenher sich zwischen die Zellschichten gleichsam eindrängende Höhlung in Gestalt eines Canales erkennen. Fände eine Auflösung von Zellen statt, so müssten die Producte derselben sichtbar sein, und wäre der Vorgang durch blosse Resorption bedingt, die von den benachbarten Zellen etwa geleitet würde, so müsste die Begränzung oder Umgebung des entstandenen Canales anders erscheinen, als sie sich wirklich verhält. Die den Canal begränzenden Zellen zeigen sich nämlich etwas verschieden gelagert als die übrigen; sie haben gleichzeitig mit der Bildung des Canales die Richtung ihrer Län- genachse geändert, derart, dass diese nun nicht mehr in dem Mittelpuncte des Em- bryos mit jener der übrigen Zellen, die unverändert tortbestehen , zusammentrifft, sondern dass sie vielmehr gegen den Canal selbst gerichtet erscheint. Zugleich sind die betreffenden Zellen, sowohl jene der inneren, als der äusseren Schicht, etwas kürzer geworden, wie aus Fig. 9. ersichtlich ist. Von der Oberfläche betrachtet ergibt sich die äussere Canalöffnung — die spätere Mundöffnung, denn die ganze Uavität wird zum Darmeanale — als eine runde, sich trichterförmig einsenkende Grube bei den Eiern von Sagitta bipunctata, wäh- rend sie bei den Eiern der kleineren Species mehr in die Quere gezogen erscheint (Fig. 11.). Für diese so auftällige Bildungsweise der Darmanlage aus einer schon bei BE den ersten Dottertheilungen sich kundgebenden Centralhöhle, weiss ich kein völlig passendes Analogon aus der vergleichenden Entwickelungsgeschichte aufzufinden und Sagitta scheint sich auch hier wieder als parodoxe Form zu bewähren. Die primitive Darmhöhle (Fig. 9. 10. c), die in den dem Durchbruche vorher- gehenden Stadien (Fig. 4. 6. ce.) mehr rund gestaltet war, ist nun, und dies fällt be- sonders am Ei von Sagitta bipunctata auf, durch mehrere Vorsprünge und indessen aufgetretene Wiilste noch mehr unregelmässig geworden, doch lässt sich im Allge- meinen eine der Durchbruchstelle gegenüber befindliche stärkere Vertiefung, sowie eine ringsum gehende seitliche Ausbuchtung in grösserer Beständigkeit wahrnehmen. (Vergleiche die Durchschnittsbilder Fig. 9. 10.c.). Ob sich diese Vorsprünge in blei- bende Theile verwandeln, weiss ich nicht anzugeben, jedenfalls müssen sie bedeu- tenden Veränderungen sich unterziehen, da im ausgebildeten Darmcanale nichts auf sie bezogen werden kann. In diesem Stadium füllt der Embryo noch völlig die Dotterhaut aus, und letztere liegt ihm überall dicht an, mit Ausnahme einer Stelle, an der der Mund ge- bildet ist, und wo die Körperoberfläche wie eine flache Grube sich einsenkt. Die beiden bisher einzigen den Körper des Embryo zusammensetzenden Zell- schichten lösen sich durch eine weitere Quer-Theilung der einzelnen Zellen auf, so'dass alsbald mehr rundlich geformte Embryonalzellen vorhanden sind, die sich aber nicht mehr durch fortgesetzte Theilung vermehrt haben, denn die auf der Ober- fläche des Leibes sichtbaren polygonalen Zellenflächen sind noch ebenso gross, als in den früheren Stadien, da sie noch den Pyramidenzellen angehörten. Durch ein Längenwachsthum des bis dahin kugligen Embryo, und durch die damit verbundene Accommodation an den von!der Dotterhaut umschlossenen Raum wird jetzt eine Krümmung des Körpers bedingt, welche ein neues und nicht minder charakteristisches Stadium bezeichnet. Hiermit verbindet sich eine weitere Differenzi- rung der in einem früheren Stadium aufgetretenen Zellschichten: aus den von der einfachen inneren Schicht hervorgegangenen Zellen wird ein Stratum formirt, des- sen hellere und kleinere Elemente zunächst die Darmhöhle umgränzen und sich nach aussen von dem aus der einfachen äusseren Schicht gebildeten peripherischen Zell- lager deutlich markiren. Jede dieser beiden, aus mehrfach überemander liegenden Zellen zusammengesetzten Schichten entspricht somit je einer der beiden primitiven Strata, die wir aus einer Quertheilung der einfachen Pyramidenzellen hervorgehen. sahen. u le Das centrale Stratum muss ich für die Anlage der Darmwand halten, und in dem peripherischen erkenne ich die Leibeshülle. Vorderes und hinteres Körperende biegen sich gegen einander (Fig. 12. 13.), so dass die Mundöffnung nach innen von der Einbiegungsstelle zu liegen kommt. Die gewölbte Fläche des Embryo entspricht demnach der Rückenfläche. Bezüglich der weiteren Differenzirung der inneren Organe bin ich nicht völ- lig ins Reine gekommen, namentlich blieb mir die Bildung der beiden Mesenterialla- mellen, die am fertigen Embryo schon zu beobachten sind, im Dunkeln, und ich kann nur anführen, dass ich bei der Umwandlung der primitiven Uentralhöhle in den Darmceanal auch eine damit auftretende seitliche Compression des Darmes, viel bedeutender als diess im erwachsenen Zustande der Fall ist, gesehen habe. Hier- mit ist zugleich das an der Seite des Darmes stattfindende Auftreten der Leibeshöhle gegeben. Das fortschreitende Längenwachsthum bewirkt, dass der Embryo sich immer mehr zusammenrollt, wobei er immer beträchtlich von oben nach unten sich abplat- tet, was sich erst beim Verlassen der Dotterhaut wieder ausgleicht. So sehen wir am T7ten oder $Sten Tage den Körper der jungen Sagitta all- mählich 1',, dann 2 Windungen beschreiben (Fig. 14.15.), wo Kopf und Schwanz nur durch Diekenunterschiede ausgezeichnet sind. Endlich, am 9ten oder 10ten Tage, ist das ganze Thierchen fertig gebildet, und verräth seine Reife durch einzelne zuckende Bewegungen, welche zugleich die ersten Versuche zur Sprengung der umschliessenden Hülle sind. Die Jungen, deren Ausschlüpfen aus der Dotterhaut ich nur von der kleine- ren Sagitta -Species beobachtete, messen 0,6‘ Länge; ihre Dicke beträgt am Kopfe 0,05, in der Mitte des Körpers kaum etwas mehr (Fig. 15.). Der Kopf ist deutlich vom übrigen Körper abgesetzt, vorne wenig ausgezo- gen, seitlich abgerundet. Der Körper ist eylindrisch; seine Dicke in der Mitte des Vordertheils am beträchtlichsten , verjüngt sich dann um geringes bis zur Mitte der Länge, wo dann jederseits eine diinne, scheinbar structurlose, nur mit wenigen schräg nach hinten gerichteten Streifen versehene Flosse sitzt, deren freier Rand etwa ein halbes Ellipsoid beschreibt. Jede dieser beiden horizontal ausgebreiteten Flossen ist etwa 0,08” —.0,09 lang. Der nun folgende beträchtlich sich verjüngende Kör- pertheil trägt an seiner hinteren Hälfte die blattartig oder lanzettförmig gestaltete Schwanzflosse, welche ähnliche Streifen aufweist, wie das vordere Flossenpaar. = WE = Bemerkenswerth ist, dass nur ein einziges vorderes Flossenpaar vorhanden ist, während doch die erwachsene Sagitta deren zwei besitzt. Es müssen sich dem- nach die beiden Flossenpaare des erwachsenen Thieres durch Trennung der ursprüng- lichen herausbilden. Auch die Schwanzflosse muss noch Veränderungen erleiden und sich besonders mehr in die Breite entwickeln. Der ganze Körper der jungen Sagitta ist bis auf eine, hinter dem Kopfe ge- legene und jederseits mit einem Borstenbüschel versehene Stelle, ganz glatt, entbehrt auch noch der Häkchen, die nicht einmal angedeutet sind, und ist völlig frei von Pigment. Oben auf dem Kopfe bemerkt man zwei runde, helle Bläschen, (Fig. 16. d.) die Anlagen der ‘Augen. In Mitte der Unterfläche des Kopfes liegt die rundliche Mundöffnung. Der Darm ist völlig entwickelt, auch die Mesenterialfalte, die sich bei der Ansicht von oben als eine gerade, von vorne nach hinten verlaufende Linie zeigt, und etwa von der Mitte der Seitenflosse an, hinter dem After als wirkliches Septum erscheint. Ob schon Wimperung im Darme vorhanden ist oder nicht, habe ich mir nicht angemerkt, ich weiss nur das gewiss dass im jenem Stadium, wo die Dotterhöhle nach aussen durchbrieht, noch nichts davon wahrzunehmen ist. Das Nervensystem wahrzunehmen ist mir nicht gelungen; ebenso fehlt auch jegliche Spur von Geschlechtswerkzeugen. Ungeachtet der entwickelten Körperform im Allgemeinen und der pfeilschnel- len Bewegungen dieser jungen Thiere muss die Entwiekelung doch noch für eine ganze Reihe von Organen im freien Zustande des Thieres vor sich gehen. — Aus diesem eben geschilderten Entwickelungsgange glaube ich folgende Mo- mente als besonders beachtenswerth hervorheben zu müssen: 1. Die Theilungsproducte des Dotters sind pyramidenförmige langgestreckte Zellgebilde, die in dieser Form selbst dann noch vorhanden sind, wenn schon die Anlage des Embryos erfolgt ist. Mit der Dottertheilung leitet sich zugleich die Anlage des Darmcanals ein. 3. Der Darmeanal erschemt anfänglich als eine centrale Dotterhöhle, die erst seeundär nach aussen sich öffnet. Ä 4. Die Entwickelung verläuft ohne jede Metamorphose, selbst ohne das Auftreten von Wimperhaaren auf der Oberfläche des Embryo. — — Ib —. Bezüglich der systematischen Bedeutung des Genus Sagitta ist schon durch Krohn's Untersuchungen aus der Kenntniss des Baues soviel resultirt, dass an die Zugehörigkeit dieser Gattung zu den Mollusken,, zu welchen nach d’Orbigny's Vor- gange sie neuere Zoologen noch rechnen, nicht wohl gedacht werden kann. Es kann daher nach selbstverständlichem Ausschlusse der Coelenteraten, Echinodermen und Arthropoden nur noch eine Thierklasse in Frage kommen, nämlich jene der Wür- mer, zu welchen auch ihr frühester Beobachter, Slabber*) von richtigem Urtheile geleitet, sie gerechnet haben wollte. Slabber, dessen Beobachtung erst von Wilms wieder hervorgezogen ward, hielt dafür, dass Sagitta „in die sechste Klasse des Linn und zwar in die erste Ordnung derselben, welche die Intestina oder ungegliederte Würmer enthält“, gehöre, erkannte aber zugleich die grosse Eigenthümlichkeit des Typus der Sagitta, indem er erwähnt, dass dieses Thier „unter gar keines der Linnäi- schen Geschlechter zu bringen sei, sondern, dass er es lieber zu einem ganz neuen Geschlechte machen möchte“. Auch Krohn vechnete Sagitta zu den Würmern (Annehiden), während sie von späteren Beobachtern Örsted und Souleyet gleichfalls dahin, und zwar vom erste- ren speziell zu den Nematoden, gezählt wird. Minder richtig verfuhr wohl Huxley, der eine Verwandtschaft zu den Tardigraden erkennen will **). Diese Verwandt- schaft kann nur dann einigermassen erkannt werden, wenn man die Tardigraden zu den Würmern rechnet. Es ist zwar nicht zu läugnen, dass mehr die negativen als die positiven Ei- genschaften der Sagitta es waren, welche die Mehrzahl der sich mit diesem Thiere beschäftigt habenden Forscher veranlassten, eine Verwandtschaft mit den Würmern zu statuiren, aber es darf hierbei auch die Wichtigkeit dieser Gründe nicht verkannt werden. Der ungegliederte Körper wie das Fehlen fussartiger Leibesanhänge ent- fernt Sagitta ebenso’ von ‘den Arthropoden wie von den höheren Würmern, den Anneliden, während der mangelnde Fuss, die strenge bilaterale Symmetrie, die An- ordnung des Genitalapparates und endlich das Verhalten des Nervensystems die Schranken gegen die Mollusken hier speziell gegen die Gasteropoden in entschie- *) Physikalische Belustigungen oder mieroscopische Wahrnehmungen. Aus dem Holländischen übersetzt von P. L. St. Müller. Nürnberg 1775. pag. 23. **) So ersehe ich wenigstens aus dem zootomischen Jahresberichte von Y. Carus. Huzley’s Arbeit selbst (im Report of the 21 meeting of the Britt. Association Ipswich 1850 ) ist mir unzugänglich, ebenso die von Örsted (Videnskabelige Middelef. fra naturhistorisk frening Kiöbenhavn 1849.) re dener Weise ziehen. Die allgemeine Körperform (der Habitus), die fehlenden Ex- ceretionsorgane (mit Flimmercanälen) die symmetrischen Geschlechtsorgane sowie der Verdauungsapparat, nebst einer ganzen Reihe minder wesentlicher Charaktere lassen keine näheren Beziehungen zu den Plattwürmern zu, indess mit den Nematoden be- sonders die Körperform und die Anlage des Nahrungscanals Uebereinstimmung zeigt. Die grosse Verschiedenheit anderer Organe, des Nervensystems und der Geschlechts- organe besonders, nöthigen uns jedoch auch hier zu einem strengen Auseinanderhalte. Suchen wir nun die Resultate der Entwickelungsgeschichte zu verwerthen, so haben wir vorzüglich die oben speziell angeführten vier Punete zu berücksich- tigen, und erfahren daraus, dass der Typus der Entwickelung einmal von jenem der Mollusken ein durchaus abweichender ist, indem der Embryo ohne Metamorphose, ohne Segel, ja ohne den auch nur zeitweiligen Besitz von Wimperhaaren sich bil- det, sowie ferner dass auch von den Anneliden und Plattwürmern der Ciliarman- gel*) unte ‚scheidet, während dieses Verhältniss gerade zu den Nematoden hinleitet, mit deren Entwickelung auch alle einzelnen Stadien der Embryoanlage — abgese- hen von der sonderbaren Form der Furchungszellen und der Entstehung des Tractus intestinalis — ganz beträchtliche Aehnlichkeit aufweisen. Wenn ich auch den Werth der Entwickelungsgeschichte für die systematische Deutung einer Thierform als einen nicht genug zu schätzenden anerkenne, so hüte ich mich doch wohl, mich dadurch zu einer Vereinigung der Sagitta mit den Nema- toden verleiten zu lassen, und behalte stets das im Auge, was die anatomische Un- tersuchung gezeigt hat. Wir sind nicht berechtigt, ein Thier in irgend eine Klasse oder Ordnung zu stellen, blos darauf hin, weil seine Entwiekelungsumrisse mit dem Entwickelungstypus jener Klasse oder Ordnung eine, wenn auch beträchtliche Ueber- einstimmung zeigen; wir besitzen diese Berechtigung so lange nicht, als nicht auch in der Organisation sich ein gemeinsamer Typus erkennen lässt, sei es nun, dass dieser schon im vollkommenen Zustande des Thieres vorhanden ist, oder dass ihn *) Auf das Vorkommen oder den Mangel der Wimperhaare auf der Oberfläche des Embryo muss sicher ein grösseres Ge- wicht gelegt werden, als auf dieses Verhalten am ausgebildeten Thiere. Die vergleichende Entwickelungsgeschichte lehrt, dass der Bewimperung des Embryos, wenn auch nicht als ein völliges Aequivalent, doch als eine Andeutung einer Metamorphose betrachtet werden muss, wenigstens sicherlich da, wo das ausgebildete Thier der Cilien entbehrt, Bei einem Thiere, dessen Embryo unbe- wimpert ist, kann man annehmen, dass es einer Gruppe angehört, bei der auch die anderen Angehörigen keine Metamorphose be- sitzen. Es versteht sich, dass ich hier nur von jener Metamorphose spreche, bei der überhaupt Cilien (Wimperkranz, Segel u. s. w.) eine Rolle spielen. Diese Beziehungen der Wimpern zur Metamorphose dürften bis jetzt noch allzu wenig gewürdigt sein. — = N die Entwickelungsgeschichte als in den früheren Stadien vorhanden und erst nach und nach durch rückschreitende Metamorphose u.s.w. sich vermischend, nachweisen kann. Diess ist nun nicht bei Sagitta der Fall. Ihre Entwickelungsgeschichte zeigt nicht, wie der Hermaphroditismus und der ganze Plan der Generationswerkzeuge sich auf die Geschlechtsorganbildung der Nematoden zurückführen lasse, sie lehrt nicht wie im Nervensysteme der Nematodentypus erkannt werden könne, kurz es geht aus ihr nichts weiter hervor, als die allgemeinste Aehnlichkeit der äussern Formen, welche eben so gut mit der Entwickelungsweise einer Lumbrieine oder Hirudinee besteht. Demnach muss es gerechtfertigt sein, eine engere Vereinigung mit den Nema- toden auszuschliessen und nur mit Bezugnahme auf die Wimperlosigkeit des Em- bryo ein. verwandtschaftliches Verhältniss anzuerkennen, welchem zufolge und im Zusammenhalte mit dem vorhin Auseimandergesetzten, schliesslich das Genus Sagitta als der Repräsentant einer besonderen, zwischen Nematoden und Anneliden zu er- richtenden Abtheilung zu betrachten ist, die als die der „Pfeilwürmer“, wie sie schon Slabber nannte, bezeichnet werden könnte. Fig. 1. ” 2. 3. 4, er 8. BEN > "OBER Erklärung der Tafeln. Ein Ei von Sagitta vor der Furchung. Erstes Furchungsstadium. Perspectivisches Bild. Zweites Stadium. Durchschnittsbild. Theilung des Dotters in zahlreiche, pyramidenförmige Zellen. (Per- spectivisches Bild) Späteres Stadium. Das Ei von der Oberfläche gesehen. Durchschnitt durch die Mitte eines Eies. Durchschnittsbild eines früheren Stadiums zur Veranschaulichung des. Baues der Furchungszellen. » Bildung der Darmanlage und fernere Theilung der Embryonalzellen. 9.10. Verschiedene Formen der primitiven Darmhöhle (Dotterhöhle). 11. 12. 13. 14. 15. 16. Ansicht eines Embryo von der Mundseite aus. Beginn der Krümmung des Embryo. Derselbe Embryo von der Seite (Durchschnittsbild). Fortgeschrittene Krümmung. Späteres Stadium (perspect. Bild). Junge Sagitta, die eben das Ei verliess. Bezeichnung der Figuren: a. Dotterhaut. f. Flossen. . Kern, (Keimbläschen in Fig. 1.) g. Darmmund. c. Centralhöhle des Dotters (An- h. Mesenterialfalte. lage des Darmrohrs). i. Augenbläschen. d. Mündung. k. Borstenbüschel. e. Darmeanal. 4 Silk @nstar El Sihrondh. in Falles‘ n © 2 Beiträge der Landplanarien nach Mittheilungen des Dr. Fritz Müller in Brasilien; und nach eigenen Untersuchungen von Dr. Max Schultze, Professor an der Universität zu Halle. Abh, d. Nat. Ges. zu Halle. Ar Band, 3 IM zii A ik (anentk heim.) mn readaeitger + a Pr slandt h pr “ viramakq bias wor is Ba RO TU “ieh ib will Y 2 TIP init AT fh auch no ’ ER IN LET Een nab fr ur} sch. u u > @ , w Immo # be Kg 7 Y,1 ergin Tl N OIELT? Ay u ob Tur| Mn Pr un Be Be) ET ty 0. dei Mi bike IE eimsepiulor era nd „ardlol u gi: Au, a dth Aaea zoll Ro BF aaglager 2 zuhıgar Aha om u j r 1 u \ F: ua ee mio 4 ak! ea ‚enkahernksun ah dit 2 sb -Haollasırı era Wh dh m: 2 {m De Hl, aM era jetz BE dog Aa shall ar ENT N ai vu L ac Hi Aa wor u i ehe j ä “ 4 d aar, Yywulht ( MEHTT. swf Sofa "4 ıD AN 75: ni R u. uw a h ‘ ü wi x 1 Br: 1x, Benin ATTITe he Ars, ey sit W@ a . = N W A an „ joa zuls Ye u ar 4 ® 3] um V m Eıı% . i | u 3 il» sula nt AU ITERT TIGEN vAaNwı Fr uorgktn au 3; all ie ae ae ee je Ren EN ETF Ye bapal wol ei ee ige ’ or zer, j y FAT j Y AB try -tal > Kras2>) m % MENYID 7 D A er; x er u ne RMEREN zu a0 a MW. le Feine ra on ti ö r „‘ y PAIR % j 4 5 h ” [0 ia An ee r gr il.oih kelfine antik DR DIE LEL ai | sr a ur ao hard ns zur rg, erh y F . l f w hy I ur ia Du Las P FI RETFEE sohn hWaLZ 2 I wr rn all | \ E3 ı aan nr MEN ERTTTERTEN BES 4 ER» Kar, 5 k A Pi ud ’ hi . Da.) IR +, N * ) ar, eo“ fi - 2 9% Kar . 2 aa BG Re 1 ze aa i Die Reisen des englischen Forschers Charles Darwın*) haben uns mit einer reichen Fauna von Landplanarien in den feuchten Urwaldregionen Südamerikas bekannt gemacht, welche die Aufmerksamkeit der Zoologen im hohen Grade verdie- nen. Musste zunächst die Eigenthümlichkeit des Vorkommens überraschen, dass Würmer aus der Ordnung der Turbellarien, die wir in unseren Gegenden nur im Wasser zu finden gewohnt sind, und welche ihres äusserst weichen, zarten und aller festen Stützen entbehrenden Körperparenchyms willen ausschliesslich in diesem Medium zu leben bestimmt zu sem schienen, in zahlreichen Arten als Landbewoh- ner auftreten, so wurde nicht weniger unser Interesse in Anspruch genommen durch die Angaben über die ansehnliche Grösse dieser Thiere, den bunten Farbenschmuck, die Nemertinenartige Gestalt verbunden mit der inneren Organisation der Plana- rien unserer süssen Wässer. Das Verlangen nach neuen und ausführlicheren Nach- richten über die Naturgeschichte dieser Urwaldbewohner ist leider seit jenen Mitthei- lungen des verdienten Reisenden nur sehr dürftig befriedigt worden. Es gewährte mir dalier eine besondere Freude, solche von einem bewährten Forscher zu erhalten, dem Dr. Fritz Müller, seit einigen Jahren in der Colonie Blumenau in Südbrasilien, jetzt in Desterro auf der Insel St. Catharina ansässig. Wenn dieselben auch unter ungünstigen äusseren Umständen und ohne die wünschens- werthen optischen Hülfsmittel entworfen sind, so stehe ich doch nicht an die- selben, als werthvolle Erweiterungen unserer bisherigen Kenntniss bietend, mitzu- theilen. Ich benutze zugleich die Gelegenheit, was wir durch Darwin und einige Andere über diese Thiere erfahren haben, zusammenzustellen und füge endlich die Re- sultate einiger mikroskopischen Untersuchungen über den feineren Bau dieser Thiere hinzu, welche ich an einem von Herrn Burmeister mitgebrachten und mir zu belie- biger Benutzung übergebenen in Spiritus wohlerhaltenen Exemplare anstellte. *) Naturwissenschaftliche Reisen deutsch von E. Dieffenbach, 1344, p. 23. Annals and Magaz. of natur. hist, vol. XIV, 1314, p. 241. 3*+ Bekanntlich entdeckte schon O0. Fr. Müller, der Begründer unserer Kenntniss der Turbellarien, eine auf dem Lande unter Steinen in feuchter Erde lebende Art, von ihm Planaria terrestris genannt (Vermium terr. et fluv. hist. II, p. 68). Nach der kurzen Beschreibung, welche der berühmte dänische Zoologe von diesem Thiere gab, besitzt dasselbe einen fast cylindrischen, nur an der Bauchseite etwas abge- platteten, 8 Linien langen, ”/s Linien breiten Körper, ist oben schwärzlich grau, un- ten weiss gefärbt, und lässt am vorderen Ende zwei kleine schwarze Augenpunkte erkennen. Duges sah dieselbe Art in Frankreich (Ann. d. sc. nat. I ser. Tom. XXI, pag 82) und fügte den Mäiiller'schen Angaben noch hinzu, dass auch die Lage der Mundöffnung, die Gestalt des muskulösen Schlundes und die baumförmigen Veräste- lungen des Darmcanales, das männliche Begattungsglied und die Samengefässe mit den gleichen Theilen unserer Siüdwasserarten übereinstimmen. Mein Freund Fritz Müller ist, so viel mir bekannt, der einzige, welcher seit jener Zeit das Thier wieder gefunden hat, das jedenfalls zu den seltneren gehört. Es war in der Gegend von Grimmen bei Greifswald, wo einige Exemplare unter Steinen entdeckt wurden, die leider nur mit der Lupe untersucht werden konnten, doch die von Duges beschriebenen Theile alle erkennen liessen. Die mir in verschiedenen Briefen zugegangenen Mittheilungen F. Mäller’s über die brasilianischen Landplanarien stelle ich m Folgendem zusammen : „Uebereinstimmend mit den Planarien des süssen Wassers ist die Lage der Mundöffnung, gegen das hintere Drittheil an der Unterseite des Körpers sowie die dendrocoele Natur des Darmcanales; an letzterem finden sich die gewöhnlichen 3 Hauptäste, ein vorderer und zwei hintere, deren Zweige mehrfach getheilt zu sein pflegen. Der Rüssel erscheint, wie er durch die Haut hindurchschimmert, als langer Cylinder, in dessen Mitte die Mundöffnung als Querspalte sichtbar ist. Bei näherer Untersuchung des herausgenommenen Rüssels findet man indess, dass er sich in ei- nen ansehnlichen flachen Napf oder eine Scheibe ausbreiten lässt, die bald mehr elliptisch bald mehr rund, im Umfange bald fast ganzrandig bald mehr weniger tief gelappt ist, und in ihrem Grunde etwas vor der Mitte eine ziemlich enge Schlund- öffnung zeigt, eine Bildung, die bei mehreren der grösseren Seeplanarien, aber nicht bei unseren Siidwasserarten vorkommt. In der Ruhe werden die seitlichen Ränder so eingerollt und das ganze Organ so zusammengefaltet, dass es sich als Cylinder mit vorderer wellig gebogener Längsspalte darstellt. Abweichend von der Gattung Planaria ist die langstreckige Körperform, die _B— geringe Abplattung, das spitz zulaufende vordere Körperende. Der Habitus ist so oft weit mehr der einer Nemertine als einer Planarie. Abweichend ebenfalls, so weit sie erkannt, sind die Augen, die in ungemeiner Anzahl vorhanden sind, aber auch nicht wie bei Planaria nigra eine einfache Reihe bilden, die regelmässig am vorde- ren Rande sich hinzieht, sondern nahe am Vorderrande in dichte Streifen oder Flecke zusammengedrängt sind, von da aus in einer unregelmässigen Reihe, die nach hin- ten immer laxer wird, bis zum Hinterende längs der Seitenränder sich erstrecken. Diese Eigenthümlichkeiten wie der Aufenthaltsort berechtigen wohl sie von den Wasserplanarien generisch zu trennen. Man könnte nach Analogie von Typhlo- plana, Leptoplana für sie den Namen Geoplana bilden. Sie lieben mässig feuchte Orte, unter Holz, Rinde, Steinen, zwischen Blättern der Bromeliaceen (doch nicht in dem daselbst angesammelten Wasser). Tags scheinen sie zu ruhen, Nachts um- herzuschweifen. Eier, etwas grösser als von Planaria ulvae, ziemlich rundlich und schwerlich einem anderen Thiere angehörig, wurden einmal unter Holz gefunden. Eine naheliegende Frage ist ob die Geoplanen, wie ihre Verwandten im Was- ser, auf der Körperoberfläche Flimmerhaare tragen. In Ermangelung eines Mikros- kopes bestreute ich, eines Experimentes in Joh. Müller’s physiologischen Vorlesun- gen mich erinnernd, ein recht grosses Exemplar der Geoplana rufiventris mit ein we- nig Arrowrootmehl und sah nun dieses auf dem Rücken constant vorwärts und da- bei bisweilen etwas nach aussen, auf der Bauchseite hinterwärts sich fortbewegen, wo- durch die Existenz der Flimmerhaare ausser Zweifel gestellt scheint. Die bisher beobachteten Arten sind: 1. Geoplana tristriata, blassgelblich grün, mit drei schmalen dunkeln Längslinien auf dem Rücken, Bauch heller. Grösste Breite nach dem 2ten Drittheil der Länge, hier der Mund. Liebt das Kopfende aufwärts aufzubiegen. An der Biegungsstelle jederseits eine dichtgedrängte Gruppe von Augenpunkten, die sich in unregelmässiger Reihe bis zum Hinterende fortsetzen. Der vorderste Rand des Kopfes scheint augenlos. Länge 1", Zoll, Breite 1'/; Linie. Häufig. 2. Geoplana octostriata, Habitus und Augen wie bei der vorigen, Farbe blass- gelb, Bauch weisslich, auf dem Rücken jederseits vier dunkelbraune, genä- herte Längsstreifen, weit breiter als die Längslinien der vorigen. Nicht selten. 3. Geoplana elegans, Habitus ähnlich, doch nach vorn etwas weniger verjüngt, 2" Zoll lang bei 1 Linie Breite. Augenpunkte sehr klein, bilden vorn eine ziem- lich breite dichte Binde, die nach hinten schmaler und weniger dicht wird und 10. PORN in einfache Reihe übergeht. Farbe gelb, Bauch blasser, auf der Mitte des Rückens ein breiterer dunkelschwarzer Längsstreif, zwischen diesem und dem Seitenrande jederseits ein schmalerer dunkelorangefarbener Längsstreif. Nur einmal gefunden. Geoplana pallida, von ähnlicher Gestalt wie die vorige. Farbe gelblichweiss mit einem einzigen, schmalen schwärzlichen Längsstreifen auf dem Rücken. In mehreren Exemplaren zwischen Brettern. Geoplana atra, dunkelschwarz, unten grau, fast eylindrisch, vorn und hinten wenig verschmälert. Die Augen schwer erkennbar, doch vorhanden. Der Rüssel mehr ceylindrisch wie bei den Sisswasserplanarien, doch immer noch am Mundende viel weiter als am Schlundende. Länge 9 Linien, Breite "s Linie. Einmal unter der Rinde einer morschen Figueira (Fieus doharia?) gefunden. Geoplana marginata, Rücken und Bauch dunkelschwarzbraun glänzend, gold- gelbe schmale Längsbinden auf der Mitte des Rückens, breitere mattergelbe Binden längs der Seitenränder; in diesen die Augenpunkte sehr deutlich sichtbar, vorn dicht gedrängt, hinten in einfacher loser Reihe. Das 3 —4 Zoll lange, einige Linien breite, vorn und hinten ziemlich stark verjüngte Thier kroch im Hause. Geoplana rufwentris, Rücken dunkelbraun, Bauch ziegelroth; vorn und hinten mässig verschmälert. Die Augen in mehreren Reihen dicht gruppirt, an den Rändern des vorderen Körpertheils deutlich, hinten nicht wahrgenommen. Das einige Linien breite, mehrere Zoll lange Thier an Holz gefunden, Geoplana olivacea, Bauch gelblichgrau, Rücken grünlich braun mit dunkel- brauner hell eingefasster Längsbinde, nach dem Rande zu dunkler, nach dem Kopfende heller. Augen längs des ganzen Körperrandes, vorne dichter, hin- ten sehr einzeln. Nicht selten. Geoplana Nephelis, ähnlieh in Gestalt der vorigen, doch etwas weniger lang- gestreckt, erinnert in Gestalt und Farbe an eine Nephelis. Der Rücken ein- farbig braun, der Bauch heller. Nicht selten. Geoplana Maxımliam, fast wie die vorige, der Rücken mit einer helleren gelblichen Längsbinde. Von der vorigen ist diese Art aber noch dadurch unterschieden, dass Mund und Geschlechtsöffnung weit mehr nach hinten lie- gen und der Penis fast kuglig, dagegen bei @. Nephels lang cylindrisch ist. 11. 12. 13. Auch erschien bei letzterer die Rüsselöffnung ganz randig, bei @. Mazximihani dagegen (in einem Weingeistexemplar untersucht) tief fünflappig. Geoplana marmorata, Länge 4 Zoll, Breite 4 Linien, die Augenpunkte bie- ten nichts Besonderes dar. Die Rickenseite ist blass röthlichgrau mit schwar- zen Fleckehen, die in unregelmässige, vielfach anastomosirende Längsreihen geordnet sind, die Bauchseite ist blassgrau. Der Rüssel ist in einen flachen Napf mit welligem Rande (an einem Weingeistexemplar) ausbreitbar. Geoplana pulchella, das vordere Drittheil des Körpers oben bräunlich ziegel- roth mit ovalen weisslichen Flecken, unten grau mit weisslicher Binde in der Mitte. Augenpunkte nahe dem Vorderrande ziemlich gedrängt, die Reihe derselben am Vorderrande nicht unterbrochen, in den zwei hinteren Dritteln vermisst. Etwa zolllang bei reichlich 1 Linie Breite, nach vorn'nicht sehr stark verschmälert. Einmal beobachtet. Geoplana subterranea, bietet schon durch ihr Vorkommen ein besonderes Inter- esse, indem sie den Kreis der Lebensbedingungen, unter denen dieser Thier- form zu bestehen gestattet ist, aufs neue erweitert zeigt. Nachdem man Platt- würmer in dem klaren Quellwasser der Gebirge, wie in den Seen und Moo- ren des Flachlandes, unter den Steinen der Seeküste wie an den fluthenden Tangen mitten im Weltmeere gefunden, nachdem sich die Aussicht auf eine reiche Landplanarienfauna eröffnet hat, die im feuchten Moose, unter Steinen und Rinden sich birgt und bis in die Wipfel des Urwaldes aufsteigt, wo sie zwischen den stachligen Blättern der Bromelien, ein stets feuchtes Asyl findet — so kommen nun auch Erdplanarien zum Vorschem, Genossen der Re- genwürmer und Engerlinge. In bezeichnendem Gegensatze zu ihren über der Erde lebenden farbigen, augenreichen Gattungsgenossen ist diese im Dunkeln hausende Geoplana ohne Farbenschmuck und Farbensinn, milchweiss und augenlos. Im Habitus entfernt sich diese Art mehr als irgend eine von der typi- schen Planarienform. Ihr gleichmässig schmaler, sehr langer, an den Enden abgerundeter Körper, der bei einer Länge von 2—3, selbst über 4 Zoll, kaum die Breite von ° Linie erreicht, giebt ihr vollständig das Ansehen einer Nemertine. Die milchweisse Farbe erhält, wenn der Darm gefüllt ist, durch den durchschimmernden Inhalt desselben einen mehr weniger lebhaften Anflug von Fleischfarbe oder Rosenroth. Die Mundöffnung ist ungewöhnlich weit nach hinten gerückt, die Genitalöffnung legt ganz in der Nähe des Hinter- ker he endes. Der Rüssel ist glockenförmig, der Darm von gewöhnlicher Form, seine Seitenzweige einfach oder gablig, dichtstehend. Das Thier lebt besonders in lockerem, sandigem aber auch schwerem, zä- hem Lehmboden in Gesellschaft des Lumbricus corethrurus*”). Es mag be- *) Die von F. Müller entworfene Beschreibung dieses interessanten neuen Regenwurmes, welche auch ın Wiegmann’s Archiv für Zoologie demnächst abgedruckt wird, lautet: Lumbricus corethrurus, Bürstenschwanz, der gemeinste der hiesigen Regenwürmer und fast in jederScholle urbaren Landes zu finden; ziemlich schlank, weich, leicht zerreisend; die Haut fast farblos, durchscheinend, so dass die Körperfarbe hauptsächlich durch Darm und Blutgefässe bedingt ist, daher meist am Vorderende mehr röthlich, in der Mitte mehr grau, hinten blass röthlichweiss er Der Gürtel ist oben bräunlich gelb. Die Messung von 9 gürteltragenden Thieren, — in Weingeist getödtet, weil im Leben die Länge stets wechselt, — ergab im Mittel 29° Länge, wovon 3° auf den Gürtel, 4‘ auf die davorliegenden Ringe kommen, Der»Körper ist eylindrisch, vom Gürtel nach voran verjüngt, hinterwärts ziemlich gleichmässig dick. Die Zahl der Ringe, ist etwa 200-250; vor dem Gürtel liegen 13; der Gürtel, den man oft vermisst, umfast deren 8. Der vorderste Ring ist längsgerieft, wie die drei vordern bei Geoscolere mazimus Leuck. Wenn das Thier tastend das Kopfende vorstreckt, scheinen aus dem ersten Ringe noch ein oder zwei ähnliche vorzutreten nebst einem langgestielten, keulenförmigen Kopflappen. — Die Borsten zeigen an den al- lervordersten Ringen die gewöhnliche Stellung, dass die 4 Borsten jeder Seite paarweise genähert sind; so bleibt das obere Paar bis zum Gürtel, während die beiden Borsten des unteren Paares immer weiter auseinander rücken; vom Gürtel hinterwärts sieht man jederseits nur noch 2 Reihen einzelner Borsten; es sind das, von unten nach oben gezählt, die erste und dritte Reihe; letzere ver- läuft ziemlich in der Mitte zwischen Bauch und Rücken; die 2ie und 4te Borste haben eine mit jedem Ringe wechselnde Höhe der Insertion, ohne dass dabei eine bestimmte Norm in die Augen fiele; bald z. B. sieht man sie abwechselnd höher und tiefer ge- stellt, so dass also die des lten, 3ten, ten... und wieder die des 2len, 4ten, 6ten... Ringes in derselben Längslinie liegen ; bald steigen 3 auf und 2 wieder nieder, so dass die am Iten und äten Ringe gleich hoch stehen, die am 2ien und 4ten höher und noch höher die am dritten; bald auch behaupten sie an mehreren Ringen hintereinander dieselbe Höhe, u,s. w. Nach einer grössern oder geringern Zahl z.B, 20 oder 30 Ringen hören auch die beiden noch bestehenden Borstenreihen auf regelmässig fort- zugehen, erst die untere, dann die obere in der Mitte der Seiten verlaufende; auch diese Borsten schwanken nun von Rıng zu Ring in der Höhe der Insertion. Diese anscheinend vollkommen chaotische Borstenstellung regelt sich nun in der Nähe des Hinter- randes wieder in der Weise, dass jeder Ring 8 in nahezu gleicher Entfernung von einander stehende Eorsten trägt, die mit denen der nächstanliegenden Ringe alterniren, wodurch denn 16 Längsreihen (oder auch 3 Schraubenlinien) von Borsten entstehen. Merk- würdig ist, dass diese sonderbare Borstenstellung bei jüngeren Thieren sich noch nicht findet; diese haben am Vorderende jeder- seits zwei Reihen gepaarler Borsten, die sich weiter hinten in 4 Reihen einzeln stehender Borsten auflösen. Die Borsten am vordern Theile des Körpers sind zarter und scheinen schwach hakenförmig gekrümmt; die am hintersten Theile sind sehr stark, gerade, bernsleinfarbig, stehen auf deutlichen Höckerchen und scheinen nicht vollständig zurückgezogen werden zu können. Der ganze Schwanz erhält durch dıese 16reihigen starken Borsten ein bürstenarliges Ansehen. — Der Magen ist stark musculös. Die Eierhüllen sind fast kugelrund, farblos, opalisirend; ich fand darin nie mehr, als ein Junges. — Diese kurze Beschreibung wird genügen, eine ungefähre Vorstellung von unserem Regenwurme zu geben und ihn wenıg- stens von den bisher beschriebenen Arten leicht unterscheiden lassen, Obwohl man die Anordnung und Gestalt der Borsten als wesentliche Gattungsmerkmale der Regenwürmer anzusehen pflegt und demnach unser hierin so eigenthümlicher Wurm die Aufstel- lung eines neuen Genus gebieterisch zu fordern scheint, so habe ich mich doch, namentlich der regelmässig heborsteten Jungen wegen, nicht dazu entschliessen mögen, ehe nicht irgend ein erhebliches anatomisches oder physiologisehes Moment diese Trennung rechtfertigt, wie es z. B. bei Euazes und dem einer näheren Untersuchung so werthen Criodrilus der Fall ist. Vielleicht dürfte sich ein solches Moment herausstellen bei weiterer Verfolgung eıner Eigenthümlichkeit, die mich veranlasst hat, dıess unscheinbare Thier- chen dem zoologischen Publicum vorzuführen, Fast bei allen grösseren Exemplaren fallt sofort etwa zu Ende des dritten Viertels a fremden, dass ein so weiches Thierchen, das kaum leise Berührung verträgt, in diesem Medium existiren und sich Wege bahnen könne. Diese Schwierig- keit lösen die Regenwürmer, die den Boden so durchwühlen, dass er wie ein Schwamm von glatten Gängen verschiedener Weite in allen Richtungen durch- setzt ist. Zum Dank dafür werden die Regenwürmer von dem Plattwurm aufgefressen oder vielmehr ausgesogen. Diese Art der Nahrung war aus der Farbe des Darminhaltes unschwer zu erschliessen. Ich habe aber auch Geo- planen getroffen, die eben einen jungen Lumbricus mit dem vorgestülpten Rüssel gepackt hielten und deren Darm sich mit frischem Blute zu füllen begann. Zur mikroskopischen Untersuchung des inneren Baues wäre diese Art vor allen anderen geeignet, nicht nur ihrer Durchsichtigkeit wegen, sondern auch desshalb, weil man sie mit emiger Geduld in beliebiger Menge aus der Erde bröckeln kann. Alle übrigen Geoplanen bekommt man nur selten zu Gesicht, wie das ja auch mit der europäischen Planaria terrestris von ©. F. Miller der Fall ist.“ So weit die Mittheilungen meines Freundes Fritz Mäiller. Es sei mir gestattet, diesen Artbeschreibungen zunächst die von anderer Seite bekannt gewordenen hinzuzufügen, die sich in ausländischen Zeitschriften zerstreut finden und bisher nirgends zusammengestellt wurden. Was den Gat- tungsnamen Geoplana. betrifft, so scheint derselbe so passend gewählt, dass der Körperlänge eine kleine Stelle auf, die lebhafter geröthet, wie entzündet aussieht; oft erscheint hier auf der Rückseite die zar- tere Haut aufgetrieben und gleichsam einen kleinen Bruchsack zu bilden, Bei in Spiritus getödteten Exemplaren nımmt sich diese Stelle aus, wie ein zweiter nur viel kleinerer Gürtel, indem sie sich scharf absetzt, ein wenig über die davor- und dahinterliegen- den Ringe erhebt, wohl weil bei der Zusammenziehung des Körpers die hier schwächere Haut und Muskelschicht weniger Widerstand leistet. Betrachtet man nun diese Stelle, die ich an keinem der sehr zahlreichen erwachsenen Tbiere, die ich in diesen Tagen darauf angesehen, vermisst habe, mit der Lupe, so findet man, dass sie aus 5 bis 10 mehr oder weniger deutlich geschiedenen, schmalen, borstenlosen , allem Anscheine nach neugebildeten Ringen besteht, Eine beginnende Quertheilung war beim Anblick dieser Neubildung mein erster Gedanke ; allein dann hätten sich doch Exem- plare finden sollen, die aus solcher Quertheilung hervorgegangen wären, denen entweder ein gehöriges Vorderende oder der Bürsten- schwanz gefehlt hätte; solche habe ich vergeblich gesucht. Bei einer, an 9 Exemplaren vorgenommenen Zählung der Ringe fanden sich zwischen Gürtel und dieser Stelle nahezu gleichviel Ringe, etwa 110; die unbedeutenden Differenzen können aus Verzählen ent- standen sein; dagegen schwankte die Zahl der dahinterliegenden Ringe von 60 bis fast zum Doppelten. So könnte denn vielleicht diese Stelle eine Bildungsstätte neuer Schwanzringe sein. Eine, durch alle Jahreszeiten fortgesetzte Beobachtung mag vielleicht auch ohne Mikroskop Gewissheit schenken. Itajahy, Anfang Juni 1856. F. Müller. Abh, d, Nat. Ges. zu Halle. Ar Band, 4 PEN 0 die Zoologen demselben ihre Zustimmung gewiss; nicht versagen. werden. Das Bedürfniss, die Landplanarien von den übrigen generisch zu trennen, empfand schon Darwin‘, indem er sagt: „Die Landplanarien gehören zu dem Genus Planaria Duges Polycelis Ehrbg; sie können aber eine besondere Abtheilung dieser Gattung bilden, characterisirt durch ihren mehr rundlichen schmalen Körper und die meist vorhan- denen Längsstreifen von sehr glänzenden Farben.“ Dessenungeachtet stellte Darwin keinen neuen Namen für dieselben auf. Ausser dem englischen Reisenden beschrie- ben noch Blanchard und Leidy Landplanarien. Ersterer*) erhielt zwei in Spiritus aufbewahrte Exemplare einer von Claude Gay in Chile beobachteten Art, die er zu anatomischen Untersuchungen benutzte, über welche weiter unten berichtet wird. Blanchard nannte dieselbe Polycladus Gay. Der Gattungsname kann nicht auf sämmtliche Landplanarien ausgedehnt werden, und bleibt vorläufig nur dieser Spe- eies. Dasselbe ist der Fall mit dem von Leidy**), einer nordamerikanischen Landpla- narie gegebenen Namen Phynchodemus. Die Darwin’schen Landplanarien, deren Beschreibung ich aus den An- nals and Magazine of nat. hist. vollständig übersetze, die ich aber mit dem neuen Gattungsnamen Geoplana einführe, sind folgende: i 14. Geoplana vaginuloides. Die Mündung des Nahrungscanals liegt um zwei Drit- theile der ganzen Körperlänge vom vorderen Ende entfernt. Die Breite des Mundes "so Zoll; %Yıo Zoll weiter nach hinten ist die sehr deutlich markirte Geschlechtsöffnung gelegen. Zahlreiche Augen in regelmässigen Abständen an dem vorderen Ende des Thieres, unregelmässig rings um den Rand der Bauchseite. Der vordere Theil des Körpers verschmälert, mit fast zugespitz- tem Ende und einer Grube an der unteren Seite, das hintere Ende mit abge- rundeter Spitze. Der Körper convex, auf dem Scheitel abgeflacht. Die Sei- ten und der Fuss schmutzigorange, weiter nach oben auf jeder Seite zwei Streifen eines blassen Primel-gelb, äusserlich mit Schwarz eingefasst, in der Mitte des Rückens ein glänzend schwarzer Streifen; diese Streifen werden schmaler nach beiden Enden zu. Länge des völlig ausgedehnten Thieres 2-10 Zoll, grösste Breite "oo Zoll. Gefunden unter der Rinde eines abgehauenen Baumes im Walde bei Rio Janeiro. *) Historia de Chile p. Claude Gay, Vers pl. I, Fig. 2 (konnte ich nicht vergleichen). Annales d. se. nat, 3 ser. T. vıll, p. 140. **) Proceedings of the Academy of natural sciences of Philadelphia. Vol. VW, 1850— 1851, p. 241 u. 289. 15. 16. 17. 18. — 29 — Geoplana elegans. Die Lage der Oeffnungen wie in Geoplana vaginuloides. Der vordere Theil des Körpers ein wenig verschmälert. Die Augen fehlen am vorderen Ende und nur wenige sind rund um den Rand des Fusses. Die Farben sind schön, der Rücken schneeweiss, mit zwei nahe an einander lie- genden röthlich braunen Streifen; gegen die Seiten mit einigen sehr feinen parallelen Streifen derselben Farbe; der Fuss weiss, nach aussen und am Rande des Körpers getrübt durch ein hellschwärzliches Purpur. Der Körper umkreist von drei farblosen Ringen, in deren zwei hinteren die Oeft- nungen gelegen sind. Länge ein Zoll, Breite gleichförmiger und grösser im Verhältniss zur Länge als bei der vorigen Art, Aufenthalt wie bei der vorigen. Geoplana pulla. Der Saugmund kuglig, wenn er in Spiritus hervorgestreckt und zusammengezogen ist. Die Augen sind zahlreich und liegen in regel- mässigen Zwischenräumen am vorderen Theile des Körpers. Der Körper ist leicht plattgedrückt, allmählig verdickt nach dem vorderen verschmälerten und unten ausgehöhlten Ende. Der Rücken tief umbrabraun, mit einem mitt- leren schmalen Streifen von spargelkohlbrauner Farbe, welcher über die ganze Länge reicht; der Fuss wieder spargelbraun mit zwei hellen Flecken für die Oeffnungen. Länge im vollkommen ausgedehnten Zustande 1%, Zoll, Breite ai 10 Zoll. Sehr häufig unter Steinen, Monterwdeo und Maldonado (Juni, August). Geoplana bilinearis. Die Augen zahlreich in regelmässigen Abständen gela- gert. Der Körper ist fast cylindrisch, schmal, von fast gleichmässiger Breite. Die Farbe oben blassschmutziggelb, mit zwei Streifen von dunkelbraun, welche sich nach den Enden des Körpers näher rücken und schliesslich vereinigen. Länge im ausgedehntem Zustande 1°/ıo Zoll, Breite Yı.. Zoll. Aufenthalt wie bei @. pulla. Geoplana nigrofusca. Die Nahrungsöffnung ist um etwas weniger als zwei Drittel der ganzen Länge von dem vordersten Ende entfernt; die Geschlechts- öffnung bei zusammengezogenem Körper um ?°/ıo, Zoll mehr nach hinten gele- gen. Die Augen sind sehr zahlreich, die an der äussersten Spitze sehr klein und in regelmässigen Entfernungen von einander, die am Rande des Kör- pers gelegenen in Gruppen zu zweien oder dreien angeordnet. Der Körper 4* 19. 20. 21. 21. un nn sehr abgeplattet, gegen das vordere Ende bedeutend verschmälert, das hintere Ende schnell zugespitzt. Die Farbe ist auf dem Rücken gleichmässig schwarz- braun, an der Bauchseite blasser. Die Länge des Körpers im ausgedehnten Zustande 2 Zoll, die Breite %ı, Zoll. Aufenthalt unter faulem Holze: Maldonado (Mai). Geoplana pallıda. Die Mundöffnung und die Geschlechtsöffnung sind bei et- was zusammengezogenem Körper ?/ıo Zoll von einander entfernt. Die Schlund- röhre misst "/ıoo Zoll in der Länge; ihr Rand ist sehr ausgebuchtet. Die Augen sind zahlreich, 11 stehen dicht aneinander an dem vorderen Körper- ' ende, die anderen am Rande in Gruppen zu zweien oder dreien auch fast ausschliesslich an der vorderen Körperhälfte. Der Körper ist sehr flach, beide Enden sind zugespitzt. Die Farbe ist oben und unten weiss, der Darm schim- mert röthlich durch. Beim Kriechen beträgt die Länge 3 Zoll, die Breite 2/0 Zoll. Aufenthalt unter Steinen auf trocknen Hügeln bei Valparaiso (Juli). Geoplana elongata, die Mund- und die Geschlechtsöffnung sind nicht bekannt. Augen fehlen. Das hintere Ende des Körpers ist stumpf und abgerundet. Die Farbe auf dem Rücken sepiabraun mit einem schmalen dunkelbraunen Mittelstreifen, die Seite des Körpers hellbraun schmal eingefasst, unmittel- bar am Rande wieder dunkelbraun; die Bauchseite hellbraun. Die Länge des Körpers beträgt beim Kriechen 5 Zoll, im stark zusammengezogenen Zu- stande nur 1,0 Zoll, die Breite beim Kriechen '%/,oo Zoll, zusammengezogen io Zoll. Aufenthalt in faulem Holze in waldigen Bergen. C. Tres Montes, westl. Amerika (December). Geoplana semilineata, der Körper rundlich, oben grünlich schwarz gefärbt mit sehr kleinen weissen Punkten, über die vordere Hälfte des Körpers er- strecken sich 4 parallele Streifen von hellorangegelber Farbe, von wel- chen nur die beiden mittleren, einander mehr genäherten in die hintere Hälfte des Körpers reichen. Die Unterseite ist bleifarben, mit ungefärbten Stellen für die Oeffnungen. Aufenthalt unter Steinen auf einer der Chonos-Inseln im’ Norden von Cap Tres Montes. (December). | Geoplana maculata, die Enden des Körpers sehr dünn, die Breite fast gleich- mässig. Die Farbe ist auf der Rückseite schwarz mit zahlreichen länglichen, verschieden grossen gelben Flecken; die Unterseite weiss und schwarz ge- fleckt. Die Länge beim Kriechen 1’/,o Zoll, die Breite /ıo Zoll. Aufenthalt in einem Walde in Valdivia (Februar). 23. Geoplana Tasmaniana, die Schlundröhre ist sehr ausdehnbar, die Mundöffnung beinahe in der Mitte der Unterseite, die Geschlechtsöffnung '/,o Zoll weiter nach hinten, beim Kriechen ?,. Zoll. Die Augen sind am ganzen;Rande der Unterseite des Körpers zerstreut, doch zahlreicher am vorderen Ende. Beide Enden des Körpers sind zugespitzt. Die Farbe der Rückseite ist schmutzig honiggelb, ein dunkelbrauner, jederseits hell umbrabraun eingefasster Längs- streifen verläuft über ihre Mitte. Die Bauchseite ganz weiss. Länge beim Kriechen 1'/; Zoll, im zusammengezogenen Zustande 0 Zoll. Unter umgefallenen Bäumen in den Wäldern; von Vandiemensland häufig (Februar). Von diesen durch Darwin bekannt gewordenen Arten stimmen einige höchst wahrscheinlich mit den von F. Müller beobachteten überein. So dürfte die @. elegans des Letzteren in der @.vaginuloides (Darwin) aufgehen, die @. pulla (Darwin) mit G. olivacea oder Maximiliani (Müller ) identisch sein. Einen endgültigen Entscheid könn- ten wohl nur Abbildungen liefern, welche aber weder Darwin gegeben noch von Fr. Müller bisher eingegangen sind. Sollte eine Verschiedenheit der beiden erstge- nannten sich später herausstellen, so müsste die @. elegans Müiller's einen anderen Namen erhalten, da dieser bereits von Darwin einer anderen Species, der oben un- ter No. 15 aufgeführten, beigelegt worden. In jedem Falle muss aber die @. pallida Miiler’s umgetauft werden, da Darwin’s gleichnamige das Recht der Priorität in Anspruch nimmt. Letztere könnte ihrer reinweissen Farbe wegen, an die @. subter- ranea, Müller’s erinnern, wenn nicht die bestimmt betonte Abwesenheit der Augen der unterirdisch lebenden Art ihre Berechtigung als besondere Species genügend aus- spräche. Die zu den bisher aufgeführten 23 Species noch hinzukommenden beiden von Blanchard und Leidy beschriebenen, oben bereits erwähnten Arten sind: 24. Geoplana (Polycladus) Gayi (Blanchard), auf dem Rücken schwarzgrün gefärbt mit weisser Mittellinie, der Rand mit breiter Orange -Einfassung, welche von zwei schmalen schwarzen Linien begränzt wird; die Bauchseite orange. Länge 85 — 90 Millimeter, Breite ungefähr 30 Millimeter. Aufenthalt in Chile an feuchten Orten auf der Erde. 25. Geoplana (Rhynchodemus) sylvatica (Leidy) Körper länglich spindelförmig, vorn verschmälert, hinten zugespitzt, die Bauchseite etwas abgeplattet. Farbe auf dem Ricken grau mit zwei braunen Streifen längs der Mittellinie und einem queren gleichfalls braunen Fleck in oder dicht hinter der Mitte, der Bauch weisslich. Das Kopfende braun, aufwärts gebogen, zeigt zwei schwarze, seit- lichgelegene Augen. Länge 2—5 Linien, Breite im vorderen Viertel "s Linie, im! hintern '/ Linie. Aufenthalt zwischen Steinen, Blumentöpfen ete. in den Gärten von Phila- delphia, sowie unter Holz und Rindenstücken in den Wäldern der Umgegend. Als 26ste Art schliesst sich dieser letztgenannten endlich an die Geoplana (Planaria) Iterrestris O. F. Müller's, !die einzige, bisher in Europa beobachtete Species. Wir gedachten derselben bereits oben. Was uns Darwin und Leidy über die Anatomie der Landplanarien mitthei- len, bezieht sich nur auf die mit blossem Auge oder geringen Vergrösserungen wahr- nehmbaren Theile, den Verdauungsapparat, die ausführenden Theile des Geschlechts- apparates!{und die Augen, und findet ihre volle Bestätigung in den oben mitgetheil- ten Angaben von F. Müller. _Die Form des verzweigten Darmes ist bei allen die- selbe wie bei unseren bekannten Süsswasserarten, ebenso die Lage der Mundöffnung. Nur die Gestalt der Schlundröhre weicht, wie F. Miller besonders hervorhebt, bei mehreren Arten wesentlich ab, indem die Oylinderform mehr zur Trompetenform mit vielfach 'gefaltetem Rande der äusseren Mündung geworden. Die Geschlechtsöffnung liegt durchweg hinter dem Munde und ist stets einfach, wodurch sich die Land- planarien von den grösseren meerischen Formen, die wir namentlich durch Quatre- fages*) kennen gelernt haben, und deren ich selbst einige untersuchen konnte **), entfernen. Penis und Samenleiter sind bei mehreren Arten erkannt worden. Wo Augen vorhanden sind, finden sich entweder zwei, bei @. terrestris und G. sylvatica, oder viele und diese sind dann stets am Rande des Thieres im ziemlich gleichmäs- *) Annales des sciences natur, 3 ser, Tom. IV, p. 129. **) Verhandlungen der physikal. medicinischen Gesellschaft in Würzburg Bd, IV, 1854, p. 222. — 33 — sigen Abständen gruppenweise oder mehr einzeln vertheil. Dass dieselben einen lichtbrechenden Körper enthalten, führen Darwin und Leidy an. Mit obigen Angaben über die Lage der Mund- und Geschlechtsöffnung stimmt, was Blanchard von seiner Gattung Polycladus meldet, nicht überein. Hier soll die Mundöffnung statt im hinteren im vorderen Drittheil des Körpers und die Ge- schlechtsöffnung noch weiter nach vorn liegen. Aus der weiteren Beschreibung des Thieres geht jedoch deutlich hervor, dass diesen Angaben nur eine Verwechselung von hinten und vorn zu Grunde liegt, welche verzeihlich sein mag, da Blanchard das Thier nicht lebend salı*. Bei solcher Auffassung verlieren aber natürlich die Angaben von Blanchard über das Üentralnervensystem von Polycladus Gaye auch allen Werth. Dasselbe soll aus zwei über der Samenblase befindlichen Gehirnganglien und zwei nach hinten (vorm) laufenden Strängen bestehen, welche wieder durch mehrere (bis 14) kleine Ganglien unterbrochen sind. Wel- ches Organ hier mit dem Nervensystem verwechselt worden, lässt sich schwer sagen, jedenfalls können über der Samenblase keine Gehirnganglien liegen, sondern müssen am entgegengesetzten Körperende gesucht werden. Bei diesem immerhin dürftigen Stande unserer Kenntniss von dem Baue der Landplanarien kam es mir sehr erwünscht, ein Exemplar eines solchen Thieres zur Untersuchung zu erhalten. Dasselbe war von Herrn Burmeister bei Rio Janeiro ge- funden und lebend in Spiritus gesetzt, in welchem es sich bis auf eine zufällige Ver- letzung in der Mitte des Körpers recht gut erhalten hatte. -Zur mikroskopischen Untersuchung waren die Gewebe freilich nur zum Theil noch gut brauchbar. Doch gelang es, mit Hülfe des Glycerins, das zur Aufhellung von Spirituspränaraten für das Mikroskop oft vortreffliche Dienste leistet, eime Einsicht in den feineren Bau ‚mehrerer Organsysteme zu erhalten. Leider stand die Entwickelung der Generations- organe bei dem Thiere so zurück, dass über die Geschlechtsdrüsen gar Nichts ermittelt werden konnte. *) Uebrigens ist dies, wie ich beiläufig anführe,, nicht der erste Irrtbum der Art, in welchen dieser Forscher hier verfallen, Bei dem, in dem Darm von Cyprinus Brama sehr gemeinen Caryoplıyliaeus ist ihm derselbe Irrthum untergelaufen. (Annales des ciences natur. 3ser. Tom. X, p. 324, Tab. 12, Fig. I, 2. Auch hier wird das mit den Generationsorganen versehene Ende zum vorderen gestempelt, während es in der That, wie auch alle älteren Beobachter richtig erkannten, das hintere ist. , ; SAME Unser Exemplar gehört keiner der oben characterisirten 26 Arten an und führe ich dasselbe unter dem Namen von Geoplana Burmeisteri in das System ein. Die Länge beträgt 2's Zoll, die grösste Breite hinter der Mitte des Körpers fast 1a Zoll, die Dieke 1 Linie. Der Körper ist nach vorm und hinten zugespitzt, nach hinten schneller, nach vorn sehr allmählig verjüngt und in eine lange Spitze ausge- zogen. Die Farbe ist auf dem Rücken sepiabraun, am Vorderende schwarzbraun, ein hellbrauner Streifen von '/ Linie Breite läuft in die Mitte des Rückens vom vor- dersten bis zum hintersten Ende, sehr deutlich und scharf von fast schwarzen Rän- dern begränzt]) im vorderen Viertel des Thieres, dann verwaschen und erst in der Nähe des hinteren Endes wieder deutlicher. Auf dem Rücken finden sich ferner eine Menge kleiner kreisrunder weisslicher Pünktchen zerstreut, welche eben noch mit blossem Auge erkannt werden können, in der vorderen Hälfte kleiner sind und diehter stehen als in; der hinteren, und nach dem Kopfende zu endlich ganz ver- schwinden. Die Unterseite ist, gleichmässig graugelb, zeigt dicht hinter der Mitte die Mundöffnung, aus welcher in unserem Exemplar das vielfach gefaltete, trichter- törmig erweiterte Mundende des Schlundrohres hervorragt und 5 Linien weiter nach hinten die sehr kleine Geschlechtsöffnung. Augen wurden bei mikroskopischer Un- tersuchung des Randes! der vorderen Körperhälfte aufgefunden und stellen in ein- facher Reihe ziemlich! dicht hintereinander liegende, meist halbmondförmig gestal- tete schwarzbraune Pigmentflecke dar, in deren nach aussen gerichteter Concavität ein runder; durchsichtiger Körper liegt, welcher das Licht nicht auffallend stark bricht und in dieser Beziehung ganz dem gleichgelagerten, als Linse zu deutenden Körper des Auges unserer Süsswasserplanarien gleicht. Die mikroskopische Untersuchung der Haut bestätigte zunächst die von F. Mil- ler ausgesprochene, übrigens nach seiner oben mitgetheilten Beobachtung des Be- weises durch das Mikroskop kaum mehr bedürfende Vermuthung, dass ein Wim- perepithelium hier so gut wie bei den übrigen Turbellarien vorhanden sei. Wenn auch im Allgemeinen durch die Aufbewahrung in Spiritus der Wimperüberzug sehr gelitten hatte, so konnten an einzelnen Stellen doch die Epithelialzellen mit ihrer Wimperkrone unzweifelhaft erkannt werden. Ob freilich dieser Wimperüberzug ein ganz allgemeiner sei oder, wie bei vielen Schnecken, nur an einzelnen Körperstellen vorhanden, liess sich nicht entscheiden. Doch dürfte nach Analogie der übrigen Turbellarien kaum ein Zweifel an der gleichmässigen Verbreitung jenes Ueberzuges gerechtfertigt sein. Die Wimperzellen sind farblos und meist von Keilgestalt. Un- —bl — verkennbar war an mehreren derselben die Verdickung der vorderen, Wimpern tra- genden Zellmembran, welche diesen Epithelialgebilden eben so allgemein zuzukom- men scheint, wie den Cylinderzellen des Darmes nach den Beobachtungen von Funke und Kölliker. Unter ihnen befindet sich eine Lage unregelmässig sechsecki- gen Pigmentzellen, welche der Sitz der eigentlichen Hauptfärbung sind. Gänzlich vermisst wurden in der Haut unserer Geoplana stäbehenförmige Körper, welche bekanntlich den Süss- und Seewasser-Planarien so allgemein zukommen. Dieselben lassen sich, wie ich mehrfach bemerkt habe, in Spiritus sehr gut conserviren, und konnte ihr Mangel demnach schwerlich in der Aufbewahrungsmethode begründet sein. Unter den Zellen der Haut folgt wie bei den übrigen Turbellarien ein Haut- muskelnetz und zwar zunächst eine einfache Lage dicht aneinander gefügter Längs- fasern. Darunter befindet sich eine dichtere Schicht quergelagerter Muskelele- mente. Erstere lösen sich im Zusammenhange mit den Zellen der Oberhaut leicht als dünnes Häutchen von den Kreismuskeln ab, die ihrerseits eine innige Verbin- dung mit den Eingeweiden, namentlich den feineren Endzweigen des Darmrohres ein- gehen, so dass sie nicht ohne anhängende Theile der letzteren abgehoben werden konnten. Der Zustand der Maceration, in welchem sich durch die mehrjährige Auf- bewahrung unsere Geoplana befand, erleichterte die Trennung der genannten Schich- ten, welche im frischen Zustande schwerlich ausführbar gewesen wäre. Die Elemente dieser Muskelschichten sind lange Fasern von 0,0006—0,002 Linien Breite, durchaus homogen, ohne Unterschied von Hülle und Inhalt, ohne Spu- ren von Querstreifen, ganz denen gleichend, welche ich bei den Rhabdocoelen unter den Turbellarien beschrieben und abgebildet habe (Beiträge zur Naturgeschichte der Turbellarien, 1850), und wie sie sich bei den grösseren Dendrocoelen des Wassers finden. Schmale und breite sind untermischt, die schmaleren an Zahl bei weitem überwiegend, die breiteren theilen sich öfter, in einzelnen Fällen sieht man pinsel- förmige Ausstrahlungen an denselben. j Den von den Ringmuskeln umgebenen Raum fand ich fast ganz ausgefiillt vom Darmeanale, indem, wie schon angeführt wurde, von dem secernirenden Theile der Geschlechtsorgane, welcher sich bei geschlechtsreifen Thieren in grösserer oder ge- ringerer Ausdehnung sicher zwischen die Verzweigungen des Darmes einschieben wird, in unserem Exemplare Nichts wahrgenommen werden konnte. Nur in der un- mittelbaren Nähe der Geschleehtsöffnung nahm das kuglige Begattungsglied einen verhältnissmässig bedeutenden Raum ein. Den Anfang des Darmrohres bezeichnete Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. Ar Band. 5 BEE | 8 die äusserlich vorragende, gefaltete Mundöffnung des Schlundrohres, von weisser Farbe, aus sehr dicht verfilzten schmalen Muskelfasern gebildet. Das Schlundrohr setzt sich unter der Haut verborgen und ziemlich die ganze Dicke des Thieres ein- nehmend als ein etwa 1 Linie starker und 4 Linien langer Oylinder nach vorn fort. Von ihm entspringen an dem der Mundöffnung entgegengesetzten Ende 3 Zweige des Darmes, einer nach vorn in der Richtung des Schlundrohres verlaufend und unter Abgabe zahlreicher rechtwinklig abstehender Aeste allmählig verschmälert bis im die Nähe des vorderen Endes reichend, und zwei nach hinten gehende Aeste, welche nach rückwärts umgebogen längs des Schlundrohres und über dasselbe hinaus bis an das hintere Ende reichen, und nach aussen zahlreiche Zweige abgeben. Diese Haupt- und die grösseren Nebenzweige des Verdauungsrohres besitzen stark muskulöse Wan- dungen und einen inneren kleinzelligen Epithelialbelag. Mit der immer mehr ins Feine gehenden Theilung der Seitenäste des Nahrungscanales verdünnt sich die Mus- kelschicht immer mehr, während die Epithelialzellen grösser und dunkler granulirt werden, bis letztere die an die Ringmuskeln der Haut innen angehefteten traubigen Enden der Darmverzweigungen ausschliesslich darstellen, nur von zarter strueturloser Hülle umgeben. Diese grosszelligen letzten Enden des verzweigten Verdauungsroh- res dürften in ihrer Function einer Leber verglichen werden. Die Muskelfasern des Nahrungscanales gleichen zum grossen Theile den oben geschilderten der Haut. Ausser diesen finden sich aber noch andere muskulöse' Ele- mente in der ganzen Ausdehnung dieses Canalsystems, welche den organischen Mus- kelfaserzellen höherer Thiere in der Form nicht unähnlich sind. Es sind dies meist spindelförmige, abgeplattete Körper mit abgerundeten oder unregelmässig gerissenen Enden von ähnlicher Grösse und Gestalt, wie die breiten kurzen Muskelfaserzellen aus Arterienhäuten, die ich in meiner Inauguraldissertation: De arteriarum notione, struc- tura etc., 1849, tab. II, Fig. 2 u. 4 abgebildet habe. Dieselben sind durchsichtig, - blass, farblos, nicht körnig, dagegen mit einer Andeutung von Längsstrichelung ver- sehen und entweder homogen, oder zeigen einen körnigen centralen Streifen , welcher entweder durch die ganze Länge des faserzellenähnlichen Gebildes läuft, oder nur im Oentrum auf eine kürzere Strecke wahrnehmbar ist. Dieser Streifen besitzt in der Mitte immer: eine Anschwellung und ist nach den Enden zugespitzt, hat aber keine Aehnlichkeit mit einem scharfumschriebenen Kerne, sondern erinnert eher an die körnigen Axenstränge der Muskelfäden, welche neuerdings C. Semper von den Schne- cken beschrieben hat (Zeitschrift f. wiss. Zoologie Bd. VII, p. 345, Tab. VI, Fig. 10). Die Gestalt der beschriebenen Körper variirt mannigfach. Wenn aueh die Spin- delform die gewöhnliche ist, so kommen auch einzelne keulenförmige vor, welche an einem Ende in einen längeren Faden ausgezogen sind, andere gleichen Bruchstücken von Fasern, und noch andere stellen wirklich längere Fasern dar, gleichen dabei in ihrem Lichtbrechungsvermögen und der Andeutung einer Längsstrichelung den Spin- delkörpern vollkommen, wenn ihre Breite auch eine geringere ist, so dass ein Ue- bergang der einen Form zur andern nicht verkannt werden kann. Alle diese Ele- mente kommen in den Wandungen des Verdauungsrohres mit schmäleren Muskel- fasern, wie ich sie in der Haut gelegen beschrieb, gemischt vor, und zeigen wie- der deutliche Uebergänge zu diesen, so dass ich namentlich aus diesem Grunde den Schluss auf die muskulöse Natur auch der Spindelkörper zu ziehen nicht anstehe. Es scheint demnach, als wenn die breitesten unter den Muskelbändern im Körper unserer Geoplana aus einzelnen, den Faserzellen der höheren Thiere ähnlichen Ele- menten zusammengesetzt wären, welche sich nach der Maceration leicht isoliren lassen, oder, wo sie fester bereits verbunden waren, leicht abbrechen, während die schmäleren lange continuirliche Fäden bilden, an welchen eine Verschmelzung aus mehreren Zellen nicht mehr wahrzunehmen oder überhaupt niemals vorhanden ge- wesen ist. In dem Schlundrohre unseres Thieres fand ich einen Bissen eingeschlossen, welcher aus der Reibeplatte und den Kiefern einer Schnecke mit anhängenden mus- kulösen Theilen bestand. Es spricht diese Beobachtung wie die Angabe von F. Mil- ler über den Vernichtungskrieg, welchen die Geoplana subterranea gegen die Regen- würmer führt, gegen die Annahme von Darwin, dass dieLandplanarien sich nur von vegetabilischer Kost nährten und zwar von zersetztem Holze, an welchem man sie vornehmlich findet. Darwin hielt zwar einige Exemplare 21 Tage eingesperrt ohne ihnen Anderes zur Nahrung zu reichen wie faules Holz, und wuchsen die Thiere in dieser Zeit beträchtlich. Doch möchte diese Beobachtung immer noch nicht entschei- dend sein, da der Darm auf seinen Inhalt nicht untersucht wurde. Unser Exemplar enthielt nicht eine einzige Pflanzenzelle in demselben. Vom Nervensysteme konnte durch Präparation Nichts dargestellt werden, und von den Generationsorganen habe ich nur noch den an der Geschlechtsöffnung als kugligen Körper von " Linie Durchmesser leicht isolirbaren Penis und die Samen- blase zu erwähnen. Letztere enthielt keine Spermatozoiden. Die wahre Gestalt die- ser contractilen und ganz aus feinen Muskelfasern gebildeten Organe wird nur die = MW m Untersuchung frischer Exemplare ermitteln können. Ein Gleiches gilt von den Ge- schlechtsdrüsen, dem Wassergefässsystem u.s. w. Immer aber würde eine Aufbewah- rung dieser so äusserst zarten Thiere behufs späterer histiologischer Untersuchun- gen in einer Lösung von doppelt chromsaurem Kali 1—2 Gran auf eine Unze Wasser dem Spiritus bei weitem vorzuziehen sein, und empfehle ich diese Lösung allen Sammlern aufs wärmste. ® Beitraege zur Charakteristik der thüringisch - sächsischen Braunkohlenformation Paul Hoerter. Mit 1 Karte. Abh, d. Nat. Ges. zu Halle. Ar Band. 6 ar Ve UN YpaheT an AL srör we BURNEIFIEE j NE: PURE | znaT,; es RR a : i® # is MIR; Irzen, Seiken Saar t. as York se a ee. y ie 2 A ’ er Msnatfdodnunıd a. | } i Lk Be 2 Bit "on uarbiphl, bi i i Ina N, 4 Pr a it j Nö: fi + rs I, it Kreml r ; FrirTla Iris site 5 ont 74 AneiEne® A ‚re dk un | a ER ah zur fr en end & tere re u TR. Dr ksin ii. N nl Sylakız ah | iR ‘ IRRE A ui 0; 1 ash: lie Wash bucht an Pa wer fi r 4 ey "3 PeTLIEITFEPR uraloa. Tuadiıy, a Aero. a mei a u Ar, 51 dh and >» Ei im Sul | Die Abhängigkeit, in der das Auftreten des Braunkohlengebirges von den oro- graphischen Verhältnissen steht, die ihrerseits wieder durch die geognostische Constitution des Landes bedingt werden, möchte eine einfache Skizzirung derselben, so weit sie zur Erläuterung der beiliegenden Karte erforderlich ist, als passendsten Ausgangs- punkt für die Betrachtung des Gegenstandes selbst erscheinen lassen. Oberhalb des Dorfes Oröllwitz bei Halle bestehen die zwar niedrigen, aber stark gegen die Saale abfallenden Ufer, und das anliegende hügelige Land auf der linken Seite aus Massen des unteren hallischen Porphyrs, während bei dem Dorfe selbst oberer Porphyr auftritt, und dem Flusslaufe folgend sich bis unterhalb Let- tin hinzieht. Hier schneidet ihn wieder ein zungenförmiger Vorsprung des unteren Porphyrs ab, der im Zusammenhange mit der grossen Erhebung auf dem rechten Saalufer seht, deren Ränder die Ortschaften Brachwitz, Friedrichsschwärz, Deutleben, Neutz, Domnitz, Löbejün und Beidersee bezeichnen. Längs ihrer ganzen Ausdehnung umgeben die sehr gestörten Schichten der Steinkohlenformation diese Porphyrmasse, stets in der schon von Veltheim erkannten Abhänigkeit an die beiden eruptiven Ge- birgsarten gebunden. Bei Brachwitz ruhen auf dem Porphyr die Conglomerate des Rothliegenden, und auf diesen die Zechsteinformation, deren Ausgehendes, in ununterbrochenem Zusam- menhange, die nördliche Grenze der thüringisch-sächsischen Ebene bezeichnet, und sich namentlich in seinem westlichen Verlaufe durch die seltsam gestalteten schroffen Gypsmassen von Pölsfeld, Mohrungen, Questenberg u. s. w. auszeichnet, die den gan- zen Südrand des Uebergangsgebirges wallförmig umgeben. Ueberall lagern sich süd- wärts die Schichten des bunten Sandsteıms auf die Zechsteinformation und bilden die einförmig nur von sanften Hügeln und wenig eingeschnittenen Flussthälern unter- brochene Ebene, welche durch ihre ausserordentliche Fruchtbarkeit und hohe Oultur von Alters her berühmt ist. Im Norden dagegen ruht das Kupferschiefergebirge überall auf dem Rothliegendem, das, meist von einer schönen Laubholzvegetation be- kleidet, schon von weitem durch seine Erhebung über die Ebene auffällt. 6* EN Inselförmig steigt aus der Ablagerung des bunten Sandsteins das kleine Kyffhäu- sergebirge zu einer absoluten Höhe von 1428° empor, mit NW-SO Streichen in einer Längenerstreckung von 1', und einer Breite von kaum '» Meile. Der steile Nord- abhang besteht aus den gehobenen Schichten des Rothliegenden und abnormen Ge- steinen, Granit in den Löwenköpfen, zwei kahlen, abgerundeten Hügeln am Fusse des Ge- birges in der Nähe von Tilleda, Syenit, Diorit und Gneis auf der Rothenburg bei Kelbra. Am Siüdabhange legt sich die Zechsteinformation in bedeutender Entwicke- lung an und abenteuerliche kahle Gypsberge, denen von Questenberg und Mohrungen gleichend, zeigt die unmittelbare Umgebung der Stadt Frankenhausen Die Thäler der Helme- im Norden und Östen, und der Wipper im Süden um- schliessen den Kyffhäuser, beide münden in der Nähe von Artern in die Unstrut und bilden hier eine ausgedehnte feuchte Niederung, das sogenannte Rieth, welches sich von Brücken an der Helme bis Artern, von dort der Unstrut folgend bis Oldisleben und Sachsenburg ausdehnt, wo der Fluss den Höhenzug der Schmücke durchbricht. Schon oberhalb Rossleben verengt sich das Thal der Unstrut, und zwei Höhenzüge begleiten dasselbe in seinem weiteren südöstlichen Verlauf. Auf der rechten Seite liegt der lange und schmale Rücken der Schmücke und Finne, auf der linken da- gegen dehnt sich ein, sanft ansteigendes Plateau aus, welches seine grösste Höhe in der Wüste zwischen Allstedt und Querfurth = 913’ erreicht, und sich nach Osten gegen das Saalthal, nach Westen gegen die Mansfelder Seen, in 230’ Meereshöhe allmählig abflacht. Die Gebirgsarten, welche die Ebene innerhalb dieses Terrains zusammensetzen, gehören ausschliesslich der Trias an. a) Bunter Sandstein. Inder Nähe der Saale bei den Dörfern Passen- dorf, Schlettau, Beuchlitz und Holleuben treten die jüngsten Glieder der Formation zu Tage. Weissliche, oder sehr lichtgrünlich, oder grau gefärbte Bänke eines glim- merreichen Letten, der häufig in Mergel übergeht, und stets durch das Vorkommen von losen oder zu Drusen verbundenen lenticularen Gypserystallen characterisirt wird, wechsellagern mit den Bänken eines weissen oder gelblichen Sandsteins von abgerunde- ten Quarzkörnern, fast ohne alles Bindemittel. Wo Glimmerblättchen fehlen, zeigt er eine auffallende Aehnlichkeit mit gewissen Varietäten der so ausserordentlich ver- schiedenartigen tertiären Sandsteinmassen. Stets aber schützen die ihn begleitenden Mergelbänke, ein Gestein, welches der Tertiärformation fremd ist, ihn vor Verwechse- lungen, welche da leicht möglich wären, wo, wie bei Schlettau, nur hier und da eine en u einzelne Bank dieser Sandsteine unter mächtiger Diluvialbedeckung zu Tage tritt. Auf dem rechten Saalufer ist in diesen Mergeln die einzig bekannte Versteinerung des bunten Sandsteins aus dieser Gegend Posidonia minuta gefunden.*) Dass die fraglichen Schichten in der That das jüngste Glied der bunten Sandsteinformation bilden, beweist ihr Vorkommen im Unstrutthale und in der Nähe der Mansfelder Seen bei Deutschenthal, Etzdorf und Steuden, wo ihre Auflagerung auf rothe und grüne Mergel und bunte schieferige Sandsteine, den mittleren Gliedern, beobachtet wurde. In nehreren kleinen Steinbrüchen zwischen den beiden ersten Dörfern sind die Sandsteine auf den Kluftflächen schwarz gefärbt, ja es kommen sogar durch und durch schwarze Bänke vor; das Pigment giebt sich vor dem Löthrohr als ein Oxyd des Mangans zu erkennen. Schiefrige Sandsteine, sandige glimmerige Schiefer, buntgefärbte Mergel und Rogensteinflötze bilden die mittlere Abtheilung der Formation. Die Stellung der Rogensteine scheint sehr veränderlich zu sein, so kommen sie nach Andrae in der Ge- gend von Halle als unmittelbar Liegendes der obern weissen Abtheilung vor, im Mansfeldischen dagegen und im Unstrutthal unter den bunten Mergeln. Die tiefsten Schichten der Formation, wie sie in den Mansfeldischen Schiefer- schächten als Hangendes des Zechsteins ersunken werden, bestehen aus einem einfar- bigen, rothen, ziemlich festen Sandstein. Die Schichtung ist meist horizontal, oft jedoch unregelmässig geknickt und gebogen, wie z. B. in dem Thale der bösen Sieben zwischen Eisleben und Wimmelburg in schönen Profilen zu sehen ist. An den Rändern gegen die ältere Formation, fin- det dagegen ein flaches von derselben abgewandtes Fallen gegen das Muldentief- ste statt. b) Muschelkalk. Innerhalb der bunten Sandstein-Ablagerung treten drei, oder richtiger zwei isolirte Massen von Muschelkalk auf, da zwei derselben unter der tertiären Oberflächenbedeckung zusammenhängen. Von Siersleben, zwischen Hettstedt und Eisleben, zieht sich mit nordwest-süd- östlichem Streichen durch die Mitte der Mansfeldisch - Wettiner Triasmulde ein Mu- schelkalkzug von circa "sk Meile Breite über Polleben,, Hedersleben , Dederstedt, Schochwitz, Müllersdorf und Cölme, und erweitert sich hier gegen Norden und Süden, *) Dr. C. Andrae, Erläuterungen zur geognostischen Karte der Umgegend von Halle. — so dass die Dörfer Lieskau, Bennstedt und Langenbogen an seiner Grenze lie- gen. Gegen Siiden und Osten überlagern tertiäre Gebilde den Kalkstein, der aber in der Gegend von Bennstedt, Zscherben und Nietleben durch bergmännische Ar- beiten, Bohrungen und Brunnen in einer Tiefe von höchstens 25 Lachter nachge- wiesen worden ist. Man kann daher nicht zweifeln, dass die kleine inselförmig aus dem Tertiärgebirge hervortretende Muschelkalkmasse mit der beschriebenen im Zu- sammenhang steht. Als nördlichster Ausläufer der ausgedehnten Ablagerung,‘ welche in Verbin- dung mit dem Keuper den südlichsten Theil der Thüringer Ebene bildet, erstreckt sich eine Muschelkalkmasse von dem Unstrutthale zwischen Freiburg und Nebra bis an den salzigen See. Der nördlichste Theil dieser Zunge, welcher dem von mir un- tersuchten Terrain angehört, wird ungefähr durch eine Linie begrenzt, welche die Ortschaften Lodersleben, Gatterstedt, Farnstedt, Alberstedt, Schraplau, Stedten, Asen- dorf und Schafstedt verbindet. Die oberen Schichten dieser Formation bilden starke Bänke eines gelben, bräun- lichen, festen Kalksteins, mit ebener Schichtenablösung, die stellenweise, wie z. B. bei Querfurth in dem Schlossgraben, Sachsenburg und Oldisleben, sehr reich an orga- nischen Resten sind, unter denen Terebratula vulgaris , Enerinus hlüformis und meh- rere Species von Pecten die gewöhnlichsten sind. Ob diese Massen der unteren Etage des oberen oder Hauptmuschelkalkes oder dem Schaumkalke angehören, wage ich nicht zu entscheiden. Uebrigens sind sie auf die südlich von den Mansfelder Seen gelegene Ablagerung beschränkt, während in der nördlichen nur die untere Abthei- lung durch den Wellenkalk vertreten ist. Dieser bildet sehr dünne, kaum zollstarke Schichten mit wulstförmig erhabenen Oberflächen. Zwischen je zwei derselben liegen noch schwächere Mergelablagerungen, daher das Gestem der Verwitterung schlecht widersteht, und an steilen Abhängen Massen eines aus plattenförmigen Kalkstücken bestehenden Schuttes anhäuft. Die Farbe ist grauweiss mit emem starken Stich ins Blau, von einem nie fehlenden Gehalte an Eisenoxydulsilicat herrührend. Ver- steinerungen sind im Ganzen selten, doch fanden sich mn mehreren der Steinbriche zwischen Lieskau und Cölme Schichten, die reich an Stielgliedern von Enerinus klüfor- mis, Lima striata und emem kleinen Turbo sind. Von dieser Beschaffenheit sind die Kalke von Nietleben, am Eisdorfer Mühlberg und die in den schönen Durchschnit- ten des Salzathales in der Gegend von Cölme blosgelegten Schichten. Ueberall wo ich die Auflagerung des Muschelkalkes auf den bunten Sand- Se ee stein beobachtet habe, ist dieselbe concordant. Die meistens horizontalen oder schwach- geneigten Kalkschichten erfüllten Mulden oder Vertiefungen des Sandsteingebirges. Nirgends bezeichnet eine Niveauverschiedenheit die Formationsgrenze, wie dieselbe überall zwischen dem bunten Sandsteine und der Zechsteinformation getroffen worden sind. Wohl aber erhebt sich der Muschelkalk über die tertiären Gebilde und bisweilen, wie bei Nietleben, zwischen der Eisdorfer Mühle und Langebogen, in ziemlich steilen und hohen Hügeln, Jede Spur jüngerer Bildung fehlt bis auf die Tertiärformation herab, diese aber erfüllt grosse Strecken innerhalb des untersuchten Terrains. Den ganzen öst- lichen Theil desselben zwischen den Porphyren an der Saale, dem Muschelkalke von Lieskau und Cölme, und den Mansfelder Seen bedeckt nur eine mächtige tertiäre Ablagerung, aus der sich inselförmig in der Dölauer Haide vereinzelte Porphyrkuppen und die Muschelkalkhügel von Nietleben erheben. In dem ganzen übrigen Distriet dagegen bilden die Gesteine des Braunkohlengebirges nur untergeordnete Massen, die hier wieder ihrerseits inselförmig in den alten Gesteinen auftreten. In der Nähe der Mansfelder Seen besitzen sie zwar noch eine bedeutende Ausdehnung, in dem Masse aber als die Ebene gegen den Harz und Kyffhäuser zu ansteigt, beschränken sie sich auf kleine, vereinzelte Becken und Mulden auf dem Grundgebirge. Dasselbe findet auch auf dem Plateau zwischen den Seen und dem Unstrutthale statt. Sehr ausgedehnte Tertiärbildungen dagegen finden sich wieder in den tiefen Niederungen der Unstrut, Helme und Wipper. Nirgends indess überschreitet die Braunkohlenformation die Grenzen der Trias und das Vorkommen des kleinen, auch anderweitig interessanten Braunkohlenbeckens von Helbra, an der Grenze gegen den Zechstein, in einer Mee- reshöhe von nahe 500 Fuss, möchte wohl die bedeutendste Höhe erreichen, bis zu der die jüngeren Gebilde innerhalb dieses Distrietes aufsteigen. Diese unverkennbare Abhängigkeit der Braunkohlenformation von den Niveau- verhältnissen und der Oberflächenbeschaffenheit des Grundgebirges, ist das einzige Ge- setz, welches sich über ihre Verbreitung aufstellen lässt; übrigens sind Lagerungs- verhältnisse, Schichtenfolge und der petrographische Character ihrer einzelnen Glie- der so verschieden, dass eine allgemeine Characteristik sich auf eine Beschreibung der gemeinsten Gebirgsarten beschränken muss. 1. Sande bilden das vorwaltende Material der ganzen Formation. Sie beste- hen aus farblosen, durchsichtigen oder milchigen Quarzkörnern von sehr verschiede- ner Grösse, bald sind dieselben rundlich, bald scharfeckig, krystallinisch. Die Grösse variirt von mikroskopischer Feinheit, wie in dem Liegenden des Zscherbener Flöt- zes, bis zu '» Zoll. Glimmerblättchen, stets von silberweisser Farbe und starkem Glanze, bilden einen sehr gewöhnlichen accessorischen Gemengtheil der Sande. An- dere Mineralien, namentlich der fir die nordischen Sande so bezeichnende Feldspath, fehlt ihnen beständig (Gürard die norddeutsche Ebene, Berlin 1855 pag 80). Da- gegen habe ich nicht selten in äusserst reinen Sandvarietäten, z.B. bei Nietle- ben, bei Voigtstedt in der Nähe von Artern, eine Beimengung kleiner schwarzer Körner beobachtet, welche durch die ganze Masse zerstreut, oder in kleinen Nestern und Bändern ausgeschieden, derselben ein fleckiges Ansehn geben. Sie sind speci- fisch schwerer als die Quarzkörner,, lassen sich durch behutsames Abschlämmen von ihnen trennen, und vor dem Lothroth ergiebt sich ihre Zusammensetzung aus Kie- selerde, Eisenoxydul und Kalkerde bestehend*). Mit Braunkohlentheilchen, so wie mit Thon, finden sich die Sande häufig im innigen Gemenge, wodurch ihre Farbe vom lichten Gelb, Braun oder Grau durch alle Nuancen bis ins Chocoladenbraun oder Schwarz varürt. Im feuchten Zustande erhalten sie durch geringe Mengen dieser Beimengungen, und oft selbst durch ihre ausserordentliche Feinheit alle einen ge- wissen Grad von Plastieität, der ihnen ganz ohne Grund den Namen Letten oder wohl gar Mergel verschafft. Ein Ausglühen dieser Substanzen im Platinlöffel und Abschlämmen reicht hin, um in wenigen Augenblicken ihre wahre Natur zu erken- nen. Endlich bleibt noch zu erwähnen, dass Eisenoxydhydrat ein häufiger Beglei- ter der Sande ist, oft giebt es sich nur durch eine parallel bandförmige Streifung frisch entblösster Sandwände zu erkennen, oft aber tritt es in solcher Menge auf, wie z.B. auf einigen Punkten der Dölauer Haide, dass ein eisenschüssiger Sandstein von bedeutender Festigkeit entsteht, den man als Baumaterial bricht. Für gewisse Varietäten der Sande sind bestimmte Bezeichnungen eingeführt, welche ich in derselben Weise, wie Plettner in seiner Abhandlung über die Braun- kohlenformation im der Mark Brandenburg gebrauche, und deren kurzgefasste Cha- racteristik ich vorausschicke, um mich bei der folgenden detaillirten Beschreibung der einzelnen Localitäten darauf beziehen zu können. «) Kies. Abgerundete oder äusserst scharfeckige Bruchstücke verschiedener Quarzvarietäten, unter denen jedoch Milchquarz vorzuherrschen pflegt, bilden entweder *) Dieses sind bei Nietleben, vielleicht auch an den anderen Localitäten, Sande aus dem Hangenden der Brannkohlen, welche dem sogenannten Magdeburger-Sande entsprechen, der durch solche schwarze und dunkelgrüne Körner ausgezeichnet ist, H. Girard. für sich allein, oder in Verbindung mit einem schartkörnigen Sande, von etwa Mohn- korn-Grösse, Lager. Die Verbreitung der Gebirgsart ist eine beschränkte. Auf der Amalie bei Querfurth bildet sie ein ausgedehntes Lager von 1 Lachter durchschnitt- licher Mächtigkeit, in den Gruben von Voigtstedt bei Artern tritt sie mehr stock- törmig auf, gleichfalls im Hangenden der Kohlenflötze. In den Sandgruben auf dem Galgenberge bei Schlettau scheint sie dagegen den liegenden Schichten der Braun- hohlenformation anzugehören. 8. Scharfer Sand (Glimmersand Plettner pag. 194). Ist das verbreitetste Glied der ganzen Formation; er besteht aus eckig unregelmässigen Quarzkörnern von etwa Mohnkorngrösse, welche beim Reiben zwischen den Fingern ein scharfes Gefühl hervorbringen. Die Quarze sind meist trübe, nicht selten erhält der Sand durch Eisenoxydhydrat eine durchgehend gelbliche Färbung, oder dunklere Streifung. Glimmerblättchen sind zwar in der Regel häufig, fehlen indess bisweilen wie in dem Sande, der auf der Grube Wilhelmine bei Erdeborn das Hangende des Flötzes bil- det. Die Sande, welche in dem Liegenden der Flötze im der grossen östlichen Ab- lagerung überaus verbreitet sind, zeichnen sich nur durch eine sehr starke Beimen- gung von kohliger Substanz und durch das zur Regel gewordene Fehlen der Glim- merschuppen aus, sie bilden die von Plettner Kohlensand genannte Varietät. y. Formsand. Aeusserst feinkörnig, nur mit der Lupe erkennbare Quarzkörner, die stets Glimmer in untergeordneter Menge enthalten; durch kohlige Beimengun- gen nimmt er häufig dunkle Farbe an, die schon beim blossen Liegen an der At- mosphäre, durch langsame Verbrennung der fein vertheilten organischen Substanz verschwinden. Nur die ausserordentliche Feinheit der Sandkörner bedingt die Pla- sticität der Masse im feuchten Zustande. Einen schönen Sand der Art liefert der alte Zscherbener Tagebau, wo eme besonders feine, isabellfarbene Varietät unter dem Trivialnamen Mergel bekannt ist. 2. Thone. Kommen im reinen Zustande sehr selten vor, und auch da nur als ein untergeordnetes Glied, auf die kleineren westlichen Becken von Riestedt, Bennstedt, Holdenstedt und Helbra beschränkt. Sie besitzen dann die dem Thone eigen- thümliche Fettigkeit und Plasticität bei einer bläulich grünlich oder aschgrauen Fär- bung, die nur in unmittelbarer Nachbarschaft der Flötze selbst dunkler zu wer- den pflegt. 3. Letten. In einem sehr veränderlichen Gemenge mit Formsand oder schar- fem Sand, dem oft noch Braunkohlentheilchen hinzutreten, nie jedoch kohlensaurer Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. Ar Band. 7 Kalk, wie häufig angegeben, hilft der Thon ein sehr verbreitetes Glied der Braun- kohlenformation, die Letten, constituiren, von denen man je nach den Mengungsver- hältnissen sandige, thonige, thonigsandige und kohlige unterscheiden kann (Plettner pag. 439 u. f.). Ein Abschlämmen und Ausglühen vor dem Löthrohr genügt in al- len Fällen, um sich ein Bild von der Zusammensetzung dieser Gebirgsart zu ver- schaffen. Mit Ausnahme der sehr thonreichen Varietäten zeichnen sich diese Ge- steine durch ihre Leichtschmelzbarkeit aus, einige geben von Eisenoxydul dunkel schwarz gefärbte Kugeln, andere weisse Email; alle aber lassen sich wenigstens an den Kanten abrunden, wodurch sie sich wesentlich von den reinen Thoren unter- scheiden. 4. Braunkohle. Sie findet sich innerhalb dieses Distrietes, in dem sie auch quantitativ ein bedeutendes Formationsglied ausmacht, in drei sehr verschie- denen Species. f «@. Formkohle, Hat im trockenen Zustande eine zimmet- bis chocoladen- braune Farbe, die aber im feuchten bedeutend dunkler, fast schwarz ist, von er- digem Bruche, leicht zerreiblich und zerfällt getrocknet zu einem äusserst feinen Staub. In den untern Partien der Flötze, offenbar in Folge eines starken Dru- ckes, findet sie sich von grösserer Festigkeit, als eine zerklüftete Masse, die eine Ge- winnung in grossen festen Stücken gestattet (Stückkohle). Eine Ablösung in Bänken ist häufig zu beobachten, desgleichen Einlagerungen von Sanden oder Thon, sogenannte Thongallen der Riestedter Bergleute. Je nach dem Bitumengehalt, und dieser scheint gewöhnlich um so grösser, je heller die Färbung, verbrennen die Koh- len mit mehr oder weniger langer leuchtender und russender Flamme, oder verglimmen blos, in allen Fällen aber verbreiten sie dabei den höchst characteristischen penetran- ten Geruch, der entfernt an brennenden Bernstein erinnert. Reine Kohlen hinterlassen dabei eine schneeweisse oder bei Schwefelkiesgehalt röthlich gefärbte leichte Asche, die aus Gyps besteht. In der Regel aber sind sie durch Formsand und Letten verunreinigt, die sich erst beim Verbrennen deutlich zu erkennen geben. Wie ausserordentlich die Maceration der organischen Masse gewesen, deren Zersetzung die Kohlen er- zeugte, beweist, dass sie selbst unter dem Mikroskop keine organische Structur mehr erkennen lassen, sondern sich als ein völlig amorphes Pulver darstellen. #. Blätter- oder Moork ohle. Ist von pechschwarzer Farbe, schieferigem Längsbruch und muscheligem Querbruch, schwachem Fettglanz. Sie ist auf die Riestedt- - Holdenstedter Kohlenablagerung beschränkt, und erfüllt auch da nur Räume zwi- —u MN -— schen den bituminösen Holzstämmen. Auf der Grube Karl bei Holdenstedt finden sich häufig gut erhaltene Abdricke dieotyledonischer Blätter auf den Ablösungsflä- chen dieser Masse. y. Bituminöses Holz. Ganze Stämme oder grosse Fragmente mit sehr gut erhaltener organischer Structur, mit fasrigem Längsbruch, zeigen auf dem Quer- bruch deutlich eme grosse Anzahl Jahresringe, und besitzen namentlich auf der Lagerstätte eine nicht unbedeutende Festigkeit, so dass man sich z. B. bei dem Stre- ckenbetrieb in Riestedt genöthigt sieht, dieselben wie frisches Holz mit einer Axt zu zerhauen. Beim Liegen an der Luft verliert sich die Festigkeit, das Holz zerfällt pa- rallel der Längsfasern in Stücke, blättert sich ab und rollt sich nicht selten wie Hobel- spähne auf. Obschon diese Masse in allen Kohlenflötzen angetroffen wird, so doch an kei- nem anderen Ort in der Verbreitung, wie in dem Riestedt-Holdenstedter Becken, wo Stamm an Stamm liegt, in Moor- oder Blätterkohle eingebettet; überall den Schichtungs- flächen parallel, zeigen sie unter sich wieder einen gewissen Parallelismus des Strei- chens. Häufig sind die Bäume gebogen und vielfach geknickt, stets aber elliptisch breit gedrückt. Die mikroskopische Structur zeigt in allen Fällen, dass Koniferen das Material zu dieser Masse geliefert haben. Hinsichtlich ihrer Verbreitung gegen die drei beschriebenen Massen Sand, Thon und Kohle zurücktretend, kommen noch einige für die Braunkohlenformation characteristische Bildungen vor. 5. Quarzit und Sandstein. In ungestalteten losen Blöcken, bankförmi- gen Massen, am seltensten in regelmässigen Flötzen, finden sich häufig in dem schar- fen Sande Coneretionen, die, je nach dem Vorwalten oder Zurücktreten des kieseli- gen Bindemittels, überaus feste, beinah homogene, feuersteinartige Massen oder mürbe, zwischen den Fingern leicht zerreibliche Sandsteine bilden, in allen denk- baren Uebergängen vom einen zum andern Extrem. Die homogenen Quarzite wer- den dem Hornstein sehr ähnlich, besitzen einen splitterigen, äusserst feinkörnigen, bisweilen sogar muscheligen Bruch, eme lichte, gelblich braune, graue oder auch weisse Farbe und einen ausserordentlichen Festigkeitsgrad. An sie schliessen sich Massen, in denen grössere oder kleinere glasglänzende Quarzkörner in der matten rauch- grauen Grundmasse liegen, so z.B. bei Zscherben im Liegenden der Kohlenflötze, wo sie gewissen Varietäten der hallischen Quarzporphyre zum Verwechseln ähnlich werden. Bei Sangerhausen dagegen tritt ein Breeciengestein auf, in dem grosse Milchquarzbrocken in kieseliger Grundmasse eingebettet sind. Stengel- und Blätter- 7*F u ME fragmente von Gramineen sind in diesen homogenen Quarziten nicht gerade selten, in der Regel aber sehr schlecht erhalten, dagegen führt Andrae aus Quarziten von Lauchstedt wohl erhaltenen Juglans costata und Daphnogene cinnamonifolia an. Als lose Blöcke von unregelmässig nierenförmiger Gestalt finden sich die homogenen Quarzite, ein Gestein, welches allen Einflüssen der Witterung widersteht, weit über die Grenzen des Tertiärgebietes hinaus verbreitet, neben den Massen nordischer Abkunft. 6. Gyps. Ausser den Gypskrystallen und blätterigen Massen, welche in den thonigen Letten des Braunkohlengebirges häufig vorkommen, z.B. zwischen Lieskau und Cölme und bei Bornstedt, findet sich, wie schon oben erwähnt, erdiger Gyps als wesent- licher Gemengtheil der Braunkohlenmasse selbst unsichtbar in derselben vertheilt, sehr häufig aber, und das pflegt namentlich in der Nähe des Ausgehenden der Koh- lenflötze zu sein, kommt ein feiner mehliger Gyps in grossen oder kleineren Nestern vor, so dass das ganze Flötz, wie z. B. auf der Wilhelmine bei Erdeborn, ein fle- ckiges Ansehn erhält. Seltener treten noch derartige Nester oder Schichten von Gypserde in den Sanden auf, wie auf der Henriette bei Deutschenthal. 7. Schwefelkies. Derb, von fast weisser, dem Arsenkies gleicher Farbe auf frischem Bruche, an der Luft meist schnell verwitternd, kommt sowohl in den Braun- kohlenflötzen, in der Regel als Vererzungsmittel bituminöser Holzstücke, seltener als kuglige, oder nierenförmige Massen (Hallische Pommeranzen), wie in den Letten und Thonen der Braunkohlenformation vor. 8. Alaunerde. Ein kohliger Letten, der durch seinen feinvertheilten Gehalt an Schwefelkies und gediegenem Schwefel die Fähigkeit erhält an feuchter Luft von selbst in eine langsame Verbrennung zu gerathen, deren Producte schwe- felsaure Thonerde und schwefelsaures Eisenoxydul und Oxyd ist. Es finden sich diese Massen, obgleich in bedeutenden Flötzen, auf das Holdenstedt-Bornstedter Becken beschränkt, und kommen ausserdem, nur in geringerer Entwickelung, und eigentlich nur als ein Schwefelkies haltender Thon, im Hangenden und Liegenden der Riested- ter Kohlenflötze vor, wo sie die Veranlassung zu der regelmässig erfolgenden Ent- zündung der Halden geben. Die Braunkohlenformation überlagern an den meisten Puncten wenig entwickelte. Diluvialbildungen, die meist mit den Schichten derselben so. eng verbunden sind, dass sich nur auf petrographische Charactere eine Formationsgrenze basiren lässt. Sand, Kies und Lehm in Verbindung mit grossen abgerundeten Blöcken sind es, die — 4 — weit über die Grenzen der norddeutschen Ebene hinaus noch einen ansehnlichen Theil der Bodenoberfläche unseres Distrietes bedecken. 1. Der Sand dieser Formation besteht, wie ihn Girard (die norddeutsche Ebene pag. 80) characterisirt, aus abgerundeten gelben, durchsichtigen Quarzkörnern, zwischen denen frischer rother Feldspath vorkommt, während Glimmer entweder ganz fehlt, oder doch nie in der silberweissen Färbung und grossen Häufigkeit, wie in den tertiären Sanden, vorkommt. Das Korn ist in der Regel von der Grösse eines groben Sprengpulvers, und auch das unterscheidet ihn schon von den ähnlichen älteren Bildungen. 2. Lehm, ist em Gemenge von Sand mit Thon und Kalk, der daher nicht selten in wirklichen Mergel übergeht, meist eine sehr geringe Plastieität besitzt. Ein hoher Gehalt an Eisenoxydhydrat giebt ihm eine intensiv gelbe, lederbraune, bis rostbraune Färbung. Nur in dem Inneren grosser Massen, wie an den frisch ge- stochenen Wänden von Lehmgruben, enthält er Eisenoxydul und ist dann schmutzig grünlich gefärbt. 3. Die Gerölle, welche im Sande oder Lehm lose liegen, oder bei Fortwaschung derselben die Oberfläche bedecken, gehören Gesteinen der verschieden- sten Formationen und des heterogensten Ursprunges an. Kleinere Bruchstücke fin- den sich bisweilen so häufig, dass sie Kieslager zusammensetzen, die aber durch die Mannigfaltigkeit ihrer Bestandtheile wohl verschieden von denen des Tertiärge- birges sind. Neben Milchquarzen, Hornsteinen kommen rothe, grüne Jaspis, Kiesel- schiefer, Feuersteine, Granit, Gneis, Kalk, Sandsteine der benachbarten älteren Bildungen vor. Die grösseren Blöcke dagegen bestehen meistens aus Gneis und Granit mit grossen fleischrothen Feldspathkrystallen, in denen sich häufig Granaten -finden, und Hyperitgesteimen. In der Gegend von Querfurth habe ich wohl erhaltene Kreideversteinerungen und Stücke von silurischen Kalken gefunden, durch Chonetes sarcinulatus characterisirt, welche jeden Zweifel über den nordischen Ursprung dieser Massen beseitigen. ’ Sämmtliche Kohlenablagerungen innerhalb unseres Distrietes lassen sich ziem- lieh ungezwungen, und gewiss zum Vortheil der Uebersichtlichkeit, in folgende sechs Gruppen zusammenfassen: 1) Die Ablagerungen zwischen der Saale, Salza und den Mansfelder Seen. 2) Die Ablagerung im Süden des salzigen Sees. 3) Die Kohlenmulde der Querfurther Gegend. u ie Ha 4) Die Kohlenablagerungen innerhalb der Mansfelder Triasmulde. 5) Das Riestedt-Holdenstedter Kohlenbecken. 6) Die Braunkohlenformation des Unstrut-Rieths. k. Die Ablagerungen zwischen der Saale, Salza und den Mansfelder Seen. Während die westlicheren Braunkohlenbildungen inselförmig von älteren Ge- steinen umschlossene Becken von relativ geringer Ausdehnung bilden, treten hier die Tertiärgesteine herrschend auf und constituiren ohne bedeutende Unterbrechung eine weite Ebene, die nur durch einen schmalen Gürtel von buntem Sandstein, der die Ufer des Saalthales oberhalb Halle bildet, von den ausgedehnten Ablagerungen getrennt wird, die schon der grossen norddeutschen Ebene angehören könnten. Die Grenzen dieses Terrains lassen sich an emigen Stellen, wie in Nord-Osten und Norden gegen die Porphyre und den Muschelkalk ziemlich scharf verfolgen, gegen den bunten Sandstein aber im Süden werden sie von einer mächtigen Diluvialdecke verborgen. Die Chaussee von Halle nach Eisleben führt durch die Aue der Saale, eine mit üppigen Wiesen bedeckte und von zahlreichen Armen des Flusses bewäs- serte Alluvion; da, wo die Chaussee nach Querfurth gegen Süden hin abgeht, erhebt sich das Land allmälig und östlich von Nietleben treten die Schichten des Wellen- kalkes zu Tage, als östliche Grenze der Tertiärbildungen. Zwischen Nietleben und Angersdorf finden sich noch mehrere Steinbrüche im Muschelkalk, bei Angersdorf selbst aber bestehen die sanften Abhänge der Ebene gegen die Aue aus den weissen und grünlichen Thonen und mürben Sandsteinen, die als oberste Abtheilung der bunten Sandsteinformation beschrieben worden sind. Häufig von diluvialen Lehmen bedeckt, ziehen sich dieselben längs der Halle-Querfurther Chaussee über die Dör- fer Schlettau, Beuchlitz, Holleben und Dölitz am Berge hin. Hier dehnt sich der Sandstein nach Westen aus, verschwindet jedoch sehr bald wieder unter der Lehm- decke, so dass in der ununterbrochenen Ebene bis nach Deutschenthal der Verlauf der Grenze unmöglich anzugeben ist. Hier aber bildet der Etzdorfer Bach ein tief- eingeschnittenes Thal, dessen beide Wände aus den weissen Sandstemen und Tho- nen bestehen, deren Auflagerung auf die bunten Mergel in Mittel-Deutschenthal be- obachtet werden kann. Verfolgt man den Wasserlauf aufwärts bis an die Etzdorfer Mühle, so findet man in nicht grosser Entfernung; von dem nördlichen Ufer über- all die Braunkohlenformation aufgelagert. In der Richtung nach Wansleben, wo in u a dem Dorfe selber wieder die bunten Mergel zu Tage treten, kann die Grenze nur aus der Lage einzelner Steinbrüche vermuthet werden, in denen wieder unter einer ziemlich starken Lehmschicht die weissen Sandsteine der oberen Abtheilung anste- hen, die sich hier, wie schon erwähnt, an mehrern Stellen durch ihren Mergelge- halt auszeichnen. Ob nun von Wansleben aus die Tertiärbildung sich unter dem See selber ausdehnt, kann nicht nachgewiesen, wohl aber aus der flachen Uferbil- dung längs der ganzen Westseite mit Wahrschemlichkeit vermuthet werden. Erst wieder nördlich von dem Langenbogener Schachtberge erheben sich die Seeufer, und bestehen aus rothen Sandsteinen in Verbindung mit bunten Mergeln, welche auch hier, wie an dem südlichen Ufer zwischen Wansleben und Amsdorf, kleine Braun- eisensteinflötze führen. Von Langebogen bis Lieskau bildet der in’ seinem Verlaufe beschriebene Mansfelder Muschelkalkzug die Grenze der Braunkohlenformation, meist mit nicht unbeträchtlicher Erhebung über dieselbe. Von der südlichsten Spitze, ei- nem flachen Hügel zwischen Eisdorf und Pfützenburg, auf dem eine Windmühle steht, wendet sich die Grenze bogenförmig gegen Norden nach Lieskau, in dessen Nähe, bei Schiebzig an der Saale, der bunte Sandstein mit sehr entwickelten Rogen- steinlagern auftritt, seinerseits wieder auf Zechstein, Rothliegendes und Porphyr ru- hend, die von hier aus das Tertiärgebirge ununterbrochen bis westlich von der halli- schen Irrenanstalt begrenzt.’ Die Chaussee von Halle nach Eisleben theilt dieses Landstück in zwei fast gleiche Hälften, deren Oberflächenbeschaffenheit eine auffallende Verschiedenheit zeigt. Der südliche Theil bildet eine fruchtbare Ebene, die fast überall von diluvia- lem Lehm bedeckt ist, der nördliche dagegen ein stark coupirtes Terrain. Ausge- dehnte Hügelreihen erheben sich in der Nähe von Nietleben und begleiten die Eis- leber Chaussee bis in die Nähe von |Bennstedt. Von dem höchsten Punkte derselben, dem Kuhberge, bei Vorwerk Granau, übersieht man nach Nord-Osten hin ein wel- lenförmiges Land, aus dem sich hin und wieder einzelne höhere Hügel erheben. Hier bilden überall die feinkörnigen tertiären Sande die Erdoberfläche, die nur durch eine spärliche Vegetation einigen Zusammenhalt erhält; wo diese fehlt, wie auf den Höhen um Nietleben und Granau, wird der bewegliche Formsand von dem leisesten Winde in unerträglichen Staubwolken fortgerissen. Eine echte Sandflora, wie sie auf der linken Seite der Elbe selten vorkommt, bildet die Dölauer Haide. Gegen Westen, nach der Muschelkalkgrenze zu, verflacht sich das Land. Ein Thongehalt giebt dem Boden Consistenz und macht ihn der Agrieultur zugänglich. Die Hauptmasse des Tertiärgebirges bilden Sande aller Varietäten und Letten, ja fast reiner weisser Pfeifenthon an der Muschelkalkgrenze zwischen Bennstedt und Lieskau. Braunkohlenflötze selbst, in der Regel zwei über einander, erfüllen unter einer sehr variabelen Deeke von Sanden und Letten, den inneren Theil des von der Tertiärformation eingenommenen Raumes. Wie gewöhnlich findet auch hier die grosse Unregelmässigkeit in den Lagerungsverhältnissen statt, welche das Braunkoh- lengebirge characterisirt. Die Kohlenflötze erfüllen Mulden und Sättel, Thäler oder Berge, so dass sie häufig zu Tage gehoben werden, sich.unterirdisch auskeilen oder auf weite Strecken verdrückt werden, um sich wieder in den tiefsten Punkten der Mul- den oder Wellen in ungewöhnlicher Mächtigkeit anzulegen. An den Formationsgren- zen, namentlich in den weissen Letten von Bennstedt und Lieskau, finden sich stock- förmige Massen von Braunkohle, oft von nicht grösserer Ausdehnung im Strei- chen als in der Mächtigkeit. Wenn überhaupt in dem Folgenden von einem Strei- chen und Fallen von Kohlenflötzen gesprochen wird, so bezieht sich das stets auf die Mulden- oder Sattellinie, nie aber auf das Flötz als Ganzes. Nicht einmal der Parallelismus des Streichens, den Plettner für die Seeundär-Mulden und Sättel eines Kohlenrevieres in der Mark Brandenburg, gewöhnlich beobachtet hat, findet hier statt, und das steile Fallen der märkischen Braunkohlenflötze fehlt gleichfalls. Noch verworrener sind die Lagerungsverhältnisse des Deckgebirges durch die grosse Mamnigfaltigkeit der Massen, welche es constituiren; Sande und Letten in allen ihren zahlreichen Varietäten wechsellagern, oder verdrängen einander, bilden Nester, ja selbst Stöcke von nicht geringer Grösse in der einen oder der anderen Masse. An- derseits alterniren kaum Messerrücken -starke Schichten von gelbem Formsand hun- dertfach mit eben so schwachen Lagen eines gelben oder braunen plastischen Tho- nes, und bilden so äusserst zierlich gestreifte Massen, in denen die Bestandtheile des gewöhnlichen Letten sich getrennt haben. In solchen Fällen tritt die Schichtung aufs schärfste hervor, seltener in Ebenen, als in verworrenen bisweilen beinahe sphä- rischen Flächen. Häufig fehlen Tertiärschichten im Hangenden der Kohle gänz- lich, dieselbe tritt unter einer schwachen Dammerdendecke zu Tage, oder diluviale Lehme und Kiese mit ihren nordischen Geschieben, Feuerstein, Gmeis, Hyperit- gesteine u. s. w. überlagern sie. Von den zahlreichen Gruben dieser Gegend möch- ten sich wohl schwerlich zwei finden, in denen die hangenden Schichten ganz iden- tisch wären. Auffallend dagegen ist die :Einförmigkeit des Liegenden, welches mit wenigen Ausnahmen aus scharfem glimmerfreien Sande (Plettner’s Kohlensand) ;be- u BE steht, in dem nur grössere Quarzbruchstücke sich finden}; kieselige Coneretionen sind in ihm gleichfalls nicht selten, durch Beimengung kohliger Substanz erhalten seine oberen Schichten eine dunklere Färbung und gewisse Consistenz, auch’ ein Gyps- gehalt findet sich bisweilen in diesen sandsteinartigen Bildungen. Die Beschaffenheit des Braunkohlengebirges wurde an den durch bergmänni- sche Arbeiten aufgeschlossenen Punkteu wie folgt gefunden. In dem westlichen Felde zwischen Deutschenthal, Eisdorf, Langenbogen und Wansleben bauen die Gruben Louise, Martha, kleiner Wilhelm, Bernhard, die königliche Langenbogener und mehrere neupreussische nach den Besitzern benannte. Auf der Louise und den benachbarten neupreussischen Gruben liegt unter der Ackerkrume: «) grober Sand, aus abgerundeten gelblichen ‘oder wasserhellen Quarzkörmern bestehend, der häufig in Kies übergeht; £) unreiner sandiger Lehm, der in den tieferen Partien plastischer und dunk- ler braun gefärbt wird, zahlreiche meist kieselige Geschiebe, neben Brocken der benachbarten Sandsteine und Kalke der Trias, finden sich auch noch in ihm. Beide Massen gehören dem Diluvium an, In der Nähe von Kochstedt bil- det der Sand eine höchst sterile Oberflächenbedeckung, unter anderen Geschieben habe ich auch ein Stück silurischen Kalk mit Chonetes sarcinulatus gefunden. y) Gestreifter Letten-Sand. In wellenförmig gebogenen sehr dünnen Strei- fen alterniren ein ziemlich fetter gelblich brauner Letten und isabellfarbener Formsand. Die Mächtigkeit dieser recht verbreiteten Gebirgsart schwankt zwischen !/; und 2 Lachter. ö) Formsand, der in seinen unteren Partien chocoladenbraun, bituminös und im hohen Grade plastisch wird; °%s bis 1 Lachter mächtig. &) Das Kohlenflötz, von circa 2 Lachter Mächtigkeit, besteht aus einer mil- den erdigen Formkohle, die in den oberen Schichten zimmetbraun, gegen die Teufe zu dunkler und in dem untersten */s Lachter fest und stückig wird. Bituminöses Holz kommt selten vor, und ausser Schwefelkies, in der gewöhnlichen Form als Ver- erzungsmittel von Holzstücken, fehlen fremde Beimengungen. &) Das Liegende ist nur in unmittelbarer Nähe des Flötzes bekannt, wo es aus einem Gemenge von Kohlentheilen und scharfem Sande besteht, der häufig grössere Quarzbruchstücke, aber keinen Glimmer enthält. Das Flötz, auf dem die Louise baut, bildet eine Mulde mit ostwestlichem Abh, d. Nat. Ges, zu Halle. 4. Band. 3 BE - Streichen, die sich von dem Grubenbaue aus nach allen Richtungen heraushebt, nirgends aber zu Tage ausgeht. Gegen den See zu setzt es wieder in die Teufe, und tritt in der benachbarten königlichen Grube bei Langenbogen in sehr bedeutender Mächtig- keit auf. Hier ist der Formsand im Hangenden mehr als an irgend einem anderen Punkte der Gegend entwickelt, und verdrängt bei einer Mächtigkeit von 4 bis 5 Lachter den gestreiften Letten-Sand. Gegen Siiden in derMartha hat das Flötz eine Mächtigkeitvon 3 bis 4 Lach- ter, und liegt unter einer Decke von Kies, Lehm und Formsand, denselben Gestei- nen wie auf der Louise, welche zusammen hier 6 bis 8 Lachter Mächtigkeit errei- chen. Das Einfallen des Flötzes ist östlich, und hebt es sich bei verringerter Mäch- tigkeit sehr allmälig nach dem See zu, gegen Westen, heraus, wie die Bohrarbeiten der neuen Grube Bernhard beweisen. Oestlich, in der Nähe von Deutschenthal, liegt zunächst an der Grube Louise die Grube Henriette, wo das Flötz ein Haupteinfallen gegen Norden zeigt; also zwischen den beiden Gruben wieder eine Mulde zu bilden scheint, welche gegen- wärtig noch nicht durch Baue aufgeschlossen worden ist. Von Tage herein war die Schichtenfolge unter der Ackerkrume: «) Grauer sandiger Lehm mit groben Brocken verschiedenartigster Gesteine; 1'» bis 2 Lachter mächtig. $) Brauner sandiger Letten und gestreifter Letten-Sand (y. Louise). Sehr be- merkenswerth ist in dieser Gebirgsart das häufige Vorkommen von Gypserde, welche als ein gelblich weisses Mehl im Gemenge mit Formsand Nester oder Streifen bil- det, in deren Mitte bisweilen blätteriger Gyps zu liegen pflegt. Vor dem Löthrohr schmolz das Mehl für sich allem in der Pincette, wenn mit Wasser angerührt, auf Kohle als eine zusammenhängende Scheibe getrocknet, leicht zu einem Email, das in der Reductionsflamme leberbraun wird, und mit Wasser befeuchtet auf Silberblech eine sehr intensive Schwefelreaction hervorbringt. Retinit ist gleichfalls bisweilen in grösseren durchsichtigen, bernsteinähnlichen Stücken in diesen Letten gefunden worden. y) Das Kohlenflötz ist im Durchschnitt 21. Lachter mächtig, legt sich jedoch in dem nordöstlichen Stosse des Tagebaues mit 4 Lachter Mächtigkeit an. Ein tau- bes Mittel aus einem braunen thonigen Kohlenbesteg von 6 bis 20 Zoll durchsetzt das Flötz und bewirkt eine Trennung desselben in zwei Abtheilungen, welche in dem ganzen östlicher gelegenen Distriete noch schärfer hervortritt, wo das Zwischen-- = WM lager an Mächtigkeit zunimmt, seine bestegartige Natur ganz verliert, und so zwei Flötze unterscheiden lässt, die bisweilen sogar in noch mehrere gespalten , seltener aber wieder zu einem einzigen vereinigt gefunden werden. Die Kohle ist durch- weg erdig, dunkel gefärbt, mager und brennt mit einer kurzen wenig leuchtenden und russenden Flamme, und hinterlässt sehr beträchtliche Mengen einer schneeweis- sen, aus Gyps bestehenden Asche. 0) Das Liegende ist wieder der scharfe Sand mit grösseren durchsichtigen oder milehigen Quarzkörnern, in feinkörniger Hauptmasse. Ausser dem sewöhnli- chen Gehalt an kohliger Substanz in der Nähe der Flötzgrenze kommt auch Gyps in dem Sande vor, der das ganze Flötz zu einer mürben Sandsteinmasse verkittet doch schon beim Glühen im Platinlöffel zu einem weissen Pulver zerfällt. Friedrich Wilhelm Il., baut auf demselben Flötze, welches zwichen beiden Gruben eine muldenförmige Lagerung besitzt, und sich gegen Westen zu verdrückt, gegen Süden aber gänzlich auskeilt. Die Mächtigkeit desselben beträgt 2" Lachter, und ist unter der geringen Abraumdecke von 3'z Lachter ein schöner Tagebau auf 74 Lachter im Streichen aufgeschlossen. Die Schichtenfolge stimmt ziemlich mit der der benachbarten Henriette überein. Eigenthümlich ist ein scharfer Sand, ohne Glimmer, mit grossen (uarzkörnern, welcher im Hangenden des Flötzes in der ge- streiften Letten-Sandbildung vorkommt und dieselbe stellenweise verdrängt. Es ist dies ein Gestein, wie es sonst im Liegenden der Flötze vorzukommen pflegt. In der Einfahrt zur Grube enthält dieser Sand ein Sandsteinflötz von beinahe Y, Lachter Mächtigkeit, welches auf 15—20 Lachter im Fallen aufgeschlossen ist. Es besteht aus einer chocoladenfarbenen Grundmasse, in der äusserst glänzende Quarzkörner liegen. Das Bindemittel scheint auch hier hauptsächlich kieselig, jedoch nicht ohne Gypsgehalt, und die braune Färbung, die beim Glühen vollständig verschwindet, rührt von organischer Substanz her. Uebergänge finden statt in einen weissen mür- ben Sandstein, der gleichfalls grössere, glänzende Quarzkörner führt. Wichtig ist, wie gesagt, das Vorkommen dieser Concretionen im Hangenden der Kohlenflötze, während sie sonst auf das Liegende beschränkt sind. Das Mittel zwischen den beiden Flötzen tritt in dieser Grube in ganz ei- genthümlicher Beschaffenheit auf. In dem lettigen Besteg kommen sehr häufig Stü- ‚cken sogenannter mineralischer Holzkohle vor, die sonst in dem hiesigen Braun- kohlengebirge selten zu sein pflegt. Sie ist mürbe, zerreiblich, von pechschwarzer Farbe, und dem wirklicher Holzkohle eigenen Sammetglanz, und besitzt eine im 8*F u A hohen Grade vollkommene Holzstructur, die sich schon durch das Abblättern in Richtung der Jahresringe zu erkennen giebt, unter dem Mikroskop aber die eigen- thümlich getüpfelten Zellen der Coniferen in schönerer Weise erkennen lässt, als das best erhaltene bituminöse Holz. Sie entzündet sich leicht, glimmt fort, und brennt selbst im Platinlöffel erhitzt ohne Flamme, hinterlässt eine schneeweisse Asche, die vor dem Löthrohr eine starke Natronreaction giebt, und leicht zur emailartigen Ku- gel geschmolzen wird. In Nestern liegen neben der mineralischen Holzkohle stark glänzende, gleichfalls pechschwarze Massen von gagatartigem Ansehen, bedeutender Härte und Festigkeit. Erhitzt verbrennen sie mit langer und russender Flamme, un- ter Verbreitung eines bituminösen, steinkohlenartigen Geruches, der sich so auffal- lend von dem unangenehmen Geruch der Braunkohlen unterscheidet. Irisirende Schwefelkiesanfliige vermehren noch die äussere Aehnlichkeit mit gewissen Steinkoh- lenvarietäten. Die Vermuthung liegt hier nahe, dass die mineralische Holzkohle das kohlige Residuum, die Pechkohlennester aber Reste der harzigen Substanz desselben Koniferenholzes ausmachen. i Das Liegende ist auch hier wieder ein scharfer Kohlensand von derselben Beschaffenheit wie auf der Henriette 0. Oestlich von der Henriette treibt die Gottesbelohnung einen unterirdischen Bau auf demselben Flötze, welches sich in dem westlichen Felde dieser Grube, also gegen die Louise hin, auskeilt. Der gegenwärtige Förderschacht hat ein Flötz von 2'/ Lachter Mächtigkeit unter 10 Lachter Deckgebirge erschroten, während 160 Lach- ter nördlich von demselben nur noch */ Lachter Kohle unter 4'/s; Lachter Abraum steht, so dass auch in dieser Richtung, in noch ziemlich bedeutender Entfernung von der Formationsgrenze gegen den Muschelkalk zwischen Langenbogen und Koch- stedt ein Auskeilen stattfindet. Gegen Osten aber wurden noch 230 Lachter von dem Förderschachte m 12 Lachter Teufe 1Y» Lachter Kohle gefunden, ohne dass das Flötz durchbohrt worden wäre. Das Liegende bildet ein scharfer Kohlensand. Ueber das Hangende konnte ich in dem verzimmerten Schachte nichts ausmitteln, und die. gewöhnlichen Angaben von Mergel, Thon, u.s.w. verdienen gar keiner Beachtung, denn nirgend findet man wohl eine seltsamere Verwirrung als in den Bezeichnun- gen, welche der Braunkohlenbergmann seinen Gesteinsarten giebt. Friedrich Wilhelm östlich von der Gottesbelohnung baut auf einer Mulde desselben Flötzes, welche nordwest-südöstlich streicht, und sich gegen Norden und Sü- den heraushebt, ohne dass indess. ein Auskeilen stattfände, da das Grubenfeld gegen u Norden an das der königlichen Grube zu Zscherben,' gegen Südosten aber an das der neupreussischen, Herrn Madai gehörigen grenzt, in denen beiden mächtige Koh- lenflötze bekannt sind. Der Maschinenschacht im Tiefsten der Mulde hat 4'/s Lach- ter Kohle erschroten, welche durch '/ Lachter mächtiges thoniges Mittel in zwei Flötze getheilt ist. Das Deckgebirge besteht aus Lehm, gestreiftem Letten-Sand, Letten und reinem Formsand, welcher letzterer als unmittelbar Hangendes sich am mächtigsten in kleinen muldenförmigen Verdrückungen des Flötzes ablagert. Das Liegende ist wieder der scharfe Kohlensand, in dem recht häufig lose Quarzitknollen angetroffen werden. In den Madaischen Tagebauen zwischen Friedrich Wilhelm und Beuchlitz ist’ die Schichtenfolge: «&) Gelber Lehm des Diluvium. #) Brauner sandiger Letten, in dem nicht selten Retinit vorkommt. y) Gestreifter Letten-Formsand, ö) Das Kohlenflötz. &) Kohlensand, durch feines Korn ausgezeichnet. Zu einer sehr bedeutenden Mächtigkeit finden sich die Kohlenflötze in der Zscherbener Grube entwickelt, überlagert von: «) Grauem Lehm mit grobem Diluvial-Sand, */, bis 1 Lachter mächtig. #) Höchst characteristischem Formsand, bald schneeweiss, bald gelblich ge- färbt, von Eisenoxyhydrat, wird beim Glühen röthlich, 2 bis 4 Lachter. Ein’ höchst feiner, fast staubiger Formsand, der durch organische Substanz eine isabelle Farbe besitzt. y) Das Oberflötz aus gewöhnlicher Formkohle bestehend, 1 bis 1’ Lachter mächtig. Formsand 3 bis 5 Lachter mächtig, vollkommen identisch mit #. Das zweite Flötz % Lachter. Das Liegende ist hier eine der eigenthümlichsten Bildungen, welche der Braun- kohlenformation in dem ganzen, untersuchten, Distriete angehören. Es besteht in einer reinen glimmerfreien mehlartigen Kieselmasse von erstaunlicher Feinheit, in der nur hier und da einzelne grössereckige Quarzkömer liegen. Bald stellt die Masse ein äussert lockeres Mehl dar, bald, und dies pflegt in der unmittelbaren Nähe des Flötzes zu sein, eine festere bräunlich gefärbte zusammenhängende Masse. Lose Blöcke und Bänke von Quarziten liegen zerstreut in derselben. Unter dem Mikro- 3 skop zeigen die feinen Körnchen, deren Durchmesser 0,001 bis 0,002 pariser Linien beträgt, während der des grösseren eckigen bis 0,02 steigt, die Eigenschaft der amorphen Kieselsäure, die Polarisationsebene des Lichtes nicht zu drehen, und un- terscheiden sich dadurch aufs auffallendste von allen anderen Sanden. Infusorien- schaalen oder sonstige organische Reste finden sich in ihnen ebenso wenig, wie in ir- gend einem anderen der von mir untersuchten Gesteine. Es soll dieses feine Kiesel- mehl in der Tiefe in einen weissen Letten, ähnlich dem von Lieskau und Cölme übergehen, der seinerseits auf dem Muschelkalk ruht. Zahlreiche Bohrlöcher des Zscherbener Revieres, sowie zwei Brunnen im Dorfe selbst haben den Muschelkalk in Teufen zwischen 10 und 22 Lachtern angefahren. Nordöstlich mit dem Zscherbener Felde zusammenstossend liegen die ausge- dehnten Grubenbaue des Neuglücker Vereins zwischen dem Dorfe Nietleben, Lies- kau und dem Vorwerk Granau. In dem südlichen Theile des Grubenfeldes in der Nähe des verlassenen Tagebaues besitzt das Oberflötz eine durchschnittliche Mäch- tigkeit von 2, das Unterflötz aber von 5 Lachtern. Ja in unmittelbarer Nähe des östlich von Nietleben zu Tage tretenden Muschelkalks legt sich das Unterflötz in der ganz abnormen Mächtigkeit von 9 Lachtern an. Beide zeigen ein schwaches aber sehr constantes Fallen gegen Süden, wo sie mit den Zscherbener zusammenhängen, und gehen in einen breiten Bogen gegen Osten, Norden und Westen in der Dölauer Haide unter einer schwachen Sanddecke aus. Die Baue des sogenannten Wachholder -Re- vieres bewegen sich auf dem Ausgehenden. Schon oben, wo von der Configuration des Landes die Rede war, wurde der ausserordentlich mächtigen Sandablagerungen zwischen Nietleben und Granau erwähnt. In den Kuhbergen ist ein ziemlich feiner scharfer Sand, der beinahe in Formsand übergeht, in einer Mächtigkeit von 15 Lach- ter abgelagert. Ausser den hier nicht selten schichtenweise emgemengten schwarzen Körnchen, wahrscheinlich Hornblende, enthält er keine fremden Substanzen, und wird seiner grossen Reinheit wegen in einer sehr ausgedehnten Grube gewonnen, um die ganze Umgegend mit Streusand zu versorgen. In dem am östlichen Fusse des Kuhberges gelegenen Tagebau ist die Schich- tenfolge: 1‘ Lachter gelblicher nordischer Lehm. 3—4 Lachter scharfer Sand, meist weniger rein als in dem Kuhberge, von braunen eisenschüssigen Streifen durchzogen, und durch thonige Beimengung ver- unreinigt. =— u 1 Lachter brauner Letten, der auch hier wieder fälschlich Mergel genannt wird, und eine ausserordentliche Menge sphärischer Schwefelkiesmassen, hallische Pommeranzen, führt. In dem nordöstlichsten Theile unserer Tertiärablagerung, wo in der Nähe der Porphyre taube Sandmassen herrschen, findet sich noch bei Dölau eine kleine sepa- rate Kohlenablagerung ohne Zusammenhang mit dem eben beschriebenen Hauptflötz von Nietleben, Zscherben und Deutschenthal. Westlich von der Dölauer -Kirche erhebt sich nämlich ein ziemlich bedeu- tender Sandhügel, ganz ähnlich den vielen isolirten Kuppen in der Dölauer Haide. An dem östlichen Abhange desselben tritt ein wenig aushaltendes Kohlenflötz zu Tage, auf dem die Anna baut, es ist fast horizontal, mit sehr geringer östlicher Neigung gelagert, und keilt sich schon, wie' die Tagesstrecke beweist, in 40 Lachter Entfer- nung von dem Ausgehenden, unter dem Hügel selbst aus. Die Schichtenfolge auf der Anna ist: !/a Lachter gelblicher scharfer Sand. "a „» brauner Letten. Aa „ Isabellfarbener Formsand. Ss „ reiner weisser Formsand. Aa „»„ schwarzbrauner kohliger Formsand. Ss » höchst unreine, durch Sand und erdigen Gyps beinahe unbrennbar gemachte Kohle, welche durch einen Sandstreifen von 6 Zoll! bis 1% Lachter Mäch- tigkeit in zwei Bänke getheilt ist. 6 bis 8 Zoll kohliger Formsand. !a Lachter reinere Kohle. Das Liegende besteht aus einem gemeinen Kohlensand von Mohnkorngrösse. Unter diesem findet sich in der benachbarten Thongrube zwischen dem Dorfe Dölau und der Kirche ein weisser glimmerhaltiger und sandiger Letten identisch mit dem von Lieskau und Bennstedt. Derselbe ist mit einem neuen in der Nähe der Kirche angesetzten Schacht der Steinkohlen-Zeche Humboldt in 4 Lachter Mächtigkeit durch- sunken, wo er auf den rothen sandigen Schiefern des Grandgesteins der Steinkoh- lenformation ruht. Noch eine dritte Braunkohlenablagerung erfüllt den norwestlichsten Theil un- seres Terrains in muldenförmiger Gestalt. Ihr Ausgehen in nördlicher, nordwest- licher und östlicher Richtung in einem Kreisbogen von circa 300 Lachter Radius, 1 SR um die Fundgrube der Eintrachtzeche ist erwiesen, bei dem Haupteinfallen des Flötzes gegen Süden scheint aber ein Zusammenhang mit dem grossen Nietleben- Zscherbener und Deutschenthaler Flötz statt zu finden, auf dem die benachbarte Sophie im Osten vom Dorfe Bennstedt baut. Auf dem Schachte No. 1 wurden nach Angabe des Steigers durchsunken: 7°/; Lachter Deckgebirge aus Lehm, sandigen Letten und Formsand bestehend. 1°% „7% Kohle. 3% » brauner Sand. Os „ sandiger Letten. As »„ Kohle. %g ,„ sandiger Letten. 2's „.» Kohle: Das Liegende ist nicht bekannt. Längs der Muschelkalkgrenze, welche sich in ' Meile Länge bogenförmig zwischen den Dörfern Lieskau und Bennstedt hinzieht, liegt unmittelbar unter der Dammerde eine Lettenmasse von eigenthümlichem Character, wie wir sie schon spo- radisch vorkommend in den Thongruben von Dölau angetroffen haben. In der reinsten Varietät, welche vielfach zur Darstellung von Charmottesteinen und Kap- seln für die Porcellanfabriken gegraben wird, besteht sie aus einem fetten weissen Thon im Gemenge mit Formsand, und unterscheidet sich schon durch die Glim- merblättehen desselben und das magere Anfüihlen von der ihr sonst ähnlichen Porcellanerde, dem so berühmten Zersetzungsproducte der hallischen Porphyre. Auch Gypskrystalle sind nicht selten, und ein wenn auch geringer durch die ganze Masse vertheilter Gypsgehalt zeigt sich bei der Behandlung vor dem Löthrohr deutlich ge- nug. Dass übrigens die Feuerbeständigkeit dieses Materials nicht sehr gross ist, be- weist seine Unanwendbarkeit zu Steinen, die hohen Hitzegraden zu widerstehen ha- ben; auch vor dem Löthrohr runden sich dünne Splitter an den Kanten ab. An- drae (Erläuterungen zur geognostischen Karte von Halle pag. 75) vermuthet in dieser Substanz das Product einer Anschwemmung zersetzter Porphyrmassen; indess auch an entlegenen Orten, wie zu Bornstedt und in dem Holdenstedter Becken, treten dieselben Pfeifenthone, und zwar noch weniger durch Formsand verunremigt, wie- der auf. In einigen der zahlreichen Thongruben dieser Localität; ist Kohle in Ver- bindung mit Formsand angetroffen worden, stets aber bildet sie vereinzelte Nester oder kleine stockförmige Massen. Dass unter dem weissen Letten hin und wieder Zr sandige Schichten auftreten, hat man in einigen Schächten beobachtet, in anderen und in Bohrlöchern ist die unmittelbare Auflagerung derselben auf den Muschelkalk, bei einer durchschnittlichen Mächtigkeit von 7 Lachter, nachgewiesen. Schon oben wurde des Vorkommens eisenschüssiger Sandsteine innerhalb un- seres Tertiärgebietes gedacht; dieselben sind an die tauben Sandbildungen der Dö- lauer Haide gebunden. Ausgezeichnet ist ihr Vorkommen auf dem Steinberge, ei- nem der höchsten Hügel der Haide, der aus einem ziemlich grobkörnigen scharfen Sande besteht. Ein mächtiges horizontal gelagertes Flötz bildet unter einer Decke lockeren Sandes die Kuppe des Hügels.. Merkwürdig ist das häufige Vorkommen von Coniferenholz, dessen Poren vollkommen mit Eisenoxydhydrat infiltrirt sind, wäh- rend die Holzmasse selbst ganz verschwunden ist. Ein Beweis, dass sich organische Massen in den Sanden nur unter besonders günstigen Umständen erhalten konnten, gewöhnlich aber dem zersetzenden Einfluss der Atmosphärilien unterlagen. I. Die Kohlenablagerung im Süden des salzigen Sees. Von Amsdorf an der Südseite des salzigen Sees erstreckt sich eine Tertiär- ablagerung über Unter- und Ober-Röblingen bis Erdeborn. Die Grenze läuft von dort ungefähr in geräder Linie nach Schraplau, und von hier an bildet der Mu- schelkalk mit steil gegen Norden fallenden Abhängen eine sehr scharfe Begrenzung in südöstlicher Richtung über Stedten bis nach Asendorf. Die östliche Grenze aber gegen die Ebene des bunten Sandsteins ist nur in unbestimmtesten Umrissen nach dem Aufschlusse kleiner Wasserläufe, oder den Wänden niedriger Hügel zu vermu- then. Auf den meisten geognostischen Karten findet man diese Kohlenablagerung mit der grossen östlicheren im ununterbrochenen Zusammenhange angegeben. Was die Seeufer zwischen Wansleben und Amsdorf betrifft, so ist schon oben erwähnt, dass in denselben die Mergel des bunten Sandsteins mit Brauneisensteinflötzen zu Tage treten. Ebenso besteht die Gegend um den Etzdorfer Bach oberhalb Etzdorf aus buntem Sandstein, wenn daher, was weder entschieden bejaht oder verneint wer- den kann, ein Zusammenhang stattfindet, so müsste dies zwischen den beiden ange- gebenen burten Sandsteinzügen der Fall sein, und in der That sollen hier Bohrun- gen mächtige lose Massen, aber keine Kohlenflötze nachgewiesen haben. Da übri- gens die grosse östliche Ablagerung, so wie die von Stedten und Röblingen, bis an die Seeufer treten und ohne Zweifel unter dem Wasserspiegel fortsetzen, so ist schon hierdurch der Zusammenhang beider als erwiesen anzusehen. Eine gewisse Ver- Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4. Band, g ee schiedenheit in der Zusammensetzung der Massen, welche beide Becken constituiren, ist aber durch das Zurücktreten der reinen Sande in dem westlicheren unverkenn- bar, welches so einen Uebergang zu den Kohlenablagerungen innerhalb der Mans- felder Triasmulde bildet. Walters Hoffnung bei Stedten. Der westliche Theil des Dorfes Stedten hegt auf dem Abhange des Querfurther Muschelkalkplateau, an welches sich unmittelbar die Braunkohlenformation in grosser Entwickelung anlegt. In dem ausgedehnten Tagebau der dicht bei dem Dorfe liegenden Grube folgt unter einer Dammerdedecke von '/ Lachter. «) '; Lachter wenig sandiger gelber Lehm mit Milchquarzbrocken und gros- sen nordischen Geschieben. @) 1' Lachter sandiger Letten von ziemlich lichter Farbe mit sehr zahlrei- chen Glimmerschuppen und Formsandkörnern. Die Milchquarzbrocken fehlen auch in diesem Gestein nicht. In den unteren Partien wird die Gebirgsart noch sandiger und enthält häufig in Nestern und kleinen Flötzen ganz reinen Formsand ausgeschieden. y) Ya Lachter Formsand. ö) 2'/a Lachter bräunlich oder isabellfarbener Letten von derselben Beschaf- fenheit wie £, der auch hier wieder Mergel genannt wird, obgleich ihm, wie allen ähnlichen Massen, jeder Gehalt an kohlensaurem Kalk abgeht. Er zeigt eine grob- schieferige Ablösung, auf deren Flächen häufig Abdrücke dieotyledonischer Blätter vorkommen. Andrae (Erläuterungen pag. 90) erwähnt diese eigenthimliche Schicht. Es war mir nur möglich zwei schlecht erhaltene Exemplare zu finden, die wahr- scheinlich einer Laurus-Art angehören. &) 21’; bis 3 Lachter Kohlenflötz von der gewöhnlichen erdigen Beschaffen- heit. Die licht braun gefärbten oberen Lagen zeichnen sich durch einen hohen Bitumengehalt aus, die unteren sind dunkeler, fester und stückig. Nur an dem Aus- gehenden auf dem südlichen Flügel ist die Kohle mit Gyps verunreinigt; Schwe- felkies dagegen findet sich nicht selten in allen Schichten als Vererzungsmittel von Holzstücken. Nur durch Bohrarbeiten bekannt sind die tieferen Schichten, die aus 2 Lach- ter sandiger Letten und 2"; Lachter Kohlenflötz bestehen sollen. Der umfangreiche Tagebau bewegt sich gegenwärtig noch auf dem Oberflötz, welches in einen prächtigen Stoss von 350 Lachter Länge blosgelegt ist. Die La- gerung ist beinah horizontal. Nur gegen Westen heben sich die Ränder an dem Muschelkalk steil zu Tage heraus. Die ununterbrochene Fortsetzung in südöstlicher Richtung bis nach Asendorf ist durch Bohrungen nachgewiesen, die Ausdehnung nach Norden aber nicht ermittelt. In dieser Richtung hat zwar die ehemalige Grube Adolf ein Flötz aufgebaut, welches aber von geringer Ausdehnung und starker mul- denförmiger Lagerung gewesen sein soll, wohl also eine kleine Separatmulde gebil- det hat. Friederike bei Asendorf. Beide Flötze, welche bei Stedten in so bedeutender Mächtigkeit bei wenig gestörter Lagerung getroffen werden, bilden hier eine Mulde mit südöstlich -nordwestlichem Streichen, deren Tiefstes durch den Maschinenschacht der genannten Grube bis auf den Muschelkalk in 15 Lachter Teufe durchsunken worden ist. Die hangenden Schichten bestehen aus Lehm, sandigem Lehm, Letten, also mit Ausnahme der Blätter führenden Letten-Schicht eine Wiederholung der Massen, die bei Stedten auftreten. Das Oberflötz zeigt sich in sehr variabler Mäch- tigkeit von 1 Lachter bis auf wenige Zolle herab, verschwindet oft gänzlich, oder vereinigt sich durch Auskeilen der sandigen Mittel mit dem unteren, welches bei re- gelmässiger Lagerung eine Mächtigkeit von °% bis '/a Lachter besitz. Auf dem Ma- ‚schinenschacht wurden durchsunken: /; Lachter Dammerde. "8 „ Lehm. 1 „ lehmiger Sand. 2° „ brauner sandiger Letten. “le » fast reiner blaugrauer plastischer Thon. 1% » brauner thoniger Letten. , 2, „ Formsand. %s » Kohlenbesteg, bituminöser Thon. u 201 /Obexflotz 1°, „ grauer sandiger Letten. _ .„.. Kohlenbesteg. » Unterflötz. !e » 5” kohliger, brauner, scharfer Sand. Muschelkalk. In beiden Flötzen der Friederike ist bituminöses Holz häufig, und Retinit so- wohl in der festen durchsichtigen, als in der milden Varietät nicht selten. Die Kohle 9 * ri ci ist durchweg von derselben vorzüglichen Qualität wie die von Walters Hoffnung; ent- zündet sich sehr leicht, brennt mit langer leuchtender Flamme und besitzt einen ganz ausserordentlich geringen Aschengehalt. Laura. An dem Wege von Schraplau nach Ober-Röblingen erhebt sich mit einem ziemlich steilen Abfall gegen Norden ein niedriger Sandhügel, dessen Südseite sich sehr allmälig verflacht. Mächtige diluviale Lehmmassen voller nordischer Ge- schiebe setzen die Kuppe zusammen. Dann folgen die braunen Letten des Tertiär- gebirges in Verbindung mit bläulich grauen plastischen Thonen. Am Fuss des Hü- gels zieht sich das Ausgehende eines Kohlenflötzes mit nord-südlichem Streichen hin, bei einem sehr schwachen westlichen Einfallen. Bis auf 120 Lachter im Streichen ist die Kohle durch eine Tagesstrecke verfolgt, und hat sich in dieser Entfernung bis zu '/), Lachter Mächtigkeit verdrückt; die mittlere Mächtigkeit beträgt ungefähr 1 Lachter. Auf dem ganzen östlichen Flügel ist das Flötz so stark mit erdigem Gyps verunreinigt, dass es unbauwürdig wird. Der westliche dagegen liefert eine brauch- bare Formkohle, welche trotz ihrer auffallend dunkelen Farben stark bituminös ist. Wilhelmine bei Erdeborn. In einem schmalen zungenförmigen Streifen zieht sich die Braunkohlenformation gegen Westen auf drei Seiten vom bunten Sandstein umgeben in dem sogenannten Zellgrund bis in die Nähe des Dorfes Erdeborn, und führt hier ein mächtiges Kohlenflötz, das in dem ansehnlichen Tagebau der Wil- helmine auf 400 Lachter im Streichen blosgelegt ist. Ein schwaches Fallen gegen Östen findet statt, während das Ausgehende gegen Westen zu, nahe der Forma- tionsgrenze, bei der Erdeborner Ziegelei zu Tage trit. Die 3'% bis 4 Lachter mäch- tige Kohle ist durchweg erdig, licht gefärbt und durch Gypserde sehr stark verun- reinigt. Beachtenswerth ist die grosse Häufigkeit des erdigen Retinites, der gleich-* falls nesterweise im Flötz vertheilt liegt, er bildet ein sehr mildes honig- bis schwe- felgelbes Mehl, das erhitzt zusammenschmilzt und unter Entwickelung eines bern- steinähnlichen Geruches mit sehr leuchtender und russender Flamme verbrennt. Ausgezeichnet ist diese Localität ferner noch durch das Vorkommen von Saamen mit gut erhaltener Epidermis, in der Hr. Dr. Oschatz Milchsaftgefässe gefunden hat, ohne dass ihm jedoch eine Bestimmung des genus gelungen wäre. Das Hangende des Flötzes ist von sehr geringer Mächtigkeit, höchstens 3 Lach- ter, und fehlt stellenweise ganz, so dass die Kohle unmittelbar unter der , Damm- erde liegt. Es besteht aus emem groben Diluviallehm, unter welchem ein scharfer glimmerfreier Sand, wie er gewöhnlich auf das Liegende der Kohlenflötze beschränkt ist, sich besonders entwickelt in und den Verdrückungen des Flötzes selbst anlegt. Das Liegende ist ein weisslich grauer Letten, der aber nirgends bis auf den bunten Sandstein durchsunken ist. I. Die Kohlenmulde der Querfurther Gegend. Im Osten der Stadt Querfurth bildet der Muschelkalk ein sehr flaches, ge- schlossenes Becken, welches von der Hallischen Chaussee durchschnitten wird. Un- ter einer starken Lehmablagerung markiren sich die Formationsgrenzen gegen Osten und Süden wenig, wohl aber gegen Westen. Der ganze höher gelegene Theil der Stadt um das Schloss herum steht auf Muschelkalk, dessen Schichten in dem tie- fen Schlossgraben sehr schön aufgeschlossen sind und eine Fundstätte zahlreicher Versteinerungen bieten. Im Osten der Stadt auf der nördlichen Seite der Chaussee wird die mächtige Lehmablagerung in zwei Gruben für Ziegeleien ausgebeutet. Die obersten Schich- ten unter der Ackerkrume sind gelblich braun, sehr grobsandig, fast ganz un- plastisch und stecken voller Geschiebe nordischer Abkunft, unter denen besonders die Feuersteine der weissen Kreide vorherrschen. Zwei Exemplare von Galerites vul- garis und ein Stielglied eines Pentacrinus habe ich in dieser Lehmgrube gefunden. Granit, Gneis, Hypersthengesteine kommen ebenfalls vor, und häufig neben ihnen Milehquarze des Uebergangsgebirges und Quarzit der Tertiärformation. Nesterweise liegt m dem Lehm grobkörniger Sand, von durchsichtigen, gelblichen, abgerunde- ten Quarzkörnern mit frischem rothen Feldspath. Die untere, 1D—15 Fuss mächtige Schicht dieses Lehms ist frei von Geschie- ben, enthält weniger Sand und wird für die Ziegelfabrication gebraucht. Auf der Lagerstätte hat die Masse eine schmutzig graugrüne si und ist nur auf den Kluftflächen rostbraun. Tiefere Schichten waren hier nicht entblösst, nach Aussage der Arbeiter aber bestehen sie aus einem bläulich grauen, plastischen Thon, der Nester einer sehr un- reinen, kaum brennbaren Kohle enthält. Auf der Südseite der Chaussee ist ein Kohlenflötz von nicht geringer Aus- dehnung aufgeschlossen, auf dem die Amalie baut. Dasselbe ist regelmässig mulden- förmig gelagert, und von dem Maschinenschachte, der folgende Schichten durch- teuft, im Tiefsten angefahren: u A m 3 Lachter sandiger Lehm mit Geschieben. 1 „ grünlich grauer, reiner Lehm. 2 „ sandiger Letten. 1 „ grober tertiärer Kies aus scharfeckigen Milchquarzbrocken von meh- reren Linien Grösse bestehend, die in einem kleinkörnigen scharfen Sande ohne Glimmer liegen. Stellenweise macht dieser Kies das unmittelbar Hangende des Flötzes aus, stellenweise legt sich noch eine sandige Lettenbank dazwischen. Das Flötz besteht aus einer ziemlich festen schwarzen Erdkohle von geringem Bitumgehalt, die eine durch Eisenoxyd röthlich gefärbte Asche, aus Gyps und Thon bestehend, hinterlässt. Die Mächtigkeit schwankt zwischen Y» und 4 Lachter. Meist ist es durch ein 3 bis 6“ starkes Mittel von braunem plastischen Thon, das sich bald dem Hangenden bald dem Liegenden nähert, in zwei Bänke getheilt. Das Liegende bildet ein grauer plastischer Thon von '» bis 1 Lachter, der unmittelbar auf dem Muschelkalk liegt, dessen Schichten in Folge der undurchlas- senden Thonbedeckung und der muldenförmigen Lagerung äusserst wasserfüh- rend sind. Die mächtigen diluvialen Lehme verbreiten sich weit über das Gebiet der kleinen Tertiärablagerung im Norden bis auf die Höhe von Dörklitz, welche noch mit grossen erratischen Blöcken übersäet ist, während auf dem Abhang ‚nach dem salzigen See der unfruchtbare Muschelkalk selbst vielfach zu Tage tritt. IV. Die Kohlenablagerungen innerhalb der Mansfelder Triasmulde. Die Stadt Eisleben liegt an dem nordwestlichsten Ende eines weiten und fla- chen Thales, welches sich in der Streichungslinie des süssen Sees von Südost nach Nordwest erstreckt. Die sanft ansteigenden Gehänge bestehen aus buntem Sandstein, von denen besonders das nördliche in der Gegend von Unter-Riesdorf durch seine zahlreichen Rogensteinbrüche ausgezeichnet ist. Unmittelbar vor den Thoren der Neustadt vereinigen sich beide zu einer Ebene, die nur von dem tief eingeschnitte- nen Thale der bösen Sieben unterbrochen nach Westen zu gegen den Höhenzug des Rothliegenden sanft ansteigt. Der tiefste Theil dieses Thals, in dem die böse Sieben und die Wasser des Steinmetz-Grundes dem süssen See zufliessen, ist von feuchten Wiesen bedeckt. Unter einer moorigen starken Rasendecke liegt eine dun- kelbraune humöse Thonmasse, die im feuchten Zustande einen hohen Grad von Plas- 2 — u tieität besitzt. Beim Abschlämmen hinterlässt sie viel feinkömigen Quarzsand und Glimmerschuppen. Vor dem Löthrohr brennt sie sich roth, und schmilzt bei stär- kerer Hitze zu einer dunkel bouteillen grünen Schlacke. Die Masse ist ausgezeich- net durch das häufige Vorkommen von Schalen jetzt lebender Süsswasser - Gastero- poden der Genera Planorbis und Limnaeus neben humösen vegetabilischen Resten. In der Nähe des Wiesenhauses bei Eisleben ist neuerdings eine Ziegelei angelegt worden, welche ihr vortreffliches Material dieser Schicht entnimmt. Bohrversuche haben in dieser Gegend eine Mächtigkeit von 20 Fuss, und ihre Auflagerung auf einen weisslich grauen thonigen Letten der Tertiärformation ergeben. Ein so mäch- tiges Sediment jüngster Bildung in emer Höhe von 50 Fuss über dem gegenwärti- gen Wasserspiegel der Seen beweist die Existenz eines grossen Sisswasserbeckens nach Bildung der Diluvialschichten, welches erst in der jetzigen Periode durch den Durchbruch der Salza theilweise trocken gelegt worden ist. An dem nördlichen Abhange des bunten Sandsteins vor dem Nussbreiter Thor und in der Nähe der ehemaligen Kohlengrube „schwarze Minna“ treten die tieferen Schichten der Tertiärformation als ein glimmerfreier, scharfer Sand zu Tage. Kohlen- flötze sind bisher nur in dem nordwestlicheren Theile der Tertiärablagerung nach- gewiesen. Die schwarze Minna in unmittelbarer Nähe der Stadt baute auf einem sehr schwefelkieshaltigen Kohlenflötze, welches in 10 Lachter Teufe unter einem aus Letten und Thonen bestehenden Deckgebirge lag. Gegenwärtig existirt nur noch eine Halde, die, in Folge des Schwefelkiesgehaltes in Brand gerathen, nicht einmal mehr Aufschluss über die Beschaffenheit der hangenden Schichten giebt. Der Hermann zwischen Eisleben und dem Dorfe Helfta, hat in 30 Lachter Teufe ein erdiges Kohlenflötz erbohrt, auf dem man gegenwärtig einen Schacht nie- derbringt. Bis zu 20 Lachter Teufe steht er im schwimmenden Gebirge aus grauen, gelben oder braun gefärbten Sanden mit sehr wenig thonigem Bindemittel. In 22 Lachter ist eine Schicht grauen plastischen Thones erbohrt, deren grosse Verbreitung und muldenförmige Lagerung aus dem grossen Wasserreichthum der hangenden Schichten wahrscheinlich wird. Die Tagewasser sickern bis auf sie herab und wer- den durch ihre Undurchdringlichkeit gezwungen, ihrem Fallen folgend dem Muldentief- sten zuzufliessen. Westlich von der gewerkschaftlichen Chaussee, die von Eisleben über Mans- feld nach Hettstedt führt, zwischen den Dörfern Helbra und Ziegelrode, liegt eine rn kleine Kohlenmulde, deren grösste Ausdehnung von Süden nach Norden circa 600 Lachter und in der darauf rechtwinkligen Richtung 200 Lachter beträgt. Die- ses ringsum geschlossene Becken liegt in einer Meereshöhe von 500 Fuss hart an der Grenze des bunten Sandsteins gegen die Zechsteinformation. Ein mächtiges Kohlenflötz, auf dem die Gruben Anna und braune Karoline bauen, ist hier abgela- gert, und wird in seiner ganzen Ausdehnung von einem hor. 4 streichenden Rücken durchsetzt, der den östlichen Theil um 3 Lachter in die Teufe zieht. Auf der Anna ist die Schichtenfolge von Tage herein: «) Dammerde ' Lachter. £) Humöser Letten, eine Bildung mit der von Eisleben vollkommen identisch. Die im feuchten Zustande schwärzlich braune Masse zeigt einen nicht geringen Grad von Plastieität. Beim Glühen im Platinlöffel verbrennt die humöse Materie, unter Verbreitung eines unangenehmen Torfgeruches , und hinterlässt einen feinen röthlich gelb gefärbten Quarzsand, der beim Abschlämmen nur wenig Thon giebt. Zahlreiche Wurzel-, Blätter- und Stengelfragmente von Gramineen liegen als eine dunkelbraune Masse darin, wie in den gewöhnlichen Torfarten, mit denen diese Schicht überhaupt viel Aehnlichkeit besitzt. Die Schalen derselben Süsswassermollusken, Planorbis, Limnaeus, zu denen noch eine Heli kommt, finden sich hier, wie in der gleichen Schicht der Eisleber Wiese. Ausserdem habe ich einen sehr gut erhaltenen Back- zahn eines grossen Wiederskäuers, wahrscheinlich des Genus Cervus, und auch ein Ge- weihfragment von diesem Thiere, gefunden. Die Mächtigkeit der Schicht varürt von °« bis 1Y: Lachter. Der Abfluss, durch welchen die Trockenlegung dieses fla- chen Seebeckens erfolgte, ist in dem tief eingeschnittenen Wasserrisse des Steinmetz- Grundes unverkennbar, der sich von Helbra in östlicher Richtung bis nach der Ober- hütte erstreekt und dort in dem weiten Thale der Eisleber Tertiärbildung mündet. y) Sandiger Letten, 2 Lachter mächtig, ist frisch grünlich grau, wird an der Luft schnell durch Oxydation des ihn färbenden Eisenoxydulsilicates gelblich braun, Beim Glühen zerfällt er und wird roth, durch Abschlämmen lässt sich nur, wenig Thon abscheiden, und bleibt ein glimmerreicher feiner Quarzsand, ganz von der Eigenschaft des gemeinen Formsandes zurück. ö) Grober Kies und Lehm. In einer dunkelbraunen Lehmmasse, welche sehr stark eisenschüssig ist und häufig reine Brauneisenstein-Coneretionen enthält, liegen sehr zahlreiche abgerundete, Geschiebe, meist von kieseligen Fossilien herrührend, Milchquarz, Feuerstein, Kieselschiefer, Hornstein, wohl grösstentheils Massen aus den Conglomeratbänken des Rothliegenden ; neben Quarziten der Tertiärfor- mation. ö) Formsand findet sich! nur untergeordnet als Ausfüllung von Verdrückun- gen des Kohlenflötzes, und von grösserer Mächtigkeit im westlichen Felde, wo der Rücken dasselbe in die Teufe gezogen hat. In der Regel aber bildet der grobe Kies das unmittelbar Hangende. &) Das Kohlenflötz besitzt die ausserordentliche Mächtigkeit von 6 bis 8 Lach- ter, besteht aus Formkohle, in der Stücken bituminösen Holzes häufig sind. Nester- weise liegen lichter gefärbte Partien einer sehr bitummnösen Kohle in der Haupt- masse des Flötzes; erdiger Retinit in demselben Zustande wie auf der Wilhelmine bei Eisleben, ist gleichfalls häufig. Naumann (Lehrbuch der Geognosie Tom. I.) erwähnt Helbra als den Fundort einer eigenthümlichen, sehr hellbraun gefärb- ten, beim Erhitzen schmelzenden bituminösen Kohle, die er Wachskohle nennt. Ich habe nichts mehr von dieser Masse gesehen, mir aber sagen lassen, dass sie grosse Aehnlichkeit der sogenannten Bernsteinerde von Riestedt besessen habe. In dem Flötz selbst kommen käufig knollige feinkörnige Sandsteinmassen vor, die aus einem Gemenge von Formsand, Gypserde und kohliger Substanz bestehen und beim Glü- hen in eine leicht zerreibliche weisse Masse verwandelt werden. £) Ein schwaches Lager von dunkelfarbigem Kohlensande. n) Höchst plastischer, reiner, weisser Thon, der mit Kobaltsolution die Reac- tion der Thonerde in vollkommener Reinheit zeigt, und unschmelzbar ist. Er bil- det das unterste und zugleich mächtigste Glied der Tertiärformation und ist unmittel- bar auf den bunten Sandstein gelagert. Ein Stolln, welcher die Anna-Grube löst, mündet bei 18 Lachter Teufe in das 77te Lichtloch des Froschmahl-Stollns, und steht auf 50 Lachter Länge ohne Unterbrechung in dem weissen Thone. Bei Pollleben liegt östlich von dem Dorfe in einer Mulde des Mansfeldischen Muschelkalkzuges eine kleine Tertiärablagerung aus scharfem Quarzsande bestehend, der nesterweise Braunkohlen führt, welche kurze Zeit hindurch zu einem wenig um- fangreichen Bergbau Veranlassung gegeben haben. Interessant und auch technisch wichtig ist das massenhafte Vorkommen überaus fester Quarzite von der hornsteinarti- gen, splitterigen Varietät, die lose in ungestalteten Blöcken in diesem Sande liegen, und ein sehr schätzbares Material zum Bau der neuen Eisleben-Gerbstedter Chaussee liefern. Die beiden kleinen Kohlenmulden von Schwittersdorf und Schochwitz habe ich nicht besucht, und kann daher nur ihrer Existenz gedenken. Abh. d. Nat. Ges. zu Halle, 4. Band. 10 ae V. Das Riestedt-Holdenstedter Kohlenbecken. Von der Ruine Bornstedt aus, die an dem südwestlichen Abhange des Höhen- zuges vom Rothliegenden liest, welcher als südöstlicher! Ausläufer des Harzes sich bis Homburg in die Nähe der Mansfelder Seen erstreckt, übersieht man eine weite Ebene, an deren Rande Bornstedt, Holdenstedt, Liedersdorf, Mittelhausen und Sitt- chenbach liegen. Die Nord-Ostgrenze bildet der Höhenzug des permischen Systems, gegen Südost und Südwest umschliesst die plateauartige Erhebung der Wüste von Allstedt die Ebene, gegen Nordwesten aber gleichfalls em Rücken des bunten Sand- steins, der sich von Blankheim über Beier-Naumburg ausdehnt, und das Holdenstedt- Bornstedter Becken von dem Riestedter trennt. An dem Wege von dem Dorfe Bornstedt nach dem Miiller’schen Etablissement zu Neuglück überlagert eine eigenthümliche Masse jüngerer Bildung die Zechstein- formation. Es ist ein gelblich brauner, feinkörniger Sand mit Glimmerschuppen, mit wenig Thon und Eisenoxydhydrat als Bindemittel; er enthält zahlreiche weisse, ästige Massen, die auf den ersten Blick an zerbrochene Korallenstimmehen erinnern, und in der That bestehen sie aus kohlensaurem Kalk, zeigen aber bei genauer Prüfung nur eine krystallinische und keine organische Structur, und sind nur ein eigenthümliches Infiltrationsproduct kalkhaltiger Wasser der Zechsteinformation. «) Auf der benachbarten Neuglücker Grube liegt unter der Dammerde eine ähnliche Schicht, in der aber Thon mehr vorherrscht, die Kalkstängelchen gänzlich fehlen, und beim Abschlämmen neben dem gewöhnlichen Quarzsande eine Menge kleiner Körner von Jaspis, Kieselschiefer, rothem Feldspath, ja sogar Magneteisen zurückbleiben. Die Gebirgsart nähert sich auffallend dem gemeinen nordischen Lehm, von dem sie sich doch wieder durch ihren feinkömigen Sand und Glimmer- Teichthum wesentlich unterscheidet. Von den zahlreichen Geröllen oft von mehre- ren Kubikfuss Grösse, die in dieser Schicht eingebettet liegen, sind viele unzweifel- haft nordischer Abkunft. Ich habe unter andern hier in einem Granit mit ausgezeichneten feischrothen Feldspathkrystallen einen kleinen Zirkon gefunden. Gmneis und Feuersteine sind gleichfalls häufig. Neben ihnen kommen zahlreiche Bruchstücke benachbarter älte- rer Gesteine vor, @Quarzit der Tertiärformation , Sandsteine, Gyps, Kalksten der Trias, Conglomerate des Rothliegenden, die so bezeichneten Milchquarze des Ueber- - gangsgebirges, Harzer Granit und Grünstene. Wenn auch die Hauptmasse dieser Bildung unzweifelhaft benachbarten Gebirgsarten entnommen ist, so machen doch entschieden nordische Bildungen einen nicht geringen Bestandtheil aus. P) Letten-Sand, m der schon häufig erwähnten gebänderten Varietät aus alter- nirenden Schichten von Letten- und Formsand bestehend, folgt in einer eirca %% Lach- ter mächtigen Schicht. Auffallend ist die geringe Feuerbeständigkeit des Letten, der unter starker Natronreaction zu einer eisenschwarzen Kugel geschmolzen werden kann. x) Das unmittelbare Hangende des Kohlenflötzes bildet eine 2 bis 3 Fuss starke Lage eines groben Sandes, von abgerundetem Korne, aus wasserhellem Quarz oder Milchquarz bestehend. Durch eisenschüssiges Bindemittel entstehen feste Sand- steinplatten in dieser Masse. Für die folgende Darstellung habe ich den Aufsatz des Dr. 7. Miller über die Alaunerze der Tertiärformation, (Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft VI. Band 4. Heft) mehrfach benutzt. ö) Das circa 1 Lachter mächtige Kohlenflötz von erdiger Beschaffenheit. Na- mentlich am Ausgehenden besteht es aus einer pulverförmigen, chocoladenbraunen Kohle, die ganz mit Nestern von erdigem Gyps erfüllt ist. Im Inneren derselben liegt oft, wie auch Plettner (pag. 315 u. 452) angiebt, ein fächriges Scelet von kry- stallisirtem Gyps, das leicht durch behutsames Klopfen von dem adhärirenden Kohlen- pulver und der Gypserde getrennt werden kann. Die Kohle hinterlässt beim Einäschern eine röthlich gefärbte lockere Asche, die am befeuchteten Platindrath für sich leicht zur schwarzen Schlacke geschmolzen werden kann und dabei eine Natronreaction zeigt. Ihr Gypsgehalt giebt sich beim redueirenden Schmelzen mit Soda auf Kohle und Befeuchten der geschmolzenen Masse auf Silberblech zu erkennen. Beim Auflösen in Phosphorsalz markirt sich endlich ein ansehnlicher Gehalt an Kieselerde. Die ungewöhnliche Zusammensetzung der Asche erklärt sich dadurch, dass die Kohle mit dem Thon des Letten £ imprägnirt ist. | &) Eine '/ Lachter mächtige Bank eines weisslich grauen oder gelblich brau- ‚nen sehr plastischen Thones. Seine grosse Feuerbeständigkeit ist ein sicherer Beweis für seine Reinheit. £&) Ein Kohlenflötz von 4 Lachter Mächtigkeit führt in semen oberen Schich- ten erdige Kohle von der Beschaffenheit des Oberflötzes, in den unteren Partien ist sie fester in faustgrosse rhomboidale Stücke zerklüftet. Eine gemeine Erscheinung und Folge des mit der Teufe zunehmenden Druckes. Die Asche ist wie gewöhnlich weiss- lieh und besteht nur aus Gyps. Eine Varietät von Kohlen, welche dieses Flötz be- sonders in den untersten Partien führt, zeichnet sich durch grosse Festigkeit und eine 10% — 1 — lichte braune Farbe aus, so dass der Strich dunkel ockergelb ist. In der ganzen Masse liegen dunkelbraune Streifen, unregelmässig zerstreut, die noch eine pflanz- liche Structur zeigen. Bituminöses Holz, erdiger Retinit und Schwefelkies ist in die- sem Flötze nicht selten. n) Das Liegende bildet eine 8 Lachter mächtige Kiesablagerung. Ein scharf- körniger, grober Sand, vollkommen frei von Glimmer und Feldspath, enthält zahl- reiche scharfeckige Trümmer von Milchquarz, die oft so überhand nehmen, dass der Sand ganz verschwindet. 3) Ein 6 bis 8 Lachter mächtiges Lager weissen nlastischen Thones, ausgezeich- net durch eine Menge grosser Gypskrystalle, so wie durch einen äusserst feinen durch die ganze Masse vertheilten Gypsgehalt, der die Anwendbarkeit dieses sonst so schö- nen Thons für feuerfeste Materialien beeinträchtigt. ı) 3 Lachter kohliges Alaunerdeflötz, m dem sich folgende Schichten unter- scheiden lassen: „Unter dem hangenden grauen Thone findet eine circa *s Lachter mächtige Schicht thoniger Moorkohle, reich an Schilfen, Gräsern, Samenkörnern, Blattresten, Schwefel und Schwefelkies, unter welcher eine 1 bis 1’, Zoll mächtige Lage derber Schwefelkiese und verkiester bitumimöser Holzstücke, als Hangendes | einer '/a Lachter mächtigen, vorherrschend kohligen, aber dabei sehr reichen Bank von Alaunerzen angetroffen wird. Man nennt diese Lager ihres Reichthums an Schwe- felkiesen und Schwefel wegen, und weil sie ferner mehr kohlig sind, und einen geringeren Thonerdegehalt haben als die unteren Abtheilungen des Flötzes, Vi- triolerz.“ „Unter den obengenannten Flötzschichten findet man eine bituminöse Thon- ablagerung von 1” bis 2'/ Lachter Mächtigkeit mit geringem Gehalt an Schwefel und Schwefelkies, dagegen birgt dieselbe eine ausserordentliche Menge wohlerhalte- ner Blattreste, kleiner Zweige und Samenkörner“, in denen Leopold von Buch viele seiner Leitblätter der Braunkohlenformation wiederfand. Die verbreitetsten Formen sind: Ocanothus polymorphus, Dombeyopsis, (uereus drymya und Flabellaria. „Als Liegendes tritt eine /s bis a Lachter mächtige, von Schwefelkies durch- drungene Holzschicht, und unmittelbar auf dem liegenden Thone eme 1 Zoll starke. Lage von derben Schwefelkiesen auf.“ In der Nähe des Ausgehenden, wo die Ablagerung mehr gestört ist, sind diese Schichten nicht mehr zu unterscheiden; eine ®%« bis 1'/ Lachter mächtige, bitu- minöse Thonschicht mit vielen Pflanzenresten und Schwefelkiesen vertritt dieselben. a Die tiefste Schicht bildet wiederum ziemlich reiner plastischer Thon, ähnlich dem im Hangenden der Alaunerze auftretenden. Das Liegende der Tertiärformation ist nirgends bekannt. Alle Schichten des Braunkohlengebirges streichen Süd-West— Nord-Ost und fal- len gegen Süd-Ost vom Ausgehenden herein steil, später unter einem Winkel von circa 15 Grad. Die Ablagerung des Alaunerdeflötzes ist regelmässig, und wird nur hier und da durch Sättel und Horste des liegenden Thones gestört, äusserst verwor- ren dagegen ist die des erdigen Kohlenflötzes und seines Hangenden. Jenes steigt schnell zu seiner bedeutenden Mächtigkeit an, hält jedoch nach allen Richtungen hin nur auf eine kurze Distance aus, so dass es eher ein liegender Stock genannt zu werden verdient. Ein hübsches Profil einer Rückenbildung in den hangenden Schich- ten theilt Herr Dr. Miller in seiner Abhandlung pag. 715 mit. Als eine Fortsetzung des Alaunerdeflötzes ist die ausgedehnte Ablagerung von Moorkohle mit bituminösem Holz anzusehen, welche durch das ganze Bornstedt-Hol- denstedter Becken verbreitet zu sein schemt. An der nördlichen Seite des Dorfes Holdenstedt haben Bohrversuche ergeben, dass sich das Kohlenflötz durch einen Rü- cken des liegenden Thones heraushebt, welcher Sid-West— Nord-Ost streicht, und die Grenze für das Vorkommen der Alaunerde bildet, indem der südlich von ihm liegende, bei weitem grössere Theil des Flötzes: aus einer reinen Moorkohlenablage- rung mit bituminösem Holz besteht, ganz der des Riestedt-Emseloher Beckens glei- chend. Nach Dr. Mäller's scharfsinniger Hypothese drangen während der Bildungs- zeit des Moorkohlenflötzes vitriolische Quellen aus der Zechsteinformation in das Tertiärbecken, wurden von dem Rücken des liegenden Thones in dem nordwestlichen Thale ausgestreut, wo sie die Kohlenablagerung durch Deposition ihres thonigen Schlammes, und Zersetzung der aufgelösten schwefelsauren Salze durch die orga- nische Materie, mit Erden- und Schwefelkies imprägnirten, und so die partielle Umwandlung in ein Alaunerdeflötz bewirkten. Nur in der Nähe der nordwestlichen Formationgrenze zwischen Bornstedt und Lüdersdorf ist dieses interessante Tertiärbecken durch den Bergbau aufgeschlossen. Die Karlsgrube zwischen Neuglück nnd Holdenstedt hat das Moorkohlenflötz südlich von dem grossen Rücken in der bedeutenden Tiefe von 20 Lachtern ersunken, unter einem Deckgebirge, welches in grosser Einförmigkeit aus grauem plastischem Thon, von derselben Beschaffenheit wie die Schicht ö von Bornstedt, besteht, und nur nesterweis einen groben scharfen Sand enthält. Das Kohlenflötz ist von 2° Lach- PN > OR ter Mächtigkeit, besteht der Hauptmasse nach aus Moorkohle,' welche häufig auf den Ablösungsflächen der dünnen Schichten undeutliche Abdrücke dieotyledonischer Blätter zeigt. Bitumimöses Holz in grossen Stammfragmenten, von der unverkennba- ren Structur der Coniferen, ist in den unteren Partien häufig. Die Kohle besitzt einen geringeren Bitumengehalt als die erdige, eine dunkelere Farbe, hinterlässt aber beim Einäschern auch nur geringe Quantitäten von Gyps. Der Johannes, zwischen Holdenstedt und Liedersdorf, baut auf demselben Flötze, wleches hier wie auf der obengenannten Grube ein constantes Einfallen un- ter 9 bis 12 Grad gegen Siid-Osten, also gegen das Innere des Beckens besitzt, und so eine regelmässige Ablagerung in einer ausgedehnten Mulde, freilich in bedeuten- der Teufe vermuthen lässt; denn auch hier schon ist es, obgleich am Ausgehenden selbst, erst in 19 Lachter Teufe angefahren worden. Die Gebirgsschichten, welche der Maschinenschacht durchsank, bestehen aus: ?/; Lachter Dammerde. a » Diluvial-Lehm mit Sand. 2 % Letten. 4 ” blauer plastischer Thon. 2] „ Letten mit Formsand. ls » . Kohlenbesteg. 5 5 blauer plastischer Thon. 2% „blauer und (röthlicher?) plastischer Thon. 1?/s n schwimmender Sand. 1? ui blauer plastischer Thon. 1 "- grauer Formsand. %& „blauer plastischer Thon. Als r Kohlenbesteg. 4'a o; blauer plastischer Thon. Eine zweite, grosse Tertiärbildung, die mit der obenbeschriebenen die bedeu- tendste Aehnlichkeit besitzt, ist die von Emselohe und Riestedt; zu ihrer Monographie existiren zwei wichtige Arbeiten. Seyfert. Ueber Gewinnung der Kohle auf dem Riestedt-Emseloher Braunkoh- lenwerke, nebst einer kurzen Einleitung der geognostischen Verhältnisse der dorti- gen Kohlenflötze. (Bergwerksfreund Band XIV. No. 43 und 44). Dr. Hartıg. Beitrag zur Geschichte der Pflanzen und zur Kenntniss der nord- deutschen Braunkohlenflora. (Botanische Zeitung 6ter Jahrgang 1848). Verfolget man von Blankenhein aus die Chaussee von Eisleben nach Sanger- hausen, so legen sich an die Erhebung des Rothliegenden, welche in dem sogenann- ten Bärenfall östlich von dem Dorfe die grösste Höhe erreicht, zwei Höhenzüge des bunten Sandsteins auf die wenig entwickelte Zechsteinformation. Der eine läuft in fast westlicher Richtung der Chaussee parallel bis in die Nähe von Sangerhausen, der andere aber dehnt sich parallel mit der Erhebung des Rothliegenden, als ein waldi- ges Plateau zwischen Emseloh, Beier-Naumburg, Liedersdorf und Holdenstedt aus, - Der Fussweg von Holdenstedt nach Emseloh führt an dem westlichen Gehän- ge dieser Erhebung entlang, und zeigt dort überall die Auflagerung mächtiger Lehm - und |Sandmassen, ähnlich denen, die im Hargenden der erdigen Kohle bei Neuglück vorkommen. Hier trifft man wieder Geschiebe unzweifelhaft nordischen Ursprunges in grosser Menge. Zwischen Emseloh und Riestedt, wo sich das Thal zu einem kesselförmigen Busen erweitert, findet sich eine der schönsten Kohlenablagerungen der ganzen Gegend, welche durch einen nahe 100jährigen Bergbau in ihren Lagerungsverhältnissen so vollständig wie kaum eine andere bekannt ist. Herr Seyfert hat eine ausführliche Karte der Riestedter Kohlenmulde nach eigenen Aufnahmen entworfen. Unter der Dammerde folgt: «@) Eine sehr eisenschüssige ockergelbe bis rostbraune Lehmschicht, weche häu- fig nur nur durch Eisenoxyhydrat verkittete Sandmassen enthält. Milchquarze und Kieselschieferbrocken sind die einzigen kenntlichen Mineralien ausser vielen weissen Glimmerschüppchen, welche in der Lehmmasse ein Zerstörungsproduet benachbar- ter Schichten des bunten Sandsteins vermuthen lassen. Quarzit, und zwar von dem der hornsteinartigen Varietät ist bisweilen so häufig, dass Stück an Stück in dem Lehm eingebettet liegt. #) Grober thoniger Sand. Grössere abgerundete Körner von milchig trübem Quarz sind durch aschgrauen Thon lose verbunden. y) Scharfer Sand mit gleichfalls thonigem Bindemittel enthält zahlreiche koh- lige Pflanzenreste, meist Blätter und Stengel von Gramineen, aber in einem unkennt- lichen Zustande. Oft kommen Schwefelkiesnieren in ihm vor. Da diese Schicht auf undurchdringlichem plastischem Thone ruht, welcher auch hier den Hauptbestandtheil der Tertiärbildung ausmacht, so ist sie häufig wasserführend. Die Gebirgsarten, welche im dem Profil als Sand und sandige Thone bezeich- net sind, sind nicht überall regelmässig entwickelt, sondern nur als Modification des- selben Formationsgliedes zu betrachten. Ihre durchschnittliche Mächtigkeit beträgt 31 Lachter. ö) Grauer plastischer Thon, ganz frei von Sand, wird beim Glühen weiss, und schmilzt in stärkster Hitze, unter einer schwachen Kalkreaction zum weissen Email. Es bildet diese Masse im Wechsellager mit den Kohlenflötzen, die Haupt- ausfüllung der Mulde, und auch die tiefsten auf dem bunten Sandstein ruhenden Schichten. Hin und wieder kommen Nester von scharfem, glimmerfreiem Quarzsande in dem Thone vor. Fünf bauwürdige Kohlenflötze sind hier in sehr regelmässiger muldenförmiger Ablagerung übereinander, durch den Bergbau aufgeschlossen. Das erste Flötz '. Lachter mächtig. a zweite). ® „ dritte „ 1% ” ” eimierte ', "1a i runfteiV io 45 Die Hauptmasse der beiden oberen Flötze besteht aus Moorkohle, die selbst ” ” „ BL} ” unter dem Mikroskop keine pflanzliche Textur mehr erkennen lässt, und nür unter- geordnet bituminöses Holz führt, während dasselbe in den unteren Flötzen quantita- tiv prädominirt, so dass wohl erhaltene Stammstücke, Aeste und Zweige parallel den Schichtungsflächen in der Moorkohle eingebettet liegen. Ausser den Ablösungsflächen parallel der Schichtung, durchsetzen zahlreiche Querklüfte die Flötze. Schwefelkies m sphäroidalen Massen ist selten, viel häufiger dagegen als Vererzungsmittel von Holz- stücken. Retinit findet sich nirgends so häufig als in der Riestedter Kohlenmulde. In rundlichen oder stumpfeckigen, plattenförmigen Stücken oft von ansehnlicher Grösse, von einigen Kubikzollen kommt er in dem Kohlenflötz selbst vor. . Herr Seyfert im Sangerhausen besitzt neben andern ausgezeichneten Exemplaren auch eimes, wo der Retinit zwischen Holz und Rinde eines sehr gut erhaltenen Holzstückes liegt, in welchem Herr Dr. Hartig eine eigenthümliche Species des Genus Peuce, P. retinifera erkannt hat. Ob der Retinit ausschliesslich dieser Species angehört oder nicht, ist — 19 — ziemlich gleichgültig, jedenfalls ist er das Zersetzungsproduct der Harze verwandter Cupressineen. Der Bruch ist muschlig, Härte 15. Farbe in allen Nuancen des Gelb bis dunkel hyazinthroth und ölgrün. Die Oberfläche ist meist mit einer trüben und erdigen Rinde bekleidet. Die physikalischen Eigenschaften stimmen da- her vollkommen mit denen des Bernstein überein, mit dem er gewiss auch oft ge- nug verwechselt worden ist, wenn von einem Bersteinvorkommen in Braunkohlen- flötzen gesprochen worden ist. Der wesentliche Unterschied bei dem Harze besteht in der eigenthümlichen Säure, welche der Bernstein enthält. Eine einfache Probe, um sich in allen Fällen zu überzeugen, mit welchem der beiden Harze man es ei- gentlich zu thun hat, theilt Hr. Girard (die norddeutsche Ebene pag. 94) mit. Noch ein anderes eigenthümliches Fossil, welches unter dem Trivialnamen Bernsteinerde bekannt ist, kommt nesterweise, namentlich in dem Liegenden des vierten Flötzes, oft in unförmlichen Massen bis zu Kubikfussgrösse vor. Es ist sehr weich, von erdigem Bruch, vollkommen matt und undurchsichtig, schmutzig ocker- gelb oder lederfarben, erhitzt schmilzt es unter Entwickelung eines nicht unangeneh- men bernsteinähnlichen Geruches, verbrennt dann mit sehr langer und russender Flamme, unter Hinterlassung einer glänzenden aufgeblähten Kohle, die vor der Löth- rohrflamme ohne allen Rückstand verschwindet. Dass die Substanz möglicherweise mit Naumann’s Wachskohle von Helbra identisch ist, wurde bereits angedeutet, ich habe sie übrigens nock in dem schönen Braunkohlenflötz von Maria Kahr bei Eger gefunden. Von einer grossen Anzahl fossiler Hölzer, welche Dr. Hartig untersuchte, ge- hören sämmtliche den Cupressineen an, mit Ausnahme eines Genus der Abietineen und eines der Taxineen. Von Laubhölzern findet sich nur eine Spur in den nicht selten vorkommenden Früchten eines Corylus. Auf die auffallende Verschiedenheit mit der benachbarten Bornstedt-Holden- stedter Ablagerung, wo die zahlreichen Blätterabdrücke der Alaunerze und der Moor- kohle selbst auf eine dicotyledonische Laubholzflora hinweisen, obgleich die bituminö- sen Hölzer gleichfalls Coniferen angehören, macht Hr. Dr. Miller aufmerksam. Die Lagerung der Kohlenflötze und mit ihnen verbundenen Thonschichten ist im Ganzen regelmässig, muldenförmig, der Oberflächenbeschaffenheit des unter ih- nen liegenden bunten Sandsteingebirges folgend. Selbstständige Störungen durch Sättel und Rückenbildung treten in dem nördlichen Theile des Feldes jedoch nicht selten auf. Massen des liegenden Thones, durch den Druck der hangenden Schich- Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4. Band, ul u A ten, vor ihrer Austrocknung und dadurch bewirkten Erhärtung, in die Höhe ge- presst, haben die darüberliegenden Kohlenflötze parallel gebogen und so stark zer- klüftet, dass sie an solchen Stellen, Horste genannt, ganz mulmig werden. Herr Seyfert giebt eine Abbildung und beschreibt pag. 652 a. a. O. einen starken Baumstamm des dritten Flötzes, der durch einen solchen Horst in 5 Stücke gebrochen ist. Voll- ständige Stämme sind immer so zusammengedrückt, dass sie einen elliptischen Quer-, schnitt besitzen, in dem die grosse Axe 2 bis 3mal grösser als die kleine ist. Das Hauptfallen der Flötze ist westlich, und beträgt 5 bis 10 Grad, und la- gern sich in dieser Richtung mächtige Lehm - und Sandbildungen auf. Zwischen der Kupferhütte und der Stadt Sangerhausen enthalten diese schar- fen Sande ausserordentliche Massen von Quarziten in losen Blöcken; wieder prädomi- nirt die hornsteinartige Varietät, und neben ihr eine ebenfalls sehr feste Breceie aus Milehquarzstücken, durch dasselbe kieselige Bindemittel verkittet. VI. Die Braunkohlenformation des Unstrut-Rieths. Die Sande, in denen bei der Sangerhäuser Hütte das ausgezeichnete Quarzit- lager vorkommt, ziehen sich in Verbindung mit Lehmablagerungen in westlicher Richtung bis Wallhausen, wenden sich dort dem Laufe der Helme folgend über Brü- cken, Edersleben, Voigtstedt, im das Thal der Unstrut und Wipper bis über Fran- kenhausen westlicher, und Kalbsrieth östlicher Seits. In den tiefgebogenen und wei- ten Thälern der drei Flüsse überlagert sie eine mächtige moorige Alluvion, und stel- lenweise eine ausgedehnte Torfbildung. In den höheren trocknern Theilen, in der Nähe des Kyffhäusers, bilden die Lehmschichten eine überaus fruchtbare und schön eultivirte Ebene, die goldene Aue. Kohlenflötze sind bisher nur in dem südwestlichen Theile zwischen Edersleben und Frankenhausen bekannt, sie führen erdige Kohlen, bilden getrennte Mulden, die bei ansehnlicher Mächtigkeit sich durch eine sehr geringe Ausdehnung auszeichnen, und meistens in Verbindung mit Sandmassen auftreten. In der Nähe des Dorfes Voigtstedt findet sich eine ziemlich kreisförmige Koh- lenmulde von circa 400 Lachter Durchmesser, die durch ein sattelförmiges Heraustre- ten des liegenden Sandes in 100 Lachter Breite von der nordwestlich daranstossen- den Havelberger Mulde getrennt wird, deren Ausdehnung erst in ‘der Nähe der Grenze’durch bergmännische Arbeiten und Bohrungen untersucht ist. Offenbar ohne Zusammenhang mit diesem Hauptflötz findet sich ein anderes nördlich bei Eders- u, Gi — leben, und ein drittes in südwestlicher Richtung bei Esperstedt in der Nähe von Frankenhausen. Die Unregelmässigkeit der Lagerung in dem Voigtstedter Becken ist so gross, wie an keiner anderen der beschriebenen Localitäten. Das beifolgende Profil giebt eine Idee davon. Von einer regulären Schichtenfolge der Formation ist kaum die Rede. Die hangenden Schichten fehlen stellenweise ganz. Bald sind einzelne derselben auf Kosten aller übrigen abnorm entwickelt; überhaupt treten die verschiedenen Gebirgs- arten mehr stockförmig neben einander, als einander überlagernd auf. Das Flötz zeigt ausserordentliche Biegungen, Verdrückungen und Anschwellungen, und ändert auf eine grosse Distance seine Natur durch Aufnahme thoniger und sandiger Beimen- gungen, so dass es ganz unbauwürdig wird. Von Tage herein können folgende Massen unterschieden werden: «) Diluvialer Lehm und Sand, von der gewöhnlichen Beschaffenheit, und ei- nem grossen Reichthum an kieseligen Geschieben. #) Anadonten-Letten. Ein grobschieferiges Gemenge von feinem glimmer- reichen Formsand mit wenig Thon. Von einer schmutzig graugrünen Farbe und be- trächtlicher Plastieität. Im Glaskolben über der Spirituslampe erhitzt giebt das Gestein dicke weisse Dämpfe und Tropfen eines sehr stinkenden Oeles, von stickstoff- haltigen organischen Materien herrührend, welche schon das ausserordentlich häufige Vorkommen von Schaalen der Genera Unio und Anadonta vermuthen lassen. In der Pincette brennt sich die Masse anfangs schwarz, nimmt darauf eine von Eisenoxyd herrührende röthliche Farbe an, und schmilzt endlich unter Kalkreaction leicht zu einer bouteillengrünen Schlacke. Ausser den Bivalven finden sich, obwohl viel seltener, Schalen von Limnaeus und Helix, auch das Fragment von dem Kiemendeckel eines Fisches habe ich beobachtet. Diese interessante Schicht liegt auf dem Havelberger Reviere bei ziemlich grosser Verbreitung in einer Mächtigkeit von 1 bis 1Y, Lach- ter zwischen den diluvialen Lehmen und den hangenden Tertiärschichten, ist also entschieden älter als die ihr so ähnlichen Süsswasserbildungen von Eisleben und Helbra, obwohl ihre Bildung durchaus nicht mit der des Braunkohlengebirges in Verbindung gebracht werden kann, wie schon das locale Vorkommen beweist, und die lebenden Species angehörenden Reste. y) Weisser Letten bildet in grosser Verbreitung und sehr variabler Mächtig- keit das Hangende des Kohlenflötzes, und enthält häufig nesterweise einen ziemlich feinen, aber dennoch scharfen und wenig glimmerhaltigen Sand, seltener einen gro- 10 ben Kies mit grossen Milchquarzbrocken. Die drei Bildungen vertreten einander, und finden sich nur auf dem, überhaupt regelmässiger abgelagerten Havelberger Re- vier alle drei über einander entwickelt in der Weise, dass der Letten über dem Sand und Kies zu liegen pflegt. Ihre Gesammtmächtigkeit beträgt dort höchstens 7 Lachter. ö) Eine vollkommen plastische und bituminöse Thonschicht von ' bis "2 Lach- ter Mächtigkeit bildet stellenweise das unmittelbar Hangende des Flötzes, fehlt je- doch auf dem Voigtstedter Reviere meist gänzlich. &) Das Kohlenflötz von milder erdiger Beschaffenheit enthält in den unteren La- gen vereinzelte Sticken bitumimösen Holzes, die oft mit Schwefelkies imprägnirt sind. Die ausserordentliche Verschiedenheit in der Mächtigkeit zeigt ein Blick auf das Profil. Die Voigtstedter Grube war lange Zeit hindurch als ein Fundort des Honigsteins be- rühmt, der jedoch jetzt schon seit einer Reihe von Jahren nicht mehr gefunden worden ist. Statt seiner kommen schöne Krystalle von gediegenem Schwefel in dem Flötze nicht selten vor, in Combinationen des Hauptoctaeders mit stumpfen Octae- dern, und Abstumpfung der Polecken, oft von mehreren Linien Grösse. Sie sind stark durchscheinend, honiggelb und von starkem Fettglanz. Die Art des Vorkom- mens auf Klüften der Kohle macht die Entstehung dieses Minerals durch Zersetzung von Schwefelwasserstoff wahrscheinlich, denn eine Sublimation aus Schwefelkiesen würde eine Erhitzung voraussetzen, von der sich keine Spuren finden, abgesehen da- von, dass der durch Wärme krystallisirte Schwefel einem ganz anderen, dem zwei- und eingliedrigen Systeme angehört. (Siehe Plettner pag. 362 u. f.) £) Das Liegende bildet ein äusserst glimmerreicher Formsand, der durch koh- lige Substanz meist eine bräunliche Färbung besitzt. Durch Glühen bei Luftzutritt wird er zwar schneeweiss, enthält jedoch die schon vielfach erwähnten eisenschwar- ‘zen Körner in nicht geringer Menge. (Eine Monographie der Esperstedter Kohlen- ablagerung von E. Leo findet sich in der berg- und hüttenmännischen Zeitung. Jahr- gang 13, No. 7. u. f.) VU. Bildungsgeschichte der Braunkohlenformation. Das Resultat einer miühsamen Untersuchung, insofern überhaupt ein anderes als die vorstehende, durch ihre Details und Wiederholungen nothwendig ermüdende Beschreibung erlangt ist, lässt sich mit wenigen Worten aussprechen. Zwei verschiedene Bildungen stehen, wenn man das Vorkommen der Braunkoh- lenformation im Allgemeinen betrachtet, einander als eine marine und eine continen- RE tale gegenüber. Jene umfasst die Braunkohlenmassen der norddeutschen Ebene, das Sediment eines offenen, bewegten Meeres, diese die Ablagerungen Süd- und Mittel- deutschlands, die! in geschlossenen Süsswasserbassins fern von dem nordischen Ter- tiärmeere, oder an der Küste desselben in ruhigen Busen erfolgten. Beide Bildun- gen treten innerhalb des untersuchten Distrietes auf, erstere prädominirend , letztere auf einen Busen des bunten Sandsteingebirges beschränkt, am Westabhange jenes Höhenzuges des Rothliegenden, welcher denselben den Strömungen des offenen Mee- res unzugänglich machte, denen die Kohlen der ersten Gruppe ihre Entstehung ver- danken. Die wesentlichen Charactere der continentalen Bildung sind die grosse Re- gelmässigkeit der Ablagerung in geschlossenen kleinen Becken, die vollkommene Flötzbildung , die petrographische Beschaffenheit der Massen selbst. Plastische Thone herrschen vor, während gröbere sandige Detritusbildungen ganz fehlen. Die Kohlen- flötze bestehen aus wohlerhaltenen Stammfragmenten. Die marinen Kohlenablagerungen führen dagegen überall Erdkohle, zeigen nir- gends eine regelmässige Flötzbildung; schnell legen sie sich mit bedeutender Mäch- tigkeit an, um sich ebenso schnell wieder zu verdrücken oder gänzlich auszukeilen; ein Auftreten, welches ich mehrfach als stockförmig bezeichnet habe, characterisirt sie im hohen Grade. Ganz analog zeigen sich in den mächtigen Diluvialbildungen der Mark Lehm- und Mergelmassen im Sande. Plastische Thone sind ihnen fremd, wogegen sie beständig an Sandmassen gebunden sind. Die organische Substanz selbst befindet sich in einem solchen Zustande der Maceration, dass selbst die mikroskopi- sche Structur verloren gegangen ist, nur als Seltenheit enthält sie kenntliches bitumi- nöses Holz, welches die Flötze der anderen Gruppe ausschliesslich eonstituirt. Ver- schiedenheiten genug, um eine heterogene Entstehung anzudeuten. Mächtige Wasserströme führten die Vegetation der umliegenden Landschaften, zugleich mit dem Detritas des Bodens, auf dem sie gewachsen, der Küste zu. Wenn der Absatz in einem ruhigen Wasserbecken ungestört erfolgen konnte, bildete die Wie- derholung desselben Ereignisses alternirend Thon - und Kohlenflötze, wie sie die conti- nentalen Bassins auszeichnen. Wurden aber die Massen in das offene Meer geführt, ein Spiel der Strömungen und Stürme, so fanden Anhäufungen von Sand zerstörter vegetabilischer Materie und Thon statt, als gesetzlose Anschwemmungen. Vorzüglich. war es der schwere Sand, der sich zuerst niederschlug, ihm folgte die organische Ma- terie zugleich mit einem Theile des Thones, während die Hauptmasse desselben noch suspendirt blieb. Von dem mehr oder weniger bewegten Zustande des Meeres hing. eu es ab, ob die drei Substanzen sich von einander separirten, oder in sehr variablen Gemengen als Letten niederschlugen. Den Schluss der Tertiärperiode bildet ein ruhiges pelagisches Sediment, der Septarienthon, in dem wir die bisher noch suspendirten oder wieder aufgewühlten leich- testen Theilchen der in der Tertiärepoche zerstörten Gebirgsmassen erkennen. Ihr Niederschlag erfolgte im hohen Meere, und desshalb fehlen sie in dem Terrain, in welchem sich unsere Untersuchung bewegte, vollständig. Zu einer viel späteren Zeit setzte dasselbe Meer, dessen Anschwemmungen die norddeutsche Braunkohlenformation gebildet haben, einen zweiten ähnlichen Nie- derschlag, das Diluvium ab, der sich von dem früheren wesentlich durch die nor- dische Abkunft seiner Trümmergebilde unterscheidet, und die noch gewaltsamere Ent- stehungsweise, die sich am augenschemlichsten in der so vielfach besprochenen Verbreitung der erratischen Blöcke documentirt. Mit der Bildung neuer Massen ging die Zerstörung der vorhandenen losen Schichten des Tertiärgebirges Hand in Hand, von den ebenen und höher gelegenen Stellen an der Küste wurden sie fortgewaschen, so dass die Braunkohlenformation gegenwärtig nur vereinzelte Ausfüllnngen von Thälern und Becken des Grundgebir- ges bildet. Die weit verbreiteten Massen südlichen Ursprunges in den Diluvialgebil- den der norddeutschen Ebene, auf welche Hr. Prof. Gırard zuerst aufmerksam ge- macht hat, gehörten einst diesem zerstörten Tertiärgebirge an. Einen ausgezeichne- ten Beweis für diese Hypothese habe ich vor kurzem in der Neumark gefunden. Der Boden des Dominium Burschen in der Nähe von Liebenau besteht aus einem Gemenge von nordischem Lehm und glimmerreichem Formsande. Beim Abteufen eines Schachtes wurde in wenigen Fussen unter der Oberfläche ein brauner Let- ten der Braunkohlenformation ersunken; bei 60 Fuss aber fand sich derselbe auf eine Schicht unverkennbar nordischen Sandes aufgelagert, welche Feuerstein, Gra- nitbrocken, ja sogar Magneteisenkörner enthielt. Eine Thatsache, welche nur durch Annahme grossartiger Dislocirungen erklärt werden kann, auf die oben hingedeu- tet wurde. Die Störungen in der Lagerung der Braunkohlenformation, ihr wellenförmiges Auftreten, ihre characteristischen Biegungen und Verschiebungen entsprechen nicht einer ruhigen Hebung, sondern erdbebenartigen Bewegungen des unterliegenden festen Gesteins, welche ein Abrutschen und in sich Verschieben der noch plastischen Massen bewirkten. (Siehe Girard die norddeutsche Ebene pag. 70 u. f.) >: - TEE Das gewöhnliche Fehlen von, Versteinerungen in der Braunkohlenformation ist eine auflallende Thatsache, die auch ich leider bestätigt gefunden habe. Offenbar muss ein besonderer Grund hierfür vorhanden sein, und dieser möchte wohl in der Entwickelung von grossen Massen Kohlensäure aus der verwesenden vegetabilischen Materie zu suchen sein, die vom Wasser absorbirt als Auflösungsmittel des kohlensau- ren Kalks der Molluskenschalen diente, und so Gebirgsarten, die, wie die Letten und Thone überaus geeignet zur) Conservation organischer Reste sind, versteinerungsleer erscheinen lässt. Eine directe Altersbestimmung der Braunkohlenformation wird durch diesen Umstand unmöglich gemacht. Die reiche Fauna des Septarienthones, der in der Mark im Hangenden des Braunkohlengebirges auftritt, parallelisirt denselben mit dem systeme Rupelien; eine ei- genthümliche Sandbildung, welche bis jetzt auf das westliche Elbthal zwischen Magde- burg, Kalbe und Egeln beschränkt, ebenfalls über dem Braunkohlengebirge vor- kommt, enthält nach Hr. Deyrich die Conchilien des norddeutschen Tertiärgebirges (Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaf. Band V, Heft 2) die älteste Tertiärfauna Norddeutschlands, und entspricht dem systeme Tongrien, die Braukohlen- formation ist also älter als dieses. Da die erdigen Kohlen mariner Bildung bei Born- stedt, dem interessantesten Punkte des ganzen untersuchten Gebietes, unzweifelhaft auf Thon und bituminösen Holzflötzen der continentalen Gruppe ruhen, so möchte diese, wenigstens an dieser Localität, zu den ältesten Bildungen unseres Tertiärgebirges überhaupt gehören. nor Tr tal a N N Al 13 edit das NL ® AM ım ua Land wo rl ba mio. Ti f Po LE tONT In LEN ln 1 RLD ED | ß r u) ir ; A NET u } Ra HE. ulm DATEN at l co Y k % Pr: ir. > » f 1 f ein « a # i h r | = 7 i. # t * b; | y * K;l BL l) We ch Du ao. itoa BUÄRSRITRN vo > un r Gun A, och Ei f IE u Hui IL en) E f BE EN. ir aha BER EIN, 4 X s .486 ee} x ‚ Or TE ki A1% Hr rer.) & OK Ar nern nf ’ ur .d, N. KFNCHNE 13 JArE hihi dl u folrmiage Bir ha eh au td un! 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H; e B: ht Fe u “25% - ri u 8 - N AL Vo Anz 2 5, / ER Li - 5 FR EN, u eo f nr a E Bart ö P 4 h a ir Pr, {s 9 Y * N 2 TREE 4 ie Pi Ber. a Te - = he er “ı rev. nun a) Er { ; Be. ei, ak die Andoklangn) Be . rl ar) wi er a mr win Di u LA N b, IM PFFRMTT 3; re wi wire E2 w ea ar d ® > N u, 2 ‘ | Bl \ohaneloesohuhan Kant. oh ee; ek he er re t ‘ v e r R mie Peer PB re ee A K; +3 Aula ne jr | 4 } j re mem 9 7 dpi a Ei je Mar A m. us | v2 0} di P RL 3 2 ge: F) PR I a lm villa. Alıle 2 „r Up. FR H a zer. Mn Dh u A . Won len gi pe r B et e Eur > 2 Re } [I b » vb ap. = or 4 in Wr rar niet 338 A kerit al handy Ewa ıTı HAT ) 4 1 sie arhe iq a Bi: FR seat NT Pa ı N ee; u, v ‚wait: ah , { ß 7 a0 b Aha R “ t unse Er LE - > AG x | PIE ni u h is e 5 er 2 Ä Beta 2 gr & r Me: we A a 5 j . D % r u E 2 Er z Fi a f es Erstes Vierteljahr. Vorsitzender Direetor Herr Prof. Knoblauch. - Sitzung vom 12ten Januar, Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: Correspondenzblatt des naturforschenden Vereins zu Riga; Jahrg. VIII, 1854—1855 nebst Begleit- schreiben des Sekretairs Herrn Bunse. Nova acta regiae societatis seientiarum Upsalensis ser. 3. Vol. I nebst Begleitschreiben des Sekretairs Herrn E. Frızs. Jahrbuch der Kaiserl. Königl. geologischen Reichsanstalt in Wien. Jahrg. VI, 1855, No. 2. Bulletin de la societe imperiale des naturalistes de Moscou 1855, No. 1—6; nebst Begleitschreiben des Sekretairs Herrn RexArD. Würtembergische naturwissenschaftliche Jahreshefte. Jahrg. XII, Heft 1; nebst Begleitschreiben des Sekretairs Herın Krauss. Verhandlungen der physikalisch medieinischen Gesellschaft in Würzburg Bd. VI, Heft 2. L. von Farkas Vurorınovıc Die Botanik nach den neuesten naturhistorischen Systemen bearbeitet. Agram 1855. Axroxıa VırvA Intorno delle malattia delle viti. Milano 1855. Prezzo corrente delle Vegetali disponibili nello stabilimento agrario botanico Burdin Maggiore a Mi- lano, 1852. A. Senxoxer L’imperial regio instituto geologico nella monarchia austriaca 1850—1853. Bologna 1854. I. A, Pıroxa Florae Forojuliensis syllabus Utini 1855. Die letzten 5 Schriften Geschenke des Herın A. SENNONER. Seleetus seminum in horto Academico Halensi 1855. Geschenk des Herrn Prof. von SCHLECHTENDAL. Herr J. Barranoe in Prag wurde als neues ordentliches auswärtiges Mitglied in die Gesellschaft aufgenommen. Herr Prof. VoLKMANN theilte Erfahrungen mit, welche auf eine sonderbare Gesetzlichkeit gewisser Muskelwirkungen hinwei- sen, Er suchte zunächst durch Versuche das Gewicht, welches, wenn es dem thätigen und folglich eontrahirten Muskel angehangen wurde, denselben genau bis zur Länge des unthätigen und nicht bela- 1* a — steten Muskels ausdehnte. War dieses Gewicht gefunden, so wurde es dem ruhenden Muskel angehan- gen und wurde die Grösse der hierdurch bewirkten Dehnung —=d gemessen, Hierauf wurde derselbe Muskel im belasteten Zustande gereizt und die Contractionsgrösse oder Hubhöhe A bestimmt. Nun fand sich, dass das Verhältniss n bei alten Ermüdungsstufen des Muskels, also bei wechselnden Kräften desselben constant war. Die Versuche sind am Zungenmuskel des Frosches ‚angestellt und merkwürdi- ger Weise ergab sich, dass nieht blos bei einem und demselben Thiere 5 constant ist, sondern es war bei verschiedenen Individuen ebenfalls eonstant, annähernd = 0,3. Selbst in einigen Versuchen an 3 5 ER 2 P Warmblütigen entfernte sich die Constante = nicht weit von 0,3, Sitzung vom 26sten Januar, Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und wurden vorgelegt: Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften herausgeg. v. d. Naturwiss. Verein für Sachsen und Thüringen zu Halle. Januar bis October 1856. A. Scmmipr der Geschlechtsapparat der Stylommatophoren. 1856. Aus dem ersten Bande der Abhandlungen der obengenannten Gesellschaft besonders abgedruckt, Herr Prof. KxogLAucH theilte die Resultate seiner neuesten Untersuchungen mit, welche das Verhalten der Wärmestrah- len gegen Metalle zu ihrem Gegenstande hatten. Derselbe wies nach, dass die strahlende Wärme, ihrer Menge wie ihren Eigenschaften nach, Unterschiede zu erkennen gäbe, sowohl wenn sie durch verschiedene Metalle wie Gold, Silber oder Platin u.s. w. hindurchgegangen sei, als auch je nachdem sie von mattem Golde, Silber, Kupfer, Platin, Messing, Eisen oder anderen rauhen Metallflächen zu- rückgeworfen werde. Dies Verhalten der Wärme nach der Durchstrahlung durch jene Körper oder nach der, Zurück- werfung von denselben wurde auch mit dem der directen Strahlen verglichen, so wie der Einfluss be- sprochen, welchen die Dicke der durchdrungenen Platten, ferner die Richtung der Wärmestrahlen ge- gen die reflectirende Fläche und die Politur der letzteren auf die gedachten Erscheinungen ausübt. Der Vortragende knüpfte daran einige Schlüsse hinsichtlich der Natur verschiedenartiger Wärme- quellen und die bei steigender Temperatur zunehmende Mannigfaltigkeit der von einem und demselben Körper ausgesandten Wärmestrahlen. j Herr Prof. von ScHLEcHTENDAL legte Hefte der flore des serres und der Gartenflora zur Ansicht vor. Sitzung vom 9ten Februar. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und wurden vorgelegt: Schweizerische Zeitschrift för Pharmazie Jahrg. 1, 1856, No. 2. Mittheilungen der Kaiserl. Königl. Mährisch-schlesischen Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde in Brünn 1855, > DH Chr. D’ELvERT, die Kulturfortschritte Mährens und Oesterreichisch-Schlesiens während der letzten 100 Jahre. Brünn 1854, Rendieonto delle sessioni dell’Academia delle scienze dell’Instituto di Bologna 1854—1855. Memorie dell’Academia delle seienze dell’Instituto di Bologna Tom. VI, fase. 1, 1855; nebst Begleit. schreiben des Sekretairs Herrn Douexıco Pıant. Ein Schreiben der naturforschenden Gesellschaft in Görlitz, welche mit der hiesigen in Schriften- austausch zu treten wünscht, beschliesst die Gesellschaft dahin zu beantworten, dass sie bedaure auf den Wunsch jener nicht eingehen zu können, da der bestehende Schriftenaustausch bereits alle zu Ge- bote stehenden Exemplare der Abhandlungen absorbire. Herr Prof. J. VoGEL "berichtete über eine Reihe von Untersuchungen, welehe er mit Hülfe eigens zu diesem Zwecke con- struirter Apparate über mehrere Punkte des menschlichen Stoffwechsels angestellt hat. Er beschrieb zuerst einen Apparat, welcher erlaubt, die vom Menschen produeirte Kohlensäure quantitativ zu be- stimmen, zeigte die Art seiner Anwendung und gab eine kurze Uebersicht über die durch denselben erhaltenen Resultate, welche den Beweis liefern, dass die Kohlensäureproduction bei Gesunden und Kranken unter verschiedenen Verhältnissen sehr grosse Differenzen zeigt. Er beschrieb dann die von ihm angewandte Methode, um den vom menschlichen Körper in einer gewissen Zeit ausgeschiedenen Wasserdampf quantitativ zu bestimmen. Schliesslich erläuterte er eine von ihm angewandte Methode, um die im menschlichen Körper produeirte Wärme ihrer Menge nach zu bestimmen und theilte die Resultate mit, welche er bis jetzt durch Anwendung dieser Methode bei Gesunden und Kranken er- halten hat. Sitzung vom 23sten Februar. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und wurden vorgelegt: Meteorologische Beobachtungen in Zittau und Reichenberg im Jahr 1855. Schweizerische Zeitschrift für Pharmazie Jahrg. 1, No. 3, 1856. Herr Prof. BuruEISTER zeigt ein für das hiesige Museum erworbenes ausgestopftes Exemplar eines ausserordentlich seltenen Thieres von der Küste von Guinea, Anomalura Pelei, vor. Dasselbe hat in der Körpergestalt grosse Aehnlichkeit mit einem fliegenden Eichhörnchen, zeichnet sich aber vor Allem durch einen an der Un- terseite des Schwanzes befindlichen Ueberzug harter Schuppen aus. Die nähere Untersuchung nament- lich des Schädels hat gezeigt, dass das Thier den Stachelschweinen zunächst verwandt sei. Herr Prof. KyogLAucH erläuterte an zahlreichen Apparaten die Construction der zur Bestimmung kleinster Temperaturdifferen- zen angewandten Thermosäulen, welche auch ihm bei seinen der Gesellschaft früher dargelegten Untersuchungen über strahlende Wärme dienten. Ferner zeigte derselbe verschiedene Arten von Me- tallthermometern vor, unter denen sich eins durch seine grosse Empfindlichkeit auszeichnete. Dasselbe von BrArter in Wien construirte, lässt noch !/,, Grad Reaumur direct ablesen. Ferner wurden die neuerlichst statt der Quecksilberbarometer viel in Anwendung gezogenen Aneroid- und BourDon schen Metallique-Barometer in ihrer Construction erläutert und ein compendiöses Quecksilber-Barometer vorgezeigt, welches nach einem von August angegebenen Prineipe von BRUNNER construirt ist, und vielfach zu Höhenmessungen namentlich in der Schweiz benutzt wird. Sitzung vom $St&n März, Herr Prof. KxoBLAucH erläuterte in seinem Laboratorium an zahlreichen zum Theil neuen Apparaten die Bewegungserschei- nungen, welche durch electrische Vorgänge erzeugt werden können. Der Vortragende begann mit den einfacheren, durch Wechselwirkung (Anziehung und Abstossung) von Strömen gegeneinander erzeugten Bewegungen, erläuterte dann die Wirkung galvanischer Ströme auf fertiggebildete Magnete und umge- kehrt; und ging endlich zu denjenigen Bewegungserscheinungen über, welche durch die Wirkung er- regter Electromagnete oder Magnete auf Eisen erzeugt werden. Es schloss sich hieran eine specielle Vergleichung der auf diese letzterwähnten Erscheinungen basirten practisch wichtigen Maschinen, wie sie JACOBI, RITSCHIE, WAGNER, PAGE, FROMFNT u. A. construirten, welche zu einer Besprechung der bisher auf diesem Wege erzielten Resultate namentlich im Vergleich mit der Dampfkraft Veranlassung gaben. Zweites Vierteljahr. Vorsitzender Director Herr Prof. Burmeister. Sitzung vom 19ten April. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und wurden vorgelegt: Schweizerische Zeitschrift für Pharmazie 1856, No. 4. Fünfter Berieht der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Giessen, 1855. Jahrbuch der Kaiserl. Königl. geologischen Reichsanstalt Jahrg. VI, 1855, No. 3. M. Scauzze, Ueber den Bau der Gallertscheibe der Medusen. Ders., Beobachtungen über die Fortpflanzung der Polythalamien. Aus Müller’s Archiv. 1856. Ge- schenke d. Verf. Carmen Nicolai Hussoviani de statura, feritate ac venatione bisontis. Petropoli 1855. Zur Feier des Jubiläums der Naturforscher- Gesellschaft in Moskau von der Kaiserl. Bibliothek in Petersburg, =, ‚Jereer neu abgedruckt und mit Begleitschreiben des Herım Baron von Korrr, Director der genannten Bi- bliothek, zum Geschenk übersendet. Resumen de las actas de la Academia real de cieneias de Madrid 1847—1852. Memorias de la real Academia de Ciencias de Madrid Tom. II, 1853. Bibliotheca historico-naturalis v. ZucHorLn, Jahrg. 5, Heft 2. Linnaea Bd. XI, Heft 4 u. 5. Geschenk des Herrn Herausgebers v. SCHLECHTENDAL, Frorıer die Rettung der Cretinen, Bern 1856. SCcOUTETTEN une visite A ’Abendberg, Bern 1856. GussensüuL die Cretinen-Anstalt auf dem Abendberg, Bern 1853, Die letzten 3 Schriften Geschenke des Herrn Dr. GUGGENBÜHL, L. Ranrkorer , die Befruchtung der Phanerogamen. Leipzig 1856. Geschenk des Herrn Verfassers. Memoires de la soeidte imperiale des sciences naturelles ä Cherbourg Tom. I, Livr. 2, 1853, Tom. II, 1854. Nebst Begleitschreiben des Sekretairs Herrn Le Jorıs, Der Schriftführer übergab ferner der Gesellschaft die eben vollendeten 3s u. 4s Heft des 3ten Bandes der Abhandlungen. Derselbe legt der Gesellschaft die Resultate seiner anatomischen Studien über den feineren Bau des Geruchsorganes bei Menschen und Thieren vor. Nach den neueren Forschungen über die periphe- rische Endigungsweise der Gehör- und Gesichtsnerven erscheint es in hohem Grade wahrscheinlich, dass jede der diese Nerven zusammensetzenden Primitivfasern in zelligen Gebilden ihr Ende findet, welche als die eigentlich pereipirenden Elemente aufgefasst werden müssen, während den Nervenfasern mehr die Fortleitung des Sinneneindruckes obliegt. Die bisherigen Untersuchungen über den Bau des Ge- ruchsorganes hatten eine ähnliche Anordnung der peripherischen Enden der Riechnerven nicht nachge- wiesen. Der herrschenden Annahme zufolge mussten die riechenden Substanzen das geschichtete Epithel der regio olfactoria der Nasenschleimhaut in aufgelöster Form durchsetzen, um auf die pinsel- förmigen Ausstrahlungen der im Bindegewebe eingeschlossenen Geruchsnervenäste einwirken zu können. Nach neuen Untersuchungen des Vortragenden findet ein Zusammenhang gewisser epithelartiger, ober- flächlich zwischen den Epithelialzellen gelegener Zellen und den letzten Ausläufern der Geruchsnerven statt, der Art, dass nach dieser Anordnung die riechenden Substanzen in der Nase die letzten Enden der Geruchsnerven direct berühren können. Sitzung vom 3ten Mai, Für die Bibliothek der Gesellschaft ist eingegangen und wird vorgelegt: Memoire de la societ€ de Physique et d’histoire naturelle de Geneve. Tom. XIV, 1 part. 1855. Herr Prof. BuURMEISTER zeigte ein kürzlich für das hiesige zoologische Museum erworbenes Exemplar von Dolichotis Patägonica vor, und erläuterte die zoologischen Charactere dieses den Hasen zwar oberflächlich ähnelnden aber zu den Meerschweinchen zu rechnenden Nagethieres. Pe; Herr Prof. Gırarn legte die bei Perthes in Gotha erschienene geognostische Uebersichtskarte von Deutschland und den angrenzenden Ländern von H. Bacr# vor. Der Vortragende machte darauf aufmerksam, dass es schon- lange ein Bedürfniss gewesen sei, eine Uebersichtskarte zu besitzen, welehe zwischen den bisher ver- öffentlichten Karten von L. v. Buch auf 42 Blättern und von H. v. Decuen auf einem Blatte in der Mitte stehe, und diesem Bedürfniss sei durch die vorliegende Karte auf 9 Blättern genügt. In lebhaf- ten Farben mit grosser Präeision gedruckt, nach den besten Hülfsquellen bearbeitet, lässt sie wenig zu wünschen übrig, nur könnte vielleicht zu bemerken sein, dass zu viele dunkle Farben gebraucht sind. Lobenswerth erscheint auch die grosse Vorsicht, mit welcher das Flussnetz und die Hauptorte, sowie die Eisenbahnen eingetragen sind. Sitzung vom 24sten Mai. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: Schweizerische Zeitschrift für Pharmazie 1856, No. 6. ) Mineralogische Notizen von Kexncorr 16. u. 17, Folge. Aus den Sitzungsberichten "der Wiener Aca- demie d. Wiss. besonders abgedruckt. Geschenk des Herrn Verfassers. Herr Prof. KnogLAucH erläuterte den Einfluss, welchen die Form der Glaslinsen auf die sphärische und chromatische Aberra- tion der durch sie hindurchgehenden Lichtstrahlen ausübt. Es wurde darauf die Frage über die Achro- masie der Linse des menschlichen Auges wie des Auges im Ganzen in längerer Discussion behandelt. Herr Prof. Heımrz zeigte Bernsteinsäure aus Echinocoecus-Blasen von Herrn Dr. HrıpennaAin dargestellt, vor. Ferner er- läuterte derselbe in längerem Vortrage die Zusammensetzung einiger wasserfreier organischer Säuren, namentlich der Ameisensäure, Essigsäure und Benzoesäure, und ging ausführlich auf die Art ihrer Dar- stellung ein. Bisher bediente man sich zu diesem Zwecke des Phosphorchlorids, welches man auf Salze wasserfreier organischer Säuren einwirken liess. Nach Versuchen des Vortragenden lässt sich Chlorschwefel mit ähnlichem Erfolge anwenden, doch nicht bei allen derartigen Säuren. Sitzung vom Tten Juni. Herr Prof. BURMEISTER zeigte die von ihm aus Brasilien mitgebrachten Laubfrösche vor und erläuterte ihre natürliche Beschaf- fenheit durch die von ihm nach dem Leben an Ort und Stelle angefertigten Abbildungen. Er berich- tete dabei einleitungsweise über das Vorkommen der Laubfrösche und gab an, dass die Inselwelt Südost - Asiens und Süd-Amerikas die Orte der Erdoberfläche seien, wo die meisten verschiedenen Laubfrösche sich vorfänden; namentlich bewohnen Brasilien die allergrössten Arten. Der eigenthümliche klopfende oder knackende Ton, welchen man hier allabendlich im Sommer von Laubfröschen vernähme, sei eine der. vielen auffälligen Ueberraschungen für das Ohr eines europäischen Reisenden. In dem bekannten IE ER Werke von DumerıL und Bisrox, der Herpetol. gener. Tb. VIII kommen 17 ächte Laubfrösche aus dem tropischen Süd-Amerika vor; Spix hat in seinem Nov. Spee. Test. & Raxar. sogar 32 Arten un- terschieden und der Prinz zu Wied 6 gut beschrieben und abgebildet. Bedenkt man, dass Dun. Br- BRON von den letzteren nur 2, von den bei Srıx beschriebenen nur 7 und darunter 2 bloss fragweise aufführen, so kann man sich eine Vorstellung von dem Artenreichthum in Süd-Amerika an Laubfröschen machen. Unter den vom Ref. mitgebrachten neun Arten sind nur 4, welche Dumerm und Bierox be- schrieben, 2 ausserdem des Prinzen zu Wied und 3 sicher neu oder bisher unbekannt, Bei einer vergleichenden Untersuchung ergiebt sich dass zwar die Grösse der Schwimmhäute an den Vorderbei- nen, auf welche D. B. den Hauptwerth legen, wichtig ist, aber zur obersten Gruppirung sich nicht eigne; viel mehr Werth ist auf die Anwesenheit einer eignen saumartigen Falte am Arm und am Fass zu legen; woselbst sie am Hacken eine höhere Warze, eine Art Hackensporn, bildet. Laubfrösche dieser Bildung scheinen nur in Süd-Amerika vorzukommen. Noch wichtiger aber ist die Form und Stellung der Zähne tragenden Gaumenhöker. Hiernach zerfallen die Laubfrösche in zwei ganz natürliche Grup- pen. Bei der Einen sind die Gaumenhöker länglich gezogen, schief gegen einander nach vorn ge- neigt und so gesenkt, dass sie sich in der Hauptrichtung hinter den Choanen befinden; — bei den Andern bilden sie ein paar runde Warzen genau zwischen den Choanen. Die Laubfrösche dieser Abtheilung haben kürzere fleischigere Hinterbeine und förmliche Waden, die andern längere dünne Hinterbeine ohne Waden. — Zu jenen gehörten nur 3 von den 9 Arten, worunter 2 neue, die Verf. Hyla corticalis und Hyla Lundi: nennt, die dritte ist Hyla infulata Pr. Wied. — Die sechs andern Ar- ten sind: Hyla marmorata Daud, die einzige mit Warzensaum am Fuss und Hacken, ferner Hyla leuco- phyllata (A. elegans Pr. Wied), H. luteala Pr. Wied, H. prosina Br. n. sp. und H. rubra Daud. (Xsig- nala Srıx), welche sich durch ihren spitzen Vorderkopf vor den anderen auszeichnet. — Als letzte nicht zu Ayla gehörige Art wurde die merkwürdige Phyllomedusa bicolor vorgelegt, deren Fussgelenke ohne alle Schwimmhäute sind. Verf. wies die sonderbaren Stellungen des Thieres im Leben an Zeich- nungen nach und machte besonders auf die senkrechte Pupille dieser Art aufmerksam, während die übrigen Laubfrösche eine horizontale Pupille besitzen. Beide erscheinen aber nur geschlossen als Spal- ten, geöffnet kreisrund. — Sitzung vom 21sten Junis Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: Kenngorr Notiz über das Tyrit genannte Mineral und Notiz über eine gestörte Kıystallbildung des Quarzes. Abdruck aus PoGGenvorr’s Annalen 1856. Geschenk des Herrn Verfassers. Jahresbericht des physikalischen Vereines zu Frankfurt a.M., 1854— 1855. Rapport sur la sdance extraordinaire & T’occasion du Jubil& semi-seculaire de la societe imperiale des naturalistes de Moscou, 1856. Würtembergische naturwissenschaftliche Jahreshefte. Jahrg. XII, Heft 2, 1856. Nebst Begleitschrei- ben des Sekretairs Herrn Krauss. Verhandlungen der physikalisch medieinischen Gesellschaft in Würzburg. Bd. VI, Heft 3, 1856. Nebst Begleitschreiben des Sekretairs Herrn ROSENTHAL. Sitzungsberichte. Ar Band. 2 MU Herr Prof. BurMEISTER zeigte das eben fertig gewordene Präparat einer Ciconia Mycteria s. americana vor, welches ohne alle Knochen aufgestellt zugleich als Skelet benutzt worden war, und erläuterte dann die zoologischen Un- terschiede der Störche nach ihren verschiedenen Arten. Die Myeteria gehört zu den nackthalsigen Störchen, von denen man 4 Arten kennt. Die der Alten Welt haben grosse Daunfedern hinter dem After und sind theils mit einem frei hängenden Kropfsack versehen, wie C. Marabu aus Östindien und C. Argala aus Ost- Afrika; theils ohne denselben, wie C. capillata aus Java und C. Mycteria aus Süd - Amerika. Die Störche mit befiedertem Halse sind kleinere Vögel und haben bloss nackte Zügel; sie _ zerfallen in die diekschnäblichen Arten mit aufsteigender Schnabelfirste, wie C. ephippiorhyncha aus Westafrika und C. leucoptera aus Neu-Holland; — oder in Gradschnäbler mit leichterem wenn auch nicht schwachem Schnabeltypus. Dahin gehören theils vorwiegend weisse Arten, wie C, alba aus Eu- ropa, und C. Maguari aus Süd-Amerika, theils vorwiegend schwarze Arten, wie C. nigra in Europa, €. Abdimi aus Ostafrika und C. capillata von Java. Letztere Zwei sind die kleinsten Störche, die man kennt, beträchtlich kleiner als unser scbwarzer Storch. Aus dieser Aufzählung ergiebt sich, dass die Störche nur sehr sparsam über die Oberfläche vertheilt sind und meist mit je zwei Arten da auftreten, wo sie vorkommen. Nackthalsige Störche, die sich im Besitz grosser luftführender Räume am Halse und an der Brust befänden, welche aus der Lunge durch die Achselhöhle gefüllt werden, giebt es nur in der Tropenzone, mit befiederten Hälsen mehr in den wärmeren gemässigten Erdstrichen, keine Art in der ganz kalten. Amerika hat nur 2 Storch- Arten hervorgebracht, eine mit nacktem, die andere mit be- fiedertem Halse, die östliche Halbkugel 9: — Davon leben 2 in Europa, 3 in Afrika, 3 Südasien, 1 in Neu- Holland. Drittes Vierteljahr. Vorsitzender Director Herr Prof. Girard. Sitzung vom 5ten Julie Der Schriftführer Prof. Max Schuutze legt der Gesellschaft den Jahresbericht über das verflossene 77te Sitzungsjahr vor, welcher zu den Acten genommen wird, sodann ein Schreiben des Herrn Prof. BURMEISTER, welcher seinen Austritt aus der Gesellschaft anzeigt. Als neue ordentliche auswärtige Mitglieder werden aufgenommen die Herren Professoren R. Leu- CKART in Giessen und Ü. GEGENBAUR in Jena, ee | Herr Prof. v. SCHLECHTENDAL legt ein Werk von ErrinGHAUSEn und PoRorNY „die wissenschaftliche Anwendung des Naturselbst- druckes zur graphischen Darstellung der Pflanzen“ zur Ansicht vor, und macht auf die durch beson- dere Schärfe der Umrisse und der feineren Blattrippenzeichnung sich empfehlenden Abbildungen auf merksam, deren Darstellung vermittelst des Naturselbstdruckes genauer erörtert wird. Auch photogra- phisch verkleinerte Abbildungen von grossen auf dem Wege des Naturselbstdruckes gewonnenen Origina- lien wurden vorgelegt. DErSELBE. berrichtete sodann unter Vorlegung von Abbildungen über die neuesten Untersuchun- gen von ScHacHt, den Befruchtungsprozess der Phanerogamen betreffend, welche kürzlich in der Ber- liner Academie mitgetheilt wurden, und das wichtige Zugeständniss enthalten, dass der genannte For- scher die so lange von ihm vertheidigte ScuLeipen’sche Ansicht nach seinen Beobachtungen an Gladiolus aufgegeben habe. Auch die interessanten Untersuchungen von PrInGsHEm über die Generationsorgane der Süsswas- seralge Oedogonium wurden im Auszuge mitgetheilt, lIerr Prof, Max SCHULTZE zeigte einen zur Beleuchtung zarter mikroskopischer Objekte dienenden Apparat, welcher in England erfunden und Condenser genannt worden ist. Derselbe besteht aus einem unter dem Objektisch ange- brachten System von Sammellinsen und einer eigenthümlichen Blendung an diesen, welche nicht wie die gewöhnlichen Blendungen das Randlicht, sondern das Centrallicht aufhält, dem Randlicht jedoch den ungestörten Durchgang verstattet. Der Vortheil dieses eine allseitig schiefe Beleuchtung des Ob- jektes erzielenden Apparates wurde an zarten Probeobjekten unter dem Mikroskop demonstrirt, Sitzung vom 19ten Juli, Für die Bibliothek sind eingegangen und werden vorgelegt: Jahrbücher des Vereins für Naturkunde im Herzogthum Nassau, Heft 10, 1855, und KırscHhpaum über Hoplisus punetuosus und Hoplisus punclatus n. sp. Nebst Begleitschreiben des Sekretairs erstgenannter Gesellschaft Herrn KırssuBAum. C- Braun, Wiesbaden als Heilquelle und als elimatischer Heilort, 1850. Geschenk des Herrn Verf, 3 Verhandlungen des zoologisch-botanischen Vereins in Wien, Bd. V, 1855 und Bericht über die österreichische Literatur der Zoologie, Botanik- und Paläozoologie aus den Jahren 1850—1853 herausgegeben vom Zoolog.-botan. Verein in Wien 1855. Nebst Begleitschreiben des Sekretairs dieses Vereins Herrn FRAUENFELD. SCHAUENBURG der Augenspiegel ete. Lahr 1854, Ders. die künstliche Pupille vor und in dem Auge Lahr 1854, Ders. das Accomodationsvermögen der Augen Lahr 1854, Ders. Ophthalmiatrik Lahr 1856. Sämmtliche vier Schriften Geschenke des Herm Verfassers und von einem Schreiben desselben 2# Verhandlungen der physikalisch-medieinischen Gesellschaft in Würzburg Bd. VII, Heft 1. 1856. Zum Generalredacteur der Abhandlungen der Gesellschaft wird an Stelle des ausgeschiedenen Herrn Prof. Burmeister der Schriftführer Prof. Max ScuhuLtze gewählt. Herr Prof. GIRARD legte unter erläuternden Bemerkungen Dumoxr’s Charte geologique de la Belgique et des eontrees voi- sines zur Ansicht vor. Dieselbe zeichnet sich insonderheit durch die Vollendung des Farbendruckes aus, und bildet die Uebersichtskarte einer Reihe von 9 Blättern, welche in grösserem Maassstabe her- ausgegeben ist. Herr Prof. v. SCHLECHTENDAL zeigte den kürzlich erschienenen botanischen Theil der Beschreibug einer von Herrn v. MIDDENDORFF in den Jahren 1843 und 1844 unternommenen Reise nach Sibirien, sodann ein Heft von van Houtie flore des Serres und ein populär gehaltenes Buch „die Pflanzenwelt“ von WAGNER. Siztung vom 2ten August. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: A. Zeısıng das Normalverhältniss der chemischen und morphologisehen Proportionen, Leipzig 1856. Geschenk des Herrn Verfassers und von einem Schreiben begleitet. Abhandlungen herausgegeben von der Senkenbergischen naturforschenden Gesellschaft zu Frankfurt a. M. Bd. I, Liefr, 1 u. 2, 1854 u. 1855; Nebst Begleitschreiben des Sekretairs Herrn METTENHEIMER, Neues Lausitzisches Magazin. Im Auftrage der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften be- scrgt durch deren Sekretair Neumann. Bd. XXXIII, Heft 1 u, 2. Görlitz 1856; nebst Be- gleitschreiben. RoEMER Enumeratio Euphorbiarum. Geschenk des Herrn Prof. v. SCHLECHTENDAL, Der Schriftführer legt eine von Herrn Prof, GEGENBAUR in Jena eingegangene für die Abhand- lungen der Gesellschaft bestimmten Arbeit vor. Herr. Prof. KrAHMER erstattet den von ihm übernommenen Bericht über die von Herrn Dr. ScHauvengurg in Bonn der Ge- sellschaft übersandten ophthalmologischen Schriften. Herr Dr. AnprAE legte zapfen- und kugelförmige Coneretionen aus dem Tertiärsande an der Haide bei Nietleben vor und knüpfte daran eine Mittheilung über die Enstehungsgeschichte dieser und ähnlicher Gebilde, welche derselbe bereits früher an mehreren Orten Siebenbürgens und Steiermarks zu beobachten Gelegenheit. hatte. Was speeiell die ersteren betrifft, so kommen sie in grosser Menge in einem feinen weissen Sande an Einbruchsstellen verlassener Braunkohlengruben vor, sind aus demselben Materiale gebildet, in wel- chem sie lagern, aber durch Eisenoxydhydrat verfestigt und rostbraun gefärbt. Dieses Bindemittel rührt aus eisenhaltigen, mit dem Sande wechselnden Mergellagern her, wurde im Laufe der gegenwär- en, tigen Zeit durch athmosphärische Wässer ausgezogen und dem weissen Sande an zahlreichen Punkten zugeführt. Indem es diesen durchdrang, bildeten sich die oben erwähnten nnd der Imbibirung entspre- chenden Formen, daher man auch meist deutlich an ihnen die sie zusammensetzenden Schichtenlamel- len erkennen kann. Später wurde der sie umgebende lose Sand durch Winde fortgeführt, so dass die längeren Zapfen nun frei herausragen, während die mehr kugligen Bildungen von ihrer ursprünglichen Lagerstätte nach tieferen Punkten hinabrollten und sich vollkommen abrundeten., Herr Prof. v. ScHLECHTENDAL legte unter erläuternden Bemerkungen den 2ten Theil der Flora von Halle von A. Garkz, die Kryp- togamen umfassend, vor. Herr Prof. GırArD bespricht die von Herrn VorLger in Zürich kürzlich aufgestellte Ansicht über die Enstehung der Erd- beben. Nach derselben sollten durch stetes Auswaschen von Gips aus den Gebirgen, namentlich in quellenreichen Gegenden, so bedeutende Höhlungen entstehen, dass deren unvermeidlich einmal statt- findendes Einstürzen zur Erklärung von bedeutenden Erderschütterungen dienen könne. Der Vortra- gende weist durch Berechnungen die Unhaltbarkeit dieser Ansicht nach und stützt sich dabei nament- lich auf die bekannten, häufig vorkommenden Einstürze von Gypsschlotten und anderen künstlichen oder natürlichen Höhlen, welche höchstens ein geringes Einsinken beschränkter Stellen der Erdober- fläche zur Folge haben, aber nie die mächtigen und weitverbreiteten Erschütterungen eines Erdbebens erzeugen. Als neue auswärtige ordentliche Mitglieder werden aufgenommen: die Herren Dr. C. Braun in Wiesbaden und Dr. ScHAUENBURG in Bonn. Viertes Vierteljahr. Vorsitzender Director Herr Prof. von Schlechtendal. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: Einundvierzigster Jahresbericht der naturforschenden Gesellschaft in Emden für 1855. Kleine Schriften der naturforsch. Gesellsch. in Emden IV; die Gewitter des Jahres 1855 von PrESTEL. Prester das Vaporimeter oder die Psychrometerscala Emden 1855. Diese 3 Schriften begleitet von einem Schreiben des Herrn Dr. PrEstEL. Kongl. Vetenskaps Academiens Handlingar für 1853 u. 1854 Stockholm, Oeversigt af Kongl. Vetenskaps Academiens Förhandlingar; 1855 Stockholm. — Oversigt over det Kongelige Danske Videnskabernes Selskabs Forhandlingar i. a. 1855 Kiöbenhavn. Det Kongel Danske Videnskabernes Selskabs Skrifter, 1856 Kiöbenhavn. Quaestiones quae in annum 1856 proponuntur a Societate regia Danica ete, Die letzten 3 Schriften begleitet von einem Schreiben des Sekretairs Herrn FORCHHANMER. Jahrbuch der Kais. Königl. geologischen Reichsanstalt 1855. No. 4. Nebst Begleitschreiben des Herrn HaıpınGer, J. J. Steenstrup Hectocotyldannelsen hos Octopods laegterne Argonauta og Tremoctopus etc. Kiöben- havn 1856, Geschenk des Herrn Verfassers nebst Begleitschreiben desselben. W. Gxruser Monographie des canalis supra condyloideus humeri. Petersburg 1856. Ders.: Vorläufige Anzeige der Entdeckung des processus supracondyloideus ossis femoris etc, besonderer Abdruck aus dem Bulletin de l’Acad&mie Imp. des sciences de Petersbourg. Beide Geschenke des Herrn Verfassers. Linnaea Bd. XI, Heft 5, 6. Bd. XII, Heft 1, 2. Geschenk des Herausgebers Herrn Prof. von SCHLECHTENDAL, Verhandlungen der medieinischen Gesellschaft in Würzburg Bd. VII, Heft 2. Berichte über die Verhandlungen der Kön. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig. Mathem. physik. Klasse. 1854, 3. 1855, 1 u. 2. 1856, 1. Von derselben Gesellschaft aus ihren Abhandlungen: Kourrausch und W. Weser Electrodynamische Maassbestimmungen. Drozıscn Nachträge zur Theorie der musikalischen Tonverhältnisse. Hansen Auseinandersetzung einer zweckmässigen Methode zur Berechnung der absoluten Störungen der kleinen Planeten. D’Arrest Resultate aus Beobachtungen der Nebelflecken und Sternhaufen 1. Reihe. Alle diese Schriften begleitet von einem Schreiben des Sekretairs letztgenannter Gesellschaft Herrn E. H. Weser. Jahresbericht der Fürst]. Iablonovky’schen Gesellsch. in Leipzig, 1856, 1. Herr Prof. ERDMANN theilt in längerem Vortrage den Inhalt eines zur Berichterstattung übernommenen Buches von A. Zeı- sing mit „das Normalverhältniss der chemischen und morphologischen Proportionen“, Es wird in die- sem Buche ein Verhältniss aller Verhältnisse ein Normalverhältniss gesucht und in dem sogenannten goldenen Schnitt gefunden, durch welchen eine Grösse so getheilt wird, dass der minor zum major sich verhält wie letzterer zum Ganzen, Herr Prof, Heımrz legt der Gesellschaft verschiedene auf die Naturforscherversammlung in Wien bezügliche Schriftstücke und Gegenstände zur Ansicht vor. Herr Prof. von SCHLECHTENDAL spricht über die Arten der Gattung Amygdalus unter Vorlegung von frischen im hiesigen botanischen Garten gezogenen Früchten, und macht vorzugsweise darauf aufmerksam, dass unter dem Namen Amyg- dalus communis wahrscheinlich mehrere verschiedene Arten enthalten sind, welche bisher nur als Va- rietäten unterschieden wurden, Derselbe legt ferner die Früchte einer aus den Tropen eingeführten Winde vor, Calonyctium spe- ciosum, welche sich in diesem Jahre im hiesigen botanischen Garten besonders reichlich entwickelten, und macht darauf aufmerksam, dass die hier so bedeutende Anschwellung des Blumenstiels, auch bei andern Winden, nur in viel geringerem Maasse vorkomme, und zeigt ferner Hefte der Flore des serres und der Illustration horticole, sowie eine neue Decade der Algen Europa’s von Rabenhorst. Sitzung vom 15ten November, Für die Bibliothek der Gesellschaft ist eingegangen und wird vorgelegt: Abhandlungen herausgegeben von der Senkenbergischen naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt a. M. Bd. II, Lief. 1, 1856, Nebst Begleitschreiben des Sekretairs. Herr Dr. A. Zeısımg wird als ordentliches auswärtiges Mitglied in die Gesellschaft aufgenommen. Herr Prof. von SCHLECHTENDAL ‘ spricht über die Gattung Datura und zunächst über das Vaterland des bei uns jetzt allgemein verbrei- teten Stechapfels, D. Stramonium L., wodurch er die früheren hierauf bezüglichen Untersuchungen Aurn. Dr Canporre’s im Allgemeinen bestätigte. Die älteren, alle ihnen bekannten Pflanzen aufzählenden Botaniker beschrieben und bildeten nur ab D. Meiel als eine Gartenpflanze und Crusıus ist der erste, welcher in einer Scholie zu A. Costa eine Beschreibung und Abbildung einer Datura liefert, deren Saame 1584 von Innspruck nach Wien gelangte und hier im folgenden Jahre schon durch mehrere Gärten verbreitet war. Diese Datura ist unstreitig D. Stramonium und somit die Zeit ermittelt in wel- cher sie nach Deutschland eingeführt ward und sich bald ausbreitete. Man kann vermuthen, dass die Pfanze von Venedig nach Innspruck gekommen sei und durch den Handel mit den Ländern am schwarzen Meere und mit der Türkei nach Italien gelangte. Aber auch die älteren Speeial-Floristen verschiedener Länder und Gegenden Europa’s führen den Stechapfel noch nicht auf, so dass z.B. in den Floren von Halle des Stechapfels erst in der Flora von Buxbaum v. J. 1721 Erwähnung geschieht und ihn die von Knaur# v. 1687 noch nicht nennt. Mit De CAnporrz ist der Vortragende der Mei- nung, dass D. Stramonium in dem mittleren Asien, namentlich in den Gegenden zwischen dem schwar- zen und caspischen Meere, an der Wolga und deren Nebenflüssen, in der Kirgisensteppe und vielleicht auch noch weiter nach Osten zu Hause sei, da er hier nicht allein sehr häufig ist, sondern auch fern von Menschenwohnungen vorkommt und dort einen auf seine berauschende Eigenschaft zielenden Na- men führt, da ihn die dortige Bevölkerung, besonders früher, als ein berauschendes und als ein Heil- mittel benutzte, während er in Europa nur einen Namen nach der äusseren Beschaffenheit seiner Frucht erhielt und erst medicinisch benutzt wurde, als Störck im J. 1762 auf ihn aufmerksam machte. Von den Gegenden östlich des schwarzen Meeres mögen auch wohl die Alten ihre Kenutniss des Stechapfels erhalten haben, den sie sehr ungenau beschrieben und hauptsächlich nur seine Wirkung kannten. Doch mögen sie auch irgend eine andere Art gemeint haben. — BB — Die Frage, ob D. Tatula L. eine eigene Art oder nur eine Varietät von D. Stramonium sei, beant- wortete der Vortragende zu Gunsten der erstern Ansicht, da es ihn während langjähriger Kultur nie vorgekommen sei, die eine Form aus der andern entstehen zu sehen. Uebrigens sei es merkwürdig, dass diese Tatula sich sehr viel weniger ausgebreitet habe und mehr im Westen Europa’s vorkomme, in Russland und östlich von diesem Lande noch nicht gefunden sei. DerseLge legt unter erläuternden Bemerkungen zur Ansicht vor: A. Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien, Sitzung vom 29ten November. Für die Bibliothek der Gesellschaft ist eingegangen und wird vorgelegt: Berichte über die Verhandlungen der Gesellschaft zur Beförderung der Naturwissenschaften zu Freiburg i.B. 1856, No. 14 u. 15, nebst Begleitschreiben des Sekretairs Herrn Maıer. Der Schriftführer legt einen Probedruck der zur Abhandlung des Herrn Prof. GEGENBAUR über die Entwickelung der Sagitta bestimmten Tafel zur Ansicht vor, ferner eine Tafel mit Turbellarien von dem Schriftführer zu einer Abhandlung für die Gesellschafsschriften gezeichnet. In Anschluss an die früher von demselben über die Turbellarien veröffentlichten Untersuchungen wurde der Bau der auf der vorgelegten Tafel dargestellten Thiere aus den Familien der Prostomeen und Derostomeen näher erläutert. Herr Prof. Kramer N gab einige Zusätze zu dem in voriger Sitzung von Herrn Prof. v. SCHLECHTENDAL gehaltenem Vortrage die Verbreitung von Datura Stramonium betreffend. Herr Prof. GIRARD theilte mit, dass Herr Geh. Rath Professor Görrert in Breslau in dem dortigen Königl. botanischen Garten ein Gesteins- Profil errichtet habe, welches zur Erläuterung der Verhältnisse dienen soll, un- ter denen die Bildungen der Steinkohle vorzukommen pflegen. Unter Beihülfe des Herrn Ober Berg Rath ErerucH und durch die Unterstützung zahlreicher Gönner, die theils Geldbeiträge, theils Gesteins- massen und fossile Reste dem Unternehmen schenkten, ist es möglich geworden eine Aufstellung aus- zuführen, wie Aehnliches noch nirgends vorhanden ist. Auf einer äusserlich nicht sichtbaren Grund- mauer von 60 Fuss Länge sind Gesteinsmassen von ca 10 Fuss Höhe aufgeschichtet, deren eines Ende aber von einem 21 Fuss hohen Kegel gebildet wird. Ungefähr 4000 Ctr, Gestein sind hier zusammen- gehäuft, um dem Beschauer eine Vorstellung von dem Vorkommen der Steinkohlen-Lager, ihrer Durch- brechung und Hebung durch feurige Gesteine und ihrer Bedeckung durch jüngere Sedimentbildungen zu geben. Zwei neptunische und zwei plutonische Formationen sind dargestellt: die Bildungen der Steinkohlen - und der Zechstein-Formation und die Steine des Granits und Porphyrs. An der linken Seite des Beschauers bildet der durchbrechende Porphyr einen Kegel, der sich weit über das anlie- gende Gestein erhebt, an der rechten Seite bemerkt man unter den schwach gehobenen Schichten ein starkes Gewölbe von Granit. Man hat versucht auf diese Weise die allgemeinen Verhältnisse der Stein- kohlen bei Waldenburg zur leicht verständlichen Anschauung zu bringen. Natürlich ist dem Auftreten u WE dieser krystallinischen das Kohlengebirge auch durchbrochen worden und man sieht daher zwei ansehn- liche Verwerfungen darin. Ausserdem ist die Gliederung der ganzen Formation dadurch angedeutet, dass zu unterst die Gesteine des Flötzleeren-Sandsteins (ehemals Grauwacke genannt) liegen, darüber die eigentlichen Kohlensandsteine mit zwei Kohlenflötzen von 6—10 Zoll Mächtigkeit. In den Bänken zer- streut finden sich die wichtigsten Pflanzenversteinerungen, von denen auch eine grosse Zahl noch vor dem Profile aufgestellt ist. So bildet die ganze Anlage ein ungemein lehrreiches Bild jener wichtigen Ablagerungen, der wir nur wünschen wollen, dass sie nicht zu viel von der Unbill der Witterung zu leiden haben möge. Herr Prof. von SCHLECHTENDAL theilte folgende Notizen mit über die ältesteu Nachrichten die Flora und Gesteinsbildung der Umgegend von Halle‘ betreffend: Die erste Flora von Halle von ScHAEFFER herausgegeben erschien im J. 1662 und ihr folgten bald die von Knautu nach, von denen die eine 1687 erschien, welche allein von Prı- TZEL im Thesaurus liter. bot. angeführt wird, aber nicht mit ganz vollständigem Titel und ohne An- gabe der nicht paginirten Praefatio ad lectorem und der Explicatio nominum authorum abbreviatorum, zusammen 6 Seiten. Von dieser Ausgabe giebt es Abdrücke ohne und mit einer Dedication. Die De- dication steht auf der Rückseite des Titelblattes und ist an verschiedene Personen gerichtet, denn ich finde sie in einem Exemplare dem Dr. phil. et Med. August ScHArFrer, prakiischem Arzte in Magde- burg gewidmet, welcher, wie wir aus der Vorrede ersehen, auch Archiater Serenissimi ducis Holsatiae und ein Sohn des frühern, damals schon verstorbenen Floristen, Dr. CARL ScHAEFFER, Archiater quon- dam Ruthenus und Vorgänger des Dr. KnaurH wahrscheinlich als Physikus war. In einem anderen Exem- plare ist dasselbe dem Dr. JoacHım ÖELHAFEN, einem Juristen und Assessor beim Kurfürstl. Gerichts- hofe, gewidmet. Zwei Jahre später erschien von demselben Dr. Curisroru Knauts, Med. Dr. et Phy- sico Patriae ordinario: Herbarium Halense sive plantarum quae eirca Halam Saxonum et in ejus vieinia, ad trium fere milliarium spatium sponte proveniunt methodiea enumeratio. Cum earum synonymiis, loeis natalibus ubi proveniunt, et tempore quo florent, additis characteribus generum summorum atque subalternorum et indice copioso. Consignatum atque serenissimo ac potentissimo prineipi ac Domino Dr. Frınprıco III Marchioni Brandenburgi, S. R. J. Archicamerario et Eleetori, ete. ete. etc. Homägium electorali pompä Halae suseipienti humillime exhibitum a Christ. Knaurn et Halae Saxonum typis CnrisrorHorr Sarrerpı, Anno MDCLXXXIX. Auf dem Rücken des Titelblattes steht noch: Serenissimo ac po- tentissimo prineipi ae Domino Frıperıco III (folgt der ganze Titel) perennaturam felicitatem! Hierauf folgt ein Dedicationsschreiben von 4 Seiten, nach diesem die Explicatio nominum authorum abbreviato- rum. Nun beginnt der Text von S. 1—216 und wird beschlossen von dem gegen früher sehr bereicherten 14 Seiten langen nicht paginirten Index. Im Texte ist im Wesentlichen nichts verändert gegen die frühere Flora. Aber schon lange vor diesen Versuchen der ältesten Floristen von Halle finden sich einzelne Angaben, nicht allein über Pflanzen aus der Umgegend und Flor von Halle, sondern auch über minera- lische Produkte. VArEerıus Corpus im J. 1515 zu Erfurt, geboren, wo sein Vater Euricıus Corpus damals Professor war, besuchte nicht allein die Gegend um Halle, Leipzig und Wittenberg, son- dern machte später eine Reise durch einen grossen Theil des ganzen südlichen Deutschlands bis nach Sitzungsberichte. 4. Band. 3 3 Rom, wo er aber schon 1544 an einem hitzigen Fieber starb. Seine unvollendet hinterlassenen Schrif-. ten gelangten an den berühmten CoxraD Gesxer in Zürich, der sie 1561 in einem Foliobande, aus blossem Interesse für den so früh schon gestorbenen und so viel verheissenden jungen Mann, den er gar nicht persönlich kannte, herausgab. Es sind darin enthalten: Anmerkungen zum Dioscorides; vier Bände mit Pflanzenbeschreibungen, zu welehen GESner noch Abbildungen hinzufügte, soweit er nämlich deren besass, oder die Pflanzen sicher wieder zu erkennen glaubte, wobei er jedoch zuweilen in Irrthü- mer verfiel; ferner verschiedene kurze Beobachtungen oder Notate, wahrscheinlich während der Reise gemacht unter dem Titel „silva observationum“, endlich ein Buch über Bereitung künstlicher Extraete, Diesen Nachlass vermehrte GEesner mit einer Reise auf das Stockhorn in den Berner Alpen und mit seiner in vieler Beziehung interessanten Abhandlung de hortis Germaniae. Wir finden in diesem Nachlasse des VALerıus Corpus eine ganze Anzahl von Angaben über Fundorte verschiedener Pflanzen, welche von den Floristen der betreffenden Gegenden nicht weiter beachtet zu sein scheinen, obwohl des Var. Corpus Arbeit genannt wird. So. scheint es auch mit den Floristen von Halle der Fall zu sein und wir heben hier daher alle die Stellen aus, in welehen von einer Lokalität in dem Bereiche der Flor von Halle die Rede ist. Dabei können wir nieht unter- lassen noch einige wenige andere auf Halle bezügliche Nachrichten mit hinzuzunehmen, da wir nicht glauben, dass sie von den Geschichtschreibern dieser Stadt und Gegend schon benutzt worden sind. ConRAD GESNER selbst erwähnt in einem Sendschreiben an den Dr. medic. Jom. PracAromus an der Spitze der Sylva observationum der Fischversteinerungen im Mansfelder Kupferschiefer mit fol- genden Worten: „Sunt denique lapides metalliei, qui eirca Islebiam eruuntur, admirando naturae artifieio, squamo- sis piscium formis, aereo pene colore, insignes, quibus aes etiam conflari audio.“ In dieser Sylva selbst gehen Anmerkungen über Fossilien in Deutschland voran und da alle hier genannten Fundorte sich auf den Harz uud die Gegenden um denselben bis nach Wittenberg beziehen, so mögen sie wohl auf Reisen, welche er nach Wittenberg, wo er studirte, (er hörte z, B. bei MELANcHTHON über des Nicander Alexipharmaka eine Vorlesung) oder nach Leipzig, wo ein Verwandter von ihm, der Apotheker RarzA lebte, unternahm, gemacht sein. Da Corpus seine Reise nach Italien 1542 an- trat, so fallen diese Anmerkungen in eine frühere Zeit. „Bituminosa terra levis arida et quae nunquam lotum fit, etiam imbribus maximis, et quae accen- sa ardet carbonum modo, donec in cinerem solvatur tota, odore dum ardet bituminis sulphuri mixti Halae Saxonum est, sub ipsa urbe, maxime autem in fossa versus meridiem.*“ Eine deutliche Angabe über die Braunkohle: „Salsa terra est eirca Seburgum undique ad salsum lacum: lacum alioguin duleem infieiens.“ „Salsus ille laeus omni septennio turbatur, in medio enim ejus abyssus est, emittens ceu usti bi- tuminis et sulphuris foetorem, quo totus infieitur lacus, adeo ut pisces in eo moriantur, quotiescunque turbatus fuerit.“ „Salsa terra salsigque campi sunt eirca Langebeugen laeum, cujus aqua e: salso fluit laeu: item Salzemundae, id est, ad Salsam Mundam pagum ad sextum ab Hala Saxoniae lapidem.“ Weiterhin giebt er noch über die Gegend von Bernburg und Stassfurt Folgendes an: „Halmyrax nitri species est, qua eaneseunt Siccatae camporum convalles, ut Plinius ait in Media, Gignitur etiam apud nos circa Berneburgum et Stasphurtum ac prope Warmsdorflium.“ „Terra nitrosa est Berneburgi, etiam ad tres cubitos eflossis serobibus.“ „Terra salsa est Stasfurti, ideoque sale caneseunt siceitatibus fossarum margines.“ „Lacus salsi sunt ibidem: in quibus naseitur anthyllis, quidam adeo salsam habent muriam, ut nihil gignant.‘ Von dieser „Anthyllis‘‘ spricht er später so: „Anthyllis major caulem habet dodrantalem aut ma- jorem, inferius digiti erassitudine et fere singularem, superne ramosum, foliis angustis oblongis crassius- eulis, gustu salsis. Flore Anthemidis aut Asteris Attiei, figura et magnitudine quidem illius, eolore vero hujus. Nascitur salsis locis, non proeul a lacu salsiuseulo Stasfurti.“ Dies ist sehr deutlich Aster Tripolium L. ein sicherer Anzeiger von Salzgehalt im Boden. Schwie- riger ist es die hierauf noch folgenden sechs Anthyllis, welche sämmtlich ebendaselbst vorkommen, zu bestimmen, offenbar gehören sie ganz verschiedenen Familien und Gattungen an, würden sich aber vielleicht an Ort und Stelle leichter errathen lassen, weswegen wir die kurzen Angaben beifügen. „Anthyllis minor praedietae similis est, sed multo minor: caule tenuiori. ibidem exit.“ „Anthyllis praedieta brevior, angustis foliis, exiguo foliatoque et purpureo flore. ibidem.“ „Anthyllis tenuis, gracili coliculo, foliis valde angustis salsis, semine et flosculis secus folia tan- tillis. ibidem.‘“ '„Anthyllis constans primum veluti tritiei granis, cacumine sibi insertis, ibidem.“ „Anthyllis humisparsa, minori Aizoo similis, salsa. ibidem.“ „Anthyllis latiuseulis oblongisque foliis salso gustu. ibidem. forte Teelephium salsum.“ Offenbar sind es lauter Salzpflanzen. Vielleicht gehört dazu auch „Monoelono Artemisiae non dissimilis herba. Stasphurti.“ Sicherer lassen sich noch bestimmen: „Alcea quaedam tenuissimis foliis in sylva Harcyniae supra Stolbergum oppidum ad montem Aur- bergum, qua itur ad Mansfeldium et Sangerhausen“ scheint Mulva Alcea zu sein, und „Seriphium, id est Absinthium marinum ad lacum salsum prope Seburgum“ dürfte wohl Artemi- sia maritima sein, Am Schlusse dieser Sylva Observationum werden noch die an Heilmitteln fruchtbaren Orte in Deutschland aufgezählt, darunter befindet sich auch, was man nach seiner jetzigen Beschaffenheit nicht erwarten sollte, der hohe Petersberg: „Mons Sti. Petri iuxta Halam Saxoniae“ welchen Corpus auch besucht hat, denn in den Büchern von den Pflanzen beschreibt er im ersten Buche ausführlich den Gladiolus palustris als Victorialis foemina und sagt von dessen Vorkommen: „Solum amat humosum, pro- venit copiosissime in sylvulis frutetosis circa pedem Lauterbergi, hoc est sereni montis, quem hodie montem divi Petri vocant, uno atque altero ab Hala Saxoniae miliaribus“. Es ist dies wohl die Spren- gelsche Stelle auf Waldwiesen bei Löbejün, welche nach Garcke’s Flor wegen gänzlicher Ausrodung der Wälder nicht mehr vorhanden sein soll, Im 2. Buche kommen noch folgende Pflanzen aus hiesiger Gegend vor: 3* Be VERRE „Stratiotes terrestris minor.“ „Provenit eopiosissime inter Halam Saxoniae et Merseburgum, inter Halam et Eysslebium, et in tumulis olim congestis eirca montem Petri et vieinis loeis.‘‘ Da der Verf, kurz vorher noch eine Stratiotes terrestris major, quem aliqui Millefolium vocant, so wie auch noch eine Achillea hat, so mögen diese drei Pflanzen wohl die Achillea Millefolium, nobilis und setacea darstellen, und so könnte wohl jene minor A. nobilis sein. Der ‚„Sylvestris Sonchus“ welcher „naseitur frutetosis locis plurimumque eirca montem Petri“ ist wahrscheinlich Lactuca stricta, aber das Bild, von GESNER dazu gesetzt, gehört nicht dazu. Sanguisorba maior ... Nascitur in lutosis pratis, fluviorum inundationi obnoxiis, plurimaque Lipsiae, Halae, Merseburgi“ ete. ist ganz sicher Sanguisorba officinalis. Merkwürdig ist es, dass Corpus auch das jetzt seltene Marrubium peregrinum gefunden hat, wel- ches damals wohl häufiger gewesen sein mag. Er beschreibt es ganz deutlich und giebt als Fundort an: „Naseitur asperis et aliquantulum editis locis circa pagos ut inter Seburgum et Eislebium.“ Bei dem Hyacinthus sylvestris des Corpus oder dem Muscari comosum der Neuern ist kein speecieller Fundort angegeben, aber der Verf. der schon im Manuscript befindlichen Noten, welchen GEsneEr nicht kannte und falsch deutete, sagt hier: ‚„‚Naseitur autem Schenberge bey Hetsteth ubi propter floris colo- rem Breünlingk appellant‘“. Limnopeuce ‚„Naseitur in lacubus et stagnis inter Eislebium et Seburgum“ ist Hippuris vulgaris. Phyllitis lacustris „‚Naseitur in lacubus, copiosissimaque in lacu qui inter Seburgum et Eislebium‘ wird wahrscheinlich ein Potamogeton sein. Von dem Cnicus salivus oder Carthamus tinctorius lesen wir, dass er auf Feldern und in Gärten bei Braunschweig und Magdeburg in Sachsen und an vielen Orten Thüringens, wo die Walker (fullones) mit den Blumen die Wolle gelb färben, sich finde. Sehr richtig beobachtete auch Corpus, dass der wilde Selleri, das agreste apium, sich durch nichts von dem kultivirten unterscheide, als dadurch dass er nicht kultivirt sei: „nascitur humentibus fossis et eirca pigros rivulos solo pingui Halae, Seburgi, Merseburgi et vieinis loeis.“ Das Eupatorium alterum, welches als eine seltene Pflanze angegeben wird: ‚inventa rara est haee herba, non enim temere nec ubique naseitur‘“ und dessen Fundorte so angegeben werden: „naseitur circa fruteta selo medioeri ut prope Lipsiam qua itur versus Halam, et in Ceieiano agro‘“ scheint eine Potentilla zu sein, wegen .der zu 5 und 7 beisammen auf einem Stiele stehenden Blättchen und der nach Art von Corymbis zusammengehäuften Blumen, welche denen von Agrimonia Eupatoria gleichen. Vielleicht die noch, aber selten, in der Gegend um Leipzig gefundene P. canescens. Aus dem dritten Buche scheinen nur die verschiedenen Birnen- und Apfelsorten, sämmtlich mit ihren deutschen Namen, um so mehr Aufmerksamkeit zu verdienen, als diese Namen zum Theil auch noch vorkommen und die Orte meist genannt sind, wo diese Sorten kultivirt werden. Sehr viele sind von Eisleben und Umgegend, mehrere auch von Wittenberg, andere aus Hessen, Thüringen, Braun- schweig u.a. 0. Im vierten Buche sind die fremden Hölzer, Rinden, Wurzeln und Harze beschrieben, und daher nichts darin vorhanden, was sich auf hiesige Gegend bezöge. em, WDR DERSELBE legt die in Deutschland einheimischen Botrychium-Arten zur Ansicht vor, mit beson- derer Beziehung auf die unlängst aufgestellte neue Art @. Kannenbergi; ebenso eine abnorme Bildung von Eschscholtzia-Blumen, deren Kelehblätter zu einem Rohr verwachsen sind und die Anfänge zertheil- ter Blattbildung zeigen. An neuen Büchern wurden von demselben noch vorgezeigt: Berg und Scmupr Darstellung und Beschreibung sämmtlicher offieinellen Gewächse. Drittes Heft 1856, und einige Hefte der Flore des serres. Sitzung vom 13ten December, Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: Nova Acta Reg. societatis seientiarum Upsaliensis ser. III, vol. II, fase. 1. Nebst Begleitschreiben des Sekretairs Herrn E. Frızs. Abhandlungen des naturwissenschaftlichen Vereins zu Hamburg. Bd. III, 1856. Die Gesellschaft beschliesst einen Schriftenaustausch mit dem naturwissenschaftlichen Verein in Hamburg und der Zoological and Botanical Association zu Dublin, auf den Antrag dieser Gesellschaften. Zu ordentlichen auswärtigen Mitgliedern werden erwählt die Herren Dr. L. RAnLxorer in Mün- chen, Dr. N. LieBErKUEHN u. Dr. G. WAGENER in Berlin. Herr Prof. GIrRARD zeigt zwei Stücke eines verkieselten und mit Kohle durchdrungenen Psaronius vor. Herr Prof. von SCHLECHTENDAL legte eine Probe der merkwürdigen Flechte vor, welche vom General Yussur in der Sahara bei Lha- guat im Januar d.J. nach Frankreich geschickt und von Link schon früher (Bot. Zeit. v. 1848) zur Gattung Placodium gerechnet, mit dem Namen Pi. Yussufii bezeichnet war. Es ist nämlich diese, ohne irgend wie befestigt zu sein, frei auf der Erde liegende, und oft vom Winde fortgetriebene Wüstenflechte ähnlich der von Parras in den Steppen Asiens beobachteten und Lichen esculentus benannten Flechte, welche später von EvERSMAnn genauer beschrieben und abgebildet worden ist (Act. Acad. Leop. Car. XV. 2), aber zur Gattung Lecanora gezählt und in drei Arten aufgestellt wurde. Wie die beiden Oertlichkeiten in denen diese rundlichen,, knolligen Flechtenformen gefunden sind, in vielen Beziehun- gen von einander abweichen und keine übereinstimmende Flora besitzen, so sind auch diese Flechten selbst verschieden, bedürfen aber noch einer genauen Untersuchung ihres Baues, Derselbe sprach sodann, Bezug nehmend von der Auffindung eines neuen Fundortes der zuerst im J. 1824 in der Flora Sedinensis von Rostkovius und Schmipr unter den Namen Serpieula verticillata L. bekannt gewordenen Wasserpflanze aus dem Dammschen See bei Stettin, über dies bis jetzt daselbst noch nicht in Blüthe oder Frucht beobachtete Wassergewächs. Schon im J. 1811 zeigte der ältere RıcHArD, dass die Serpicula verticillata L. aus Ostindien eine eigene Gattung der Familie der Hydro- charideen bilden. müsse und ganz verschieden sei von der capischen Serpieula repens aus der Familie der Halorageen. Indem Rıcuarn derselben den Namen Hydrilla beilegte, bezeichnete er eine ähnliche sehr verwandte Pflanze Nordamerika’s als eine eigene Gattung, welche er Elodea nannte (El. canadensis Micux., Serpicula oceidentalis Purs#). Dieser Gattungsname konnte aber nicht beibehalten werden, da es schon eine Hyperieineen-Gattung Elodea gab, deshalb benannte Nurrarı dieselbe Udora (U. canaden- sis) und meinte, dass jene ostindische $. vertieillata L. eine zweite Art zu seiner Gattung sein möge, SPrENGEL vereimigte nun die 'ostindische, die nordamerikanische und die pommersche Pflanze unter dem gemeinschaftlichen Artennamen Udora verticillata. ReEıcHEngBAcH trennte aber die Pflanze des Damm- schen See’s als Udora pommeranica, von einer andern, welche von dem Professor WoLFGAnG in der Gegend von Wilna aufgefunden und beobachtet, zuerst in Ercnwarp’s Skizze als Ua. verticillata veröffentlicht, dann aber von AnDRZEJOWSKI Ud. lithuanica genannt war. Von dieser letztern war Blume und Frucht auch nur unvollständig an einem kultivirten Exemplare von Brsser beobachtet worden. Neuerdings hat es Dr. Casrary nach Betrachtung der lebenden aber nicht blühenden Pflanze vom Dammschen See für wahrscheinlich gehalten, dass dieselbe mit der lithauischen und auch mit der ostindischen identisch sei. Ein von Hın. Sanıo in diesem Sommer neu entdeckter Standort der nördlichen Pflanze in einem See bei Lyck in Ostpreussen nahe der russischen Grenze macht dies noch wahrscheinlicher. Bestätigt sich die Identität dieser nordischen mit der ostindischen, so würde diese Pflanze der alten Welt den Namen Hydrilla verticillata« Rıcm. führen müssen, die nordamerikanische aber Udora eanadensis zu nennen sein, wenn nicht, wie es Ref. nach Vergleichung der neuerdings von Asa Gray aufgestellten Gattungscharactere der nordamerikanischen Pflanze wahrscheinlich ist, die Gat- tungen Hydrilla und Udora zusammenfallen müssen. Ausser diesen giebt es noch eine afrikanische Art, die gewiss von den vorigen verschieden ist, Udora cordofana Hochst., welche von Korscay i. J. 1841 zwischen Gräsern in Gewässern bei dem Berge Arasch Cool in Cordofan gesammelt ist, und zwei süd- amerikanische von Humsorpr entdeckte Arten, deren eine, Elodea granatensis, beschrieben und- abge- ‘ bildet, die andere, Elodea orinocensis, nur beschrieben ist. Dabei erwähnte Ref. noch eine andere Wasserpflanze Pommerns, die in ihrem äussern Ansehen einige Aehnliehkeit mit jener oben erwähnten hat, Najas flexilis W., welche nebst ihren beiden Gattungs- verwandten, Najas major und minor im Binowschen See, etwa 2 Meilen südöstlich von Stettim wächst, ausserdem in Europa noch in Schweden, in Upland, und in Schottland gefunden ist. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass diese beiden seltenen stettiner Wasserpflanzen sich noch in einigen der grössern oder kleinern Seen finden werden, welche von Pommern und der Mark Brandenburg aus sich durch Preussen bis nach Russland hinein in so grosser Menge vorfinden und zum geringsten Theile untersucht sein dürften, erwähnt doch schon Cnamisso in der Linnaea (IV, p. 502) dass er in seinem Herbarium (jetzt in St. Petersburg) Exemplare der Najas flexilis von Munpr in der Gegend von Berlin gesammelt besitze, ohne dass er den speciellen Fundort kannte. Nach der Erfahrung, welche Besser mit der lithauischen Pflanze gemacht hat, schien es leicht zu werden dureh die Cultur der Hydrilla, welche sich gewiss wie viele andere Wasserpflanzen leicht in einem Wasserbehälter selbst im Zimmer ziehen lässt, die Blume und Frucht derselben zu beobachten, wenn nicht Dr. Casparv’s Versuche dagegen sprächen, welche jedoeh nicht von einer Wiederholung abschrecken sollten. Ref. legte getrocknete Exemplare der meisten der oben erwähnten Pflanzen vor und zeigte auch Exemplare der Najas flexilis aus der Lagune bei der Hauptstadt Mexico’s, sowie aus derselben Oertlich- keit das Hygrobinm vesiculosum, ebenfalls eine Hydrocharidee, welche durch den Bau ihrer Blätter merk- würdig ist. Ze Sitzung vom 20ten December. Im Namen des abwesenden Rechnungsführers Herrn Grafen v. SECKENDORFF legte der vorsitzende Direetor Herr Prof. v. ScHLECHTENDAL den Cassenbericht mit den zugehörigen Belegen vor. Zu Directoren für das Jahr 1857 wurden durch Stimmenmehrheit gewählt: für Zoologie Herr Prof. Max ScHuLtze, für Botanik Herr Prof. v. SCHLECHTENDAL, für Mineralogie Herr Prof. GIRARD und für Chemie und Physik Herr Prof. Kxograucn. Für das Sekretariat und die Bibliothek fiel die Wahl auf die Herren Dr. AnprAr und Dr. Mann. Als Rechnungsführer verblieb Herr Graf v. SECKENDORFF, Herr Prof. v. ScHLECHTENDAL legte zur Ansicht vor ein Heft der Illustration horticole, desgleichen der Gartenflora. Ferner PokornY Darstellung mikroskopischer botanischer Objeete vermittelst des Naturselbstdruckes. Nachtrag zu dem veröffentlichten Mitgliederverzeichniss. RupoLrHu LeuckArr Prof. d. Zoologie in Giessen. CARL GEGENBAUR Prof. d. Zoologie in Jena. Braun Dr. med. in Wiesbaden. SCHAUENBURG Dr. med. u. Privatdocent in Bonn. A. Zeısıng Dr. phil. in München, L. RAnLxorer Dr. med. et phil. in München. Gumo WAGENER Dr. med. in Berlin. NATHANAEL LIEBERKUEHN Dr. med. in Berlin. Max Schulize, d. z. Schriftführer d. n. @. in Halle. ABHANDLUNGEN DER NATURFOÖRSCHENDEN GESELLSCHAFT ZU HALLE. IM AUFTRAGE DER GESELLSCHAFT REDIGIRT von MAX SCHULTZE. ORIGINALAUFSÄTZE AUS DEM GEBIETE DER GESAMMTEN NATURWISSENSCHAFTEN. Dierten Bandes zweites und drittes Heft, —eBso — HALLE, Druck un VERLAG von H. W, Scasipr. igsg, Ueber die Melaphyre südlichen und östlichen Harzes. Von Alexander Bäntsch. Mit 1 Karte und Profilen. Abh.-d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 12 P * Mi Ama er ? ir lan st at ahnt BT y J ; rn ; mil Por Hi feiert u ” A N & Ach 2 “ De aaa» ei bist ‚r san) sah Peer"; oitnergogut Danke in DE rd ruft, ndsiert) w 1 biait aus nz da nl, on Ä kauf } er: ER 1, vr a a R A f " BY ) 1 A i " ’ \ \r ’ . Br R 1 u N ‘ u j Fr in 2» ' N“ Win nn > ı a I \ [} 16% 1 £ ' I ur i l N Ka h IN, ı f { ur st Y N ’ I d N 4 ” N f La Ai u EL N Ye = u h t % I vr A ; “ u er y [2 un, ' j als H ash m Kr ’ \ x ! ‚ - i f d u N 3 IR [ wl fi | NEL If) D Ne ir ‘ f wi‘ 22% \ B ruL j / W u i 3 in (2 y N f | { A N j “ n an h u e PS a anal ln ob Fädt age ha Sur ah ne { eo ‚u wi a ti ereen I alt unb cha) ö onabalh ‚ok a Maas u matkerm den ach 17172 nd arten p re re van ii Sa “a FERCHOTT | An tale u u 8 vg uf und a wi u) Imunalı rl. % BILEr ‚ Age ra warme wi u ne i ag wol eu ni an f | \ eg R J all rel hab bee Ienhlnsumdstaienmdeit Pe PNPSEN I m j u ana ab Akon Kar ku le, av ah .e bill mob or 7 ‚ra 'aib mi Aanki sondere wid ab N Kun enlla Im! 0m Rh dar ‚an A i va wlhtaurgoina alarm wi „andadı spinnen zu si weh PR nnesib. sivum in sah nal es urn ML Literatur. Von allen Schriften, die bis jetzt über diesen Theil des südlichen Harzrandes bekannt ge- worden sind, verdient gewiss der Brief Leopold v. Buch's an den Bergrath Freiesleben: Ueber den Harz (Eeonh. Taschb. 1824. p. 471) zuerst genannt zu werden. Alsdann sind: „Beobachtungen über das Harzgebirge“ von Zasius hervorzuheben, dessen vollständige und feine Beobachtungen namentlich in unserm Gebiete Z.v. Buch an mehr als einer Stelle rühmend anerkennt. Hoffmann's „Nordwestliches Deutschland“ bringt eine genaue Beschreibung unseres Gebietes und ist ein sehr guter Führer in demselben. Der Name Veltheim ist aber dabei nicht zu vergessen. Zu erwähnen ist ferner noch: Freiesleben: Geognostische Arbeiten. Zinken: Der östliche Harz. Hausmann: Ueber die Bildung des Harzgebirges. Zimmermann: Das Harzgebirge, Credner's Uebersichtskarte von Thüringen und dem Harz. Die Karte vom Harz von Julius und Berghaus mit der alten geognostischen Coleration ist für unser Gebiet die bessere, da hier es wenigstens versucht ist, die eruptiven Gesteine von den Sedi- mentgesteinen zu trennen. Die neuesten geognostischen Karten von A. Römer besitzen bei allen übri- gen Vorzügen den Fehler, dass sie auch diesen Versuch der ältern Zeichnung vernachlässigt haben. Die beste bisher bekannt gewordene topographische Karte der Gegend von Ilfeld ist ohnstreitig: A. Papen: Grafschaft Hohnstein. Dieselbe wurde auch bei dem Entwurfe der beigegebenen Karte von Ilfeld zum Grunde gelegt. 12* ur Die Melaphyre von Ilfeld. Orographische Verhältnisse. Das Melaphyrterrain von Ilfeld ist ein ringsum scharf begrenztes. Dies tritt sowohl auf der geognostischen, als auch auf der orographischen Karte deutlich her- vor. Denn in einem innigeren Zusammenhange können die Oberflächenverhältnisse mit den geognostischen nicht stehen. Wir sehen daher, wie sich die parallelen Rücken des Ilfelder Berglandes vom Harze als ein eigenthümliches Gebirge abson- dern, welches in seinen nördlichen, höchsten Kämmen sich als Haupterhebung cha- rakterisirt, während die zahlreichen, sich wenig aus dem flachen Lande heraus- hebenden, aber dem Hauptzuge stets parallelen Bergrücken in der südöstlichen Er- streckung unseres Gebietes gleichsam die Vorberge bilden. Wie ein stumpfer Keil haben sich diese ausgezeichneten Gebirgsmassen nordöstlich in das eigentliche Harz- gebirge hineingedrängt. Daher zieht sich vom Anfange des Kunzenthales bei Rothe- sütte, diesem nördlichsten Puncte unseres Gebietes, nach südöstlicher und südwest- licher Richtung einen stumpfen Winkel bildend, die Grenze zwischen dem Harz- gebirge und dem Ilfelder Hochlande. Eine deutliche Einsenkung in der plateau- artigen Erweiterung bei Rothesütte bildend, geht die Nordgrenze, indem sie die Verzweigung des Fuhrbachs benutzt, südlich vom Zwergberge in das sogenannte kalte Thal, welches in das Thal der Behre an der Stelle mündet, wo das Brandes- thal sich in südöstlicher Richtung bis zum Plateau des Hufhauses weiter erstreckt. Nach Westen hin markiren das Kunzenthal und die Thäler zwischen der Fuchsburg, Gr. Staufenburg und dem Langenberge bei Zorge die nordwestliche Grenze gegen den Harz. Von Zorge bis Wieda lässt sich in derselben südwestlichen Richtung mit Leichtigkeit die Einsenkung verfolgen, mit der sich hier die flacher werdenden Hö- hen vom übrigen Gebirge abtrennen. Das Thal nördlich von dem Rücken, der das Schloss Hohnstein trägt, die westwärts gerichteten Thäler nach Wiegersdorf zu, alsdann die Linie von Ilfeld über Appenrode, Werna, Sulzhayn bis an die Drahthütte unterhalb Zorge bezeichnet die Grenze der Vorberge und der Haupterhebung. Als Basis des ganzen Dreiecks kann man den Gypsdamm anschen, der sich von Buchholz an über Harzungen, Sachsen- u werfen südlich von Königerode und Ellrich vorbei bis Walkenried und Sachsa hin- zieht und unser Terrain vom Flachlande um Nordhausen vollständig abgrenzt. Dieser scharfen Trennung entsprechend tritt das Wassergebiet des kleinen Gebirges nirgends über seine Grenze hinaus. Während an der West- und Ostgrenze die Zorge und Thiera das Gebiet auf kurze Stellen berühren, durchbricht allein die Behre bei D- feld, die aus einem weit verzweigten System kleiner Bäche schon im eigentlichen Harzgebirge sich zu einem wasserreichen Flüsschen vereinigt hat, in einem fast genau von Norden nach Süden gehenden Thale die ganze Breite unseres Gebirges. Ihre Zu- flüsse auf dieser Durchbruchsstrecke empfängt sie ganz abweichend von der gemein- samen Richtung der übrigen Bäche von Nordwesten und Südosten her. Westlich von diesem durch seine kühnen Felsen und seinen üppigen Buchenwald so ausge- zeichneten Thale bildet die oben angeführte Nordwestgrenze zugleich die Wasser- scheide der zahlreichen Zuflüsse der Zorge, die, ihren nördlichen Lauf unterhalb des gleichnamigen Fleckens aufgebend, sich in nordwest-südöstlicher Richtung am Siidrande unseres Gebietes bis Crimderode entlang zieht. Erst weit unterhalb Ellrich bei Bischofroda empfängt sie den ersten der Zuflüsse, die alle einen fast parallelen Lauf von Nordnordwest nach Südsüdost haben. Die Thäler dieser Gebirgsbäche sind sämmtlich Durehbruchsthäler, indem sie gleich der Behre, wenn auch weniger auffallend, die nach Nordwesten gerichteten Bergzüge durchschnitten haben. Daher liegen zwischen denselben schmale und doch zu beträchtlicher Höhe aufsteigende Bergzüge, die aus aneinander gereiheten Bergkuppen bestehen. Wie in ihrem untern Laufe die Behre selbst, so besitzt östlich von ihr der einzige Zufluss der Zorge, der Kappelbach und seine Verzweigungen mit Ausnahme der kurzen Bäche, die ihm in fast südlicher Richtung vom Popenberge zustürzen, eine ostwestliche Richtung. Die Wasserscheide tritt dem östlichen Grenzflusse, der Thiera, so nahe, dass derselbe, eingeengt in ein schroffes, tiefes Thal, auf seinem ganzen Laufe keinen Zufluss von Westen erhält. Der zusammenhängendste und zugleich der höchste Gebirgszug ist der Popen- berg, als dessen Fortsätze unstreitig der Netzberg und Giersberg, der Lausterberg, Herzberg und die Ochsenköpfe zu betrachten sind. Der höchste Punet dieses Zuges ist wohl ein am Wege von Wiegersdorf nach dem Forsthaus Hufhaus iarkirter Aussichtspunet, von dem aus man einen Theil des Harzes mit dem Brocken über- sehen kann. Am Siüdabhange des Popenberges hat man einen gleich vortheilhaft angebrachten freien Platz, von dem aus man das ganze Gebirge unter sich liegen hat. Nirgends nimmt man die gemeinsame Richtung der vielen von hier aus kegel- ia förmig erscheinenden Gebirgsrücken deutlicher wahr. Es ist überraschend unter sich die von mir als Vorberge bezeichneten Bergrücken als unbedeutende, den Haupt- zügen parallele Wellen zu sehen, während die sonst kammförmig erscheinenden höchsten Rücken, wie von Süden nach Norden aneinander gereihete Kegel, sowohl nach Nordwest als nach Südost Durchsichten gestatten. Diese gemeinsame Richtung der Höhenzüge war so auffallend, dass ich glaubte, deren Richtung entnehmen zu können. Ich fand das Streichen etwa zwischen h. 7 bis 8. Die Höhenmessungen, die in dem Ilfelder Gebiete ausgeführt und bekannt geworden sind, stammen von F. Hoffmann, Villefosse und Papen. Der Letztere hat die Angaben in seine Karte mit eingeschrieben. Aber diese Zahlen differiren um ein Beträchtliches von einander. Gewiss verdienen die neuern Angaben von Papen den meisten Glauben. Eine vergleichende Uebersicht über diese verschiedenen Höhenmessungen folgt hier. Es liegt nach Papen, nach Hoffmann et Villefosse Gr. Staufenburg 1850’ 1667° Rothesütte 1838’ 1656’ Lausterberg, bei Ilfeld 1758‘ — Herzberg 1659' 1494! Kaulberg — 1598’ Höchste Höhe am linken Ufer der Zorge (Kessel) 1556' 1402' Hohnstein bei Neustadt 1397' 1253‘ Zorge 1165 1050’ Sachsa 1045‘ 942° Walkenried 999! 900° Zorge bei Ellrich 912! 769' Appenrode 925' 834° Vorwerk Königerode 865’ 780’ Fuss des Burgbergs am Ufer der 814' Villefosse Behre bei Ilfeld 869’ 754‘ Hofmann Das Wirthshaus in Ilfeld — 352' Neustadt 919' 828’ über dem Meeresniveau. Durch die Güte des Herrn Markscheider Drathuhn zu Eisleben bin ich in den Besitz eines von ihm ausgeführten Nivellement von Rothesütte nach Ellrich gekommen. we en Es giebt dasselbe eine Controlle für andere Zahlen ab, weshalb ich hier die Resul- tate dieser Messungen anführen will. Etwas nördlich von Ellrich am Wege in der Nähe des neuen Teiches hat man auf Steinkohlen gebohrt. Dieser Bohrversuch liegt 144,95 Lehtr. = 966"%’ unter der Horizontalen, die durch die Kirche von Rothesütte gelegt ist. Das steinerne Kreuz am Wege nach Sulzhayn (auf dem Rücken zwischen Ellrich und diesem Dorfe) liegt 110,1 Lehtr. = 733%‘; die Kirche von Sulzhayn 133,9 Lehtr. = 892°; die Brücke im Dorfe am Zusammenfluss der beiden Haupt- bäche 138 Lehtr. = 924°/4‘; der Steinkohlenschurf oberhalb Sulzhayn am Wege nach dem Klinz 93 Lehtr. = 620’ unter der Horizontalen. Nach Papen liegt Ellrich 972° über dem Meere. Nimmt man dazu die oben angegebenen 966’ als Niveauunter- schied, so würde sich für Rothesütte eine Höhe von 1938’ ergeben, also gerade 100° höher als Papen angiebt. Nach dem Nivellement würde der Sulzbach auf der kur- zen Strecke vom Steinkohlenschurfe bis zur Brücke im Dorfe ein Gefälle von 305' haben, ein starker Fall, wie er allen diesen Gebirgsbächen zukommt. Es ist zu bedauern, dass man keine Höhenangaben besitzt über die höchsten Erhebungen des Poppenberges. Da man von hier aus das ganze Gebirge übersehen kann, und darunter Kuppen begriffen sind, die, wie der grosse Ehrenberg, der grosse Steierberg, der Klohrenberg, sich noch beträchtlich über das Plateau von Rothesütte erheben, so schätze ich diese Höhen an 2000'. Die steilen Abfälle der im Quer- schnitt kegelförmigen Berge treter durch obige Zahlen recht hervor. So erhebt sich der Lausterberg eirca 850‘, der Kaulberg und Herzberg eirca 800' unmittelbar aus dem Thale der Behre empor; so liegt der Hohnstein 488’ über dem Flecken Neu- stadt. Aehnlich wie die Behre bilden alle übrigen Bäche, besonders auch der Fuhr- bach, tief eingeschnittene Thäler mit den prächtigsten Felspartieen, die mit denen am Nordrande des Harzes wetteifern. Wie schroff und kühn sich die Porphyrsäulen hier auch erheben mögen, der kräftigste Buchenhochwald erstreckt sich doch bis zu den höchsten Spitzen. Daher sieht das staunende Auge sich nicht müde an den schroffen und herrlichen Felspartieen, deren Nacktheit das ippigste Grün überdeckt. Wie alte Schlossruinen mit ihren ausgezackten Mauern ragen sie aus ihrer bewal- deten Umgebung hervor. „Die herrlichen Felsen, mit denen man bei Ilfeld in den Harz eintritt,“ so sagt L. v. Buch, „sind es werth zu Erscheinungen zu führen, welche der Schlüssel zur Theorie des Gebirges zu werden versprechen.“ Bee), RE Petrögraphische Verhältnisse. A. Eruptive Gesteine. Eine genauer eingehende Gliederung der doch sehr mannigfaltigen Gesteine finde ich in keiner der obenjangeführten Schriften angegeben. ZL. v. Buch führt keine Trennung ein, er betrachtet die deutlich porphyrartigen Gesteine vom Gänseschna- bel, an der Steinmühle und bei Sulzhayn als dasselbe Gestein, wie die dichten, dunkelgrünen, basaltähnlichen Massen vom Rabenstein. Hofmann hebt besonders .den Uebergang des Porphyrs in den Mandelstein und aus diesem wieder in ein dich- tes dunkelschwarz oder schwarzgraues Gestein hervor, ohne eine scharfe Trennung zu machen, so dass er die Gesteine am Öchsenplatze auf der Westseite des Netz- berges mit zu den Porphyren rechnet, die doch, wie ich unten darauf hinweisen werde, nur eine Varietät des schwarzen Gesteins sind. Er sagt dann kurz, dass auch der Ilfelder Porphyr ein Melaphyr zu sein scheint. Das glimmerführende Ge- stein vom Leimberg hat weder L.v. Buch noch Hoffmann angeführt. Schon aus den vorstehenden Zeilen kann man entnehmen, dass man es im Wesentlichen mit zwei Gesteinsabänderungen zu thun hat. Das eine trägt den aus- geprägtesten Porphyrcharakter und lässt in seiner Grundmasse mehr oder weniger scharf begrenzte Krystalle ausgeschieden erkennen. Das andere Gestein ist fein- körnig, krystallinisch bis dicht und lässt nur unter günstigen Umständen lange und dünne, fast nadelförmige Krystalle in seiner Hauptmasse erkennen. So verschieden aber auch beide in ihrem äusseren Ansehen sein mögen, so bemerkt man doch bei genauer mineralogischer Untersuchung keinen andern Unterschied in den Gemeng- theilen, als den die Form derselben bedingt. Hält man nun den von L.v. Buch ihnen ertheilten Namen fest, so kann man vier Abtheilungen petrographisch unter- scheiden: 1) der porphyrartige Melaphyr (Melaphyrporphyr), 2) der dichte, eigentliche Melaphyr, 3) der glimmerführende Melaphyr, 4) Melaphyrmandelstein, zu deren speciellen mineralogischen Untersuchung ich jetzt übergehen werde. Il. Der porphyrartige Melaphyr (Melaphyrporphyr).*) Der Porphyr an der Steinmühle ist einer der ausgezeichnetsten. Er hat eine röthlich graue, dichte Grundmasse, im der Feldspath als ein überwiegender *) Unter den Bergleuten in Ilfeld als Buch’scher Porphyr bekannt. Ei Gemengtheil häufig in scharf begrenzten Individuen und Augit, weniger scharf, ausge- schieden sind. _ Die Feldspathkrystalle lösen sich mit ihren Umgrenzungsflächen niemals aus der Grundmasse, wie sie dies z. B. in den Porphyren bei Halle wohl thun; da- her beobachtet man stets nur Spaltungsflächen und die Begrenzung tritt nur in gün- stigen Fällen an wenigen Individuen deutlich hervor. Alsdann bilden sie länglich vierseitige, rechtwinkelige Tafeln, der Fläche der Hauptspaltungsrichtung parallel (P). Die beiden längern Seiten werden von der Abstumpfung der scharfen Kante M und die beiden kurzen durch die hintere schiefe Endfläche y gebildet. Die Ek- ken dieser Tafeln sind fast immer scharf verbrochen durch das Auftreten der Siu- lenflächen 7. Auch Zwillinge beobachtet man an solchen Krystallen. Während nämlich die eine Hälfte der Tafel (dieselbe parallel der längern Seite durchschnitten gedacht) die vollkommenste Spaltungsfläche zeigt, ist die andere Hälfte nur unvoll- kommen oder gar nicht gespalten. In der entgegengesetzten Lage des Krystalls ver- schwindet der Glanz dieser Spaltungsfläche und der danebenliegende Streifen zeigt eine mehrfach unterbrochene Reflexion des Lichtes. Die Individuen sind mithin nach dem Zwillingsgesetz der Karlsbader Krystalle verwachsen, an denen die voll- kommenste Spaltungsrichtung ? neben der keine Spaltungsrichtung zeigenden Fläche y legt. Die Täfelchen sind theils breit, theils aber auch ganz schmal und mitunter ziemlich gross bis '/“ lang. Im Uebrigen erscheint der Feldspath gewöhnlich in un- bestimmten grünlich gelben oder schmutzig weissen Flecken, die die Hauptspaltungs- richtung nur undeutlich hervortreten lassen. Die deutlichen Täfelchen dagegen sind in der Regel durchsichtig und noch vollkommen frisch, so dass man sie nur bei geschickter Drehung ins auffallende Licht bemerkt. Alsdan nerscheinen sie licht grün mit lebhaftem Glasglanz. Eine deutliche Zwillingsstreifung auf den Spaltungsflächen, die auf Oligoklas oder Labrador schliessen liesse, habe ich nicht gefunden, trotz vielfachen Suchens und genauen Prüfens, nur einmal habe ich auf einer Spaltungs- fläche eine Andeutung von ausspringenden Winkeln entdecken können. Der Augit ist in weniger deutlichen Umrissen ausgeschieden, grünlich schwarz von Farbe. Die eingesprengten Körner sind meist von muschligem Bruch und zei- gen nur selten einen lebhafteren fettartigen Glanz. Jedoch kommen auch Krystalle vor, an denen man sehr gut die fast rechtwinkeligen Spaltungsrichtungen und den Sseitigen Umriss der Augitsäule erkennen kann. An einem Stück konnte ich mit Gewissheit die Form des Augits erkennen. Man bemerkt an einem grössern Korne zwei nebeineinander liegende Krystalle mit breit entwickelter Abstumpfung der vor- dern stumpfen Säulenkante, darüber das dachförmig aufgesetzte vordere Paar von Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 13 u u Flächen und zu beiden Seiten Andeutungen der gewöhnlichen Säule. Der Augit scheint in diesem Gestein eine grössere Neigung zum Verwittern zu haben, als der Feldspath. Mit dem Messer lassen sich die meisten dieser schwarzen Körner beauem ritzen und geben dann ein grüngelbes Pulver, auch bemerkt man, wie pistazien- grüne, parallele Streifen die Augitkörner durchziehen. Mit dem Feldspath findet er sich häufig verwachsen und möchte wohl zum Theil die grünliehe Farbe mancher frischen Krystalle dem in die Feldspathmasse fein eingesprengten Augit zuzuschrei- ben sein. Als accessorischer Gemengtheil ist vor allem der Granat zu nennen. Fast in keinem Stück fehlen die hyacinthrothen bis blutrothen Körner, die sich durch ihren lebhaften Fettglanz so sehr auszeichnen, dass man sie nicht übersehen kann. Sie sind gewöhnlich sehr zersprungen und rissig und ohne deutliche Begrenzungsflächen, trotzdem dass ihre Umrisse nicht in die Grundmasse verschwimmen. An weniger frischen Stücken bildet sich um sie herum eine Zersetzungslinie. Ausserdem bemerkt man hellgelblich grüne, fast diamantglänzende Punkte, die ich auch dem Granat zu- schreibe. Auch an metallischen Einschlüssen fehlt es diesen Gesteinen nicht. Ei- senglanz lässt sich in günstigen Fällen als sechsseitige Tafeln erkennen und viele metallischglänzende, schwarze Punkte berechtigen auf Magneteisen zu schliessen, eine entsprechende Krystallform habe ich nicht beobachten können; aber mit dem Magnete lassen sich einzelne schwarze Körnchen ausziehen, die dann auf dem Pa- piere auch dem Magneten folgen. Die Härte des Gesteins steht dem des Feldspathes gleich. Das speecifische Gewicht beobachtete ich an ganzen Stücken zu 2,668, der Bruch ist flach muschlig, fast splittrig und das Gestein bildet daher beim Zerschlagen sehr scharfkantige Bruchstücke. Mit Salzsäure braust dasselbe nur mässig und auffallender Weise be- sonders an den Rändern der augitischen schwarzen Flecken. In Salzsäure anhal- tend gekocht, entfärbte sich der Porphyr und wurde blassröthlichgelb. Den Augit erkannte man nur noch an blassgrünen erdigen Partien; hingegen hatte der Feld- spath zum Theil seine glänzenden Spaltungsflächen behalten, ausserdem bemerkt man noch fein zertheilte schwarze Körnchen, die oft an den Stellen, wo Augit ge- sessen, zusammengehäuft sind. Jedoch konnte ich keine Krystallflächen beobachten. Granat war unverändert geblieben und zeigte sich auch fein eingesprengt in kleinen nur mit der Loupe sichtbaren Körnchen. Die meiste Uebereinstimmung mit den Porphyren an der Steinmühle hat der Porphyr von der Ebersburg. Obgleich er eine Grundmasse von dunkelrothbrauner Farbe hat; so zeigt er seine Gemengtheile gleich jenem deutlich auskrystallisirt. Ja den Feldspath trifft man in ihm noch viel häufiger in jenen scharf vierseitigen Tafeln an. Augit ist zwar sparsamer vorhanden, doch fehlt es nicht an Augitkörnern, die die Spal- richtung gut erkennen lassen. Ueberhaupt sind die beiden Mineralien, obgleich deutlicher krystallisirt, weniger häufig in der Grundmasse vorhanden. Granat findet sich unter ganz denselben Verhältnissen in oft recht grossen Kömern. Die metallischen Ge- mengtheile fehlen auch niemals. Die Härte ist dieselbe, den muschligen Bruch und die scharfkantigen Bruchstücke theilt er auch mit dem Gestein der Steinmühle, Das specifische Gewicht ist im Durchschnitt 2,697. Trotz des bedeutenden Thon- geruchs braust das Gestem der Ebersburg fast gar nicht mit Säure. Die Porphyre von den verschiedenen andern Punkten haben alle ihre Eigen- thümlichkeiten. So liegt in dem Gesteine am Gänseschnabel der Feldspath oft in grossen Partien in der dunkelrothen Grundmasse; aber nie zeigt er die scharfe Be- grenzung. Ebenso verhält es sich mit dem Augit. In deutlich 6seitigen Täfelchen erkennt man den Eisenglanz. Der Herr Dr. Oschatz*) in Berlin hat mir ein Präpa- rat für das Mikroskop von diesem Gestein gemacht, an dem man ebenfalls die sechs- seitigen rothdurchscheinenden Eisenglanzkrystalle entdeckt, während im Uebrigen das Präparat keinen Aufschluss ergab. Granat enthält die Abänderung in deutlichen Körmern von dunkelblutrother Farbe. In Säure braust dieser Porphyr ziemlich stark. Auffällig war es mir auch hier zu bemerken, dass die eingewachsenen Kry- stalle des Feldspaths und namentlich auch des Augits sehr lebhaft brausten, während ich an Stellen, wo ich die Grundmasse für sich betupfen konnte, fast keine Spur von Kohlensäureentwickelung bemerkte. Ueberall ist der Augit in der Verwitterung weiter vorgeschritten, als der Feldspath. So findet man unterhalb des Gänseschnabels einen röthlichgrauen Por- phyr, der viele zum Theil grosse Flecken eines specksteinartigen, grünlichweissen auch dunkellgrün bis schwärzlichgrün gefärbten, fettglänzenden Minerals enthält, welches sehr wahrscheinlich verwitterter Augit ist. An erkennbaren Stellen hat er eine schmutzigölgrüne von Eisenoxydhydrat durchzogene Färbung angenommen. Am Östabhange des Giersberges, am Wege von den Braunsteingruben nach Rothesütte ist der Augit in Eisenoxydhydrat umgewandelt und seine Krystallhöhlungen sind von jener Verbindung locker ausgefüllt. Der Feldspath hat eine schmutzig fleisch- rothe Farbe. *) Der Herr Dr. Oschatz liefert bei anzuerkennender Billigkeit ausgezeichnete Präparate für das Mikroskop. 13° u mM Wie verschiedenartig das Ansehen der Porphyre auf einer kurzen Strecke sein kann, beobachtet man gut im Sulzhayner Thale. Oberhalb des Dorfes, am so- genannten Aalsbrand, steht ein Porphyr an, dessen ziemlich dichte, blassröthliche, etwas ins Grau spielende Grundmasse kleine schwarze Krystalle von Augit und leb- haft metallglänzende Magneteisenkörnchen und blutrothe Granaten einzuschliessen scheint. Das Gesteim ist meist von ‚aussen her dunkelbräunlich violet gefärbt, in welcher Rinde dann die blassgrinlichen Feldspathkrystalle deutlicher zu erkennen sind. Das Gestein braust lebhaft mit Säuren. Auch auf den schroffen Kämmen unmittelbar über dem Dorfe findet man einen etwas dunklern Porphyr, der eben- falls die noch dunkle Rinde besitzt. Nicht weit von den letzten Häusern, nach Werna zu, befinden sich am linken Ufer Brüche im Porphyr, der hier ganz röthlich- weiss von der überwiegenden Feldspathmasse geworden ist, so dass von der Grund- masse nur wenig zu sehen ist und die andern Gemengtheile sich undeutlich als schwarze in den Feldspath eingesprengte Flecken zu erkennen geben. Einzelne grössere Feldspathkrystalle zeichnen sich durch eine eisenschüssige Färbung aus. Das Gestein braust mit Säuren weniger, als es sein verwittertes Ansehen vermuthen lässt. Diesen Brüchen gegenüber auf dem rechten Ufer der Sülze engt ein schma- ler mit dem Thale parallelgehender Porphyrkamm das Bett des Baches ein. Der Porphyr hat hier in der dunkelrothen Grundmasse deutlich die fast weissen, grossen, zum Theil vierseitig begrenzten Feldspathkrystalle, die ihren Glanz und Härte ver- loren haben. Auch die in Eisenoxyd umgewandelten Augitkrystalle sind an oft recht scharfen Formen zu erkennen. Durch Auswaschungen der Feldspathkrystalle wird das Gestein porös und die Höhlungen sind mit Quarzmasse bekleidet. Selbst wasserhellen Quarz beobachtete ich. In seiner äussern Umgrenzung hat derselbe ganz die Form unregelmässiger Mandeln, aber als Kern zersetzte Feldspathmasse. Auf dem Kamme dieses Rückens hatte man bei der Urbarmachung die grössten Steine aus dem Acker gelesen und sie am Wege aufgeschichtet. Hier fand ich eine ziemlich bedeutende Quarzdruse, anscheinend eine Mandel und ausserdem ein durch Auswaschung sehr poröses Stück Porphyr, bei dessen Anschlagen ich, ausser den Höhlungen von ziemlich grossen sechsseitigen Prismen, eine Pseudomorphose nach diesen Krystallen antraf, gebildet von feinem Porphyrgrus, welcher durch einen Mangan und Eisenkitt verbunden war. Es war die Verwachsung zweier ziemlich grosser, annähernd sechsseitigen Prismen mit gerader Endfläche. Die Kantenwinkel der Säule mass ich mit dem Anlegegoniometer und fand dieselben abwechselnd zu 116—117° und 128°. Danach könnten diese Krystalle Zwillinge des Aragonits ge- „y — wesen sein. In den anstehenden Gesteinen habe ich weder Quarzmandeln noch eine Andeutung, die auf Aragonit schliessen liessen, gefunden. Das Stück befindet sich übrigens in den Händen des Herrn Professor @. Rose. Nicht unerwähnt kann ich den Porphyr lassen, den man mit einem Schachte links von der Chaussee nach Hohegeis an der Gablung des Weges, der vom gros- sen Ehrenberge nach Benneckenstein führt, durchsunken hat. Es ist ein ganz erdig aussehender Porphyr mit hellrother Grundmasse und eingesprengten Feldspathkry- stallen, die theils erdig sind, theils ein specksteinartiges Ansehen besitzen. Mit Säuren braust das Gestein durch und durch sehr lebhaft und ist mit dem Messer überall zu ritzen. Darunter liegt ein blassgrüner Porphyr, dessen Grundmasse keine Feldspath- oder Augitkrystalle ausgeschieden hat. Desto reicher ist er an Magnet- eisensein und Eisenglanz. Letzterer theils in unveränderten, rothen, sechsseitigen Tafeln, theils aber auch in zierlichen, ganz lichtbraunen Täfelehen, die in Eisen- oxydhydrat verwandelt sind. Die geraden Endflächen haben noch den metallischen Glanz des Eisenglanzes und in der Mitte fast immer eine Vertiefung, deren Umrisse der sechsseitigen Begrenzung parallel ist. Das Gestein besitzt zwar noch einen mat- ten Glanz, die scharfen Kanten ritzen noch Glas, doch braust das Gestein lebhaft mit Säure, auch das Messer ritzt es. Die Gesteine von Neustadt haben ein den Porphyren unterhalb Sulzhayn ganz ähnliches Ansehen. Die weisse und röthlichweisse Farbe des verwitterten Feld- spaths verdeckt die dunklere Farbe derjGrundmasse. Ausserdem aber bemerkt man den Augit sehr zahlreich und in bestimmten Formen in ihm, so dass es nicht schwer hält, die fast rechtwinklige Spaltbarkeit und die fast rechtwinklige Säule mit der schmalen Abstumpfung ihrer Kanten zu beobachten. Dieser Porphyr zerbröckelt beson- ders nach einer Längsrichtung. Alle diese Porphyre haben eine grosse Neigung zur Verwitterung. So flach- muschlig‘, fast ins Splittrige übergehend auch sonst ihr Bruch im frischen Zustande ist, so besitzen sie dennoch in hohem Maasse die Eigenschaft beim Verwittern in lauter polygone Stücke zu zerfallen, und sehr bald einen Grus von haselnuss- und erbsengrossem Korne zu bilden, und geben bei fortschreitender Zertheilung einen äusserst fruchtbaren Boden ab. Diese Eigenthümlichkeit des Porphyrmelaphyrs giebt ein so charakteristisches Kennzeichen, dass man ihn danach überall mit Leichtigkeit verfolgen kann. Eine andere Eigenthümlichkeit zeigt sich in dem Porphyrterrain nach anhaltenden Regen. Wenn sich die Wasser verlaufen haben, sieht man über- all schwarze Streifen von Magneteisen und Eisenglanzkörnern auf dem roth gefärbten — 10 — Boden der kleinen Wasserrisse; offenbar die fein eingesprengten Erztheilchen des zer- störten Porphyrs. Ausgezeichnet ist ferner seine regelmässige Zerklüftung. Dieselbe bedingt in den engen Felsenthälern die kihnen Felsen der Thalwände, die festungs- artig ausgezackt, oft aus hohen und schmalen Säulen bestehen, deren Gruppirung sich mit jeder Windung des Thales anmuthig verändert, Diese Spaltungsrichtung scheint constant fast durch das ganze Gebiet zu sein. Der Ebersburg gegenüber konnte ich ein Streichen dieser Klüfte von h 11 mit 70° nach Nord und h 4 mit westlichem Fallen abnehmen. Die erste Richtung ist die constante, sie trifft man wiederum bei Neustadt und eben so bei Sulzhayn an. Wo der Weg von Werna her auf den Weg von Appenrode nach Rothesütte stösst, beginnt ein Hohlweg, in- dem die Absonderungsflächen so nahe aneinandertreten, dass der Porphyr geschich- tet erscheint. Das Streichen war hier h12 mit 45°—50° Fallen nach Ost. Die Eisenerze und Braunstein führenden Gänge, die namentlich Hofmann ausführlich bespricht*), gehören bis auf einige Vorkommnisse an den Grenzen zwi- schen dem dichten, dem porphyrartigen Melaphyr und dem Mandelstein (z. B. am Netzberge) dem bisher betrachteten Gesteine an. Die Braunsteingänge am Braun- steinhause westlich von Ilfeld sind das grösste Vorkommen und seit früher Zeit der Gegenstand eines Abbaues gewesen, der jetzt durch die geringe Erzführung seiner Gänge dem Erliegen nahe ist. Braunsteingänge gehören im Uebrigen nicht zu den Seltenheiten in dem Gebiete; jedoch sind jetzt bedeutend wichtiger die vielfach er- schürften Eisensteinsgänge, die meist quarzig sind und kieselhaltenden dichten Eisen- glanz mit vielen Krystalldrusen führen, wie die Gänge östlich von Sulzhayn, oder vielfach rothen und braunen Glaskopf, wie bei Ilfeld. Die Braunsteingänge streichen theils in h 9—10, theils in h 6, die letztern durchsetzen die erstern am Mönche- berge und an der Harzburg. Die Eisensteingänge streichen etwa in h6. Es ist auffallend, dass alle Gangaufschlüsse dieser Erze nur in dem Gebiete des Porphyrs westlich vom Behrethale bekannt sind. Andere Gangbildungen sind dem Porphyr nicht fremd, so namentlich findet man sehr häufig Schwerspath in reinen Ausscheidungen, wie oberhalb Sulzhayn auf dem Bergrücken über dem Dorfe, oder östlich von Werna an dem oben bezeichneten Kreuzwege. Auch Braunspath- und Kalkspathgänge beobachtet man, die stets scharf- kantige Bruchstücke von Porphyr umschliessen. Oft gesellt sich zu diesen Minera- lien ein fein thonig sandiges Bindemittel, den aufgelagerten neptunischen Gesteins- *) Auch Hausmann: Enstehung d. Harzgebirge p. 129—130. — 111 —. schichten ähnlich. Es treten ganze Systeme solcher Gänge auf, die unter sich paral- lel smd und sich schaaren und durchsetzen. Dieses beobachtet man in einem S$ei- tenthale des Gottesthales östlich vom Kaulberg, wo die Gänge in h 9 streichen und am Aschufer nördlich vom Lausterberg; beide an Berührungsstellen der Sediment- gesteine mit den Porphyren. I. Der dichte Melaphyr. Es ist diese Varietät das dunkelgrünlich schwarze Gestein von dichter bis feinkörniger Struktur, welches Zimmermann „basaltischer Grünstein“, Dolerit, Hoff- mann mit Lasius „Trapp“ nannten. Eine der ausgezeichnetsten Varietäten findet sich im Gottesthale. Die Hauptmasse zeigt sich bei den deutlich krystallinischen Stücken als ein feinkörniges Aggregat ‘von lebhaft fettglänzenden Krystallen, die innig mit einander verwachsen keine begrenzte Form angenommen haben und sel- ten grössere Spaltungsflächen zeigen, dann aber stets einen deutlichen Blätterbruch besitzen und sich als einen Feldspath zu erkennen geben. Eine Streifung auf die- sen Spaltungsflächen habe ich ebensowenig erkennen können, als die Lage derselben zu einander näher zu bestimmen war; so wenig ausgedehnt sind die grösseren die- ser Krystalle. Das Gestein ist spröd, flachmuschlig im Bruch und giebt beim Zer- schlagen sehr scharfkantige Bruchstücke. L. von Buch legt auf diese letzte Eigen- schaft einen besondern Werth, indem er sagt: „so dicht und schwarz ist das Gestein, dass es an Basalt erinnert; aber immer hat es nicht den starken Zusammenhalt, daher sind die Bruchstücke stets viel scharfkantiger“ Die Härte des Gesteins er- reicht die des Orthoklas nicht ganz, indem es jenem nicht ritzt; dieser aber umge- kehrt Spuren auf der Bruchfläche zurücklässt. Apatit vermag den Melaphyr nicht im mindesten zu ritzen. Das specifische Gewicht des Gesteins fand ich bei drei Wä- gungen durchschnittlich zu 2,722 und zwar war die höchste Zahl 2,791 und die nie- drigste 2,670. Im gepulverten Zustande fand ich das specifische Gewicht zu 2,672. Die frischen Stücke dieses Gesteins brausen mit Säuren nicht; selbst mit der Loupe konnte ich keine Bläschen entdecken. In dieser so charakterisirten Hauptmasse sind lange nadelförmige Krystalle ausgeschieden, die sich durch den lebhaften Glanz auf einer vorzugsweise hervortretenden Spaltungsfläche sehr auszeichnen. In den ausge- zeichnet krystallimnischen Melaphyr aus dem Gottesthal kann man sehr häufig auch Säulenflächen freiliegend erhalten. Es zeichnet sich dann in der Regel eine von diesen durch ihren lebhafteren perlmutterartigen Glanz vor den übrigen aus. Nur dieser Fläche geht die Hauptspaltbarkeit parallel. So matt die Säulenflächen dieser —ıı — Krystalle auch erscheinen, so sind die Bruchstücke derselben doch durchsichtig, mehr oder weniger dunkelbräunlich grün ins Oelgrüne, haben lebhaften Glasglanz und sind weicher als die Hauptmasse. Da diese Krystalle die einzigen deutlich er- kennbaren im ganzen Gesteine sind und die frühern Beobachter, namentlich L. von Buch kleine Feldspathkrystalle als kaum jemals fehlend, Augit dagegen als nie deut- lich erkannt anführen, so war mein ganzes Augenmerk zunächst darauf gerichtet, an ihnen den Labrador deutlich zu erkennen. Die am meisten auffallende, perlmutter- artig glänzende Spaltungsfläche ist zwar vielfach rissig parallel der; Längsausdehnung der Krystalle, aber ich musste mich überzeugen, dass diese Streifung nichts gemein hatte mit den scharfen Linien der Labradorkrystalle, wie ich sie zur Vergleichung neben mir liegen hatte, namentlich auch in den in der Nähe der Melaphyre vorkom- menden Hyperiten der Staufenburg und von Rothesütte. Als ich die viel deutliche- ren Krystalle im Melaphyr des Gottesthals kennen lernte, hatte ich nur zwischen Hornblende und Augit die Wahl. Die Güte des Herrn Prof. @. Rose beendete meine Zweifel dadurch, dass er den deutlichsten Krystall aus dem Handstück herausbrach und an ihm die 8seitige Säule des Augit erkannte. Der Krystall, welcher sich noch in meinen Händen befindet, liegt mit vier Flächen frei auf dem Gestein. Davon zeichnet sich die eine besonders durch lebhaften perlmutterartigen Glanz aus, wäh- rend die andern sehr matt sind. Dieser perlmutterglänzenden Fläche geht, wie ich mich an andern Stellen überzeugen konnte, die sehr deutliche Spaltungsrichtung pa- rallel und sie ist wohl als die Abstumpfung der scharfen Säulenkante anzusehen. Dann sind die beiden mattesten Flächen die gewöhnliche Augitsäule von 92° 54. Eine Endigung ist nicht zu bemerken. Der Dr. Oschatz in Berlin hat mir von dem dichten Melaphyr am Rabenstein und von dem deutlich krystallinischen des Gottesthals Präparate für das Mikroskop verfertigt. Der Schliff des letztern ist neben der Vorzüglichkeit, die allen Präpara- ten des Herrn Dr. Oschatz eigen sind, besonders glücklich ausgefallen, indem ein Augitkrystall der Länge nach und eimer genau senkrecht gegen die Axe durchschnit- ten ist. Namentlich sind die Linien der beiden Säulenflächen und die Abstumpfung der stumpfen Kante vorzüglich scharf. Die Endigung am ersten Krystall bildet nur an der einen Seite einen scharfen Winkel, der dem von 120° nahe kommt, sonst ist sie gerundet. Unter dem Polarisations-Apparate zeigen beide Krystalle eine unregel- mässige Anordnung der Farben und verhalten sich gleich. Erscheint das ganze Ge- stein in gewisser Stellung des Apparats, so sieht man wenige kleine, helle Punkte ohne bestimmte Form. In der andern Stellung bemerkt man zahlreiche undurch- — 103 —. sichtige Punkte. In dem sehr dichten Melaphyr vom Rabenstein erscheinen bei schwacher Vergrösserung nur undeutlich helle Punkte in der sonst schwarzen Grund- masse; je stärker man aber die Vergrösserung macht, destomehr löst sich das Ge- stein in en Gewebe von lauter nadelförmigen Krystallen auf, die offenbar auch dem Augit angehören. An accessorischen Bestandtheilen lässt sich wenig erkennen. Mit der Loupe bemerkt man hin und wieder metallische dunkele und gelbliche Punkte und Blättehen, welche einen kirschrothen Strich geben. An der Gegenwart von Eisenglanz und Magneteisen ist also nicht zu zweifeln. Auch zieht der Magnet aus der gepulverten Masse Theilchen heraus, die auf dem Papiere deutlich dem Magnete folgen. An angewitterten Stücken habe ich Schwefelkies in grössern Körnchen erkennen können. Ausserdem aber kommen runde und linsenförmige Ausscheidun- gen von Quarz darin vor. Derselbe ist durch und durch glasig und nicht, wie in den Mandeln des Mandelsteins, mit einer Hülle von Labrador umgeben, rauchgrau und muschlig im Bruch und ohne Krystallisation. Legt man Bruchstücke, an de- nen sick Quarz befindet, in Säuren, so wird das Gestein an den. Rändern des Quar- zes besonders zerfressen. Granatkrystalle habe ich in dem Melaphyr nirgends be- merkt, so constant er sich auch in dem Melaphyrporphyr findet. In Salzsäure entfärbt sich das Gestein fast gänzlich. Die Hauptmasse wird undeutlich grau und die Augitkrystalle werden ganz farblos. Die Säure ist deut- lich von Eisenoxyd gelbbraun gefärbt. In der Natur kommen ganz analoge Ver- änderungen am Gestein vor. Im Gottesthal bei Wiegersdorf steht ein verwitterter Melaphyr an, der ganz blassgrünlich grau gefärbt ist und in dem sich Augitkry- stalle nur schwach durch eine etwas dunklere Farbe auszeichnen. Die Melaphyre im Fischbachthale am Südabhange des Netzberges, namentlich am Ochsenplatze, sind schmutzig kirschroth von Eisenoxyd gefärbt und in ihnen liegen die blass öl- grünen, seidenglänzenden, deutlichen Augitkrystalle oft nach vielen Richtungen hin mit emander verwachsen. Andere verwitterte Stiicke aus dem Gottesthale sind scha- lig und von dunkelaschgrauer Farbe. Die Schalen haben eine schmutzigbraune Rinde, die allmälig nach innen sich in die graue Färbung hinein verliert. Die Au- gitkrystalle sind matt und zeichnen sich sehr wenig von der Hauptmasse aus. An- dere Stücke haben einen Stich ins Braune bekommen, sie sind gleichsam nur et- was gebleicht. Aber von den zahlreichen Sprüngen und Klüften, "die das Gestein durchziehen und allmälig in einen scharfkantigen Gruss verwandeln, verbreitet sich diese braune Farbe immer mehr, während die Kluftflächen zuletzt schwärzlich blau werden und einen metallischen Schein bekommen. Alle diese Abänderungen brausen Abh. d, Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 14 — 104 — zum Theil sehr lebhaft mit Salzsäure, so namentlich der blassgrüne aus dem Gottes- thale, etwas weniger schon die aschgrauen ebendaher. Die Stellen, an denen die Augitkrystalle hegen, kann man leicht an der grössern Zahl der Bläschen erkennen, die sich theils an den Rändern derselben, theils aber auch aus den Krystallen selbst lebhaft entwickeln. In dem Brandesthale kommt ein ganz eigenthümlich verwitter- ter Melaphyr war. Er ist sehr deutlich krystallinisch, namentlich zeichnen sich die deutlichen, hier schwarz gefärbten Augite vor der grünlich braunen Hauptmasse aus, in der blassröthliche Flecken zahlreich vertheilt sind. Dieses Gestein ist an der Ober- fläche porös geworden durch die ausgewitterten Augitkrystalle, es braust fast gar nicht und die poröse Rinde gar nicht. Dieselbe ist rein quarzig, etwas braun ge- färbt und zeigt sehr scharf die Augitkrystalleindrücke. Es erinnert dieses Gestein an den quarzigen, porösen Porphyr am Schmelzer'schen Berge und am Galgenberge bei Halle. Wenn in diesem Gesteine Labradorkrystalle ausgeschieden wären, sicher hätten auch diese ihre Eindrücke zurückgelassen. Dass der rothe Melaphyr des Fischbachs und des Lienberges östlich von Wie- gersdorf eine Umänderung des schwarzen Melaphyrs sei, kann man an Stöcken se- hen, in die hinein 'sich in rundlichen Umrissen diese Farbe verbreitet. Am Raben- steine ist der hier sehr dichte Melaphyr durch einen grossen Bruch weit entblösst. Man sieht hier sehr vereinzelt und sparsam jene grossen und eigenthümlich geform- ten Blasenräume, die L.v. Buch so klassisch beschrieben hat. Sie kommen so spar- sam im Gestein vor, dass sie demselben keine Mandelsteinstruktur geben. Ich besitze nicht ein schönes Stück. Gänge im Melaphyr sind mir nur im Gottesthale bekannt, wo in dem grossen Bruche ‚ein Gang von zerfressenem Quarz zu beobachten ist, in dessen Höhlungen Quarz und Amethist in Krystallen sich abgeschieden haben. Am Netzberge, wo beide Melaphyre, der porphyrartige und der dichte, in naher Berüh- rung mit einander vorkommen, ist eine Anhäufung von Eisenerzen, namentlich Glas- kopf und Eisenglanz auffallend. Die Gesteinsformen dieses dichten Melaphyrs sind von denen des andern we- sentlich verschieden. Die Säulenform ist ihm gänzlich fremd. Am Nordabhange des Poppenberges bildet er terrassenförmig eine zweite Reihe von Kuppen. Umgeben von einer zahllosen Menge schuttähnlich aufgehäufter, scharfkantiger Bruchstücke ragt der Melaphyr in Blöcken kurz und zackig hervor. In den Steinbrüchen im Gottesthal kann man die ausgezeichnet welligen Formen und bogenförmigen Abson- derungen, die die äussere Gestalt der Felsen bedingen, sehr gut beobachten. Auch im Fischbach bildet er gerundete fast nicht hervorragende Klippen, die durch und — 15 — durch zu scharfkantigen Stücken von wenig über Faustgrösse zersprungen sind und ihren Zusammenhalt nur durch die regellose Richtung dieser Sprünge behalten haben. II. Der glimmerführende Melaphyr. Derselbe ist von mir nur an einer Stelle gefunden worden. Nördlich von der Ebersburg setzt er den viel höheren und nach der Thiera steil abfallenden Leim- berg zusammen. Er hat die meiste Analogie mit dem schwarzen dichten Melaphyr. Durch keine Steinbrüche aufgeschlossen, wie jene, habe ich nur ziemlich verwitterte Stücke erhalten können. Die schmutzig violettrothe Grundmasse zeigt unter der Loupe dasselbe zuckerartige Gefüge, ausserdem noch röthlich weisse Flecken von verwittertem Feldspath. Der Augit ist in denselben länglichen, dünnen, Sseitigen Säulen auskrystallisirt. Nach Aussen hin ist er vollständig ausgewittert, nach Innen ist eine schwammige, lockere Masse aus ihm geworden und noch tiefer endlich sieht man noch deutlich die mattglänzenden schwarzen Krystalle und ihre Säulenflächen. Auch an den Krystallhöhlen der äussern Rinde lässt sich ganz gut die achtseitige Säule des Augits erkennen. Sehr reichlich eingesprengt ist der schwarze Glimmer, wodurch das Gestein ein charakteristisches Ansehen erhält. Derselbe ist meist in sechsseitigen Tafeln auskrystallisirt, welche im Verhältniss zu den andern Gemeng- theilen von beträchtlicher Grösse sind. Eimschlüsse von den in den vorigen beiden Varietäten gefundenen Eisenerzen habe ich nicht gefunden. Das Gestein braust na- türlich sehr lebhaft mit Salzsäure, namentlich die eingewachsenen Krystalle, weniger die Grundmasse. In den Gesteinsformen schliesst sich der glimmerführende Mela- phyr ebenfalls eng an den dichten an; obgleich sie bei dem beschränkten Auftreten sich nicht so charakteristisch zeigen. IV. Der Mandelstein. Dieses in unserm Gebiete sehr ausgezeichnet entwickelte Gestein, in welches der dichte und der glimmerführende Melaphyr nur allein Uebergänge bilden, ent- hält in einer mehr oder weniger dichten Grundmasse von violetter oder schmutzig rother Farbe mannigfach gestaltete, zum grössten Theil regelmässig geordnete Züge von Blasenräumen, die entweder ganz oder bis auf einen innern Drusenraum ausge- füllt sind. Jedoch fehlen auch diese Ausfüllungen und das Gestein nimmt ein schlak- kiges Ansehen an. Diese Mandelbildungen und die damit in Verbindung stehenden Geoden in dem dichten Melaphyr sind in Hoffmanns nordwestlichem Deutschland und in ZL. v. Buchs oben genanntem Briefe mit einer Ausführlichkeit und Schärfe be- 14* — 106 — schrieben worden, dass ich wohl nur auf jene meisterhaften Schilderungen verweisen darf. Was ich hinzuzufügen habe, auf das werde ich bei der Besprechung des ge- genseitigen Verhältnisses der Melaphyrvarietäten zu einander zurückkommen. In der Grundmasse habe ich die Krystallausscheidungen von Feldspath oder Augit nicht beobachten können, wie in den Melaphyren; jedoch fehlt in den Mandelsteinen, die in Verbindung mit dem glimmerführenden Gesteine des Leimberges vorkommen, und die im Wege von Buchholz östlich von der Heimrichsburg anstehen, auch der Glim- mer nicht. i B. Die Sedimentgesteine. Es liegt nicht im Plane dieser Arbeit, über die Grenzen des Melaphyrterrains " hinaus die Betrachtungen auszudehnen. Deshalb sind sowohl die Gesteine des äl- teren Harzgebirges, als auch die Zechsteinformation von der petrographischen Be- schreibung ausgeschlossen; obgleich auf beide bei der Entwickelung der Lagerungs- verhältnisse musste Rücksicht genommen werden. Die Sedimentgesteine, welche in unmittelbarer Verbindung mit den Melaphyren auftreten, haben einen so eigenthüm- lichen petrographischen Charakter, dass sie sich sehr scharf von den Grauwacken des flötzleeren Sandsteins des älteren Harzgebirges abgrenzen. Das gänzliche Fehlen des eigentlichen Rothliegenden in der östlichen Hälfte unseres Gebietes, welches erst in der. Gegend von Walkenried entschieden auftritt, berechtigt ebensogut, unsere Gesteine von diesem abzusondern, wenn auch der petrographische Charakter beider Gesteine schwieriger auseinander zu halten und in den Lagerungsverhältnissen keine Unterbrechung zu beobachten ist. Diese Concordanz mit dem Rothliegenden und der Zechsteinformation, der Wechsel von Conglomeraten und Sandsteinen mit mergligen Lagen, reinen Kalken und Thonen, wie wir sie aufführen werden, giebt der ganzen Folge von Gesteinen eine solche Aehnlichkeit mit den untersten Gliedern des Roth- liegenden, dass in der Annahme der ältern Autoren, welche diese Schichtenreihe dem Letztern zurechnen, keine Widersprüche zu finden sind. Die Analogie ferner, die zwischen unsern Gesteinen und den hangenden Gesteinen der wettiner Steinkoh- lenformation vorhanden ist, und die gründliche Kenner dieser Gesteme an den von mir gesammelten Handstücken bestätigten, haben mich veranlasst, diese Sedimente unter dem Namen „Grandgesteine“ aufzuführen, ein Name, der von wettiner Berg- leuten für diese hangenden Schichten gebraucht wird. Die sehr grobkörnigen Con- glomerate mit scharfkantigen Bruchstücken, wechselnd mit dünngeschichteten, fein- körnigen Sandsteinen, die oft ausgezeichnet plattenförmig werden, charakterisiren diese Gesteine ebensosehr, als der geringe Zusammenhalt ihrer Trümmermassen und — 107 — der rasche Wechsel ihrer Farben. Das Auftreten der steinkohlenfihrenden Schich- ten in den Grandgesteinen erlaubt eine bequeme Trennung der ganzen Etage ein- zuführen. Wir unterscheiden demnach: 1) liegende Grandsteine mit den Steinkoh- len führenden Schichten als unterste Abtheilung, und 2) hangende Grandgesteine als oberste Abtheilung. I. Die liegenden Grandgesteine. Die liegenden Grandgesteine sind vorwaltend Conglomerate, die mit Sandstein und sandigen Thonen wechsellagern. Die Conglomerate haben meist scharfkantige Geschiebe von Kieselschiefer und jaspisartigen Massen, auch wohl von hellgrauen, dichten Schiefern, die dem Wetzschiefer ähnlichen Zwischenlager der Grauwacke des Harzes gleichen. Glimmerbeimengungen sind weniger häufig, doch fehlt er nicht, und ist besonders in den quarzigen Gesteinen im Thale bei Zorge und an dem Ein- gange in das Sulzhayner Thal als frischer, schwarzer, fast metallisch glänzender Magnesiaglimmer vorhanden. Es treten constant zwei Conglomeratbildungen auf. Das rothe untere Conglomerat zeichnet sich überall an der Oberfläche durch den geringen Zusammenhalt aus, so dass seine lockern Geschiebe auf der ganzen Er- streckung entlang die Oberfläche bedecken. Die rothe Farbe hat sich auch den Ge- schieben mitgetheilt. Oft geht das Gestein in einen rothen Sandstein über, der ver- einzelte grössere Kieselschiefergerölle einschliesst. Auf den zahlreichen Klüften ha- ben sich oft grössere Partien von Eisenrahm und intensiv roth gefärbte Thonmassen ausgeschieden, von denen aus sich die rothe Farbe verbreitet zu haben scheint. Die zwischenliegenden Sandsteine und thonigen Sande sind im Gegensatz zu den, oft Bänke von 1’ und darüber bildenden Conglomeraten, dünn geschichtet und glimmer- reicher. Auch bemerkt man in ihnen röthlich weisse, erdige Flecke und Punkte von kaolinartigem Ansehen, die dem Gestein ein lockeres stark verwittertes Aussehen geben. Der Glimmer ist sehr gebleicht. Diese Sandsteine werden oft dem flötzlee- ren Sandsteine, dem sie aufgelagert sind, täuschend ähnlich; besonders da sich die rothe Färbung von den Klüften aus nach innen zu auch diesem Grauwackengestein mitgetheilt hat. Diese rothe Färbung geht in der Regel höher hinauf, als sich die Conglomerate des Grandgesteins anlagern. Man könnte nach ihr das Niveau der roth gefärbten Wasser, aus denen die Grande sich absetzten, angeben. Das darüber liegende graue Conglomerat mit seinen Eimlagerungen dünnge- schichteter Sandsteine ist durch die bedeutendere Festigkeit und die mächtigen Bänke, in denen es auftritt, sehr von dem rothen Conglomerat unterschieden. Die Geschiebe, — 108 — zu denen sich noch milchweisse, graue und wasserhelle Quarze gesellen, sind scharf- kantig und mitunter sehr gross, so dass das Gestein ganz breceienartig wird. Selbst in den entblössten Bänken ist der Zusammenhalt gross gemug, so dass sich diese Geschiebe nie zerstreut ıherumliegend finden, wie bei dem vorigen. Das schwer zerstörbare Gestein steht vielmehr überall an den Thalwänden hervor. Die Grund- masse des Conglomerats wird auch ganz dicht und auarzig und grünlich von Farbe, enthält schwarze Flecken von Glimmer und sparsam vertheilte, äusserst scharf- kantige Kieselschiefergeschiebe. Das Conglomerat wechselt vielfach mit dünnen, grünlich- weissen Sandsteinen. In einer erdigen Grundmasse, in der halbverwitter- ter Feldspath, Kaolin und ein specksteinartiges Mineral sich innig mit emander verflössen, liegen fast nur rauchgraue Quarzkörner eingehüllt und wenig hervortre- tend. Auch weisser zersetzter Glimmer findet sich vereinzelt darin. Der Wechsel des Conglomerats mit diesen dichteren Gesteinen ist ein sehr mannigfacher. Zim- mermann hat denselben 25—30 Mal beobachtet. Nach oben findet ein allmäliger Uebergang in feine, graue Sandsteine, denen Schieferthone eingelagert sind, statt. Am Poppenberge hat man in neuerer Zeit das Liegende der Steinkohlen mit einem Bohrloch durchsunken und auch hier den angegebenen Wechsel bestätigt gefunden. Der Herr Bergmeister Brey hatte die Güte, mir die Bohrproben vorzulegen, und ich konnte mich daran überzeugen, wie sich auf den Wechseln der Schieferthone und selbst auf den Schichtflächen der Sandsteine und Conglomerate Kohlenbestege einfanden. Auch Schwefelkies fand ich vielfach eingesprengt. Auf das Vorkommen von einem braunrothen Harze in dem Bohrsande machte mich der obige Herr ebenfalls aufmerksam. Er hatte eine kleine Partie heraus gelesen und sich vor dem Löthrohr von der Verbrennlichkeit über- zeugt. Auch mir gelang es, solche kleine Harzkörnchen herauszusuchen. Die Kohlensandsteine sind sehr feinkömig und grau von Farbe, ein lebhaftes Brausen mit Säure verräth ıhren Kalkgehalt; auch entwickeln sie einen sehr deutlichen Schwefelwasserstoffgeruch. Die mit ihnen wechselnden und verwachse- nen Schieferthone sind theils auch grau, theils aber gehen sie durch Aufnahme von Bitumen und durch parallele Einwachsung von Kohlenschnürchen in Brandschiefer über. Diese grauen Thone sind sehr rein, halten gar keine Quarzkörnchen und brausen gar nicht mit Säure. Aber sehr fein eingesprengt müssen sie Schwefelkies enthalten, denn sie zerfallen von selbst m muschlige Brocken und verwandeln sich in alaunhaltende Thone, wie der zusammenziehende Geschmack bekundet, den die- ses Gestein nach längerem Liegen hat. Gewisse Lagen, namentlich diejenigen, die — 109 — in kohligen Lagen eingebettet sind, zeichnen sich durch ihre Schwere und durch lederbraune Farbe aus, brausen aber, nicht mit Säure und möchten wohl für einen Thoneisenstein angesprochen werden können. Auf den Schichtflächen aller dieser bitummösen Schiefer finden sich häufig Partien von mineralischer Holzkohle. Was nun die Stemkohle selbst anlangt, so unterscheidet man beim Abbau in der Regel drei Flötze. Alle haben einen starken Glanz, der an Anthracit erinnert. Die Bankkohle am Vatersteine ist 4—5'' mächtig und ist nicht überall bauwürdig, nach dem Ausgehenden zu nur als schwacher Besteg zu bemerken. Die Mittelkohle ist 5—6‘ mächtig, die Dachkohle 8—10 Beide Abtheilungen, obgleich sie ebenfalls, wie die Bankkohle, von zahlreichen Brandschieferstreifen durchsetzt sind, liefern die besten Kohlen. Das ganze Flötz ist hier 20—25” mächtig. Nach dem Ausgehenden zu fand ich das Flötz ausgedehnter, durch zahlreiche und zum Theil mächtige Zwischenlagen von Brandschiefer und Letten; auch zeigte sich hier die Dachkohle in zwei Flötze getheilt. Ueberhaupt soll das Flötz nach Aussage des Steiger Heine oberhalb nach dem Ausgehenden zu besser in Kohle sowohl, als auch in der Arbeit gewesen sein. Auf dem Poppenberge unterscheidet man eine Bank- kohle von 5—8' Mächtigkeit; es liegen aber in ihr thonige und quarzige Lagen und Brandschiefer. Bis zur Mittelkohle,; die höchstens 2—3” mächtig ist, folgt Brandschiefer, Kohlensandstein und Schieferthon in schwachen Lagen. Sie ist sehr wenig zuverlässig und selten bauwürdig in der angegebenen Mächtigkeit. Bis zur Dachkohle hat man wieder jene Abwechslung von Schichten, wie zwischen jenen beiden Bänken. Dieselbe erreicht eine Mächtigkeit von 8— 12‘; auch sie ist durch Lettenschichten und Brandschiefer verunremigt. Der Brandschiefer ist von kleinen Steinkohlenschnürchen so häufig durchsetzt, dass man sie theils benutzt auf offenen Feuern das Gezähe zu härten, theils aber an Branntweinfabriken als Feuermaterial absetzt. Die verschiedenen Schichten, welche zusammen als Steinkohlenflötz ange- sprochen werden, erreichen eine Mächtigkeit von °,—° Lehtr. Im Flötz kommen Wülste, Schwielen und Drusen vor, namentlich in der Bankkohle, welche Kalk- spath in sehr spitzen Rhomboedern und 3 und 3 Kantnern mit stumpfer Endigung, und auch sechsseitige Säulen mit stumpfer Endigung enthalten; dazwischen finden sich schöne Krystalle von Braunspath, Blende und Schwefelkies. Namentlich letz- terer ist in allen kohligen Schichten in grosser Menge eingesprengt. Das Kunzen- thaler Steinkohlenflötz ist noch zu wenig in neuester Zeit bergmännisch aufgeschlos- sen, um nähere Angaben machen zu können; jedoch werden die Steinkohlen, die man mit einem Stollen angefahren hat, wegen ihrer Güte sehr gelobt. — 10 —. Die mit den Steinkohlen in Wechsellagerung vorkommenden Sandsteine und Schieferthone sind reich an Pflanzenresten, die zum Theil gut erhalten sind. Am Poppenberge sind namentlich die Sandsteine reich; am Vatersteine kommen die Abdrücke in den Schieferthonen ausgezeichnet vor, doch wirkt der Schwefelkies- gehalt der letztern äusserst nachtheilig auf die gute Erhaltung ein. Der Herr Berg- meister Drey hat eine ausgewählte Sammlung der am Poppenberge vorkommenden Pflanzenabdrücke, die, wenn ich nicht irre, vom Herm Regierungsrath Sporleder zu Wernigerode und andern bestimmt wurden. Mir selbst fehlte es ebensosehr an Kenntniss als Hülfsmitten und Zeit, um an Ort und Stelle eme Prüfung der Pflan- zenformen vornehmen zu können. Ich muss mich daher begnügen, die Namen der bestimmten Arten, wie ich sie auf den Etiquettes bezeichnet fand, anzuführen : Calamites elongatus und approzimatus. Annularia fertilis. Neuropteris ovata, suberenulata, gigantea. Pecopteris chaerophylloides?, arborescens. Sphenophyllites saxifolium? Asterocarpus Sternbergü. Hhymenophyllites Humboldt:. Von Thierformen fand ich in den Kohlenschiefern bei Neustadt sehr zahlreie und in gut erhaltenen Exemplaren eine Anthracosia, jene Unio ähnliche Form. Dieselbe Form fand ich auch bei Zorge im Rothenschuss, in den sehr sandigen und zersetzten Schichten, die das Ausgehende des Steinkohlenflötzes daselbst be- zeichnen. II. Die hangenden Grandgesteine. Die hangenden Grandgesteine können nicht als eine vorwiegende Conglomerat- formation bezeichnet werden, wie das mit der vorigen Abtheilung geschah. Hier tritt der Charakter der Grandgesteine noch deutlicher hervor an dem häufigen Wech- sel der verschiedenartigsten Gesteinschichten. Eine vielfach wechselnde Folge von Sandsteinen, vom gröbsten Conglomerat bis zum feinkörniesten Sandstein, mit fast reinen Thonen und häufig auch mit mergelartigen Massen, die im reine, dünnge- schichtete Kalke übergehen, zeichnen diese Gesteine auch vor dem eigentlichen Rothliegenden aus. Dünne, plattenförmige Schichtung, die seltener bis zu 8“ Mäch- tigkeit anwächst, und eine mürbe, wenig Zusammenhalt bekundende Beschaffenheit sind diesen Gesteinen ebenfalls eigenthümlich. D — 11 — Das rothe Conglomerat dieser Abtheilung, welches das Hangende der Steinkohlenflötze ist, besteht aus Kieselschiefer in grauen, grünlich-grauen und röthlichen, jaspisartigen, sehr scharfkantigen Bruchsticken, so wie aus Quarzgeröl- len verschiedener Art. So frisch, wie sie mit den Schächten bei Neustadt durchsun- ken sind, haben diese, wenig Bindemittel besitzenden Gesteine eine bedeutende Festigkeit, so dass fast alle Geschiebe eher zersprengt werden, als dass sie sich aus der Grundmasse lösen. Wo man aber auf die Entblössungen in der Natur angewie- sen ist, findet man diese Gesteine weniger fest. Die Sandsteine, mit denen die Conglomerate wechsellagern, und in die sie zum Theil übergehen, sind plattenför- mig, von mittlerem Kern, selten von einer Farbe, in der Regel streifig, grün oder roth. Sie haben lockeres Ansehen. Die Quarzkörner brechen beim Zerschlagen nicht mit durch, sondern erscheinen in Körnern von Thon- und Kaolinsubstanz umhüllt. Dazu kommen noch grünliche,' röthliche und schwarze Flecken, die zu- sammengemischt und im einanderübergehend, das lockere Ansehen der Gesteine vergrössern. Als Zwischenlager finden sich dünne, meist hochroth gefärbte Thonlager ein, die mit der darüberliegenden Sandsteinbank so eng verbunden sind, dass sie sich von ihr nicht ablösen, wohl aber um so vollkommener von der darun- terliegenden. Die Conglomerate, wie wir sie in den obern Schichten dieser Abtheilung, be- sonders zwischen Sulzhayn, Zorge und Ellrich antreffen, erregen noch ein beson- deres Interesse dadurch, dass sie vielfach auch für Eruptionsgesteine gehalten wor- den sind. Ihre Aehnlichkeit mit den quarzführenden Porphyren ist allerdings nicht zu verkennen. In einer dichten, schmutzigrothen Grundmasse liegen Feldspath, Quarz und schwarzer Glimmer porphyrartig eingemengt. Der Feldspath ist schnee- weiss, nicht durchsichtig, 'zeigt noch deutlich seine vollkommene Spaltbarkeit, ist aber nicht in deutlichen Krystallen ausgebildet. Der Quarz ist rauchgrau, oft voll- kommen durchsichtig, fast nie rissig, sondern zeigt immer einen schönen, musch- ligen Bruch und vollkommenen Glasglanz. Der Glimmer ist in der Regel in sechs- seitigen Tafeln ausgeschieden, schwarz und lebhaft halbmetallisch glänzend. Den- noch ist dieses Gestein kein Porphyr, seine Grundmasse ist mehr erdig; der Feld- spath verflösst sich weder in dieselbe, noch ist er in deutlich begrenzten Krystallen ausgeschieden, sondern liegt in unregelmässigen Bruchstücken darin; ebenso ist der Quarz nur in scharfkantigen Splittern in der Grundmasse vorhanden, er bildet daher auf der Oberfläche wohl scharfbegrenzte Formen, aber es sind keine Umrisse von Krystallen zu bemerken. Dazu kommen noch Geschiebe von grünem und rothem Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 15 — HR .—— Thonschiefer, die sehr zahlreich in dem Gestein verbreitet sind. Der blassgrüne Thonschiefer namentlich ist sehr häufig, oft noch recht deutlich schiefrig und in flachen, länglichen, unregelmässig gerundeten Stücken. Gewöhnlich löst er sich mit scharfen Umrissen leicht aus der Grundmasse, die bandförmig um ihn herum gebleicht und fast weiss geworden ist. Auf den Höhen hinter Sulzhayn, am Wege nach Zorge, konnte man dieses Gestein in guten, frischen Stücken erhalten. Es wurde hier aus dem urbar zu machenden Acker ausgerodet. Die Entblössung war leider nicht der Art, dass man über die Schichtung ins Klare kommen konnte. Auf der ganzen Erstreckung des Rückens, der sich von der Staufenburg nach dem grossen Ehrenberg hinzieht, der Langenberg genannt, findet man ein körniges Gestein, bestehend aus ziemlich frischen, an der deutlichen Spaltbarkeit gut zu er- kennenden, weissen bis fleischrothen Feldspath, rauchgrauen Quarz und vereinzel- ten, oft in grossen Individuen ausgeschiedenen Glimmerschuppen. Der Feldspath, so frisch er mitunter ist, zeigt niemals Krystalle. Auch der Quarz, obgleich der Zusammenhalt des Gesteins nicht so bedeutend ist, dass nicht die einzelnen Kör- ner mit ihrer äussern Umgrenzung hervorträten, zeigt niemals Krystalle, sondern immer an den Kanten gerundete eckige Bruchstücke. Wohl aber finden sich kleine Drusen im Gestein, die mit langen, nadelförmigen, rauchbraunen Quarzkrystallen besetzt sind. Niemals fehlen die, oft noch recht frischen Thonschieferbrocken, wie oben beschrieben, selbst andere quarzige Gerölle finden sich ein, alle mit einem lichten Hof umgeben. Namentlich in dem zuerst beschriebenen Gesteine wird der Feldspath oft ganz in Kaolin verwandelt gefunden, und bildet matte weissliche Flecke; der Quarz zerspringt beim Zerschlagen nicht mehr mit durch, sondern steht mit seinen matten, etwas abgerollten Spitzen hervor oder hat seine Eindrücke zurück gelassen. Das Gestein ist vielfach zerklüftet und auf den Kluftflächen haben sich die schwarzen, schwach glänzenden Manganbeschläge eingefunden, so dass das Ge- stein eine schmutzig- violette Färbung angennmmen hat. Die wohl erhaltenen grü- nen Thonschieferbrocken lassen keinen Zweifel, dass man es mit den oben beschrie- benen Gesteinen zu thun hat. Diese Conglomerate trifft man auf allen Höhen westlich der von mir angegebenen Porphyrgrenze bis zu dem Thale der Wieda an, und der Langeberg südlich von dem Dorfe Wieda, mit seinem Achatflötz, be- steht aus demselben Gestein. Dieses Achatflötz ist nichts Auffallendes und ander- wärts, sowohl im Rothliegenden als im Grandgestein, sind solche Achat- und Car- neolflötze bekannt. So besonders ausgezeichnet in der Nähe von Schloss Mansfeld, — 13 — links am Wege von Bendorf her, wo in früherer Zeit ein Bergbau darauf getrieben wurde, und beim Dorfe Mücheln, unweit Wettin. Solche Conglomerate finden sich auch noch deutlich geschichtet in dem Höhen- zuge zwischen Ellrich und Sulzhayn in verschiedenen Hohlwegen entblösst, so be- sonders im Hauptwege. Sie sind hier sehr zerklüftet und fast faserig geworden, in- dem die vielfach sich kreuzenden Klüfte mit seiner Thonmasse ausgefüllt sind. Dasselbe Gestein steht bei Werna in dem Wege, der östlich vom Dorfe nach dem Appenröder Bache führt, mit dinngeschichteten Grandgesteinen ‚wechselnd. Deutliche Bruchstücke von dichtem oder körnigem Melaphyr in diesem Grandeonglo- merat habe ich nirgends gefunden, ähnlich wie man die Leimbacher Melaphyre, erkennbar an den verwitterten Augitkrystallen, in mehr oder weniger scharf begrenz- ten Sticken, in dem groben Rothliegenden-ÜConglomerat bei Neckendorf unweit Eis- leben, im gewissen Bänken antriff. Auch habe ich mich nicht bis zur Gewissheit überzeugen können, ob in den Sulzhayner und Wernaer Conglomeraten Bruchstücke von tiefer liegenden Granden zu finden sind; obgleich ich mehrere Stücke besitze, an denen dies scheinbar der Fall ist. Es fehlt die scharfe Begrenzung, die frag- lichen Geschiebe lösen sich nicht heraus; obgleich sie sich durch eine hellere Farbe von dem übrigen Gestein absondern, und enthalten dieselben Thonschieferbrocken wie die umgebenden Massen. Die verwitterten Feldspathmassen , die zum Theil die lockere Einbettung der andern Gerölle ausmachen und zum andern Theil jene dünn- geschichteten, gefleckten Sandsteine, legen einen innigen Zusammenhang der Bildung dieser Gesteine mit der Zertrimmerung unserer Porphyre und Melaphyre sehr nahe. An diese Sandsteine und Conglomerate möchte ich noch eine quarzitähnliche Abänderung anschliessen, wie man sie zuweilen antrifft; so am Aschufer bei Ilfeld, oder zwischen Königerode und Ilfeld, oder am Rothenschuss bei Zorge. Das Ge- stein ist durch und durch quarzig und in ihm erkennt man deutlich Quarzflitter. Glimmerschüppchen sind vielfach eingesprengt, so wie auch röthlich - gelbe Puncte von wahrschemlich verwittertem Feldspath. Mit den oben erwähnten Gesteinen wechsellagern sehr eigenthiml’che Thon- lager von meist lebhaften Farben, rotlı, violett, weiss. Sie sind theils sandige, theils reine Thone, in denen man selbst zwischen den Zähnen keine Sandkörnchen bemerkt; theils aber werden sie auch merglig, indem sich ein geringer Kalkgehalt einfindet. Dies letztere ist seltener der Fall, daher brausen die meisten Abänderun- gen gar nicht mit Säure. Sie haben meist einen unebenen, bisweilen flachmusch- ligen Bruch, ein erdiges Ansehen, werden aber sehr dicht und jaspisartig, be- 15* — 114 — kommen einen vollkommenen, flachmuschligen Bruch und sind dann an den schar- fen Kanten schwach durchscheinend. So finden sie sich besonders ausgezeichnet, wenn man von Sulzhayn nach dem grossen Ehrenberge geht. Diese Steine sind oft zierlich gefleckt. In einer hochrothen oder violetten Grundmasse sieht man voll- kommen kreisrunde Flecke von grünlich-weisser Farbe, denen ein weniger erdiges Ansehen eigen zu sein scheint. Diese Flecke sind oft über erbsengross und oft nur feine helle Puncte. Zimmermann sagt von diesem Gestein (p. 141. a. O.): „An an- dern Puncten, wie bei Neustadt, wird dieses Gestein sandig und nimmt runde Mandeln, wahrscheinlich wie Feldspath auf.“ Mir scheint es, als ob diese Flecke durch eine Entfärbung von einem Kerne aus herrührte; denn man beobachtet einen centrischen Punet, der zuweilen bräunlich-gelb gefärbt is. Aber auch rothe Flecken in einem fast weissen, sandig-thonigen Gesteine findet man nördlich von Sulzhayn an einem verlassenen Steinkohlenschurf. ‚Doch bekunden diese Flecke eine andere Entstehungsweise. Denn dieselben lösen sich als rundliche Körner aus der Grundmasse, stehen hervor oder lassen ihre Eindrücke zurück. Etwas Aehn- liches konnte ich bei der erstgenannten Abänderung nicht wahrnehmen. Diese Thonsteine sind sehr verbreitet und leicht zu verfolgen; sie bilden krummschalige Massen, die da, wo sie anstehen, den ganzen Boden bedecken; so besonders im Rothenschuss bei Zorge. Der Kalk, welcher im Wechsellagerung mit diesen zuletzt beschzichau Ge- steinen vorkommt, ist meist roth und röthlich-weiss, doch auch dunkelgrau, nie körnig, selten dünnschiefrig (der graue), sondern meist nur in Knauern und Wül- sten als Zwischenlagen ausgeschieden. Die dichtern, schwärzlich-grauen Kalke sind flachmuschlig und splittrig im Bruche. Alle brausen sehr lebhaft mit Säure und sind mehr oder weniger kieselhaltig. Auch diese obern Grande sind nicht leer von organischen Resten. Es sind mir nur Pflanzenformen aufgestossen. So haben wir bei Wiegersdorf in den dichten Thonsteinen am Wege nach dem Hufhause mehrfach Calamitenreste gefunden. Auch hat man bei Wieda Pflanzenreste in diesem Thonstein bemerkt. — Lagerungsverhältnisse. A. Verbreitung der Grandgesteine. I. Grandgesteine am Rande der Melaphyre. Mit wenig Unterbrechung zieht sich am Ost- und Nordrande unseres Terrains ein schmaler Streifen Grandgestein entlang, zungenförmig in einige Thäler hinein- reichend. Diese Hauptausdehnung ist zugleich durch das Auftreten der Steinkohlen führenden Schichten charakterisirt. Siüdöstlich von der Ebersburg legt sich das- selbe mit einem Streichen von k 10, und südlichem Fallen an das ältere, Harzge- birge an. Es fällt somit dem Melaphyrporphyr zu. Das Grandgestein zieht sich nun östlich von der Burg in nördlicher Richtung entlang. Auf diesen Höhen hatte ich Gelegenheit das Streichen der Schichten mit % 12 und westlichem Fallen von 15° zu bestimmen. Am linken Ufer der Thiera fehlt alsdann, nördlich vom Mela- phyr des Leimberges, das Grandgestein, welches sich in einer schmalen Zunge zwi- schen den Gesteinen der Ebersburg und des letzterwähnten Berges wieder anlegt und sich von hier in das Thal südlich vom Vaterstein hineinzieht. Dieser Theil ist bergmännisch aufgeschlossen durch einen‘ alten Steinkohlenbergbau. Nach Angabe des Steigers ist das Hauptstreichen des Flötzes k 6—7 mit 15—18° südlichem Fallen. Nach meinen eigenen Beobachtungen streichen im Thale die hangenden Schichten Ak 9—10, das Liegende aber in der Höhe % 7, und nach: einer zweiten Beobachtung R 10 mit mässigem südlichen Fallen. Flötzsprünge und Verwerfungen gehören nicht zu den Seltenheiten, sie sind alle in dem mittleren Streichen des Stein- kohlenflötzes beobachtet. Dieser Sidabhang des Vatersteins, an dem sich die Sedi- mentgesteine hoch hinauf ziehen, ist der einzige Punct, an dem ohne Zweifel der Porphyr das Liegende der Steinkohlen bildet. Nach Neustadt zu wird dieses Thal sehr eng, die Porphyrfelsen bilden hier einen förmlichen Pass, ‘welchen man die Schweiz genannt hat, ein Name, den auch Fr. Hofmann erwähnt. Auch der Nordabfall des Vaterstems und der Fuss des Hohnsteins wird vom Grandgestein eingenommen. Der erstere hat flache Böschungen, an welchen auf- wärts sich die Grande wiederum hoch hinaufziehen, während der bedeutend niedri- gere Hohnstein auf derselben Seite äusserst schroffe, fast senkrechte Thalwände bil- det. Die ganzen Vorhöhen des Poppenberges, die sich als deutliche Terrasse ab- grenzen, werden von demselben Gesteine eingenommen, welches hier bedeutend nach Westen zurückspringt und sich als schmales Band an der Ostseite dieses höch- sten Berges auf das ältere Harzgebirge auflegt. Am Fusse des Poppenberges, dem — 146 — Hohnstein gegenüber, nahm ich das Streichen der Grande an verschiedenen Puneten mit h 9.,h 9. 2., h 9. 6. und h 10. mit regelmässigem südlichen Fallen ab. Am Nordrand desselben Berges zieht sich das Grandgestein als schmaler Streifen nord- westwärts weiter. Trotz dieser geringen Ausdehnung ist hier gegenwärtig der wich- tigste Abbau des Steinkohlenflötzes im Umtriebe. Man erstaunt, so hoch über der Thalsohle in einem schmalen Nordsaume des Poppenberges einen so ausgedehnten Bergbau, als es die geringe Mächtigkeit des Steinkohlenflötzes nur erlaubt, zu fin- den. Die rechten Gehänge des Brandesthales entblössen deutlich das ältere Harzge- birge, welches sogar an der ersten Theilung dieses Thales auf das linke Ufer über- greift; die kurzzackigen Felsen am Rande des Poppenberges bildet der Melaphyr und das Steinkohlenflötz mit semem Hangenden und Liegenden zieht sich hart unter jenen Felsen entlang, thalabwärts sich mehr und mehr der Sohle nähernd. Dem entsprechend ist das Hauptstreichen des Flötzes ein weniges nördlicher als das des Thales, es ist h 10. 3. bei einem Fallen von 15—18° südlich. Diesen eigenthüm- lichen Verhältnissen ist es zu danken, dass man einen so ausgedehnten und beaue- men Bau überhaupt führen konnte. Denn das Auftreten der }Melaphyre erlaubte hier eine Ausdehnung desselben im Streichen des Flötzes. Beachtenswerthe Störun- gen "in seiner Lagerung hat dasselbe nicht erfahren; ich selbst konnte nur eine flötzbergähnliche Biegung beobachten. Dieses Grubenfeld ist von der Eigenlöhner- grube, welche sich am Eingang in das Behrethal unter dem Rabenstein befindet, vollständig getrennt. Der Melaphyr schneidet in der Gegend, wo der einzige Zu- fluss von rechts dem Brandesbach zukommt, das Steinkohlenflötz mit seinen beglei- tenden Schichten ab, indem sich derselbe an das hier ebenfalls aufs linke Ufer tre- tende ältere Harzgebirge legt. Unsere Gesteine, die äusserste Spitze des Bergrückens, welcher in der grossen Gabelung des Behrethales liegt, bildend, ziehen sich von hier aus in gleicher Weise am Nordrande des Netzberges entlang, bis sie nördlich vom Rothenschuss vom körmigen Porphyr abgeschnitten werden, der hier das ältere Harzgebirge, welches den ganzen Höhenzug bildet, auf dem die Viereichen liegen, unmittelbar berührt. Das Fuhrbachthal verzweigt sich nach Nordosten zu in eine Menge kleiner Thäler und bildet so eine kesselartige Weitung, deren flacher Nord- abhang in auffallendem Gegensatze zu dem steilen Porphyrfelsen des Süd- und West- randes steht. Ganz unter denselben Verhältnissen wie am Poppenberge, trifft man auch hier die Grandgesteme an. Sie ziehen sich an dem steilen Nordgehänge des Giersberges als schmales Band entlang und wenden sich nun, um weniges sich verbreiternd, — 11 — nordwärts nach Rothesütte zu. Von hier bis in das Kunzenthal bleiben sie dann ebenfalls auf einen schmalen Strich der nördlichen Seite der Porphyrberge be- schränkt, und nur ausnahmsweise reichen sie in die zwei Endthäler der Sulze als Zungen tiefer hinein. Auch am nördlichen und westlichen Abfall des grossen Eh- renberges nehmen "die Grandgesteine, deren steinkohlenführende Schichten schon seit Anfang dieses Jahrhunderts Bergbau veranlassten, welcher im den letzten Jah- ren von Neuem aufgenommen wurde, so charakteristisch nur den äussersten Rand des mächtigen Berges ein. Was das Streichen dieser Schichten anbetrifft, so ändert sich dasselbe sehr unwesentlich. Am Eingange des ersten Sulzhayner Thals nahm ich es mit h 9' berg führt, unweit der Stelle, an der derselbe sich gabelt, fand ich ein Streichen ‚ und 10—15° südlich ab; am Wege, der über den grossen Ehren- von % 10', mit isüdlichem Fallen. Auch soll, nach Angabe des Steigers, in dem Versuchssteinkohlenbau des Kunzenthales das Flötz übereinstimmend mit dem des Poppenbergs streichen, also eirca » 10. mit 15—18° südlichem Fallen. Von der westlichsten Spitze des grossen Ehrenberges an zieht sich nun die Grenze zwischen dem Grandgestein und dem Porphyr plötzlich und höchst auffal- lend in südsidöstlicher Richtung nach Sulzhayn zu. Westlich dieser Linie trifft man bis zum Thale der Wieda an keinem einzigen Puncte Porphyr an. Wohl aber begegnet man in dieser weiten Erstreckung sehr häufig jenen so ausgezeichne- ten Grandgesteinen, die durch ihre Aehnlichkeit mit quarzführendem Porphyr bisher so sehr verkannt ‚wurden. Vom Ehrenberge zieht sich die Grenze des Grandge- steins ziemlich im Wege nach Sulzhayn entlang bis an den Westabhang des Spi- tzenbergs, dessen südlichen Abfall es einnimmt, springt nun in das kleine Seitenthal und tritt hart an der Kirche des Dorfes auf das rechte Ufer des Baches. Nahe un- ter Sulzhayn aber erweitert sich das durch diesen letzten Porphyrdurchbruch sehr verengte Thal nach Werna hin, bei welcher Weitung sich der Porphyr gänzlich auf das linke Ufer der Sulze zurück zieht. Zwischen der Sulze und dem Appen- röder Bach liegt ein schmaler Rücken, über dem sich die weitere Grenze oberhalb Werna weg und am linken Nordabhange des schroffen Ufers dieses Baches, bis an die äussersten Häuser von Appenrode zieht. Gegen das ältere Harzgebirge hin läuft die Grenze der Grandgesteine, von der Spitze des Ehrenberges aus, in südwestlicher Richtung ohne Unterbrechung bis zum Thale der Wieda. Zunächst parallel dem engen Thale, welches auf der Karte ebenfalls der Rotheschuss benannt ist, geht sie südlich an der Staufenburg vorbei und erreicht in der Nähe der Mittelhütte das Thal der Zorge. Weiter nach Westen ale — markirt sich die Grenze ebenfalls durch eine Einsenkung, welche die Ausläufer des Eichelberges und den Langenberg von dem Harzgebirge abtrennt. Die Grenze des Zechsteins geht in fast genau westöstlicher Richtung von Walkenried bis nach Appenrode, überall sich mit seinem unmittelbaren Liegenden, dem Weissliegenden, auf die mächtigen Grandgesteine auflegend. Was das Streichen und Fallen der Grandgesteine in dieser eben umschriebenen Bucht anlangt, so findet man hier eine grosse Uebereinstimmung mit den Verhält- nissen nördlich von den Melaphyren. In dem sich von Sulzhayn nach Westen er- streckenden Thale fand ich allerdings } 8. mit 5— 10° und A 7. mit 40—-45 süd.; aber auf dem Rücken, der dieses Thal nach Südwesten begrenzt, am Wege entlang, der von Werna nach Zorge führt, beobachtete ich ein Streichen von ah 9—10. mit 15— 20°, A 9. mit 10—15° und A 8—9. mit 10° Fallen nach Süden. In dem Thale südöstlich von Zorge (Rotheschuss) nahm ich das Streichen von rothen und violetten Schichten mit A 5—6. und 30° südlichem Fallen ab. Dieses Thal wird nach dem grossen Ehrenberge zu sehr eng und em schwaches Gewässer hat sich tief in die Grandgesteine eingeschnitten. Hier fand ich, fast ziemlich in der Bach- sohle, auf einem Raum von wenigen Fussen, das Steinkohlenflötz entblösst, mit einem südlichen Fallen und circa in % 8. streichend. Noch weiter aufwärts in die- ser Schlucht vordringend,' nahm ich A 5. mit 25— 30° süd. ab; eine Conglomerat- bank schien mir sogar h 9'|, zu streichen bei einem nördlichen Fallen von 20°. Auf der südöstlichen Erstreckung der besprochenen Bucht konnte ich nur bei Werna ein Streichen von h 9. mit südlichem Fallen entnehmen. Von Königerode bis zu unserem östlichsten Ausgangspunct tritt auffallender Weise nirgends die geringste Spur von Grandgestein zwischen das Weissliegende des Zechsteins und den Porphyr, eine Thatsache, die um so auffallender ist, da man, von Westen her kommend, eben die mächtigste Ausdehnung der Grandge- steine überschritten hat. Der Zechstein streicht von hier ab ganz analog den Grand- gesteinen in h 9—10. mit 10—15° südlichem Fallen. Nur in einem schmalen Thale zwischen den Porphyrkuppen östlich von Neustadt und dem Hohnstein lagern sich die Grandgesteine mit einem Streichen von A 9. 3. und einem Fallen von 25° nach Süden. Mit wenig Ausnahmen finden wir also auf der ganzen Umgrenzung der Melaphyre die Grandgesteine mit dem gemeinsamen Streichen! von 8', bis 10. und südlichem Fallen. — 19 — I. Auftreten der Grandgesteine im Innern des Melaphyrterrains. Innerhalb dieses ringsum durch Sedimentgesteine begrenzten Melaphyrterrains findet man die Grandgesteine nur in einzelnen Kesselthälern, die, von schroffen Porphyrbergen eingeschlossen, in wenig tiefe, in der Regel nach Norden gerichtete Schluchten auslaufen und durch ein Hauptthal nach Süden geöffnet sind. In diesen engen Schluchten, Wasserrissen ähnlicher als Thälern, sieht man nun an den tief- sten Puncten, halb versteckt unter den schroffen Porphyrwänden, das Grandgestein in ganz verschiedener Lagerung von den eben betrachteten Puneten. Mir sind drei solcher Kessel bekannt geworden und ich kann behaupten, es sind das die einzigen. Von Osten nach Westen gehend, findet sich der erste dieser Kessel nordöstlich von Wiegersdorf, am Fusse des Kaulbergs und des Bielsteins im sogenannten Gottes- thale, ein wichtiger Punct für das Lagerungsverhältniss des Grandgesteins zum Por- phyr, wie wir weiter unten schen werden. An verschiedenen Puncten habe ich fol- gende Beobachtungen gemacht: % 10", mit 10° nach Süd, A 3. mit südlichem Fal- len, A 4. und A 5. mit südlichem Fallen, Ak 3—4. mit 30° Ost, sogar % 4. mit schwachem, nördlichen Fallen, und an einer Contaktstelle des Porphyrs und’ des Grandsteins strich das letztere in % 1!, mit 15° westlichem Fallen. Das zweite Kes- selthal trifft man nördlich von Ilfeld in dem westöstlichen Seitenthale der Behre, das etwas unterhalb der Holzwaarenfabrik mündet. Hier beobachtete ich ein Strei- chen von h 4. und 30° Süd, h 5. und h 8. mit fast senkrechtem Fallen nach Süd. Der grösste und ausgezeichnetste Kessel befindet sich oberhalb Sulzhayn. Hier fand ich die Schichtungen theils in A 4, mit 15° Süd, theils in % 4. mit 15° Süd, so wie in a 12. mit 5° westlichem Fallen streichend. Aus Allem lässt sich ersehen, wie wechselnd das Streichen und Fallen in diesen Puncten ist, ganz abweichend von der grossen Uebereinstimmung, welche am Nord-, Süd-, Ost- und Westrande der Porphyre angetroffen wird. II. Lagerung der Grandgesteine. Der innige Zusammenhang der liegenden und hangenden Grandschichten ist nirgends so deutlich und auf eine so weite Erstreckung entblösst, als bei Neustadt. Wenn man von hier den Weg nach Stollberg einschlägt, so überschreitet man kurz hinter den ersten Porphyrkuppen, an die westwärts die Stadt gelehnt ist, den ersten Streifen Grandgestein, das im Wege entblösst ist. Hier steht zunächst. em grün- Abh, d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 16 — 10 — licher Sandstein an, der auf einem zerreiblichen rothen Sandstein mit verwitterten Feldspathtüpfeln liegt, beide sind durch eine feine Thonlage geschieden, die in der Regel fest an der ersten Sandsteinlage mit anhaftet. Nach dem Liegenden hin folgt nun ein Conglomerat, aus jaspisähnlichen Geschieben zusammengesetzt, von vorwaltend grüner Farbe, dann ein dichter Thonstein, roth mit hellen, runden Flecken. Unter diesem charakteristischen Gesteine liegt wiederum eine rothe, let- tige Schicht mit grünlichen Puncten, dazwischen grünlich - blaue Lettenstreifen. Alsdann folgt eine compacte, glimmerreiche, röthlich - weisse Sandsteinlage, ziem- lich mächtig. Kurz vor dem Porphyr steht eine mehrere Zoll starke Sandsteinbank im Wege an, die das Streichen von h 9. 3. hat und zwischen welcher und der letzten glimmerreichen Lage eine Lettenschicht zu beobachten ist. Von hier, sich zunächst über einen niedrigen Porphyrwall erhebend, windet sieh der Weg auf einige hundert Schritt durch eine schmale und tiefe Schlucht, die den vorlie- genden Porphyrrücken der Heinrichsburg durchbrechend, die sogenannte Schweiz bildet. Hinter dieser Schlucht fällt jedem zunächst eine Halde auf, die unmittelbar an den schroffen Porphyrfelsen gelehnt ist. Auf derselben findet man alle Abände- rungen der eben berührten Grandgesteine, vom Letten bis zum groben Conglomerat mit Kieselschieferbrocken. So eng das untere Thal ist, durch das der Weg führt, und so schroff die aus Porphyr bestehenden Wände sind, man schreitet dennoch vom Hangender zum Liegenden über sehr regelmässig geschichtete Grandgesteine. Und zwar hat man wieder zunächst einen zerreiblichen, lettigen Sandstein, ein grünliches Conglomerat, dann jene blattersteinartige, thonige Schicht, dann ein sehr festes, rothes Conglomerat mit Kieselschieferbrocken, dann einen schiefrigen, rothen Sandstein mit einem Streichen von % 9. 3., dann wiederum ein rothes Conglomerat, hierauf Schieferthon und Steinkohle, ohne dass die regelmässige Uebereinanderlage- rung irgendwie unterbrochen würde. Man ist so an eine Erweiterung des Thales gekommen, die durch die flacheren Gehänge der nordöstlichen und östlichen Thal- ufer gebildet wird. Von hier aus’schreitet man an diesen Gehängen aufwärts über das Liegende der Steinkohlen, das durch zahlreiche Schluchten und Wasserrisse entblösst ist. Es findet sich zunächst ein Schieferthon von mehreren Zollen Mäch- tigkeit, dann ein feiner, grauer Sandstein, der allmälig in ein graues Conglomerat übergeht, das sehr grosse und eckige Geschiebe von Kieselschiefer, Jaspismassen und Brauneisensteinwulsten enthält und sehr mächtig ist. Dieses Gestein, welches auch hier mit Lettenschichten wechselt, wird nach der Höhe zu roth und geht aus einem groben Conglomerat in einen feinkörmnigen, rothen Sandstein über, der ver- 2 re. u ie — 12, — witterten Feldspath enthält. An der Stelle, wo man nach Westen einen freien Blick über den Poppenberg erlangt, legen sich diese untersten Grandgesteine auf die Grauwacke auf. Schlägt man von Sulzhayn den directen Weg nach Rothesütte ein durch das Thal, das nördlich nach dem letztern Dorfe sich erstreckt, so trifft man bei der mehrfachen Verzweigung dieses Thales hinter dem Porphyr die ersten Grandgesteine an. Die ersten Schichten sind hier ein grobes Conglomerat von rother Farbe und mit eckigen Bruchstücken, wie man es im Wege anstehend hat. In der Bachsohle aber erreicht man aufwärts auf dem linken Ufer eine steile Wand, an der die Grand- gesteine in ziemlicher Mächtigkeit entblösst sind. Sie bestehen hier aus weisslich- violettem Thonstein mit rothen Flecken. Man hat an dieser Stelle nach Steinkoh- len geschürft, wie die Reste eines weggerissenen Gebäudes zeigen. Weiter aufwärts trifft man wiederum im Bache auf überhängende Bänke von feinem, plattenförmigen Sandstein, unter dem ein grobes Conglomerat ansteht, Dann verengt sich das Thal, die Porphyre, welche immer die obersten Thalwände bilden, treten näher zusam- men, schränken das Grandgestein enger ein, so dass man endlich kaum noch aus- machen kann, ob man in der Bachsohle noch Grand hat. Ja es scheint auf eine kurze Strecke der Porphyr wirklich dasselbe abzuschneiden. Ueber dieser Stelle trifft man in der Sohle des Baches wieder eine aus eckigen Bruchstücken von schwarzem Kieselschiefer und Quarz zusammengesetztes, mit schwarzen Flecken, die sich in die griine Farbe verflössen, versehenes Conglomerat an, welches sich auch in das östliche kleine Seitenthal hineinzieht. Das Grandgestein hat ein sehr quarz- reiches, festes, splitteriges Bindemittel und diese Conglomerate gehören ohne Zwei- fel dem Liegenden der Steinkohlen an. Hätte man sich aber von unserm Ausgangs- puncte fast östlich gewendet, den Weg entlang, der nach dem sogenannten Klinz führt, so würde man ein sehr grobes Conglomerat mit feinem Sandstein und Thon abwechselnd, und Bänke von 8' bildend, angetroffen haben. Auf diese folgen fein- sandige Grande, die mit thonigen Lagen von 1—2' Mächtigkeit wechseln, dann wieder feinsandige Thonmassen grünlich gefleckt und mit Conglomeratschichten wechselnd, über die sich immer häufiger Porphyrgerölle lagern. Ehe man dann die Höhe des Rückens erreicht, befindet man sich schon auf kömigem Porphyr, der deutliche Granaten in sich einschliesst. — An der ganzen nördlichen Grenze unseres Gebietes kann man über Tage keine deutliche Auflagerung der jüngern Grandgesteine auf die steinkohlenführenden Schichten beobachten; jedoch habe ich an dem nördlichen Abhange des Giersberges dieselben in einem sehr aufgelösten 16* — MM — Zustande gefunden, und am Eingange in das Kunzenthal steht ein Schachtabteufen auf Steinkohle im Umtriebe, mit dem man nach 12 Lehtr. Porphyr noch 14 Lchtr. Grandgestein zu durchsinken haben wird, um auf die Steinkohlen zu gelangen. Leider war man noch im Porphyr bei meiner Anwesenheit im vorigen Herbste. In dem sich nach Nordwesten ausdehnenden Thale von Sulzhayn findet man nur die hangenden Schichten der ganzen Formation. In der Bachsohle, entlang der Häuserreihe, und in den Hohlwegen nach Ellrich zu steht ein grünlich - blaues oder röthliches, thonig-lettiges Grandgestein an, dünn geschichtet, jedoch in den Schichten kuglige und linsenförmige Absonderungen führend. Es wechselt mit fe- stern, feinen Sandsteinbänken ab, die an mehrern Puncten an der obern und untern Schichtfläche etwas porös sind und stellenweise hellgrünliche Flecken haben. Strei- chen h 9., Fallen 10—15° nach Süd. An den letzten Häusern des Dorfes steht ein grauer und röthlicher Kalk an mit % 8. und 10° Süd, dessen Liegendes ziegel- rothe Grandgesteine bilden. ‚Ueberschreitet man hier in nördlicher Richtung den vorliegenden Rücken, so findet man dort schwächere und stärkere Lagen von Grand- gesteinen mit A 9. und 40° (Süd anstehend, die anscheinend Kalknieren führen. Weiter im Bache aufwärts gehend trifft man thonig-lettige Massen, in denen wie- der rothe Kalke anscheinend in Knoten ausgeschieden sind; aufwärts stehen dann feine, weisse Mergel, grüne und rothe Thone und Sande an. Man hat hier eine grosse Abwechslung von rein thonigen und mergelig-sandigen Schichten theils in dicken Bänken von 2—6“, theils in feiner, unregelmässig lettiger Schieferung, braun, roth, gelb gefärbt, mitunter auch gefleckt. Erhebt man sich aus dem Thale nach der Porphyrgrenze zu, so trifft man auf meist dichte, rothe oder röthlich- graue, jaspisartige T’hongesteine mit verschieden roth, violett und schön hochroth gefärbten thonigen Grandgesteinen wechselnd. Aber wendet man sich südlich oder westlich und nordwestlich aus dem Thale nach den einschliessenden Höhen hinauf, so trifft man jene ausgezeichneten Conglomerate an, südlich das porphyrartige Con- glomerat, welches ein flassriges Gefüge annimmt, nordwestlich das Conglomerat, dessen Aehnlichkeit mit dem quarzführenden Porphyren wir hervorhoben. Steigt man östlich von der Staufenburg in das Thal am Rothenschuss bei Zorge hinunter, so findet man in der Bachsohle am Eingange des einzigen Seiten- thälchens von Norden her ein Grandgestein anstehend, in dessen serpentinartiger grüner Grundmasse vereinzelte Kieselschieferbrocken zerstreut sind. In diesem Thale aufwärts steht ein lettiges, roth und blaues Gestein an, das sich mit diehten rothen Thonen auf das ältere Harzgebirge auflegt. Die Sohle des Hauptthales wird von — 13 — feinen, hochrothen Sandsteinen eingenommen. Diese Gesteine correspondiren mit den dichten rothen, auch fast weissen und grünlichen, sandig-thonigen Gesteinen, welche mit schön roth gefärbtem Letten wechelnd im Zorgethale unterhalb der Mit- telhütte, wo die linken Gehänge wieder mehr an den Bach herantreten, anstehen. Beim weitern Verfolgen des Weges im Rothenschuss aber findet man wieder jenes blatterartig gefleckte Grandgestein in grossen, schaligen Massen den Rücken be- deckend, den man nun überschreitet. Im Bache trifft man auf der entsprechenden Stelle deutlich geschichtetes, serpentinartiges Grandgestein an, in sehr zerklüfteten Bänken zwischen verschieden blau, grün und roth gefärbten Letten liegend. Im Wege aufwärts erreicht man jenes sehr grobe Conglomerat, was wir als Liegendes der Steinkohlen kennen. Und wirklich trifft man in der Bachsohle einen schwar- zen Schieferthon mit kohligen Anflügen und Farrenkrautabdrücken und einen sehr thonigen Sandstein mit Calamiten. Weiter im Bache aufwärts folgen nun Conglo- merate, jaspisartige Schichten mit rothen und grünen Flecken, selbst grobe Con- glomerate mit jaspisartiger Grundmasse. Ich möchte schliesslich noch darauf aufmerksam machen, dass sich in der Verbreitung des blatterartig gefleckten Grandgesteins eine grosse Uebereinstimmung mit dem allgemeinen Streichen der bisher besprochenen Schichtenfolge zeigt. Denn überblickt man auf der Karte die absichtlich hervorgehobenen Puncte, so liegen sie fast genau in einer Linie, die in A 9. von Südost nach Nordwest streicht. IV. Mächtigkeit der Grandgesteine. Vergleicht man das, was über die Oberflächenverhältnisse gesagt wurde, mit den obigen Betrachtungen, so wird man sich leicht einen Begriff machen können, eine wie bedeutende Mächtigkeit im westlichen Theile unseres Terrains die Grand- gesteine erlangt haben. Directe Untersuchungen hat man nördlich von Ellrich mit einem Bohrloch gemacht, welches man bei 80,55 Lehtr. — 537’, ohne Steinkohle erreicht zu haben, verlassen hat. Aber auch im östlichen Theile des Gebietes hat man die bedeutende Mächtigkeit der hangenden Grande erfahren müssen. So ist am nördlichen Abhange des Vatersteins ein Bohrloch bei circa 25 Lehtr. Teufe im Grandgestein verlassen. In der Nähe des Amtshofes zu Neustadt hat man sogar 431, Lehtr. im Grandgestein gebohrt. In den Poppenberger Gruben erwähnten wir schon eines Bohrlochs im Liegenden der Kohle von 18°|, Lehtr. ohne die Grandge- steine durchsunken zu haben. Die hier durchsunkenen Schichten trafen wir am westlichen Theile in den tiefsten Thaleinschnitten auf schmale Erstreckung entblösst, während die hohen Bergrücken, die mit zu den höchsten Erhebungen des ganzen Gebietes zählen, nur aus Grandgesteinen bestehen. Der Herr Markscheider Brathuhn berechnet nach dem von ihm ausgeführten Nivellement die muthmassliche Tiefe des Bohrloches bei Ellrich, sollten die Steinkohlen erreicht werden, zu 2760 Fuss. V. Auflagerung der Grandgesteine auf die Grauwacke des Harzes. Wir haben schon in der Petrographie ein besonderes Gewicht auf den cha- rakteristichen Unterschied zwischen unsern Grandgesteinen und den Grauwacken des ältern Harzes gelegt und gesehen, dass sich zwar diese Conglomerate an einigen Puncten sehr nahe an jene ältern Gesteine anschliessen, zumal wenn letztere von Aussen nach Innen durch Eisenoxyd roth gefärbt wurden, dass sich aber dennoch jene im Verein mit den so eigenthümlichen Zwischenlagen stets mit der positivsten Gewissheit von dem flötzleeren Sandstein unterscheiden. Die eigenthümlichen Ter- rainverhältnisse zeigen die Grenzen beider Formationen fast nie deutlich entblösst, doch hoffen wir im Folgenden die abweichende Lagerung gegen einander genügend nachweisen zu können. Bei der Begehung der Gesteinsgrenzen habe ich oft gestaunt, theils über den innigen Anschluss derselben an die Öberflächenverhältnisse, theils aber über die fast gesetzmässig wiederkehrenden Ausnahmen von dieser Regel. Die Grenze läuft nämlich stets in mehr oder weniger deutlich ausgesprochenen Thälern entlang. Bei Biegungen und Ecken, die dieselben zeigen, tritt das ältere Harzgebirge sehr gern auf die Seite des Grandgesteins, jene Ecken und Vorsprünge constituirend. Eine solche Ecke finden wir im Brandesthale zuerst oberhalb, dann nicht weit von der Mündung ins Behrethal. Wir finden ferner solche Ecken am Kunzenthale und süd- lich von der Staufenburg sehr deutlich. Das leicht zerstörbare Grandgestein ist stets mit einer gedrängten Vegetation bedeckt, während an den kahlen Wänden des Flötzleeren eine Decke von losen Gesteingeröllen in meist parallelepipedischer Form hängt. Wo die Scheidung beider Gesteine weniger markirt ist, ist ihr Verhalten ebenso charakteristisch, als erschwe- rend für die genaue Fixirung der Grenze. Der ältere Sandstein ist in diesen Stri- chen von Aussen nach Innen roth gefärbt, das Grandgestein hingegen lässt sich an solchen Stellen nur durch das Kieselschiefereonglomerat erkennen, welches jeden Zusammenhang verloren hat und dessen Geschiebe sich nun auf weite Erstreckun- — 15 — gen auf einem plateauähnlichen Terrain zerstreut finden. Es hat mir scheinen wol- len, als wenn diese Geröllmassen die Unebenheiten des Meeresbodens ausgeglichen hätten; denn der Wechsel dieses Gesteins mit unzweifelhaft älterem Sandstein ist immer ein äusserst überraschender. Besonders ausgesprochen findet man diese Ver- hältnisse auf der Hochfläche zwischen den Poppenberger Höhen und dem Hufhause, so wie südöstlich von Rothesütte und östlich der Ebersburg. Die Puncte, an denen man Gelegenheit hat, Streichen und Fallen vom älteren Sandstein zu nehmen, lie- gen daher immer etwas fern von den Stellen, an denen man die Lagerung der Grandgesteine beobachten kann. Sidöstlich von der Ebersburg erleidet das Thal der Thiera eine Einengung durch einen von Nordosten herkommenden Rücken des ältern Harzgebirges, an des- sen nordwestlichem Abhange das Grandgestein in % 10'|, mit südlichem Fallen sich anlegt. Am rechten Ufer des Baches bildet hier der Thonschiefer einen Vorsprung, Die den jüngern Ablagerungen zugekehrten Schichten streichen % 11. mit 20° nach West, in der Mitte aber fanden wir ein Streichen von Ah 7. mit 10° Süd und auf der andern Seite A 10. mit südlichem Fallen. Im Wege vom Iberge nach Her- mannsacker strich der Thonschieferr A 8—9. mit bedeutendem südlichen Fallen. Oberhalb der Ebersburg bildet die T’hiera im ältern Sandstein ein enges von schrof- fen Thalwänden eingeschlossenes Thal, an dessen Eingange derselbe in Ah 6. mit 35—40° nach Süd strich. An dem mehrfach erwähnten Wege nach Stollberg ist ganz deutlich wahrzunehmen, wie die liegenden Schichten der Steinkohlen am Va- terstein sich in abweichender Lagerung an den in h 6°), mit südlichem Fallen strei- chenden Flötzleerensandsten anlegen. Dem Vaterstein gegenüber, im Thale, wo sich der Weg nach dem Hufhause erhebt, strich der Flötzleeresandstein m Al. mit 40— 45° nach Ost. Im obern Brandesthal, wo die ältern Gebirge auf das Iimke Ufer hinüberreichen, nahm ich % 7. mit 50° Süd ab. Ebenso fand ich am Wege nach Rothesütte nach den Viereichen, in der Gegend, wo auf der Papen’schen Karte der punctirte Weg angegeben ist, das Streichen dieser Schichten » 7!|, mit 45—50° südlichem Fallen. Rechts von der Chausse oberhalb Rothesütte befindet sich ein Steinbruch im Flötzleeren, der hier in mächtigen Bänken von 20 mit 2—5'’ star- ken Zwischenlagern von olivengrünem Schiefer sehr vollständig entblösst war. Das Streichen dieser Schichten war h 8!|, mit 45° südlichem Fallen. Aus Allem lässt sich entnehmen, dass, wenn auch die Schichten des ältern Harzgebirges sich an einigen Stellen mit ihrem Streichen dem allgemeinen Streichen der Grandgesteine bald mehr, bald weniger anschliessen, ihr Fallen der Regel nach = mb — ein beträchtlicheres ist, welches das der jüngern Schichten oft um mehr als das Doppelte übertriff. Das Abweichende in der Lagerung beider Formationen lässt sich daher wohl nicht wegleugnen. B. Verhalten der Melaphyre zu einander und zu den Grandgesteinen. IL. Verhalten der Melaphyre zu einander. Nachdem wir nun unser Gebiet von dem ältern Gebirge des Harzes mög- lichst scharf abgegrenzt und auch den innern Bau der darin auftretenden Sediment- gesteine charakterisirt haben, sind wir unserm Ziel soweit näher gekommen, um das Verhältniss der porphyrartigen zu den dichten Melaphyren und wiederum das Verhältniss dieser beiden zu den Sedimentgesteinen näher ins Auge zu fassen. Ich gehe zu diesem Kapitel nicht ohne Zagen über. So reiches Material mir meine Beobachtungen auch bieten, so habe ich doch die grösste Schwierigkeit darin ge- funden, dieselben systematisch zu ordnen. Auch im diesem Theile werde ich mich eng an die Beobachtung anschliessen, in der festen Hoffnung, die Hypothese werde sich so am sichersten ergeben. Ueber das Vorkommen des dichten Melaphyrs sagt Zimmermann in seinem Harzgebirge p.141: „Höchst merkwürdig ist es, dass dieses schwarze Gestein (Dolerit am Rabenstein) und der Hauptmasse nach nahe verwandte Mandelstein in sehr un- gleicher Mächtigkeit über das Kohlengebirge in einer von Osten nach Westen ge- richteten Ausdehnung von einigen Stunden hinweg gelagert sind und hohe Kuppen bilden. Die Ausdehnung wird noch grösser sein, wenn das Vorkommen von Achat- kugeln unter dem Langenberge zwischen Walkenried und Wieda nach dem Mandel- stein zugeschrieben werden kann.“ In wie weit diese Bemerkung sich bestätigt, zeigt ein flüchtiger Blick auf die Karte. Vom Leimberg an, dessen schöne Felsen von jenem glimmerführenden Me- laphyr gebildet werden, finden wir also den dichten Melaphyr stets am Nordrande des porphyrartigen. Am Poppenberge besonders in die Augen springend, den Ost- und Nordrand einnehmend, bildet der dichte Melaphyr niemals die höchsten Kup- pen, sondern seine niedrigen, zu stumpfen Spitzen ausgezackten Felsen bilden ziem- lich in der Mitte des Abhanges einen deutlichen, terrassenförmigen Absatz, hinter 'dem sich ungeheure Blöcke und Geröllmassen des sich von hier hochaufthürmenden Porphyrs, gleichsam wie hinter einem das Thal schützenden Damm, aufgehäuft ha- ben. Diese Schuttanhäufung ist zugleich der Ort der üppigsten Farrenkraut- und a - : er — Moosvegetation. Ausgedehnte Farrngebüsche, deren Wedel über 4 lang werden, entziehen die Porphyrblöcke dem Auge des Beobachters. Desto schärfer aber gren- zen sich die schwarzen Klippen des dichten Melaphyrs ab. Auf der ganzen Erstrek- kung schiebt sich derselbe zwischen den Porphyr und die Grandgesteine; während man fast überall auf den Höhen zwischen Melaphyr und Porphyr den Mandelstein in zum Theil ausgezeichneten Varietäten antrifft. Dieselben Verhältnisse findet man am östlichen Theile des Netzberges. Um so eigenthümlicher erscheint das Auftre- ten des Melaphyrs an der Südseite dieses Berges unter sonst analogen Umständen, und noch auffallender ist das isolirte Vorkommen im sogenannten Gottesthale zwi- schen dem Bielsstein und dem Kaulberg östlich von Wiegersdorf. Ist nun der porphyrartige von dem dichten Melaphyr, oder dieser von jenem durchbrochen? Diese Frage lässt sich schwer beantworten; ja ich werde bei der Entwieklung der Verhältnisse beider Gesteine zu den Grandgesteinen Gelegenheit haben, es wahrscheinlich zu machen, dass weder das eine noch das andere der Fall gewesen. Einigen Aufschluss sollte man am obern Eingang in das Behrethal ver- muthen. Zum Betriebe einer Turbine in der neuen Holzwaarenfabrik am Eingange des Fischbachthales, hat man an der Ostseite des Netzberges ein Aquäduct angelegt und damit auf eine ziemliche Strecke, bis an den Uebergang der von Ifeld her- kommenden Chaussee auf das rechte Behreufer, die steilen Wände dieses Berges entblösst. Es ist mir versichert worden, dass auf dieses Werk sehr viel Arbeits- lohn, der grossen Festigkeit des Gesteins wegen, hat verwendet werden missen, Aber jetzt, nach wenigen Jahren, ist von dieser Festigkeit nichts geblieben, das Gestein ist zerklüftet, seifig und grusig geworden, lose fallen aus dem hier anstehen- den Mandelstein die Kalcedonkörnchen heraus, theils gröbere, theils feinere Sand- massen bildend. Geht man vom Fischbach aus an diesem Aauäduct nach der Chaus- see zu, so trifft man zunächst jenen dichten, rothen Melaphyr mit den zierlichen Augitkrystallen. Weiterhin wird das Gestein dunkler und violett gefärbt, es ent- hält zahlreiche, kleine, fast runde, ausgefüllte Blasenräume und ist von zahlreichen Trümen dunkelspangrüner Grünerdggdurchzogen, Dann werden diese Blasenriume sparsamer, aus dem Gestein fallen sie leicht heraus und man bemerkt, wie die weis- sen Kalcedonkügelchen von einem feinen Häutchen von Grünerde umhiüllt sind; es finden sich nun zahlreiche Gänge von Rotheisenstein ein. Weiterhin sieht man mehr längliche Mandeln, worauf sich eine dichte, schwärzlich-rothe Gesteinsmasse einfin- det, die nur vereinzelte Blasenräume zeigt und allmälig wieder in einen Mandel- stein mit zahlreichen Ausscheidungen übergeht, der zahlreiche Gänge von Braun- Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 17 — 118 — spath, Glaskopf und Eisenram enthält. Auch !ist das Gestein hier sehr zerklüftet und hat breite Spalten mit einer lettig-mulmigen, grünlich-blauen Masse angefüllt. Darauf beobachtet man einen weitern Uebergang aus einem bläulich-rothen, dichten Gestein mit langgezogenen, sparsam verbreiteten plattgedrückten Mandeln in ein Ge- stein gedrängt voll von kugligen, mit Grünerde erfüllten Mandeln, die weiterhin wieder sehr platt gedrückt sind und fast scheibenförmig werden. Hierauf wird der Melaphyr dicht und roth gefärbt und enthält mitunter grosse Carneolmassen in Spal- ten. Ich sah hier Geoden von concentrisch schaligem Calcedon ausgefüllt. Nicht weit von der Chaussee wird der Melaphyr ein grünliches, verwittertes Gestein; dann überschreitet man ansehnliche Geröllmassen von Porphyr. Tief unten im Bache liegen gewaltige Blöcke von diesem Gestein, die allein schon das Anstehen dieses Gesteins sehr wahrscheinlich machten, wenn man nicht, ehe man die Chaussee er- reicht, denselben anstehend fände. Am Bergabhange hinauf die Contaktverhältnisse zu verfolgen, erlaubten die schroffen Felsen nicht. Die Klippen an der Chaussee selbst sind schwärzlich-grüner Melaphyr, der auch Blasenräume, mit Quarz und Calcedon erfüllt, enthält. Nirgends fehlt die starke Zerklüftung mit thonig-kieslichem Eisenstein erfüllt. Die langgezogenen Mandeln schienen mir an einer Stelle eine so übereinstimmende Richtung zu haben, dass ich deren Streichen und Fallen ab- nehmen zu können glaubte. Ich beobachtete h4'|, mit südwärts gerichteter Neigung. Dieser hier zu beobachtende schmale Porphyrgang mitten in der auf mehrere hundert Schritte breiten Entblössung von dichtem Melaphyr scheint allerdings zu der Annahme zu berechtigen, dass“ der erstere diesen letztern durchsetzt habe, wenn nicht die mächtigen Porphyrmassen, die den Netzberg zusammensetzen, auch für das Gegentheil die Wahrschemlichkeit geltend machten. Berücksichtigt man ferner das Vorkommen des Grandgesteins am Aschufer, so erscheint hier der dichte Melaphyr ganz unter denselben Verhältnissen wie am Nordrande, indem er sich zwischen die Grandgesteine und den kömigen Melaphyr legt. Das vereinzelte Auf- treten des Melaphyrs im Gottesthale erscheint von diesem Gesichtspunete aus auch ganz regelrecht. » I. Verhalten der Melaphyre zu den Grandgesteinen. Von allen Autoren, die über unser Gebiet schrieben, geht Zimmermann am weitesten auf die Sedimentgesteine ein. Es findet sich bei ihm eine eigenthümliche Aeusserung über die Lagerungsverhältnisse dieser Gesteine zum Melaphyr. Er sagt LU ann 0 £ LE u Se re Sa Eee en, — 129 — p- 142: „Wer nun über dem Rabengtein, am Sandlünz, über dem schwarzen Grün- stein abermals den rothen Schieferthon und Thonstein beobachtet, mit deutlichen Resten von Pflanzen, der könnte doch noch immer glauben, dass der schwarze Stein diese Schichten gehoben habe und aus dem Innern hervorgedrungen sei, doch, wie gesagt, unter ihm liegen ähnliche Schieferthonschichten und die Steinkohlen.“ L.v. Buch sagt dagegen in seinem berühmten Beiefe an Freiesleben: „Vielleicht mag es nicht überflüssig sein, zu bemerken, dass eine Einlagerung des Ilfelder Porphyrs im rothen Boden, oder eine Abwechslung damit noch nirgends beobachtet worden ist.“ Ich glaube nun durch Beobachtungen beweisen zu können, dass der Porphyr sowohl, wenn auch auf kurze Strecken, dem Grandgestein eingelagert ist, als auch, dass von ihm die geschichteten Gesteme abgeschnitten werden. Es ist bis jetzt kaum bezweifelt worden, dass die Steinkohlen führenden Schichten des Grandge- steins von den Melaphyren überdeckt werden. Denn an der ganzen Nordgrenze un- seres Gebietes haben dieselben in der nächsten Nähe jener zu Tage ausstehenden Gesteine ein so constantes Fallen nach Sid, dass man schon daraus gemeint hat, mit Sicherheit auf ein Unterteufen der Grandgesteine unter den Melaphyr schliessen zu dürfen. Aber mehr noch; östlich von Wiegersdorf findet sich eine Stelle im sogenannten Gottesthale, an der man unmittelbar die Auflagerung des Porphyrs auf die Grandgesteine beobachten kann, eine Stelle, auf die schon Zimmermann auf- merksam macht. In dem nördlichen Ausläufer dieses Thales westlich vom Bielstein findet man in dem Tiefsten Grandgestein mit einem Streichen von % 1!, und 15° westlichen Fallens, darüber sehr zersetzten Porphyr, in dem man aber noch deut- lich die diesem Gestein eigene. fast senkrechte Ablösung erkennt. Der Porphyr bil- det hier kahle Wände unmittelbar über dem Grand von 8’, die weiter aufwärts höher werden. Auch in dem tiefen und engen Thale östlich davon, in dem der Weg rach dem Hufhause aufwärts geht, finden ähnliche Verhältnisse statt. Das Thal ist tief eingerissen und so eng, dass auf seinem Tiefsten der Weg nicht ent- lang führt, sondern auf dem linken Abhange über den Porphyr desselben gebahnt ist. Gegenüber hat man die schönsten Felsen dieses Gesteins in der bewunderns- werthen säulenförmigen Form. Steigt man aber hinab in die Schlucht, so findet man dünngeschichtete Grandgesteinsmassen mit Resten von Pflanzen in k 10', und 10'),° Süd oder auch in k 3. und westlichem Fallen, kurz in häufig wechselnder Lagerung an. Was man so an der Oberfläche zu schliessen berechtigt ist, das hat der Bergbau in der neuesten Zeit evident nachgewiesen. Schon oben erwähnte ich 7er a — eines Stollens, der von den Gruben bei Neustadt in westlicher Richtung getrieben worden ist. Mit demselben hat man zunächst die hangenden Grandgesteine in re- gelmässigster Lagerung querschlägig durchfahren, und dann in der Gegend der sogenannten Schweiz zuerst in der Firste den Porphyr getroffen, der sich allmäh- lig nach der Sohle zu gezogen hat, bis endlich das Ort gänzlich im Porphyr ge- standen hat. Was heisst das anders, als dass der Porphyr hier die Grandgesteine ganz regelmässig überlagert? Ebenso mussten die Eigenlöhner am Rabenstein tonnlägig mit einer Tagestrecke auf das Flötz herabgehen, weil sie einen seigern Schacht durch den Porphyr nicht abteufen wollten. Westlich von Rothesütte, wo die beiden sich gabelnden Wege vom grossen Ehrenberge her die Chaussee nach Hohegeis treffen, findet man unweit der Gabel das deutliche, graulich - weisse Con- glomerat, das Liegende der Kohlen, mit einem Streichen von % 10, nach Süden. Mehre hundert Schritt nach dem Berge zu steht ein Schacht, der auf eine Strecke, in regelmässigen Grandgesteingetrieben, abgebohrt worden ist. Nach diesem Bohrver- suche wird der Schacht 26 Lehtr. tief werden und in oberer Teufe 12 Lehtr. Por- phyr zu durchsinken haben. Leider stand das Abteufen noch im Porphyr an. Dass der sehr regelmässige Abbau auf Steinkohlen am Poppenberge schon den so nahen Melaphyr unterteuft habe‘, halte ich für keine ausgemachte Sache. Denn man hat hier das Flötz mit einer querschlägigen Tagestrecke erreicht, es nun im Streichen verfolgt und baut die Kohlen ab, die über dieser söhligen Strecke liegen, kennt daher die tieferen Verhältnisse nicht. Vergleicht man nun das allgemeine Flötz- streichen mit dem Streichen des Thales, so wird man eine grosse Annäherung be- merken. Mit einer streichenden Strecke wird man sich also dem Melaphyr wenig genähert haben. - Ob man markscheiderisch das Unterteufen festgestellt, weiss ich nicht, ich hatte keine Gelegenheit, die Grubenrisse zu sehen. Für das Ueberlagern der Porphyre über die Grandgesteine spricht auch noch die Thatsache, die das Bohrloch am Amtshofe bei Neustadt geliefert hat. Rechts an diesem führt der Weg nach dem Hohnstein an steilen Porphyrfelsen vorbei, der hier auch als Bruchstein gewonnen wird. Dicht hinter diesen Felsen trifft man auf sehr regelmässig platten- förmiges Grandgestein, in’ welchem in der nächsten Nähe des Porphyrs ein Bohr- loch von 43'], Lehtr. gestossen ist. Das Grandgestein ist so regelmässig geschichtet, dass hier ein Bruch auf Platten gewesen ist, und fällt dasselbe dem Porphyr zu. In keiner Weise ist eine Störung der Schichten zu bemerken, so dass eine Ueber- lagerung der Porphyre über die Grandgesteine kaum zu bezweifeln ist. Es wird nun auch nicht schwer sein, nachzuweissen, dass die Grandgesteine — Bl — dem Porphyr aufgelagert sind. Geht man am Siidabhang des Vatersteins vom Fusse bis zum Kamme des Rückens, so gelangt man bei Ueberschreitung der obersten Schichten bis zu den Liegendsten endlich auf den Porphyr, der den Kamm des Va- tersteins bildet. Ebenso verhält es sich vor der sogenannten Schweiz mit den jün- geren Granden. Geht man, dem Hohnstein gegenüber, ebenfalls am Sidabhange des Poppenberges in die Höhe, so gelangt man allmälig über Grandgestein auf Porphyr. Ebenso trifft man zwischen Appenrode und Sulzhayn von Sidwesten her an den Berggehängen hinauf über nach Südwesten fallende Grandgesteine plötzlich auf Porphyr, noch ehe man die höchsten Kuppen erreicht hat. Allerdings kann ich keine Bohrversuche anführen, die evident bewiesen, dass das Grandgestein auf dem Porphyr liege. Denn die angestellten Versuche bei Neustadt sind stets in Be- zug auf die vorliegende Frage und in Bezug auf die Hauptfrage, zu deren Lösung sie angestellt wurden, nämlich um das weitere Auftreten derj Steinkohlen nachzu- weisen, auf den ungünstigsten Stellen unternommen worden. Aber die regelmässige Lagerung der Grandgesteine und das constante Auftreten der Porphyre in ihrem Liegenden, was in so klarer Weise bei Neustadt zu beobachten ist, machen solche Endbeweise kaum noch nöthig. So möchte es denn fast scheinen, als wenn der Porphyr wirklich eingelagert wäre, wenn nicht zu den erwähnten Thatsachen auch die hinzu käme, dass der Porphyr das Grandgestein an entsprechenden Stellen theils nach obenhin, theils nach der Tiefe zu plötzlich abschneidet. Schon früher habe ich erwähnt, wie man auf der Höhe des Vatersteins bei Verfolgung des Steinkohlenflötzes gefunden hat, dass dasselbe plötzlich an dem Porphyr mit einem schwachen Bestege nach der Tiefe abgeschnitten wurde. An dem beschriebenen Contakte beider Gesteine im Gottes- thale stehen an der linken, westlichen Thalwand die Köpfe des geschichteten Ge- steins zu Tage, die Sohle des Thals und die östliche Wand ist Porphyr. Es schnei- den also auch hier die Schichtenköpfe des Grandgesteines am Porphyr ab, während sie auf der andern Seite unter denselben einfallen. Wie der Porphyr zum Grand- gestein in Bezug auf die Lagerung sich verhält, kann man oberhalb Ilfeld am deutlichsten beobachten. Man hat von Ilfeld aufwärtsgehend stets Porphyr zu bei- den Seiten des 'Thales anstehend, bis man in die Gegend der Holzwaarenfabrik kommt, wo der Eingang des Fischbachthales liegt. Hier bemerkt man, von Osten herkommend, dicht unter den steilen Felsen, die als der Günseschnabel bekannt sind, ein kleines Seitenthal mit einem kleinen Gewässer. Am Eingang dieses Thäl- chens steht der Porphyr an, welcher weiter aufwärts auffallend mürbe wird und nur — m — hin und wieder die ihm eigenthümlichen Durchgänge und Ablösungen erkennen lässt. Dann bemerkt man plötzlich zur linken Seite am Ufer ein feinkörniges, röth- liehes, mit grünen Streifen und Puncten versehenes, dünngeschichtetes Grandgestein, während in der Bachsohle und zur rechten Hand der mürbe Porphyr ansteht. Lei- der waren die Schichten etwas verstürzt und man konnte nicht Streichen und Fal- len nehmen, doch fallen die Schichten dem Porphyr zu. Weiter nach oben nimmt der Porphyr festere Formen an, dann wird er aber wieder mürbe. Es liegen hier in der Bachsohle dichte, kalkig-thonige Massen, braun, gelb, auch roth und vio- lett gefärbt mit reineren Kalkspathausscheidungen und undeutlicher Schichtung. Zum Theil finden sich! Conglomerate ein, indem Porphyrbrocken von solchen Kalkmassen umhüllt werden. Der Porphyr zeigt Gangsausfüllungen von Braun- und Kalkspath und unreine von Kalkmassen. Man erreicht endlich eine kesselartige Erweiterung. Das Hauptthal wendet sich von hier südöstlich und man hat auf bei- den Seiten Porphyr anstehend.. Am rechten Ufer des Baches wendet sich ein Sei- tenthal vom Kessel aus nördlich. In ihm findet man wiederum feinkörnigen zum Theil dinngeschichteten, rothen Sandstein mit femen Thonletten wechselnd. Das linke Ufer dieses Thales bildet der Porphyr und auch im der Sohle ist mehrmals Porphyr zu beobachten. Weiter aufwärts findet man alle Abänderungen des jünge- ren Grandes, an denen ich ein Streichen von %h 4. mit 30° nach Sid abnahm. Dann aber erhebt sich auf einmal der Porphyr heraus, die höchsten Höhen des vor- liegenden Rückens bildend. Wendet man sich am Fusse der steil aufsteigenden Felsen westlich, so erreicht man bald einen Weg, der nach dem Thale zurückführt. An einer Stelle konnte ich an der Färbung des Bodens und an den hervorragenden rundlichen Formen des Porphyrs und dem helleren Roth der Grandgesteine die Grenze beider verfolgen. Sie schien mir in h 7. zu streichen‘, nördlich davon Por- phyr, südlich Grand, das weiterhin verworren geschichtet erschien, aber immer ein südliches Fallen behielt. So erreichte ich wiederum die Chaussee und hatte ein Fleekchen Grandgestein umschrieben, dessen Schichten deutlich im Süden, Osten und Norden vom Porphyr abgeschnitten werden. Bei Appenrode lässt sich auch ein Contakt der Grandgesteine und Porphyre beobachten. Am Nordostende des Dorfes, nicht weit von den letzten Häusern, trifft man auf denselben. Das Grandgestein, wie man es im Dorfe anstehend sieht, ist roth mit oft handgrossen grünlichen Flecken, sehr zerklüftet und zersprungen und thonig. Am Contakt ist es zu einem grünlich-gelben Thon geworden, der Porphyr ist sandig-thonig zerfallen. Eine deutliche Schichtung lässt sich auch in weiterer — 133 — Entfernung im Grandgestein nicht beobachten. Die grünen Thone scheinen fast senkrecht am Porphyr abzuschneiden. Aber auch durch bergmännische Versuche hat man erfahren, dass der Por- phyr die Schichten des Grandgesteins abschneidet. In der Eigenlöhner Grube, un- ter dem Rabenstein, sind die Verhältnisse sonst ganz der Regel entsprechend, nur hat das Feld der Grube seine östliche und westliche natürliche Grenze. Im Westen hebt sich in nächster Nähe des grossen Steinbruchs im Melaphyr das Flötz sehr allmälig an diesem Gestein heraus. Einer der Arbeiter hat mir den etwas verstürz- ten Abhang am Wege so gereinigt, dass ich das Ausgehende der Kohlen an den- selben bis zu einer gewissen Höhe verfolgen konnte. Er hat mir sogar weiter oben am Berge die Stelle beschrieben, wo er und seine Genossen die Kohlen von der Grube bis zu Tage verfolgt und weggehauen haben. Die östliche Grenze ist da, wo die älteren Gesteine des Harzes auf die linke Brandesthalwand treten. Man hat die Schichten plötzlich abgeschnitten gefunden. Der Melaphyr und der ältere Sand- stein berühren sich hier unmittelbar, wie mir der Steiger versicherte. Auch im Kunzenthale ist man bei den Versuchsarbeiten mit einer Strecke, die im Grandge- stein getrieben wurde, plötzlich an den Porphyr gekommen, der jenes mit einer fast senkrechten Kluft, die mit Rotheisenstein ausgefüllt war, abschnitt. Ueber- haupt wird man hier beim weiteren Verfolgen des Kohlenflötzes im Streichen bald mehr solche Stellen antreffen, und gestaltet sich der Bergbau aus den schon oben erwähnten Gründen am Poppenberge viel günstiger. Denn hier ist die Ausdehnung des Flötzes im Streichen viel grösser als im Kunzenthale und die sicher vorhan- dene Grenze wird man erst erreichen, wenn man anfangen wird, das Flötz auch nach dem Fallen zu untersuchen. II. Verhalten der Porphyre zum Zechstein. So beschränkt die Beobachtungspuncte sind, an denen man das Lagerungs- verhältniss der Porphyre und Grandgesteine studiren kann, so frei und. iübersicht- lich findet man ihr Verhältniss im Gebiete der Zechsteinformation entwickelt, wenn man sich südlich von Neustadt und Ilfeld wendet. Der Zechstein mit dem überall deutlichen Kupferschieferflötz und seinem treuen Begleiter, dem Weissliegenden, nimmt auf der ganzen Erstreckung, von der Ebersburg bis südlich von Wiegersdorf, den Rücken der äussersten Porphyrzüge ein. An vielen Puneten und oft auf be- trächtliche Erstreckungen kann man das unmittelbare Aufgelagertsein dieser Schich- — 131 — reihe auf den Porphyr verfolgen. Alle diese Züge haben einen steilen, nördlichen Abfall und eine sanfte südwestliche Verflachung, auf ihrer Scheitellinie entlang ziehen sich die Schichtenköpfe des Zechsteins in fast senkrechter Begrenzung. Gar wenig weicht das Streichen der Schichten von dem Streichen der Grenze des Zech- steins und des Porphyrs ab. Tritt man zu dem südlichen Thore von Neustadt heraus, so wendet sich die Chaussee nach Buchholz in östlicher Richtung in einem Bogen an den unmittelbar vorliegenden Bergrücken hinauf. Der Porphyr steht rechts davon an; aber auf der Höhe sieht man die Schichtenköpfe des Zechsteins heriiberreichen. Wer den südlichen Weg, der über den Schiessplatz der Stadt führt, einschlägt, überzeugt sich bald, wie der flache südliche Abfall vom Zech- stein überlagert ist. Dieser Rücken streicht etwa in h 9!, und an ihm läuft nach Osten zu der Zechstein in schmaler Zunge aus, die an der Stelle, wo die Chaussee den Gipfel erreicht hat, endigt; hier streicht der Zechstein in h 8!, mit eirca 30° sidlichem Fallen. Diesem ersten Rücken lagert sich ein zweiter, bedeutenderer vor. Der Zechstein geht in dem Thale zwischen beiden Zügen nicht über das Tiefste hinweg, sondern der steile Nordabfall des zweiten Rückens ist wieder von Porphyr gebildet. Dieser Rücken streicht etwa in h 8!,, und auf seinem Gipfel erhebt sich in schroffer Wand der Zechstein mit seiner ganzen Schichtenfolge Zunächst la- gern sich die mächtigen Bänke des Weissliegenden auf den Porphyr, als ein grobes Conglomerat mit namentlich sehr vielen, oft faustgrossen Geschieben von schwar- zem Kieselschiefer, Jaspis und weissem Quarz. Der Kupferschiefer ist deutlich aus- gesprochen, ebenso der Zechstein und Rauchwacke,' die hier sehr grobblasig ist und am ersten Rücken ebenfalls nicht fehlt. Die Schichten streichen an verschie- denen Puncten in A 8—9. mit 10—15° nach Süd. Der Siidabhang ist im Gegen- satz zum Nordabhang auffallend fach, und namentlich nach Westen zu bemerkt man an zahlreichen alten Halden, wie der Kupferschiefer bis an den Kamm abge- baut ist. Nach Osten hin, in der Nähe der Chaussee, reicht der Zechstein nicht ganz bis zum Gipfel. In dem Thale östlich von der Chaussee finden ähnliche Ver- hältnisse statt, man hat, namentlich nach dem Rosenteiche zu, eine flache südliche Seite, und eine schroffe von Porphyr gebildete nördliche. In der Sohle des Baches findet man den Zechstein und das Weissliegende und beobachtet deutlich, dass eine Ueberlagerung des Porphyrs nicht statt findet. Beim Rosenteich zieht sich der Zech- stein am westlichen Abfalle des von der Ebersburg herstreichenden Rückens in die Höhe und bildet von hier ab in der Richtung von A 9. ebenfalls den Kamm des Zuges. Der sanfte Südabhang erstreckt sich bis an den sich schroff herausheben- un u Zee Ju den, wunderbaren Gypsfelsen, deren weisse Wände schon von weitem zeigen, dass man hinter ihnen vergeblich nach Porphyr suchen würde. Schlägt man von Wiegersdorf die südlichen Wege ein, so findet man ganz übereinstimmende Thatsachen bis nach Osterode hin. Das schöne Profil, welches unterhalb Wiegersdorf die Behre macht, die vielgenannte Langewand, zeigt ebenfalls deutlich die unmittelbare Auflagerung des Kupferschiefers und des Weissliegenden auf den kömigen Porphyr, der hier an der nächsten Uontaktstelle grusig geworden ist. Die unmittelbare Grenze bildet eine gelbe, mehrere Zoll starke Schicht, die allmälig hellblaugrau und zu einem gleiehmässig stark verwitterten Grusse wird, der nach unten hin schwache Spuren von Gesteinsformen bemerken lässt. Der Por- phyr ist durch in regelmässigen Zwischenräumen wiederkehrende Spalten, die mit einem specksteinartigen Mineral ausgefüllt sind, wie gestreift. Seine obere Schei- dungsfläche ist auf ‘weite Strecken eben und zeigt sich nur an Verwerfungen mit verdrickt. An der Hauptenblössung zeigen sich sehr scharfe Kniekungen und ver- worrene Schichtung, und abwärts davon habe ich etwa 4—5 Mal eine Kniekung der Schichten mit entgegengesetztem Fallen beobachtet. Die so ganz isolirten Zech- steinschichten südwestlich von Ilfeld haben ein solches nördliches Fallen, von 10—15°, auch sind sie stellenweise fast horizontal mit sehr wechselndem Streichen. Geht man auf dem Wege von Niedersachenwerfen nach den Braunsteingruben ent- lang, so trifft man nördlich von der Oelmihle auf einen solchen Sattel. Man findet zunächst Zechstein mit deutlichem südlichen Fallen von 15—20° und in A 10. streichend, dann auf eine kurze Strecke grünlich-gelbe Thone, etwa dreimal wech- selnd mit violetten Thonen (vielleicht Porphyr), und dahinter wiederum Zechstein in h 8], streichend und mit 10—15° nach Norden fallend. IV. Folgerung aus den angeführten Thatsachen. Wenn ich nun glaube auf der einen Seite genügend darauf hingewiesen zu haben, dass der kömige Porphyr die Schichten der sedimentären Gesteine abge- schnitten hat, und in die Tiefe hinabsetzt, wenn so sein Emporsteigen aus der Tiefe wohl als erwiesen betrachtet werden kann, so darf dennoch nicht angenom- men werden, dass dieses Hervorbrechen ein plötzliches und jähes gewesen sei. Denn dagegen spricht das eonstante Fallen der Schichten nach einer Richtung, das sich selbst nicht ändert, wo beide Gesteine dicht an einander treten, wo selbst eine theilweise Ueberlagerung der Grandgesteine durch den Porphyr ausser Zweifel ist. Abh d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 18 — 16 — Vielmehr müssen die aus der Tiefe dringenden Gesteine den Schichtenflächen der Sedimente in Absätzen gefolgt, und dann, wo vielleicht durch das Auseinandertreiben der Schichten senkrechte Spalten entstanden waren, zu Tage ausgetreten sein. Die Porphyre drangen sowohl zwischen den jungen und älteren Grandgesteinen, und zwischen dem Zechstein und den obersten Grandgesteinen hervor, als auch, wie es sehr wahrscheinlich ist, zwischen den liegenden Granden und dem älteren Sand- stein- Grauwackengebirge'). Sie nahmen die auf ihnen ruhenden Flötztheile mit in die Höhe, während sie sich über die stabileren Schichten zum Theil hinwegscho- ben und diese an dem Fusse ihrer kammartigen Züge liegen blieben. So wieder- holte sich das mehrfach, wie es so evident die zuletzt beschriebenen Rücken mit der Zechsteinsüberlagerung zeigen. So erklärt sich nun der auffallende schmale Saum von Grandgesteinen am Nordrande unseres Gebietes, dessen Streichen so nahe dem Streichen der ihn zusammensetzenden Schichten ist; so erklärt sich ferner das allmälige Verschwinden der Porphyre in derselben Stunde unter die ihn be- deckenden sedimentären Schichten. Diese grosse Erstreckung, parallel dem Strei- chen der Grandgesteine, und die sehr geringe Breite in der Falllinie derselben, theilt der dichte Melaphyr mit dem porphyrartigen, indem sich derselbe stets zwischen den letztern und das Grandgestein eingeschoben hat. Diese Verhältnisse beobachtet man zusammenhängend am Sandlünz oberhalb Ilfeld, wie das Profil es ideal zeigt. Man hat, nach Norden gehend, hinter Ilfeld an der Chaussee körmnigen Porphyr, in der Gegend der Holzwaarenfabrik, ehe noch die Chaussee sich steiler in mehre- ren Krümmungen erhebt, bemerkt man an der Böschung rechts Grandgesteine, die bis zur Höhe hinauf zu verfolgen sind. Nur wenige Schritte an diesen Böschungen rechts hinauf findet man den dichten Melaphyr anstehend. Am Uebergange der Chaussee über das Behrethal steht körniger Melaphyr an, der rechts davon in einem grossen Bruche entblösst ist. Am Wege, der nach dem grössten Steinbruch im dichten Melaphyr unter dem Rabenstein führt, bemerkt man in der vorspringen- den flachen Kuppe schon denselben und am Rande wieder Grandgestem. Dass bis zur Einmündung des Brandesthales in das Thal der Behre der dichte Melaphyr, zwi- schen den porphyrartigen und dem Steinkohlenflötze sich einlagert, ist früher schon mehrfach erwähnt. So, glaube ich, rechtfertigt sich auch diese in dem Profile ausge- sprochene Ansicht, die ihre weitere Bestätigung am ganzen Nord - und OÖstrande des Poppenberges und im Gottesthale findet. 1) Das möchte doch wohl noch nicht Alles erwiesen sein. H. Girard. N NN EWR NR RN. un Die Melaphyre von Leimbach. Noch eines Melaphyrvorkommens im östlichen Theile des südlichen Harzran- des haben wir zu erwähnen. Zwar bildet derselbe hier kein selbständiges Gebirge, wie das eben betrachtete, aber seine Verbreitung und sein mineralogisches Verhal- ten bietet manche Vergleichungspuncte dar. Seit Freiesleben hat der Melaphyr von Leimbach keinen Beschreiber gehabt; ja man scheint ihn in neuester Zeit vergessen zu wollen, wie die neuesten Karten des Harzes von A. Roemer, die keine Andeu- tung davon enthalten, darthun. Wenn auch die Conglomerate am ‚linken! Ufer der Wipper unterhalb Vatte- rode eine auffallende Aehnlichkeit mit denen der Ilfelder Grandgesteine haben, so konnte ich mich bis jetzt weder von dem wirklichen Vorkommen dieser Gesteine überzeugen, noch habe ich den Punct gefunden, an den ein dunkles Gerücht das Vorkommen von Steinkohlen verlegt. Wir finden also wohl hier die Melaphyre nur im Rothliegenden, mit dessen untersten Gliedern, namentlich mit dem durch seine Geschiebe so ausgezeichneten Hornsteinconglomerat, sie in nächste Berührung kom- men. Da es gänzlich an künstlichen Entblössungen im Melaphyr mangelt, muss man sich mit dem so leicht verwitternden Gestein der Oberfläche begnügen. Ja die Cultur der Bodenfläche wird namentlich seit einigen Jahren so beharrlich aus- gedehnt, dass man jetzt schwerlich an den Gehängen zwischen Leimbach und dem Rödchen, noch wie vor zwei Jahren, wo ich die nachfolgenden Untersuchungen an- stellte, so ausgezeichneten Mandelstein findet. Mit Hinblick auf die Unterscheidungen, die wir in dem Ilfelder Gebirge ge- macht haben, missen wir die Melaphyre von Leimbach zu dem dichten Melaphyre und zu dem dieser Abänderung zukommenden Mandelstein rechnen. Da wo der- selbe sparsame Mandeln enthält, denn vollkommen frei von diesen Einschlüssen auf grössere Erstreckung zeigt er sich nie, zeichnet ihn eine thonsteinartige Grundmasse 18 * — a —— von unebenem und erdigem Bruch, geringer Härte, aber mitunter von einer nicht unbedeutenden Zähigkeit und einer zwischen vorwaltend rothbraunen, bläulich - schwarzen und bläulich-rothen bis perlgrauen schwankenden Farbe aus. Ausser Augit trifft man in dieser Grundmasse keinen in Krystallen ausgeschiedenen Ge- mengtheil an. Auch bei dieser Beobachtung bin ich, wie bei der Untersuchung der Ilfelder Gesteine, möglichst vorsichtig zu Werke gegangen, umsomehr als frühere Untersuchungen derselben Gesteine nicht zum Erkennen des Augits geführt haben, und Naumann bei der Petrographie der Melaphyre diese Zweifel durch die Aufzäh- lung der Aussprüche der verschiedenen Autoren in einer Anmerkung besonders be- tont. Er sagt (Geognosie Bd. I. p. 604.): „Freiesleben gedenkt in den Melaphyren von Mansfeld keines Augits, wohl aber eines weichen, milden, verschiedentlich grün gefärbten, in kleinen sternförmigen Partien in Flecken und im büschelförmig | gruppirten vier- und sechsseitigen Säulen ausgebildeten Minerals; L. v. Buch sagt von den Melaphyren des Thüringer Waldes, es sei freilich nicht leicht zu erkennen, dass sie Augit enthalten, doch lasse sich bei einzelnen grösseren Krystallen zuwei- len bemerken, dass ihnen der blättrige Bruch der Hornblende nicht zukommt; in den Ilfelder Melaphyren aber gesteht er, den Augit nie deutlich erkannt zu ha- ben etc.“ Allerdings erscheint der Augut in den Leimbacher Melaphyren nicht mehr in frischem Zustande, sondern zeigt eine aus grünlich-schwarz, durch dunkellauch- grün und grünlich -weiss in gelb- und rothbraun übergehende Farbe, ist sehr weich und specksteinartig, besitzt einen sehr matten, fettartigen Glanz und hat meist viele Risse und Sprünge, aber nur selten verliert er seine fast rechtwinkligen Spaltungs- richtungen und findet sich in den dichten Varietäten (in den Mandelsteinen ist er meist mit der Grundmasse innig verwachsen) meist sternförmig gruppirt im scharf ausgebildeten Säulen. Dieselben lassen keinen Zweifel übrig, dass man Augit vor sich hat. Denn einerseits sind es oft grosse Prismen mit fast quadratischem Quer- schnitt, oft in vorzüglicher Schärfe, die die Abstumpfung der Kanten nur gering entwickelt haben, theils sind es breite, vierseitige Stengel, deren Ecken deutlich ver- brochen sind und so die Sseitige Form gut und vollständig zeigen, theils sind es 8seitige Säulen, an denen die Säulenflächen wie beide Abstumpfungen von fast glei- cher Ausdehnung vorhanden sind. Allerdings könnte bei den breitsäulenförmigen Gestalten durch die unbedeutende Entwicklung der einen Abstumpfung ein 6seitiger Querschnitt sich zeigen, aber bei genauer Prüfung bleibt über die 8seitige Form desselben kein Zweifel. Die Endigung ist fast nie deutlich zu erkennen. Am deut- — 139 — lichsten trifft man noch, namentlich an den 4seitigen Krystallen, die gerade End- Häche an. Sonst lassen die Säulen in der Grundmasse einen verrundeten Eindruck, der noch mit Augitmasse bekleidet ist, zurück, so dass man weder die Endflächen an den freien Krystallen, noch am Eindrucke sehen kann. Nicht immer ist der Augit sternförmig verwachsen, sondern es ist ebenso oft auch in einzelnen Säulchen auskrystallisirt. Auffallend ist wie Kalkspath in die Masse der Krystalle eingedrungen ist und dieselben weiss gefleckt erschemen lässt. Eine rhomboedrische Spaltungsfläche liegt dann der breiten Abstumpfungfläche parallel. Ueberhaupt scheint das ganze Ge- stein von:Kalkspath, den man in günstigen Fällen auch neben dem Augit in kry- stallinischen Körnern beobachtet, durchdrungen zu sein. Eine der dichten Varietä- ten mit deutlichen, schönen Augitkrystallen wurde ganz porös in Säure, namentlich bekamen die Augitkrystalle sehr grosse Poren durch Auflösung des Kalkspathes. Aber auch Aragonit in ungeformten und keine deutliche Spaltbarkeit zeigenden, wohl aber lebhaft glänzenden Körnern von weisser, grünlich - weisser und gelblicher Farbe und muschligem Bruch konnte ich beobachten, so wie vielleicht Braunspath in gelblichen und röthlichen, etwas matten Puncten in der Nähe des Augits. Mit der Bildung dieser Mineralien hängt vielleicht auch die Umänderung des Schwefel- kieses in Brauneisenstein zusammen, den man als solchen in fein eingesprengten Puncten bemerkt. Auch ungeformte Quarzkörmer von splittrigem Bruch und rauch- grauer Farbe konnte ich beobachten, dagegen habe ich Feldspath vergeblich gesucht. Der Melaphyr tritt, wie schon gesagt, hauptsächlich als Mandelstein auf. Da, wo sich im Gestein Mandeln finden, kommen sie gruppenweise und nie vereinzelt vor. Ein solches Vorkommen zeigt grosse und regelmässig gebildete, plattenförmige Ge- stalten, deren längste Ausdehnung in den meisten Fällen eine gemeinsaine Richtung hat. Mir liegen fast zolllange höchst regelmässig gebildete Mandeln vor, die genau der Form eines vollen Mandelkerns entsprechen. Andern Theils findet man diese Blasenräume in grosser Zahl klein und gross, von Hirsekorn- bis Erbsengrösse und darüber, fast kugelrund in bunter Reihe durch das Gestein verbreitet. Alle die regelmässig gebildeten Blasenräume schliessen, wenn sie nicht gänzlich mit fremden Mineralien ausgefüllt sind, doch drusenförmig angehäufte Krystalle in sich ein. Wird die Zahl der Mandeln grösser, so findet auch eine grössere Mannigfaltigkeit der Form statt. Es bleibt zunächst noch der elliptische Längendurchschnitt ziem- lich regelmässig, aber die Seitenwände werden unregelmässig geformt, plattgedrückt, — 10 — erhalten wohl eine trichterförmige Ausdehnung, durch welche sich ein Uebergang in die zunächst liegenden verfolgen lässt. Es liegen dann einzelne grössere Blasen- räume vertheilt unter einer grossen Zahl kleinerer, gleichsam als hätten sie sich durch Vereinigung mehrerer der letztern gebildet. Man sieht sehr deutlich, wie die ganze Formbildung durch gegenseitiges Aneinanderpressen und Ineinanderschieben sich entwickelt hat. Selten findet man hier gänzlich ausgefüllte Mandeln, sondern die- selben sind entweder vollständig leer oder ihre Innenwände besitzen nur einen schwachen Ueberzug. An andern Stellen findet man den 'Mandelstein vollkommen schlackig. Lang- gestreckte und dünne, unregelmässige, dieht, an einander gepresste Blasenräume wechseln mit breiten Formen, welche m schmale, vielfach gezackte Endigungen auslaufen. Eine gemeinsame Längsrichtung ist nur undeutlich bei diesen Höhlun- gen ausgeprägt, welche fast ohne Ausnahme leer sind. Nehmen diese höchst unre- gelmässigen Gestalten an Umfang ab und wird die Grundmasse dichter, so erhält dieses Gestein ein eigenthümlich unregelmässig gefaltetes Ansehen, indem die Falten nach allen Richtungen hin in einander gepresst sind] Die dadurch entstehenden Ecken und Winkel sind meist bis auf geringe leere Räume ausgefüllt und über- kleidet. Die häufigste, man könnte sagen, die allgemeine Ausfüllung: dieser Mandeln besteht aus Kalkspath, welcher in den meisten Fällen die Mandeln gänzlich aus- füllt. Beim Zerschlagen derselben zerspringen sie nach den Spaltungsrichtungen des Kalkspathes, so dass sich erkennen lässt, wie jede Ausfüllung ein einziges Indi- viduum ausmacht. Er ist im der Regel weiss, seltner gelblich oder bläulich - weiss gefärbt. Hat der Kalkspath die Mandel nicht gänzlich ausgefüllt, sondern dieselbe nur mit einer spathigen Schicht bekleidet, so ist der leere Raum mit langen, spitzen Rhomboedern und Drei und Dreikantnern bekleidet. In der Regel ist der Kalk- spath dann gelblich bis weingelb. An den Kalkspath als Mandelausfüllung schliesst sich ebenfalls wieder der Aragonit mit an. Er bildet mehr die Ausfüllung der klei-' nern Mandeln, welche er niemals drusenförmig bedeckt, sondern stets vollständig ausfüllt als weisse, grünlich- und gelblichweisse, muschlig brechende Masse. Auch sind die Mandeln häufig mit Grünerde erfüllt, oder hin und wieder bekleidet der rothe Eisenram die Wände der Mandeln und füllt sie zum Theil aus. Wichtiger ist die Ausfüllung mancher Mandeln durch Braunspath. Er zeigt eine röthlich - weisse bis fleischrothe und rothbraune Färbung, bildet nur vollständige Ausfüllun- — 141 — gen und zeigt daher keine einzeln ausgebildete Krystalle, sondern tritt als spathige und feinkörnige Masse auf. Er lässt sich vom Kalkspath leicht dadurch unterschei- den, dass-die einzelnen Mandeln nicht ein einziger Krystall sind, wie wir dies bei jenem an der vollkommenen, durch die ganze Masse hindurch gehende Spaltbarkeit sahen, sondern es sind unzählig viele kleine Krystalle, deren Spaltungsrichtungen verschiedene Neigung besitzen. So zeigt die Bruchfläche emer zerschlagenen Man- del bei dem eigenthümlichen lebhaften Glanze des Minerals selbst ein vielfaches Schillern als charakteristisches Merkmal für Braunspath. Ich habe auch ein Zusam- menvorkommen als Mandelausfüilung von Braunspath, Quarz und Aragonit einerseits und Braunspath mit Kalkspath andererseits einige Male beobachtet. Der Quarz und Aragonit bilden beim ersten Vorkommen den Kern der Mandel. Ersterer in deut- licher rauchgrauer Doppelpyramide ausgeschieden, letzterer in krystallinischen weis- sen, fast klaren Massen. Der Braunspath ist ziemlich hart. Bei der andern Aus- füllung bildet der Kalkspath eine schmale fast milchweisse und durchscheinende Umkleidung, die man fast für Chalcedon halten könnte, wenn die Struktur nicht spathig wäre, während der Braunspath den Kern der Mandel ausmacht. Bis zu einer gewissen Tiefe hin scheint der dichte Melaphyr von zahlreichen Spalten durchsetzt zu werden, welche durch die Substanz der zunächst sich dar- über lagernden Schichten des Rothliegenden ausgefüllt wurden. Hierdurch bekommt der Melaphyr ein conglomerat- und breccienartiges Ansehen, die grossen, eckigen Wacken des massigen Gesteins haben oft ihre eigenen Risse und Adern, so dass man beobachtet, wie ein solcher Gang die Mandeln durchsetzt. An dem Stück, an welchem ich dies beobachtete, hat bei dieser Gangbildung nicht die geringste Ver- schiebung stattgefunden. Diese Breccienbildung geht herab bis Nuss - und Erbsen- grösse und zeigen die Bruchstücke stets die Eigenthümlichkeiten des massigen Ge- steins. Ja die gröbsten Conglomeratmassen zeigen oft einen so frischen Melaphyr, als man nur mit grosser Mühe an dem wirklich massigen Gesteine schlagen kann, da die Einhüllung denselben vor Verwitterung bewahrtee Das Bindemittel dieser Breceienbildung ist eine feinkörnige, fast dichte bis grobkörnige Sandsteinmasse von dunkelbraunrother bis lichtgelblich und weisslich-rother Farbe. Ist das Bindemittel deutlich körnig, so bemerkt man auf den eingehüllten Bruchstücken die Eindrücke dieser Körner. An günstigen Puncten ist auch ein Uebergang von diesem breccien- artigen Gesteine in das Rothliegende zu beobachten, so an den Puncten, wo es in Berührung mit dem Hornsteinconglomerate kommt, indem das Bindemittel allmälıg ‚grobkörniger Sandstein und selbst Conglomerat wird, während sich die Melaphyr- — 12 — breecien verkleinern. Uebrigens ist diese Melaphyrbreecie ein äusserst festes Ge- stein, namentlich durch sein fast splittrig gewordenes Bindemittel. Bei Leimbach sind das linke Ufer der Wipper am Wege, der nach dem so- genannten Rödchen hinaufführt und die nach dem Wippergrunde gerichteten Ab- hänge westlich davon, die reichsten Fundpuncte für den Mandelstein. Die viel- fachen Entblössungen der Hohlwege nach dem Rödcehen und die steilen Abfälle der westlichen Gehänge lassen einen Mandelstein zu Tage treten, der ausgezeichnet und charakteristisch ist, theils durch seine Mandelausfüllungen, theils durch das schlak- kige Ansehen, theils aber auch durch die Breecienbildung, die oft sehr grosse Bruchstücke umschliesst, und dessen Bindemittel hier so grob conglomeratig wird, dass es Hornsteinknollen aus dem Rothliegenden enthält. Der Melaphyr verliert sich alsdann auf dem Wege nach dem Rödchen unter dem Ackerboden und man findet ihn erst dicht hinter diesem Gute im Wege anstehend. Hier bildet er einen isolirten Höhenzug, die sogenannte Rabenhöhe, der von Südwest nach Nordost ge- riehtet ist. Die stärkste Erhebung liegt an der nordöstlichen Spitze, wo er auch bedeutender nach dem Stockbachthale abfällt, während er sich an dem südwestlichen und südlichen Rande, nach einem allerdings etwas steileren aber bei weitem kür- zern Abfalle, in das Plateau verliert, auf welchem das Rödchen liegt. An dieser, aus drei Kuppen bestehenden Rabenhöhe tritt das Mandelsteineonglomerat auf, wel- ches sich bis in das Stockbachthal hinab zieht. Hier bildet der Melaphyr zunächst die sanften rechten Thalgehänge, und hebt sich dann in fast senkrechten Felsen am linken Ufer heraus, durch seine dunkle, schmutzig violette Färbung sich schon in der Entfernung verrathend. Es sind klippenförmig hervorragende Felsenwände, hinter denen sich nordwärts wiederum ein Plateau ausbreitet, so dass man, von Norden kommend, keine Erhebung wahrnimmt, sondern plötzlich an den schroffen Thalwänden steht. Das Gestein ist übrigens nur an den unmittelbaren Thalgehän- gen, als ein dichter Melaphyr mit sehr deutlichem Augit und gänzlich ausgefüllten Mandeln entblösst. Auch die Breecienbildung findet sich an dem östlichen, hervor- springenden Felsen und in der darauffolgenden Schlucht. Es lagert sich hier das Rothliegende an, ohne seine regelmässige Schichtung zu verlieren. Nahe unter dem Dorfe Meisberg, an dem rechten Gehänge des sogenannten Hadebornes, tritt nun ebenfalls der Melaphyr auf und scheint den ganzen Birkhügel zusammenzusetzen, denn man kann ihn bis an die äussersten Häuser des Dorfes verfolgen. Eine deut- liche Entblössung findet sich hier nicht, da der Birkhügel eine mit Buschwerk be- wachsene Höhe ist; auch scheint das Gestein hier mehr als an andern Orten ver- — 13 — wittert zu sein. Es ist ein Öonglomerat vom Mandelstein, der wenige, aber gänz- lich ausgefüllte Blasenräume hat. Die Höhen rechts vom Birkhügel bestehen aus dem Hornsteinconglomerat. Interessant ist das Vorkommen von Melaphyr, wenn auch nur gering an Aus- dehnung, am rechten Ufer der Wipper bei Hettstädt, nahe oberhalb der Stadt rechts von der Chaussee, in den Höfen der dort angebaueten Häuser. Man findet hier einen äusserst zerklüfteten Melaphyr, der Kalkspath in zahlreichen Trümen ent- hält, und auch Augit in deutlichen Ausscheidungen zeigt. Ueber ihn lagert in bedeutender Mächtiskeit das Rothliegende und der Zechstein, so dass man hier deutlich beobachten kann, wie der Mandelstein auch unter diesen Formationen fort- setzt. Den gewöhnlichen Begleiter an andern Puncten, das Hornsteinconglomerat, habe ich hier nicht angetroffen, wohl aber das obere, an weissen Quarzgeschieben reiche Conglomerat des Rothliegenden, welches sich hier unmittelbar auflagert, und in welches sogar die Kalkspathtrüme des Mandelsteins fortsetzen. Das Rothlie- gende ist in unmittelbarer Nähe so regelmässig gelagert, dass die meisten der neu- gebauten Häuser ihre Keller durch unterirdische Steinbrüche erhielten, in denen man das Material zu ihrem Aufbau gewann. Das Vorkommen des Mandelsteins un- ter dem Zechstein bestätigt sich noch durch die Erfahrungen, welche man hier vor 30 Jahren in einem Versuchsstollen machte, welcher in der Nähe sein Mundloch hat, sowie auch durch das Auffinden von Melaphyr im 16. Lichtloch des Johann - Friedrich-Stollens und in dem Brunnen des Vorwerks zum Welphesholze östlich von Hettstaedt. Alle Entblössungen, deren wir gedachten, eignen sich wenig dazu das La- gerungsverhältniss des Melaphyrs zum Rothliegenden und Zechstein mit Sicherheit ergründen zu können. Die Regelmässigkeit der umgebenden Schichten und das kuppenförmige Vorkommen des Melaphyrs in denselben legt wenigstens ein stock- förmiges Auftreten des letztern bei weitem näher als ein Eingelagertsein. Dieser Melaphyrstock dringt von den untersten Gliedern des Rothliegenden bis in die obersten Etagen dieser Abtheilung. Dem Alter nach könnte er daher, gleich dem Ilfelder Melaphyr, vielleicht m die Zeit der Zechsteinformation gesetzt werden. Auch die Uebereinstimmung, die zwischen der Haupterstreckung dieses Melaphyrs und dem Streichen des Rothliegenden und des Zechsteins statt findet, weist auf eine fernere Analogie in der Art und Weise, wie diese Gesteine empordrangen, hin. Jedoch scheint hierin ein Widerspruch mit der Thatsache zu liegen, dass Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 19 — 14 — in den obern Conglomeraten des Rothliegenden, wie es die Steinbrüche von Nek- kendorf bei Eisleben aufgeschlossen haben, Melaphyr-Bruchstücke enthalten, die dem Leimbacher Gestein sehr ähnlich sind; wenn nicht die Beobachtung eines Stei- gers, der in früheren Jahren diese Brüche viel besuchte, sich bestätigt, dass auch hier ein Melaphyrstock das Rothliegende durchstreicht. Mir hat es, trotz des eifri- gen Suchens‘, nicht gelingen wollen bis jetzt die von dem Steiger angegebene Stelle zu finden. Die Fortpflanzung und Entwicklung der Pupiparen Nach Beobachtungen an Melophagus ovinus. Von Dr. Rud, Leuckart in Giessen. Mit drei Tafeln Abbildungen. Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 20 . IT nllenh vn ie nn ug I Ban des % "ae Ah Bin in weh - a A ee 1 erh PT 1 Pa BIT ZZ ' ER EEE kula ve A chi du se A N na EETIERU ö sehr : or ae AU Pe. TEE ! Bu er Pe i PD IT va. a yı» 1, NN url: Ar WR TABLE Ir ©). ;.7 205 vr u Ar ee Ye, Ve OR a ee Al a A | OR AN "Au ke. A: | Pe PETE YET ey 7), IR N, A A a. äh N ANA TE „the een: =, ul och ol ee ' ih un ba f y \ TEIL ELLI N" i ‚re a ws rn hy N rar / x a ANTmeInG| Au ih ra Ara rc j an: HAVDORUNTEIR Re an vn u, Ka ke Nun me wor A u ni Ye Be na) F NEL Tara BE 2 kr sl h Aa RR j ; ik a i da 1 on a ib N RORIT RR EITTE A iM ai. Wu. i ö ru w ß N Hi Die zu der Gruppe der sogenannten Pupiparen gehörenden Schmarotzer- fliegen (Coriacea, mouches araigndes,) sind bekanntlich nicht bloss durch gewisse Eigenthümlichkeiten ihrer Organisation, sondern namentlich auch durch die Beson- derheiten ihrer Fortpflanzung im hohem Grade vor den übrigen Insekten ausge- zeichnet. Die Pupiparen sind Puppenleger, wie man gewöhnlich übersetzt, d. h. In- sekten, deren Brut im Puppenzustande geboren wird. Streng genommen ist: diese Angabe — und damit denn auch die von Zatreille herrührende Bezeichnung „Pupiparen“ — indessen nicht richtig. Die grossen weis- sen Körper, die statt der Eier von unseren Thieren gelegt werden, sind keine Puppen, sondern vielmehr, wie wir uns später durch eine nähere Untersuchung überzeugen werden, Larven, die sich erst nach einiger Zeit in Puppen verwan- deln. Freilich ist diese Metamorphose nur wenig auffallend, theils weil die betref- fenden Larven durch Form und Unbeweglichkeit von den Larvenzuständen der übri- gen Insekten sich nicht unbeträchtlich unterscheiden, theils auch desshalb, weil die Puppen unserer Thiere nach Art der sogenannten Tonnenpuppen zeitlebens von der Larvenhaut bedeckt bleiben. Will man den Beginn des Puppenlebens, wie sonst bei den Insekten, von der Entwicklung der charakteristischen Puppen form abhängig machen, dann tritt derselbe bei unsern Pupiparen erst mehrere Tage (im Spätherbst selbst Wochen) nach der Geburt ein. Die Puppenhaut scheint sich in- dessen früher zu bilden'), wenigstens weist der Umstand, dass sich die Larvenhaut schon einige Stunden nach der Geburt zu bräunen beginnt, darauf hin, dass sich dieselbe durch Bildung einer neuen Hülle (Puppenhaut) von der eigentlichen Kör- permasse abgetrennt habe. Wenn wir die Eigenthümlichkeiten des Fortpflanzungsgeschäftes bei den Pu- piparen auf ihr rechtes Maass zurückführen, so finden wir, dass es eigentlich nur die ungewöhnlich lange Dauer der Trächtigkeit ist, durch welche sich 1) Ich bemerke übrigens bei dieser Gelegenheit, dass ich die Metamorphose der Pupiparen nicht näher untersucht habe. 2,” — 148 — unsere Thiere von den übrigen viviparen Insekten unterscheiden. Während die letztern ihre Brut meist unmittelbar nach dem Ausschlüpfen aus den Eihüllen oder, was so ziemlich dasselbe besagt, nach eben vollendeter embryonaler Entwicklung ablegen, gebären die Pupiparen eine ausgewachsene Larve, die ein Entwicklungs- stadium repräsentirt, welches sonst bei den Insekten erst nach einer längeren Zeit des freien Lebens erreicht wird. Dass die Pupiparen dabei immer nur ein einziges Junges gebären, iist von geringem Belang und erklärt sich zur Genüge aus der Grösse der Ansprüche, welche die Entwicklung eines solchen Thieres an seine Mut- ter macht. Die neugeborne Larve von Melophagus wiegt 0,0084 Gr., während die Mutter selbst ein Reingewicht von 0,013 hat!); nehmen wir nun an, dass der Me- lophagus, was gewiss nicht zu hoch veranschlagt ist, jährlich vier solcher Larven produeire, so bekommen wir die Formel 0,013 : 0,02 — 100 : 170. Hundert Gram- mes Melophagus produeiren also jährlich 170 Gr. Bildungssubstanz; ein Verhältniss, welches sogar grösser ist als bei den meisten übrigen Insekten, indem z.B. ein Seidenschmetterling von 0,6 Gr., der 350 Eier legt, auf 100 Gr. nur 41 Gr., oder eine Heuschrecke von 1,45 Gr. bei 150 Eiern nur 100 Gr. Bildungssubstanz er- übrigt?). Die ersten Nachrichten über das sonderbare Brutgeschäft der Pupiparen ver- danken wir Reaumur, der seine Beobachtungen über diese Thiere in einem eigenen Abschnitt seiner berühmten Monographien (M&m. pour servir & Thist. des Ins. VI. p- 569 — 608. Pl. 48.) niedergelegt hat. Bereits Reaumur erkannte, dass der von den trächtigen Pupiparen abgelegte grosse Körper kein Ei sei, wie die Eier der übrigen Insekten, sondern ein lebendiges Geschöpf darstelle?), das man nach seinen Schicksalen als Puppe, wenn auch nur als eine unvollständig entwickelte Puppe 1) Aus diesen Gewichtsverhältnissen ersieht man auch, dass es nicht ganz richtig ist, wenn man (nach Reaumur) gewöhn- lich behauptet, dass die neugeborne Larve der Pupiparen die Grösse ihrer Mutter besässe. Der junge eben aus der Puppe ausge- schlüpfte Melophagus ist allerdings kleiner, als die Larve (er wiegt nur 0,005 Gr.), allein derselbe wächst erst eine Zeitlang, bevor er die Fähigkeit der geschlechtlichen Fortpflanzung erlangt. 3) Man vergleiche hierbei meine Berechnungen in Wagner’s Handwörterbuch der Physiol. Art. Zeugung IV. S. 718., wobei jedoch zu bemerken ist, dass das Gewicht des Seidenspinners und der Heuschrecke daselbst als Reingewicht etwas zu hoch (Seidenspinner — 1,2, Heuschrecke = 2 Gr.) angegeben ist. 2) Aus Bonnet’s Consider, sur les Corps organ. II. p. 164. erfahren wir übrigens, dass R, anfänglich den betreffenden Kör- per für ein wirkliches Ei hielt und erst durch Bonnet’s Bedenken veranlasst wurde, seine Ansicht über die Natur desselben zu än- dern. Auch in dem oben citirten Mem. wird die Larve gelegentlich noch „oeuf‘“‘ geheissen. (Uebrigens nennt Redi die Tonnen- puppen unserer gemeinen Fliegen gleichfalls ‚‚Eier.‘‘) — 19 — („eomme une nymphe, quoiqu’ imperfaite“) betrachten dürfe'). Freilich sind die Gründe, die Reaumur für seine Ansicht anführt, fast ausschliesslich inductiver Art; sie beschränken sich zunächst und vorzugsweise auf die Analogie der betreffenden Gebilde mit den Tonnenpuppen unserer gemeinen. Fliegen. Einige leise Bewegun- gen, die hier und da an neugeborenen Jungen beobachtet worden, mussten die An- sicht, dass es sich hier um lebendige Thiere?) handle, natürlich noch weiter unter- stützen, obwohl die anatomischen Untersuchungen des Verf. zu keinem bestimmten Resultate hinführten. Jdaumur fand im Innern der Larve allerdings zwei Paar weite Längsröhren, die er für Tracheen zu halten geneigt war, aber weitere Organe liessen sich nicht auffinden. Die ganze Körpermasse schien vielmehr aus einer gleichförmigen Substanz („une espece de bouillie blancheätre“) gebildet zu sein, die nur an den Wänden eine etwas grössere Consistenz besitze. Unter den Nachfolgern Reaumur’s nenne ich besonders Bonnet, de Geer, La- treille. Sie theilten alle drei die Auffassung von Reaumur, waren aber ausser Stande, den Angaben desselben etwas Neues von Bedeutung hinzufügen. Obgleich es andrerseits nun auch gelegentlich nicht an Versuchen fehlte, die Fortpflanzungsverhältnisse der Pupiparen in einer von Adaumur verschiedenen Weise aufzufassen®), so schien die Naturgeschichte dieser Thiere doch im Allgemeinen ziemlich festgestellt zu sein, bis etwa vor zehn Jahren der bekannte französische Entomotom ZL. Dufour die ältern Beobachtungen wieder aufnahm (Sur les pupipares, in den Ann. des scienc. nat. 1845. T. III. p. 49 ff). Unerwarteter Weise führten diese Untersuchungen zu einem ganz abweichenden Resultate. Der in der Zerglie- derung der Insekten so sehr erfahrene Beobachter erklärte, nicht die geringste Aehnlichkeit zwischen dem Inhalte des trächtigen Fruchthälters bei den Pupiparen (Melophagus) und einer Larve finden zu können. (,„Rien, absolument rien, ne na donne Tidde d’une larve.“) Er nennt den betreffenden Körper allerdings einen „Fötus“, behauptet aber, dass derselbe keinerlei Organisation besitze, sondern aus einer homogenen Pulpa bestehe, im der sich nur gegen Ende des Uterinlebens ein 1) Auf Grund dieser Verhältnisse schlägt auch schon Keaumur für unsere Thiere den Namen ‚‚Insectes nymphipares‘‘ (oder boulipares) vor, der indessen in der systematischen Zoologie keinen Eingang gefunden hat, obwohl ihm eigentlich vor dem gleich- bedeutenden Namen „Pupiparen‘“‘ die Priorität gebührt, 2) Reaumur nennt dieselben an einigen Stellen geradezu auch „vers‘‘ d, h, Maden. 3) Ich erinnere hier nur an Nilzsch, nach dem „das Ei der Pupiparen mit Puppengrösse geboren wird, so dass dieselben weder sichtliche Verwandlung noch Häutung erfahren“, Darstellung der Familien und Gattungen der Thierinsekten (aus Germar's und Zinken’s Magaz. für Entomologie III.) 1818. S. 27. — BI — Paar luftführende Längsgefässe hervorbildeten. Ueberdiess soll sich dieser Fötus nicht, wie sonst bei den Insekten, aus einem Eie entwickeln, sondern von An- fang an schon als solcher im Ovarium angelegt werden, trotzdem aber, nach Art eines Eies, zu seiner vollen Ausbildung der Befruchtung bedürfen. Dass die Pupi- paren überhaupt ein Ei produciren, stellt Verf. geradezu in Abrede. („Les pupi- pares ne produisent jamais un veritable oeuf“.) Dagegen soll der Embryo — eine neue Eigenthümlichkeit unserer Thiere — bis zur Bildung der Tracheen durch eine förmliche Nabelschnur („cordon ombilical“) mit dem Ovarium zusammenhän- gen. Was die weitere definitive Entwicklung betrifft, so geschieht diese, nach un- serem Verf., erst nach der Geburt des Fötus, und zwar dadurch, dass sich im In- nern desselben („au milieu du chaos pulpeux“) ohne Weiteres die äusseren und in- neren Organe einer Puppe anlegen. Trotz der Bestimmtheit, mit der alle diese Angaben gemacht sind, haben sich dieselben doch keineswegs eines besonderen Anklangs erfreuen können. Abge- sehen von den mancherlei einzelnen Unwahrscheinlichkeiten der Dufour'schen Dar- stellung, schien es dem unbefangenen Verstande kaum zulässig, dass die Pupiparen, die doch sonst in allen wesentlichen Zügen mit den übrigen Insekten übereinstimm- ten, in Betreff ihrer Fortpflanzung eine so völlig exceptionelle Stellung einnehmen sollten. Leon Dufour war freilich vor dieser Consequenz nicht zurückgeschreckt, „On voit, sagt er (l. c.), que ces insectes sont dans une condition exceptionelle. Ainsi ils ne comptent) ni dans les Ovipares, ni dans les Vivipares, ni dans les Gemmipares, les trois modes de generation, qui se partagent Tensemble de la zoo- logie.“ Dazu kam, dass die Angaben unseres Verf. bald nach ihrer Publication eine Entgesnung von Blanchard hervorriefen, durch welche (Institut, 1846. Nr. 630.) der wesentlichste Inhalt derselben in Frage gestellt wurde. Blanchard behauptete nämlich, im Gegensatze zu Dufour, dass der im Fruchthälter der Pupiparen sich entwickelnde Körper eine vollständige Larve sei, wie sie aus den Eiern der übrigen Dipteren hervorkomme. Er wollte an derselben sogar einen hornigen, braun gefärbten Kopf unterscheiden können und im Innern ausser den beiden Längstracheen auch noch das im Vorderleibe zusammengedrängte Nervensystem aufgefunden haben. Nur der Darmkanal sollte diesen Larven abgehen und durch einen Haufen feinkörniger Masse vertreten sein. Es scheint übrigens, als wenn diese kurzen und aphoristischen Mittheilungen.. nur einer ziemlich flüchtigen Untersuchung ihren Ursprung verdankten, denn sonst — Bl — würden dieselben wohl erschöpfender und zum Theil auch richtiger gelautet haben. Doch in der Hauptsache hat Dlanchard gegen Dufour (der freilich noch immer an seiner früheren Ansicht festhält: Mem. present. & Tacad. de Instit. 1851. p. 316) vollkommen Recht: der Inhalt des Fruchthälters besteht bei den Pu- piparen aus einer Larve, wie wir oben schon hervorgehoben haben. Auch noch in anderer Beziehung erweisen sich die Angaben von Leon Dufour als| irr- thümlich, denn die Larven unserer Pupiparen entwickeln sich ganz, wie bei den übrigen Insekten, aus einem befruchteten Eie und sind niemals durch eine Nabel- schnur mit ihrer Mutter in Zusammenhang. Allerdings erhalten die Larven im In- nern des mütterlichen Körpers eine bedeutende Zufuhr von Bildungs- oder Nah- rungssubstanz, aber diese geschieht ganz einfach, wie wir uns überzeugen wer- den, durch Hülfe der Mundöffnung, auf eine Weise also, die unsere Thiere auch in dieser Hinsicht den gewöhnlichen, frei lebenden Larven der übrigen Insekten weit mehr annähert, als man es bei ihrem foetalen Aufenthalte von vorn herein ver- muthen sollte. Obgleich sich somit nun das Fortpflanzungsgeschäft der Pupiparen im We- sentlichen den gewöhnlichen Gesetzen der Insektenentwicklung anschliesst, bietet es im Einzelnen doch eine ganze Reihe von eigenthümlichen und interessanten Verhält- nissen, die es, glaube ich, zur Genige rechtfertigen, wenn ich dasselbe hier zum Gegenstande einer speciellern Darstellung mache. Ich beginne dabei mit der Be- schreibung der weiblichen Geschlechtsorgane und ihrer Producte, wende mich so- dann zu der anatomischen Untersuchung der Larve und ziehe schliesslich auch noch die embryonale Entwicklung in den Kreis meiner Darstellung'). 1. Die weiblichen Geschlechtsorgane der Pupiparen und deren Producte. „Je ne connais, ni parmi les Dipteres, ni dans les autres ordres, aucun in- sect, ou l’etude de cet appareil exeite un aussi piquant interet par sa forme, sa composition et sa structure.“ Mit diesen Worten beginnt Leon Dufour (1. c. p. 76) 1) Ich habe diese Puncte bereits im Jahre 1854 auf der Göttinger Naturforscherversammlung in einem kurzen Vortrage be- handelt, auch einen Theil derselben später durch meinen hochgeehrten Freund, Herrn Prof. van Beneden, der Belgischen Akade- mie zur Mittheilung gebracht (Bull. Acad. des sc. de Belg. 1855. N. 21.), bemerke dabei aber, dass meine weitern Untersuchun- gen mich über das Verhältniss der Larve zu ihren Eihäuten inzwischen eines Bessern belehrt haben. m seine Darstellung vom Bau der weiblichen Geschlechtsorgane bei Melophagus. Wenn ich dieselben hier gleichfalls meiner Beschreibung voransetze, so habe ich dazu vielleicht noch mehr Recht, als der französische Entomotom, denn ich darf wohl behaupten, dass die auffallendste Eigenthümlichkeit dieses Apparates, der Bau des Eierstockes, den Beobachtungen desselben entgangen ist. Schon mehrfach ist von verschiedenen Seiten (Nitzsch, Latreille, Leon Dufour) die Aehnlichkeit des weiblichen Geschlechtsapparates bei den bekannteren Pupipa- ren mit dem des menschlichen Weibes hervorgehoben worden, und in der That kann man sich bei oberflächlicher Betrachtung desselben, besonders im trächtigen Zustande, dieses Vergleiches kaum enthalten. Wie bei dem Weibe sieht man auch bei den Pupiparen zwei kleine Eierstöcke von länglich ovaler Gestalt, deren kurze Ausführungsgänge in einen mächtig entwickelten unpaaren Fruchthälter hinemführen (Tab. I. Fig. 1—4.). Aber bei näherer Untersuchung schwindet der Anschein einer solchen Aehnlichkeit. Man überzeugt sich dann immer mehr, dass unsere Puvipa- ren auch in Betreff ihres weiblichen Genitalapparates den übrigen Insekten sich an- schliessen, wenngleich die Züge des hier sonst gewöhnlichen Baues durch man- cherlei auffallende Modificationen in eigenthümlicher Weise versteckt sind. Was man nach Gestalt und Function dem menschlichen Uterus vergleichen möchte („matrice“ Leon Dufour), ist in Wirklichkeit die Scheide der Pupiparen, wie schon v. Siebold (Müiller's Archiv für Anat. u. Physiol. 1837. 8.426. Anm.) ganz rich- tig erkannt hat, ein Gebilde also, das ganz allgemein bei den weiblichen Insek- ten vorkommt und auch bei den übrigen viviparen Arten als Fruchthälter zu die- nen bestimmt ist. Auf diese Scheide folgt bei den weiblichen Insekten nach innen zunächst der sogenannte unpaare Eiergang; auch unsere Pupiparen besitzen ein derartigesOrgan in Gestalt eines kleinen birnförmigen Behälters, der sich (Fig. 5.) zwischen die Ausführungsgänge der beiden Eierstöcke und das obere, scharf mar- kirte Ende der Scheide einschiebt, abweichender Weise aber — das einzige Bei-‘ spiel dieser Art — als Samentasche fungirt. Schon v.Sebold hat diese Thatsache ausser Zweifel gestellt; derselbe irrt nur insofern, als er die morphologische Ueber- einstimmung des betreffenden Organes mit dem unpaaren Genitalgange der übrigen weiblichen Insekten verkennt und dasselbe (wenigstens vergl. Anatomie der Wirbel- . losen 8. 644.) als „oberes Ende der Scheide“ in Anspruch nimmt. Was nun end- lich die beiden Eierstöcke betrifft, die bisher ganz allgemein (auch von v. Siebold) als einfache oder einkammerige Röhren bezeichnet wurden, so bestehen diese nach meinen Untersuchungen bei Melophagus (Fig. 6.) aus zwei kurzen und zweikammeri- — 13 — gen Eiröhren, die jedoch nicht frei und isolirt neben einander liegen, sondern von einem gemeinschaftlichen, stark muskulösen Ueberzuge eingekapselt sind und da- durch denn die bekannte ovale Form bekommen, durch die sich die früheren Ana- tomen bei ihren Untersuchungen haben täuschen lassen. Uebrigens scheint es, als wenn die verschiedenen einzelnen Typen der Pupiparen gerade in Betreff dieser Eier- stöcke mancherlei Differenzen darböten. Wenigstens finde ich bei dem sonderbaren Bienenschmarotzer Braula, der bestimmt den Pupiparen zugehört'), in den Ovarien jederseits zwei dreikammerige schlanke Eiröhren, die nur durch wenig muskulöses Zellgewebe mit einander verbunden sind und sich unter solchen Umständen kaum von der gewöhnlichen Bildung der Eierstöcke bei den Insekten unterscheiden. Wenn wir die Ovarien unseres Melophagus später noch specieller zu beschreiben haben, werden wir übrigens sehen, dass die mächtige Entwicklung der äusseren Eiröhrenkapsel nicht die einzige Auszeichnung der betreffenden Theile ist, dass viel- mehr auch das Verhältniss dieser Eiröhren zu dem unpaaren Genitalgange ganz eigenthümlich sich gestaltet und anders, als bei den übrigen Insekten, selbst Braula nicht ausgenommen. Bevor sich das untere Ende der Samentasche mit der Scheide verbindet, in- seriren sich auf der Dorsalfläche des Geschlechtsapparates bei den Pupiparen (Fig.1.) zwei Drüsenpaare, von denen sich besonders das eine, untere, durch Grösse und baumförmige Verästelung auszeichnet. (Bei Braula finde ich hier nur ein einziges, zweihörniges Drüsenpaar.) Wir werden den feinern Bau dieser Anhangsdrü- sen später noch besonders kennen lernen. Hier bloss dieBemerkung, dass die untere dieser beiden Drüsen (glande sebifique L. D.), wie schon v. Siebold ganz recht ver- muthete, eine Art Milchdrüse darstellt, indem das Secret derselben der jungen Larve während des Aufenthaltes in der Scheide zur Ernährung dient. Die Bedeutung der oberen Drüse ist weniger klar, doch glaube ich kaum, dass ihre Function von der der unteren Drüse verschieden ist. Jedenfalls ist es unrichtig, sie mit Dufour als „Samentasche* zu bezeichnen, denn Samenfäden sind in dieser Anhangsdrüse nie- mals aufzufinden. Weit eher könnte man sie noch der sonst gewöhnlich mit dem 1) Ich habe bei diesem schon von AReaumur, Huber u, A. beobachteten und auch abgebildeten Thierchen (über die man be- sonders Egger in den Verh. des bot.-zool. Vereins zu Wien II. S. 401 vergl.) nicht nur in unverkennbarer Weise den den Pupi- paren eigenthümlichen Bau der weiblichen Geschlechtsorgane gefunden, sondern auch mehrere Male ein (befruchtetes und theilweise entwickeltes) Ei in der Scheide angetroffen. Ah. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 21 —Bi — Samenbehälter der Insekten verbundenen Anhangsdrüse vergleichen, obwohl ihre Insertion kaum für solche Deutung zu sprechen scheint '). Die Lage der Geschlechtsorgane ist an der Bauchfläche des Körpers, dicht auf den Chitin-Bedeckungen, durch die man auch die trächtige Scheide mit ihrem Inhalt nach Aussen sehr deutlich hindurchschimmern sieht. Zwei ziemlich ansehn- liche Tracheenstämme, die aus dem letzten Thoracalstigma und dem ersten Abdo- minalstigma hervorkommen und fast parallel nach hinten laufen (Fig. 2, 5), dienen zur Befestigung derselben. Sie verbreitern sich an der vordern Hälfte der Scheide und geben auch an die Ovarien einige Aeste ab. Dazu kommen noch zwei platte Muskelpaare, die mit dem hintern Dritttheil der Scheide, und zwar der Bauchfläche derselben, in Verbindung stehen, ein vorderes langes und bandartiges Paar, ein Re- tractor vaginae, der in dem Vordertheile des Abdomen entspringt und convergirend von da herabläuft, und ein hinterer kurzer Protractor, der divergirend von der Scheide in das hintere Ende des Körpers sich verfolgen lässt. Auch einige ganz . ansehnliche Nervenstäimme sieht man von vorn aus der Brusthöhle an die Ge- schlechtsorgane hinantreten. Auf solche Weise ist nun die Scheide von allen Theilen des Geschlechtsap- parates am meisten befestigt, doch so, dass die Ausdehnung derselben während der Trächtigkeit in keiner Weise behindert is. Die Samentasche und die Ovarien sind viel freier beweglich; sie krümmen sich (Fig. 5.) während der Trächtigkeit nach dem Rücken empor und legen sich dabei dicht an das vordere abgerundete Ende der Scheide. Der ungewöhnlich lange Chylusmagen, der im jungfräulichen Zu- ‚stande mit seinen Windungen die ganze Rückenfläche des Geschlechtsapparates be- deckt, weicht während der Trächtigkeit iminer mehr nach rechts und links aus, so dass der Rücken der Scheide allmählig ganz entblösst wird und mit den Chitinhüllen in unmittelbare Berührung tritt. Die grossen, baumartig verästelten Anhangsdrüsen liegen. gleichfalls in den Seitentheilen des Abdomen und bilden hier unterhalb des Chylusdarmes eine ansehnliche mit Tracheen, Nervenfäden und Fettzellgewebe vielfach durchzogene Masse. 1) Die obigen Bemerkungen waren schon längst niedergeschrieben, als ich Vict. Carus Icones zoot. erhielt und hier Tab. XVI. Fig. 1. eine ziemlich rohe Abbildung der weiblichen Geschlechtsorgane von Melophagus nach einer Originalzeichnung von Prof. Stein fand, Die beigegebene Erklärung involvirt insofern einen Rückschritt, als hier mit Nichtachtung der v. Siebuld’schen Untersuchun- gen — die Milchdrüse der Pupiparen als „‚Receptaculum seminıs“ bezeichnet ist. Die Grenze zwischen Scheide und unpaarem Eileiter ist richtig angegeben, die obere Drüse als „Anhangsdrüse“* bezeichnet. Die Ovarien werden als „einfache Eiröhren “ ge- deutet, — 15 — Das Voranstehende sollte dazu dienen, uns über die allgemeinern Verhält- nisse des weiblichen Genitalapparates bei unsern Thieren zu orientiren und .die spe- ciellere Betrachtung der einzelnen Theile einzuleiten, zu der wir jetzt übergehen. Eierstöcke mit ihren Producten. Es ist schon oben von mir erwähnt worden, dass es unrichtig sei, wenn man die Ovarien der Pupiparen, wie es bisher geschah, als einfache Kapseln beschreibt, in denen immer nur ein emziges Ei ent- wickelt werde. Die Ovarien von Melophagus — und ebenso verhalten sich sonder Zweifel auch die der übrigen Hippoboseiden — umschliessen vielmehr (Fig. 8.) zu diesem Zweck vier Eikeime, aber unter diesen ist beständig der eine so weit und auffallend vor den übrigen entwickelt, dass die letztern sich leicht der Untersuchung entziehen können. Von dem Entwicklungsgrade dieses einen Eies hängt auch die Grösse und die Gestalt des ganzen Ovariums ab. Wenn sich die Muskeldecken des- selben nach dem Austritte eines reifen Eies stark zusammengezogen haben, wie beim Beginn der Trächtigkeit, dann misst das Ovarıum höchstens 0,6 Mm. in Länge und weniger als die Hälfte in Breite. Es hat dabei eine bimförmige Gestalt, indem das freie Ende, das die jüngern Keime enthält, viel schlanker ist, als die Basis, die den reifern Eikeim in sich einschliesst und mittelst eines engen und kurzen Halses, des Eileiters, in die Samentasche mündet. Wegen der geringen Anhäufung von Dottersubstanz ist das Aussehen des Ovarıums dabei hell und durchschemend. Aber ganz anders gestalten sich diese Verhältnisse gegen Ende der Träch- tigkeit, wo in der Regel bereits ein vollständig entwickeltes neues Ei der Ueber- führung in den Fruchthälter entgegenharrt. Zu dieser Zeit misst das Ovarium bis an 2 Mm. Länge und 0,8 Breite. Es hat dabei eine langgestreckte, bohnenförmige Gestalt mit einer stärker gekrümmten und einer etwas concaven Fläche, welche letztere sich dem ausgedehnten Scheidengewölbe anschmiegt. Der Eileiter ist fast vollständig verstrichen, so dass die Basis des Ovariums unmittelbar an der Samen- tasche ansitzt. Der ganze Innenraum desselben ist von dem reifen Eie ausgefüllt, das hintere, früher etwas zipfelförmige Ende nicht minder als die Basis; die Ei- keime sind dicht an die Wand gedrängt und bilden hier ein Paar helle höckerför- mige Auftreibungen, während die gesammte übrige Masse des Ovariums von dem durchscheinenden Dotter eine milchweisse Färbung: besitzt (Fig. 8.). Ich habe hier die Verschiedenheiten in Grösse, Form und Aussehen der Ovarien beschrieben, als wenn dieselben an den beiden Eierstöcken der Pupiparen gleichzeitig vor sich gingen. Aber dem ist nicht so. Da die Pupiparen immer nur einen einzigen Embryo im Innern einschliessen, so entwickelt sich auch immer nur 2u* — B6 — ein einziges Ei und dieses abwechselnd bald in dem rechten, bald in dem linken Ovarium. Daher kommt denn auch die Ungleichheit im der Entwicklung der bei- den Eierstöcke, die von den frühern Beobachtern ohne Ausnahme (selbst schon von Reaumur, der sonst freilich nur sehr unvollkommene und irrige Ansichten über den Bau und die Bedeutung der betreffenden Organe besass) hervorgehoben wird und als eine charakteristische Eigenthümlichkeit der Pupiparen gilt (Fig. 1—4.). Die Grösse dieser Unterschiede wird am besten aus der nachfolgenden Ta- belle hervorgehen. Durchmesser des grossen Ovariums. | Durchmesser des kleinen Ovariums. Längendurch- Breitendurch- Längendurch- Breitendurch- 0,9 | 0,45 0,6 | 0,3 1 0,5 0,5 0,3 12 0,6 0,6 0,35 1,5 0,7 0,7 0,37 1,7 0,78 0,8 0,42 1,8 0,8 0,8 0,47 2 0,8 0,9 0,5 Nach den obigen Bemerkungen steigt die Grösse der Ovarien natürlich mit der Dauer der Trächtigkeit: je kleiner die beiden Ovarien sind, desto jünger ist im Allgemeinen der Embryo. In dem ersten der oben angeführten Fälle war der- selbe noch in seiner primitiven Eihülle eingeschlossen, während in dem letzten Falle eine bereits völlig ausgewachsene Larve vorhanden war, die bei einer Breite von 2,7 Mm. eine Länge von 3,7 besass. In den übrigen Fällen mass die Larve 2,5 Mm., 2,7 Mm., 3 Mm., 3,2 Mm. und 3,4 Mm. in Länge, 1,5 Mm., 1,8 Mm., 2 Mm., 2,3 Mm. und 2,5 Mm. in Breite, Bei der Production der reifen Eier alterniren übrigens nicht bloss die beiden Eierstöcke, sondern auch die beiden Eiröhren eines jeden Eierstockes, wie man aus den Grössenverhältnissen der in denselben vorhandenen Eikeime mit aller Be- stimmtheit schliessen kann. So hatzum Beispiel in einer Eiröhre der untere Eikeim 0,9 Mm. in Länge und der obere 0,2, während in der zweiten Eiröhre desselben Ovariums der untere Eikeim = 0,3 und der obere = 0,1 ist. Ebenso misst bei Anwesenheit eines reifen Eies von 1,7 Mm. der untere Eikeim der zweiten Eiröhre 0,6, während die obern Eikeime 0,25 und 0,19 betragen. Wenn wir demnach die — b1 — beiden Eierstöcke mit A und B, die beiden Eiröhren mit « und 5 bezeichnen, so bietet uns die Formel As BastıAb-EiBb; Aa ..... die Reihenfolge, im der die einzelnen Eier sich lösen. Wir können in diese Formel auch noch die beiden Eikeime der einzelnen Eiröhren mit « und £ aufnehmen und erhalten dann Aaa« + Baa + Aba + Bba + Aaß + Baß + Ab8ß + BbB + Aay..... wobei y den während der letzten Reifung von « allmählig neu entstehenden fünf- ten Eikeim bedeutet. Der Inhalt der beiden Ovarien reicht also für acht Eier aus, nicht bloss für zwei, wie v.Siebold (Müller's Arch. a. a. O.) in Uebereinstimmung mit seinen irrthüm- lichen Ansichten von dem Bau dieses Gebildes behauptete. Um übrigens die allmählige Entwicklung und Reifung der Eikeime gehörig zu erkennen und auch eine nähere Einsicht in den Bau und die histologischen Ver- hältnisse des Ovarıums zu gewinnen, genügt es nicht, dieses Gebilde bloss von Aussen zu betrachten. Es bedarf zu diesem Zwecke einer weitern Bearbeitung mit der Präparirnadel, die freilich wegen der Anspannung der Häute und der leichten Verletzlichkeit der Eihülle keineswegs ganz leicht ist. Zunächst gelingt es auf diese Weise die äussere Bierstockshaut isolirt zur Untersuchung zu bringen. Nach der frühern Annahme vom Bau des Ovariums würde man in dieser Haut eine Drüsenfläche vermuthen müssen, allein bei näherer Untersuchung wird man darin alsbald eine Muskelhaut erkennen, die wohl zum Austreiben der Eier dienen kann, aber mit der Bildung derselben nichts gemein hat. Die Fasern dieser Muskelhaut liegen übrigens nicht, wie wohl sonst, in meh- rern Schichten mit verschiedenem Lauf isolirt neben einander, sondern sind durch äusserst zahlreiche Verästelungen und Anastomosen zu einem Netzwerke verbun- den, dessen gröbere und feinere Maschen fast wie die Oeffnungen einer gefensterten Membrane aussehn, zumal die Fasern dabei von oben nach unten bandartig abge- plattet sind (Tab. 1. Fig. 14.). Verästelte Muskelfasern sind bei den Insekten be- kanntlich nicht eben selten, auch hier und da wohl (besonders reich an den Ge- schlechtsorganen) durch Anastomosen verbunden, aber eine so auffallende Netzbil- dung, wie hier an dem Ovarium von Melophagus, ist mir bis jetzt noch nirgends an einer Muskelhaut aufgestossen, auch meines Wissens von Niemand anders be- obachtet. In der Breite zeigen die einzelnen netzförmig verbundenen Fasern sehr beträchtliche Unterschiede; die Hauptstimme, die meist auch deutlich quergestreift — — sind, messen nicht selten 0,018 Mm., während die feinern Verästelungen vielleicht . nur 0,003 haben. Zwischen diesen Extremen finden sich alle möglichen Uebergänge. Doch nicht etwa so, dass die diekern und dünnern Fasern nur immer durch Fa- serzüge mittlern Calibers mit einander verbunden wären; man sieht vielmehr nicht selten aus einem dieken Stamm unmittelbar eine Anzahl der feinsten Reiserchen ausstrahlen. Wo eine mehr baumartige Verästelung stattfindet, ein dicker Stamm sich vielleicht in eine ganze Anzahl Zweige auflöst, da findet sich nicht selten ein einzelner ovaler ‘Kern, so dass man dadurch an jene strahlig verästelten. Muskelzellen erinnert wird, die ich an einem andern Orte (Zool. Unters. III. 8.15) aus dem Hautmuskelschlauche der mit glatten Fasern versehenen Firolaceen be- schrieben habe. Die feinern Muskelfasern sind meist ohne deutliche Querstreifung und mitun- ter nur schwer von den hellen Nervenfasern zu unterscheiden, die mit ihren hirsch- geweihartigen Verästelungen sich in Menge auf dem Muskelgewebe verbreiten. In der Regel aber sind letztere schärfer contourirt, als die nur mit einer dünnen und { blassen Scheide versehenen Muskelfasern, auch meist nach einem merklich andern . Typus verästelt. Die Kerne der Nervenfasern, die in den Theilungswinkeln liegen, sind iiberdiess kleiner und oftmals von spindelförmiger Gestalt. Die Innenfläche dieser Muskelschicht (zu deren Untersuchung sich am besten mässig ausgedehnte Ovarien eignen) liegt auf einer derben und glatten Chitinhaut, die sich in die Tunica intima des gesammten übrigen Geschlechtsapparates fort- setzt, wie denn auch die Muskelschicht des Ovariums mit dem äussern Muskel- überzuge der angrenzenden Theile, zunächst des Samenbehälters, in continuirlicher Verbindung steht. Uebrigens scheint es, als wenn auch äusserlich auf dem Mus- kelnetze des Ovariums noch eine zarte und structurlose, hier und da gekernte Pe- ritonalschicht vorkäme, die mit dem äussern Ueberzuge der Tracheen zusammen- hängen dürfte. Wenigstens beobachtet man in der Profillage der kleinen Ovarien auf der zusammengezogenen Muskelschicht zahlreiche kleine und helle Hervorragun- gen, die mitunter einen Kern enthalten und dann fast zellenartig aussehen, trotzdem aber blosse Faltungen und Runzelungen zu sein scheinen. An den flächenhaft aus- gebreiteten äussern Hüllen des Eierstockes habe ich niemals eine zellige Bildung wahrnehmen können. Die beiden Eiröhren liegen völlig frei im Innern dieser Muskelhaut oder sind vielmehr nur (Fig. 6.) mit dem äussersten Ende derselben verbunden. Sie re- präsentiren gewissermaassen eine röhrenförmige Einstülpung der structurlosen Tu- ET a Aa — 19 — niea intima, mit zweien Anschwellungen und einem freien untern Ende, wie man icht bloss nach der Zerreissung des Ovariums an gelungenen Präparaten mit vol- ler Bestimmtheit beobachtet, sondern auch mitunter schon durch die äussern Be- deckungen hindurch ganz deutlich wahrnehmen kann (Fig. 8.). Die Befestigung der beiden Eiröhren ist in der Spitze des Ovariums, so dass die untern Aufschwellun- gen, die die reifern Eikeime enthalten, der Einmündungsstelle in die Samenblase zugekehrt sind. Ich habe die Eiröhren als Einstülpungen der Tunica intima bezeichnet. In der That bestehen dieselben aus einer hellen und structurlosen Membran, die in jeder Beziehung mit dieser Tunica intima übereinstimmt und auch an der Befesti- gungsstelle continuirlich in dieselbe übergeht. Die den Eikeimen zugekehrte Innen- fläche trägt eine Zellenschicht, wie wir sie auch sonst in den Eiröhren der Insekten antreffen, nur dass die Beschaffenheit der Zellen, je nach der Entwicklung der Ei- keime, mancherlei Verschiedenheiten darbietet (vgl. Taf. I. Fig. 6.). So lange diese Eikeime noch klein und unentwickelt sind, haben die An- schwellungen eine kugelrunde Gestalt. Mit der zunehmenden Grösse (von etwa 0,3 an) aber strecken sich die Anschwellungen in die Länge, bis sie schliesslich, bei An- wesenheit eines reifen Eies, etwa 1,8 Mm. messen. Dabei rücken dieselben zugleich immer weiter aus einander. Während sie anfänglich, so lange sie noch rund sind, mit breiter Berührungsfläche auf einander stossen, wie die Perlen eines Rosenkranzes, zieht sich später zwischen denselben ein röhrenförmiger dünner Strang aus, der sich allmählig bis zu 0,3 Mm. verlängert und statt der Zellen bloss einzelne Fettkör- ner in sich einschliesst. Durch die Entwicklung dieses Verbindungsstranges wird es möglich, dass sich die untere Anschwellung, die das reifende Ei in sich einschliesst, allmählig immer mehr verschiebt und immer vollständiger sich den räumlichen Verhältnissen der Eierstockskapsel anpasst. Das Lumen dieses röhrenförmigen Verbindungsstranges ist so eng (0,04 Mm.), dass das reife Ei, dessen Querdurchmesser etwa 0,6 Mm. beträgt, unmöglich durch dasselbe hinabsteigen kann. Unter solchen Umständen kann man denn wohl von vorn herein schon abnehmen, dass das reife Ei bei dem Austritt aus dem Ovarium die dünne Eiröhrenwand, die es einschliesst, zerreissen wird. Die Richtigkeit dieser Schlussfolgerung findet ihre Bestätigung in dem Umstande, dass an einer jeden un- tern Anschwellung — so wenigstens bei denjenigen Individuen, die bereits mehrere Male geboren haben — der Rest einer solchen gesprengten und zerrissenen Eikammer mit dem frühern Verbindungsfaden anhängt. Man sieht deutlich, dass dieser Ue- — 160° — berrest das obere kuppenförmige Ende einer ‘quer durchrissenen Anschwellung ist. Derselbe besteht aus der jetzt vielfach gefalteten structurlosen Eiröhrenwand und umschliesst eine Anzahl grösserer und kleinerer, zum Theil haufenweise zusam- mengeballter Fettkörner, gewissermaassen ein Corpus luteum. Vergleichen wir die histologische Bildung des Ovariums bei den Pupiparen mit der der übrigen Insekten, so finden wir die ‚Eigenthümlichkeiten derselben viel- leicht weniger gross, als es bei dem ersten Blicke scheinen dürfte. Die Eierstocks- röhren der Insekten bestehen bekanntlich (vgl. Stein, vergl. Anat. u. Physiolog. der Insekten 8. 37; Leydig, vergl. Histologie !S. 538), ganz allgemein aus zweien auf einander liegenden Membranen, einer innern chitinartigen Tunica propria und einer äussern lockern und zarten Bindegewebsschicht, in der sich ausser den Tracheen meist auch noch quergestreifte Muskelfasern unterscheiden lassen. Diese beiden Häute sind offenbar dieselben, die wir auch bei unsern Pupiparen aufgefunden haben, nur dass bei letztern die. Muskelfasern der Bindegewebshaut ganz exces- sıv entwickelt sind, und die betreffende Haut überdiess nicht einzeln die Eiröhren umgiebt, sondern eine gemeinschaftliche Umhüllung des ganzen Eierstockes dar- stell. Allerdings ist letzteres ein Verhalten, das bei den weiblichen Insekten bis- her noch unbekannt war, indessen wird man diesen Umstand gegen die hervorge- hobene Analogie wohl um so weniger geltend machen können, als uns die männ- lichen Insekten bekanntlich zahlreiche Beispiele einer derartigen Tunica vaginalıs vorführen‘). Weit auffallender dürfte vielleicht die innere Chitinauskleidung der Muskelhülle sein, die sich statt der Tunica propria der Eiröhren in die Innenhaut des Genitalapparates fortsetzt. Allein auch auf diesen Unterschied möchte ich kein allzu grosses Gewicht legen’), da derselbe offenbar mit der ganzen eigenthümlichen Bildung der Eiröhren im engsten Zusammenhange steht. Ueberhaupt gehört eben kein allzu grosser Scharfsinn dazu, um die gegenseitigen Beziehungen aller der oben von mir hervorgehobenen einzelnen Eigenthümlichkeiten in der Organisation des Pupipareneierstockes zu begreifen. Dass es übrigens wirkliche Eier sind, die in den Ovarien unserer Insekten sich entwickeln, darüber kann trotz der wiederholten absprechenden Behauptungen 1) Bei Apis, Bombus u. a. kann man sich leicht überzeugen, dass diese sogenannte Tunica vaginalis wirklich als äussere Bindegewebshaut der Hodenschläuche zu betrachten ist, 2) In gewisser Beziehung wird übrigens hierdurch eine nicht uninteressante Annäherung an die sackförmigen Eierstöcke der Juliden bedingt. (Vgl. Fabre, Ann. des sc, nat, 1855. T. Ill. p. 25%.) I Leon Dufour’s nicht der geringste Zweifel sein. Schon an einem andern Orte ( Mül- ler's Archiv für Anat. u. Physiol. 1855. S. 110) habe ich das reife Ei von Melopha- gus beschrieben; es mag mir erlaubt sein, hier, der Vollständigkeit wegen, noch- mals auf dasselbe zurückzukommen. Wie die Eier der meisten übrigen Dipteren, hat auch das reife Ei von Melo- phagus (Tab. II. Fig. 2 fl.) eine langgestreckte, ziemlich schlanke Gestalt, dieselbe, die wir schon oben an dem legreifen Ovarium hervorgehoben haben. Der Län- gendurchmesser schwankt zwischen 1,5—1,3 Mm.'!), während die grösste Breite 0,55 — 0,6 Mm. beträgt. Das hintere etwas verjüngte Ende ist stumpf zugerundet, während das vordere Ende quer abgestutzt erscheint und durch die Anwesenheit einer tiefen trichterförmigen Grube, des Micropylapparates, besonders ausgezeichnet ist. Die Krümmung, die wir oben an dem Ovarium von Melophagus hervorzuhe- ben fanden, wiederholt sich auch an dem reifen Eie. Die eine Seitenfläche dessel- ben, die wir als ventrale bezeichnen wollten, obwohl sie in der normalen Eierstocks- lage dem Rücken des Thieres zugekehrt ist — sie entspricht der Ventralfläche des Embryo — zeigt eine bauchige Auftreibung, während die gegenüberliegende dorsale Eifläche eine schwache Concavität erkennen lässt. Die Eihüllen sind doppelt, wie bei den meisten übrigen Insekten, von einem äussern Chorion und einer innern sogenannten Dotterhaut gebildet. Eine besondere Zeichnung ist auf keiner dieser beiden Häute wahrzunehmen, auch nicht auf dem Chorion, das doch sonst gewöhnlich bei den Insekten — ich verweise hier auf meine Abhandlung über die Micropyle und den feinern Bau der Schalenhaut bei den Insekteneiern a. e. a. 0. — durch eine eigenthümliche Structur sich auszeichnet, Abweichender Weise ist dieses Chorion bei Melophagus von beiden Eihäuten auch die dinnere, kaum halb so dick, als die innere Dotterhaut, die sich überdies durch einen gelblichen Anflug und ihre Neigung zur Faltenbildung vor dem Chorion auszeichnet. Der Micropyltrichter hat eine Weite von 0,06 Mm. und ungefähr 0,04 Mm. Höhe. Seine Wandungen sind (Tab. I. Fig. 1.) abschüssig und von beiden Eihäu- ten gebildet, jedoch beträchtlich dicker, als die übrigen Eihüllen. Am Eingang in den Micropyltrichter erhebt sich ein ziemlich scharfer Ringwall, der vorzugsweise auf Rechnung des Chorions kommt, während es sonst besonders die Dotterhaut ist, die durch ihre Dicke die feste Wand des Trichters bildet. Der schüsselförmige Bo- 1) In der oben angezogenen Beschreibung steht statt 2/3‘ in Folge eines Druckfehlers !/,''. Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 22 — MR — den des Trichters zeigt eine Anzahl von feinen Pünetchen, die sich bei näherer Untersuchung als grubenförmige Vertiefungen von ungefähr 0,0025 Mm. zu erken- nen geben. Mitunter zeichnet sich von diesen Vertiefungen die eine oder andere in der Nähe des Centrums gelegene vor den übrigen aus; ich habe früher nur diese eine als Micropylöffnung angesehn, bin aber jetzt mehr geneigt, die gesammte Menge der Grübchen in diesem Sinne zu deuten und unseren Pupiparen somit einen siebförmig durchlöcherten Micropylapparat zu vindieiren'). Uebrigens muss ich be- merken, dass die Natur der betreffenden Pünetchen wegen ihrer Kleinheit sich viel weniger bestimmt entscheiden lässt, als dies etwa bei dem gleichfalls siebförmigen Micropylapparate des Flohes der Fall ist. Oberhalb des Micropylapparates trägt das reife Ei von Melophagus noch einen ziemlich hohen scheibenförmigen Aufsatz von eiweissartiger Beschaffenheit, der bis über die Ränder des Micropyltrichters hinübergreift und auch den Innen- raum desselben völlig ausfüllt. Das Aussehen dieses Aufsatzes ist meist völlig ho- mogen; mitunter bemerkt man darin aber auch eine zarte Streifung, die von der vordern Oberfläche in den Trichter hineinzieht. Ich möchte fast vermuthen, dass diese Streifung den optischen Ausdruck zahlreicher feiner Porencanäle bildet, die den Micropylöffnungen entsprechen und den Samenfäden bei der Befruchtung ihren Weg in die Tiefe des Trichters vorzeichnen. Was den Dotter der reifen Eierstockseier betrifft, so besteht dieser aus einer Emulsion fettartig glänzender, fester Körper, deren Grösse sehr beträchtlichen Schwankungen unterworfen ist. Die kleinsten erscheinen als gewöhnliche Moleeu- larkörnchen, während die grössten eine deutlich erkennbare, meist unregelmässige Scheibenform besitzen jund bis zu 0,007 Mm. herangewachsen sind. Die Menge dieser Körperchen ist übrigens so beträchtlich, dass die Dottermasse vollkommen undurchsichtig ist und bei auffallendem Lichte milchweiss aussieht. Nur die peri- pherische Dotterschicht ist heller und ohne gröbere körperliche Elemente. Das Keimbläschen lässt sich in der dichten und zähen Dotteremulsion nur selten auf- finden; es ist ein grosses (0,23 Mm.), helles Bläschen mit einem scharf contourirten, dickwandigen Keimflecke (0,028 Mm.), neben dem man nicht selten noch ein blas- ses, vacuolanartiges Gebilde unterscheidet. So lange die Eier im Innern des Ovariums verweilen, sind sie natürlich nicht frei, sondern von der Eiröhre umschlossen, in der sie sich bildeten. Wie 1) Die gleiche Bildung des Micropylapparates glaube ich nach neueren Untersuchungen auch bei Eristalis annehmen zu dürfen, ee schon oben erwähnt, besteht diese Eiröhre aus einer structurlosen Tunica propria, unter der eine einfache Drüsenzellenschicht gelegen ist. Die Zellen dieser Schicht sind gross (0,035 Mm.), abgeplattet und mit einem scharf contourirten bläschenför- migen Kern von 0,015 Mm. versehn. Der Innenraum der Kerne umschliesst meist einige grössere und kleinere feste Körner, während der Zelleninhalt eine ziemlich gleichförmige granulirte Beschaffenheit besitzt und eine eigentliche, distinete Zellen- membran sich kaum unterscheiden lässt. Das obere Ende der Eikapsel enthält ausserdem noch ganz constant eine Anzahl grösserer und kleinerer Ballen und Kör- ner von fettigem Ansehen, das schon oben erwähnte Corpus luteum, dessen Bedeu- tung uns erst durch einen Blick auf die Eintwicklungsgeschichte des Eies klar wird. Bei der geringen Menge der Eikammern in den Ovarien unserer Pupiparen hat man natürlich auch immer nur emige wenige Eikeime vor Augen, allein alle diese Eikeime repräsentiren, wie schon oben bemerkt wurde (Tab. I. Fig. 6.), ein verschiedenes Entwicklungsstadium und stellen somit denn eine fortlaufende Suite dar, an der sich die einzelnen Vorgänge der Eibildung leicht untersuchen lassen. Im Wesentlichen sind diese Vorgänge dieselben, wie wir sie seit Stein’s Be- obachtungen (a. a. O. S.52) als charakteristisch für die Dipteren überhaupt kennen. Ein eigentliches Keimfach, wie es sonst bei den Insekten, als gemeinschaft- liche Bildungsstätte der Keimbläschen vorkommt, fehlt den Pupiparen. Die Eikeime entstehen einzeln an dem obern Ende der Eiröhren, da wo diese in die Chitinaus- kleidung der Eierstockskapsel übergehn, und zwar gleich anfangs in ihrer spätern ‚Eikammer. Ein Herabrücken durch die Eiröhren findet niemals statt; die Eikeime entfernen sich allerdings im Laufe der Entwicklung von ihrer Bildungsstätte, aber nur dadurch, dass sich das obere Ende der Eiröhren durch die Entstehung neuer Eikammern allmählig immer mehr herabschiebt. In den jüngsten Eikammern habe ich niemals etwas Andres, als eine fein- körnige, amorphe Masse unterscheiden können. Dieses Aussehen ändert sich erst dann, wenn das Eifach seine ursprüngliche längliche Gestalt verliert und durch Vergrösserung des Querschnittes eine Kugelform annimmt. Man sieht um diese Zeit (der Durchmesser der Eikammer beträgt jetzt etwa 0,09 Mm.) den Inhalt im Gen- trum sich aufhellen; es entsteht damit eine Differenzirung in eine peripherische und eine centrale Schicht. Beide Schieliten zeigen einen zelligen Bau, aber die Zellen der äussern Schicht smd klein (0,015 Mm.), mit dieht an den Kernen an- liegenden Membranen versehen, während ‘die Zellen der Centralmasse fast um das Doppelte grösser sind und weit abstehende Wandungen besitzen. Durch fortwähren- 22* 7 den raschen Wachsthum wird dieser Unterschied immer auffallender; in Eikam- mern von 0,12 Mm. messen die centralen Zellen bereits 0,023 Mm., während die peripherischen Zellen inzwischen nur unbedeutende Veränderungen erlitten haben. Ob in den jüngsten Eikammern bereits ein Keimbläschen vorhanden ist, muss ich leider unentschieden lassen; ich habe dasselbe mit Sicherheit erst später, im Ei- kammern von 0,06 Mm. Durchmesser, unterscheiden können. Dasselbe lag constant am untern Ende der Eikammer, dicht auf der peripherischen Rindenschicht, deren Grenze sich allmählig sehr scharf gegen die centrale Zellenmasse abgesetzt hatte. Die Zellen der Rindenschicht massen in diesen Eikammern etwa 0,015 Mm. Sie hatten ein etwas granulirtes Aussehn und umschlossen einen Kern von 0,008 Mm. Die Schicht, die sie zusammensetzten, war ziemlich dick (0,02 Mm.) und wurde von mehreren Lagen gebildet. Die centralen Zellen hatten ein sehr abweichendes Aussehn. Sie waren bis zu 0,045 Mm. gewachsen, mit grossen (0,03) und bläschen- förmigen, hellen Kernen und einem undurchsichtigen, grobkörnigen Inhalt. Die Zahl derselben war bei ihrer Grösse natürlich nur gering; sie betrug etwa 6—8. Das Keimbläschen selbst mass etwas weniger, als die centralen Zellenkerne (0,025), mit denen es das helle Aussehn theilt, war aber dabei nicht bloss schwächer con- tourirt, sondern auch bereits durch Anwesenheit des Keimfleckens (0,012) ausge- zeichnet. Im Umkreis des Keimbläschens bemerkte man schon jetzt einen schma- len, aber deutlichen, durch eingelagerte Dotterkörner ziemlich stark getrübten Ei- weisshof. Die weitern Veränderungen der Eikeime betreffen von jetzt an vorzugsweise den Dotterhof, der unter gleichzeitiger Längsstreckung der Eikammer immer mehr an Grösse zunimmt. Auch das Keimbläschen, so wie die centralen Zellen (Stein’s Dotterbildungszellen) wachsen noch eine längere Zeit hindurch, freilich ‘weniger schnell und auffallend, als das oben genannte Gebilde. So misst z.B. in einer Ei- kammer, deren Dottermasse bereits zu 0,6 Mm. herangewachsen ist, das Keim- bläschen 0,15 und der Durchmesser der centralen Zelle 0,25 Mm. Wie bei den übrigen Insekten mit gleichem Typus der Eibildung, füllen die letztern auch bei unsern Pupiparen ausschliesslich die obere Hälfte der Eikammer aus (Tab. I. Fig. 7.). Der Raum, den sie einnehmen, wird verhältnissmässig immer kleiner, jemehr die Dottermasse des Eies von dem hintern Ende der Eikammer emporwächst, bis sie schliesslich, nach vollendeter Eibildung, zerfallen und in die Fettballen des oben erwähnten Corpus luteum umgewandelt werden. Ueber die eigentliche Rolle, welche diese centralen Zellen bei der Eibildung spielen, bin ich zu keiner festen Ansicht — 165 — gelangt. Stein betrachtet dieselben bekanntlich als „Dotterbildungszellen“; die Ue- bereinstimmung ihres Inhaltes mit der Dottermasse spricht auch für eine derartige Auffassung, aber für die weitere Annahme Stein’s, dass der Dotterwachsthum durch eine fortwährende Auflösung und Neubildung dieser Zellen vermittelt werde, habe ich keine Anhaltspuncte gefunden. Und doch müsste sich solches Verhältniss we- gen der geringen Menge der sogenannten Dotterbildungszellen gerade bei unsern Pupiparen am sichersten constatiren lassen. Die Eihäute entstehen erst schr spät, nach vollendeter Ablagerung der Dot- termasse, und zwar als ein Absonderungsproduct der Rindenzellen, die sich während der Vergrösserung der Eikammer, von dem untern Pole aus, allmählig in eine ein- zige Schicht ausgebreitet haben. Die hier geschilderten Verhältnisse sind grossentheils so leicht zu constatiren, dass kaum anzunehmen ist, es seien dieselben den Untersuchungen von Leon Du- four vollständig entgangen. Es geht auch aus der Darstellung desselben (1. c. p. 78) mit aller Bestimmtheit hervor, dass er nicht bloss das reife Eierstocksei unserer Thiere, sondern auch dessen Einlagerung in eine Eiröhre gekannt habe. Leon Dufour irrte nur in der Deutung seiner Beobachtungen. Er hielt das Ei bereits für einen Embryo und die Eiröhre für einen Nabelstrang, durch den derselbe im Grunde des Ovarıums befestigt würde. Eine nähere Untersuchung dürfte wohl den Irrthum dieser Auffassung nachgewiesen haben. Allerdings giebt Dufour zur Stütze seiner Ansicht an, dass er bei seinem Eierstocksembryo bereits die spätere Stigmen- platte der ausgebildeten Larve gefunden habe, „was doch für ein Ei ganz unerhört sei“, allein das fragliche Gebilde ist offenbar nichts Anderes, als der Micropyltrich- ter, der mit der Stigmenplatte freilich kaum etwas mehr, als die Lage an einem Kör- perende gemein hat. Eileiter. Der Leitungsapparat der weiblichen Geschlechtsorgane hat bei unsern Pupiparen eine verhältnissmässig nur unbedeutende Entwicklung. Nament- lich gilt solches von den beiden paarigen Eileitern, die eigentlich bloss eine kurze trompetenförmige Hervorragung des unpaaren Geschlechtsganges darstellen und nur dazu bestimmt zu sein scheinen, den Zusammenhang des letztern mit den Eikap- seln zu vermitteln. Wie schon oben erwähnt wurde, hat dieser Leitungsapparat (Tab. I. Fig. 9.) eine gewisse Aehnlichkeit mit dem jungfräulichen menschlichen Uterus. Er besitzt eine birnförmige Gestalt mit vorspringenden Ecken und einem stielförmig verjüngten Ende, das sich nach der Aufnahme der beiden Anhangsdrü- sen in ‚die Scheide fortsetz. Der Fundus ist gewölbt, so dass die Seitenecken u mit den paarigen Bileitern etwas tiefer liegen, nicht selten auch in der Mittellinie etwas eingeschnitten. Dabei ist der obere erweiterte Theil. des Apparates vom Rücken nach dem Bauche stark zusammengedrückt, so dass die Tiefe desselben vielleicht nur die Hälfte seiner Breite beträgt. Die letztere misst ungefähr 0,4 Mm., während die Höhe bis zur Uebergangsstelle in die Scheide 0,8, bis -zur stielförmi- gen Verjüngung 0,6 Mm. ausmacht. Der obere erweiterte Theil des unpaaren Bierganges dient zur Aufbewahrung des Sperma, wie zuerst durch »v. Siebold ausser Zweifel gestellt ist. Schon mit un- bewaffneten Augen sieht man den Inhalt als eine weisse Masse durch die Wandun- gen hindurehschimmern. Ein erwachsenes Weibehen mit leerer Samentasche ist eine grosse Seltenheit; es scheint, dass dieser Inhalt erst nach einer mehrmaligen (viel- leicht 4— 6fachen) Trächtigkeit erschöpft werde, obwohl damit, wie wir uns später überzeugen werden, bei der Befruchtung der Eier ziemlich verschwenderisch umge- gangen wird. Die Wandungen des Leitungsapparates sind von beträchtlicher Dieke, bis zu 0,1 Mm. und darüber, so dass der innere Hohlraum dadurch sehr beträchtlich be- engt wird. Am auffallendsten ist dieses in den paarigen Leitungsapparaten, deren Lumen durch die Dieke der Wandungen bis auf 0,017 Mm. verringert wird, ob- wohl der Querschnitt derselben mindestens’ den vierfachen Durchmesser zeigt. An der Uebergangsstelle in die Eierstockskapsel tritt eine plötzliche Verdünnung der Wand ein, so dass das Ende der paarigen Eileiter fast muttermundartig in den Raum der Bierstockskapsel hineinragt. (Fig. 9.) In histologischer Beziehung unterscheidet man in der Wand des Leitungs- apparates vier Schichten, zuinnerst eine Chitinhaut, dann eine Zellenschicht, noch weiter nach aussen eine Bindegewebslage und schliesslich einen Muskelüberzug. Die Chitinhaut des Leitungsapparates hat eine ziemlich derbe Beschaffenheit, weit derber, als wir dieselbe in der Eierstockskapsel antrafen. Wo der Samenbe- hälter in den unteren canalförıigen Abschnitt des Leitungsapparates (dessen Innen- raum etwa 0,15 Mm. misst) übergeht, da bemerkt man an ihr eine ziemlich dichte Faltung, die in diagonaler Richtung von vorn nach hinten läuft. Weiter vorn zeigt die Chitinhaut eine zierliche Schuppung, die nach dem Rücken zu immer schärfer sich ausprägt. Die halbmondförmig gekrümmten Leisten, die das Aussehn dieser Schuppung bedingen, erheben sich immer mehr und verwandeln sich schliesslich im Innern der zwei paarigen Eileiter in lange (bis 0,016 Mm.) und schlanke conische Zäpfchen, deren Spitzen sich vielfach kreuzen und nach dem Innern des Samen- — WT — behälters hinrichten. Auf solche Weise entsteht im Innern der paarigen Eileiter eine Art Reusenapparat, der wohl das Eintreten der Eier in den Samenbehälter erlaubt, aber dem Uebertritte des Samens in die Eierstockskapsel ein grosses Hin- derniss in den Weg stellt. Dieser Uebertritt wird noch weiter dadurch behindert, dass die hintere, der Geschlechtsöffnung zugekehrte Wand der paarigen Eileiter, lip- penartig in den Innenraum des Samenbehälters vorspringt und den untern Abschnitt desselben, der vorzugsweise, oftmals sogar ausschliesslich mit Sperma erfüllt ist, gegen die innere Oefinung des paarigen Leitungsapparates möglichst abschliesst. Wenn der Samenbehälter das Ei nach dem Hervortreten aus dem Ovarium in sich aufgenommen hat und der Druck des äussern Muskelüberzugs dasselbe abwärts in die Vagina treibt, dann wird dieser Verschluss aller Wahrscheinlichkeit nach so- gar ein vollständiger sein. (Fig. 9.) Die Bildung dieser Lippe kommt, wie überhaupt die Verdickung der Sa- menbehälterwand, ausschliesslich auf Rechnung der oben schon erwähnten Zel- lenlage, die den Zwischenraum zwischen der Chitinhaut und der äussern Zell- gewebshülle ausfüllt und dem ganzen Apparate einen hohen Grad von Dehnbarkeit und Elastieität giebt. Ohne einen solchen Ueberzug würde das Ei unserer Pupipa- ren den paarigen Eiergang, dessen Querschnitt einige vierzig Male kleiner ist, als der Querschnitt des Eies, kaum passiren können. Die Zellen dieser Schicht sind einfache Kernzellen, die von 0,017 —.0,019 Mm. messen. Der Kern ist 0,006 gross und hat eine homogene Beschaffenheit. Die grössten Zellen, die etwas granulirt sind, liegen am meisten nach innen, dicht unterhalb der Chitinhaut, während die äussere Zellgewebshülle dagegen mit den kleinsten Zellen in Berührung ist. Ueber die histologische Bildung dieser Zellgewebshülle lässt sich nur wenig sagen. Sie ist glashell und structurlos, zeigt aber hier und da einen Kern oder eine aufgelagerte Zelle. Letzteres besonders an dem Halse des Samenbehälters, der sich vor den übrigen Theilen des Leitungsapparates auch durch die mächtige Ent- wicklung semes Muskelgewebes auszeichnet. Man findet an dieser Stelle eine ziem- lich dieke Lage schöner quergestreifter Muskelfasern von ansehnlicher Breite, die einen förmlichen Sphincter bilden und auf die Fortbewegung der im Innern des betreffenden Abschnittes etwa befindlichen Körper (Eier, Inhalt der Milchdrüsen) sehr kräftig einwirken müssen. An den übrigen Theilen des Leitungsapparates, beson- ders dem Samenbehälter, erscheint das Muskelgewebe in Form eines Maschennetzes, dessen dünne und blasse, anastomosirende Fasern den äussern Zellgewebsüberzug — u — nach allen Richtungen hin umspinnen. Zwischen. diesen Muskelfasern stösst man auf zahlreiche Nervenverästelungen, besonders an der Uebergangsstelle in die Eier- stockskapseln und die Scheide. Anhangsdrüsen. Dass der untere canalförmige Abschnitt des unpaaren Eileiters dicht vor seiner Insertion in die Scheide bei Melophagus, wie bei den übri- gen Hippobosciden, zwei Paar Anhangsdrüsen aufnimmt, ist schon bei einer frühern Gelegenheit erwähnt worden. Aber das obere dieser beiden Paare ist nur wenig entwickelt, viel weniger, als bei den übrigen verwandten Pupiparen. Die beiden Schläuche, die dasselbe zusammensetzen, bleiben in der Regel einfach und errei- chen nur selten die Länge von mehr als einem Millimeter. In manchen Fällen sind sie so kurz, dass man sie mit unbewaffnetem Auge gar nicht auffindet, hier und da jedoch grösser und dann auch wohl (meist auf beiden Seiten) an der Spitze gekerbt. Einige Male beobachtete ich auch eine förmliche dichotomische Spaltung mit Einkerbung des eimen Schenkels. Der Ausführungsgang ist für beide Schläuche gemeinschaftlich und verhältnissmässig von ansehnlicher Länge (0,1 Mm.). Im Gegensatz zu diesem obern Drüsenpaare erreicht das zweite, untere Paar eine sehr bedeutende Entwicklung, indem die Schläuche desselben nicht nur be- trächtlich lang sind, sondern sich auch vielfach spalten und verästeln, so dass man die Gesammtlänge derselben auf mindestens 3— 4 Üentimetres schätzen darf. Das untere Finde dieser beiden Schläuche stellt einen Ausführungsgang (von 1,5 Mm.) dar, der dicht vor seiner Einmündung in den Eileiter mit dem Ausführungsgang der andern Seite zusammenkommt, wie man freilich nur mit Hülfe des Mikroscopes ausser Zweifel stellen kann. Beide Drüsenpaare münden unmittelbar hinter einan- der'), so dass sich die Secrete derselben bei ihrem Uebertritt in den Eiergang mit einander mischen müssen. Wie die Form und Grösse dieser beiden Anhangsdrüsen, so zeigt auch das Aussehn derselben eine merkliche Verschiedenheit. Die obere Drüse ist beständig klar und durchscheinend, während die untere dagegen ein undurchsichtiges milch- weisses Aussehn hat. Am auffallendsten ist dieser Unterschied zur Zeit der Träch- tigkeit, besonders um die Mitte derselben, während des schnellsten Wachsthums der Larve. Um diese Zeit zeigen beide Drüsen, besonders die untere, überhaupt die stärkste Entwicklung; sie befinden sich in einem förmlichen Zustand der Turge- 1) v. Siebold scheint irrthümlicher Weise nur eine einzige Oeffnung für beide Drüsenschläuche anzunehmen. (A. a. 0.) — 169 — scenz, indem sie nicht bloss strotzend mit Secret gefüllt sind, sondern auch an Länge beträchtlich zugenommen haben. Alles das weist darauf hin, dass die Bedeutung ‘der Drüse auf den Embryo Bezug habe. Aber auch die directe Beobachtung giebt darüber Aufschluss. Man findet zur Zeit der Trächtigkeit das Secret der betreffenden Drüsen, wenigstens das der untern, das sich wegen seiner körperlichen Natur am sichersten erkennen lässt, unterhalb der Insertion der Drüsenanhänge in dem Eileiter; man findet es auch in dem Magen der jungen Larve; man sieht sogar deutlich die Schluckbewegungen, durch welche die letztere dasselbe aufnimmt. Die histologische Bildung der beiden Anhangsdrüsen ist im Wesentlichen die- selbe. Nur in der Beschaffenheit der Drüsenzellen finden sich gewisse Unterschiede, auf die man zum Theil schon durch die Verschiedenheiten des Aussehens hinge- wiesen wird. Beide Drüsen bestehn aus einer äusseren Tunica propria, einer Drüsenschicht und einer Tunica intima. Muskelfasern lassen sich nirgends nachweisen, auch nicht an den Ausführungsgängen — nur mit Unrecht bezeichnet L. Dufour die untere Zellgewebshaut der Drüsenschläuche als „contraetil* — und der Einmündung in den Eileiter, so dass die Fortbewegung des Inhaltes nur durch den Druck der neuge- bildeten Secretmasse und auch vielleicht der anliegenden beweglichen Körpertheile geschehen kann. Allerdings fehlt es auf der Tunica propria unserer Drüsen nicht an aufliegenden blassen und verästelten Fasern, allein ich glaube mich mit Be- stimmtheit davon überzeugt zu haben, dass dieselben dem Nervensysteme zugehören. Auch in andern Insekten sind gewisse muskellose Drüsen (besonders des Genitalappa- rates) durch einen grossen Nervenreichthum ausgezeichnet, so dass man sich mit- unter kaum des Gedankens erwehren kann, dass die Annahme eines directen Ein- flusses des Nervenapparates auf die Vorgänge der Secretion in diesen Verhält- nissen ihren anatomischen Nachweis finde. Die Tunica intima der Drüsenschläuche besteht aus einer ziemlich starren und dicken Chitinhaut. Sie bildet (Tab. I. Fig.12) einen schlanken Cylinder (axe tubuleux Z. D.), der in der Axe der Drüsenschläuche hinläuft und wegen der Rigi- dität der Wandungen ein beständig offenes Lumen (0,015 — 0,02 Mm.) hat. Uebri- gens ist die Oberfläche dieses Cylinders nicht glatt, sondern mit vielen unregelmässi- gen Ausbuchtungen und Ringfalten versehn, besonders in den Ausführungsgängen, in denen auch zugleich der Querschnitt des Cylinders um ein Beträchtliches ge- wichen ist (Durchmesser — 0,045 Mm.). Untersucht man die Oberfläche dieser Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 23 — Mn — Achseneylinder nach Entfernung der Drüsenzellen, so entdeckt man auf derselben zahlreiche feine Oeffuungen von 0,003 Mm., die mit wallartigen Rändern umgeben sind und sonder Zweifel dazu dienen, das Secret jener Zellen in den Innenraum der Driüsenschläuche übertreten zu lassen” Die Entfernungen der einzelnen Oeff- nungen betragen ungefähr das Drei- bis Sechsfache des Durchmessers; dieselben stehen also ziemlich dicht neben einander. An der Chitinröhre der Ausführungs- gänge fehlen die Oeffnungen, wie hier denn auch keine Drüsenzellen vorgefunden werden. Leydig, der dieselbe Bildung an der Anhangsdrüse des Samenbehälters bei Gastropacha pini beobachtete (vergl. Histologie 8. 545), vermuthet einen direeten Zusammenhang der betreffenden Oeffnungen mit den einzelnen Drüsenzellen, der durch besondere zarte Verbindungsröhren vermittelt würde, indessen glaube ich nach meinen Untersuchungen die Existenz einer derartigen Bildung, wenigstens für die untern Drüsen, in Abrede stellen zu dürfen. In Betreff der obern Drüsenan- hänge will ich mich weniger bestimmt äussern, denn hier findet man eine Bildung» die man wirklich in dem Sinne der Leydig’schen Annahme auslegen könnte Man sieht hier nämlich (Fig. 10) im Umkreis der innern Chitinröhre eine zähe und durchsichtige, etwas granulirte Belegmasse, die von zahlreichen dünnen und weichen Fädchen durchzogen ist. Es hat mir auch öfters geschienen, als wenn diese Fäd- chen nur die untern, schwanzartig ausgezogenen Enden der eigentlichen Drüsen- zellen seien, aber in andern Fällen konnte ich mich von einem solchen Zusam- menhange nicht mit Bestimmtheit überzeugen. So viel ist übrigens sicher, dass die Zahl dieser Fädchen sehr viel grösser ist, als die Zahl der Oeffnungen in der Tunica intima. Auch sieht man die Fädchen keineswegs etwa ausschliesslich auf diese Oeffnungen hingerichtet, sondern der ganzen Oberfläche des Achseneylinders aufsitzen. Dabei sind die Drüsenzellen der betreffenden Schläuche gewöhnlich sehr wenig scharf contourirt und desshalb sehr undeutlich. Sie sind mit eimem zähen, feinkörnigen, eiweissartigen Inhalte gefüllt, der dasselbe Aussehn hat, wie die oben erwähnte Belegmasse des innern Chitinrohres. Die Kerne der Zellen sind sehr distinet und von gelblichem Aussehn. Ihr Durchmesser beträgt 0,013 Mm. Sehr abweichend sind die Secretzellen der untern, vielfach verästelten Drüsen (Fig. 11). Dieselben sind nicht bloss grösser (bis zu 0,04 Mm.), sondern auch mit zahlreichen, scharf begrenzten Molecularkörnchen erfüllt, die nach ihrem optischen Verhalten für Fettkörner gehalten werden könnten und eine grosse Aehn- lichkeit mit den oben beschriebenen Dotterkörnchen besitzen. Zur Zeit der Träch- tigkeit ist die Menge dieser Körnchen so gross, dass die Zellen dadurch ganz un- 202 NT, WURE durchsichtig werden. Zugleich scheint dabei ;die äussere Zellhaut zu schwinden; statt der Zellen findet man dann eine Menge grosser Körnerhaufen, die nur durch die Anwesenheit eines bläschenförmigen, hellen Kernes im Centrum (0,013 Mm.) ihren Ursprung aus einer gewöhnlichen Zelle verrathen. Bei Anwendung eines starken Druckes fliessen die Körnerhaufen in einander , so dass dann der Inhalt dieser Drüsen eine einfache milchige Substanz von körmiger Beschaffenheit zu sein scheint (v. Siebold, L. Dufour). Die Ausführungsgänge der Drüsenapparate 'entbehren dieser Zellen. Statt ihrer findet man zwischen den beiden Häuten eine einfache Schicht von hellen Bläschen mit ovalem Kern und Kernkörperchen. Die Grösse dieser Bläschen ist geringer, als die der Drüsenzellen (0,02 Mm.) und daher kommt es denn auch, dass der Querschnitt der Ausführungsgänge an Grösse hinter dem der eigentlichen Drü- senschläuche (0,15 Mm.) um ein nicht Unbeträchtliches zurückbleibt. Die Tunica propria hat ganz die Beschaffenheit der gewöhnlichen Bindege- .websmembranen. Sie ist weit zarter, als die innere Chitinhaut, blass und durch- sichtig. Ihre Contouren #ind unregelmässig, höckrig, je nach der Beschaffenheit der darunter liegenden Zellenschicht, deren wechselnde Volumverhältnisse durch sie molirt werden. Scheide (Uterus). Die Scheide von Melophagus ist ein ziemlich langer Ca- nal, der von dem hintern Ende des unpaaren Eierganges geraden Weges nach der Geschlechtsöffnung hinführt. Sie ist also in gewissem Sinne eine Fortsetzung des Leitungsapparates, sonst aber nicht bloss physiologisch durch ihre Function als Be- gattungsorgan und Bruthälter, sondern auch durch anatomische Bildung von dem Eileiter verschieden. Eine ringförmige Einschnürung j bezeichnet die Grenze zwischen beiden Abschnitten, die überdies noch dadurch besonders deutlich wird, dass das vor- dere Ende der Scheide an der Bauchseite mit einer kleinen, papillenförmigen Aus- sackung versehen ist (Fig. 5). Ueber die Bedeutung dieses — von v.Siebold und L.Dufour übersehenen — Vorsprungs weiss ich nichts anzugeben, doch dürfte eine Vergleichung mit der Begattungstasche der übrigen Insekten in morphologischer Beziehung vollkommen gerechtfertigt erscheinen, obwohl ich dieselbe niemals von Sperma angefüllt getroffen habe. Der Samenpfropf, der mit seiner Hülse (Sperma- tophore) eine sehr ansehnliche Masse bildet, wird immer nur in der Scheide ge- funden, die dann stark ausgedehnt ist und bei bloss äusserlicher Untersuchung leicht für trächtig gehalten werden könnte. Im jungfräulichen Zustande (Fig. 1.) ist die Scheide eng, höchstens 0,5 Mm. s 23 * — HR -— breit und 2,3 Mm. lang. Ihre Wandungen sind schlaff und zusammengefallen, mit- unter bandartig abgeplattet. Aber dieses Aussehen ändert sich mit der beginnenden Trächtigkeit. Anfänglich wird die Scheide nur in ihren obern zwei Dritttheilen und nur mässig von dem aufgenommenen Ei ausgedehnt (Fig. 2. 3.), aber später, wenn die junge Larve allmählig wächst, dann schwillt die Scheide; sie dehnt sich nach allen Richtungen und verwandelt sich schliesslich in ein mächtiges, trommelförmi- ges Gebilde (von 4 Mm. Länge, 2,5 Mm. Breite und 2 Mm. Höhe), das den gröss- ten Theil der Leibeshöhle ausfüllt (Fig. 4). Die Wandungen der Scheide sind jetzt natürlich im höchsten Grade gespannt; es bedarf nur einer kleinen Verletzung, um ihren Inhalt, wenigstens theilweise, nach Aussen hervorzutreiben. Tracheenstämme und Magen der Larve sieht man sehr deutlich durch dieselben hindurchschimmern'). Nach oben erstreckt sich diese Ausdehnung übrigens niemals über die Grenze der Scheide hinaus. Das untere Ende des Eileiters behält beständig seine frühere Bildung und stellt jetzt gewissermaassen einen Stiel dar, mittelst dessen die übri- gen Theile des Geschlechtsapparates der Scheide anhängen. Ueber die Lagenver- hältnisse dieser Theile ist schon oben (8. 154) das Nöthrge beigebracht worden, es bliebe hier höchstens noch so viel zu erwähnen, dass der zapfenförmige Vorsprung der Scheide jetzt bis in die Basis des Abdomen hineinreicht und somit denn die vorderste Spitze des gesammten Geschlechtsapparates darstellt (Fig. 5). Die Verbindung mit der Geschlechtsöffnung geschieht durch das äusserste Ende der Scheide, das bis zum Augenblick der Geburt verengt bleibt (0,7 Mm. im Durchmesser). Der histologische Bau der Scheide schliesst sich im Wesentlichen an den des Leitungsapparates an. Wie hier, so findet man auch in der Scheide zuinnerst eine derbe, aber völlig structurlose Chitinhaut, und auf dieser eine Zellenschicht, nur dass die Zellen (0,019 Mm. im Durchmesser, Kern = 0,007 Mm.) in einer einzigen Lage neben einander liegen. Im vordern Ende der Scheide ist diese Lage am stärksten entwickelt, wenigstens insofern, als die Zellen hier dicht neben einander liegen und sich an manchen Stellen selbst hexagonal gegen einander abgrenzen. Nach hinten zu rücken die Zellen weiter aus einander, so dass man dann eine beson- dere feinkörnige Zwischensubstanz unterscheidet, in welche dieselben eingebettet sind. 1) Dass die eigenthümliche „‚lederartige‘“ Beschaffenheit der Abdominalbedeckung bei den Pupiparen den wechselnden Volum- verhältnissen der Scheide besser entsprechen dürfte, als die gewöhnliche Bildung des Chitinskelets, dass wir mıt andern Worten berechtigt sind, den eben angedeuteten zoologischen Charakter auf die Eigenthümlichkeit des Brutgeschäfte zu reduciren, liegt so nahe, dass eine speciellere Beweisführung dieser Behauptung ein Luxus sein würde, u 2 u ee ee — 13 — Diese Zwischensubstanz ist auch die Trägerin der Tracheen; sie scheint die Stelle der Bindegewebshaut zu vertreten, die wir an dem Leitungsapparate als besondere homogene Membrane unterscheiden konnten. Die äusserste Haut der Scheide ist, wie gewöhnlich, eine Muskelhaut. Sie erreicht eine sehr beträchtliche Entwicklung und wird von zahllosen dieken und dünnen Fasern gebildet, die sich auf das Man- nichfaltigste verästeln und ein mehrfach über emander nach den verschiedensten Richtungen hin ausgespanntes Maschenwerk zusammensetzten (Fig.13). Die breiten Fasern (bis 0,056 Mm.) rühren zum Theil von den schon oben beschriebenen Schei- denmuskeln her und sind überhaupt mehr oberflächlich gelegen, als die feineren (hier und da nur 0,007 Mm.), die ihrerseits dagegen im Allgemeinen viel reichere Verästelungen und Anastomosen darbieten. Im Uebrigen gilt für die histologischen Verhältnisse dieser Muskelfasern dasselbe, was wir oben von der Muskelhaut der Eierstockskapsel hervorgehoben haben. Zwischen den Muskelfasern finden sich auch hier, an der Scheide, zahlreiche Nervenverästelungen mit ihren gröbern und fei- nern Zweigen. Geschlechtsöffnung. Dass die Pupiparen keine Legröhre besitzen, wie die Mehrzahl der übrigen Dipteren, ist schon seit Reaumur bekannt und bei der Eigenthümlichkeit des Brutgeschäftes eigentlich auch nicht anders zu erwarten. Die Geschlechtsöffnung ist eine einfache Spalte, die eine sehr bedeutende Dehnbar- keit besitzt, so dass die Geburt der Larve trotz‘deren Grösse ohne sonderliche Schwierigkeiten von Statten geht. AReaumur, der den Geburtsact bei Hippobosca mehrfach beobachtete (auch bildlich dargestellt hat), giebt an, dass derselbe meist in einigen Augenblicken beendigt sei. Bei der Untersuchung der dem Bauche zugekehrten Hinterleibsspitze be- merkt man an den weiblichen Melophagen einen Klappenapparat von horniger Be- schaffenheit, der aus einer obern dorsalen und einer untern ventralen Hälfte zu- sammengesetzt wird (Fig. 15). Die erstere, die sich ganz in derselben Weise auch bei den männlichen Individuen vorfindet, hat die Gestalt eines schmalen Halbrin- ges, dessen Concavität nach unten gerichtet ist, repräsentirt also die gewöhnlichen Form- und Lagerungsverhältnisse einer Rückenschiene. Die Schenkel dieses Halb- ringes stossen auf die Seitentheile der untern Klappe, die sehr viel breiter und ge- streckter ist, als die obere, und eine bohnen- oder nierenförmige Gestalt hat. Beide Klappen (die man wohl mit Recht als zusammengehörige Theile eines gemeinschaft- lichen Segmentes, des Aftersegments, betrachten darf) sind mit zahlreichen starken Borsten besetzt, obwohl diese sonst im Umkreis der Hinterleibsspitze fehlen. — mM — Den Zwischenraum zwischen diesen beiden Klappen betrachtet Dufour (1. e. p. 82) als einen für After und Geschlechtsöffnung gemeinschaftlichen Vorhof. Al- lein mit Unrecht. Nur der Mastdarm mündet zwischen diesen beiden Klappen. Die Geschlechtsöffnung ist von dem After abgetrennt und an dem hintern convexen Rande der unteren Klappe gelegen'). Freilich ist diese Oeffnung sehr viel weniger auffallend, als der klaffende After. Sie stellt eine halbmondförmige Spalte dar, die sich dem Rande der unteren Afterklappe anschmiegt und hinten von einem schma- len, gleichfalls halbmondförmigen weichen Hautwulste eingefasst wird. Die Ecken dieser Spalte reichen fast bis an die untern Schenkel der obern Afterklappe; die Geschlechtsspalte besitzt also eine verhältnissmässig sehr ansehnliche Länge. Wo die Ränder der untern Afterklappe in die Chitinauskleidung der Scheide übergehen, verdieken sich dieselben rechts und links neben der Mittellinie zu einer ziemlich scharfen Firste, die sich vor den übrigen Theilen des Klappenapparates durch eine besonders starke Bräunung auszeichnen. Zwischen diesen beiden Firsten ist die untere Klappe am dünnsten; an dieser Stelle wird sonder Zweifel bei der Geburt eine beträchtliche Dehnung stattfinden. Uebrigens liegen auch in der vor- dern ventralen Wand der Scheide nächst der Geschlechtsöffnung ein Paar gelbe Chitinleisten, vielleicht Analoga der (vier, nicht zwei) paarigen Hornstäbe, die bei ‘den männlichen Individuen den Penis bilden, 2. Der äussere und innere Bau der Pupiparenlarve. Aeussere Organisation. Wie schon oben angedeutet wurde, gehört die Larve der Pupiparen (Tab. IH. Fig. 1—3.) ihrer Form nach zu den fuss- und kopflosen sogenannten Maden. Sie repräsentirt in dieser Beziehung Verhält- nisse, die wir auch sonst bei der grössern Menge der Dipteren zu treffen gewohnt sind. Ebenso stimmt unsere Larve mit den gewöhnlichen Fliegenlarven darin überein, als ihre Stigmata ausschliesslich am Hinterleibsende liegen, an einer Stelle, die bei dem Aufenthalte im Innern der Scheide sich natürlich am meisten dazu eignete, einen Wechselverkehr mit der äussern Atmosphäre zu unterhalten. Wenn wir die Larve unserer Pupiparen kopflos genannt haben, so schlies- sen wir uns damit zunächst nur der gebräuchlichen Ausdrucksweise an. Morpholo- 1) Ebenso verhält sich auch die männliche Geschlechtsöffnung, nur dass bei den Männchen die untere Klappe sehr viel klei- ner ist, als bei den Weibchen und ein einfaches Verbindungsstück zwischen den beiden Schenkeln der obern Klappe darstellt, u u Sin ee ee re — 15 — gisch ist dieselbe nicht ganz richtig, denn die Entwicklungsgeschichte zeigt (Tab. II.) — und Gleiches gilt auch für die übrigen sogenannten Maden — mit aller Be- stimmtheit, dass unsere Larven nicht minder, als Raupen und andere, einen Kopf besitzen. Nur ist der Kopf derselben auf keinerlei Weise, weder durch Einschni- rung, noch Verhornung, noch auch durch besondere Entwicklung seiner Anhänge, von den übrigen Körpertheilen verschieden, so dass man bei blosser Kenntniss der äussern Form nicht den geringsten Grund für die Annahme von der Existenz eines derartigen Abschnittes auffindet. Wenn Blanchard (a. 0.a. 0.) im Gegensatze zu dieser Angabe behauptet, dass er bei den Larven von Lipoptena einen förmlichen, braun gefärbten Kopf gefunden habe, so liegt dem bestimmt (nach aller Analogie) ein Irrthum und wahrscheinlich eine Verwechselung mit den schon oben erwähnten grossen Stigmen zu Grunde). Obgleich sich somit die Larve der Pupiparen in den Fundamentalverhältnis- sen ihres äusseren Baues an die Larven der meisten übrigen Dipteren anschliesst, finden sich im Einzelnen doch auch manche Verschiedenheiten; Verschiedenheiten besonders in der äussern Gestalt des Körpers. Die Larven der Fliegen sind ziem- lich lang gestreckt und deutlich segmentirt; sie bedürfen dieser Einrichtungen für ihre, meist freilich nur sehr ‚beschränkte Ortsbewegung. An der ausgewachsenen Larve unserer Pupiparen ist dagegen keine Spur von Segmentirung zu bemerken; ihr Leib ist kurz und plump, sack- oder eiförmig, unfähig, seine Stellung und Lage zu verändern. Die Bewegungen, die unsere Larven vollziehen, sind sehr wenig auffallend und geschehen, wie schon Reaumur und Bonnet hervorheben, fast ausschliesslich am vordern Körperende. Sie vermitteln wahrscheinlicher Weise nur die Athmung und bestehen in einem abwechselnden Heben und Senken der vorde- ren, besonders in den früheren Stadien (Tab. III. Fig. 1) etwas papillenförmig vor- springenden Körperspitze. Bei Melophagus beträgt die Länge der ausgewachsenen Larve 3,7 Mm.?), die Breite 1,9, die Höhe etwa 1,6 Mm. KRückenfläche und Bauch sind wenig ge- wölbt, die Körperenden quer abgestutzt und platt; der ganze Leib gleicht einiger- maassen einer kurzen vierkantigen Säule mit abgerundeten Ecken und Firsten. Schon aus diesen wenigen Bemerkungen geht hervor, dass die einzelnen, sonst gewöhnlich so charakteristisch gebildeten Körperflächen bei unserer Larve nur 1) Unter solchen Umständen wird natürlich auch der Werth der weitern Angaben unseres Verf. über Nervensystem u. s. w. sehr zweifelhaft, 2) Leon Dufour sagt irrthümlich 6—7 Mm. IL. e. p. 84). — en - geringe Verschiedenheiten von einander darbieten. Vorn ‘und hinten lassen sich freilich wegen der oben schon erwähnten Lage der Stigmen nicht eben allzu schwer von einander unterscheiden; sobald man indessen von diesem einen Charakter ab- sieht, ist auch hier eine Verwechslung leicht möglich. Es bedarf schon einer ge- nauen Betrachtung, um sich davon zu überzeugen, dass das hintere Körperende ferner auch durch schärfere Abstutzung und flachere Form von dem vordern ver- schieden ist. Noch schwieriger ist die Unterscheidung von Bauch und Rücken, obwohl sich im Laufe unserer Darstellung auch hier eine Reihe von eigenthümlichen Merk- malen herausstellen werden. Einstweilen sei hier nur soviel erwähnt, dass sich der Bauch unserer Larve durch eine geringere Wölbung von dem Rücken unterschei- det. So lange die Larve noch im Fruchthälter der Mutter eingeschlossen ist, giebt übrigens schon die Lage derselben hinreichende Anhaltspunkte für die Bestimmung der einzelnen Körperflächen, denn es gilt als ausnahmsloses Gesetz, dass diese bei Fötus und Mutter einander ganz genau entsprechen. - Das vordere Körperende der Larve ist mit andern Worten dem Kopfe der Mutter, der Rücken derselben dem mütterlichen Rücken zugekehrt. Was ich eben über die Gestaltungsverhältnisse der Melophaguslarve gesagt habe, gilt übrigens zunächst nur für den ausgewachsenen Fötus und darf keines- wegs auf die frühern Entwicklungsstadien übertragen werden, wie schon der Ver- gleich mit der Gestalt des reifen Eies zur Genüge nachweist. Anfänglich ist der Pupiparenembryo (Tab. I.) in seiner äussern Form von dem der übrigen Dipteren kaum in irgend einer Weise verschieden. Er ist, wie diese, schlank und segmen- tirt. Aber während nun die Mehrzahl der Dipterenlarven vorzüglich in die Länge wächst, verhält sich die Pupiparenlarye gerade umgekehrt. Sie verlängert sich nur bis etwa auf das Doppelte ihres ursprünglichen Durchmessers und wächst — wohl in Uebereinstimmung mit den räumlichen Verhältnissen des mütterlichen Leibes — vorzugsweise in die Breite, wobei dann ziemlich bald die frühere Segmentirung ver- loren geht. Die Abflachung der Körperenden tritt erst ziemlich spät ein, besonders die des Vorderendes, das noch bei Larven von 3 Mm. und darüber merklich schlanker ist, als das hintere. Gleiches gilt von der Abplattung der Bauch- und Rückenfläche. Das vorderste Körperende unserer Larve bildet, wie schon oben erwähnt wurde, einen papillenförmigen kleinen Vorsprung. Untersucht man denselben mit Hülfe des Mieroscops, so bemerkt man auf der Spitze (Tab. III. Fig.1) zwei kleine Zäpfchen, die die Mundöffnung zwischen sich nehmen und vollkommen symme- = trisch, rechts wie links, entwickelt sind. Es leidet keinen Zweifel, dass diese bei- den Zäpfchen trotz ihrer weichen Beschaffenheit die Oberkiefer unserer Larve repräsentiren. Bewegungslos (d.h. ohne Muskeln), wie sie sind, können sie sich freilich nicht in gewöhnlicher activer Weise bei der Nahrungsaufnahme betheiligen, allein insofern sind sie doch wohl bei diesem Acte von Bedeutung, als sie durch ihre divergirende Stellung den körmigen Nahrungsstoffen, gewissermaassen wie ein Trichter, den Weg zeigen und sodann durch die schuppige Beschaffenheit ihrer Chitinhaut ein Regurgitiren dieser Körnchen in hohem Grade erschweren. Ganz dieselbe papillenförmige Bildung der Oberkiefer, die ich hier eben von den Pupiparenlarven beschrieben habe, findet sich nach v. Siebold (Wiegmann's Arch. 1843. I. 8.159) auch bei den schmarotzenden Strepsipterenlarven, so wie nach Ratzeburg bei den gleichfalls schmarotzenden Larven gewisser Schlupfwespen (Ich- neumonen der Forstinsekten S. 13), also unter Verhältnissen, die sich denen unserer Pupiparenlarven in einiger Beziehung an die Seite setzen lassen. Freilich bezeich- net man diese Zäpfchen bei den genannten Thieren (». Sebold, vergl. Anatomie 8. 591) als „Organe zum Schlürfen“, mit einem Namen, den sie bei unsern Pupipa- ren, die, wie wir später sehen werden, mit einem besondern, in der Mundhöhle gelegenen Schlürforgane versehen sind, nicht verdienen, allein es dürfte wohl die Berechtigung dieser Bezeichnungsweise auch für die betreffenden Fälle noch nicht ausser Zweifel sein. Wie einen Mund, so besitzen unsere Pupiparenlarven auch einen After. Derselbe liegt (Tab. IH. Fig. 1 u. 2) an der Bauchfläche des Körpers, ziemlich dicht vor den schon oben erwähnten Stigmen und ist eine äusserst unscheinbare, von einer kleinen Aufwulstung ringförmig umgebene Oefinung. Bei völlig reif ge- bornen Larven ist diese Aufwulstung mitunter braun gefärbt, so dass dann die An- wesenheit der betreffenden Oeffnung kaum übersehen werden kann. Weit auffallender übrigens als Mund und After sind die schon mehrfach bei unseren Pupiparen hervorgehobenen Luftlöcher oder zunächst vielmehr die Horn- ringe im Umkreis derselben, die denn auch von keinem einzigen frühern Beobach- ter übersehen worden sind. Schon das unbewaffnete Auge erkennt im Mittelpunkt des abgeplatteten hintern Leibesendes, bei allen grössern Larven wenigstens (von 3 Mm. an), eine querovale braune Platte von 0,7 Mm. Breite und 0,25 Mm. Länge, deren Ränder wulstförmig über die umgebende Chitinhaut hervorragen. Die beiden Seitenhälften dieser Platte tragen eine weite und tiefe, halbkugelförmige Einsackung, deren Boden eine ziemlich zarte und nur wenig gebräunte Beschaffenheit hat. Die Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 24 — 118 — Grösse der Einsackungen ist so beträchtlich, dass die Seitenhälften der Platte, die sie tragen, nur eine ziemlich breite, randartige Einfassung derselben darzustellen scheinen. An dem hintern Leibesende unserer Larven finden wir (Tab. II. Fig. 9) mit andern Worten zwei von breiten Chitinrändern umgebene weite und gruben- artige Vertiefungen, die der Meridianlinie so weit angenähert sind, dass die Ränder derselben an der Innenseite auf einander stossen und zu einem gemeinschaftlichen, mehr oder minder Ooförmigen braunen Hornstücke mit einander verschmelzen. Der beiden Ringen gemeinschaftliche mittlere Theil dieses Hornstückes ist am dicksten und bildet eine weit vorspringende Firste, die bei mikroseopischer Untersuchung mit einer Anzahl kleiner Grübehen besetzt ist. Zu den Seiten dieses ooförmigen Hornstückes bemerkt man (Ibid.), wie schon Leon Dufour angegeben hat (l. e. p. 81), noch zwei kleinere und schmälere gleich- falls braune Chitinringe von 0,05 Mm. im Durchmesser, die in gleicher Weise wie die eben beschriebenen grossen und breiten Ringe eine grubenförmige, nur viel seichtere Vertiefung in sich einschliessen. Aber der Boden dieser Vertiefung ist nicht vollkommen glatt, sondern in der Mitte von einer deutlichen Querspalte (0,015 Mm.) durchbrochen, die von einem braunen, schmalen und lippenförmigen Wulste eihgefasst wird und sich durch ihren Zusammenhang mit dem Tracheensysteme der Larve als ein Stigma zu erkennen giebt. Leon Dufour hat dieses Stigma bereits richtig erkannt; er irrt nur darin, dass er dasselbe für das einzige hält, das uns sern Thieren zukommt. Nach meiner Untersuchung besitzen die Larven von Me- lophagus auch noch zwei andere Stigmenpaare, und zwar im Innern der zuerst be- schriebenen grossen und sackförmigen Grube am Hinterleibsende, freilich nicht am Boden, wie in den kleinern und flächern Gruben, sondern an den abschüssigen Seitenwandungen und zwar so weit nach aussen, dass sie noch in den braunen Chi- tinrand derselben hineinfallen. Das eine dieser Luftlöcher legt am Rückenrande der Grube, das andere, zugleich etwas weiter nach aussen zu, am Bauchrande (Tab. IH. Fig. 9). Was die Bedeutung der grubenförmigen Vertiefungen betrifft, in welche diese Stigmen zunächst einmünden, so kann darüber kein Zweifel sein, sobald man sich einmal überzeugt hat, dass dieselben in gleicher Weise, wie die Tracheen- stimme, mit Luft gefüllt sind. Sie stellen offenbar ein Paar Luftbehälter dar, aus denen die Tracheen gespeist werden'), und schliessen sich somit denn an die nach 1) Leon Dufour lässt diese Gruben erst im Puppenzustande entstehen und zwar dadurch, dass die Hornstücke des Hinter- — 19 — Lage und Bildung so äusserst wechselnden Lufträume an, die wir bei den Wasser- insekten antreffen und überall da als physiologisch vortheilhafte Bildungen erkennen werden, wo der zum Athmen nöthige Luftwechsel nur selten stattfindet. Die eben beschriebene Bildung des Stigmenapparates findet sich übrigens, wie erwähnt, nur bei den grössern Larven. Die kleinern, bis zu 2,6 Mm. Länge, entbehren nicht bloss der so leicht auffallenden Hornstücke im Umkreis der Luft- löcher, sondern zeigen auch sonst eine einfachere Entwicklung ihrer luftathmenden Organe. Die Zahl der Stigmen ist nämlich (Tab. II. Fig. 1.10) auf ein einziges Paar reducirt, und dieses ist überdiess so wenig ausgezeichnet, dass L£&on Dufour den jüngern Larvenzuständen der Pupiparen die Existenz einer Luftathmung über- haupt abstreiten konnte, obwohl doch, wie wir uns überzeugen werden, gerade die Stigmen zu denjenigen Organen gehören, die in dem Embryo am frühesten gebil- det werden und gleich nach dem Abstreifen der Larvenhaut in Function treten. Nach seiner Lage dürfen wir das betreffende Luftloch dem innern, dorsalen Stigma der ältern Larven identifieiren. Wie dieses mündet es auch zunächst in einen weiten und sackförmigen Luftraum, der freilich minder breit, aber desto tie- fer ist und dem spätern Luftraum an Capacität nur wenig nachgeben dürfte. Ge- nau genommen, ist es auch hier übrigens nicht der Boden des Luftraumes, der das Stigma aufnimmt, sondern (Tab. IH. Fig. 10) die eine und zwar die dorsale Seitenwand desselben, wie man deutlich erkennt, obwohl die Mündungsstelle der Tracheen einstweilen noch eben so wenig, wie die Oeffnung des Luftraums durch einen verdickten, braunen Hornstreifen ausgezeichnet ist. Der Raum zwischen bei- den (etwas divergirend nach dem Rücken zu aufsteigenden) Luftlöchern erhebt sich in Form eimes ziemlich starken, zapfenförmigen Vorsprunges, der sich besonders nach dem Bauche zu entwickelt und von einer derben, zerrissenen Chitinhaut be- deckt ist (Ibid.). Die Umwandlung dieses primordialen Stigmenapparates in den zuerst beschrie- benen spätern geht erst bei etwa 2,7 Mm. langen Larven, und zwar plötzlich, mit- leibsendes, die er für eingefalzte Deckel hält, ausfielen (l. ec. p.%85). Es ist wahr, die hornigen Ringe der Gruben sind wäh- rend des Puppenlebens nicht so deutlich wie früher zu unterscheiden, aber nur deshalb, weil dıe ganze Larvenhaut inzwischen dieselbe braune Färbung angenommen hat, die früher die betreffenden Hornringe allein auszeichnete. Ebenso unbegründet ist die Angabe von Dufour, dass die kleinern Seitenstigmata wahrend des Puppenschlafes oblitterirten, so wie ferner die Behauptung, dass die betreffenden Gruben bei den Puppen ohne Weiteres in den Raum unter der Larvenhaut hineinführten. Der Boden der Gruben persistirt in gleicher Weise, wie die Stigmen; ja man findet an letztern sogar sehr constant noch die untern, damit in Verbin- dung stehenden Tracheenenden, 94 * ad — 180. — telst einer Häutung vor sich. Die alte Larvenhaut zerreisst und unter ihr kommt eine neue mit den spätern Stigmen (die man schon vorher deutlich durchschimmern sah) zum’ Vorschein. Anfänglich ist freilich dieser spätere Stigmenapparat ohne braune Chitineinfassung, allein letzterer erscheint doch ziemlich bald und ist mitun- ter schon bei Larven von 2,85 Mm. vollständig ausgebildet. Der Tracheenapparat unserer Larven wird später noch eine besondere, ausführliche Berücksichtigung finden; ich will hier vorläufig nur so viel erwähnen, dass die Haupttheile desselben aus zwei Paaren ansehnlicher Längsstämme bestehen, die am Rücken und am Bauche hinlaufen und wie ein Paar silberglänzende Stränge durch die äusseren Bedeckungen hindurchschimmern. Die beiden Rückenstämme sind stärker und deutlicher, als die beiden Bauchstämme (die Leon Dufour desshalb auch übersehen?) hat), auch der Mittellinie weiter angenähert, als die letzteren. Wenn ich dieser Tracheenstimme bereits hier, bei der Beschreibung der äussern Organisation, erwähne, so geschieht dies nicht bloss desshalb, weil dieselben, wie bemerkt, nach Aussen hindurchschimmern, sondern vorzugsweise desshalb, weil sie uns zur ÖOrientirung bei dem Aufsuchen einiger anderen Gebilde von Dienst sind. Ich meine jene eigenthümlichen queren Eindrücke, die (Tab. II. Fig. 2. u. 3.) in regelmässiger Anordnung symmetrisch über die beiden Körperhälften unserer Larven vertheilt sind und von Bonnet, der ihrer zuerst erwähnt (l. c. p. 160), für Stigmata gehalten wurden. Dass diese Deutung eine irrthümliche sei, brauche ich nach den frühern Bemerkungen über Lage und Organisation der Luftlöcher kaum noch besonders hervorzuheben; sie ist auch bereits von Leon Dufour !(]. c. p- 85) zur Genüge widerlegt worden. Die Eindrücke sind ohne Oeffnung nach In- nen, auch ohne Zusammenhang mit dem Tracheenapparate und überdiess auf bei- den Körperflächen der Larve, am Rücken und am Bauche, ganz gleichmässig ent- wickelt. An der Bauchfläche zähle ich gewöhnlich sieben solcher Eindrücke (fos- settes Bonn.) jederseits, mitunter nur sechs oder auch acht, von denen der vor- derste, ım letztern Falle auch zugleich der hinterste, am kleinsten und seichtesten ist. Der Rücken zeigt dagegen immer nur sechs Eindrücke jederseits; das dem hintern ventralen Eindrucke entsprechende Grübchen ist hier hinweggefallen. Die Entfernungen zwischen den einzelnen Eindrücken derselben Reihe sind sehr gleich- 1) L. Dufour verlegt die von ihm gesehenen beiden Tracheenstämme freilich an die Bauchfläche; dass es aber wirklich die Rückenstämme waren, geht aus der Angabe hervor, dass dieselben hinten durch eine weite Queranastomose verbunden seien, was nur für die Rückenstämme passt (l. c. p. 81). — 181 —. mässig und so weit, dass davon fast die ganze Länge des Körpers (nur die End- stücke sind ausgenommen) in Anspruch genommen wird. Ich bemerkte oben, dass die Lage dieser Eindrücke eine gewisse Beziehung zu den vier Haupttracheenstimmen unserer Larve besässe und will hier jetzt noch weiter hinzufügen, dass die durch die regelmässige Gruppirung der betreffenden Eindrücke entstandenen einzelnen Längsreihen je einen dieser | vier Tracheen- stämme in seinem Verlaufe begleiten. Neben jedem der vier Haupttracheenstämme liegt also eime Längsreihe von queren Grübchen; em Umstand, der gewiss nicht wenig zu dem Irrthum von Bonnet beigetragen hat. Uebrigens sind die Beziehun- gen dieser Grübchen zu den Tracheenstimmen am Rücken und Bauche nicht genau dieselben: die Grübchen des Rückens liegen (Fig. 3) an der Aussenseite der Tra- cheenstämme, während man am Bauche dieselben (Fig. 2) zwischen den Tracheen- stämmen antrifft. Die beiden Grübchenreihen des Bauches sind einander mehr an- genähert, als die des Rückens. Ueber den physiologischen Werth dieser Eindrücke werden wir später noch ein Näheres erfahren. Einstweilen sei nur hier so viel erwähnt, dass L. Dufour völlig Recht hat, wenn er dieselben den Muskeleindrücken auf dem Cephalothorax gewisser Arachniden gleichsetz. Auch bei unsern Pupiparenlarven dienen diese Eindrücke oder vielmehr die dadurch bedingten Erhebungen auf der Innenfläche der Chitinhaut als Ansatzpuncte für Muskeln. Freilich ist damit noch nicht bewie- sen, dass diese Eindrücke, wie L. Dufour vermuthet, durch den mechanischen Ef- fect der Muskelcontraction entständen; wir werden uns vielmehr später davon über- zeugen, dass ihre Bildung ganz unabhängig von der physiologischen Action der Muskeln und bereits im einer frühen Zeit des embryonalen Lebens (nicht erst, wie Dufour anzunehmen scheint, zur Zeit der Puppenbildung) vor sich geht. Morphologisch entsprechen diese Muskeleindrücke, wie auch die Entwick- lungsgeschichte mit aller Entschiedenheit darthut, einer Anzahl von Segmenten und zwar (bei vollständiger Entwicklung) den acht letzten Segmenten. Sie sind keines- wegs, was man vielleicht vermuthen könnte, die Ueberreste jener ringförmigen Ein- schnitte, die sich sonst bei den Insekten und Insektenlarven zwischen den einzelnen Segmenten vorfinden. Diese letztern würden vielmehr, wenn sie überhaupt vorkä- men, in der Mitte zwischen je zwei auf einander folgenden Eindrücken hinlaufen. Zwischen dem ersten und dem zweiten Baucheindrucke sieht man nun in der That bei unsern Larven, besonders den grössern, einen queren Einschnitt, der, wie eine Nath, ringförmig um den ganzen Larvenkörper herumläuft und den vor- — IR — dern Theil der äussern Bedeckungen kappenartig gegen die gesammte übrige Fläche absetzt (Tab. III. Fig. 4). Man unterscheidet diese Nath bereits bei Larven von 3 Mm. Länge, aber Anfangs ist dieselbe nur wenig deutlich, während sie später, um die Zeit der Geburt, fast bei dem ersten Blicke auffällt. Sie ist um diese Zeit nicht bloss beträchtlich tiefer, als früher, sondern auch von lippenförmig aufge- wulsteten Rändern eingefasst. Ausser der eben beschriebenen ringförmigen Nath findet man !bei unsern Larven auch noch eine zweite; bogenförmige, die der erstern unter rechtem Winkel aufsitzt und den ganzen Seitenrand des Vorderkörpers einfasst, doch so, dass ihr Scheitelpunet nicht etwa mit der Mundöffnung zusammenfällt, sondern eine kurze Strecke hinter der Mundöffnung auf der Rückenfläche zu liegen kommt (Ibid.). Genauer bezeichnet, fällt der Scheitelpunet dieser zweiten bogenförmigen Nath mit dem dorsalen Basalrande der kleinen papillenförmigen Erhebung zusam- men, auf der die Mundöffnung gelegen ist. An diesem Scheitelpunete beginnt auch die Bildung der betreffenden Nath und zwar schon zu einer Zeit, in der von der Ringnath noch keine Spur!) vorhanden ist, bereits bei Larven von 2,8Mm. (Tab.II. Fig. 1). Im Uebrigen gilt für sie dasselbe, was ich oben für die letztere hervor- gehoben habe; sie wird mit der zunehmenden Körpergrösse immer deutlicher, bis sie schliesslich kaum mehr zu übersehen ist. In morphologischer Beziehung dürften diese Näthe wohl als Segmentein- schnitte zu deuten sein. Besonders überzeugend ist solches in Betreff der Ringnath, die nach ihrer Lage und dem Verhalten zu den Muskeleindrücken, wie schon oben angedeutet worden, genau die Grenze zwischen zweien, auf einander fol- genden Segmenten einhält. Berücksichtigen wir die Zahl der dahinter liegenden Muskeleindrücke, so können wir diese Segmente annäherungsweise sogar als erstes und zweites Abdominalsegment bestimmen. Was durch diese Ringnath nach vorne abgesetzt wird, würde also die gesammte Menge der Kopf- und Thoracalsegmente, vielleicht noch mit Einschluss des ersten Abdominalsegmentes, repräsentiren, einen Körperabschnitt, der im ausgebildeten Zustande, sonst auch gewöhnlich bei den Larven, einen sehr viel grössern Raum in Anspruch nimmt. Was nun die bogenförmige Nath betrifft, so kann diese allerdings nicht einer Grenznath zwischen zweien auf einander folgenden Segmenten entsprechen, 1) Der Vorgang dieser Nathbilduug in der Haut unserer Larven ist genau derselbe, wie er nach meinen Beobachtungen bei der Deckelbildung der Insekteneier in dem Chorion stattfindet. Vergl. meine schon oben eitirte Abhandlung über die Mikropyle der Insekteneier. — 13 — wohl aber erinnert dieselbe durch ihr Verhalten an die Einschnitte, die wir bei den ausgebildeten Insekten so häufig an den Seiten der Segmente zwischen den Rückenschienen und Bauchschienen antreffen. Es dürfte desshalb auch vielleicht gerechtfertigt sein, dieselbe in diesem Sinne aufzufassen und die beiden Hälften der Kappe, die sie gegen einander absetzt, als Rücken- und Bauchschienen einer An- zahl verschmolzener Körperringe zu deuten. Doch dem sei, wie ihm wolle; so viel ist gewiss, dass diese beiden Näthe un- sern Thieren von hoher Bedeutung sind. Freilich erstreckt sich dieselbe weniger auf dasLarvenleben, als vielmehr auf die spätern Zustände der Metamorphose: durch Hülfe dieser Näthe gelingt es der jungen Fliege, die im Umkreis der Puppe all- mählig zu einem festen Gehäuse erhärtete Larvenhaut zu durchbrechen und nach Aussen hervorzuschlüpfen. Die Art und Weise, wie solches geschieht, ist dieselbe, wie bei den Tonnen- puppen der übrigen Dipteren und bereits durch Reaumur ganz richtig erkannt (Me&m. VIH. T.IV. P.2), auch später oftmals bei verschiedenen Arten (z.B. der Stubenfliege vom Verfasser der nürnberger „Geschichte der gemeinen Stubenfliege“ 1764. 8. 10, bei unsern Pupiparen von Z. Dufour, 1. c. p. 87) gesehen und beschrie- ben‘). Die junge Fliege sprengt diese Näthe dadurch, dass sie durch Einpumpen von Flüssigkeit ihre Stirne zu einer gewaltigen Masse aufbläht, und nach Art einer hydraulischen Presse gegen ihre Hülle wirken lässt. Die beiden Hälften der Kappe reissen dann aus einander, fallen auch meist beide ab; die tonnenförmige Umhüllung, in die sich die Larvenhaut inzwischen verwandelt hat, öffnet sich und lässt die Fliege jetzt ungehindert nach Aussen hervorschlüpfen. Bei der Geburt ist übrigens diese Larvenhaut mit dem darunter liegenden Körperparenchym noch immer in festem Zusammenhange; unser Thier ist bei der Geburt, wie in der Einleitung unserer Untersuchungen auch schon hervorgehoben wurde, noch keine Puppe, sondern einstweilen erst eine Larve, freilich eine be- reits völlig ausgewachsene Larve, wie die Raupe ungefähr zur Zeit des Einspin- nens. Die äussere Haut ist weich und farblos, bis auf die Stigmenringe, deren ab- weichendes Verhalten oben beschrieben wurde. Bei recht ausgetragenen Larven habe ich auch wohl in der Mittellinie des Rückens und Bauches zwischen den Tracheenstämmen oder den beiden Reihen der Muskeleindrücke eine ziemlich breite, 1) Am genauesten ist dieser Vorgang vielleicht von Reissner dargestellt worden (Archiv für Naturgeschichte 1855. I. S. 189) ; zur glaubt Letzterer irrlhümlicher Weise, der erste Entdecker desselben zu sein, — — bräunliche Längsbinde gefunden, deren Seitenränder regelmässig gezackt waren und zwar der Art, dass die Spitzen genau in den Zwischenraum zwischen zwei auf einander folgende Muskeleindrücke hineingriffen. Nach den früher von mir her- vorgehobenen Thatsachen fällt dabei die grösseste Breite dieser Binde jedes Mal mit 'den "Grenzen zweier Segmente zusammen; und in der That unterschied man hier auch, besonders auf dem Rücken, einen dunklern Querstreifen, der in gerader Richtung von der einen Spitze nach der gegenüberliegenden hinzog. Die vorder- sten Spitzen des Bauchstreifens wurden durch die Ringnath des Deckelapparates mit einander verbunden, während der kürzere (auch nur mit 6 Spitzen versehene) Rük- kenstreif erst unterhalb dieser Nath begann. Jedenfalls ist die Mitte der beiden Körperflächen diejenige Stelle, an der die Bräunung der Larvenhaut beginnt. Aber sie ist keineswegs zugleich diejenige, an der diese Bräunung am dunkelsten wird. Im Gegentheil sind es die übrigen, am längsten weiss bleibenden Stellen der Körperhaut, die sich in dieser Beziehung auszeichnen. Abgesehen übrigens von dieser Bräunung und der damit verbundenen Zu- nahme an Festigkeit und Starrheit, behält die Larvenhaut während des Puppen- lebens alle die oben geschilderten‘ Merkmale. Auch ihre Form und Ausdehnung bleibt dieselbe; sie ändert sich nur insofern, als durch stärkere Abplattung von Rücken und Bauch der Höhendurchmesser des Körpers sich etwas verringert. So viel von der äusseren Gestalt und Organisation unserer Larven; gehen wir in unserer Betrachtung jetzt zur Anatomie derselben über. Wenn uns noch irgend ein Zweifel an der Natur der betreffenden Geschöpfe, irgend ein Vorurtheil für die Behauptungen L. Dufour's geblieben wäre; sie müssten schwinden, wenn wir uns im weitern Verlaufe unserer Darstellung überzeugen, dass die Masse, die nach den Angaben des französischen Entomotomen und der übrigen frühern Beobachter ohne Ausnahme so gut, wie unorganisirt sein sollte, denselben kunstvollen Complex viel- fach gegliederter Organe zeigt, den wir bei den Jugendzuständen der übrigen In- sekten vorzufinden gewohnt sind. Der Irrthum der frühern Zeit lässt sich nur aus den Schwierigkeiten erklären, die der genauern Untersuchung unserer Thiere im Wege stehen und gegenüber den gewöhnlichen Erfahrungen der Entomotomen in der That enorm genannt werden dürfen. Die Kleinheit und Undurchsichtigkeit der Larve, die geringe Festigkeit ihrer Gewebstheile, die mächtige Entwicklung und leichte Verletzlichkeit des mit massenhaftem Nahrungsmaterial erfüllten Magens, Alles das vereinigt sich, die anatomische Untersuchung unserer Pupiparenlarven zu — 15 — einer der schwierigsten Aufgaben der Entomotomie zu machen. Alle Methoden der Untersuchung, Mikroskop und Loupe, Messer und Nadel, Härtungsmittel und Rea- gentien müssen dabei zur Anwendung kommen, wenn das Resultat nur einiger- maassen genügen soll. Mögen diese Schwierigkeiten mich entschuldigen, wenn ich trotz aller Mühe auch nach jahrelangen, oftmals unterbrochenen und wieder aufge- nommenen Untersuchungen vielleicht nicht überall zu einem erschöpfenden Ab- schlusse gekommen bin. Aeussere Körperbedeckungen. Die Körperhülle der ausgewachsenen Melophaguslarve besteht aus einer ziemlich dieken und derben Chitinhaut, unter der eine eontinuirliche Zellenschicht sich hinzieht. Die Elemente der letztern mes- sen etwa 0,023 Mm. und umschliessen einen zähen, feinkörnigen Inhalt mit scharf contourirtem hellen Kern (0,006 — 0,007 Mm.) und Kernkörperchen. An den mei- sten Stellen liegen dieselben so dicht, dass sie sich zu sechsseitigen Prismen gegen einander abplatten. Die darüber liegende Chitinlamelle ist glashell und durchsich- tig, ohne eigentliche Structur, auch ohne Porencanäle, dafür aber an der äusseren Fläche mit zahlreichen, unregelmässig verzweigten und communieirenden, ziemlich tiefen Schrunden durchzogen, wie ich sie früher (Miiller’s Archiv für Anat. 1854. S. 176) an den äussern Eihüllen mancher Schmetterlinge, z. B. des Seidenspinners, beschrieben habe. Diese Beschaffenheit der äussern Chitindecken findet man übrigens nur bei solehen Larven, die bereits die Länge von 2,8 Mm. überschritten haben und mit den oben beschriebenen Stigmenplatten versehen sind. Auf den frühern Entwick- lungsperioden unterscheidet man freilich gleichfalls eine Chitinschicht auf der äus- sern Zellenlage des Körpers (der eigentlichen, wahren Epidermis der Arthropo- den), aber diese Chitinschicht ist sehr viel dünner und ohne die erwähnten Schrun- den. Besonders zart ist die erste Chitinbedeckung, welche die jungen Larven aus dem Eie mitbringen, doch hat diese daftir ein Aussehn, als wenn sie aus lauter ab- geplatteten und verschmolzenen Zellen zusammengesetzt wäre. Indessen muss ich es unentschieden lassen, ob solche Zusammensetzung in Wirklichkeit stattfindet oder nicht vielmehr eine bloss scheinbare ist und dadurch bedingt wird, dass die Köpfe der darunter liegenden Zellenschicht in die nach dem Gesetze der Qutieular- bildung ausgeschiedene Chitinlamelle sich abdrückten.. Bei den spätern Chitin- decken findet sich eine ähnliche Beschaffenheit nur am vordern Körperpole, an den Kiefern und deren Umgebung, wo derselben auch schon oben Erwähnung ge- schehen ist. Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 25 — a — Aus den voranstehenden Mittheilungen über die Beschaffenheit der Chitin- hüllen geht zur Genüge hervor, dass die Larven unserer Pupiparen sich wäh- rend ihres Aufenthaltes im Fruchthälter der Mutter mehrfach häuten, 2 Auch durch direete Beobachtung lässt sich diese 'Thatsache ausser Zweifel setzen. Man hat nicht bloss dann und wann Gelegenheit zu sehen, wie die alte Chitinhaut der Larve noch im ganzen Umfang des Körpers lose auf der inzwischen neu gebildeten Chitinbekleidung aufliegt, sondern findet auch weit öfter die Reste der gesprengten Hülle in Form von mehr oder minder grossen Fetzen an der Mundöffnung der Larve kragenartig ansitzen. In eimem Falle konnte ich selbst zwei solcher Chitinkragen über der Larvenhaut beobachten. _Uebrigens ist der Zusammenhang dieser Hautreste mit der Mundöffnung sehr äusserlich. Derselbe erklärt sich dadurch, dass die Chitinbedeckung des Körpers durch den Mund hindurch sich in den Tractus fortsetzt und namentlich im Innern der Mundhöhle eine ziemlich derbe Auskleidung bildet. Diese letztere hat einen sehr viel ansehn- lichern Querschnitt als die Mundöffnung; sie bleibt desshalb nicht selten nach der Abstossung im Innern der Mundhöhle liegen und dient auf solche Weise denn ge- legentlich als Rückhalt für die damit zusammenhängenden Theile des äussern Chi- tinkleides. Beim Herausnehmen aus dem Fruchthälter ballen sich diese Ueberreste ge- wöhnlich zu einer vielfach gefalteten strangartigen Masse zusammen, die von der Mundöffnung des Larvenkörpers ausgeht (Tab. II. Fig. 4). Solche Stränge hat auch Leon Dufour gesehen (l. ec. Tab. II. Fig. 27 u. 29), unglücklicher Weise aber mit den Eiröhren des Ovariums identifieirt und darauf hin die sonderbare Ansicht gebauet, dass der Fötus der Pupiparen, wenigstens in der ersten Zeit des Uterinlebens, durch einen Nabelstrang mit dem Grunde des Ovariums zusammenhinge (l. c. p. 70). Ue- brigens sind die eben geschilderten Verhältnisse wohl der Art, dass sie zu einer Täuschung veranlassen können. Ich selbst bin dadurch Anfangs zu der Annahme verführt worden, dass der Embryo während der ganzen Zeit der Larvenentwicklung in seinen Eihäuten verbleibe und durch Umformung des Mikropylapparates in einen Mundtrichter zur Aufnahme von Nahrung befähigt würde. Ich brauche wohl kaum zu bemerken, dass ich mich jetzt mit aller Bestimmtheit von dem Irrthume dieser (noch in den Zusätzen zu van der Hoeven’s Zoologie 1856. 8.122 von mir ver- tretenen) Ansicht überzeugt habe. Wie viele solcher Häutungen unsere Larve während des Uterinlebens zu — I — bestehen habe, weiss ich nicht mit Bestimmtheit anzugeben. Ich kenne deren nur zwei. Die eine findet unmittelbar") — vielleicht nur wenige Stunden — nach dem Abstreifen der Bihülle statt (Tab. I. Fig. 12), die andere bei der Bildung des spä- tern Stigmenapparates, also wenn die Larve etwa 2,7 Mm. in Länge misst. Es ist möglich, dass sich die ganze Zahl der Häutungen auf diese beiden beschränkt — ich habe auch niemals mehr, als zwei abgestossene Chitinlamellen !mit dem Munde in Verbindung gesehn —, am Ende aber auch nicht unwahrscheimlich, dass ausser ihnen, besonders vor Bildung der bleibenden Stigmata, noch eine weitere Häutung stattfinde. Fettkörper. Bei der erwachsenen Larve unserer Pupiparen bildet der Fettkörper ein ziemlich ansehnliches Polster zwischen der Zellenschicht der äussern Bedeckung und der Oberfläche des Magens, welcher letztere bei seiner beträchtlichen Grösse fast den ganzen Innenraum der Leibeshöhle ausfüllt. Wie bei den übrigen In- sekten und Insektenlarven ist derselbe vorzugsweise Sitz der Tracheenverästelungen ; ja man sieht einzelne Partien desselben an den Tracheenzweigen nicht selten in ähnlicher Weise, wie die Blätter an den Aesten der Bäume, ansitzen. Histologisch besteht der Fettkörper unserer Thiere zumeist (Tab. II. Fig. 13) aus lappigen, vielfach communicirenden Schläuchen von unregelmässiger Form und ansehnlicher Grösse, die mit grösseren und kleineren Fetttropfen gefüllt sind und durch die Mehrzahl ihrer meist freilich erst nach Zusatz von Reagentien hervor- tretenden Kerne als Verschmelzungsproducte mehrere Zellen erkannt werden. Nicht selten sieht man den einzelnen Lappen auch noch vollkommen runde Zellen durch einen längern oder kürzern röhrenförmigen Ausläufer ansitzen. Diese letztern Zellen sind in der Regel noch fettlos; wenigstens findet man in ihnen statt der eben erwähnten Fetttröpfehen noch einen ziemlich gleichförmigen, etwas granulir- ten Inhalt. Dass die einzelnen Schläuche und Zellen des Fettkörpers mit den äussern Zellgewebshüllen der Tracheenverzweigungen vielfach zusammenhängen, ist neuer- lich von anderer Seite (besonders von Zeydig) nachdrücklich hervorgehoben; es kann heutigen Tages darüber kein Zweifel mehr stattfinden, dass der sogenannte Fett- körper der Insekten überhaupt nichts Anderes, als ein blosses fetthaltiges Zellge- webe darstellt. 2 1) Solche frühzeitige Häutungen sind unter den Insekten sehr häufig und werden mitunter schon vor dem Ausschlüpfen voll- zogen, so Jass dann die erste Larvenhaut in den Eihüllen zurückbleibt (z. B. bei Pentatoma und andern Wanzen). Auch die Spinnen häuten sich gleich nach dem Ausschlüpfen (Herold), ebenso, nach meinen Beobachtungen, Mysis, Lepas u. s. w. 25 * —me — Desshalb kann es uns denn auch nicht auffallen, wenn wir sehen, dass die jüngern Larven unserer Pupiparen, bis zu 2,1 Mm. Länge, keinen eigentlichen Fettkörper besitzen, obwohl die Zellen desselben zum Theil schon -massenhaft vor- handen sind. Es ist das jene Zeit, in der auch das Tracheensystem noch wenig ausgebildet ist, wie es denn überhaupt scheint, dass die |Entwicklung des letztern mit der des Fettkörpers Hand in Hand geht. Muskelsystem. In der ganzen grossen Menge der Insekten und Insekten- larven dürfte es wohl nur kaum eine zweite Gruppe geben, bei der das Muskel- system so unvollständig ist, wie bei den Larven unserer Pupiparen. Während wir sonst bei den Insektenlarven und zwar gerade bei denjenigen Arten, deren Beine entweder vollkommen fehlen oder doch wenigstens beträchtlich reducirt sind, ein sehr ausgezeichnetes Hautmuskelsystem vorfinden, das die einzelnen Körpersegmente mit einander verbindet und meist aus mehreren, in verschiedener Richtung über einander hinlaufenden Schichten zusammengesetzt ist, beschränkt sich der contractile Apparat unserer Thiere auf einige wenige, vollkommen isolirte Muskelstränge, die sich an bestimmten Stellen den äusseren Körperbedeckungen inseriren und nach ihrer physiologischen Bedeutung ausschliesslich als Athemmuskeln zu bezeichnen sein dürften. Eigentliche Bewegungsmuskeln sind zugleich mit der Nothwendigkeit der Locomotion bei unseren Thieren hinweggefallen. Die Hauptmasse dieser Athemmuskeln stellt einen seitlich symmetrischen Ap- parat dar, der sich am Rücken und am Bauche in wesentlich übereinstimmender Weise wiederholt und (Tab. III. Fig. 1) über den ganzen mittleren Körper — nur die beiden Enden sind ausgenommen — ausdehnt. Derselbe besteht aus einer An- zahl isolirter, platter Muskelbäuche, die sich an den oben erwähnten Hauteindrük- ken des Rückens und Bauches befestigen. Jeder Muskelbauch enthält etwa ein Dutzend paralleler Fasern oder Bündel, mit leicht isolirbarer Hülle und quergestreif- tem Inhalt, in dem sich oftmals auch ein deutlicher, mit dichten Körnern (Kernen?) gefüllter Achsencanal erkennen lässt. Die Befestigung an den äusseren Bedeckun- gen geschieht für jedes Muskelbündel besonders und zwar (Tab. IH. Fig. 6) durch Hülfe eines zarten und biegsamen, dünnen Sehnenfadens, der sich — wie das auch schon (durch Reichert und Leydiy) von andern Arthropoden bekannt ist — mit aller Bestimmtheit als eine direete Fortsetzung des Sarcolemma ergiebt. Durch solche Sehnenfasern wird aber nur das eine Ende des Muskelbauches befestigt. Das zweite Ende verhält sich anders, indem sich hier die einzelnen Muskelfasern mehr- — 189 — fach verästeln und mit ihren Ausläufern schliesslich in dem Fettkörper und den äussern Magenwandungen verlieren. Der Effect dieser Muskeln besteht in emer Verkleinerung des Körperquer- schnitts, die einen Druck auf sämmtliche Eingeweide zur Folge hat. Die betref- fenden Muskeln ergeben sich demnach als Exspirationsmuskeln. Die nachfolgende Ausdehnung des Leibes, die eine Inspiration zur Folge hat, wird, als einfache Rück- wirkung elastischer Kräfte, ohne Muskeln vollzogen. Uebrigens sind alle diese Be- wegungen nur schwach und wenig bemerkbar. Weit auffallender ist die schon früher einmal erwähnte Bewegung des vordern Körperendes, die gleichfalls als Athembewegung und zwar zunächst wiederum als Exspirationsbewegung aufzufassen sein dürfte. Auch diese wird durch einen Muskel- bauch vollzogen, der sich durch seine Insertionen und das Verhalten seiner Enden genau an die oben beschriebenen Muskelbäuche anschliesst. Der Muskel ist un- paar und liegt in der Mittellinie des Rückens, wo er sich dicht hinter der uns schon aus den vorhergehenden Blättern (8. 182f) bekannt gewordenen bogenförmi- gen Nath an den äussern Bedeckungen befestigt (Tab. III. Fig. 5). Nervensystem. Dass das Nervensystem der Insekten an der Metamor- phose des gesammten Körpers, da wenigstens, wo diese eine sogenannte vollstän- dige ist, Theil hat und durch zunehmende Concentration mitunter seine ursprüng- liche Bildung vollständig verändert, ist eine bekannte Thatsache und namentlich für die Schmetterlinge durch Newport's Meisterhand auf das Vollständigste nachge- wiesen. Es scheint indessen, dass diese Thatsache bisher noch keineswegs in allen Fällen gehörig gewürdigt und in ihrer allgemeinern Gültigkeit anerkannt ist.* So giebt wenigsten v. Siebold in seiner vergleichenden Anatomie (S. 571) an, dass "sich bei den Dipteren „mit vollständig verschmolzenem Bauchmark“ die spätere Oentra- lisation schon bei den Larven vorfinde und dass die Angaben des Gegentheils (z. B. bei Oestrus) auf einer fehlerhaften Beobachtung beruhten. Nach dieser Behauptung würden wir bei unsern Pupiparenlarven, wie bei den ausgebildeten Thieren (vgl. Leon Dufour 1.c. Pl. UI. Fig. 12), statt einer lang- gestreckten Bauchganglienkette nur ein einziges rundes Centralganglion mit zahl- reichen davon ausstrahlenden Nervenstämmen vorfinden. Doch dem ist nicht so. Eine vollständige Concentration, wie im entwickel- ten Zustande, habe ich bei unsern Larven niemals gesehen, wohl aber, während der letzten Zeit des Uterinlebens, Annäherungen an dieselbe. In den frühern Sta- dien besitzen dagegen unsere Larven ein langgestrecktes, vielfach gegliedertes Bauch- — 190 — mark, das im Wesentlichen mit der Ganglienkette der Raupen übereinstimmt, ob- gleich die Commissuren desselben von Anfang an ausserordentlich kurz erschei- nen. Noch bei Larven von 2 Mm. erstreckt sich dasselbe fast durch die ganze Länge der Leibeshöhle, wenigstens bis in die Nähe des Afters. Späterhin verkürzt sich das Bauchmark (Tab. II. Fig.1), so dass es z.B. bei Larven von etwa 3 Mm. nur noch 1,3 Mm. misst, also kaum bis zur Mitte des Raumes zwischen Mund und After reicht (Fig. 2). Untersucht {man das Bauchnervensystem einer solchen Larve — auf den frühern Stadien ist dasselbe kaum ohne Verletzung zu isoliren —, so erkennt man dasselbe (Tab. II. Fig. 7) als ein ziemlich breites (0,16 Mm.) und abgeplattetes Markband, dessen Seitenränder, symmetrisch rechts und links, von Zeit zu Zeit einen fadenförmigen Nervenstamm entsenden. Bei näherer Untersuchung beobachtet man in !der Mittellinie dieses Bandes eine Anzahl von 10 rautenförmigen Gruben, die in einfacher Reihe auf einander folgen und mit den eben erwähnten Nerven- paaren alterniren. Hier und da überzeugt man sich auch mit Bestimmtheit, dass die Gruben durch die ganze Dicke des Markbandes hindurchgehen, dass also die Continuität desselben an den betreffenden Stellen unterbrochen ist. Diesen Gruben gegenüber sind ferner die Ränder des Markbandes etwas gekerbt; man sieht sogar diese Kerben in Form eines seichten Eindruckes quer über die Oberfläche des Markbandes bis zu den Gruben sich fortziehen. Ebenso sind auch die einzelnen Gruben unter sich durch eine seichte Längsfurche im Zusammenhang. Nach dem Voranstehenden kann über die Organisation des Bauchmarkes bei unsefn Larven kein Zweifel sein: dasselbe besteht aus eilf Paar Ganglien, die nicht bloss ın der Mittellinie, die auch von vorn nach !hinten einander im höchsten Grade genähert sind, so dass man kaum von eigentlichen Commissuren bei den- selben sprechen kann. Die Grösse dieser Ganglien nimmt im Allgemeinen von vorn nach hinten ab. Die drei vordersten (Brust-)Ganglien sind von allen die beträchtlichsten; sie über- treffen die übrigen nicht bloss durch ihre Länge, sondern auch durch Breite, wel- che letztere sonst so ziemlich dieselbe bleibt. Auch die Grösse der Zwischenräume zwischen den einzelnen Ganglienpaaren wird nach hinten merklich kleiner. Was nun die aus diesem Bauchmark hervorgehenden Nerven betrifft, so gilt das Gesetz, dass jedes Ganglienpaar auch nur ein Nervenpaar entsendet. Nur die drei letzten und kleinsten Ganglienpaare machen hiervon eine Ausnahme, indem sie überhaupt nur ein einziges ziemlich weit hinten abgehendes Nervenpaar besitzen. — 191 — Ich glaube kaum zu irren, wenn ich hierin bereits ein Zeiehen der beginnenden Centralisation erblicke und die Behauptung wage, dass dieses letzte Nervenpaar, das auch ungewöhnlich dick ist, während sonst der Querschnitt der Nervenstämme in geradem Verhältniss zu der Grössenentwicklung der betreffenden Ganglien steht, aus der Verschmelzung der drei letzten, ursprünglich isolirt angelegten Nerven ent- standen ist. Auch die Grenzen der zugehörigen drei Ganglien werden allem An- schein nach in kurzer Zeit verschwinden; ja man möchte sogar vermuthen, dass durch ein solches Schicksal die Gesammtzahl der Ganglien bereits um eines ver- ringert sei, denn die Zahl der Segmente bei unsern Thieren ist, wie wir uns spä- ter, bei der Betrachtung der Entwicklung, überzeugen werden, ursprünglich die Zwölfzahl, und diese Zahl wird wahrscheinlicher Weise auch in der ersten Ent- wicklung des Bauchganglienapparates wiederkehren. Ueber die Verbreitung und den peripherischen Verlauf der Nerven fehlt es mir an Beobachtungen, doch vermuthe ich, dass die letzten Nervenstämme vorzugs- weise an die Respirationsmuskeln treten, obwohl ich dieselben hier vergebens nach- zuweisen suchte. Der histologische Bau des Nervensystems ist ziemlich einfach. Zunächst un- terscheidet man an dem Bauchmarke eine äussere glashelle Membran mit ziemlich zahlreichen, scharf contourirten Kernen (0,0015 Mm.), eine Hülle,! die sich auch, als Nervenscheide, auf die peripherischen Stämme fortsetzt. Das eigentliche Pa- renchyn der Ganglien besteht aus ziemlich grossen Zellen (bis 0,035 Mm.) mit hel- lem, nicht körnigem Inhalte und bläschenförmigem Kern (0,018 Mm.), durch dessen Wand ein deutliches Kernkörperchen hindurchschimmert (0,0051 Mm.). Fortsätze wurden niemals an den Zellen wahrgenommen. In den peripherischen Nerven fehl- ten diese Zellen. Statt ihrer fand sich eine helle, anscheinend homogene Masse, an der nur hier und da, wie gewöhnlich bei den Insekten, eine zarte Längsstreifung beobachtet werden konnte. Was über die Zusammensetzung und Form des Bauchmarkes oben mitgetheilt wurde, bezieht sich zunächst nur auf solche Larven, die ihre volle Grösse und Ausbildung noch nicht erreicht haben. Um die Zeit der Geburt ist das Aussehen des Bauchmarkes ein anderes. Es hat dasselbe sich dann nicht bloss stark ver- kürzt, mehr noch als früher, sondern auch zugleich durch Erweiterung der vordern Hälfte und Rückbildung der hintern eine Keulenform angenommen (Tab. Ill. Fig. 8). Die Zusammensetzung aus Ganglien ist aber immer noch deutlich; man unterschei- det namentlich die Ganglien der vordern Hälfte, die eine beträchtliche Breite haben, — Mm — sich aber doch nicht mehr so scharf gegen einander absetzen, wie vorher, zumal die rautenförmigen, tiefen Eindrücke, die sich früher zwischen die beiden Seiten- theile der einzelnen Ganglienpaare einschoben, allmählig verwischt sind. Die Zahl der Ganglien, die in diese vordere Erweiterung eingehen, beträgt vier, doch ist das letzte derselben bereits bedeutend schmaler, als die vorhergehenden, gewissermaas- sen eine Uebergangsbildung zu den Ganglien der hintern, stiel- oder schwanzför- migen Hälfte des Bauchmarkes, deren Ganglien sich so wenig markiren, dass es kaum möglich ist, die Zahl derselben genau zu bestimmen. Vielleicht, dass hier die Zahl der Nervenstänme einen Anhaltepunct geben könnte; allein ich habe es versäumt, mir darüber etwas Genaueres zu notiren, so dass denn auch die von mir beigegebene, oben eitirte Abbildung in dieser Beziehung nicht ganz maassgebend sein dürfte. Ich habe bisher nur von dem Bauchmarke unserer Larven gesprochen. Was die Oberschlundganglienmasse oder das sogenannte Hirn betrifft, so kann ich dar- über leider mit Sicherheit kaum mehr angeben, als dass es überhaupt existirt und, wie gewöhnlich, durch zwei seitliche Commissuren mit dem vordersten Ganglien- paare des Bauchmarkes zusammenhängt. Die Präparation des Hirns hat die grössten Schwierigkeiten, so dass es mir trotz aller Versuche nie gelungen ist, das betreffende Gebilde ohne Verletzung auf dem Deckgläschen auszubreiten. Es rührt das nicht etwa bloss von! der geringen Consistenz der Markmasse her, auch nicht bloss von der Befestigung des Hirns durch die ausstrahlenden Nervenstämme und Tracheenäste, sondern vorzugsweise von dem Zusammenhange desselben mit einigen andern, in unmittelbarer Nähe ge- legenen grossen Körpern, die ich, da ihre Bedeutung mir völlig räthselhaft geblie- ben ist, hier mit dem Namen „Zellenkörper“ bezeichnen will. Diese Zellenkörper entstehen schon in früher Zeit des Embryonallebens, und zwar, wie wir später sehen werden, auf ähnliche Weise wie die Respirationsmus- keln. Ursprünglich (auch noch bei Larven von 2 Mm. und darüber) an der Bauch- fläche und in gerader Linie hinter einander, wie die eben erwähnten Muskelpaare, deren Fortsetzungen sie gewissermaassen darstellen, rücken sie später, wenn das vor- dere Körperende sich verhältnissmässig immer mehr und mehr verkürzt, allmählig (Tab. IH. Fig. 1 u. 3) auf den Rücken, bis in die unmittelbare Nähe des Hirns. Namentlich gilt dies von dem einen, vordersten Zellenkörper, der bis dicht an die Seitenlappen des Gehirns hinanrückt und damit so fest zusammenzuhängen scheint, dass eine Trennung ohne gleichzeitige Verletzung kaum möglich ist. — 19% — Bei mässiger Vergrösserung erscheinen diese Zellenkörper als kuglige oder nierenförmige hohle Gebilde von ungefähr 0,15 Mm. im Durchmesser. Ihre Wan- dungen zeigen eine beträchtliche Dicke und bestehen aus Zellen, die eine ziemlich indifferente bläschenförmige Bildung besitzen und einen scharf contourirten, soliden Kern in sich einschliessen. Aeusserlich werden dieselben von einer structurlosen Zellgewebshülle bekleidet, auf der man zahlreiche und ganz ansehnliche Tracheen- äste sich verbreiten sieht. Die beschriebenen Gebilde sind offenbar dieselben Organe, die nach Herold auch im vordern Leibesende der Schmeissfliegenlarve vorkommen (Disquisitiones de ani- mal. vertebr. carent. in ovo format. Fasc. II. Tab. XIV. Fig. 9 u.s.w.) und von denen — wohl irrthümlicher Weise — angegeben wird, dass sie in den spätern Perioden der Entwicklung wiederum verschwänden. Allerdings zeichnet Herold nur ein Paar solcher Bläschen, aber Bildung und Lage derselben dürfte doch über die Analogie mit unsern Zellenkörpern kaum einen Zweifel lassen. Gleiches gilt von den bei- den kugligen Organen, die Kölkker bei den Larven von Chironomus (Observ. de prima insect. generi Tab. I. Fig. VII. und VIII. w.) abbildet und in seiner Beschrei- bung als die ersten Anlagen der Speicheldrüsen in Anspruch nimmt. Ich weiss nicht, ob solches mit Recht geschehen ist — auch Kölliker bleibt uns den Beweis für die Richtigkeit seiner Deutung schuldig —, aber insoweit muss ich Kölliker bei- stimmen, als er annimmt, dass die fraglichen Gebilde überhaupt noch keine ferti- gen Organe darstellen. Vielleicht, dass dieselben ein Blastem bilden, das sich (nach Art der von Remak in ihren Metamorphosen !so schön geschilderten, gleich- falls hohlen sogenannten Wirbelplättchen der Vertebraten) später noch in eine ganze Reihe verschiedener Organe auseinander legt. So viel ist jedenfalls gewiss, dass die Anzahl dieser Körper bei unsern Pupiparenlarven kaum die Vermuthung unter- stützt, dass daraus allein die Speicheldrüsen des fertigen Thieres hervorgingen. Von Sinneswerkzeugen d.h. von ausgebildeten und funetionirenden Sin- neswerkzeugen — es wäre ja möglich, dass sich unter den eben beschriebenen Zel- lenkörpern die ersten Rudimente z.B. der Augen versteckten — besitzen unsere Lar- ven keine Spur. Verdauungsapparat. Es gilt als ein allgemeines Gesetz, dass die kopflosen Dipterenlarven mit einem beträchtlich langen und darmartigen Magen versehen sind. Unsere Pupiparenlarven machen von diesem Gesetze eine Aus- nahme, indem ihr Magen sackartig, weit und kurz ist. Der Magen unserer Thiere wiederholt in seinen Umrissen (Tab. III. Fig. 1) gewissermaassen die Form des äus- Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. Ar Band. 26 = m = sern Körpers und bildet ein Organ, das den bei Weitem grössten Theil der ganzen Leibeshöhle ausfüllt. Aehnliches kennen wir auch von andern Insektenlarven, na- mentlich denjenigen, die wir schon oben wegen der Aehnlichkeit der äussern Le- bensverhältnisse den Pupiparenlarven verglichen haben, z.B. von den Larven der Strepsipteren und Ichneumoniden, wie auch von denen der Wespen und Bienen. Die Uebereinstimmung mit diesen Thieren ist um so grösser, als der Magen auch bei unsern Pupiparenlarven der hintern Oeffnung entbehrt und nur mit der Speiseröhre in direeter Communication steht. Freilich darf man diese Verhältnisse nicht der Art auffassen, wie das früher geschah (noch in v. Siebold’s vergleichender Anatomie S. 595); man darf nicht annehmen, dass bei unsern Thieren der ganze hintere zwi- schen dem Ende des Magens und dem After ausgespannte Abschnitt des Darmap- parats fehle. Im Gegentheil, unsere Pupiparenlarven besitzen ebenso, wie das Grube für die Wespenlarven nachgewiesen hat (Mäillers Archiv 1849 8.47) und wie es nach meinen Untersuchungen auch für die Bienen- und Ichneumonidenlarven gilt, diese Theile ganz in gewöhnlicher Weise, nur dass das Lumen des Dünndarms ohne Zusammenhang mit dem Magen ist. Die Strepsipterenlarven dürften sich wohl schwerlich anders verhalten. (Auch die schmarotzenden Tachinenlarven schliessen sich in dieser Hinsicht genau an die eben erwähnten Thiere an). Was den histologischen Bau des Magens betrifft, so zeigt dieser in mehr- facher Beziehung eine Abweichung von dem gewöhnlichen Verhalten (vergl. hier- über meine Darstellung in Wagner’s Zootomie I. S. 61). Bei der ersten Untersu- chung scheinen die Wandungen desselben aus einer einfachen und structurlosen Haut zu bestehen, deren innere Oberfläche von einer Zellenschicht bedeckt wird. Die betreffende Membran ist ohne Zweifel die sogenannte Membrana propria, die freilich hier eine ganz ungewöhnliche Dicke und Elasticität besitzt, auch meist ein feinkörniges Aussehen hat, wie wir es sonst an derartigen Membranen nicht wahr- nehmen. Untersucht man genauer, so entdeckt man auch die Muskelfasern des Magens, aber diese Fasern sind äusserst fein (0,0016 Mm.), hell und ohne Quer- streifung, von den übrigen Muskelfasern der innern Organe sehr auffallend ver- schieden. Verästelungen und Anastomosen sieht man nur selten, obgleich die Fa- sern ganz isolirt verlaufen und leicht zu verfolgen sind. Eigentliche Längsfasern fehlen; die Muskelfasern des Magens bilden eine Anzahl gerader Streifen, die in Abständen von 0,01 — 0,017 Mm. auf einander folgen und fast überall parallel sind. Trotz der geringen Entwicklung vollziehen diese Fasern übrigens ganz ener- gische Leistungen: man sieht den Magen unserer Larven in beständiger wellenför- — 15 — miger, meist peristaltischer Bewegung. Schon die ältern Beobachter ( Reaumur Bonnet) haben auf diese durch die äussern Bedeckungen hindurch sichtbaren Be- wegungserscheinungen („le jeu des couches nebuleuses“ Bonnet) aufmerksam ge- macht, jedoch ohne dieselben gehörig deuten zu können. Die Zellen, die der Membrana propria aufliegen, zeigen keinerlei Besonderheiten. Sie sind helle Bläschen von verschiedener, zum Theil sehr ansehnlicher Grösse (bis 0,078 Mm.), deren flüssiger Inhalt bald homogen ist, bald auch zahllose kleine Fettköm- chen einschliesst. Eine Tunica intima, wie sie sonst in dem Chylusmagen vieler In- sektenlarven vorkommt, ist nicht vorhanden. Die eben erwähnte Zellenschicht steht in unmittelbarer Berührung mit dem Speisebrei, der in reichlicher Menge die ganze Magenhöhle ausfüllt, und wie eine weisse, milchige Masse durch die äussern Be- deckungen des Leibes hindurchschimmert. Leon Dufour u. Andere, die dem Kör- perparenchym der Pupiparenlarven, wie schon erwähnt wurde, eine pulpöse Be- schaffenheit beilegten, haben sich offenbar durch diesen Speisebrei täuschen lassen. Bei der eigenthümlichen Bildung unserer Thiere kann ohne genauere Untersuchung, namentlich auch mit Hülfe des Mikroskopes, solche Täuschung in der That leicht unterlaufen, denn der eigentliche Körper bildet wirklich kaum etwas Anderes, als eine dünne und weiche Umhüllung des Magens. Dazu kommt, dass sich diese Hülle in grosser Spannung befindet, und desshalb nicht bloss leicht verletzlich ist, sondern auch augenblicklich nach einer Verletzung ihren Inhalt austreibt. Unter dem Mikroskope erkennt man diesen Mageninhalt als eine dichte Emulsion von grössern und kleinern Körnchen, die nach ihrem optischen Verhalten genau mit dem Inhalte der schon bei früherer Gelegenheit beschriebenen Anhangsdrüsen über- einstimmen. Nur das ist eigenthümlieh, dass sich die Körnchen nicht selten durch Agglomeration zu grössern Stücken von unregelmässigem, vielfach durchfurchten Aussehen zusammengeballt haben. Ueber die Art und Weise, wie diese Massen in den Magen unserer Larven eingeführt werden, kann kein Zweifel bleiben, sobald man auf die Bildung der Speiseröhre seine Aufmerksamkeit hinlenkt und dann (Tab. II. Fig. 1) dicht hinter der Mundöffnung, im Innern einer eignen kleinen Erweiterung, gewissermaassen einer Mundhöhle, ein Organ findet, das durch seine beständigen rhythmisehen Con- tractionen — ich zählte deren 40—50 in einer Minute — fast den Eindruek eines Herzens macht. (Schon de@eer giebt an, dass er im vordern Leibesende unserer Larven eine kleine Bewegung „wie das Schlagen des Herzens“ sehr deutlich ge- sehen habe, a.a.O. VI. 8.112.) In Wirklichkeit kann hier natürlich von einem 26 * — 16 — Herzen keine Rede sein, wohl aber weist uns der Zusammenhang mit der Speise- röhre von vorn herein schon auf einen Schluckapparat hin. Eine weitere Beobach- tung bestätigt diese Ansicht; man sieht unter dem Mikroskope, wie durch die Actio- nen des pulsirenden Organes nicht bloss allerlei leichte Körnchen im Umkreis der Mundöffnung in Bewegung gerathen, sondern auch durch dieselbe hindurch in die Speiseröhre eingezogen werden. Ueber den eigentlichen Bau dieses Organes bin ich lange im Unklaren gewesen. Anfangs glaubte ich dasselbe als ein kurzes und dickes Muskelrohr betrachten zu dürfen, ähnlich etwa dem Pharynx mancher Wür- mer, doch später überzeugte ich mich mit aller Bestimmtheit, dass die pulsi- renden Schluckbewegungen nicht in der ganzen Peripherie der Mundhöhle stattfin- den, wie es doch unter solchen Umständen hätte der Fall sein müssen, sondern ausschliesslich von der einen Fläche und zwar der Rückenfläche ausgingen. Das contractile Schluckorgan unserer Larven erscheint mir jetzt als. ein zungenförmiges Gebilde, das der Rückenfläche der Mundhöhle aufliest, und nach hinten in die Muskelhaut des Oesophagus übergeht. Was die Wand der Mundhöhle betrifft, so wird diese von einer ziemlich derben Zellgewebshülle gebildet, die als eine Fort- setzung der Tunica propria des Chylusmagens betrachtet werden darf, und ein Epi- thelium trägt, welches an der Bauchfläche und den übrigen von dem Schluckor- gane nicht bedeckten Stellen eine ziemlich feste!‘ Chitinlamelle ausgeschieden hat. Dass letztere mit dem äussern Chitinskelet unserer Larven in directem Zusammen- hange steht, ist schon oben gelegentlich von mir hervorgehoben worden. Ueber den eigentlichen Oesophagus ist nur Weniges zu bemerken. Derselbe bildet (Tab. III. Fig. 1) ein ziemlich dünnes Rohr, das in etwas schräger Richtung, der Bauchfläche parallel, nach hinten herabläuft und sodann ohne Weiteres in den Anfangstheil des Chylusmagens einmündet. Speicheldrüsen fehlen, doch habe ich in spätern Stadien nicht selten in der Mitte der Speiseröhre eine ovale Anschwel- lung beobachtet, die sich durch ein sehr auffallendes zelliges Gefüge auszeichnete und möglichenfalls — wenn die oben beschriebenen Zellenkörper zu der Bildung der Speicheldrüsen keine Beziehung haben sollten — als erste Andeutung eines derartigen Gebildes betrachtet werden dürfte. Der Afterdarm, dessen Verhältniss zum Magen uns schon bekannt ist, hat eine nur unbedeutende Länge und einen geringen Querschnitt. Abtheilungen lassen sich an ihm nicht unterscheiden; er erschemt als ein einfaches, überall gleich weites Rohr, das vom hintern Ende des Magens abgeht, Anfangs nach dem Rük- ken zu emporsteigt, dann aber plötzlich (Tab. III. Fig. 1) in einem scharfen Winkel — 11° — umbiegt, um an der Bauchfläche schliesslich durch den After (S. 177) auszumün- den. Die beiden Schenkel, die auf solche Weise entstehen, liegen, wenigstens in den spätern Stadien des Larvenlebens, fast parallel auf einander, so dass das hin- tere Magenende nur eine kurze Strecke von dem hintern Körperende entfernt bleibt. Muskelfasern habe ich vergebens in diesem Enddarme gesucht; man unter- scheidet in den Wänden desselben nur eine dünne und structurlose Tunica propria, der nach Innen eine ziemlich stark entwickelte Zellenlage aufliegt. Die Zellen selbst sind hell, 0,02 Mm. gross und mit ansehnlichen, bläschenförmigen Kernen und Kernkörperchen versehn. Das Lumen des Enddarms hat übrigens noch eine besondere Chitinauskleidung, die mit der äussern Leibeshülle zusammenhängt und sich durch die ganze Länge bis an das hintere Ende des Chylusmagens verfolgen lässt, ohne hier jedoch in letztern überzugehen. Daher kommt es denn auch, dass der Innenraum des Magens ohne Communication mit dem Enddarm ist. Die eimzi- gen Gebilde, die mit letzterm zusammenhängen, sind — wie in allen solchen Fällen, auch bei dem Ameisenlöwen — die Malphipischen Gefässe, deren unsere Larve, wie die übrigen Dipterenlarven, vier besitzt. Die Länge dieser Ge- bilde ist ungefähr dieselbe, wie die des Magens, an dessen Wand sie (Tab. II. Figur 1) in vielfachen Schlängelungen emporsteigen, ohne jedoch das vordere Ende desselben zu erreichen. Der histologische Bau stimmt ziemlich mit dem des Dünndarms überein, und ist nur insofern verschieden, als eine Tunica intima, wie gewöhnlich in den betreffenden Gebilden, vermisst wird. Namentlich haben die Drüsenzellen dasselbe klare und homogene Aussehen, auch fast genau dieselbe Bil- dung und Grösse, wie die des Dünndarms. Respirationsapparat. Was über den äussern Theil dieses Apparats, die Luftlöcher und Stigmata, zu sagen war, ist bereits bei der Beschreibung der allge- meinen Körperbildung bemerkt worden. Ebenso ist gelegentlich auch schon her- vorgehoben, dass der Öentraltheil des Tracheensystems bei unsern Thieren aus vier ansehnlichen Längsstämmen bestehe, die sich in paarweiser Gruppirung über Rük- ken- und Bauchfläche vertheilen. Wir wissen sogar, dass die beiden Rückenstämme die stärkern sind und der Mittellinie näher liegen, als die Bauchstämme. In mor- phologischer Beziehung sind die letztern überhaupt nur als ein Paar Seitenstimme zu betrachten; sie fehlen, wie wir uns überzeugen werden, in der ganzen ersten Hälfte des Larvenlebens und besitzen niemals eine directe Ausmündung nach Aussen. Die drei Stigmen, die wir nach der letzen Häutung bei unsern Larven vor- — 198 — finden, münden zunächst nur (Tab. II. Fig. 9) in das untere, etwas erweiterte Ende des Rückenstammes, und zwar durch Hülfe dreier besonderr kurzer Verbindungs- röhren, die sich zwischen dieses Ende und die einzelnen Stigmen einschieben. Das untere Ende des Rückenstammes spaltet sich gewissermaassen in drei starke Aeste oder Wurzeln, die in divergirender Richtung und in bogenförmigem Verlauf nach den drei Stigmen hingehen und durch dieselben nach Aussen ausmünden. Doch sei schon hier bemerkt, dass die histologische Bildung dieser Verbindungsröhren inso- fern abweichend erscheint, als in ihnen der gewöhnliche Spiralfaden der Insekten- tracheen nicht zur Entwicklung gekommen ist. : Die Duplieität des Tracheenapparates, die wir oben hervorgehoben haben, erstreckt sich übrigens zunächst nur auf die Gesammtanlage desselben; wie bei den übrigen Insekten (wohl ohne Ausnahme), so sind auch bei unsern Pupiparenlarven die beiden Hälften des Luftgefässsystems durch eine Anzahl von Queranastomosen zu einem zusammenhängenden Ganzen vereinigt. Die Zahl dieser Verbindungsröh- ren ist jedoch bei Weitem geringer, als man das wohl in andern Larven (z. B. der Bienen und Wespen) antrifft!). !Nur die Endpuncte der Rückenstämme sind es nämlich, die (Tab. II. Fig. 1 u. 3) durch dieselben im Zusammenhang stehen. Dazu kommt, dass von diesen beiden Anastomosen nur die untere, die sich zwischen: den oben erwähnten Erweiterungen ausspannt und dicht hinter dem Chylusmagen gele- gen ist, eine ansehnlichere Weite besitzt. Die obere, die in anatomischer Beziehung als schlingenförmige Vereinigung der letzten Ausläufer des Rückenstammes zu be- trachten sein dürfte und im einiger Entfernung von dem Cardiacaltheile des Chy- lusmagens hinläuft, ist durch ihre Stärke kaum vor den gewöhnlichen peripherischen Tracheenstämmchen ausgezeichnet. In Betreff des Bauchstammes ist zu erwähnen, dass derselbe (Fig. 1u.3) der untern Queranastomose gegenüber aus dem Rückenstamme entspringt, aber so- gleich nach seimem Ursprunge auf die Bauchfläche übergeht, um hier sodann in einer den Rückenstäimmen wesentlich analogen Weise nach vorn emporzusteigen. Auch im weitern Verlauf zeigen beide Stämme noch mehrfache Verbindungen und zwar durch eine Anzahl paralleler Communicationsröhren, die in ziemlich gleichen Abständen aus dem Rückenstamme hervorkommen und bogenförmig von da nach 1) Wenn v. Siebold sagt (vgl. Anat, S. 621), dass, bei den Dipterenlarven die beiden Hauptstämme in jedem Leibes- ringe durch eine quere Communicationsröhre verbunden seien, so ist das unrichtig und zwar nicht bloss für unsere Pupiparen, da nach meinen Beobachtungen bei den Dipterenlarven sehr allgemein die oben beschriebene Anordnung des Tracheenapparates wiederkehrt, — 19 — der Bauchfläche herabsteigen (Fig. 1—3). An den Endpuncten dieser Queranasto- mosen sind Rücken- und Bauchstamm einander merklich genähert, so dass der Verlauf derselben keine gerade Linie einhält, sondern eine deutliche Ziekzackbie- gung macht und die Felder zwischen den Queranastomosen eine trapezoide Gestalt gewinnen. Die Zahl dieser Felder beträgt bei unsern Pupiparenlarven in der Re- gel jederseits sechs — in einigen Fällen zählte ich auch nur fünf (Fig. 1) — es fanden sich also meist sieben Anastomosen zwischen Rücken- und Bauchstamm. (Bei anderen Dipterenlarven ist die Anzahl der Anastomosen grösser) In dem Winkel zwischen den beiden begrenzenden Schenkeln des Rickenstammes liegen die schon früher beschriebenen dorsalen Muskeleindrücke (Fig. 3), während die ven- tralen Eindrücke (Fig. 2) ausserhalb dieser Felder zwischen den beiden Bauchstäm- men angetroffen werden und zwar, um es genauer zu bestimmen, jedesmal der Einmündungsstelle einer Queranastomose gegenüber. Die bisher beschriebenen grössern Tracheenstämme bilden zunächst bloss die Wege, auf denen die eingeathmete Luft in dem Körper umhergeführt wird. Die eigentliche Respiration geschieht erst im den feinern Tracheenverästelungen, die sich aus diesen Bahnen abzweigen und, den Capillaren vergleichbar, die verschie- densten Organe durchziehen und umspinnen. Ueber die anatomische Anordnung dieser letztern dürfte ungefähr Folgendes zu bemerken sein. Die Seitenfelder zwischen Rücken- und Bauchstamm, die wir zunächst in’s Auge fassen, erhalten ihre capillaren Luftröhren (Tab. II. Fig. 1) aus den pa- rallelen Queranastomosen, welche die vordere und hintere Begrenzung derselben bilden. Eine jede dieser Anastomosen entsendet nämlich einige kleinere Stämm- chen nach oben und unten, also auf zwei einander anliegende Felder, mit Ver- zweigungen, die sich, der Form der Felder entsprechend, vorzugsweise nach den Seiten hin ausbreiten, ohne jedoch die Grenze der Felder merklich zu überschrei- ten. Rücken- und Bauchfläche verhalten sich insofern anders, als sie ihre Tra- cheenverästelungen direct aus den grossen Gefässstämmen ' bekommen. Rücken- stämme, wie Bauchstämme entsenden nämlich (Fig. 1,2u.3) je zwischen den Ein- trittsstellen der seitlichen Queranastomosen, also an den innern Spitzen des oben beschriebenen Ziekzacks, einen ziemlich starken Querast, der in gewisser Be- ziehung den nach aussen gerichteten Queranastomosen , mit welchen er alternirt zu entsprechen scheint, aber mit dem gegentiberliegenden Queraste nicht zusam- menhängt, sondern isolirt bleibt und sich während seines Verlaufes allmählig in, immer zahlreichere und feimere Zweige auflöst. Der Typus dieser Verästelungen — 2100 — ist im Allgemeinen an jedem Querstamme derselbe. Ebenso besitzen auch die Be- zirke, auf denen sich die Verästelungen verbreiten, so ziemlich die gleiche Aus- dehnung und Form, obwohl sie keineswegs ganz streng von einander geschieden sind und mit ihren Rändern vielfach in einander übergreifen. Unter den einzel- nen Organen, die von diesen Tracheenstämmen versorgt werden, nenne ich beson- ders den Chylusmagen, dessen Tunica propria von zahllosen grössern und kleinern Aesten durchzogen ist. An dem Bauchstamme nimmt das System dieser queren Luftröhren in der Regel bereits unterhalb der ersten Anastomose seinen Ursprung. Dabei repräsentirt der letzte Querstamm zugleich den letzten Ausläufer des Bauchge- fässes; die Gesammtzahl der betreffenden Stämme ist demnach jederseits meist acht (sie- ben, wie die Zahl der bogenförmigen Seitenanastomose nur sechs beträgt, Fig.1). Die- selbe Zahl findet sich auch (Fig. 3) an der Rückenfläche, obgleich hier die Quer- stämme erst oberhalb der hintersten Seitenanastomose abgehen. Dieser scheinbare Widerspruch erklärt sich dadurch, dass die Rückenstämme weiter nach vorn rei- chen, als die Bauchstämme und oberhalb der letzten Seitenanastomose statt eines Querstammes deren noch zwei abgeben. Auch nach dem Bauche zu entspringen aus diesem vordern Ende der Rückenstiämme zwei Quergefässe, die den queren Seitenanastomosen parallel laufen (Fig. 1) und morphologisch denselben auch ent- sprechen dürften, obwohl sie weder unter sich, noch mit dem Bauchstamme einen Zusammenhang haben. Aus den Verästelungen dieser ventralen Querstimme wer- den vorzugsweise die oben beschriebenen Zellenkörper mit Tracheen versorgt. Wenn ich eben bemerkt habe, dass die ventralen Querstämmchen des vor- dern Rückengefässes der in das Bauchgefäss einmündenden Seitenanastomose homo- log seien, so stütze ich mich dabei nicht bloss auf die Aehnlichkeit im Anordnung und Verlauf, sondern namentlich auch auf ‘die frühere, weniger entwickelten Zu- stände des Tracheenapparates. Untersucht man eine Larve von etwa 2 Mm. Länge, so findet man statt der spätern Seitenanastomosen nur eine Reihe von Seitenästen, ganz wie sie am vordersten Ende beständig persistiren. Der Bauchstamm beginnt eben erst aus dem untern, einstweilen noch einfach röhrenförmigem Endstücke des Rückenstammes hervorzuwachsen und zwar nach Art eines gewöhnlichen Astes, ohne irgend welche besondere Auszeichungen, als die seiner Lage und seines Verlaufs. Das vordere Ende desselben ist nur noch eine kurze Strecke von dem untersten ventralen Seitenaste des Rickenstammes entfernt; man trifft auch Exemplare, bei denen um diese Zeit bereits durch Verschmelzung dieses Seitenastes mit dem Bauch- stamme die erste Seitenanastomose sich ausgebildet hat. — 201 — Aber auch abgesehen von der unvollständigen Entwicklung des Bauchstam- mes zeigt das Tracheensystem unserer jungen Larve (bis zu 2,3 Mm. Länge) noch mancherlei Eigenthümlichkeiten. Die vordere Anastomose der beidenı Rücken- stämme fehlt noch gänzlich, ebenso auch die ganze Reihe der nach Innen abgehen- den Querstämme'); das ganze Tracheensystem besteht einstweilen aus den beiden durch die hintere Queranastomose vereinigten Rückengefässen, die ausser dem rudi- mentären Bauchstamme noch eine Anzahl seitlicher Querstiämme abgeben. Dabei sind die Verästelungen nur wenig zahlreich und im höchsten Grade einfach, kaum jenen reichen Verzweigungen zu vergleichen, die man in der ausgebildeten Larve an allen Körpertheilen antriftt. Der histologische Bau der Tracheen ist bekanntlich erst in neuester Zeit durch Zeydig’s Untersuchungen ‚(Miller's Archiv 1855. 8.457.) gehörig festgestellt worden, nachdem die früher schon von Mayer (Zeitschrift für wiss. Zool. I. S. 180) hierüber publieirten Angaben nicht die gehörige Würdigung gefunden hatten. Ueber die Richtigkeit der Leydıg'schen Auffassung kann kein Zweifel sein; ich habe mich auch bei unsern Pupiparenlarven auf das Bestimmteste davon überzeugen können. Die äusserste Haut des Tracheenapparates ist hier (Tab. IH. Fig. 11), wie überall bei den Insekten, eine Zellgewebsscheide, die eine nicht unbeträchtliche Dicke hat, und einen hellen, ziemlich weit abstehenden Mantel bildet. Unverän- derte Zellen lassen sich bei den ausgewachsenen Larven in diesem Ueberzuge nicht mehr unterscheiden. Der Inhalt des Mantels besteht aus einer structurlosen, etwas körnigen Substanz, deren ursprünglich zellige Beschaffenheit nur noch durch die zahlreich eingelagerten Kerne verrathen wird. An einigen Stellen, wie z. B. zwi- schen den drei Verbindungsröhren der Stigmata, ist diese Substanz durch einen bräun- lichen Anflug ausgezeichnet. So unscheinbar diese Zellgewebshülle aussieht, ist sie doch für die Entwicklung der lufthaltenden innern Chitinhaut von grösster Bedeu- tung; denn letztere ist nichts Anderes, als eine Ausscheidung derselben. Ueberall wo ein Tracheenstamm entsteht oder wächst, bildet sich zunächst ein Zellenstrang, wie man auf den früheren Entwicklungsstadien unserer Larven in schönster und be- stimmtester Weise beobachten kann. Im Innern dieses Zellenstranges, der spä- tern Zellgewebsscheide, geht dann die Bildung resp. das Wachsthum der eigentli- 1) Daher kommt es auch, dass der Chylusmagen unserer Larven auf diesem Stadium sehr viel leichter zu präpariren ist, als später. Hätte L. Dufour und auch Blanchard es nicht vorgezogen, seine Untersuchungen vorzugsweise oder gar ausschliesslich an grössern d. i. älteren und entwickelteren Larven anzustellen, dann hätte ihm die Anwesenheit eines Darmapparates unmöglich unbekannt bleiben können. Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 2% — 202 — chen Luftröhre von Statten. Ueber die Einzelheiten dieses Vorgangs habe ich keine besondere Untersuchungen angestellt; ich will desshalb nur so viel erwähnen, dass es den Eindruck macht, als wenn das blinde Ende der Luftröhre sich wie ein Keil immer tiefer in der Achse des Zellenstranges vorschiebe. (Vergl. hierzu Semper, Zeitschrift für wiss. Zool. VII. 8. 328). Der Spiralfaden, der der Innenfläche der Chitinhaut aufliegt und keineswegs dieselbe äusserlich umgiebt, wie man früher irrthümlicher Weise annahm, erreicht bei unsern Larven nur an wenigen Stellen eine grössere Selbstständigkeit. Nur hier und da gelingt es, denselben von seiner Unterlage eine längere Strecke abzu- wickeln; in der Regel stösst man bei solchem Versuche auf Schwierigkeiten, die in dem continuirlichen Zusammenhange des Fadens mit der Chitinhaut begründet sind. In der Enderweiterung der Rückenstäimme wird die Stelle des Spiralfadens (Fig. 9) von einer queren Runzelung der Chitinhaut vertreten und in den Verbin- dungsröhren beobachtet man sogar nur noch eine unregelmässige Zeichnung der innern Chitinhaut, die bald als förmliche zarte Schuppenbildung, bald auch als einfache Körnelung sich zu erkennen giebt. Dass alle diese Zustände uns gewisser- maassen die ersten Anfänge {der ‘Spiralfadenbildung vorführen, ist durch eine nähere Untersuchung der bei den ausgebildeten Insekten (auch unseren Pupiparen) so häufig vorkommenden sogenannten Tracheensäcke schon vor zehn Jahren (Wag- ner's Zootomie U. 8.88) von mir nachgewiesen. Weit mehr aber noch, als diese rudimentäre Entwicklung des Spiralfadens, ist es eine andere Erscheinung, die dem Beobachter unserer Larven auffällt. Ich meine den Umstand, dass die Zellgewebsscheide unserer Thiere nicht, wie sonst, nur eine einfache Chitinröhre mit Spiralfaser in sich einschliesst, sondern vielmehr, in den grössern Stämmen wenigstens, constant (Tab. II. Fig. 11) deren zwei, eine axillare und eine peripherische, von denen die letztere vielleicht den dreifachen Durchmesser der erstern hat. Ich gestehe, dass ich diese Thatsache anfangs nicht begreifen konnte, bis ich mich später, durch Untersuchung früherer Entwicklungs- stadien davon überzeugte, dass die äussere dieser beiden Chitinhäute erst nachträg- lich entsteht und zwar zu derselben Zeit (bei Larven von 2,5 Mm.), in der sich unter dem frühern Chitinskelet der äussern Haut die später bleibende Chitinhülle mit der Stigmenplatte anlegt. Nach dieser Beobachtung konnte ich über die Deu- tung der vorliegenden Erscheinung nicht länger zweifelhaft sein: es stand fest, dass sich bei der Häutung unserer Larven (und sicherlich verhält es sich so auch bei — 203 — den übrigen') Insektenlarven) nicht bloss die äussere Bedeckung, sondern auch das Tracheenskelet erneuert. Dass das letztere nach der Abstossung nicht verloren geht, sondern im Innern der neugebildeten Chitinröhre eingeschlossen bleibt, ist ohne sonderlichen Belang und mag auch bei noch andern Insekten vorkommen, ob- wohl mir darüber Nichts bekannt ist. Nur das allerletzte Ende des Rückenstammes, das mit dem frühern einfachen Stigma zusammenhing, wird (Tab. II. Fig.9) mit der äussern Cuticula entfernt; es zerreisst gewöhnlich an der Abgangsstelle der hin- tern (@Jueranastomose und das um so leichter, als es eben so wenig, wie die spä- tern drei Verbindungsröhren, mit einem vollständigen Spiralfaden ausgestattet ist und überhaupt nur einen geringen Grad von Festigkeit besitzt. Man könnte hier vielleicht einwenden, dass ich oben für unsere Larven eine zweifache Häutung in Anspruch genommen hätte und jetzt doch bloss einer einzigen abgestossenen Haut im Innern der Luftröhren erwähnte, allein dieser scheinbare Widerspruch erklärt sich zur Genüge, wenn man erfährt, wie das später noch wei- ter beschrieben werden soll, dass unsere Larve zur Zeit der ersten Häutung von dem gesammten Tracheenapparat noch Nichts, als ein kurzes und unverästeltes Rük- kenrohr besitzt (Tab. II. Fig. 12), dessen gesammte Chitinhülle ohne Schwierigkei- ten aus der neuen Tracheenhaut hervorgezogen werden kann und desshalb denn auch beständig mit dem äussern Körperskelet bei der Häutung entfernt wird. Ich habe nicht selten solche abgestossene Körperhüllen mit den daran hängenden ein- fachen Chitinröhren zur Beobachtung gehabt und mich namentlich auch durch sie früher zu der irrthümlichen Annahme verleiten lassen, dass die äusseren Eihüllen unserer Larven mit dem Tracheenapparat in direeten Zusammenhang träten. Kreislaufsorgane. Nach Art der übrigen Insekten besitzen auch unsere Pupiparenlarven ein sogenanntes Rückengefäss; ich habe dasselbe nicht bloss wäh- rend des Lebens durch die äusseren Bedeckungen hindurch pulsiren sehen, sondern auch mehrfach durch Präparation isoliren können. Nichts desto weniger sind meine Beobachtungen über dieses Gebilde keineswegs erschöpfend, besonders in Betreff der Spaltöffnungen und deren Klappenapparat. Wie gewöhnlich, erstreckt sich das Rückengefäss durch die ganze Länge des Körpers, doch ist dasselbe in seiner hintern Hälfte (Tab. IH. Fig. 3) reichlich dop- pelt so dick, als vorn. Wahrscheinlich, dass allein diese hintere erweiterte Hälfte I) Für die letzte Häutung ist das schon seit längerer Zeit bekannt, Vgl. Rengger, physiol. Untersuch. über Insekten 1817. S. 61. 27 * — 204 — mit Spaltöffnungen versehen ist, allein also als Herz fungirt, während die vordere Hälfte dann als sogenannte Aorta bezeichnet werden dürfte. Histologisch ist eben kein erheblicher Unterschied zwischen beiden Theilen nachzuweisen. Die Wand besteht in ganzer Länge aus einer einfachen und homogenen Membran, die in der hintern Hälfte freilich ein etwas gestricheltes Aussehen hat, jedoch keine deutlichen Fasern erkennen lässt. Im Innern bemerkt man (Tab. III. Fig. 12) dagegen eine eigenthümliche Bildung: keulenförmige, gekernte Zellen (von 0,023 Mm.), die in ziemlich regelmässigen Abständen rechts und links meist alternirend an der Wand befestigt sind und in das Lumen des Rückengefässes vorspringen (Ibid.). In dem vordern, dünnern Theile werden diese Zellen allmählig flacher; sie verlieren den stielförmigen Anhang, der sie an der Herzwand befestigtej und verwandeln sich schliesslich in unbedeutende buckelförmige Hervorragungen. Ueber die Function dieser Gebilde wage ich kaum eine Vermuthung. Leydig, der bei den Larven von Corethra und Bombyx rubi ganz ähnliche Bildungen beobachtete, glaubt dieselben als Herzklappen (vergl. Histologie 8.433) in Anspruch nehmen zu dürfen; es ist auch möglich, dass seine Deutung die richtige ist, allein in unserm Falle gelang es nicht, dafür neue Anhaltspuncte zu gewinnen. Die Zahl der Zellen mochte in dem hintern, erweiterten Theile des Rückengefässes jederseits etwa ein Dutzend betragen. Die sogenannten Flügelmuskeln bestehen bei unserer Larve immer nur aus einer eimzigen Muskelfaser (Ibid.). Anfangs deutlich quergestreift und von einem Durchmesser von 0,007 Mm. breitet sich dieselbe in der Nähe des Herzens zu einer hellen und homogenen dreieckigen Platte aus, deren basaler Rand sich sodann ver- ästelt und mit den Fasern der übrigen Flügelmuskeln zu einem Netzwerk zu- sammentritt, das die Oberfläche des Herzens überspinnt und eine förmliche mantel- artige Umhüllung desselben bildet. Am hinteren erweiterten Ende des Rückenge- fässes zähle ich sechs solcher Flügelmuskelpaare; denselben schliessen sich freilich nach vorn noch einige weitere quere Muskelfasern an, allein das Vorkommen der- selben ist doch weit weniger regelmässig und ihr Zusammenhang mit der Herzwand weit einfacher. Hier und da glaube ich zwischen den Flügelmuskeln eine Spaltöff- nung gesehen zu haben, doch bin ich über die Zahl und Bildung derselben im Ungewissen geblieben. Ebenso wenig kann ich angeben, ob das Herz unserer Lar- ven, wie man das neuerlich von den Herzen der Dipterenlarven insgesammt be- hauptet hat (Blanchard), am hinteren Ende mit einer Oeffnung versehen ist. Der Kreislauf unserer Larve ist kein Object der directen Beobachtung, theils — u — weil die äusseren Bedeckungen zu wenig durchsichtig sind, theils aber auch dess- halb, weil das Blut unserer Thiere vollständig körnerlos zu sein scheint. Ich habe wenigstens in der aus der Leibeshöhle hervorfliessenden hellen, auch nur in gerin- ger Menge vorhandenen Flüssigkeit keinerlei Gebilde gefunden, die ich als genuine Blutkörperchen betrachten könnte. Von Geschlechtsorganen wurde bei unseren Larven noch keine Spur gefunden, doch will ich es unentschieden lassen, ob nicht trotzdem bereits in den letzten Stadien des Uterinlebens die ersten Anlagen derselben vorhanden sind. 3. Die embryonale Entwicklung der Pupiparen. Nachdem wir uns durch die voranstehende Darstellung wohl zur Genüge davon überzeugt haben, dass der Inhalt der trächtigen Pupiparenscheide keines- wegs aus emer ungeformten Masse von Bildungsmaterial besteht, wie Leon Dufour wollte, sondern eine lebendige Larve ist und zwar eine Larve mit demselben com- plicirten Örganenapparate, den wir auch bei den übrigen Insektenlarven antreffen, bleibt uns jetzt noch die Frage nach der Entwicklungsweise dieser Larve zu beant- worten. Es handelt sich dabei um die einzelnen Vorgänge und Veränderungen, durch welche der frühere amorphe Dotter in den so vielfach gegliederten Leib unserer Larve sich umbildet. Eine Untersuchung über die Entwicklungsgeschichte der Pupiparen hat be- greiflicher Weise ihre eignen Schwierigkeiten und weit grössere, als wir sie sonst in der Abtheilung der Insekten bei solchen Untersuchungen antreffen. Nicht bloss, dass dem Forscher selbst im günstigen Falle nur ein geringes Material zu Gebote steht, er muss dieses Material auch erst durch Präparation der Beobachtung zu- gängig machen. An eine streng methodische, Schritt für Schritt vorschreitende Untersuchung ist dabei natürlich nicht zu denken; die einzelnen Objeete wollen untersucht sein, wie sie der Zufall dem Beobachter in die Hand giebt, gleichgültig ob sie diesen oder jenen Zustand repräsentiren. Hier bedarf vielleicht eine Erschei- nung zu ihrer sicheren Deutung der Vergleichung mit einem früheren oder einem folgenden Stadium; dort bleibt noch eine Lücke in der Reihenfolge der beobach- teten Vorgänge — es ist vergebens, dass sich der Beobachter dieser Mängel be- wusst wird. Mag man es denn auch Angesichts dieser Schwierigkeiten entschuldi- — 206 — gen, wenn der nachfolgende Versuch vielleicht nicht in jeder Beziehung befriedi- gend und vollständig sein sollte. Die Resultate, zu denen ich trotz dieser Schwierigkeiten gekommen bin, sind in-der Hauptsache, wie schon hier bemerkt sein mag, eine Bestätigung der von Zaddach publieirten Beobachtungen über die Entwicklung des Phryganideneies. Ich glaube nicht zu irren, wenn ich behaupte, dass wir in diesem Werke zum ersten Male eine naturgemässe Darstellung von den Entwicklungsvorgängen des Insekten- lebens erhalten haben, eine Arbeit, die sich in würdiger Weise an die neueren embryologischen Forschungen über die Wirbelthiere anschliesst, wenn sie auch viel- leicht hier und da ihren Verfasser (besonders im letzten Abschnitte) zu Schlussfol- gerungen verleitet hat, die selbst bei einem exelusiven morphologischen Standpuncte schwerlich gut geheissen werden können. Befruchtung des Eies. Das ausgebildete, befruchtungsfähige Ei unseres Melophagus, an das die gegenwärtige Darstellung zunächst anknüpft, ist schon bei einer frühern Gelegenheit (S. 161) von uns geschildert worden. Wir kennen Ge- stalt und Bau desselben; wir wissen auch, dass es im Innern der Eierstockskapsel noch von einer besondern dünnhäutigen Röhre umschlossen ist. Den Austritt aus dem Ovarium habe ich niemals beobachtet, ebenso wenig auch jemals ein Ei in den Leitungsapparaten angetroffen; dagegen ist mir oftmals Gelegenheit geworden, dieselben kurz an der Ankunft in die Scheide, noch vor Eintritt der ersten Ent- wicklungsvorgänge, zu untersuchen. Die Lage des Eies im Innern der Scheide ist dieselbe, wie im Ovarium. Wenigstens ist in der Scheide ebenso wie im Ovarium der hintere Pol des Eies nach Aussen gekehrt; man kann nicht zweifeln, dass das Ei mit dem hintern Pole voran das Ovarium verliess und durch die Leitungswege, resp. das Receptaculum seminis, in die Scheide eintrat. Rücken- und Bauchfläche des Eies haben einst- weilen noch keme bestimmte Lage eingenommen, obwohl man späterhin die Larve ganz constant, wie das auch oben schon erwähnt wurde (8.176), mit der Bauch- fläche nach unten gekehrt sieht. Von der frühern Umhüllung ist nicht die geringste Spur mehr vorhanden; die Eihäute sind vollkommen nackt und in unmittelbarer Berührung mit der Wand der Scheide, obwohl L£eon Dufuor bekanntlich das Ge- gentheil behauptet. Die Eier, die ich in der Scheide auffand, waren ohne Ausnahme befruchtet, Ein jedes derselben trug in seinem Mikropyltrichter einen mehr oder minder dich- ten Strang von Samenfäden, gewöhnlich eine so beträchtliche Menge, dass dadurch — UT — fast der ganze Trichter, wie von einem Pfropfe, erfüllt wurde. Die Fäden lagen parallel und waren von dem Eiweissbuckel des Mikropylapparates vollständig ein- geschlossen. Ihr unteres Ende berührte den Boden des Mikropyltrichters; auch wurde gelegentlich der eine oder andere Samenfaden beim Einschlüpfen durch die Oeffnungen des Trichters beobachtet. Die Zahl dieser Eindringlinge scheint übri- gens beständig nur gering zu sein und mag nur selten mehr als 4—6 betragen, während die Menge der im Trichter steckenden Fäden vielleicht auf ebenso viele Hunderte sich beläuft. (Freilich giebt es auch Fälle, in denen vielleicht nur einige Dutzend Samenfäden im Innern des Trichters angetroffen werden, nicht mehr, als z. B. bei der Schmeissfliege, vergl. Müller’s Archiv 1855. 8. 116.) Bei frisch befruchteten Eiern sind die Fäden nicht selten noch deutlich be- weglich. Späterhin kann man mitunter noch durch Zusatz von excitirenden Kali- lösungen Bewegungen hervorrufen'), aber gegen Ende des Eilebens bleiben auch diese Reagentien ohne Wirkung, obwohl das Aussehen des Samenpfropfes unver- ändert ist. Was aus dem Pfropfen schliesslich wird, weiss ich nicht anzugeben; wahrscheinlich, dass derselbe beim Ausschlüpfen der Larven mit den gesprengten Eihäuten nach Aussen entfernt wird. Ueber das Schicksal der in das Innere des Eies eingedrungenen Samenfäden kann ich noch weniger berichten. Ich weiss nur so viel, dass sich diese Samenfäden noch längere Zeit hindurch ganz unverändert im Innern des Eies nachweisen lassen, obwohl sich inzwischen bereits längst die Folgen der Befruchtung in den Veränderungen des Dotters (Bildung der Embryo- nalzellen) kund gethan haben. Wenn man nicht annehmen will, dass solche Sa- menfäden nur ausnahmsweise unverändert geblieben seien, so wird durch diese Beobachtungen wenigstens so viel bewiesen, dass die Auflösung der Samenfäden und die Aufnahme ihrer Masse in die Substanz des Dotters keineswegs eine nothwendige Bedingung für das Eintreten der Entwicklungserscheinungen oder, was so ziemlich dasselbe sein dürfte, für den Process der Befruchtung ist. Das Auffinden der Samenfäden im Innern des Eies gelingt überhaupt fast nur nach Eintritt der ersten Entwicklungserscheinungen, wenn die Dottermasse fester zusammenhält und sich desshalb in continuo (oder doch wenigstens ohne nach al- len Richtungen zu zerfliessen) im Innern der Eihüllen verschieben und selbst aus 1) Bei dieser Gelegenheit sei es erlaubt, darauf aufmerksam zu machen, dass sich die Samenfäden unserer Helicinen und Lymnaeen bei dem Zusatz solcher Kalilösungen in eine dichte Spirale aufwinden, ohne sich aber sonst — nach meinen bisherigen Erfahrungen — weiter zu bewegen. — BB — denselben hervortreiben lässt. In solehen Fällen sieht man die Fäden zwischen Dotteroberfläche und Eihaut deutlich flottiren, während es früher, so lange der Dotter noch den ganzen Eiraum ausfüllte und bei Einwirkung eines Druckes all- seitig auseinander floss, auch dem glücklichsten und geschicktesten Beobachter kaum gelingen dürfte, einen Samenfaden zu entdecken, es müsste denn sein, dass dieser noch dem Mikropylapparate anhinge. Was ich hier bemerkt habe, gilt nicht bloss für die Pupiparen — ich habe dieselbe Erfahrung zu meimem eigenen Scha- den (vergl. Bienenzeitung 1855. 8. 205 und ». Siebold’s Parthenogenesis 8. 109) auch bei den Bienen gemacht. Hätte Professor v.Siebold in Seebach frisch gelegte Bie- neneier zur Disposition gehabt, wie ich, und sich nicht (der ungünstigen Jahreszeit wegen) mit ältern begnügen müssen, er würde wahrscheinlicher Weise keine Gele- genheit gefunden haben, sich seines Erfolges zu rühmen'). An welcher Stelle des Geschlechtsapparates die Bildung des Samenpfropfes in dem Mikropyltricehter geschieht, ist mir unbekannt. So viel aber glaube ich be- haupten zu dürfen, dass die fragliche Stelle kemeswegs, wie Kolenati angiebt (Pa- rasiten der Chiropteren 1857. 8.35), der Eierstock ist”). Gegen eine solche An- nahme spricht nicht (bloss die ganze räumliche Bildung des Ovariums, so wie die Lage des Eies im Innern einer dicht anschliessenden Röhre, sondern namentlich auch die oben beschriebene Organisation der Eileiter, die, wie auch damals erwähnt wurde, gerade der Art ist, dass der Uebertritt der Samenfäden in den Eierstock da- durch verhindert wird. Auch darf ich hier wohl anführen, dass ich niemals trotz meiner zahlreichen Untersuchungen einen Samenfaden im Innern des Ovariums ge- funden habe. Unter solchen Umständen bleibt nun in Betreff der vorliegenden Frage ein Doppeltes möglich: entweder geschieht die Imprägnation des Eies im Innern des Receptaculum selbst, also während des Durchtrittes durch die Lei- tungsapparate, oder sie geschieht in der Scheide, nachdem das Ei bereits an dem Orte seiner Bestimmung angelangt ist. Obwohl ich, wie gesagt, mit Bestimmt- heit weder für die eine, noch für die andere dieser Möglichkeiten mich entscheiden kann, bin ich doch geneigt, die letztere für die wahrscheinlichere zu halten. Je- 1) Prof. v. Siebold meint freilich, dass die negativen Resultate meiner damaligen Bieneneieruntersuchungen daher rührten, dass ich mich damit begnügt hätte, diese Eier ohne weitere Behandlung von Aussen zu betrachten; indessen glaube ich kaum nöthig zu haben, gegen den Vorwurf einer solchen Rustieität mich zu vertheidigen. Die Methode meiner Untersuchung war genau dieselbe, deren sich auch Herr v. $. bediente — mit grösserm Glück aus dem oben erwähnten Grunde, 2) Die Mittheilungen des Verf. über die Fortpflanzungsverhältnisse der Pupiparen sind überhaupt fast durchweg unrichtig und zeigen in recht augenscheinlicher Weise, wie lückenhafl und unvollständig bisher unsere Kenntnisse über diese Thiere gewesen sind, — 209 — denfalls spricht die regelmässige und constante parallele Lagerung der Samenfäden im Innern des Mikropyltrichters für die Annahme eines selbstständigen Einbohrens und zwar eines solchen, das von einem nur beschränkten, oberhalb des Eies gelegenen Puncte ausging und in ungestörter Weise vollzogen werden konnte, ganz eben so, wie in denjenigen Fällen, in welchen der Ausführungsweg des Samenbehälters seitlich an der Scheide anhängt. Nun aber ist leicht ersichtlich, dass die Bedin- gungen für ein solches Einbohren erst mit der Ankunft in der Scheide gegeben sind und nicht schon früher, während des Durchtrittes durch das Receptaculum se- minis, stattfinden. Würde das Eindringen der Samenfäden an letzterem Orte ge- schehen, so dürfte wohl vorauszusehen sein, dass die Lagerung derselben eine we- niger regelmässige wäre und auch vielleicht noch sonst im irgend einer Weise die Wirkung des Muskeldruckes verriethe, unter deren Einflusse das Eindringen vor sich gegangen sein müsste. Mitunter geschieht es, dass die durch das Receptacu- lum hindurchtretenden Eier einen Theil der Samenmasse aus letzterm vor sich her- treiben; man findet dann den untern Pol des Eies von einer kappenförmigen Sa- menkruste überzogen, aber die Fäden dieser Masse sind nach allen Richtungen hin unregelmässig durch einander geschlungen und verfilzt, so dass keine Aehnlichkeit mit dem obern Samenpfropfe übrig bleibt. Wenn ich übrigens behauptet habe, dass das Eindringen der Samenfäden in den Mikropyltrichter ohne äussere Muskelkräfte vor sich gehe, so soll damit nicht gesagt sein, dass diese bei dem betreffenden Vorgange überhaupt ausser Spiel blie- ben. Im Gegentheil werden solche Muskelkräfte gerade bei der von mir als wahr- scheinlich hingestellten Befruchtungsart nothwendig sein, um die Samenfäden aus dem Receptaculum nach abwärts in die Scheide hineinzutreiben.. Dass solches, wie es scheint, nur nach eben erfolgter Aufnahme eines Eies geschieht und nicht auch zu andern Zeiten, findet vielleicht darım seine Erklärung, dass der Schliessmuskel des Receptaculum nach dem Durchtritt des Eies möglicher Weise noch eine Zeit- lang relaxirt bleibt, während derselbe sonst einen vollständigen Abschluss des Sa- menbehälters zur Folge hat. Bildung der Keimhaut. Die ersten und nächsten Veränderungen nach der Befruchtung bestehen in einer Verdichtung des Eiinhaltes. Der Dotter, der bis dahin den ganzen Innenraum des Eies ausgefüllt hatte, zieht sich von den Wandungen zurück, so dass an der Oberfläche desselben jetzt ein heller, mit Flüs- sigkeit gefüllter Raum entsteht, wie das auch bei andern Thieren unmittelbar nach eingetretener Befruchtung der Fall zu sein pflegt. In den Polen des Eies ist dieser Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 28 — ie — helle Raum am grössten, an dem einen Pole meist noch auffallender, als am an- dern. Das frühere Keimbläschen habe ich um diese Zeit niemals mehr auffinden können. Dafür aber bemerkt man in der Rindenschicht des Dotters sehr bald eine Anzahl bläschenartiger, heller Flecke, wie sie als erste Spuren des beginnenden Bildungslebens sehr allgemein in den Insekteneiern vorzukommen scheinen} und von Zaddach (Unters. über die Entwicklung und den Bau der Gliederth. I. 813) neuer- lich auch aus dem eben befruchteten Phryganidenei beschrieben sind. Der Darstel- lung, die der genannte Beobachter von diesen Bildungen giebt, kann ich übrigens nach meinen Untersuchungen nicht beistimmen. Ich muss es vielmehr für einen Irrthum halten, wenn derselbe behauptet, dass diese Flecken von vorn herein ge- kernte Zellen seien, und zwar dieselben Zellen, die durch Aneinanderlagerung spä- ter zu der sogenannten Keimhaut sich vereinigten. Die Flecken, um die es sich handelt, sind Anfangs nur in spärlicher Menge vorhanden, also auch durch weitere Abstände von einander getrennt, dafür aber von ziemlich beträchtlicher Grösse (bis 0,02 Mm.). Sie sind (Tab. II. Fig.2) glas- hell und ohne weitere Zusammensetzung, also auch ohne Kern, mit einer nur un- deutlich markirten, zarten Hülle versehen, so dass man sie leicht für einfache Sar- codetropfen halten könnte. In manchen Fällen sind diese Flecken zum Theil be- trächtlich kleiner und zahlreicher; es wurden in solchen Fällen nicht selten Formen aufgefunden, die auf das Ueberzeugendste bewiesen, dass die betreffenden Körper- chen sich durch fortgesetzte Zweitheilung vermehrten. Sind dieselben nun auf solche Weise bis zu 0,007 Mm. verkleinert, so geht mit ihnen eine eigenthümliche Metamorphose vor sich. Sie umgeben sich (Fig. 3) mit einem deutlich abgegrenzten Hofe von moleculärer Dottersubstanz und verwandeln sich sodann durch membra- nöse Erhärtung der äussersten Umlagerungsschicht in Zellenkerne. Die hellen Flecke, die nach der Befruchtung in dem Dotter der Insektemeier und zwar ausschliesslich in der Rindenschicht des Dotters auftre- ten, sind also keine Zellen, sondern vielmehr Körper, die den Zel- lenbildungsprocess erst einleiten. Die Zellen selbst entstehen unter di- recter Theilnahme des Dotters nach dem Gesetze der sogenannten Umhüllungsku- geln, also ganz auf dieselbe Weise, wie bei den übrigen Thieren, deren Eier nach der Befruchtung den sogenannten Klüftungsprocess durchmachen. Es kann nach den voranstehenden Beobachtungen überhaupt wohl kaum noch länger bezweifelt werden, dass die Vorgänge der Zellenbildung im befruchteten Insektenei sich auf — 211 — das Engste an die gewöhnlichen Erscheinungen des embryonalen Zellenbildungspro- cesses anschliessen. Nur insofern scheint mir hier ein Unterschied obzuwalten, als bei den Insekten die Umlagerung der Zellenkerne mit Dottersubstanz erst spät ein- tritt, nachdem die Menge der Kerne bereits beträchtlich herangewachsen ist, wäh- rend im andern Falle eine solche Umlagerung von Anfang an stattfindet, so dass die Theilung der Kerne dann natürlich auch beständig eine Theilung des Dotters zur Folge hat. Wir haben in neuerer Zeit (durch J. Müller, Gegenbaur, Leydig) eine Reihe von Beobachtungen kennen gelernt, die zu beweisen scheinen, dass die Kerne der Fur- chungskugeln keine Neubildungen darstellen, sondern die Descendenten des primiti- ven Keimbläschens sind. Es liegt nach solchen Erfahrungen nahe, auch bei unserm Melophagus einen specifischen Zusammenhang zwischen den ersten hellen Flecken in der Dotterrindenschicht und dem Keimbläschen zu vermuthen, doch bin ich ausser Stande, ‚eine solche Vermuthung nur irgendwie durch meine Beobachtungen zu stützen. Unser Melophagus dürfte sich bei der Beschaffenheit seines Dotters über- haupt nicht zur Entscheidung dieser Frage eignen. Ist der Zellenbildungsprocess bei unsern Thieren in der oben beschriebenen Weise vollendet, dann besteht die Rindenschicht des Dotters (Tab. II. Fig. 4) aus einer einfachen Zellenlage, unter der die frühere körnige Dottermasse mit scharfer Grenze unverändert hinzieht. Es ist gewissermaassen, als ob sich diese Zellenschicht äusserlich auf den früheren Dotter abgelagert hätte. Jedenfalls ist ihr Zusammen- hang mit dieser Dottermasse so wenig fest, dass sie beim Zersprengen des Eies als gefaltete Membran nicht selten im Innern zurückbleibt, während der eingeschlos- sene Dotter durch die Rissstelle allmählig vollständig ausfliesst. ° Die Zellen dieser Membran messen durchschnittlich etwa 0,015 Mm. Sie besitzen eine zarte, aber deutlich nachweisbare Hülle und unter dieser einen eiweiss- artigen Inhalt mit zahlreichen äusserst kleinen Dotterkörnchen, die nicht selten eine ungleiche Vertheilung erkennen lassen und an der einen Seite weit massenhafter, als an der andern angehäuft sind. Im Ganzen ist übrigens die Menge dieser Dot- terkörnchen nicht sehr bedeutend, wesshalb denn auch die betreffende Zellenschicht sich m ihrem optischen Verhalten von der undurchsichtigen Masse des primitiven Dotters sehr auffallend unterscheidet. Was die Kerne der Zellen betrifft, so sind diese bläschenartig, 0,007 Mm. im Durchmesser, wie die letzten Theilstücke der oben beschriebenen hellen Körperchen, aus denen sie hervorgehen. Die Grenzen der einzelnen Zellen sind auch im unverletzten Ei sehr deutlich wahrzunehmen; sie 28 — 212 — bilden bei der Betrachtung von oben ziemlich regelmässige Sechsecke und geben der ganzen Haut dadurch ein mosaikartiges Aussehen. Die vorderen und hinteren Köpfe der Zellen sind ziemlich gewölbt und erscheinen als Kugelsegmente, deren Abstand — von dem Scheitel aus gerechnet — grösser ist, als der Abstand zweier gegenüberliegender Seitenflächen. Nach der Isolation nehmen die Zellen eine ein- fache Kugelform an. Der Primitivstreifen und seine Umwandlung in die primor- diale Leibeswand. Die durch Aneimanderlagerung dieser Zellen gebildete Mem- bran ist die sogenannte Keimhaut (blastoderma Köll.). Nach der übereinstimmen- den Darstellung von Köllker und Zaddach soll diese Keimhaut nur eine kurze Zeit hindurch den ganzen Dotter des Insekteneies umgeben, sodann aber an der spätern Rickenfläche zerreissen und sich in Form eines schmalen Bandes zusammenziehen, das an der Bauchfläche hinläuft und den sogenannten Primitivstreifen darstellt. Bei unseren Pupiparen habe ich mich von einem Zerreissen oder auch nur von einem par- tiellen Verschwinden der Keimhaut nicht überzeugen können. Im Gegentheil darf ich bei unsern Thieren auf das Bestimmteste behaupten, dass nach der Bildung der Keimhaut der ursprüngliche körnige Dotter an keiner Körperstelle jemals wieder zu Tage tritt. Die Keimhaut persistirt in ihrem ganzen Umfange und zeigt an den einzelnen Körpertheilen nur insofern ein verschiedenes Verhalten, als sie sich hier mehr, dort weniger schnell verdickt und weiterbildet. Dass die Verdiekung und Umwandlung der Keimhaut auch bei unseren Pupiparen an der Bauchfläche weit früher vor sich geht, als an dem Rücken, darüber kann kein Zweifel sein; man findet an der Rückenfläche, wie wir uns überzeugen werden (Fig. 5und 6), noch die ursprüngliche einfache!) Zellenlage der Keimschicht, während die Bauchfläche nicht bloss eine sehr dicke Keimlage zeigt, sondern in dieser Keimlage auch bereits weitere Differenzirungen erkennen lässt — allein zu keiner Zeit ist der Rücken unseres Dotters oder Embryos, wenn man will, vollständig ohne Zellenlage.e Wenn man den Begriff des Primitivstreifens in dem Kölliker'schen Sinne fasst, d. h. an- nimmt, dass der Primitivstreif eine locale, nur auf bestimmte Stellen der Dotter- oberfläche beschränkte Ansammlung von Embryonalzellen darstelle, dann besitzt un- ser Melophagus überhaupt kein solches Gebilde Doch ich muss offen gestehen, dass ich fast geneigt bin, in Betreff der frühern Darstellungen von der Bildung des 1) Nach Kölliker (1. e. p. 3) soll das Zerreissen der Keimhaut an der Rückenfläche erst dann vor sich gehen, wenn die ursprünglich einfache Zellenlage derselben verdoppelt und verdreifacht ist. Zu A Primitivstreifens einen Irrthum zu vermuthen, und bis auf Weiteres annehmen möchte, dass der sogenannte Primitivstreif der Arthropoden überall nur einer loca- len vorschnellen Entwicklung der Keimhaut sein Entstehen verdankt'). Ich habe oben bemerkt, dass es die Bauchfläche sei, an der zunächst die Verdiekung der Keimhaut vor sich gehe. Indessen ist diese Angabe nicht dahin zu verstehen, als wenn die Bauchfläche unseres Dotters nun auf einem Male in gan- zer Ausdehnung mit einer dickern Zellenlage überzogen würde. Dieser Process der Verdiekung beginnt vielmehr an bestimmten Stellen des Dotters, zuerst an dem hintern Pole, später auch an dem vordern, um sich sodann von da allmählig über die Bauchfläche, die bekanntlich (S. 161) die convexe, stärker gekrimmte Ei- fläche ist, als Primitivstreif auszubreiten. Es scheint übrigens, als wenn die Ent- wicklung dieses Primitivstreifens mit grosser Schnelligkeit geschehe. Ich vermuthe das wenigstens deshalb, weil es mir kaum jemals gelungen ist, einen unvollständig ausgebildeten Primitivstreifen zur Untersuchung zu bringen, obwohl die ersten An- fänge desselben nicht eben sehr selten beobachtet wurden. Die Verdiekung der Keimhaut zu dem Primitivstreifen geschieht durch Zel- lentheilung, wie man bei näherer Untersuchung durch alle Uebergänge hindurch sehr deutlich beobachten kann. Beschaffenheit und Bildung der Zellen wird dabei höchstens insofern geändert, als das Aussehen derselben durch allmähligen Schwund der eingeschlossenen Dotterkörnchen heller wird. Der ausgebildete Primitivstreifen stellt, wie man gewöhnlich sagt, ein schma- les Band dar. Für unsern Melophagus passt dieses Bild indessen nur wenig, denn die seitlichen Grenzen des Primitivstreifens gehen so allmählig in die ursprüngliche, einfach geschichtete Keimhaut über, dass sie sich so gut wie gar nicht markiren. Man erkennt den Primitivstreifen unserer Pupiparen überhaupt nur in der Profillage und nur daran, dass die Zellen der Keimhaut an der Bauchfläche des Embryo in mehrfachen Schichten über emander liegen. Es ist indessen nicht allein die Bauch- fläche, auf der sich der Primitivstreifen ausbreitet, vielmehr greift derselbe (Fig. 5) an den Polen des Eies auch auf die Rückenfläche über und zwar so weit, dass ei- gentlich nur das mittlere Dritttheil des Rückens davon frei bleibt. Die Enden des Primitivstreifens bilden mit andern Worten eine kappenförmige Umhüllung der bei- 1) Nach dieser Annahme ist auch der Unterschied in der Entwicklung der Thiere mit und ohne Primitivstreifen viel weni- ger gross, als man sonst gewöhnlich vermeint hat. Es wird begreiflich, wenn wir sehen, dass selbst nahe verwandte Thiere in dieser Beziehung sich verschieden verhalten, dass es unter andern auch Arthropoden giebt (Cyclops, nach Claus, Arch, für Natur- gesch. 1858), die sich ohne Primitivstreif entwickeln. ne den Eipole, eine Kopfkappe und eine Schwanzkappe, wenn wir wollen, ob- wohl diese Ausdrücke in der Embryologie der höhern Wirbelthiere nicht genau dasselbe bezeichnen. Die Bauchfläche des Primitivstreifens erschemt in der Profillage vielleicht von Anfang an als eine Wellenlinie; sie besitzt also eine Anzahl paralleler Quer- wülste, die in einfacher Reihe von vorn nach hinten auf einander folgen und wohl als erste Andeutungen der beginnenden Segmentbildung betrachtet werden. dürfen. Am deutlichsten sind diese Querwiülste in der vordern Körperhälfte, wo sie auch zuerst zum Vorschein kommen, bereits zu einer Zeit, in der die übrige Bauchfläche noch vollständig glatt ist (Fig. 5). Nach hinten nehmen dieselben an Grösse und Höhe allmählig sehr bedeutend ab, so dass eine genaue Zählung kaum möglich sein dürfte. Wenn ich ihre Zahl trotzdem auf etwa ein Dutzend angebe, so ist das mehr eine ungefähre, nach spätern Ansichten corrigirte Schätzung, als das Er- gebniss einer direeten Bestimmung. Die nächste Veränderung, die mit unsern Embryonen vorgeht, ist eine Spal- tung des Primitivstreifens. Der Primitivstreif, der bis dahin eine continuir- liche Zellenmasse gezeigt hatte, zerfällt — wie das bereits Zaddach für das Phry- ganidenei beschrieben hat (a. a. OÖ. 8.6) — in eine oberflächliche und eine tiefere Zellenschicht (Fig. 6), deren Grenzen sich in der Profillage leicht und scharf er- kennen lassen. Für ein richtiges Verständniss der Organenbildung ist die Unter- scheidung dieser beiden Schichten, die wohl bei allen Arthropoden vorkommen dürften, unumgänglich nothwendig; ich betrachte die Entdeckung derselben als eines der grössten Verdienste, das sich Zaddach um die Entwicklungsgeschichte der höhern Gliederthiere erworben hat. Meine Untersuchungen sind leider nicht ge- nügend, die Schicksale dieser Schichten bis in’s Detail hinein zu verfolgen; aber so viel ist mir durch dieselben zur Ueberzeugung geworden, dass sie im Wesentlichen den von Remack bei den Wirbelthieren unterschiedenen') zwei äusseren Keimschich- ten analog sind, wie das denn auch bereits von Zaddach gebührend hervorgehoben ist. Die oberste dieser beiden Schichten verwandelt sich durch Ausscheidung der 1) Bei dieser Gelegenheit mag ich die Bemerkung nicht unterdrücken, dass die Angaben und Beobachtungen Remack’s (Unter- suchungen über die Entwicklungsgesch. der Wirbelthiere. Berlin 1850—1855) zum Nachtheile unserer Wissenschaft bisher noch keineswegs die Anerkennung gefunden haben, deren sie in einem so hohen Grade würdig sind. Mit einiger Ausdauer gelingt es un- schwer (beim Hühnchen), von der Richtigkeit der Kemack'schen Hauptsätze sich zu unterrichten und die Ueberzengung zu gewin- nen, dass mit Remack’s Entdeckungen in der That ein erheblicher Fortschritt auf dem Gebiete der Entwicklungsgeschichte ge- macht ist, — 215 — Cuticula später in die epidermoidale Zellenlage; sie ist das Hautblatt unserer Em- bryonen, (Remack’s Hornblatt, das bei den Wirbelthieren freilich auch noch das centrale Nervensystem bildet), während die untere, weit diekere Schicht, die der Oberfläche des körnigen Dotters aufliegt, theils die animalischen Organe der Larve, Nervensystem und Muskeln, theils aber auch die Umhillungen des Darmkanales, den Fettkörper und die Tracheen aus sich hervorgehen lässt. Dieselbe mag immer- hin nach dem Vorschlage Zaddach's (mit Remack) als Muskelblatt benannt wer- den, obwohl diese Benennung bei unsern Pupiparen vielleicht am wenigsten be- zeichnend sein dürfte. Die ersten Anfänge dieser Spaltung beobachtet man an der Bauchfläche des Primitivstreifens, auf welche dieselbe auf eine Zeitlang ausschliesslich beschränkt bleibt. Kopf- und Schwanzkappe zeigen diese Spaltung erst später, nachdem sie inzwischen der Sitz einer anderweitigen Veränderung geworden sind. Wir haben die Kopfkappe oben als vordern Theil des Primitivstreifens ken- nen gelernt und bemerkt, dass dieselbe eine fingerhutförmige Umhiüllung des obern Eipoles darstelle. Die Grenzen dieser Kappe sind bei der ersten Bildung nur wenig deutlich; es währt indessen bei der raschen Zellenvermehrung des Primitivstreifens nicht lange, so markiren sie sich schärfer und erscheinen dann (Fig. 6) als die steil gegen die unverdickte Keimhaut abfallenden Ränder eines eigenthümlichen helm - oder sattelartigen Organes, das der Rückenfläche des vordern Eipoles aufliegt und an der Spitze desselben, wie früher, ganz allmählig in den ventralen Primitivstreif übergeht. Die Seitenlappen dieses Organes sind offenbar dieselben Gebilde, die Zaddach als „Scheitelplatten“ beschreibt, obwohl sie bei unsern Pupiparen — wohl in Uebereinstimmung mit der Form des Dotters, dem sie aufliegen — von vom herein in der Mittellinie zusammenhängen. Sie sind mit andern Worten, die er- sten Anlagen eines Kopfes, der bei unsern Larven freilich niemals zu jener eigenthümlichen Entwicklung kommt, wie sonst bei den Jugendzuständen der In- sekten, denselben aber auch keineswegs vollständig abgeht, wie man gewöhnlich an- zunehmen geneigt ist. Die Grenzen dieser Kopflappen laufen bogenförnig von der Medianlinie des Rückens nach vorn und halten dabei ungefähr die Mitte der seit- lichen Körperfläche em, werden aber allmählig immer seichter, bis sie schliesslich in der Nähe des Primitivstreifens völlig verschwinden. Die Fläche dieser sattelför- migen Kopfanlage zeigt schon in früher Zeit eine seichte Querfurche, die ungefähr in gleicher Entfernung von der Scheitelspitze und dem hintern Rande hinläuft. — 216 — Der hintere Rand selbst ist (Fig. 7) in der Medianlinie etwas gekerbt und lässt in der Richtung dieses Einschnittes gleichfalls eine seichte Vertiefung wahrnehmen’). Während man nach den vorhandenen Darstellungen über Insektenentwicklung annehmen darf, dass die Bildung des Kopfes wohl überall in ähnlicher Weise, wie bei unsern Pupiparen, vor sich gehe — auch die Abhandlung Kölliker’s enthält manche Bilder, die darauf hindeuten —, lässt sich solches für die Metamorphose der Schwanzkappe keineswegs in gleicher Weise behaupten. Wir wissen, dass diese Schwanzkappe bei der ersten Bildung (Fig. 5) der Kopf- kappe nicht unähnlich ist, aber trotz dieser Aehnlichkeit sind die Schicksale der- selben ganz verschieden. Der Vegetationsprocess der Schwanzkappe ist verglei- chungsweise sehr viel geringer, 'und daher kommt es denn, dass sich die Ränder derselben niemals so bestimmt und scharf gegen die angrenzende Keimhaut absetzen, dass sich die Schwanzkappe niemals zu einem so selbstständigen Organe entwickelt, wie wir es in der sattelförmigen Kopfanlage oben kennen gelernt haben. Dafür aber entsteht während der Ausbildung der Kopflappen auf der Rückenhaut der Schwanzkappe in einiger Entfernung von dem hintern Pole eine halbmondförmig nach vorn gekrümmte, klaffende Querspalte (Fig. 7), die immer tiefer in die Keim- zellenlage hineingreift und fast die ganze Dicke derselben durchsetzend sich all- mählig zu einer förmlichen Tasche ausbildet. Ueber die Bedeutung dieser Tasche bin ich lange im Unklaren gewesen, bis ich mich später davon überzeugt zu haben glaube, dass sie die erste Anlage der früher beschriebenen zwei Stigmata dar- stellt. Während die eben beschriebenen Bildungen vor sich gehen, ist an der Bauch- fläche des Embryo die schon früher erwähnte Segmentirung immer deutlicher her- vorgetreten (Fig. 6). Man unterscheidet hier jetzt eine Anzahl von dreizehn queren Einschnitten, die eine Strecke weit rechts und links an den Seitentheilen des Pri- mitivstreifens emporsteigen, also bogenförmig sind, und die Bauchfläche des Embryo in eben so viele quere Wiilste abtheilen. Der erste dieser Einschnitte fällt meist ziemlich genau in den Scheitelpunet des Embryo, etwa an diejenige Stelle, die dem Mikropyltrichter entspricht, mitunter auch etwas weiter nach hinten, während der letzte derselben eine Strecke weit vor dem hintern Eipole zu liegen kommt, fast 1) Von einer ventralen Längsfurche, die den Primitivstreif in zwei seitliche sogenannte Keim- oder Bauchwülste theilte, habe ich bei unsern (fusslosen) Pupiparen kaum eine Spur gefunden, obwohl Zaddach diese Bildung sehr hoch anschlägt und — ver- muthungsweise — allen Gliederthieren zuschreibt (a. a, 0. S. 7). — 21T — in gleicher Höhe mit der Stigmentasche, so dass das letzte, durch diese beiden Gebilde begrenzte Segment sich fast in Form eines conischen Zapfens absetzt. Die vordersten Segmentanlagen sind von allen die grössten, auch durch die tiefsten Einschnitte von einander getrennt, doch sind diese Unterschiede im Ganzen eben nicht auffallend. Die Bildung dieser Segmentanlagen beschränkt sich übrigens nicht etwa bloss auf das Hautblatt des Primitivstreifens, sondern setzt sich in gleicher Weise auch auf das Muskelblatt des Keimes fort. Die Segmentirung des Muskelblattes geht sogar noch weiter, denn die Einschnitte zwischen den Segmenten greifen hier in die Tiefe und zerfällen das Muskelblatt oder doch wenigstens die äussern Schichten des Muskelblattes in eine Anzahl isolirter bogenförmiger Ab- schnitte, für die ich den (auch schon von Zaddach gebrauchten) Namen Urseg- mente hier in Anwendung bringen möchte. Ich weiss diesen eigenthümlichen Vorgang mit Nichts besser zu vergleichen, als mit der Bildung der sogenannten Wirbelplättchen (Urwirbel) bei den Vertebra- ten, die ja nach Remack’s Untersuchungen ganz auf ähnliche Weise ihren Ursprung nehmen, aber allmählig aus einander rücken, während die Ursegmente unserer In- sekten dicht neben einander liegen bleiben. Doch nicht bloss in dieser Beziehung sind unsere Ursegmente mit den Wirbelplättchen vergleichbar; sie gleichen densel- ben auch darin, dass sie nicht einfach im ein bestimmtes Organ sich verwandeln, sondern sich durch weitere Metamorphose (ganz wie das Remack von den Wirbel- plättchen dargestellt hat) in eine grössere Anzahl verschiedener Organe aus einan- der legen. Es ist mir leider nicht vergönnt gewesen, die Reihenfolge dieser Um- wandlungen Schritt für Schritt zu verfolgen, aber so viel glaube ich mit Bestimmt- heit behaupten zu dürfen, dass aus jenen Ursegmenten namentlich die einzelnen Ganglien und Respirationsmuskeln hervorgebildet werden, während die tieferen, un- terhalb der Ursegmente sich continuirlich hinziehenden Schichten des Muskelblattes sich später in die ventrale Darmwand verwandeln. Die Rückenfläche des körnigen Dotters zwischen Kopflappen und Schwanz- kappe war bisher (Fig. 6) noch immer von der dünnen Zellenlage der primitiven Keimhaut überzogen. Nur insofern war hier inzwischen eine Veränderung einge- treten, als sich die ursprüngliche einfache Zellenschicht in der letzten Zeit zu einer doppelten entwickelt hatte. Nach den oben beschriebenen Veränderungen beginnen nun diese zwei Zellenschichten, die Anfangs dicht auf einander auflagen, sich zu trennen, indem die äussere sich immer mehr und mehr abhebt, bis sie endlich mit Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 29 — 218 — den stark verdickten Kopflappen in derselben Flucht zu liegen kommt (Fig. 8). Auf solche Weise entsteht zwischen diesen beiden Zellenschichten) ein [ziemlich wei- ter Hohlraum, in welchem eine körnerlose, wasserhelle Flüssigkeit enthalten ist. Untersucht man auf diesem Entwicklungsstadium die vordere Grenze {der Schwanzkappe, so gewinnt man bald die Ueberzeugung, dass die eben beschriebene äussere Zellenlage continuirlich in das Hautblatt des Primitivstreifens! übergeht, während die innere, dem körnigen Dotter aufliegende Zellenschicht |jin gleicher Weise mit dem Muskelblatt zusammenhängt (Ibid... Die Trennung der den Rücken überziehenden primitiven Keimhaut in zwei Schichten ist also nur die Fortsetzung jenes Processes, den wir an der Bauchfläche schon vor längerer Zeit beobachtet haben. Wir dürfen sie wohl als ein Zeichen ansehen, dass der Primitivstrei- fen jetzt den ganzen Dotter umwachsen hat, obwohl dabei nicht zu ver- gessen ist, dass Dicke und Entwicklung dieses Primitivstreifens am Bauche immer noch um ein Beträchtliches ansehnlicher ist, als auf der Rückenfläche. Bei einer frühern Gelegenheit haben wir die Umwandlung der Kopfkappe in die Scheitelplatten beschrieben und angegeben, dass diese letztern durch einen que- ren Eindruck in eine vordere und hintere Hälfte getheilt seien. Anfangs ist diese Theilung nur wenig auffallend (Fig. 6), aber später wird sie immer deutlicher, so dass sich der vordere Abschnitt allmählig als ein besenderer, von dem übrigen Schädelgewölbe verschiedener Theil, als Vorderkopf, zu erkennen giebt (Fig. 9). Uebrigens ist es nicht bloss die hintere Grenze dieses Vorderkopfes, die sich im Laufe der Entwicklung immer schärfer markirt, sondern auch die vordere, die mit dem oben von uns erwähnten ersten Segmenteinschnitte zusammenfällt. Während letzterer sich Anfangs kaum von den übrigen Segmenteinschnitten unterschieden hatte, sieht man ihn später beträchtlich sich vertiefen, und in eine trichterförmige Grube sich verwandeln, die ihrer Lage nach nichts Anderes als die Mundöffnung sein kann. Diese Vermuthung findet bald ihre Bestätigung, denn zu den Seiten der trichterförmigen Grube erheben sich nach einiger Zeit (Fig. 9) die beiden zapfenförmigen Hervorragungen, die wir als Oberkiefer kennen gelernt haben. Ein besonderes, diesen Erhebungen zukommendes Segment habe ich nicht unterschei- den können, es müsste denn sein, dass man vielleicht das erste der von mir auf- gefundenen dreizehn Körpersegmente in diesem Sinne deuten wollte, obgleich mir für solehe Annahme nur wenig Grund vorzuliegen scheint. Oberhalb der Mund- öffnung bildet der Vorderkopf mitunter einen deutlichen Vorsprung, den man nach — 219 — Zaddack's Darstellung (a. a. 0. 8.14) wohl als Andeutung einer Oberlippe in An- spruch nehmen dürfte, Kurz nach der Ausbreitung des Primitivstreifens über die ganze Peripherie des Dotters beobachtet man an der Bauchfläche unserer Embryonen auch die Bil- dung der von mir früher beschriebenen Muskeleindrücke (Ibid.). Sie stehen, wie später, in regelmässigen, den einzelnen Körpersegmenten entsprechenden Ab- ständen, sind dabei aber Anfangs in grosser Anzahl vorhanden, indem nur die alleräussersten Segmente derselben entbehren. Uebrigens schien es mir, als wenn sich bei der Bildung dieser grubenförmigen Vertiefungen zunächst nur das Haut- blatt unserer Embryonen betheiligte.e Das Muskelblatt geht in flächenhafter Aus- breitung über dieselben hinweg, scheint aber hinter den einzelnen Gruben eine scheibenförmige Verdickung zu bilden, ohne Zweifel die erste Andeutung der spätern Respirationsmuskeln. Eine solche Verdickung findet tsich auch hinter den drei vordern Eindrücken, die der ausgebildeten Larve fehlen, einstweilen aber nur durch eine etwas weniger bedeutende Grösse und Tiefe vor den übrigen persisti- renden Eindrücken sich unterscheiden. Die Metamorphose derselben ist natürlich eine andere und abweichende; ich glaube Grund zu der Annahme zu haben, dass sich diese vordern Verdiekungen der Ursegmente in die früher beschriebenen, räth- selhaften 'Zellenkörper verwandeln (Fig. 10 u. 12). Die dorsalen Muskeleindrücke entstehen erst später (Fig. 10), nachdem sich inzwischen das Muskelblatt des Rük- kens durch Emporwachsen der Ursegmente von den Seiten her allmählig verdickt hat. Eine unmittelbare Folge dieser Verdickuug ist es, dass der frühere Hohlraum zwischen Muskelblatt und Hautblatt zum grössten Theil verloren geht (Ibid.). Die Bedeckung des Rückens, die früher sehr durchsichtig gewesen war, nimmt dabei eine festere, mehr parenchymatöse Beschaffenheit an und zeigt nach einiger . Zeit sogar dieselbe Segmentirung, die wir früher an der Bauchfläche aufgefunden hatten. Die Zahl der Rückensegmente ist übrigens geringer, als am Bauche, denn die ersten Bauchsegmente stossen mit ihren Seitentheilen an die Scheitelplatten, und haben ganz das Aussehen, als wenn sie von denselben bedeekt würden. Mehr, als acht oder neun Segmente habe ich an der Rückenfläche niemals unterscheiden können. Ich habe oben darauf aufmerksam gemacht, dass die Grenze der Scheitel- platten und der Rückenfläche bei unsern Embryonen äusserst scharf markirt sei (Fig. 6). Nach den eben geschilderten Vorgängen hat dieses Verhältniss sich ver- ändert (Fig.10 u. 11), denn die Bedeckungen des Rückens haben jetzt nicht bloss so 29 * — 20 — ziemlich das Aussehen der Scheitelplatte angenommen, sondern bilden auch, wie wir wissen (8. 217), seit der Abtrennung des Hautblattes, in Betreff ihrer Lage eine fast unmittelbare Fortsetzung derselben. Aber auch noch in anderer Beziehung unterliegt das Verhältniss von Schä- del und Rückenfläche unserer Larven einer Aenderung, darin nämlich, dass die Grenze zwischen beiden, die ursprünglich weit nach hinten gelegen war, jetzt an- fängt, nach vorn allmählig emporzurücken (Fig. 6—11). Die Lage der Mundöff- nung bleibt dabei so ziemlich unverändert; es kann dieses Emporrücken also nur die Folge von einer Verkürzung des Schädelgewölbes sein. Auch an dem Hinter- leibsende geschieht eine solche Verkürzung, denn die taschenförmige Grube, die wir oben als erste Entwicklungsform der Stigmata kennen gelernt haben, beginnt in ähnlicher Weise der Hinterleibsspitze sich anzunähern (Fig. 6—11). Je mehr nun aber jene beiden Puncte durch die Verkürzung der anliegenden Körpertheile sich von einander entfernen, desto mehr muss sich natürlich die Rückenfläche, die den Raum zwischen ihnen einnimmt, in die Länge strecken, und so kommt es denn schliesslich, dass diese Rückenfläche sich allmählig fast über die ganze Länge des Dotters ausbreitet, wie die Bauchfläche das von Anfang an bereits gethan hatte. Durch die eben geschilderten Entwicklungsvorgänge (die bei Insekten mit runden Eiern, wie z.B. den Phryganiden, noch sehr viel !auffallender sind) verliert sich auch allmählig der Unterschied, der in der Gestaltung der Rücken- und Bauch- fläche bisher vorhanden gewesen war und von der Bildung des primitiven Eies her- rührte. Der Rücken ebnet sich, er nimmt mitunter sogar eine etwas gewölbte Bil- dung an und trägt auf solche Weise denn dazu bei, die Körperform des Embryo in eine kurze und gedrungene Spindel zu verwandeln (Fig. 12). Entwicklung der inneren Organe. Mit der Schilderung, der letzter- wähnten Vorgänge sind wir dem allmähligen Entwicklungsgange unserer Em- bryonen bereits um Einiges vorausgeeilt. Noch bevor nämlich die äussere Körper- form durch Metamorphose der Rückenfläche zum Abschluss gelangt ist, sind auch im Innern eine Reihe von wichtigen Veränderungen vor sich gegangen. In den früheren Entwieklungsperioden, bis zur Bildung der ventralen Muskeleindrücke, war in dieser Beziehung Nichts hervorzuheben (Fig. 6—9); der Embryo bestand bis dahin eigentlich nur aus dem rings um den Dotter herumgewachsenen, sackförmi- gen Primitivstreifen, Der Innenraum dieses Sackes war von der körnigen, primiti- ven Dottermasse vollkommen ausgefüllt, so dass die Oberfläche desselben mit der Muskelschicht des Keimes überall in unmittelbarer Berührung war. Eine besondere — 21 — (dem Remack’schen Drüsenblatte des Wirbelthierkeims analoge) Umhüllung des Dot- ters habe ich ebenso wenig, wie Zaddach, jemals unterscheiden können, obgleich die Grenze zwischen Dotteroberfläche und Muskelblatt, besonders an der Bauch- fläche, mit aller Bestimmtheit und Schärfe gezeichnet ist. Die erste Erscheinung, durch welche die Veränderungen im Innern eingelei- tet werden, ist eine Verkürzung der körnigen Dottermasse. An beiden Enden, vorn und hinten (am deutlichsten hinten), entsteht (Fig. 10 u. 11) zwischen ihr und dem darauf liegenden Primitivstreifen ein heller Zwischenraum, der Anfangs nur spalt- förmig ist, aber ziemlich bald, wie es scheint, zu einem geräumigen Hohlraum heranwächst. Es sind die beiden Endstücke der späteren Leibeshöhle, die auf solche Weise ihren Ursprung genommen haben. Aber diese beiden Hohlräume sind nicht etwa leer; sie enthalten vielmehr beide — ob gleich von Anfang an, muss ich freilich unentschieden lassen — einen strangförmigen Körper, der sich zwischen der äusseren Leibeswand und den Enden der verkürzten Dottermasse aus- spannt und in augenscheinlicher Weise (Ibid.) die beiden Endstücke des Darmka- nals, Speiseröhre und Afterdarm, darstellt. Die erstere läuft geraden Weges von der Mundöffnung nach hinten, während der andere (als erste Andeutung der uns von unseren früheren Betrachtungen her bekannten knieförmigen Biegung) einen bogenförmigen Verlauf einhält und eine nach der Bauchfläche zu gerichtete Con- cavität zeigt. Das untere Ende des Afterdarms, d.h. diejenige Stelle, an der dieser in die Zellenlage des Muskelblattes übergeht, ist in einiger Entfernung von der Stigmentasche, eine kurze Strecke oberhalb der Hinterleibsspitze, an der Bauch- fläche gelegen. Ueber die Entstehungsweise dieser beiden Darmstücke bin ich durch meine Untersuchungen nicht vollkommen aufgeklärt. Aber so viel weiss ich mit Be- stimmtheit, dass dieselbe eine andere ist, als die des zwischenliegenden Chylusma- gens. Während letzterer, wie wir uns nachher überzeugen werden, durch Umla- gerung des primitiven Dotters entsteht, erscheinen die Endstücke des Darmkanales (wie auch Zaddach angiebt) von Anfang an als helle und dotterlose Gebilde. Ich glaube sogar behaupten zu dürfen, dass dieselben nicht eimmal als Röhren ihren Ursprung nehmen, sondern vielmehr als solide Zellenstränge, die erst später von Aussen her, durch Vertiefung der Mund- und Afteröffnung, hohl werden. Freilich ist es bei der geringen Durchsichtigkeit der Körperenden schwer, hierüber volle Sicherheit zu gewinnen. Einige Male schien es mir auch, als wenn sich die betref- fenden Zellenstränge ohne Weiteres aus dem Zellenboden des Muskelblattes los- m — lösten, und zwar (Fig. 10) der vordere Strang von der Bauchfläche, der hintere aber von dem Körperende zwischen After und Stigmentasche. Jedenfalls habe ich öfters Ansichten gehabt, die sich in diesem Sinne deuten liessen. Auch werden wir uns weiter unten davon überzeugen, dass noch andere hohle Organe unserer Larven in ganz derselben Weise ihren Ursprung nehmen. So baldı die beiden Endstücke des Darmkanals mit scharfer Begrenzung als eigne Organe hervortreten, bemerkt man am Bauche zwischen der Oberfläche des körnigen Dotters und der Muskelhaut des Keimes einen schmalen Längsspalt, dessen Enden in die schon oben beschriebenen vorderen und hinteren Räume der spätern Leibeshöhle einmünden. Die Oberfläche des Dotters, die sich auf solche Weise abhebt (Fig. 10), trägt eine eigne Zellenlage, die wir gewiss nur als eine isolirte Schicht des Muskelblattes ansehen dürfen, zumal dieselbe an der Rückenfläche ohne Weiteres in die hier noch ungetheilte Muskelschicht übergeht (Ibid.).. Diese Zel- lenlage ist die primitive Wand des Chylusmagens, gewissermaassen durch Fortsetzung desselben Spaltungsprocesses entstanden, den wir bei der Bildung des vordern und hintern Enddarmes vorhin als wirksam angenommen haben. Wenn Kölliker in der schon mehrfach eitirten Schrift angiebt, dass die Ma- genwand bei den von ihm untersuchten Insekten (die unseren Pupiparen zum Theil sehr nahe verwandt sind) nicht im Umkreis des körnigen Dotterrestes, sondern im Innern desselben entstehe, so beruht solches, wie schon Zaddach hervorgehoben hat, bestimmt auf einem Irrthume Mir will es scheinen, als wenn Kölhker die tieferen Schichten des Muskelblattes, die etwas dunkler aussehen, als besonders das Hautblatt, für Dotterstreifen gehalten hat und dadurch zu einer Behauptung ver- führt wurde, die für unsere Pupiparen leicht zu widerlegen ist. Uebrigens muss ich Kölhker insofern (gegen Zaddack) Recht geben, als derselbe die Wand des Chylusmagens nicht gleich von vorn herein in ihrer ganzen Peripherie als selbst- ständige Membran entstehen lässt. Einmal gebildet, behalten die einzelnen Abschnitte des Darmapparates bei unseren Embryonen im Wesentlichen ihre Formen. Namentlich fehlt jene Längs- streckung des Chylusmagens, durch welche dieser bei den frei lebenden Dipteren- larven allmählig zu einem dünnen und ansehnlichen Cylinder auswächst (vergl. Herold, disquisitiones etc. I. Tab. 14). Dass die Malpighischen Gefässe nicht durch Ausstülpung aus dem Darm- rohre entstehen, wie man nach der Analogie mit den Anhangsdrüsen der Wirbel- thiere vielleicht vermuthen könnte, sondern selbstständig angelegt werden, ist schon u von Kölliker (l. ec. p. 7) angemerkt. Derselbe bringt die Entwicklung derselben mit den seiner Meinung nach ausserhalb des Chylusmagens zurückbleibenden Dotterstrei- fen in Zusammenhang, und in Uebereinstimmung mit der von mir oben versuchten Deutung dieser Gebilde glaube ich auch beobachtet zu haben, dass dieselben sich als lange und schlanke Zellenstränge aus den tiefen Schichten der Muskelhaut ab- sondern und der Wand des Chylusmagens sich auflagern (Fig. 11). Mit noch grösserer Bestimmtheit habe ich diese Bildungsweise bei den zwei Rückentracheenstämmen unserer Larven beobachten können. Dieselben ent- stehen aus demjenigen Theile des Muskelblattes, welcher der Rückenwand des Chy- lusmagens aufliegt und einstweilen, wie ich bemerkt habe, damit noch continuir- lich zusammenhängt. Die Ablösung beginnt ungefähr (Fig. 11) in der Mitte des Chylusmagens und breitet sich von da zunächst nach der hinteren Körperseite bis zur Stigmentasche aus, mit der das Ende des Zellenstranges sodann in Verbindung tritt. Ist dieselbe vollendet, dann ist die Wand des Chylusmagens frei und ohne weitern Zusammenhang mit dem Muskelblatte, aus dem sie sich hervorbildete (Fig. 12). Von Verästelungen dieses Zellenstranges ist während des Embryonenlebens keine Rede. Noch bei der Geburt besteht das Tracheensystem unserer Larven aus einer einfachen Luftröhre (Ibid.). Die Art und Weise, wie sich der solide Zellenstrang durch Ausscheidung der innern Chitinröhre in eine Trachee verwandelt, ist genau dieselbe, die wir oben bei dem Wachsthume der Tracheenstämme kennen gelernt haben. Ich kann mich hier daher auf die Bemerkung beschränken, dass die Bildung des Tracheen- rohres (wie wir es oben auch für die Endstücke des Darmkanales wahrscheinlich zu machen versucht haben) von Aussen her beginnt, d.h. in unserm Falle von der Tiefe des Stigmensackes, der sich erst jetzt, wie es scheint, durch Bildung einer mittlern Scheidewand, in zwei seitliche conische Taschen zerfällt hat. Die zuerst gebildete, primordiale Chitinröhre entbehrt übrigens, wie ich noch hinzufügen will des Spiralfadens. Sie besteht aus emer einfachen, höchstens etwas runzlichen Mem- bran, besitzt aber dafür auch nur ein sehr geringes Lumen (0,005 Mm. am untern Ende), während der Zellenstrang, der sie einhüllt, fast das Zehnfache misst. Wie die beiden ersten Tracheenstämme, ganz ebenso entsteht an der Bauch- fläche auch der Ganglienstrang durch Isolation aus der sogenannten Muskel- schicht. Es scheint übrigens, dass diese Bildung bereits in früherer Zeit geschehe, vielleicht gleichzeitig mit der schon oben beschriebenen Anlage der respiratorischen — a1 — Muskeln, die sich gewissermaassen durch Längsgliederung von dem Blasteme des Ganglienstranges absetzen. Mit Bestimmtheit habe ich das betreffende Gebilde übri- gens erst später unterscheiden können, nachdem bereits die Endsticke des Darm- kanales vorhanden waren (Fig. 11). Es reicht dann bis dicht vor die Afteröffnung und zeigt gleich Anfangs eme den Abtheilungen der Ursegmente entsprechende Glie- derung. Die vordersten Ganglien sind von dem Blasteme der spätern Zellenkörper bedeckt, so dass es schwer ist, die Zahl der Ganglien genau zu bestimmen. Die Bildung der Hirnganglien ist mir vollständig entgangen, wie mir denn überhaupt die Metamorphose des Muskelblattes im Kopfe sehr unklar geblieben ist. Es scheint, als ob hier die Zellenmasse der genannten Keimschieht zum Theil noch eine längere Zeit im unentwickelten Zustande verharrte und erst für spätere Neu- bildungen verbraucht würde. Uebrigens bleiben auch sonst noch zwischen den einzelnen aus der Zerspaltung und Umformung der Muskelschicht entstandenen Or- ganen der Leibeshöhle zahlreiche Ueberreste der primitiven Zellenlage, die theils gleichfalls erst in späterer Zeit (besonders bei der Ausbildung des Tracheenapparats) ihre Verwendung finden, theils auch in den sogenannten Fettkörper sich ver- wandeln. Ueber die Zellenmetamorphose 'und die Bildung der spätern Gewebstheile habe ich keine Beobachtungen angestellt. Ich kann in Beziehung auf diese Vor- gänge nur so viel hervorheben, dass dieselben verhältnissmässig erst spät, etwa um die Zeit der Geburt vor sich gehen. Einstweilen bestehen die äusseren und inneren Organe unserer Larven noch ausschliesslich aus Zellen, die nach Grösse, Form und Bildung nur unbedeutende Verschiedenheiten von den Zellen der primitiven Keim- haut darbieten. Gleichzeitig mit der Ausscheidung der Outicula in den Tracheenstämmen und anderen innern Organen, geschieht auch die Bildung des äussern Chitinpanzers, der freilich Anfangs nur eine geringe Dicke besitzt und fast epitheliumartig, wie aus verschmolzenen Pflasterzellen gebildet aussieht, wahrscheinlich, weil sich die Zel- lenköpfe der darunter liegenden Hautschicht in ihm abgedrückt haben. Die Stigmen- tasche wird auffallender Weise von dieser Chitinhaut nicht ausgekleidet, sondern über- brückt, so dass das kleine und unscheinbare Stigma vor derselben gelegen ist (Fig. 12). Ob das freilich von Anfang an so war, muss ich unentschieden lassen. Dass dieser erste Chitinpanzer mit den daran befestigten zwei unverästelten, geraden Tracheenröhren bald nach der Geburt durch Häutung verloren geht, ist schon früher von mir erwähnt worden. Schon vor dem Zersprengen der Eiröhren — 223 — sieht man ihn stellenweise, besonders im hintern Körperende (Ibid.), von seiner Unterlage abgehoben, so dass er dann eine einfache lockere Hülle um den eigent- lichen Embryonalkörper darstellt, wie eine Eihülle (für die ich denselben irrthüm- licher Weise auch Anfangs gehalten habe). Bei der neugebornen Larve sind die Körpersegmente, wenn auch wenig auffallend, doch immer noch deutlich sichtbar. Dieselben verschwinden erst nach- dem sich die Larve, was freilich sehr bald geschieht, durch Nahrungsaufnahme in der uns bekannten Weise verdickt hat. Ueberhaupt schliesst sich die neugeborne Larve in Gestalt und Organisation so vollständig an die uns bekannten letzten Ent- wicklungszustände an, dass ich ohne Weiteres auf diese hier verweisen kann. Selbst der Chylusmagen ist bei der Geburt noch mit den Ueberresten des primitiven kör- nigen Dotters erfüllt. Das Einzige, das hier zu bemerken sein dürfte, ist das, dass die Verkürzung des Schädelgewölbes und der früheren Schwanzkappe inzwischen immer weiter fortgeschritten ist. Die Stigmentasche kommt auf solche Weise auf der Hinterleibsspitze zu liegen und rückt selbst noch über diese hinaus auf die Bauchfläche, während die Grenze des Scheitels in der ausgebildeten Larve nur eine verhältnissmässig kurze Strecke hinter dem Öberkiefer angetroffen wird, an derjenigen Stelle, an der die früher beschriebenen Nackenmuskeln befestigt sind und später auch die Entwicklung der bogenförmigen Puppennath vor sich geht. | Erklärung der Tafeln. Tafel-E Fig. 1. Weibliche Geschlechtsorgane von Melophagus ovinus vor beginnender Trächtigkeit (8.152). Bi Bi Fig. 6. Eiröhren mit Eikeimen verschiedener Entwicklung, in ihrem Zusammenhange mit der Eier- stockskapsel (S. 158 #.). Fig. 7. u. 8. Ovarium mit Eiern verschiedener Reife ($. 163). Fig. 9. Samentasche (unpaarer Eiergang) mit den Eileitern ($. 165). Fig. 10. Blindes Ende der vordern, hornförmigen Anhangsdrüse (S. 170). Fig. 11. u. 12. Zur Organisation der verästelten Milchdrüse (8. 169); Fig. 11. mit vollen Drüsenzel- len, aus der Mitte der Schwangerschaft; Fig. 12, mit leeren Drüsenzellen, aus dem Anfang der Schwangerschaft. Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 30 en ni g. 2—4. Verschiedene Ansichten schwangerer Geschlechtsorgane (ebendas.). _ g. 5. Hochschwangere Geschlechtsorgane in der Seitenlage, mit Tracheen und Muskeln (8. 154). {en wi Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. —ab — 13, Muskulatur der Scheide (S. 173). 14. Muskulatur der Eierstockskapsel (S. 157). 15. Aeussere weibliche Geschlechtsorgane mit Afteröffnung. ($. 173). Tafel L. 1. Mikropylapparat von Melophagus ($.161). 2. u. 3. Entwicklung der Keimhautzellen (S. 210). 4, Ei mit Keimhaut ($. 211). 5. Erste Anlage des Primitivstreifens mit Kopf- und Schwanzkappe (S. 213). 6. Spaltung des Primitivstreifens in Haut- und Muskelblatt; Ursegmente, Anlage des Kopfes und der Stigmentasche (S. 215 ff.) 7. Derselbe Embryo in der Bauchlage mit Nackenfurche und Stigmentasche, 8. Bildung vom Hautblatt und Muskelblatt am Rücken (S. 217). 9. Bildung der Bauchmuskeleindrücke (S. 219). 10. Verdiekung und Metamorphose des Rückenmuskelblattes ($. 219); erste Anlage der Bauch- darmwand (S. 221), des Mund- und Afterdarms (ebendas.), 11. Bildung des Ganglienstranges und des dorsalen Tracheenstammes (8. 223). Die Muskel- eindrücke sind hinweggeblieben. 12. Neugeborne Larve mit abgelöster erster Chitinhaut (8. 187 f.). Tafel II. 1. Larve von 2,6 Mm. Länge, vor der letzten Häutung in der Seitenlage. Man sieht die Mus- kulatur (S. 176), das Tracheensystem (S. 198ff.), den Darmkanal ($. 193), die Bauchganglien- kette (S. 189) und die Zellenkörper ($. 192). Der Fettkörper ist weggelassen. 2. u. 3. Ausgewachsene Larve mit Fettkörper und innern Organen, in Rücken- und Bauchlage. 4. Das Nathsystem am Vorderende der ausgewachsenen Larven ($. 182). 5. Nackenmuskeln der ausgewachsenen |Larve mit senkrechter Bogennath und Mundöffnung ($. 189). 6. Structur der Seitenmuskeln und ihr Zusammenhang mit den äussern Bedeckungen ($. 188). 7. u. 8. Verschiedene Entwicklungszustände der Bauchganglienkette nach der letzten Häutung (8. 190). 9. u. 10. Stigmenapparat nach und vor der letzten Häutung mit daranhängenden Tracheen @&. 117 R.). 11. Tracheen mit Zellgewebsscheide und doppelter Chitinhaut (S. 202). 12. Endstück des Rückengefässes mit seinen Muskeln (S. 204). 13. Aus dem Fettkörper der ausgewachsenen Larve (S. 137). Anatomische Untersuchung Limulus mit besonderer Berücksichtigung der Gewebe. (. Gegenbaur, Professor in Jena. Mit einer Tafel. Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 31 Ha sduw.@i) gun. ae ET 7,7777 & v. j ENOISE TECH BELTE TOT; are, usdasaın I ana Wa are I 44 N \ a A TEEN in tun! Fa PER Our i Wr Ta Im verflossenen Sommer verschaffte mir die Freundlichkeit des Herrn Hof- rath Schleiden die im Binnenlande wohl seltene! Gelegenheit einen ganz frischen Limulus der anatomischen Untersuchung zu unterziehen. Das Thier war, als es in meine Hände kam, erst seit etwa 24 Stunden todt, so dass zu erwarten stand, das Gewebe kaum, oder nur relativ wenig verändert zu treffen, und auch die Nach- prüfung der anatomischen Verhältnisse ein von den äusseren Umständen begünstig- tes Resultat versprach. Ungeachtet der gerade in jener Zeit für Untersuchung fri- scher Thiere ungünstigen Temperaturverhältnisse wurde doch durch ununterbrochene Untersuchung eine Anzahl von Anhaltspuneten gewonnen, die bei der spätern, an conservirten Thieren wiederholten Untersuchung wichtig wurden. Für einzelne Or- gane oder Gewebe leisteten verschiedene Flüssigkeiten, wie Lösungen: von Cupr. sulphur., Acid. chrom., Kali bichrom. u. a. vortreffliche Dienste. — Die Art wurde als Limulus molluccanus bestimmt). Von Ergebnissen meiner Untersuchungen werde ich hier nur diejenigen zur Mittheilung bringen, welche theils zu den schwebenden Fragen des Tages in Be- ziehung stehen, theils zur Formulirung allgemeinerer Anschauungen verwerthet werden können. Das übrige, vorzüglich das speziellere histologische Detail der einzelnen hier nicht berücksichtigten Organe, werde ich wohl später an einem an- dern Orte vollständig mitzutheilen Gelegenheit finden. Von den Integumenten. Die Vorstellungen die man in neuerer Zeit von den Structurverhältnissen des Arthropodenpanzers, namentlich in Folge Leydig’s nach dieser Richtung gehenden 1) So weit meine Nachforschungen über das Vaterland des untersuchten Exemplars reichten, konnte nur so viel ermittelt werden, dass es wahrscheinlich von den Antillen stammte, was allerdings mit der Species im Widerspruche steht, und vielmehr mit L. polyphemus passen würde. Doch zeigt das fragliche Exemplar mit letzterer Species keinerlei Uebereinsiimmung. Wie das Thier am Leben erhalten wurde, blieb mir leider unbekannt. Die Maasse derselben sind folgende } Länge des ganzen Thieres A Ein Sr usa tZzall'P3 ER „ Stachels ELBE Ka re a Teer EL, 555 PR „ Abdominalschildes bis zur mittleren Einbucht an der Stachelbasis 6 » N „ Cephalothorax BE N SE EEE Gröster Breite, ‚dest Gephalothoras en r „» Abdomens ee en a ählenn, aı% — 2330 — Arbeiten, gewonnen hat, finden an dem, was mir Limulus bot, eine neue, erwei- ternde Bestätigung. Das lederartige Hautskelet der Pöcilopoden, weist an den ver- schiedensten Theilen einen aus mehrfach geschichteten chitinisirten Straten be- stehenden derberen äusseren Theil auf, welchem nach innen eine Schicht mehrerer Zellen, die Matrix, angelagert erscheint. a) Am einfachsten ist das Verhalten der Chitinhülle an den Kiemenblättchen. Jedes der letzteren besteht aus zwei, am verdickten Rande in einander übergehen- den Lamellen, die aus einer durchsichtigen, structurlosen äusseren ‚Chitinlage ge- bildet sind, welcher innen eine einfache Zellenschicht anliegt, deren polygonale, platte, kernhaltige Elemente eine Grösse von 0,016” besitzen, mosaikartig an einan- der geordnet sind, und uns genau dieselben Linien geben wie die von Kölliker ge- gebene Zeichnung vom Kiemenfaden des Flusskrebses. (Untersuchungen zur ver- gleich. Gewebelehre, angestellt in Nizza. Würzb. Verhandlungen. 1857. Fig. 21). Gegen den Rand der Kiemenblättchen zu nehmen die Zellen der Matrix an Grösse ab, wogegen die äussere Chitinschicht an Dicke gewinnt, und endlich ganz am Rande einen breiten, braunen Saum vorstellt, dessen Durchmesser nicht über 0,2” beträgt. Die Zellen formiren hier ein 0,07 ' starkes, vielschichtiges Stratum. Die Dicke der ausgeschiedenen Chitinschicht wird am Rande der Kiemen- blättchen, sowie dies auch an den übrigen Chitinmembranen von bedeutenderem Durchmesser der Fall ist, von Porencanälen durchsetzt. Zahlreiche, äusserst feine canalähnliche Hohlräume beginnen von der Innenfläche in geschlängeltem Verlaufe die in etwa 10 Strata getheilte Chitinlage zu durchlaufen, und enden unter der Oberfläche. Ein vollständiges Durchdringen scheint nicht vorzukommen, was da- mit zusammenfällt, dass die erst gebildete, also äusserste Schicht, mit der die übrige Fläche der Kiemenlamelle überkleidenden, gleichfalls porenlosen, eine völlig continuirliche ist. Weiter nach Innen, an der Randschicht, kommen Verästelungen der Porencanälchen vor; sie treffen sich alle in spitzem Winkel. Dadurch, dass dieser Verästlungsbezirk nur einen schmalen Raum am Rande einnimmt, hat es den Anschein, als ob er in einem besonderen Stratum stattfände, so dass zur Zeit die- ser älteren Ablagerung reichlichere Porencanälchen gebildet wären, die nachher, bei spärlicherer Bildung, in einander zusammenflössen. Am Rande der Kiemenblättchen sitzen gewöhnlich Gebilde, Borsten, Sta- cheln beweglich eingelenkt. Zu jedem derselben führt ein weiter Canal, den ich, wie auch von Kölliker geschah, von den feinsten Porencanälchen, mit denen sie nur den gleichen Verlauf theilen, mehr aus einander gehalten wissen möchte. Die — 2331 — Länge dieser Canäle durchläuft ein 0,0025“ dickes Chitinröhrchen, gerade, oder gewunden, oder selbst in eine Schlinge umgebogen, bis zu dem entsprechenden Horne oder Stachel hin, um in denselben einzutreten, und nahe an der Spitze des- selben seine Mündung in die des Hornes oder Stachels übergehen zu lassen. Eine Ausmündung des Lumens der Chitinröhrchen auf die Oberfläche habe ich nie ge- sehen und ebensowenig in dem Hohlraume des weiten Canals ausser dem erwähnten Röhrchen irgendwelche geformte Elemente beobachtet. —- b) An den modifieirte Gliedmassen vorstellenden Kiementrägern fallen am frischen Thiere polsterartig geschwellte, bläuliche Stellen ins Auge, welche sich durch ihre Weichheit von den umgebenden festen Integumenttheilen auszeichnen. Abgesehen von den innern Structurverhältnissen dieser Theile ist hier die Outieu- larschicht beträchtlich verdickt, und zeigt, von der Fläche gesehen (Fig. 4), zahl- reiche, dicht neben einander stehende kreisrunde und etwas dunklere Stellen, mit vielen concentrischen Ringen und einer centralen Vertiefung, die bei feinen Ho- rinzontalschnitten als eine Oeffnung oder, wenn wir die weiterhin zu erwähnen- den Verhältnisse anticipiren wollen, als die Mündung eines Canälchens erscheint. Die dunkleren Halonen, welche die Mündungen umgeben, sind von sehr verschie- dener Grösse, die Oeffnungen selbst jedoch alle von gleicher Weite. Untersucht man ein Stiickchen dieser Partie auf senkrechten Durchschnitten, so bemerkt man erstens äusserst zahlreiche, und dicht bei einanderstehende Poren- canälchen, die nur bei starken Vergrösserungen und genauer Beobachtung sichtbar werden. Zweitens trifft man mit den ersteren parallel verlaufende Canälchen an, die, obgleich weiter als die vorigen, doch immerhin noch fein zu nennen sind, und in weiten Abständen von einander zur Oberfläche sich begeben. Sie sind es, deren Ausmündung vorhm erwähnt wurde. Ein auf das Präparat (den senkrechten Durch- schnitt) ausgeübter Druck fördert eine neue Bildung zu Tage. Es erheben sich nämlich am Schnittrande — also auf der Oberfläche — Zierliche becherförmige, oder auch Stempel ähnliche Gebilde, die früher, an entsprechenden Vertiefungen der Cuticularschicht eingesenkt, dem Blicke entzogen waren. Die in Fig.5 von diesen Gebilden gegebene Darstellung überhebt mich einer näheren Beschreibung. Nur soviel kann noch gesagt werden, dass die scheibenförmige Oberfläche dieser Stempelchen genau den Kreisen der Flächenansicht entspricht, so wie sich auch herausstellt, dass die concentrischen Ringe bei derselben Ansicht zum Theil wenig- stens durch den optischen Ausdruck der verschiedenen Durchmesserverhältnisse der — 123232 — Stempelchen bedingt waren. Durch länger fortgesetzten Druck können die Röhr- chen mit der stempelförmigen Umgebung ihrer Ausmündung isolirt werden. Ich habe diese Art der Integumentbildung vorzüglich desshalb angeführt, weil sie in engem Anschlusse an gewisse Mikropylapparate steht, die von der Ei- hülle (der Insekten bekannt wurden [vergl. Zeuckardt in Mälller's Archiv 1855, vor- züglich bei Orthopteren (Locust. viridissima, Tab. X. Fig. 16)]'). c) Auf der Rückenfläche des Abdominalschildes bemerkt man zwei Reihen von symmetrisch gelagerten Eindrücken, welche nach Innen zu starke Vorsprünge bilden, an der vorzüglich die Muskulatur der Kiemenfüsse ihren Ursprung nimmt. Diesen Cristen entspricht jederseits eine Reihe von einzelnen pyramidalen Vorsprün- gen der Kiemenfüsse, die ich einstweilen hier erwähnen will, weil ich unten auf dieses Verhalten wieder zurückkommen muss. Die zuletzt erwähnten Fortsätze des Integumentes sind hohl. Das Integument besitzt hier eine Dicke von '|,'", die weiche, hier fest damit verbundene Matrix, welche aussen diese Fortsätze überzieht, ist aus langen, wie Säulchen neben einander liegenden Zellen zusammen gesetzt, die an jene Formen erinnert, wie) sie Kölliker von der Matrix des Oberkiefers von Loligo todarus beschrieb. Die fraglichen Zellen (Fig. 6 Aa u.B) messen hier 0,05 —0,07”' (bei einer Dicke von 0,0030”. Die abgeschiedene Chitinschicht besteht aus 3 sehr von einander verschiedenen Lagen. Die oberflächlichste, hier einen Hohlraum begrenzend, erscheint als die stärkste, und wird aus 15 —20 homogenen Lamellen zusammengesetzt, welche auch durchschnittene nicht selten spaltartige Lücken zwischen sich aufweisen. Die nächste oder mittlere zeigt dagegen eine sehr 1) Ein Blick auf die grosse Reihe der bis jetzt schon näher bekannt gewordenen Cuticularbildungen zeigt, dass das Auftre- treten von Porencanälen, seien es solche, die durch das Auswachsen von Zellen hervorgehen, oder solche die durch einen uns noch dunkeln Vorgang sich bilden, eine mit der Schichtenbildung selbst verbundene Erscheinung ist, unter welche auch jene Porencanäle fallen, die seither vielfach an den Eihüllen vieler Thiere aufgefunden worden sind. Man hat diese Porencanäle der Eihüllen (des sogenannten Chorions) als Mikropylen bezeichnet; gleicherzeit ist aber auch jene Oeffnung mit diesem Namen be- legt worden, welche mit der Genese des Eies (oder Eizelle) in Zusammenhang steht, wie die Keber’sche Mikropyle des Anodonten - Eies. Somit hat man zwei ganz verschiedene Bildungen zusammengeworfen, Bildungen, die nur in ibrer Bedeutung für den Be- fruchlungsprocess einiges Gemeinsame besilzen. Dieses Gemeinsame ist aber nur theilweise, ich möchte sagen scheinbar, denn mit dem Eindringen eines Samenfadens in den Mikropylapparat der Schale eines Insekteneies ist noch nicht nothwendig eine Befruch- tung erfolgt, da die Mikropyle hier eben nur den Zutritt zum Eie anbahnt, während durch Mikropylbildung an der Dotter- hant (wie z. B. beim Eie der Anodonten) der wirklicke Eintritt in das Ei, resp. in den Dotter, vermittelt wird. Diese Verschiedenheit in der Bedeutung, sowie das Vorhandensein von gleichen Porencanälen in zahllosen anderen Cuti- eularbildungen, die nichts mit dem Eindringen von Samenfäden zu thun haben, sind wohl Gründe genug, um fürderhin einen Un- terschied zwischen der wahren Mikropyle des Eies und den Porencanälen seiner Dotterhaut mit grösserer Strenge zu slatuiren. — — 133 — undeutliche Lamellenstructur; es ist im ihr nur eine sehr feine Strichelung wahrzu- nehmen, die auf eine Zusammensetzung aus Lamellen hinweist. In der innersten, der Matrix zunächst gelagerten Abtheilung ist wiederum lamellöse Structur vor- herrschend. Die einzelnen Lamellen sind äusserst dünn —- an einzelnen Stellen zähle ich deren gegen 80 —, und treten wie die äusserste Schichtenreihe nicht sel- ten in spaltartigen Lücken auseinander. Diese drei Abtheilungen der chitinisirten Cutieularbildung werden wiederum von feinen Porencanälchen durchsetzt, die an der mittleren, nur undeutlich lamellösgebauten Abtheilung am schönsten zu sehen sind und hier auch Verzweigungen darstellen. Die Entfernung der Porencanälchen von einander beträgt fast ebensoviel als der Dickendurchmesser der Zellen in der Matrix, ja da die Elemente der letzteren der innersten Schicht noch ansitzen, möchte man zuweilen glauben, als ob immer je zwischen den Zellen ein Porencanal her- vorginge. Auch die schon mehrfach erwähnten weiteren Canalbildungen fehlen hier nicht, was ich besonders desshalb hervorhebe, weil, sie nicht mit Borstenbildungen in Verbindung stehen, sondern diese an der Oberfläche der Integumentschichten enden. Es setzt sich in sie noch eine röhrige Bildung fort, die als eine kolossal verlängerte Matrixzelle sich mir herausstellt. (Auch an andern Theilen der Integu- mente von Limulus habe ich diese verlängerten Zellen gefunden.) Nicht unwichtig ist, dass das Lumen dieser Canäle nicht glattwandig begrenzt ist, sondern durch vielfache Spalten mit den Interlamellarräumen communicirt. Die Canalwandungen erscheinen daher auf dem Längenschnitte vielfach ausgezackt, und das Innere des Canals hat das Ansehen als ob es viele, ziemlich parallel mit einander verlaufende Fortsätze zwischen die einzelnen Lamellen aussende. — Was nun die Deutung der soeben ausführlicher beschriebenen Integumentbe- standtheile angeht, so unterscheide ich erstlich die feineren Porencanälchen, die ich als eine mit der Schichtenabsetzung selbst einhergehende Bildung ansehe, an wel- cher sich zellige Elemente nicht weiter betheiligen; dagegen sind es die grösseren Canäle, die ich als eine durch Auswachsen von Zellen der Matrix bedingte Bil- dung ansehen muss. Die Bedeutung dieser grösseren Canäle ist nicht ausschliess- lich in der Herstellung einer Verbindung zwischen den meist am Ende der Canäle befindlichen borsten- und haarartigen Bildungen und den innern Theilen, der Ma- trix nämlich, zu suchen, da auch Porencanäle vorkommen, die nicht mit Anhangs- gebilden in Beziehung stehen; ich glaube den physiologischen Werth dieser Canäle vielmehr darin zu erkennen, dass durch sie die Ernährungsvorgänge in den chitini- — 331 — sirten Integumentschichten vermittelt werden. Recht auffällig wird diess noch, wenn man sieht, wie das Lumen eines Canals sich in horizontalen Lücken zwischen den feineren Straten fortsetzt, und dadurch wiederum mit den feineren Porencanä- len anastomosirt. Diese letzteren sind es dann, welche das Hohlraumsystem ver- vollständigen, und es namentlich durch Verästelungen zu einem complieirten machen, Solche Verzweigungen der feineren Porencanäle kommen in gewissen Schichten des Integuments von Limulus unzweifelhaft vor, und erscheinen auf Horizontalschnitten als ein dichtes, sehr feines Netzwerk. Leydig hat solche Verästelungen auch bei Julus u. a. beschrieben. Diese Seite des morphologischen Verhaltens der feinen Porencanälchen ist von nicht geringem Werthe für eine fernere Vergleichung des gesammten Integumentgewebes der Arthropoden mit anderen Bildungen. Leydig hat die Vergleichung mit Bindegewebe ausgesprochen, er betrachtet „den !ganzen Panzer als chitinisirte Bindesubstanz“ und glaubt „in dien Porencanälen die Aequivalente der Bindegewebskörperchen zu erblicken.“ Es muss wohl Jeden beim ersten Blicke eine solche Vergleichung frappiren‘, der zufolge die äusserste Umhüllung eines thierischen Körpers aus Bin- degewebe !bestände, und nicht von dem Epithel dargestellt würde, wie die Schule es lehrt. So haben sich denn bereits Stimmen dagegen erhoben, und Kölkker er- klärt obige Auffassung für unzulässig, und will das Ganze nur als Cutieularbildung gelten lassen, wie denn auch Leydig selbst schon in seinen früheren Arbeiten nur diese Bezeichnung gebraucht. Dennoch kann ich die Leydig’sche Vergleichung nicht als eine verfehlte an- sehen, wie andere Autoren es wollen, denn ich kann in der Cuticularbildung, als einer von einer Zelle oder von einem Stratum von Zellen ausgehenden Ausschei- dung einer sich über oder um die Zelle lagernden Substanz, durch welche eine die Zelle mehr oder minder vollständig einschliessende Umhüllungsmembran gesetzt wird, durchaus nichts wesentlich Verschiedenes von jenen Vorgängen erkennen, wie sie nur bei der Formation der Bindesubstanzen bekannt sind. Ob eine Zelle nur an einem kleinen Theile ihrer Oberfläche (etwa an dem, der gegen eine Höhle des Körpers gerichtet ist, oder der die Oberfläche des Körpers mit bilden hilft), oder an ‘einem grösseren, auch da wo sie an Nachbarzellen grenzt, oder endlich voll- ständig in ihrem ganzen Umfange secundäre Umhüllungsmembranen setzt, diess alles beruht nur auf einer bloss quantitativen Verschiedenheit des Vorganges, die allein wohl nicht zu einer Trennung, zu einem Auseinanderhalten berechtigen kann, wo es sich um die Auffassung und Vergleichung grösserer Erscheinungsreihen handelt. — 3 — Von einem solchen Gesichtspuncte aus dürfte wohl die Vergleichung zulässig sein, sowie auch noch die Beziehung der gröberen Porencanäle zu den chitinisirten Schichten einen weiteren Anhaltspunet bietet. Doch darf ich, die physiologische Vergleichung zugebend, Zeydig nicht beitreten, wenn er in der Integumentbildung ein völliges Aequivalent des Bindegewebes erkennen will, und dem entsprechend die Porencanäle, grössere und feinere, als das Homologe von Bindegewebskörper- chen ansieht. Dem steht für die grösseren Porencanäle der Umstand entgegen, dass sich nie Zellen, sondern nur die Fortsätze von Zellen darin finden (wie diess auch Haeckel in Müllers Archiv 1857 hervorhebt), sowie bezüglich der feineren Canäle die mangelnde Betheiligung jeder Zellenbildung der fraglichen Anschauung hin- dernd ist. Mit Hinblick auf diese morphologischen Differenzen muss ich die frü- here Leydigsche Auffassung der späteren vorziehen, wie denn auch Haeckel und Köllker sich in ihren dahin gehenden Arbeiten bereits in gleicher Richtung ausge- sprochen haben. — Vom Bindegewebe und Knorpel. Während von den verschiedenen Formen, unter denen das Bindegewebe im Thierreiche auftritt, jene, welche aus einer faserig zerfallenen Intercellularsubstanz und spindelförmig verlängerten, oder verästelten Zellen gebildet ist, unter den Ar- thropoden vielleicht am seltensten vorkommt, — denn es ist, ungeachtet vieler über Arthropoden - Histologie vorliegenden Untersuchungen, eine hier zunächst sich anschliessende Form bis jetzt nur beim Flusskrebse (durch Haeckel ]. ce. p. 497 fi.) be- schrieben worden, — so ist gerade diese Form bei Limulus die verbreitetste, und hier in einem Massstabe ausgebildet, dass man nur etwa ein Wirbelthier dem zur Seite stellen kann. Sie bildet das weiche Gerüste des Körpers, in welches die Or- gane sich einbetten, und zeichnet, Canäle formirend, dem Blute seine bestimmten Bahnen vor. Je nach dem Verhalten der Intercellularsubstanz und der zelligen Elemente ergeben sich mehrere aber keineswegs scharf begrenzte Nüancirungen. Es sind folgende: a) Bindegewebe mit fast homogener, oder nur streifiger Intercel- lularsubstanz, und so an das Gallertgewebe erinnernd, ist am wenigsten ver- breitet zu beobachten gewesen. Gefunden wurde es an der Basis der Kiemen, in der Nähe dort befindlicher innerer Fortsätze des Chitinskelets, dann in der Um- gebung des Magens, hier vielfach in anderes übergehend. Die zelligen Elemente Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 32 sind sternförmig, ihre Ausläufer wenig verästelt. Auf Durchschnitten erscheinen sie oft als blosse Lücken der Grundsubstanz. Kerne und einige (fettartige?) Körnchen sind immer darin zu finden gewesen. Hieran reiht sich eine Form an, deren homogene Grundsubstanz zahlreiche, netzartig verschlungene, äusserst feine Fasern (den sogenannten Kernfasern ähn- liche) aufweist, die aber in ein anderes Gewebe continuirlich verfolgt werden kann. b) Bindegewebe mit einer in Faserbündel zerfallenen Intercellularsub- stanz; die Fasern sind von verschiedener Stärke, erscheinen wellig, lockiggeschwun- gen, gleich den Fasern des sogenannten netzförmigen Bindegewebes der Wirbel- thiere, durchflechten sich aber nicht. Säuren machen die Fasern aufquellen, man- che leichter, sehr rasch, manche wiederum schwerer. Zellen sind hier nicht ganz leicht aufzufinden. Mit Kernen besetzte Lücken dagegen sind auf feinen Schnitten immer zu entdecken gewesen (Fig. 7). Diese Form ist die häufigste. Sie bildet auch an manchen Körperstellen derbe, sehnige Bänder, die mit den Sehnen der Wirbelthiere die ganze äussere Be- schaffenheit theilen. Die Richtung der Fasern ist dann parallel mit dem Verlauf der Ligamente, die Bindegewebskörperchen sind spindelförmig, mit elliptischen oder stäbehenförmigen Kernen versehen, an deren Enden bei Behandlung mit Essigsäure Reihen von feinen Körnchen sichtbar werden. c) Intercellularsubstanz in der Umwandlung in elastisches Gewebe. Sub b) wurde schon der schwererern Löslichkeit in Säuren gedacht. Diese Eigenschaft besitzt die Grundsubstanz an sehr vielen Orten, und geht in die eben erwähnte über, indem wirkliche elastische Beschaffenheit noch dazu tritt. Diese Form zerfällt bei der Präparation entweder in eine Menge verschieden dicker, das Licht sehr stark refleetirender Fasern, die unter einander mehrfach zu- sammenhängen, und sich formell ganz ähnlich verhalten wie das elastische Netz- gewebe der höheren Thiere. Sie unterscheiden sich aber davon besonders durch ihr Verhalten gegen Reagentien, denen sie viel geringeren Widerstand entgegen- setzen. So quellen sie in Essigsäuren wenig, in Alkalien merklicher auf, ohne eben dabei ihre lichtbrechende Eigenschaft einzubüssen. Ich betrachte desshalb diese Form als ein Vermittlungsglied zwischen den ausgebildeten elastischen Gewe- ben der Wirbelthiere und der Grundsubstanz des Bindegewebes, als eine Form, die sich am besten jungem elastischen Gewebe der höheren Thiere anreihen lässt, — Die zwischenliegende eigentliche Bindesubstanz ist nur sehr gering. Zellen sind — 37 — ohne Behandlung durchaus nicht wahrzunehmen, und mit Essigsäurezusatz erkennt . man nur Kerne als stabförmige, häufig gebogene, zusammengekrümmte Gebilde in paralleler Richtung mit den Fasern. Es hat den Anschein, als ob bei dieser Ge- websform die ganze Zelle in der Grundsubstanz aufgegangen sei, wie solches von Haeckel (l. e.) für das Bindegewebe des Flusskrebses wahrscheinlich gemacht hat. — Das Vorkommen dieses elastischen Gewebes ist über die verschiedensten Körper- theile verbreitet, es bildet namentlich die Bänder zwischen Herz und Pericardium, und setzt einen grossen Theil des letzteren zusammen. Eine höhere Entwicklungsstufe erlangt das elastische Gewebe in der Umhül- lung des Nervenschlundringes, der, beiläufig bemerkt, dem grösseren Theile nach aus der hier sehr starken Hülle besteht, gegen welche das Volumen der einge- schlossenen Nervenmasse auffallend zurücktritt. Die Hülle des Schlundringes (auch die einiger grösserer Nervenstämme), besteht aus zahlreichen blättrigen Schichten, die eine gewisse Festigkeit besitzen, und sich makroskopisch wie die Wandung einer mittelstarken Arterie verhalten. Man kann diese Schichten wieder in zahl- reiche feinere Lamellen spalten, die dann unter dem Mikroskope stark licht- brechende, netzförmig durchbrochene (den gefensterten Häuten ähnlich), oder in vielfach anastomosirende Fasermassen aufgelöste Membranen vorstellen. Manche dieser Fasern, die man aus einer durchaus homogenen Substanz bestehen sieht, zer- fallen plötzlich an einer Stelle in viele Fibrillen, die theils zu benachbarten Fa- sern treten, theils sich zu einem breiten, platten Bande vereinigen können. Wirk- liches Bindegewebe kommt nur sehr spärlich zwischen den Lamellen vor. Das Ver- halten des letzteren zu Reagentien nähert sich mehr dem bei Wirbelthieren bekann- ten; durch Essigsäure werden aber auch hier Kerne sichtbar, so dass ich über die Entstehung dieses Gewebes das Gleiche wie bei der vorhin erwähnten Form an- nehmen muss. Knorpelgewebe ist bis jetzt unter den Arthropoden gänzlich vermisst, unter den Würmern bekanntlich nur bei Capitibranchiaten aufgefunden worden, wo es Quatrefages zuerst als eine Art von Kiemenskelet darstellend erkannte, ohne die- sem Gewebe seine eigentliche Bedeutung zuzutheilen. Solches ist erst durch Leydig geschehen (Histologie p. 164), der diese Bildung den anderen Skeletgebilden der Wirbellosen anreiht. Neuerdings sind dann diese Verhältnisse, bei Sabella unispira, von Kölliker zum Gegenstande einer ausführlicheren Arbeit (l.e. p. 113) gemacht worden, in der auch alle früheren Beobachtungen zusammengestellt sind. Alle diese Knorpelgebilde der Würmer bestehen aus einfach an einander gereihten Zel- 32* — 2333 — len, von denen jede mit einer besonderen Verdiekungsschicht umgeben ist, welche die Intercellularsubstanz repräsentirt. Die bei Limulus aufgefundenen Knorpelbildungen bieten etwas andere Ver- hältnisse dar. Bezüglich des Vorkommens derselben bemerke ich, dass die oben einmal erwähnten inneren Fortsätze des Chitinskelets, die zwei vom Rücken des Abdomens hereinragende starke Leisten bilden, sich durch Bindegewebe mit py- ramidalen Fortsätzen des Abdominalinteguments der Bauchfläche im Verbindung setzen, und zwar findet sich je einer der letzteren Fortsätze in der Basis einer Kie- me, und ein Paar derselben entspricht somit einem Abdominalsegmente. Inner- halb der Bindegewebsmassen, welche von dem Rücken nach dem Bauche ziehen, von den Leisten zu den Pyramiden gehen, liegen die Knorpelstücken, so dass für jedes Segment deren zwei vorhanden sind. Die vielfältigen Muskelursprünge, sowie die gar nicht einfachen Sculpturverhältnisse der inneren Fortsätze, welche ersteren als Ansatzstellen „Aenen, machen die Topographie dieser Gegend etwas schwierig, und ich bemerke ausdrücklich, dass ich nur im Allgemeinen die Localität des Knorpelvorkommens mit Obigem angedeutet haben will. Jedes der fraglichen Knorpelstückchen ist allseitig von weicherer Bindesub- stanz umgeben, somit beweglich, und nur dadurch, dass es mit einer grösseren Fläche an eine Seite des pyramidalen Fortsatzes des Bauch-Integumentes anlagert, ist eine grössere Beweglichkeit aufgehoben. Die Form der Stückchen ist schwer anzugeben, da an der Peripherie ein continuirlicher Uebergang in Bindegewebe vorhanden ist. Der Durchmesser beträgt etwas über 2’. Schon äusserlich fühlen sich diese Parthien fester an; auf Durchschnitten bestehen sie aus einer weichli- chen, bläulich schimmernden Substanz, die man schon mit dem blossen Auge für Knorpel erklären möchte, in Weingeist aufbewahrte werden gelblich und erscheinen im Uentrum in eine krümliche Masse zerfallen. Das Mikroskop lehrt über die Structur dieser Gewebtheile Folgendes: Präpa- rate aus der Mitte entnommen stellen sich bei geringer Vergrösserung (bis 150) als ein Trabekelsystem dar, welches von leicht gelblicher Färbung und starkem Lichtbrechungsvermögen erscheint, das viele verschieden grosse Hohlräume ein- schliesst, die alle von Zellen ausgefüllt werden. Die Anwendung stärkerer Ver- grösserung giebt genaueren Aufschluss: Man sieht nun 0,010 —0,065 ' grosse, ovale oder rundliche Kapseln mit beträchtlich verdickten Wandungen so an einan- der gelagert, dass sie sich gegenseitig in den verschiedensten Verhältnissen com- primiren, manchmal auch polygonal abflachen. Diese Kapseln berühren sich jedoch — 239 — niemals mit ihrer ganzen Oberfläche, so dass da wo drei oder mehr derselben an einem Orte zusammen stossen, noch kleine Räume dazwischen übrig bleiben, die je nach der Zahl der zusammentreffenden Kapseln 3-, 4- oder 5eckig auf dem Durchschnitte sind. Die Dicke der Kapselwände steht mit der Grösse in gleichem Verhältnisse. Alle die grösseren Kapseln 'sind durch Scheidewände in secundäre Räume getheilt, die wiederum durch besondere Wandungen, denen der äusseren Kapsel ähnlich, von einander sich abgrenzen. Sowohl die Wandungen der grösseren Kap- seln als ihre Scheidewände lassen auf Querschnitten eine deutliche Schichtung wahrnehmen, aus der man, im Zusammenhalt mit der Anordnung der Zellen ber- genden Hohlräume innerhalb der grösseren Kapseln (Fig. 1 a) schliessen kann, dass hier ein sehr intensiver Zellentheilungsprocess sich mit der Bildung von Umhül- lungsmembranen als secundären Ausscheidungen ‚combinirt. Jeder der grossen Kapseln ging eine sie ausfüllende Zelle voraus, die durch Abscheidung die äusser- sten Schichten der Kapselwand setzte; eine erfolgte Theilung der Zelle in zwei oder vier, gleich oder ungleich grosse Zellen gab dann zur Entstehung der Schei- dewände den Anstoss, die sich auf gleiche Weise bildeten (Fig. 1 b) wie die äusse- ren Schichten der ersten Kapsel, und so schritt der Process weiter, bis die ursprüng- lich einfache Zelle in eine grosse Anzahl von Tochterzellen zerfallen war, welche die letzten, kleineren Hohlräume erfüllen, und durch ausgeschiedene Scheidewände von einander getrennt sind. Ein Schema dieses Vorganges habe ich auf der bei- gegebenen Tafel in Fig. 2 dargestellt, und durch sie lassen sich dann die Bildun- gen, wie sie in Fig. 1 nach der Natur dargestellt sind, leicht verstehen. Nach aussen hin, d. h. gegen die Bindegewebsbegrenzung, werden die Kapseln kleiner, enthalten weniger secundäre Hohlräume, bis ganz an der Grenze die Schichtenbil- dung der Kapselwände erlischt, und nur noch eine homogene, höchstens fein körnige Intercellularsubstanz auftritt, die continuirlich in die Grundsubstanz des Bindegewebes übergeht. In der Grenzschicht ist die genetische Zusammengehörigkeit der einzelnen eingestreuten Zellen nur durch die nähere Aneinanderlagerung einiger oder meh- rerer derselben ausgedrückt. Ausser dieser „Gruppirung“ erkennt man die gleiche Genese auch noch dadurch, dass die correspondirenden Flächen von 2 oder 4 Zel- len resp. Hohlräumen weniger oder gar nicht gewölbt sind. Die Faserung des Bindegewebes erstreckt sich an manchen Stellen in die Intercellularsubstanz des anderen als Knorpel angeführten Gewebes herein. — u _— Die centraler gelegenen, grossen, primären Kapseln scheinen nicht sehr innig mit einander verbunden zu sein; an Weingeistpräparaten sind sie sehr gelockert, liegen auch wohl isolirt, und bedingen die krümliche Beschaffenheit der Knorpel- mitte. Mit dem Homogenerwerden der Intercellularsubstanz, da, wo die schich- tenförmige Ablagerung um die secundären, tertiären u. s. w. Zellen aufhört, gewinnt das Gewebe an Resistenz. Zwischen beiden Zuständen sind alle Uebergangsformen zu beobachten gewesen. Was die Zellen angeht, so sind diese nur an frischen Präparaten sichtbar gewesen. Ihre Membran ist äusserst hinfällig, und kommt hierdurch sehr mit dem „Primordialschlauch“ d. i. der Membran der pflanzlichen Zelle überein. Der Inhalt ist weich, und fast flüssig zu nennen, daher die geringste Verletzung bei Durch- schnitten ete. sogleich die Zelle zerstört. Der Kern wurde immer beobachtet, häu- fig bisquitförmig, in der Theilung; sonst oval. Er liegt central. . Der Bau dieses Gewebes, und vorzüglich sein unzweifelhafter Uebergang in Bindegewebe, in welches nicht allein die Intercellularsubstanz, sondern auch die zelligen Elemente als Bindegewebszellen ohne scharfe Grenze verfolgt werden kön- nen, berechtigt mich, wie ich glaube, es dem „Knorpelgewebe“ als eine Unter- abtheilung der Bindesubstanzen beizählen zu dürfen. Die in Form von Kapseln sich darstellenden Ablagerungen um die verschiedenen Zellengenerationen, deren frühere Zustände durch sie ausgedrückt sind, sind völlig analog den „Knorpel- kapseln“, wie sie längst von Wirbelthieren bekannt sind. Das chemische Verhalten der Knorpelkapseln, denn so dürfen wohl nach dem eben Gesagten jene Schichten- Systeme bezeichnet werden, ist etwas verschie- den von jenem der Knorpelkapseln der höheren Thiere; sie lösen sich nämlich we- der in schwachen Säuren, Essigsäure und verdünnter Schwefelsäure, vollständig auf, noch zeigen sie bei Behandlung mit kaustischen Alkalien eine Veränderung, selbst nieht bei längerer, tagelang fortgesetzter Behandlung mit diesen Reagentien. — Unverdünnte Schwefelsäure, sowie Salpetersäure lösen sie dagegen theilweise, woraus sich ein ähnliches Verhalten wie bei Chitin ergiebt. Die Lösung ist jedoch auch hier keine vollständige zu nennen, denn nach langer Behandlung bleibt immer noch ein zartes Gerüste, welches die Form der Kapseln andeutet, übrig, so dass hier vielleicht ein chemischer Körper vorliegt, der sich in die ohnediess schon verwandte Reihe der Chitin- und Chondrinbildungen einfügt. Auch in den Kiemenblättehen kommt eine ähnliche Knornelbildung vor. Es werden nämlich beide Wände eines Blättchens durch zahlreiche feste Brücken unter — 2411 — einander verbunden, welche alle aus einer homogenen Grundsubstanz bestehen, und eine Anzahl von Höhlen umschliessen, in welchen Zellen eingebettet sind (Fig. 3). — Die Intercellularsubstanz geht unmittelbar in die Cuticularschicht über, welche die Kiemenlamelle überzieht. Von den Nerven. In die allgemeine Anordnung des Nervensystems, soweit sie an meinem Exemplar untersucht werden konnte, kann ich nur vander Hoeven’s (Recherches sur [histoire naturelle et Yanatomie des Limules. Leyde 1838.) Angaben bestätigen. Bezüglich des feineren Baues soll die schon oben angeführte dicke Umhül- lung des Schlundringes erwähnt werden, derzufolge der eigentliche Nerventheil des Schlundringes relativ klein erscheint. Auch die peripherischen Nerven sind sämmt- lich von einer dieken Hülle umgeben, die sogar noch makroskopisch erkennbar ist, Die Elemente der peripherischen Nerven sind schöne, wohl von einander ge- sonderte und durch Präparation leicht isolirbare Fasern. Ihre Breite beträgt 0,0056 '"— 0,0080. Jede derselben besteht aus einer zwar zarten aber doch stets darstellbaren Hülle oder Scheide, die einen homogenen, hier und da moleeulär ge- trübten Strang umschliesst. Durch Druck wird der Inhalt leicht zum offenen Ende der Scheiden ausgetrieben, und letztere collabiren dann zu streifigen oder faltigen Gebilden. Kerne von länglicher Gestalt (0,007 lang) besetzen in regelmässigen Abständen die Scheide. Theilungen der Fasern habe ich nur in der Ausbreitung eines Nerven an einem Fussmuskel gesehen, nur etwa 2—3 mal; im Verlauf einer Faser sind sie mir niemals vorgekommen; auch vermisste ich Einlagerung von Ganglienzellen, auf welche Verhältnisse ich den ganzen Verlauf zweier sehr langer Nervenstämmehen im frischen Zustande geprüft habe, so dass ich die Ueberein- stimmung der Primitivfasern des Nervensystems der Pöcilopoden mit jenen der um vieles höher stehenden Decapoden einstweilen als die einzige sichere Thatsache hin- stellen muss. — Von den Kreislaufsorganen. Die mehrerwähnte treffliche Monographie vander Hoeven’s hat uns mit dem Herzen und mehrern Arterienstäimmen des Limulus bekannt gemacht, allein die Verhältnisse der übrigen Blutbahnen sind nieht erörtert, und auch die Art der Cir- ceulation ist mehr vermuthungsweise ausgesprochen worden, so dass in dieser Or- gansphäre noch mehreres zu ermitteln oder festzustellen galt. . — 212 7 — Ueber Form und Bau des Herzens habe ich nichts beizufügen. Es liegt in einem grossen, bis an den Ursprung der vorn und hinten von ihm abgehenden un- paaren Arterien reichenden Sinus eingeschlossen, der der Ausgangspunct meiner Untersuchungen, bezüglich der Circulation, geworden ist. Obgleich einzelne Theile dieses Sinus, anderer Präparationen wegen, nicht gut zu erhalten waren, so war doch Folgendes zu constatiren: a) Die Innenfläche des Sinus ist glatt, auch an jenen Stellen, wo einzelne Organtheile (z. B. Ovarialschläuche) sich buchtig eindrängen, so. dass Eine Mem- bran den ganzen Blutbehälter auszukleiden scheint. Diese Membran ist an vielen Stellen anatomisch darstellbar, sie überbrückt die umliegenden Organe, und füllt die zwischen denselben bestehenden Lücken. b) Seitlich im Boden des Blutbehälters liegen mehrere Oeffnungen (ich habe ‚deren mit Bestimmtheit nur zwei auf jeder Seite erkannt), die jedoch ziemlich ver- steckt angebracht sind, indem sich von vorn her schräg über sie eine Duplicatur der Sinuswand ausspannt; der Zugang zu den Oeffnungen ist daher am besten von hinten zu suchen. Die Oeffnungen führen in Canäle. Ein jeder derselben steigt nach unten und aussen; sein Verlauf adaptirt sich aber vielfach der Lagerung der übrigen Organe, namentlich der Ovarialschläuche, so dass er bald enger bald wei- ter erscheint, und nach den verschiedensten Seiten hin ausbiegt. c) Die Wandung dieser Canäle ist die Fortsetzung der glatten Wand des Pericardialsinus, sie hängt aber auch, innig verbunden, vielfach mit jenen Theilen zusammen, an denen sie vorüberzieht. Die Wandung: ist anatomisch darstellbar, so dass der Canal nicht als eine blosse Lücke zwischen den Organen erscheint. Will man ihn aber als einen in die „Gewebe“ eingegrabenen Hohlraum auffassen, so habe ich nichts dagegen einzuwenden. d) Die Canäle gehen an die benachbarte Kiemenbasis. Der eine hintere, des- sen Verlauf ich genau verfolgt zu haben glaube, theilt sich unterwegs (am untern Drittel seines Verlaufs) in zwei fast gleich starke Aeste, einer an die letzte, der an- dere an die vorletzte Kieme tretend. In dieselben beiden Kiemen der andern Seite konnte auch vom entsprechenden Canale aus Luft eingeblasen werden. e) Der Eintritt des Astes in die Kiemen ist an der vorderen oberen Seite; er läuft hier, immer enger werdend, an der Basis der einzelnen zahlreichen Blättchen hin, deren Binnenräume mit entsprechenden Oeffnungen in ihn einmünden. f) Diese Canäle dürften somit als Aequivalente von Kiemenvenen zu be- trachten sein. — 243 — Wie sich die vorderen Canäle verhalten, ob sie die drei vorderen Kiemen- paare versorgen, oder ob ausser ihnen noch ein Paar existirt, ist mir unbekannt geblieben. Das aber muss ich behaupten, dass von den Kiemen zum Herzen (oder zum Pericardialsinus) ein völlig geschlossener Weg führt. Der Verlauf der arteriellen Gefässe ist noch schwieriger zu erforschen, da die beiden seitlich vom Herzen entspringenden nur eine kurze Strecke weit, nach- dem sie durch die Pericardialwand hindurchgetreten sind, mit diekeren Wandun- gen erscheinen, alsdann aber zu dem umliegenden Gewebe sich ebenso verhalten, wie diess von den Kiemenvenen berichtet ward. Länger selbstständig bleiben die beiden unpaaren, vorn und hinten vom Herzen entspringenden Stämme, von denen der erstere noch 3'' weit als eine diekwandige, dicht auf dem Rücken verlaufende Röhre zu verfolgen war, von der zwei Paar seitliche Aeste nahebei rechtwinklig sich abzweigten. Das fernere Verhalten der arteriellen Blutbahn ist mir an vielen Körperstel- len klar geworden. Die Wände der Arterien gehen nämlich ohne bestimmte Grenze in die Wandungen von canalartigen Hohlräumen über, die unter einander vielfach anastomosiren. Es stellen diese zwischen die Organe eingegrabenen Oanäle ein Capillarsystem vor, obgleich sie durch die meist nicht unbeträchtliche Weite ihres Lumens sowie durch die Verschiedenheit in der Structur der Wandungen von den Haargefässen im engeren Sinne abweichen. Aus diesem Gefässnetze sammeln sich grössere Stämme oder vielmehr Hohl- räume, welche an der Bauchfläche, zwischen den Kiemen, in einem grösseren Si- nus zusammenfliesen.Y Die Wandungen derselben sind weit weniger bestimmt abge- grenzt, als die des Pericardialsinus, ja sein Lumen wird sogar vielfach von Mus- keln durchzogen. Alle seine Begrenzungen sind jedoch von Bindesubstanz überklei- det, so dass nur die letztere es ist, welche die Wandung vorstellt, und auch dieser Blutbehälter als ein in die Bindesubstanz des Körpers eingegrabener Hohlraum an- gesehen werden kann. Die Ausdehnung des Bauchsinus erstreckt sich längs der Kiemen, vorn sogar noch über dieselben hinaus. An beiden Seiten öffnet er sich in die fünf Kiemenpaare, so zwar, dass die Basis jedes Kiemenblättchens durch eine lange Spalte mit dem benannten Blutbehälter in Verbindung steht. Während so das Blut durch eine grössere Oeffnung in ein Kiemenblättchen tritt, wird es durch eine sehr kleine Oeffnung in die Kiemenvene abgeführt, und eben dadurch wohl em längeres Verweilen in den Kiemen befördert. — Durch den Bauchsinus stehen auch sämmtliche Kiemen mit einander in Verbindnng, und dar- Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. R 33 — u — auf muss auch die Angabe van der Hoeven's bezogen werden, dass durch Einblasen von Luft in ein Kiemenblättehen nicht nur die übrigen Blättchen derselben Kieme, sondern auch die anderer Kiemen und ein Abdomimalhohlraum gefüllt werden konnten. Auch in den Kiemenlamellen fehlen besondere Gefässe. Der zwischen den beiden Duplicaturen der Wandung der Blättchen eingeschlossene Raum ist von zahlreichen aber weit von einander abstehenden Pfeilern durchzogen, welche die beiderseitigen Flächen unter einander verbinden, und nicht minder ein Zusammenfallen der Kiemen verhindern, so dass sie mich dadurch an ähnliche Bildungen im Cephalothorax von Phyllosoma erinnerten. In diesem zwischen den Pfeilern übrig bleibenden, weiten Raume, der an beiden Flächen nur von einem das Cuticularintegument absondernden Platten-Epithel begrenzt wird, findet das Blut seine Bahn, ohne dass irgend welche Canäle darin abgegrenzt wären. — Histiologisches. Das Herz besitzt äusserlich eine diinne Bindegewebs- schicht, dann folgt ein wenig entwickeltes muskulöses Längsfaserstratum, zuletzt dann nach Innen die beträchtlich dünne Ringfaserschicht. Das Bindegewebe besitzt eine grösstentheils homogene Intercellularsubstanz, nur an manchen Stellen wenige Fibrillen, so dass es an manchen Orten wie eine „Glashaut“ erscheint. Verdickungen dieser Schicht sind an den venösen Ostien vorhanden, wo es einen sehr festen, fast knorpelharten Rand bilde. Auch die Klappen daran werden von ihm hergestellt. Es sind diese nach Innen vorsprin- gende halbmondtörmige Falten, die nach hinten zu über die Oeffnung hinwegragen. Die Muskelelemente, sowohl der longitudinalen als der circulären Schicht, sind überall ziemlich gleichartig. An der letzteren springen sie in zahlreichen Bün- deln trabekelartig ins Innere vor; die Länge einer Faser ist sehr beträchtlich und bis zu 0,8 sind sie nicht schwer zu isoliren. Die Breite beträgt 0,024” —0,030, Sie besitzen eine dünne Hülle, die von Stelle zu Stelle einen elliptischen Kern ein- gelagert zeigt, und sind im übrigen von fast homogener Beschaffenheit, im frischen Zustande ohne Tendenz zur Fibrillenbildung, welche letztere erst in Weingeist durch eine feine Längsstreifung sichtbar wird. Eigenthümlich verhält sich die Querstrei- fung. Diese läuft nicht gleichmässig über und um die ganze Faser, sondern ist nur in weiten Abständen sichtbar. Von Stelle zu Stelle sind 2—3, selten 4, ziem- lich seichte Querfurchen ersichtlich, die nahe bei einander stehen, und meist nur 1, bis die Hälfte der Circumferenz umfassen. Erst in Weingeist zeichnen sich diese Dr nn Zu | — 2315 — Querstreifen schärfer ab. — Ein endocardiales Epithel habe ich nicht aufzufinden vermocht. Die vom Herzen zur Wandung des Pericardialsinus verlaufenden Fasern, welche van der Hoeven den Flügelmuskeln des Insektenherzens vergleicht, enthalten durchaus keine muskulösen Elemente. Es sind verästelte, oft auch plattenför- mig gefaltete Fasern, die von einem aufs Pericard sich fortsetzenden Plattenepithel überkleidet sind, und die ganz in jene Gewebsabtheilung fallen, die ich oben als elastisches Gewebe beschrieben habe. Damit stimmt denn auch vielmehr ihre physiologische Bedeutung überein. Die Wandung des Pericardialsinus besteht vor- züglich aus Bindegewebe; dazwischen finden sich aber auch quergestreifte Muskel- fasern, die sich, seitlich und am Boden wenigstens, zu einem besondern Stratum vereinigen. Ein Plattenepithel bekleidet die Innenfläche. Bezüglich der Fortsetzung desselben in die Kiemenvenen kann ich keine sichere Angabe machen, da ich darüber am frischen Thiere keine Untersuchung anstellen konnte. Dagegen muss ich das Vorkommen von Epithelien in den übrigen Gefüssen sowie gefässartigen Räumen in bestimmte Abrede stellen. — Die Anordnung des Uirculationsapparates der ‚Pöcilopoden bildet nach dem oben Auseinandergesetzten ein wichtiges Mittelglied im der Reihe der Getässapparate der Crustaceen, und ich glaube sie unmittelbar zwischen jene Form stellen zu müssen, wie sie bei Astacus und wohl allen höheren Decapoden besteht, und jene, wie ich sie an einem andern Orte (Mäller's Archiv 1858.) von Phyllosomen beschrie- ben habe. Die Eigenthümlichkeit besteht vorzüglich darin, dass die venösen Blut- ströme — überhaupt alle aus den Arterien kommenden — nicht mehr einfach den Körperhohlraum durchlaufen, neben einander, sich vereinigend oder trennend, wie es gerade die anatomische Anordnung der bespülten Organe bedingt, vielmehr dass jegliche Strombahn einen für sich abgegrenzten, weil in einem umwandeten Raume stattfindenden, Verlauf besitzt. " Eine solche Einrichtung wird bei Limulus durch die reiche Entfaltung des Bindegewebes bedingt, welches alle Organe umhüllt, und sich vielfach zwischen sie einlagert. Eben dadurch wird der Raum, der sonst als Leibesraum bestände und einen grossen Blutraum vorstellen würde, wie bei den Insekten und vielen niederen Krustenthieren, in vielfältige engere, unter einander endlich communicirende Hohlräume geschieden, die als ebensoviele selbstständige Canäle auftreten, und dadurch nicht mehr blosse physiologische Aequivalente von Gefässen sind, sondern auch anatomisch der Gefässbildung enger sich anschliessen. Gehen wir nun einen Schritt weiter, und lassen wir die das Capillaren- und 33 * MB — Venensystem ersetzenden Canäle oder Lacunen enger, ihr Netzwerk reicher werden, lassen wir die Wandungen dieses Capillarnetzes oder der Venenräume selbstständi- ger uftreten, in histiologischer Beziehung von den benachbarten Bindesubstanzmas- sen strenger differenzirt, so erhalten wir ein vollkommen ausgebildetes, geschlosse- nes System der Kreislauforgane. Andererseits kann aber auch von demselben Ausgangspuncte aus die Brücke geschlagen werden über jene Kluft, die zwischen dem Kreislaufe in geschlossenen Gefässen und jenem in weiten Hohlräumen des Körpers besteht. Eine geringere Massenentfaltung der Bindesubstanzen wird die, den verschiedenen Organen sich adaptirenden Blutcanäle ausdehnen, zu weiten Sinussen umbilden, und endlich in dem grossen Binnenraume des Körpers aufgehen lassen, in welchem vielmehr die Organe das Blut aufsuchen, als das Blut die Organe. — Es mag von einem solchen Gesichtspuncte aus wohl gerechtfertigt erschei- nen, die Anlage aller Circulationsorgansysteme der Arthropoden als nach einem ge- meinsamen Plane gebildet, zu erkennen, und jenen Standpunct zu verlassen, der zwischen einem geschlossenen Gefässsysteme und einem völlig lacunären, wo das Dorsalgefäss den einzigen Apparat bildet, eine typische Verschiedenheit statuiren möchte. Auch die für die übrigen grossen Thiergruppen aufgefundenen Thatsachen drängen mächtig zur Erkenntniss der zu Grunde liegenden Einheitsidee im Kreis- laufapparate, von welchem bisher viel zu einseitig nur die Ausgangs- und Endfor- men beachtet worden sind. — Von den Geschlechtsorganen. Der ganze weibliche Geschlechtsapparat füllt bei weitem den grössten Theil der Leibeshöhle) dergestalt aus, dass die überall sich einschiebende Verästelung der Leber fast nur wie spärliches Zwischengewebe sich ausnimmt, welcher erstaunlichen Entwickelung von Eiern auch van der Hoeven gedenkt. Im Ganzen betrachtet bestehen die Ovarien aus einer Unzahl von Schläu- chen des verschiedensten Calibers (die feinsten von einem Durchmesser von 1“, die stärksten von \,), die sich vielfach durch einander flechten, und von denen die stärkeren unter mannichfachen Windungen mit einander anastomosiren. Diese letzte- ren formiren somit eine Art von Netzwerk, dessen Maschenräume von den Biegungen der Schläuche selbst zum grössten Theile ausgefüllt werden, so dass na- mentlich gegen die Mitte des Öephalothorax zu, für die Leberverästelungen nur — 4 — wenig Raum übrig bleibt. Die Windungen der grösseren Schläuche bilden zuweilen Divertikel, die in höherem Grade wieder in Verästelungen übergehen. Zwischen dem Ovarialgeflechte jeder Seite bestehen (was von van der Hoeven nicht erwähnt wird) starke Anastomosen, die jedoch nur an einer Stelle vorkom- men, so dass vor und nach dieser beide Hälften getrennt sind, wenn auch die Schläuche der einen Seite sich mehrfach auf die andere begeben. Durch diese Verbindung beider Ovarialhälften reiht sich Limulus an viele andere Krustenthiere an, wo gleichfalls ein unpaarer Abschnitt der inneren Genitalorgane vorhanden ist. Durch das Zusammentreten von 3 grossen Röhren etwas hinter der Mitte des Oephalothorax entstehen jederseits die Wurzeln für die Eileiter, die von hier aus in schwachem Bogen nach unten und hinten verlaufen, um an der von van der Hoeveu beschriebenen Stelle auszuminden. Die Vertheilung, der Verlauf und die Anastomosenbildung der Eiröhren las- sen durchaus keine strenge Symmetrie zwischen beiden Körperhälften wahrnehmen, und solche erscheint erst bei den Eileitern. Reife Eier waren sowohl in den beiden Oviducten, als auch in den grösse- ren und mittleren Eiröhren vorhanden, wo sie sich polygonal gegen einander press- ten, während sie nach aussen zu die Wandung der Eiröhre hervordrängten. Diese Wandungen sind von beträchtlicher Zartheit, selbst noch an den Röhren grösseren Calibers, so dass sie äusserst leicht einreissen und den Inhalt hervortreten lassen. Diess Verhältniss nimmt besonders zu an den mittleren Röhren, deren Wände noch dazu innig mit dem Gewebe der Leber verbunden sind, |so dass es oftmals nur durch Berücksichtigung des Inhaltes — der Eier nämlich — möglich wird, die Züge und Verbindungen der Ovarialröhren auf grössere Strecken zu verfolgen. Für den feineren Bau ist Folgendes zu bemerken: a) Aeusserlich findet sich an den Eiröhren ein starkes Stratum von Binde- substanz, deren schon oben mehrfach gedacht ist. Daran schliesst sich nach In- nen zu b) eine Muskelschicht, aus mannichfach sich durchkreuzenden quergestreiften Fasern zusammengesetzt, am stärksten an den dicken Röhren, gegen die feinsten zu sich verlierend. Die Querstreifung ist sehr verschiedengradig; manchmal ist eine Faser zu beobachten, die an einer Stelle diehte Querstreifen zeigt, dann gegen die Enden zu völlig platt wird. Auch die Dicke der Fasern wechselt; stärkere lösen sich nach und nach in feinere auf, verästeln sich oder anastomosiren mit — an — anderen, so dass man es hier mit vielen Modificationen derselben Gewebselemente zu thun hat. c) Innen sieht man an den grösseren Eiröhren auf einer ganz dünnen Lage von Bindegewebe (?), welches zuweilen sich fast structurlos zeigt, ein einfaches Epithelium aufgelagert, welches von platten, sehr leicht vergänglichen Zellen dar- gestellt wird, und zu innerst ein homogenes, sehr resistentes Häutchen, eine Outi- eula, trägt. An den Röhren des feinsten Calibers bildet das genannte Epithel eine mehr- fache, und desshalb viel diekere Zellenlage, in der die innersten Zellen zugleich die grösseren sind. Es sind diese nicht mehr plattenförmig, sondern rundlich, oder durch gegenseitigen Druck polyedrisch gestaltet. Einzelne der innersten Zellen sind durch ihre Grösse gegen die übrigen auffallend, sie ragen hügelig ins Lumen des Ovarialschlauches hinein, und stülpen die Cuticula vor sich her. Andere Prä- parate zeigen noch grössere solcher Zellen, die noch weiter sich vordrängen, oder auch sogar nur durch einen kurzen Stiel mit der Wand der Eiröhren in Verbin- dung stehen (vergl. Fig. 9 b). Diese sich abhebenden Zellen entwickeln sich zu Eiern, die Zellen des Epitheliums stellen somit die Eikeime vor. Von dieser Entwickelung habe ich vollständige Reihenfolgen vor Augen gehabt. Die Epithel- zellen setzen sich immer noch eine Strecke in dem Eistiel fort, und zeigen sich von derselben Beschaffenheit wie die‘ unter der ebenen Cuticula liegenden. Die grössten dieser gestielten Eier messen 0,08 Sie sind vollkommen rund und mit einem feinkörnigen Dotter versehen. Die Dotterkörperchen werden gegen die Mitte zu grösser, lagern sich namentlich dicht um das runde, helle Keimbläschen, wel- ches stets einen etwas dunkleren Keimfleck umschliesst. Eine Dotterhaut ist mir nie zu Gesichte gekommen, und ausser der Cuticula besitzt das Ei, in diesem Stadium wenigstens, keine besondere, auf eine Zellenmem- bran zurückführbare Hülle, so dass hier ein Fall vorliegt, wo eine früher mit einer Membran versehene Zelle — eine solche Membran ist an allen oberflächlichen Epithelzellen der Eiröhren nachweisbar gewesen — die Membran in späteren Sta- dien (durch Resorption?) verliert, und so auf eine niedere Entwicklungsstufe zurück- tritt. Freilich geht die Zelle mit dieser Umwandlung eine neue Bedeutung ein, sie wird zum Eie. Die vom Stiele abgelösten, frei gewordenen Eier zeigen noch einige Zeit die frühere Verbindungsstelle als eine mikropylenartige Oeffnung. Am vollkommen rei- 249 —— fen Eie muss diese sich aber geschlossen haben, da ich vergeblich mehrmals nach ihr suchte. Mit dem noch längere Zeit fortschreitenden Wachsthum des Dotters geht zugleich eine Vergrösserung der Cuticula vor sich; diese letztere wird zur Ei- hülle, und zeigt auch eine merkliche Verdickung, so dass sie am reifen Eie die der frisch abgelösten um’s Dreifache an Dicke übertrifft. Erklärung der Tafel. Fig. 1. Gruppe von Knorpelhöhlen, drei vollständige Mutterzellen mit ihren Kapselschichten umfas- send, in deren Innerem die Kapselschichten der Tochterzellen erster, zweiter und dritter Reihe sichtbar sind. Innerhalb einer der letzteren liegt eine Knorpelzelle. Fig. 2. Schematische Darstellung der Schichtenformation, auf die Zellentheilung zurückgeführt. . Mutterzellen; 2., 3., 4., 5., 6. Tochterzellen. Fig. Knorpelgewebe aus den Kiemenblättchen. . Homogene Intercellularsubstanz. . Knorpelhöhlen, Fig. Vom Integumente der Kiemendeckel. . Aeussere Mündung der Porencanäle. . Umgebender Hals. Senkrechter Durchschnitt derselben Stelle, deren Oberfläche am unteren Rande sich schräg von der Seite darstellt. 1 3 a b ce. Zellen. ä a b 5 Fig. a. Mündung der Porencanäle, a‘ Fortsetzung derselben. b. Stempelchen, Verdiekungen um die Mündung der Porencanäle, durch Druck aus entsprechen- den Vertiefungen hervorgetreten. Fig. 6. A. Querschnitt durch einen Integumentfortsatz, a. Matrix aus langen Cylinderzellen, b., e., d. chitinisirte Straten des Integuments. e, feine, canalartige Lücken. p- pP‘ grosse Porencanäle; p’ weicher Inhalt eines solchen. B. Zwei isolirte Zellen aus der Matrix, b. deren Kerne, Fig. 7. u N u Bindegewebe mit faseriger Intercellularsubstanz von einem sehnigen Ligamente. . Hohlräume — Bindegewebskörperchen. . deren Kerne. . Fettkörnchen. Dasselbe Gewebe nach Behandlung mit Essigsäure. Von der Innenfläche eines Ovarialschlauches. . Zellenstroma — Epithelium. . dessen Cutieula. b’ Eistiel. b“ Cuticula zur Eihülle werdend. . Keimbläschen. . Keimfleck. Bericht über die Sitzungen der naturforschenden Gesellschaft zu Halle im Jahre 185%. Sitzungsberichte. 4r Band. ıt \ Ein E Er Da ee re ur T m "san ÄRA LET Deere ö OR nd rele er air u f S RR Ne PR REN 1 1)" RAR . Ju ut in Mh Ir et, en; ra a ae nl eh 2 ua . h re Mm; 1 KNCeen. Mia ’ Pre © = Du N Ri I SEE 9 ER ee wre 77 EN N a ’a ws Rum ' tm DR y wi [1 re DR ee > TR 177 "# N DL 4 "Nr a 05 + Va Ara ER A, PRRBIRTR j BO ei N FERN Me u) > 02, 02, Hu Tai res ei Ten “ A ee EL T Sn? | Cs A vr [27 ) j Be & - Kahl Arlr ERETE IN Re*! NT IBEE N AR re a re ne EHE It ern a lee" re j i Er BETT, a war De 12 ne u a LEE Er ete DE TE N 2 137720,22°% Rh TE IM a ER 2 h Ch m u, rd are Era In re vauıy A Ko) Me ı sa ‚ % vn 1 ya Bf BT Er t Wie IR % Voll 2: N. Ba ‘ IF A N a N a wär 1% r Ga" Kat er 277 PER. \; ER u a, Es Fa Zr Ir, 77 NEREE Pr ANAL RN | men 2 te ’ s E Erstes Vierteljahr. Vorsitzender Direetor Herr Professor Girard. Sitzung vom 10, Januar. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: Memorie dell’Academia delle Scienze dell’Instituto di Bologna Tom, VI, fase. 2. 3. 4., nebst Begleit- schreiben des Secretärs Herrn Domenico Pıant. Würtembergische naturwissenschaftliche Jahreshefte, herausgegeb. von H. v. Mont, 10. 12. u. 13. Jahrg. Der bisherige Secretair, welcher in der vorigen Sitzung zum Mitdireetor gewählt worden, legt sein Amt in die Hände seines in derselben Sitzung gewählten Nachfolgers, des Herrn Dr. Anpraz nieder, und übergiebt demselben die zum Secretariat gehörigen Acten und Inventarienstücke, Herr Professor v. SCHLECHTENDAL legte Herrn v. Hrurter’s Arbeit „Untersuchungen über die Milzfarne Europa’s“ vor, welche in dem zoologisch - botanischen Verein vorgetragen und in dessen Schriften gedruckt und unter besonderm Titel ausgegeben worden ist, und berichtete über den Inhalt derselben indem er einige Nachträge durch Angabe von Fundorten in Norddeutschland unter Vorlegung der Exemplare mittheilte. Asplenium viride wird vom Verfasser am nördlichsten in Deutschland am Harz angegeben und zwar von Lauenstein nach einem Exemplare Enrnarr’s im Wiener Museum, dies ist wahrscheinlich dieselbe Localität, welche unter der Bezeichnung „Kahnstein“ über Hemmendorf in Calenberg vom Pastor SchzreLe bezeichnet vorliegt, denn Hemmendorf und Lauenstein liegen sehr nahe beisammen; ein anderer nördlicher Punct ist aber noch im Sauerlande bei Brilon an Kalkfelsen. Auch gehört zu dieser Art Nr. 305 der Mou- GroT-Nestuer’schen Cryptogamen -Sammlung der Vogesen, aus dem Birsthale im Jura. Bei Asplenium Germanicum wird von den Sammlungen die Eurnarr’sche mit den Zahlen „43“ und „auf 69“ eitirt, erstere Nummer enthält diese Pflanze von Upsala, wo sie auch WAHLENBERG in seiner Flor. angiebt, das andere Exemplar, im Herbar. von Presı gesehen, soll sich auf einen Fund- ort in Hannover beziehen, der nicht aufgefunden werden konnte. Der nördlichste Fundort für Deutschland wird von Scuurtz in dem Supplement zur Flora von Stargard angegeben, wo es heisst, dass dieser Farrn mit Asplenium septentrionale, Trichomanes und Aspidium fragile sehr selten an einer Steinmauer im Holze beim Dorfe Bresewitz gefunden sei. Ein anderer dem Vortragenden bekannt gewordener Fundort sind die Felsen an der Lenne zwischen Altena und Plettenberg. Der Fundort bei Frankfurt an der Oder nach Brrgen’s Flora scheint sehr unsicher und entbehrt jeder speciellen 1* m, ee Angabe. Nr. 106. der Mousror -Nestuer’schen Kryptogamen-Sammlung gehört hierher: „in rupibus murisque antiquis circa Geradmer et in valle rupia“, | Bei Aspl. Adiantum nigrum ist der Fundort bei Potsdam sehr in Zweifel zu ziehen, weil dort nirgend anstehendes Gestein zu finden ist, in dessen Spalten und Klüften es allein in den nächsten j nördlichen Standorten Deutschlands zu finden ist, wie z.B. bei Halle, wo es als grosse Seltenheit an zwei vereinzelten Puneten an Porphyrfelsen vorkommt. Auch bei dieser Art ist ein Fundort aus dem Sauerlande bei Rüthen an einem alten Sandsteinbruche nachzutragen, welcher die Fundorte am Harze mit denen am Rhein verbinden hilft. Von Aspl. Ruta mureria kommt die Form „leptophylla“ nicht allein am Harze vor, sondern auch an Mauern bei Ahrweiler an der Ahr, wo sie der Vortragende vor Jahren sammelte. Herr Professor GIRARD übergiebt der Gesellschaft eine von Herrn P. Herrer verfasste Abhandlung des Titels: „Beitrag zur Kenntniss der thüringisch-sächsischen Braunkohlenbildung“, zur Veröffentlichung durch die jGesell- schaftsschriften, und knüpft daran eine Mittheilung über den Unterschied der im Tieflande und auf den anstehenden Gesteinen Norddeutschlands abgelagerten Braunkohlen. Sitzung vom 24, Januar. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: Nouveaux memoires de la societe imperiale des naturalistes de Moscou tome X. formant.le tome XVI. de la collection, und Bulletin de la societe imperiale des naturalistes de Moscou 1855: 2. 3. 4. 1856: 1; !nebst Begleit- schreiben des Secretairs Herrn Dr. RenArD. Zu ordentlichen auswärtigen Mitgliedern der Gesellschaft werden ernannt die Herren; Dr, Cu. GRENIER zu Besangon, Dr. D. A. Gopron zu Nancy, Prof. A. BorzAu zu Angers, Prof. Buctinger zu Strassburg, P. Herrer, Ober-Berg- Amts-Referendar zu Breslau. Herr Professor GIRARD sprach, in Anknüpfung an seinen Vortrag in der vorhergehenden Versammlung, über die norddeut- schen Braunkohlen, erging sich in Schilderungen der Vegetation in gleichen Breiten auf der Süd- und Westküste von Süd- Amerika, wo vom Feuerlande bis zum Nordende der Insel Chiloö, vom 40: bis 42. Grad südlicher Breite, fast undurchdringliche Wälder die Oberfläche bedecken, Er- hebt man sich bis über die Waldgrenze, so trifft man mächtige Torfmoore und diesen folgt dann der ewige Schnee. In den Wäldern liegen die vermoderten Stämme nach Darwın’s Schilderung mitunter 10—15‘ hoch über dem Boden und die Torfbildung erreicht ebenfalls eine bedeutende Mächtigkeit. Aus solchen Localitäten kann durch Fortschwemmung eine bedeutende Masse von bituminösen Substan- zen auf einmal fortgeschafft werden, welche an andern Stellen abgesetzt als Braunkohle erscheint, Bu In solchen Localitäten selbst kann indessen nie eine Bildung vor sich gehen, welche der unserer Braunkohle ähnlich wäre. — Sitzung vom 7. Februar. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: vom Smrrusonsan Institution unter Begleitschreiben des Secretairs Herrn Henry: Smirusonian Contributions to knowledge, Vol. II— VII. Report of the commissioner of patents for 1854. Agrieulture. Report of the Geology of Northern and Southern California. Description of the fossils and shells collected in California und 3 kleinere Schriften nebst 2 Karten. Ferner von der Königl. Academie der Wissenschaften zu Amsterdam nebst Begleitschreiben des Secretairs Herrn VROoLIK: Verhandelingen Th. IH. in 4. 1856. Verslagen en Mededeelingen III. Th. 3. St. IV. Th. 1—3.St. V. Th, 1. St. Afdeeling Naturkunde. Verslagen en Mededeelingen I. Th. 1—3. St. II. Th. 1.St. Afdeeling Letterkunde. Lyeidas ecloga et Musae invocatio auet. JoH. van LEEuwen. 1857, Endlich durch Herrn A. SEnnonEr in Wien: Kurze Uebersicht der Leistungen und Bestrebungen zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kennt- nisse im Oestreichischen Kaiserstaate von A. SENNONER. Ein Artikel „Der Boden Niederöstreichs“ von Demselben, in der „Allgemeinen Land- und Forstwis- senschaftlichen Zeitung“, redigirt von ARENSTEI. Herr Prof. ScHULTZE theilt die Resultate seiner fortgesetzten Untersuchungen über die feinere Structur der Geruchsorgane bei Menschen und Thieren mit und legt einen in den Monatsberichten der Academie der Wissenschaf- ten zu Berlin November 1856 abgedruckten Aufsatz, wie einige für die Abhandlungen der naturf. Ges. bestimmte denselben Gegenstand betreffende Kupfertafeln vor. Herr Prof. GIRARD sprach über seltene Flächen beim Quarz, Herr Wesky hat neuerdings in Po@Grnporr’s Annalen Bd. 99 p.296 eine Mittheilung über einige neue von ihm beobachtete Flächen beim Quarz gemacht. Es sind dies Flächen, auf die der Vortragende in seinen Vorlesungen schon seit 10 Jahren hingewiesen hat, die als Zuschärfung der Endkanten beim Quarz vorkommen, Auf einer Reise im Jahre 1849 gelang es demselben eine Suite sehr ausgezeichneter Quarze dieser Art zu Airolo zu kaufen, welche die Zuschärfungen der Endkanten und mitunter auch eine Abstumpfung des Endes zeigten. Diese Krystalle befinden sich in der Universitäts- Sammlung zu Marburg, in der auch noch 3 andere Kry- stalle enthalten sind, welche diese Flächen so gross und eben zeigen, dass Messungen an ihnen aus- geführt werden konnten. Der eine war aus New-York, wahrscheinlich aus der Flakimer County, die Fundorte der anderen beiden waren unbekannt. Die Messungen ergaben für die Steigung gegen die anliegende Endigungsfläche: DE, . EEE Krystall Nr. 1 171° 14‘ Kıystall Nr. 2 171° 13° Kıystall Nr. 3 171° 16° ir el Errerdd: das Mittel aus diesen Beobachtungen, die einander so nahe liegen, dass man die Flächen unter jeder Bedingung für ident halten muss, ergiebt 171071471127 Berechnet man nun eine ungefähr diesen Winkel habende Fläche, so erhält man die Formel (@a: a: 5a:c) für den Winkel 171° 14’ 38, 5”. Eine grössere Uebereinstimmung als diese kann wohl nieht gewünscht werden. Diese Fläche, welche Herr Wessky nur an einem Krystall beobachtet hat, scheint daher verbreiteter vorzukommen, nur ist sie häufig so stark gerundet,! dass sie nicht mit Zuverlässigkeit messbar erscheint. Mitunter wird sie vorherrschend, jedoch nur bei äusserst reinen und schönen Exemplaren von Quarz, und verdrängt dann alle anderen Flächen, so dass dadurch eine stumpfe Pyramide mit abgerundeten Kanten entsteht, die jedoch nicht in die entsprechende Spitze ausläuft, sondern statt dieser eine, wie es scheint drei und jdrei kantige (Skalenöedrische) noch stumpfere Endigung zeigt. Dergleichen Vorkommen sind nicht so sehr selten, und in der Berliner Sammlung befinden sich 6 oder 8 Exemplare, die zum Theil vom Montblanc, zum Theil von Brasi- lien sein sollen. Es zeigt dieser Fall eine neue Bestätigung der alten Erfahrung, dass je unreiner die Masse, desto einfacher die Krystallform, je reiner die Masse, desto mehr die Form geneigt ist, eomplieirte Flächen zu entwickeln, die in abgerundete Gestalten übergehen, so dass eine genauere Messung der Flächen nicht mehr möglich ist. Man erinnere sich an die 48 Flächner der schönsten Diamant -Kıystalle, die immer gerundet erscheinen, so wie an die Sechs und Sechskantner beim Beryli und ähnliche Fälle, Herr Prof. von SCHLECHTENDAL berichtet über ein im Handel vorkommendes blutstillendes Heilmittel, das man zwar als die Haarbil- dung von Farnen erkannte, über dessen Abstammung aber bisher Zweifel herrschten. Nach den Er- mittelungen des Prof. Ouprmans in Rotterdam geht das Medicament unter zwei verschiedeneu Namen, als Peuawar Djambi und Pakoe Kidang, welche aber nicht synonym seien; denn ersteres stamme von einem ursprünglich auf Sumatra im Reiche Djambi heimischen Farn, Polypodium Baromez L. (Aspidium Bar. W.), das spätere Autoren in 5 Arten der Gattung Cibotium, nämlich Cib. Baromez J. Smiru, Cib. glaucescens Kze., Cib. Cumingü Kze., Cib. Assamicum Hoor., und Cib. Djambianum Hoox. zerlegt haben; Pakoe Kidang komme von 3 javanischen Baumfamen: Alsophila lurida Bu., Chnoophora tomentos@ Br., und Balantium chrysotrichum Hook. Herr Prof. von SCHLECHTENDAL machte endlich noch eine Mittheilung über die Keimungsweise der Ophioglosseen und hob hervor, dass nach den Beobachtungen von Merrrznıus, HormEIster und Tu. Irmisch die Sporen wahrscheinlich nicht an der Erdoberfläche, wie bei andern Farnen, sondern in der Erde zur Entwicklung kämen. Sitzung vom 14. Februar, Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: Mittheilungen der k. k. Mährisch-Schlesischen Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde in Brünn. 1856. er 2: Systematisches Verzeichniss der böhmischen Triboliten in der Sammlung des Herrn Prälaten Jos. Zeıp- LER, mitgetheilt von WEITENWEBER, Prag 1857. Fortsetzung des Artikels „Der Boden Niederöstreichs“ von A. SENNONFR. Linnaea, oder Beiträge zur Pflanzenkunde Bd. XII. Heft 3. 1856. Geschenk des Herrn Professor VON SCHLECHTENDAL. Herr Prof. VoLKMANN macht auf ein merkwürdiges Gesichtsphänomen aufmerksam. Zwei äusserst feine und gleich dicke Fäden sind in senkrechter Richtung parallel ‚nebeneinander aufgespannt. Der eine dieser Fäden ist durch Hülfe einer Mikrometerschraube verstellbar und kann dem andern beliebig genähert werden. Dies geschieht, während beide Fäden sich in der Entfernung des schärfsten Sehens befinden, in der Weise, dass man mit der Annäherung beider Fäden gegen einander so lange fortfährt, bis die Di- stanz zwischen ihnen genau so gross als der Durchmesser der Fäden erscheint. Wird dann der Ap- parat mikrometrisch gemessen, so ergiebt sich, dass die Distanz zwischen den Fäden sehr viel grösser ist, als der Durchmesser dieser. Nach der Ansicht des Vortragenden beruht die Täuschung auf einer Zerstreuung des Lichtes, welche selbst bei vollkommen accommodirtem Auge noch Statt findet, und der Versuch erlaubt die Minimalgrenze dieser Lichtzerstreuung zu bestimmen. Schliesslich wird noch hervorgehoben, dass das Phänomen von den Verhältnissen der Beleuchtung abhänge und die Frage nach den kleinsten wahrnehmbaren Distanzen influenzire. Letztere sind nämlich, wegen Vernachläs- sigung der oben erörterten Irradiation, zu gross berechnet worden.‘ Sitzung vom 28. Februar. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: Jahresbericht der geologischen Vermessung des Staates Wisconsin von James Prrcıvar. 1856. Bericht über die Verhandlungen der Gesellschaft für Beförderung der Naturwissenschaften zu Freiburg i. B. Nr. 16. 1856, nebst Begleitschreiben des Secretairs. Herr Prof. M. ScHhuLTzE übergiebt der Gesellschaft ein Exemplar seiner jüngst erschienenen Schrift: Die Entwicklungsgeschichte von Petromyzon Planeri, eine von der Holländischen Soeietät im Jahre 1856 gekrünte Preisschrift, und bespricht die in dieser Arbeit niedergelegten Untersuchungen. Herr Prof. GIRArD spricht über die Steinkohlenablagerung bei Ihlefeld am Harz und erörtert deren Verhalten zu den im Gebiete auftretenden Porphyren, welche man den Melaporphyren zuzurechnen pflegt. Insbesondere wird hervorgehoben, dass auf den flötzleeren Sandstein in abweichender Lagerung erst rothe, dann graue Conglomerate folgen, worauf die Kohlenbildung ruht, und dass letztere nicht nur von den Por- phyren durchbrochen sei, sondern auch öfter von diesen überlagert werde. Zur Charakteristik des Porphyrs wurde bemerkt, dass sich zwei Modificationen desselben unterscheiden lassen: die eine mit dichter Grundmasse, deutlich ausgeschiedenen Labradorkrystallen und häufig Granate führend; die an- dere durchaus feinkömig, dicht und oft sehr zähe, aber bisweilen blasig werdend und zu wahrem u Mandelstein sich bildend. Beide Porphyre wurden für unzweifelhaft jünger als die Steinkohlenbildung angenommen. Sitzung vom 14. März. Herr Prof. M. ScHuLtze zeigt ein von BELTHLE in Wetzlar gefertigtes Mikroskop vor, das sich durch Schärfe und Klar- heit seiner Bilder auszeichnet, wie durch Demonstration einiger schwierigen Probeobjeete erwiesen wird. Sitzung vom 28. März. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften, herausgegeben vom naturwissenschaftlichen Vereine für Sachsen und Thüringen, redigirt von GıeseL und Heınrz. 8. Bd. 1856. Abhandlungen desselben Vereins. 1. Heft. 1856. } Ueber den Pianzit von Tüffer und den Hartit von Rosenthal in Steyermark von Dr. G. A. KennGorrt. 1856. Bibliotheca historico-naturalis physico-chemiea et mathematica, herausgegeben von E. Zucuorv. 1. H. Januar— Juni 1856. Herr Dr. AnprAE legt ein aus Saalgeschieben bestehendes, sehr festes Conglomeratstück vor, welches sich um eine ei- serne Pfahlspitze gebildet hat, und von Herrn Bergrath MvEntmann (hier) durch gefällige Vermittelung des Herrn Prof. Zacuer dem hiesigen mineralogischen Museum überwiesen wurde. Diese Bildung stammt aus dem Saalufer an der k. Saline und wurde bei der Herausnahme eines angeblich vor 10 Jahren eingesetzten Pfahles fest an dessen eiserner Spitze haftend gefunden, welche ihren Umriss in Gestalt eines vierkantig-pyramidenförmigen Loches in der Stufe zurückgelassen hat. Derselbe spricht hierauf über Steinkohlenpflanzen von Ihlefeld, die in einer Reihe von Exem- plaren unter näherer Erläuterung vorgelegt werden. Es befinden sich neben den fast in keiner Stein- kohlenablagerung vermissten Farnen, Cyatheites arborescens und Cyath. Candolleanus, auch dabei die nur von einigen Fundorten bekannte Pecopteris plumosa Brong., dann eine neue Pecopteris, der Pec. nervosa Brong. wohl sehr ähnlich, aber doch, abgesehen von andern Kennzeichen, schon durch die an der Spindel von den Fiederchen herablaufende Blattsubstanz speeifisch verschieden, wie ein vortrefflich erhaltenes Exemplar jener Art, von Mahlbach stammend, ausser Zweifel setzt; ferner eine zweite neue Pecopteris von ganz eigenthümlichem Habitus, die sich als das Bruchstück eines einfachen Wedels darstellt, von dessen Mittelrippe oder Rhachis rechtwinklig ziemlich starke Primärnerven, und von diesen wieder beiderseits zahlreiche, feine, etwas aufsteigende Secundärnerven abgehen. Die nach- barlich zusammenstossenden letztern bedingen da, wo sie an einander treten, eine scharfe mit den Primärnerven parallele Erhebung, wodurch der Wedel das Ansehen gewinnt, als ob er aus dicht ge- drängten Fiederblättchen bestünde, zumal die Blattsubstanz am Rande gestützte, den Fiederchenenden entsprechende Läppchen zeigt. Mit Rücksicht auf die Steifheit dieses Pflanzenrestes wird der Name — Ge Pecopleris rigida in Vorschlag gebracht. Weiter waren in den Pflanzenbruchstücken noch erkannt worden: zwei Neuropteriden, Neuropteris auriculata Brong. und eine der Neur. macrophylla Brong. nahe verwandte, wenn nicht identische Art; aus der Familie der Asterophylliten Annularia longifolia; von Sigillarien Sigillaria Brardü Brong.; von Coniferen Walchia piniformis Sıbg. Schliesslich wurden noch von demselben Fundorte die Schalenreste der Unio carbonaria vorgelegt. Herr Prof, GIRARD legt eine Reihe von Mineralien vor, welche Herr P. Hrrrer von Starkenbach bei Hohnelbe in Böh- men mit folgendem Schreiben an ihn gesandt hat. Starkenbach, den 17. März 1857. ade Die sternförmigen Quarze finden sich lose am Fusse einer Melaphyr-Kuppe bei Straznick in der Nähe von Starkenbach. Bei weiterem Suchen hoffe ich die ursprüngliche Lagerstätte zu finden und schreibe dann Näheres darüber. Die Kupfererze sind sämmtlich von Ober-Rechlitz an dem Süd-Abhang der Kessel-Koppe. In den krystallinischen Schiefern sitzt dort ein mächtiges Kalk- lager auf, welches untergeordnet Lager von einem dichten erzähnlichen Mineral enthält. In die- sem kommen auf Quarzklüften, wenigstens entschieden die Schichten durchsetzend, Quarzmassen vor, an welche das Vorkommen dieser seltsamen Kupfererze gebunden ist. Die dichten fettglänzenden, zitronengrünen bis leberbraunen Massen scheinen aus der Zersetzung eines Antimonfahlerzes hervor- gegangen zu sein, in den meisten der Stücke werden Sie im Innern das ursprüngliche Schwefelmetall noch wahrnehmen. Die Zusammensetzung dieser Massen scheint sehr variabel, wie auch wohl nach der Entstehung zu vermuthen, im Wesentlichen aber sind sie ein wasserhaltiges antimonsaures Kupfer- oxyd. Meines Wissens ein neues Mineral? Ich habe gefunden: Kieselsäure . 309145238 Antimonsäure.. . 2 . .. 24,675 ArTsenBäurd. ..07.. Shedlge enmd3 240, Kupferoxydiı-u ann 031,489 Bleioeyde-ı 0,6 Silberoxyd.... 22.20.22.205.21052 EBEN de Kalkerdop 02 2.20 020.00.009.198 Talkerdegn. se 222.202.0:660 Wasser 8.028 99,596 In den mürben braunen Massen sinkt der Kupfergehalt auf 15,5 °/,- Die sehr schlechten Exemplare eines steinmarkähnlichen Fossils von einer lieht bläulich und gelblich -grünen Farbe kann ich wie das obige nicht unter eine schon bekannte Species bringen, am nächsten scheinen sie dem Allophan zu stehen, aber doch wesentlich von ihm verschieden zu sein. Ich habe gefunden in der Sitzungsberichte. &r Band, 2 u gelblich-grünen blauen Varietät Kieselsäure . . 43,926 42,434 Kupferoxyd . . 16,115 29,369 Bleioxyd .. ....., 1,728 5,052 Zinkoxyd . . . 7430 0,502 Kalkerde . „. . 2,000 1,535 Talkerde . .„ . 4,455 0,334 Thonerde . . . 5,561 9,855 Eisenoxyd . . . 10,074 2,077 Wasser ne 9,228 8,610 r 100,517 99,768 Die. Zusammensetzung ist übrigens sehr schwankend, ich habe Kupfergehalt bis zu 40°/, ge- funden und dann scheint die Substanz in Kupferblau und Kupfergrün überzugehen. — Die Stücke eines sternförmig auseinander laufenden Quarzes sind sehr merkwürdig, denn die einzelnen Krystalle sind hierbei mehr als bei andern Vorkommnissen gesondert. Jeder einzelne lässt “ sich als ein kurzer Pfriem bis zur Mitte des Sterns verfolgen und oft völlig auslösen, dabei ist die Masse der Krystalle sehr mürbe, obgleich sie homogen und nicht löchrig ist. Mitunter sieht man die dicken Enden der Kıystalle in kleinen Höhlungen auskrystallisirt. Die Kupfererze erregen dadurch die Aufmerksamkeit, dass die zuerst angeführten eine Ver- bindung von Kupferoxyd mit Antimonsäure enthalten, die bisher noch nicht bekannt war. Dem Herrn HerTer wird es daher zustehen, einen besonderen Namen für dieselbe in Vorschlag zu bringen, Vielleicht finden sich auch beim Verfolgen des Vorkommens reinere Massen, welche eine genauere Bestimmung der Eigenthümlichkeiten des Minerals erlauben. In den vorgelegten Proben hat man es offenbar mit einem Gemenge verschiedener Substanzen, besonders kieselsaurer Salze, neben Antimon- und Arsensäuren zu thun. Doch scheint neben ziemlich reinem Kieselkupfer eine dunkellauchgrüne, achatartige Masse von gleichförmiger Beschaffenheit überall vorhanden zu sein, welche denn als das neue Mineral anzusehen wäre. Die erdigen Massen wird man wohl für ein Gemenge von Steinmark und Kieselkupfer zu nehmen haben. Herr Prof. von SCHLECHTENDAL legt das 5. Heft der offieinellen Gewächse der Pharmacopoea Borussica von BERG und ScHmipr vor, so wie von Lemaıre’s Illustration horticole die 8. Lieferung von 1857 mit besonderer Hinweisung auf ein darin enthaltenes prächtiges Vaceinium vom Himalaya und eine Conifere aus Japan, die im Ha- bitus grosse Aehnlichkeit mit einem Lycopodium zeigt; endlich Leıcnarp’s Leben von ZucHorp, wobei Herr vox SCHLECHTENDAL anknüpfend an die in dieser Schrift mitgetheilte Abbildung des australischen Flaschenbaumes, der Delabeelina rupestris Mırsch. Veranlassung nahm, über die Eigenthümlichkeiten dieser Pflanze mit Rücksicht auf Analogien in andern Ländern zu sprechen. Be, u Zweites Vierteljahr. Vorsitzender Director Herr Professor Knoblauch. Sitzung vom 2, Mai. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: Bibliotheca historico -naturalis ete. herausgegeben von E. ZucnorLv. 6. Jahrg, 2. H. Juli— December 1856. Vom Herrn Verfasser. Die Bursae mucosae praepatellares und die neue Bursa mucosa sinus tarsi s. ligamenti fundiformis von Dr. W. Gruser, Abdrücke aus dem Bulletin de l’Acad&mie des sciences de Petersbourg. 1856. Geschenke des Herrn Verf. Jahresbericht des physikalischen Vereins zu Frankfurt a.M. 1855 bis 1856; nebst Begleitschreiben des Secretairs. Jahrbücher des Vereins für Naturkunde im Herzogthum Nassau. 11. Heft 1856; nebst Begleitschrei- ben des Secretairs. Herr Prof. ScHULTZE legt das im Druck vollendete 1. Heft des neuen 4. Bandes der Abhandlungen der naturforschenden Gesellschaft vor. Herr Dr. Anprar legt hierauf ein paar Exemplare von Flussspathen aus der Gegend von Stolberg vor, welche sich durch eigenthümliche Farbenvertheilung auszeichnen. Man gewahrt nämlich in ziemlich durchsichtigen, blass bläulichgrün gefärbten Hexaedern mit untergeordneten Octaederflächen ein zweites Hexaeder, welches aber nur in Gestalt eines dunkelblau gefärbten Kantenskelets hervortritt, indem der Kem wieder hell ist. Die Kantenlinien erscheinen äusserst scharf markirt, aber an den Ecken findet sich nicht die geringste Andeutung einer octaedrischen Abstumpfung, wie sie der äussere Krystall zeigt. Herr Prof. KxoBLAucH, anknüpfend an einen frühern Vortrag über Wärmestrahlungserscheinungen bei den Metallen, theilte die Resultate seiner hierauf bezüglichen weitern Beobachtungen mit, welche er insbesondere an Gold, Silber und Platin mit Rücksicht auf verschiedene Wärmequellen, verschiedene Oberfläche dieser Me- talle und verschiedene Ineidenz der Strahlen gemacht hatte, Sitzung vom 16. Mai. Herr Prof. M. ScHULTZE giebt einen Auszug aus KoELLıker’s Untersuchungen zur vergleichenden Gewebslehre angestellt in Nizza 1856. Herr Prof. KxogLAucH spricht über die Nichtachromasie des Auges, und weist diese Eigenschaft auf experimentellem Wege nach, wobei insbesondere die hierüber angestellten Versuche von Czermar, DovEz, BREWSTER und 2 * 2. WHFATSTONE, so wie von dem Vortragenden gemeinschaftlich mit BRUECKE angestellte Versuche über die Fähigkeit der optischen Medien, verschiedene Sonnenstrahlen hindurchzulassen, besprochen werden. Sitzung vom 13. Juni« Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: Kranmer, Handbuch der gerichtlichen Mediein, für Aerzte und Juristen. 2. Aufl. 1. Abth. 1857. Geschenk des Herrn Verf. Naturkundige Verhandelingen, von der holländischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Harlem, 12. Th. 1856. Würtembergische Jahreshefte. 13. Jahrg. 2. Heft, 1857; nebst Begleitschreiben des Herın Krauss, Parr, Florae Capensis medicae Prodromus, 1857. Linnaea, Journ. f. d. Botanik, Bd.XII. Heft4. 1856. Geschenk des Herrn Prof. v. ScHLECHTENDAL, Herr Prof, GIRARD legt eine Anzahl Koprolithen aus dem Zechstein von Hohenelbe in Böhmen vor, welche jüngst Herr HERrTER dem mineralogischen Museum übersandt hat. Diese Fossilienreste bestehen nach Herrn GirArD aus phosphorsaurem Kalk, und stammen vielleicht von Knorpelfischen ab, was namentlich spiralige Zeichnungen auf den Koprolithen wahrscheinlich machen, indem die Dickdarmexeretionen lebender Knorpelfische etwas dem Achnliehes zeigen. Herr Prof. KnogLAucH sprach hierauf über einige optische Erscheinungen, welche an Stereoskopen hervortreten, und legte eine grosse Reihe von Lichtbildern vor, welche die photographische Kunst von ihren Anfängen bis zur gegenwärtigen Vollendung repräsentiren, Sitzung vom 27, Juni in dem physikalischen Cabinet des Herrn Prof. KnogLAucH. Herr Prof. KnoßBLAucH erläutert durch eine grosse Reihe von Experimenten das Verhalten des polarisirten Lichtes bei ver- sehiedenen Mineralien und einigen andern anorganischen Körpern. erg WR Drittes Vierteljahr. Vorsitzender Direetor Herr Professor M. Schultze. deffentliche Sitzung am 4. Juli zur Feier des 78jährigen Bestehens der naturforschenden Gesellschaft in dem Locale der Logen- Gesellschaft Abends 6 Uhr. Nach einer kurzen Ansprache des Vorsitzenden Herrn Prof, M. ScauuLtze an die zahlreich anwesenden Gäste und Mitglieder und nach Vorlesung des Jahresberichtes von Seiten |des Schriftfüh- rers hielt der Vorsitzende einen Vortrag über mikroskopisches Leben, insbesondere der Verbreitung der Infusorien in der Atmosphäre. Ein gemeinsames Abendessen beschloss die Feier. Sitzung vom 18. Juli. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: Report of the commissioner of patents for 1854 and 1555. Agriculture. Tenth annual report of the Smirusoxtan Institution 1856. Memoires de la Societe royale des sciences de Liege, tom. XII. 1857. Nebst Begleitschreiben des Secretairs, Verhandlungen der physikalisch - medieinischen Gesellschaft in Würzburg. 7. Bd, 3.H. u, 8. Bd. 1.H. Jahrbuch d. k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien. 7. Jahrg. Nr. 2. u. 3. 1856. Der Schriftführer zeigt den vor wenigen Tagen erfolgten Tod des einheimischen ordentlichen Mitgliedes der Gesellschaft, Herrn Kaufmann LierscH, an, Herr Berghauptmann von Höveu wird als ordentliches einheimisches Mitglied ernannt. Herr Professor v. SCHLECHTENDAL legt die jüngst erschienenen Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik von PrınGsHEm vor; ferner das neueste Heft der Illustration horticole, wobei derselbe auf eine darin publieirte aus China stammende und bei uns zur Garteneultur sich eignende Pflanze, Tarfugium grande Lindl., wahrscheinlich am näch- sten den Tussilago- Arten verwandt, aufmerksam macht. Derselbe bespricht unter Vorlage des neue- sten Heftes der Gartenflora von Reger, welches namentlich blumistische Novitäten enthält, den darin enthaltenen Aufsatz über die Umwandlung einer Pflanzenart in eine andere, und hebt aus demselben besonders hervor, dass ein von Triticum und Aegilops erzeugter Bastard keimfähigen Samen hervorge- bracht hat. Endlich berichtet Herr Prof. von SCHLECHTENDAL über den Inhalt einer kürzlich erschienenen Abhandlung von A. Braun, die Parthenogenesis bei den Pflanzen betreffend, woran Herr Dr. Mann, als Beleg für ähnliche Erscheinungen bei den Thieren, einige Bemerkungen über die Befruchtung der Bienenkönigin knüpft. ee N Der Schriftführer legt, seines bevorstehenden Abganges von Halle wegen, sein Amt nieder, und tritt hiermit zugleich aus der Zahl der einheimischen in die Zahl der auswärtigen Mitglieder. Sitzung vom 1. August. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: Verhandlungen des zoologisch-botanischen Vereins in Wien. Jahrg. 1856. Bd. VI. Nebst Begleit- schreiben des Seeretairs Herrn FRAUENFELD. Dazu: Separatabdruck naturwissenschaftlicher Abhandlungen aus den Schriften des Vereins 1856. Von der naturforschenden Gesellschaft in Emden, nebst Begleitschreiben des Secretairs Herrn PRESTEL: Kleine Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Emden. IV. Die Gewitter des Jahres 1855. — Die Temperatur von Emden 1855. — Jahresbericht der naturf. Ges. in Emden für 1856. Der Vorsitzende übernimmt provisorisch bis zur nächsten Neuwahl der Beamten das Schrift- führeramt. Herr Dr. med. Broxpin in Avignon wird zum ordentlichen auswärtigen Mitgliede gewählt. Herr Prof. Heıntz hält einen Vortrag über die Constitution organischer Körper, namentlich der Amide, nach der Ty- pentheorie, und schliesst an diesen Vortrag eine Mittheilung über die ihm kürzlich gelungene künst. liche Bereitung einer Fettsäure von der Constitution des früher Margarinsäure genannten Körpers. Viertes Vierteljahr. Vorsitzender Director Herr Professor vw. Schlechtendal. Sitzung vom 31. October, Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: Görrert, Ueber den Naturselbstdruck. Aus den Verhandlungen der schlesischen Gesellschaft für va- terländische Cultur. 1856. Derselbe, Ueber die offieinellen Pflanzen unserer Gärten, Breslau. Beide Schriften begleitet von einem Schreiben des Herrn Verfassers, in welchem zugleich der Dank für die Aufnahme als Mitglied in die Gesellschaft ausgesprochen wird. Oefversigt af Kongl. Vetenskabs- Academiens Förhandlingar 1856. Kongl. Vetenskabs - Academiens Handlingar 1354. p Kongliga Svenska Vetenskabs- Academiens Handlingar 1855. Nebst Begleitschreiben des Secretairs Herrn WAHLBERG. Oversigt over det Kongl. Danske Videnskabernes Selskabs Forhandlinger 1856. Kjöbenhavn, und Quaestiones quae in annum 1857 proponuntur, nebst Begleitschreiben des Seeretairs Herrn H. Forca- HAMMER, un, Mi, wer Correspondenzblatt des naturforschenden Vereins zu Riga, 1855 —1856. Nebst Begleitschreiben des Secretairs Herrn Kersting. Gopron, Quelques notes sur la flore de Montpellier. Besancon 1854. Nebst Begleitschreiben des Herrn Verfassers, in welchem zugleich der Dank für die Aufnahme zum Mitglied der Gesellschaft ausgesprochen ist. Derselbe: De la fecondation des Aegilops par les Triticum. Nancy 1855. Derselbe: De l’Aegilops tritieoides, Nancy 1856. 2 Exempl. Sechster Bericht der oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Giessen 1857. Berichte über die Verhandlungen der Gesellschaft für Beförderung der Naturwissenschaft zu Freiburg i.B. 1857. Nr. 17—23. Nebst Begleitschreiben des Secretairs Herrn MAıer. Verslagen en Mededeelingen d. Kongl. Academ. vor Wetenschappen to Amsterdam. D. II. Letter- kunde. St, 2—4. Naturkunde D. V. St.2.3. D.VI. St.1—3. Nebst Begleitschreiben des Se- eretairs Herrn VROLIK. Dazu: Octaviae Querela. Carmen cujus auctori J. v. LEEUWEN praemium adjudicatum est. Amstel. 1857. Würtembergische Jahreshefte Bd. XI. 3. Nebst Begleitschreiben des Secretairs Herrn Krauss. Berichte über die Verhandlungen der mathematisch- physikalischen Klasse der Königl. Sächsischen Ge- sellschaft der Wissenschaften 1856 2, 1857 1. Aus den Abhandlungen derselben Gesellschaft: HANkEL, electrische Untersuchungen. 1. u. 2. Abhandlung 1856 — 1857. HorrmEISTER, Beiträge zur Kenntniss der Gefässkryptogamen. 2. Abhandlung 1857, Hansen, Berechnung der absoluten Störungen der kleinen Planeten. 2. Abhandlung 1857. Sämmtlich begleitet von einem Schreiben des Secretairs der K. Sächs, Ges. der Wissenschaft. Herm E. H, Weser. E. Fries, Monographia Hymenomycetum Sueciae. I, Upsalae 1857. Geschenk d. Herrn Verf. Desams, Legons de Physique Tom. I. Paris 1857. Geschenk des Herrn Verf. KxogLAucH, Ueber den Einfluss, welchen Metalle auf die strahlende Wärme ausüben. Aus PocGckn- DORF’S Annalen, Geschenk des Herrn Verf. Herr Prof. M. ScHuLTtzE zeigt eine Anzahl von ihm auf Helgoland gesammelter und auf dem hiesigen anatomischen Museum aufgestellter Präparate von Medusen vor, nämlich Chrysaora isoscela in verschiedenen Varietäten, Rhi- zostoma Cuvieri, Aequorea Henleana, Oceania pileata, Geryonic pellucida, welche nicht in Spiritus, son- dern in einer Salzlösung aufbewahrt, ihre natürliche Durchsichtigkeit erhalten haben und dabei die in- nere Organisation vortrefflich erkennen lassen. Herr Prof. von SCHLECHTENDAL spricht unter Vorlegung zahlreicher Präparate über die deutschen Fichtenarten, nämlich Pinus silwesiris, P. pumilio, P. laricio und P. cembra. Dieselben unterscheiden sich sowohl durch Zahl und Stellung der Nadeln, sowie der Schüppchen an der Basis der Nadeln, als auch namentlich durch die Form ir ME der Zapfen. Ausführlicher wurden besonders der letzteren Entstehung, und nach dem Alter sehr ver- schiedenes Aussehen besprochen. Sitzung vom 14. November, Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: Rendiconto della societä reale borbonica 1856. Jan. Febr. Memorie della reale Academia delle seienze vol. I. 1852. Nebst Begleitschreiben des Secretairs Herrn Hewr. , Herr Dr. R, Hrıpenuam wird als ordentliches eimheimisches Mitglied in die Gesellschaft auf- genommen. Herr Prof. KrAHumEr spricht über die Erzeugung von Knochenbrüchen durch äussere Gewalten bei menschlichen Leichen. Der Vortragende wurde durch Angaben des Prof. Casper in Berlin, nach welchem das Zustandekom- men gewisser Fracturen an Leichen, namentlich der Schädelbasis und des Kehlkopfes, unmöglich sein sollte, zu Experimenten veranlasst, welche zu entgegengesetzten Resultaten führten. Erläuternde Prä- parate wurden vorgelegt. Herr Professor HEınTz demonstrirte die zu chemischen Experimenten in seinem Laboratorium eingeführten Gasbrenner, bei welchen, mögen dieselben einfache oder eine ganze Reihe von Flammen liefern, wie letztere bei Ele- mentaranalysen angewandt werden, durch Aufsatz einer längeren Röhre oder eines oben durchbroche- nen Daches eine vollständigere Verbrennung des Kohlenstoffes und grössere Heizkraft erreicht ist: Sitzung vom 28. November. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: Verhandlungen der physikalisch-medieinischen Gesellschaft in Würzburg. Bd. VIII. H.2. Nebst Be- gleitschreiben des Secretairs Herrn Dr. RosEextHAL. Smurusontan Contributions to knowledge vol. IX. 1857. Nebst Begleitschreiben des Secretairs Herrn J. Henry. Act of incorporation and By-laws of the Academy of natural sciences of Philadelphia 1857. Proceedings of the Acad. of nat. sciences of Philadelphia 1857. The Transactions oft the Academy of science of St.Louis 1857. Nebst Aufforderung zum Tausch. Die Gesellschaft beschliesst auf den Antrag des Herrn Prof. v. ScHLECHTENDAL ausser den bisherigen ordentlichen Mitgliedern auch ausserordentliche und zwar unter folgenden Bedingungen zu ernennen: 1) Ausserordentliches Mitglied kann Jeder werden, welcher vorübergehend oder bleibend in Halle wohnt, sich für die Naturwissenschaften interessirt und mit ihnen beschäftigt. 2) Die Wahl zu ausserordentlichen Mitgliedern geschieht in derselben Art und Weise, wie die Wahl der ordentli- chen Mitglieder. 3) Die ausserordentlichen Mitglieder erhalten das Recht, an den Sitzungen der Ge- sellschaft Theil zu nehmen und Vorträge in denselben zu halten; auch steht ihnen die Benutzung der Bibliothek wie den ordentlichen Mitgliedern frei. 4) Die ausserordentlichen Mitglieder zahlen einen u jährlichen Beitrag von 1 Thaler. 5) An den Berathungen über Angelegenheiten der Gesellschaft kön- nen die ausserordentlichen Mitglieder zwar auch sich betheiligen, von der Abstimmung über diese An- gelegenheiten, sowie von der Abstimmung über die Aufnahme von Mitgliedern bleiben sie dagegen ausgeschlossen. Herr Prof. SchuLTze sprach unter Vorlegung zahlreicher Präparate über die electrischen Organe der Fische, und legte folgenden Auszug seines Vortrages im Protokoll nieder: Durch das Studium der sogenannten pseudoelectrischen Organe im Schwanze der Raja, mit welchem ich im vergangenen Herbste auf Helgoland beschäftigt war, wurde ich auf eine Reihe ver- gleichender Untersuchungen der als eleetromotorisch wirkend bekannten Organe der Gymnotus, Torpedo und Malapterurus wie der entsprechenden von Mormyrus geführt, zu welchen ein reiches Material an in Spiritus und anderen conservirenden Flüssigkeiten aufbewahrten Präpa- raten durch die Güte meines Vaters und mehrerer verehrter Herren Collegen mir überlassen und Theile zweier in Berlin lebend gehaltener Malapteruri von Herrn E. pu Boıs Reymonn gütigst übersandt wurden. Die Resultate derselben, über welche an anderen Orten ausführlicher berichtet werden wird, lassen sich folgendermaassen zusammenfassen: 1) In Betreff des Gymnotus bestätigt sich die von BırHarz auf Grund der Untersuchun- gen von Pacınt ausgesprochene Vermuthung, dass die Nerven in nahe Beziehung zu einer in jedem Kästchen der electrischen Organe sich wiederholenden Platte (corpo cellulare Pacmı, electrische Platte Bırnarz) treten. Sie liegen aber nicht, wie Kuprer und Krrerstein anführen, der vorde- ren, im Momente des Schlages positiven Oberfläche der electrischen Platte an, sondern der hinte- ren negativen. Der von Pacmr beschriebene freie, mit Flüssigkeit erfüllte Raum zwischen der hinteren Oberfläche der genannten Platte und der bindegewebigen Scheidewand ist einKunstproduct, und fällt mit diesem auch die ganze chemische Theorie der eleetromotorischen Thätigkeit des Gymnotus, welche Pacını aufstellte. 2) Für Torpedo behält die Angabe von Pacını, dass der Hauptbestandtheil der Septa eine homogene mit Kernen durchsetzte Membran sei, an welche von der Bauchseite her die Nerven heran- treten, ihre vollständige Richtigkeit. Sie wird nur dahin zu modificiren sein, dass die genannte ho- mogene Membran eine flächenhafte Ausbreitung der Nerven selbst, eine electrische Platte im Sinne von Bırnarz darstellt. Bindegewebe kommt im Innern der Säulen nnr als Ausfüllungsmasse zwischen den horizontalen Scheidewänden vor, als Gallertgewebe mit Sternzellen. Köruuıker's homo- gene Bindegewebshaut der Septa ist die eleetrische Platte, unter welcher die von demselben entdeck- ten feinen Nervennetze liegen, die aber nicht Endnetze sind, sondern aus welchen sich Fasern fort- setzen, die sich, wie Remak zuerst richtig erkannte, aufsteigend gegen die electrische Platte senk- recht stellen. Hier scheinen sie mit derselben zu verschmelzen. Wie bei Gymnotus ist also auch bei Torpedo die negative Seite der electrischen Platte diejenige, welcher die Nerven anliegen, wie den Angaben von Kurrer und KEFERSTEIN gegenüber hervorgehoben werden muss, 3) Die von Bıruarz bei Malapterurus entdeckte plattenförmige Ausbreitung der zu jedem Kästchen des electrischen Organes tretenden einfachen Nervenprimitivfaser finde ich der Beschreibung Sitzungsberichte. 4r Band. 3 Bu des genannten Forschers entsprechend wieder. Es ist eine homogene, aus eiweissartiger Substanz gebildete, mit runden ziemlich weit von einander abstehenden Kernen durchsetzte Platte, welche viel dicker als bei Torpedo, doch die eleetrische Platte von Gymnotus an Dicke lange nicht erreicht, mit welcher letzteren sie sonst im feineren histiologischen Verhalten durchaus übereinstimmt. Sie liegt mit der hinteren Seite, wie BıtHarz richtig angiebt, der bindegewebigen Scheidewand an, während die vordere frei ist und durch wenig homogenes Gallertgewebe von der nächtsfolgenden Scheidewand getrennt wird. Die zugehörige Nervenfaser tritt aus dem Bindegewebe von der hinteren Seite in das Centrum der Platte ein. Nach diesem Befunde hatte Bırsarz ein Recht die Vermuthung auszusprechen, dass dem Verhalten von Gymnotus und Torpedo entsprechend die Stromesrichtung im Momente des Schlages bei Malapterurus im Innern des Organes vom Schwanz zum Kopf gehen, d.h. der Schwanz sich negativ zum Kopf verhalten werde. Die Versuche, welche E. pu Boıs Rrymonp in Berlin anstellte, haben die entgegengesetzte Stromesrichtung erwiesen. Die von mir ausgeführte ana- tomische Untersuchung hat den Schlüssel zu diesem Verhalten geliefert. Die keulenförmig an- geschwollene Nervenfaser geht statt mit der hinteren Oberfläche der electri- schen Platte zu verschmelzen, durch ein scharf ausgeschnittenes Loch dersel- ben hindurch und strahlt erst in die vordere im Momente des Schlages negative Fläche der electrischen Platte aus. 4) Die Angaben von A. Eck£r über die Art der Nervenendigung bei verschiedenen Mormy- rus-Species kann ich nach Untersuchung mir von demselben gütigst überlassener Präparate durchaus bestätigen. Die Nerven senken sich als ansehnlich starke Fasern in eine Platte ein, welche eine di- recte Fortsetzung der mit feinkörnigem, Kerne führenden Inhalte versehenen marklosen Nervenendfa- sern erscheint. So fanden auch Kurrer und Kerrersteiın das Verhältniss bei Mormyrus oxy- rhynchus, Es ist stets die hintere Fläche der electrischen Platte, mit welcher die Nervenfa- sern verschmelzen. Sowohl bei denjenigen Arten (M. dorsalis und anguilloides), die wie Ma- lapterurus eine Durchbohrung der electrischen Platte zeigen, als bei drei anderen (M. cyprinoi- des, oxyrhyncehus, longipinnis) würde nach der Analogie von Gymnotus, Torpedo und Malapterurus das hintere Ende des betreffenden Organes negativ gegen das vordere zu erwarten sein 1), 5) In der Auffassung der gröberen Structurverhältnisse des sogenannten pseudoelectri- schen Organes des Rochenschwanzes stimme ich mit Körrirer’s Angaben überein. Seine Vermuthung, dass die Nerven wie bei Torpedo in einem feinen Netze endigen möchten, kann ich zur Gewissheit erheben, dieses Netz aber als wirkliches Nervenende aufzufassen vermag ich hier so wenig als bei Torpedo. Wie bei letzterem die dünne homogene Membran, welche KörLuıker „Binde- gewebshaut“ nennt, gleich der electrischen Platte von Malapterurus und Mormyrus, als Fort- 1) In Betreff der drei letztgenannten Arten glaubte Ecker allerdings in seinen „Untersuchungen zur Ichthyologie“ 1857, p.33 die Ansicht aufstellen zu müssen, dass es die vordere Fläche der electrischen Platte sei, in welche die Nerven übergehen. Einer brieflichen Mittheilung zufolge hat sich der genannte Forscher nach Kurrer und Krrerstein’s den M. oxyrhynchus beirefl, ge- gentheiligen Angabe und gleichseitig au ihn eingegangener Communication meiner ausser dieser auch die beiden anderen Species betreff. Untersuchungen durch eigene Anschauungen von der Richtigkeit des hier geschilderten Verhaltens vollständig überzeugt. setzung der Nervensubstanz betrachtet werden muss, mit welcher sie auch in ihren chemischen Re- actionen weit besser übereinstimmt als mit Bindegewebe, oder den membranae propriae der Drüsen, mit denen sie KöLLıker vergleicht, so schliesst sich auch im Schwanzorgan von Raja an die feinsten Nervennetze eine solide Platte an, gebildet aus eiweissartiger Substanz. Es ist diese der Schwamm- körper Köruiker’s, dessen Gewebe, eine Grundsubstanz und eingebettete Zellen, schon von Rosın als etwas Eigenthümliches erkannt und tissu &leetrigue genannt wurde, und jedenfalls dem der electri- schen Platten der electromotorischen Organe anderer Fische entspricht, auch als direete Fortsetzung der Nervensubstanz von mir erkannt wurde. Sollte, wie ich nicht bezweifele, eleetromotorische Thä- tigkeit auch diesem Organe zukommen, so würde nach Analogie der anderen electrischen Fische die Schwanzwurzel sich negativ gegen das Schwanzende verhalten müssen, da die Nerven in jedem Käst- chen von vorn gegen die electrischen Platten (Schwammkörper) herantreten. Sitzung vom 12. December. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: Second meteorological report 1856 — 1857. Melbourne. Verhandlungen des Vereins für Naturkunde zu Pressburg. Ir Jahrg. 1856, 2r Jahrg. 1857. Heft. 1. Jahrbuch der K. K. geolog. Reichsanstalt 1856 Nr. 4, 1857 Nr. 1. Handbuch der gerichtlichen Medicin von L. Kraumer. 2te Aufl. 2te Abtheil. 1858. Geschenk des Herrn Verf. Die Herrn Apotheker FrıckHinGer in Nördlingen, H, Muverter, Professor in Würzburg, Korr- LIKER, Professor in Würzburg, F. LeypıG, Professor in Tübingen, Dr. Casrarr', Privatdocent in Bonn, werden zu ordentlichen auswärtigen Mitgliedern ernannt. Herr Professor GIRARD sprach über die Zusammensetzung der Melaphyre und erläuterte, dass dieselben nicht, wie neuerdings behauptet worden, Hornblende enthalten, sondern dass sie der älteren Vermuthung gemäss ein Ge- menge von einem Feldspath-artigen Bestandtbeil und von Augit sind. Zwar ist dies Gemenge oft so fein und innig, dass das unbewafinete Auge das Gestein kaum für ein Gemenge halten kann, doch entdeckt man fast immer bei sorgfältigem Suchen in demselben einzelne ausgeschiedene Krystalle, deren Form und Art sich dann näher bestimmen lässt, und unter stärkerer Vergrösserung besonders bei auffallendem Lichte zeigt sieh auch die Grundmasse als ein körniges oder krystallinisches Ge- menge. Es sind zwei Arten von Melaphyr zu unterscheiden, der dichte und der körnige. Der erste ist ein rein krystallinisches, der zweite ein wohl nur kryptokrystallinisches Gemenge. Beide enthal- ten vorwaltend einen Feldspath, Oligoklas oder Labrador, der wohl $ oder & der ganzen Masse aus- macht, daneben Augit in oft recht deutlichen, wenn auch nur kleinen Kıystallen und ein Eisenerz. In diehtem Melaphyr, der immer dunkelolivenbraun oder schwarz ist, kommt nur Magnet- oder Titan- eisen vor, im körnigen daneben auch noch Eisenglanz, der das Gestein stets roth färbt. Ausserdem ist das Letztere durch grössere körnige Ausscheidungen von Feldspath und Augit aus der feinkörnige- ren Grundmasse ausgezeichnet, während im Ersteren mitunter schwarzer Glimmer (daher der Name Glimmer-Porphyr) vorkommt, Die Mandelsteine schliessen sich den dichten Melaphyren an, Der 3 * — U —— Vortragende zeigte zugleich das Loupenmikroskop vor, dessen er sich bei seinen Untersuchungen be- dient hat. Das Instrument ist in England von Bank vor 30—40 Jahren gefertigt und stammt aus dem Nachlasse LeoroLp v. Bucn’s. Es bietet bei nur mässigen Vergrösserungen den Vortheil ausser- ordentlicher Klarheit und einer Vorrichtung, die es möglich macht, bei durchfallendem und auffallen- dem Lichte zu beobachteu. Es sind nämlich zwei sehr scharfe Loupenlinsen im Mittelpuncte kleiner Hohlspiegel angebracht, deren Brennpunct mit dem Brennpunct der Linse zusammenfällt. Das durch einen kleinen Planspiegel von unten nach oben geworfene Licht wird so von oben auf das Object re- flectirt, welches durch die Lirse vergrössert erscheint. Das Instrument ist für die Untersuchung klei- ner Mineralkörper oder künstlicher Krystalle sehr empfehlenswerth. Herr Geheimerath MUELLER zeigte Krystalle von Kupfernickel vor, welche vor Kurzem auf einer Kluft des Kupferschiefers von Sangerhausen vorgekommen. Sie zeigen den Habitus hexagonaler Krystalle, da man sechs gleiche Flächen zu einer Pyramide vereinigt sieht. Herr Prof. GIRARD machte auf die Wichtigkeit des Fundes aufmerksam, da dies die ersten deutlichen Krystalle von Kupfernickel sind, welche bekannt geworden. Er spricht die Vermuthung aus, dass die Krystalle Drillinge einer rhombischen Form sein möchten. Sitzung vom 19. December. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen und werden vorgelegt: Bulletin de la societ& imperiale des naturalistes de Moscou 1856 Nr. 2—4, 1857 Nr.1; nebst Begleit- schreiben des Secretairs Herrn RENARD. GAIRDNER, die Gicht, aus d. Engl. übersetzt und mit Zusätzen versehen von Dr, C. Braun. Wiesba- den 1858. Geschenk des Herrn Uebersetzers. Herr Professor Dr. E. pu Boıs Revmoxnp in Berlin wird zum ordentlichen auswärtigen Mit- gliede ernannt. Ausser einer Berathung und Abstimmung über Statutenveränderungen wird die Wahl der Beamten der Gesellschaft für das folgende Jahr vorgenommen und fällt die Mehrzahl der Stimmen für die A Direetoren auf die Herren Prof. VoLkmann für Zoologie, Prof. v.SCHLECHTENDAL für Botanik, Berghauptmann v. Horver für Mineralogie, Prof. Knorzauc# für Chemie und Physik. Zum Amt eines Secretairs wird Herr Prof. M. Schutze interimistisch als solcher nach dem Abgange des Herrn Dr. Anprae fungirend, erwählt, während die Herren Dr. MAnn und Graf SEckEN- DORFF auch für das folgende Jahr wieder zu den Stellen des Bibliothekars und des Rendanten berufen werden. Als nachträglich von Herrn Ep. Anron an die Redagtion der Schriften der naturforschenden Gesellschaft eingegangen, wird hier noch angefügt: ne, Breves descriptiones Molluscorum quorundam terrestrium et marinerum Chilensium. Auctore Dr. BR. Philippi, historiae naturalis in Univers, Chilensi professor. 1. Helix Pencana'!) Ph. H. testa late umbilicata, depressa, discoidea, corneo -Iutescente, stri- gis undatis castaneis, basi obsoletis pieta, costato-plicata, lineis concentrieis destituta; spira plana; suturis canaliculatis; anfractibus quinque, ultimo tereti, basi subangulato, sensim descendente; umbilico lato, conico, fere dimidium diametri occupante; apertura modice obliqua, semilunata, multo altiore quam lata; peristomate simplici. — Diam. maj. 3 lin, minor 24 lin., alt. 13 lin. In provineia Con- cepcion invenit orn. Germain, Differt ab H. Binneyana Ph. testa minore, anfractibus in spira magis rotundis, striis concen- trieis omnino nullis; ab H. dissimili d’Orb. testa minore, costato-plicata, etiam in pagina inferiore; apertura altiore quam lata; ab H. Gratioleti Huse magnitudine minore, altit. majore; apertura altiore quam lata; ab H. quadrata Fer. umbilico ampliore, costis robustis ete., ab A. zebrina mihi, eui magis affınis, testa majore, striis concentrieis nullis, anfractu ultimo dorso rotundo, basi vero subangulato etc. 2. Helix rhinion?) Ph. H. testa minuta, late umbilicata, depressa, discoidea, tenui, cornea, rufo-radiata, striato-costata, striis elevatis, fere lamellaribus; spira plana; sutura profunda; anfracti- bus 41 lente crescentibus; umbilico tertiam diametri partem haud aequante; apertura parum obliqua, rotundata, ab ultimo anfractu parum modificata, peristomate tenui, acuto. — Diam. major 12 Iin. Habitat .... Unicum specimen ab orn. Germain leetum suppetit, cujus originis oblitus est inventor; absque ullo dubio in prov. Santiago aut Concepeion habitat. — Helici Jungermanniarum mihi proxima, sed major, striae radiantes magis distantes magis elevatae, umbilicus longe major. 3. Bulimus arbustorum Ph. B. testa imperforata, oblonga, tenui, pellueida, tenuiter rugoso- striata, strüs spiralibus distantibus subgranulata, ad suturam fere erenulata, lutea vel rufescente, ple- rumque maculis strigisve castaneis diversimodo variegata; anfraetibus quinque, convexis, ultimo spiram superante, laevissimo; apertura oblonga, albida; columella simpliei, filiformi, peristomate recto, acuto, intus nigro, columellari tenuissimo, fere obsolet. — Long. 12 lin., lat, 6 lin., altit. aperturae 74 lin. In arboribus et fructicibus nemorum prov. Valdiviae, sed non frequens legitur. Anfractus duo primordiales sub lente elegantissime undulato-striati. — B. chilensis Lesson testa omnino tenuissime granulata a nostro differt; hune prope Santiago unice sub lapidibus, ad radices fruticum ete. nunquam in arbustis arboribusve inveni. — Animal B. arbustorum flavum est. 4. Bulimus splendidus Ph. B. minutus, testa ovato-conica, imperforata, tenui, striatula, niti- dissima, rufo-corneo; spira conica, acuta; anfractibus 5i, parum convexis, ultimo spiram aequante; apertura ovato-pyriformi; columella recta, filiformi, basi angulum cum labro formante. — Long, 23 lin. Hab. in insula Juan Fernandez. 1) Penca nomen antiquum pro oppido Concepcion. 2) öıwiov, lima parva. a Valde similis Achatinis splendidae Ant. et /ucidae mihi, quae sequitur, sed columella recta, filiformis, minime torta vel truncata est. 5, Achatina lucida Ph. A. testa ovato-conica, tenui, striatula, nitida, rufo-cornea; spira conica, acutiuseula; anfraetibus 6—7, parum convexis; ultimo spiram subaequante; columella torta, inerassata, obsoletissime truncata; apertura oblongo -ovali; peristomate simpliei, acuto; margine colu- mellari vix in callum extrorsum diffusum reflexo. — Long. 24 lin. Habitat in insula Juan Fernandez. Ab A. splendidula insulae Masafuera colore rufo- corneo, magnitudine minore, columella crassiore et magis torta satis differre videtur, ut speciei honori- bus digna sit, 6. Succinea aprica Ph. $. oblongo-ovata, tenerrima, diaphana, e viridi - lutescente; spira acuta, dimidiam partem anfraetus ultimi aequante; anfractibus rotundatis, sutura profunda divisis; columella vix armata; apertura satis obliqua, ovato-pyriformi, superius vix angulosa. — Long. 33 lin.; longit. aperturae 24, latit. ejus 13 lin. In collibus aprieis prope Concepceion et in praedio meo $. Juan raram inveni, v. gr. sub foliis Eryngü paniculati. Animal nigrum. — Latior est quam S$. labiosa mihi, species e deserto Atacamensi; a S. pingui Ph. magnitudine minore, spira minus acuta, longiore? differt. 7. Succinea fernandeziana Ph. $. testa oblongo-ovata, temui, rugoso-striata, pellueida, niti- dula, rufo-cornea; spira conica, acutiuscula; anfractibus 31, valde convexis, ultimo spiram ter ae- quante; apertura ovata, superne angulata; columella simpliei, parum armata, — Long. 54 lin. diam, 34 lin.; apertura 44 lin. longa, 2% lin. lata, Habit. in insulis Juan Fernandez, praesertim in illa quae ‚magis foris (mas a fuera) est. Forma magis eum $,. putri europaea convenit quam aliae chilenses; a S. semiglobosa Pfr., quae mihi eadem ac S. mammillata Beck videtur, spira elata, acuta, et a S. fragili King, quae S. pinguis Pfr., eui similior, magnitudine paullo minore, (S. fragilis usque ad 7 lin. exereseit) spira angustiore, forma minus inflata, colore magis rufo differt. 8. Limas valdivianus Ph. L. omnino fusceus; corpore extenso 11—12 lin. longo, postice com- presso, fere carinato, subtruncato; poro mucoso nullo; sceuto laeviusculo, rugulis 10 parum prominen- tibus in parte anteriore transversis, in posteriore eoncentriee orifieium respirationis circumdantibus; testa planiuseula. Frequens in provineia Valdivia sub truneis putridis ete. In animale repente sontum fere dimidium eorporis oceupat; orificium pulmonale posticum, ad quartam partem scufi situm; pars poste- rior corporis rugis sat grossis reticulata; solia pallida, cinerascens; in capite lineae angustae flavescen- tes, longitudinales, approximatae, quae exterius ramulos sub angulo recto divergentes emittunt, con- spieiuntur. 9. Trochus Fonki Ph. Tr. testa conica, imperforata, tenui, pallide rosea; anfractibus superio- ribus planiusculis, trieingulatis, ultimo obtuse angulato, eingulis quingue munito; cingulo supremo su- turali granuloso, reliquis plerumque laevissimis; baseos convexiuseulae eingulis sex; apertura quadran- gulari; columella parum obliqua, tereti, haud truncata, sed sensim in labrum abeunte. — Altit. ab apice ad extremitatem columellae 51 lin.; diam. baseos 43% lin.; anfraetus 7. Ad insulas Chonos pauca specimina invenit el. Dr. Fr. Fonk, ER 10. Trochus (Margarita) wenustulus Ph. Tr. testa globoso -conoidea, solida, demum imper- forata, tenuissime transversim striata vel laevissima, coceinea. interdum alboguttata; anfractibus con- vexiuseulis; ultimo rotundato, spiram aequante. — Altit. obliqua 2 lin.; diam. 21 lin. Cum priore invenit idem el. Dr. Fonk, 11. Cerithium antarcticum Ph. C, testa turrieulata, rufa, unieolore; anfractibus eirca 10, mo- diee convexis, ultimo vix 4 totius longitudinis superante; costis longitudinalibus eirca 16, paullulum areuatis, in basi anfraetus ultimi evanidis; suleis transversis profundis, duobus in anfractibus superio- ribus, quatuor in anfractu ultimo, tertio quartoque approximatis; apertura ovata, angulata; columella recta, canali brevissimo, In freta Magellanico legit orn. GEORGIUS SCHYTHE. Altit. 8 lin., latit. 34 lin. ultimum anfraetus 21 lin.; apertura fere Teerebrae. Differre videtur a C. pullo praeter magnitudinem majorem anfractibus magis rotundatis, suleis longe angustioribus, in- terstitiis latioribus, unde testa haud granulata videtur. 12. ‘Fusus chonoticus Ph. F. testa turrito-fusiformi, pallide fusca, longitudinaliter costata, transversim sulcata, subgranulosa; anfractibus 7, convexis, ultimo spira breviore; costis eirca 12; sul- eis transversis in anfraetibus superioribus quatuor, in ultimo 10—12, inferioribus nasum (caudam) testae occupantibus profundioribus et latioribus, ita ut cingula elevata inter eos nascantur; apertura ovato-oblonga; labro incrassato, intus noduloso; labio columellari inferius nodulum unum alterumve exhibente; canali brevi, distineto, aperto. — Longit. 54 lin., latit. 13 lin. In archipelago Chonos dicto legit el. Dr. Fr. Fonk. 13. Fusus nigrinus Ph. F. testa turrito-fusiformi, nigra; costis longitudinalibus 10—12, ein- gulisque transversis elevatis, quatuor in anfractibus superioribus, 9—10 in ultimo, sculpta, fere gra- nulata; anfraetibus rotundatis, ultimo spiram subaequente; apertura ovata, purpurea; labio utroque laevi; canali brevi, dimidium vel 3 aperturae aequante, aperto. — Longit. 41 lin., latit. fere 2 lin. Cum priore oceurrit, a quo testa obscuriore, grossius granulata, anfractibus magis rotundatis, ultimo longiore differt. 14. Pholas macrostoma Ph. Ph. testa parva, ovato-cuneata, sulco profundo in partes duas divisa; parte antica valde hiante, costis circa 7 radiantibus, lamellisque concentrieis aspera, margine dorsali late reflexa; extremitate postica oblonga, fere clausa, ecostata, tantummodo concentrice lamel- losa, margine postico reflexo; hiato antiquo aeque lato atque alto; laminis accessoriis nullis. Long. 6 lin., alt. 41, crass. 4 lin. In archipelago Chonos dicto legit el. Dr. Fr. Fonxck. 15. Cyclas angulosa Ph. C. testa ovata, compressa, epidermide tenui, virescente vestita, laevi, nitida, antice perpendieulariter, postice in parte superiore oblique truncata; margine dorsali igi- tur utringue, et quidem in distantia aequali a vertice, angulo obtuso sed distineto terminato; angulo obtuso, distincto pariter in parte ventrali extremitatis anterioris conspieuo. — Long. 4 Iın., altit. 34 lin., erass. Habitat in prov. Santiago. A C. chilensi forma angulata et dimensionibus majoribus differt. 16. Cardita australis Ph. C. testa parva, ovato-trapezia, satis compressa, alba, costis eirca 11— 12, interstitiis suis latioribus, et squamis fornicatis dense tectis sculpta; extremitate antica obli- un que truncata, satis acuta, posteriore elongata, rotundata; margine dorsali postico ventralique subparal- lelis, — Long. 24 lin., altit. 13 lin. In archipelago Chonos dicto invenit el, Dr. Fr. Fosk. — Differt a C. naviformi umbonibus minus prominentibus, extremitate postica breviore, haud perpendiculariter truncata; colore albo; a tegu- lata forma magis elongata, extremitate antica magis acuta, colore albo, 17. Phaseolicama exilis Ph. Ph. testa minima, alba, trapezia seu fere oblonga; latere antico nempe et linea, quae extremitatem posticam truncat, fere parallelis; latere postico subeostulato. Long. 14 lin., altit. 1 lin. In archipelago Chonos dieto invenit el. Dr. Fonk. — Costae eirca 10 in latere postico, un- dulatae, parum conspicuae, et tres minus adhuc conspieuae in parte media testae. Pullus Ph. trapezi- nae (Modiolae) Lamk esse ‘non potest. Nachtrag zu dem veröffentlichten Mitgliederverzeichniss. Herr CH. GRENIER, Dr. med. u. Professor zu Besangon. „ D. A. Gopron, Dr. med. zu Nancy. „ A. Borzau, Professor u. Director des botan. Gartens zu Angers. „ Bucumger, Professor zu Strassburg, „ P. Herrer, Ober-Berg- Amts-Referendarius zu Breslau. „ von HorveL, Berghauptmann zu Halle. „» Bronpm, Dr. med. in Avignon. „ NR. HeıpenHAIn, Dr. med. und Privatdocent in Halle. „ FRickumnger, Apotheker in Nördlingen. „ H. Mverrer, Dr. u. Professor in Würzburg. „» 4A. KorLuiker, Dr. Professor in Würzburg. „ E. Leyoie, Dr. Professor in Tübingen. „ Casrary, Dr. phil. u. Privatdocent in Bonn. „ E. pu Boıs Revmonp, Dr. Professor in Berlin. Tal H Tat Ansı vH SchenckmHale Taf. IE. < Im Herrn Lasckarts Obhandlang über Pupiparen. ih Anst,v A Schenst SIT Anl I) 1055 Le = TaEII“ D Lith.AnetscH Scheneckm Han an id re | 7 Gegenbauurs Obhandlang über Limalur Lith Ans. v. 9/Schenckın Hal. Bemerkungen über einige vom Krebs zu trennende Geschwülste. Von Dr, Richard Volkmann, Docenten der Chirurgie in Halle. Mit zwei Kupfertafeln. Abh. d. Nat. Ges. zu Halle, 4r Band. 34 . ’ TER Yu e ’ w rather idnpal ‚2 SIalnwWiaoh I3.8 IA ansmalaor BAR Sehr allgemein werden heut zu Tage noch die Sarkome oder fibroplastischen Geschwülste Lebert's, wenn sie einen bösartigen Verlauf machen, recidiviren und verjauchen, mit den Krebsen zusammengeworfen. Trotzdem unterscheiden sie sich von den letztern nieht blos durch die anatomische Structur ihres Gewebes, welche fast ausnahmslos schon eine makroskopische Diagnose erlaubt, sondern meist eben so grob in ihrem äusseren Habitus und in ihrem klinischen Decursus. Der primäre Krebs kommt mit Vorliebe an besonderen Orten vor, z. B. in drüsigen Organen, im submukösen Bindegewebe u. s. w., findet sich hingegen im subeutanen Bindege- webe nur selten. Hier kommen im Gegentheil die Sarkome schon ganz besonders häufig vor, so dass, abgesehen von dem Scirrhus mammae und dem leichter diagnosticirbaren Cancroide, ein grosser Theil bösartiger Geschwülste, welche von den Chirurgen als Krebse exstirpirt werden, nur aus fibroplastischem Gewebe bestehen‘, ja sogar die kli- nisch -anatomische Charakteristik der Compendien sich oft viel weniger auf den ächten Krebs, als auf jene durchaus von ihm zu trennende Geschwülste bezieht. Man gebe sich einmal die kleine Mühe und stelle sich aus der schon in Folge akiurgi- scher Anknipfungspunete sehr reichen Literatur 20 Fälle zusammen, im denen sich ein sogenannter Markschwamm, Fungus haematodes, oder gar ein Gallertkrebs im subeutanen Bindegewebe und nicht von drüsigen Organen aus entwickelte. Die Sectionsbefunde dieser 20 Fälle vergleiche man mit den Befunden von 20 an Brust- krebs, Krebs des Uterus, oder des Hodens Gestorbenen, und man wird das Schla- gende der Zahl anerkennen müssen, wenn man unter den Fällen der ersten Art vielleicht nur einen oder zwei findet, in welchen gleichwerthige Erkrankungen der Lymphdrüsen oder der innern Organe vorhanden waren, unter den Fällen der zweiten Art hingegen nur eben so viele, in denen sie vermisst wurden. Die Neigung der Sarkome, an Ort und Stelle rückfällig zu werden, ist gross. In manchen Fällen folgen aber die örtlichen Reeidive nur langsam und in grossen Pausen, und wenn 5 oder 6 Operationen nothwendig wurden, waren’ sie auf einen Zeitraum von 10, 15 und 20 Jahren vertheilt. Unter solchen Umstän- 34 * — 3 — den entschliesst sich der Practiker noch leichter, den Namen Krebs fallen zu las- sen, zumal wenn er sich überzeugt, dass Beispiele vorkommen, wo durch eine letzte Operation das Uebel schliesslich doch noch für immer beseitigt wurde; denn be- kannter Massen gehörte zur vollendeten Diagnose des Krebses eigentlich immer, dass der Kranke bereits gestorben sei! Heilte einmal ein wie Krebs aussehendes Uebel, so war man hinterher ganz sicher davon überzeugt, nicht dass die herkömm- liche Doctrin falsch sei, sondern, dass man sich m der Diagnose getäuscht habe. — Andere Male folgen aber Operation und Recidiv Schlag auf Schlag, oft noch ehe die Wunde verheilte, und wenn dann noch Ulceration und Blutung hinzutritt, ist das breite klinische Bild des Krebses bald fertig. Trotzdem lehrt die Erfahrung, dass in der Mehrzahl der Fälle dieser Verlauf noch sehr bemerkenswerthe Eigen- thümlichkeiten dem wahren Krebse gegenüber darbietet, so dass, wer beide For- men unter einander ‘wirft, sich des feineren Urtheils über den Ausgang von vorn herein begiebt. Es fehlen eben fast regelmässig Drüsenerkrankungen und Verbrei- tung auf innere Organe, die Krankheit .bleibt rein local, aber freilich hinein dia- gmostieiren lässt sich eine Krebsdyskrasie sehr leicht, wenn man verlangt, dass ein Patient mit einer verjauchenden oder blutenden Geschwulst nicht gelb und anä- misch aussehen soll, und wenn man erwartet, dass unter gleichen Umständen die Lymphdrüsen in der Umgebung nicht entzündlich anschwellen sollen, während man es ihnen 'bei jedem Furunkel gestattet, und obwohl schon Zinn auf die rein ent- zündlichen‘ Drüsenanschwellungen bei krebsigen Geschwülsten aufmerksam ge- macht hat. Es haben sich die Praktiker von jeher gegen die locale Natur solcher durch Hartnäckigkeit der Recidive ausgezeichneter Erkrankungen ausgesprochen. Die von ihnen kommende Gefahr für den ganzen Organismus schien auch eine Theilnahme desselben von Anfang an wünschenswert zu machen. Nun ist es zwar in der Mehrzahl der Fälle schwierig, den Beweis zu liefern, dass es sich allein oder vor- wiegend um örtliche ursächliche Störungen handle, indessen ist es doch eben für einzelne Fälle möglich, und solche Fälle müssen dann ganz besonders urgirt wer- den. So ist es also z. B. sehr leicht, die localen Recidive, welche beim Lupus nach vollständigen Exstirpationen auftreten, in jedem Falle auf ein Allgemeinleiden (Sero- phulose, Syphilis u. dgl.) zu beziehen, wie aber, wenn die totale Rhinoplastik aus dem Oberarm gemacht wird, und es erscheint das Recidiv nach einiger Zeit an der Spitze der neugebildeten Nase, ganz auf dieselbe beschränkt und von den Wan- gen überall durch mehrere Linien gesunder Haut getrennt? Ich habe diesen Vor- — 33 — gang erst kürzlich beobachtet und weiss, dass er auch anderwärts gesehen worden ist. Der transplantirte Lappen wird hier in die Cireulations- und Innervationsver- hältnisse der alten Nase eingeführt, er bekommt dieselbe ungesunde Lage und ver- fällt nun den gleichen Erkrankungen wie diese. Wenn man also aus Gründen, auf die ich hier nicht näher eingehen kann, Diathesen einzelner Gewebe und Gewebs- partien annehmen muss, so existiren daneben noch solche des Orts, und man muss die loci minoris resistentiae recht eigentlich von dem schwachen, zur Erkrankung neigenden Gewebe selbst unterscheiden. Auf der andern Seite darf man aber gerade für das Sarkom die locale Be- deutung der Geschwulst und die Erfahrung, dass das Recidiv fast immer nur von der Operationsnarbe ausgeht, nicht überschätzen, wie dies meimes Erachtens Lebert thut. Die Sarkome sind nur der inficirenden Kraft der Carcinome gegenüber be- schränkt örtlicher Natur. Ein primäres Allgemeinleiden zeigt sich nämlich beim Sarkom gerade viel häufiger und viel deutlicher als beim Krebs. Die Krebskrank- heit hat offenbar eine gewisse Aehnlichkeit mit Krankheiten, wo ein deletärer Stoff in den bis dahin relativ gesunden Körper eingebracht wird, und sich von dem An- fangs ganz beschränkten Heerde aus centrifugal ausbreitet, also z. B. mit der Sy- philis, und es ist diese Analogie schon oft hervorgehoben worden. Gewöhnlich hat man den Vergleich dann schnell zu weit ausgeführt und geschlossen, dass auch eine Leitung körperlicher Theile (Krebszellen), oder doch eines chemischen Stoffes in geschlossenen Gefässcanälen in allen Fällen vorhanden sein müsse; dass dies we- nigstens nicht nothwendig ist, zeigt eme sehr einfache und jedem Spitalarzte bekannte Thatsache. Man legt einem relativ gesunden Individuum em Vesicator und behandelt es reizend und unzweckmässig, so entstehen sehr oft m der Umge- bung pustulöse und furunculöse Entzündungen; hört jetzt die Reizung an dem er- sten Entzündungsheerde noch nicht auf, so brechen dann an den entferntesten Kör- perstellen gleiche Eruptionen hervor, und man kann auf diese Weise einem Men- schen mit zuvor ganz reiner Haut eine Furunculose anerzeugen, die nachher sehr schwer zu beseitigen ist. Die gleichen Vorgänge kann man von maltraitirten Fon- tanellen, Panaritien, Furunkeln u. s. w. ausgehen sehen, und ist dieses Factum von um so grösserer Wichtigkeit, je weniger es sich dabei um irgend welchen specifi- schen Process, und um specifische Krankheitsproducte handelt. Es genügt also vor der Hand, hier wie beim Krebs, das Factum, die nächste Abhängigkeit der secun- dären Erkrankungen von dem ersten Krankheitsheerde anzuerkennen. Hingegen hat die Sarkomkrankheit vielmehr Aehnlichkeit mit der Scrophu- — 3% — lose. Im Vergleich zu der generalisirenden Tendenz der Krebse geschieht beim Sarkom vielmehr eine Localisation; es gehen häufig Störungen der Ernährung und Blutbildung, Neigungen zu chronischen Entzündungen u. dgl. voraus, die sogar eine äussere Aehnlichkeit mit der Serophulose haben, und das neugebildete Gewebe zeigt nähere oder fernere Verwandtschaften mit chronisch entzündlichen Wucherun- gen oder ist allmälig aus einer solchen Gewebswucherung hervorgegangen, wobei dann die Uebergänge zeitlich oder räumlich, hinter oder neben einander nachweis- bar sein können. Die Geschwulstbildung fällt beim Krebs auf den Anfang, beim Sarkom mehr auf die Höhe einer längeren Reihe von Störungen, und das Allge- meinleiden ist bei der einen Krankheit mehr von anamnestischem, bei der anderen mehr von prognostischem Interesse. Wenn man also auf diese Weise eine sarko- matöse Diathese zugeben kann, die sich auch dadurch ausspricht, dass Erblichkeit hier zuweilen in unzweideutiger Weise nachweisbar ist, so werden dadurch Krebs und Sarkom nur noch schärfer von einander getrennt. — Oertlich recidivirende Sarkome, welche zuletzt den Tod des Patienten durch Verjauchung herbeiführen und vollständig das Bild des klinischen Markschwammes wiederholen, kommen so wenig selten vor, dass ich es für unnütz halte, hier Fälle aus meiner Erfahrung anzuführen. Sehr interessant war mir der Verlauf bei einem 7jährigen Mädchen, bei welchem zuerst um Weihnachten 1856 eine harte, höcke- rige Geschwulst unter der Haut zwischen beiden Schulterblättern bemerkt wurde. Sie erreichte ziemlich schnell die Grösse eines Hühnereies und wurde schon zu Ostern 1857 von einem Arzte exstirpirt. Im Juni stellte sich Patientin mit eimem etwa wallnussgrossen Recidiv- Tumor an demselben Orte vor. Die Geschwulst hatte einen beträchtlichen Grad von Festigkeit, eine ausgesprochen höckerig-lappige Oberfläche, und nach der Exstirpation eine homogene, gelbgraue Schnittfläche und deutlich faserigen Bau. Der mikroskopische Befund war der eines unzweifelhaften Sarkomes. Aber schon am 1. November musste Patientin mit einem neuen Recidiv in die chirurgische Klinik aufgenommen werden. Eine anderthalb Fäuste grosse, fluetuirend weiche, aus einzelnen kugeligen Massen bestehende Geschwulst nahm die Stelle der früheren Narbe ein. Die Haut über der ersteren war in grosser Aus- dehnung zerstört, die freiliegenden Geschwulstmassen oberflächlich verjaucht und von Blutextravasaten durchsetzt, und das Kind durch Hämorrhagien und Jauchung sehr herabgekommen, so dass eine neue Operation nothwendig wurde. Die entfern- ten Massen zeigten diesmal die weichste Form des Sarkomes, ein gelbröthliches, leicht zerdrückbares Gewebe, aus Spindelzellen und einer sehr spärlichen, leicht streifigen, schleimigen Intercellularsubstanz bestehend. Ich bin überzeugt, dass kein Praktiker die ersten beiden Geschwülste für bösartig erklärt hätte; aber das letzte Reecidiv war vollständig der Markschwamm aus den Lehrbüchern der Chirurgie, und das Kind wird mit Wahrscheinlichkeit über. kurz oder lang einem neuen Riückfalle unterliegen '). Was nun für einen speciellen Fall die practisch so äusserst wichtige Gutar- tigkeit oder Bösartigkeit einer sarkomatösen Geschwulst anbelangt, so ist hier nicht zu vergessen, dass die Gattung Sarkom einerseits schr homologe, andrerseits durch- aus heterologe Bildungen umfasst. Eine Zahl dieser Geschwülste stimmt nämlich, wie bekannt, in Bezug auf ihren Bau durchaus mit den Productionen überein, wie sie bei den chronisch - entzündlichen Bindegewebshypertrophien und Indurationen, bei sulzigen Infiltrationen in der Umgebung von Entzündungsheerden, und wie sie als frisches, Lücken — ausfüllendes Material z.B. bei Atrophien von Nervensträngen u. dgl. auftreten. Dem entsprechend findet man eine grössere Regelmässigkeit des Baues und der Anordnung der Zellen, ein relativ langsames Wachsthum, grössere Festigkeit der Intercellularsubstanz und eine mehr oder weniger hervortretende Ten- denz zur Umwandlung in die ausgebildeten Formen des Bindegewebes, so dass es sogar stellenweis zur Schrumpfung und zur Retraction kommt. Aber diesen Fällen steht mit unzähligen Uebergangs- und Zwischengliedern eine Zahl anderer gegen- über, die sofort durch das ganz Atypische und Schrankenlose der Wucherung, durch die Rapidität der Zellenwucherung, oder durch die gallertartige oder schlei- mige Beschaffenheit der sehr reichlichen Intercellularsubstanz ihre heterologe Natur bekunden. Im Allgemeinen ist es nun zwar richtig und muss bei Bestimmung der Prognose der Hauptanhaltpunct bleiben, dass eine sarkomatöse Geschwulst desto weniger Neigung zum Recidiviren und zum Allgemeinwerden hat, je weniger sie sich von der Structur des festen und namentlich des fibrillären Bindegewebes ent- fernt. Doch kommen auch hier Fälle genug vor, die da beweisen, dass es sich nicht um ein unumstössliches Gesetz handelt, und hat bekanntlich Paget meh- rere Fälle von ausgezeichnet bösartigen Fibroiden beschrieben. Lebert?), der we- nigstens für das Fibroid die absolute Gutartigkeit retten möchte, glaubt, dass man die Paget’schen Fälle vielleicht lieber zu den fibroplastischen Geschwülsten stellen 1) Der Tod des Kindes, welches nach der letzten Operation die chirurgische Klinık verliess, ist im Januar dieses Jahres an einem neuen localen Recidiv mit bedeutenden Blut- und Jaucheverlusten erfolgt. 2) Anatom. pathol. gener. p. 197. — 35 — könnte, Als wenn mit dem Namen die Sache geändert würde! Als wenn dadurch die für den Specifiker so sehr unbequeme Beobachtung zu nichte gemacht, annul- lirt würde, dass auch Geschwülste aus dem allerfestesten und faserichsten Bindege- webe, welche hinsichtlich ihrer Struetur den Sehnen und Fascien entsprechen — Geschwülste, welche in tausend Fällen durchaus local und circumscript bleiben, in einem Falle einen zum Ruin des ganzen Organismus führenden, krebshaften Ver- lauf nehmen können! Ein durch exquisite Fibroidnatur und gleich exquisite Bösartigkeit ausge- zeichneter Fall dieser Art wird in dem hiesigen anatomischen Museum aufbewahrt. Die betreffenden Theile waren als Pulmones osteosteatomatosi und als Tumores oste- osteatomatosi in superficie interna ossis ilei et im glandula thyreoidea ejusdem viri bezeichnet. Irgend welche Notizen über Krankheitsverlauf und Alter des Trägers dieser Geschwülste sind leider nicht vorhanden; doch ist der Fall, wie ich glaube, auch so noch äusserst werth bekannt zu werden. Der ganze Brustkorb ist in Spiritus aufbewahrt. Bei der ersten Besichtigung zeigt sich sofort die ganze linke Pleurahöhle von einer knolligen Masse ausgefüllt, welche aus haselnuss- bis hühnereigrossen, theils nur durch ein lockeres Zellgewebe vereinigten, theils mit einander verschmolzenen Fibroidknoten besteht. Von den Lungen ist vor der Hand keine Spur zu entdecken; der linke Bronchus und die Lungengefässe treten in die knorrigen Massen ein, welche sich von den Wirbelkör- pern bis zu den knöchernen Enden der Rippen erstrecken, an welche letztere sie fest angeheftet sind. Das übrigens gesunde Herz liegt der Oberfläche dieser Mas- sen frei auf, hingegen ist die hintere Fläche des Herzbeutels mit ihnen verwachsen, so dass die Höhle des letzteren inwendig sehr höckerig erscheint. Nach unten zu durchsetzen dicht gedrängte und meist innig mit einander verschmolzene Fibroid- knoten die linke Hälfte des Zwerchfelles so vollständig, dass nur einzelne ver- drängte Muskel-Portionen vorhanden sind. Eine grosse Zahl von Knollen erstreckt sich von hier an der äusseren Fläche des Thorax bis zu der Grenze der falschen Rippen herab. — Nach Durchschneidung einer etwa 1’, Zoll starken, aus einzel- nen verschmolzenen Höckern bestehenden Schicht schwartigen, lederartigen Gewe- bes, welches den oberen Theil der linken Pleurahöhle ausfüllt, stösst man auf einen faustgrossen Theil des linken oberen Lungenlappens, der noch lufthaltig, aber von einer [Anzahl erbsengrosser und grösserer fibroider Knoten durchsetzt ist. Nach unten zu geht dann das relativ gesunde Lungengewebe sehr bald wieder in eine fibroide knotige Masse über, die anfangs auf dem en Durchschnitte fleckig und streifig dunkel schwarzblau marmorirt ist, so dass man sofort erkennt, dass hier der eigenthümliche Fall einer diffusen fibroiden Degeneration des Lungengewebes mit Stehenbleiben einzelner Partien relativ intacten Lungenparen- chyms vorhanden ist. Noch weiter nach dem Zwerchfell zu findet sich nur eine gleichmässige, enorm feste und zähe Fibroidmasse, von Lungengewebe keine Spur. — Der erhaltene Apex pulmonum ist nicht mit der Pleura costalis verwach- sen; hebt man die Lunge hier auf, so sieht man unter dem Pleura-Ueberzuge der Rippen einen Fibroidknoten dicht neben dem andern als ganz eircumseripte, steck- nadelknopf- bis haselnussgrosse Geschwülste im Zellgewebe unter der Pleura ent- stehen, und nach unten zu mit den knotigen Massen der Lunge bald zu einer ein- zigen unzertrennlichen Geschwulst verwachsen. — Die sonst gesunde rechte Lunge zeigt sich von S—10 erbsen- bis haselnussgrossen Knoten durchsetzt, die, obwohl dicht unter der Pleura liegend, vom Lungengewebe selbst ausgegangen zu sein scheinen, aus dem sie sich nur sehr unvollständig ausschälen lassen. Mehrere die- ser Knoten enthalten in ihrer Mitte deutliche Partien schwarz pigmentirten Lun- gengewebes eingeschlossen. — Ausserdem findet sich nun noch ein äusserst festes Fibroid von der Grösse eines Stettiner Apfels an der innern Fläche der linken Darmbeinschaufel aufsitzend, wo es eine durchaus eircumscripte, kugelrunde, vom Periost ausgegangene Geschwulst bildet. Eine gleiche mandelgrosse findet sich ihr gegenüber auf der äusseren Fläche des Darmbeines. Endlich ist noch die Glandula thyreoidea desselben Individuums aufbewahrt, deren linker Lappen eine borsdorfer- apfelgrosse vollkommen circumscripte Geschwulst enthält. Die Drüse ist übrigens klein und weiter nicht erkrankt. Alle diese Knoten, sowohl die im der Brusthöhle als die vom Becken und aus der Schilddrüse, bestehen aus dem allerfestesten und zähesten fibrösen Gewebe, so dass sie, wie gesagt, als Osteosteatome bezeichnet wurden, obwohl keine Spur von Verknöcherung oder Verkalkung vorhanden ist. Im Innern findet man überall das bekannte pseudoareoläre Aussehen der Schnittfläche, wie es gerade bei den fe- stesten Formen der Fibroide, die aus vielfach sich durchkreuzenden gröberen Faser- bündeln bestehen, gefunden wird, indem eine grauliche und nicht faserig aussehende fleck- und tüpfelweis auftretende Masse (Querschnitte von Faserbündeln) von unre- gelmässig verästelten und silberglänzenden Faserzügen (Längsschnitte von Faserbün- deln) eingefasst und umzogen werden. — Nicht minder merkwürdig und einzig in seiner Art ist ein zweites sehr gut Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 35 —— — erhaltenes Präparat unseres Museums, welches aus der J. F. Mecke’schen Zeit stammt: die linke obere Extremität eines wohl noch ziemlich jugendlichen Frauen- zimmers mit einem colossalen Fibroide, welches wahrscheinlich durch centrale Er- weichung und Verjauchung den Tod der Patientin herbeiführte. Ueber die nähere Geschichte des Falles ist Nichts bekannt, da J. F. Meckel, der über seinen anatomi- schen Schätzen bekanntlich eifersüchtig wie die Henne über den Eiern sass, kei- nem Präparate Notizen beigefügt hat. — Die grobhöckerige, knollige, im Allge- meinen eiförmige Geschwulst reicht von der Spina Scapulae bis zum ÖOlecranon und‘ hat einen Querdurchmesser von mehr als !, Fuss. Sie umgiebt den Humerus spin- deltörmig von allen Seiten, doch liegen ihre Hauptmassen nach hinten und zu bei- den Seiten, und nehmen dann nach vorn zu an Mächtigkeit ab, um hier in einer Rinne zusammenzustossen, in welcher Nerven, Gefässe und der Musculus Biceps lie- gen. Die Geschwulst selbst besteht aus einem so exquisit sehnigen Bindegewebe, dass sie als Typus für die festeste Form der Fibroide gelten kann. Bei der genaueren Untersuchung des Verhaltens der Geschwulst zu den Ober- armmuskeln, von welchen äusserst dünne, flächenhaft ausgebreitete Lagen die Ober- fläche der Geschwulst bedecken, ergiebt sich Folgendes: der M. Deltoides am obe- ren und der Triceps und Brachialis internus am unteren Ende umgreifen die Ge- schwulst mit ihren Fasern von allen Seiten dütenförmig, so dass die letztere an- fangs ganz vom Muskel umhüllt ist, während später bei der enormen Ausdehnung zuweilen nur einzelne dünne Muskelstränge nachweisbar sind, die pinselförmig über alle Theile der Geschwulst — vorn, hinten und zu beiden Seiten — ausstrahlen. Es ergiebt sich hieraus mit Nothwendigkeit erstens, dass sich die Geschwulst im Muskelfleische selbst entwickelte, und hiermit stimmt auch der Umstand überein, dass sich im Pectoralis major so wie im untersten Ende des Brachialis internus zwei vollkommen gesonderte runde Fibroidknoten vorfinden, von denen der erstere tau- beneigross und knochenhart ist; zweitens folgt daraus aber auch ohne weiteres, dass sich die Geschwulst aus verschiedenen, später confluirenden Knoten entwickelte, die in den betreffenden Muskeln entstanden, und zwar überzeugt man sich sehr bald, dass wahrscheinlich anfangs eine ziemlich beträchtliche Zahl getrennter Geschwiilste vorhanden waren, insofern sich die Geschwulst äusserlich in viele einzelne kuglige Massen abgränzt. Auf dem Durchschnitte findet man hingegen fast nur ein gleich- mässiges, ununterbrochenes, sehniges Gewebe. — An den meisten Stellen gränzt sich nun die Geschwulst von den sie umhüllenden Resten von Muskelsubstanz ganz scharf ab, doch scheint an anderen — wie dies ja auch bei den eben beschriebe- — 61 — nen Geschwülsten der Brusthöhle der Fall war — eine diffuse fibroide Degeneration (des Muskelgewebes) hinzugekommen zu sein, namentlich am M. Brachialis internus, wo die Geschwulst zuletzt diffus mit dem Periost verschmilzt und dem Knochen fest aufsitzt. Im Innern findet sich der ganze Tumor von einer enormen, sinuösen Oa- verne ausgehöhlt, von deren Wand sich unregelmässige, knollige Fibroidmassen vor- drängen. Diese Höhle ist früher deutlich mit Granulationen ausgekleidet gewesen, und öffnet sich nach hinten und aussen mit 3 verhältnissmässig kleinen Oeffnungen durch die ulcerirten Weichtheile. Die eine dieser Oeffnungen ist wie mit einem Bohrer gemacht, vollkommen fistelartig. — Eine besondere Erwähnung verdient ‘endlich noch das Verhalten des Nervus radialıs. Da sich die Geschwulst zum grossen Theil auf Kosten des M. Triceps entwickelt hat, zwischen dessen Bäuchen der Nerv hindurchstreicht, so senkt der Nerv sich hier plötzlich in das Fibroid ein. Da aber ferner die centrale Höhle hier der äusseren Wand der Geschwulst sehr nahe gerückt ist, so dass die Dicke dieser Wand hier nur ', Zoll beträgt, so ge- langt der Nerv nun in die centrale Höhle selbst und verläuft frei durch dieselbe, so dass er von ihrem (Jauche-)Inhalte umspült gewesen sein muss, bis er am un- teren Ende wieder aus der Geschwulst heraus tritt. Vor seinem Eintritte und nach seinem Austritte durchaus gesund, ist der Nerv in seinem ganzen Verlauf durch die Höhle zu einem fast kleinfingerstarken, oberflächlich mit Granulationen beklei- deten, fißroiden Strange degenerirt, in dessen sehnigem Gewebe mit Hülfe des Mi- kroskopes noch an einzelnen Stellen deutlich markhaltige Nervenbündel nachgewie- sen werden konnten. Hiermit in Uebereinstimmung war auch die vom Radialis versorgte Musculatur des Vorderarmes durchaus nicht atrophisch. — Wenn man nun auch die fibröse Degeneration des Nervenstammes nur auf sein Blosliegen in einer Jauchehöhle schieben wollte — und es scheint gerade für diesen speciellen Fall vielerlei gegen eine solche Annahme zu sprechen — so blieben immer noch das Entstehen vielfacher Knoten im Muskelfleische, das zum Theil diffuse Vorrücken der Degeneration, die centrale Verjauchung, Eigenschaften, welche man sonst bei Fibroiden nicht zu finden gewohnt ist!). — Wir haben bis jetzt Krebs und Sarkom als zwei durchaus von einander zu 1) Klinisch würde die harte, höckerige Geschwulst jetzt jedenfalls als peripherisches Eachondrom des Humerus diagnostieirt werden und ich will nur darauf aufmerksam machen, wie allerdings die Art der Verjauchung: Bildung einer centralen Höhle mit kloakenartig ausmündenden Fisteln damit vollkommen übereingestimmt hätte. — 33er — 0 — sondernde Gruppen von Geschwülsten betrachtet. Das Recht dieser Sonderung kann durch klinische Beobachtung , welche nur die Bösartigkeit oder Gutartigkeit der be- züglichen Bildungen ins Auge fasst, durchaus nicht erschüttert werden. Hingegen werde ich nun selbst einen Fall anführen, welcher zeigt, wie Sarkom und Krebs nicht so sehr verschiedener Natur sind, dass nicht beide Formen gleichzeitig sich als Ausdruck eines und desselben Grundleidens (Dyskrasie oder Diathese) neben einander entwickeln könnten. Es handelt sich mit einem Worte um einen Fall zahlreicher metastatischer Geschwülste, von denen ein Theil sich als eigentliche Krebse documentirte, während zugleich im enormer Zahl in der Leber auftretende Geschwülste durchaus zum Sarkom gestellt werden mussten. So neu — wie ich glaube — diese Beobachtung ist, so darf sie uns doch nicht im Geringsten be- fremden, seit wir das Vorkommen jener combinirten Geschwülste kennen, wie sie namentlich im Hoden gefunden werden. Bilden sich bisweilen im Hoden Conglo- merate, die aus einem zusammengesetzten Mosaik von Fibroid, Krebs, Enchondrom, Cholesteatom und Cysten bestehen, so muss man natürlich für die ganze Geschwulst eine gemeinsame Ernährungsstörung als Hauptfactor anerkennen, und ist dann an unserm Falle weiter nichts Eigenthümliches, als dass die Einheit des Ortes nicht mehr erhalten ist.‘ Wilhelmine Flügel aus Gora, 40 Jahre alt, wurde am 6. Juli 1857 mit den Symptomen einer Carcinosis universalis in die chirurgische Klinik aufgenommen, nachdem sie erst 3 Monate vorher von einem sehr schwächlichen Kinde” entbun- den worden war. Das Leiden schien von einem Hautkrebse (?) an der rechten Ferse ausgegangen zu sein, doch war die sehr rapide Entwickelung auffallend. Erst vor einem Jahre sollte sich eine beborkte und leicht blutende Stelle an der Hacke gebildet haben, und erst kurze Zeit vor der Entbindung von dort aus eine fungöse stark jauchende Wucherung emporgeschossen sem. Bei der Aufnahme fanden wir einen hühnereigrossen, pilzförmigen Schwamm dicht über dem Malleolus internus. In der Weiche derselben Seite eine faustgrosse, grosshöckerige und harte Geschwulst der Leistendrisen. Ueber den ganzen Körper verbreitet und namentlich in der Umgebung der Mammae eine sehr grosse Anzahl kleiner Seirrhen von Erbsen- bis Bohnengrösse, rundlich, sehr elastisch, unter der Haut verschiebbar. Beide Sterno- clavieulargelenke leicht aufgetrieben, gegen Druck empfindlich. Die Leber sehr stark vergrössert, von der dritten Rippe bis eine Hand breit über das Poupart’sche Band reichend. Athemnoth, Knochenschmerzen, gelbes Colorit, beträchtliche Ma- cies. Am 17. August Tod. — 263 — Bei der Section metastasische Geschwülste fast in allen Organen. Die enorm vergrösserte, aber in ihrer Gestalt sehr wenig veränderte Leber reicht jetzt von der dritten Rippe bis 1 Zoll über das Poupart'sche Band hinab. Das Parenchym sehr dunkel und hyperämisch, dieOberfläche mit einer Menge sehr flacher und ganz glat- ter Buckel besetzt, unter welchen weisse Knoten aus verschiedener Tiefe herauf- schimmern. Auf einem Querschnitte, welcher die Leber in einen rechten und lin- ken Lappen theilt, erscheinen einige vierzig solche Knoten durchschnitten, welche stark kugelig über die Schnittfläche vorspringen und von denen 13 die Grösse starker Borsdorfer Aepfel haben. Sie sind theils kugelrund, theils auf der Ober- fläche lappig in das sehr hyperämische Leberparenchym — welches übrigens nir- gends Spuren von Schrumpfung und Druck-Atrophie zeigt — eingesprengt. Die Schnittfläche hat einen starken Knorpelglanz. Diünne Schnitte und die Ränder der Knoten sind ungewöhnlich stark durchschemend. Die Rissfliche ist sehr markirt faserig, die Masse sehr weich, bei Druck bis zum Zerquetschen entleert sich keme Spur von Saft. Unter dem Mikroskop findet sich ein durchaus gleichmässiges Ge- webe: schmale, blasse, kleinkernige Spindelzellen, in ihrer Grösse äusserst überein- stimmend, legen sich zu vielfach sich durchkreuzenden Bündeln zusammen. Spuren von fettiger Entartung der Elemente oder von Tubereulisirung, wie sie gerade in Leberkrebsen so häufig vorkommen, finden sich nirgends. Die schmalen Spindel- zellen haften, trotz der grossen Weiche der Geschwülste, äusserst fest an einander, sind aber nach geeigneter Maceration in passenden Menstruen leichter zu isoliren, Mehrere ganz gleiche kirschkerngrosse Geschwilste fanden sich in der Milz, eine kleinere in der Musculatur des rechten Vorhofes. Während also diese Geschwülste in Bezug auf gröbere und feinere Verhält- nisse die allerexquisiteste Structur faseriger Sarkome darboten, mussten alle übrigen Geschwiülste zum eigentlichen Krebs gestellt werden, und zeichneten sich sofort durch ihr opakes und zum Theil käsiges Aussehen und durch das Vorhandensein areolärer Structur aus. Der Tumor in der Weiche bestand aus 10 wallnuss- bis hühnerei- grossen, durch Bindegewebe an einander gehefteten Knollen, welche sich mit den Schenkelgefässen bis ins Abdomen hinein erstreckten und von denen sich der grösste Theil bereits in rückgängiger Metamorphose befand, so dass die meisten Knoten eine weisse, homogene Schnittfläche, grosse Festigkeit und eine anscheinend fibroide Structur darboten, während sie auch bei Druck keine Spur von Saft mehr entlee- ren liess. Unter dem Mikroskope fand sich nur noch stellenweis areoläre Structur mit eingelagerten Zellen von 0,016 Millim. Durchmesser und sehr unregelmässiger — — Gestalt. Von diesen Knoten unterschieden sich andere dadurch, dass bei Druck von ihrer Schnittfläche vielleicht an 3 oder 4 Stellen grosse Tropfen eines dieken breiigen Milchsaftes hervorquollen (Cancer pultace). Der entleerte Saft zeigte die allerabenteuerlichsten Zellenformen, zum Theil von colossaler Grösse. Es fanden sich Zellen mit 4, 7 und mehr Kemen, Zellen mit Tochterzellen und Zellen mit hellen kugeligen Hohl- und Bruträumen. Endlich fand sich ein Knoten, der von seiner ganzen Schnittfliche einen trüben Milchsaft von derselben Beschaffenheit ent- leerte. Die Lungen fanden sich von vielen Hunderten kleiner, elastischer und nur spärlichen Saft gebender Geschwülste durchsetzt. Sie hatten die Grösse eines Hanf- kornes bis einer Kirsche, und lagen namentlich in den unteren Partien der rechten Lunge so dicht bei einander, dass sie sich fast überall berührten. Die Oberfläche der Lunge war durch die zunächst unter der Pleura liegenden Geschwülste stark höckerig, und die oberflächlichsten derselben hatten sich sogar gestielt von der Lunge abgehoben und hatten dann meist die eigenthümliche Gestalt flacher, bis zu 11, Zoll im Durchmesser haltender und 1 Linie dicker, pilzförmig aufsitzender Scheiben. Die Pleura selbst, und zwar sowohl die viscerale als die parietale war durchaus frei. Es fand sich ein sehr entwickeltes Bindegewebsgerüst mit eimgela- gerten eckigen und vielgestaltigen Zellen von 0,012 — 0,016 Millim. Durchmesser. Die im subeutanen Zellgewebe in grosser Zahl vorhandenen Scirrhen und ebenso die Krebsmassen, die beiderseits von den Sternoclavieulargelenken ausgegan- gen waren, und die Rippen zum Theil zerstört hatten, zeigten im Allgemeinen den- selben Bau. Hingegen fand sich in der Schädelhöhle eine Geschwulst von fast zerfliessen- der Weiche und von diekem Milchsafte strotzend. Sie ging von der Dura mater, dem vorderen Winkel der Schuppennath gegenüber, aus und hatte ungefähr die Grösse eines Thalers bei einer Dicke von '; Zoll. Der gegenüberliegende Knochen war bis auf eine papierdünne Lamelle zerstört, der in sehr grossen Bindegewebs- maschen angehäufte Saft zeigte dieselben vielgestaltigen Zellenformen, wie sie in dem Drüsenseirrhus gefunden wurden. Leider war der, wie angenommen werden musste, primäre Ausgangspunct aller dieser Störungen, die Geschwulst an der Hacke, durch die vorausgehende Ver- jauchung fast vollständig zerstört worden, und in dem Reste die Fäulniss jetzt bereits so weit vorgeschritten, dass eine Untersuchung fast unmöglich war. So viel schien indess gewiss, dass es sich nur um eine auf die Weichtheile beschränkte Erkran- DE EEE kung handelte, und dass die Structur etwa dieselbe gewesen war als die in den be- schriebenen übrigen krebsigen Geschwülsten. An den Knochen kommen primäre' Krebse häufiger vor als im subcutanen Bindegewebe; aber auch hier werden fibroplastische Gesehwülste, namentlich wenn sie recidiviren oder verjauchen, sehr oft mit ihnen verwechselt. Die Angabe der Autoren, dass sich die Knochenkrebse auf eine auffällige Weise von andern Kreb- sen durch Combimation mit einer mehr oder weniger transparenten und gallertarti- gen, andremale mehr knorpeligen und fibroiden Masse auszeichnen, beruhen meist auf solchen Verwechselungen. Das Osteoid Johannes Miillers gehört ebenfalls zu dieser umfangreichen Gruppe von Geschwülsten. Johannes Miiller hatte sich in seiner bekannten Arbeit mit vollständiger Klarheit darüber ausgesprochen, dass er nur eine besondere Art ossificirender Bindegewebsgeschwülste unter dem Namen der Osteoide verstanden wissen wolle, ja er hatte selbst auf ihre Verschiedenheit vom verknöchernden Carninom hingedeutet; aber fast alle die folgenden Schriftsteller (Gerlach, Schuh, Paget, Emmert, Wedl) warfen beide Formen wieder zusammen. Ein Gleiches gilt von Rokitansky'), der zwar die gemeinen, Spicula-tragenden Krebse absondert, aber in dem Östeoid eine eigenthümliche Form des medullaren Carci- noms sehen will, dessen Bindegewebsgerüst zu einer feinen, diplo@artigen Textur verknöchert. Aber die Knochenmasse der Miiller'schen Osteoide war nicht immer eine poröse, feinmaschige, sondern es kamen in denselben auch ausgedehnte Kno- chenmassen von compactem und fast elfenbemernem Gefüge vor, wie sie jedenfalls nicht durch die Verknöcherung eines Krebses entstehen konnten; denn am Ende kann doch immer nur das Krebsgerüst ossifieiren. Hingegen hält Zebert in seinen Maladies cancdreuses die Trennung der Östeoide von den verknöchernden Krebsen aufrecht, giebt aber nur eine Uebersetzung der von Müller auf S. 403. aufgestellten Hauptsätze ohne eigene Beobachtungen hinzuzufügen. Er glaubt das Osteoid ein- mal am Lebenden, und zweimal in Sammlungen gesehen zu haben, setzt aber ei- genthümlicher Weise hinzu: et encore ces cas sont-ils lom d’etre conformes &. la description de Yillustre professeur de Berlin! Nach alle dem war es mir sehr erwünscht, schnell hinter einander zwei ver- schiedene Fälle sehr bedeutender Knochengeschwülste der Tibia frisch untersuchen 1) Lehrbuch 3. Aufl. I. 265. II. 133. Wochenbl. d. Zeitschr. d. k. k. Ges. etc. 1857. No. 1. — a —, zu können, welche wirklich der von Mäiller für die Osteoide gegebenen Definition entsprachen. Friederike Schramm, 24 Jahr alt, aus Kuhndorf, am 27. Juni 1856 im die chirurgische Klinik aufgenommen, fiel etwa vor einem Jahre, als sie aus einer Höhe von 2 Ellen herabsprang, auf die innere vordere Seite des rechten Knies. Obwohl man äusserlich durchaus keine Verletzung sah, Geschwulst und Röthe fehl- ten, empfand sie doch seitdem immer einen dumpfen Schmerz an dieser Stelle, so- bald sie das Knie fleetirte und namentlich beim Treppensteigen. Da die Beschwer- den langsam zunahmen und sich endlich auch an der innern Seite des Kniegelen- kes eine harte Anschwellung zeigte, wurden Salben und Linimente, aber ohne we- sentlichen Erfolg angewandt. Anfang Januar 1857 hatte die Kranke das Unglück, von einer Kuh auf die angeschwollene Stelle geschlagen zu werden, und obwohl auch dieses Mal die getroffene Stelle nicht geröthet schien, musste Patientin doch aus dem Stalle fortgetragen werden und empfand sehr lebhafte Schmerzen. Am andern Morgen war sie indess wieder im Stande zu gehen und ihre Geschäfte zu besorgen, aber einige Tage darauf entstand unter der Spina tibiae eine kleine rund- liche Geschwulst, welche sich rasch vergrösserte, und auch die Auftreibung der innern Seite des Kniegelenkes wölbte sich stärker hervor, während das Gehen sehr schmerzhaft wurde. Das Uebel wurde jetzt für einen Tumor albus erklärt und zwei Fontanellen gesetzt, eine an die angeschwollene innere Seite des Kniegelen- kes, die andere gerade auf die Geschwulst unter der Spina. Nach 4 Wochen, wäh- rend welcher das Uebel noch stetig aber langsam zugenommen, erhoben sich von der eiternden Fläche der vordern Fontanelle rothe fungöse Wucherungen, die sich rasch über das Niveau der Haut erhoben und gegen welche vergeblich Anlegung einer Ligatur versucht wurde. Zugleich trieb die untere Kniegelenkgegend nach beiden Seiten hin zu einer immer bedeutenderen Geschwulst auf. Bei der Aufnahme in die Klinik findet sich an dem rechten Kniegelenk, welches spitzwinklig flectirt gehalten wird und nur äusserst wenig, jedoch ohne Schmerzen, bewegt werden kann, eine enorme rundliche Geschwulst, welche der Lage nach dem Kopfe der Tibia und dem obersten Ende der Diaphyse entspricht. Patella und Femur sind anscheinend ganz frei. Der Umfang der kranken Extremität beträgt in der Gegend der Spina tibiae 46'|, Oentimeter, auf der gesunden Seite nur 26. Die Geschwulst ist fast überall von fluctuirender Weiche, mit Ausnahme einer stark aufgetriebenen knochenharten Stelle dieht unter dem Condylus internus tibiae, und ebenso wird die Geschwulst, wo sie nach unten in die normale Diaphyse übergeht, knochenhart. — 47 — Gleich unterhalb des Kniegelenkes ist die Haut durchbrochen und liegt ein verjau- ehender Fungus mit umgeschlagenen Rändern in der Ausdehnung einer Palma zu Tage. Die Lymphdrüsen in der Weiche sind nicht angeschwollen. — Die Kranke ist in der letzten Zeit bedeutend abgemagert und klagt über continuirliche und zur Nachtzeit exacerbirende Schmerzen in der Geschwulst. In den folgenden Wochen nimmt die letztere rasch an Grösse zu, während der grösste Theil der fungösen Massen in grossen Brocken abgestossen wird. Zuletzt bildet sich an der Stelle der letzteren ein tiefes, kraterförmiges Geschwür, in dessen Grunde un- regelmässige, zackige Knochenneubildungen blossgelegt und auch in haselnussgrossen Stücken losgestossen werden. Sie bestehen aus einem sehr leichten und feinporösen Knochengewebe. Am 12. August Tod unter ausgesprochener Hectica und bei be- ginnendem Decubitus, nachdem noch zuvor von der verjauchenden Stelle aus eine Perforation ins Gelenk erfolgt war. Bei der 36 Stunden post mortem vorgenommenen Autopsie fand sich im gan- zen Körper mit Ausnahme einer sehr beträchtlichen allgemeinen Anämie, eines hoch- gradigen acuten Oedems der rechten Lunge (Patientin hatte die ganze letzte Zeit auf der rechten Seite gelegen) und eines mässigen Nierenkatarrhs nichts Abnormes, namentlich nirgends metastatische Geschwülste, auch die Leistendrüsen nicht im ge- ringsten angeschwollen. Um die Geschwulst selbst möglichst frisch zu erhalten, hatte ich schon einige Stunden nach dem’ Tode den Oberschenkel amputirt. Bei der sofort vorge- nommenen Untersuchung fand sich nun zunächst an der obern Hälfte des Kniege- lenkes Haut und intermuseuläres Bindegewebe wie bei Tumor albus stark schwartig verdickt und sulzig imfiltrirt, an der unteren Hälfte aber die sich zum Theil Auctui- rend anzufühlenden Geschwulstknollen unmittelbar unter der verdünnten Haut liegend. Gleich unter der Patella waren die Weichtheile in grosser Ausdehnung durch Ver- jauchung verloren gegangen, und starrten hier aus einer grossen missfarbigen Höhle irreguläre Knochenzacken und Blätter hervor, während nach beiden Seiten hin sich noch faustgrosse Geschwulstmassen erstreckten, den Raum zwischen Tibia und Fibula erfüllten und in die Kniekehle hineinwucherten. Manche dieser Knollen waren ganz circumseript, andre aber waren untrennbar mit den Tumor- albus Schwarten verwachsen oder drangen ohne bestimmte Grenze in das Muskelfleisch ein. Femur und Patella ganz intact; das Kniegelenk von dem Jaucheheerde aus weit geöffnet und mit blutiger Flüssigkeit und stinkenden Geschwulstbröckeln erfüllt. Es wurde jetzt, um den Ausgang der Geschwulst vom Knochen genau über- Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. | 36 — 45 — sehen zu können, nach Durchschneidung der weichen Theile mit dem Messer die Tibia parallel der Patella in eine vordere und eine hintere Hälfte auseinander gesägt, was nur mit Schwierigkeit gelang. Nun zeigte sich, dass der Kern der Geschwulst von einer rundlichen, über faustgrossen, gleichmässig compaeten Knochenmasse ge- bildet wurde, welche 1! Zoll unter den Gelenkknorpeln beginnend die Tibia als Periostosis annularis der Alten umgab. Die Markhöhle der Tibia war hier ebenfalls von einer sehr festen und compacten Knochensubstanz ausgefüllt, doch bezeichneten zwei durch besondere Dichtigkeit ausgezeichnete Streifen die Lage der früheren Cor- ticalsubstanz und der aussen und innen abgesetzten neuen Knochenmasse. Auch die Epiphyse war sehr fest und sklerotisch und zeigte nirgends mehr Spuren von Mark oder spongiösem Gewebe. Diese in die Continuität der Tibia wie eingeschobene Knochenkugel war an der vorderen Fläche etwas concav, und hier erhoben sich von ihr vielfache unregelmässige, zackige und blätterige Knochenformationen von eigen- thümlich lamellösem und sehr zerbrechlichem Bau. Zum grössten Theil schon durch die Verjauchung blossgelegt, erstreckten sie sich bis über den Kopf der Tibia hinauf und drangen, die Gelenkknorpel atrophirend und nach hinten verschiebend, bis in das Gelenk hinein. An das compacte knöcherne Centrum, sowie an die porösen Knochenwucherungen schlossen sich continuirlich nach aussen die weichen Geschwulst- massen an, welche sich vorzüglich nach dem Gelenke hin entwickelt hatten und eine Mächtigkeit bis zu 2 Zoll und darüber erreichten. Hingegen war das untere Drittel der Knochenkugel, welche hier eine höckrige Oberfläche hatte, nur von dem ver- diekten Perioste bedeckt. Der Uebergang der compacten knöchernen in die weichen Massen erfolgte allmählig durch eine 2 — 3 Linien starke Verknöcherungsschicht, die sich leicht mit dem Messer durchschneiden liess. Die weichen Theile selbst be- standen endlich zum Theil aus einem grauröthlichen festeren, zum Theil aus einem sulzigen durchscheinenden Gewebe, welches spärlich von eimer schleimigen Flüssig- keit imprägnirt war, nirgends aber Spuren trüben Saftes entleerte. Was nun die genauere Untersuchung anbelangt, so bestand zunächst der weiche Theil der Geschwulst, welcher nach der Diaphyse zu continuirlich in das verdickte Periost überging, aus den verschiedensten Formen des fibrillären und embryonalen Bindegewebes, so dass der Charakter der Neubildung als colossaler Periost - Dege- neration nicht zu verkennen war. Ueberall war eine deutliche Intercellularsubstanz vorhanden, die meist deutlich streifig oder fibrillär, bald nur granulirt erschien, an erbsengrossen Stellen aber schleimig wurde. In sie eingebettet fanden sich in reichlicher Zahl verhältnissmässig grosse Spindel - und Sternzellen mit grossen — 2309 — Kernen und vielfach anastomisirend, die Intercelluralsubstanz dicht durchsetzend, aber nie in Haufen oder Maschen angesammelt, zuweilen jedoch in Zügen angeordnet. Je mehr man sich aber von der Verknöcherungslinie nach aussen entfernte und zu den äussersten Geschwulstknollen gelangte, desto mehr trat die Bindegewebsstructur zu- rück, desto sparsamer wurde die Intercellularsubstanz, desto reichlicher und vielgestal- tiger die Zellen, die hier noch häufig die fettige Metamorphose eingingen. Am mei- sten nach aussen und vorzüglich in der Umgebung des grossen Jaucheheerdes lagen sogar einige weisse Schichten von dem Aussehen und der Uonsistenz des Speckes, doch liess sich aus ihnen nicht eine Spur von Saft ausdrücken, und zeigten gerade sie eine sehr deutlich streifige Intercellularsubstanz, deren dicht bei einander lie- gende Zellen die höchsten Grade der Fettmetamophose erlitten hatten und bereits zerfielen. Eine besondere Aufmerksamkeit wurde der Verknöcherungsschicht zugewandt. Es war eine Lage von beiläufig 2 — 3 Linien Stärke, die nur ausnahmsweise bis zu ' stanz, in welcher man nach der Seite des festen Knochens hin auf der Sehnittfläche „ Zoll diek wurde. Sie bestand aus einer rosa-weissen markig aussehenden Sub- kleine gelbe Knochenpünktchen und lineäre Zeichnungen erkannte. _ Selten ragte ein feinstes Knochennädelchen in sie hinein. Auch hier fand sich ein sehr deutliches aber- verknöcherndes Bindegewebe mit üppig wuchernden Spindel- und Sternzellen. Knorpelzellen kamen auch hier nirgends vor. Die Verknöcherung erfolgte entweder als gleichmässige Absetzung feinster Kalkkörnchen in die faserige Intercellularsubstanz, welche an mikroskopischen Schnitten häufig in starre Lamellen aus einander split- terte, oder — wie auch Johannes Müller gefunden — indem zuvörderst nur ein feines, das Bindegewebe durchziehendes Knochennetz entstand. Hingegen schritt die Verknöcherung an den zackigen porösen Knochenbildungen sehr unregelmässig vor sich, und oft lagen hier von dem übrigen Knochen ganz gesonderte Verknöcherungs- punkte oder grössere Knochenstücke allseitig von Weichtheilen umgeben. Die Haupt- knochenmasse zeigte überall den Bau compacten Knochengewebes mit grossen rund- lichen Körpern und zahlreichen Haversischen Kanälchen. Kurz nach dieser ersten Beobachtung kam ein zweiter. überraschend ähnlicher Fall auf der Klinik des Herrn Geheimrath Blasius vor; diesmal war es ein colossa- ler sogenannter Fungus haematodes mit festem zwei Fäuste grossem Knochenkern. Den Ausgangspunct bildete auch diesmal wieder das obere Ende der Diaphyse der Tibia. Friedrich Löscher, 19 Jahr alt, aus Harsdorf, wurde am 4. October 1857 36 * — 710 ° — mit einer sehr bedeutenden Geschwulst des rechten Unterschenkels dicht unter dem Kniegelenke aufgenommen. Das Uebel hatte im Februar desselben Jahres mit Schmer- zen zuerst im Fusse, später im Kniegelenke und mit allmähliger Anschwellung be- gonnen. Wie gewöhnlich war zuerst auf ein Gelenkleiden diagnostieirt und der Kranke demgemäss behandelt worden, bis die Geschwulst deutlich unterhalb des Gelenkes hervortrat. Bei der ersten Untersuchung in der Klinik findet sich eine enorme spin- delförmige Geschwulst, welche mit ihrem obern Rande der Grenze zwischen Diaphyse und Epiphyse entspricht und den Unterschenkel allseitig umgiebt. Ihr Umfang be- trägt 46 Centimeter. Oberfläche kugelig lappig, namentlich nach der Kniekehle zu; Consistenz mässig elastisch, wegen eines sehr bedeutenden Oedemes des Unterschen- kels mit Hypertrophie des subeutanen Bindegewebes nach der Diaphyse zu nicht durchzufühlen.. An der Vorderfläche der Geschwulst eine thalergrosse ulcerirende Fläche nach einem exploratorischen Lancettstiche entstanden. Einige Lymphdrüsen in der Weiche und im Verlaufe der Arteria iliaca ext. haselnussgross angeschwollen. Blasse Gesichtsfarbe, bedeutende Macies. Im den nächsten Wochen Zunahme der Abmagerung und so bedeutendes Wachsthum der Geschwulst, dass über derselben subeutane Gewebszerreissungen erfolgen. Die hierdurch entstehenden Lücken wer- den sofort mit Serum ausgefüllt, so dass namentlich im Verlauf ektatischer Venen durchscheinende Aluctuirende Räume in der Dicke der Haut entstehen, während auch das Oedem am Fusse einen ungewöhnlichen Höhegrad erreicht. Zuletzt platzt die Haut an mehreren Stellen und fliesst anfangs Serum, später Blut in beträchtlicher Menge aus den Rissstellen. In den letzten 14 Tagen heftige Schmerzen im Verlauf der grossen Gefäss- und Nervenstämme der Fossa poplitea. Am 4. December Tod an acutem. Lungenödem. Bei der Section finden sich alle inneren Organe gesund, aber sehr anämisch; keine Spur metastatischer Ablagerungen. Die Lymphdrüsen in der rechten Schen- kelbeuge und neben der Iliaca kaum halb so gross als eimige Zeit vor dem Tode, schlaff, rothbraun, die Corticalsubstanz sehr blutreich; fremdartige zellige Beimi- schungen fehlen durchaus. Die vom Periost ausgegangene Neubildung unter dem Knie ist von den enorm ausgedehnten und flächenhaft verdünnten Muskeln um- hillt, welche, so wie das intermuseuläre und subeutane Bindegewebe im höchsten Grade ödematöse, gelbe, sulzige Massen bilden. Die Muskeln selbst sind weich und gallertartig, das Bindegewebe durch gleichzeitige Hypertrophie stellenweis fast knor- pelig, aber ganz durchscheinend. Muskeln und Bindegewebe zeigen sich ausserdem in der nächsten Umgebung der Geschwulst massenhaft von haselnuss- bis apfelgrossen — MM 0 — Blutextravasaten aller Färbungen und ÖOonsistenzen durchsetzt, oder stellenweis nur blutroth imbibirt Als Erklärung dazu fand sich die Vena cruralis dicht über der Fossa poplitea, wo sie durch die Lappen der Neubildung comprimirt wurde, voll- ständig obliterirt, während das Lumen der Arterie frei blieb und der Durchmesser des Nerven durch sulzige Hypertrophie des Bindegewebes zwischen den einzelnen Strän- gen um das Dreifache seines Normalvolumens verdickt war. Was die Geschwulst selbst anbelangt, so bestand sie, wie gesagt, wie in dem vorigen Falle aus einer grossen und festen Knochenkugel, die nach aussen grössten- theils von mächtigen Lagen weicher Massen umhüllt war. Diese weichen Massen boten fast überall das Bild eines sog. Blutschwammes dar. Zunächst zeigte sich nach der Fossa poplitea zu eine aussen von den verdünnten Wadenmuskeln gebil- dete schlaffe Blase von der Grösse eines Kinderkopfes. Hier war das Gewebe der Geschwulst in viele hühnereigrosse und kleinere, zottige, blut- und braunrothe Frag- mente zertrümmert, die in einer dünnen chokoladenartigen Flüssigkeit schwammen. Zu beiden Seiten schlossen sich an diesen Theil die höchsten Zustände fettiger Er- weichung darbietende Geschwulstmassen an: eine gelbgraue matschige Substanz von gelben Linien und Streifen durchzogen und von grossen Blutextravasaten durchsetzt, oder durch Imbibition gleichmässig purpurroth gefärbt. Nur an wenigen Stellen war die Geschwulst in ihrer ursprünglichen Beschaffenheit erhalten, vorzüglich an der vorderen Fläche der Tibia, und bestand hier aus einem sehr weichen rosa-weisslichen, hirnmarkähnlichen aber durchscheinenden Gewebe. Dasselbe zeigte fast überall eine schon bei [der gröberen Betrachtung deutlich hervortretende faserige Struetur. Die Faserung war im allgemeinen radiär auf die Fläche des Knochenkernes gerichtet, und trat bei der Anfertigung mikroskopischer Präparate noch deutlicher hervor, in- dem sich jedes Geschwulstpartikelchen in feine Längsfäserchen zerzupfen liess. Un- ter dem Mikroskope beherrschte die massenhaft vorhandene Intercellularsubstanz die ersten Gesichtseindrücke vollkommen. Es zeigten sich zuvörderst nichts als in der Längsrichtung neben einander liegende Bündel eines das Licht stark brechenden Bindegewebes. Jedes dieser Bündel bestand aus emem Complex von sehr gleichar- tigen, 0,012— 0,016 Millim. im Querdurchmesser haltenden Fasern, welche durch ihre starren Contouren einigermassen an zerfaserte Knorpelintercellularsubstanz er- innerten, wie denn auch das Gewebe trotz seiner grossen Weiche und Suceulenz der Essigsäure eine beträchtliche Resistenz gegenübersetzte. Weniger häufig war die Intercellularsubstanz streifig oder deutlich fibrillär. Zellige Elemente traten erst bei genauerer Betrachtung zwischen den Fasern in sehr verschiedener Form, Grösse und — iR -—— Zahl hervor. Zellen, die sich nur einigermassen dem Habitus der Knorpelzellen genähert hätten, fehlten durchaus: hingegen fanden sich runde, ovale, spindelförmige und sternförmige Gestalten, vielfach mit einander anastomisirend, meist von mittle- rer, zuweilen von sehr bedeutender Grösse. Ihre gewöhnlich einfachen Kerne waren klein, blass und schwer nachweisbar. Die Zellen lagen im Allgemeinen reihenweis in den Zwischenfaserräumen, zuweilen sparsam, zuweilen in grosser Zahl dicht hinter einander. Ging man bei Anfertigung der mikroskopischen Schnitte nach einer fettig er- weichten, gelbgrauen Stelle hin, so trat zuerst F ettmetamorphose der Zellen zwischen den Fasern ein. Sehr schön dienten dann die Fettkiügelchen in den Fortsätzen an- statt einer Injectionsmasse, Fetttröpfehenlinien wie feinste Perlschnüre zogen von einer Zelle zur andern. Nach Zerfall der Zellen trat auch fettige Metamorphose der In- tercellularsubstanz ein, doch konnte auch dann noch lange die strichweise Anhäu- fung der Fettkörnchen zwischen den Fasern und Faserbündeln erkannt werden, und auch an den in der fettigen Erweichung am meisten vorgeschrittenen Partien konnte man an den Rändern der Präparate immer noch erkennen, dass es sich nur um ein verändertes eontinuirliches Bindegewebe handle, und dass nirgends Andeutungen ei- ner maschigen oder Alveolar-Structur vorhanden seien. Uebrigens will ich nicht unerwähnt lassen, dass auch makroskopisch diese Theile sich noch sichtlich von fettig verändertem Krebsgewebe unterschieden, in sofern die gelblichen Zeichnungen nicht punktweis oder reticulum-artig, sondern streifig wie bei fettiger Degeneration von Muskeln auftraten. Bei der Untersuchung der hämatodischen Massen zeigte es sich sehr bald, dass es sich nicht um teleangiektatische Bildungen, sondern um einfach hämorrhagische Vorgänge handelte. Blutgefässe waren in der Geschwulst nur spärlich vorhanden. Die massenhaften Blutergüsse in das Gewebe der Geschwulst wie der Nachbartheile finden aber ihren sehr erklärlichen Grund in der bedeutenden Blutstauung, welche auf die Obliteration der Vena cruralis folgte, zumal da auch durch den Druck der wachsenden Geschwulst die Cireulation in den oberflächlicheren Venen eine äusserst schwierige gewesen sein muss. Ebenso ist jedenfalls die fettige Degeneration, welche hier für eine Bindegewebsgeschwulst ganz ungewöhnliche Grade erreichte, nur der Ausdruck der Ernährungsstörung, welche auf die Behinderung der Circulation folgte. Wo die letztere durch die hinzutretenden Hämorrhagien eine vollständige wurde, kam es auch bis zu den äussersten Graden fettiger Erweichung. Der centrale Knochenkern war in diesem Falle um ein Beträchtliches grösser, — aber nicht von so gleichmässiger Sägefläche, wie in dem vorigen Falle. Sein Längs- durchmesser, welcher in die Längsachse der Tibia fällt, beträgt 14, sein Querdurch- messer 9 Uentimeter. An seiner untersten und hintersten Portion hatte er eine ku- gelig-höckerige Oberfläche und war nur von dem verdickten suceulenten Periost überzogen, verhielt sich also hier wie eine reine Exostose, Stellenweis war durch dissecirendes Blutextravasat das Periost vom Knochen abgetrennt und blasig aufge- hoben. Die eberflächliche Knochenschicht, wo die Össification noch nicht beendet war, fand sich hier äusserst gleichmässig feinporös, wie dichtester Bimsstein, mit dem Messer schneidbar. An die übrigen Theile des Knochenkernes, welcher von den hin- teren und seitlichen drei Vierteln der Tibia ausgeht und nur deren vordere Fläche frei lässt, schliessen sich eontinuirlich die weichen Massen der Geschwulst an, welche eine Mächtigkeit von 4—5 Zoll und darüber erreichen. Nachdem ‘der Knochen wie in dem vorigen Falle in zwei Hälften auseinander gesägt ist, findet sich die Mark- höhle der Tibia von festem Knochengewebe ausgefüllt und hierdurch und durch die vom äussern Periost aus erfolgte Knochenneubildung die Grenze der früheren Corticalsubstanz ganz verwischt. Die Sägefläche des Knochenkernes zeigt ein zum grössten Theile compactes Knochengewebe, unterbrochen an unregelmässigen Stellen von einer sehr festen fibroiden Substanz, in allen Stadien der Verknöcherung. Ebenso sind die äussern Contouren des Knochenkernes äusserst unregelmässig, indem die Verknöcherung nach aussen in radiären Streifen, welche spiessige und strahlige Mas- sen bilden, erfolgt, und die Zwischenräume ebenfalls von einem in der Verknöche- rung noch nicht so weit vorgerückten fibroiden Gewebe eingenommen werden. Diese fibroide Substanz geht dann sehr allmählig in die weichen, hirnmarkähnlichen oder hämatodischen, oder fettig veränderten Theile der Geschwulst über, und zeigt alle Stadien bis zur totalen Verknöcherung. Zuerst erscheinen gelbe feinste Linien und Stächelchen, die sich parallel aneinander legen, so dass die Substanz streifig wird; bei weiterer Kalkimprägnation rücken die Streifen dicht an einander, die Masse ist noch sehr locker und bricht in Lamellen und Schichten aus einander, und wird schliesslich äusserst fest, wobei die Streifen wieder verloren gehn. Die fibroide Masse besteht unter dem Mikroskop aus einem sehr festen, schwer zu zerzupfenden Binde- gewebe, welches nur selten deutlich fibrillär ist, vielmehr sich gewöhnlich nur in un- regelmässige Schollen und Fragmente zerreissen lässt. Es bricht das Licht sehr stark und wird von Essigsäure nur sehr schwer angegriffen, wie das vom verknöchernden Bindegewebe bekannt ist. Dasselbe Verhalten, obwohl in geringerem Grade, zeig- ten übrigens, wie man sich erinnern wird, auch die weichsten encephaloid-ähnlichen — iu — Massen der Geschwulst. Dieses Bindegewebe schliesst in grosser Menge kernartige und zellige Elemente von Spindel- und Sternform ein, die sich hier durch grössere Kleinheit und Regelmässigkeit auszeichnen. Uebrigens stösst die genauere Unter- suchung auf alle die Schwierigkeiten, welche von dem Studium verknöchernder Bin- desubstanz her bekannt sind. Die Contouren der Zellen sind wegen des eigenthüm- lich aufgequollenen Zustandes der Intercellularsubstanz sehr schwer zu verfolgen, und die Incrustation der letzteren mit Kalksalzen erfolgt meist noch ehe die Zellen die deutliche Knochenkörperchengestalt angenommen haben oder wenigstens in statu nascenti. Wo die Incrustation geschehen ist, findet sich die feinere Knochenstruetur bereits fertig. An vereinzelten Stellen fanden sich auch emigemal Zellenreihen mit dem Habitus der Knorpelzellen. Ihr Verhältniss zur Össification wurde mir nicht klar, da sie bereits sämmtlich in Rückbildung und Schrumpfung begriffen waren. Sicher erfolgte in der Hauptsache die Knochenbildung nur vom Bindegewebe aus. Ich habe diesen Fall so ausführlich mitgetheilt, weil er mir für das Verständ- niss der Osteoide von Wichtigkeit zu sein scheint, und weil er, obwohl sich dem gröberen Ansehen nach weit von dem gewöhnlichen Habitus einer Bindegewebsge- schwulst entfernend, die feinere Structur einer solchen in so ausgesprochener Weise behielt, wie ich sie bei Geschwiilsten von dieser Weiche und hirnmarkähnlichen Be- schaffenheit noch nicht gefunden habe. Fassen wir jetzt die Resultate unserer Untersuchungen zusammen, so stimmen sie sehr gut mit der Schilderung überein, welche Johannes Miller von seinen Osteoi- den gegeben hat. Er definirte sie als Geschwülste, welche zum grossen oder gröss- ten Theile aus Knochenmasse, daneben aber aus einer weichen Substanz bestehen, welche theils zwischen die verknöcherten Partien eingelagert ist, theils sie umhüllt, beim Kochen kein Chondrin, sondern Leim giebt, und bei der mikroskopischen Un- tersuchung aus einem kern- und zellenhaltigen Bindegewebe besteht. Die weichen Massen der Geschwulst seien „durchaus ähnlich der thierischen Grund- lage des schon ossificirten Theiles, und also zur Ossification vor- bereitet.“ In der That kann man die weichen Massen unserer Geschwülste, um deren Verständniss es sich zunächst handelt, auch am besten als eine selbständig und ins Unbegrenzte weiter wuchernde Verknöche- rungsschicht betrachten (osteoide Schicht, Virchow). Nachdem man in der früheren Zeit die verschiedensten Knochengeschwülste als bösartige Exostosen bezeichnet, könnte man für das Osteoid diesen Namen mit einigem Rechte beanspruchen. Man fasse es nicht als ver- knöchernde Bindegewebs-, sondern als degenerirende Knochengeschwulst auf. Sehr deutlich zeigte sich in dem ersten Falle, wie der Tumor, je mehr man sich von sei- nem Centrum und ursprünglichen Ausgangspunkte entfernte, mehr und mehr seinen homologen Charakter verlor, so dass an den am weitesten nach aussen gelegenen Stellen das Gewebe kaum mehr eine Aehnlichkeit mit der Structur verknöchernden Periostes hatte, welche in den dem Knochenkern zunächst liegenden Schichten deut- lich hervortrat, während auch die zuletzt gebildeten Knochenmassen theilweis ihre gleichmässige Structur verloren und sich dem Charakter der Krebs-Spieula näherten. In dem zweiten Falle war das Verhalten ein sehr ähnliches: obwohl wegen der überall in grosser Mächtigkeit vorhandenen Intercellularsubstanz die äussersten Schich- ten sich nicht so weit von dem Bau der eigentlichen Verknöcherungsschicht ent- fernten, unterschieden sie sich doch durch Reiehthum, Grösse und Polymorphie der Zellen sehr merklich von derselben. Diese allmälige Umänderung des Charakters einer Geschwulst, parallel einher- gehend mit der allmäligen Entfernung der Gewebsmassen von dem ersten Ausgangs- punkte der Neubildung, habe ich neuerdings sehr schön in einer hühnereigrossen, lappigen Geschwulst vom Kieferwinkel beobachtet. Ich hatte sie einem 50jährigen Manne exstirpirt, der 20 Jahre lang einen mandelgrossen sehr harten Knoten unter der Haut getragen hatte, welcher sich nicht mehr zu vergrössern schien, als Patient in der Trunkenheit einen heftigen Schlag gegen denselben erhielt, worauf die Ge- schwulst binnen Jahresfrist zu der erwähnten Grösse heranwuchs. Bei der anatomi- schen Untersuchung bestand das Centrum der Geschwulst aus Knorpel, die äussersten Partien aus Sarkomgewebe. Aber man würde die Bildung sehr grob aufgefasst ha- ben, wenn man gesagt hätte, dass es ein Sarkom mit centralem Knorpelkern gewe- sen wäre. Der im der Mitte vorhandene Knorpel verlor nach aussen zu sehr all- mälig seine Charaktere. Sehr langsam verschwand die Intercellularsubstanz, sehr allmälig wurden die Zellen spindelförmig, legten sich eng an emander, und die 4 bis 6 Linien starken äussersten Schichten zeigten nur dichtgedrängte, vielgestaltige Spindelzellen, ein röthlich weisses, mässig blutreiches Gewebe darstellend. — So kann bei einer wachsenden Geschwulst nach einiger Zeit eine ganz neue Bewegung im Zellenleben eintreten, aber erst allmälig. die Oberhand gewinnen und herrschend werden. Hier war es wahrscheinlich die äussere Gewalteinwirkung, welche das ätio- logische Moment abgab, aber andere Male mögen schon durch die blosse Entfernung von dem ersten Entstehungsheerde die Ernährungsverhältnisse für die jüngeren Schich- Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band. 37 — 276 — ten so umgeändert werden, dass dieselben sich in anderer Weise und nach anderen Richtungen hin entwickeln. — Ueberhaupt ist man auch darin wieder viel zu onto- logisch verfahren, dass man die heteroplastischen Bildungen als immer von Anfang an von den homöoplastischen verschieden darstellte. Eine Gewebswucherung, welche sich anfangs durchaus als Induration oder Hypertrophie manifestirt, kann allmälig einen entschieden heterologen Charakter annehmen. Für die Gesichtsgeschwüre, Epider- midalhypertrophien und Warzenkrebse hat man dies meist als selbstverständlich an- genommen; aber die Ansichten der Alten von dem Krebsigwerden der Geschwülste sind viel tiefer begründet, und ich glaube besonders hervorheben zu müssen, dass, wie oben angedeutet wurde, die Uebergänge oft genug deutlich im Raume neben einander nachweisbar sind. Es gehörten ganze Reihen von Zellengeschlechtern dazu, ehe die letzten möglichen Grade der Degeneration erreicht wurden. — Vom rein morphologischen Standpunkte aus wären dann die ältesten Partien solcher Ge- schwülste (Centrum, Insertion) homologer, die jüngeren heterologer Natur! —- Jedenfalls steht unter allen Geschwülsten keine dem Östeoid so nahe, als die noch wachsende Exostose, und die Verschiedenheit würde aufkören, sobald einmal die ursprünglich zur Verknöcherung bestimmten weichen Belagmassen total verknö- cherten. Dass die letzteren Plan, Bestimmung und T'ypus verlieren, darin liegt das Eigenthümliche, darin auch die Heterologie des Osteoids. Ob diese Analogie freilich in allen Fällen schon äusserlich so deutlich hervorgetreten sei, wie in den unsrigen, lässt sich aus der Beschreibung allein nicht mehr ersehen, doch scheinen allerdings gerade in denjenigen Fällen, welche am sichersten zum Osteoide gehörten, die aus- gedehnten und die gleichmässigen Knochenmassen, mochten sie nun eine compacte oder eine spongiöse Structur zeigen, sich unmittelbar an den alten Knochen ange- schlossen zu haben, von dessen Periost die Neubildung ausging, während die unre- gelmässigen und unterbrochenen, Spieula-artigen Formationen, wo sie vorhanden waren, mehr nach aussen lagen. Viel geringer hingegen ist die Verwandtschaft mit den Enchondromen, ob- wohl Förster sich in seinem Handbuche dahin äussert, dass die Osteoide wohl über- haupt nichts weiter seien, als peripherische und zum Theil verknöcherte Enchon- drome. Analogien sind natürlich von vornherein zu erwarten, wenn das Wesen des Osteoids wirklich in einer schrankenlos wuchernden osteoiden Schicht beruht, und Miiller hob selbst hervor, dass die weiche Substanz eine dem Knorpel verwandte, aber in der Structur und chemischen Zusammensetzung doch von ihm abweichende Masse sei. Die Neigung der Enchondrome, wahre Verknöcherung einzugehen, ist — 7 — nur eine sehr geringe, und Heinrich Meckel sagte deshalb in seiner Arbeit über Knor- pelwucherung geradezu, dass für dieselben „die Permanenz des Knorpelzustandes, die geringe Neigung zur Verknöcherung und der Mangel eigentlichen Verknöche- rungsknorpels charakteristisch seien. Hierdurch unterscheide sich das Enchondrom von Knochengeschwülsten, Exostose, Osteoid, welche aus Schnellverknöcherungsknor- pel entstünden.* Es wird nie vorkommen, dass man im Centrum eines Enchondroms eine faustgrosse, ununterbrochene, durchaus gleichmässige, compacte Knochenbildung findet. Wo Knochen nach präparatorischer Knorpelwucherung auftritt, ist er porös diploötisch; schnelle Bindegewebsverknöcherung giebt compacten Knochen. Sehr wahrscheinlich gehören alle weichen Geschwülste, welche ausgedehnte Lager com- pacter oder sehr gleichmässiger Knochensubstanz enthalten, zum Osteoid, in sofern ein zur totalen Verknöcherung geeignetes, und also von fremdartigen zelligen Bei- mischungen freies, osteoides Bindegewebe in beträchtlicher Menge vorhanden gewesen sein muss. Krebse oder nur aus Zellen ohne Intercellularsubstanz bestehende Sar- kome, bei denen Bindegewebe nur als Gerüst oder als Begleiter der Gefässstimm- chen vorhanden ist, haben für solche Knochenbildungen kein ausreichendes Mate- rial. Verknöchert hingegen eine reine Bindegewebsgeschwulst erst secundär und gewissermassen zufällig, so kommt es gewöhnlich nur zur Verkalkung, in seltenen Fällen zur eigentlichen Knochenbildung. Diese erfolgt dann aber immer ungleich und unregelmässig, gewöhnlich überdies noch mit Verkalkung abwechselnd. Nach den Erfahrungen von Johannes Miiller kann das Osteoid einen bösarti- gen Verlauf nehmen und nicht nur Recidive an Ort und Stelle, sondern auch Meta- stasen auf innere Organe machen. Es darf uns das durchaus nicht Wunder nehmen, da ein gleicher Verlauf schon wiederholt bei Geschwülsten beobachtet worden ist, die sehr ‘entschieden den Charakter des Bindegewebes trugen, ja sich unmittelbar an das Fibroid anschlossen ( Paget ). Hingegen berechtigen uns unsere Erfahrungen durchaus, anzunehmen, dass der bösartige Verlauf nur in Ausnahmefällen auf- treten wird. In meinen beiden Fällen blieb das Uebel durchaus local. Das Osteoid ist keineswegs eine seltene Geschwulst; nur weil man die allgemeine Ver- breitung der Miillerschen Fälle zu sehr im Auge behielt, trennte man vielleicht die Mehrzahl gutartig verlaufender als wesentlich verschiedener Natur von ihnen. Orte, an denen wahrschemlich öfters identische Geschwülste vorkommen, sind na- mentlich die Knochen des Gesichtes und vorzüglich des Oberkiefers (Osteosarkom). Ausserdem gehört wohl auch mancher Fall von Fungus eranii mit bedeutender Kno- chenproduction hierher. 37 * — ii — Ueber die Bedeutung der Knochenbildung in den Reeidiven müssen natürlich weitere Beobachtungen abgewartet werden, vorzüglich weil die von Müller zusam- mengestellten Fälle wahrscheinlich noch vom Osteoid zu trennende und zum Krebs gehörige Geschwülste mit einbegreifen. Auch bei Krebsen der weichen Theile, nicht blos bei solchen, die vom Periost ausgingen, können nämlich, wie ich aus eigener Beobachtung weiss, secundäre Verknöcherungen des Gerüstes vorkommen. — Die beiden mit besonderer Sorgfalt von der Chirurgie ausgeführten Krank- heitsbilder der Fungus cranii und der Fungus Durae matris, sind von jeher so ganz ontologisch aufgefasst worden, dass man wenig Grund fand, sich die Frage vorzu- legen, ob nicht unter dem immerhin ziemlich grob gezeichneten äusseren Bilde sehr verschiedene Bildungen zur Anschauung kämen. Auch Bruns hat in seiner vortreff- lichen Chirurgie die Frage nach der anatomischen Structur dieser Geschwülste sehr in den Hintergrund geschoben, indem er sie unter der Ueberschrift „Zellengeschwülste“ beschreibt. Indessen ist der Nutzen einer solchen Aushülfe doch sehr problematisch, und andrerseits werden in den bezüglichen Abschnitten selbst die betreffenden Ge- schwülste sofort als eigentliche Krebse definirt: „die Hirnhautschwämme gehören ihrer Structur nach sämmtlich zu dem weichen und medullären Krebse“ u. s. w. Offenbar ist sich Bruns in der Durchführung des mehr klinischen Standpunktes, welcher allein die Aufstellung einer solchen Kategorie wie der von Zellengeschwül- sten rechtfertigte, nicht ganz &onsequent geblieben, und wenn er z. B. bei Gelegen- heit eines von ihm selbst beobachteten Fungus cranii erwähnt, dass die mikrosko- pische Untersuchung „die gewöhnliche Zusammensetzung des Medullarkrebses mit sehr entwickeltem Fasergerüst und eingelagerten einfachen kleinen Zellen“ ergab, so hätte er auch sagen müssen, dass sich diese Structur beim Fungus Durae matris gewöhnlich nicht findet. Ebenso schreibt er pag. 561 zwar, dass man aus der Abwesenheit secundärer Geschwülste an anderen Körpertheilen bei der Diagnose keinen Schluss auf die nieht krebsige Natur einer Schädelknochengeschwulst machen dürfe, unterlässt aber zu bemerken, dass ebenso wenig die Zerstörung der Schädelknochen und die zuweilen auftretende Ulceration bei den Hirnhautgeschwül- sten irgend etwas für diekrebsige Natur derselben beweise. Betrachten wir die Geschwülste der harten Hirnhaut im Allgemeinen, so finden wir, dass diejenige Gruppe, welche Lebert als fibroplastische bezeichnet, hier ganz besonders häufig ge- — I — funden wird (Lebert, Virchow, Cruveilkier u. A.) Versuchen wir eine Definition für diese Gruppe überhaupt zu geben, so sind das also Geschwülste, die einmal fest und faserig sich unmittelbar an das Fibroid anschliessen und sich von demselben nur durch Grösse und relativ reichlichere Entwickelung der zelligen Bestandtheile aus- zeichnen, auf der andern Seite aber die allerverschiedensten Grade der Consistenz darbieten, bis zu einer weichen, succulenten, röthlich-gelben, sehr oft aber noch deutlich faserigen und an den Rändern durchscheinenden Masse, in sofern die In- tercellularsubstanz den Zellen gegenüber immer mehr in den Hintergrund tritt, bis zuletzt Geschwülste hervorgehen, welche nur aus eng an einander gepressten Zellen bestehen, ohne, oder wenigstens nur mit Spuren einer Intercellularsubstanz. Es ist schwer, die letzte Art von Geschwiülsten als Bindegewebsgeschwülste (unreifes Binde- gewebe) anzuerkennen, indessen ist doch nicht im mindesten daran zu zweifeln, dass es sich hier um eine contimuirliche Reihe von Bildungen und um eine fortlaufende Degeneration handelt, welche mit Geschwülsten von manifester Bindegewebsstructur anhebt und sich zuletzt immer weiter von derselben entfernt. Auf der andern Seite überzeuge ich mich aber auch immer mehr, wie häufig es nur an der mangelhaften Behandlung der Objecte liegt, wenn man die ganz zweifellose Verwandtschaft solcher Geschwülste mit den Bindegeweben verkennt. Sarkome, welche ganz frisch, oder in Chromsäure, oder in Liquor conservativus untersucht nur aus dichtgedrängten rund- lichen oder ovalen, scharf contourirten Kernen oder Zellen zu bestehen schienen, ga- ben bei Behandlung mit verdünntem Holzessig ein so durchaus verschiedenes Bild, dass kein Mensch zwei bezügliche Schnittchen von derselben Geschwulst für ähn- liche Bildungen, geschweige denn für das gleiche Gewebe erkennen würde. Die In- tercellularsubstanz, von der man zuvor nur Andeutungen gesehen, kann jetzt leicht erkannt werden, da die hart gewordene Masse sehr viel dünnere Schnittchen erlaubt, und die vorher scheinbar ganz abgeschlossenen Zellen bilden jetzt nur Knotenpunkte eines dichten Netzwerkes, indem sie durch zahlreiche Fortsätze mit einander anasto- misiren, von denen jede Zelle 3, 5, 8 und mehr trägt. Ich habe ein in Holzessig erhärtetes Schnittchen eines bei der frischen Untersuchung und nach Maceration in verschiedenen Menstruen scheinbar nur aus discontinuirlichen ovalen Zellkörpern be- stehenden hirnmarkähnlichen Sarkoms von der Gegend des Os zygomatici eines 40- jährigen Mannes mit Präparaten verglichen, die mein Freund Heidenham aus dem submueösen Bindegewebe des Frosches und des Kaninchens dargestellt hatte, und Gewebe gefunden, die durchaus nicht von einander unterschieden werden konnten. Die Uebereinstimmung war in Bezug auf Grösse, Form und Anordnung der Zellen, — 2380 ° — sowie auf die Zahl der Ausläufer eine so vollständige, dass eine Zeichnung ge- nügt hätte, um die Structur beider Gewebe getreu wiederzugeben. Ausser solchen durchaus vom Krebs zu trennenden Geschwülsten kommen üchte Krebse als primäre Geschwülste an der Dura mater viel seltener vor; häufiger allerdings secundär bei allgemeiner Uarcinose. Die ontologische Auffassungsweise des Fungus Durae matris ist schon von Lebert vor längerer Zeit gerügt worden, und selbst Uruvelhver macht in dem 1856 erschienenen dritten Bande seines Trait@ d’Anatomie pathologique generale ähnliche Bemerkungen. Der Fungus Durae matris wie der Fungus cranii sind keine wissen- schaftlich zu haltende Geschwulstgruppe. Die auf sie lautende Diagnose ist kaum brauchbarer als die auf einen Tumor in abdomine, welche doch in früherer Zeit mit einem gewissen diagnostischen Selbstgefühl gestellt werden konnte. Den Handbü- chern der Chirurgie gegenüber sehen wir noch einmal zu, wie die Alten verfahren sind um zu dem Bilde deses Fungus zu gelangen, und corrigiren wir dieses Bild nach den Resultaten unserer jetzigen Erfahrungen. Wir kommen dann zu folgenden Sätzen: ß Bloss die Geschwülste, welche von der Convexität der Hirnhaut ausgingen, sind in die Rubrik der Fungi Durae matris aufgenommen worden; die die Basis eranii perforirenden, in die Nasenhöhlen einbrechenden oder die Gesichtsknochen zerstörenden willkührlich von ihnen getrennt. Trotzdem kommen dieselben Geschwiülste, welche an der Convexität gelegent- lich als Fungi erscheinen, an der Basis, wo sie aber meist chirurgisch latent bleiben, gerade am häufigsten vor. Ebenso finden sie sich häufig genug im Canale der Wirbelsäule. — Die Mehrzahl aller dieser Geschwülste, auch der von der Con- vexität ausgehenden, bewahren einen nach ärztlichen Begriffen durchaus gutartigen Verlauf, d. h. bestehen lange Jahre und rufen zuletzt den Tod nur durch Beeinträch- tigung der Hirnthätigkeit hervor, bleiben aber local und durchbohren nicht die Schädelknochen. Die Perforation der Schädelknochen ist ein meist rein mechanischer und sehr zufälliger Act, der sowohl durch die andrängende Geschwulst selbst, als auch mittel- bar durch den gedrückten und verschobenen Hirntheil herbeigeführt werden kann. — Kommen hierzu nun noch Verschiedenheiten in der Structur und geht in ein- zelnen Fällen die Geschwulst vom Knochen und von der Hirnhaut zugleich aus, so bleibt allerdings von dem Fungus Durae matris der Chirurgen nichts mehr übrig. Am schwierigsten wird es auch hier wieder für den Praktiker, zuzugeben, — 31 — dass die Zerstörung der Schädelknochen und das auf sie folgende raschere Wachsthum der Geschwulst nicht als ein unzweideutiges Zeichen von Krebs betrachtet werden dürfen. Sehen wir einmal zu, ob beide Erscheinungen nicht durch örtliche, ausser- halb der Geschwulst liegende Verhältnisse bedingt sein können. Die Perforation er- folgt bekanntlich in bei weitem der Mehrzahl der Fälle durch einfache Usur; der durchgebrochene Schwamm ist in der Schädellücke zuweilen fest eingeklemmt, aber es gilt als Regel, dass er mit den Knochenrändern selbst in keinem näheren Zusam- menhange steht. Nun kommt es zwar oft genug vor, dass bloss durch das conti- nuirliche Wachsthum einer Geschwulst ein anstossender Knochen atrophirt wird, und man kann ausnahmsweise ein simples Atherom am behaarten Schädel in einer Knochengrube liegend finden; indessen giebt es doch eine andere Art des Druckes, als die des gleichmässigen und continuirlichen, welcher vorzüglich eine schnelle und ausgedehnte Knochenusur begünstigt, nämlich der abwechselnd sich verstärkende, stossweis erfolgende, wie er namentlich bei pulsatorischen Bewegungen auftritt. Die enorme knochenzerstörende Kraft der Aneurismen ist bekannt. Eine solche Ge- schwulst durchbricht das Sternum und selbst die Wirbelkörper mit grösster Leich- tigkeit, wenn man glauben sollte, dass sie sich viel lieber auf Kosten der Lungen ausdehnen würde, denen ja schon ein mächtiges Bestreben sich zu contrahiren inne- wohnt. Die pulsatorischen, theils arteriellen, theils respiratorischen Druckdifferenzen in der Schädelhöhle sind für die Usur der Schädelknochen nicht ausser Acht zu lassen. Es kommt hier weniger darauf an, ob wirklich schon in der geschlossenen Schädelkapsel manifeste Excursionen des Hims und eigentliche Bewegungen dessel- ben zu Stande kommen, oder ob die letzteren bloss bei eröffnetem Schädel (Kno- chenbrüche, Trepanation, Fontanellen) ausgelöst werden, weil ausserdem die con- vexe Hirnoberfläche der Calvaria jederzeit fest anliegt. Es kommt nur darauf an — und das steht unumstösslich fest — dass sich bei jeder Pulswelle, und mehr noch bei jeder stärkeren Exspiration der intracranielle Druck steigert, so dass also eine Geschwulst an der Dura mater einen sehr ungleichmässigen, rhythmisch sich ver- stärkenden, eben pulsirenden Druck auf die Schädelknochen ausübt. Man könnte jetzt fragen, ob nicht vielleicht die Geschwülste der Basis, die erwiesener Massen den Knochen seltener perforiren, von den Hirnbewegungen weni- ger getroffen werden. Es versteht sich von selbst, dass hier eben von den eigent- lichen Krebsen abstrahirt wird. Läge die Oberfläche der grossen Hemisphären dem Schädeldache nicht dicht an, und käme es schon bei geschlossenem Schädel zu pulsatori- schen Hebungen des Hirms in toto, so ist es verständlich, dass auch die an der Con- — 2332 — vexität der Hirnhäute wurzelnden Geschwülste ganz besonders von dem Drucke ge- troffen werden müssten. Ist dies nicht der Fall, so bleibt am Ende doch noch ein Aus- weg übrig. Die Druckdifferenz wird natürlich eine desto grössere sein, je grösser der Druckzuwachs im Verhältniss zu dem constanten Drucke ist. Der letztere ist an der Basis grösser, weil hier noch die Schwere des Gehirns hinzukommt. Damit wird hingegen die Differenz selbst kleiner und mit ihr die Möglichkeit mechanischer Lei- stungen, da es sich eben nur um relative Grössen handelt. Es ist möglich, dass die zuletzt angedeuteten Differenzen zu klein sind, als dass sie berücksichtigt zu werden verdienen; so viel scheint mir indessen gewiss, dass die pulsatorischen Bewegungen des Gehirns vollständig genü- gen, um die besondere Leichtigkeit zu erklären, mit welcher die excentrische Usur der Schädelknochen erfolgt. Eben so leicht verständlich ist es, warum nach zu Stande gekommener Per- foration des Knochens die betreffenden Geschwilste meist so rasch wachsen, dass man auch darin wieder einen Beweis ihrer Krebsnatur finden zu müssen glaubte. Es muss aus physikalischen Gründen nach geschehener Perforation ein vermehrter Blutzufluss nach der Schädellücke hin erfolgen und damit auch eine gesteigerte Er- nährung und ein rapideres Wachsthum der Geschwulst. Ausserdem fällt dann noch ein mächtiges Entwickelungshinderniss hinweg, nämlich ein Theil des Drucks, dem dieselbe innerhalb des Cavum cranii ausgesetzt war. Wenn man also früher den Durchbruch des Fungus cranii als den Eintritt in ein neues Stadium bezeichnet hat, so können wir auch jetzt dies als vollkommen richtig anerkennen, insofern die Er- nährungsverhältnisse der Geschwulst sich mit einem Male auf eine für den Kranken höchst ungünstige Weise umgestalten. Aber die Zerstörung der Schädel- knochen ist nicht ein Beweis der Bösartigkeit der Neubildung, son- dern die Neubildung wird bösartig, weil der Schädel durchbrochen wurde. Ich schliesse diese Betrachtungen mit der Mittheilung des Falles einer enor- men Kopfgeschwulst, welche von der harten Hirnhaut und den Schädelknochen aus- gegangen war und sich bei der anatomischen Untersuchung als ein ausgezeichnetes faseriges Sarkom ergab. Der Fall, welcher aus der Privatpraxis des Herrn Geheim- rath Dlasius stammt, dessen Güte ich Krankengeschichte sowohl als Präparat ver- danke, verdient, wie man sehen wird, die Aufmerksamkeit im mehr als einer Hinsicht: Frau B...., 38 Jahr alt, bekam vor länger als 3 Jahren in Folge eines — 233 — nicht sehr heftigen Stosses gegen die linke Mamma eine Anschwellung der letzteren, welche sich rasch zu einem ansehnlichen Umfange entwickelte und so elastisch und fluctuirend war, dass sich der behandelnde Arzt zu einem Einschnitte bestimmen liess, aus dem sich jedoch nur Blut entleerte und rasch eine fungöse Exerescenz hervor- wuchs. Die Achseldrüsen waren nicht angeschwollen, das Allgemeinbefinden im Ganzen gut, die damals noch nicht verheirathete, übrigens regelmässig menstruirte Person aber zart und schwach. Am 28. Mai 1855 wurde Herr Geheimrath Blasius behufs der Amputatio mammae hinzugezogen, welche auch alsbald vorgenommen wurde. Herr Geheimrath Blascus selbst hielt die Geschwulst für einen Fungus medul- laris, hingegen wurde dieselbe von Max Schultze und mir später bei der feineren Un- tersuchung als Cystosarkom erkannt. Die Wunde heilte anfangs in gewöhnlicher Weise, nachher sehr langsam, und es verging fast ein Jahr, ehe sie sich ganz schloss, Später brach die Narbe noch mehrmals auf, schloss sich aber wieder. Im Januar 1857, wo die inzwischen Verheirathete schwanger war, bekam sie beim Herunter- fallen von einer Treppe einen Stoss gegen den vorderen Theil des rechten Schei- telbeins. Es entstand zunächst eine Beule, dann aber entwickelte sich an der- selben Stelle eine anfangs kleine und harte Geschwulst. Diese war am 9. Juni, als sich die Frau zuerst mit ihrem neuen Uebel zur Untersuchung vorstellte, von der Grösse eines Hühnereies, bot an einer Stelle Knochenhärte, im Uebrigen aber durchaus das Gefühl von Fluetuation dar, und war ohne Pulsation. Sie war von Anfang an schmerzlos gewesen; Druck brachte keine Empfindungen hervor; die be- deckende Haut unverändert, nur die Venen in der Nachbarschaft etwas ausgedehnt; nirgends Drüsenanschwellungen. Gesundheitszustand wie vor 2 Jahren. Anfang Juli hatte die Geschwulst bereits die Grösse einer kleinen Faust erreicht und war jetzt überall gleichmässig weich. Von jetzt ab nahm sie rasch zu. Da dieselbe von an- dern Aerzten für einen Abscess gehalten wurde, so machte Herr Geheimrath Blasius Ende Juli eine probatorische Punction, welche keine Flüssigkeit entleerte und im Innern der Geschwulst eme weiche Masse wahrnehmen liess. Die Punctionswunde verheilte ohne Weiteres. Die Geschwulst dehnte sich nach allen Richtungen, beson- ders aber nach oben und hinten aus, und hatte bis Mitte October so enorm zugenommen, dass sie mehr als zweimal den Umfang des Kopfes der Frau hatte. Sie hatte sich herunter gesackt, das Ohr ganz herab in eine quere Lage gedrängt, die ödematösen Augenlieder zusammengedrückt, und durch ihr Ge- wicht den Kopf ganz auf die leidende Seite herabgezogen, so dass dadurch Respi- rations- und Schlingbeschwerden entstanden. Anfangs lag sie auf der Supraclavicu- Abh. d. Nat, Ges. zu Halle. Ar Band. 38 — 213 — largegend auf, später hing sie, wenn die Kranke sass, von dem ganz seitwärts gezo- genen Kopfe bis zu dem flectirten Vorderarme herab. Diese Beschwerden wurden dadurch gemindert, dass die Geschwulst in Tüchern an einem neben der Kranken angebrachten Gestell aufgehängt wurde. Die Geschwulst bestand jetzt aus 3 vorn, hinten und unten liegenden Abtheilungen und war so weich, wie eine mit Flüssig- keit unvollständig gefüllte Blase. Die Venen auf der Geschwulst und in der Nach- barschaft hatten sich immer mehr ausgedehnt und zuletzt war die Haut stellenweis so braunroth gefärbt, wie an einem varikösen Beine Von Schmerz, Drüsenan- schwellung, Gehirnerscheinungen nichts vorhanden. Etwa 4 Wochen vor dem Tode bildete sich auf der obern Hälfte der Geschwulst eine mit blutigem Serum gefüllte Blase, welche aufbrach und eine dünne gelbliche Flüssigkeit aussickern liess, deren Menge sehr beträchtlich war und in den ersten 3 Tagen etwa 2 Quart betragen haben soll. Durch die inzwischen von selbst grösser gewordene Oeffnung, gelangte der Finger in spaltenförmige Zwischenräume festerer Massen. Der Ausfluss wurde allmälig jauchig und übelriechend und die Geschwulst schwand bis auf eine faust- grosse Masse, die in einem schlaffen Hautsacke lag. Am 23. November 1857 er- folgte der Tod. Nur die Geschwulst mit dem betreffenden Theile der Schädelknochen und der Dura mater durften zur Untersuchung entfernt werden. Das Gehim war unter der Geschwulst stark comprimirt, bot aber im Uebrigen nichts Bemerkenswerthes dar. Der übrige Körper wurde nicht geöffnet, doch war kein Verdacht auf Erkran- kung entfernter Organe vorhanden, und die benachbarten Lymphdrüsen waren nicht angeschwollen. Bei der genauen Untersuchung zeigt sich sogleich, dass der pri- märe Ausgangspunkt der Neubildung kaum zu bestimmen sein wird: der Schädel ist in weiter Ausdehnung perforirt und es findet sich eine unregelmässige buchtige Höhle, in welche man mit der ganzen Hand eindringen kann, und die von den weichen Schädeldecken, dem Knochen und der Dura mater begrenzt wird. Von den Wandungen dieser Höhle entspringen überall zerrissene lappige Geschwulstmassen, von Nuss- und Hühnereigrösse, welche meist wie gestielt in die Höhle hineinhängen. Sie bestehen aus einem röthlichgelben, etwas durchscheinenden, glänzenden Gewebe, und haben eine so ausgeprägt faserige Structur, dass man sie in bleistiftdieke und dünnere, mehrere Zoll lange Längsstriemen zerreissen kann. Hingegen haben die- selben Massen in andern Richtungen einen sehr bedeutenden Grad von Cohärenz. Unter dem Mikroskope besteht dieses Gewebe aus stets in der Längsrichtung und meist bündelweis angeordneten Zellen von zwar ziemlich verschiedener, indessen — 2335 — vorwiegend spindelförmiger Gestalt mit verhältnissmässig kleinen und blassen Kernen und einer sparsamen, aber an erhärteten Stücken überall deutlichen Intercellular- substanz. Alle die unregelmässigen Lappen machen durchaus den Eindruck, als wenn die Geschwulst, zu der sie einst vereint waren, mit Gewalt auseinander gesprengt worden sei. Sie zeigen also auf ihrer Oberfläche nirgends einen etwa durch Ulce- ration und Verjauchung entstandenen Substanzdefeet, sondern überall die glatte, glänzende, faserige Rissfläche, obwohl manche Partien dunkel blutroth tingirt oder etwas missfarbig sind. Nach der Krankengeschichte kann es keinem Zweifel unter- liegen, dass diese kolossalen Gewebszerreissungen allmälig durch eine wachsende Ansammlung von Flüssigkeit im Centrum der Geschwulst zu Stande kamen. In Uterusfibroiden stellen sich wegen der grossen Festigkeit des Gewebsfilzes massen- hafte seröse Ausscheidungen als rundliche, ceystoide Räume mit mehr oder weniger glatten Wänden dar. In einer Geschwulst mit paralleler Faserrichtung und von so grosser Weichheit musste es dagegen zu Zerreissungen in der Richtung der Fa- serbündel kommen. Die serösen Ergüsse selbst wurden jedenfallss durch Einklem- mung des Halses der Geschwulst in der Schädellücke und durch die daraus folgen- den Störungen in der venösen Circulation hervorgerufen, wie denn schon bei Leb- zeiten nicht bloss beträchtliche Venenektasie in der Umgebung, sondern auch ein hepatisches Colorit der Hautdecken über der Geschwulst bemerkt worden war. — Der genauere Zusammenhang der Geschwulst mit den Umhüllungen des Gehirnes ist folgender: das rechte Seitenwandbein, welches von der Neubildung durchbrochen wurde und dem sie aussen auflag, zeigt sich fast auf seiner ganzen Fläche rauh und grubig, indem die Lamina externa bis zum starken Durchscheinen atrophirt ist. Von der Diploe finden sich kaum noch Spuren, vielmehr ist der Knochen überall gleichmässig sklerosirt, dabei aber auch an Stellen, wo kein Substanzdefeet vorliegt, sehr verdünnt (excentrische Atrophie). In der Mitte des Seitenwandbeins findet sich ‚ Zoll Länge und 1!, — 1 Zoll Breite. Der Rand des Loches ist in drei Viertheilen seines Umfanges von innen nach aussen eine zackige Perforationslücke von 2' zugeschärft, wie man dies bei centrifugaler Durchbrechung der Schädelknochen ge- wöhnlich sieht, in dem letzten Viertel jedoch durch geringe Knochenauflagerung an seiner inneren Seite verdickt und sogar etwas nach innen umgekrämpelt. In der nächsten Umgebung der Lücke hängen die faserigen Geschwulstmassen ungemein fest mit dem Knochen zusammen, namentlich an dem von innen nach aussen zuge- schärften Rande, doch auch äusserlich in der allernächsten Umgebung der Perfora- tionsstelle, so dass hier die von beiden Flächen des Seitenwandbeines entspringenden 33* — %86 — Massen nur durch eine dünne, beiderseits rauhe Knochenlamelle von einander ge- trennt sind. An den übrigen Stellen liegt der Fungus dem Knochen nur auf. Der Hals, mit welchem die Geschwulst sich der Dura inserirt, hat im Durchmesser 2", bis 3 Zoll. Die Himhaut selbst ist ganz unverändert auch in den Partien, wo ihr äusserlich die Geschwulst aufsitzt. Versucht man die faserigen Massen abzulösen, so gelingt dies wegen des festen Zusammenhanges nur ganz unvollständig, und man sieht dabei besonders feste Fäserchen von der Dura, meist in sehr schräger Rich- tung, sich in die Neubildung einsenken. Sehr schön konnten diese Stellen nach der Erhärtung des Präparates in verdünntem rectificirten Holzessig untersucht wer- den, in sofern, was wegen der grossen Weichheit zuvor ganz unmöglich war, jetzt feine Schnitte durch die Geschwulst und durch die Dura zugleich gemacht werden konnten. Hier sah man dann sofort, dass es sich wieder nur um die Degeneration einer Bindesubstanz in toto handle. Das Gewächs ging von den alleräussersten La- gen der Dura aus, die tieferen Schichten waren ganz unverändert. In dem sehr festen fibrillären Bindegewebe der harten Hirnhaut traten zuerst kleine kernartige Gebilde auf, die sich nach aussen rasch vermehrten, indem sie sich meist sehr stark in die Länge zogen und oft deutlich in zwei oder drei Theile theilten: hierdurch entstanden bald Schichten, die den Anblick einer Faserkerngeschwulst mit stark ent- wickelter streifiger Zwischensubstanz darboten. Diese gingen dann wieder ziemlich rasch durch engeres Aneinanderrücken der grösser und stark granulirt werdenden Elemente in das Gewebe über, welches die Hauptmasse der Geschwulst bildete. Die Breite des ganzen Uebergangsfeldes betrug an dem in Holzessig stark geschrumpften Präparate meist ,— 1 Linie und zuweilen darüber. Was endlich die Geschwulst der Mamma anbelangt, welche dem Fungus am Schädel vorausgegangen war, so wird dieselbe im hiesigen anatomischen Museum aufbewahrt und konnte also von mir nochmals genau untersucht werden. Sie do- cumentirte sich als manifestes Cystosarkom, bei welchem aber die eystoide Degene- ration mit Hineinwachsen kleiner kolbiger und gestielter Massen in die Hohlräume der Production soliden sarkomatösen Gewebes gegenüber, welches eine grosse Zahl hühnerei- und apfelgrosser cireumscripter Knollen bildet, sehr in den Hintergrund tritt. Jedenfalls haben wir also hier einen Fall vor uns, wo eine sarkomatöse Dia- these, eine allgemeinere Neigung zu degenerirenden Bindegewebswucherungen nicht wohl geleugnet werden kann). — — 1) Einen ähnlichen Fall erwähnt Virchow (dessen Archiv 9. Bd. pag. 619): Einer 50jährigen Magd wurde von Morawek ein seit 2 Jahren bestehendes Cystosarcom der Brust exstirpir. Nach etwa 4 Monaten folgte eine neue, sehr beträchtliche Ge- — Bu Bösartige Geschwülste, deren Gewebe die Charaktere der Bindesubstanz, und zwar ganz besonders des embryonalen oder Schleimgewebes trägt, kommen, wie sich immer mehr herausstellt, ganz besonders häufig unter der Form von Neuromen vor. Zwei ausgezeichnete Fälle der Art sind bald hinter einander von Virchow und von mir in dem Archive für pathologische Anatomie beschrieben worden. ‚Der Virchow- sche Fall zeichnete sich nicht nur durch eine grosse Verbreitung der Krankheits- heerde aus, sondern es waren auch Nachbartheile durch Ansteckung erkrankt. In meinem Falle hatte die die Palma einnehmende Geschwulst pilzförmig die Haut durchbrochen, so dass sie einen schwarzrothen, jauchenden und zu Hämorrhagien neigenden Schwamm darstellte; der Nervus medianus war in weiter Ausdehnung diffus erkrankt, und ich hatte zum Schluss meiner Mittheilung die Befürchtung ge- äussert, dass über kurz oder lang eine neue Geschwulst am Arme auftreten werde. Leider ist dies nur zu bald geschehn; es zeigt sich bereits eine spindelförmige, dem Verlauf des Medianus folgende und fast den ganzen Unterarm einnehmende Anschwel- lung, welche ungemein empfindlich gegen Berührung ist und über kurz oder lang eine neue Operation benöthigt wird. Vielleicht werde ich dann Gelegenheit finden, die Geschichte dieses interessanten Falles zu vervollständigen. Für heute möchte ich eine neue nicht weniger interessante Beobachtung hinzufügen, welche zeigt, dass diese Form der Neurome sich auch von den feineren Aesten der Hautnerven aus entwickeln kann. Dr. M. S.'), praktischer Arzt, 53 Jahr alt, von schwächlicher Constitution, im Uebrigen aber gesund, bemerkte zuerst im November 1847, als er wegen eines leich- ten Unwohlseins das Bette hütete, an seinem rechten Vorderarme, und zwar in der Mitte desselben und genau der Stelle entsprechend, welche beim Schreiben aufzulie- l Hierbei entdeckte er in der Tiefe ein kleines, etwa nadelkopfgrosses Knötchen, von gen kommt, ein leises Jucken und Stechen, we'ches ihn zum Kratzen veranlasste. dem der Schmerz auszugehen schien. Dieses Knötchen nahm von jetzt ab langsam EN an Grösse zu und hatte im Sommer 1848 bereits den Umfang einer Bohne erreicht. schwulst, welche sich aus der Narbe entwickelt hatte und bald darauf starb die Kranke. Die Autopsie ergab ein neues sehr um- fangreiches Gewächs an der Operationsstelle, das durch die Thoraxwand in die adhärente Lunge hineingewachsen war, und zahl- reiche metastatische Knoten von ähnlicher Art in den lungen, den Mediastinis, der Leber, den Rippen, den Wirbelkörpern, den Beckenknochen, der Dura mater mit Durchbrechung des Schädels, des Keilbeins mit Hineinwachsen in den Sinus cavernosus. Gleich- zeitig fanden sich ausgedehnte Metastasen des von den zerstörten Knochen abgeführten Kalkes auf die Lungen, den Magen, das Re- ctum, die Nieren, die Dura mater und die Carotis cerebralis. 1) Die Krankengeschichte ist von Herrn Dr. M. S. selbst abgefasst und mit nur geringen Abänderungen milgetheilt worden. — 2833 — Die bedeckende Haut war anfangs ganz unverändert und verschiebbar, verwuchs aber später mit der Geschwulst und nahm an dieser Stelle eine bräunliche Färbung an. Das Allgemeinbefinden war unverändert, nur fühlte Patient fast unausgesetzt ein Jucken und Brennen in der Geschwulst. Im Januar 1850, bei Gelegenheit der Ent- bindung einer Frau durch die Wendung, hatte der Tumor bereits die Grösse einer Wallnuss erreicht, so dass sich Dr. $. beim Operiren sehr behindert fühlte. Inzwi- schen wurde doch erst im November desselben Jahres, nachdem die Geschwulst be- reits zum Aufbruch gekommen war, und ein dickes sehr schleimiges Blut ent- leert hatte, zur Operation geschritten. Die Geschwulst sass der Fascie fest auf, so dass sie von derselben losgeschält werden musste, und war mit den Hautdecken, die zugleich entfernt werden mussten, innig verwachsen. Die Vernarbung war in 7 Wo- chen vollendet und der Arm jetzt in seinem Gebrauche nicht mehr behindert. Die Geschwulst selbst hatte nach der Aussage des Patienten die Grösse und Gestalt ei- nes der Länge nach halbirten Eies, und bot eine „zellige“ Structur dar. Hinge- gen hatte sie der Operateur tür eine Art Meliceris gehalten. Einige Jahre gingen vorüber, ohne dass sich ein Recidiv gezeigt hätte; doch stellten sich dann und wann wieder die von früherer Zeit her bekannten schmerzhaften Empfindungen, flüchtige Stiche oder häufiger ein juckendes Brennen in der Gegend der Narbe ein, auch er- innert sich Dr. $., oft das Gefühl gehabt zu haben, „als wenn 'ein Tropfen Wasser längs des Armes herunter lief“ und sich dann erst durch Nach- fühlen von der Täuschung überzeugt zu haben. Erst im Jahre 1854 wurde am un- teren Ende der Narbe das Entstehen einer neuen Geschwulst bemerkt, die allmälig die Grösse einer Kirsche erreichte. Sie verursachte dem Kranken eigentlich weni- ger Schmerz als ein eigenthümliches schwer zu ertragendes Gefühl. Zuweilen tra- ‚en auch schmerzhafte Sensationen über dem Condylus internus humeri ein. Anfang 1857 zeigten sich am obern Ende der Narbe zwei neue quer neben einander lie- gende Geschwülste, die sehr rasch wuchsen. Die Haut über ihnen schwoll an und wurde schmerzhaft, und im October brach die eine von ihnen, welche ungefähr die Grösse eines Borsdorfer Apfels hatte, auf und entleerte wiederum ein schwarzes schleimiges Blut, so dass sich Patient nun wegen einer neuen Operation an Herrn Geheimrath Blasius wandte. Bei der Untersuchung des Kranken fanden sich Aussehn und Allgemeinbefin- den durchaus befriedigend, Drüsen nirgends angeschwollen. An der Ulnarseite des rechten Vorderarmes, das mittlere Drittheil desselben einnehmend und sich etwas nach der Volarseite herüber erstreckend, sitzen 3 Geschwülste von der Grösse einer m Mi Wallnuss bis zu der eines kleinen Borsdorfer Apfel. Die unterste, wallnussgrosse, ist mässig elastisch, von den beiden oberen bietet die eine das Gefühl einer sehr schlaffen Fluctuation dar, während die andere aufgebrochen und collabirt ist und an der Aufbruchstelle schwarzrothe fungöse Wucherungen zeigt. Die Exstirpation wurde am 16. December von Herrn Geheimrath Blasius un- ter Choroformarkose des Kranken vorgenommen, und die bedeckende Haut sowohl als ein Theil der Fascia superficialis, über welcher sich die Geschwülste entwickelt hatten, entfernt. Sobald Patient zu sich kam, klagte er über das schon öfters empfundene schmerzhafte Gefühl oberhalb des Condylus internus humeri und über Taubheit an der Ulnarseite des Vorderarmes bis zu der Spitze des kleinen Fingers herabreichend, ein Symptom, das sich übrigens in den nächsten Tagen wieder verlor. Das Präparat wurde mir frisch und noch ganz warm zur Untersuchung über- geben, und obwohl man weder bei der Operation noch bei der gröberen Betrach- tung der Ränder der entfernten Partien den Zusammenhang mit einem Nerven- aste hatte bemerken können, so machte mich doch Herr Geheimrath Blasius darauf aufmerksam, dass es nach neueren Erfahrungen sich möglicher Weise um ein bös- artiges Neurom handle. Diese Vermuthung gewann für mich noch an Wahrschein- lichkeit, als ich den tiefsten der 3 Knoten einschnitt und ihn aus einem exquisiten Gallertgewebe bestehend fand. Eine sorgfältige Präparation liess bald über den Aus- gangspunkt der Geschwulst von den feinen Aesten eines Hautnerven (N. ceutaneus brachii medius?) keinen Zweifel übrig. Ein fast ?, Linien starkes Nervenstämmchen lief hart an der obersten Borsdorfer- Apfel- grossen Geschwulst vorbei, mit deren Bin- degewebshülle es sehr fest vereinigt war, und gab hier mehrere feine Aeste ab, die ein Stick iiber die Oberfläche der Geschwulst verliefen, dann aber in die Geschwulst selbst einzudringen schienen. Klarer war hingegen das Verhältniss der Fortsetzung des Nerven zu dem zunächst liegenden wallnussgrossen Knoten. Der Nerv ging hier in 6—8 zwirnsfadendünne Fäden auseinander, welche den Knoten umspannen, ven denen aber auch zwei ganz deutlich in ihn selbst eintraten. Nach längerem Suchen gelang es endlich, mitten in den neugebildeten Gallertmassen eins dieser beiden Fädchen wiederzufinden und eine grössere Strecke zu verfolgen. Es enthielt noch eine grosse Zahl markhaltiger Nervenfasern. Zuletzt wurde auch der zu dem drit- ten bereits aufgebrochenen Knoten gehende Nerv gefunden. Hätte noch ein Zwei- fel iiber den Ursprung dieser Geschwülste bestehen können, so wäre er jetzt erle- digt worden. Ein !, Linie starker Hautnery schwoll zunächst zu einer spindeltör- — u — migen, waizenkorngrossen Geschwulst an, welche ein röthlich-gelbes durchscheinen- des Ansehen hatte und dicht unter der Haut im Fettgewebe lag, verjüngte sich dann wieder und theilte sich unmittelbar darauf in mehrere haarfeine Aeste, die strahlig in der Hülle des bereits aufgebrochenen Knotens verschwanden. Was die Structur der Geschwülste selbst anbetrifft, so bestand der wallnuss- grosse Knoten, im dessen Achse noch ein feiner Nervenast gefunden wurde, aus einem ganz ausgezeichneten Gallertgewebe. Seine Hauptmasse bildete eine sehr stark durchscheinende, in kleinsten Stückchen glasartige Substanz von bläulich - weisser Farbe mit einem geringen Stich ins Röthliche. Bei ihrer grossen Weich- heit zeigte dieselbe einen sehr beträchtlichen Grad von Elastieität, so dass Parti- kelehen, welche man behufs mikroskopischer Untersuchung zerzupfen wollte, sich stark in die Länge zogen, jedesmal aber wie Kautschuk zu ihrer alten Gestalt zu- rückschnellten. Nach einigen Stunden wurde die Masse klebrig, fadenziehend wie sehr dicker Gummischleim. Mit Wasser längere Zeit zusammengebracht quoll sie sehr stark auf ohne sich jedoch aufzulösen und wurde dabei ganz glasartig durch- sichtig, zitternd, und verlor ihre Elasticität. Dieser weichste Theil des Kno- tens ging namentlich nach der Haut hin allmälig in ein festeres, schneidbares, da- bei aber immer noch etwas durchscheinendes, wie fibröses Gewebe über, welches sich zuletzt mit ganz diffuser Grenze in die knorpelartig indurirte Haut verlor. Die Schnittfläche dieser festeren Partien entsprach vollkommen dem Aussehen, wie man es in festeren Alveolarkrebsen findet. Es zeigte sich eine ausgesprochen areoläre Structur, indem ein wie gesagt, fast fibrös aussehendes Gewebe von zahlreichen durch- scheinenden graulichen Tüpfeln unterbrochen wurde. Unter dem Mikroskope fand man an den weichsten Stellen eine ganz homogene oder nur leicht granulirte schleimige Intercellularsubstanz mit sehr grossen, Gang- lienzellen-artigen Körpern, die meist sehr discret lagen, sehr unregelmässige, oft buchtige Contouren darboten und durch eine grosse Zahl sehr langer Ausläufer mit einander anastomosirten. Die feinen Contouren dieser blassen Körper, und nament- lich ihrer Fortsätze waren am frischen Präparate meist äusserst schwer genau zu be- stimmen, (und sehr oft sah man überhaupt nur die in den Zellen liegenden Kerne), wurden aber sehr deutlich nach Behandlung mit rectificirtem Holzessig, welcher für das Studium von Bindesubstanz überhaupt ein so ausgezeichnetes Hülfsmittel dar- bietet. Die besten Ansichten bekam man, wenn man ein dünnes Partikelchen fein ausgebreitet unter das Mikroskop brachte und nun erst einen Tropfen Holzessig zu- setzte. Sofort erfolgt eine körnige Gerinnung der Intercellularsubstanz, so dass das — 239 — Präparat milchig trübe erscheint, allein es verliert sich dabei zugleich das sehr be- deutende Lichtbrechungsvermögen der Masse, welches zuvor die genaue Einsicht hin- derte, und die grossen Zellen und ihre Ausläufer treten sogleich scharf eontourirt hervor Es kommt dann eine Structur zum Vorschein, die sich durch nichts als durch ihre Unregelmässigkeit von dem Gallertgewebe der Medusen unterscheidet. Die Kerne der Zellen sind gross, 0,016 bis 0,025 Millimeter im Mittel, glänzend, scharf con- tourirt und mit einem oder zwei Kernkörperchen versehen. Oft finden sich 2 und 3 Kerne in einer Zelle, oft ist ein Kern deutlich in der Theilung begriffen. Die Länge der Zellenfortsätze ist sehr bedeutend, so dass sie zuweilen über das ganze Gesichtsfeld laufen und sich zuletzt noch verästeln können; einige ganz deutlich von einem Zellenkörper ausgehende zeigen sich auch wie lockige Bindegewebsfasern gewun- den oder gedreht. — Ausser diesen Elementen findet sich an den meisten Stellen noch ein Stützwerk eigenthümlicher Fasern und Faserzüge, vollkommen den Abbildungen entsprechend, wie sie Max Schultze ') aus der Gallertscheibe von Rhizostomen gegeben hat: feste, stark streifige Faserstränge durchkreuzen sich in verschiedener Richtung oder bilden durch Bündel, die von einem Zuge zu dem andern treten, ein vielgestaltiges stellenweis ziemlich regelmässiges Maschenwerk. Die Hauptzüge laufen immer auf- fallend gestreckt und verlieren sich zuletzt in der gallertigen Intercellularsubstanz, indem sie entweder pinselförmig ausstrahlen, oder sich in blasse, vielfach verästelte und wieder mit einander anastomisirende Fasern auflösen, oder endlich in äusserst feine, den elastischen Fäden gleichende Fibrillen übergehen. Diese Fasern, welche man billig Schleimfasern nennen könnte, zeichnen sich durch eine ganz ungemeine Resistenz gegen Essigsäure aus, welche m concentrirter Form längere Zeit einwirkend auch auf Stellen, welche sich durch lockigeres Aussehen dem gewöhnlichen Binde- gewebe nähern, fast keinen Einfluss hat. Ich habe diese Fasern bis jetzt nur in Gallertgeschwülsten gefunden. Sie zeigen sich in den festeren Theilen der Ge- schwulst sehr reichlich, einen dichten Faserfilz bildend, während zugleich die Zel- len kleiner sind und enger bei einander liegen. — Von den beiden übrigen Knoten war der eine fast ganz durch Verjauchung zu Grunde gegangen, der andere be- reits ebenfalls sehr verändert, von Blutextravasaten durchsetzt und zum Theil in eine ockergelbe fadenziehende Masse verwandelt. Nur einige Partien waren noch erhalten und stellten scharf umschriebene rundliche Massen dar von dem bläulich- weissen Aussehen der Rippenknorpel, dabei aber leicht schneidbar. Unter dem Mikro- skope fand sich wesentlich dieselbe Structur wie in dem ganz erhaltenen Knoten. 1) Müller's Archiv 1856. Taf. XI. und XII. Abh, d. Nat. Ges. zu Halle. 4r Band, 39 — 1 — Die waizenkorngrosse Anschwellung, welche der eine Hautnerv bildere, ehe seine letzten Zweige den dritten Knoten umspannen, bestand zu meiner Ueberra- schung aus einem sehr festen, exquisit lockigen Bindegewebe, welches ebenfalls von Essigsäure fast gar nicht angegriffen wurde und sehr arm an zelligen Bestandthei- len war. Die zu allen Knoten tretenden Nerven zeigten sehr deutlich markhaltige Fa- sern und eine theilweis massenhafte Vermehrung des Zwischenbindegewebes. Ueberall traten bei Zusatz von Essigsäure zwischen den Nervenfasern Reihen äusserst kleiner kernartiger Gebilde hervor. Nach dieser Beobachtung können die bösartigen Formen des Neuroms auch von den feineren Zweigen der Hautnerven ausgehen, so dass es einer genaueren Un- tersuchung bedarf, um den Zusammenhang nachzuweisen. Möglicherweise sind also diese Geschwülste ungleich häufiger, als man bis jetzt vermuthet, und findet dann die Annahme der Autoren (Breschet, Lobstein, Camper), die auch neuerdings wieder von Beck vorgebracht worden ist, “dass nämlich die Krebse in ihrer Verbreitung vorzugsweise den Nervenbahnen folgen, oder dass der Ausgangspunkt der Krebse geradezu auf das Nervengewebe selbst falle (Dubois), in der Häufigkeit bösartiger Nervengeschwülste selbst ihre Begründung und Berichtigung. Denn jedenfalls waren jene Ansichten nicht bloss aus dem so oft gemachten Vergleiche mit der fötalen Markmasse entstanden ( Maunoir ). Der Nachweis des Ausganges vom Neurilem wird aber unter Umständen dadurch sehr erschwert, dass diese Geschwülste später einen sehr hohen Grad von Selbständigkeit erreichen können, während es sich viel- leicht anfangs nur um eine Bindegewebswucherung am Neurilem handelte. Auch hier ginge dann der anfangs rein hyperplastische Charakter der Neubildung später in den heteroplastischen über. Es kann dann sogar der feine Nervenstrang, der den Mutterboden für eine relativ sehr umfängliche Bildung abgab, später vollständig atro- phiren. Die Geschwulst löst sich vom Nerven ab und ist nicht mehr Neurom. So fand z. B. Kupferberg in einem sehr merkwürdigen Falle multipler Neurome am Beine bei zwei der grössten Geschwülste, von denen die eine den Umfang einer Faust, die andere den einer Melone hatte, gar keinen Zusammenhang mehr mit ei- nem Nervenstamme. Aehnliche Beobachtungen scheint auch Oruveillzer gemacht zu haben. Auf der andern Seite kommt es aber auch zuweilen zu secundären Eruptio- nen in der näheren oder weiteren Nachbarschaft, es entstehen neue Geschwülste, aber jetzt unabhängig von den Neurilemen, wie dies von Virchow in dem oben er- wähnten Falle und vielleicht auch von ZLebert gesehen worden ist, — so dass, wenn u a man noch Ulceration, Reeidiv und diffuse Verbreitung auf die Nachbartheile, wie sie in meinem Falle beobachtet wurden, hinzunimmt, eine sehr bedeutende Bösartig- keit nicht geleugnet werden kann. Will man die Nervengeschwülste, über welche wir so eben ausführlich refe- rirt haben und die natürlich von den gewöhnlichen fibrösen Neuromen ganz getrennt werden müssen, nach ihrer anatomischen Structur mit einem passenden Namen be- zeichnen, so finden wir in der von Virchow neuerdings vorgeschlagenen Bezeichnung Myxoma (Tumor mucosus, Schleimgeschwulst) unbedingt diejenige, welche unsern jetzigen Anschauungsweisen am meisten entspricht.') In der früheren Zeit hätte man dieselbe Bildung jedenfalls als Gallertkrebs bezeichnet, und ich habe schon oben be- merkt, wie sie bei Betrachtung mit blossem Auge die grösste Uebereinstimmung mit dem sog. Careinoma alveolare darbot. Ich hatte recht Gelegenheit, einen directen Vergleich anzustellen, da ich gerade in denselben Tagen mit der Untersuchung ei- nes ausgezeichneten Uareinoma alveolare des Recetum beschäftigt war, und ich muss behaupten, dass die histologische Verwandtschaft fast eine eben so grosse ist. In beiden Fällen fand sich eine äusserst mächtige, schleimige, gallertige, hier und da bis zur Consistenz eines weichen Knorpels verhärtete Intercellularsubstanz, von ei- genthümlichen (Schleim—) Faserzügen meist areolärer Anordnung durchzogen und von grossen sehr discret liegenden Zellen durchsetzt. Der einzige Unterschied be- stand darin, dass in der Neubildung aus dem Reetum die meisten Zellen die be- kannte blasige Form angenommen hatten. Wo diese letztere fehlte, kamen auch so noch ausgedehnte Partien in beiden Geschwülsten vor, die sich histologisch als durchaus identisch erwiesen. Will man consequent sein, so muss man, wie das ja auch schon wiederholt vorgeschlagen worden ist, das sog. Carcinoma alveolare 1) Ich muss hier Virchow widersprechen, welcher meint, dass durch seine im llIten Bande des Archivs mitgetheilte und oben bereits erwähnte Beobachtung „zum ersten Male sich mit grosser Bestimmtheit ergäbe,‘“ was schon Craigie (Elements of pathol. p. 391) geschlossen, dass in der Beziehung Neurom „verschiedene Geschwülste zusammentreffen.“ Für die bis jetzt fast ausschliesslich berücksichtigte Art der Neurome trifft allerdings regelmässig die Beschreibung zu, welche bereits Camper gegeben hatte: „Sie sind in ihrer inneren Substanz weisslich, so hart wie Knorpel, haben ein glänzendes Aussehen und sitzen in den Häuten der Nerven.“ Aber bereits Cheselden (Anatomie des M. K. aus dem Englischen von Blumenbach Göttingen 1790 pag. 248) hat, wie ich einem Citate von Barthel von Siebold (Sammlung auserlesener chirurg. Beob. und Erfahrungen) entnehme, eine Geschwulst am Medianus dicht über dem Cubitus beobachtet, von der er sagt: „Sie war nach Art der Balggeschwülste, enthielt aber eine durch- sichtige Gallerte. Die Faden des Nerven waren durch sie getheilt, und liefen über ihre Oberfläche.‘ Desgleichen wird angegeben, dass die Geschwulst bei Berührung oder bei Bewegungen äusserst schmerzhaft gewesen sei. Ebenso beschreiben bereits de la koche und Petit- Radel (Encycl. method. Chirurg. Paris1792) einen Fall sehr voluminöser Nervengeschwülste vom Arm eines 22jährigen Mäd- chens: die Neubildung bestand aus einer grösseren Menge von einzelnen Lappen, die wie Beeren an den Nerven hingen, gelblich und etwas durchscheinend waren und ganz ‚aus coagulabler Lymphe‘‘ zu bestehen schienen u. s. w, — 2394 — entschieden von den Krebsen trennen, mit denen es auch nicht die geringste Ver- wandtschaft hat. Das Careinoma alveolar enimmt sowohl seinen gröberen Verhältnissen nach als auch histologisch eine Stelle zwischen Schleim- (Colloid) und Knorpel- gewebe ein. Namentlich ist die Bildung der Schleimkapseln um die grossen Blasen beim Careinoma alveolare ganz dieselbe, wie die der Knorpelkapseln beim Knor- pel, und es wurden deshalb auch bei beiden Geweben Zellen und Kapseln einer- seits und Kern und geschrumpfte Zellen andrerseits oft mit einander verwechselt. Weitere Aehnlichkeiten geben die concentrisch lamellösen Schichtungen der Kap- selwand und die eigenthümlichen (scheinbaren) Mutterzellenbildungen. Doch hoffe ich ein anderes Mal ausführlicher auf diese Verhältnisse zurückzukommen, und mag es denn für heute bei diesen kurzen Andeutungen bleiben. Erklärung der Tafeln. Tab. I. Osteoid der Tibia von einem 24jährigen Mädchen nach der Mace- ration. Die Geschichte dieses Falles ist auf pag. 266 sq. beschrieben worden. Man sieht auf der Schnittfläche sehr gut den compaeten Knochenkern, der übrigens nicht einmal in seinem grössten Durchmesser von der Säge getroffen wurde. Nach aussen geht derselbe in unregelmässig zackige, lockrere Knochenbildungen über, welche in die weichen Massen der Geschwulst eingreifen. — Tab. II. Osteoid (primär verknöchernde Bindegewebsgeschwulst) vom Femur. — Da der im Text erwähnte zweite Fall eines Osteoides nicht macerirt, sondern in Spiritus aufbewahrt wurde, gute Abbildungen solcher Geschwülste bis jetzt aber fehlen, so habe ich auf dieser Tafel noch ein sehr schönes Beispiel eines Osteoides des Femur von einem jugendlichen Individuum, aus der Privat-Sammlung des Herm Geheimrath Blasius abbilden lassen. Der nach der Maceration übrig gebliebene knöcherne Theil besteht hier ebenfalls aus einem festen compacten Knochenkerne, der nur nach aussen eine unregelmässige, zackige und splittrige Oberfläche zeigt. — Ben. Mall ing nina Jenna ae Den] Ali n f ‚vi TEE E ‚+ ’ ’ i bi T, ar , E F {) ı Yan ’ id f rt are ’ yıı Miu « . ‘ ö i L 5 ? \adins 4alh Kino) E A 1 af ar ee ap Hohn Aager wu eeg io Fan A TEE eitnd na Er EA ah ale Sud - daoı Total: aaib " nunhaiDinE M DT EILLIRDEI eur) gay une uafılickin le ah rt | j be BITLarS ET nich PEN AL j ? x DT. [BREITE NE HR 0 Vi ıt E Sn uninath Ar TR | FPIJLL UYIS 22. APUSULUEL] BES Va LUOR DE UUB 1/79 / & U Volkmann über vom Ärcbs zu trennunde Geschmiülkte e NS SQ a Zur Kenntniss elecirischen Organe der Von Max Schultze. Erste Abtheilung: Malapterurus. Gymnotus. Mit 2 Tafeln. Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4. Band. Fische 40 Die Untersuchungen des Herrn Bilharz in Kairo über die electrischen Or- gane des Zitterwelses!) bezeichnen einen Fortschritt in der Kenntniss des feineren Baues dieser bisher fast unbekannten Apparate, welchen Anatomen und Physiologen freudig zu begrüssen haben.?) Die Entdeckung der Platten homogener Nervensub- stanz, deren je eine in jedem Kästchen der electrischen Organe enthalten ist, und welche die peripherischen Enden der zu denselben verlaufenden Nerven darstellen, wird der Ausgangspunkt für jede Betrachtung bleiben, welche die Wirkungsweise dieser Organe zu erklären anstrebt. Aber nicht auf den Zitterwels allein beziehen sich die Angaben von Bilharz. Zwar hatte derselbe keine Gelegenheit eigene Untersu- chungen über die electrischen Organe der Zitterrochen des Mittelmeeres und des südamerikanischen Zitteraales anzustellen, doch suchte er in richtiger Beur- theilung der Wichtigkeit seines bei Malapterurus gewonnenen Fundes die vorlie- genden Beschreibungen der ihm nicht durch eigene Anschauungen bekannten elec- trischen Organe mit den beim Zitterwels gewonnenen Thatsachen in Einklang zu bringen. Die Aehnlichkeit in den gröberen anatomischen Verhältnissen der betref- fenden Organe war längst erkannt, mochten dieselben einem Rochen, Wels oder Aal angehören. Jetzt galt es aber festzustellen, ob die Art der Nervenendigung in Form einer homogenen, soliden Nervenplatte wie beim Zitterwels die allgemeine sei, ob die feinere Structur dieser Platten und ihr Verhältniss zu den in sie aus- strahlenden Nerven bei den übrigen eleetrischen Fischen dem bei Malapterurus Gefundenen genau entspreche oder welche Verschiedenheiten hier obwalten, ob end- lich eine nachweisbare Beziehung stattfinde zwischen der Art der Nervenendigung und der Stromesrichtung im Momente des Schlages. Die Bilharz zu Gebote stehen- den bisherigen Arbeiten reichten kaum zur Entscheidung der ersten und wichtig- sten dieser Fragen aus. Allerdings wusste Bilharz aus den Angaben Pacim’s über 1) Das electrische Organ des Zitterwelses, beschrieben von Theodor Bilharz, Leipzig 1857. 2) Vergleiche du Bois-Reymond, Monatsberichte der königl. Academie der Wissenschaften zu Berlin, August 1857, p. 425; Januar 1858, p. 87. 40 * — 300 — Gymnotus!) wie Pacini’s und R. Wagner’s über Torpedo?) in hohem Grade wahrscheinlich zu machen, dass bei diesen Fischen eine der electrischen Platte von Malapterurus verwandte Bildung zukomme, dennoch fehlten entscheidende Be- weise; und wie vieldeutig in der That die hier in Betracht kommenden Verhältnisse seien, lehrte der Aufsatz Kölhker’s?) über Torpedo, in welchem dasjenige Gebilde, welches Bilharz als electrische Platte anspricht, für eine bindegewebe - elastische Membran, der Membrana propria der Drüsen verwandt und als Stützaparat dienend beschrieben wird, lehren ferner die beiden kürzlich der Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften vorgelegten Aufsätze über electrische Organe‘), deren Resultate, ob- gleich durch Untersuchungen an denselben Exemplaren electrischer Fische gewon- nen, in mehreren Hauptpunkten sich geradezu widersprechen. Nachdem ich im vorigen Herbste auf Helgoland das sogenannte pseudo-elec- trische Organ der Raja einer näheren Untersuchung unterworfen?) und an demsel- ben Verhältnisse der Nervenendigung aufgefunden hatte, welche den von Bilharz an Malapterurs entdeckten electrischen Platten in hohem Grade ähnlich sind, war ich bemüht das Material zu einer umfassenderen Untersuchung der electrischen Or- gane zusammen zu bringen. Einige allgemeine Resultate meiner Studien habe ich schon in meinem Aufsatze iiber das Schwanzorgan der Rochen‘) wie m den Sitzungs- berichten der hiesigen naturforschenden Gesellschaft aus dem Jahre 1857 (Abhand- lungen der naturforschenden Gesellschaft zu Halle, Bd. IV. Heft 2 u. 3. Sitzung am 26. Novbr.) zusammengestellt. Die ausführlichere Darstellung meiner Beobach- tungen lasse ich hier folgen und zwar zunächst die am Zitterwels und Zitter- aal angestellten. Die Untersuchungen an Torpedo wie der wahrscheinlich elec- trischen Organe von Mormyrus werden in einer zweiten Abhandlung folgen. Ueber die Mormyri hat Herr A. Ecker”) bereits ausführliche Angaben veröffentlicht, wel- che die wesentlichen Verhältnisse der Nervenendigung kennen lehren. 1) Sulla struttura intima dell’ organe elettrico del Gimnoto etc. Firenze 1852. 2) Pacini ]. c. pag. 6 f. AR. Wagner, Ueber d. feineren Bau des electr. Organs im Zitterrochen, Göttingen 1857, nu. Neurologische Untersuchungen pag. 109. 3) Untersuchungen zur vergleichenden Gewebelehre, angestellt in Nizza im Herbste 1856, pag. 5. 4) Kupfer und Referstein, über den feineren Bau des electrischen Organs beim Zitterwels ete. Nachrichten von der Kö- nigl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen 1847, No. 19, und H. Munk,, zur Anatomie und Physiologie der quergestreiften Muskelfaser etc. Ebenda 1858. No. 1. 5) Müller's Archiv 1858, pag. 193. 6) 1. c. pag. 208. 7) Untersuchungen zur Ichthyologie, Freiburg 1857, p. 29. Berichte der naturf. (Ges. z. ‚Freiburg i, B. März 1858, No. 28, p. 472, Taf, XI. — 301 — Malapterurus electricus. Hierzu Taf. 1. Herr du Bois- Reymond hat in der Academie der Wissenschaften zu Berlin mehrfache Mittheilungen über drei kürzlich in seinen Besitz gelangte, lebende Zit- terwelse gemacht.') Derselbe hatte die grosse Güte auf meine Bitte mir von diesen Fischen Theile der eleetrischen Organe sowohl frisch, gleich nach dem Tode der Thiere, als in verschiedenen conservirenden Flüssigkeiten aufbewahrt zur anatomi- schen Untersuchung zu übersenden.?) An diesen sind die hier mitzutheilenden Be- obachtungen gemacht worden. Zur Vergleichung diente später noch ein durch Bil- harz in Kairo unter gütiger Vermittelung des Herm Dr. Brugsch in Berlin über- sandtes, in Chromsäurelösung aufbewahrtes Stück des electrischen Organes eines grösseren, im Nil gefangenen Exemplares. Die Berliner Fische stammten aus dem südafrikanischen Flusse Old Calabar, welcher sich in die Bai von Benin er- giesst, und gehören nach du Bois-Reymond’s ersten Mittheilungen der von Murray als Malapterurs Beninensis unterschiedenen Art an, welchenach dem Urtheile des Herrn Peters als eigene Species nicht festgehalten werden kann, sondern nur ein Jugendzustand oder eine Varietät des Malapterurus electricus darstellt. Die Genauigkeit und Vollständigkeit der Angaben in dem angeführten Werke über den Zitterwels des Nil von Bilharz liess von vorn herein nicht erwarten, dass wesentliche Structurverhältnisse übergangen sein würden, und in der That haben wir im Laufe unserer Arbeit Gelegenheit genug gefunden, die Beobachtungen des geschätzten F orschers zu bestätigen. Die wenigen Punkte, in denen es uns gelang, einige Ergänzungen zu liefern, beziehen sich ausschliesslich auf das Verhalten der letzten Ausbreitungen der Primitivnervenfasern in den electrischen Organen und auf ihre Endigungsweise in den s. g. electrischen Platten. Wie der Stamm des electrischen Nerven der Entdeckung von Bilharz zu- folge in seiner dieken bindegewebigen Hülle nur eine einzige Nervenprimi- tivfaser enthält, so findet ein Gleiches statt bei den Aesten aller Ordnungen bis in 1) Monatsbericht der Königl. Academie der Wissenschaflen zu Berlin, August 1957, pag. 424 u. Januar 1858, pag. 84. 2) Die conservirenden Flüssigkeiten waren: Chromsäurelösungen vierfach verschiedener Concentration, die Unze Wasser mit gr. 3, gr. 1, gr. %, gr. Y/, trockner Chromsäure; Sublimatlösungen auf die Unze Wasser gr. 6 und gr. 3; Lö- sung von doppelt chromsaurem Kali concentrirt, und dann zur Halfte verdünnt: rectific. Holzessig mit Wasser 1:2 und 1:3; Liquor conservativus (Müllers Archiv 1858 p. 331 Anmerk.) rein und zur Hälfte mit Wasser verdünnt; Alcohol 80° und 40°. Hauptsache ist immer, wenn es auf vollständige Erhaltung ankommt, kleine Stücke in möglichst viel Flüssigkeit zu legen. Gute Spirituspräparate zeichnen sich vor allen anderen dadurch aus, dass an ihnen eine vollständige Lösung des Binde- gewebes in Leim durch anhaltendes Kochen und nachherige Isolirung der unverletzten electrischen ‚Platten möglich ist, Erhärtung behufs Anfertigung von Schnitten wird dagegen durch Chromsäure, Sublimat und Holzessig erzielt. ei die letzten Endfäserchen. Alle, der ungeheuren Masse der electrischen Platten an Zahl entsprechenden peripherischen Endfasern sind Theiläste jener einzigen, welche dem Anfange des Rückenmarkes entspringt. Bis kurz vor ihrem peripherischen Ende gleichen dieselben, abgesehen von einer eigenthümlichen dieken , geschichteten Hülle, den markhaltigen Nervenprimitivfasern anderer Organe und Thiere vollkommen. Vor ihrer Endigung gehen sie aber eine Veränderung ein, sie verwandeln sich in einen blassen feinkörnigen Strang, und dieser ist es erst, welcher nach keu- lenförmiger Anschwellung in die electrische Platte übergeht. Die höchst eigen- thümliche Umwandlung der markhaltigen Faser in den blassen, feinkörnigen Strang bespricht Bilharz mit folgenden Worten (l. e. pag. 33): „An einer gewissen Stelle aber hört die stark lichtbrechende und dunkelrandige Markschicht auf, und das Innere des Nervenfädchens wird durch eine feinkörnige, schwach lichtbrechende Masse (Axencylinder) erfüllt. Bald nach dieser Umwandlung seines Inhaltes verlässt das Endzweiglein das Fasernetz etc.“ und weiter über die Structur der feinkörnigen Fortsetzung der Nervenfaser pag. 35: „An der Stelle, wo das Endzweiglein die Rückenwand des Faches durchbohrt, verliert es die äusseren Bindegewebsfasern, welche ohne Zweifel in das Gewebe dieser Wand übergehen. Die innere Scheide dagegen verdünnt sich zu einem zarten Häutchen. Trotzdem nimmt der Durchmes- ser des Nervenstielchens nicht ab, sondern schwillt im Gegentheile kolbenförmig an. Denn zu gleicher Zeit ist eine bedeutende Veränderung seines Inhaltes vor sich gegangen. An der Stelle des Axeneylinders und mit demselben in unmittelbarem Zusammenhange stehend erfillen das Innere des Nervenzweigleins zellenartige Kör- perchen von kugliger Form und etwa "io Grösse, welche vollkommen das Anse- hen von Ganglienkörperchen haben. Dieselben stimmen mit den das Centrum der electrischen Platte erfiillenden Körperchen im Bezug auf Form, Grösse und Zusam- menhang vollkommen überein, und schliessen sich auch räumlich unmittelbar an dieselben an. ‚Jedes dieser Körperchen besitzt einen Kern, welcher den in der Platte zerstreuten Kernen im allen Stücken gleich ist; die ihn umschliessende Masse ent- spricht ebenso genau einerseits der feinkörnigen Grundmasse der Platte, anderer- seits der Substanz des Axencylinders. Alle diese Körperchen scheinen einer eigenen Membran zu entbehren und nicht durch Fortsätze, sondern durch unmittelbare An- lagerung der Substanz untereinander in Zusammenhang zu stehen.“ Was zunächst die „gewisse“ von Bilharz nur mit den angeführten Worten be- zeichnete Stelle betrifft, an welcher das Nervenmark der Primitivfaser aufhört, so sah ich dieselbe constant und sehr charakteristisch durch eine spindelförmige Anschwellung des Nerven bezeichnet (Fig. 1 u. 3a). Dieselbe ist hier um so auffallender als vielmehr eine Einschnürung, eine Verschmälerung erwartet werden könnte, wie überall wo sonst eine Nervenfaser vor dem peripherischen Ende ihre Markscheide verliert, um als Axencylinder, als blasser feinkörniger Strang, weiter zu laufen. Die betreffende Stelle ist mit Vortheil nur im frischen Zustande des Or- ganes zu untersuchen. Die spindelförmige Anschwellung bleibt zwar in allen gut eonservirenden Flüssigkeiten sichtbar, aber der Inhalt derselben, auf den es gerade ankommt, wird durch Gerinnung und Zerfall des Nervenmarkes und undurchsich- tigere Beschaffenheit der feinkömigen Masse auch im besten Falle sehr verändert. Die Nervenscheide ist nach Bilkarz überall an den Nerven der electrischen Organe eine doppelte, eine gefässhaltige äussere und eine gefässlose, die markhaltige Pri- mitivfaser zunächst umgebende. Beide bestehen aus zahlreichen in einanderstecken- den Cylindern bindegewebiger Natur, und wurden von Bilharz treffend mit der ge- schichteten Hülle der Paeini’schen Körperchen verglichen. Die äusseren, lockeren Schichten gehen in das lockig-faserige Bindegewebe der Umgebung allmählig über. Nach Innen liegen die einzelnen Scheideneylinder dichter aufeinander. In der homo- genen Bindesubstanz, aus welcher dieselben bestehen, finden sich an manchen Stel- len die Anlagen zu Ringfasern (Fig. 7). Im frischen Zustande ist gar Nichts von denselben zu sehen, erst durch Behandlung mit gewissen Reagentien treten sie her- vor. Sie haben in der Neigung sich zu verästeln, Anastomosen zu bilden, selbst zu breiteren Platten, getensterten Membranen, zu verschmelzen die grösste Aehnlich- keit mn elastischen Fasern, sind von echtem elastischem Gewebe, aber durch ihre Vergänglichkeit und nur eben erst eingeleitete Differenzirung unterschieden. Essigsäure und Laugen sind zu ihrer Darstellung nicht verwendbar. Ich verdanke die Auffindung derselben dem Zufall, denn nur in einer der zahlreichen von mir angewandten conservirenden Flüssigkeiten traten sie, aber mit überraschender Deut- lichkeit hervor. Es war dies eine Lösung von 3 Gran Sublimat auf eine Unze Was- ser, in welcher Stücke des frisch eingelegten electrischen Organes mehrere Wochen gelegen hatten. Die in der inneren sehnigen Haut verlaufenden feineren Nerven- fädchen,, Aeste der electrischen Nerven, zeigten in einer oder mehrerer ihrer Hül- len das in Rede stehende Fasersystem in einzelnen Strecken, so wie Fig. 7 wieder- giebt, nur noch dunkler, fast schwarz. Es scheint sich hier um eine bisher nicht beobachtete Quecksilberverbindung zu handeln. Ich habe dieselbe öfter auch im fibrillären Bindegewebe in der Richtung der Fasern, diese gewissermaassen verstei- nernd, auftreten sehen, ohne doch bisher durch mikrochemische Reactionen zu einer klaren Ansicht über deren Natur gekommen zu sein. Es fragt sich, ob das Mittel zur Erkennung gewisser in der homogenen Interzellularsubstanz des Bindegewebes — mi — eben eintretender Faserdifferenzirungen weiter brauchbar ist, würde so z.B. auf die Hüllen der Paeim’schen Körperchen anzuwenden sein. Die geschichtete Hülle der Nervenprimitivfaser setzt sich über alle feinsten Theilfasern fort und reicht bis zu der erwähnten spindelförmigen Anschwellung der Endfäserchen. Die am Ner- venstamme sehr ansehnliche Zahl ineinander steckender Röhren dieser Scheide ver- mindert sich bei fortgesetzter Theilung immer mehr, so dass auf dem Endfäserchen nur noch 2 oder höchstens 3 solcher Röhren zu zählen sind. Diese schwinden nun am Anfange der spindelförmigen Anschwellung ziemlich plötzlich bis auf eine und diese allein setzt sich als Scheide noch über den feinkörnigen Strang jenseits der genannten Anschwellung fort, um sich endlich an der keulenförmigen Ver- diekung , mit welcher der Uebergang in die electrische Platte stattfindet, spurlos zu verlieren. Zusatz von Essigsäure zu dem frischen Präparat (Fig. 1) lässt die Contouren und Schichten der Nervenscheide deutlich hervortreten, während zu- gleich in derselben kleine stäbehenförmige Kerne oder Zellen zum Vorschein kommen (Fig. 3). Diese liegen jedesmal der innern Oberfläche der die Scheide zusammensetzen- den dünnwandigen Röhren an, und ragen in die homogene wasserklare Substanz, welche die Zwischenräume zwischen je zwei Röhren ausfüllt, ein Verhältniss, wel- ches sich genau ebenso an den Pacim’schen Körpern wiederholt. Dass diese kern- artigen Gebilde (wie es scheint vielmehr Bindegewebszellen) sich auch an der in- neren Oberfläche der einfachen, dünnen, den feinkörnigen Strang jenseits der spin- delförmigen Anschwellung überziehenden Haut finden, liefert den Beweis, dass die- ser nur die Fortsetzung einer derjenigen Hüllen ist, welche weiter nach dem Üen- trum mehrfach geschichtet die markhaltige Primitivfaser einschlossen. Letztere hört nun, wie schon erwähnt wurde, am Anfange der spindelförmigen Anschwellung auf; die diese erfüllende blass - fenkörnige Substanz tritt an ihre Stelle. Die Nervenfa- ser ragt öfters aber auch ein Stückchen m die spindelförmige Anschwellung hinein, und zeigt sich dann rings umgeben von ‚dem blassen Inhalte der Anschwellung. Dies Verhältniss erschwert die Deutung dieses Letzteren als einfach aus der mark- haltigen Faser herausgetretenen Axeneylinders. Die feinkörnige Substanz erscheint vielmehr als etwas Selbstständiges neben der Nervenfaser. Dennoch kann ein Zwei- fe] darüber, dass jene eine unmittelbare Fortsetzung dieser sei, nicht wohl aufkom- men. Beide Substanzen sind in derselben -Scheide eingeschlossen und stehen in in- niger Berührung mit einander. Unter diesen Umständen liegt es ‚allerdings sehr nahe anzunehmen, dass der Axencylinder, als eine eiweissartige fettlose Masse, das Material zu der feinkörnigen Substanz liefere. Unter einer grösseren Zahl frisch untersuchter Nervenenden fand ich einmal — 5305 — zwei markhaltige Primitivfasern in dem Endzweige eingeschlossen, welche beide zugleich in der spindeltörmigen Anschwellung nebeneinander endigten. Eine unleugbare nahe Verwandtschaft in der Art der Endigung markhaltiger Primitivfasern findet sich nach den Mittheilungen von A. Ecker und Bilharz') b den Nerven, welche sich in den muthmasslich eleetromotorischen Organen der Mormyri ausbreiten. Dass der blasse granulirte Inhalt der Nervenscheide jenseits der spindelför- migen Anschwellung ein gewöhnlicher Axeneylinder nicht sei, lehren nun ferner die in ihn eingelagerten runden Körperchen. Schon in der Anschwellung oder doch dicht hinter derselben finden sich im Innern des sich jetzt allmählig keulenförmig verdickenden Nervenfädchens kugelrunde scharfeontourirte, etwas glänzende Kerne, zunächst einzeln, ziemlich weit von einander, in der keulenförmigen Endanschwel- lung dagegen gedrängter liegend. Dieselben sind an Zahl variirend in die brei- weiche, blass und dicht granulirte Grundsubstanz eingebettet. Durch Zusatz von Es- sigsäure treten sie etwas schärfer hervor, da die umgebende Grundsubstanz durch- sichtiger wird, während die Kerne selbst eine leichte Granulirung annehmen. Eine sie enger oder entfernter umgebende Zellenmembran liess sich weder im frischen Zustande noch auf Zusatz von Jodtinetur oder Sublimatauflösung, welche sonst ge- eignet sind zarte Zellenwände zur Anschauung zu bringen, entdecken. Sie sind, wie die Fig. 1 u. 3 veranschaulichen, nackt in die Grundsubstanz eingebettet, wel- che von der spindelförmigen bis zu der keulenförmigen Anschwellung eine durch- aus gleichförmig gebildete Masse ist. Ihren Durchmesser finde ich 0,0015 — 0,0018 Par. Linien. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die von mir Kerne genannten Ge- bilde von Bilharz gesehen und als Kerne „zellenartiger Körperchen von kugliger Form“ gedeutet sind, von welchen Körperchen Bilharz weiter aussagt?), dass sie „vollkommen das Ansehen von Ganglienkörperchen haben“ aber „einer eigenen Mem- bran zu entbehren scheinen, und nicht durch Fortsätze, sondern durch unmittelbare Anlagerung der Substanz unter einander im Zusammenhang stehen.“ Nach Bılharz Beschreibung, wenn ich sie recht verstanden, soll der aus der markhaltigen Ner- venfaser hervorgegangene Axeneylinder weiterhin in kuglige, kernhaltige Substanz- klümpchen von der Natur hüllenloser Ganglienzellen zerfallen, welche unmittelbar aneinanderliegend (ohne oder nur mit Spuren zwischengelagerter Interzellularsub- 1) Untersuchungen zur Ichthyologie, Freiburg 1857, pag. 29 und Nachschrift pag. 35. Berichte der naturl. Gesellsch. z. Freiburg i. B. März 1858, No, 28, p. 472, Taf. XI. 2) 1. c. pag. 35. Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4. Band, 41 — 306 — stanz) die keulenförmige Anschwellung des Nerven erfüllen oder vielmehr ausschliess- lich zusammensetzen. Hier kann ich Bilharz nicht ganz beistimmen. Wie angeführt worden finde ich die Grundsubstanz des Nervenfädchens von der spindelförmigen bis zur keulenförmigen Anschwellung durchaus gleichförmig gebildet, eine homo- gene Masse, in welche Kerne eingelagert sind, aber nirgends eine Abgrenzung von Ganglienzellen vergleichbaren Körperchen. Dasselbe gilt auch, wie ich gleich be- merken will, für den folgenden Abschnitt des Nervenknopfes, die Ausbreitung in die electrische Platte, an welcher Stelle Zilharz ebenfalls Zellen mit Kermen unter- scheidet, während ich hier, wie in der ganzen electrischen Platte, die Kerne ohne bestimmte Andeutung sich abgränzender Zelleninhaltssubstanz in die Grundmasse eingebettet finde. Unter dem Einflusse stärkerer Chromsäurelösungen entstehen in den genannten Theilen höckerartige Vorsprünge und gewisse Differenzirungen,, wel- che in dem Bilharz'schen Sinne gedeutet werden könnten. Es ist möglich, ja sogar wahrscheinlich, dass dieselben auf Entwickelungsverhältnisse zu beziehen sind, dass sie auf eine Zeit zurückweisen, in welcher m der That die im Rede stehenden Theile aus Zellen gebildet waren. Diese Zeit muss aber m eine ziemlich frühe Entwickelungsperiode fallen. Das nur 6 Zoll lange kleinste der Berliner Exem- plare verhielt sich in der beregten Beziehung nicht anders als die grösseren Fische des Nil, von deren einem, wie oben angeführt wurde, mir ein Stück des electri- schen Organes zur Untersuchung zu Gebote stand. Von ganz besonderem Interesse in histiologischer wie physiologischer Bezie- hung ist Bilharz’s Entdeckung von dem Uebergange der beschriebenen Nervenknöpfe in Platten, welchen er den Namen Nervenendplatten oder eleetrische Plat- ten ertheilte. Ein jedes der durch bindegewebige Scheidewände in dem eleetrischen Organe abgegränzten schmalen Kästchen wird von einer dieser Platten ziemlich voll- ständig ausgefüllt, so zwar, dass die Letztere jedesmal der hinteren Bindegewebs- wand genau anliegt, jedoch von der vorderen Wand des Kästchens durch einen von Gallertmasse ausgefüllten, sehr schmalen freien Raum geschieden wird (vergl. Fig. 4, an welcher links dem hinteren und rechts dem vorderen Ende des Thieres zu- gekehrt ist; ferner Bilharz 1. ec. Tab. IV, Fig. 2). Jede dieser nahezu kreisrunden, scheibenförmigen Platten nimmt in ihrem Centrum eine der geschilderten, keulen- förmig angeschwollenen Nervenfasern auf, der Art dass beide ein untrennbares Ganze bilden und erstere nur eine plattenförmige Ausbreitung der letzteren darstellt. Diese von Bilharz aufgefundenen Thatsachen, sowie seine Angaben über die feinere Zusammensetzung der Platten wurden an unseren Fischen durchaus bestätigt gefunden, nur einiges Wenige habe ich zur Ergänzung der die feinere Structur des — 307 — Nervenknopfes und dessen Verbindung mit der Platte betreffenden Darstellung hinzu- zufügen. Die electrischen Platten sind aus einem Eiweisskörper gebildete glasartig durchsichtige Scheiben, nahezu kreisrund, in der Mitte am dieksten, nach dem Rande etwas zugeschärft. Sie bestehen aus einer Haupt- oder Grundsubstanz und in diese eingebetteten Körnchen und Kernen. Erstere ist eine weiche, homogene, strueturlose, im frischen Zustande ganz glashelle Masse, in dieser Beschaffenheit von der Grund- substanz des Nervenknopfes unterschieden, welche deutlich fein granulirt und dess- halb weniger durchsichtig ist. Die im sie eingebetteten Kerne sind kugelrund, scharf contourirt, nicht granulirt, mit einem einzigen starklichtbrechenden kleinen Kernkörperchen versehen. Ihr Durchmesser betrug an den Berliner Exemplaren 0,0028 bis 0,003 Par. Linien. Derselbe scheint nach der Grösse der Fische etwas zu varjiren. An dem von Bilharz eingesandten Stücke eines grossen Exemplares maass ich Kerne von 0,0037” Durchmesser und Dilharz's Angaben lauten bis auf 0,0045". Die Kerne sind, wie Bilharz beschreibt, in regelmässigen ziemlich weiten Abständen in die Grundsubstanz eingelagert (vergl. Fig. 1—6), welche letztere aus- serdem noch viele zerstreute molekuläre Körperchen enthält, theils eiweissartiger theils fettiger Natur. Diese Körnchen finden sich constant in der Umgebung der Kerne dichter angehäuft (vergl. die Abbildungen). Nach Bilharz sollen durch diese Anordnung namentlich in der Nähe des Öentrums der Platte Substanzklümpchen ab- gegrenzt werden, welche „kleinen Ganglienkörpern“ gleichen. Eine bestimmte Mem- bran schreibt Bılharz diesen zellenartigen Gebilden nicht zu, sie sollen allmählıg in die Grundsubstanz der Platte übergehen. In dem Thatsächlichen stimme ich mit Bilharz vollständig überein. Von der Abwesenheit einer Zellmembran namentlich, welche den Kern in gewissem Abstande umgäbe, habe ich bestimmte Ueberzeugung gewonnen. Es dürfte demnach aber passend der Vergleich mit „Ganglienzellen* ganz aufgegeben, von zellenartigen Gebilden in dem Gewebe der electrischen Plat- ten des Malapterurus gar nicht gesprochen werden. In der That ist nur homogene Grundsubstanz mit Körnchen und Kernen vorhanden. Ob die Kerne früher einmal scharf abgegrenzten Zellen angehörten, wie zu vermuthen, ist eine andere Frage, deren Lösung die Entwickelungsgeschichte der electrischen Organe zu geben hat. Die Lagerung der Kerne in der Platte ist in allen Theilen derselben (die centrale Verbindungsstelle mit dem Nervenknopfe ausgeschlossen) eine wesentlich gleiche. Es ®t nur eine Schicht derselben in jeder Platte, doch liegen die ein- zelnen nicht alle genau in einer Ebene, sondern in der Dieke der Platte bald der vorderen bald der hinteren Oberfläche näher (vergl. Fig. 4). Die Kerne sind con- 41* — 308 — stant an der Peripherie der Platten ein wenig kleiner als gegen die Mitte hin, dort ist auch die Platte selbst am dünnsten, übertrifft aber immer noch den Durchmesser der Kerne mindestens um das Doppelte. Die Grösse der electrischen Platten nimmt, wie dies bei Torpedo von dem Querdurchmesser der einzelnen Säulen längst bekannt ist, mit der Grösse der Fische zu. Es liess sich dies für Malapterurus aus dem Vergleich der drei Berliner Exem- plare untereinander und mit den von Bilharz gemachten Grössenangaben entnehmen. Die Flächendurchmesser der elecetrischen Platten der erstgenannten 6, 8 und 9 Zoll langen Fische betrugen 0,30, 0,35 und 0,45 Par. Linien. Bilharz schätzt denselben bei „mittelgrossen Exemplaren“ auf ungefähr '/;“. Ich maass an dem von Bilharz mitgetheilten mehrfach erwähnten Stücke eines ansehnlich grossen Fisches als Durch- messer der electrischen Platten 0,6 — 0,7. Bei dieser Steigerung des Flächendurchmessers nimmt auch die Dicke der Platten etwas zu. Ein richtiges Maass für diese letztere zu gewinnen ist sehr schwer wegen der Quellungsverhältnisse, welche in verschiedenen conservirenden Flüssig- keiten verschieden vorkommen. Bilharz giebt die Dicke der Platten bei mittelgrossen Exemplaren auf /ao— "/so“ an, ich maass an den kleineren im Mittel *1,“.') Nicht unwichtig für die Deutung der Entwickelungs- und Wachsthumsverhält- nisse der einzelnen Platten dürfte die Beobachtung sein, dass die Kerne in den klei- neren Platten in nahezu gleicher Zahl vorhanden sind wie in den grösseren, in den kleineren also viel dichter beisammen liegen. Weder die vordere noch hintere Fläche der electrischen Platte ist ganz glatt und eben, es finden sich vielmehr auf beiden Seiten hügeltörmige Erhebungen und Einschnitte zwischen denselben. Im frischen Zustande des Organes, wo weder Quer- schnitte der elecetrischen Platten noch reine Flächenansichten zu gewinnen sind, las- sen sich die hier in Betracht kommenden Verhältnisse nicht studiren. Gut erhärtete Präparate dagegen zeigen auf dem Querschnitte deutlich die wellenförmigen Uneben- heiten der beiden Flächen (vergl. Fig. 4), und zwar auf der vorderen viel deutlicher ausgebildet als auf der hinteren. Flächenansichten sind nur an ganz isolirten Plat- ten rein zu gewinnen, und hier sieht man zahlreiche, linientörmige, flache Einschnitte, zwischen denen die Substanz der Platte in langgezogenen Hügeln vorspringt. Die Oberfläche der electrischen Platte lässt Bllharz von einem äusserst zarten, i) Was H. Munk kürzlich (Nachrichten v. d. Ges d. Wissensch. z, Göttingen 1856, No. I, p. 7 u. 8) über die Dicke der electrischen Platten bei Malapterurus und den anderen electrischen Fischen vorgebracht hat, beruht auf Irrthümern, deren Haupt- grund wohl in den unbrauchbaren Zustand der von ihm untersuchten Spiritusesemplare fällt. — 309 — structurlosen Häutchen überzogen sein. Dass auf Querschnitten erhärteter (Chrom- säure) Präparate diese Haut als etwas von der übrigen Substanz der Platte Unter- scheidbares abgesetzt sei, will mir nicht ganz einleuchten. Ich sehe nur einen ein- fachen, scharfen Grenzeontour und unter demselben, besonders an der unteren Fläche der Platte eine dichte Anhäufung der kleinen Molecularkörmchen, welche sich sonst vorzugsweise um die Kerne anzuhäufen pflegen. Die electrische Platte ist aber in ihrer ganzen Dicke von so gleichmässiger Consistenz, dass ein Abheben einer be- sonderen Grenzmembran nie gelingen wollte. Dennoch lässt sich nicht leugnen, dass an frischen Präparaten Erscheinungen vorkommen, welche, wenn auch nicht eine scharf abgesetzte Haut, doch eine härtere Rindenschicht von einer weicheren Inhalts- masse unterscheiden lassen. Zilharz führt an, dass bei beginnender Zersetzung die Platte sich in ein Säckchen umwandelt, dessen zarte Hülle unzählige feine Falten wirft, während die winzigen Körnchen des Inhaltes in lebhafter Molecularbewegung begriffen sind. Etwas Aehnliches habe ich bei Zusatz von dünner Natronlauge zu den frischen Platten gesehen. In dieser Flüssigkeit quellen sie auf, die Ungleich- heiten der Oberfläche gleichen sie aus, es beginnt eine lebhafte Strömung in der zuerst erweichten inneren Masse, während die Rindensubstanz noch ziemlich fest ist, schliesslich wird auch sie breiig erweicht und nun fliesst Alles auseinander. Nur einzelne der kleinen Molecularkörnchen in derselben, die Fettkörmchen ähnlichen, bleiben ungelöst. Bilharz nennt die electrische Platte eine flächenhafte Ausbreitung des Axen- eylinders des zu ihr gehörigen Nerven und daraus folgt, dass sie aus eiweissartiger Substanz gleich der des Axencylinders bestehe. Bestimmte chemische Eigenschaften der Platte führt Bdharz nicht an. Zur Prüfung ihrer eiweissartigen Natur wandte ich die Behandlung mit Zucker und Schwefelsäure an, bei welcher, wie ich früher einmal nachgewiesen habe, eiweissartige Substanzen sich intensiv roth färben, und dadurch sehr charakteristisch von den leim- und schleimgebenden Geweben unter- scheiden. Es trat nach dieser Behandlung sowohl an den frischen als den m Spiritus aufbewahrten eine schön rosenrothe Fürbung der Platten, ebenso wie des in sie eintretenden Nerven auf. Für die eiweissartige Natur derselben sprach ferner ;hre Resistenz gegen kochendes Wasser. Wie ich schon für die Isolirung der den electrischen Platten verwandten Schwammkörper des Schwanzorganes der Rochen empfohlen habe!), hat auch hier längeres mehrstündiges Kochen den Erfolg, dass nach Auflösung aller bindegewebigen Scheidewände und Hüllen die electrischen Plat- 1) Müllers Archiv 1858, p, 206. — 310 — ten allein und nur durch Blutgefässe und Nervenfädchen noch untereinander zusam- menhängend dargestellt werden können, auf welche nun auch noch vielstündig fort- gesetztes Kochen eine auflösende Wirkung nicht ausübt. Das Kochen in Wasser ist das beste Mittel die electrischen Platten ohne Verletzung zu isoliren, sie bleiben durchsichtig, wenn auch die glashelle Grundsubstanz leicht körnig gerinnt, und zei- gen das Verhältniss zu den eintretenden Nerven mit erwünschter Klarheit. Auch an Spirituspräparaten lässt sich nach vorherigem Auswässern das Kochen in Wasser zur Isolirung der Platten mit Vortheil anwenden, während in Chromsäurelösung und solcher von doppelt chromsaurem Kali die Bindegewebsgebilde Veränderungen emge- hen, welche ihre spätere Löslichkeit beeinträchtigen. Was nun endlich das Centrum der eleetrischen Platte betrifft und die Art und Weise seines Zusammenhanges mit dem Nervenknopf, so sind die Bigenthümlichkei- ten der in Betracht kommenden Stelle der electrischen Platte von Dilharz in soweit richtig beschrieben worden, als derselbe eine Vertiefung an der hinteren Fläche der Platte, in welche der Nervenknopf eindringt, und eime Erhöhung mit strahligen Ausläufern an der entgegengesetzten vorderen Fläche nachwies. Die Platte besitzt in der Mitte der vorderen Fläche einen Buckel, einen vorspringenden Umbo, dem entsprechend sie an der hinteren Fläche einsinkt. „Auf dem Boden der so entstan- denen Höhle, deren Mündung durch unregelmässige warzenförmige Hervorragungen ringförmig verengt wird“, ist der Nerv mit seiner keulenförmigen Anschwellung „eingepflanzt“, so dass er hiernach mit der hinteren Fläche der Platte verschmilzt, indem er dieselbe zugleich mit seiner knopfförmigen Anschwellung ein wenig ein- drückt und demgemäss an der entgegengesetzten Fläche hervortreibt. Dieser Auffas- sung entspricht die von Bilharz gegebene Abbildung auf Tab. 4., Fig. 4 seines Wer- kes, nach einem Querschnitte der electrischen Platte gefertigt. In der That ist es nicht schwer, sich von der Anwesenheit einer Lücke in der hinteren Fläche der electrischen Platte, in welche der Nervenknopf eindringt, zu überzeugen. Dieselbe erscheint an erhärteten Präparaten wulstig begrenzt, wie Bilharz angiebt. Es sind dieselben Höcker, welche der hinteren Fläche der eleetri- schen Platte in ihrer ganzen Ausdehnung zukommen, die hier in das Innere der Höhlung: vorspringen (vergl. Fig.3). Am ganz frischen Präparate, an welchem frei- lich das Bindegewebe die vollständig klare Ansicht erschwerte, schien mir das Loch scharf kreisrund, wie m Fig. 1 dargestellt ist. Auch der vorspringende Buckel mit seinen strahligen Ausläufern an der vorderen Fläche der Platte ist nicht schwer wahr- zunehmen. Derselbe ist aber, wie ich abweichend von Dilharz behaupten muss, nicht hervorgedrängte Substanz der electrischen Platte, sondern der Nervenknopf — 31 — selbst, welcher, nachdem er die electrische Platte durchbohrte, hier freizu Tage tritt. Wir haben im Voranstehenden die Unterschiede mitgetheilt, welche im dem Baue des Nervenknopfes, soweit er noch ausserhalb der eleetrischen Platte liegt . und dieser Platte selbst bestehen. Der Nervenknopf zeichnet sich durch granulirte Beschaffenheit und durch kleinere, dichtergestellte Kerne vor der glashellen, grös- sere und seltenere Kerne enthaltenden electrischen Platte deutlich aus. Bei Betrach- tung der hinteren Fläche der Platte sahen wir ihn m eimen scharfbegrenzten Aus- schnitt derselben eintreten. Es bedarf nur eines Umkehrens der Platte, um sogleich zu bemerken, dass die eentrale Hervorragung der vorderen Fläche alle Eigenschaf- ten des Nervenknopfes noch besitzt. Heben und Senken des Tubus endlich lässt bei der grossen Durchsichtigkeit der Platten auch im unveränderter Lage des Prä- parates das Vorhandensein einer Durchbohrung deutlich erkennen. Der an der vorderen Fläche der electrischen Platte nabelartig vorspringende Nervenknopf besitzt nun folgende Eigenschaften (vergl. Fig. 2). Zunächst fällt in seiner Mitte eine trichterförmige, kraterähnliche Vertiefung auf, welche auch Bilharz auf Tab. IV., Fig. 5d richtig abbildet. Der Eingang in dieselbe wie ihre Wände sind höckerig. Es liegen hier viele der kleinen Kerne dicht unter der Oberfläche, und springt die Substanz des Nervenknopfes wie zur Aufnahme dieser Kerne in kleinen rundlichen Wülsten gegen die centrale Höhlung vor. Das Bild ist nament- lich an erhärteten, etwas undurchsichtigen Präparaten oft täuschend, wie wenn die Kerne von Zellenmembranen umgeben seien. Dennoch existiren solche Zellen, wie sie bdharz hier annimmt, nicht. Der Nervenknopf fällt nach allen Seiten in die vordere Fläche der eleetrischen Platte ab, aber nicht überall in semem ganzen Umfange gleichmässig, sondern bald steiler bald flacher. Die langsam abfallenden Partien liegen in Form strahlig sich aus- breitender Leisten zwischen den steiler abfallenden, und verlieren sich erst nach längerem oder kürzerem Verlaufe in dem Niveau der vorderen Fläche der eleetrischen Platte. Während dieses Verlaufes nimmt die granulirte Beschaffenheit der Gundsubstanz des Nervenknopfes schon ganz die Durchsichtigkeit der electrischen Platte an, und die Kerne, deren einzelne auch sich in den strahligen Ausläufern finden, werden all- mählig grösser, erhalten ein deutliches Kernkörperchen, und gleichen jetzt in allen Stücken den Kernen in den übrigen Partien der eleetrischen Platte. Wenn alle diese Verhältnisse schon bei aufmerksamer Betrachtung isolirter electrischer Platten, bald von der vorderen bald von der hinteren Fläche her, ge- sehen werden können, so sind doch erst vollständig überzeugend für die Durchboh- — 312 — rung Querschnitte, welche die Mitte des Nervenknopfes trafen. Unter den zahlrei- chen eleetrischen Platten, welche an einigermassen gelungenen Schnitten erhärteter Stiicke des electrischen Organes im Querschnitt gemustert werden können, finden sich öfter auch solche, die glücklich im Centrum getroffen wurden. Die Figg. 5 u.6stellen zwei solche genau durch die Mitte der Platte getührte Schnitte dar. Der Nervenknopf verlässt die bindegewebige Scheidewand, um von hinten her in die in der electrischen Platte befindliche Liicke zu treten, durchsetzt dieselbe und erhebt sich bis über das Niveau der vorderen Fläche, um sich endlich in diese auszubreiten. Jenachdem der Schnitt eine der strahlig auslaufenden Leisten oder einen Zwischenraum zwischen zwei solchen traf, wird das Bild auf den Querschnitten ein verschiedenes sein, indem im ersten Falle die Abgleichung der Niveauverhältnisse eine langsamere, im zweiten Falle eine schnellere ist. Auch die allmählige Umwandlung der etwas dunkleren Substanz des Nervenknopfes in die hellere der eleetrischen Platten , so wie der kleineren Kerne des ersteren in die grösseren der letzteren ist aus solchen (Querschnitten zu ersehen. Ziem- lich bedeutend sind an solchen Schnitten die Verschiedenheiten im der Begrenzung des Ausschnittes der eleetrischen Platte, in welchen der Nervenknopf eindringt. Bald springt wie in Fig. 5 ein Theil der electrischen Platte in die Höhlung dieses Ausschnittes wulst- förmig vor, bald ist von solchen Vorsprüngen, die auch Bilharz auf Tab. IV, Fig. 4r abbildet, nichts zu sehen wie in unserer Fig. 6, ja es kann der hintere Eingang in den Ausschnitt noch ansehnlich weiter erscheinen als in der letztbezeichneten Figur. Das Ansehen des strahlig in die electrische Platte abfallenden Nervenknopfes ist nach der Grösse der Fische ein etwas verschiedenes. Zunächst wird mit dem Wachsthum der electrischen Platten auch das von dem Nervenknopfe und seinen Aus- läufern eingenommene Bezirk grösser. Bei grossen Platten genügt eine schwächere Vergrösserung die Verhältnisse der Durchbohrung und Ausbreitung des Nervenkno- pfes zu erkennen, als bei den Platten kleiner Fische. Aber auch ein qualitativer Un- terschied -existirt, nach dem abweichenden Befunde an dem kleinsten der mir zur Un- tersuchung zu Gebote stehenden Fische (von 6 Zoll Länge) zu schliessen. Hier fehl- ten nämlich an der centralen vom Nervenknopf gebildeten Hervorragung der vorde- ren Fläche der Platte die strahligen Ausläufer so gut wie ganz. Der Nervenknopf fiel hier nach allen Richtungen fast ganz gleichmässig und ziemlich steil ab. Es scheint danach, dass die strahligen Leisten der vorderen Fläche sich ziemlich spät ent- wickeln, und mit dem Alter an Länge und Höhe zunehmen. Du Bois-Reymond bemerkte'!), dass sich die hintere Hälfte der electrischen Or- 1) I. c. Januar 1858, pag. 103. 313 — gane auffallend schwächer electromotorisch wirksam zeigte als die vordere, und deu- tete an, dass möglicher Weise die histiologische Untersuchung Anknüpfungspunkte für eine Erklärung dieser Thatsache liefern könne. Da unter sonst gleichen Ver- hältnissen die Stärke der electromotorischen Wirkung jedenfalls von der Summe der in einem gegebenen Raume hintereinander liegenden Platten abhängt, so könnte hier vermuthet werden, dass die Zahl der Platten im hintern Theile des Organes ansehnlich geringer als im vordermn Theile sei. Ein solcher Befund, nämlich eine grosse Verschiedenheit in der Zahl der Platten an verschiedenen Stellen eines und desselben electrischen Organes, stände nicht einzig da; Pac’ meldet Aehnliches von Gymnotus.!) Bei Malapterurus hat sich ein solches Verhältniss nicht constatiren lassen. Zählungen der Platten in einem gegebenen Raume lieferten für vordere und hintere Partieen der electrischen Organe wesentlich gleiche Zahlen. Gymnotus electricus. Hierzu Taf. 11. Seit A. von Humboldt den Zitteraal in den Flüssen und Seen der Orinoko -Ebe- nen aufsuchte und die bekannten anatomischen und physiologischen Beobachtungen über diesen gewaltigsten unter den electrischen Fischen anstellte”), sind lebende Gym- noten zwar mehrfach wieder in die Hände europäischer Naturforscher gelangt, aber wie es scheint nur zu physiologisch - eleetrischen , nicht zu feineren anatomischen Untersuchungen verwandt worden. So bezieht sich Alles, was seit der Anwendung des Mikroskopes über den feineren Bau der electrischen Organe dieses Fisches be- kannt geworden, ausschliesslich auf Spiritusexemplare. Zwar berechtigte die grosse Uebereinstimmung, welche die Angaben Hunter’s®) und Humboldts mit denen von Rudolphi*), Valentin’), Mayer‘), Pacini’) in Betreff der mit blossem Auge oder der Lupe wahrnehmbaren anatomischen Verhältnisse zei- gen, zu dem Schluss, dass wesentliche Veränderungen der Organe bei gutem Erhal- tungszustand in Spiritus nicht entstehen, doch beweisen die mikroskopischen Unter- Dalzespass 14, 2) Recueil d’observations de zoologie et d’anatomie comparee faites par A. de Humboldt et A. Bonpland, vol. I, 1811, p. 49. 3) Philosoph. transactions 1775, vol. 65, p. 395. j 4) Abhandlungen der K. Akademie d. Wiss. zu Berlin aus d. J. 1820 u. 182i, p. 223. 5) Neue Denkschr. d. allgem. schweizerischen Gesellsch. f. d. ges. Naturwiss. Bd. VI, 1842. R. Wagner's Handwörter- buch d. Physiologie. Bd. 1, p. 266 (im Auszug). 6) Universitätsprogramm z. 3. August 1843, Bonn, Tab. III. 7) Sulla struttura intima dell’ organe elettrico del Gimnoto e di altri pesci elettrici. Firenze 1852. 42 Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4. Band. — 3ll — suchungen der letztgenannten und neuerer Forscher, dass die Verhältnisse des fei- neren Baues in verschiedenen Exemplaren ein sehr verschiedenes Ansehen gewinnen können, und sind demnach die so gewonnenen Thatsacken mit Vorsicht aufzunehmen. Die ersten, welche daran gingen, die electrischen Organe von Gymnotus mit dem Mikroskop zu untersuchen, waren Valentin und ©. Mayer. Fast gleichzeitig und unabhängig von eimander suchten sie vornehmlich den Inhalt der Kästchen zu ermitteln, deren Begrenzungsmembranen als sehnige Längs- und Querblätter mit grosser Genauigkeit und vollständiger Uebereinstimmung von Hunter, A. v. Humboldt und Zudolphi beschrieben waren, und in ihrer dichten Aufeinanderfolge den emzi- gen festen Gewebsbestandtheil der ganzen Organe darzustellen schienen. Valentin‘) lässt den Inhalt aus einer den Scheidewänden eng anliegenden, aus polygonalen Zel- len mit Kernen zusammengesetzten epithelialen Bekleidung und einer inneren Flüs- sigkeitsschicht bestehen, während Mayer?) jedes quere Septum auf einer Seite nur (ob vordere oder hintere wird nicht angeführt) von conischen, an der Spitze mit Ker- nen durchsetzten Bläschen überzogen fand, welche die Zwischenräume zwischen den Scheidewänden fast ganz ausfüllen sollten. Beide Forscher untersuchten wohl bei zu schwachen Vergrösserungen, als dass sie eine Entscheidung über die Natur der die Kästchen ausfüllenden Gewebe geben konnten. Erst Pacini?) benutzte stärkere Vergrösserungen. Er erkannte in jeder der Querscheidewände, die er diaframmi elettriei nennt, zwei deutlich getrennte Substanzen, ähnlich wie Mayer, eine Faser- membran und ein eigenthümliches Gebilde (corpo cellulare), welches als eine dicke, auf der Fläche unregelmässig höckerige Scheibe der jedesmal vorderen Fläche der Fasermembran durch einige von seiner hinteren Oberfläche ausgehende fadenförmige Fortsätze (prolungamenti filiformi) angeheftet liege, den Zwischenraum zwischen zwei Fasermembranen ziemlich vollständig ausfülle, die nächst vordere derselben jedoch nicht ganz erreiche, so dass zwischen ihr und dem Zellenkörper ein mit Flüssigkeit gefüllter Raum bleibe. Eine solche Flüssigkeitsschicht, jedoch durchsetzt von den prolungamenti filiformi, finde sich auch zwischen hinterer Fläche des Zellenkörpers und der Fasermembran, so dass ersterer durch zwei Flüssigkeitsschichten begrenzt und abgesehen von den prolungamenti filiformi frei in dem Kästchen aufgehängt liege. Nerven fand Pacini in den Fasermembranen als zahlreiche, sich öfter thei- lende markhaltige Primitivröhren. In den Zellenkörper sollten sich dieselben nicht 1) Schweiz. Denkschr. 1. c. p. 40 u. 42, fig. 47. 2) 1. c. Tab. III, fig. 9, p. 17. 3) 1. c. p. 16, fig. 4. Fi u TEEN SL — 35 — erstrecken, dieser bestehe aus einer leimartigen, homogenen, feinkörnigen Grund- substanz mit runden Kernen, welche vorzugsweise in den Höckern der vorderen und hinteren Fläche (appendieci cellulari) gelegen seien. Die electromotorische Thätigkeit des Gymnotus-Organes denkt sich Pacini als wesentlich auf der chemischen Verschiedenheit des Inhaltes der Flüssigkeitsräume unter sich und dem zwischengelegenen Zellenkörper beruhend, der Art dass, den Faraday’schen Experimenten über die Vertheilung der Spannungen am lebenden Gymnotus entsprechend, der hintere Flüssigkeitsraum negativ zu dem positiven Zel- lenkörper sich verhalten solle, der vordere Flüssigkeitsraum aber den feuchten Lei- ter vertrete, wobei dann die Fasermembran, abgesehen von ihrer Bedeutung als Träger für Blutgefässe und Nerven, noch wie eine poröse Scheidewand zu den- ken sei. Mit diesen im Jahre 1852 veröffentlichten Untersuchungen Pacini’s, welche zwar in rein anatomischer Hinsicht einen wesentlichen Fortschritt enthalten, nicht aber ernsthaft zu einer Theorie der betreffenden electrischen Organe verwandt wer- den konnten, schliesst unsere Kenntniss der letzteren ab. Einen ganz neuen Ge- sichtspunkt für die Deutung der Pacini’schen Beobachtungen eröffnete aber die oft erwähnte Schrift von Bilharz über Malapterurus.!) Ihm selbst stand zwar das Gym- notus-Organ zur Vergleichung nicht zu Gebote, doch erkannte er aus der Beschrei- bung Pacini’s die Aehnlichkeit des „Zellenkörpers“ mit der von ihm beim Zitterwels entdeckten electrischen Platte. Nur der zur Herstellung der vollständigen Analogie nachzuweisende Zusammenhang des corpo cellulare mit den Nerven der Fasermem- bran war von Paeini nicht erwähnt worden. Hier boten sich aber die prolun- gamenti filiformi als Aushülfe, und stellte Dilkarz die Vermuthung auf, dass diese die zum Uebergange in die electrische Platte sich anschiekenden Nerven seien. Bei diesem Stande der Sache waren die Punkte, auf welche eine erneuete Untersuchung vorzugsweise zu richten, sehr scharf bezeichnet. Es handelte sich um eine möglichst genaue anatomische und womöglich chemische Untersuchung des „Zel- lenkörpers“, der voraussichtlich wichtigsten Inhaltsmasse der Kästchen der elec- trischen Organe, und um Feststellung seines Verhältnisses zu den in den Scheide- wänden liegenden Nerven. Bei der Unmöglichkeit andere als Spiritusexemplare von Gymnotus zur Untersuchung zu erlangen, und der Unsicherheit, welche im ein- zelnen Falle bei Beurtheilung feinerer Structurverhältnisse in Betreff des mehr oder minder guten Erhaltungszustandes der Organe herrschen konnte, war es vor allen 1) 1. c. p. 39. 42* — 316 — Dingen nöthig mehrere Exemplare zu vergleichen. Dergleichen stellten mir auf meine Bitte in zuvorkommendster Weise zur Disposition die Herren A. Ecker, V. Carus, R. Leuckart, theils ganz, theils in einzelnen Stücken. Endlich hatte auch Herr Keferstein die Güte, mir von dem in der Göttinger physiologischen Sammlung auf- bewahrten Exemplare, welches mittlerweile von ihm und Herın Kupfer einer Unter- suchung unterworfen war, über welche in den Nachrichten von der Göttinger Ge- sellschaft der Wissenschaften 1857 No. 19 berichtet worden'!), ein Stiickchen des electrischen Organs zuzusenden. Das unter diesen weitaus am besten erhaltene Exemplar ist das von A. Ecker, von welchem mir ein ansehnlicher Querschnitt, etwa aus der Mitte des Schwanztheils zu Gebote stand. An diesem zeigen die electrischen Organe eine weissgelbe Farbe, eine Oonsistenz wie fester Speck, so dass sich leicht in allen Richtungen feinste Schnitte anfertigen lassen, und was die Hauptsache ist, eine sehr vollkommene Er- haltung der feineren Structurverhältnisse. Der grösste Theil der nachfolgenden Be- merkungen bezieht sich auf dieses Exemplar. Die übrigen mir zu Gebote stehenden electrischen Organe sind durchweg viel weicher, so dass feine Schnitte nur mit Mühe und in sehr geringer Ausdehnung gefertigt werden können. Die bindegewe- bigen Scheidewände sind zwar bei allen sehr deutlich und vollkommen erhalten, aber der Inhalt der Kästchen, der Zellenkörper Pacin’s, befindet sich in einem hö- heren oder niederen Grade der Maceration. Das unbrauchbarste von allen ist das Göttinger Exemplar. Leider ist dasselbe das einzige, welches der Arbeit von Kupfer und Keferstein zu Grunde gelegen hat, und bedarf dieselbe demnach in allen wich- tigeren Puncten wesentliche Berichtigungen. Es erklärt sich auch der Widerspruch, in dem ich mich in meiner Behauptung von dem Verhältniss der Nerven zu dem Zellenkörper (der electrischen Platte nach Bilharz) mit den Angaben der Göttinger Forscher befinde?), einfach ‚aus dem verschiedenen Erhaltungszustande der zur Beob- achtung benutzten Organe.; Den Verlauf der die horizontal liegenden Säulen der electrischen Organe von Gymnotus abgrenzenden und theilenden Längs- und Querscheidewände haben Hunter, A. v. Humboldt, Rudolphi, Valentin, Mayer, Pacini durch Abbildungen und Beschreibungen vortrefflich erläutert. Kupfer und Keferstein geben in Fig. I. ihrer obenerwähnten Abhandlung eine schematische Durchschnittszeichnung eines der grös- seren oberen Seitenorgane. Dieselbe weicht von den Zeichnungen der vorhin ge- 1) Ausführlicher dargestellt in Henle und Pfeuffer’s Zeitschrift f. rat. Mediein 3. Reihe Bd, Il. p. 344. 2) Abhandlungen der naturforschenden Gesellschaft zu Halle. Bd, IV. Sitzungsberichte aus dem Jahr 1857, 26. Nov. nannten Autoren darin ab, dass die Linien, welche die querdurchschnittenen Längs- scheidewände bedeuten, in ihrem bogigen Verlaufe von Aussen nach Innen zum Theil unter einander verschmelzen, so dass, wie auch in der Beschreibung |]. c. pag. 345 erwähnt wird, nur ein Theil der am Aussenrande beginnenden Scheide- wände den Innenrand erreicht. Die Verfasser deuten nicht an, dass Verschieden- heiten in dem Verlaufe der Scheidewände an verschiedenen Stellen der Organe vor- kommen. Ich muss hier bemerken, dass die Abbildungen von Querschnitten, welche die älteren Forscher geben, und auf welchen ein solches Zusammenfliessen einzel- ner, einander genäherter Längsscheidewände nicht wahrzunehmen ist, ihre volle Richtigkeit behalten. Ein Querschnitt durch den nahezu mittleren Theil des Gym- notus gefertigt, welchen ich besitze, stimmt in allen Beziehungen mit den von Hun- ter und A. v. Humboldt entworfenen Zeichnungen genau überein, Anastomosen der Längsscheidewände sind weder an den oberen noch an den unteren Scheidewänden zu sehen.') Wahrscheinlich finden sich dergleichen nur an den verschmälerten vor- deren und hinteren Enden der eleetrischen Organe. Die von Valentin von solchen Stellen gegebenen Querschnittszeichnungen enthalten Andeutungen derselben. Es darf nach dem Angeführten die Kupfer -Keferstein’sche Darstellung als maassgebend für den ansehnlicheren mittleren Theil der Organe nicht gelten. Die Querscheidewände (diaframmi elettriei Pacini) liegen an gut erhärteten Präparaten so dicht an einander, dass ein freier Raum zwischen denselben nicht wahrgenommen werden kann. Die Zahl und Richtung derselben ist mit blossem Auge zwar zu erkennen, aber erst durch gewaltsames Auseinanderbiegen kommen Zwischenräume zwischen ihnen zum Vorschein. Weichere und stärker macerirte Organe zeigen dagegen diese Räume auf den ersten Blick. Jede der Querscheidewände besteht in ihrer ganzen Ausdehnung aus zwei wesentlich verschiedenen Schichten, welche Pacini als Fasermembran und als Zellenkörper unterschied. Erstere ist eine Bindegewebshaut, welche ringsum mit den ebenfalls bindegewebigen Längsscheidewänden und der faserigen Umhül- lungshaut der electrischen Organe in directem, überall gleich festem Zusammen- hange steht. Dieselbe widersteht der Fäulniss und Maceration länger als der Zellen- körper und findet sich in allen von mir untersuchten Fischen durchweg gut erhal- 1) Kupfer und Keferstein geben dem Gymnotus nur drei electrische Organe, nicht vier, wie die gewöhnliche Annahme lautet, indem sie die beiden unteren, welche in der Mittellinie „unmittelbar zusammenstossen“ sollen, als eins betrachten. Ich finde die Grenze zwischen den beiden unteren Organen eben so vollständig, wie zwischen den oberen, und durch Bindegewebe, Flossenträger und unpaaren mittleren Schwanzflossenmuskeln gebildet, wie A. v. Humboldt sehr richtig zeichnet. So dürfte es also bei der Annahme von vier getrennten electrischen Organen bleiben, — 318 — ten. Nie besteht aus wellig gekräuselten oder mehr starren, verschlungenen Binde- gewebsfaserzügen, welche bei Zusatz von Essigsäure, Kali- oder Natronlauge zu einer homogenen Substanz aufquellen. Elastische Fasern, welche diesen Reagentien wider- stehen, habe ich in keinem, auch nicht dem Göttinger Exemplare gefunden, bei welchem Kupfer und Keferstein die Hauptmasse der Fasern als elastische betrachten zu müssen glaubten. Nach drei- bis vierstündigem Kochen der gut ausgewässerten Spirituspräparate lösen sich die Längs- wie Querfasermembranen vollständig auf. Es bleiben allein die Blutgefässe und Nerven derselben zurück. Jede der bindegewebigen Querscheidewände grenzt mit ihrer dem Schwanz- ende des Fisches zugekehrten Oberfläche an eine dünne Flüssigkeits- oder Gallert- schicht von ganz homogenem wasserhellem Aussehen, wahrscheinlich Schleimgewebe mit Sternzellen, wie in dem Schwanzorgan der Rochen, jedenfalls Blutgefässe ent- haltend, welche an guten Spirituspräparaten deutlich von mir erkannt wurden. Anders verhält es sich mit der vorderen Oberfläche der Bindegewebshaut. Diese steht in festem und innigem Verbande mit einer eigenthümlichen anderen, viel diekeren und höckerigen Platte (Vergl. Tab. I. Fig. 3b.), welche den Raum zwischen zwei Septen bis auf die erwähnte diinne Gallert- oder Flüssigkeitsschicht ganz ausfüllt. Es ist dies der Zellenkörper Pacini’s, dasjenige Gebilde, welches Bilharz der electrischen Platte von Malapterurus vergleicht und welches in der That ein Analogon der letztern darstellt. Die Dieke dieser Platten ist nicht die gleiche in der ganzen Ausdehnung der Querscheidewände, sondern an dem inneren und äusseren Grenzrande etwas geringer als im der Mitte. Von letzterem Orte ist die Zeichnung Fig. 3. entnommen. Hier mass ich 0,0225 P. L. Querdurchmesser, wäh- rend an den inneren Enden derselben Platten nur 0,015 gefunden wurde. Obgleich diese Platten m inniger Verbindung mit der Fasermembran stehen, sind sie doch etwas von derselben total Verschiedenes. Sie zeigen keine Spur fase- riger Structur, sondern bestehen aus einer homogenen glasartig durchsichtigen Grund- substanz, deren Consistenz an guten Spirituspräparaten nicht unpassend von Pacim mit der einer steifen Gelatine-Gallert verglichen wird (l. ce. p. 23), welche viele mole- culäre Körnchen und einzelne runde Kerne eingebettet enthält. Die Kerne fehlen in den mittleren Schichten der Platte, sie finden sich nur in der Nähe der vorderen und hinteren Oberfläche in den hier vorhandenen Höckern. Der Durchmesser der Kerne beträgt 0,0015 bis 0,0020 P. L. Die moleculären Körnchen sind einzeln durch die Platte zerstreut, an der vorderen und hinteren Oberfläche etwas dichter gelagert als in der Mitte. Eine besondere, von der Grundsubstanz verschiedene Umhüllungs- — 319 — haut scheinen die Platten nicht zu besitzen, wenn auch, worauf ich zurückkomme, die Rindenschicht durch eine etwas grössere Consistenz ausgezeichnet ist. Wie sich die fragliche Platte im ihrer feineren Structur wesentlich von der hinter ihr liegenden Bindegewebsmembran unterscheidet, so finden wir auch in der chemischen Beschaffenheit scharfe Gegensätze. Die Natur der höckerigen Platte ist, soweit sich an dem Spirituspräparat feststellen liess, die eines Eiweisskörpers. In Essigsäure und verdünnten kaustischen Alkalien wird dieselbe etwas durchsichtiger, Aufquellen findet in sichtbarer Weise erst nach längerer Berührung mit den ge- nannten Flüssigkeiten statt. Beim Aufkochen in Wasser schrumpft die Platte etwas ein, hält sich dann aber auch nach vielstündigem Kochen, wenn das Bindegewebe längst alles aufgelöst ist, vollständig unverändert. Durch Behandlung mit Zucker und Schwefelsäure färbt sie sich durch und durch intensiv roth, mit Jod gelb. Sprechen diese Eigenschaften, namentlich die Resistenz bei anhaltendem Kochen und die Färbung durch Zucker und Schwefelsäure schon für die eiweissartige Natur der Platten, so dienen folgende Versuche noch zu weiterem Beweise. Ausgewaschene und bis zur Auflösung allen Bindegewebes gekochte Stücke des electrischen Organes wurden 1) mit concentrirter Salpetersäure erwärmt. Es entstand die intensiv gelbe Farbe, welche Eiweisskörper mit Salpetersäure zu geben pflegen, 2) mit Millon’schem Reagens erwärmt. Die rothe Farbe, welche das electrische Or- gan annahm, unterschied sich in keiner Weise von der des gleichzeitig eben- so behandelten hart gekochten Hühnereiweisses. 3) In concentrirter Salzsäure erwärmte Stücke nalımen zwar keine violetblaue Farbe an, wie Eiweisskörper sonst oft thun, lösten sich aber bald auf und die Lösung wurde durch Kaliumeisencyanür stark gefällt. Muskelstücke desselben Fisches auf gleiche Weise behandelt, verhielten sich ganz ebenso. 4) Digestion in verdünnter Kalilauge bei 50°C. führte nur zum Aufquellen aber nicht zum Lösen, es bedurfte einer weit höheren Temperatur, selbst Anwendung der Siedehitze, um die Lösung herbeizuführen. Ganz ebenso resistent ver- hielten sich die Muskeln des in Spiritus aufbewahrten Gymnotus. Die von beiden Substanzen bei so hoher Temperatur bereiteten Kalilösungen wurden durch Essigsäure nur unvollständig gefällt, der Eiweisskörper schien eine Ver- änderung erlitten zu haben, einmal durch das lange Aufbewahren in Spiritus und zweitens wahrscheinlich auch durch die hohe Temperatur der Kalilösung. 5) Um die Natur des Eiweisskörpers der electrischen Platten etwas näher zu bestim- men wurde noch das Verhalten zu sehr verdünnter Salzsäure geprüft. Zur — 320 0 — Vergleichung durfte aber auch hier nicht der frische Muskel, sondern wieder nur der lange Zeit in Spiritus aufbewahrte benutzt werden. Hier zeigte sich, wie bei der Kalilösung, eine weit grössere Resistenz, als von frischen Mus- keln bekannt ist. Nach mehrtägiger Maceration in verdünnter Salzsäure (1 pr. Mille) hatte sich die isotrope Zwischensubstanz (Brücke) nur sehr un- vollständig, die antisotrope, stärker lichtbrechende gar nicht gelöst. Die electrische Platte von Gymnotus in gleicher Weise mit verdünnter Salzsäure behandelt, wurde zwar etwas durchsichtiger, aber weder ein Aufquellen noch gar wirkliche Lösung schien irgendwo eingetreten zu sein. Die vordere und hintere Oberfläche der Platten zeigte sich scharf eonturirt wie vor der Ma- ceration in Säure, die Kerne in den Grenzschichten traten deutlicher und scharf hervor, die einzige Veränderung, welche wahrgenommen werden konnte, war, dass die Grundsubstanz eine mehr feinkörnige Beschaffenheit angenom- men hatte, wie eine solche an theilweise zersetzten Spiritusexemplaren eben- so hervortritt. Eine ausführlichere chemische Untersuchung der electrischen Organe, welche sicherlich nach mancher Seite hin interessante Aufschlüsse geben könnte, wird selbst- verständlich verschoben werden müssen, bis sich die Gelegenheit bietet, frische Exemplare zu derselben zu benutzen. Die verdienstvollen Angaben von Schlossberger') haben in Obigem zum Theil eine Ergänzung und Berichtigung gefunden. Betrachten wir weiter nun die Platten in ihren Structurverhältnissen genauer, so fallen zunächst Eigenthümlichkeiten der vorderen und hinteren Oberfläche ins Auge. Wie schon erwähnt sind dieselben nicht glatt und eben, sondern tief ein- geschnitten und gekerbt, mit zottenförmigen Vorsprüngen von mannigfacher Gestalt versehen. Die Einschnitte der vorderen, an das Gallertgewebe stossenden Fläche sind, wie der Querschnitt Fig. 3. zeigt, viel tiefer als die an der hinteren, der Fa- sermembran anliegenden Fläche. Das Bild des Querschnittes gleicht in den Relief- verhältnissen einigermassen dem der electrischen Platten von Malapterurus (Tab. I. Fig. 4.), nur sind die Einschnitte viel tiefer, die zwischen ihnen vorspringenden Theile mehr zitzen- und zottenförmig als dort. Flächenansichten wie Fig. 1. und 2. geben im Vergleich mit dem Querschnitt Fig. 3. eine Vorstellung von der An- ordnung und Gestalt der Zotten, die schon Paeini sehr richtig schilderte. Die Zotten der vorderen Fläche können in grössere, primäre und kleinere, secundäre unterschieden werden, die jedoch hier und da in einander übergehen. 1) Die Chemie der Gewebe. 1856, p. 132. — 32 — Die grösseren, welche in Fig. 1 von der Fläche, also im natürlichen Querschnitt gesehen als dunkel contourirte, in einander greifende Felder mit hellen Zwischen- räumen erscheinen, haben mannigfache Gestalt und Ausdehnung. Sie erheben sich dicht neben einander aus der Substanz der Platte und sind an der Basis kaum brei- ter als an der Spitze, die Zwischenräume stellen also schmale, nach dem Grunde sich wenig verengende Spalten dar. So zeigt der Querschnitt der Platten Fig. 3. Die Einschnitte zur Begrenzung der Zotten reichen oft durch mehr als die Hälfte der Dicke der electrischen Platte im die Tiefe, und begegnen sich beinahe mit den an der hinteren Oberfläche vorkommenden Einschnitten. So namentlich an den dünneren Theilen der Platten, am äusseren und inneren Rande, und an Platten, welche etwas geschrumpft sind. Kann die Höhe der Zotten an dem Querschnitt der Platte gemessen werden, so wird der Querdurchmesser der Zotten an Flächenansichten der Platten er- scheinen. Rundliche, ovale, abgerundet eckige, mannigfach wechselnde Formen von Zotten kommen neben einander vor. Der Querdurchmesser der primären Zotten, von denen hier zunächst allein die Rede, schwankt etwa zwischen 0,007 bis 0,018 P. L. Obgleich die Anordnung derselben im Allgemeinen durchaus unregelmässig erscheint, indem kleinere und grössere bunt durch eimander stehen, wobei jedoch die Zwischenräume zwischen den Zotten eine stets gleiche Breite innehalten, so lässt sich bei grösseren Flächenansichten eine gewisse Reihenstellung derselben oft nicht verkennen, die auch in unserer Fig. I angedeutet ist, wo 4 Zottenreihen von oben nach unten neben einander laufen. Die Richtung dieser Zottenreihen, die oft in einander fliessen, und bald deutlicher bald undeutlicher zu erkennen sind, ist die von innen nach aussen, also dem Längsdurchmesser der electrischen Platten entspre- chend, während die grösste Breite der Zotten gewöhnlich in die entgegengesetzte Richtung von Rücken zu Bauch fällt. Rechts und links an unserer Zeiehnung ent- spräche demnach dieser letztgenannten Richtung. Jede dieser primären Zotten, mit Ausnahme der kleinsten, welche an den Rändern der Platte sich finden, zerfällt an der freien Fläche wieder in eine nach der Grösse derselben verschiedene Zahl klei- nerer Zöttehen, welche durch bald seichtere bald tiefere Einschnitte von einander abgegrenzt sind. Jede dieser letztern enthält einen der kleinen obenerwähnten run- den Kerne, etwa in der Mitte dieht unter der Oberfläche. Diese secundären Zotten mit ihren Kernen geben bei Flächenansichten den primären das Ansehen von Mut- terzellen mit Tochterzellen gefüllt, wie ein Blick auf Fig. 1 lehrt; der Querschnitt der Platten Fig. 3 zeigt deutlicher das wahre Verhältnis. Um die Kerne liegt, wie in der eleetrischen Platte von Malapterurus, eine Ansammlung kleiner molecu- Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4. Band. 43 —3R — lärer Körnchen, welche in dem homogenen mittleren Theil der Platte selte- ner sind. Aehnliche zottenförmige Vorsprünge wie die beschriebenen der vorderen be- sitzt auch die hintere, mit der bindegewebigen Querscheidewand in innigem Zu- sammenhange stehende Oberfläche der electrischen Platten. Diese Zotten sind im zwei Dimensionen constant kleiner als die vorderen, niedriger nämlich, da die Ein- schnitte zwischen denselben weniger tief, schmaler, da die Einschnitte viel breiter als an der vorderen Fläche sind. Dagegen sind diese Zotten öfter in der Richtung von Rücken zu Bauch (Fig. 2 links nach rechts) lang gezogen, und erhalten dadurch eine leisten- oder kammförmige Gestalt. Gränzlinien secundärer Zöttchen sind an ihnen seltener zu erkennen. Diese Zotten enthalten wieder Kerne in sich, ganz der- selben Art wie die vorderen. Die Entfernung der Kerne von einander ist ziemlich dieselbe wie dort; da die Breite der langgestreckten hinteren Zotten aber meist die der secundären Zöttchen der vorderen Fläche nicht übertrifft, so enthalten erstere auch meist nur eine Reihe von Kernen. Die hinteren Zotten verschmälern sich abweichend von den vorderen nach ihrem freien Ende zu oft ansehnlich. Dabei behalten sie die ursprüngliche Richtung perpendiculär zur Oberfläche nicht immer bei, sondern legen sich schief um. Letzteres Verhalten ist Schuld, dass an feinen Schnitten die Spitzen der Zotten oft abgeschnitten werden, in welchem Falle dann die Zöttehen an der Spitze wie offen erscheinen, indem sie nicht mehr durch den ursprünglich vorhandenen scharfen Grenzcontour abgeschlossen sind. Der hinteren Oberfläche der electrischen Platte mit ihren Hervorragungen und Vertiefungen schmiegt sich die aus fibrillärem Bindegewebe bestehende Querscheide- wand eng an. Sie enthält Blutgefässe und viele Nervenfasern. Pacini sah an sei- nem Präparate einen freien, wie er meint mit Flüssigkeit gefüllten Raum zwischen der hinteren Oberfläche der Platte und der Fasermembran, ähnlich dem vor der vorderen Fläche der electrischen Platte befindlichen, nach unsern Angaben mit Schleimgewebe ausgefüllten Raume. Es führt uns diese Abweichung auf die Bespre- chung einiger anderer, in Folge vorgeschrittener Maceration der Organe eintreten- der Veränderungen. Was zunächst den erwähnten freien Raum betrifft, (Spazio sotto -cellulare Pacini) so halte ich denselben nach mir vorliegenden Präparaten erst nachträglich durch Erweichung des der hinteren Oberfläche der electrischen Platte unmittelbar anliegenden Bindegewebes entstanden. Dasselbe ist deutlich weicher, mehr gallert- artig als das fibrilläre der eigentlichen Fasermembran. Letzteres kann vollkommen erhalten sein, während ersteres sich bereits in der Auflösung befindet. Etwas ganz —_— Aehnliches kommt im Schwanzorgan der gemeinen Rochen vor. Das feste Binde- gewebe der Querscheidewand wird hier gegen den Schwammkörper (das der elec- trischen Platte entsprechende Gebilde) durch Schwinden der Intercellularfasern ho- mogen und weich. Hier liegen die feineren Nervenverzweigungen und Netze, die ich früher ausführlich beschrieb.') Sie unterliegen, ebenso wie das sie umgebende Gallertgewebe, einer Zersetzung weit früher als das fibrilläre Bindegewebe und der Schwammkörper, und entsteht in solchem Falle das Ansehen eines freien nur noch Gewebsreste enthaltenen Raumes. Dass in dem Pacini’schen Präparate Zersetzungserscheinungen bereits einge- treten und die Erhaltung wenigstens nicht in allen Stücken eine so vollkommene war, als in dem besten der von mir untersuchten Präparate, geht aber aus Folgen- dem hervor. Pacini bildet im Querschnitt der electrischen Platten (l. ec. p. 16 Fig. IV.) zwei, zwischen vorderer und hinterer Oberfläche in ihrer Substanz gelegene, parallel nebeneinander laufende Linien ab, zwischen welchen die Platte weicher, leichter zerstörbar sein soll, als nach Aussen gegen die Zotten hin. Zwischen die- sen Linien soll sich nach seiner Angabe (l. e. pag. 23) die Platte beim Zerzupfen leicht in zwei Hälften spalten lassen, eine vordere mit den vorderen Zotten, eine hintere mit den hinteren. In der That ist ein solches Verhältniss an den älte- ren Spirituspräparaten zu beobachten, aber das besterhaltene, festeste und zur An- fertirung von Schnitten geeignetste meiner Exemplare zeigt keine Spur davon. Bei diesem ist, wie beschrieben wurde, die eleetrische Platte eine durch und durch gleichartige. Je weicher dagegen das Organ, je mehr zum Zerfall aller seiner Ele- mente geneigt, um so deutlicher tritt die Spaltbarkeit der electrischen Platte in einer mittleren, halb aufgelösten Schicht hervor. So vor Allen an dem Göttinger Exem- plare, wo die Maceration so weit um sich gegriffen hat, dass nur die appendiei cellulari der Platten, die Zotten, übrig geblieben sind. Diese haben in Folge der Zersetzung eine sehr stark körnige Beschaffenheit angenommen, und die Kerne der Zotten sind nur noch undeutlich, zum Theil gar nicht mehr vorhanden. Die Ab- bildung von Kupfer und Keferstein?) giebt eine Darstellung dieses unnatürlichen Ver- haltens. Besonders grobkörnig erscheinen die Zotten bei Flächenansichten an den Rändern. Die kömige, in Folge der Zersetzung eingetretene Beschaffenheit der electrischen Platten nahm auch H. Munck?) wahr, und liess sich durch dieselbe wie 1) Müller’s Archiv 1858, p. 201. 2) Henle und Pfeuffer’s Zeitschrift etc. 1858. Taf. VI. Fig. IV. 3) Nachrichten von der Königl, Gesellsch. der Wissensch. zu Göttingen. 1858. No.1. p. 7 uf. 43* — 324 — durch andere in der Maceration begründete Verhältnisse zu einer Reihe irrthümlicher Behauptungen verleiten. Bei so ausgedehnter Zerstörung der electrischen Platten folgen beim Entfer- nen der Scheidewände von einander die hinteren Zotten den angrenzenden hinteren, die übriggebliebenen vorderen Zotten dem nächst vorderen Septum, mit dem sie durch gallertiges Bindegewebe verklebt sind. An Stelle der eigentlichen Substanz der electrischen Platte befindet sich dann ein freier Raum. Solche Präparate dürf- ten der Valentin’schen') Darstellung zum Grunde gelegen haben. Die Kästchen scheinen innen mit einem epithei-artigen Belag ausgekleidet, wenn man die Schei- dewände von der Fläche betrachtet, wobei die Contouren der anklebenden Zotten, namentlich der grösseren vorderen, Zellen vorspiegeln.”) Die Verklebung der vor- deren Zotten mit der hinteren Fläche der nächst vorderen Scheidewand bei gleich- zeitiger Maceration der Grundsubstanz der electrischen Platte verleitete auch Kupfer und Kefersten, welche diese vorderen Zotten für die ganze electrische Platte hiel- ten, zu glauben, dass die Nerven von vorn her in die electrischen Platten einträ- ten. Die structurlose Haut an der vorderen Seite der Fasermembran aber, welche dieselben Autoren beschreiben, ist auf Reste der hier ursprünglich ansitzenden hin- teren Zotten der electrischen Platte zu beziehen. In einem zur mikroskopischen Untersuchung sehr brauchbaren Zustande muss sich dagegen das von Mayer benutzte Exemplar befunden haben. Seine bei 40tacher Vergrösserung entworfene Abbildung eines Querschnittes der Septa (l. c. Tab. II, Fig. 9) zeigt die electrischen Platten zwischen den Fasermembranen in einem dem natürlichen Zustande ziemlich genau entsprechenden Verhältnisse. Die vorderen Zotten mit ihren Kernen sind nur ein wenig zu gross angegeben, und die hinteren Zotten bei der schwachen Vergrösserung ganz weggelassen.) Noch ist zu erwähnen, dass bei Organen, deren electrische Platten einer stärkeren Maceration noch nicht unterlagen, die aber eine zur Anfertigung von fei- nen Schnitten nicht geeignete Weichheit darbieten, die genannten Platten in ihrem Querdurchmesser geschrumpft sein können, so dass die Dicke auf dem Querschnitt ansehnlich geringer erscheint als in unserer Zeichnung. An solchen Präparaten sind auch die Einschnitte zwischen den Zotten der vorderen Fläche viel breiter, die Zot- ten selbst kleiner und mehr auseinander gerückt, wie z. B. in der Pacin?’schen Fig. IV 1) 1. c. pag. 40. 2) Valentin 1. c. fig. 48, 49. 3) Das Exemplar ist leider, wie mir Herr Geheimrath Mayer schreibt, durch Vernachlässigung von Seiten des Zeichners zu Grunde gegangen. j u nr — GE dargestellt ist. Dieses Schrumpfen der electrischen Platten kann auch zur Bildung des von Pacini als spazio sotto-cellulare beschriebenen, oben erwähnten freien Rau- mes beigetragen haben, welcher im natürlichen Zustande nicht existirt. Pacini theilt die Zotten der hinteren Fläche der electrischen Platte in zwei Arten, solche, welche den vorderen Zotten in der Form entsprechen, und andere, fein zugespitzt endigende, längere, prolungamenti spiniformi genannt. Ich habe an meinen Präparaten diese Unterschiede nicht auffinden können. Werden Stücke der eleetrischen Organe einige Stunden in Wasser gekocht, bis sich alles Bindegewebe in Leim aufgelöst hat, so erhält man nach dem Auseinanderlegen der electrischen Platten sehr reine und klare Flächenansichten der hinteren, vorher durch Bindegewebe verdeckten Oberfläche derselben. Nur die Nervenfasern und Reste der Capillaren bedecken letztere noch stellenweise. Eine Durchmusterung grösserer Flä- chen auf solche Weise zubereiteter und durch Glycerin oder Natronlauge durchsich- tig gemachter Platten führte sowenig als die Untersuchung zahlreicher Querschnitte zur Auffindung von Gebilden, auf welche die Pacin’schen prolungamenti spiniformi gepasst hätten. Vielleicht dass der eigenthümliche Zustand des von Pacini benutzten Exemplares, in welchem durch Erweichung des hinter den electrischen Platten be- findlichen Bindegewebes an seiner Stelle der Anschein eines freien Raumes entstan- den war, die Erkennung der Eigenthümlichkeiten der hinteren Zotten besonders be- günstigte, und dass in der That zwischen den eigentlichen Zotten solche spitz aus- laufende Gebilde vorkommen, wie Pacini dieselben, beschreibt. Diesen Punkt, wie das noch näher zu besprechende Verhältniss der Platten zu den Nerven der Schei- dewände, werden Untersuchungen an frischen oder in geeigneten conservirenden Flüssigkeiten erhärteten Präparaten erst vollständig ins Reine bringen können. Pacini erwähnt einer an einzelnen Stellen der electrischen Organe von ihm beobachteten Abweichung in der Zahl der diaframmi elettrici der Art dass, während gewöhnlich zehn derselben hintereinander liegend einen Raum von 0,715 bis 1,706" einnahmen, dieselbe Zahl an einer andern Stelle über einen Raum von 3 bis 11mm vertheilt war.) Solche Abweichungen, welche für die electromotorische Thätigkeit der einzelnen Abschnitte des Organes von grossem Einflusse sein müssen, sind von Anderen nicht erwähnt worden. Auch mir ist nichts dem Aehnliches vorgekommen. Freilich habe ich auch keinen Gymnotus vom Kopf bis zum Schwanz speciell auf diesen Punkt untersuchen können. An dem Ecker'schen Exemplare mass ich auf 1 Par. Zoll 220 electrische Platten in dem grösseren oberen, 260 in dem kleinen 1) 1. c. pag. 14, fig. III, B; pag. 16, 17. — 336 — unteren Organe, mit welchen Zahlen die Aunter'sche Angabe von 240 auf 1 engl. Zoll gut übereinstimmt. Die Nerven der eleetrischen Organe des Zitteraales stammen aus dem Rü- ckenmarke. Hunter, Rudolphi, Valentin und Mayer haben deren Verlauf und Ver- theilung beschrieben. Pacini fügte noch einige auf mieroscopische Untersuchungen sich gründende Angaben hinzu. Um die Nerven im Inneren der electrischen Or- gane aufzusuchen, empfehlen sich zunächst die Längsscheidewände, welche feinere, mit blossem Auge erkennbare Nervenstämmchen von der Oberfläche her aufnehmen. Diese bestehen aus breiten markhaltigen Primitivfasern von 0,003 bis 0,004'' Durch- messer, welche sich durch auffallend dicke geschichtete Scheiden auszeichnen (vergl. Fig. 4). An einem platten Nervenstämmchen mit fünf Fasern, welche alle in einer Ebene nebeneinander lagen, mass ich 0,041” Durchmesser. Davon kommen 0,015 auf die Nervenprimitivfasern 0,026 auf die Scheiden, deren eine jede also fast den doppelten Raum der eingeschlossenen markhaltigen Faser einnimmt. Aehnlich ist das Verhältniss bei den Stämmchen von 2 bis 3 und bei den einzeln verlaufenden Primitivfasern. Dichotomische Theilungen dieser Fasern sind in den Längsscheide- wänden sehr häufig zu beobachten. Das Verhältniss der Dieke der Scheiden zu den eingeschlossenen Primitivfasern bleibt dabei dasselbe. Pac erwähnt der dieken Scheiden nicht, spricht dagegen von einem in den Nervenfasern sehr deutlich her- vortretenden Axeneylinder. Diese pflegen an älteren Spirituspräparaten von Nerven überhaupt nicht leicht erkennbar zu sein. Da ausserdem das Pacim’sche Exemplar nach den oben angegebenen Merkmalen in einem, allem Anscheine nach schlechteren Erhaltungszustande sich befand als das beste unsrige, an letzterem aber von den Axencylindern keine Spur darzustellen war, so vermuthe ich, dass Pacini die in die Bindegewebsscheide eingeschlossenen Nervenfasern für den Axencylinder, erstere aber für die Markscheide genommen habe, eine Verwechselung, welche bei Anwen- dung nur mittelstarker Vergrösserungen sehr leicht vorkommen konnte. Von den Längsscheidewänden gelangen die Nerven einzeln oder in Stämm- chen von 2 bis 3 Fasern in die Querscheidewände. Hier (vergl. Fig. 2) verschmä- lern sich die Fasern weiter durch öftere dichotomische Theilung bis auf 0,001’ etwa, wobei sich die Scheide allmählig bis auf eine dünne structurlose Haut verliert. Reste des Nervenmarkes schienen in den feinen Fasern enthalten zu sein. Die Zahl der Nervenfäserchen in der queren Bindegewebsscheidewand ist ziemlich ansehnlich, doch in Fig. 2 etwas zu gross angegeben, als dass an allen Stellen das gleiche Bild er- wartet werden dürfte. Der Verlauf der Fasern ist ein gestreckter, die feineren Ver- — 31 — zweigungen nähern sich mehr der mit der vorderen Fläche der Fasermembran ver- bundenen electrischen Platte. Die Frage nach dem Verhalten der letzten Enden der Nervenfasern und ihrer Beziehung zu den electrischen Platten zur Entscheidung !zu bringen, scheinen die bis jetzt zur Untersuchung gekommenen Spiritusexemplare nicht geeignet zu sein. Kupfer und Keferstein glauben einen directen Uebergang von 0,004 bis 0,002mm breiten Nervenfasern in die electrische Platte gesehen zu haben (l. c. pag. 5, fig. V), und Munck will die hierauf bezüglichen Angaben bestätigen (l. c. pag. 11). Hier ist aber zu bedenken, dass erstere den Zusammenhang mit den Nerven an die vor- dere Oberfläche der electrischen Platte verlegen, an welcher eine nähere Beziehung zu Nerven überhaupt bestimmt nicht stattfindet, und dass Munck, wenn derselbe auch im Anschluss an meine, gegen die erstgenannten Forscher gerichteten Angaben die Nerven richtig mit den hintern Flächen der eleetrischen Platten in Beziehung bringt, doch zur Untersuchung ausschliesslich das stark macerirte Göttinger Exemplar be- nutzte, an welchem, wie ich bestimmt behaupten muss, die äusserst delicate Frage nach der Endigung der Nerven nicht zur Lösung gebracht werden kann. Soviel ist sicher, dass von den Nerven der queren Fasermembran keiner die Gallertmasse an der hinteren Oberfläche derselben durchsetzt, um etwa mit der vorderen Fläche der nächsthinteren electrischen Platte in Verbindung zu treten, sondern dass die fei- neren Endfäserchen, soweit sie an Spirituspräparaten verfolgt werden können, alle der hinteren, mit der fibrillären Bindegewebsmembran im innigen Zusammenhange stehenden Oberfläche der Platten anliegen, und da keine Nervenfaser die eleetrische Platte selbst durchsetzt, auch hier ihr Ende finden müssen. Die noch sicher als Ner- venfasern erkennbaren Fädchen massen 0,001 Linie und schienen markhaltig ge- wesen zu sein. Die Unterscheidung von feinen Capillaren war nur dadurch möglich, dass die fraglichen Fasern nach diekeren deutlichen Fasern verfolgt wurden. Solche feine Fäserchen sah ich an der hinteren Fläche der electrischen Platte wie abgeris- sen aufhören. Möglich, dass sie, wie Kupfer und Keferstein annehmen, an diesem Ende mit der Substanz der Platten verschmolzen waren. Ein Beweis dafür konnte nicht geliefert werden. Waren die Fasern bis zu dieser Feinheit wirklich markhal- tig, wie ich glaube, so dürfte ihre Verschmelzung mit der eleetrischen Platte auf diesem Zustande jedoch wenig Wahrscheinlichkeit haben. Bei allen electrischen Or- ganen, den ächten wie den unächten, gehen die markhaltigen Fasern vor ihrer plat- tenförmigen Ausbreitung stets in marklose Fasern über. Wie bei allen andern peri- pherischen Nervenenden, soweit dieselben bekannt sind, verliert sich die Markscheide früher als der Axeneylinder. Letzterer aber, einmal frei geworden, könnte an unsern — 38 5 — electrischen Organen noch manichfache Theilungen und Verfeinerungen erfahren oder Netze gebildet haben, von denen, wie von den Axenceylindern überhaupt, nur noch zerfallene Reste übrig wären. Die krümliche Substanz, welche die hinteren Flächen der eleetrischen Platten bedeckt und namentlich in den Vertiefungen zwischen den Zotten in grösserer Menge angehäuft scheint (Vergl. Fig.2), könnte auf solche zer- fallene marklose Nervenfasern, die ja auch einer Schwann’schen Scheide zu entbeh- ren pflegen, gedeutet werden. Unter diesen Umständen müssen wir uns eines ent- scheidenden Urtheiles über die Natur der feinsten Nervenverzweigungen enthalten. Ihre Lage widerspricht der durch die Verhältnisse bei anderen eleetrischen Organen gestützten Annahme nicht, dass die Endzweige in der electrischen Platte sich auflösen. Die dicke Scheide, welche die breiteren Nervenprimitivfasern in den Septen der electrischen Organe auszeichnet, kommt den Fasern des "Nervenstammes nach dem Austritt aus dem Wirbelkanal nicht zu. Sie fehlt bis zum Eintritt der Nerven in das electrische Organ. Die Fasern des Stammes haben die gewöhnliche Schwann’sche Scheide und einen Durchmesser von 0,004 bis 0,005‘. Ganz unbekannt sind die Ganglienzellen, von denen die Primitivfasern der electrischen Nerven entspringen. Valentin!) glaubte einen Theil des Hirns als elec- trischen Lappen bezeichnen zu müssen, um die Analogie mit Torpedo herzustellen. Abgesehen davon, dass, wie schon durch Hunter bekannt geworden, die electrischen Nerven nicht aus dem Hirn, sondern successive aus dem Rückenmarke entstehen und die Annahme eines ihnen allen gemeinschaftlichen, am Hirn hervorragenden Oentralorganes als eine nothwendige nicht bezeichnet werden kann, ist der vermeint- liche electrische Lappen, wie schon J. Müller (Archiv 1842 Jahresbericht pag. 227) hervorgehoben hat, vielmehr ein stark nach vorn übergebogenes kleines Him, wie ein solches bei vielen anderen Fischen, zunächst bei dem unserm Gymnotus ver- wandten Carapus, dann bei Thynnus z.B. vorkommt. Auch stimmt nach Va- lentin’s eigener Angabe der fragliche Hirntheil in der feineren Structur weit mehr mit dem kleinen Hirn anderer nicht electrischer Fische überein, als mit dem wirk- licher electrischer Lappen des Hirns von Torpedo. Schon die Thatsache allein, dass die zu den electrischen Organen des Zitter- aales gehenden Nerven hinteremander in grosser Zahl (mehr als 200) aus dem Rü- ckenmark entspringen, macht es nach dem heutigen Stande unserer Kenntniss von dem Ursprunge der Rückenmarksnerven wahrscheinlich, dass die Oentralorgane für die eleetrischen Fasern gerade so wie für die der motorischen und sensiblen Nerven 1) l. ec. Fig. 1 u. 2e. pag, 7fl., R, Wagner’s Handwörterbuch etc. I. pag. 270. Fig. 12. g. _ u durch die ganze Länge des Riickenmarkes vertheilt liegen, wobei natürlich ein Zu- sammenhang mit Ganglienzellen des Hims durch aufsteigende Fasern nicht ausge- schlossen bleibt. Wie bei Malapterurus nach Bilharz schöner Entdeckung die Ganglienzelle, auf welche die aus dem Anfang des Rückenmarkes entspringende elec- trische Primitivfaser zurückzuführen, auch hier im Anfange des Rückenmarkes liegt, zahlreiche Ausläufer aber nach verschiedenen Richtungen und sicher auch in das Hirn abschickt, welche hier mit anderen Ganglienzellen (entfernteren Centralorganen) in Verbindung treten werden, so dürfte ein analoges Verhältniss sich bei Gymno- tus in der ganzen Länge des Rückenmarkes, so weit dasselbe Nerven zu den elec- trischen Organen abschickt, wiederholen. Die Ansichten von Querschnitten des Riickenmarkes von Gymnotus, deren ich eine ansehnliche Zahl von dem wohl erhaltenen Ecker’schen Präparate anfertigte, geben dieser Vermuthung thatsächliche Grundlagen. Die Menge der um den Üen- tralkanal, namentlich in der vorderen Hälfte des Rückenmarkes gelegenen grossen Ganglienzellen ist auf jedem Querschnitt eine auffallend grosse. Die Zellen haben ihre Fortsätze freilich fast vollständig eingebüsst, und stellen nahezu runde, 0,015 im Durchmesser haltende Körper dar. Auch erlaubt die weiche Beschaffenheit des Präparates keine scharfe Beobachtung über die Lage der einzelnen Zellen, wesshalb ich es auch unterlasse eine Abbildung des Querschnittes zu geben. Nach einer un- gefähren Schätzung dürfte die Zahl der grossen Ganglienzellen, welche auf einem Quer- schnitt von bestimmter Dicke gesehen wurden, mindestens die doppelte derjenigen sein, welche in dem Rückenmarke eines anderen Fisches von gleichem Umfange vorkommen. So können denn selbstverständlich unsere Präparate von Gymnotus auch nicht zur Entscheidung der sonst wohl berechtigten Frage dienen, ob die Zellen, von welchen die zu den electrischen Platten strebenden Nerven entspringen, gewisse con- stante Unterschiede in Grösse, Form, Zahl der Fortsätze u. s. w. zeigen gegenüber der motorischen, sensiben und sympathischen Zellen. Untersuchungen in dieser Richtung müssen verschoben werden, bis frische oder besonders gut conservirte Stücke in die Hände eines Histiologen gelangen. Was Jacubowitsch') von den Unter- schieden der motorischen, sensibeln und sympathischen Zellen aussagt, kann freilich nieht sehr ermunternd wirken, nun auch noch auf eine vierte Species von Nerven- zellen Jagd zu machen. Immerhin wird der Gegenstand im Auge zu behalten sein, und werden wir bei Beschreibung der Ganglienzellen der electrischen Lappen am Hirn von Torpedo auf denselben zurückkommen. 1) Mittheilungen über die feinere Structur des Gehirns und Rückenmarks, Breslau 1857. Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 4. Band. 44 Fig. Fig. Fig Fig. — 330 — Erklärung der Tafeln. Mare Malapterurus electricus, Die Vergrösserung aller Figuren eine 350 malige. 1. Mittlerer Theil einer eleetrischen Platte mit dem eintretenden Nerven von der hinteren Seite her gesehen im frischen Zustande. Die markhaltige Nervenfaser liegt in einer geschichteten Scheide, hört bei a in der spindelförmigen Anschwellung auf, eine feinkörnige Masse mit runden Kernen tritt an ihre Stelle, verbreitert sich keulenförmig und tritt durch ein rundes Loch der hinteren Fläche der electrischen Platte. An Chromsäure- und anderen gut erhärteten Präparaten erscheint die Begrenzung des Loches gezacktrandig wie in Fig, 3. .2. Mittlerer Theil der electrischen Platte von vorn her gesehen. Der in der vorigen Figur in dem Ausschnitt der Platte verborgene Nervenknopf tritt hier in seiner strahligen Ausbreitung auf der vorderen Fläche frei zu Tage. In seiner Mitte ist eine trichterförmige Vertiefung. 3. Ansicht des mittleren 'Theiles der electrischen Platte von der hinteren Seite her wie bei Fig. 1. Durch Essigsäure - Zusatz ist die Scheide der Nervenfaser schärfer von dem feinkörni- gen Inhalt unterscheidbar geworden, und sind kleine stäbchenförmige Kerne oderZellen an ihrer inneren Seite zum Vorschein gekommen. 4. Querschnitt einiger electrischer Platten mit den ihrer hinteren Seite anliegenden Bindegewebs- scheidewänden. Nach der Peripherie sind die electrischen Platten dünner als nach der Mitte zu, auch die Kerne sind an ersterem Orte kleiner. Die Stelle des Nerveneintrittes ist im Quer- schnitte nicht getroffen, 5 u.6. Querschnitte genau durch die Mitte zweier electrischer Platten geführt mit deren ein- tretenden Nerven. Von der Bindegewebsmembran her an der rechten Seite der Figur (Schwanz- ende des Fisches) kommt der keulenförmig verdickte Nerv um durch eine Lücke in der eleetri- schen Platte so hindurchzutreten, dass er nach der Durchbohrung nach allen Seiten hin in die Ebene der vorderen Fläche abfällt, abwechselnd steiler und flacher, wodurch die strahlig aus- laufenden Leisten zu Stande kommen, welche in Fig. 2 deutlicher zu sehen sind. Die trichter- förmige Vertiefung auf der Höhe des Nervenknopfes ist in beiden Figuren durch den Schnitt halbirt. Fig. 7. Stück eines Nervenstämmchens, der inneren Oberfläche des electrischen Organes entnommen. Die markhaltige Primitivfaser im Centrum ist von zahlreichen ineinandersteckenden Bindegewebs- scheiden umgeben, zwischen denen kleine spindelförmige Zellen oder Kerne liegen, die durch Essigsäure - Zusatz deutlicher werden. In einzelnen dieser Scheiden kann durch längeres Liegen = — 331 — in Sublimatlösung ein System von feinen anastomosirenden Fasern und Fasernetzen deutlich ge- macht werden, wie solche hier an einer kurzen Streeke der äussersten Schicht gezeichnet sind, Nach aussen von dieser Jagen noch zahlreiche andere Bindegewebsscheiden, welche in der Figur weggelassen wurden. Tat IE Gymnotus electricus. Die Figuren sind wie bei der vorigen Täfel alle bei 350 facher Vergr. gezeichnet. Fig. 1. Ansicht eines Theiles der vorderen Fläche einer eleetrischen Platte von Gymnotus. Die wie Mutterzellen aussehenden Gebilde sind die primären vordern Zotten der Platte, durch schmale helle Zwischenräume von einander getrennt, auf ihrer Oberfläche treten die Grenzlinien der secun- dären Zöttchen hervor, welche je einen Kern enthalten, Fig. 2. Ansicht der hinteren Fläche einer electrischen Platte mit den Nervenfasern der hier anlie- genden Bindegewebshaut. Das Bindegewebe selbst ist durch mehrstündiges Kochen entfernt. Fig. 3. Querschnitt zweier electrischer Platten bb mit den anliegenden Bindegewebsmernbranen a a, welche markhaltige Nervenprimitivfasern enthalten. Die vorderen Zotten sehen nach links, und sind durch einen schmalen, mit Gallertmasse gefüllten Raum von dem nächst vorderen Binde- gewebsseptum geschieden. Die Zwischenräume zwischen den hinteren Zotten sind durch Binde- gewebe und eine körnige Masse, vielleicht zerfallene feinste Nervenfasern, ausgefüllt. Fig, 4. Markhaltige Primitivnervenfasern aus einem Septum erster Ordnung, einzeln und in Stämm- chen beisammen liegend. An allen Fasern fällt die sehr dicke, geschichtete Bindegewebsscheide a auf, in deren Innerem die Nervenfaser b liegt. In dem Spirituspräparat, welches der Zeichnung zu Grunde lag, war die Scheide stärker geronnen, ganz krümelich zerfallen. lese uber die der Organe dar Fische. 4 a. me N B N | | AZ. Sehr 28 Scusltzw del. M. Schultse uber die clear: Organe der Fische IM Schnltze del Geologische Karte ( der Gegend von Ile im Bazz \ "A.Baenisch. 7". Sandjtan Steinkohle. Korniger- MMelaphyr Die Schweitz (Kare Profil 1. Profil Il. A Lith_Anst vH Schenckin Halle \ u E Mr ee ze n 1 : * b; y \ RE Ne 24 - wh f p= x j N % . R . “ul Fi = B 10 ei e > vr »r ‘ ; . ; I nn i P f h ar x > 54 ' . > f “ x N h d I x Ü 22 ’ . ‘ 5 Li # + Ä N f ion ar, u8 ER er) AN RR R ) , r F u {1 ee eh be En ar ö \